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ID0102604000

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    6. Höpker-Aschoff.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 26. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Januar 1950 779 26. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. Januar 1950. Nachruf des Präsidenten auf die verstorbenen Abg. Klinge und Dr. Ziegler . . 780C Geschäftliche Mitteilungen . . . . 780D, 781C Eintritt des Abg. Dr. von Campe in den Bundestag 780D Wiedergenesung des Abg. Dr. Mücke . . 780D Zustimmung des Bundesrats zu den Gesetzentwürfen über Gewährung von Straffreiheit . . . . 781A Erstreckung und Verlängerung der Geltungsdauer des Bewirtschaftungsnotgesetzes, des Gesetzes zur Deckung der Kosten für den Umsatz ernährungswirtschaftlicher Waren und des Preisgesetzes . . . . . . . . 781A Erstreckung und Verlängerung der Geltungsdauer des Fachstellengesetzes und der Fachstellengebührenordnung 781A Wirkung der bei den Annahmestellen Darmstadt und Berlin eingereichten Patent-, Gebrauchsmuster- u. Warenzeichenanmeldungen in den Ländern Baden, Rheinland-Pfalz, Württemberg-Hohenzollern und in dem bayerischen Kreis Lindau . . . . . . 781A Verlängerung des Gesetzes über die Festsetzung und Verrechnung von Ausgleichs- und Unterschiedsbeträgen für Einfuhrgüter der Land- und Ernährungswirtschaft . . .. . 781A Änderung des Gesetzes zur Aufhebung des Lohnstops 781A Änderung des Zuckersteuergesetzes . 781A Anfrage Nr. 11 der Fraktion der FDP betr. Senkung der Tabaksteuer (Drucksache Nr. 243) 781A Anfrage Nr. 15 der Fraktion der SPD betr. Stromversorgung in Bayern (Drucksache Nr. 242) 781B Anfrage Nr. 20 der Abg. Niebergall, Renner und Genossen betr. Reblausbekämpfung (Drucksache Nr. 289) . . . . . . . . 781B Anfrage Nr. 22 der Abg. Leuchtgens und Genossen betr. Berechnung der Arbeitslosenunterstützung (Drucksache Nr. 309) 781B Anfrage Nr. 19 der Abg. Niebergall, Renner und Genossen betr. deutschen Weinhandel (Drucksache Nr. 288) . . . . . . . . 781B Anfrage Nr. 21. der Fraktion der SPD betr. Berlinhilfe (Drucksache Nr. 304) . . . . 781B Anfrage Nr. 7 der Abg. Dr. von Rechenberg und Fraktion betr. Umquartierung im Raume Köln (Drucksache Nr. 188) . . 781B Wahleinsprüche (Drucksache Nr. 319) . 781B Interpellation der Fraktion der SPD betr. Hilfe für in Frankreich verurteilte deutsche Kriegsgefangene (Drucksache Nr. 303) 781D Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 781D Eichler (SPD) . . . . . . . . 783C Höfler (CDU) . . . . . . . . . 784A Vorlage des Entwurfs einer Verordnung des Bundesministers der Justiz betr. Errichtung einer Zweistelle des Deutschen Patentamtes in Groß-Berlin (Drucksache Nr. 368) 784D Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 784D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Erteilung einer Kreditermächtigung, Antrag der Abg. Bausch, Dr. Dr. Höpker-Aschoff, Dr. von Merkatz, Schuster und Genossen (Drucksache Nr. 366) . . . . . . . . 785A Renner (KPD) (zur Geschäftsordnung) 785A Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP), Antragsteller 786C Mellies (SPD) . . . . . . . 787B Rische (KPD) . 787C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksache Nr. 317) . . . 788D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 789A Neuburger (CDU) . . . . . . . 795C Seuffert (SPD) 797D Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 799C Ewers (DP) 802B Dr. Besold (BP) . . . . . . . . 803A Loritz (WAV) 804B Dr. Bertram (Z) . . . . . . 805C Rische (KPD) . 807A 1 Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung von Kriegsfolgelasten im zweiten Rechnungshalbjahr 1949 (Drucksache Nr. 318) . . . . . . . 808C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 808C, 810D Dr. Wuermeling (CDU) 809D Morgenthaler (CDU) 808C Renner (KPD) 810A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Erhebung von Abschlagszahlungen auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer 1950 (Drucksache Nr. 367) • 810D Schäffer,. Bundesminister der Finanzen 810D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerveranlagung für die Veranlagungszeiträume vom 21. Juni 1948 bis 31. Dezember 1948 (II. Halbjahr 1948) und das Kalenderjahr 1949 (Drucksachen Nr. 313 und 376) 811B Dr. Bertram (Z), Berichterstatter . . 811B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Erteilung einer Kreditermächtigung (Drucksachen Nr. 366 und 377) . . . . . . . . . . . . 813B Dr. Ehlers (CDU), Berichterstatter . . 813B Antrag der Fraktion der WAV betr. Benzinpreiserhöhung (Drucksache Nr. 331) und Antrag der Fraktion der KPD betr. Mißbilligung der Anordnung des Bundesministers für Wirtschaft auf Erhöhung der Mineralölpreise und Antrag auf Aufhebung derselben (Drucksache Nr. 363) 814A Loritz (WAV), Antragsteller 814A, 820B Vesper (KPD), Antragsteller . . . . 816B Wehner (SPD) . . . . . . . . 817A Rademacher (FDP) 818A Renner (KPD) . . . . . . . 819B Dr. Seelos (BP) . . . . . . . . 820B Ollenhauer (SPD) . . . . 821C Dr. Reismann (Z) 821D Nächste Sitzung . . . . . . . 822D Die Sitzung wird um 15 Uhr 12 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Walter Seuffert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist zweifellos ein Novum in der Finanzpolitik, ein einmaliges Erlebnis, daß ein Finanzminister eine Steuersenkungsvorlage, die in diesem Fall einen Steuerausfall bringt, der immerhin am ehesten in der Gegend von 900 Millionen D-Mark jährlich liegt, das heißt erheblich mehr als 5 Prozent der gesamten öffentlichen Einnahmen des Bundesgebiets bedeutet, mit dem Nachweis einbringt, daß der öffentliche Haushalt sich bei optimistischster Beurteilung in diesem Jahre allenfalls auf der 'Grenze des Gleichgewichts halten könnte und daß er im nächsten Jahr ein großes dunkles Loch von nun eher vielleicht 20 Prozent der gesamten öffentlichen Einnahmen aufweisen wird, ein großes dunkles Loch, über dessen Ausfüllung der Herr Bundesfinanzminister allenfalls die Zusicherung gegeben hat, es durch ein großes Kolumbusei auszufüllen.

