Rede:
ID0103701100

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 23
    1. die: 2
    2. Herr: 1
    3. Abgeordneter: 1
    4. Rische!: 1
    5. Wir: 1
    6. wollen: 1
    7. ja: 1
    8. Abmachungen: 1
    9. über: 1
    10. Einhaltung: 1
    11. der: 1
    12. Redezeit: 1
    13. großzügig: 1
    14. auslegen.: 1
    15. Sie: 1
    16. sehen: 1
    17. aber,: 1
    18. wie: 1
    19. starken: 1
    20. Eindruck: 1
    21. Ihre: 1
    22. Ausführungen: 1
    23. machen!: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 37. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Februar 1950 1215 37. Sitzung Bonn, Freitag, den 10. Februar 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . 1215D, 1244D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Hilfsmaßnahmen zur Förderung der Wirtschaft von GroßBerlin (West) (Drucksachen Nr. 500 und 496) 1215D Dr. Reif (FDP), Berichterstatter 1216A Tillmanns (CDU) . . . . . . 1216B Dr. Besold (BP) . . . . . . . 1218A Rische (KPD) 1219C Stegner (FDP) 1222C Löbe (SPD) 1223C Dr. von Merkatz (DP) 1224B Dr. Horlacher (CSU) 1225A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaftspolitik über die Anträge der Fraktion der WAV betr. Benzinpreiserhöhung, der Fraktion der KPD betr. Mißbilligung der Anordnung des Bundesministers für Wirtschaft auf Erhöhung der Mineralölpreise und Antrag auf Aufhebung derselben, der Abgeordneten Rademacher, Stahl, Dr. Oellers, Dr. Schäfer, Dr. Wellhausen und Fraktion der FDP betr. Preiserhöhung für Treibstoff (Drucksachen Nr. 501, 465, 331, 363, 384) 1225B, 1233A Dr. Schröder (CDU), Berichterstatter 1225C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1228A Zur Geschäftsordnung, Frage der Vertagung: Euler (FDP) 1228B, 1231C Seuffert (SPD) . . . . . . . 1228D Loritz (WAV) 1229D Rische (KPD) . . . . . 1230B Rademacher (FDP) . . . . . . . 1230D Dr. Schmid (SPD) . . . . . . . 1231D Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen . . . . . . . 1232A Persönliche Bemerkungen: Dr. Seelos (BP) . . . . . . . 1232B Schüttler (CDU) 1232D Unterbrechung der Sitzung . 1233A Zur Sache: Loritz (WAV) 1233B, 1243D Rademacher (FDP) . . . . . 1235B Vesper (KPD) . . . . . . . 1237A Reismann (Z) . . . . . . . 1238B Seuffert (SPD) 1239D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1241C Dr. Solleder (CSU) 1242A Etzel (CDU) 1242D Nächste Sitzung 1244D Die Sitzung wird um 9 Uhr 48 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
  • folderAnlagen
    Keine Anlage extrahiert.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Rische


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Sie gehen sicher mit mir in der Auffassung einig, daß um Berlin politisch gerungen wird und daß jeder Groschen für Berlin einen Beitrag zu diesem unheilvollen politischen Kampf darstellt. Meine Fraktion bedauert es außerordentlich, daß es zu dieser harten Auseinandersetzung um die deutsche Hauptstadt überhaupt gekommen ist. Wenn man allerdings zurückblickt, wenn man die Ereignisse verfolgt, die dazu geführt haben, daß schließlich Berlin zum politischen Problem Nr. 1 in Deutschland wurde, dann kann man immer wieder feststellen, daß es dabei sehr viele historische Irrtümer und eine Unmasse von Verleumdungen gibt. Wir Kommunisten sind der Auffassung, daß es bei einer konsequenten Politik der Befolgung der Potsdamer Beschlüsse niemals zu diesem Problem Berlin gekommen wäre. Wir hätten dann wahrscheinlich auch nicht zwei politisch voneinander getrennte Teile in unserem von Leid so geprüften Vaterland.

    (Zuruf in der Mitte: Allerdings!)

