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    Deutscher Bundestag. — 19. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1949 529 19. Sitzung Erster Tag Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1949. Nachruf des Präsidenten auf den verstorbenen Abgeordneten Sewald 530B Geschäftliche Mitteilungen 530C, 558A, 565B, 569C Eintritt des Abg. Dr. Pferdmenges in den Bundestag 530C Interpellation der Abg. Euler, Dr. Preusker, Dr. Becker, Meyer, Dr. Dr. Nöll von der Nahmer und Gen. betr. Abschluß der Entnazifizierung (Drucksache Nr. 172) . . . 530D Einspruch des Abg. Dr. Schumacher gegen seinen Ausschluß (Drucksache Nr. 247) 530D Geschäftsordnungsmäßige Behandlung von Anträgen auf Aufhebung der Immunität von Abgeordneten 530D Antrag des Justizministeriums Rheinland-Pfalz betr. Entscheidung über die Immunität des Abg. Stauch 531A Antrag des Niedersächsischen Justizministers betr. Entscheidung über die Immunität des Abg. Onnen 531A Abänderungsantrag der KPD-Fraktion zur Tagesordnung betr. Regierungserklärung zum Gesetz der Alliierten Hohen Kommission über „strafbare Handlungen gegen Besatzungsinteressen" 531B Fisch (KPD) 531C Euler (FDP) 532A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit (Initiativantrag der Abg. Strauss, Kemmer und Gen.) (Drucksache Nr. 180) 532A Strauss (CSU), Antragsteller 532A, 543A Frau Thiele (KPD) 535C Frau Dr. Ilk (FDP) 537A Dr. Etzel (BP) . . . . . . . . 537B Frau Keilhack (SPD) 538B Dr. Heinemann, Bundesminister des Innern 539A Ribbeheger (Z) 539B Strauss (CSU) 540A Dr. Kleindinst (CSU) . . . . . 541D Dr. Besold (BP) 542B Mündlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und Auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Maßnahmen für Deutsche, die in Auswirkung des Krieges im Ausland zurückgehalten werden (Drucksachen Nr. 165 und 60) . . . . . . . . 543D Dr. Gerstenmaier (CDU) Berichterstatter 543D, 547D Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 545C Müller, Oskar (KPD) . . . . . . . 546A Mündlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und Auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der DP betr. . Bevölkerung Helgolands (Drucksachen Nr 166 und 41) 548B Dr. von Merkatz (DP), Berichterstatter 548C Walter (DP) 551D Rademacher (FDP) . . . . . . 552A Mündliche Berichte des Ausschusses für das Besatzungsstatut und Auswärtige Angelegenheiten über die Anträge der Fraktion der BP betr. Verteilung der DPs (Drucksachen Nr. 196 und 85), betr. Inanspruchnahme der Quartierleistungen durch die Besatzungsmächte (Drucksachen Nr. 197 und 86 neu) und betr. Wohnraumbelegung durch verschleppte Personen (Drucksachen Nr. 198 und 87) 552D Dr. Gerstenmaier (CDU), Berichterstatter 553A, 557A Dr. Lukaschek, Bundesminister für Angelegenheiten der Vertriebenen 553C Dr. Seelos (BP) . . . . . . . . 553D Dr. Pfeiffer, Staatsminister und Leiter der Bayerischen Staatskanzlei . . 554B Niebergall (KPD) . . . . . . . 554C Stahl (FDP) 556A von Thadden (NR) 556C Unterbrechung der Sitzung . . 557D Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit über den Antrag der Zentrumsfraktion betr. Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenhilfe für Heimkehrer (Drucksachen Nr. 190 und 121) 558A Arndgen (CDU), Berichterstatter . 558A Mündlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen über den Antrag der Fraktion der SPD betr. einheitliche Regelung der Heimkehrerbetreuung (Drucksachen Nr. 191 und 118) 558B Pohle (SPD), Berichterstatter . 558C, 564B Leddin (SPD) . . . . . . . . . 559C Sabel (CDU) . . . . . . . 560D, 564D Krause (Z) 561C Renner (KPD) . . . . . . . . 562A Sauerborn, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit . . . . . 563B Frau Kalinke (DP) . . . . . . . 563C Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen über den Antrag der Abg. Renner und Gen. betr. Bundesbahn (Drucksachen Nr. 170 und 105) . . . . 565A Rademacher (FDP), Berichterstatter 565B Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an Ausschüsse (Drucksache Nr. 211) 565D Antrag der Fraktion der BP betr. § 103 der vorl. Geschäftsordnung (Drucksache Nr. 184) 566A Dr. Arndt (SPD) . . . . . . 566A Anträge der Fraktion der SPD betr. Gleichberechtigung der Frauen (Drucksache Nr. 176), der Abg. Renner u. Gen. betr. rechtliche Gleichstellung der Frauen (Drucksache Nr. 206) und der Fraktion der SPD betr. Frauen im öffentlichen Dienst bei der Bundesverwaltung (Drucksache Nr. 177) 566B Frau Nadig (SPD), Antragstellerin . 566B Frau Thiele (KPD), Antragstellerin . 567A Frau Korspeter (SPD), Antragstellerin 568A Unterbrechung der Sitzung 565B, 569D Die Sitzung wird um 10 Uhr 17 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Helmut Bertram


