Meine Damen und Herren! Namens meiner Fraktion möchte ich erklären, daß wir schärfstens gegen die von der Regierung verfügte Treibstoffpreiserhöhung protestieren. Die Frage ist, wie das Bundesparlament seinem Protest sowohl gegen die Treibstoffpreiserhöhung als auch gegen die Art und Weise, wie sie zustande gekommen ist, am wirkungsvollsten Ausdruck verleiht. Kollege Loritz meint, dem Bundestag hätte zumindest Gelegenheit zu einer kurzen Aussprache gegeben werden müssen. Wir sind der Meinung, daß es nach Lage der Dinge bei einer kurzen Aussprache nicht sein Bewenden haben kann.
Wir sind der Meinung, daß sowohl das Vorgehen der Regierung als auch die Tragweite der Maßnahme in wirtschaftlicher Beziehung eine gründliche Prüfung aller Umstände, die zu diesem folgenschweren Schritt geführt haben, erfordert; um so mehr, als hier wieder einmal der Versuch gemacht worden ist, das Parlament vor vollendete Tatsachen zu stellen und sich über es hinwegzusetzen.
Ich meine, der Sache wäre ein schlechter Dienst erwiesen - und ich sage das ganz eindringlich auch zum Kollegen Loritz —, wenn wir heute abend ganz einfach eine Abstimmung durchdrücken wollten, statt uns der Materie zuzuwenden und sie von allen Seiten zu durchleuchten; denn das ist sie wert, und danach schreit sie förmlich.
Meine Damen und Herren! Über die Höhe der Treibstoffpreise, darüber, was tragbar oder nicht tragbar ist, mag es und wird es in diesem Haus verschiedene Auffassungen geben. Aber über ein es dürfte es eigentlich nicht verschiedene Auffassungen geben, nämlich darüber, daß das
Parlament sich einmütig gegen die Art und Weise seiner eigenen Außerkraftsetzung zur Wehr setzen sollte
und daß die autoritäre Art, mit der ein solch weitgehender Schritt getan worden ist, ungeachtet sonstiger Gesichtspunkte, die ja in einer sachlichen Debatte ausgekämpft werden können, abgelehnt werden muß, weil das Parlament sich selbst achtet. Auch in diesem Zusammenhang muß man es wieder einmal sagen.
Es geht um ein großes Objekt. Im Bundesrat ist darauf hingewiesen worden, daß es sich um etwa 350 Millionen handelt. Auch im Bundesrat hat man gesagt, daß der Bundestag mit dieser Beschlußfassung befaßt werden müsse. Aber die Regierung hat in dieser Beziehung von keiner Seite eine Lehre angenommen.
Nun haben wir die Protestbewegung. Die Funktion dieses Hauses kann es nicht sein, einfach nur etwas zu tun, um auch dabei zu sein oder um in irgendeiner Weise auf eine Protestbewegung zu reagieren; sondern die Funktion dieses Hauses muß es sein, zunächst einmal mit dazu beizutragen, daß Ordnung in dieses Durcheinander von Regierungsverordnungen, in dieses Hin- und Herhüpfen von einer ad-hoc-Maßnahme zur anderen gebracht wird. Es kann nicht länger angehen, daß man auf tariflichem oder auf preislichem Gebiet ein Loch zustopft, indem man ein anderes aufreißt, und es muß endlich einmal begonnen werden, die Dinge von Grund auf zu ordnen.
Das erscheint uns um so notwendiger, als die Begründungen so eigentümlich durcheinandergehen, die verschiedene Mitglieder des Kabinetts an verschiedener Stelle und bei verschiedener Gelegenheit gegeben haben. Hier nützen die Kommunisten die Tatsache aus, daß irgendein Minister gesagt hat, diese Treibstoffpreiserhöhung sei notwendig, weil die Berlin-Hilfe finanziert werden müsse. Die Berlin-Hilfe wird bei jeder Gelegenheit und von allen möglichen Seiten herangezogen, wenn man etwas ablehnen will. Gegenüber einer sozialen Forderung wird gesagt, man könne sie nicht erfüllen, weil die Berlin-Hilfe soundsoviel Mittel erfordere. Wenn man, wie jetzt, eine solche Preiserhöhung durchdrückt, wird gesagt, man müsse es tun, weil Mittel für die Berlin-Hilfe notwendig seien. Wem wollen Sie, die Sie sich einer solchen Argumentation bedienen, denn eigentlich mit dieser Argumentation helfen oder dienen? Wenn es sich um nationalpolitische Aufgaben handelt, wie es die Unterstützung Berlins ist, dann sollte man nicht mit solchen Dingen spielen.
Ein anderer Grund, den man anführt, ist der, man müsse der Bundesbahn auf diese Weise helfen. Hinzu kommt noch die ganze Litanei über die Notwendigkeit, den Straßenbau auf diese Weise zu finanzieren. Schließlich hat man gehört, daß sogar der Finanzausgleich zur „Begründung" herangezogen worden ist. Es ist doch wohl bekannt, daß man Länderregierungen gesagt hat: wenn sie in der Frage der Treibstoffpreise obstinat blieben, dann wäre eben — und das gelte gerade für solche Regierungen, die am Finanzausgleich interessiert sind — dieser Finanzausgleich gefährdet.
Ich führe das nur an, um darauf hinzuweisen: es ist untragbar, mit einem solchen Bukett von Begründungen und einer solchen Art des Durchtrumpfen solcher Methoden aufzutreten!
Deshalb beantragt meine Fraktion die Überweisung dieser beiden Anträge an den Wirtschaftsausschuß und an den Verkehrsausschuß, damit das Haus Gelegenheit zu einer gründlichen Prüfung der Zusammenhänge hat; denn uns scheint, daß hier vor allem einmal hineingeleuchtet werden muß in eine eigentümliche Subventionspolitik. Wir haben die Auffassung, daß bei dem Zustandekommen dieser Maßnahme im Schoße des Kabinetts bestimmte Interessengesichtspunkte eine sehr starke, um nicht zu sagen: eine übergeordnete Rolle gespielt haben. Aus diesem Grunde und um diese verhängnisvolle Maßnahme der Treibstoffpreiserhöhung wirklich zu ändern, stelle ich namens meiner Fraktion diesen Antrag.