    (Heiterkeit links.)

    Meine Damen und Herren! Derartiges kann man allerdings mit Fug und Recht als eine Wende der Finanzpolitik bezeichnen.

    (Sehr gut! bei der SPD. — Zuruf rechts: Sehr dünn!)

    Diese Wende der Finanzpolitik schien mir nicht überzeugender dadurch gemacht zu werden, daß sie von Zahlen über die Prozentsätze der steuerlichen Belastung begleitet wurde, die meines bescheidenen Erachtens von allen verfügbaren Zahlen über das wirkliche Volkseinkommen nicht gestützt werden, die vollkommen die gleichlaufende und vergleichbare Entwicklung in anderen Län-


    (Seuffert)

    dern aus den Augen ließen, die weiterhin etwa über die steuerliche Belastung der unteren Einkommen schlankweg ohne Berücksichtigung der außerordentlich gestiegenen Lebenshaltungskosten Zahlen von vor Jahrzehnten mit den heutigen Zahlen vergleichen wollten und auf diese Art und Weise ein außerordentlich schiefes Bild geben.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, die Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers zu diesem Teil enthielten meines Erachtens mehr Fehler, als daß die beschränkte Redezeit mir gestattet, auf sie alle einzugehen.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Um nur folgendes anzuführen: Wenn von der Winzigkeit des Kapitaleinkommens gesprochen worden ist, so spricht die Entwicklung der Aktienkurse über die Meinung der Sachverständigen über dieses Einkommen denn doch eine andere Sprache.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Ich möchte zusammenfassend nur sagen: Wenn der Herr Bundesfinanzminister hier zum Ausdruck gebracht hat, daß er eine finanzpolitische Entwicklung, die auf eine steuerliche Entlastung der breiten Massen und auf eine Verlagerung der Steuerlast auf die wirklich starken Schultern, von denen sie getragen werden kann, hinzielt, für verderblich hält und ihr entgegentreten will, so konnte nicht klarer und deutlicher ausgesprochen werden, was in diesem Punkte unsere Vorstellungen von den Vorstellungen des Herrn Bundesfinanzministers, der Bundesregierung und der Mehrheit, die sie trägt, trennt.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Und dafür sagen wir unsererseits dem Herrn Bundesfinanzminister Dank.
    Mit mehr Grund, glaube ich, und mit mehr Logik hat die schriftliche Begründung der Regierungsvorlage an den Anfang ein ausführliches Zitat aus der Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzler gestellt. In dieser Regierungserklärung war das Versprechen der Steuersenkung enthalten, und dieses Versprechen wird heute eingelöst. Wir wußten, daß im Lichte dieses Versprechens und mit der Maßgabe, daß dieses Versprechen den ersten Rang hat, jenes Wort des Herrn Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung zu verstehen, „so sozial wie möglich" zu sein. Wir haben von Anfang an darauf hingewiesen, daß die öffentlichen Einnahmen heute in einem sehr starren Verhältnis zu den Anforderungen an die Sozialleistungen der öffentlichen Hand stehen. Ich brauche diese Sozialleistungen nicht im einzelnen näher aufzuzählen. Wir kennen die erschreckende Lage auf dem Fürsorgegebiet, wir kennen die sehr unbefriedigende Lage auf dem Gebiet der Kriegsopferversorgung und kennen vor allen Dingen - auch dies gehört hierher — die große Frage, wo die für den sozialen Wohnungsbau nötigen öffentlichen Zuschüsse aufgebracht werden sollen.
    Immerhin darf ich, indem ich in diesem Zusammenhange das Wort „Berlin" ausspreche, daran erinnere, daß es neben diesen sozialen Leistungen auch nationale Aufgaben gibt, bei denen es sich nicht um Worte, nicht um Farben, sondern um Taten handelt. Ich glaube wirklich nicht, daß man all diese Dinge nur als Forderungen von Interessentenkreisen bezeichnen kann, obwohl ein böser Wille gewisse Ausführungen des Herrn
    Bundesfinanzministers vielleicht so hätte auffassen können,

