Protokoll:
8098

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 8

  • date_rangeSitzungsnummer: 98

  • date_rangeDatum: 15. Juni 1978

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:01 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 14:56 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/98 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 98. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 Inhalt: Begrüßung des Vizepräsidenten der Knesset des Staates Israel, Moshe Meron . . . . 7733 A Amtliche Mitteilung ohne Verlesung . . . 7733 B Beratung über die von Bundesminister a. D. Rechtsanwalt Hermann Höcherl erarbeitete Untersuchung — Drucksache 8/1881 — Stellungnahme der Bundesregierung zu den Vorschlägen in Teil II der von Bundesminister a. D. Hermann Höcherl erarbeiteten Untersuchung — Drucksache 8/1923 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU Verbesserung der Arbeit der Sicherheitsbehörden des Bundes — Drucksache 8/1852 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU Maßnahmen zur Erhöhung der inneren Sicherheit — Drucksachen 8/1046, 8/1864 — Baum, Bundesminister BMI . . 7733 D, 7764 B Dr. Eyrich CDU/CSU 7738 B Brandt (Grolsheim) SPD . . . . . . . 7744 C Dr. Wendig FDP 7748 D Spranger CDU/CSU 7752 D Pensky SPD 7757 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 7762 B Dr. Dregger CDU/CSU . . . . 7766 B, 7777 B Schmidt, Bundeskanzler 7767 D Dr. Kohl CDU/CSU . . . . . . . 7773 B Wehner SPD 7776 B Fragestunde — Drucksache 8/1895 vom 09.06. 1978 — Ausführungen des Bundeskanzlers zur Problematik des Keynesianismus in seiner Rede in Bergneustadt MdlAnfr Al 09.06.78 Drs 08/1895 Stutzer CDU/CSU Antw StMin Wischnewski BK . . . . 7778 B, D ZusFr Stutzer CDU/CSU . . . . . . . 7778 D II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 Rückführung der Zuwachsrate der Staatsausgaben und der Wachstumsrate der Zentralbankgeldmenge bis zum Jahr 1981 auf einen Satz von 4 v. H. MdlAnfr A80 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Langner CDU/CSU MdlAnfr A81 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Langner CDU/CSU Antw PStSekr Haehser BMF . 7779 B, D, 7780 A ZusFr Dr. Langner CDU/CSU . . 7779 D, 7780 A Gleichstellung aller Kaufinteressenten bei der Veräußerung von Grundstücken der öffentlichen Hand sowie Eintreibung des ursprünglichen Begünstigungsbetrages durch die öffentliche Hand beim Weiterverkauf MdlAnfr A83 09.06.78 Drs 08/1895 Milz CDU/CSU MdlAnfr A84 09.06.78 Drs 08/1895 Milz CDU/CSU Antw PStSekr Haehser BMF . . . 7780 B, C, D, 7781 A, B ZusFr Milz CDU/CSU . . 7780 B, C, D, 7781 A ZusFr Frau Berger (Berlin) CDU/CSU . . 7781 B Übertragung des nicht ausgeschöpften Kontingents für politische Gefangene aus Chile auf politisch inhaftierte Argentinier MdlAnfr A95 09.06.78 Drs 08/1895 Thüsing SPD MdlAnfr A96 09.06.78 Drs 08/1895 Thüsing SPD Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 7781 C, D, 7782 A ZusFr Thüsing SPD 7781 D, 7782 A Beurteilung der Ausgabe von Kreditkarten MdlAnfr A79 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Jens SPD Antw PStSekr Grüner BMWi . . . 7782 B, C, D ZusFr Dr. Jens SPD . . . . . . . . 7782 C, D Wettbewerbsvorteile italienischer Stahlhersteller auf dem deutschen Markt durch Unterlaufen der Preisvorschriften der EG-Kommission MdlAnfr A99 09.06.78 Drs 08/1895 Rapp (Göppingen) SPD MdlAnfr A100 09.06.78 Drs 08/1895 Rapp (Göppingen) SPD Antw PStSekr Grüner BMWi . . 7783 A, B, C, D, 7784 A, B ZusFr Rapp (Göppingen) SPD . . . . 7783 B, C ZusFr Hoffmann (Saarbrücken) SPD . . . 7783 C, 7784 B ZusFr Dr. Jens SPD 7783 D Sicherung der Arbeitsplätze in der saarländischen Stahlindustrie MdlAnfr A101 09.06.78 Drs 08/1895 Hoffmann (Saarbrücken) SPD MdlAnfr A102 09.06.78 Drs 08/1895 Hoffmann (Saarbrücken) SPD Antw PStSekr Grüner BMWi . 