Protokoll:
9020

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 9

  • date_rangeSitzungsnummer: 20

  • date_rangeDatum: 11. Februar 1981

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 14:31 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/20 Bundestag Deutscher Stenographischer Bericht 20. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. Februar 1981 Inhalt: Fragestunde — Drucksache 9/139 — Militärische Ausbildung für ausländische Soldaten in der Bundesrepublik Deutschland nach dem 1. Januar 1980 MdlAnfr 1, 2 06.02.81 Drs 09/139 Stutzer CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Penner BMVg 861 B, D, 862 A, B, C ZusFr Stutzer CDU/CSU 861D, 862A, B ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU 862 B, C Forderung zusätzlicher Gelder von Angehörigen freigekaufter politischer Häftlinge durch die DDR MdlAnfr 3 06.02.81 Drs 09/139 Werner CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Kreutzmann BMB 862 C, D, 863 A ZusFr Werner CDU/CSU 862 D ZusFr Sauer (Salzgitter) CDU/CSU 862 D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU 863 A Konsequenzen aus den Äußerungen des bisherigen Ständigen Vertreters in OstBerlin, Gaus, über den Wissensstand in der Bundesrepublik Deutschland um die Lage der DDR-Bewohner MdlAnfr 4 06.02.81 Drs 09/139 Sauer (Salzgitter) CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Kreutzmann BMB 863 A, C, D, 864 A ZusFr Sauer (Salzgitter) CDU/CSU 863B, C ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU 863 D ZusFr Frau Schlei SPD 864A ZusFr Dr. Müller CDU/CSU 864 A Anerkennung des in Hessen oder Nordrhein-Westfalen abgelegten Ersten Staatsexamens für das Lehramt an Haupt- und Realschulen in Rheinland-Pfalz MdlAnfr 5 06.02.81 Drs 09/139 Herberholz SPD Antw PStSekr Kuhlwein BMBW 864 B, D, 865A, B ZusFr Herberholz SPD 864C, D ZusFr Pauli SPD 865 A II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Februar 1981 ZusFr Dreßler SPD 865A Umfang der deutschen Entwicklungshilfe für Nicaragua sowie Finanzierung der Rüstung aus diesen Geldern MdlAnfr 6, 7 06.02.81 Drs 09/139 Dr. Müller CDU/CSU Antw PStSekr Brück BMZ 865 B, C, D, 866A, B ZusFr Dr. Müller CDU/CSU 865C, D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU 866A ZusFr Regenspurger CDU/CSU 866A Benachteiligung der deutschen Aerosolindustrie durch die geplante Besteuerung von Methanol und Isopropylalkohol MdlAnfr 9, 10 06.02.81 Drs 09/139 Clemens CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Böhme BMF . . . . 866 B, C, D, 867 A, B, C ZusFr Clemens CDU/CSU 866D, 867 A ZusFr Funke FDP 867 B Beschleunigte Zahlung der erhöhten Entschädigungsrenten MdlAnfr 11, 12 06.02.81 Drs 09/139 Dreßler SPD Antw PStSekr Dr. Böhme BMF . 867C, 868 A, B, C ZusFr Dreßler SPD 868 A, B, C Erhöhung der Pauschbeträge für Geschenksendungen an Verwandte in der DDR sowie Steuererleichterungen für Pakete an Freunde in der DDR MdlAnfr 15, 16 06.02.81 Drs 09/139 Böhm (Melsungen) CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Böhme BMF 868 C, D, 869 A, B, C, D ZusFr Böhm (Melsungen) CDU/CSU 868D, 869A, C ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU 869A, D Steuerliche Benachteiligung der Sparkassen bei der Novelle zum Abbau von Subventionen MdlAnfr 17 06.02.81 Drs 09/139 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Böhme BMF 870A, C ZusFr Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU 870B, C Beschränkung der Kartoffelbrennereien auf die auf Kartoffelanbau angewiesenen Gebiete MdlAnfr 18 06.02.81 Drs 09/139 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Böhme BMF 870D, 871 A, B, C ZusFr Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU 871A, B ZusFr Dr. Jobst CDU/CSU 871B ZusFr Eimer (Fürth) FDP 871C Nutzung der Infrastruktur ländlicher Räume durch die Erhaltung von Arbeitsplätzen MdlAnfr 19 06.02.81 Drs 09/139 Frau Traupe SPD Antw PStSekr Grüner BMWi 871D, 872A ZusFr Frau Traupe SPD 871D, 872A ZusFr Dr. Jobst CDU/CSU 872 A Aufstellung eines Sonderprogramms für die mittlere Oberpfalz zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen MdlAnfr 20 06.02.81 Drs 09/139 Dr. Jobst CDU/CSU Antw PStSekr Grüner BMWi 872 B, C, D ZusFr Dr. Jobst CDU/CSU 872C, D Abbau von Subventionen als Bedingung für die deutsche Zustimmung zu dem Krisenkartell mit Produktionsquoten für die Eisen- und Stahlindustrie der EG MdlAnfr 26, 27 06.02.81 Drs 09/139 Urbaniak SPD Antw PStSekr Grüner BMWi 873 A, B, C, D, 874 A, B, C, D, 875 A, B, C, D, 876 A, B, C, 877A ZusFr Urbaniak SPD 873B, 874D, 875A ZusFr Zeitler SPD 873B, 875A ZusFr Meininghaus SPD 873C, 875 D ZusFr von der Wiesche SPD 873D, 875B ZusFr Stockleben SPD 874A, 876A ZusFr Frau Steinhauer SPD 874B, 876C ZusFr Wehner SPD 874C, 876 D ZusFr Eigen CDU/CSU 875C ZusFr Dreßler SPD 876A ZusFr Menzel SPD 876B Mittel für Förderungsmaßnahmen zur Nutzung von Fernwärme im Zukunftsinvestitionsprogramm II MdlAnfr 30, 31 06.02.81 Drs 09/139 Prangenberg CDU/CSU Antw PStSekr Grüner BMWi 877 A, B, C, D ZusFr Prangenberg CDU/CSU 877 B, D Nächste Sitzung 877 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 879* A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Februar 1981 861 20. Sitzung Bonn, den 11. Februar 1981 Beginn: 13.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 13. 2. Bahner 11. 2. Brandt * 13. 2. Brunner 13. 2. Dr. Feldmann 11. 2. Dr. Geißler 11. 2. Dr. Hubrig 13. 2. Dr. Köhler (Duisburg) 11. 2. Korber 13. 2. Dr. Langner 11. 2. Dr. Lenz (Bergstraße) 13. 2. Frau Dr. Martiny-Glotz 13. 2. Neumann (Bramsche) 11. 2. Petersen ** 13. 2. Dr. Schroeder (Freiburg) 13. 2. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 13. 2. Dr. von Wartenberg 11. 2. Dr. Wieczorek 13. 2. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
Gesamtes Protokol
Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902000000
Die Sitzung ist eröffnet. Wir treten in die
Fragestunde
— Drucksache 9/139 —
ein.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Penner zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 1 des Herrn Abgeordneten Stutzer auf:
Aus welchen Ländern befinden oder befanden sich nach dem 1. Januar 1980 Soldaten in der Bundesrepublik Deutschland zur zivilen oder militärischen Ausbildung, um wie viele handelt bzw. handelte es sich jeweils?
Bitte schön.

Dr. Willfried Penner (SPD):
Rede ID: ID0902000100
Herr Präsident und Herr Kollege Stutzer, gestatten Sie, daß ich die beiden Fragen im Zusammenhang beantworte?

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902000200
Ja. Dann rufe ich auch die Frage 2 des Herrn Abgeordneten Stutzer auf:
Welche Ausbildungsverträge plant oder bereitet die Bundesregierung darüber hinaus vor?
Dr. Penner, Parl. Staatssekretär: Im Jahre 1980 haben im Rahmen der militärischen Ausbildungshilfe 121 Soldaten aus 29 Ländern ihre Ausbildung abgeschlossen. Viele ältere Projekte laufen auch 1981 weiter. Hinzu kommen Projekte, die erst 1980 begonnen haben. Hier ergibt sich ein aktueller Stand von 219 Soldaten aus 39 Ländern.
Im Rahmen der Ausrüstungshilfe oder im Rahmen rüstungswirtschaftlicher Beziehungen erhalten Soldaten fremder Streitkräfte auch eine Ausbildung in der Bundeswehr oder der Industrie. Gestatten Sie, Herr Kollege Stutzer, daß ich mich hierzu auf die Antwort beziehe, die der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Frau Dr. Hamm-Brücher, auf eine ähnliche Frage des Kollegen Hansen am 13. Januar 1981 erteilt hat; es handelt sich dabei um die Bundestagsdrucksache 9/99.
Auch ich darf, wie in dieser Antwort geschehen, darauf hinweisen, daß mit den Empfängerstaaten von Ausrüstungshilfe Vertraulichkeit vereinbart
wurde. Da aber alle Ausrüstungshilfeprogramme auch dem Auswärtigen Ausschuß zugehen, rege ich an, daß Sie sich wegen der Einsicht in die Unterlagen an das Sekretariat des Auswärtigen Ausschusses wenden.
Ausbildungsunterstützung gegen Kostenerstattung erhielten neben NATO-Staaten auch die Schweiz und Österreich. Außerdem befinden sich noch 31 Marinekadetten aus dem Iran in der Ausbildung.
Zu Ihrer zweiten Frage, Herr Kollege, ist zu sagen, daß 1981 für etwa denselben Empfängerkreis wie 1980 Ausbildungsprogramme fortgeführt beziehungsweise beendet werden. Als Empfängerländer, die bisher noch keine militärische Ausbildungshilfe von der Bundesrepublik Deutschland erhalten haben, treten 1981 Sambia, Senegal, Saudi-Arabien, Syrien und Kolumbien erstmals auf.
Im Rahmen der Ausbildungsunterstützung werden 1981 wie bisher Soldaten aus den Staaten des Bündnisses in der Bundeswehr ausgebildet. Von den nicht der NATO angehörenden Staaten haben bisher Israel, die Schweiz und Österreich Anträge auf Ausbildungsunterstützung gestellt.
Ich bin gern bereit, Herr Kollege Stutzer, Ihnen, falls Sie es wünschen, zu Ihrer persönlichen Information eine detaillierte Statistik über Ausbildungshilfe für 1980/1981 zur Verfügung zu stellen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902000300
Zusatzfrage.

Hans-Jürgen Stutzer (CDU):
Rede ID: ID0902000400
Herr Staatssekretär, gelten die Einschränkungen, die es hier für den Rüstungsexport gibt, nicht für die Ausbildung von Soldaten aus nicht der NATO angehörenden Ländern, oder anders gefragt, werden bei uns Soldaten ausgebildet, die aus sogenannten Spannungsgebieten oder sogar aus Ländern kommen, die sich in einem Kriegszustand befinden, wie z. B. dem Iran?
Dr. Penner, Parl. Staatssekretär: Das ist ein sehr schwieriges Feld, Herr Kollege Stutzer. Es müssen dabei verschiedene Gesichtspunkte bedacht werden. Es kommt nicht von ungefähr, daß solche Ausbildungsleistungen im Benehmen zwischen BMVg und dem Auswärtigen Amt festgelegt werden. Das zeigt schon, daß unterschiedliche Interessen auch der



Parl. Staatssekretär Dr. Penner
Bundesrepublik Deutschland unter einen Hut gebracht werden müssen.

Hans-Jürgen Stutzer (CDU):
Rede ID: ID0902000500
Herr Staatssekretär, wie definieren Sie den Begriff Spannungsgebiet, und kommen die Israelis nicht aus einem Spannungsgebiet?
Dr. Penner, Parl. Staatssekretär: Die Israelis kommen sicherlich aus einem Gebiet, das nicht frei von Komplikationen ist. Das ist bekannt. Das ist auch der Bundesregierung bekannt.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902000600
Keine weiteren Zusatzfragen. Sie hatten schon zwei Zusatzfragen.

Hans-Jürgen Stutzer (CDU):
Rede ID: ID0902000700
Nein, vier Zusatzfragen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902000800
Waren die Fragen zusammengefaßt? — Dann haben Sie noch zwei Zusatzfragen. Bitte schön.

Hans-Jürgen Stutzer (CDU):
Rede ID: ID0902000900
Herr Staatssekretär, werden oder wurden bei uns Soldaten ausgebildet, in deren Heimatländern die Menschenrechte mit den Füßen getreten werden — ich denke bloß an eine Bezeichnung der amerikanischen Administration für die Länder Iran und Südkorea — , das heißt, berücksichtigt die Bundesregierung nicht die innerpolitischen Verhältnisse in den einzelnen Ländern?
Dr. Penner, Parl. Staatssekrektär: Sie können sicher sein, daß die Bundesregierung auch die inner-politische Lage berücksichtigt. Aber wir bestimmen nicht allein darüber, was in anderen Staaten passiert, und es kommt auf Methoden an, wie man gemutmaßten oder tatsächlichen Mißständen in anderen Ländern begegnet.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902001000
Noch eine Zusatzfrage.

