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ID0101701700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 17. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 15. November 1949 397 17. Sitzung Bonn, Dienstag, den 15. November 1949. Geschäftliche Mitteilungen 397B Entgegennahme einer Erklärung der Bundesregierung 397C Dr. Adenauer, Bundeskanzler 397C, 408B, 442A, 447C Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung 400C Dr. Schumacher (SPD) . . . 400C, 446A Dr. Gerstenmaier (CDU) 408D Dr. Schröder (CDU) . . . . . . 413B Euler (FDP) ....... . 417C Dr. von Merkatz (DP) . . . . . 421D Dr. Seelos (BP) 424A Reimann (KPD) . . , . . . . 427A Loritz (WAV) 429D Frau Wessel (Z) ...... . 431B von Thadden (NR) . . 434D Dr. Ott (Parteilos) ..... . 437B Dr. Becker (FDP) 437D Storch, Bundesminister für Arbeit 438D Dr. Schmid (SPD) . . . . . 439C Fisch (KPD) 444D Dr. von Brentano (CDU) . . . 447D Nächste Sitzung 448D Die Sitzung wird um 15 Uhr 6 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Hans-Joachim von Merkatz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Auseinanderfallen zweier großer Parteien in der außenpolitischen Konzeption


    (Dr. von Merkatz)

    I grenzt besonders in der Lage, in der sich Deutschland befindet, an eine nationale Katastrophe.

    (Sehr gut! rechts.)

    Wir müssen uns aber nun mit diesem Tatbestand abfinden.

    (Abg. Hilbert: Leider!)

