Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vorlage der Regierung für ein Haushaltsgesetz knüpft in ihrem äußeren Aufbau an eine Empfehlung des Finanzausschusses der Ministerpräsidentenkonferenz an. Man muß aber sagen, daß sie ihrem Geiste nach und nach den Voraussetzungen in wesentlichen Punkten von diesen Empfehlungen der Finanzexperten der Ministerpräsidentenkonferenz abweicht. Das läßt sich wohl aus den politischen Vorzeichen erklären, denen diese Vorlage ihr Entstehen verdankt. Es ist ja kein Geheimnis, daß die entscheidenden Unterschiede zwischen den Empfehlungen der Ministerpräsidentenkonferenz und dem vorliegenden Entwurf dort liegen, wo durch den Gang der Koalitionsverhandlungen zu Beginn der Tätigkeit dieses Hohen Hauses die Voraussetzungen verändert worden sind, unter denen seinerzeit die Ministerpräsidentenkonferenz zu ihren Empfehlungen kam. Ich darf Sie daran erinnern, meine Damen und Herren, daß der Finanzausschuß der Ministerpräsidentenkonferenz, als er seinen Entwurf in Anlage 6 seiner Empfehlungen der Öffentlichkeit und den neuen Bundesorganen unterbreitete, unter anderem zu dem Ergebnis kam, daß das vorläufige Haushaltsgesetz sogleich nach dem Zusammentritt des Bundestags dem Bundestag unterbreitet werden
müßte, um für die Haushaltsführung des Bundes I eine vorläufige haushaltsrechtliche Grundlage sicherzustellen. Der Finanzausschuß wies damals darauf hin, daß neben diesem Gesetz ein Überleitungsgesetz die notwendigen organisatorischen Maßnahmen vorbereiten müsse. Man war sich damals darüber klar, daß Haushaltsgesetzgebung und Behördenaufbau untrennbar miteinander verbunden sind. Wir warten bis heute noch auf das Überleitungsgesetz. Anstatt sogleich nach dem Zusammentritt des Bundestags ein Haushaltsgesetz vorzulegen, hat man drei Monate verstreichen lassen, und heute bekommen wir dieses Gesetz in einer Farm, gegen die meine Fraktion die stärksten Bedenken anmeldet.
Ich möchte nicht die Gelegenheit benützen, heute einen Ausflug in die zahllosen politischen Probleme zu unternehmen, die dieses Haus noch des öfteren beschäftigen werden. Es ist bedauerlich — ich möchte das sagen —, daß der Bundestag die neue Periode staatlichen Werdens nicht mit jenen wirklich großen politischen Auseinandersetzungen verbinden kann, die normalerweise in anderen Parlamenten mit Haushaltsberatungen verbunden sind.
Das liegt wohl an dem Umstand, daß wir in einer Übergangsperiode, in einem Provisorium leben. Aber man soll die Entschuldigung, daß wir in einer Übergangsperiode leben, nicht so weit treiben, daß die Provisorien letzten Endes die definitiven Lösungen werden.
Wenn man sich die Terminmöglichkeiten für die Haushaltsgesetzgebung dieses Parlaments ansieht, dann kommt man zu dem Ergebnis, daß die Vorlage, die wir heute in der ersten Lesung beraten, wahrscheinlich so provisorisch ist, daß sie das ganze Rumpfhalbjahr 1949 decken wird und daß wir in diesem Hause, wenn es nach dieser Vorlage geht, vor der Verabschiedung des Haushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 überhaupt keine klare Übersicht haben werden, was nun auf der Ebene des Verwaltungs- und Behördenaufbaus praktisch geschehen ist.
Meine Damen und Herren! Der Bundesrat hat die Vorlage der Regierung beraten und ist am 10. November 1949 zu dem Ergebnis gekommen, daß er sie der Bundesregierung zurückgeben müsse. Sie sehen der Wortlaut des Beschlusses des Bundesrats auf der ersten Seite der Drucksache Nr. 223. Ich bedaure sehr, daß dem Hohen Hause mit der Mitteilung des formellen Beschlusses des Bundesrats nicht auch die Begründung gegeben worden ist, die der Bundesrat seinem zunächst negativen Beschluß angefügt hat. Sie umfaßt sechs Schreibmaschinenseiten und ist auch vom Standpunkt dieses Hauses aus recht interessant.