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    nämlich, daß solche Dinge als „Interessentenforderungen" bezeichnet werden, weil sie hier von großen Parteien vertreten werden.
    Der Herr Bundesfinanzminister hat uns in sehr dankenswerter Weise soeben vorgerechnet, wie die notwendigsten Anforderungen auf diesem Gebiet — infolge einer Politik, die wir stark bekämpft haben — seit der Währungsreform angestiegen sind. Es ist notwendig, die Konkurrenz zwischen diesen Forderungen und den zu ihrer Erfüllung notwendigen öffentlichen Einnahmen zu beachten, und hier gilt es in erster Linie zu prüfen, ob wir uns Steuersenkungen überhaupt leisten können. Man kann diesen Dingen vielleicht ausweichen, wenn man vor einer Defizitwirtschaft keine Angst hat: Trotz gewisser Zusicherungen, die der Herr Bundesfinanzminister auch heute gegeben hat, ist für den aufmerksamen Beobachter seit einiger Zeit die Besorgnis nicht abzuweisen, daß wir Gefahr laufen, auf dieses Gebiet geraten zu wollen, und ich fürchte sehr, daß aus diesem. Kolumbusei etwas Ähnliches herauskriechen könnte. Der Weg über eine solche Aushilfe wäre ein schlechter Ausweg. Ein beserer Ausweg wäre es, wenn man schon Steuerermäßigungen gewähren will, solche zu gewähren, die gleichzeitig als soziale Leistungen gelten können. Das aber ist gerade das, was die Regierungsvorlage sehr sorgfältig vermieden hat.
    Diese Regierungsvorlage, die sich lediglich auf eine Herabrechnung des Tarifs beschränkt, ist nicht nur technisch phantasielos, sondern in ihrer Tendenz geradezu erschreckend. Sie schlägt uns eine Steuersenkung um etwa ein Sechstel allgemein vor, aber bei den offenbar besonders notleidenden Schichten der Einkommensbezieher von 50- und 60 000 Mark um fast ein Drittel. Gleichzeitig beschneidet sie die Auswirkung der Familienermäßigungen bei den unteren Schichten in besonders fühlbarer Weise. Diese Steuervorlage hat sich überhaupt nicht mit dem Gedanken beschäftigt, ob eine Steuersenkung nicht auch von unten her, zum Beispiel durch Erhöhung der steuerfreien Einkommensbeträge, durchgeführt werden könnte. Offenbar hält man noch daran fest, daß es bei den heutigen Lebenshaltungskosten möglich ist, einen Betrag von nur 750 Mark jährlich für einen schaffenden Menschen, der seine Zukunft und sein Alter sichern soll, als das steuerfreie Existenzminimum zu bezeichnen. Man hat sich auch gar nicht mit der Frage beschäftigt, ob die Pauschsätze der Lohnempfänger für Werbungskosten, die bei den gestiegenen Beförderungskosten und anderen im Preis erhöhten Dingen schon längt nicht mehr ausreichen, nicht erhöht werden können.
    Über die Einzelheit der Steuerbegünstigung für Flüchtlinge und Bombengeschädigte ist bereits mehrfach gesprochen worden. Das geltende Gesetz sieht eine Steuerermäßigung um einen Grundbetrag von etwa 80 Mark monatlich gegen Nachweis der Anschaffungen vor, das vorgeschlagene Gesetz einen Grundbetrag von 40 Mark monatlich ohne Nachweis der Anschaffungen. Über 'die systematische Zweckmäßigkeit könnte man reden. Ob aber der vorgeschlagene Betrag ausreicht, wird sehr genau zu prüfen sein. Wir hören jedoch, daß man an verschiedenen Orten auf die Idee gekommen ist, diesen Leuten als Übergangsregelung nicht 80 und nicht 40, sondern 20 Mark monatlich zuzubilligen. Es wird


