Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch meine Freunde und ich stimmen mit der Grundtendenz des Antrages der SPD-Fraktion völlig überein. Wir haben in der vorletzten Woche ein Gesetz verabschiedet, das dem Zweck diente, der produzierenden Berliner Wirtschaft beim Wiederaufbau behilflich zu sein. Bei dem vorliegenden Antrag dagegen handelt es sich um Maßnahmen, die bezwecken, Berlin wieder, wie in früherer Zeit, wenigstens teilweise zum Träger von Dienstleistungen für das ganze Bundesgebiet zu machen. Wir sind uns darüber im klaren, daß man damit zunächst nur einen sehr bescheidenen Anfang machen kann. Das, was in dem sozialdemokratischen Antrag an Dienststellen vorgeschlagen wird, die nach Berlin verlegt werden könnten, wird nur zu einem sehr geringen Teil die Dienstleistungskapazitäten auszunutzen vermögen, die in Berlin nach wie vor vorhanden sind und ausgenutzt werden könnten. Aber es kommt wesentlich darauf an, daß dieser Anfang bald gemacht wird.
Wir sind allerdings auch der Meinung, daß es einer solchen Mahnung, wie sie der SPD-Antrag darstellt, gar nicht bedurft hätte, um die Bundesregierung an die Erfüllung des von ihr gegebenen Versprechens zu erinnern.
Wir haben durch den Herrn Bundesminister für gesamtdeutsche Angelegenheiten einen Situationsbericht darüber bekommen, in welchem Stadium sich die Prüfung der Frage der Verlegung von Behörden nach Berlin zur Zeit befindet. Ich halte es für außerordentlich nützlich, wenn diese Überlegungen in dem dafür zuständigen Ausschuß
für Berlin fortgesetzt werden. Ich bitte daher die Herren Kollegen von der SPD, doch nicht darauf zu bestehen, daß heute abend bereits über diesen Antrag entschieden wird. Ich halte das für um so weniger notwendig oder zweckmäßig, weil wir ja gerade für diese Materie einen Sonderausschuß im Bundestag eingesetzt haben, der, wie wohl allseitig anerkannt wird, bisher eine ausgezeichnete, sehr sachliche Arbeit geleistet hat und in dem es nie zu irgendwelchen grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten gekommen ist.
Selbstverständlich stehen der Verlegung von Bundesbehörden nach Berlin unter den nun einmal vorhandenen schwierigen Verkehrs- und sonstigen Verhältnissen einige Bedenken entgegen. Es ist nicht zu verkennen, daß derjenige, der vor der Aufgabe steht, solche Dienststellen nach Berlin zu verlegen, vielleicht diesen Bedenken ein größeres Gewicht beimißt als derjenige Beurteiler, der diese Frage überwiegend unter psychologisch-politischen Gesichtspunkten betrachtet. Wenn man aber solche Fragen ausschließlich nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten entscheiden will, dann wird sich immer eine Fülle von Einwänden finden lassen. Das würde aber der Sache nicht gerecht werden. Es geht doch heute darum, daß Berlin geholfen werden muß, und es ist, glaube ich, schon richtig, wenn gesagt wird, das könne nicht allein mit Worten geschehen. Die Berliner Bevölkerung erwartet mit Recht von uns deutlich sichtbare Zeichen unserer Anerkennung und unserer Hilfsbereitschaft, die die Berliner dazu ermutigen, auch weiterhin den Kampf zu bestehen, den sie zu führen gezwungen sind.'
Lassen Sie mich den Ausführungen meines Herrn Vorredners nach dieser Richtung hin nur noch eines hinzufügen! Ich glaube, wir sollten auch berücksichtigen, daß es in Berlin heute nicht allein darum geht, diesen Vorposten rechtsstaatlicher Ordnung in unserem eigenen Interesse, im Interesse der deutschen Bundesrepublik zu erhalten. Wir sollten auch daran denken, daß der ganze deutsche Osten, die gesamte deutsche Bevölkerung der Ostzone aufmerksam und voller Hoffnungen, gelegentlich aber auch mit Befürchtungen auf das schaut, was in Berlin vor sich geht.
Schon mit Rücksicht darauf, daß auch diese unsere deutschen Mitbürger in der Ostzone ermuntert werden müssen, haben wir einen Beweis mehr dafür zu liefern, daß wir gewillt sind, diese Bastion jenseits des Eisernen Vorhanges, die Berlin heute darstellt, mit allen Mitteln zu verteidigen und zu stützen.
In diesem Sinne bitte ich auch im Namen meiner Fraktion, der Überweisung des Antrages an den Ausschuß für Berlin zuzustimmen.