Die sozialdemokratische Fraktion macht sich nicht alle Gesichtspunkte zu eigen, von denen der Bundesrat bei seiner Beschlußfassung ausgegangen ist. Es ist ganz klar, daß das Parlament andere Gesichtspunkte hat, als der Bundesrat, der eben zu einem erheblichen Teil von den Interessen der Länder her bestimmt ist. Aber die Konsequenzen, zu denen der Bundesrat in seiner Begründung kommt, und die Schwierigkeiten, auf die er hinweist, sind unsere Sache ebensosehr wie die Sache
der Länder, die im Bundesrat ihre Vertretung sehen.
Wenn in dieser Begründung des Bundesrats zu seinem negativen Beschluß darauf hingewiesen wird, daß zwischen der Vorlage und den gleichzeitig von der Regierung verkündeten Absichten auf eine Steuersenkung ein Widerspruch klaffe, dann können wir dieser Auffassung nur in vollem Umfange zustimmen.
Da klafft in der Tat ein Widerspruch. Man kann doch nicht von der Tatsache absehen, daß die ursprünglichen Empfehlungen des Finanzausschusses der Ministerpräsidenten von acht Ministerien ausgegangen sind, die die künftige Bundesverwaltung darstellen sollten, während im Zuge der Koalitionsverhandlungen aus diesen acht Ministerien dreizehn geworden sind, und daß man auf der andern Seite eine großzügige Steuerreform mit dem Ziel einer Steuersenkung ankündigt. Man hat also auf der einen Seite zweifellos einen erhöhten Verwaltungsaufwand, tut aber auf der anderen Seite nichts, um die Steuerausfälle die zweifellos zunächst eintreten werden, auf der Verwaltungsseite durch eine zweckmäßige Behördenorganisation auszugleichen.
— Ich weiß nicht. Ich traue dem Herrn Bundesfinanzminister Schäffer mancherlei gute Eigenschaften zu, aber ich glaube nicht, daß er in der Lage ist, das Einmaleins zu ändern und die Einnahmequellen des Bundes so zu vervielfachen, daß all die Ansprüche, die an die Bundesverwaltung gestellt werden und berechtigterweise gestellt werden müssen, in dem gleichen Atemzug befriedigt werden können, in dem man eine Steuerreform vornimmt, die im wesentlichen wohl nicht die Masse der Steuerzahler mit ihren Begünstigungen treffen wird, sondern eine ganz andere Absicht zur Grundlage hat.
Ich möchte auch noch betonen, daß der Bundesrat in der Begründung zu seinem negativen Beschluß auf die veränderten Grundlagen hinweist, die seit dem Ingangkommen der Bundesbehörden und des Bundestags eingetreten sind, und daß daraus die Schlußfolgerung gezogen wird, daß man den Versuch machen müßte — ich zitiere hier nicht wörtlich —, die Stellenpläne der sogenannten neuen Ministerien unter dem Gesichtspunkt zu betrachten — das ist wohl der Sinn dieser Kritik an der Vorlage der Regierung —, ob in ihnen nicht eine Reihe von Funktionen enthalten ist, die schon in den sogenannten alten Verwaltungen und ihren Rechtsvorgängern wahrgenommen worden sind, ob man sich nicht überlegen müsse, daß, um nur ein Beispiel zu nennen, für die aus politischen Gründen neugeschaffenen Ministerien — es gibt deren ja, wie wir wissen, mehrere — die Finanzierung bei den Verwaltungen gesucht werden müsse, die ursprünglich diese Aufgaben wahrgenommen haben. Man kann wohl auch unterstellen, daß Aufgaben, die heute — nehmen wir zum Beispiel das ERP-Ministerium oder das Wohnungsbauministerium — von besonderen Verwaltungen wahrgenommen werden, früher ihren Platz in der Wirtschaftsverwaltung hatten und daß deshalb das heutige Wirtschaftsministerium, das der formelle Rechtsnachfolger der Wirtschaftsverwaltung in Frankfurt ist, nicht
unbesehen auf dem Gebiet des Haushaltsrechts in I vollem Umfange der Rechtsnachfolger sein kann, sondern daß ein Teil der Mittel zur Finanzierung der aus politischen Gründen neugeschaffenen Verwaltungen aus dieser alten gemeinsamen Verwaltung genommen werden sollte. Das ist ein Hinweis darauf, in welcher Richtung wir in den Ausschußberatungen auf eine Korrektur bestimmter Dinge drängen werden.