    (Seuffert)

    festzustellen sein, wer für derartige Anordnungen verantwortlich ist, und ich glaube, daß wir die Verantwortlichen auch von dieser Stelle aus zur Verantwortung zu ziehen haben werden.
    Die Vorlage hat sich überhaupt nicht damit beschäftigt, daß sich das Ermäßigungssystem, das allerdings bei der behelfsmäßigen Regelung vom vorigen Januar sehr kompliziert und ausgedehnt worden ist, sehr verschieden und außerdem ungerecht je nach der Einkommensstufe der Betroffenen auswirkt. Die Bundesregierung hat sich erst vom Bundesrat darauf aufmerksam machen lassen müssen, daß neben dem Juni-Tarif des Jahres 1948, unter den sie in den höheren Einkommensstufen ja heruntergehen will, auch die Steuerermäßigungen des Januar 1949 nicht mehr in vollem Umfang haltbar sind. Alle diese Fragen werden im Ausschuß sehr eingehend durchgesprochen werden müssen. Das Interesse daran ist wichtiger als eine eilfertige Verabschiedung dieses Gesetzes.
    An Stelle aller dieser Gesichtspunkte, die unbedingt hätten in Erwägung gezogen werden müssen, ist in der Begründung lediglich. das Wort „Kapitalbildung" gesetzt worden. Die Begründung sagt, die Erfahrung habe gezeigt, daß die derzeitigen Steuern die Kapitalbildung gefährdeten. Ich frage, welche Erfahrungen mit einer Steuer vorliegen können, die bisher überhaupt nicht gezahlt worden ist und bei der in keinem einzigen Fall nachgeprüft worden ist, auf Grund welcher Berechnungen die Vorauszahlungen auf diese Steuer geleistet worden sind. Die tatsächlichen Zahlen zeigen etwas anderes. Sie zeigen, daß die Kapitalbildung seit der Währungsreform, selbst wenn man von den niedrigsten Schätzungen von 8 und 10 Milliarden ausgeht, im ganzen jedenfalls das Ausmaß erreicht hat, das man vernünftigerweise erwarten konnte. Aber dieses Kapital ist gebildet worden, ohne daß die wirklich notwendigen Investitionen erfolgt sind; immer noch haben wir zum Beispiel den Wohnungsbau nicht entscheidend in Angriff genommen. Und dies alles ist vor sich gegangen, ohne daß die entgegen allen Saisoneinflüssen im letzten Jahr strukturell anhaltende Steigerung der Arbeitslosigkeit aufgehalten worden ist und ohne daß unsere Produktion, die trotz aller stolzen Ziffern hinter der Durchschnittsentwicklung in anderen Ländern und in ganz Europa wesentlich zurückbleibt, einigermaßen auf Touren gekommen ist. Tatsache ist, daß Investitionen, die im, ganzen das volkswirtschaftlich zu erwartende Maß erreicht haben, willkürlich geleistet worden sind aus Profiten, die auf einer mindestens nicht bekämpften, wenn nicht absichtlich herbeigeführten Hochhaltung der Lebenshaltungskosten basieren. Tatsache ist ferner, daß man auf diesem Wege zugunsten der Kapitalbildung bestimmter Schichten die Kaufkraft und infolgedessen die Sparkraft und die Kapitalbildungskraft anderer Schichten beschnitten hat. Es klang etwas merkwürdig, als der Herr Vorredner auf die Mißerfolge der Wohnungsbauanleihe und anderer Anleihen hinwies in dem gleichen Augenblick, in dem man die wenigen Reste von Stützen gegenüber der Selbstfinanzierung, die man in § 32 a derartigen Anleihen geben wollte, ganz beseitigen will.
    Meine Damen und Herren, es ist viel die Rede von der Initiative zur Kapitalbildung. Auch wir begrüßen die Initiative, und wir haben mehr als einmal deutlichzumachen versucht, was wir unter Planung verstehen. Wir verstehen darunter die
    Sicherung der grundlegenden Voraussetzungen und Gegebenheiten der Volkswirtschaft im gemeinen Interesse in der Weise, daß der einzelne ungefährdet und ohne Gefahr für andere die ihm zustehende Initiative entfalten kann. Aber, meine Damen und Herren, ist denn Initiative, ist denn die Fähigkeit zur Initiative, ist denn das Recht zur Initiative an ein Einkommen oder den Besitz eines Vermögens am 20. Juni 1948 gebunden?

    (Zuruf von der FDP: Vorläufig haben wir noch keine Dividende!)