7784 C, D, 7785 A ZusFr Hoffmann (Saarbrücken) SPD . . 7784 C, D Erhaltung der deutschen Rüstungsindustrie MdlAnfr A117 09.06.78 Drs 08/1895 Damm CDU/CSU Antw PStSekr Dr. von Bülow BMVg 7785 B, C, D, 7786 A, B ZusFr Damm CDU/CSU 7785 C, D ZusFr Haase (Kassel) CDU/CSU 7786 A ZusFr Dr. Hennig CDU/CSU 7786 B ZusFr Kunz (Berlin) CDU/CSU 7786 B Genehmigung zur Ausfuhr des Flakpanzers Gepard; Erhaltung der deutschen Industriekapazitäten auf dem Rüstungssektor MdlAnfr A118 09.06.78 Drs 08/1895 Damm CDU/CSU Antw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . . 7786 C, D 7787 A, B, C, D ZusFr Damm CDU/CSU . . . . 7786 D, 7787 A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 7787 B ZusFr Haase (Kassel) CDU/CSU . . . 7787 B ZusFr Oostergetelo SPD 7787 C ZusFr Biehle CDU/CSU 7787 D Zahl der offenen Lehrstellen in den einzelnen Branchen MdlAnfr A5 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Dübber SPD Antw PStSekr Engholm BMBW . 7788 A, B, C, D ZusFr Dr. Dübber SPD 7788 B, C ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 7788 D Nächste Sitzung 7789 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 7791* A Anlage 2 Förderung von Versuchen mit der von dem bulgarischen Doktor der Medizin und Psychotherapie Georg Lozanov entwickelten Lehrmethode MdlAnfr A4 09.06.78 Drs 08/1895 Weißkirchen (Wiesloch) SPD SchrAntw PStSekr Engholm BMBW . . . 7791* C Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 III Anlage 3 Aufnahme des Linienverkehrs nach der Volksrepublik China durch die Lufthansa MdlAnfr A8 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Häfele CDU/CSU MdlAnfr A9 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Häfele CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 7791 * D Anlage 4 Aufnahme des Linienverkehrs nach der Volksrepublik China durch die Lufthansa MdlAnfr A10 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Abelein CDU/CSU MdlAnfr All 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Abelein CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 7792* A Anlage 5 Beurteilung der Selbstbedienungsspeisewagen im Intercity-Verkehr MdlAnfr A13 09.0638 Drs 08/1895 Merker FDP MdlAnfr A14 09.06.78 Drs 08/1895 Merker FDP SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 7792* B Anlage 6 Einführung einer Höchtsgeschwindigkeit von 130 km/h auf Bundesautobahnen; Geschwindigkeitsbegrenzung bei Nässe und Nachtfahrten MdlAnfr A18 09.06.78 Drs 08/1895 Schmidt (München) SPD MdlAnfr A19 09.06.78 Drs 08/1895 Schmidt (München) SPD SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 7792* C Anlage 7 Auswirkungen des I+D-Programms auf den Bibliotheksplan 1973; Förderung des nationalen und internationalen Leihverkehrs der Bibliotheken MdlAnfr A38 09.06.78 Drs 08/1895 Stockleben SPD MdlAnfr A39 09.06.78 Drs 08/1895 Stockleben SPD SchrAntw PStSekr Engholm BMBW . . . 793* A Anlage 8 Auswirkungen des Verratsfalles Berger auf die Vertretung von Rechtspositionen bei den Verhandlungen über den Warschauer Vertrag MdlAnfr A73 09.0638 Drs 08/1895 Schmidt (Wuppertal) CDU/CSU MdlAnfr A74 09.06.78 Drs 08/1895 Schmidt (Wuppertal) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 7794* B Anlage 9 Einrichtung einer Informationszentrale für Auslandsbeziehungen im Dienstbereich des Bundesfinanzministers sowie Aufbau einer Datenbank MdlAnfr A75 09.06.78 Drs 08/1895 Frau Will-Feld CDU/CSU MdlAnfr A76 09.06.78 Drs 08/1895 Frau Will-Feld CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . . 7794* D Anlage 10 Entschädigung der schwäbischen Bauern für die Schäden aus dem NATO-Herbstmanöver „Reforger 77" MdlAnfr A77 09.06.78 Drs 08/1895 Gerstl (Passau) SPD SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . . 7795* B Anlage 11 Verwendung der von dem deutschen Unternehmen Otrag produzierten Raketen zu militärischen Zwecken; Kenntnis der Bundesregierung vom Vertragsabschluß zwischen der Otrag und der Regierung von Zaire MdlAnfr A97 09.06.78 Drs 08/1895 Gansel SPD MdlAnfr A98 09.06.78 Drs 08/1895 Gansel SPD SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 7795* D Anlage 12 Weiterleitung der Aufträge für das Zonenrandgebiet in nicht geförderte Gebiete MdlAnfr A103 09.06.78 Drs 08/1895 Hanz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 7796* B Anlage 13 Verhinderung des Aufbringens deutscher Fischereischiffe durch polnische Behörden MdlAnfr A106 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Wittmann (München) CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 7796* C IV Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 Anlage 14 Gesetzliche Maßnahmen zur Überprüfung medizinisch-technischer Geräte MdlAnfr A108 09.06.78 Drs 08/1895 Löffler SPD MdlAnfr A109 09.06.78 Drs 08/1895 Löffler SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 7796* D Anlage 15 Steigerung des Angebots an Ausbildungsstellen durch die Einrichtung von Funktionsbereichen in den Abteilungen Berufsberatung der Arbeitsämter MdlAnfr A110 09.06.78 Drs 08/1895 Frau Steinhauer SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 7797* B Anlage 16 Regelung des Arbeitskräftebedarfs und -angebots in den Industrie- und Gewerbebetrieben MdlAnfr A111 09.06.78 Drs 08/1895 Immer (Altenkirchen) SPD MdlAnfr A112 09.06.78 Drs 08/1895 Immer (Altenkirchen) SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 7797* C Anlage 17 Nicht besetzte oder frei werdende Arztstellen im vertrauensärztlichen Dienst, im staatlichen Gesundheitsdienst sowie bei den Versorgungs- und Arbeitsämtern MdlAnfr A113 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Enders SPD MdlAnfr A114 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Enders SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 7798* A Anlage 18 Inanspruchnahme der Mittel für das Sonderprogramm der Bundesanstalt für Arbeit zur Förderung der sozialen Dienste MdlAnfr A115 09.06.78 Drs 08/1895 Kuhlwein SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 7798* B Anlage 19 Bundesmittel zur Ausbildung argentinischer Fernsehtechniker für die Übertragungen der Fußballweltmeisterschaft MdlAnfr A116 09.06.78 Drs 08/1895 Kuhlwein SPD SchrAntw MinDir Dr. Liebrecht BPA . . . 7798* D Anlage 20 Sachleistungen und Finanzmittel für den geplanten Informationsbesuch von Angehörigen des Bundesverfassungsgerichts bei der Bundesmarine zur Zeit der „Kieler Woche" MdlAnfr A119 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Corterier SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . . 7799* A Anlage 21 Bitte des Chefs des Kanzlerbüros, Leister, an den Unterbezirk Hannover der SPD um organisatorische Vorkehrungen für eine Ordensübergabe an den früheren Bundesminister Ravens SchrAnfr B1 09.06.78 Drs 08/1895 Schröder (Lüneburg) CDU/CSU SchrAntw StMin Wischnewski BK . . . . 7799* A Anlage 22 Zukunft des Kernkraftwerks Lingen SchrAnfr B4 09.06.78 Drs 08/1895 Wolfram (Recklinghausen) SPD SchrAnfr B5 09.06.78 Drs 08/1895 Wolfram (Recklinghausen) SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7799* B Anlage 23 Verhinderung einer Massierung von Kernkraftwerken in den Grenzgebieten sowie Bau des Kernkraftwerks Remerschen/Luxemburg SchrAnfr B7 09.06.78 Drs 08/1895 Schartz (Trier) CDU/CSU SchrAnfr B8 09.06.78 Drs 08/1895 Schartz (Trier) CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7799* D Anlage 24 Ausbildung von Nachwuchskräften für den gehobenen und mittleren Dienst in Bundesministerien SchrAnfr B9 09.06.78 Drs 08/1895 Stutzer CDU/CSU SchrAnfr B10 09.06.78 Drs 08/1895 Stutzer CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7800* B Anlage 25 Schutzmaßnahmen gegen Feuerunfälle SchrAnfr B11 09.06.78 Drs 08/1895 Biechele CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7800* C Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 V Anlage 26 Beeinträchtigung der Energieversorgung durch Nichtgenehmigung von Wärmepumpanlagen auf Grund des § 6 des Wasserhaushaltsgesetzes SchrAnfr B12 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Friedmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7801* A Die Frage B 13 — Drucksache 8/1895 vom 09. 