An diese Bemerkung über die Nützlichkeit des Eintritts in die Ruhrbehörde ist eine sehr wesentliche Bedingung geknüpft, nämlich die, daß der Deutsche Gewerkschaftsbund erwartet, daß die Schwerindustrie Europas in den Arbeitsbereich der Ruhrbehörde einbezogen wird.
Wenn schon der Herr Bundeskanzler eine solche Pressemeldung über Äußerungen von Vertretern des Deutschen Gewerkschaftsbundes anzieht, dann hätten wir gewünscht, daß der Herr Bundeskanzler auch einiges über den Inhalt der Denkschrift gesagt hätte, die der Vorstand des Gewerkschaftsbundes dem Herrn Bundeskanzler Anfang dieser Woche überreicht hat.
Wir hätten außerdem gewünscht, daß er darauf aufmerksam gemacht hätte, daß in dem Begleitschreiben zu dieser Denkschrift die Bemerkung enthalten ist, wenn die deutsche Bundesregierung der Ruhrbehörde beitreten sollte, müsse sie eine Garantie dafür schaffen, daß die Arbeiterschaft in dieser Ruhrbehörde vertreten ist.
Außerdem wäre es ja in diesem Zusammenhang! vielleicht ganz nützlich, darauf hinzuweisen, daß der Parteifreund des Herrn Bundeskanzlers, Herr Ministerpräsident Arnold, erst vor wenigen Tagen in einer Rede erklärt hat, daß er die Revision des Ruhrstatuts als eine gewerkschaftliche Großaufgabe ansieht.
Hier kommt es ja gar nicht darauf an, daß wir in diesem Augenblick die Haltung der Gewerkschaften diskutieren, das ist auch gar nicht meine Aufgabe; ich spreche hier nicht als Vertreter der Gewerkschaften. Aber, meine Damen und Herren, wenn Sie die Stellungnahme einer so großen Organisation von Arbeitern, deren Lebensinteresse unmittelbar mit dem Eintritt in die Ruhrbehörde zusammenhängt, hier in die Debatte ziehen, dann dürfen wir wohl vom Herrn Bundeskanzler erwarten, daß er die vorgelegte Auffassung der Gewerkschaften zur Kenntnis des Hohen Hauses bringt.
Und nun, meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß einige Bemerkungen machen.
Ich möchte Ihnen folgendes sagen. Ich glaube, es wäre nicht zweckmäßig, wenn wir diese Debatte mit der Vorstellung abschließen, daß wir hier eine Entscheidung darüber zu fällen haben, ob der Erfolg der Bundesregierung in bezug auf die Einschränkung der Demontagen zu billigen ist oder nicht. Das Abkommen vom Petersberg umfaßt ja nicht nur die Abmachungen über die Beschränkung der Demontage, sondern es umfaßt eine ganze Reihe von Entscheidungen, die weit Tiber den Tag hinaus die wirtschaftliche und politische Aktionsfähigkeit der deutschen Bundesregierung in weitem Umfang bestimmen werden.
Meine Damen und Herren! In diesem Statut, das wir durch den Beitritt der Bundesregierung zur Ruhrbehörde jetzt anerkennen wollen, steht unverändert und ohne ein Wort der Kritik und ohne den Versuch der Abänderung der Artikel 15. Dieser Artikel gibt der Ruhrbehörde die Möglichkeit, das gesamte ökonomische, preis- und lohnpolitische Leben in Deutschland — und nicht nur im Ruhrgebiet! — entscheidend zu beeinflussen.
Wie immer die verfassungsrechtliche und juristische Situation sein möge — mein Freund Arndt hat unseren Standpunkt in dieser Frage wohl eindeutig klargestellt —, es kann keinen Zweifel darüber geben, daß von dem Augenblick ab, in dem wir diese Verpflichtung des Abkommens vom Petersberg eingehen, die Funktionen, die Rechte und die Möglichkeiten der Ruhrbehörde auf der Grundlage des jetzt geltenden Statuts auf der ganzen Linie wirksam werden.
Meine Damen und Herren, vergessen Sie eines nicht: Dieses Ruhrstatut gibt der Ruhrbehörde die Möglichkeit, nicht nur die deutsche Produktion an der Ruhr zu kontrollieren; sie gibt ihr auch die Möglichkeit, die Produktion an der Ruhr nach den Konjunkturbedürfnissen der Länder zu regulieren,
die an der Ruhrbehörde beteiligt sind. Wir wissen noch gar nicht, wie die ökonomische Situation gerade in den Produktionsgebieten von Kohle und Stahl sich in der nächsten Zukunft entwickelt. Es kann sehr gut sein, daß wir in diesem Augenblick
— nach meiner persönlichen Überzeugung in einem Augenblick, in dem die Voraussetzungen, unter denen die Ruhrbehörde und das Ruhrstatut beschlossen wurden, gar nicht mehr bestehen — uns selbst Verpflichtungen auferlegen, die unter Umständen dazu führen können, die Lebensmöglichkeiten der deutschen Menschen, insbesondere der arbeitenden deutschen Menschen an der Ruhr zu beschränken. Auf diesen Gesichtspunkt hinzuweisen, erschien mir nach dem Verlauf der Diskussion in den letzten Stunden dieser Debatte notwendig. Ich glaube, daß es, wenn wir das Für und Wider abwägen, sowohl nach der verfassungsrechtlichen Seite wie nach dem materiellen Inhalt des Abkommens selbst keine Möglichkeit für das Parlament geben kann, diese Aktion, diese Entscheidung und diese Abmachung des Herrn Bundeskanzlers zu billigen.