    Ich fasse die Stellungnahme meiner Fraktion zusammen. Sie werden diese Steuervorlage, vor allen Dingen den Geist, der in ihr herrscht, Zentimeter für Zentimeter gegen uns verteidigen müssen. Wir werden auf das genaueste prüfen müssen, welche Steuersenkungen in den heutigen Notzeiten überhaupt erträglich sind, und wir werden, wenn etwas derartiges möglich wäre, die von mir soeben angedeuteten Gesichtspunkte und andere mehr zäh und nach jeder Möglichkeit in den Ausschußberatungen zur Geltung bringen. Es besteht keine Aussicht, daß diese Vorlage in ihrer jetzigen Form die Zustimmung meiner Fraktion findet.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Dr. Höpker-Aschoff.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Höpker-Aschoff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Seuffert hat im Hinblick auf die Rede des Herrn Bundesfinanzministers, die von meinen Parteifreunden mit großem Beifall aufgenommen worden ist, gemeint, diese Rede und die Begründung, die er seiner Vorlage gegeben habe, stellten ein Novum dar insofern, als ein Finanzminister, der nach seinen Berechnungen im kommenden Haushaltsjahr mit einem erheblichen Ausgabenüberschuß zu rechnen hat, doch den Mut habe, uns eine nicht unerhebliche Steuersenkung vorzuschlagen. Ja, meine Damen und Herren, das mag ein Novum sein und mag einen gewissen Mut verraten. Aber ich bin der Meinung, daß ein solcher Mut wohl gerechtfertigt ist, wenn man steuerpolitische Vorlagen nicht nur unter einem fiskalischen, sondern unter einem wirtschaftspolitischen Gesichtspunkt betrachtet.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Herr Kollege Seuffert, ich darf Ihnen einmal die Kehrseite der Medaille zeigen. Ich denke mit einer gewissen Befriedigung an die Jahre zurück, in denen ich das Preußische Finanzministerium zu verwalten hatte. Ich habe aber mit manchem Kummer an das Jahr 1931 zurückgedacht, in dem wir sowohl im Reich als auch in den Ländern, befangen in Vorstellungen, die uns von unseren Vätern und Großvätern überliefert waren, die Ausgaben zusammengestrichen und die Steuern erhöht hatten in der Meinung, daß wir auf solche Weise einer Krise Herr werden könnten. Ich habe mir in dieser Hinsicht später auch deshalb Vorwürfe gemacht, weil ich der Meinung bin, daß die Deflationspolitik, die wir damals betrieben haben — Kürzung der Ausgaben auf der einen Seite, Verschärfung der Steuern auf der andern Seite —, der Nährboden für eine zunehmende Arbeitslosigkeit und damit auch der Nährboden für die nationalsozialistische Bewegung gewesen ist.

    (Sehr richtig bei der FDP und in der Mitte.)

    Hätten wir damals ,den Mut gehabt, nicht fiskalisch, sondern gerade in Fragen der Steuergesetz-


    (Dr. Dr. Höpker-Aschoff)

    gebung wirtschaftspolitisch zu denken, so wäre vielleicht die Entwicklung nach einer andern Richtung hin verlaufen. Ich habe jedenfalls in späteren Jahren die Überzeugung gewonnen, daß der Glaube an .die Richtigkeit der überlieferten Lehren — Sparsamkeit, Budgetgleichgewicht unter allen Umständen, keine Inanspruchnahme des Geld- und Kapitalmarktes — oft nicht gerechtfertigt war. Der Glaube, daß solche Maßnahmen das Heilmittel in einer Krise seien und daß, wenn der Staat nach solchen Grundsätzen verfahre, die Wirtschaft sich schon selber helfen würde, war eben nicht gerechtfertigt; man muß eben nicht so eng fiskalisch, sondern auch auf seiten der Finanzminister wirtschaftspolitisch denken.
    Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesfinanzminister hat davon gesprochen, daß auch diese Steuerreform vielleicht noch nicht das Ende der Dinge sei. Aber er hat in den Wein derjenigen, die auf eine große organische Steuerreform im nächsten oder spätestens im übernächsten Jahre hoffen, einiges Wasser gegossen. Ja, Herr Finanzminister, Sie haben einen wissenschaftlichen Beirat, der in Frankfurt eingesetzt worden ist und bisher die Finanzverwaltung in Frankfurt beraten hat. Dieser wissenschaftliche Beirat hat sich eben mit dieser organischen Steuerreform, die einmal kommen soll, sehr eingehend beschäftigt. Besonders einer der Unterausschüsse dieses wissenschaftlichen Beirats hat mit dem größten Eifer gearbeitet, nämlich derjenige Unterausschuß, der sich mit den sogenannten Betriebssteuern befaßt, und in diesem Unterausschuß sind immerhin eine Reihe von Vorlagen geboren, die unsere Beachtung wohl verdienen. Jedenfalls ist all diesen Vorschlägen das eine Ziel gemeinsam, daß die Besteuerung innerhalb der Wirtschaft die gleiche sein muß, ohne Rücksicht darauf, in welcher Rechtsform ein Unternehmen geführt wird. Es ist systematisch falsch, die Unternehmen je nach der Rechtsform mit verschiedenen Steuersätzen — auf der einen Seite Einkommensteuer, auf der anderen Seite Körperschaftsteuer — zu belasten. Wir erleben es heute immer wieder, daß sich Einzelunternehmer und offene Handelsgesellschaften vor die Frage gestellt sehen, ob sie nicht ihre Unternehmungen in eine andere Rechtsform überführen sollen oder, was noch schlimmer ist, daß sie vor der Versuchung stehen, zwischen ihr Unternehmen und den Absatz noch ein neues Unternehmen in einer anderen Rechtsform — GmbH oder Aktiengesellschaft — einzuschalten und die Gewinne nach Möglichkeit in diese Gesellschaft abzuleiten, um auf diese Weise Steuern zu sparen. Also dieses Ziel der gleichmäßigen Besteuerung aller Unternehmer, die im Wettbewerb miteinander stehen, ohne Rücksicht auf die Rechtsform, in der das Unternehmen geführt wird, darf unter keinen Umständen aus dem Auge verloren werden. Wir betrachten in dieser Hinsicht das, was heute der § 32 a bringt, nur als eine Abschlagszahlung.
    Meine Damen und Herren! Die Grundgedanken dieses ganzen Entwurfs, der, wie der Herr Minister mit Recht ausgeführt hat, eine wirtschaftspolitische Aufgabe erfüllen soll, sind doch im wesentlichen wohl folgende.
    Erstens: die Initiative zu wecken. Herr Kollege Seuffert, Sie haben eben gemeint, die Initiative sei nicht an ein gewisses Vermögen gebunden. Darin mögen Sie recht haben. Aber Sie werden mir doch das eine zugeben, daß die Initiative aller derjenigen, die sich im Wirtschaftsleben rühren und etwas leisten wollen, totgeschlagen wird, wenn der Lohn ihrer Mitarbeit ihnen nahezu restlos weggenommen wird.