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)

    Meine Damen und Herren! Das Zentrum hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des Einkommensteuergesetzes eingebracht. Wir sind uns darüber klar, daß dieser Entwurf nur einen Teilausschnitt aus der Fülle der Probleme bringen kann. Es ist von uns auch nicht beabsichtigt, jetzt und hier eine Generaldebatte über die wesentlichen Probleme unseres Steuerrechts auszulösen. Die Absicht des Zentrums ging bei der Vorlage vielmehr in anderer Richtung. Es sind zwei Hauptgründe, -die uns veranlaßt haben, einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen, obwohl wir genau wissen, daß die Bundesregierung selbst einen Gesetzentwurf vorbereitet hat, der uns hoffentlich in den nächsten Tagen vorgelegt werden wird. Dieser Entwurf, der zur Zeit dem Bundesrat vorliegt, wird jedoch nur eine kurze Beratungsdauer im Bundestag haben dürfen, wenn das Änderungsgesetz nicht allzu spät verabschiedet werden soll. Es bleiben da praktisch nur wenige Wochen zur Beratung. Das zweite Steueränderungsgesetz des Wirtschaftsrats, das mit Wirkung vom 1. Januar 1949 gilt, ist datiert vom 20. April 1949, veröffentlicht im Steuer- und Zollblatt vom 28. Mai 1949, das Anfang Juni die Steuerpflichtigen erreicht hat. Ein solches, den Steuerpflichtigen und seine Dispositionen außerordentlich belastendes Verfahren darf mit dem jetzt vorliegenden Entwurf eines Änderungsgesetzes unseres Erachtens nicht durchgeführt werden.
    Da der wesentlichste Inhalt des Gesetzentwurfs der Regierung durch Presseveröffentlichungen bekanntgeworden ist, besteht die Gefahr, daß wegen der Kürze der nach der Vorlage des Gesetzes dem Bundestag zur Beratung zur Verfügung stehenden Zeit in einigen entscheidenden Punkten eine Abänderung des Regierungsentwurfs erschwert sein wird. Der Entwurf des Zentrums hat deshalb noch einige Punkte aufgegriffen, die bereits vor dem Zugang der Regierungsvorlage beraten und alsdann ohne gesetzgeberische Schwierigkeiten dem Regierungsentwurf eingefügt werden können.
    Der zweite Hauptgrund unseres Antrags ist folgender. Die steuerliche Lage ist so undurchsichtig wie nur je. Sämtliche Parteien werden im Wahlkampf Steuersenkungen und Änderungen der bestehenden Steuergesetze versprochen haben. Es kommt jetzt darauf an, bereits in den Vorberatungen festzulegen, in welcher grundsätzlichen Linie die Steuerneuordnung liegen soll, nämlich