06. 78 — des Abgeordneten Dr. Eyrich (CDU/CSU) ist nach Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde unzulässig. Anlage 27 Maßnahmen zur Reduzierung der Schadstoffemissionen aus Kraftfahrzeugabgasen SchrAnfr B14 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Laufs CDU/CSU SchrAnfr B15 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Laufs CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 7801* B Anlage 28 Vorlage des Berichts über Möglichkeiten zur Einebnung von Disparitäten in der Altersversorgung innerhalb des öffentlichen Dienstes SchrAnfr B16 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7801* D Anlage 29 Konsequenzen aus dem Rücktritt des Personalrats beim BMWi anläßlich der Beförderung von MinRat Wohlleben zum Unterabteilungsleiter SchrAnfr B17 09.06.78 Drs 08/1895 Regenspurger CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7802* A Anlage 30 Zentrale Sammlung und Auswertung der Urteile in Wirtschaftsstrafsachen SchrAnfr B18 09.06.78 Drs 08/1895 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 7802* A Anlage 31 Freistellung von Bankinstituten mit einer Bilanzsumme bis zu 20 Millionen DM von der Verpflichtung zur Beschäftigung von mindestens zwei Geschäftsführern SchrAnfr B19 09.06.78 Drs 08/1895 Würtz SPD SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF . . . 7802* C Anlage 32 Erlasse über die Sammlung und Auswertung von Unterlagen über steuerliche Auslandsbeziehungen ; Weitergabe von Informationen über auf Auslandsbeziehungen „spezialisierte Berater" durch die IZA SchrAnfr B20 09.06.78 Drs 08/1895 Frau Will-Feld CDU/CSU SchrAnfr B21 09.06.78 Drs 08/1895 Frau Will-Feld CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF . . . 7802* D Anlage 33 Steuerfreie Rücklage für Familienheimbesitzer im Umkreis des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr SchrAnfr B22 09.06.78 Drs 08/1805 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF . . . 7803* B Anlage 34 Heraufsetzung der Steuern sowie Beschränkung der Werbung für Zigaretten SchrAnfr B23 09.06.78 Drs 08/1895 Marschall SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 7803* D Anlage 35 Ausbau der Kernenergie auf 24 000 Megawatt bis 1985 sowie wirtschaftliche Notwendigkeit und Umweltverträglichkeit des Blocks C im Kernkraftwerk Biblis SchrAnfr B24 09.06.78 Drs 08/1895 Pfeffermann CDU/CSU SchrAnfr B25 09.06.78 Drs 08/1895 Pfeffermann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 7804* B Anlage 36 Verhinderung einer Preiserhöhung für Stahl in der EG zur Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit gegenüber Drittländern SchrAnfr B26 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Schwörer CDU/CSU SchrAnfr B27 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Schwörer CDU/CSU SchrAnfr B28 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Schwörer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 7804* D Anlage 37 Stand der Verhandlungen zwischen der industriellen Kraftwirtschaft und den Elektrizitätsversorgungsunternehmen SchrAnfr B29 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Steger SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 7805* B VI Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 Anlage 38 Förderung des Projekts zur Bekämpfung von Hagelunwettern durch Besprühen der Wolken mit Silberjodid aus Flugzeugen SchrAnfr B30 09.06.78 Drs 08/1895 Biechele CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 7805* D Anlage 