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ID0102500200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag. — 25. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Dezember 1949 757 25. Sitzung Bonn, Freitag, den 16. Dezember 1949. Antrag des Oberstaatsanwalts beim Landgericht Hamburg betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Dr. Oellers . . . . 758A Interpellation der Fraktion der SPD betr. Vorlage eines KB.-Leistungsgesetzes (Drucksache Nr. 344) und Antrag der Abg. Renner und Gen. betr. Überbriickungsmaßnahme für rentenberechtigte Kriegsopfer (Drucksache Nr. 340) 758A Sauerborn, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit . 758B, 761D Renner (KPD) . . . . 759A, 762A, 764D Bazille (SPD) 760D, 763C Arndgen (CDU) 761B Dr. Wellhausen (FDP) 763A Frau Kalinke (DP) 764A Antrag der Landesregierung Schleswig-Holstein betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Hedler 765B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung des Gesetzes über die Festsetzung und Verrechnung von Ausgleichs- und Unterschiedsbeträgen für Einfuhrgüter der Land- und Ernährungswirtschaft (Drucksachen Nr. 323 und 294) 765C Lübke (CDU), Berichterstatter . . 765C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Erstreckung und zur Verlängerung der Geltungsdauer des Fachstellengesetzes und der Fachstellengebührenordnung (Drucksachen Nr. 342 und 283) 765D Etzel (CDU), Berichterstatter . . 766A Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit über den Antrag des Abg. Renner u. Gen. betr. Verwendung der Mittel des Arbeitslosenstocks (Drucksachen Nr. 315 N und 204) 766D Sabel (CDU), Berichterstatter . . 766D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Erstreckung und zur Verlängerung der Geltungsdauer des Bewirtschaftungsnotgesetzes, des Gesetzes zur Deckung der Kosten für den Umsatz ernährungswirtschaftlicher Waren und des Preisgesetzes (Drucksachen Nr. 338 und 284) 768A Hoogen (CDU), Berichterstatter . 768A Dr. Arndt (SPD) 769B Loritz (WAV) 770A Mündlicher Bericht des Ausschusses für Jugendfürsorge über den Antrag des Abg. Ollenhauer u. Gen. betr. Jugendwohlfahrtsgesetz vom 9. 7. 1922 (Drucksachen Nr. 341 und 31) . . . . . . . ... . 770D Kemmer (CSU), Berichterstatter . . 770D Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den Antrag der Fraktion der WAV betr. Eierpreise (Drucksachen Nr. 326 und 215) 771B Dr. Müller (CDU), Berichterstatter . . . 771B, 772C Loritz (WAV) 771C, 772C Unterbrechung der Sitzung . . 773A Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität betr. Antrag der Landesregierung Schleswig-Holstein über die Aufhebung der Immunität des Abg. Hedler 773A Gengler (CDU), Berichterstatter . 773A Dr. Miessner (NR) 774A Dr. Greve (SPD) 774B Kiesinger (CDU) 775B Renner (KPD) 775D Ewers (DP) 776C Dr. von Merkatz (DP) 777B Dr. Doris (Parteilos) 777C Weihnachts- und Neujahrswünsche des Präsidenten Dr. Köhler 778A Geschäftliche Mitteilungen 778C Nächste Sitzung 778C Die Sitzung wird um 16 Uhr 57 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
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    Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die- heutige Kriegsopferversorgung beruht
    auf Landesrecht. Es bestehen zur Zeit sieben verschiedene landesgesetzliche Regelungen, die inhaltlich, insbesondere auch in der Höhe ihrer Leistungen, wesentlich voneinander abweichen. Am 20. September 1949 hat der Herr Bundeskanzler ein einheitliches Versorgungsgesetz in Aussicht gestellt. Das Bundesarbeitsministerium hat die Vorarbeiten unverzüglich aufgenommen. Dem Ausschuß für Kriegsopferversorgung ist bereits ein wesentlicher Teil der für das Gesetz notwendigen Unterlagen zugeleitet worden.
    Das vom Wirtschaftsrat verabschiedete Gesetz konnte in der beschlossenen Fassung nicht vorgelegt werden, weil erstens infolge Errichtung des Bundes auch die französische Besatzungszone mit berücksichtigt werden mußte, zweitens in der Zwischenzeit in einzelnen Ländern Änderungen der Versorgungsgesetze erfolgt sind, drittens die Finanzlage der Länder sich inzwischen weiter verschärft hat und damit in Zusammenhang, wie Ihnen bekannt ist, im Bunde selbst bis zu Beginn des neuen Haushaltsjahres eigene Mittel nicht zur Verfügung stehen.
    Wegen der besonderen Notlage der Kriegsbeschädigten hat die Bundesregierung daneben, so wie sie beauftragt ist, geprüft, welche vorläufigen Maßnahmen zur Verbesserung der Leistungen getroffen werden können. Sie erscheinen insbesondere notwendig, um die Leistungen in d e n Ländern der amerikanischen und britischen Zone zu verbessern, die im Jahre 1949 noch keine Verbesserung von sich aus durchgeführt haben. Insbesondere kommen die Gewährung von Teuerungszulagen und eine Erweiterung des Kreises der anspruchsberechtigten Witwen in Frage. Jede Verbesserung der Leistungen an die Kriegsopfer geht bis zum Schluß des laufenden Haushaltsjahres zu Lasten der Länder. Es genügt deshalb nicht, einen Gesetzentwurf aufzustellen; er muß auch in seinen Mehrleistungen finanziert werden.
    Die Bundesregierung hat deshalb unverzüglich die Verhandlungen mit den Ländern über die Bereitstellung neuer Mittel geführt. Auch das ist mit der gebotenen Beschleunigung geschehen. Leider haben sich die Verhandlungen wegen der schwierigen Finanzlage über längere Zeit erstreckt, als das ursprünglich vorgesehen war. Der Haushalt der Länder ist nämlich durch Aufwand für die Kriegsopfer bereits erheblich belastet. Die Aufwendungen an Renten allein betragen im Bundesgebiet zur Zeit jährlich 2,4 Milliarden DM. Diese Summe ist im Zusammenhang mit dem Antrag des Abgeordneten Renner von Bedeutung. Der Antrag bedeutet, da die Gesamtkosten im Jahre 2,4 Milliarden ausmachen, ein Zwölftel von 2,4 Millarden DM, eine Ausgabe von rund 200 Millionen DM.
    Bei der Belastung der Länder ist zu berücksichtigen, daß diese Ausgaben zahlenmäßig bei vielen Ländern an zweiter Stelle des Haushalts stehen. Die Länder hatten sich deshalb außerstande erklärt, neue erhebliche Mittel bereitzustellen. Es ist aber der Bundesregierung gelungen, einen Betrag von 80 Millionen DM für diese Verbesserungen zur Verfügung zu stellen.
    Das Bundesarbeitsministerium hat daher einen Gesetzentwurf fertiggestellt, der den Kriegsopfern Teuerungszuschläge in den Ländern gewährt, die im laufenden Jahr noch keine Verbesserung durchgeführt haben. Außerdem soll der Kreis der versorgungsberechtigten Witwen in den Ländern, in denen er noch enger gezogen ist — das sind Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein —, an die Verbesserungen der anderen Länder der ameri-


