Rede von
Dr.
Anton
Besold
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Drucksache Nr. 318 wurde dem Finanz- und Steuerausschuß der Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Kriegsfolgelasten im zweiten Rechnungshalbjahr 1949 durch den Bundestag zur Beratung vorgelegt. In Drucksache Nr. 464 ist dieser Gesetzentwurf durch den Finanzausschuß zur Verabschiedung bearbeitet.
Die unterschiedliche Belastung der einzelnen Länder mit den Besatzungskosten und die sonstigen Kriegsfolgelasten und die verschiedenartige Leistungsfähigkeit der einzelnen Länder bedingen. einen Finanzausgleich zwischen den Ländern. Das Fehlen klarer Rechts- und Tatsachengrundlagen und die völlig verschieden gelagerte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Länder auf der einen und die hohen Kriegsfolgelasten auf der anderen Seite machen die Gestaltung einer gerechten Lösung des Finanzausgleichs unter den Ländern zu einem höchst schwierigen Problem. Nach eingehenden Verhandlungen unter den Ländern des Vereinigten Wirtschaftsgebietes wurde am 6. August 1949 das Gesetz des Wirtschaftsrates zur vorläufigen Regelung der Kriegsfolgelasten im Rechnungsjahr 1949 verkündet. Seine Geltungsdauer ist bis zum 31. Dezember 1949 befristet. Der bisherige Finanzausgleich war nur ein vorläufiger; er muß mit Wirkung vom 1. Oktober 1949 durch eine neue Regelung ersetzt werden. Dazu kommt, daß nach Artikel 120 des Grundgesetzes der Bund die Aufwendungen für Besatzungskosten und die sonstigen inneren und äußeren Kriegsfolgelasten nach näherer Bestimmung eines Bundesgesetzes trägt.
Nach dem Beschluß der Ministerpräsidentenkonferenz vom Sommer 1949 soll die im Grundgesetz angeordnete Übernahme der Kriegsfolgelasten durch den Bund erst zum 1. April 1950 erfolgen, und zwar aus haushalttechnischen Gründen und weil der Umfang und die Begrenzung der zu übernehmenden Lasten erst durch das im Artikel 120 vorgesehene Bundesgesetz zu bestimmen ist. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß der neue Finanzausgleich mit Wirkung vom 1. Oktober 1949 die drei Länder der französischen Zone zu erfassen hat. Gleichzeitig war im Entwurf zu beachten, daß vom 1. Januar 1950 bis zum 1. April 1950 eine gesetzliche Regelung zum Finanzausgleich unter den Ländern getroffen werden muß, um einen gesetzlosen Zustand zu vermeiden.
Der Bundesrat hat die im Gesetzentwurf vorliegende Lösung unter Berücksichtigung aller Umstände, nämlich der Rechtslage und der wirtschaftlichen Verhältnisse der einzelnen Länder nach der steuerlichen und sozialen Seite hin, mit Mehrheitsbeschluß gutgeheißen. Dabei wurden insbesondere die Besatzungskosten und die Kriegsfolgekosten, die Flüchtlingskosten, die Arbeitslosenfürsorge, die Verdrängtenfürsorge und die Beamtenpensionen bei der Findung des Finanzausgleichs in ein bestimmtes Verhältnis gebracht. Man kam dabei zu der Feststellung, daß die Durchschnittslage der Länder Süd-Baden und Württemberg-Hohenzollern trotz der hohen Besatzungskosten eine Berücksichtigung im Finanzausgleich nicht rechtfertige. Andererseits kam man zu dem Ergebnis, daß Rheinland-Pfalz unter dem Durchschnitt liege und unbedingt einen Ausgleich nötig habe. Außerdem ergab sich die Notwendigkeit, Hessen aus einem beitragspflichtigen Land zu einem zuschußempfangenden Land zu machen.
Der Finanz- und Steuerausschuß hat den vorliegenden Entwurf in seiner Sitzung vom 17. Januar 1950 beraten. Entsprechend der Anregung des Deutschen Bundesrats sind in der Drucksache Nr. 318 folgende Änderungen vorgenommen worden. In § 2 ist der Betrag von 300 Millionen D-Mark auf 307,5 Millionen D-Mark, in § 3 der Betrag von 80,5 Millionen D-Mark auf 80 Millionen D-Mark und in § 4 der Betrag von 43 Millionen D-Mark auf 42,5 Millionen D-Mark abgeändert worden. Zudem sind in § 6 die Worte „des Finanzausschusses" gestrichen worden, so daß § 6 lautet: „Der Bundesminister der Finanzen erläßt mit Zustimmung des Bundesrats die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Verwaltungsanordnungen." Damit ist den Erfordernissen des Grundgesetzes Rechnung getragen worden.
Ferner muß festgestellt werden, daß der vorliegende Entwurf im Gegensatz zu dem Gesetz des Wirtschaftsrates vom 6. August 1949 keinen vorläufigen Charakter mehr trägt. Es handelt sich vielmehr um eine endgültige Regelung für das Rechnungsjahr 1949 bis zum 1. April 1950.
Mit dieser Fassung hat der Finanz- und Steuerausschuß in seiner Sitzung vom 17. Januar 1950 die Beratung über den Gesetzentwurf abgeschlossen. Auf besonderen Wunsch des Abgeordneten Morgenthaler ist die Verhandlung hierüber in der Finanzausschußsitzung vom 26. Januar 1950 nochmals aufgenommen worden, da Baden die schon im Bundesrat vorgebrachten Einwendungen gegen den Entwurf des Gesetzes dem Finanzausschuß ebenfalls vortragen wollte. Hierzu ist dem Abgeordneten Morgenthaler und den Vertretern der Regierung des Landes Baden in der Sitzung vom
26. Januar 1950 Gelegenheit gegeben worden. In der Finanzausschußsitzung vom 26. Januar 1950 sind weder von Baden noch von Schleswig-Holstein, das ebenfalls noch Bedenken erhoben hat, Abänderungsanträge gestellt worden. Da der Finanzausschuß den Gesetzentwurf, wie er nunmehr in Druchsache Nr. 464 vorliegt, bereits in der Sitzung vom 17. Januar 1950 genehmigt hatte, ist es bei dieser Beschlußfassung geblieben.
Es ist noch der Standpunkt des Finanzausschusses festzustellen, daß der vorliegende Gesetzentwurf kein Präjudiz für den zukünftigen Finanzausgleich sein darf.
Der Finanzausschuß empfiehlt dem Hohen Haus, den mit Drucksache Nr. 464 vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Kriegsfolgelasten im zweiten Rechnungshalbjahr 1949 in der vom Finanzausschuß in seiner Sitzung vom 17. Januar 1950 beschlossenen Fassung zu genehmigen.