    Meine Damen und Herren! Durch die Vorlage des
    Gesetzentwurfs über angebliche Hilfsmaßnahmen

    (Zuruf in der Mitte: „Angebliche"?)

    zur Förderung der Wirtschaft von Groß-Berlin (West) werden Sie keinesfalls erreichen, daß die wirtschaftlichen, viel weniger noch die politischen Probleme der deutschen Hauptstadt gelöst werden. Hier müßten Sie, wenn Sie wirklich helfen wollen, grundsätzliche Maßnahmen beschließen. Sie müßten die Frage politisch aufrollen. Das wird auch bei allen Debatten, die bisher um die deutsche Hauptstadt geführt wurden, von uns immer wieder versucht. Leider, habe ich gesagt, gibt es dabei eine Unmasse von Verzerrungen. Leider gibt es dabei immer wieder den Versuch, die so von Leid geprüfte Stadt zum Mittelpunkt weltpolitischer Auseinandersetzungen zu machen.
    Das vorliegende Gesetz sieht einige — wie Sie sagen — Hilfsmaßnahmen für die Wirtschaft Berlins vor. In Wirklichkeit wissen Sie ganz genau und werden es, wenn Sie ehrlich sind, zugeben, daß Sie nur eine Bürgschaft für eine längst als bankrott bekannte und gekennzeichnete Wirt-


    (Rische)

    schaftspolitik geben. Alles, was Sie unternehmen werden, wird nicht dazu ausreichen, um diesen weiter fortschreitenden Bankrott, den Zerfall der Berliner Wirtschaft wirklich aufzuhalten. Wenn dabei von einigen Kollegen behauptet wird, daß Berlin heute um Europas willen gehalten werden müsse, so möchte ich einmal fragen, warum man sich dann nicht an Europa wendet, um den Kampf um Berlin zu führen. Das überläßt man wohlweislich den deutschen, besonders den westdeutschen Steuerzahlern.
    Dann redet man, wenn es um Berlin geht, an dieser Stelle von der Verteidigung des Abendlandes. Ich habe die größten Bedenken gerade gegen die Verwendung dieser Worte von der „Verteidigung des Abendlandes". Das hat uns Dr. Goebbels jahraus jahrein immer wieder vorgekaut und in die Hirne des deutschen Volkes hineingehämmert Ihr Abendland ist heute allzusehr mit Oradour, mit Auschwitz und Buchenwald, mit den Millionen von Arbeitslosen in Westeuropa verbunden. Mit Ihrer Formulierung von der Verteidigung der Kultur des Abendlandes wenden Sie sich aus einem Gefühl der Überheblichkeit gegen die Weltkultur,

    (Zurufe rechts: Siehe Osten! — Ostkultur!) wenden Sie sich dagegen, daß es eine Kultur gibt, die einen einzigen Nenner hat und die ihre Repräsentanten in allen Ländern aufweist.


    (Abg. Euler: Er muß ja selber lachen!)

    Ein Viktor Hugo, ein Tolstoi, ein Strindberg und ein Goethe,

    (Lachen bei der SPD, in der Mitte und rechts.) das waren Repräsentanten der Weltkultur, das waren nicht Vertreter — wie Sie sagen — des Abendlandes.


    (Abg. Dr. Wellhausen: Vorsichtig!)

    Sie wissen ganz genau, das Berlin-Problem ist ein echtes deutsches Problem, und seine Lösung hängt davon ab, daß wir alle zusammen, die willigen, gut gesinnten Deutschen, die eine fortschrittliche Lösung der politischen Probleme des Vaterlandes anstreben, endlich Schluß machen mit dem „Kampf um Berlin".
    In Artikel III des Gesetzes haben Sie für westdeutsche Unternehmer, die Waren von Berlin abnehmen, eine Steuervergünstigung vorgesehen. Herr Kollege Tillmanns, Sie haben einen Appell an die westdeutsche Unternehmerschaft gerichtet, sie solle doch die Möglichkeiten des Gesetzes ausnutzen. Aber die „Solidarität" der westdeutschen Unternehmerschaft für die Wirtschaft West-Berlins ist nur dann gegeben, wenn man zu gleicher Zeit den westdeutschen Unternehmern Umsatzsteuervergünstigungen von jährlich 20 Millionen DM zur Verfügung stellt. Nennen Sie das auch Solidarität für Berlin? Wir wissen ganz genau: Wenn die Herren von der rechten Seite Politik machen, dann denken Sie dabei unweigerlich ans Geschäft. So auch wieder in dieser Frage!
    Die Umsatzsteuervergünstigung nach Artikel III soll eine Intensivierung des Warenaustausches mit West-Berlin erreichen. Ich erinnere hier aber an Maßnahmen der Bundesregierung, beispielsweise an das Stahl-Embargo der Adenauer-Regierung, an das Embargo, das sicherlich auf höchsten Druck angeordnet wurde. Wollen Sie etwa damit erreichen, daß der innerdeutsche Warenverkehr noch mehr gedrosselt wird und im Endresultat auch die West-Berliner Wirtschaft trifft? Sie hätten alle Ursache, endlich einmal die Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Ost und West und die Intensivierung des innerdeutschen Handels mit Nachdruck von Ihrer eigenen Regierung zu fordern, von einer Regierung, die sich nur ständig bemüht, Schwierigkeiten gerade auf diesem Gebiete zu machen.
    Herr Kollege Tillmanns, wenn Sie von kleinlichen Verkehrsschwierigkeiten bei Helmstedt sprechen. dann hätten Sie um der Wahrheit willen hier auch erklären müssen, daß bei Helmstedt dutzende und dutzende Male versucht wird, zu schmuggeln und die Wirtschaft in der Deutschen Demokratischen Republik zu schädigen. Wenn man einen Vertrag eingegangen ist, den bekannten Interzonenhandelsvertrag von Frankfurt, dann besteht alle Ursache, daß man sich auch zu dem Buchstaben des Vertragswerks bekennt.