    (Staatssekretär Sauerborn)

    kanischen und britischen Zone angeglichen werden. Diese beiden Maßnahmen allein nehmen die zur Verfügung stehenden 80 Millionen voll in Anspruch.
    Das Überbrückungsgesetz ist im Bundesarbeitsministerium fertiggestellt und wird den gesetzgebenden Körperschaften unverzüglich zugeleitet. Das einheitliche Versorgungsgesetz, an dem die Arbeiten in vollem Gange sind, wird so beschleunigt fertiggestellt und den gesetzgebenden Körperschaften zugeleitet, daß es voraussichtlich bis zum Beginn des neuen Haushaltsjahres in Kraft treten kann.


Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, Sie haben die Ausführungen des Herrn Staatssekretärs Sauerborn vom Bundesministerium für Arbeit gehört. Wird das Wort gewünscht? — Bitte, Herr Abgeordneter Renner!

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    Rede von Heinz Renner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Der Herr Staatssekretär Sauerborn hat seine Ausführungen mit der Feststellung begonnen, daß im Gebiet der Republik sieben verschiedene Versorgungsgesetze in Kraft sind. Das ist nichts Neues. Er hat gesagt, daß seit dem Zeitpunkt, an dem seinerzeit der Wirtschaftsrat die zwanzigprozentige Erhöhung der Rentenbezüge beschlossen hatte, die an dem Veto der Herren Militärgouverneure gescheitert ist, eine weitere Verschlechterung der Finanzlage der Länder eingetreten sei. Das ist auch nichts Neues. Aber ich erlaube mir bei dieser Feststellung einen kleinen Seitenhieb. Diese Verschlechterung der Finanzlage der Länder hat die Länder und die in den Ländern herrschenden Parteien nicht aufgehalten, eine Pensionsgesetzgebung für die ehemaligen Wehrmachtsbeamten in einer Höhe durchzuführen, die wesentlich über dem Höchstsatz der Rente eines hundertprozentig Kriegsbeschädigten mit Pflegezulage liegt. Bei den ehemaligen Generalen und höheren Offizieren, die heute eine Pension von durchschnittlich 160 DM pro Monat beziehen können, dazu noch ein nicht anrechnungsfähiges Arbeitseinkommen von 160 DM, die also rund 320 DM Einkommen im Monat haben dürfen, bei diesen Herren handelt es sich um körperlich gesunde Menschen, die nur infolge des Wegfalls, des zeitweiligen Wegfalls ihres Arbeitsplatzes, der Wehrmacht nämlich,

    (Lachen rechts)

    arbeitslos geworden sind. Wenn ich sage „zeitweilig", so wissen Sie, was ich damit meine. Ich stelle also nur einen eigenartigen Widerspruch fest, daß trotz der aufgezeigten Finanznot der Länder für diesen Personenkreis, an dessen Erhaltung als Traditions-Generalstab Ihnen ja gelegen ist, Gelder in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen.
    Der Herr Vertreter des Herrn Arbeitsministers hat auch gesagt, daß man sich darüber einig sei, daß ein zentrales Versorgungsgesetz an Stelle der jetzt vorhandenen sieben verschiedenen, auch in ihrer Höhe unterschiedlichen Versorgungsgesetze geschaffen werden solle. Aber nun lassen Sie mich zu der Geschichte dieser Anträge auf Schaffung eines Überbrückungsgesetzes etwas sagen. Wir haben es mit zwei Anträgen zu tun. Die CDU/CSU-Fraktion hat es für richtig erachtet, einen Antrag auf Gewährung von Zulagen zu stellen, und wir haben am selben Tage, am 18. Oktober, also vor fast 2 Monaten, bereits einen Antrag auf Schaffung eines Überbrückungsgesetzes gestellt, das in seiner Tendenz, wenn es angenommen worden wäre, eine 60prozentige Erhöhung der derzeitigen
