Rede von
Dr.
Herta
Ilk
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! Nachdem meine Vorredner zur Frage der Gleichberechtigung schlechthin so ausführlich Stellung genommen haben, möchte ich diesen Ausführungen nichts mehr hinzufügen. Dieses Thema ist ja auch seinerzeit, als dieses Prinzip im Grundgesetz verankert wurde, erschöpfend behandelt worden. Ich möchte mich darauf 'beschränken, zu den Anträgen Stellung zu nehmen, die zu diesem Thema gestellt wurden.
Zunächst möchte ich feststellen, daß meine Fraktion dem Antrag der Drucksache Nr. 176 zustimmen wird. Nach dem, was Sie jetzt gehört haben, wird Ihnen ja vielleicht klar geworden sein, welch ein umfassendes Rechtsgebiet zu bearbeiten ist. Im Grundgesetz ist vorgesehen, daß die Gesetze bis zum 31. März 1953 unter dem Gesichtspunkt der Gleichberechtigung umzuarbeiten sind. Bei der großen Menge der Gesetze erscheint es auch uns als sehr notwendig, daß die Umarbeitung dieser Gesetze bald in Angriff genommen und man sich über die Bearbeitung und Umarbeitung schlüssig wird.
Was den Antrag der Drucksache Nr. 177 anlangt, so möchten wir sagen, daß Punkt 1 dieses Antrags ebenfalls unsere Zustimmung finden kann. Auch wir stehen auf dem Standpunkt, daß den Frauen die entsprechenden Stellungen eingeräumt werden sollen und daß sie in gar keiner Weise um ihres Geschlechts willen benachteiligt werden dürfen.
Auch der Punkt 2 dieses Antrags scheint uns
berechtigt zu sein. Wir meinen jedoch, daß es
sich nicht nur darum handeln sollte, nur an eine
einzige Stelle eine Frau zu setzen, sondern daß es
darum geht, daß — wie auch Frau Abgeordnete
Dr. Weber bereits sagte — in allen Ministerien
Frauen eingestellt werden sollen, und zwar auf
Grund ihrer Fähigkeiten und nicht zur Bearbeitung der Fragen, die die Frauen allein betreffen.
denn es gibt keine männliche und keine weibliche
Politik und keine Trennung der Geschlechter im
ganzen. Hier muß die Persönlichkeit gewertet
und auch der Frau gestattet werden, daß sie nicht
Deutscher Bundestag — 20. und 21. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1949 627
I nur in Frauenfragen, sondern auch in allgemeinen Fragen maßgeblich beteiligt ist.
Nachdem aber dieser Punkt des Antrags beamtenrechtliche Interessen berührt, möchten wir vorschlagen, daß dieser Punkt auch dem Ausschuß
für Beamtenrecht zur Beratung überwiesen wird.
Dem Absatz 3 des Antrags können wir nicht beipflichten. Wir halten es nicht für richtig, daß man der Regierung, zu der wir .Vertrauen haben, gerade in dem speziellen Fall der Frauenfrage vorschreibt, daß sie alle Vierteljahre einen Bericht erstattet. Ich meine: wir Frauen sind dann ja auch in der Lage, von Fall zu Fall und von Zeit zu Zeit durch den Bundestag einen Rechenschaftsbericht zu fordern. Wenn wir heute als Frauen solche Ansprüche stellen, dann werden mit gleichem Recht die Flüchtlinge, die Heimatvertriebenen und die Kriegsversehrten die gleiche Forderung stellen und das gleiche Recht für sich beanspruchen.
Wenn heute Artikel 3 Absatz 3 davon spricht, daß jemand seines Geschlechts wegen nicht bevorzugt werden darf, so meine ich auch, daß wir in diesem speziellen Fall für uns Frauen diesen Vorzug der besonderen Berichterstattung nicht in Anspruch nehmen sollten. Ich finde überhaupt, daß wir in diesen Punkten unsere Forderungen nicht überspitzen sollten. Wir wollen es auch nicht. Unsere Frauengeneration hat das gar nicht mehr nötig. Im Grundgesetz ist unsere grundlegende Forderung auf Gleichberechtigung auch erfüllt worden.
Es liegt uns heute noch ein anderer Antrag, der Antrag der KPD vor. Dazu möchte ich sagen, daß wir dem Antrag in dieser Form — ich betone ausdrücklich: in dieser Form —, wie er gestellt ist, nicht zustimmen können. Ich meine, daß dieser Punkt Gegenstand der Tarifverhandlungen und des Tarifrechts sein sollte. Die Gleichberechtigung ist im Grundgesetz verankert und gilt dann auch für das Tarifrecht.
Zusammenfassend möchte ich zu diesen Punkten folgendes sagen. Grundsätzlich sind wir durchaus dafür, daß die Um- und Ausarbeitung der einschlägigen Gesetze so schnell wie möglich vorgenommen wird. Ich persönlich würde es begrüßen, wenn zu diesem Zweck ein Ausschuß gebildet würde, der nicht parteimäßig, sondern paritätisch aus Männern und Frauen zusammengesetzt ist und diese Fragen erörtert. Damit sollte nicht gezögert werden; denn diese Materie ist schwierig.
Wir werden also — das möchte ich noch einmal wiederholen - für die Annahme des Antrags auf Drucksache Nr. 176, ebenso für die Annahme des Antrags auf Drucksache Nr. 177 Ziffer i und 2 stimmen, mit der Maßgabe, daß diese Angelegenheit zur weiteren Bearbeitung an den Beamtenrechtsausschuß überwiesen wird. Der Ziffer 3 des Antrags auf Drucksache Nr. 177 können wir in dieser Form nicht zustimmen, ebenso nicht dem Antrag der KPD.