Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde bedauern aufs tiefste, daß die sozialdemokratische Fraktion den Fall Hedler zum Anlaß genommen hat, diese außerordentlich bedenkliche Erklärung abzugeben.
Meine Damen und Herren! Wir wissen uns im Grundsätzlichen, das heißt in der Stellungnahme gegen das, was Sie dem Abgeordneten Hedler vorwerfen, und in dem Willen, gegen jene Kräfte, die Sie mit Ihrer Erklärung meinen, unbeugsam vorzugehen, einig.
und zu diesen Grundsätzen gehört die Unabhängigkeit der Justiz.
(Abg. Dr. Schumacher: Nun hört es aber
auf! — Große Unruhe bei der SPD und
bei der KPD.)
— Ich sagte: die wenigsten von Ihnen. Herr Dr. Schumacher, Sie mögen den einen oder andern Experten gehabt haben, der die Protokolle verfolgt, der Tatbestand und Entscheidungsgründe dieses Urteils sorgfältig geprüft hat. Wieviele Ihrer Fraktion aber waren dazu in der Lage? Niemand von uns war dazu in der Lage. Jeder von uns, der etwa den schweren Vorwurf der Rechtsbeugung diesen Richtern gegenüber erheben wollte, hätte sich der Mühe unterziehen müssen, die Tage gekostet hätte, die Protokolle, den ganzen Verhandlungsverlauf, den Tatbestand und die Urteilsgründe zu überprüfen.
Meine Damen und Herren, wir dürfen uns in dem gemeinsamen Willen, die politischen Gegner dieser neuen Verfassung zu bekämpfen, nicht zu voreiligen, emotional bedingten Entschlüssen hinreißen lassen.
Wir würden gerade im Interesse dieser Verfassung damit einen schweren Fehler begehen. Warten wir ruhig ab, bis die Tatsachen feststehen.
Sie hätten allenfalls eine Untersuchung dieses Gerichtsurteils verlangen können, Sie hätten fordern können, daß untersucht wird, ob wirklich die Richter in diesem Falle irgendwie befangen gewesen sind. Vorläufig haben Sie nur eine Vermutung, und auf Grund dieser Vermutung erheben Sie gegen die deutsche Justiz einen derartig schweren Vorwurf.
Meine Damen und Herren, es gibt nun einmal
den Grundsatz der Unabhängigkeit der Justiz,
und wir können von diesem Grundsatz nicht
dann abgehen, wenn es uns paßt, und uns ein
andermal zu ihm bekennen, wenn es uns paßt.
Wir müssen diesen Grundsatz auch dann respektieren, wenn uns ein Urteil einmal nicht gefällt.
Wir haben, meine Damen und Herren, nicht nur eine Demokratie zu verteidigen, wir haben auch einen Rechtsstaat zu verteidigen.
Und das eine ist genau so wichtig wie das andere. Erwecken wir untereinander nicht den Eindruck, als ob wir etwa nicht im Letzten, um das es geht, nicht einig wären. Das sind wir! Leider sind wir uns nicht einig darin, daß wir die Grundlagen dieses Rechtsstaates nicht antasten dürfen.
Denn tasten wir sie an, dann bricht eines Tages das ganze Gebäude zusammen. Deswegen bedauern wir diese Erklärung.