Rede:
ID0102808200

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Metadaten
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    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Herr: 1
    6. Abgeordnete: 1
    7. Stegner.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1950 859 28. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 859D, 898D Schreiben der Fraktion der Deutschen Partei betr. Ausschluß des Abg. Hedler aus der Deutschen Partei . 860A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (Antrag der Fraktion der SPD) (Drucksache Nr. 328) und Erste Beratung des Entwurfs eines Richterwahlgesetzes (Antrag der Fraktion der SPD) (Drucksache Nr. 327) . . . . . . 860A Wagner (SPD), Antragsteller . . . 860B Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 863B Dr. Etzel (BP) . . . . . . . . . 864B Dr. Laforet (CSU) 865B Dr. Wahl (CDU) 865C Dr. von Merkatz (DP) . . . 866B, 877A Neumayer (FDP) 867B Dr. Reismann (Z) . . . . . . . 867D Loritz (WAV) 870B Leibbrand (KPD) 872C Dr. Arndt (SPD), Antragsteller . 874B Dr. Bucerius (CDU), zur Geschäftsordnung . . . . . 876A Geschäftsordnungsaussprache betr. Behandlung von Initiativanträgen Dr. Bucerius (CDU) 876B Mündlicher Bericht des Ausschusses für Beamtenrecht über den Antrag der Abg. Renner und Gen. betr. Aufhebung der ersten Gehaltskürzungsverordnung vom 1. Dezember 1930 für den Bereich des Bundesgebiets (Drucksachen Nr. 343 und 140) 877B Dr. Wuermeling (CDU), Berichterstatter 877C Schäffer, Bundesminister der Finanzen . . . . . . . 878B, 885A Gundelach (KPD) 879B Arnholz (SPD) 880A Dr. Vogel (CDU) 881B Paschek (WAV) . . . . . . . 882B Pannenbecker (Z) . . . . . . . . 882C Dr. Falkner (BP) 883C, 886D Dr. Nowack (FDP) 884B Frommhold (NR) 885D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Aufhebung der sechsprozentigen Gehaltskürzung nach der ersten Gehaltskürzungsverordnung vom Dezember 1930 für die Verwaltungsangehörigen des Bundesdienstes und der früheren Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes (Antrag der Fraktion der KPD) (Drucksache Nr. 364) . . . . . . . . 886D Dr. Wellhausen (FDP) (zur Geschäftsordnung) 886D, 887D Renner (KPD) (zur Geschäftsordnung) . . : . . . . 887A, 888B Neumann (SPD) (zur Abstimmung) . 888B Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Notstandsgebiet Watenstedt - Salzgitter (Drucksachen Nr 362 und 181) 889A Dr. Schröder (CDU), Berichterstatter 889A Storch, Bundesminister für Arbeit 889B, 894B Wackerzapp (CDU) 890A Frau Brökelschen (CDU) . . . . 890D Stegner (FDP) . . . . . . . 891B Dr. Richter (NR) 891D Bielig (SPD) . . . . . . . . 892C Rische (KPD) 895A Farke (DP) . . . . . . . . . 896B a Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Einstellung des Verfahrens gegen Angestellte der „Niedersächsischen Volksstimme" (Drucksache Nr. 386) . . . . 897A Kurt Müller (KPD), Antragsteller . . 897B Gengler (CDU) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . . 898B, D Nächste Sitzung 898D Die Sitzung wird um 14 Uhr 41 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Else Brökelschen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Der Arbeitsminister hat darauf hingewiesen, daß dieses unglückselige Wirtschaftsgebiet Watenstedt-Salzgitter in ganz kurzer Zeit entstanden ist. Es ist nicht mit Unrecht in einer Zeitung neulich von Goldgräbertempo geredet worden. Das sagt sich alles sehr leicht hin. Aber die Folge dieses rapiden Tempos ist gewesen, daß während des Krieges dieses Salzgitter mit 36 000 Ausländern belegt gewesen ist. Die sind inzwischen weg bis auf einen Rest von 9 000. Dafür sind aber in dieses Gebiet 30 000 Flüchtlinge eingeströmt, und die schwierige wirtschaftliche Situation, in der sich Salzgitter im Augenblick befindet, bedeutet für diese mehr als 30 000 Flüchtlinge jetzt die Gefahr, zum zweiten Mal aus einer nun eben gesicherten Existenz herausgeworfen und zum zweiten Mal in Elend und Heimatlosigkeit hineingetrieben zu werden. Dieser Gesichtspunkt muß neben den wirtschaftlichen Gesichtspunkten unbedingt mit in Erwägung gezogen werden.
    Meine Damen und Herren! Es ist gesagt worden: wenn es nicht gelingt, dieses Salzgitter irgendwie zu sanieren, dann kann man ja den Versuch machen, die arbeitende Bevölkerung nach dem Westen abzutransportieren und dort in den Betrieben einzusetzen. Dagegen muß gesagt werden, daß Salzgitter wie kaum eine andere Stadt gerade in diesem rapiden Tempo sehr viel Wohnraum geschaffen hat und daß wir es uns auf keinen Fall leisten können, daß bei einem Abwandern der Arbeiter dieser Wohnraum leersteht. Was würde die Folge sein? Daß in den von den Arbeitern verlassenen Wohnraum Elendsmassen hineinströmen würden — Frauen und Kinder —, die die ganz furchtbare Situation von Salzgitter noch