Hans-Jürgen Stutzer (CDU):
Rede ID: ID0902001100
Herr Staatssekretär, ist es nicht eine doppelte Moral, wenn Soldaten aus den Ländern, denen Rüstungsexportgüter verweigert werden, hier bei uns ausgebildet werden?
Dr. Penner, Parl. Staatssekretär: Ich räume ein, daß es gerade bei diesem Thema Schwierigkeiten gibt, im Hinblick auf die Maßstäbe konsequent zu sein, die Sie aufgestellt haben. Ich meine, vernünftig verstandene Außenpolitik muß sich auch an dem orientieren, was für die Bundesrepublik Deutschland nützlich erscheint.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902001200
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordnete Jäger (Wangen).

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0902001300
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, wie viele der 29 Staaten nach unseren Maßstäben nicht mehr als demokratisch bezeichnet werden können?
Dr. Penner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jäger, Sie werden verstehen, daß eine Klassifizierung von dieser Stelle aus sehr, sehr schwer zu treffen ist. Sie wissen selbst, daß es in dieser Welt sehr unterschiedliche Qualitäten von Regierungen gibt, und es erscheint der Bundesregierung nicht in allen Fällen angängig, Qualifikationen über Regime dieser oder jener Art zu treffen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902001400
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0902001500
Herr Staatssekretär, können Sie wenigstens sagen, wie viele der 29 Staaten, deren Soldaten hier in der Bundesrepublik ausgebildet werden, gemessen an unseren Vorstellungen, einwandfrei demokratisch sind?
Dr. Penner, Parl. Staatssekretär: Sie können sicher sein, daß wir bemüht sind, besonders denjenigen Ausbildungshilfe zuteil werden zu lassen, die aus unserer Sicht zweifelsfrei demokratisch sind.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902001600
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Kreutzmann zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 3 des Herrn Abgeordneten Werner auf:
Kann die Bundesregierung Pressemeldungen bestätigen (Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. Januar 1981), wonach die DDR neben den Leistungen im Rahmen des sogenannten Freikaufs von politischen Häftlingen zusätzlich Gelder von in der Bundesrepublik Deutschland wohnenden Angehörigen der Inhaftierten gefordert hat bzw. fordert?

Dr. Heinz Kreutzmann (SPD):
Rede ID: ID0902001700
Herr Kollege, die Bundesregierung kann die Meldung der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" nicht bestätigen. Ich habe das dem Kollegen Sauer bereits am 4. Februar 1981 schriftlich mitgeteilt.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902001800
Eine Zusatzfrage, bitte.

Herbert Werner (CDU):
Rede ID: ID0902001900
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß es sich bei der Aussage über derartige Zahlungen um Informationen über die Leistungen von Privatleuten an Organe und Behörden der DDR handelt?
Dr. Kreutzmann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, uns sind derartige Feststellungen nicht bekannt. Es kann sich hierbei nur um die Erfüllung zivilrechtlicher Forderungen handeln, die gegen politische Häftlinge noch vor dem Verlassen der DDR bestanden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902002000
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Sauer.

Helmut Sauer (CDU):
Rede ID: ID0902002100
Herr Staatssekretär Dr. Kreutzmann, kann die Bundesregierung Meldungen bestätigen, daß außer ihr Privatpersonen, z. B. Rechtsanwälte oder andere Institutionen politische Häftlinge von der DDR freikaufen?
Dr. Kreutzmann, Parl. Staatssekretär: Die Meldungen kann ich nicht bestätigen, Herr Kollege Sauer.

(Sauer [Salzgitter] [CDU/CSU]: Danke!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902002200
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger (Wangen).




Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0902002300
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung auf Grund dieser Meldungen in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" Nachforschungen angestellt, um festzustellen, ob Praktiken der dort geschilderten Art bei Personen, die in die Bundesrepublik Deutschland gelangt sind, vorliegen?
Dr. Kreutzmann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jäger, wir haben selbstverständlich solche Nachforschungen angestellt, aber ich darf noch einmal sagen, daß wir keine Bestätigung der Mitteilungen in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" erhalten haben.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902002400
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 4 des Herrn Abgeordneten Sauer (Salzgitter) auf:
Welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung aus den Worten ihres bisherigen Ständigen Vertreters in Ost-Berlin, Gaus, zu ziehen, die er z. B. über den Wissensstand der Mitbürger in der Bundesrepublik Deutschland um die Lage der Bewohner Mitteldeutschlands geäußert hat — siehe Interview in der ZEIT, Nummer 6/1981?
Dr. Kreutzmann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung ist der Meinung, daß der Wissensstand unserer Bevölkerung über die DDR — derjenigen Teile unserer Bevölkerung, die sich ernsthaft für die DDR interessieren — in den letzten Jahren wesentlich verbessert werden konnte. Ich darf darauf hinweisen, daß es eine Vielfalt von Möglichkeiten der Information über die DDR gibt, und möchte einige Beispiele nennen. Man kann im Fernsehen und im Rundfunk jederzeit Sendungen über die DDR ansehen. Man hat die Möglichkeit, sich an Hand der Berichterstattung der Zeitungen aus der Bundesrepublik, die in der DDR Korrespondenten beschäftigen, zu informieren. Man hat darüber hinaus die Möglichkeit, sich Bücher und andere Publikationen, die in der DDR erschienen und die in der Bundesrepublik ebenfalls aufgelegt worden sind, zu besorgen. Teilweise sind sie auch zum erstenmal in der Bundesrepublik erschienen. Wir fördern Reisen nach Berlin, die immer mit Fahrten nach Ost-Berlin verbunden sind; diese Möglichkeiten werden von etwa 300 000 Besuchern im Jahr genutzt. Weiterhin besteht die Möglichkeit, sich an Hand der Veröffentlichungen unseres Hauses über die DDR zu informieren, mit denen wir uns bemühen, durch einen Systemvergleich und auf ähnliche Weise eingehende Informationen zu bieten. Außerdem werden 200 Bildungseinrichtungen in der Bundesrepublik bei der Verbreitung von Kenntnissen deutschlandpolitischer Art in ihrer Bildungsarbeit gefördert.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902002500
Zusatzfrage, bitte.

Helmut Sauer (CDU):
Rede ID: ID0902002600
Herr Staatssekretär, dann darf ich als Oppositionsabgeordneter dankbar verzeichnen, daß die Bundesregierung trotz der Haushaltslage Prioritäten setzt, um auch zukünftige Wochenendseminare für gesamtdeutsche Fragen, Zonenrandbesuche und Berlin-Fahrten zu fördern und verstärkt Broschüren und Filme zu produzieren, damit insbesondere die junge Generation ein ungeschminktes Bild über die Lage in Mitteldeutschland erfahren kann?
Dr. Kreutzmann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Sauer, trotz Kürzungen sind im Haushalt unseres Hauses für die bildungspolitischen Aufgaben zusätzlich 1 Million DM zur Verfügung gestellt worden. Der Haushaltsansatz für die Berlin-Reisen und die Zonengrenzreisen ist ungeschmälert geblieben.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902002700
Eine weitere Zusatzfrage.

Helmut Sauer (CDU):
Rede ID: ID0902002800
Herr Staatssekretär, da die Bundesregierung die Personalzuschüsse zwar nicht beim Kuratorium Unteilbares Deutschland — aus welchen Gründen auch immer —, aber bei anderen Verbänden aus dem Bereich der Flüchtlinge und Vertriebenen entweder gekürzt oder sogar ganz eingestellt hat, möchte ich die Frage stellen, ob die Bundesregierung wenigstens langfristig die Überlegung anstellen könnte, diese Maßnahme nur institutionell zu fördern, zurückzunehmen, damit diese Verbände — ich denke an den Bund der Mitteldeutschen, an den Bund der Vertriebenen, an den Ostdeutschen Kulturrat und ähnliche — in ihrem Bereich durch Personalaufstockung wieder verstärkt Erziehungs- und Informationsmaßnahmen bei der jüngeren Generation durchführen können.
Dr. Kreutzmann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Sauer, der Haushaltsansatz für den Bund der Mitteldeutschen, der eine der wenigen Einrichtungen ist, die von unserem Hause institutionell gefördert werden, ist im Hinblick auf die gestiegenen Personalkosten sogar etwas erhöht worden. Für den übrigen Bereich wird durch unser Haus nur Projektförderung betrieben. Auch hier sind keine wesentlichen Abstriche zu verzeichnen. Die institutionelle Förderung ist in der Regel Sache des Bundesministers des Innern.

(Sauer [Salzgitter] [CDU/CSU]: Danke schön!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902002900
Eine weitere Zusatzfrage, Abgeordneter Jäger (Wangen).

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0902003000
Herr Staatssekretär, könnte der bisherige Staatssekretär Gaus mit den Äußerungen, die der Frage des Kollegen Sauer zugrunde liegen, nicht auch die sehr schleppende und noch sehr unvollständige Durchführung des Beschlusses der Kultusministerkonferenz über die Behandlung der deutschen Frage im Unterricht gemeint haben, und welche Auffassung vertritt dazu die Bundesregierung?
Dr. Kreutzmann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jäger, Sie wissen, daß der Beschluß zur Behandlung der deutschen Frage im Unterricht auf eine Initiative des Bundestagsausschusses für Innerdeutsche Angelegenheiten zurückgeht. Die Bundesregierung hat von Anfang an den Standpunkt vertreten, daß dieser Beschluß durchgesetzt werden sollte. Sie wissen aber auch, daß wir nicht die Möglichkeit haben, den Ländern Vorschriften zu machen, wie sie Beschlüsse des Bundestages im einzelnen in die Tat umsetzen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902003100
Frau Abgeordnete Schlei, wünschen Sie eine Zusatzfrage? — Bitte sehr.




Marie Schlei (SPD):
Rede ID: ID0902003200
Darf ich Sie fragen, Herr Staatssekretär, ob die Zusammenarbeit der Bundesregierung mit den Bundesländern noch verstärkt werden kann? Ich denke an Zuschüsse für Jugendreisen nach Berlin und stelle da die präzise Frage: Hat das Land Bayern inzwischen die Zahlung von Zuschüssen aufgenommen?
Dr. Kreutzmann, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, ich kann dazu nur sagen, daß das Land Bayern für Berlin-Reisen keine Zuschüsse zahlt, im Gegensatz zu fast allen anderen Bundesländern. Diese hatten in den letzten Jahren ihre Leistungen vielfach sogar verbessert.

(Zuruf des Abg. Sauer [Salzgitter] [CDU/ CSU])


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902003300
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Müller.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0902003400
Herr Staatssekretär, welche Bundesländer haben ihre Mittel in diesem Zusammenhang gekürzt?
Dr. Kreutzmann, Parl. Staatssekretär: Das kann ich Ihnen nicht aus dem Handgelenk sagen, Herr Kollege.

(Frau Steinhauer [SPD]: Wenn man nichts zahlt, kann man nichts kürzen! — Heiterkeit)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902003500
Keine weiteren Zusatzfragen?
Dann kommen wir zu der Frage aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Zur Beantwortung der Frage steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Kuhlwein zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 5 des Herrn Abgeordneten Herberholz auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß das Kultusministerium des Landes Rheinland-Pfalz bei Bewerbern um eine Referendarstelle für das Lehramt an Realschulen weder das an hessischen Universitäten abzulegende Erste Staatsexamen für das Lehramt an Haupt- und Realschulen, noch das nordrhein-westfälische Erste Staatsexamen für das Lehramt der Sekundarstufe I anerkannt und die Zulassung der betroffenen Bewerber ablehnt, und welche Möglichkeit sieht die Bundesregierung für eine möglichst baldige gegenseitige Anerkennung vergleichbarer Abschlüsse, um Härtefälle zu lösen beziehungsweise zu verhindern?

Eckart Kuhlwein (SPD):
Rede ID: ID0902003600
Herr Kollege, die vom Kultusministerium des Landes RheinlandPfalz getroffene Entscheidung ist nach meinen Erfahrungen kein Einzelfall. Nach geltendem Recht besteht für die Bundesregierung keine Möglichkeit, auf das rheinland-pfälzische Kultusministerium einzuwirken, die beanstandete Entscheidung aufzuheben, die ich in der Sache außerordentlich bedauere.
Die Überwindung der Anerkennungsprobleme ist im Interesse einer verbesserten Mobilität der Lehrkräfte und zur Verringerung der auf dem Lehrerarbeitsmarkt aufgetretenen Schwierigkeiten dringend erforderlich. Die Bundesregierung hat in ihrem Bericht über die strukturellen Probleme des föderativen Bildungssystems vom 22. Februar 1978 — Bundestagsdrucksache 8/1551 — ausdrücklich auf die
Probleme hingewiesen, die sich aus der unterschiedlichen Anerkennungspraxis bei Lehramtsabschlüssen ergeben, und auf die Notwendigkeit von Verbesserungen aufmerksam gemacht.
Die Regierungen der Länder haben zu diesem Bericht Stellung genommen und zu dieser Frage unter anderem ausgeführt, daß eine die Anerkennung sichernde Regelung notwendig ist. Gemeint sind einheitliche Rahmenbedingungen. Die von den Ländern zugesagten Vereinbarungen sind bisher leider noch nicht abgeschlossen worden. Dies hat die Bundesregierung in ihrer Antwort vom 26. August 1980 auf die Kleine Anfrage der Fraktionen der SPD und FDP zum Bildungsföderalismus — Bundestagsdrucksache 8/4458 — festgestellt.
Unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Länderberatungen wird zu entscheiden sein, wie im Rahmen bereits jetzt bestehender dienstrechtlicher Bundeskompetenzen die Voraussetzungen für eine gegenseitige Anerkennung vergleichbarer Abschlüsse im öffentlichen Dienst verbessert werden können.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902003700
Zusatzfrage, bitte.

