Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist hier eine Eingabe gemacht worden, um eine Klarstellung darüber herbeizuführen, was im Gebiet Watenstedt-Salzgitter in der Zwischenzeit geschehen ist und was in der Zukunft geschehen kann. Der Ausschuß wollte eine klare Auskunft darüber haben, was in der Zwischenzeit von der Bundesregierung in Zusammenarbeit mit der niedersächsischen Landesregierung getan worden ist.
Ehe man das Gebiet Watenstedt-Salzgitter in seiner Gesamtheit in die Betreuung nimmt, muß man einigermaßen einen Überblick darüber haben, inwieweit man diesem Gebiet helfen kann. Soweit die Betriebe dort im Gange sind, haben wir alles getan, um keine weitere Arbeitslosigkeit eintreten zu lassen. Einmal hat der Bundesfinanzminister für die Inganghaltung des Braunschweiger Stahlwerk 5 Millionen D-Mark zur Verfügung gestellt und darüber hinaus für dasselbe Werk Zahlungssicherheiten an die Reichsbahn in Höhe von 71/2 Millionen Mark gegeben. Darüber hinaus ist in der Zwischenzeit von der Bundesregierung einem Eisenbahnprogramm zugestimmt worden, welches ungefähr einen Kostenaufwand von 20,5 Millionen ausmacht. Davon werden von der Bundesregierung 10,5 Millionen zur Verfügung gestellt.
Die Frage ist nun die: was kann in der Zukunft geschehen? Wer das Gebiet Watenstedt-Salzgitter kennt, weiß, daß dort vor dem Jahre 1933 34 000 Einwohner vorhanden waren. Heute sitzen in dieser unglücklichen Stadt und in dem Gebiet, das man zum Wirtschaftsgebiet Watenstedt-Salzgitter rechnen muß, insgesamt 134 000 Menschen. Sie sind dort zusammengeballt, weil man die Hermann-Göring-Werke geschaffen hatte, in denen nicht weniger als 66 000 Menschen beschäftigt waren, davon allein 35 000 Deutsche. Wenn man diesem Gebiet nun wieder eine Lebensgrundlage geben will, kann das meines Erachtens nur geschehen, wenn man von diesem Werk, das heute „Reichswerke" heißt, einen Restbetrieb beläßt, der in sich lebensfähig ist. Derartige Verhandlungen sind mit der Werksleitung unter Hinzuziehung der Gewerkschaften und des Betriebsrates geführt worden. Es ist ein Plan zustande gekommen, wonach man von dem Werk vier Hochöfen erhält und der Werksleitung darüber hinaus die Möglichkeit gibt, in der zur Demontage stehenden Eisengießerei einen großen Teil des dort eingeschmolzenen Eisens in halbfertige oder fertige Fabrikate umzuwandeln. Wir müssen uns darüber klar sein, daß ein Werk in drei Hochöfen allein, wie es die Militärregierungen seither genehmigt haben, nicht lebensfähig gestaltet werden kann. Alle Fachleute bestätigen, daß man für das dort hergestellte Roheisen, das zur Verarbeitung nach der Ruhr geschickt werden muß, unmöglich einen Preis erzielen kann, der die Gestehungskosten deckt. Zur Zeit arbeitet dort ein Hochofen, und es ist so, daß die Gestehungskosten um 15 D-Mark pro Tonne über dem Verkaufserlös liegen. In dieser Form könnte das Werk nur mit ungeheuren Subventionsmitteln aufrechterhalten werden. Der Herr Bundeskanzler hat deshalb eine Eingabe an die Hohen Kommissare gerichtet, die vorschlägt, von den vorhandenen Werksanlagen das zu belassen, was in Verbindung mit vier Hochöfen eine Wirtschaftseinheit ermöglicht, die rentabel gestaltet werden kann. Ehe über diese Eingabe eine endgültige Entscheidung getroffen worden ist, ist es meines Erachtens unmöglich, eine wirkliche Planung für das dortige Gebiet durchzuführen. Denn wir müssen uns darüber klar sein, daß dieses Werk oder vielmehr dieses Wirtschaftsgebiet nur dann auf die Dauer lebensfähig sein wird, wenn man ihm eine natürliche Lebensgrundlage gibt, und die ist doch einzig und allein in dem lagernden Erz vorhanden. Nur wenn man das Erz dort an Ort und Stelle verhüttet und darüber hinaus weitgehend auch verarbeiten kann, ist eine Lebensfähigkeit für die 134 000 Einwohner dieses
Gebietes sichergestellt. Wir hoffen deshalb zuversichtlich, daß es den Bemühungen der Bundesregierung gelingt, die Hohen Kommissare von der Notwendigkeit zu überzeugen, die Restwerksanlagen in diesem Umfange zu erhalten.