    (Zuruf von der Mitte: Zu dem Geist!)

    Und wie sieht die Wahrheit aus? In Wahrheit ist es so, daß das Stahl-Embargo mit der Begründung verkündet wurde, die Wirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik sei ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen. Ich erkläre hier namens meiner Fraktion, daß dies nicht stimmt. In Wirklichkeit gibt es Sperrlisten. In Wirklichkeit gibt es seitens der Treuhandstelle für Interzonenhandel ausgesprochene Behinderungen der Einfuhr von Waren aus der Deutschen Demokratischen Republik nach Westdeutschland. Das sind die Tatsachen. Ich denke, Sie hätten alle Ursache, sich über diese Frage einmal zu unterhalten und über dieses Problem auch von dieser Stelle aus der West-Berliner Bevölkerung die volle Wahrheit zu sagen.
    Meine Damen und Herren! Bei der Lösung des Berlin-Problems kommt es nicht auf die Schärfe der Polemik, sondern vielmehr auf grundlegende Lösungen an. Unserer Meinung nach kann man Berlin nur helfen, wenn die deutsche Hauptstadt ihre Einheit wiedererhält.

    (Zuruf rechts: Russisch wird!)

    Wir wissen. daß es hier und in Westberlin Kräfte gibt, die sofort politisch bankrott machen würden, wenn die Einheit der deutschen Hauptstadt wiederhergestellt würde. Wir wissen, daß es Politiker gibt, die von der Spaltung Berlins „politisch" leben. Berlin muß aber nicht nur die Einheit wiedererhalten, Berlin muß Hauptstadt eines einheitlichen und demokratischen Deutschland werden.
    Sie, Herr Kollege Tillmanns, haben dann in diesem Zusammenhang von den politischen Erfahrungen gesprochen, die die Deutschen jenseits der Grenze von Helmstedt in den letzten vier Jahren gesammelt haben. Ich kann Ihnen versichern: diese 18 Millionen Deutsche haben wahrhaftig in den letzten vier Jahren eine Unmasse von politischen Erfahrungen gesammelt.

    (Anhaltender, ironischer Beifall bei der SPD, in der Mitte und rechts.)

    Diese deutschen Menschen in der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone,

    (Zuruf rechts: ehemaligen?)

    in der gegenwärtigen Deutschen Demokratischen Republik

    (Lachen)

    haben gelernt, wie man wahrhaft demokratische Errungenschaften und Reformen auch kämpferisch verteidigen muß.

    (Lachen und anhaltende Unruhe.)

    Ich weiß ganz genau, daß Sie gegen diese kämpferische Demokratie selbstverständlich sehr viele
    Einwände haben. Sie wissen ganz genau, daß diese


    (Rische)

    Demokratie unvereinbar ist mit der Herrschaft der Junker und der Monopole, mit der Herrschaft der Schieber, der Kriegshetzer und der Verderber des deutschen Volkes.

    (Anhaltende Zurufe. — Dr. Schmid: Aber nicht der Konzentrationslager!)

    — Diese deutschen Menschen, Kollege Schmid, haben die Erfahrung gesammelt, daß man die Demokratie verteidigen muß gegen alle Angriffe, woher sie auch kommen mögen.

    (Abg. Dr. Schmid: Mit Gestapomethoden! — Abg. Dr. Preusker: Also auch gegen Sie! — Anhaltende Unruhe.)

    Sie werden eines Tages in Westdeutschland begreifen lernen, daß gerade Ihre Position in West-Berlin und Ihre so erfolglose Wirtschaftspolitik und,
    wenn Sie wollen, auch „Außenpolitik" nicht der
    von Ihnen gewünschte Anziehungspunkt, nicht nur
    nicht für die West-Berliner, sondern auch nicht
    mehr für die westdeutsche Bevölkerung sein wird.