Ralph Herberholz (SPD):
Rede ID: ID0902003800
Herr Staatssekretär, stimmt die Bundesregierung mit mir darin überein, daß Studenten, die das Erste Staatsexamen für ein Lehramt in der Sekundarstufe I bereits abgelegt haben oder in absehbarer Zeit ablegen werden, zum Zeitpunkt ihres Studienbeginns die heutige rheinland-pfälzische Einstellungspraxis noch nicht voraussehen konnten, und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, zu Regelungen zu gelangen, die den Betroffenen den von ihnen gewünschten Abschluß ihrer Ausbildung als Realschullehrer auch in Rheinland-Pfalz ermöglichen?
Kuhlwein, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung kann sich nicht zum Zensor über Entscheidungen von Landesregierungen aufwerfen. Die Bundesregierung hält es aber insgesamt für notwendig, daß auch diese besonderen Härtefälle in einer gemeinsamen Vereinbarung geregelt werden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902003900
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.

Ralph Herberholz (SPD):
Rede ID: ID0902004000
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß die Nichtanerkennung hessischer und nordrhein-westfälischer Staatsexamen für die Lehrämter in der Sekundarstufe I durch die Landesregierung in Rheinland-Pfalz gegen die Verfassungsgebote der freien Wahl des Arbeitsplatzes und der Freizügigkeit verstößt?
Kuhlwein, Parl. Staatssekretär: Hier beißen sich Verfassungsbestimmungen. Die Bundesregierung wird prüfen, ob man unter Hinzuziehung der von Ihnen genannten Grundgesetzartikel hier etwas energischer Druck für das Zustandekommen der Vereinbarung erzeugen kann. Auf der anderen Seite ist die Entscheidung des Landes Rheinland-Pfalz auf der Kulturhoheit der Länder begründet, und die Bun-



Parl. Staatssekretär Kuhlwein
desregierung kann den Ländern insoweit keine Vorschriften machen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902004100
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Pauli.

Günter Pauli (SPD):
Rede ID: ID0902004200
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung meine Befürchtung, daß wir in Zukunft unterschiedliche Ausbildungs- und Studiengänge auch in anderen Fachrichtungen erwarten müssen, wenn dieser Vorgang Schule macht, und welche Möglichkeit sieht sie, einer solchen Entwicklung vorzubeugen?
Kuhlwein, Parl. Staatssekretär: Es gibt eine ganze Reihe von Problemen, die sich aus der Auseinanderentwicklung der Bildungssysteme in den einzelnen Bundesländern ergeben. Die Bundesregierung sieht es als ständige Aufgabe an, hier zu einer besseren Abstimmung und Übereinstimmung zu kommen.

Günter Pauli (SPD):
Rede ID: ID0902004300
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung meine Auffassung, — —

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902004400
Herr Abgeordneter, Sie haben nur eine Zusatzfrage.

(Pauli [SPD]: Oh, Entschuldigung!)

— Bitte schön. — Herr Abgeordneter Dreßler, bitte sehr.

Rudolf Dreßler (SPD):
Rede ID: ID0902004500
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung auch die Tatsache bekannt, daß das Land Rheinland-Pfalz Bewerber um eine Stelle als Realschullehrer, die die zweite nordrhein-westfälische Staatsprüfung für das Lehramt der Sekundarstufe I vorweisen können, ebenfalls ablehnt, und welche Möglichkeiten sieht unter diesen erschwerenden Umständen die Bundesregierung für eine baldige Anerkennung vergleichbarer zweiter Staatsexamen?
Kuhlwein, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung kann nur wiederholen, daß sich die Lehrerausbildung in den Bundesländern in den letzten zehn Jahren auseinanderentwickelt hat, daß wir unterschiedliche Systeme in der Lehrerausbildung haben und daß die unionsregierten Länder bisher erheblichen Widerstand leisten, die nach dem neuen Konzept der Stufenausbildung in sozialliberal regierten Ländern entwickelte Lehrerausbildung zu akzeptieren.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902004600
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Brück zur Verfügung.
Wir kommen zunächst zur Frage 6 des Herrn Abgeordneten Dr. Müller:
Wie hoch ist die Entwicklungshilfe der Bundesrepublik Deutschland an die sandinistische Regierung von Nicaragua?

Alwin Brück (SPD):
Rede ID: ID0902004700
Herr Kollege Müller, für Nicaragua sind seit dem Sturz des Somoza-Regimes zum Jahresende 1980 61,5 Millionen DM für finanzielle Zusammenarbeit, 33,6 Millionen DM für technische Zusammenarbeit und etwa 1 Million DM für sonstige Hilfen sowie etwa 2 Millionen DM humanitäre Hilfe zugesagt worden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902004800
Eine Zusatzfrage, bitte.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0902004900
Herr Staatssekretär, kann die Regierung in Nicaragua über die 61,5 Millionen DM, die Sie als finanzielle Hilfe bezeichnet haben, hinsichtlich der Verwendung frei verfügen?
Brück, Parl. Staatssekretär: Nein, Herr Kollege Müller, sie kann über keine einzige Mark frei verfügen. Ein Teil dieser Gelder ist an Projekte gebunden, der andere Teil ist als Warenhilfe gegeben worden. Die Regierung in Nicaragua kann dafür aber nur bestimmte Güter einführen; eine Reihe von Gütern sind ausgeschlossen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902005000
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0902005100
Sind unter diesen Gütern auch Lastkraftwagen, die der Ausrüstung des Milizheeres dienen?
Brück, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Müller, nach den mir vorliegenden Angaben sind für diese Gelder bisher Düngemittel und landwirtschaftliche Geräte gekauft worden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902005200
Keine weitere Zusatzfrage. — Ich rufe die Frage 7 des Herrn Abgeordneten Dr. Müller auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, ob die Regierung von Nicaragua mit Hilfe der ausländischen Kapitalhilfe in erster Linie die Bewaffnung eines 300 000 Mann starken Milizheers finanzierte?
Brück, Parl. Staatssekretär: Über den Aufbau eines Milizheeres liegen hier keine Informationen vor. Die Mittel der deutschen finanziellen Zusammenarbeit — das habe ich eben schon auf Ihre Zusatzfrage gesagt — werden zweckgebunden gewährt. Sie können nicht für Rüstungszwecke verwendet werden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902005300
Eine Zusatzfrage, bitte.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0902005400
Herr Staatssekretär, eignet sich ein für die Landwirtschaft gelieferter Unimog nicht hervorragend zur Ausrüstung eines Milizheeres?
Brück, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Müller, ich kann natürlich nicht ausschließen, daß man dafür auch Traktoren einsetzt. Ebensowenig kann ich ausschließen, daß man beispielsweise Hosenknöpfe an Uniformen näht. Aber wir legen ausdrücklich Wert darauf, daß mit unseren Mitteln keine Rüstungsgegenstände, die als solche klar zu erkennen sind, finanziert werden können.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902005500
Eine weitere Zusatzfrage.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0902005600
Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, eine politische Bewertung abzugeben, ob für ein Entwicklungsland wie Nicaragua die Aufstellung eines 300000-Mann-Heeres sinnvoll ist?



Brück, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Müller, ich habe keine Informationen darüber, daß es in Nicaragua ein solches 300 000- Mann-Heer geben wird. Ich kann nur grundsätzlich sagen: Ich bin der Auffassung, daß Entwicklungsländer ihr Geld besser für die Entwicklung ihres Landes ausgeben, als für Rüstung.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902005700
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger (Wangen).

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0902005800
Herr Staatssekretär, da der Kollege Dr. Müller auch ganz generell nach der Kapitalhilfe ausländischer Staaten für Nicaragua gefragt hat, möchte ich die Zusatzfrage stellen, ob der Bundesregierung bekannt ist, daß auch die Kapitalhilfe anderer Staaten an Nicaragua unter Konditionen gegeben wird, die eine Zweckentfremdung in dem vom Kollegen Müller vermuteten Sinne unmöglich machen.
Brück, Parl. Staatssekretär: Nach den vorliegenden Informationen ist es so, daß zumindest die Staaten der OECD keine Hilfe gegeben haben, die für militärische Zwecke genutzt werden könnte.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902005900
Weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Regenspurger.

Otto Regenspurger (CSU):
Rede ID: ID0902006000
Herr Staatssekretär, nachdem Sie keine Information über ein Milizheer von 300 000 Mann haben: Ist die Bundesregierung bereit, sich diese Information gegebenenfalls zu beschaffen und — wenn das zutreffen sollte — entsprechende Konsequenzen auch für die Entwicklungshilfe zu ziehen?
Brück, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die deutsche Botschaft in Managua hat keinerlei Berichte darüber geliefert. Sie können davon ausgehen, daß wir die Entwicklungen in Nicaragua sorgfältig beobachten. Sollten die Militärausgaben eines Entwicklungslandes überhaupt das Maß übersteigen, das noch einigermaßen sinnvoll ist, dann würden daraus natürlich entwicklungspolitische Konsequenzen gezogen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902006100
Keine weiteren Zusatzfragen. —
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Böhme zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 9 des Herrn Abgeordneten Clemens auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß durch die von ihr beabsichtigte Besteuerung von Methanol und Isopropylalkohol die deutschen Aerosolhersteller und Produzenten von Frostschutz-, Insekten-
und Schönheitssprays in ihrer Wettbewerbsfähigkeit mit ausländischen Importeuren erheblich benachteiligt werden?

Dr. Rolf Böhme (SPD):
Rede ID: ID0902006200
Ich bitte des Zusammenhangs wegen, beide Fragen zusammen beantworten zu können.

(Clemens [CDU/CSU]: Einverstanden!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902006300
Ich rufe auch die Frage 10 des Herrn Abgeordneten Clemens auf:
Hat die Bundesregierung berücksichtigt, daß der durch die Besteuerung von Methanol und Isopropylalkohol zu erwartende Umsatzrückgang der deutschen Aerosolindustrie zu einer Steigerung der Arbeitslosenzahlen führen kann?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung ist nicht der Auffassung, daß die vorgesehene Besteuerung von Methanol und Isopropanol in kosmetischen Erzeugnissen dazu führen wird, inländische Hersteller im Wettbewerb mit ausländischen zu benachteiligen. Kosmetische Erzeugnisse, die im Ausland hergestellt sind und solche Alkohole enthalten, werden bei der Einfuhr besteuert.
Frostschutz- und Insektensprays bleiben auch dann von der Besteuerung ausgenommen, wenn sie Alkohol enthalten, weil es sich dabei nicht um kosmetische Erzeugnisse handelt. Die Produzenten von Frostschutz- und Insektensprays werden somit von der Besteuerung überhaupt nicht berührt, so daß insoweit Ihre Frage nach Umsatzrückgängen gegenstandslos ist.
Die Bundesregierung ist im übrigen bei ihrer Entscheidung davon ausgegangen, daß es zu keinen spürbaren Umsatzeinbußen in der kosmetischen, Isopropylalkohol verarbeitenden Industrie kommen wird. Wenn es zutrifft, was die kosmetische Industrie bisher selbst vorgetragen hat, nämlich daß die nunmehr wirtschaftlich mögliche Verwendung von Äthylalkohol an Stelle von Isopropylalkohol zu einer merkbaren Qualitätsverbesserung der Produkte führen wird, so kann darin umgekehrt sogar eine Chance liegen.
Diese Fragen werden in einem Hearing des Deutschen Bundestages, das heute nachmittag stattfinden wird, ausführlich erörtert. Bei der endgültigen Beurteilung wird schließlich auch zu beachten sein, daß die Erhöhung der Steuer auf Äthanol zu kosmetischen Zwecken dazu dienen soll, die Haushaltseinnahmen des Bundes zu vermehren, und dazu beitragen soll, seine Nettokreditaufnahme zu begrenzen.
Die Besteuerung von Isopropylalkohol verfolgt das gleiche Ziel. Außerdem bedeutet die Einbeziehung dieses in der kosmetischen Industrie verwendeten Substitionsalkohols eine Gleichstellung mit dem Äthylalkohol, welcher bisher schon besteuert und ebenfalls in der Kosmetikindustrie eingesetzt war. Die einheitliche Festsetzung der Steuern führt somit künftig zu einer Wettbewerbsgleichheit.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902006400
Zusatzfrage, bitte.