39 Arbeitsrechtlicher Status von Au-pair-Beschäftigten SchrAnfr B31 09.06.78 Drs 08/1895 Büchner (Speyer) SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 7806* A Anlage 40 Berücksichtigung der zur Pflege eines behinderten Kindes aufgewendeten Zeiten berufstätiger Frauen ohne Beiträge zur Rentenversicherung hinsichtlich der Höhe der Rente MdlAnfr B32 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Stavenhagen CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 7806* C Anlage 41 Übernahme von Gemeinschaftsaufgaben von Krankenhäusern für andere Krankenhäuser, z. B. Wäscherei, Datenverarbeitung, Speisenlieferung als Beitrag zur Kostendämpfung im Krankenhauswesen SchrAnfr B33 09.06.78 Drs 08/1895 Frau Hürland CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 7806* D Anlage 42 Durchführung einer Befragung aller ausscheidenden bzw. der ehemaligen Berufssoldaten zum Thema „Ruhestand: Fürsorge und Betreuung" ; Unruhe unter den Hauptfeldwebeln über die Versetzungsaktion in der Bundeswehr SchrAnfr B34 09.06.78 Drs 08/1895 Würtz SPD SchrAnfr B35 09.06.78 Drs 08/1895 Würtz SPD SchrAnfr B36 09.06.78 Drs 08/1895 Würtz SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . . 7807* A Anlage 43 Stand der Planungen zur Errichtung des Soldatenheims Montabaur SchrAnfr B37 09.06.78 Drs 08/1895 Peiter SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . . 7808* A Anlage 44 Genehmigung des Exports von Einzelteilen der Panzerabwehrrakete Milan über Frankreich nach Syrien; Genehmigung des Exports einer in Hamburg zu bauenden Fregatte nach Argentinien SchrAnfr B38 09.06.78 Drs 08/1895 Gansel SPD SchrAnfr B39 09.06.78 Drs 08/1895 Gansel SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 7808* A Anlage 45 Warnungen amerikanischer Ärzte vor „Trimm-Trab" SchrAnfr B40 09.06.78 Drs 08/1985 Dr. Jentsch (Wiesbaden) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 7808* C Anlage 46 Gesetzliche Regelung der Kooperation zwischen zivilen und militärischen Verantwortungsbereichen zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung der Bevölkerung im Verteidigungs- und Katastrophenfall SchrAnfr B41 09.06.78 Drs 08/1895 FrauDr. Neumeister CDU/CSU SchrAnfr B42 09.06.78 Drs 08/1895 Frau Dr. Neumeister CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 7808* D Anlage 47 Einführung eines neuen Führerscheins mit Coupons (18 Punkte) zur Abtrennung durch die Polizei bei Verkehrsübertretungen SchrAnfr B43 09.06.78 Drs 08/1895 Schmidt (Niederselters) SPD SchrAntw PStSekr Haar BMV 7809* A Anlage 48 Vierspuriger Ausbau der Autobahn SingenStockach und Überlingen–Friedrichshafen SchrAnfr B44 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Häfele CDU/CSU SchrAnfr B45 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Häfele CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 7809* C Anlage 49 Investitionskosten für einen mehrgleisigen Ausbau der Eisenbahnstrecken von Berlin nach Hamburg und nach Hannover SchrAnfr B46 09.06.78 Drs 08/1895 Wohlrabe CDU/CSU Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 VII SchrAnfr B47 09.06.78 Drs 08/1895 Wohlrabe CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 7809* D Anlage 50 Ausbau der Autobahnausfahrt Montabaur SchrAnfr B48 09.06.78 Drs 08/1895 Peiter SPD SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 7810* B Anlage 51 Ermöglichung der Benutzung von Autobahnraststätten durch Gehbehinderte und Rollstuhlfahrer SchrAnfr B49 09.06.78 Drs 08/1895 Braun CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 7810* C Anlage 52 Durchführung der Baumaßnahmen der Bundesbahn für die Stadt Rotenburg/Fulda SchrAnfr B50 09.06.78 Drs 08/1895 Böhm (Melsungen) CDU/CSU SchrAnfr B51 09.06.78 Drs 08/1895 Böhm (Melsungen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 7811* A Anlage 53 Beseitigung von Arbeitsplätzen bei Auflösung von Poststellen auf dem Land und in Stadtrandgebieten; Auflösung von Poststellen in Rheinland-Pfalz SchrAnfr B52 09.06.78 Drs 08/1895 Josten CDU/CSU SchrAnfr B53 09.06.78 Drs 08/1895 Josten CDU/CSU SchrAnfr B54 09.06.78 Drs 08/1895 Josten CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMP . . . . . 7811 * C Anlage 54 Unterrichtung der Kriminalpolizei durch die Bundespost über den Diebstahl von Aktien aus einem Paketwagen in Frankfurt SchrAnfr B55 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Schmitt-Vockenhausen SPD SchrAntw PStSekr Haar BMP . . . . . 7812* A Anlage 55 Umstellung des Reinigungsdienstes der Bundespost auf Fremdreinigung SchrAnfr B56 09.06.78 Drs 08/1895 Kuhlwein SPD SchrAntw PStSekr Haar BMP . . . . . 7812* B Anlage 56 Einführung der Nahverkehrstarife für die Ortsnetze Achern, Kappelrodeck, Bühl, Baden-Baden, Rastatt, Gaggenau, Gernsbach, Forbach, Durmersheim, Iffezheim und Lichtenau SchrAnfr B57 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Friedmann CDU/CSU SchrAnfr B58 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Friedmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMP . . . . . 7812* C Anlage 57 Finanzmittel für Werbemaßnahmen zur Darstellung der Vorteile der Telefonnahbereiche und des Zeittakts SchrAnfr B59 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Langguth CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMP . . . . . 7812* D Anlage 58 Personenschutzräume im Bundespostministerium SchrAnfr B60 09.06.78 Drs 08/1895 Regenspurger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMP . . . . . 7813* A Anlage 59 Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit bei den beim Briefeingangsdienst des Postamts Baden-Baden beschäftigten Teilzeitarbeitskräften SchrAnfr B61 09.06.78 Drs 08/1895 Frau Dr. Lepsius SPD SchrAntw PStSekr Haar BMP . . . . . . 7813* B Anlage 60 Wohnungs- und konjunkturpolitische Bedeutung der von Geschäftsbanken diskutierten Modelle einer vollen Vorfinanzierung von Eigenheimen und Eigentumswohnungen bei geringem Anfangskapital; Kombinieren der Finanzierungsmodelle mit der Wohnungsbauförderung SchrAnfr B62 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Schneider CDU/CSU SchrAnfr B63 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Schneider CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . . 7813* D Anlage 61 Initiativen der Bundesregierung zur Erfüllung der Tz. 53 der zweiten Fortschreibung des Energieprogramms SchrAnfr B64 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Steger SPD SchrAntw BMin Dr. Hauff BMFT . . . . 7814* A VIII Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 Anlage 62 Internationale Zusammenarbeit bei der Weiterentwicklung des Hochtemperaturreaktors sowie Erstellung eines Rahmenfinanzplans für die Gesamtentwicklung des HTR SchrAnfr B65 09.06.78 Drs 08/1895 Lenzer CDU/CSU SchrAnfr B66 09.06.78 Drs 08/1895 Lenzer CDU/CSU SchrAnfr B67 09.06.78 Drs 08/1895 Lenzer CDU/CSU SchrAnfr B68 09.06.78 Drs 08/1895 Lenzer CDU/CSU SchrAntw BMin Dr. Hauff BMFT . . . . 7814* B Anlage 63 Entwicklungspolitische Bedeutung der Projekte der deutsch-rumänischen Consulting-Gesellschaft RODECO SchrAnfr B69 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU SchrAnfr B70 09.06.78 Drs 08/1895 Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Brück BMZ . . . . 7814* D 98. Sitzung Bonn, den 15. Juni 1978 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Adams * 15. 6. Dr. van Aerssen * 15. 6. Dr. Ahrens ** 15. 6. Dr. Aigner * 15. 6. Alber * 15. 6. Dr. Bangemann * 15. 6. Dr. Bayerl * 15. 6. Biechele 15. 6. Blumenfeld * 15. 6. Burger 15. 6. Coppik 15. 6. Daweke 15. 6. Engelsberger 15. 6. Fellermaier * 15. 6. Flämig * 15. 6. Dr. Früh * 15. 6. Dr. Fuchs * 15. 6. Gertzen 15. 6. Haase (Fürth) * 15. 6. Handlos 15. 6. Hauser (Krefeld) 15. 