    Die Erklärungen des Herrn Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei sind heute bei weitem zurückhaltender ausgefallen, als es seine vorherigen Verlautbarungen in der Presse vermuten ließen. Dennoch müssen diese Verlautbarungen und seine heutige Erklärung hier vor dem Bundestag als eine Einheit betrachtet und gewertet werden. Wenn man die stark polemische Färbung aus den Ausführungen von Herrn Dr. Schumacher streicht, dann bleibt als Gehalt der Ansicht der Opposition übrig, daß sie der Regierung vorwirft, sie habe widerstandslos deutsche Interessen preisgegeben. Weiteres an Substanz kann ich an den Ausführungen — ich habe sie sorgfältig zu studieren versucht — nicht finden. Wenn diese sehr weittragende und schwerwiegende Behauptung, die wenigstens etwas belegt sein müßte, um von der Gegenseite ertragen zu werden, außerdem noch mit dem Ausspruch versehen wird, die Opposition werde niemals dulden, daß der alliierte Gendarm vor dent Geldschrank des Großbesitzes aufgebaut werde, dann gewinnt die Ansicht der Opposition allerdings eine Färbung, die man im Interesse unseres Landes nur bedauern kann.
    Von dem Führer der Opposition ist ferner vorgebracht worden, daß die Regierung keine eigentliche außenpolitische Konzeption getätigt habe, daß sie keinen außenpolitischen Plan erkennen lasse. Ich muß — auch nach der Ansicht meiner r Fraktion — aufrichtig gestehen, daß die Behandlung außenpolitischer Probleme nach einem Plan und nach einem Ideengebäude angesichts der Lage, wie wir sie tatsächlich in Deutschland haben, und angesichts dieser unendlichen Schwierigkeiten nicht möglich ist. Man gehe doch einmal durch unsere Städte und zu den Menschen, für die Sie, Herr Dr. Schumacher, so eingetreten sind. Wenn man diese Tatsachen und die Mühe sieht, die notwendig ist, sich langsam wieder zu einer Position emporzuarbeiten, auf Grund deren ganz bescheiden von einer Form von Verhandlungen gesprochen werden kann, und wenn man sich einmal wirklich vergegenwärtigt, was unser deutscher Zusammenbruch denn eigentlich bedeutet, dann wird man, glaube ich, den Versuch, eine Außenpolitik nach irgendwelchen Planungen und Ideen zu führen, als reichlich unbescheiden bezeichnen müssen. Das geht so gar nicht.
    Das, was zunächst einmal zu geschehen hat und was geschehen muß und was jede Regierung vollziehen mate, gleichgültig welche, ist die Schaffung der allerbescheidensten Voraussetzungen, auf Grund deren man überhaupt anfangen kann, und zwar ganz klein anfangen kann. Ich möchte damit dem Herrn Bundeskanzler nicht nahetreten, denn es ist an sich schon eine Herkulesarbeit gewesen, was hier geleistet worden ist. Sehr viel mehr ist eigentlich gar nicht vorgegangen. Wenn wir unsere heutige Aufgabe hier im Bundestag richtig betrachten: als die Vertreter dieses Volkes sollen wir dem Ausland ein Bild der Meinung dieses Volkes geben. Vorhin, als ich auf die Worterteilung wartete, hatte ich das wohltuende Gefühl, daß es im Hause ziemlich leer war und beinahe eine Atmosphäre der Langeweile durch diese Halle zog. Ich glaube, es wäre richtiger — ich sage das im
    vollen Bewußtsein —, wenn wir etwas mehr mit jener nüchternen Langeweile — oder wie Talleyrand gesagt hat: „Pas trop de zèle!", nur keinen Eifer — unsere außenpolitischen Probleme betrachten würden. Wenn wir solche Bilder wie das von dem Gendarm, der vor dem Geldschrank steht, das vielleicht in ein Bilderbuch hineingehört, wegließen, dann kämen wir vielleicht in die Gemütslage hinein, die bei den Völkern draußen und bei unsern nächsten Nachbarn auch den Eindruck erwecken könnte, daß jenes unberechenbar Irrationale und Emotionale — ich glaube, General de Gaulle hat nach dieser Richtung die beste Charakteristik dieser Auslandsansicht geprägt — im deutschen Volk nicht mehr vorhanden ist. Man kann mit Stetigkeit nun damit rechnen: dies sind die Auffassungen des deutschen Volkes, und mit dieser Konstante müssen wir rechnen; das sind die Anerbieten der deutschen Regierung, sie sind soundso; wir können uns darauf verlassen und können uns auch später darauf verlassen; mit diesen Leuten kann man also verhandeln.
    Verzeihen Sie, ich sage damit nicht, daß das ein Preisgeben dessen bedeutet, was man Würde nennen kann. Ich habe das Empfinden und darf das wohl sagen, daß kaum eine größere Gelegenheit für ein Volk gegeben ist, Würde zu beweisen, als in den Stunden seines Zusammenbruchs. Ich will nicht solch große Vokabeln wählen wie „Erniedrigung". Wenn man selber einmal geflohen ist und auf dem Treck gewesen ist, wenn man sich da um seine kleinen Kinder gesorgt hat, wenn man dabei die Ruhr gehabt und wenn man die tiefe Gefährdung der Menschen gesehen hat — es sind ja mehrere in dem Hause, die das erlebt haben —, so hat man das Gefühl für die wahren Realitäten bekommen. Ich glaube, auch sagen zu können, daß jeder einzelne des deutschen Volkes etwas Ähnliches erlebt hat. Denken Sie auch an die vielen Witwen, die mit mehreren Kindern dasitzen und diese Kinder ohne wesentliches Einkommen durchbringen müssen. Dieses Volk hat soviel erlebt, daß alles, was man sich an Vorstellungen von diesem Volke gemacht hat, angesichts dieses Reifeprozesses vollkommen überholt ist.
    Es ist ein neuer Faktor „Deutschland" in der Welt, ein Faktor, der das in sich schließt, was man vielleicht früher von uns verlangt hat. Wir sind nun eine reife Nation geworden. Ich glaube, es ist das erstemal überhaupt in unserer Geschichte, und wir werden den Beweis erbringen, daß unser Wort über das, was hier besprochen und von unserer Regierung gesagt wird, ein lauteres, ein sicheres, ein verläßliches Wort sein wird. Um dieser Dinge willen, glaube ich, sollten wir doch den Stil unserer außenpolitischen Auseinandersetzung möglichst nüchtern wählen, möglichst aus diesem polemischen Bereich herausnehmen. Ich habe mir diese Kritik anmaßen müssen, weil schließlich auch einmal unser Standpunkt zum Ausdruck gebracht werden muß. Die Sozialdemokratie hat sich in den Jahren 1945, 1946 und 1947 an Hand ihrer Presse, ihrer Verlautbarungen als die Erzieherin des deutschen Volkes — ich will mich höflich ausdrücken — aufgeführt. Wir haben uns — meine kleine Fraktion — einiges sagen lassen müssen. Wir sind aber nicht mehr gewillt, jetzt, wo aus dieser unserer Fraktion zwei Männer die Verantwortung mitzutragen haben, uns diese Dinge weiter gefallen zu lassen.

    (Lachen bei der SPD.)



    (Dr. von Merkatz)

    Es muß einmal ein anständiger Ton zum Zuge kommen.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    - Herr Dr. Schumacher, Sie können sich über den Ton, den ich Ihrer Fraktion gegenüber anschlage, nicht beklagen.

    (Abg. Dr. Schumacher: Und die Radaukolonnen und die Schlägerkolonnen!?)

    — Herr Dr. Schumacher, bin ich Anführer einer Radaukolonne? Waren meine Worte, die ich eben gesprochen habe, aus dem Gedanken, dem Gefühl des Radaus geboren? — Dann lassen Sie diese Dinge auch hier fort!