    (Sehr richtig bei der FDP.)

    Wir haben heute einen Steuertarif, der schon bei einem Einkommen von 7 200 DM das Mehr zu 50 Prozent wegsteuert. Diese Wegsteuerung des Mehrbetrages über eine Stufe hinaus steigt dann sehr schnell von 50 auf 60, 70, 80 und 90 Prozent. Daß eine solche Wegsteuerung des Lohnes größerer Tüchtigkeit und größerer Arbeitsamkeit die Initiative hemmen muß, kann doch keinem Zweifel unterliegen.

    (Sehr wahr! bei der FDP. — Gegenrufe links.)

    Zweitens: Wir wissen, daß es heute mit der Steuermoral der Steuerschuldner nicht allzugut bestellt ist. Schopenhauer sagt in der Überschrift zu einer nicht preisgekrönten Denkschrift: „Moral predigen ist leicht, Moral üben ist schwer". Sie werden mit den Moralpredigten allein nicht weiterkommen.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Sie müssen die Grundlagen ändern. Sie müssen den Anreiz, den Staat zu betrügen, mindern. Es darf nicht so sein, daß viele Leute sich heute dem Glauben hingeben: wir sind heute in einem steuerrechtlichen Notstand, ich kann meinen Betrieb nur retten, wenn ich es mit der Einhaltung der Steuergesetze nicht so genau nehme. Die Steuerschraube ist überdreht. Soll wieder Moral in die Gesellschaft der Steuerzahler hineinkommen, so muß die Steuerschraube gelockert werden. Nur so werden wir die notwendige Steuermoral wieder schaffen.
    Meine Damen und Herren, das deutsche Volk hat einmal nächst dem englischen Volk die ehrlichsten Steuerzahler gestellt. Bei den romanischen Völkern ist diese Tugend des Steuerzahlers auch in der Vergangenheit nie so groß wie beim englischen und deutschen Volk gewesen. Diese Moral ist leider stark erschüttert. Aber wir werden sie nicht bloß durch Predigten wieder heben, sondern wir werden sie nur dann wieder heben, wenn wir die Steuersätze so herabdrücken, daß für Mehrarbeit ein angemessener Lohn und ein Gewinn bleibt, und wenn außerdem dem einzelnen Steuerzahler die Möglichkeit gegeben wird, Ersparnisse zu bilden und dort, wo er die Ersparnisse in seinem eigenen Betrieb anlegt, auch diesen Betrieb zu erweitern und auszubauen.
    Das Dritte, meine Damen und Herren, ist die Notwendigkeit der Kapitalbildung. Kapitalbildung ist ein oft mißverstandenes Wort. Der einfache Mann denkt dann so leicht an die Aufhäufung großer Geldvermögen. Aber das Entscheidende an der Kapitalbildung ist doch die güterwirtschaftliche Seite: daß Investitionen vorgenommen werden, daß in einer Wirtschaft wie der deutschen, in der unzählige Betriebe wieder aufgebaut, in der unzählige Betriebe modernisiert werden müssen — schon allein aus dem Grunde, weil wir sonst den Wettbewerb mit dem Ausland im Export nicht aushalten können —, daß in einer solchen Wirtschaft gar nicht genug investiert werden kann und daß solche Investitionen auch die Voraussetzung dafür sind, daß alle die Flüchtlinge aus dem Osten wieder ihren Arbeitsplatz finden. Kapitalbildung, Durchführung von Investierungen bedeutet aber von der finanziellen Seite her, daß die Mittel zur Finanzierung solcher Investitionen auch durch Ersparnisse bereitgestellt werden. Nun ist es immer so gewesen — auch in guten Zeiten der deutschen


