Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Drucksache Nr. 140 betreffend Aufhebung der sechsprozentigen Gehaltskürzung für Beamte und Ruhegehaltsempfänger wurde schon am 16. Dezember 1949 im Beamtenrechtsausschuß behandelt. In dieser Ausschußsitzung wurde seitens des Finanzministeriums dargelegt, daß der finanzielle Mehraufwand bei Aufhebung dieser Gehaltskürzung allein bei der Bundesbahn 46 Millionen DMark, insgesamt 70 Millionen DMark bedeuten würde. Weiter wurde seitens des Finanzministeriums die Auffassung vertreten, daß diese Frage im Zusammenhang mit dem Ausführungsgesetz zu Artikel 131 des Grundgesetzes behandelt werden müsse. Artikel 131 beauftragt den Bundestag, „die Rechtsverhältnisse von Personen einschließlich der Flüchtlinge und Vertriebenen, die am 8. Mai 1945 im öffentlichen Dienst standen, aus anderen als beamten- oder tarifrechtlichen Gründen ausgeschieden sind und bisher nicht oder nicht ihrer früheren Stellung entsprechend verwendet wurden, durch Bundesgesetz zu regeln".
Der Ausschuß hat sich mit den Einwendungen des Finanzministeriums eingehend beschäftigt. Von der anderen Seite sind insbesondere folgende Argumente geltend gemacht worden.
Erstens ist dargelegt worden, daß die Beamtengehälter bereits von 23 Jahren, nämlich im Jahre 1927, zuletzt festgelegt worden seien und gegenüber dieser Festlegung jetzt immer noch um 6 Prozent gekürzt seien, während andererseits die Lebenshaltungskosten erheblich gestiegen seien. Im übrigen ist darauf hingewiesen worden, daß die meisten Länder, wenn nicht alle, die sechsprozentige Gehaltskürzung inzwischen bereits aufgehoben haben, so daß es nicht gut angängig sei, jetzt für die Bundesbeamten allein die sechsprozentige Gehaltskürzung noch fortbestehen zu lassen.
Nach eingehender Abwägung aller Gesichtspunkte ist dann der Inhalt der Ihnen vorliegenden Drucksache Nr. 343 im Ausschuß erarbeitet worden mit der kleinen Änderung gegenüber dem ursprünglichen Antrag, daß klargestellt worden ist, daß dieser Antrag sich lediglich auf Bundes- und bizonale Beamte beziehen soll, mit der weiteren Änderung, daß als Termin für die Aufhebung der sechsprozentigen Gehaltskürzung der 1. Januar 1950 in Aussicht genommen ist.
Darüber hinaus glaubte der Ausschuß aber auch, den Gedankengängen des Finanzministeriums in etwa Rechnung tragen zu sollen, und hat deshalb an den Urantrag einen Absatz 2 angefügt, durch welchen die Bundesregierung ersucht wird, die Durchführung des Artikel 131 des Grundgesetzes baldigst wenigstens in Form von Sofortmaßnahmen vorzunehmen. Der so abgeänderte Antrag ist von allen Mitgliedern des Ausschusses bei einer Stimmenthaltung angenommen worden.
Vor der Plenarbehandlung des Antrags ist dann — wenn ich mich recht erinnere, im Ältestenrat — beschlossen worden, diesen Antrag wegen der finanziellen Auswirkungen zunächst noch dem Haushaltsausschuß zuzuweisen. Der Haushaltsausschuß hat mich beauftragt, gelegentlich meiner heutigen Berichterstattung dem Hohen Hause auch den Gang der Verhandlungen im Haushaltsausschuß dazulegen. Der Haushaltsausschuß hat die Drucksache Nr. 343 des Beamtenrechtsaus-
schusses am 4. und 5. Januar 1950 behandelt. Der Herr Finanzminister hat auch hier auf den Zusammenhang der Frage mit dem Ausführungsgesetz zu Artikel 131 des Grundgesetzes hingewiesen und den Wunsch geäußert, die Dinge jetzt hier nicht vorab gesondert zu regeln. Er hat insbesondere vorgeschlagen, den Termin des 1. Januar 1950 aus dem vom Beamtenrechtsausschuß erarbeiteten Antrag herauszunehmen. Auch im Haushaltsausschuß sind alle in Betracht kommenden Gesichtspunkte von den Ausschußmitgliedern sehr eingehend erörtert worden mit dem Ergebnis, daß schließlich der folgende protokollarisch festgelegte Antrag angenommen wurde:
die Frage der Aufhebung der Gehaltskürzungsverordnung im Zusammenhang mit der vom Bundesfinanzminister angekündigten gesetzlichen Regelung im Rahmen des Artikels 131 des Grundgesetzes zu klären und bis dahin vorn einer gesonderten gesetzlichen Maßnahme abzusehen, um nicht dadurch einen unerläßlichen Zusammenhang zu zerstören.
Gleichzeitig wurde der Finanzminister gebeten, die Öffentlichkeit über die Gründe einer Zurückstellung dieser Regelung, also der Aufhebung der sechsprozentigen Gehaltskürzung, zu unterrichten.
Dieser Antrag wurde im Haushaltsausschuß mit Mehrheit, und zwar mit 16 zu 10 Stimmen bei einer Stimmenthaltung angenommen. Dieser Beschluß — ich drücke mich sehr vorsichtig aus, weil nachher ein Streit darum entstanden ist — scheint zu besagen, daß der Haushaltsausschuß eine vorläufige Zurückstellung dieses Antrages wünscht. Dieser Auslegung des Beschlusses ist aber von einigen Mitgliedern des Haushaltsausschusses, die später wieder im Beamtenrechtsausschuß anwesend waren, mit dem Bemerken widersprochen worden, daß der Haushaltsausschuß seine Beratungen noch nicht endgültig abgeschlossen habe.
Der Beamtenrechtsausschuß hat sich dann am 12. Januar 1950 erneut mit der Vorlage befaßt und mit 12 zu 8 Stimmen den Beschluß gefaßt, es bei dem Inhalt der Drucksache Nr. 343 zu belassen und sie dem Plenum zur Beschlußfassung zu unterbreiten, während die Minderheit von 8 Stimmen des Beamtenrechtsausschusses mit ihrem Antrag auf Rückverweisung an den Haushaltsausschuß unterlag.
Die Dinge sind also abschließend so: Der Beamtenrechtsausschuß empfiehlt mit Mehrheit die Annahme des Antrags Drucksache Nr. 343. Der Haushaltsausschuß hat einen eigentlich für das Plenum formulierten Beschluß noch nicht gefaßt, hat aber erkennen lassen, daß er Bedenken hat, dem Antrag schon jetzt zu entsprechen. Es wird nun Aufgabe des Plenums sein, sich in der Angelegenheit zu entscheiden.