    (Dr. Bertram)

    entweder in der Linie einer Entlastung der unteren Einkommensteuerstufen und damit einer Stärkung der für den Konsum zur Verfügung stehenden Einkommensteile oder aber in der entgegengesetzt laufenden Linie, nämlich in der Richtung einer stärkeren Begünstigung der Selbstfinanzierung und der weiteren Privilegierung derjenigen, denen es ohnedies am besten geht. Die Steuervorschläge in unserem Gesetzentwurf verlangen in dieser Hinsicht eine ganz klare Entscheidung. Falls im Bundestag oder in den zuständigen Ausschüssen eine Einigung über die Richtung der Steuerpolitik zustande kommt, wird der Regierungsentwurf bereits geklärte Fronten vorfinden.
    Unsere Vorschläge gehen im einzelnen in folgender Richtung. Erstens: Erfassung des nichtausgeschütteten Gewinns der juristischen Personen in Höhe von 20 Prozent. Nebenbei sei bemerkt, daß der französische Ministerpräsident Bidault — das haben wir nach der Einbringung unserer Vorlage inzwischen erfahren — in Frankreich eine entsprechende Steuer für Aktiengesellschaften in Höhe von 10 Prozent des nichtausgeschütteten Gewinns vorgesehen hat. Das anonyme Kapital ist durch unsere bisherige Steuergesetzgebung bevorzugt worden. Die körperschaftssteuerpflichtigen Personen haben die ganze Schwere des bisherigen Steuertarifs nur in abgeschwächtem Maße zu spüren bekommen. Sie waren in der Lage, erzielte Gewinne nicht zu verteilen, und sparten damit in erheblichem Maße Steuern. Es ist aber nicht einzusehen, warum der Entschluß eines Vorstandes einer juristischen Person, erzielten Gewinn nicht auszuschütten, steuerrechtliche Wirkungen haben müßte. Wenn ein Lohnsteuerpflichtiger seinen Lohn bei dem Arbeitgeber, bei dem er beschäftigt ist, stehen läßt und stundet, so wird gleichwohl die Lohnsteuer erhoben. Durch die Möglichkeit der Nichtausschüttung erzielten Gewinnes sind körperschaftssteuerpflichtige Unternehmungen gegenüber den übrigen zur Einkommensteuer veranlagten Steuerpflichtigen in erheblichem Maße begünstigt und in der Lage gewesen, eine Selbstfinanzierung zu betreiben, die früher oder später zu einer Verzerrung des gesamten Wirtschaftsgefüges führen kann.
    Ähnliche Ewägungen haben auch in Amerika den Präsidenten der New Yorker Effektenbörse veranlaßt, gegen die Selbstfinanzierung in der amerikanischen Wirtschaft Stellung zu nehmen. In der deutschen Presse und in der öffentlichen Meinung wird dagegen weitgehend der angebliche Vorteil der Selbstfinanzierung hervorgehoben. Diesen Gedankengängen können wir uns vom Zentrum aus nur insofern anschließen, als durch die Selbstfinanzierungen eine Kapitalfehlleitung nicht
    hervorgerufen wird. Die betriebliche Eigenkapitalbildung kann daher nur insofern begrüßt werden, als dadurch die Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung und die Steuerehrlichkeit begünstigt wird. Sobald die Selbstfinanzierung die damit gesteckte Grenze überschreitet, müssen wir sie ablehnen. Bei entsprechend ausgerichteter Steuerpolitik werden sich dann diejenigen Überschüsse auf dem Kapitalmarkt bilden, die erforderlich sind, um neue Unternehmungen zu finanzieren und damit Nachwuchskräften, Flüchtlingen, Inhabern zerstörter oder beschädigter Betriebe die Möglichkeit einer Neugründung ihrer Betriebe zu geben.
    Die Steuerpolitik ist das wichtigste Mittel der Wirtschaftspolitik. Sie unter diesem wirtschaftspolitischen Gesichtspunkt richtig einzusetzen, ist daher unsere Hauptaufgabe. Wir hoffen deshalb, daß die folgenden drei Forderungen eigentlich Gemeingut aller Parteien sein sollten, nämlich, daß keine direkten Steuern vom Existenzminimum erhoben werden dürfen, daß die unteren Einkommensteuerstufen besondere Begünstigung verdienen und daß die Steuerpolitik der Wirtschaftspolitik zu dienen hat.