Joachim Clemens (CDU):
Rede ID: ID0902006500
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß die belgische Regierung die Besteuerung des Isopropylalkohols im Jahre 1980 eingeführt und schon nach wenigen Monaten wieder rückgängig gemacht hat?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Dieser Sachverhalt ist der Bundesregierung natürlich bekannt, wie der Bundesregierung auch der Sachverhalt bekannt ist, daß in den wichtigsten Herstellerländern von kosmetischen Produkten, vor allem Frankreich und auch Italien, die Verwendung von Isopropylalkohol für derartige Produkte gänzlich verboten ist. Die Situation innerhalb der EG ist also sehr unterschied-



Parl. Staatssekretär Dr. Böhme
lieh. Dies spielt insofern auch keine Rolle, weil die Produkte bei der Einfuhr ja besteuert werden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902006600
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.

Joachim Clemens (CDU):
Rede ID: ID0902006700
Glaubt die Bundesregierung, daß durch die Besteuerung dieses Isopropylalkohols und eine Verteuerung der Produkte von bis zu 200 % hier in der Bundesrepublik keine Wettbewerbsnachteile gegenüber ausländischen Konkurrenten — wenn nicht Importeuren, dann aber ausländischen Herstellern — entstehen?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Nein, Herr Kollege. Ich sagte doch vorhin schon, daß die Produkte bei der Einfuhr besteuert werden, so daß hier die Wettbewerbsgleichheit erst hergestellt wird. Im Inland ist die Situation j a die, daß die Produkte, die mit Äthylalkohol hergestellt worden sind, bisher mit der Steuer belastet waren, während Isopropylalkoholprodukte dies nicht waren. Insofern ist die jetzige Gleichbehandlung in der Neuregelung nichts anderes als die Herstellung von Wettbewerbsgleichheit.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902006800
Eine weitere Zusatzfrage.

Joachim Clemens (CDU):
Rede ID: ID0902006900
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, dann frage ich Sie, warum die belgische Regierung die Besteuerung dieses Alkohols wieder aufgegeben hat. Ist der Bundesregierung das bekannt?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Ich kann hier im einzelnen nicht die belgische Situation bewerten. Ich will dies auch nicht; dies steht der Bundesregierung nicht zu. Wir haben unsere Marktverhältnisse jedenfalls sehr genau überprüft, vor allem auch im Hinblick auf die wichtigsten Produzentenländer von kosmetischen Erzeugnissen wie Italien und Frankreich. Dort ist die Rechtslage so, wie ich sie geschildert habe.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902007000
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Funke.

Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID0902007100
Herr Staatssekretär, woher nehmen Sie die Vermutung, daß es zu keiner Umsatzeinbuße kommen wird, wenn die Besteuerung von Isopropylalkohol erfolgt? Sie haben zur Begründung der Erhöhung der Mineralölsteuer gesagt, durch die höhere Besteuerung sei ein geringerer Umsatz zu erwarten. Warum soll dies bei diesen Produkten, die sich j a z. T. bis zu 200 % verteuern, nicht der Fall sein?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Ich habe vorhin nicht behauptet, daß bei den Isopropylalkoholprodukten eine Umsatzeinbuße nicht unbedingt zu erwarten ist. Sie ist in der Tat nicht auszuschließen. Worauf ich aber hingewiesen habe, ist, daß einmal Isopropylalkohol jetzt in der Besteuerung gleichgestellt und damit die Wettbewerbsgleichheit hergestellt wird und daß zum anderen Athylalkoholprodukte, also Naturalkoholprodukte, in ihrer Wettbewerbsfähigkeit verbessert werden. Das hat gleichzeitig auch eine Qualitätsverbesserung zur Folge.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902007200
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Ich darf vielleicht noch hinzufügen, daß diese Fragen natürlich jetzt im Hearing eine große Rolle spielen werden. Die Argumente, die dort vorgetragen werden, sind im Finanzausschuß des Deutschen Bundestages, der am Freitag die Entscheidung trifft, natürlich genau abzuwägen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902007300
Das war ein Nachschlag des Finanzministeriums. Es ist etwas ganz Außergewöhnliches, daß es beim Finanzministerium einen Nachschlag gibt.

(Heiterkeit)

Ich rufe Frage 11 des Herrn Abgeordneten Dreßler auf:
Ist die Bundesregierung bereit zuzugestehen, daß die Zahlung der Erhöhung der nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) zu zahlenden Entschädigungsrenten mit bis zu einjähriger Verspätung für die Empfangsberechtigten unzumutbar ist, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Auch hier bitte ich des Zusammenhangs wegen, beide Fragen zusammenhängend beantworten zu dürfen.

(Dreßler [SPD]: Bitte!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902007400
Dann rufe ich auch Frage 12 des Herrn Abgeordneten Dreßler auf:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um den Anspruchsberechtigten zukünftig, unter Berücksichtigung des sowieso aufgeführten Leistungsvorbehalts, die Erhöhungen in einem zeitlichen Rahmen zukommen zu lassen, der, wie bei anderen Rentenempfängern auch, den Anspruchstermin und Auszahlungstermin deckungsgleich macht?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Die Anpassung der Renten nach dem Bundesentschädigungsgesetz ist an die jeweiligen Verbesserungen der Beamtenbezüge gekoppelt. Sie hat sich in den vergangenen Jahren leider aus mehreren unvermeidbaren Gründen verzögert.
Einmal wurden die Rechtsgrundlagen für die Rentenanpassungen, d. h. die entsprechenden Besoldungsänderungsgesetze, erst verhältnismäßig spät geschaffen und wirksam. So ist z. B. das Bundesbesoldungs- und -versorgungserhöhungsgesetz 1980 erst am 22. August 1980 verkündet worden.
' Zum anderen erforderte das gesetzlich im einzelnen festgelegte komplizierte Anpassungsverfahren eine eingehende Abstimmung mit den Ländern, die rund die Hälfte der Entschädigungslasten tragen.
Hauptursache für den Zeitabstand zwischen dem rückwirkenden Inkrafttreten der Rentenerhöhungen und der tatsächlichen Auszahlung der erhöhten Rentenbeträge war jedoch, daß einige der Interessenverbände der Verfolgten, denen die Entwürfe der BEG-Rentenverordnungen für das Jahr 1980 zur Stellungnahme zugeleitet worden sind, wiederholt um Verlängerung der Äußerungsfrist gebeten und sodann umfangreiche Änderungs- und Ergänzungswünsche vorgelegt haben, die eine eingehende und zeitraubende Prüfung durch Bund und Länder erforderten.
Die Bundesregierung hat jetzt zur Beschleunigung des Anpassungsverfahrens die Länder dafür gewinnen können, daß diese die Renten schon vor Inkrafttreten der jeweiligen Änderungsverordnung umstellen und die erhöhten Beträge unter einem Leistungsvorbehalt auszahlen. Hierdurch konnte



Parl. Staatssekretär Dr. Böhme
der Zeitabstand insbesondere zu den Abschlägen auf die Besoldungserhöhungen verringert werden.
Eine weitere Beschleunigung des Verfahrens ist auch dadurch zu erwarten, daß nach einer kürzlichen Absprache zwischen den beteiligten obersten Bundes- und Landesbehörden die Fristen für Stellungnahmen der Verfolgtenverbände künftig kürzer bemessen und nicht mehr verlängert werden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902007500
Eine Zusatzfrage, bitte.

Rudolf Dreßler (SPD):
Rede ID: ID0902007600
Herr Staatssekretär, da die letzte Zahlung mit einer zwölfmonatigen Verspätung nach Zuspruch erfolgte — am 1. Januar 1981 —, darf ich Sie fragen, ob die Bundesregierung unter diesem Gesichtspunkt die intervenierenden Verbände auf diesen, nach meinem Verständnis, Unzumutbarkeitsfall hingewiesen hat und welche Haltung die intervenierenden Verbände nach Ihren Informationen dazu eingenommen haben.
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Wie ich schon ausführen konnte, ist eine Vereinbarung getroffen worden, wonach die Einlassungsfrist dieser Verbände künftig verkürzt wird. Damit ist auch sichergestellt, daß diese Äußerungsfristen nicht mehr verlängert werden. Dies vor allem hat in der Vergangenheit dazu geführt, daß sich die Anpassungszeiten so gravierend verlängert haben.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902007700
Weitere Zusatzfrage.

Rudolf Dreßler (SPD):
Rede ID: ID0902007800
Herr Staatssekretär, da bisher eine Intervention von Verbänden zu solchen unverhältnismäßig langen Verzögerungen geführt hat: Wie ist die Meinung des Bundesministeriums der Finanzen im Hinblick auf die Möglichkeit, wegen des auch von Ihnen bereits erwähnten Leistungsvorbehalts die Erhöhungen gleichwohl auszuzahlen?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Dies ist nicht nur eine Frage an den Bund und an den Bundesfinanzminister, sondern auch an die Länder. Hier sind die Anpassungsvorgänge außerordentlich kompliziert. Diese Regelungen gehen auf eine internationale Vereinbarung der Bundesregierung mit der Conference on Jewish Material Claims against Germany aus dem Jahre 1952 zurück. Dort sind die Regelungen festgelegt worden. Daran fühlt sich die Bundesregierung gebunden — natürlich auch die Länder. Aber durch die jetzige Regelung, durch die die Einlassungsfrist der betroffenen Verbände verkürzt und auch nicht mehr verlängert wird, ist der Hauptgrund für die Verzögerungen ausgeschaltet.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902007900
Eine weitere Zusatzfrage.

Rudolf Dreßler (SPD):
Rede ID: ID0902008000
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, um welche Verbände der Verfolgten es sich im einzelnen handelt, die diese wiederholten Verlängerungen der Fristen beantragt haben?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Dies kann ich Ihnen jetzt, aus dem Handgelenk, im einzelnen nicht beantworten. Ich kann nur darauf verweisen, daß es mehrere dieser beteiligten Verbände gewesen sind.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902008100
Weitere Zusatzfrage.

Rudolf Dreßler (SPD):
Rede ID: ID0902008200
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, ob der Bundesregierung die Anzahl — oder eine ungefähre Zahl — der Leistungsempfänger bekannt ist, die wegen der Verzögerungen aus naheliegenden Gründen gar nicht mehr in den Genuß der Erhöhungen kommen können?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Nein, dies kann ich Ihnen leider nicht sagen. Ich werde mich bemühen, dies festzustellen, und hoffe, das dann schriftlich nachreichen zu können.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902008300
Keine weiteren Zusatzfragen.
Die Frage 13 und die Frage 14 des Herrn Abgeordneten Dr. Jahn (Münster) werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 15 des Herrn Abgeordneten Böhm (Melsungen) auf:
Hält die Bundesregierung die neuen Pauschbeträge von 40 DM für Pakete und 30 DM für Päckchen an Verwandte in der DDR, die bei der Einkommen- und Lohnsteuer geltend gemacht werden können, für ausreichend, oder ist eine weitere Erhöhung der Pauschbeträge vorgesehen?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung hält die von Ihnen genannten Beträge von 40 DM und 30 DM für die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung von Aufwendungen für Pakete und Päckchen an Verwandte und sonstige Angehörige in der DDR für ausreichend. Diese Beträge sind anzusetzen, wenn lediglich die Versendung nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird. Sie sind ab 1. Januar 1981 um jeweils 10 DM höher als die für frühere Sendungen anzuerkennenden Beträge. Eine weitere Anhebung ist nach Auffassung der Bundesregierung und der obersten Finanzbehörden der Länder, denen die Verwaltung der Einkommensteuer obliegt, nicht geboten. Nachweislich höhere Aufwendungen können in tatsächlicher Höhe bis zum gesetzlichen Höchstbetrag von 3 600 DM für jede unterhaltene Person einkommensmindernd abgezogen werden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902008400
Zusatzfrage, bitte.

Wilfried Böhm (CDU):
Rede ID: ID0902008500
Herr Staatssekretär, teilen Sie nicht meine Auffassung, daß der Einzelnachweis für tatsächlich höhere Aufwendungen als 40 bzw. 30 DM eine enorme bürokratische Belastung sowohl des Antragstellers als auch der Finanzbehörden ist?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Das kann ich nicht bestätigen. Wir haben jetzt die Pauschbeträge von 30 und 40 DM, die ich vorhin genannt habe. Diese Beträge sind im Regelfall ausreichend. Im übrigen gilt die geschilderte normale gesetzliche Regelung.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902008600
Herr Abgeordneter Böhm, darf ich darauf aufmerksam machen, daß Ihre Frage „Teilen Sie nicht meine Auffassung... " ungefähr der Fragestellung entspricht, die bei Robert Lemke in „Was bin ich?" häufig zur Irreführung der Befrag-



Präsident Stücklen
ten verwandt wird. Ich bitte also, zu fragen, ob die Bundesregierung die Auffassung teile.

(Böhm [Melsungen] [CDU/CSU]: Sehr wohl, Herr Präsident!)

Eine weitere Zusatzfrage, bitte.

Wilfried Böhm (CDU):
Rede ID: ID0902008700
Teilen Sie meine Auffassung, daß die Versorgungslage in der DDR manche Familien in der Bundesrepublik dazu zwingt, bis zu fünf und sechs Pakete monatlich in die DDR zu senden, und daß dann die Kosten dafür doch eine sehr hohe Belastung bedeuten?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Dies will und kann ich nicht ausschließen. In diesen Fällen wird es aber auch keine Mühe bereiten, einen Einzelnachweis zu erbringen. Wie gesagt, Aufwendungen bis zu 3 600 DM können dann abgezogen werden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902008800
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger (Wangen).

