Rede von
Walter
Vesper
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Die durchgeführte und bevorstehende Rationalisierung
bei der Bundesbahn wird wie alle bisher durchgeführten Abbaumaßnahmen keine Lösung der schwierigen Lage der Bundesbahn bringen. Sie wird insbesondere zur weiteren Verschlechterung der Lage der Eisenbahnbediensteten führen.
Wenn der Bundesverkehrsminister in seinen Ausführungen besonders darauf hinwies, daß der Materialbestand der Bundesbahn sehr stark ramponiert sei, so möchte ich das durch einige Zahlen unterstreichen. Von 250 000 Personenwagen der Bundesbahn, deren Lebensdauer durchschnittlich auf 35 Jahre fest errechnet wird, sind 72 Prozent des Bestandes überaltert und sind bereits 40 bis 60 Jahre im Dienst. Ich möchte den Herrn Bundesverkehrsminister besonders auf diese Tatsache hinweisen,
daß die Sicherheit des Personenverkehrs durch diesen Zustand sehr in Frage gestellt ist.
Wenn der Kollege Jahn seinen Antrag mit dem besonderen Hinweis auf gerade dieses Kapitel und dieses Moment begründet, so kann man diesen Antrag voll und ganz unterstützen.
Aber ich möchte in diesem Zusammenhang auf eine andere Frage aufmerksam machen. Die Hauptverwaltung der Bundesbahn in Offenbach hatte bereits Ende 1949 Rationalisierungsmaßnahmen eingeleitet, die große Tarif- und soziale Nachteile für die Eisenbahner mit sich brachten. Ich möchte besonders darauf hinweisen, daß eine Reduzierung des Gedingeverdienstes vorgenommen, daß erhöhte Arbeitsleistung eingeführt wurde, daß eine Rückstufung von Handwerkern der Werkstätten in das Nichthandwerkerverhältnis und die Herabsetzung der Arbeitszeit vorgenommen worden ist. Im Ausbesserungswerk Rosenheim wurden allein durch diese Maßnahme 300 Eisenbahnhandwerker zurückgestuft und mit Arbeiten für den Oberbau zum niedrigsten Lohn verwendet. Ähnliche Erscheinungen konnten in vielen Werkstätten Westdeutschlands festgestellt werden. Die Hauptbürokratie vertritt hierbei den Standpunkt, daß den Betriebsräten bei diesen Entscheidungen durch die Verwaltung nicht die Mitbestimmung, sondern nur das Mitberatungsrecht eingeräumt werden solle. Die Reorganisation der Bundesbahn wird keine positiven Auswirkungen, vor allem nicht auf die Eisenbahnerschaft, haben, wenn das Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte und Gewerkschaften nicht durch betriebliche Vereinbarungen garantiert wird.
Meine Fraktion ist im Prinzip mit dem Antrag der SPD Drucksache Nr. 486 einverstanden; sie ist aber der Auffassung, daß der im vorletzten Absatz gemachte Deckungsvorschlag sehr problematisch ist. Es dürfte bekannt sein, daß die Mittel aus den Counterpart-Funds bereits weit überzogen sind, und hier ist es auch die Militärregierung, die die endgültige Entscheidung trifft. Demzufolge ist keine Deckung für die Sofortdurchführung des Programms gegeben.