Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nur deswegen das Wort kurz ergreifen, weil der Herr vorvorige Redner, der Sprecher der Freien Demokraten, glaubte, den Antrag der WAV dadurch herunterreißen zu können, daß er dem Parlament sagte, es würde ja
jetzt, wenn dieser Antrag der WAV angenommen würde, genau zum Gegenteil dessen kommen, was wir wollen.
Ich muß Ihnen eines sagen, Herr Vorredner: Sie haben anscheinend übersehen, daß unter unserm Antrag ganz deutlich steht: „Bonn, den 14. Dezember 1949". Es ist für jeden Menschen ganz klar: wenn es heißt: der „derzeitige" Benzinpreis, daß damit der Preis, wie er am 14. Dezember 1949 bestand, gemeint ist. So ist es schon bei Hunderten von Anträgen im Parlament und in allen Parlamenten der Welt gewesen. Wenn es heißt, der „derzeitige" Preis oder die „derzeitige" gesetzliche Regelung, meint man jeweils die Regelung im Moment der Stellung des Antrags. Wir haben ja nicht die Möglichkeit gehabt, im voraus zu wissen, was die Bundesregierung eine Woche darauf oder noch später machen würde; nicht wahr? Sie waren ja wohl besser informiert, denn Ihre Leute sitzen in der Regierung drin. Wir jedenfalls haben am 14. Dezember den Antrag gestellt, und es dreht sich selbstverständlich um die damaligen Preise. Aber ich möchte Ihnen nicht die Möglichkeit schaffen, die Formelkrämerei auf die Spitze zu treiben. Deswegen möchte ich hier den Antrag ergänzen. Es soll heißen: „der derzeitige Benzinpreis, wie er am 14. Dezember 1949 bestand."
Wenn Sie wollen, dann schreiben Sie noch: der „Mineralölpreis" — obgleich man auch hier ganz genau weiß, um was es sich dreht —, sonst werden Sie etwa noch versuchen, so manches dazu zu konstruieren, was kein Mensch, der den Antrag mit gesunden Sinnen liest, eigentlich daraus herauslesen könnte; es müßte denn sein, daß er der WAV etwas auswischen möchte. C
Nun noch ein Wort zu dem, was ein Vertreter der sozialdemokratischen Fraktion sagte. Die Überweisung des Antrags an einen Ausschuß wird von uns deswegen nicht akzeptiert, weil, selbst wenn der Ausschuß noch so rasch arbeiten wird, doch Wochen vergehen, bis die Sache vom Ausschuß wieder hier an das Plenum zurückkommt. In dieser Zeit zahlen Millionen von Verbrauchern die erhöhten Preise, und das können wir nicht verantworten. Das wird unser Volk draußen auch nicht verstehen. Ich habe vor wenigen Minuten mit einem prominenten Vertreter der SPD-Fraktion gesprochen. Ich kann Ihren Standpunkt, meine Herren von der Linken, durchaus verstehen, daß Sie nämlich in diesem Ausschuß Licht hinter die sehr merkwürdigen Umstände bringen wollen, wie hier gewisse Kreise - ich will nicht noch deutlicher reden — anscheinend ein besonders betontes Interesse daran haben, daß diese Benzinpreise erhöht worden sind. Aber, meine sehr verehrten Herren von der SPD-Fraktion, das können Sie auch, ohne daß Sie jetzt unserem Volk zumuten, weiterhin Wochen und Wochen die unerhört erhöhten Benzinpreise zu zahlen. Wenn Sie da irgendwelche Vermutungen haben, dann können Sie sogar den Antrag auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen stellen, und wir werden Ihnen mit Begeisterung dabei zustimmen. Es gibt noch eine ganze Reihe von anderen Möglichkeiten, wie Sie hier Licht in ein, wie ich Ihnen zugebe, sehr merkwürdiges Dunkel bringen können.
Aber ich möchte Ihnen nochmals eines nahelegen, meine sehr verehrten Herrn von der SPD: Lassen Sie unterdessen doch nicht unser Volk wei-
terhin diese unerhört erhöhten Treibstoffpreise bezahlen. Deswegen appelliere ich nochmals an Sie, Sie möchten unserem Antrag auf Abstimmung heute in der Sitzung zustimmen, und auch auf namentliche Abstimmung. Ich erkläre hier namens meiner Fraktion ausdrücklich: wir werden auf diesem Antrag, den ich bereits gestellt habe, beharren, ganz gleich, welche Unterstützung wir von anderen Seiten des Hauses dabei noch finden werden. Es würde uns tief betrüben, wenn wir mit unserem Antrag allein bleiben oder zu wenig Stimmen bekommen würden, so daß wir die namentliche Abstimmung nicht erzwingen könnten. Wir können dann leider nichts mehr machen. Aber unser Volk wird daraus gewisse Schlüsse ziehen. Unser Volk beobachtet sehr, sehr genau das, was heute abend hier im Bundestag zu diesem wichtigsten Problem gesprochen wird. Ich habe soeben mit einem prominenten Vertreter des Transportgewerbes für das Ruhrgebiet gesprochen. Der sagte mir, die Arbeiterwochenkarten für die Bergarbeiter, die von und zur Fabrikstätte und von und zur Zeche alle Tage mit Lastautos und Omnibussen gefahren werden, können nicht mehr zum alten Preis aufrechterhalten werden, sondern müssen sofort erhöht werden. Sie werden sehen, was die Arbeiter dann dazu sagen! Und wie ist es mit dem Transportgewerbe? Dort, wo das Transportgewerbe unter besonders ungünstigen Bedingungen arbeitet, in Bayern zum Beispiel, wo wir besonders schlechte Straßen haben, wo infolge der bergigen Beschaffenheit unseres Landes noch mehr Benzin pro 100 Kilometer verfahren wird als zum Beispiel im Lande Nordrhein-Westfalen oder im flachen Hannover, auch dort wird das Verkehrsgewerbe nicht verstehen, wenn hier in Bonn die Volksvertreter es nicht schon heute abend zu einer Abstimmung über diese wichtige Materie kommen lassen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte Sie nochmals dringendst, unseren Antrag so anzunehmen, wie ich ihn jetzt hier formuliert habe: „der derzeitige Benzinpreis" oder besser: „der derzeitige Benzin- und Treibstoffpreis, wie er am 14. Dezember 1949 bestand, wird nicht erhöht." Sind Sie jetzt zufrieden bezüglich der Formulierung, Herr Kollege? Ich glaube, ich bin Ihnen hier entgegengekommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte Sie fernerhin, unter allen Umständen heute eine namentliche Abstimmung über dieses Problem herbeizuführen. Es würde uns tief leid tun, wenn wir nicht die nötige Unterstützung von anderen Parteien bekommen würden, so daß wir über die 50 Stimmen, die nötig sind, eine namentliche Abstimmung zu erzwingen, etwa nicht verfügten. Es geht hier nicht bloß um die Interessen eines einzelnen Gewerbes, es geht um die Interessen der ganzen Volkswirtschaft, es geht um die Interessen von Millionen Arbeitern und Angestellten, die täglich auf die Benutzung der Omnibusse und Autobusse angewiesen sind; es geht um die Interessen der Landwirtschaft, die größtes Interesse daran hat, daß die Lebensmitteltransporte nicht verteuert werden
— damit man nachher nicht sagt, die Landwirtschaft ist schuld an den höheren Lebensmittelpreisen —, und es geht um die Interessen unseres ganzen Volkes!