Ich glaube ferner, daß wir uns sehr wohl überlegen müssen, ob nicht tatsächlich heute auch in den neugeschaffenen Ministerien zu einem Teil bereits Doppelarbeit geleistet wird, ob alle Aufgaben, die formal auf diese neuen Ministerien übertragen worden sind, nun auch tatsächlich aus dem Bereich der alten Verwaltungen, insbesondere des Wirtschaftsministeriums, herausgelöst worden sind. Wir werden vielleicht dahinterkommen, daß heute sowohl im Wirtschaftsministerium wie im ERP-Ministerium Fragen des Marshall-plans bearbeitet werden. Vielleicht kommt man da gelegentlich zu einer genaueren Untersuchung der Abgrenzung der Zuständigkeit und der Aufgaben der Behörden, ohne die wir klare Stellenpläne und einen klaren Behördenaufbau überhaupt nicht erreichen können.
— Das ist eine Frage, die mich in diesem Zusammenhang überhaupt nicht interessiert, Herr Kollege Rische.
Es ist auch nicht meine Sorge, es ist genau genommen die Sorge ganz anderer Leute.
Ich möchte mich generell zu einigen charakteristischen Zügen der Vorlage äußern. Wir haben im allgemeinen Bedenken gegen den Umfang der Ermächtigungen, die dem Herrn Bundesfinanzminister übertragen werden. Wir sind der Meinung, daß in einer Periode des Aufbaus der Verwaltungen nichts so notwendig ist wie die Kontrolle des Parlaments über das, was da getan wird.
Ich glaube, kein Parlament kann es sich leisten, ohne auf seine eigene Daseinsberechtigung Verzicht zu leisten, auf diese seine ursprüngliche Funktion, die Kontrolle des Parlaments über die Exekutive zu verzichten. Das •widerspricht nicht dem Grundsatz der Gewaltenteilung. Wenn es so wäre, dann hätte das Parlament überhaupt nur den einen Sinn, zu Vorlagen und Maßnahmen der Regierung ja oder nein zu sagen. Kein Parlament kann also auf diese, seine eigentliche, Funktion in irgendeiner Form, unter irgendeinem Vorwand, etwa durch Delegation von Zuständigkeiten auf untergeordnete Organe oder Werkzeuge des Parlaments verzichten.
— Es gilt in jedem Fall, lieber Kollege Rische.
— Ich glaube deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß wir gerade jene Punkte des Gesetzes im Ausschuß sehr sorgsam überprüfen müssen, in denen dem Herrn Bundesfinanzminister die Ermächtigung übertragen wird, über die Verwendung von Mitteln in einer bestimmten Richtung, zum Beispiel über die Einrichtung von Planstellen, zu entscheiden, in denen ihm im
generellen die Ermächtigung erteilt wird, über den Gang des Behördenaufbaus zu entscheiden und weitgehend zum Beherrscher dieses Behördenaufbaus zu werden. Wir müssen unter allen Umständen Wert darauf legen, daß das Parlament auch in vollem Umfang über die sachlichen Unterlagen der sogenannten Verfügungssummen unterrichtet wird. Meine Fraktion und ich sind in diesem Punkt durchaus der Meinung, daß in einer gewissen Übergangsperiode nicht die normalen haushaltsrechtlichen Gepflogenheiten beobachtet werden können und daß man zu zeitweiligen Lösungen kommen muß. Aber jede zeitweilige Lösung, die den Versuch bedeutet, die Prärogative des Parlaments zu durchbrechen, es zu entmachten, und die auch nur in der Tendenz eine Ermächtigung der Regierung über das im allgemeinen übliche Maß hinaus beinhaltet, bedeutet nach Auffassung der sozialdemokratischen Fraktion eine Verschiebung des 'Gewichts zwischen der Regierung und dem Parlament, das zur Kontrolle in diesen haushaltsrechtlichen Dingen beruf en ist.
