Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! In stundenlangen Auseinandersetzungen waren die Fraktionen in interfraktionellen Besprechungen bemüht, diese Frage, die man normalerweise in allen Parlamenten nach Gentlemen-agreement-Methoden regelt, zu behandeln. Was wir heute hier erlebt haben, ist ein praktischer Schulungsunterricht der Regierungskoalitionsparteien und Minister über Toleranz und Demokratie. Die FDP ist heute mittag umgebogen worden. Der Vertreter der CDU, Herr Kollege Holzapfel, hat schriftlich einen Alternativantrag gestellt, der darauf hinauslief, dem Hause die Schaffung von 27er-Ausschüssen vorzuschlagen. Was erleben wir hier? Der Antrag der SPD, der einer wirklich demokratischen Regelung der Frage gerecht geworden wäre, ist abgelehnt worden. Der Erfolg ist der, daß wir meiner Meinung nach jetzt nur noch über den Antrag von Brentano abzustimmen haben.
Aber gestatten Sie mir, noch ein Wort zur Sache selbst. Wenn wir Toleranz der Regierungsparteien in der Zukunft so vorexerziert bekommen, dann darf man von uns nicht erwarten, daß wir nicht mit derselben Methode zurückschlagen und uns nicht wehren. Sie. Herr Dr. Konrad Adenauer, haben heute durch Ihre Fraktion mit Hilfe der FDP den Beweis dafür geliefert, was wir von Ihrer Toleranz und Ihrer Demokratie — —
— Ja, Sie sind heruntergegangen ins Plenum; Sie hatten es nicht nötig, sich an der Abstimmung zu beteiligen, wenn Sie sich als toleranter Bundeskanzler erweisen wollten. Sie sind aber in die Kampfbahn heruntergestiegen und haben damit bewiesen, daß es Ihnen nicht darauf ankommt, tolerant zu sein.
Aber was geschieht mit dem Vorschlag Brentano? Mit dem Vorschlag Brentano wird erreicht, daß die kleinen Fraktionen praktisch nur in einem einzigen 27er-Ausschuß vertreten sind. Schon in dem zweiten Ausschuß ist neben der Koalitionspartei, neben der FDP, nur noch die DP vertreten. Einig war man sich bisher auch in den Reihen der CDU, daß das ein Manko ist. Dieses Manko sollte dadurch repariert werden, daß von der CDU — ausgehend von Herrn Holzapfel — der Vorschlag gekommen ist, die Lücke, die dadurch entsteht. daß man die kleinen Fraktionen nicht berücksichtigt, auszugleichen dadurch, daß man den kleinen Fraktionen wenigstens über den FDP-Antrag die Möglichkeit einer Mitarbeit, zumindest in diesen Ausschüssen, verschafft.
Sie haben sich auch bis heute nicht darüber ausgesprochen, ob Sie wenigstens diesem Antrag zustimmen wollen. Sie haben hier wirklich demonstriert, daß Sie Ihr Machtverhältnis gnadenlos gegen die kleinen Fraktionen ausnutzen wollen. Das ist Ihnen, Herr Brentano, gelungen.
— Herr Dr. Müller, mischen Sie sich nicht hinein; von Demokratie haben Sie meines Erachtens noch nie etwas verstanden. — Ich appelliere an die CDU, ob sie wenigstens bereit ist, dieses Zugeständnis zu machen.