    Rentensätze für die Kriegsbeschädigten, die Witwen, die Waisen und die Kriegereltern nach sich gezogen hätte.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Welches Schicksal hat nun dieser hier einstimmig gefaßte Beschluß auf Schaffung eines derartigen Überbrückungsgesetzes gehabt? Ich zitiere Protokolle der zuständigen Ausschüsse; ich zitiere also Originaldokumente des Bundestags. Fangen wir einmal bei dem Dokument vom 13. 12. 1949 an; das klärt die Situation am eindeutigsten. In diesem Protokoll des Ausschusses für Kriegsopferfragen heißt es:
    Der Ausschuß hat am 27. Oktober 1949 in seiner Sitzung festgelegt, daß der Bundestag beschließen möge, die Bundesregierung zu ersuchen, als Sofortmaßnahme bis zur Vorlage eines neuen Versorgungsgesetzes ein Überbrückungsgesetz zu schaffen, in dem — —,
    und nun kommen die Voraussetzungen, die in diesem, Überbrückungsgesetz eingehalten werden sollten. Ich zitiere sie aus dem vorhergehenden Protokoll, nach dem „Kriegsopfern, die infolge Ihrer körperlichen Beschaffenheit ohne Einkommen und nur auf ihre Rente angewiesen sind, den heutigen Verhältnissen entsprechend Aufbesserungen ihrer Rente zuteil werden sollen", „die Krankenversicherung der Kriegshinterbliebenen, die bisher keinen Versicherungsschutz genießen, Berücksichtigung finden soll" und nach dem „die Übergangsregelung hinsichtlich der materiellen Leistungen über den Rahmen des seinerzeit vom Wirtschaftsrat beschlossenen, aber von der Militärregierung nicht genehmigten Gesetzes hinausgehen soll."
    Dieses damalige, von der Militärregierung nicht genehmigte Gesetz hätte eine Mehrausgabe von 80 Millionen bedingt, wie wir heute gehört haben. Der Ausschuß war also der Auffassung, daß über diese 80 Millionen hinausgegangen werden solle. Ich schicke das voraus, um nachher noch etwas zu der Zahl sagen zu können, die heute der Vertreter des Arbeitsministeriums als Auswirkung der etwaigen Annahme unseres Antrags auf Zahlung einer 13. Monatsrente zitiert hat.
    Was ist denn los? Im Protokoll heißt es weiter:
    Der Bundestag hat diesen Beschluß des Ausschusses am, 4. 11. 1949 sanktioniert und damit der Bundesregierung entsprechenden Auftrag erteilt,
    also ein Gesetz zu schaffen, das diese Richtlinien als Mindestrichtlinien beinhalten soll. Dann Schweigen im Walde!
    Dann kam es am 30. 11. — immer laut Protokoll — zu einer Aussprache zwischen dem Herrn Vorsitzenden des Ausschusses und den Vertretern des Arbeitsministeriums. „In dieser Besprechung haben die Vertreter des Ministeriums eine ausführliche Darstellung über die materiellen Absichten", die sie bei der Schaffung des neuen Gesetzes verfolgen und „die in diesem neuen Gesetz ihren Niederschlag finden sollen, gegeben. Der Vorsitzende des Ausschusses äußerte zu diesem Entwurf noch einige Abänderungswünsche. In dieser Besprechung haben die Herren erklärt" — so steht es hier wörtlich im Protokoll —, „daß diese Vorlage sofort an alle Länder hinausgehen würde und daß die Besprechungen mit den Ländern so geführt werden sollen, daß am 8: Dezember die Konferenz der Länderfinanzminister endgültig Stellung nehmen könnte."


