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Meine Damen und Herren! Der Herr Vorredner Bielig von der sozialdemokratischen Fraktion hätte bei der Einbringung der Vorlage besser daran getan, als Begründung und als den wahren Inhalt dieser Vorlage zunächst einmal den Gedanken herauszustellen, daß diese Vorlage eine Antwort auf die Frage ist: wie werden wir die Geister, die wir riefen, wieder los? Mir scheint die Tatsache, die ja heute nicht nur von einzelnen Diskussionsrednern, sondern auch von der Ministerbank her bestätigt wurde, daß nämlich ein erheblicher Prozentsatz der Grenzgänger kriminelle und asoziale Elemente sind, eine Folgeerscheinung dessen zu sein, daß, sei es durch den „RIAS" Berlin, sei es durch den „Telegraf", sei es durch die herrliche „Stimme Amerikas" oder sei es durch andere Propagandazentralen ein Schaubild über die Verhältnisse in Westdeutschland nach drüben gegeben wurde. Das ist eine Ursache für den Strom der illegalen Grenzgänger.
Es ist in diesem Zusammenhang im Augenblick müßig, über den Unterschied zwischen der Vorlage der sozialdemokratischen Fraktion und den Auffassungen der Regierungsseite zu diskutieren. Das wäre Angelegenheit der zweiten Beratung. Das Entscheidende dieser Gesetzesvorlage der sozialdemokratischen Fraktion liegt auf einem ganz anderen Gebiet. Ich möchte die Vorlage als ein Gesetz zum Schutz der davongejagten Großgrundbesitzer und Junker,
zum Schutz von Industrierittern, Bankherren, Kriegsverbrechern, asozialen Elementen und Spionen, Agenten und Saboteuren bezeichnen.
— Ich war mir von vornherein darüber im klaren, daß Sie mit dieser Feststellung nicht einverstanden sein würden. Es wäre ja auch verwunderlich, wenn das der Fall wäre; denn nicht nur bei denen, die hinter Ihnen stehen, sondern auch in Ihren Reihen sind viele, die dank einer wirklich demokratischen Entwicklung in der deutschen demokratischen Republik ihre Positionen verloren und sich nach dem Westen orientiert haben,
so daß mir nur verwunderlich erscheint, Herr Abgeordneter Bielig von der sozialdemokratischen
Fraktion, was Sie hier gesagt haben. Wenn Sie nur einen Funken des Verständnisses für die Dynamik eines demokratischen und sozialistischen Aufbaues hätten, dann würden Sie sich mit uns darüber freuen, daß drüben dank der Einheit der Arbeiterklasse mit eisernem Besen diesen Elementen der Boden entzogen worden ist,
daß den Burschen da drüben, den Herren, die an dem Krieg und daran schuld sind, was über Deutschland gekommen ist, die wirtschaftliche und politische Luft entzogen wurde. Darum haben sie sich nach dem Westen orientiert und wollen jetzt im Westen ein Asyl finden. Ich glaube, meine Damen und Herren und Herr Abgeordneter Bielig von der sozialdemokratischen Fraktion, wenn 1945 hier bei uns in Westdeutschland dieselbe Dynamik des demokratischen Aufbaus durch das Zusammengehen und das einheitliche Zusammenstehen der Arbeiterbewegung möglich gewesen wäre, dann gäbe es keinen Haider und keinen Schacht,
dann gäbe es keine Vorbereitungen zur Aufrüstung,
dann könnte sich ein Minister nicht hinstellen und davon sprechen, ein Truppenkontingent für eine europäische Invasionsarmee gegen den Osten zur Verfügung zu stellen.
Dann wäre es nicht möglich, daß dort drüben die Nationale Rechte, daß in München
oder sei es jetzt auch in Hessen oder in anderen Städten die neofaschistische Bewegung ihr Haupt erheben könnten.
Wenn in Westdeutschland wie drüben mit eisernem Besen ausgefegt worden wäre, wäre auch hier die Basis dafür geschaffen worden, daß wir eine wirklich demokratische Entwicklung hätten.
— Dann würden sich allerdings, Herr Abgeordneter, wahrscheinlich andere Länder jenseits der Grenze — meinetwegen in Spanien — damit beschäftigen müssen,
solchen Saboteuren und anderen Elementen Asylrecht zu gewähren.
Ich glaube, es würde bei einer nüchternen Einschätzung und bei Beantwortung der Frage, wieso es in Westdeutschland so weit gekommen ist, die Aufgabe sein, daß sich die Arbeiterschaft zusammenfindet, um gegen diese reaktionäre Entwicklung hier in Westdeutschland Sturm zu laufen.