Lassen Sie mich zu einigen Paragraphen dieses Gesetzes noch etwas sagen. Im § 8 ist davon die Rede, daß bestimmte Verwaltungen, die bei der neuen Behördenordnung keine Rechtsnachfolger haben, von den ihnen in den alten Haushaltsplänen bereitgestellten Mitteln nur insoweit Gebrauch machen dürfen, als sie zur Abwicklung notwendig sind. Ich mache darauf aufmerksam, daß unter diesem Titel die Einzelpläne IIIa und IIId des Haushaltsplans der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets genannt werden, das Personalamt und das Deutsche Obergericht. Ich will hier nicht in die Kontroverse eintreten, die notwendigerweise in dem Augenblick entstehen wird, in dem wir hier über die sachliche Notwendigkeit eines Personalamts debattieren. Ich will nur eins sagen: die Absicht der Regierung, das Personalamt zu beseitigen, bedeutet noch nicht, daß sie ohne Vorliegen einer gesetzlichen Ermächtigung das Recht hat, dem Personalamt die Mittel zu entziehen. Das Personalamt hat noch Funktionen zu erfüllen. Solange eine Behörde Funktionen zu erfüllen hat, kann man ihr nicht einfach die Mittel entziehen, wie das hier vorgeschlagen ist. Wir werden im Ausschuß auf diesen Punkt zurückkommen. Es liegen gute Gründe für die Annahme vor, daß man in diesem Punkt auch im Lager der Mehrheit und auch bei der Regierung im Augenblick etwas anderen Sinnes geworden ist.
Was das Deutsche Obergericht betrifft, so liegt, glaube ich, auch hier ein zwingender Grund vor, von der im Ausschuß vorgesehenen Regelung abzusehen. Denn nach Artikel 137 des Grundgesetzes — wenn ich nicht irre — ist das Deutsche Obergericht mit der Funktion einer Beschwerdeinstanz in Wahlprüfungssachen des Bundestags betraut, solange ein Bundesverfassungsgericht nicht besteht. Es handelt sich also um ein Provisorium auch dem Sinn und Wortlaut des Grundgesetzes nach. Sie haben es in der Hand, dieses Provisorium abzukürzen. Wenn Sie bei dem Bestreben der sozialdemokratischen Fraktion, so schnell wie möglich das Bundesverfassungsgericht einzusetzen, mitwirken, kann die Periode sehr kurz sein, in der das Deutsche Obergericht diese ihm im Grundgesetz übertragenen Funktionen zu erfüllen hat. Es scheint uns aber nicht möglich zu sein, einfach zu sagen, das Deutsche Obergericht gehöre zu den Behörden, die noch in der Abwicklung begriffen sind, und ihm unter diesem Titel nur die Mittel für die Abwicklung der Aufgaben zu bewilligen. Man kann Behörden, deren Funktionen nicht erloschen sind, nicht einfach dadurch liquidieren, daß man eine gute oder — vom Standpunkt meiner Fraktion aus gesehen — nicht gerade gute Absicht auf diese Weise in die Tat umsetzt.
Ein ganz besonders schwieriger Punkt scheint mir im § 9 vorzuliegen. Hier schlägt man vor — und es könnte so scheinen, als ob man dabei über die Vorschläge des Finanzausschusses der Ministerpräsidentenkonferenz hinausgeht; es scheint aber nur so —, daß bei der Bewilligung von Mitteln für die neugeschaffenen Ministerien und Verwaltungen die Haushaltsausschüsse des Bundestags und des Bundesrats eingeschaltet werden. In der Empfehlung der Finanzexperten der Ministerpräsidenten wird ausdrücklich von der Bewilligung von Verfügungssummen gesprochen und nach Gesprächen, die ich mit Mitgliedern des Parlamentarischen Rats und des Wirtschaftsrats hatte, die an diesen Sitzungen der Finanzkommission teilgenommen haben, handelt es sich hier eindeutig um die parlamentarische Bewilligung von Mitteln. Niemand hat damals daran gedacht, auf die Bewilligung durch einen Parlamentsakt zu verzichten.
Meine Damen und Herren! Wenn es nun hier in § 9 der Regierungsvorlage - zwar nicht im Wortlaut, aber es ist ungefähr das gleiche — heißt: Mittel sollen bewilligt werden, Verfügungssummen sollen bewilligt werden, und wenn man dann wieder am Schluß dieser Ziffer 1 des § 9 sagt: die Bewilligung der Verfügungssummen sowie von Stellen für planmäßige Beamte erfolgt durch den Haushaltsausschuß des Bundestags und den des Bundesrats, dann möchten wir mit aller Entschiedenheit unsere schärfsten Bedenken gegen eine solche Delegation der Befugnisse des Parlaments an seine Ausschüsse geltend machen.
