Rede von
Dr.
Thomas
Dehler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! Es steht mir als Minister nicht zu, zu dem Fall Loritz Stellung zu nehmen. Das ist die Prärogative des Parlaments, sich zu entscheiden, ob im vorliegenden Fall Anlaß besteht, die Immunität aufzuheben oder nicht. Ich bin dem Immunitätsausschuß, dem Kollegen Dr. von Merkatz und auch dem Kollegen Dr. Schmid dankbar, daß bei dem ersten Fall versucht wird, die richtige Linie zu finden. Gewiß, Ausgangspunkt ist: in die Rechte des Parlaments darf nicht eingegriffen werden, der Abgeordnete darf an der Ausübung des Mandats, das er vom Volk hat, nicht gehindert werden. Der andere Gesichtspunkt: der Bundestag ist eine Elite und soll es sein und soll hohe Ansprüche an seine Mitglieder stellen.
Das Parlament soll fragen, ob ein Vorwurf, der erhoben wird, so schwerwiegend ist, daß er geprüft werden muß.
Das ist die andere Seite der Sache. Wenn der Vorwurf ein schweres kriminelles Verhalten enthält — das wird wohl die Linie sein —
— oder ein kriminelles Verhalten —, dann wird die Grenze erreicht sein.
Ich sage, es kommt mir nicht zu, in diesem Fall Stellung zu nehmen, aber ich kann als der Mann, der berufen ist, die deutsche Justiz zu repräsentieren, nicht das hinnehmen, was der Herr Abgeordnete Loritz hier erklärt hat.
Es ist eine Unmöglichkeit, daß ein Mann wie der Kollege Loritz, der doch immerhin Jurist ist, hier erklärt, er habe den Wahrheitsbeweis in dem Verfahren vor der Strafkammer München dafür geführt, daß die von ihm behaupteten Mißstände vorgekommen sind. Ob ein Wahrheitsbeweis geführt wird, entscheidet der Richter auf Grund der gesamten Beweiserhebung.
Ich halte es für ungeheuerlich, daß ein Abgeordneter und ein Jurist hier auftritt und erklärt: weil
man ein schlechtes Gewissen habe, weil das Gericht gesehen habe, daß die von dem Abgeordneten Loritz erhobenen Vorwürfe berechtigt seien,
deswegen habe das Gericht, ein deutsches Gericht,
versucht, ihn als unzurechnungsfähig hinzustellen.
Ich kann als Bundesjustizminister, der aus der bayerischen Justiz kommt und die bayerische Justiz kennt, einen solchen Vorwurf nicht unwidersprochen lassen.
Ich kenne die Akten. Das Gericht hat von sich aus die Pflicht, zu prüfen, wenn Bedenken bestehen, ob die Zurechnungsfähigkeit eines Angeklagten gegeben ist oder nicht. Das ist die Voraussetzung seines Schuldspruches. Das mußte in diesem Falle geschehen, und — ich will nichts behaupten —, daß es immerhin nicht ganz ungewöhnlich war, bedarf keiner Erhärtung. Ich will mich nicht in die Details einlassen. Es ist nicht ein Sachverständiger vernommen worden, es sind drei Sachverständige vernommen worden. Ich bin überzeugt: wenn der Herr Kollege Loritz den Wunsch gehabt hätte, dieses Beweismaterial zu ergänzen, wäre ihm das Gericht entgegengekommen.
Nur soviel als Stellungnahme, weil ich es nicht zulassen kann,
daß man in diesem Hause in einer solchen Form
die Objektivität eines deutschen Gerichts in Zweifel zieht!