Rede von
Dr.
Thomas
Dehler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung erkennt die Notwendigkeit, den Deutschen, die in Auswirkung des Krieges im Ausland zurückgehalten werden und dort unter Anklage gestellt sind, Rechtsschutz zuteil werden zu lassen, an, nicht in dem Sinne, wie es von der linken Seite des Hauses vorhin in Zwischenrufen erklärt worden ist, um Kriegsverbrechern Schutz zu gewähren, sondern um diesen Menschen die primitivsten Rechtsgarantien wenigstens von unserer Seite aus zuteil werden zu lassen. Der Herr Berichterstatter hat auf die erheblichen Mängel in diesen Verfahren hingewiesen, Mängel, die von einsichtigen Juristen und Politikern auch 0 bei den Siegermächten anerkannt werden. Es soll nicht verkannt werden, daß schwere Rechtsprobleme hierin einbeschlossen sind. Aber wenn bis jetzt weitgehend den Angeklagten die Berufung auf höheren militärischen Befehl verweigert worden ist, wenn auf der andern Seite in Frankreich in den Prozessen gegen Angehörige des Maquis dieser Schutz der Berufung auf höheren Befehl gewährt worden ist, dann ergibt sich. hieraus die Notwendigkeit, daß zum mindesten die Angeklagten durch Verteidiger, die von unserer Seite aus gestellt werden, in die Lage versetzt werden, ihre Rechte ordnungsgemäß geltend zu machen.
Die Mängel dieser Verfahren sind noch andere. Auch sie sind von dem Herrn Berichterstatter schon angedeutet worden. Auf Grund der bei den Prozessen in Frankreich maßgebenden Ordonnance vom August 1944 werden Kollektivhaftungen unterstellt. Bei diesen schweren Fällen, deren Tragik wir in keiner Weise leugnen wollen, die im Gegen teil für uns Deutsche eine schwere moralische Belastung darstellen — ich meine die Exekutionen, die an der Zivilbevölkerung in Oradour, in Tulle, in Asque durchgeführt worden sind — wird unterstellt, daß jeder Angehörige eines Truppenteils der SS oder des SD oder der Feldgendarmerie schuldig ist, es sei denn, er weise nach, daß er zu dieser Organisation gezwungen worden und an der fraglichen Tat nicht beteiligt gewesen ist, eine Beweisführung, die in der Praxis gar nicht möglich ist. Unter diesem Gesichtspunkt wurden verurteilt, und zwar zu härtesten Strafen, zu Todesstrafe: der Dolmetscher des Truppenteils, der Schreiber, der Kraftfahrer, der Koch. Ich sage Ihnen das nur, um Ihnen zu zeigen, wie notwendig es ist, daß hier von uns aus den Angeklagten geholfen wird, daß die
Möglichkeit eines hinreichenden Rechtsschutzes gegeben wird.
Mein Ministerium ist bereits beauftragt, diesen Rechtsschutz zu übernehmen. Insoweit ist also die Forderung der Nr. 2 des Antrags bereits erfüllt.