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0902008900
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, auf welche Weise ist die Bundesregierung denn zu den neuen erhöhten Pauschsätzen gekommen, die ja in etwa einen Erfahrungswert ausgleichen sollen, um eben gerade dadurch im Normalfall den bürokratischen Aufwand zu vermeiden, und sind irgendwelche Erhebungen angestellt worden, die zu einem Durchschnittswert der Pakete und Päckchen in gerade dieser Größenordnung geführt haben?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, dies sind, wie Sie mit Recht sagen, Erfahrungssätze, die nach der Praxis, die bei den Finanzämtern bekannt ist, festgesetzt worden sind. Die Pauschsätze sind jetzt zum 1. Januar 1981 im gegenseitigen Einvernehmen und auf der Grundlage jener Werte aus der Praxis angehoben worden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902009000
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 16 des Herrn Abgeordneten Böhm (Melsungen) auf:
Ist die Bundesregierung bereit, für Geschenksendungen nicht nur an Verwandte in der DDR, sondern auch an Freunde und Bekannte dem Absender in der Bundesrepublik Deutschland steuerliche Erleichterungen zu gewähren?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Aufwendungen für Pakete und Päckchen an Personen, die nicht zu den Verwandten und sonstigen Angehörigen des Steuerpflichtigen gehören, können nach geltendem Recht nur dann als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig erwachsen. Unterhaltsaufwendungen können danach nach § 33 a des Einkommensteuergesetzes und der dazu ergangenen ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes nur bei Unterstützung von Verwandten und sonstigen Angehörigen als zwangsläufig entstanden anerkannt werden. Dies gilt unabhängig davon, wo der Empfänger der Aufwendungen lebt. Deshalb kann für Geschenksendungen an Freunde und Bekannte in der DDR eine Ausnahme von der gesetzlichen Vorschrift nicht in Betracht kommen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902009100
Eine Zusatzfrage, bitte.

Wilfried Böhm (CDU):
Rede ID: ID0902009200
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß es zum Zusammenhalt der Menschen in beiden Teilen Deutschlands beitragen könnte, wenn die Bundesregierung sich zu einem solchen Schritt entschließen könnte, und daß es wesentlich besser ist, den Landsleuten in Mitteldeutschland auf diese Weise im direkten persönlichen Kontakt zu helfen, als der dortigen Regierung Milliardenbeträge zu ihrer Verwendung zur Verfügung zu stellen?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe in meiner Antwort vorhin ausgeführt, nach welcher gesetzlichen Regelung die Unterstützung von Verwandten durch Päckchensendungen möglich ist. Diese gesetzliche Regelung hat mit darüber hinausgehenden deutschlandpolitischen Initiativen, glaube ich, nichts zu tun. Wenn Sie diesen Zustand ändern wollen, müßte eine entsprechende gesetzliche Änderung vorgenommen werden. Ich habe hier die Verwaltungsübung und das geltende Recht geschildert.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902009300
Eine weitere Zusatzfrage.

Wilfried Böhm (CDU):
Rede ID: ID0902009400
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, darf ich aus Ihrer Antwort schließen, daß die Bundesregierung nicht bereit ist, eine entsprechende gesetzliche Initiative zu ergreifen?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Eine solche gesetzliche Regelung ist bisher im Parlamentarischen Raum nicht erwogen worden. Auch von der Bundesregierung ist sie bisher nicht erwogen worden. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß eine solche Regelung dann natürlich keine Ausnahmeregelung für die DDR sein könnte, sondern insgesamt Geltung beanspruchen müßte.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902009500
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger (Wangen).

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0902009600
Herr Kollege Böhme, da ich ja wohl unterstellen darf, daß Sie meine Auffassung teilen, daß die Sendung von Paketen und Päckchen auch an Nichtangehörige zumindest die Zweckbestimmung der Mildtätigkeit als solche erfüllt, frage ich Sie, ob die Bundesregierung bereit ist, nach Wegen und Methoden zu forschen — und diese dann notfalls auch der Verwaltung und den betroffenen Bevölkerungskreisen mitzuteilen —, die es ermöglichen würden, diese Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastung, sondern unter Umständen als Sonderausgaben, als eine Art Spende für mildtätige Zwecke steuerlich geltend zu machen.
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, diese Möglichkeit sehe ich nicht. Derartige Aufwendungen sind systematisch und dogmatisch immer als außergewöhnliche Belastung qualifiziert und eingestuft worden. Es ergäbe sich sonst eine völlige Veränderung der bisherigen Rechtslage. Im Hinblick auf die Möglichkeiten, die jetzt schon bestehen, sehe ich dazu keine Notwendigkeit.




Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902009700
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 17 des Herrn Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) auf:
Trifft es zu, daß mit der geplanten KWG-Novelle zum Abbau von Subventionen und sonstigen Vergünstigungen die Sparkassen — wie in der Zeitschrift „Sparkasse", Nummer 1/1981, Seite 7, festgestellt wird — bei der Gesamtsteuerbelastung gegenüber den Großbanken entscheidend benachteiligt werden, am dargestellten Beispiel und unter bestimmten Annahmen mit 62,5 v. H. gegenüber 47,6 v. H.?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Durch das von der Bundesregierung vorgeschlagene Subventionsabbaugesetz sollen unter anderem die Steuersätze der Sparkassen geändert werden. Es trifft nicht zu, daß die Sparkassen dadurch gegenüber den Großbanken steuerlich benachteiligt werden. Im Gegenteil: Durch die vorgesehene Regelung soll erreicht werden, daß künftig gleiche Wettbewerbsbedingungen bestehen.
Abgesehen davon, daß Steuerlastvergleiche zur Ermittlung von Steuersätzen überhaupt zweifelhaft sind, muß die Berechnung der Sparkassen in zwei Punkten ergänzt werden. Einmal geht es darum, daß die Großbanken im Gegensatz zu den Sparkassen Beteiligungen besitzen. Bezüglich dieser Beteiligungen sind die Großbanken im allgemeinen von der Vermögensteuer und der Gewerbesteuer freigestellt und können die auf der Vorstufe gezahlte Körperschaftsteuer anrechnen. Dadurch ergibt sich für sie eine geringere Steuerzahllast; dies ist richtig. In einen echten Belastungsvergleich muß aber die Vorbelastung mit Körperschaftsteuer, Vermögensteuer, Gewerbesteuer auf der Stufe der Gesellschaft, an der die Beteiligung besteht, mit einbezogen werden.
Zum anderen geht es um die Körperschaftsteuerbelastung der ausgeschütteten Gewinne der Großbanken. Entscheidend ist hierbei die Steuerbelastung des im Wettbewerb eingesetzten Gewinns; das ist der einbehaltene Gewinn. Der ausgeschüttete Gewinn steht der Körperschaft grundsätzlich nicht mehr zur Verfügung und muß unter diesem Gesichtspunkt bei einem Vergleich der Steuerbelastung ausscheiden. Wird er dennoch bei dem Vergleich mit berücksichtigt, ist seine endgültige Steuerbelastung beim Anteilseigner zugrunde zu legen, die regelmäßig erheblich über 36 °A) liegen dürfte.
Wird bei der Berechnung der Steuerbelastung der Großbanken einerseits die steuerliche Vorbelastung der Beteiligungen und ihrer Erträge und andererseits die volle steuerliche Belastung der ausgeschütteten Gewinne bei den Anteilseignern berücksichtigt, so kann die behauptete Benachteiligung der Sparkassen nicht bestätigt werden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902009800
Zusatzfrage, bitte.

Prof. Dr. Max Kunz (CSU):
Rede ID: ID0902009900
Herr Staatssekretär, warum hält dann eigentlich die Bundesregierung an ihrem Konzept fest — trotz der Tatsache, daß die Sparkassen, aber auch die Kreditgenossenschaften gerade im ländlichen Raum eine beachtliche Funktion in der Finanzierung der kommunalen Projekte, im Wohnungsbau, in der mittelständischen Wirtschaft, erfüllen, die sie nach eigenem Bekunden künftig wegen unzureichenden Eigenkapitals und damit zu geringen Haftungskapitals nicht mehr ausreichend erfüllen können?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Die Gesetzesinitiative, Herr Kollege, geht auf umfangreiche Vorarbeiten zurück. So hat die Steuerreformkommission, die seinerzeit unter dem damaligen Bundesfinanzminister Strauß eingesetzt worden ist, einen derartigen Abbau der Steuervorteile empfohlen. In gleicher Weise hat die Bankenenquetekommission, die vor einigen Jahren eingesetzt worden ist und ihre Ergebnisse inzwischen vorgelegt hat, eine solche Gleichstellung in der Wettbewerbslage empfohlen. Es ist also nicht so, daß die Bundesregierung aus eigenem Antrieb tätig geworden ist. Sondern sie stützt sich auf umfangreiche, jahrelange Vorarbeiten. Diese werden jetzt umgesetzt.
Im übrigen ist es so, daß die Angleichung der Sparkassensätze ein Schritt ist, der bereits bei der letzten Körperschaftsteuerreform eingeleitet worden ist. Dort sind die Steuersätze bekanntlich auf 44 % bei den Sparkassen, 46 % bei den Volksbanken, also Kreditgenossenschaften, festgesetzt worden. Was jetzt geschieht, ist ein weiterer Schritt für die Angleichung der steuerlichen Bedingungen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902010000
Zusatzfrage, bitte.

Prof. Dr. Max Kunz (CSU):
Rede ID: ID0902010100
Herr Staatssekretär, wie gedenkt die Bundesregierung künftig die Frage der Bildung von Haftungskapital bei unzureichender Eigenkapitalbildung bei den Kreditgenossenschaften und bei den Sparkassen zu regeln?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Die Frage der Eigenkapitalbildung wird bei der beabsichtigten Novellierung des Kreditwesengesetzes, der sogenannten KWG-Novelle, eine Rolle spielen. Dabei wird auch berücksichtigt werden müssen, daß jetzt eine Änderung der Steuersätze erfolgt. Die Bundesregierung sieht zwischen beiden Gesetzesvorhaben kein formelles Junktim. Sie sieht aber einen sachlichen Zusammenhang, der dann auch bei der KWG-Novelle berücksichtigt werden soll.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902010200
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe dann die Frage 18 — des Herrn Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) — auf:
Warum strebt die Bundesregierung nicht eine Überprüfung des betriebswirtschaftlichen Bedürfnisses aller landwirtschaftlichen Kartoffelbrennereien an mit dem Ziel, die Erzeugung von Agrarsprit auf die Standorte zu beschränken, die auf Kartoffelanbau tatsächlich angewiesen sind und diesen dann ein betriebsgerechtes Kontingent zu kostendeckenden Übernahmepreisen einzuräumen, wodurch vermieden würde, daß die in neuerer Zeit mit großen finanziellen Opfern eingerichteten Kartoffelgemeinschaftsbrennereien durch die Verweigerung eines kostendeckenden Preises zugrunde gerichtet werden?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Kartoffelgemeinschaftsbrennereien durften nach dem Branntweinmonopolgesetz zum Brennrecht nur veranlagt werden, wenn der Bundesminister für Landwirtschaft vor ihrer Errichtung anerkannt hatte, daß die zugehörigen Brennereigüter auf den Anbau von Kartoffeln und ihre Verarbeitung zu Alkohol dringend angewiesen sind. Das Branntweinmonopolgesetz enthält aber keine Rechtsgrundlage, das Bedürfnis für den Betrieb dieser Brennereien erneut oder bei anderen Kartoffelbrennereien nachträglich zu überprüfen. Die Bundesregierung erwägt auch nicht, neben der jetzt schon bestehenden Anerkennungsprü-



Parl. Staatssekretär Dr. Böhme
fung die rechtlichen Voraussetzungen für mehrmalige oder nachträgliche Prüfungen zusätzlich zu schaffen.
Nach der agrarpolitischen Zielsetzung des Branntweinmonopols ist das Bedürfnis für eine landwirtschaftliche Brennerei nicht allein nach dem Erfordernis des Kartoffelanbaus zu beurteilen. Das Monopol bezweckt auch die Versorgung landwirtschaftlicher Betriebe mit einem hochwertigen Futtermittel, nämlich der Schlempe, um eine besonders intensive Viehhaltung zu ermöglichen. Beide Gesichtspunkte sind also bei der Beurteilung dieser Brennrechte zugrunde zu legen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902010300
Zusatzfrage? — Bitte.

Prof. Dr. Max Kunz (CSU):
Rede ID: ID0902010400
Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, dem von mir erwähnten betriebswirtschaftlichen Bedürfnis — auch im Hinblick auf die für die Veredelungswirtschaft bedeutsame Schlempe — der Nichtgemeinschaftsbrennereien doch noch gerecht zu werden?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Die sehe ich nicht. Wir haben jetzt im Branntweinmonopolgesetz eine gesetzliche Regelung, die nicht zusätzlich verkompliziert werden sollte. Das ist auch der Hintergrund, weshalb davon abgesehen wird, hier nachträgliche Prüfungen einzuführen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902010500
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jobst.

