Rede von
Hans
Ewers
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die den kleinen Fraktionen eingeräumte Redezeit von 10 Minuten reicht selbstverständlich nur dazu aus, einige wenige Gedanken aus Anlaß der Vorlage vorzutragen. Wir von der Deutschen Partei begrüßen die ausgezeichneten Ausführungen des Herrn Finanzministers. Wenn wir dazu etwas zu bedauern hätten, so wäre es nur der Umstand, daß er ' selbst als Mitglied einer Bundesregierung nicht schon vor anderthalb Jahren in den Stand gesetzt worden ist, diese Ausführungen im Rahmen -der deutschen Zuständigkeiten zu machen und damit eine Steuerreform in die Wege zu leiten, die mit der Reform unserer gesamten Währungs- und Wirtschaftslage zusammengefallen wäre. Auf diese Weise, indem die Besatzungsmächte es damals abgelehnt haben, eine entsprechende, im Wirtschaftsrat etwa in der gleichen Weise durch den damaligen Herrn Direktor der Finanzen eingebrachte und begründete Vorlage zu verabschieden, haben sich nunmehr die Steuergesetze nach dem Goethewort wie eine ewige Krankheit fortgeerbt und damit in unsere Zeit das Elend der mangelnden Kapitaldecke und — noch viel schlimmer die Ungesundheit unserer Steuermoral hereingetragen. Das ist bedauerlich, ist aber von der Bundesregierung bestimmt nicht verschuldet, und wenn man die Schwierigkeit der Materie bedenkt, vor der wir stehen, wird man zugeben, daß die Bundesregierung innerhalb der von vornherein durchaus zu erwartenden Zeitspanne ihre Zusage laut ihrer Erklärung vom 20. September im ersten Teil wahrgemacht hat.
Auch wir haben nicht ohne gespitzte Ohren gehört, daß der Herr Finanzminister die Meinung angedeutet hat: die endgültige Reform sei zunächst einmal noch auf eine sehr lange Bank geschoben. Ich darf demgegenüber daran erinnern, daß es in der Regierungserklärung vont 20.. September hieß: diese Frage solle jedenfalls im Jahre 1950 „in Angriff genommen" werden. Wir möchten also darum bitten, daß diese Frage nicht allzusehr hinausgeschoben wird.
Was nun die Vorlage selbst anlangt, so möchte ich zunächst sagen, daß der Herr Kollege Seuffert die Dinge von einem ganz falschen Gesichtspunkt aus betrachtet hat, indem er sich offenbar, um die entsprechenden Ausführungen des Herrn Ministers nicht zu verstehen, so lange Watte in die Ohren gesteckt hat. Es ist ja gerade die Absicht dieser Vorlage, der Sozialpolitik zu dienen. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß in der Tat überhaupt nur eine gesunde Wirtschaft eine erfolgreiche Sozialpolitik erlaubt, nicht aber eine Wirtschaft, bei der der Unternehmer, wenn er nicht ein Dummkopf ist, alles und jedes, was er an Betriebskosten verschwenden kann, auch verschwendet, um nur ja sich selbst irgendwie etwas zuzuführen, nicht eine Wirtschaft, bei der im Falle gewagter Unternehmungen, in denen ein Risiko zu laufen ist, den Unternehmer nur der Verlust trifft, er aber vom Gewinn nichts hat. Nach unserer Einsicht ist eine solche Wirtschaft nicht im entferntesten gesund, auch wenn sie noch so „sparsam" gesteuert und gelenkt wird. Die sozialistische Wirtschaft rechnet offenbar mit Idealgestalten des Paradieses und nicht mit der Gattung des homo sapiens, wie sie auf der Erde tatsächlich nun einmal herumläuft.
Diese Steuervorlage ist dazu bestimmt, die Privatinitiative zu fördern und den privaten Unternehmer sozusagen wieder näher an seinen eigenen Betrieb heranzuführen. Was wir heute an Einkommensteuer haben, ist angesichts der Progression keine Steuer mehr, sondern einfach eine Konfiskation; darüber müssen sich alle im klaren sein. Eine Steuer von 95 Prozent, wie sie jetzt auch nach dem neuen Tarif bei den allerhöchsten Einkommen erreicht wird, ist eben keine Steuer, sondern bedeutet die Einziehung von Vermögensteilen. Eine solche wurde bisher bei uns auch schon bei mittleren Einkommen durchgeführt, zumal wenn man auch bei „mittleren" Einkommen die Kaufkraft des Geldes in Rechnung stellt.
Eine solche Steuergesetzgebung schloß es nach unserer Einsicht einfach aus, daß eine Wirtschaft im Sinne einer gesunden, dem Staat und dem Volk dienenden Ertragsfähigkeit aufgezogen werden könnte. Gerade aus diesen Gründen begrüßen wir von unserem Standpunkt aus die Vorlage. Wir wollen aber der Hoffnung Ausdruck geben, daß alles, was wir darüber hinaus an sozialen Wünschen haben, in der endgültigen, großen Steuerreform, die eine Gleichheit aller vergleichbaren Steuerschuldner herbeiführen muß, berücksichtigt werden wird.
Unsere Einzelwünsche kann ich hier nicht aussprechen. Das muß in der Kommissionsberatung geschehen. Unsere Zeit würde heute dazu nicht ausreichen. Wenn ich es tun wollte, brauchte ich die mir zur Verfügung stehenden zehn Minuten Redezeit fast ganz, um bloß meine Kritik an einer einzelnen Vorschrift zu begründen, deren Verlesung schon etliche Minuten dauern würde. Ich bitte, einmal Seite 6 der gedruckten Vorlage aufzuschlagen und Ziffer 4 des Absatzes 2 des § 32 a
nachzulesen, worin die Umstände aufgeführt sind, unter denen eine Nachversteuerung eines steuerbegünstigten Gewinns stattzufinden hat. Ich habe diese Vorschrift als Jurist in ihrer Tragweite nicht verstanden. Bestimmungen, die dermaßen kompliziert sind, daß man sie auch bei wiederholtem Durchlesen nicht ohne weiteres auffassen kann, und deren Wortlaut sich immerhin über einen ganzen Block von Zeilen hinzieht, sollten, wenn damit eine „Vereinfachung" bezweckt wird, unter die Lupe genommen werden.
Im übrigen darf ich für meine Fraktion den Anregungen, die Herr Dr. Höpker-Aschoff gegeben hat, im wesentlichen unsere Zustimmung geben.