    (Frau Dr. Brökelschen)

    erschweren würden. Wir würden durch eine Abwanderung der Arbeiter infolgedessen in Salzgitter ein Elendsgebiet bekommen, das wir aus mehr als einem Grunde, worauf ich hier nicht einzugehen brauche, uns in der Nähe der sowjetischen Zone einfach nicht leisten können.
    Meine Damen und Herren! Es ist von dem Herrn Kollegen Wackerzapp darauf hingewiesen worden, daß unbedingt jetzt diesem Salzgitter nach der kommunalen Seite geholfen werden muß. Lassen Sie mich da als Frau das eine sagen: Es ist unmöglich, daß in einem Gebiet, dem jede Tradition fehlt, irgendein Geist, irgendeine Heimatmöglichkeit geschaffen wird, wenn in diesem Gebiet nicht die allerprimitivsten Voraussetzungen des Lebens auf dem Gebiet der Hygiene, der Kultur usw. geschaffen werden. Es muß nachgeholt werden, was der Nationalsozialismus in seiner brutalen, nur wirtschaftlichen Einstellung versäumt hat. Wir müssen mit Schulen, Krankenhäusern, Kinderheimen usw. usw, hier in diesem Gebiet nachkommen. Meine Damen und Herren, es muß ein Geist in diesem Salzgitter geschaffen werden. Da lassen Sie mich mit allem Ernst das eine sagen: dieses Salzgitter ist nicht nur ein wirtschaftliches Problem, sondern dieses Salzgitter, das unmittelbar an der Grenze der britischen Zone liegt, ist ein politisches Problem. Wir haben hier oft von Berlin als dem letzten Bollwerk der westlichen Kultur gesprochen. Ich möchte sagen, daß Salzgitter die Möglichkeit für das Absprungbrett einer Nichtkultur nach Westen bedeutet,

    (Zuruf von der KPD: Haben Sie aber Vorstellungen!)

