Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Der Herr Bundestagspräsident war, wenn ich mir die Vorbemerkung erlauben darf, meines Erachtens verpflichtet, nicht nur mitzuteilen, daß der Ältestenrat eine Beschränkung der Redezeit für gewisse Punkte der Tagesordnung festgelegt und darüber hinaus auch beschlossen hat, gewisse Tagesordnungspunkte ohne Debatte über die Bühne gehen zu lassen, sondern auch diesen Beschluß durch das Plenum bestätigen zu lassen. Das hat er bedauerlicherweise nicht getan.
Was wir heute erleben, ist, daß erstmalig auf Grund einer Abrede im Ältestenrat, gegen die nur der Vertreter der KPD sich gewendet hat, die Redezeit für Bundestagsabgeordnete, wie ich bereits sagte, nicht nur reduziert, sondern daß auch festgelegt worden ist, daß Gesetzesvorlagen, die in erster Lesung stehen, ohne Debatte hier an den jeweiligen Ausschuß überwiesen werden sollen.
— So ist das. Ich kann Ihnen das an Hand der einzelnen Beschlüsse beweisen, Herr Kollege Mellies. Ich freue mich, daß Ihnen jetzt anscheinend ein Teil dieses Beschlusses, den Sie selber mitgemacht haben, weh tut. — Damit wird meines Erachtens ein demokratisches Grundrecht, auf das der Abgeordnete ein Recht hat, willkürlich — und ich sage darüber hinaus: ohne Notwendigkeit — verletzt. Der Abgeordnete ist hierhergeschickt, um die Interessen seiner Wähler zu vertreten. Das minimalste Recht, das ihm daraus resultieren müßte, ist, daß ihm Gelegenheit gegeben wird, seine Auffassung zu den jeweiligen Gesetzesvorlagen oder den Initiativanträgen, die die Parteien hier einbringen, zu bekunden.
Ich greife nun die Beschlüsse heraus, die sich auf die heutige Tagesordnung beziehen. Heute soll ein Kreditermächtigungsgesetz über die
Bühne gehen, nach dem die Kreditspanne für den Herrn Bundesfinanzminister bzw. für die Bundesregierung von 500 auf 800 Millionen DM erhöht werden soll. Darüber kann hier nicht ausgiebig genug gesprochen werden. Hier wird heute in erster Lesung das Einkommensteuergesetz behandelt, über das in der Öffentlichkeit seit mehr als Jahresfrist ganz ausgiebig geredet und gestritten wird. Zehn Minuten Redezeit für die kleinen Parteien!