6. Hoffmann (Saarbrücken) * 15. 6. Ibrügger * 15. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) * 15. 6. Dr. Jentsch 15. 6. Jung * 15. 6. Dr. h. c. Kiesinger 15. 6. Dr. Klepsch * 15. 6. Klinker * 15. 6. Dr. Kreile 15. 6. Koblitz 23. 6. Lange * 15. 6. Lemp * 15. 6. Lücker * 15. 6. Luster * 15. 6. Frau Dr. Martiny-Glotz 15. 6. Mischnick 15. 6. Dr. Müller ** 15. 6. Müller (Wadern) * 15. 6. Dr. Müller-Hermann * 15. 6. Dr. Narjes 15. 6. Pawelczyk 15. 6. Reddemann ** 15. 6. Rosenthal 15. 6. Schmidt (München) * 15. 6. Schreiber * 15. 6. Schwarz 23.6. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 15. 6. Dr. Schwörer * 15. 6. Seefeld * 15. 6. Sieglerschmidt * 15. 6. Dr. Starke (Franken) * 15. 6. Strauß 15. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete() entschuldigt bis einschließlich Sybertz 23. 6. Frau Dr. Walz * 15. 6. Wawrzik * 15. 6. Wittmann (Straubing) 15. 6. Baron von Wrangel 15. 6. Würtz * 15. 6. Zeyer * 15. 6. Ziegler 23. 6. Zywietz * 15. 6. Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Engholm auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Weißkirchen (Wiesloch) (SPD) (Drucksache 8/1895 Frage A 4) : Welche Überlegungen gibt es im Verantwortungsbereich der Bundesregierung, Versuche mit der von dem bulgarischen Doktor der Medizin und Psychotherapie Georg Lozanov entwickelten Lehrmethode (vgl. „Stern" 18/78 vom 27. April 1978, Seite 94) auch in der Bundesrepublik Deutschland zu fördern? Im Rahmen des von Bundesregierung und sieben Ländern getragenen Modellversuchsprogramms „Künstler + Schüler" werden u. a. die vielfältigen pädagogischen Möglichkeiten von Musik, Tanz, Rhythmik und darstellendem Spiel in verschiedenen Unterrichtsfächern erprobt. Die Bundesregierung würde einen im Rahmen der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung vorgelegten Antrag eines Landes auf Förderung eines Vorhabens zur Erprobung der von Dr. Georg Lozanov entwickelten Lehrmethode prüfen, insbesondere wenn er den von Bund und Ländern gemeinsam festgelegten Förderungsschwerpunkten und Vorrangbereichen für die Modellversuchsförderung - Förderung des kreativen Lernens - entspricht. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Häfele (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Fragen A 8 und 9) : Weshalb hat die Deutsche Lufthansa AG, an welcher der Bund mit 74,31 v. H. beteiligt ist, bisher keinen direkten Linienflugverkehr in die Volksrepublik China aufgenommen? Gibt es außenpolitische Rücksichten, welche den Flugverkehr der Lufthansa mit China unterbinden? Zu Frage A 8: Die Deutsche Lufthansa AG sieht sich vorerst noch nicht in der Lage, den direkten Fluglinienverkehr mit der Volksrepublik China aufzunehmen. Ihre Untersuchungen haben ergeben, daß unter Berücksich- 7792* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 tigung der verkehrsrechtlichen Ausgangslage, der technischen Gegebenheiten, der operationellen Erfordernisse und des vorhandenen und zu erwarten-. den Verkehrsaufkommens ein wirtschaftlicher Betrieb einer Fluglinie nach Peking auf absehbare Zeit nicht zu erwarten ist. Zu Frage A 9: Nein. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Abelein (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Fragen A 10 und 11): Wann wird die Lufthansa den Linienverkehr nach Peking aufnehmen, nachdem die ansteigende Nachfrage bei anderen Fluggesellschaft, z. B. der Swissair, die Notwendigkeit der Linie unterstreicht? Wird die Bundesregierung die zwischen der Volksrepublik China und der Bundesrepublik Deutschland verstärkt in Gang kommenden Wirtschaftsbeziehungen dadurch unterstützen, daß sie auf die Lufthansa einwirkt, den Linienverkehr mit China bald zu eröffnen? Zu Frage A 10: Die bei der Swissair inzwischen erreichten positiven Ergebnisse lassen nicht darauf schließen, daß zusätzlich eingerichtete Lufthansa-Dienste