Rede von
Otto
Pannenbecker
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Meine Damen und Herren! Ich möchte gleich einleitend sagen, daß meine politischen Freunde gegen eine Rückverweisung oder nochmalige Verweisung des Antrages an den Haushaltsausschuß sind, die Herr Kollege Dr. Vogel hier beantragt hat. Wir sind der Meinung, daß der Haushaltsausschuß über die ganze Materie genügend unterrichtet ist und daß es keinerlei Sinn oder Zweck haben kann, den Haushaltsausschuß noch einmal mit dieser Sache zu beschäftigen.
Meine Damen und Herren, ich habe aus allem, was Herr Dr. Vogel hier gesagt hat, nur eins herausgehört, nämlich ein Nein.
Wenn man schon eine Rechtsungleichheit beseitigen will, dann kann man das dadurch, daß man dem Teil der Beamtenschaft, dem man die 6 Prozent noch nicht gegeben hat, nunmehr diese 6 Prozent zubilligt. Dabei handelt es sich, wie eben schon gesagt worden ist, durchaus nicht um eine Gehaltserhöhung, sondern darum, den Beamten das zu geben, was man ihnen Anfang der dreißiger Jahre, also vor rund 20 Jahren, genommen hat.
Meine Damen und Herren! Ich bin Herrn Kol- legen Arnholz dankbar dafür, daß -er in ziemlich breiter Weise zu der Sache Stellung genommen hat; ich kann mich deswegen kurz fassen. Ich möchte sagen, daß ich dem, was Herr Kollege Arnholz gesagt hat, im wesentlichen zustimme. Die Situation der Beamten, soweit sie die 6 Prozent noch nicht haben, aber auch soweit sie sie schon haben, wird durch folgendes — ich möchte sagen: treffend — gekennzeichnet. Der Herr Bundesfinanzminister hat im Haushaltsausschuß gesagt, er erkenne an, daß die Beamtenschaft, der man seit 1927 keine Erhöhung der Bezüge mehr zugebilligt habe, dadurch in den letzten Jahren eine Vorleistung bis zu 50 Prozent übernommen hat.
Wenn man. meine Damen und Herren, allein von dieser durch den Herrn Finanzminister festgestellten Tatsache ausgeht, dann scheint mir. daß es allerhöchste Zeit ist, diese Dinge zurechtzurücken.
Es handelt sich übrigens nicht nur um die 6 Prozent. Meine Damen und Herren, es gab früher in gewissen Großstädten, in besonders teuren Städten, auch noch eine Ausgleichszulage zwischen 3 und 5 Prozent. Man hat den Beamten durch die Brüningsche Notverordnung nicht nur die 6 Prozent genommen, sondern in den teuren Großstädten auch noch diese 3 bis 5 Prozent.
Zunächst sind es wirtschaftliche Gründe, die dafür sprechen, den Beamten die 6 Prozent wieder zu geben, und auf der andern Seite sind es Gründe des Rechts, von denen nach meiner Meinung nicht abgegangen werden kann. In den meisten Ländern — darauf ist schon hingewiesen worden — werden diese 6 Prozent gezahlt. Es ist auch schon gesagt worden, daß der Postbeamte in der französischen Zone die 6 Prozent bekommt, während er in der amerikanischen und britischen Zone sie nicht erhält. Es gibt Verhältnisse, meine Damen und Herren, in denen Länder- und andere Beamte im selben Hause arbeiten und die einen die 6 Prozent bekommen, während die andern, die im Nebenzimmer sitzen, sie nicht erhalten. Jeder wird zugeben müssen, daß es allerhöchste Zeit ist, daß diese Zustände beseitigt werden. Soviel ich unterrichtet bin, ist übrigens die Postverwaltung in der Lage, diese Beträge zu zahlen, und ich glaube, sie wird sich auch nicht weigern, es zu tun. Soviel ich weiß, ist bei der Postverwaltung rechtzeitig dafür gesorgt worden, daß das Geld dafür da ist.
Nun hat der Herr Finanzminister im Haushaltsausschuß auch von einer Schicksalsgemeinschaft gesprochen, die er ja auch in seine neue Gesetzesvorlage hereingenommen hat. Meine Damen und Herren, was ist denn diese Schicksalsgemeinschaft? Das ist eine Schicksalsgemeinschaft, die mindestens durch einen indirekten Zwang geschaffen wird, eine Schicksalsgemeinschaft, die man auf dem Wege einer Politik gegen den geringsten Widerstand erreicht.
Was sollen denn die Beamten machen, wenn man ihnen diese 6 Prozent nicht gibt? Man wird sie zwangsweise in diese Schicksalsgemeinschaft überführen.
Ethisch genommen ist aber eine derartige Schicksalsgemeinschaft wahrscheinlich nicht zu rechtfertigen. — Zwischenruf: „Was machen die Flüchtlinge?" Meine Damen und Herren, die Beamten, die die 6 Prozent nicht bekommen, haben doch wahrhaftig nicht allein den Krieg verloren,
und für die Flüchtlinge, meine Damen und Herren, hat das ganze Volk zu sorgen.
In irgendeiner Weise muß das geschehen.
Meine Damen und Herren! Es scheint mir, daß es höchste Zeit ist, diese Notverordnung, aufzuheben — vielleicht ist es nur noch die einzige Notverordnung, die aus der Brüningschen Zeit da ist —, und deswegen stimmen wir dafür, daß die sechsprozentige Gehaltskürzung sofort aufgehoben wird.