    (Zuruf von der SPD: Und Hamburg? — Gegenrufe rechts. — Unruhe.)

    — Ich glaube, es hat keinen Sinn, so fortzufahren; diese Dinge sind zu ernst, für die Opposition genau so wie für uns, als daß wir uns über diese Frage weiter in dieser Weise auseinandersetzen.

    (Zurufe von der SPD)

    - Sie haben kritisiert, die Regierung habe keinen Plan, keine Idee, sie weiche zurück, und weiteres mehr.
    Wenn ich mir die Dokumente, die veröffentlicht worden sind, genau ansehe, finde ich folgendes: Der Bundeskanzler, mit ihm das Kabinett, hat als Kernfrage des außenpolitischen Problems richtig die Sicherheitsfrage erwähnt. Sehen Sie sich das Kommuniqué an, das die Einzelheiten bringt. Wenn Sie das Kommuniqué über die Pariser Konferenz analysieren, so finden Sie, wie sich das Problem der Sicherheit wie ein roter Faden hindurchzieht. Das ist tatsächlich auch eine Idee; denn im Leben der Staaten und Völker ist das Sicherheitsproblem das entscheidende.
    Wenn der Herr Bundeskanzler die Sicherheitsfrage in den Mittelpunkt der ganzen außenpolitischen Konzeption gestellt hat und wenn er
    — wir leben ja schließlich in einer Welt der Realitäten — auf Grund des Sicherheitsbedürfnisses unseres Nachbarn die ehrliche und klare Bereitschaft gezeigt hat, etwas zu bieten, dann kann man diesem Verfahren nur durchaus beitreten.

    (Sehr richtig! bei der DP.)

    Der Gedanke der Sicherheit ist ja eine Notwendigkeit, die nicht nur zugunsten der Franzosen, sondern in sehr großem Maße auch zugunsten unseres Landes gilt. Wie aber wollen wir um Verständigung in Europa und unter den Völkern der Welt um unserer eigenen Sicherheit willen werben, wenn wir nicht zunächst einmal einen ganz klaren, deutlichen und konkreten Beweis dafür geben, daß wir bereit sind, dem Sicherheitsbedürfnis der anderen Rechnung zu tragen?

    (Lebhafte Zustimmung bei der DP.)

    Wenn man von dieser Idee ausgeht und in ihr den Kernpunkt aller Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers sieht, dann ist wohl damit ein klarer und deutlicher Plan aufgezeigt worden, während ich in den Ausführungen der Opposition nicht zu erkennen vermag, was denn von der Bundesregierung, vom Herrn Bundeskanzler preisgegeben sein soll. Ich vermag darin keinerlei Realität zu sehen, sondern ich kann darin nichts anderes sehen als die Illusion eines Staates und die Illusion irgendwelcher Ansprüche. Diesem Illusionssystem kann ich mich nicht unterwerfen. Gerade das ist ja doch das, was unserem deutschen Volk Würde und Ansehen in der Zukunft zu geben vermag, die Realitäten bescheiden hinzunehmen. Wir müssen sie ja hinnehmen. Wir haben Politik zu machen und nicht Polemik zu treiben. Wir haben auch nicht der Welt irgendein Theater aufzuführen, sondern wir haben den Beweis zu erbringen, daß wir soviel inneres Gewicht haben, um unsere Zukunft aus unserer Situation in der Zusammenarbeit mit den anderen zu gestalten. Ich frage: gibt es denn überhaupt irgendeine reale Möglichkeit angesichts der Spannungen zwischen Ost und West, eine andere reale Wirklichkeit, um auf diesem Kontinent zu überleben, als den Gedanken der Zusammenarbeit der europäischen Völker? Aus diesem Gedanken entfaltet sich das, was wir alle brauchen: der Friede. Ich bin deshalb der Überzeugung, daß der von der Bundesregierung eingeschlagene Weg Schritt für Schritt, Zentimeter für Zentimeter zum Ziele führt und dieser sozusagen simple Stil des außenpolitischen Verfahrens der einzig mögliche Weg ist, um eben zu dem hohen Ziel des Friedens und damit der Sicherheit zu kommen. Wir Deutschen, dic wir via erfahren haben und die wir in einem Bereich leben, in dem die Sicherheitsfrage bis aufs Herz gestellt ist, sind vielleicht gerade das Volk, das den ersten praktischen Beitrag für den Aufbau eines harmonischen Systems der Sicherheit unter den Völkern zu bieten vermag und damit eine reale Grundlage für den künftigen Frieden.
    Wenn der Herr Bundeskanzler hierbei die Verständigung mit Frankreich in den Mittelpunkt seiner Ausführungen — ich erinnere an das Interview der „Zeit" — gestellt hat, dann deckt sich dieser Grundgedanke mit dem alten Streben meiner Fraktion, die bereits in den Jahren 1945/ 1946 im Verfolg älterer Traditionen den Gedanken der Verständigung mit Frankreich in den Mittelpunkt ihrer außenpolitischen Zielsetzung gerückt hat. Ich erinnere an die Reden des jetzigen Bundesministers Hellwege von 1947 und 1948 vor dem Zentralvorstand.