    (Sehr richtig! beim Zentrum.)

    Wenn bisher die Steuererhebung bereits bei 750 DM Jahreseinkommen begann, so lag das an dem ganz anderen Preisniveau zum Zeitpunkt der Einführung der Steuertabelle. Inzwischen hat sich das Preisniveau aber wesentlich erhöht. Demgemäß müssen die Freigrenzen auch wesentlich höher angesetzt werden. Es ist eine alte Erfahrung, daß die Entwicklung einer selbständigen Persönlichkeit einen gewissen Lebensspielraum, einen gewissen Einkommensspielraum voraussetzt. Diesen für die Entwicklung der Persönlichkeit erforderlichen Mindestspielraum wollen wir jedem Steuerpflichtigen erhalten.
    Gerade die unteren und mittleren Einkommensteuerstufen müssen auch deshalb stärker entlastet werden, weil diese Einkommensteuerpflichtigen ihr Einkommen im wesentlichen zum Konsum verwenden müssen und deshalb bereits durch die indirekten Steuern erheblich zur Bestreitung der Staatslasten beitragen. Jetzt ist der Zustand der, daß diese Steuerpflichtigen für ihren Konsum zweimal Steuern zahlen müssen, einmal durch die indirekten Steuern und zum anderen durch die sehr hohen direkten Steuern, die in das Existenzminimum eingreifen. Das ist unlogisch und nicht zu vertreten.
    Als zweiten Hauptpunkt haben wir deshalb in unserem Antrag eine grundsätzliche Abkehr von dem bisherigen Steuertarif vorgesehen, und zwar sollen vor allem die unteren und mittleren Einkommensteuerstufen wesentlich stärker entlastet werden, als es in der Regierungsvorlage vorgesehen ist. In der Regierungsvorlage, die wir offiziell ja noch nicht kennen, ist die Rede davon, daß dem Junitarif entsprechend die unteren und mittleren Einkommensteuerstufen bereits eine Entlastung erfahren hätten. Diesen Gedankengang können wir nicht anerkennen. Die Vorschläge des Regierungstarifs liegen unserer Ansicht nach gerade bei diesen Steuerstufen wesentlich zu hoch.
    Wir sind uns klar darüber, daß Mut dazu gehört, einen entsprechenden Einnahmeausfall in Kauf zu nehmen, obwohl die indirekten Steuern den Ausfall weitgehend wettmachen werden. Diesen Mut sollten wir aber auch vor allem deshalb haben, um das Recht der Persönlichkeit durchzusetzen und ernst zu machen mit der Berücksichtigung des Rechts des einzelnen.
    Wenn das Umstellungsgesetz zum Haushaltsausgleich zwingt, so gedenken wir auch Vorschläge dafür zu machen, wie entsprechende Mehreinnahmen erzielt werden können. Wir sind uns klar darüber, daß Mehreinnahmen erforderlich sind, wenn wir eine verstärkte Steuersenkung beim Einkommen- und Lohnsteuertarif vorschlagen. Diese Mehreinnahme haben wir in unserem Vorschlag vorgesehen.
    Daß die Entwicklung richtig gesehen ist, ergibt sich aus der Entwicklung des Steueraufkommens. Die Lohnsteuer brachte 1938 2,1 Milliarden und erbringt in dem Jahr Mitte 1948 bis Mitte 1949 1,8


    (Dr. Bertram)