    (Renner)

    Im Ausschuß wurde ganz offen am 13. Dezember ausgesprochen, daß sowohl das Arbeitsministerium diese notwendigen Verhandlungen mit den Finanzministern der Länder nicht mit der gebotenen Eile und mit der gebotenen Energie durchgeführt hat, wie das auch in diesem Ausschuß — einstimmig, möchte ich sagen — festgestellt worden ist, daß ein glattes Versagen der Ländervertreter in der Frage der Bereitstellung der Mittel für die Durchführung des Überbrückungsgesetzes vorliegt.
    Nun hat der Herr Vertreter des Arbeitsministeriums hier eine Zahl genannt; er sagte, daß die Realisierung unseres Antrags, der darauf hinausläuft, den Rentenberechtigten mit der Januarrente, die bekanntlich Ende dieses Monats zur Auszahlung kommt, einen dreizehnten Monatsrentenbetrag zuzüglich zu zahlen, einen Kostenaufwand von 200 Millionen Mark erfordern würde. Aus dem dem Ausschuß vom Herrn Arbeitsminister gelieferten Material geht hervor, daß die gesamten Ausgaben im Bundesgebiet für die Kriegsopferversorgung, also Renten zuzüglich Verwaltungsausgaben, Ausgaben für Heilbehandlung usw. usw., den genannten Betrag ausmachen. Die nackten Renten machen einen geringeren Betrag aus, der, dividiert durch 12, rund 155 Millionen Mark Mehrausgabe laut amtlichen Statistiken erforderlich macht.
    Nun kommt die letzte Phase dieses Kampfes um die Sicherung eines Versprechens, das das Arbeitsministerium nicht nur uns, sondern auch den Kriegsopfern draußen gegeben hat. Gestern noch hat der Vertreter des Kabinetts, der Herr Minister Kaiser, im Ältestenrat zugesagt, daß er Gelegenheit nehmen werde, in der heutigen Kabinettssitzung das Problem vorzutragen und die Frage zu stellen, ob und in welcher Form die Zahlung die-ses dreizehnten Monatsbetrages realisiert werden könne. Heute mittag haben wir im Ältestenrat erfahren, daß der Herr Minister Kaiser an der Einhaltung dieser uns gestern im Ältestenrat gegebenen Zusage dadurch verhindert war, daß er heute morgen im Ältestenrat den Streitfall, der heute morgen hier entstanden ist, mit klären mußte. Das Kabinett, stelle ich fest, hat also heute früh keine Zeit und keine Gelegenheit gehabt, sich zu dieser Frage zu äußern.
    Die Dinge liegen einfach so, daß man den Kriegsopfern nicht helfen will. Die Zusage, die uns heute der Herr Vertreter des Arbeitsministeriums gegeben hat, ist doch nichts anderes als weiße Salbe, Schaum.