    (Lachen bei der SPD.)

    — Herr Dr. Schumacher, das mag Ihnen vielleicht lächerlich vorkommen, weil eine kleine Fraktion auch einmal Gedanken hat.

    (Dr. Schumacher: Würden Sie vielleicht diese zärtliche Beschäftigung mit mir als einer Führerpersönlichkeit aufgeben!)

    Dieser Gedanke der Verständigung mit Frankreich ist nun nicht etwas, was rein intellektuell am grünen Tisch erledigt werden kann. Das Mißtrauen des französischen Volkes gegen das deutsche Volk ist eine psychologische Tatsache, die nun einmal vorhanden ist und gegen die man wirksame, überzeugende Handlungen und Maßnahmen finden muß, um das Mißtrauen zu überwinden.
    Der große Versuch in dieser Richtung muß gemacht werden. Es handelt sich um ein wirtschaftliches, ein kulturelles Problem, und dieses Problem ist in einer solchen Form zu fördern, daß dadurch die große Frage der europäischen Zusammenarbeit einmal konkret zur Lösung kommen kann. Wenn ich den Sinn des oppositionellen Vorgehens richtig verstehe, dann glaube ich sagen zu müssen: dahinter steht etwas ganz anderes. Nicht der Vorwurf, der der Bundesregierung gemacht wurde, ist der entscheidende Kern der Ausführungen der Opposition, sondern entscheidend ist wohl die Tatsache, daß die Sozialdemokratie fühlt, bei der Föderierung Europas könnten unter Umständen Entwicklungen eingeleitet wer-


    (Dr. von Merkatz)

    den, die mit dem Ziel der Sozialisierung, im Widerspruch stehen. Allein um diese parteipolitische Kernfrage wird — das ist meine Überzeugung — von der Sozialdemokratie ein Kampf geführt um eine andere außenpolitische Konzeption.

    (Abg. Dr. Schmid: Wie wäre es, wenn man Ihnen entgegenhielte, daß es sich um eine Heilige Allianz in Europa handelt?)

    — Herr Professor, ich glaube, darüber werden wir uns im außenpolitischen Ausschuß einmal gründlich unterhalten müssen. Wir suchen nicht Allianzen, sondern wir suchen ein System der europäischen Zusammenarbeit, weil wir glauben, daß es die einzige Möglichkeit ist, um von Deutschland, von Europa und damit auch von der Welt größtes Unheil fernzuhalten, weil wir glauben, daß das der Weg zum Ausgleich zwischen Ost und West ist, zu einem echten Frieden, zu einer echten Sicherheit, Sicherheit der Staaten wie aber auch Sicherheit der Völker und des einzelnen.

    (Bravorufe und Händeklatschen rechts.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Seelos.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gebhard Seelos


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BP)

    Meine Damen und Herren! Nach den verschiedenen giftigen Reden, die wir seit Donnerstag gehört haben, nach den Erklärungen des Herrn Bundeskanzlers und nach den Äußerungen in der in- und ausländischen Presse sind wir uns heute .wenigstens über eines klar: es war geradezu ein Glück, daß sich diese giftigen Reden nicht bereits in der Debatte am Donnerstag um 6 Uhr über uns ergossen haben,

    (Händeklatschen in der Mitte und rechts)

    und zwar zu einer Stunde, als das französische Kabinett über Schicksalsfragen des deutschen Volkes entschieden hat in einer Vorentscheidung für die letzten Beschlüsse -der drei Außenminister, die bis nach Mitternacht tagten. Aber auch der heutige Termin scheint mir noch nicht sehr günstig gewählt zu sein, um den Bundeskanzler zu zwingen, hier Erklärungen abzugeben, nach stundenlangen wichtigsten Beratungen und noch bevor die Verhandlungen zum Abschluß gebracht sind.

    (Bravorufe und Händeklatschen rechts.)

    Es ist ganz klar, daß hier schon längst eine außenpolitische Debatte fällig gewesen wäre.

    (Zurufe bei der SPD: Na also!)

    Die Regierung ist bereits zwei Monate im Amt, und wir hätten es auch begrüßt, wenn diese außenpolitische Debatte vielleicht acht Tage früher stattgefunden hätte, damit der Regierung die Gedanken des Parlaments übermittelt werden konnten.

    (Zuruf von der SPD: Sehr richtig! Das haben wir gewollt!)

    - Das ist ein großer Irrtum, wie ich Ihnen eben erklärt habe!