Ich glaube, kein Ausschuß dieses Bundestags darf
auf sich die Verantwortung dafür laden, daß er
Beschlüsse faßt, für die er niemals legitimiert ist.
Es muß ein Weg gefunden werden, der es möglich macht, dem Bundestag vor der endgültigen Verabschiedung dieses Gesetzes nicht nur formal ein gutes Gewissen zu geben, sondern ihm auch materiell die Möglichkeit der Überprüfung desser zu geben, was er zu beschließen hat.
Mit anderen Worten: Der Herr Bundesfinanzminister wird sich in den Ausschußberatungen vor die Frage gestellt sehen, ob er nicht dazu übergehen muß, diesem Haushaltsgesetz das hinzuzufügen, was eigentlich die Substanz eines Haushaltsgesetzes sein müßte, nämlich mindestens, wenn man schon nicht zur vollen Vorlage von Einzelplänen übergehen kann, die Schlußsummen des Haushaltsplans, die nach meiner Auffassung und Kenntnis der Dinge, Herr Bundesfinanzminister, heute im wesentlichen bekannt sind. Es ist mir weiter bekannt, daß die Einzelpläne auch der neuen Ministerien schon nahezu fertiggestellt sind, wenn sie nicht überhaupt fertig sind. Ich sehe keinen Grund dafür, daß diese Einzelpläne und ihre Endergebnisse nicht in dem möglichen und kontrollierbaren Umfange diesem Haushalts-
gesetz beigefügt werden, so daß wir hier im Plenum nicht nur ja sagen dürfen
— sofern wir ja sagen wollen — zu einem Gesetz, das dem Herrn Finanzminister gestattet, Beamte anzustellen oder ihre Anstellung zu verweigern, das ihm gestattet, in den Gang des Behördenaufbaus fördernd oder hemmend einzugreifen, das ihm gestattet — eine formelle Bewilligung, meine Damen und Herren —, einen Betriebsmittelkredit von 500 Millionen aufzunehmen. Ich glaube, diejenigen, die das kennen, wissen, daß es sich nicht um eine neue Maßnahme handelt, sondern lediglich um die Erneuerung des Kredits, der der Finanzverwaltung schon in der Frankfurter Wirtschaftsverwaltung zugestanden worden ist. Im übrigen handelt es sich, wenn man die gesamte Situation kennt, wahrscheinlich um eine unvermeidliche Maßnahme, die dem Herrn Bundesfinanzminister nicht nur Vollmachten gibt, sondern die ihn auch in vollem Umfange gegenüber diesem Hohen Hause verantwortlich macht und das Haus in den Stand setzt, seine eigene Verantwortung zu tragen.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir, daß ich in diesem Zusammenhang noch eine Bemerkung über das weitere Verfahren mache. Der Bundesrat hat seinen Beschluß vom 10. November — der Herr Bundesfinanzminister hat schon darauf hingewiesen — am Schlusse so formuliert, daß Verhandlungen seines zuständigen Ausschusses mit dem Herrn Bundesfinanzminister und gegebenenfalls mit dem zuständigen Ausschuß des Bundestags aufzunehmen seien mit dem Ziel, eine Verständigung herbeizuführen. Nun glaube ich, es ist gleichermaßen das Interesse aller Teile des Hauses, der Bundesregierung, der Mehrheit des Hauses sowie der Opposition, so schnell wie maglich zu einigermaßen übersehbaren und soliden haushaltsrechtlichen Grundlagen zu kommen.