Dr. Dionys Jobst (CSU):
Rede ID: ID0902010600
Herr Staatssekretär, würden Sie mir bestätigen, daß die Bundesregierung die Errichtung von Kartoffelgemeinschaftsbrennereien in gewissen Gebieten nicht nur empfohlen, sondern auch gefördert hat, und wirken diese Maßnahmen, die die Bundesregierung mit gesetzlichen Regelungen heute verfolgt und die die Kartoffelgemeinschaftsbrennereien in ihrem Bestand gefährden, nicht ihren früheren Absichten entgegen?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Wie Sie wissen, sind die Regelungen nach dem Branntweinmonopolgesetz auch hinsichtlich der Entwicklung des EG-Rechts zu beurteilen. Dieser Gesichtspunkt erzwingt eine entsprechende Anpassung.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902010700
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kunz.

Prof. Dr. Max Kunz (CSU):
Rede ID: ID0902010800
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß zwischen der jetzt vorgesehenen Regelung und den EG-Vorstellungen kein Zusammenhang besteht?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Vielleicht nicht direkt, aber insgesamt besteht natürlich ein Zusammenhang, weil es gerade die Gemeinschaftsbrennereien sind, die uns im Zusammenhang mit dem Branntweinmonopol vielfach beschäftigt haben. Insofern ist ein Zusammenhang sehr wohl gegeben.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902010900
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Eimer.

Norbert Eimer (FDP):
Rede ID: ID0902011000
Herr Staatssekretär, sehen Sie angesichts der vorgesehenen Kürzung der Kontingente nicht die Möglichkeit, zwar nicht das Gesamtkontingent der Brennereigenossenschaft, wohl aber das der einzelnen Mitglieder dieser Genossenschaft zum Maßstab der Kürzungen zu machen?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Nein, die Möglichkeit sehe ich aus den Gründen, die ich vorhin schon genannt habe, nicht. Eine Ausweitung des Monopols ist nicht beabsichtigt.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902011100
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Herr Parlamentarische Staatssekretär Grüner zur Verfügung.
Die Fragen 21 und 22 des Abgeordneten Dr. Voss, die Frage 23 des Abgeordneten Dr. Hupka, die Fragen 24 und 25 des Abgeordneten Dr. Hüsch, die Fragen 28 und 29 des Abgeordneten Wolfram (Recklinghausen) sowie die Frage 32 des Abgeordneten Dr. Steger sollen auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 19 der Frau Abgeordneten Traupe auf:
Welche Überlegungen haben Bund und Länder angestellt, um die gesunde Infrastruktur der ländlichen Räume durch den Erhalt attraktiver Arbeitsplätze auszunutzen?

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0902011200
Frau Kollegin, die Schaffung neuer und die Sicherung vorhandener Arbeitsplätze sind eine zentrale Aufgabe der regionalen Wirtschaftsförderung im Rahmen der von Bund und Ländern gemeinsam betriebenen Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur". In diesem Jahr werden die Fördergebiete dieser Gemeinschaftsaufgabe anhand ausgewählter Arbeitsmarkteinkommen und Infrastrukturindikatoren abgegrenzt. Die ausgewählten Indikatoren der Fördergebietabgrenzung tragen auch den Entwicklungsbedingungen strukturschwacher ländlicher Räume Rechnung.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902011300
Zusatzfrage? — Bitte.

Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID0902011400
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung und dem Wirtschaftsministerium bewußt, daß ein Grund für den in jüngster Zeit in den Ballungsräumen gestiegenen Wohnbedarf der ist, daß der Abbau, der Verlust attraktiver Arbeitsplätze in den ländlichen Räumen zunimmt und junge Menschen daher gezwungen sind, in die Ballungsräume abzuwandern?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, die Problematik, die Sie ansprechen, ist uns voll bewußt. Sie ist in allen Diskussionen um die regionale Wirtschaftsstruktur ein Gegenstand der Erörterung mit den Landeswirtschaftsministern gewesen und wird es auch in Zukunft sein.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902011500
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.




Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID0902011600
Ist der Bundesregierung im Rahmen der augenblicklichen Arbeitsmarktsituation klar, daß gerade dem Erhalt von mittleren und kleineren Betrieben, die j a unter mangelnder Eigenkapitalbildung und hohen Zinsen besonders leiden, ein Vorrang zukommt?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, die Bundesregierung hat das in ihrer Steuerpolitik und in vielen anderen Bereichen anerkannt, indem sie überdurchschnittliche steuerliche Entlastungen in der Vergangenheit gerade für kleine und mittlere Unternehmen in Kraft gesetzt hat. Uns ist bewußt, wie entscheidend der Beitrag kleiner und mittlerer Unternehmen für die Bewältigung der vor uns liegenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902011700
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Jobst.

Dr. Dionys Jobst (CSU):
Rede ID: ID0902011800
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, daß in den letzten Jahren die Fördergebiete in einem ganz erheblichen Maß ausgeweitet wurden und daß diese Gebiete erheblich eingeschränkt werden müssen, um die Förderung den Gebieten, die sie brauchen, zukommen zu lassen, um dort Arbeitsplätze zu sichern und zu erhalten?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung hat im Rahmen der regionalen Strukturpolitik immer der Konzentration der Förderung das Wort geredet. Aber die Gemeinschaftsaufgabe setzt den Kompromiß mit den Länderinteressen voraus. Nicht alles, was in dieser Gemeinschaftsaufgabe festgelegt worden ist, entspricht der Grundidee der Konzentration auf die wirklich förderungsbedürftigen Gebiete. Das gestehe ich zu.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902011900
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 20 des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst auf:
Ist die Bundesregierung angesichts der zugespitzten Arbeitsplatzsituation, welche durch die Stillegung der bayerischen Braunkohleindustrie in Wackersdorf und die Gefährdung der Arbeitsplätze in der oberpfälzischen Stahlindustrie entstanden ist, jetzt bereit, ein Sonderprogramm für die mittlere Oberpfalz zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen aufzustellen, das über die bestehenden Fördermöglichkeiten hinaus Präferenzen für diese Region schafft?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Der Bundesregierung sind die strukturellen Probleme und die schwierige Arbeitsmarktentwicklung in der mittleren Oberpfalz bekannt. Die Bundesregierung weist allerdings darauf hin, daß die regionale Wirtschaftsförderung primär Aufgabe der Länder ist. Die Mitwirkung des Bundes ist im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" auf die Beteiligung bei der Rahmenplanung und auf die Mitfinanzierung beschränkt. Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren im Planungsausschuß der Gemeinschaftsaufgabe eine Reihe von Beschlüssen mitgetragen, die der mittleren Oberpfalz die höchsten Fördersätze sicherten, die nach den Regeln der Gemeinschaftsaufgabe möglich sind. Der Bundesregierung ist auch nicht bekannt, daß die bayerische Staatsregierung bisher Investitionen zur Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen in diesem Raum mangels finanzieller Mittel nicht hätte fördern können.
In besonderen über die derzeitig bestehenden Fördermöglichkeiten hinausgehenden Förderpräferenzen für die mittlere Oberpfalz sieht die Bundesregierung kein erfolgversprechendes Mittel zur Bewältigung der Strukturprobleme dieses Raumes. Die Bundesregierung bezweifelt auch, daß ein derartiger Vorschlag die erforderliche Unterstützung einer Ländermehrheit im Planungsausschuß finden würde — was sich schon daraus ergibt, daß ein solcher Antrag bisher nicht gestellt worden ist.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902012000
Zusatzfrage, bitte.

Dr. Dionys Jobst (CSU):
Rede ID: ID0902012100
Herr Staatssekretär, wenn Ihnen die schwierige Situation in der mittleren Oberpfalz bekannt ist, wo 4 300 Arbeitsplätze im Unternehmen Maxhütte gefährdet sind, die bayerische Braunkohleindustrie 1982 mangels weiterer Kohlevorkommen schließen muß und dadurch 1 600 Arbeitsplätze nicht mehr da sein werden, stimmen Sie mir dann zu, daß angesichts dieser zugespitzen Arbeitsmarktsituation diese Probleme und Schwierigkeiten mit den herkömmlichen Mitteln der regionalen Strukturpolitik auch im Hinblick auf die Rezession in der Wirtschaft nicht gemeistert werden können, sondern daß besondere Maßnahmen getroffen werden müssen, um dort Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen?
Grüner, Parl Staatssekretär: Herr Kollege, ich kann Ihnen nicht zustimmen. Ich meine, daß das Instrumentarium der regionalen Wirtschaftspolitik sich bewährt hat. Aber selbstverständlich ist die Bundesregierung bereit, etwaige neue Maßnahmen, die Sie im Auge haben, in Ihre Überlegungen einzubeziehen, insbesondere etwaige Vorschläge der bayerischen Staatsregierung entgegenzunehmen. Ich unterstreiche noch einmal, daß alle Entscheidungen im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe regionale Strukturpolitik nur mit Zustimmung der Länder getroffen werden können und daß alle Vorschläge sich deshalb auf einen breiten Konsens gründen müssen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902012200
Weitere Zusatzfrage, bitte.

Dr. Dionys Jobst (CSU):
Rede ID: ID0902012300
Herr Staatssekretär, ich habe Verständnis dafür, daß Sie die Zuständigkeit jetzt auf das Land Bayern schieben möchten. Aber ich darf Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, daß die Bundesregierung in anderen Bereichen initiativ geworden ist und Sonderprogramme, beispielsweise für das Saargebiet und das Ruhrgebiet, gemacht hat.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Wir haben gerade im Zusammenhang mit dem Saargebiet betont, daß wir — was den Bund anlangt — bereit sind, in vergleichbaren Situationen auch für andere Regionen vergleichbare Maßnahmen zu treffen. Das ist selbstverständlich.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902012400
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 26 des Herrn Abgeordneten Urbaniak auf:



Präsident Stücklen
Hat die Bundesregierung, wie vom Arbeitskreis Wirtschaftspolitik der SPD-Bundestagsfraktion nachdrücklich gefordert, ihre Zustimmung zu dem Krisenkartell mit Produktionsquoten für die europäischen Eisen-
und Stahlhersteller gemäß Artikel 58 des Montanvertrags u. a. davon abhängig gemacht, daß sich die EG-Länder strikt an den am 1. Februar 1980 beschlossenen EG-Subventionskodex halten und in Sitzungen des EG-Ministerrats über eine Intensivierung der Umstrukturierung und des Abbaus von Subventionen verhandeln?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung hat bei Einführung von Produktionsquoten nach Art. 58 des Montanvertrages am 30. Oktober 1980 nach mehrmaliger Beratung im Bundeskabinett nur unter der Voraussetzung zugestimmt, daß sich der Ministerrat mit Maßnahmen zur Intensivierung der Umstrukturierung der europäischen Stahlindustrie und mit dem Subventionsabbau befaßt. Insbesondere wegen der strukturerhaltenden Wirkung einer Quotenregelung bezeichnete die Bundesregierung eine Intensivierung der Umstrukturierung und des Abbaus von Subventionen in den Ländern der Gemeinschaft als unabdingbare Voraussetzung für ihre Zustimmung. Der Ministerrat wird diese Fragen am 3. März eingehend erörtern. Hauptziel der Bundesregierung ist es, Beschlüsse des Rates zu erwirken, die dazu beitragen, daß in absehbarer Zeit in der europäischen Stahlindustrie wieder normale Wettbewerbsbedingungen bestehen. Das schließt ein, daß Maßnahmen ergriffen werden, die zum Abbau von veralteten und unwirtschaftlich produzierenden Kapazitäten führen, und daß wettbewerbsverzerrende staatliche Interventionen beseitigt werden. Die Bundesregierung wird darauf dringen, daß der Rat konkrete Beschlüsse in diesem Sinne faßt.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902012500
Zusatzfrage, bitte.

Hans-Eberhard Urbaniak (SPD):
Rede ID: ID0902012600
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die englische Regierung dem nationalen Stahlkonzern British Steel in dieser Woche eine weitere Milliarde Pfund Sterling zur Verfügung stellen wird, womit insgesamt 6 Milliarden Pfund Sterling an Subventionen bereitgestellt wurden, und sind Sie mit mir der Meinung, daß die englische Regierung damit gegen den ausgehandelten EG-Subventionskodex verstoßen hat?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die von Ihnen genannte Zahl ist mir nicht bekannt. Sie wird sicher Gegenstand der Erörterungen am 3. März sein. Aber ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß die British Steel Corporation ihre Kapazität von 21 Millionen Tonnen auf 15 Millionen Tonnen zurückgeführt hat. Das hat im letzten Jahr einen Abbau von etwa 44 000 Arbeitsplätzen in Großbritannien zur Folge gehabt. Der Abbau weiterer 20 000 Arbeitsplätze ist vorgesehen, so daß ich zu dem Ergebnis komme, daß unsere Zielsetzung, unwirtschaftliche Kapazitäten abzubauen, in England durchaus ebenso verfolgt wird — trotz der von Ihnen erwähnten Zahl, die selbstverständlich der Nachprüfung bedarf. Ich will hier aber kein vorschnelles Urteil abgeben.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902012700
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.