    (Zuruf von der SPD: Das war doch beabsichtigt!)

    Heute geht die Debatte nun besonders um die Schritte, die Bundeskanzler Adenauer unternommen hat, um zu einer Auflockerung der seit einigen Monaten stagnierenden Beziehungen Deutschlands zu den Alliierten zu kommen. In einem Punkte geben wir der Kritik an der Bundesregierung recht. Auch wir vermissen verschiedene Klärungen, die notwendig sind, um aus dem Zwielicht herauszukommen, in dem die Pilgerfahrten
    des Herrn Bundeskanzlers zum Petersberg stattfinden.

    (Hört! Hört! bei der SPD.) Rembrandtsches Halbdunkel lieben wir nur im Museum.


    (Abg. Dr. Schumacher: Vielleicht ist's eins?!)

    Am Anfang einer zielbewußten deutschen Außenpolitik wollen wir möglichst Klarheit und Offenheit wenigstens gegenüber der Volksvertretung. Es geht nicht an, daß die Bundesregierung entscheidende Schritte in der Außenpolitik unternimmt, ohne vorher den Bundestag oder jedenfalls den außenpolitischen Ausschuß zu unterrichten.

    (Lebhafte Zurufe von der SPD: Na also!)

    - Das ist etwas ganz anderes! - Damit er solche Mitteilungen entgegennehmen kann, ist der außenpolitische Ausschuß mit einem besonders hohen Grad von Vertraulichkeit ausgestattet worden, der so weit geht, daß seine Mitglieder nicht einmal ihren Fraktionen über Einzelheiten berichten können.

    (Abg. Hilbert: Aber die Presse weiß es!)

    Es wäre in Amerika, in England, in Frankreich, in all den Ländern der klassischen Demokratie undenkbar, daß das Parlament in dieser Weise von der Regierung beiseite geschoben würde oder daß es sich selbst so beiseite schieben ließe.

    (Ironische Bravorufe und Händeklatschen bei der SPD und bei der WAV.)

    — Jetzt können Sie noch klatschen!

    (Heiterkeit und Zurufe rechts.)

    Es ist ganz klar, daß das Parlament oder der Auswärtige Ausschuß der Bundesregierung nicht die Führung der Bundespolitik abnehmen kann; denn das ist es, wohin das Verlangen der SPD ungefähr steuern würde.

    (Abg. Dr. Schmid: Ach nein!)

    Eine demokratisch gewählte Regierung vertritt
    das Volk in der Außenpolitik, und die Volksvertretung kann nicht mit Einzelvorschriften in die
    Exekutive eingreifen; sonst wäre die Führung
    einer Außenpolitik überhaupt nicht mehr möglich.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Schließlich soll man bei diesen ganzen Diskussionen auch die Bedeutung der Pariser Konferenz nicht übertreiben. Sie ist einer der 50 oder mehr Meilensteine, die zu passieren notwendig ist, um die Hitlerkatastrophe zu entwirren und die verworrene Weltsituation wieder zu normalisieren.
    Wenn wir die Schritte von Bundeskanzler Adenauer in diesem Lichte betrachten, erscheint uns die scharfe und fast hysterische Kritik der SPD

    (Lachen bei der SPD)

    und besonders ihres Kommuniqués vom letzten Freitag einfach unverständlich und maßlos.

    (Bravo! rechts.)

    Gerade weil wir keine Regierungspartei sind,

    (Zuruf von der SPD: „Leider"!)

    betonen wir: es ist unverzeihlich, einer deutschen Regierung, gleichgültig welcher politischen Richtung, während Verhandlungen in dieser Weise in den Rücken zu fallen,

    (Bravorufe und Händeklatschen in der Mitte und rechts)

    ihr jeden guten Willen abzusprechen, sie, wie hier betont worden ist, der Scharlatanerie zu bezichtigen und sie als antideutsch zu bezeichnen.

    (Lebhafte Zustimmung in der Mitte und rechts.)



    (Dr. Seelos)

    Das klingt an an die nationalistischen Fanfaren des Herrn Hugenberg seligen Angedenkens.

    (Sehr richtig! rechts. — Lachen links.)

    Es ist nicht zum erstenmal, daß wir aus dem Munde von Herrn Schumacher solche nationalistischen Töne hören. Sie klingen aber merkwürdig ähnlich einer nationalbolschewistischen Propaganda, wenn er Herrn Adenauer als Schrittmacher des internationalen Kapitals darzustellen sucht.

    (Lachen und Zurufe bei der SPD.)

    Herr Schumacher, in welche Gesellschaft haben Sie sich da begeben!

    (Heiterkeit und Zurufe.)

    Warum richten Sie denn Ihre Angriffe nicht gegen die Labour Party?