    (Dr. Dr. Höpker-Aschoff)

    Wirtschaft —, daß ein erheblicher Teil dieser Mittel auf dem Wege der Eigenfinanzierung gewonnen worden ist, aber ein sehr großer Teil ist auch auf dem Wege über den Kapitalmarkt gewonnen worden. Schauen Sie heute den Kapitalmarkt an! Gewiß, wir merken in der deutschen Wirtschaft einige Ansätze zu erhöhter Spartätigkeit: bei den Sparkassen, wo die Einzahlungen langsam zunehmen; auch das Geschäft der Lebensversicherungsgesellschaften ist in einer aufsteigenden Entwicklung; aber von einem Kapitalmarkt, auf dem man Industrieobligationen, Pfandbriefe in großem Umfange absetzen, auf dem man Aktien unterbringen könnte, ist doch in Deutschland nicht die Rede. Diese Möglichkeit der Finanzierung fehlt; sie wird vielleicht dadurch geschaffen werden, daß bei einer Ermäßigung des Tarifs auch die große Zahl der Verbraucher einen größeren Teil ihres Einkommens ersparen und dem Kapitalmarkt zuführen kann. Daneben muß aber, solange ein starker deutscher Kapitalmarkt der deutschen Wirtschaft nicht zur Verfügung steht, der Wirtschaft die Möglichkeit gegeben werden, im eigenen Betrieb die Mittel zu schaffen. Man muß ihr die Möglichkeit lassen, Gewinne im Betrieb zu lassen, und darf den Unternehmern diese Gewinne nicht mit übermäßigen Steuersätzen wegnehmen. Das ist ja der Sinn des § 10 Absatz 1 Ziffer 3 und des § 32 a.
    Wir begrüßen es daher auch, daß hier gewisse Erleichterungen in dem vorliegenden Gesetzentwurf gegeben sind und daß insbesondere in dem § 32 a der bisher bestehende Anlagezwang beseitigt ist. Meine Damen und Herren, ein solcher Anlagezwang, wie er bisher vorgeschrieben war —, daß derjenige, der die Vergünstigungen des § 32 a in Anspruch nahm, verpflichtet ist, den nicht' entnommenen Gewinn zum Teil doch wenigstens an fremder Stelle anzulegen, also Anleihen, und zwar gebundene Anleihen. der Wirtschaftsverwaltung oder der Wiederaufbaubank zu kaufen —, paßt in das System einer freien Wirtschaft nicht hinein. Der einzelne selber hat in der freien Wirtschaft darüber zu entscheiden, wie er seine Ersparnisse und die Gewinne, die er erübrigt, verwenden will. Dieser Anlagezwang muß daher fallen, und es ist gut, daß er in dem Gesetzentwurf gefallen ist.
    Meine Damen und Herren, nun hat der Herr Bundesfinanzminister uns hier zu einer gewissen Disziplin gemahnt. Ich verstehe das sehr wohl, und ich will auch nicht gering anschlagen, was er darüber gesagt hat, daß wir nämlich hier nicht allmächtig, sondern an die Zustimmung des Bundesrats gebunden sind. Ich stimme ihm auch darin zu: es ist gewiß ein Erfolg, daß hier eine Verständigung zwischen dem Bundesfinanzminister und den Ländern gefunden worden ist und daß die Länder, obwohl sie ja bei dieser Steuerreform zunächst einmal die Leidtragenden sind, dieser Steuerreform doch einmütig zugestimmt haben. Also wir werden das beherzigen und werden Disziplin üben.
    Aber auf ein paar Punkte muß ich hier doch hinweisen. Die Steuerkurve sollte da, wo ein Tarif progressiv gestaltet ist, allmählich aufsteigen. Wenn man sich diese Steuerkurve einmal aufzeichnet, so macht sie bei den Einkommen zwischen 9 000 und 20 000 D-Mark eine seltsame Biegung: sie geht auf einmal wieder in die horizontale Linie hinein. Ich frage mich, ob man diesem Mangel nicht ohne allzu großen Ausfall an Steuern abhelfen könnte.
    Ein Zweites: die Berücksichtigung der soviel angefochtenen Bestimmung — zu keinem Punkte habe ich als Vorsitzender des Finanz- und Steuerausschusses so viel Eingaben bekommen wie zu diesem —: die Streichung des Buchstaben f in § 10 Absatz 1 Ziffer 2. Ich glaube, Herr Finanzminister, Sie sind selber schon ein wenig weich geworden, denn Sie haben uns heute nur davor gewarnt, nicht beides zu machen: nicht die allgemeinen Freibeträge und daneben die individuelle Berücksichtigung der Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung. Meine Damen und Herren! Diese Freistellung der Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung ist für alle Flüchtlinge und für alle Bombengeschädigten von so eminenter Bedeutung, daß wir auf diesem Gebiete unter keinen Umständen -eine Verschlechterung haben möchten, wie sie die Streichung des Buchstaben f hier bringt.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Ich hoffe also doch, daß wir im Ausschuß zu einer Abänderung dieses Vorschlages kommen werden.
    Drittens: Zu dem Thema Kapitalbildung gehört ja neben dem § 32a auch der § 10 Absatz 1 Ziffer 3: Steuerfreiheit der Hälfte des nichtentnommenen Gewinns bis zu 15. Prozent. Diese Vergünstigung kommt heute nur denjenigen zustatten, die ordnungsmäßige Bücher nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches führen. Ich frage mich, Herr Finanzminister, ob man diese Bestimmung, die ja nun nicht nur für die größten und stärksten gilt, sondern auch für die mittleren Betriebe, nicht auch auf diejenigen ausdehnen sollte, die Bücher nach den Grundsätzen der vereinfachten Buchführung auf Grund der Verordnung vom Jahre 1949 führen. Ich glaube, das wäre gerecht und würde auch nicht allzugroße Ausfälle bedeuten.
    Dann noch ein weiterer Punkt, auf den Sie selbst schon eingegangen sind: die Frage der Begünstigung der Aufwendungen für den Wohnungsbau. Der § 7 c bleibt unverändert; aber er sollte nach unserer Meinung nicht unverändert bleiben, sondern man sollte hier etwas mehr tun, um Aufwendungen für den Wohnungsbau schlechthin steuerlich zu begünstigen.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Ein altes Einkommensteuergesetz aus vergangenen Zeiten, aus dem Jahre 1923, enthielt die Bestimmung, daß Aufwendungen für .den Wohnungsbau zu 75 Prozent vom Einkommen abgezogen werden konnten und steuerfrei blieben. Nun, ich will nicht so weit gehen; aber ich halte den Grundgedanken für richtig, daß man nach Möglichkeit. alle Aufwendungen für den Wohnungsbau in bestimmter Höhe und meinetwegen mit Begrenzung auf einen bestimmten Bruchteil des Einkommens steuerfrei stellen sollte. Ich glaube, daß wir auch in dem Herrn Wiederaufbauminister einen Bundesgenossen haben würden, wenn wir versuchten, die Vorlage hier etwas anders zu gestalten; denn ihm muß ja die Aufbringung der Mittel für den Wohnungsbau besonders am Herzen liegen. Aber ich habe ja zu meiner Freude an Ihren Ausführungen, Herr Finanzminister, schon gemerkt, daß Sie bereit sind, uns auf diesem Gebiete noch mit einem Abänderungsvorschlag, der sogar bereits die Zustimmung der Länder gefunden hat, zu erfreuen.
    Ein Punkt noch nur im Vorbeigehen. Er gehört eigentlich in den Gesetzentwurf, über den wir hernach noch sprechen sollen. Ich meine die Abschlagszahlungen. Wir möchten nach Möglichkeit


