Meine Damen und Herren! Was die Ausführungen des letzten Redners anbetrifft, so hoffe ich nur, daß die Praxis, die er hier mit so gewandten Worten vertreten hat, dort, wo seine Gesinnungsfreunde an der Macht sind, ausgeübt wird.
Zu dem bisherigen Verlauf der Debatte habe ich einige Feststellungen zu treffen. Mich haben die staatsrechtlichen und politischen Ausführungen des Kollegen Carlo Schmid tief beeindruckt. Ich habe an ihnen nur eines bedauert: daß der nomos, den er hier dem Bundestag als erstrebenswertes Grundgesetz vorschreibt, damals nicht der Landtagsfraktion der SPD in Bayern vorgeschwebt hat, als sie in dem gleichen Strafverfahren die Immunität von Loritz aufgehoben hat.
— Es wäre gut, Herr Kollege Carlo Schmid, wenn Sie dann bei solchen Anlässen Ihre Kollegen aus Bayern, die damals besonders energisch die Aufhebung der Immunität gerade in diesem Fall vertreten haben, rechtzeitig belehren würden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist an sich ein ungewöhnlicher Vorgang, daß ein Abgeordneter in eigener Sache spricht,
wie es in diesem Falle der Kollege Loritz getan hat. Wenn ich aber noch einen Zweifel über die Behandlung dieser Angelegenheit gehabt hätte, so wäre dieser Zweifel gerade durch die Ausführungen des Kollegen Loritz behoben worden.
Denn er hat doch die Vorwürfe, die er gegen die bayerische Justizverwaltung und auch gegen das bayerische Justizministerium in der Öffentlichkeit erhoben hat, praktisch hier wiederholt. Er hat genau das getan, was nach dem Urteil des Ausschusses und auch nach den Ausführungen des Berichterstatters im Parlament vermieden werden soll: er ist hier in die Beweiswürdigung eingetreten, indem er angegeben hat, die Aussagen und die Protokolle, die der Verhandlung in München und hier im Ausschuß zugrunde gelegen haben, ergäben die Wahrheit. Damit glaube ich, können wir uns auf keinen anderen Standpunkt stellen als auf den, den der bayerische Landtag einstimmig, das heißt gegen fünf Stimmen der WAV, wenn ich mich recht erinnere, seinerzeit eingenommen hat, nämlich die Durchführung des Gerichtsverfahrens nunmehr zu ermöglichen.
Es kann hier doch nicht von einem Abgeordneten behauptet werden, der Wahrheitsbeweis sei von ihm bereits vor Gericht erbracht worden, ohne daß das Verfahren abgeschlossen worden ist, und gleichzeitig von ihm darum nachgesucht werden, das Verfahren nicht abzuschließen, damit es nicht zu einem endgültigen Urteil kommt.
Hier widersprechen sich doch die Ausführungen in ein und demselben Zusammenhang in einer Weise, daß wir gerade jetzt auf einer Klärung bestehen müssen.
Diese Klärung kann auch nicht allein dadurch erfolgen, Herr Kollege Schmid, daß ein Untersuchungsausschuß des Bayerischen Landtags, dem ja wahrscheinlich der Kollege Loritz auch Befangenheit vorwerfen wird, nachdem der Landtag die Immunität in diesem Falle fast einstimmig aufgehoben hat, die Dinge in die Hand nimmt. Da wird auch ein Untersuchungsausschuß des Bayerischen Landtags, nachdem Ihre eigenen Parteikollegen im Bayerischen Landtag bei der Abstimmung mit den übrigen Parteien ein und derselben Meinung waren, nichts nutzen. Da gibt es nur eine gerichtliche Klärung, die in diesem Falle sowohl im Interesse des Abgeordneten Loritz wie auch zur Wahrung der Ehre und der Interessen der bayerischen Staatsregierung und der bayerischen Gefängnisverwaltung herbeigeführt werden muß. Es darf nicht sein, daß so schwerwiegende Vorwürfe wie zum Beispiel der Vorwurf des Mordversuchs gegen eine Staatsregierung und gegen eine Gefängnisverwaltung erhoben werden und daß hier zum Teil durch formale Bedenken, zum Teil durch grundsätzliche Erwägungen der Sachverhalt nicht von Grund auf geklärt werden kann.
Diese meine Ausführungen bezwecken nicht etwa, den Kollegen Loritz in seinem berechtigten Interesse zu schädigen, sondern wir, die wir hier Vertreter der bayerischen Regierungspartei sind, legen im Interesse der Öffentlichkeit größten Wert darauf, daß, wenn diese Zustände in den bayerischen
Gefängnissen geherrscht haben oder herrschen, die Öffentlichkeit auch hierüber unterrichtet wird, auch wenn diese Klärung zuungunsten der bayerischen Gefängnisverwaltung ausgehen sollte.
Abschließend darf ich noch eines erwähnen. Wenn der Kollege Loritz hier zum Ausdruck gebracht hat, daß es — und das war wohl der Sinn seiner Worte — überhaupt nicht mehr möglich sei, vor einem bayerischen Gericht in unbefangener Weise verhandelt zu werden, und noch hinzugefügt hat, daß es, weil der § 51 in Frage steht, wahrscheinlich in Bayern auch keinen Arzt mehr gebe, der ihm gegenüber unbefangen urteilen könne, so muß ich gegen diese Ausführungen selbstverständlich Verwahrung einlegen und um so mehr darauf dringen, daß darüber Klarheit geschaffen wird. Es ist doch wahrlich nicht möglich, daß man in allen Rechtszügen, die in einem Verfahren überhaupt in Frage kommen, nicht zu einer objektiven Klärung des wirklichen Sachverhalts, die im öffentlichen Interesse liegt, gelangen soll. Aus diesem Grunde glaube ich, Herr Kollege Loritz, daß Sie genau so Wert darauf legen müssen, daß in diesem Falle durch die Durchführung eines Gerichtsverfahrens Klarheit geschaffen wird.
— Wenn Sie, Herr Dr. Baumgartner, das Interesse des Herrn Loritz hier vertreten — —
— Wenn Sie von dem Aufbau eines demokratischen Staatswesens eine Ahnung haben, werden Sie wissen, daß der Justizminister auf den Ablauf einer Gerichtsverhandlung nicht den mindesten Einfluß hat.
Sollte sich das in Bayern einmal ändern, wären es traurige Zeiten.
Um aber auf die Äußerungen des Vorredners, des Herrn Kollegen Dr. Becker, einzugehen, darf ich sagen, daß das, was der Kollege Loritz hier vorgebracht hat, nicht ganz der Richtigkeit entspricht. Ich habe selbst das Vergnügen gehabt, eine seiner Versammlungsreden zu hören, und dort unmißverständlich nicht von ihm gehört, daß er etwa die Durchführung des Verfahrens nicht scheut, sondern von ihm gehört, daß er dessen Durchführung wünscht und daß die Nichtdurchführung des Verfahrens geradezu ein Beweis dafür ist, daß seine Vorwürfe stimmen, so daß er die Durchführung der Verhandlung sehnlichst herbeiwünscht. Hier liegt ebenfalls ein starker logischer Widerspruch; denn wenn das Gericht in München nicht interessiert wäre, die Wahrheit zu erforschen, dann hätte es sich wahrlich gehütet, hier den Antrag auf Aufhebung der Immunität zu stellen, weil es ihm im Interesse der Gefängnisverwaltung und der Vertuschung der dortigen Zustände lieber gewesen wäre, es in diesem Falle bei der Immunität sein Bewenden haben zu lassen.