    (Abg. Dr. Schumacher: Wieso?)

    Es ist hier schon mehrfach von diesem Antworttelegramm auf Ihr Ersuchen vom August gesprochen worden. Ich will es einmal vorlesen, weil es mir von so großer Bedeutung erscheint, daß man es auch hier noch einmal wiederholen sollte.

    (Zuruf rechts: Sehr schön!)

    Dieses Antworttelegramm lautet:
    Der Vorstand stimmte überein, daß er das Ende der Demontage in Deutschland begrüßen würde, sobald sich die alliierten Regierungen mit den Maßnahmen zufriedengeben würden, die vorgenommen werden müssen, um ihre Sicherheit zu garantieren, einschließlich der Anerkennung der Sicherheits- und Ruhrbehörde durch die deutsche Regierung.

    (Hört! Hört! in der Mitte und rechts. - Zurufe: Aha! — Abg. Dr. Schumacher: Aber dann kam der Brief, und darin steht etwas anderes!) Ihre Haltung, Herr Schumacher, ist wohl auch

    mehr aus innerpolitischen Gründen zu erklären.

    (Abg. Dr. Schumacher: O nein!)

    Es ist die immer noch nicht überwundene Verärgerung, daß Sie nicht an der Bundesregierung beteiligt sind.

    (Lachen und Zurufe bei der SPD. — Händeklatschen rechts.)

    Säße Herr Schumacher auf der Regierungsbank und nicht in der Opposition, wäre der Vorschlag seiner Labour-Freunde wohl der Weisheit letzter Schluß gewesen.

    (Sehr richtig! und Heiterkeit rechts.)

    Konstruktive Opposition zeigt sich vor allem in außenpolitischen Dingen. Wenn in Notzeiten die Parlamente anderer Länder einig sind, sollte auch die deutsche SPD mehr Fairneß zeigen.

    (Bravo! rechts.)

    Aber es ist hier schon betont worden: die SPD ist sich ja gar nicht einig! Gewichtige Vertreter sind auch der Auffassung, man solle einer demokratisch gewählten Regierung eine Chance geben.

    (Abg. Dr. Schumacher: Welche gewichtigen Vertreter?)

    Wir spüren doch alle, wie uns die große Welle der allgemeinen Sehnsucht nach Frieden und Normalisierung trägt, und wir sollten Deutschland und seine Regierung nicht mit unnötigen Gewichten belasten, die ihre Manövrierfähigkeit erschweren. Man braucht Deutschland in Europa und in der Welt. Niemals haben sich die Situationen und Entscheidungen in der Weltgeschichte rascher abgelöst als in den letzten Jahrzehnten. Was ist aus
    Potsdam geworden? Was ist aus der Hungersnot geworden, die noch vor zwei, ja eineinhalb Jahren bei uns bestand? Panta rhei ! Alles ist im Fluß! Aber gerade weil wir das natürliche Gewicht und die natürliche Bedeutung Deutschlands in der Völkergemeinschaft so hoch werten, halten wir es für falsch, nationalistische Töne anzuschlagen und unsererseits übertriebene Forderungen aufzustellen, wobei man nicht übersehen sollte, dieses „panta rhei" in außenpolitischen Verträgen festzulegen und festzuhalten.

    (Abg. Dr. Schmid: Aha!)

    Ich meine damit nicht bloß die Artikel 15 und 31 des Ruhrstatuts, sondern zum Beispiel auch den Artikel 14. Aber lesen kann ja auch die deutsche Bundesregierung solche Dinge, und wir müssen doch überzeugt sein, daß sie das Bestmögliche aus diesen Verträgen herausholt und solche Änderungen und Vorbehalte macht, daß diese Verträge für uns tragbar sind, insbesondere wenn man beim Ruhrstatut eine Revision vorsieht. Gerade wenn wir in einer europäischen Gemeinschaft am schnellsten und am leichtesten zu einer völligen Gleichberechtigung kommen wollen und wenn wir die Notwendigkeit eines europäischen Zusammenschlusses angesichts der sowjetischen Gefahr sehen, sollten deutsche außenpolitische Angebote, die in diese Richtung gehen, nicht auf solch erbitterten Widerstand bei der SPD stoßen, die doch seit dem Manifest von 1848 auf internationaler Basis aufbaut.
    Die weitaus überwiegende Mehrheit dieses Hauses hat wohl kaum einen Zweifel darüber, daß die Voraussetzung einer europäischen Gemeinschaft die Beseitigung des deutsch-französischen Gegensatzes ist; das ist durch fast alle Reden des heutigen Tages durchgeklungen. Dieses Zusammengehen kann nicht bloß politisch sein; es muß vor allem aus der Wirtschaft kommen durch Beseitigung der Zollmauern und eine möglichst weitgehende Verzahnung der Wirtschaft. Wir müssen bereit sein, für eine Verständigung mit Frankreich vielleicht höhere Opfer zu bringen, als es noch vor zwanzig und dreißig Jahren nötig gewesen wäre.