Werner Zeitler (SPD):
Rede ID: ID0902012800
Herr Staatssekretär, da die Subventionspraktiken sich insbesondere hier in der Bundesrepublik sehr wettbewerbsverzerrend auswirken, darf ich Sie fragen: Welche Anstrengungen kann die Bundesregierung unternehmen, was kann sie tun, um darauf hinzuwirken, daß Wettbewerbsverzerrungen abgebaut werden?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich verweise auf den Subventionsrat, der am 3. März 1981 tagen wird, wo alle Subventionspraktiken zur Diskussion stehen werden. Die Europäische Kommission hat eine ganze Reihe von Möglichkeiten, gegen derartige Subventionen vorzugehen, und es wird Gegenstand der Unterhaltung dort sein, die Kommission zu ermutigen, von den ihr gegebenen Möglichkeiten Gebrauch zu machen

(Zeitler [SPD]: Darf ich noch eine Frage stellen?)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902012900
Nein, das dürfen Sie nicht. Aber es folgt noch eine Frage in diesem Zusammenhang, und dazu dürfen Sie dann wieder eine Zusatzfrage stellen.
Herr Abgeordneter Meininghaus, eine Zusatzfrage.

Alfred Meininghaus (SPD):
Rede ID: ID0902013000
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß der italienischen Stahlindustrie Staatshilfen in Höhe von 2,7 Milliarden DM für Zinsvergünstigungen, Schuldenübernahme, Verlustausgleiche und Kredite bis 1980 gewährt worden sind, und ist es richtig, daß in Frankreich im Rahmen des Stahlplanes vom September 1978 die fünf größten Stahlgesellschaften durch erhebliche Mittel der französischen Regierung unterstützt worden sind und daß in Belgien bis 1983 jede produzierte Tonne Stahl mit bis zu 100 DM subventioniert werden soll?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich kann diese Zahlen nicht bestätigen, weil der Bundesregierung keine ausreichenden Informationen — auch nicht solche der Kommission — darüber vorliegen, wie und in welcher Höhe die staatlichen und nationalen Stahlindustrien subventioniert werden. Ich kann Ihnen nur bestätigen, daß das in allen Ländern in erheblichem Umfang geschieht und daß das Ziel unserer Bemühungen darauf gerichtet ist, erstens Transparenz zu schaffen und zweitens Veranlassung dazu zu geben, daß die Möglichkeiten der Kornmission zum Abbau dieser Subventionen auch tatsächlich eingesetzt werden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902013100
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten von der Wiesche.

Eugen von der Wiesche (SPD):
Rede ID: ID0902013200
Herr Staatssekretär, die Leitung der Hoesch AG wird voraussichtlich Ende März ein Umstrukturierungskonzept vorlegen, das aller Wahrscheinlichkeit nach mit weiteren Freisetzungen von Arbeitsplätzen verbunden ist. Ich frage Sie: Ist die Bundesregierung bereit, in engem Kontakt mit der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen und dem Unternehmen analog zu dem bestehenden Saar-Modell die Umstrukturierung zu flankieren?



Grüner, Parl. Staatssekretär: Wir haben diese Bereitschaft immer betont und auch in der Vergangenheit durch unser Angebot zur Hilfe für andere Konzepte unterstrichen, daß wir im Rahmen der uns gegebenen Möglichkeiten bereit sind, Konzepte, die in erster Linie vom Land, etwa im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe regionale Strukturpolitik oder in einem anderen Rahmen zusammen mit den Unternehmen erstellt werden, zu unterstützen, soweit uns dafür die rechtlichen Möglichkeiten gegeben sind.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902013300
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stockleben.

Adolf Stockleben (SPD):
Rede ID: ID0902013400
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß das Stahlforschungsprogramm der Bundesregierung die Situation der deutschen Stahlindustrie mittel- und langfristig verbessert, und können wir davon ausgehen, daß die Bundesregierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten das Stahlforschungsprogramm über den jetzt genannten Zeitraum hinaus verlängern wird, um die Wettbewerbssituation der deutschen Stahlindustrie auch weiterhin zu gewährleisten?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wir sind bei diesem Stahlforschungsprogramm davon ausgegangen, daß die Situation und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Stahlindustrie damit verbessert werden. Sonst wären diese Mittel nicht zur Verfügung gestellt worden. Ich füge vorsichtshalber hinzu, daß der Blick in die Zukunft außerordentlich schwer ist und daß es heute nicht möglich ist, eine Aussage darüber zu machen, wie sich die Wettbewerbssituation nach Abschluß dieser Arbeiten weltweit und in Europa darstellen wird.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902013500
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Steinhauer.

Waltraud Steinhauer (SPD):
Rede ID: ID0902013600
Herr Staatssekretär, Sie haben soeben bestätigt, daß die Gefahr des Verlustes von Arbeitsplätzen in der Stahlindustrie besteht. Ist Ihnen weiterhin bekannt, daß die Finanzierung etwaiger Sozialpläne nicht gesichert ist? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, zur Sicherung der Sozialpläne beizutragen, und welche zusätzlichen Maßnahmen kommen insbesondere im Bereich der EG-Hilfen und der Bundesanstalt für Arbeit für verstärkte Fortbildungs-, Umschulungs- und andere Qualifikationsmaßnahmen in Betracht?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Wir sehen hier einmal die Möglichkeiten des Ihnen bekannten Arbeitsförderungsgesetzes und zum anderen die Möglichkeit der Hilfe nach Art. 56 des Montanunions-Vertrages.

(Frau Steinhauer [SPD]: Und Sozialpläne? Das haben Sie nicht beantwortet!)

— Gerade in diesem Zusammenhang ist Art. 56 des Montanunion-Vertrages einschlägig und ist auch schon praktiziert worden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902013700
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wehner.

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0902013800
Herr Staatssekretär, entspricht es der Sachlage — und das frage ich auch in bezug auf die Antwort, die Sie eben gegeben haben —, daß die Belegschaft es jedenfalls für erforderlich gehalten hat, die Feststellung zu treffen, daß es jetzt Sozialpläne ohne wirkliche feste Anhaltspunkte gibt?
Grüner, Parl. Staatsekretär: Herr Kollege Wehner, ich kann Ihnen hier nicht aus dem Stand bestätigen, daß es eine reale Begründung für eine solche Befürchtung der Arbeitnehmer gibt. Ich werde dem aber nachgehen. Ich kann nur sagen, daß für die sozialen Härten, die im Rahmen von Sozialplänen zur Diskussion stehen, zum Teil auch Hilfen nach Art. 56 des Montanunion-Vertrages möglich sind, die für andere Wirtschaftsbereiche unseres Landes, in denen Sozialpläne zur Diskussion stehen, nicht zur Verfügung stehen. Daher meine ich, daß wir hier eine größere Möglichkeit haben, als das in anderen Wirtschaftsbereichen der Fall wäre.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902013900
Nun die Frage 27 des Herrn Abgeordneten Urbaniak:
Wie schätzt die Bundesregierung die Chancen für solch einen Abbau, der die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Eisen- und Stahlindustrie erheblich beeinträchtigenden Subventionspraktiken der EG-Partner ein?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Chancen für einen Abbau wettbewerbsverzerrender Subventionen in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft sind nur schwer einzuschätzen. Die seit Jahren andauernden Bemühungen und Interventionen der Bundesregierung, dieses Ziel zu erreichen, sind jedoch bisher nicht erfolglos geblieben. Erwähnt seien in diesem Zusammenhang die einschneidenden Restrukturierungsmaßnahmen in Großbritannien und in Frankreich, die einen entscheidenden Schritt zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der jeweiligen nationalen Stahlindustrien bedeuten und damit mittelfristig zum Abbau von Subventionen beitragen. So ist z. B. die British Steel Corporation dabei — ich habe das schon erwähnt —, ihre Kapazität von zirka 21 Millionen Tonnen auf 15 Millionen Tonnen und sogar noch weiter zurückzuführen. Dies hat im letzten Jahr einen Abbau von 44 000 Arbeitsplätzen in Großbritannien zur Folge gehabt. Der Abbau weiterer 20 000 Arbeitsplätze ist vorgesehen. In Frankreich ist die Zahl der Beschäftigten in der Stahlindustrie von 154 000 Ende 1974 auf 107 000 Ende 1980 zurückgegangen. Diese Zahlen machen deutlich, mit welcher Intensität ein außerordentlich schmerzlicher Umstrukturierungsprozeß in diesen beiden Ländern in Gang gekommen ist.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902014000
Eine Zusatzfrage, bitte.

Hans-Eberhard Urbaniak (SPD):
Rede ID: ID0902014100
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, daß, wenn die Subventionspraxis, die im Bereich der EG bei den Stahlproduzenten zu beobachten ist, nicht schnellstens beendet wird, die deutschen Produzenten in der Stahlindustrie, und zwar alle, völlig ins Abseits geraten und ihre Existenzmöglichkeiten gefährdet sehen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Ich stimme Ihnen zu. Zumal wenn die Quotenregelung aufrechterhalten werden sollte, würde sich diese Gefahr, die Sie hier



Parl. Staatssekretär Grüner
angezogen haben, noch zusätzlich vergrößern. Deshalb hat sich ja die Bundesregierung mit so großem Nachdruck gegen die Quotenregelung gewandt und ihre Zustimmung schließlich davon abhängig gemacht, daß der Subventionsabbau tatsächlich und tatkräftig in Angriff genommen wird. Ich beurteile die Lage aber so, wie Sie hier dargestellt haben.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902014200
Weitere Zusatzfrage, bitte.

Hans-Eberhard Urbaniak (SPD):
Rede ID: ID0902014300
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß die deutschen Stahlproduzenten die Bundesregierung für den Fall, daß ein brauchbarer Kodex nicht zustandekommt, gebeten haben, Staatshilfen für ihre Produktionsstätten vorzusehen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Es ist richtig, daß diese Forderung erhoben worden ist.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902014400
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Zeitler.

Werner Zeitler (SPD):
Rede ID: ID0902014500
Herr Staatssekretär, wenn ich Sie eben richtig verstanden habe, können Sie keine Auskunft darüber geben, wie in den einzelnen Ländern subventioniert wird. Darf ich Sie deshalb — auch vor dem Hintergrund, daß man in den Wirtschaftsteilen von Zeitungen und anderswo ständig Rechnungen lesen kann, wie pro Jahrestonne in der EG subventioniert wird — bitten, dem Deutschen Bundestag nach Ihren Bemühungen, die Sie einleiten werden, mitzuteilen, welche Subventionen im EG-Bereich pro Tonne Stahl geleistet werden?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich muß bestätigen, daß wir nicht in der Lage sind, diese Information zu geben, weil sie uns nicht zur Verfügung steht und weil wir nicht in der Lage sind, in das Subventionssystem in anderen Ländern und seine Vielfalt im einzelnen Einblick zu nehmen. Aber die Bemühungen um den Abbau der Subventionen werden natürlich die Tranzparenz auch in diesem Bereich fördern. Wir sind selbstverständlich bereit, alle Informationen, die uns in diesem Zusammenhang zugänglich werden, auch hier zur Verfügung zu stelle, soweit das unserem gemeinsamen Anliegen dient, nämlich einen Subventionsabbau herbeizuführen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902014600
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter von der Wiesche.

Eugen von der Wiesche (SPD):
Rede ID: ID0902014700
Herr Staatssekretär, der Stahlstandort Dortmund hat Nachteile gegenüber den anderen Stahlstandorten. Ich frage Sie deshalb: Ist die Bundesregierung bereit, sich bei einem weiteren Infrastrukturausbau der Region verstärkt zu beteiligen, zum Beispiel dadurch, daß der Neubau der Schachtschleuse Henrichenburg vorangetrieben wird?
Gestatten Sie mir im Hinblick auf die vorige Antwort auch die Frage: Wäre es möglich, daß Sie sich auf Grund der Frage meines Kollegen Zeitler beim Vorstand der Hoesch AG die Zahlen geben lassen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung ist bereit — insbesondere im Rahmen der ihr gegebenen Möglichkeiten, etwa der regionalen Strukturpolitik —, alle konsensfähigen Entscheidungen mit zu tragen, die für den Standort Dortmund getroffen werden können. Ich möchte für das Bundeswirtschaftsministerium sagen, daß wir der Schachtschleuse Henrichenburg und deren Ausbau eine große Priorität beimessen. Ich möchte damit aber nicht in die Zuständigkeit meines Kollegen vom Verkehrsministerium eingreifen. Dafür bitte ich um Verständnis.
Die Zahlen, die den einzelnen Unternehmen über Subventionen ihrer Konkurrenzunternehmen in anderen Ländern vorliegen, stehen uns zur Verfügung. Sie können aber leider nicht die Grundlage einer hier an das Parlament zu gebenden Auskunft sein, da sie außerordentlich differieren und auch bestritten sind.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902014800
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Eigen.