    Milliarden. Die veranlagte Einkommensteuer, die 1938 3,1 Milliarden erbrachte, erbrachte in den Jahren Mitte 1948 bis Mitte 1949 2,6 Milliarden. Die Körperschaftssteuer, die damals 2,4 Milliarden erbrachte, ist aber auf die Hälfte gesunken und brachte in dem halben Jahr nur noch 1,2 Milliarden. Die Umsatzsteuer ist von 3,3 Milliarden auf 3,1 Milliarden zurückgegangen. Wir sehen also, daß tatsächlich die Körperschaftssteuerpflichtigen in verstärktem Maße von der Steuer entlastet worden sind.
    Wir erwarten Mehreinnnahmen unter anderem auch aus der Streichung des § 7c des Zweiten Steueränderungsgesetzes. Dieser § 7c ermöglichte es, Beträge, die als unverzinsliche Darlehen zum Zwecke des Wohnungsbaus gegeben werden, als Betriebsausgaben zu behandeln und wirkt deshalb in erheblichem Maße steuerschmälernd. Unerwünschte Manipulationen sind nach einmütiger Meinung aller leicht damit möglich. Die Bestimmung des § 7c bedeutet, daß es in die Hand der großen Verdiener gelegt wird, welchen Teil ihrer Gewinne sie in diesen jetzigen Krisenjahren der Einkommensteuer oder Körperschaftssteuer entziehen wollen. Wir haben es praktisch mit einer progressiven Verminderung der Einkommen- bzw. Körperschaftssteuer zu tun. Das kann nicht im Sinne einer gerechten Verteilung der Steuerlasten liegen. Wir sind sogar der Ansicht, daß die Bestimmung des § 7c den Ausgleich des gesamten Haushalts gefährden kann. Man hat nämlich mit dieser Bestimmung völliges Neuland betreten.
    Der vor wenigen Tagen veröffentlichte Erlaß des Bundesfinanzministers zur Erläuterung des § 7c beschäftigt sich in anderthalbfachem Zeitungsspaltenformat im Bundesanzeiger mit der Verhinderung unerlaubter Manipulationen auf Grund dieser Steuervergünstigung und mit der Auslegung dieser Bestimmung im einzelnen. Die Bestimmung macht also offenbar der Finanzverwaltung schon jetzt in überreichem Maße Sorge. Aus diesem Gesichtspunkt kann auch das Interesse an der Finanzierung des Wohnungsbaues auf dem Wege über § 7c nicht als gerechtfertigt anerkannt werden. Wir halten es für richtiger, statt dessen eine hochverzinsliche steuerfreie Wiederaufbauanleihe aufzulegen, die in einfacher und übersichtlicher Weise den gleichen Erfolg erbringt, ohne die Gefahren der jetzigen Regelung mit sich zu bringen.
    Der Kurszettel der Aktien zeigt seit einigen Monaten ständig erhebliche Steigerungen, die — so möchte ich meinen — zum Teil in ursächlichem Zusammenhang mit den steuerlichen Vorteilen des anonymen Kapitals stehen. Die Kapitalgesellschaften werden wegen der für sie so günstigen Steuerpolitik — einschließlich der Soforthilfeabgabe - vom anlagesuchenden Publikum entsprechend hoch bewertet. Diese Kapitalien des Publikums müßten durch eine entsprechend ausgestattete Anleihe für den Wohnungsbau erfaßt werden.
    Zum § 7a, Bewertungsfreiheit für Ersatzbeschaffung beweglicher Wirtschaftsgüter, haben wir vorgeschlagen, diese Bestimmung insofern einzuschränken, als nur bestimmte volkswirtschaftlich notwendige Wirtschaftsgüter abgeschrieben werden dürfen. Wir erleben es heute, daß diese Bestimmung sich nicht nur für diejenigen Unternehmungen auswirkt, die die Vergünstigung in Anspruch nehmen, sondern in noch stärkerem Maße für diejenigen Betriebe, die Zulieferanten derjenigen sind, die von der Vergünstigung Gebrauch machen wollen.
    Wir haben ferner vorgeschlagen, erhöhte Absetzungen für Wohngebäude zuzulassen. Wir haben in § 7b der Zweiten Steuerveränderungsverordnung eine Vorschrift, wonach erhöhte Absetzungen für Wohngebäude zulässig sind, wenn 80 Prozent der Neubauten für Wohnzwecke verwendet werden. Wir möchten diese Vorschrift dahin abändern, daß bereits ein Anteil von 51 Prozent für Wohnungen und der Rest für Geschäftsbauten die Absetzungsmöglichkeit rechtfertigt.