    (Abg. Rische: Donauföderation!)

    Mit reinen Protesten und mit Aushandeln und Streitereien über Kleinigkeiten können wir die historische Kluft zwischen Frankreich und Deutschland nicht überbrücken. Dazu bedarf es auch einmal eines Risikos zum Guten, zumal Frankreich nach dem letzten Hitler-Überfall eine Rechnung zu präsentieren hat. Die SPD soll nicht mit nationalistischen Wortdrohungen einen Vorhang vor die einzige tatsächliche Bedrohung aus dem Osten ziehen und damit das außenpolitische Blickfeld Frankreichs trüben. Schließlich: ist es denn eine Schande, wenn sich jenseits und diesseits des Rheins unter dem Eindruck der furchtbaren Katastrophe ,die Völker und die Einzelmenschen zu einem neuen Europäertum bekennen, Neo-Europäer werden, genau so wie es umgekehrt eine Schande ist, wenn man heutzutage auf einmal zum Neo-Nationalisten wird?

    (Bravo! rechts. — Zuruf von der KPD.)

    Frankreich sollte aber sein berechtigtes Sicherheitsverlangen nicht zu einer dauernden Niederhaltung Deutschlands übersteigern. Wenn wir die Demontage von einzelnen Werken dadurch vermeiden können, daß man zu ihrer Erhaltung auswärtigen Mächten eventuell eine kapitalmäßige Beteiligung zugesteht, kann man das nicht als Ver-


    (Dr. Seelos)

    rat deutscher Interessen bezeichnen, besonders wenn es eine Vorleistung auf eine Internationalisierung der westeuropäischen Industrie einleitet.
    Ich möchte nicht noch einmal auf die Saarfrage eingehen, aber ich habe mich von Herzen gefreut, daß hierin wenigstens Herr Schumacher zum Föderalisten geworden ist und den Saarländern eine besondere Beteiligung an der deutschen Delegation zugesteht.
    Wir haben aus dem Munde des amerikanischen Außenministers und aus den Darlegungen des Herrn Bundeskanzlers gehört, daß wir berechtigt sind, einen Silberstreifen am außenpolitischen Horizont zu sehen. Schon einmal hat uns der Besuch eines amerikanischen Außenministers Hoffnung gegeben, nämlich der Besuch von Byrnes im September 1946. Seine damalige Stuttgarter Rede war der Bruch mit der Morgenthaupolitik und war der Beginn einer konstruktiven Nachkriegspolitik. Wir müssen allerdings sagen, daß es lange, unerträglich lange gedauert hat, bis die Ankündigungen der Byrnes-Rede in die Praxis umgesetzt worden sind. Wir haben die harten Besatzungsvorschriften für die US-Truppen noch bis zum Mai 1947 gehabt. Das Flüchtlingselend nahm 1946 und das ganze Jahr 1947 erst so recht zu, und die wirtschaftlichen Verhältnisse haben sich erst mit der so sehr ersehnten Währungsreform im Sommer 1948 geändert. Wir hoffen, daß die jetzigen Zusagen, die hinsichtlich einer gleichberechtigten Einordnung Deutschlands in Europa und in der Welt gemacht worden sind, sich in einem Zeitmaß vollziehen, das der psychologischen Lage Deutschlands und nicht nur den retardierenden Einflüssen aus den Lagern der Siegermächte Rechnung trägt. Das deutsche Volk ist 41/2 Jahre nach Beendigung des Krieges noch immer wie in einem Internierungslager von der Welt abgeschlossen, ohne eigene Außenvertretungen und daher ohne die Möglichkeit, sich über die Verhältnisse in der Welt durch eigene Organe — und nur denen glaubt ja immer das Volk — zu überzeugen, und ohne die Möglichkeit, dadurch seine Haltung bestimmen zu lassen und zur Beseitigung von vielen Irritierungen und Mißverständnissen zwischen Deutschland und anderen Völkern beizutragen.
    Das deutsche Volk hat trotz der furchtbaren Schicksalsschläge der vergangenen Jahre einen unbändigen Aufbauwillen. Die harten Jahre haben es gelehrt, zu improvisieren und sich schnell einer gegebenen Situation anzupassen. Wir sind in unserem zerstörten Land und mit den Millionen von Flüchtlingen wieder Pioniere in Deutschland geworden, die Neuland erschließen und aufbauen. Gerade die Amerikaner, deren Pionierleistungen in ihrem Kontinent zu einem unerhörten Aufschwung geführt haben, sollten unsere Situation verstehen und uns die Möglichkeit in Europa und in der Welt geben, um diesen Aufbauwillen zum Wohle aller Völker durch friedliche Leistungen in der Wirtschaft betätigen zu können. Unsere Nöte sind in Kürze folgende.
    Erstens: Wir brauchen unbedingt eine internationale Hilfe für unsere Flüchtlinge, weil wir mit diesem Problem von zusätzlich 8 Millionen Menschen allein in Westdeutschland nicht fertigwerden können.
    Zweitens: Wir brauchen mehr Wohnraum, um die in Baracken wohnenden Leute rasch in Wohnungen zu bringen und um endlich die Familien zusammenzuführen, um damit die staatliche Urzelle, die Familie, wieder gesunden zu lassen. Die
    Besatzungsmächte können hier einen sozialen Beitrag von entscheidender Bedeutung leisten, wenn sie von den etwa 500 000 Privatwohnräumen, die sie in Westdeutschland beschlagnahmt haben, 100- bis 200 000 Wohnräume räumen,