Karl Eigen (CDU):
Rede ID: ID0902014900
Herr Staatssekretär, ich habe Sie eben doch sicherlich falsch verstanden, als Sie meinten, Sie hätten keine Kenntnis über die Subventionierung der Stahlindustrie in den anderen EG-Ländern. Ich frage Sie: Wie können Sie denn überhaupt über die Stahlindustrie in der EG verhandeln, wenn Sie keine Kenntnisse über die Zustände und Verhältnisse der Stahlindustrie in allen Ländern der Europäischen Gemeinschaft haben, und zwar in allen Details?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es liegt in der Natur der Sache, daß nationale Interessen auch der Kommission im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft den Zugriff nicht so ohne weiteres geben. Ich habe hier nur eine Realität dargestellt. Die Tatsache, daß solche Subventionen gegeben werden, auch die Art, in der sie gegeben werden, sind durchaus bekannt. Deshalb können wir auf den Abbau dieser Subventionen hinwirken.
Wir müssen allerdings auch erreichen, daß die EG-Kommission für den Fall, daß es nicht zu freiwilligen Vereinbarungen kommt, die ihr gegebenen Rechtsmittel auch tatsächlich einsetzt. Das ist unser Bemühen, das wir am 3. März in der dafür eigens einberufenen Ratssitzung mit Nachdruck verfolgen werden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902015000
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Meininghaus.

Alfred Meininghaus (SPD):
Rede ID: ID0902015100
Herr Staatssekretär, im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Förderung der regionalen Wirtschaftstruktur" ist eine Neuabgrenzung der Fördergebiete mit aktualisierten Kriterien — vor allem im Bereich der Arbeitsmarktlage — vorgesehen. Gibt es Möglichkeiten, auch die Stahlstandorte und damit die Städte des Ruhrgebiets in diese Förderung mit aufzunehmen? In diesen Städten gibt es j a immerhin eine sehr hohe Arbeitslosenquote.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Diese Möglichkeit ist unter der Voraussetzung gegeben, daß die von Ihnen genannten Standorte die aktualisierten Kriterien erfüllen. Diese Kriterien liegen aber noch nicht vor. In-



Parl. Staatssekretär Grüner
sofern ist dazu im Augenblick eine Aussage nicht möglich.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902015200
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stockleben.

Adolf Stockleben (SPD):
Rede ID: ID0902015300
Herr Staatssekretär, die Energieeinstandskosten in der Stahlindustrie sind ja erheblich. Wären Sie bereit, im Rahmen der regionalen und sektoralen Wirtschaftsförderung dazu beizutragen, den Anteil des Energieverbrauchs der deutschen Stahlindustrie zu senken und von dorther die Wettbewerbssituation zu verbessern, indem wir nämlich die Abwärmenutzung in verstärktem Maße voranbringen und sie für die Fernwärmeversorgung bereitstellen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Im Rahmen der von uns angebotenen Programme von Fernwärmenutzungen stehen dafür j a auch in diesem Haushalt beträchtliche Mittel zur Verfügung. Sie wissen, Herr Kollege, daß auf Grund des Widerstandes einiger Länder diesem Programm gegenüber der Vollzug noch nicht in Kraft gesetzt werden konnte, sondern daß wir als Bundesregierung lediglich ein Angebot, hierbei mitzuwirken, auf den Tisch gelegt haben.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902015400
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dreßler.

Rudolf Dreßler (SPD):
Rede ID: ID0902015500
Herr Staatssekretär, ich darf noch einmal auf die Frage der Subventionen zurückkommen. Habe ich Sie soeben richtig verstanden, daß bei den regelmäßigen Konsultationen der Bundesregierung mit den Regierungen der EG-Länder auf konkrete Fragen nach der Höhe der Subventionen nicht oder ausweichend geantwortet wird?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Ja, da haben Sie mich richtig verstanden. Sie sind richtig informiert.
Ich will hinzufügen: Wenn Sie sich die Fülle der Subventionen vorstellen, die möglich sind — auf dem Wege über Darlehen, die nicht zurückgefordert werden, die aber als rückforderbar ausgewiesen sind; auf vielen, vielen anderen Wegen —, wird natürlich auch die Schwierigkeit deutlich. Das geht hin bis zu Subventionen, die wir ja auch aus dem eigenen Bereich etwa der Kohle kennen: Übernahme von Altlasten und andere Dinge. Das ist ein sehr differenzierter Bereich, dem wir aber mit Nachdruck zu Leibe rücken werden. Allerdings — ich betone das noch einmal — stehen wir bisher vor der Schwierigkeit, daß uns die Informationen darüber nicht auf den Tisch gelegt worden sind.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902015600
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Menzel.

Heinz Menzel (SPD):
Rede ID: ID0902015700
Herr Staatssekretär, ist der Eindruck richtig, daß die Bundesregierung, wenn es ihr kurzfristig nicht gelingt, die Subventionen in den anderen Ländern der Gemeinschaft abzubauen, die deutsche Stahlindustrie dann im gleichen Umfang subventionieren will, um die Benachteiligungen aufzuheben?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung versucht, den Subventionsabbau in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen zu stellen. Ich füge hinzu, daß in diesem Zusammenhang und im Blick auf Wettbewerbsfähigkeit die deutsche Stahlindustrie nicht existiert, sondern daß es eine sehr unterschiedliche Wettbewerbsfähigkeit auch innerhalb der deutschen Stahlindustrie gibt und daß von daher auch die Gefährdung, die aus der Wettbewerbsverzerrung für einzelne deutsche Stahlunternehmen entsteht, sehr unterschiedlich ist. Darauf wird die Bundesregierung ihre Politik, die sie natürlich von der Frage abhängig machen muß, wie sie mit ihren Partnern in der Europäischen Gemeinschaft in dieser Stahlfrage zu Stuhle kommt, ausrichten müssen. Naturgemäß kann jetzt, da die Verhandlungen anstehen, noch kein Konzept der Bundesregierung dargelegt werden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902015800
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Steinhauer.

Waltraud Steinhauer (SPD):
Rede ID: ID0902015900
Herr Staatssekretär, Sie haben auf die Problematik der Erhellung der Subventionen innerhalb der EG in der Stahlindustrie hingewiesen. Wenn das nun nicht erhellt werden kann, sind Sie bereit, sich für deutsche Stahlunternehmen ebenfalls analoge Förderungen einfallen zu lassen und sie zu konkretisieren?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Zunächst einmal erwarten wir von der deutschen Stahlindustrie, daß sie ein eigenes Konzept zur Lösung der Probleme und auch ein Konzept dafür vorlegt, wie sie sich dabei die Rolle der Bundesregierung, der Landesregierungen und anderer beteiligter Regierungen vorstellt. Das steht an der Spitze unseres Forderungskatalogs.
Wir werden unser Konzept davon abhängig machen müssen, wie die Verhandlungen, die in der Europäischen Gemeinschaft im Augenblick im Gange sind, ausgehen. Es ist nicht möglich, heute ein Konzept auf den Tisch zu legen. Selbstverständlich haben wir unsere Vorstellungen, aber ihre Verwirklichung ist von der Möglichkeit der Kooperation abhängig, die wir mit anderen stahlerzeugenden Ländern im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft finden können.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902016000
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wehner.

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0902016100
Herr Staatssekretär, bei Einsichtnahme in Angaben über Schritte, die ein großes und bedeutendes Stahlunternehmen in der Bundesrepublik und vor allen Dingen die dort Beschäftigten sehr hart treffen werden, stellt man fest: Da wird, sagen wir mal, bis zu Beginn der letzten Woche des März etwas laufen, das man nicht einfach hier im Parlament erörtern kann, wozu man auch als Regierung nicht sagen kann, man müsse einmal sehen, wie sich das weiterentwickelt. Da ist z. B. das große Unternehmen in einen holländischen Bestandteil eingegliedert, die Mehrheit ist auf jener Seite, und die Gefahren für die Belegschaft und damit für das Unternehmen sind riesengroß. Ich müßte mir komisch vorkommen, wenn man eines Tages nachläse: Kurz vor Beginn des März haben sie, die Abgeordne-



Wehner
ten, der Parlamentarische Staatssekretär, im Bundestag über diese Fragen gesprochen, aber es war schon sicher, daß, wenn die letzte Woche des März beginnt, die Entscheidung gefallen sein wird.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Wehner, ich bin der Meinung, daß sich diese von Ihnen angesprochene Frage

(Zuruf von der CDU/CSU: Wo war denn die Frage?)

tatsächlich nicht zur Erörterung in der Öffentlichkeit eignet, weil damit natürlich Vermutungen verbunden sind, die hier nicht erhärtet werden können. Aber ich bin gern bereit — wir sind in jeder Phase dazu bereit —, alle Informationen, die uns zur Verfügung stehen, auch im Blick auf die von Ihnen angesprochenen Probleme auf den Tisch zu legen und zu erörtern. Aber ich bitte um Verständnis dafür, daß ich das nicht hier in der Fragestunde tun kann. Sie selber haben j a angedeutet, daß das nicht opportun sei.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902016200
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 30 des Herrn Abgeordneten Prangenberg auf:
Wie hoch ist der Ansatz für Förderungsmaßnahmen für die Nutzung von Fernwärme im Zukunftsinvestitionsprogramm II, für welche konkreten Maßnahmen soll dieses Geld bereitgestellt werden'?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Darf ich fragen, Herr Präsident, ob die Fragen 28 und 29 schriftlich beantwortet werden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902016300
Ja.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Entschuldigung, ich hatte das übersehen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902016400
Die anderen Fragen werden dann schriftlich beantwortet. Die nächste noch offene Frage war die Frage 30, und dann kommt die Frage 31 des gleichen Fragestellers.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Das Kohleheizkraftwerk- und Fernwärmeausbauprogramm, das als Nachfolgeprogramm für den Ende 1981 auslaufenden Teilbereich Fernwärme des Programms für Zukunftsinvestitionen konzipiert wurde, soll mit 1,2 Milliarden DM dotiert werden, die innerhalb der geplanten Laufzeit von fünf Jahren je zur Hälfte von Bund und Ländern aufzubringen wären. Im Regierungsentwurf des Bundeshaushalts 1981 sind eine Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 580 Millionen DM sowie ein zunächst ausreichender Baransatz von 20 Millionen DM vorgesehen. Mit Zuschüssen bis zu 35 % der Investitionskosten soll insbesondere der Bau von Kohleheizkraftwerken, Müllheizkraft- und Müllheizwerken, Spitzenheizwerken, Wärmepumpenanlagen sowie der Ausbau des Leitungsnetzes gefördert werden. Voll in die Förderung einbezogen ist auch die industrielle Abwärme, soweit sie zu Fernwärmezwecken genutzt wird.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902016500
Zusatzfrage?

Heinz-Jürgen Prangenberg (CDU):
Rede ID: ID0902016600
Herr Staatssekretär, können Sie mir vielleicht sagen, wie viele Anträge mit welchem Förderungsvolumen bei der Bundesregierung zu diesem Programm bereits eingegangen sind?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich würde, wenn Sie gestatten, meine Antwort auf Ihre Zusatzfrage gern mit der Antwort auf die zweite Frage verbinden, weil sie in einem Zusammenhang damit steht.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902016700
Ich rufe dann noch die Frage 31 des Herrn Abgeordneten Prangenberg auf:
Wo ergeben sich gegebenenfalls Schwierigkeiten der Förderung z. B. wegen der Mischfinanzierung?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Das Kohleheizkraftwerks- und Fernwärmeausbauprogramm, dessen energiepolitische Notwendigkeit nach wie vor unumstritten ist, konnte bislang wegen finanzpolitischer Bedenken einiger Bundesländer gegen die Schaffung neuer Mischfinanzierungen nicht in Kraft treten. Die Bundesregierung hält ihr Angebot an die Länder zum Abschluß der entsprechenden Verwaltungsvereinbarungen aufrecht, um durch forcierten Ausbau der Fernwärme und verstärkte Nutzung der industriellen Abwärme die dringend erforderlichen weiteren Fortschritte bei Energieeinsparung und Erdölsubstitution zu erzielen. Die Tatsache, daß dieses Programm nicht angelaufen ist, bringt es mit sich, daß wir auch keinen zuverlässigen Überblick darüber haben, wo solche Mittel in Anspruch genommen würden. Deshalb möchte ich auf diese Frage auch keine Antwort geben, weil wir nur über unzureichende Informationen verfügen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902016800
Eine Zusatzfrage, bitte.

Heinz-Jürgen Prangenberg (CDU):
Rede ID: ID0902016900
Herr Staatssekretär, würden Sie in Anbetracht der Bedeutung, die die Bundesregierung diesem Programm zumißt, nicht in Überlegungen eintreten, inwieweit die Bundesregierung unabhängig von der Beteiligung der Länder ihren Beitrag zur Finanzierung des von ihr selbst als sehr wichtig eingeschätzten Programms erhöhen kann?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Wir haben ja etwa bei dem Programm zur Förderung von Erdgasleitungen durch eine gesetzliche Regelung die Möglichkeit geschaffen. Zunächst kommt es uns aber darauf an, den Versuch zu machen, mit den Ländern die angestrebte Vereinbarung zu treffen, die wir für den praktikabelsten Weg halten, um das Programm rasch in Gang zu bringen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902017000
Keine weiteren Zusatzfragen. Wir sind am Ende der Fragestunde.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 12. Februar 1981, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.