    (Abg. Dr. Wellhausen: Was ist das?)

    — „Schaum!", damit Sie es besser verstehen! — Haben wir das im Ausschuß von ihm erwartet? Der Ausschuß hat von ihm erwartet, daß er konkret sagt, was er jetzt im Augenblick zu tun gedenkt. Das war der Auftrag, der ihm erteilt worden ist. Darauf sollte er Antwort geben. Er hat uns jetzt in Aussicht gestellt, daß das Überbrückungsgesetz beinahe fertiggestellt ist. Dem Ausschuß ist bisher nicht eine Spur eines fertiggestellten Überbrückungsgesetzes zugeleitet worden. Er hat gesagt, daß das von der Gesamtheit des Bundestags geforderte zentrale Versorgungsgesetz so rechtzeitig fertiggestellt werden würde, daß es mit Beginn des neuen Etatjahres, soll heißen am 1. April 1950, in Kraft treten könne. Ich wage hier zu behaupten — und kein Fachmann wird mir widersprechen dürfen —, daß diese Versprechungen inhaltlos sind und zu nichts verpflichten. Im Ältestenrat ist mir heute nachmittag gesagt worden, die Durchführung
    dieses unseres Antrages würde die Notwendigkeit der Schaffung eines Gesetzes bedeuten. Nun, zur Schaffung eines Gesetzes war der Herr Minister ja schon vor zirka sechs Wochen beauftragt!
    Nun noch ein letztes Wort. Den Kriegsopfern draußen, den armen Menschen, die mit ihren Hungerrenten vegetieren, die einen von Ihnen allen bejahten Anspruch auf Erhöhung ihrer Rentenbezüge haben, hat man ganz konkret versprochen, daß das Überbrückungsgesetz noch vor Weihnachten in Kraft treten werde. Diese Mitteilung ist den Zeitungen und dem Nordwestdeutschen Rundfunk aus dem Büro des Herrn Bundesarbeitsministers zugegangen. Sie ging durch die Presse, und sie ging über den Rundfunk. Die Kriegsopfer draußen haben die Hoffnung gehabt, daß das Ministerium und daß der Bundestag diese Zusage vor Weihnachten realisieren würden, und im Ausschuß wurde allgemein bedauert, daß die Bundesregierun nicht schneller gearbeitet habe und daß durch diese Falschmeldungen in der Presse in den Kreisen der Kriegsopfer Illusionen entstanden seien. Ferner wurde ganz allgemein bedauert, daß die armen Kriegsopfer nun noch länger auf eine kleine Hilfe warten müssen. Da hat man also so etwas wie ein echtes Mitgefühl gezeigt. Nun gilt es, das zu beweisen. Ich habe im Ältestenrat darauf hingewiesen, daß wir Kommunisten in bezug auf dieses Gesetz keinen Autorenstolz haben. Ich habe ganz offen ausgesprochen, daß wir bereit sind, dem zuzustimmen, daß das Gesetz einheitlich von allen Fraktionen eingebracht wird. Das wurde abgelehnt; niemand ging auf dieses Angebot ein. Ich folgere aus diesem Verhalten der Fraktionen, daß man diesen letzten Versuch, noch zu Weihnachten eine kleine Hilfe zu gewähren, unterlassen will und unterlassen wird. Ich füge kein weiteres Wort der Kritik bei. Ich gebe nur der Hoffnung Ausdruck, daß in Zukunft die hungernden deutschen Kriegsopfer nicht mehr auf Zusagen der in diesem Hause herrschenden Regierung und Parteien hereinfallen werden.

    (Beifall bei der KPD.)