    (Abg. Renner: Wäre es nicht besser, sie gingen ganz?)

    was durchaus möglich und genau so wichtig ist wie die Marshallplanrate eines ganzen Jahres.
    Drittens: Nachdem der Aufbau der von den Hitlerarmeen überzogenen und geschädigten anderen Staaten im wesentlichen vollzogen ist und sie alle eine größere Produktion als vor dem Kriege haben, sollten sich die Leistungen des Marshall-planes und die Hergabe von Krediten stärker auf das zerstörte Westdeutschland richten und die Ungleichheit in etwa beseitigen, wonach auf den Kopf der deutschen Bevölkerung nur etwa in Drittel gegenüber den Leistungen an andere Staaten tritt.
    Viertens: Ferner sollten die drückenden Besatzungskosten von über 5 Milliarden Mark baldmöglichst herabgesetzt werden, um die sozialen Leistungen an einen Großteil unserer Bevölkerung, der in furchtbarer Armut lebt, zu. ermöglichen. Man stelle sich doch vor: diese Summe bedeutet das Zweieinhalbfache der Reparationen einschließlich der Besatzungskosten, die wir jährlich nach dem ersten Weltkrieg leisten mußten.
    Fünftens: Ferner sollte das Besatzungsstatut gewisse Verbesserungen erhalten und von den untergeordneten Stellen der Besatzungsverwaltung beachtet werden, und ihre Eingriffe in das Rechts- und Wirtschaftsleben der Länder sollten ein Ende nehmen.
    Das Tempo, in dem sich die Normalisierung und Gleichberechtigung Deutschlands vollziehen, wird nicht zuletzt von uns abhängen. Durch eine so destruktive Opposition, wie sie ,die SPD seit kurzem einzunehmen für richtig hält, wird es zweifellos erschwert und gehemmt. Sie kann nicht dazu beitragen, das notwendige Vertrauen des Auslandes zu Schritten der Bundesregierung zu erhöhen. Wir sehen jedenfalls die Lage nach den Erklärungen Achesons und des Herrn Bundeskanzlers mit einem gewissen Optimismus an. Deutschland ist wieder Verhandlungspartner in außenpolitischen Dingen geworden.
    Was kann nun Deutschland tun, um das erwachende Vertrauen des Auslandes nicht zu verscherzen? Wenn in Frankreich ein Gefühl der Sicherheit entstehen soll, dann muß dies durch eine wahrhaft föderalistische Gestaltung Deutschlands geschehen.

    (Sehr richtig!)

    Es ist nun einmal eine Tatsache, daß sich Frankreich durch einen zentralistisch geführten Einheitsstaat, der immer eine gewisse Machtzusammenballung in sich schließt, gefährdet fühlt. Man sollte die gleichberechtigte Einordnung Deutschlands in Europa nicht dadurch aufhalten, daß man den föderalistischen Aufbau Deutschlands in einer Weise zu verhindern sucht, wie wir es in den ersten Wochen der Amtszeit der Bundesregierung und des Bundestags gesehen haben, die zu einer eindeutig zentralistischen Ausnutzung der Verfassung geführt hat. Solche Entwicklungen sind gefährlich. Nie ist die Zeit zu einer dauernden Versöhnung mit Frankreich so günstig gewesen wie unter dem Druck der latenten russischen Gefahr. Und wenn sogar de Gaulle und Bidault diese Ent-


    (Dr. Seelos)

    wicklung einsehen und unter gewissen Voraussetzungen begrüßen, so sollten wir über diese Entwicklung glücklich sein. Erst dann, wenn man in Frankreich Deutschland als den Garanten der französischen Sicherheit empfindet und nicht als seinen Bedroher, ist die deutsch-französische Freundschaft endgültig etabliert und der Friede in Europa gesichert.

    (Beifall rechts.)