    (Dr. Dr. Höpker-Aschoff)

    keine Abschlagszahlungen auf Vorauszahlungen mehr haben —.

    (Sehr richtig!)

    Eine schreckliche Angelegenheit, uns damals durch das Gesetz Nr. 64 beschert, zunächst für die ersten zwei Quartale nach der Währungsreform und in der damaligen Zeit verständlich, dann durch Gesetz des Wirtschaftsrats auf das Jahr 1949 ausgedehnt. Nun hatten wir alle gehofft, diese Abschlagszahlungen würden endlich einmal ein Ende finden, und es würde bei den vierteljährlichen Vorauszahlungen sein Bewenden haben. Nun kommt wiederum ein Gesetzentwurf, der auch im Jahre 1950 noch Abschlagszahlungen auf Vorauszahlungen vorsieht. Ich hoffe sehr, daß wir hierauf verzichten können und daß die Kassenschwierigkeiten — denn nur darum kann es sich hier bei einigen schwachen Ländern handeln — doch vielleicht auf eine andere Weise überwunden werden können.
    Doch damit genug. Meine Damen und Herren, ich habe mit Fleiß vermieden, auf Einzelheiten des Entwurfs einzugehen. Es wird unsere Aufgabe im Ausschuß sein, diese Einzelheiten dann durchzuberaten. Ich glaube aber, daß wir die Aufgabe haben, diesen Gesetzentwurf so schnell wie möglich zu erledigen — denn die Wirtschaft wartet auf ihn — und daß wir uns dabei auch von dem Gedanken leiten lassen müssen, den der Herr Minister selber ausgesprochen hat, daß wir nicht fiskalisch, sondern wirtschaftspolitisch zu denken haben und daß uns hier die große Aufgabe gestellt ist, für einen möglichst schnellen Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft von der steuerrechtlichen Seite her auch die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte und rechts.)