    (Glocke des Präsidenten.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Darf ich Sie einen Moment unterbrechen! Ich habe mir vorhin erlaubt, die Herren Redner darauf hinzuweisen, daß sie sich entsprechend den Vereinbarungen im Ältestenrat auf das Notwendigste beschränken. Ich wäre Ihnen daher dankbar, wenn Sie Ihre Bemerkungen zum materiellen Inhalt Ihres Antrags auf ein Minimum beschränken würden. Ich darf Sie bitten, sich danach zu richten.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Helmut Bertram


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)

    — Ich werde das gern tun.
    Wir glauben also, daß diese Vorschrift in richtiger Weise dem Wohnungsbau nützen würde.
    Ferner haben wir den Vorschlag gemacht, daß in § 33 des Einkommensteuergesetzes die zwangsläufigen Belastungen auch schon für solche Belastungen zugrunde gelegt werden dürfen, die auf Grund einer sittlichen oder auf den Anstand Rücksicht nehmenden Pflicht entstehen.
    Ich will auf die Einzelheiten unserer Vorschläge nicht weiter eingehen. Die Wünsche des Zentrums bei einer längst fällig gewordenen organischen Steuerreform sind mit dem vorliegenden Gesetz natürlich nicht erfüllt oder auch nur sämtlich berührt. Dem Grundübel unserer geltenden Steuergesetzgebung, nämlich der Unklarheit und Kompliziertheit der Bestimmungen, insbesondere auch der Vergünstigungsmöglichkeiten, läßt sich in kurzer Zeit und bei dem Mangel an statistischem Material nicht beikommen. Manche Vergünstigungsmöglichkeiten sind praktisch häufig unbrauchbar, weil die Steuerpflichtigen sie nicht kennen, andere, weil sie zu schwer verständlich sind.
    Auch die Art der Steuerprüfungen müßte einmal unter die Lupe genommen und neu geregelt werden. Es dürfte nicht vorkommen, daß, wie mir aus einzelnen Fällen bekanntgeworden ist, die Prüfer des Finanzamts, wenn sie die Tür aufmachen, schon erklären: Wollen Sie bekennen oder sollen wir prüfen?
    Das Anliegen des Zentrums mit dem vorliegenden Gesetzentwurf geht also kurz zusammengefaßt dahin: Stärkung der Kaufkraft, Verminderung der ungerechten Doppelerfassung derjenigen Einkommensbezieher, die ihr Einkommen verzehren müssen, verstärkte Erfassung des Gewinns der anonymen Kapitalgesellschaften, Begünstigung des Bauwillens, Stärkung des Sparwillens.
    Meine Damen und Herren! Ich nehme nicht an, daß Sie sämtlich mit unseren Ansichten in allen Einzelheiten übereinstimmen werden, hoffe aber zuversichtlich, daß Sie in den Grundgedanken mit uns einig gehen werden. Der Vorschlag, den uns die Regierung in den nächsten Wochen, hoffentlich möglichst bald, machen wird, ist ja zum großen Teil ein Vorschlag der Finanzverwaltung. Die Abgeordneten aller Parteien sind demgegenüber


    (Dr. Bertram)

    daran interessiert, die Rechte der Bevölkerung zu wahren. Das Recht der Steuerbewilligung war, wie wir heute schon wiederholt gehört haben, das höchste Recht einer jeden Volksvertretung. Ich hoffe deshalb, daß auch in diesem Hohen Hause alle Abgeordneten ohne Rücksicht auf die Parteizugehörigkeit mit uns zusammen daran arbeiten werden, eine stärkere Steuergerechtigkeit bei den Steuern und bei dem kommenden Lastenausgleich zuwege zu bringen.

    (Beifall beim Zentrum.)