Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ziele, die der Antrag der Bayernpartei verfolgt, können als durchaus berechtigt anerkannt werden. Es ist eine Tatsache, daß durch den Verteilungsschlüssel im Jahre 1946 und durch die geographische Lage der Länder innerhalb des deutschen Gebietes einige Länder, nämlich Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, besonders stark belastet worden sind. Heute wirkt sich diese Belastung stärker als in den vorangegangenen Jahren durch eine echte, strukturelle Arbeitslosigkeit in diesen Ländern und durch eine oft menschenunwürdige Unterbringung in den Lagern aus. Sie wirkt sich ferner auch heute noch durch eine stärkere finanzielle Belastung dieser Länder aus, für die der Finanzausgleich eine nicht vollkommene Entschädigung bieten kann. Wenn auch der Bund zum 1. 4. 1950.
die Leistungen für die Kriegsfolgen übernimmt, so ist doch der finanzielle Ausgleich, der dann erreicht werden könnte, noch lange nicht genügend, um dieser ungleichen Belastung innerhalb des Bundesgebiets vollkommen Rechnung zu tragen.
Ich darf allerdings -- und hierin möchte ich die Ausführungen des Redners der Bayernpartei, des Kollegen Donhauser, richtigstellen - betonen, daß die Ziele, die mit diesem Antrag erreicht werden sollen, von der Regierung in zwei Verordnungen angestrebt werden, deren Durchführung auch erfolgt. Das eine ist die Verordnung über die Neuverteilung der Heimatvertriebenen, in deren Durchführung insgesamt 300 000 Heimatvertriebene nach dem Ende des ausgesprochen kalten Winterwetters verteilt werden sollen, wobei aus Bayern 75 000 Heimatvertriebene herausgenommen werden sollen. Das andere ist die Verordnung zur Notaufnahme von Deutschen im Bundesgebiet, die zur Zeit im Bundesrat in Beratung ist und über die nächste Woche voraussichtlich entschieden werden wird.
Zugleich mit dieser geplanten Verordnung läuft ein Initiativgesetzentwurf .der SPD zur Notaufnahme von Deutschen im Bundesgebiet, über den ich hier nicht spreche. Er enthält allerdings auch eine Bestimmung, wonach die Länder bei der Aufnahme illegaler Grenzgänger aus der Ostzone in gleicher Weise belastet werden sollen und nicht die ungleiche Belastung fortgesetzt werden darf, die bisher allein durch die Grenzlage entstanden ist. Ich darf hier darauf hinweisen, daß diese beiden Verordnungen der Regierung, von denen eine bereits in Kraft gesetzt worden ist und die andere nächste Woche vermutlich in Kraft treten wird, die Ziele, die der Antrag der Bayernpartei verfolgt, auch tatsächlich erreichen sollen.
Was die Grenzgänger aus der Ostzone betrifft, so darf ich darauf hinweisen, daß die Ülzener Beschlüsse eine freiwillige Vereinbarung der Länder darstellen, wobei in der zweiten Fassung der Ülzener Beschlüsse auch die französische Zone mit einbezogen worden ist. So stellen die Ülzener Beschlüsse tatsächlich eine Art föderalistischer Idealregelung dar, weil sie auf Grund einer freiwilligen Vereinbarung der Länder zustande gekommen sind. Ich bitte die Herren Kollegen von der Bayernpartei, es mir nicht übelzunehmen, wenn ich ihnen sage, daß ihr Antrag ein Gespenst an die Wand malt, das wir sehr ungern sehen, nämlich das Gespenst der Bundesexekutive gegenüber den Ländern.
— Lassen Sie mich, doch bitte ausreden! Ich bin leider der Meinung — und wir haben berechtigten Grund, das zu glauben —, daß gerade die gerechte Verteilung der Heimatvertriebenen, die Entlastung der Länder Bayern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, eine Art Feuerprobe für die Echtheit des Föderalismus innerhalb der deutschen Länder darstellen wird.
Ich habe weniger Angst davor, daß man die Flüchtlinge etwa zwingen muß, in bessere Gegenden hinüberzuwechseln, wo sie Arbeitsmöglichkeiten und Unterkunft haben, als davor, daß die Länder im Rahmen der Möglichkeiten, die sie haben, die Aufnahme von Heimatvertriebenen
vielleicht doch etwas länger hinausziehen, als wir das bei den betreffenden Ländern wollen.
— Wir stehen, Herr Kollege Baumgartner —Sie
und wir —, vor der tragischen Alternative, entweder eine rein föderalistische Regelung zu
wollen, die aus Ihrem Staatenbundprinzip entspringt und mit der auf lange Zeit nichts zu erreichen ist, weil die Mehrheit der Länder nämlich unter Umständen nicht will, oder den anderen Weg zu wählen, den wir nicht wollen, nämlich vom Bund aus die Aufnahme der Heimatvertriebenen in gerechter Verteilung durchzusetzen,
ein Gespenst, das Sie mit diesem Antrag ohne Zweifel an die Wand malen.
Ich darf dann noch zu Ziffer 2 Ihres Antrages, daß die Überführung der Heimatvertriebenen aus den nicht winterfesten Lagern noch vor Einbruch des Winters erfolgen soll, etwas sagen. Wir haben es im Jahre 1946 in der unteren Verwaltung. kennengelernt, was es bedeutet, wenn kurzfristig, ohne .daß dafür Vorbereitungen von längerer Dauer getroffen werden konnten, Transporte größeren Umfangs in Landkreise geworfen werden. Was damals von haßerfüllten, unter einer bestimmten Ideologie stehenden, verhetzten Menschen aus dem Osten an Deutschen verbrochen worden ist, indem man unter menschenunwürdigen Umständen, gerade im Herbst 1946, Millionentransporte nach Deutschland hereingeworfen hat, durfte sich von Deutschen zu Deutschen im Jahre 1949 nicht wiederholen.
Darum halten wir es für richtig, daß die Regierung mit der Umquartierung am Ende des Winters — wie Herr Kollege Dr. Baumgartner vorher selbst sagte —, im Frühjahr, das jetzt kommt, beginnt. Wir werden dann höllisch darauf aufpassen, daß die Regierung die Quote, die die erste Rate darstellt, im Zuge der gesamten Umquartierung auch tatsächlich einhält. Wir sind da vollkommen der gleichen Meinung.
Wir stehen also auf dem Standpunkt, daß die Ziele, die dieser Antrag verfolgt, berechtigt sind, wenn man auch über Einzelheiten streiten kann.
Wir sind zweitens der Meinung, daß man diese Ziele nur auf dem Wege geordneter Rechtsformen und ihrer Durchführung erreichen kann, wobei wir selbst meinen, daß der freiwillige Ausgleich zwischen den Ländern als eine Art Musterprobe für die Funktionsfähigkeit des Föderalismus wertvoller wäre als das Eingreifen des Bundes auf diesem Gebiet.