Rede von
Willi
Richter
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion ist für ein modernes, zeitgemäßes Betriebsrätegesetz, das für das gesamte Bundesgebiet Geltung haben soll. Sie ist nicht nur deshalb dafür, damit eine einheitliche Gesetzesgrundlage geschaffen wird,
sondern sie ist auch der Ansicht, daß einzelne Ländergesetze manche Lücken und Mängel aufweisen, und daß das Gute, was in einzelnen Ländergesetzen enthalten ist, Grundlage für die Bundesgesetzgebung sein muß. Wenn der Versuch gemacht werden sollte, daß man hier eine Rückwärtsrevidierung, insbesondere auf dem Gebiet der Mitbestimmung, durchsetzen will, so wird sich die sozialdemokratische Fraktion mit aller Entschiedenheit dagegen wehren. Keinesfalls kann das Betriebsrätegesetz vom Jahre 1920 die Grundlage bilden; denn die Entwicklung ist seit 1920 nicht stillgestanden, sondern sie ist vorwärtsgegangen. Die Betriebsräte, die im Jahre 1945 ohne eine gesetzliche Grundlage wieder eingesetzt und von der Arbeitnehmerschaft in den Betrieben und in den Verwaltungen gewählt wurden, haben bewiesen, daß ihre Existenz notwendig ist. Denn sie waren es, die gemeinsam mit ihrer Belegschaft die Trümmer in den Betrieben beseitigt, die Produktion in Gang gebracht und so die Voraussetzungen unserer Existenz geschaffen haben. Ich glaube, das muß eine Gesetzgebung auch berücksichtigen.
Das Kontrollratsgesetz Nr. 22 ist zwar ein Gesetz mit nur wenigen Bestimmungen, hat aber verschiedene Bestimmungen, die in dem neuen Gesetz verankert sein müssen. Dazu gehört, daß die Gewerkschaften berechtigt sind, Kandidaten aus der Belegschaft zur Wahl von Betriebsräten vorzuschlagen, ebenso die Betriebsräte zu beraten und an den Sitzungen teilzunehmen. Dazu gehört weiter, daß die Vereinbarungen zwischen den Gewerkschaften und Arbeitgebern über Lohn- und Arbeitsbedingungen dem Recht der Betriebsräte vorgehen.
Wir sind der Auffassung, daß in der Vorlage der Bundesregierung die Bestimmung enthalten sein muß, daß die Betriebsräte einheitlich von allen Beschäftigten nach demokratischen Grundsätzen bei allen Unternehmungen und Behörden des privaten und öffentlichen Rechts zu wählen sind.
Das sind die wesentlichsten Grundgedanken, die in der Vorlage der Regierung unter allen Umständen enthalten sein sollten. Das, was mein Herr Vorredner sagte, daß 1920 mit dem Betriebsrätegesetz der Anfang zur Schaffung einer Betriebsdemokratie gemacht wurde, ist richtig. Es ist weiter richtig, daß an Stelle der einseitigen Arbeitgeberanordnung die Mitwirkung der Betriebsvertretung getreten ist. Wir wissen aber auch, daß diese Mitwirkung insbesondere auf personellem und wirtschaftlichem Gebiet sehr eingeschränkt war, daß sie teilweise nur eine Mitberatung, ein Anhören bedeutete. Wir sind der Meinung, daß in dem Betriebsrätegesetz, welches der Bundestag zu verabschieden hat, klar und deutlich das gleichberechtigte Mitbestimmungsrecht sowohl auf sozialem wie auf personellem und auf wirtschaftlichem Gebiet zu verankern ist. Unter Beachtung dieser unserer Einstellung stimmen wir dem Antrag zu.