Rede von
Dr.
Gebhard
Seelos
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich zur Regierungserklärung selbst Stellung nehme, möchte ich grundsätzlich über den Rahmen sprechen, in dem eine Arbeit der Bayernpartei im Bunde möglich erscheint. Die Bayernpartei begrüßt die Gelegenheit, um hier vor dem Forum Deutschlands und der Welt eine Frage anzuschneiden, die durch die Ablehnung der Bonner Verfassung durch Bayern entstanden ist: die bayerische Frage. Die bayerische Frage wird so lange nicht mehr aus der Politik ausscheiden, als nicht die Beziehungen zwischen dem Bund und Bayern neu geregelt sind. Wir erklären mit Nachdruck, daß auch wir Bayern Deutschland wollen. Wir haben nur eine andere Auffassung von seiner verfassungsrechtlichen Gestaltung, die sich aus den harten Lehren der deutschen Geschichte ergibt. Die immer größere Machtanballung unter preußisch-deutscher Führung hat uns nacheinander zwei Weltkriege gebracht. In einer föderalistischen Gestaltung des neuen Bundes sehen wir gerade auch für Deutschland, an dem wir von ganzem Herzen hängen und zu dem wir uns in Freud und Leid bekennen, die beste Friedenssicherung. In einem solchen wahrhaft föderalistischen Deutschland wird sich der bayerische Staat und das bayerische Volk wohlfühlen, weil er uns der Notwendigkeit enthebt, immer nur auf der Wacht und in der Sorge um unsere staatliche Existenz zu sein und uns damit in eine Abwehrstellung zu drängen, die wir gar nicht wollen. Bayern ist in wenig veränderten Grenzen seit 1400 Jahren ein selbständiger Staat gewesen,
bis ihn Hitler 1933 zu einer Provinz degradierte. Die Hüterin des bayerischen Staatsgefühls ist die Bayernpartei geworden,
die bei den Bundeswahlen einen eindrucksvollen Vertrauensbeweis des bayerischen Volkes für ihre föderalistische Ideologie bekommen hat.
— Herr Carlo Schmid, hören Sie auf, der Sie sich da unten in einem von den Alliierten geschaffenen Kleinstaat die Allongeperücke des Duodezfürsten als Staatspräsident aufsetzen wollten!
Obwohl die Stärke der Bayernpartei bereits vor Beginn der Bonner Verhandlungen durch Wahlen erwiesen war, ist sie gegen jede demokratische Art von den Bonner Verfassungsberatungen völlig ausgeschlossen geblieben. Wir sind daher nicht für diese Verfassung verantwortlich, die die Staatlichkeit Bayerns weitgehend aushöhlt und einem übermäßigem Zentralismus Tür und Tor öffnet.
Wir Bayern sehen aber in einem zentralistischen Kommandostaat preußischer Prägung,
auf den die Tendenzen der Bonner Verfassung hinweisen, — —