    und daß wir infolgedessen die Verpflichtung haben, alles daranzusetzen, daß hier an der Grenze einer anderen Zone Lebensmöglichkeiten geschaffen werden, die westlichen zivilisatorischen und kulturellen Bedingungen entsprechen und die es uns möglich machen, uns mit Erfolg für diese Dinge hier weiter einzusetzen. Wir müssen dieses Gebiet so gestalten, daß kein Anlockmittel gegeben wird, östliche Segnungen zu ersehnen.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Stegner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Artur Stegner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Sie werden vielleicht sagen: Watenstedt-Salzgitter ist nicht so wichtig, als daß viele Worte darüber verloren werden müßten. Es ist aber doch eines der -merkwürdigsten Gebilde, um die sich der Bund unbedingt kümmern muß. Wir haben zwei Wirtschaftsgebiete, die im „Dritten Reich", ich möchte sagen, ad hoc geschaffen worden sind. Das eine war die Volkswagenstadt, die im wesentlichen fertig geworden ist und uns infolgedessen nicht mehr soviel Sorgen bereitet. Das zweite Gebiet ist der Stadtkreis Watenstedt-Salzgitter. Das Merkwürdige an diesem Stadtkreis ist nun folgendes. Es ist also eine Stadt. Sie finden diesen Namen aber weder postalisch noch geographisch noch sonstwo. Es ist keine Stadt geworden. Dieser Stadtkreis wurde nach der Gründung der Reichswerke im Jahr 1941 aus Gebietsteilen zweier Landkreise zusammengesetzt. Es war eine rein dörfliche Bevölkerung mit Dörfern von 600, 800 his 1000 und 1500 Einwohnern. Daraus wurde eine Stadt, über deren Bevölkerungsbewegung der Herr Bundesarbeitsminister vorhin schon berichtet hat.
    Nun ist es selbstverständlich und nach dem früheren Reichsrecht vollkommen klar, daß eine solche neugebildete Stadt mit einer kommunalen Erstausstattung versehen werden muß, und es ist weiter klar, daß eine Bevölkerungszunahme natürlich entsprechende Einrichtungen verlangt. Sie finden zum Beispiel in Watenstedt-Salzgitter nicht nur, wie die Kollegin Frau Dr. Brökelschen gesagt hat, keine Schulen und keine hygienischen Einrichtungen, sondern es reichen auch die Friedhöfe ebenso wie die anderen primitivsten Dinge nicht, und wenn ein Einwohner aus Watenstedt-Salzgitter zum Finanzamt fahren muß, dann muß er bei den schlechten Verkehrsverhältnissen kilometerweit in andere Kreise fahren; denn Watenstedt-Salzgitter hat nicht einmal ein eigenes Finanzamt.

    (Heiterkeit.)

    - Meine Damen und Herren, Sie halten das nicht für wichtig. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Ich kann mir vorstellen, daß auch die Leute in Watenstedt-Salzgitter viel häufiger zum Finanzamt fahren müssen, als ihnen lieb ist. Wir müssen uns also mit diesen Fragen befassen.
    Meine Damen und Herren, es ist tatsächlich einmalig, daß die kommunale Erstausstattung dieser Stadtgemeinde vom Reich nicht gegeben worden ist. In der Zwischenzeit hat das Land Niedersachsen, das finanziell ja mit außerordentlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat und sicher in dem Fall nicht ohne weiteres der Rechtsnachfolger des Reiches war, zwar alles mögliche getan, um die ärgste Not in Watenstedt-Salzgitter zu lindern — das muß anerkannt werden —; sie konnte aber diese grundsätzliche Regelung auch nicht durchführen. Das ist heute eine Aufgabe des Bundes; denn es handelt sich dort um ein Gebiet, von dem der Herr Bundesarbeitsminister sagte, daß dort die Menschen Wohnstätten haben und daß dort die Arbeitsplätze geschaffen werden müssen. Das wird vielleicht auf diesem oder jenem Wege gelingen. Wenn die Menschen dort aber Arbeit und Wohnstätten haben,. dann muß man ihnen auch alle die Dinge geben, die zur Existenz und zum kommunalen Leben überhaupt notwendig sind. Das ist das Entscheidende dabei, und deshalb erlaubten wir uns, in dieser Richtung die Fragen an die Bundesregierung zu richten. Ich würde sehr wünschen, daß wir bis zum 31. Januar eine Antwort bekommen; denn es drängt nicht nur die wirtschaftspolitische Seite, es drängt dort vielmehr die kommunalpolitische Seite. Wir wollen nicht vergessen, daß auch in Watenstedt-Salzgitter letzten Endes nicht allein das Werk, sondern der Mensch im Mittelpunkt der Dinge steht und stehen muß.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)