An einer schnellen Verabschiedung des Gesetzes sind wir alle interessiert. Wir sind nicht interessiert daran, ein schlechtes Gesetz zur endgültigen Verabschiedung vorzulegen. Wir sind alle interessiert daran, ein zureichendes Gesetz unter Überlegung aller gegenwärtig hemmenden Faktoren vorzulegen. Wir sind auch nicht daran interessiert, den Konflikt über Zuständigkeiten zwischen Bundestag und Bundesrat in diesem Falle auszuspielen. Ich möchte deshalb in diesem Zusammenhang — ich tue das auch als Vorsitzender des Haushaltsausschusses — folgendes sagen: Es besteht noch nicht das Instrument, das Meinungsverschiedenheiten zwischen Bundestag und Bundesrat im Wege der Verhandlungen auszugleichen hat. Der im Artikel 77 des Grundgesetzes vorgesehene Zwischenausschuß ist noch nicht funktionsfähig. Es sind zwar einige Vorschläge dafür vorhanden. Ich glaube aber, wir können uns den Luxus nicht leisten, eine Vorlage im Ausschuß zu verabschieden, das Plenum des Bundestags damit zu beschäftigen und uns dann womöglich dem Risiko auszusetzen, daß der Bundesrat doch noch grundlegende Bedenken äußert und in Wahrnehmung seiner eigenen Rechte die endgültige Inkraftsetzung dieses vorläufigen Haushaltsgesetzes auf einen Zeitraum hinausschiebt, den wir alle nicht verantworten können.
Ich sage das aus einer allgemeinen Verantwortung heraus. Ich glaube deshalb, daß das Hohe Haus sich wirklich keinen Bruch seiner eigenen Befugnisse zuschulden kommen lassen würde, wenn es seinen Haushaltsausschuß ermächtigen würde, in informelle Verhandlungen mit dem entsprechenden Ausschuß des Bundesrats einzutreten, um eventuelle Schwierigkeiten und Gegensätze zu einem Zeitpunkt auszuräumen, in dem wir noch die Möglichkeit haben, die letzte Entscheidung des Bundesrats in einem produktiven Sinne zu beeinflussen. Ich sage — und ich hoffe, daß das Haus mir in diesem Falle zustimmt —, daß der Haushaltsausschuß des Bundestags solche Verhandlungen führen kann, ohne das Haus zu präjudizieren. Selbstverständlich, meine Damen und Herren, — —
Ich möchte mir nicht nachher sagen lassen, Herr Kollege Wellhausen, daß wir in einen heiligen Bereich von Zuständigkeiten eingebrochen sind, in dem wir eigentlich nach der gegenwärtigen Rechtstage noch nichts zu suchen haben. Deshalb diese Bemerkung, die lediglich von der Vorsicht diktiert ist! Sie werden mir zugeben, Herr Kollege Wellhausen, daß ich als Sprecher der Opposition in einem solchen Falle noch in einer etwas schwierigeren Lage bin, als Sie es wären; denn ich habe ja in diesen Dingen auch noch einen grundsätzlichen Standpunkt wahrzunehmen, und wenn ich hier diesen Vorschlag mache, dann geschieht das einfach deshalb, weil ich aus rationellen Überlegungen der Meinung bin, daß wir so schnell wie möglich zu einem solchen Gespräch kommen müssen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zum Schluß kommen. So wie die Vorlage jetzt aussieht, wird meine Fraktion nicht in der Lage sein, die Verantwortung für sie zu tragen. So wie die Vorlage jetzt aussieht, wird meine Fraktion im Ausschuß mit allen Mitteln danach streben, jene Garantien für eine solide Haushaltskontrolle dieses Bundestags zu schaffen, die wir für notwendig halten, damit wir nicht auf diesem einfachen Wege in ein Abenteuer hineinkutschieren, aus dem wir vielleicht sehr schwer wieder herauskommen.
Wir werden uns jedenfalls gegenüber der Vorlage auf den Standpunkt stellen, daß sie in vielen Punkten, ja in entscheidenden Punkten verbesserungsbedürftig ist. Die Verbesserungsmöglichkeiten habe ich angedeutet, ohne sie zu erschöpfen. Nach unserer Auffassung kann es sich kein Parlament, auch nicht der Bundestag der Bundesrepublik Deutschland, leisten, durch die Zustimmung zu dieser Vorlage sich selber seines ureigensten Rechtes zu begeben, nämlich auf dem Wege über den Haushalt den Behördenaufbau, die Verwaltung und die Exekutive einer Kontrolle durch die Öffentlichkeit und ihre Vertreter zu unterziehen. An diesem Recht werden wir festhalten, und wir hoffen, daß wir bei seiner Verteidigung die Bundesgenossenschaft aller Abgeordneten finden.