Rede von
Anton
Storch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will mich nicht in allzu große Diskussionen einlassen, sondern möchte meinem Vorredner nur das eine sagen. Wenn er von dem Artikel des „Industriekuriers" spricht, dann sollte er ihn einmal richtig durchlesen. Dann findet er nämlich, daß ich dem Vertreter dieser Zeitung gesagt habe: Nach den mündlichen Erklärungen, die auf dem Petersberg über Watenstedt-Salzgitter abgegeben worden sind, untersteht eigentlich nur die Walzenstraße und darüber hinaus das Stahlwerk der Demontage. Von allem anderen ist auf dem Petersberg nach den Erklärungen des Herrn Bundeskanzlers nichts gesagt worden. Als der Mann vom „Industriekurier" bei mir war, habe ich ihm diese Dinge ausdrücklich dargestellt und habe gesagt: Wenn das so ist, dann bleibt in Watenstedt-Salzgitter soviel stehen, daß ein Restbetrieb zusammengefaßt werden kann, der sehr wohl in der Lage ist, diesem Gebiet eine Lebensgrundlage zu geben. Es kam doch letzten Endes darauf an, von der Gegenseite einmal zu erfahren, was denn nun in Wirklichkeit gewollt war. Sie wissen, daß Watenstedt-Salzgitter nicht Inhalt des Petersberger Abkommens ist. Herr Kollege Bielig, Sie meinen, es müßten mich mehrere Zeitungsvertreter mißverstanden haben. Es war nur einer bei mir im Büro. Ich habe mich mit ihm nicht in der Form eines Interviews unterhalten. Der Herr hat sich seine
Aufzeichnungen gemacht. Wenn er einen Satz in seiner Einleitung nicht hätte, entspräche alles, was dort geschrieben ist, den tatsächlichen Verhältnissen.
Darüber hinaus will ich noch folgendes sagen. Sie haben vorhin gesagt, Sie seien kein Stahlfachmann. Gehen Sie doch einmal zu Ihren Parteifreunden, die in dem Werk arbeiten, gehen Sie einmal zu den Betriebsräten und gehen Sie zu der Werksleitung hin; sie alle werden Ihnen gerne Auskunft geben. Sie haben alle ein ungeheures Interesse daran, daß man diesem Werk, vor allen Dingen auch durch den gewählten Vertreter hier im Bundesparlament, eine neue Grundlage gibt.
Worum handelt es sich denn nun? Jeder weiß. daß die Militärregierungen auf Grund eines festen Beschlusses die endgültige Demontage des Stahlwerkes und der Walzenstraße als etwas Feststehendes ansehen. Und die Leute in Watenstedt-Salzgitter. Ihre Wähler, suchen heute mit allen Mitteln diesem Werk eine Produktionsmöglichkeit zu geben.
Sie sagten: Wenn man keinen Stahl herstellen kann, dann gibt es für dieses Werk keine Lebensfähigkeit. Nein, die verantwortlichen Leute in diesem Werk haben mir ausdrücklich erklärt: Wenn wir die vier Hochöfen zum Arbeiten bringen können und in der Lage sind, die Ergebnisse von zwei Hochöfen in der Gießerei in Halbfabrikate und Fertigfabrikate umzuwandeln, dann sind wir lebensfähig. Darum handelt es sich doch letzten Endes.
Wir sollten doch nicht durch Erklärungen hier im Bundesparlament die Arbeit dieser Leute, die sich wirklich in einer furchtbaren Situation befinden, noch erschweren.
Es hätte Ihnen ganz bestimmt nichts ausgemacht, Herr Abgeordneter, wenn Sie einmal zu mir gekommen wären. Wir haben als Niedersachsen wohl beide ein Interesse daran, den Leuten zu helfen und nicht durch eine Debatte draußen im Land vielleicht andere Leute auf Dinge aufmerksam zu machen, die man momentan nicht auszusprechen braucht.
Wenn Sie zu den Betriebsräten und zu der Werksleitung in Salzgitter hinkommen, werden diese Ihnen bestätigen, daß ich mich mit ihnen sehr ausführlich über diese Dinge unterhalten habe. Ich habe vorhin ganz klar gesagt: Wer diesem Werk und diesem Gebiet helfen will, der muß die helfenden Maßnahmen darauf aufbauen, daß man die Grundlage der dortigen Industrie, nämlich das vorhandene Erz, über die Verhüttung und- die Weiterverarbeitung so gestaltet, daß darauf das ganze Gebiet wieder aufgebaut werden kann. Jeder, der die Verhältnisse in Watenstedt-Salzgitter und all die Vorschläge, die zur Rettung dieses Gebietes gemacht werden, kennt, weiß doch, daß das dortige Gebiet nur auf der Rohstoffbasis des Eisenerzes aufbauen kann. Wenn man mir in Watenstedt gesagt hat, man wolle eine Möbelfabrik für tausend Arbeitnehmer dahin bringen, in ein Gebiet, wo kein Absatz für Möbel vorhanden ist, in ein Gebiet, wo keine Wälder als Rohstoffbasis für eine Möbelfabrik vorhanden sind, dann sage ich mir allerdings: hier wird geplant und geplant, ohne daß man klare Vorstellungen hat, wie man dieses
Gebiet überhaupt neu aufbauen kann. Wenn sich die Betriebsräte mit der Werksleitung darüber einig geworden sind: wir verzichten auf die Stahlherstellung und wollen mit Grauguß die Dinge machen, und wir wollen dafür sorgen, daß die Leute die nötige Unterstützung auch von der westdeutschen Industrie bekommen, dann sollten wir uns nicht gegenseitig hier bekämpfen und so tun, als wenn der eine oder der andere seine Pflicht nicht erfüllt hätte, sondern wir sollten treu Hand in Hand miteinander daran arbeiten, daß den armen Menschen in Watenstedt-Salzgitter wirklich geholfen wird.