    (Abg. Dr. Schmid: Warum laßt Ihr denn da nicht wählen? — Zuruf rechts: Sie haben Angst!)

    — Herr Kollege Schmid, Sie wissen ganz genau,

    (Zuruf rechts: Ich weiß ganz genau, warum!) daß es im Kampf um die Demokratie auf mehr als auf formale Wahlakte ankommt, nämlich auf tatsächliche demokratische Reformen.


    (Lachen und anhaltende Unruhe. — Abg. Dr. Schmid: Ihre Demokratie ist der Genickschuß !)

    Beruhigen Sie sich, wir werden außerdem als echte Demokraten auch noch wählen lassen! Und seien Sie sich darüber im klaren, diese Wahl wird ein Bekenntnis zu den sozialen Reformen, zur lebendigen. kämpferischen Demokratie sein.

    (Erneute Zurufe. — Abg. Dr. Schmid: Wir sind im Fasching! Abg. Strauß: Zur Erschießung der Demokratie!)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Abgeordneter Rische! Wir wollen ja die Abmachungen über die Einhaltung der Redezeit großzügig auslegen. Sie sehen aber, wie starken Eindruck Ihre Ausführungen machen!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Rische


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Herr Präsident, ich bedauere es sehr, daß sich die Mehrheit des Hauses nicht auf den Standpunkt meiner Fraktion stellen kann,

    (Heiterkeit)

    aber ich begrüße es, daß gekämpft wird.

    (Erneute Heiterkeit und Zurufe.)

    Meine Damen und Herren! Damit Sie nun nicht annehmen, daß wir Kommunisten uns mit unserer Ansicht über die Lösung des Problems Berlin allein befinden, möchte ich einen Herrn zitieren, der erst in der Debatte zur ersten Lesung von der Frau Kollegin Schroeder so lobend erwähnt wurde. Es handelt sich um den Leiter des Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts in Berlin, um Herrn Dr. Friedensburg. Auf einer Tagung der Wirtschaftsinstitute in Berlin erklärte Herr Dr. Friedensburg nach der „Allgemeinen Kölnischen Rundschau" vom 4. 2. 1950 folgendes über die gegenwärtige Situation Berlins:
    Die Produktion bleibt hinter der der Westzonen noch stark zurück. Der östliche Markt ging verloren. Der Absatz Berlins selbst leidet unter der außerordentlichen Kapitalknappheit
    und der mangelnden Kaufkraft der Berliner Bevölkerung.

    (Zuruf: Deshalb wollen wir helfen!)

    Das Währungsgefälle vom Westsektor in den Ostsektor bringt neue erhebliche Einbußen für West-Berlin.
    Und dann heißt es in dieser Zeitung weiter:
    Friedensburg wies noch einmal auf das politische Problem Berlin hin, das eine gesamtdeutsche Aufgabe sei. Wirtschaftliche Maßnahmen seien nur eine Überbrückung. Zur alten Leistung könne Berlin nur dann zurückkehren, wenn es wieder Hauptstadt sei und Verkehrsmittelpunkt zwischen dem Osten und Westen.
    Haben Sie etwas dagegen einzuwenden?

    (Lebhafte Zurufe: Nein!)

    — Wir auch nicht! Wir sind der Meinung, daß in diesen Worten zu gleicher Zeit die Lösung, zumindest der erste Schritt zur Lösung des so folgenschweren Problems Berlin enthalten ist.

    (Zuruf von der CDU: Aber dann haben Sie nichts mehr zu sagen! — Zuruf des Abg. Dr. Schmid.)

