Rede von
Anton
Donhauser
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß mich aus ganz nüchternen und sachlichen Erwägungen heraus gegen den Antrag der SPD-Fraktion wenden, wenngleich Ton und Inhalt der Ausführungen des Herr
KPD-Sprechers mich noch im letzten Augenblick nahezu umgestimmt hätten.
Meine Damen und Herren, es geht doch darum, daß wir heute erkennen, daß Bundesregierung und Parlament vor der nüchternen Aufgabe stehen, eine ungeheure Not im Lande so rasch wie möglich wenigstens auf ein erträgliches Mindestmaß zurückzuführen. Niemand wird sich unter uns dem Appell der Antragsteller auf gesamtdeutsche Solidarität und Menschlichkeit entziehen wollen. Aber Sie werden, meine Herren Antragsteller, doch zugeben müssen, daß es heute angesichts einer steigenden Arbeitslosigkeit, die nicht nur konjunkturbedingt ist, sondern die katastrophale Strukturschäden zur Ursache hat, zunächst einmal darum geht, diese aufgestauten Menschenmassen, vor allem in jenen Ländern, die mit Flüchtlingen maßlos überbelegt sind, zuerst einmal zur Ruhe kommen zu lassen. Wenn Sie aber jetzt, in dieser Stunde, einen solchen Antrag stellen, dann reißen Sie ein Tor auf, durch das morgen sicherlich noch viele Hunderttausende hereinströmen, so daß uns dann sicherlich, sowohl den Einheimischen, den bereits hier gelandeten Heimatvertriebenen und Flüchtlingen wie den neu hinzukommenden Flüchtlingen Arbeitsbedingungen und Lebensbedingungen beschert werden, die niemand mehr meistern kann.
Beantworten Sie bitte zunächst einmal in der praktischen Parlamentsarbeit die Frage, wie wir in kürzester Frist die schauerlichen Wohnraumnotstände lösen, und beantworten Sie die Frage, wie wir die Arbeitslosigkeit auf ein erträgliches Maß zurückführen können. Dann können wir einen Schritt weiter tun, aber nicht eher.
Meine politischen Freunde haben Ihnen schon vor drei Monaten einen Antrag mit Drucksache Nr. 92 vorgelegt, der Ihnen Gelegenheit gegeben hätte — wenn Sie ihn mit uns rechtzeitig bearbeitet, nicht aber mit einer Fülle von parlamentarischen Kniffen in die Vergessenheit versenkt hätten —, schon frühzeitig, noch vor Einbruch dieses Winters, auf dem Flüchtlingssektor etwas Entscheidendes zu tun. Schaffen Sie mit uns zusammen zuerst einmal einen wirkungsvollen innerdeutschen Flüchtlingsausgleich, räumen Sie den ungeheuren Flüchtlingsstau an den Grenzen weg, und dann können und müssen wir wahrscheinlich auch über das zweite Problem reden, das Sie heute angeschnitten haben; aber nicht eher. Wir können nicht den zweiten Schritt vor dem ersten tun.