    — Das merken Sie leider erst heute. Späte Erkenntnis, Herr Kollege Schmid!
    Meine Damen und Herren! Selbst die westdeutsche Schwerindustrie, die ja, wenn es um Berlin geht, nicht immer mit ganzem Herzen dabei ist, weil ihre Interessen heute schon über Berlin bis nach Moskau und nach Peking reichen, selbst diese Kreise, die auch hier, wenn ich nicht irre, politisch sehr stark vertreten sind, machen sich Gedanken über die Lösung des Problems Berlin. In einer vertraulichen Mitteilung, die nur den Direktoren der großen Stahlwerke zuging, heißt es unter E, Berlin:
    Die schwersten Auswirkungen dieser Wirtschafts- und Währungsverhältnisse ergeben sich in West-Berlin. Man erwartet bis Anfang 1950 eine ansteigende Arbeitslosenziffer.
    Und dann kommt es:
    Es rächt sich bitter, daß man übereilt die Westwährung für einen Teil Berlins in Kraft gesetzt hat. Alle steuerpolitischen Maßnahmen des West-Berliner Magistrats sowie alle Kredite sind zum Scheitern verurteilt, wenn innerhalb von Berlin die Arbeitskraft mit einem so unterschiedlichen Lohn angeboten wird, wie ihn der 1-zu-6-Kurs mit sich bringt.
    Diese Leute sind wesentlich nüchterner. Wenn sie sich einmal über wirtschaftspolitische Dinge unterhalten, dann haben sie auch ihre guten Gründe, und dann bemühen sie sich auch einmal, die Dinge anders und grundsätzlicher zu sehen.
    Sehen Sie, meine Damen und Herren, ich habe anfangs von den großen politischen Irrtümern gesprochen, die in bezug auf das Berlin-Problem bestehen. Es gibt da eine Legende, daß angeblich die Politik der SED den Status Berlins verschuldet hätte. Wenn Sie sich genau vergegenwärtigen, wie die westdeutsche Separatwährung hier im Westen durch die Besatzungsmächte, ich möchte sagen, unter Mitwirkung der westdeutschen Politiker verkündet wurde und wie man im Wirtschaftsrat verlangt hat, daß diese Westwährung, diese Separatwährung auch für West-Berlin gelten soll, dann


    (Rische)

    haben Sie eine der Ursachen für die bestehenden Schwierigkeiten in West-Berlin.

    (Abg. Dr. Tillmanns: Ganz richtig! — Abg. Dr. Schmid: Ahnungsloser Engel!)

    Auch wir Kommunisten sind. der Auffassung, daß man allmählich mit diesem Kampf um Berlin Schluß machen muß.

    (Zuruf: Dann fangen Sie mal an!)

    Durch diesen Kampf werden die Kräfte des deutschen Volkes gelähmt. Das deutsche Volk hat andere politische Aufgaben. Das deutsche Volk muß sich endlich seinen Platz als demokratisches, friedliebendes Volk in der Weltwirtschaft und in der Weltpolitik zurückerobern,

    (Zuruf von der CDU: Auch gegen Moskau?)

    und der Kampf um Berlin hindert uns daran. Der Kampf um Berlin hindert uns daran, die große Einheit des deutschen Volkes im Hinblick auf große nationale Ziele zu verwirklichen.

    (Zuruf von der FDP: Nun hören Sie aber auf mit Ihren Faschingsscherzen! — Weitere Zurufe von der CDU.)

    - Jawohl, Herr Kollege, diese Einheit des deutschen Volkes wird heute schon weitestgehend in den Organen der Nationalen Front repräsentiert, ob Sie die anerkennen wollen oder nicht!

    (Weitere Zurufe.)

    Diese Nationale Front des deutschen Volkes wächst. Diese Nationale Front des deutschen Volkes wird auch die politischen Kräfte, die gesunden demokratischen und friedliebenden Kräfte des deutschen Volkes sammeln.

    (Abg. Dr. Tillmanns: Und warum laßt ihr dann diese Organe nicht frei wählen?)

    Im Kampf um die berechtigten Interessen des deutschen Volkes werden sie ein einheitliches, freiheitliches deutsches Vaterland verwirklichen!
    Aber wir haben das Problem Berlin, und Berlin kann bekanntlich nicht mit großen politischen Reden geholfen werden.

    (Zuruf: Dann hören Sie doch auf!)

    Wir sind der Meinung, daß man zur endgültigen Lösung des Berlin-Problems heute schon einen ersten Schritt tun kann. Der für Gesamt-Berlin vorgeschlagene Wirtschaftsausschuß kann als eine solche erste Maßnahme zur Lösung aller wirtschaftlichen Probleme in der deutschen Hauptstadt betrachtet werden. Es hängt vom guten Willen der Politiker in West-Berlin ab, daß dieser Wirtschaftsausschuß zur Lösung der wirtschaftspolitischen Probleme der deutschen Hauptstadt zustandekommt. Wir wissen allerdings, daß es sehr starke Kräfte gibt, die von außen her gedrängt werden, die kein Interesse daran haben, daß unter der Berliner Bevölkerung Ruhe eintritt, daß sie in Frieden arbeiten und ihrer Beschäftigung nachgehen kann. Wir wissen aber ganz genau, daß auch die SPD in Berlin, die ja in West-Berlin politisch führend ist, ebensogut weiß, daß heute die Deutsche Demokratische Republik ein wirtschaftspolitischer und politischer Anziehungspunkt für die West-Berliner Bevölkerung geworden ist.

    (Lachen und Zurufe bei der SPD, in der Mitte und rechts.)

    Alle Versuche, durch Finanztransaktionen hier Abhilfe zu schaffen, werden scheitern.

    (Glocke des Präsidenten.)