sich in gleicher Weise entwickeln werden, da sich das von der Swissair und der seit Mai 1978 neu hinzugekommenen chinesischen Fluggesellschaft beförderte deutsche Aufkommen dann auf 3 Gesellschaften verteilen würde. Zu Frage A 11: Die Bundesregierung sieht sich nicht in der Lage, die Deutsche Lufthansa AG zur Einrichtung von wirtschaftlich nicht vertretbaren Linien zu veranlassen, da sie ihr anderenfalls die dadurch entstehenden Verluste ausgleichen müßte. Die Lufthansa ist jedoch angehalten, die Entwicklung des europäisch-chinesischen Luftverkehrs sorgfältig zu beobachten, um Peking in ihr Flugliniennetz einzubeziehen, sobald die Voraussetzungen dafür vorhanden sind. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Merker (FDP) (Drucksache 8/1895 Fragen A 13 und 14): Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß die Deutsche Bundesbahn neuerdings im Intercity-Verkehr Selbstbedienungsspeisewagen einsetzt, die auf Grund ihrer Ausstattung, z. B. Plastikbecher für Getränke, einen erheblichen Leistungsrückgang darstellen? Ist der Bundesregierung bekannt, welche Gründe die Deutsche Bundesbahn dazu veranlaßt haben, dieses System einzuführen? Zu Frage A 13: Die Bundesregierung anerkennt das Bemühen der Deutschen Bundesbahn (DB) um kostengünstigere Betriebsformen, das in der Einführung des Selbstbedienungsspeisewagens (Quick-Pick) zum Ausdruck kommt. Diese unternehmerische Maßnahme, die im übrigen nach dem Bundesbahngesetz in den ausschließlichen Entscheidungsbereich der DB fällt, läßt nach den bislang gesammelten Erfahrungen keinen erheblichen Leistungsrückgang im Speisewagendienst erkennen. Zu Frage A 14: Die Deutsche Bundesbahn sah sich angesichts der Kostenunterdeckung von rund 32,5 Millionen DM im Jahre 1977 im Speisewagendienst veranlaßt, in Verbindung mit geringerer Nachfrage eine kostensenkende und damit wirtschaftlichere Betriebsform einzuführen. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Schmidt (München) (SPD) (Drucksache 8/1895 Fragen A 18 und 19) : Welche Konsequenzen wird die Bundesregierung aus den Versuchen mit der Richtgeschwindigkeit 130 km/h auf Bundesautobahnen ziehen, und ist sie insbesondere der Auffassung, daß die Einführung einer allgemeinen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h auf Bundesautobahnen ein geeignetes Mittel zur nachhaltigen Verbesserung der Verkehrssicherheit ist? Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Wirksamkeit einer Tempobegrenzung auf 80 km/h bei Nässe und über eine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung bei Nachtfahrten als Beiträge zur Senkung der bei Nässe- und Nachtfahrten typischen Unfälle? Zu Frage A 18: Nach sorgfältiger Auswertung des Gutachtens der Projektgruppe „Autobahngeschwindigkeiten", nach Erörterung mit den Verbänden und den Ländern ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Beibehaltung der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h verbunden mit einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h bei Nässe unter Berücksichtigung aller Umstände die optimale Lösung darstellt. Zu Frage A 19: Ein allgemeines Tempo-Limit von 80 km/h bei Nässe wird nicht erwogen. Derartige Beschränkungen können örtlich notwendig sein und werden dann durch die Straßenverkehrsbehörden der Länder angeordnet. Die beabsichtigte Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h bei Nässe wird einen beachtlichen Sicherheitsgewinn bringen. Eine allgemeine Geschwindigkeitsbeschränkung bei Nacht hält die Bundesregierung wegen der nachts geringen Verkehrsdichte nicht für gerechtfertigt. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 7793* Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Engholm auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Stockleben (SPD) (Drucksache 8/1895 Fragen A 38 und 39) : Welchen Zusammenhang sieht die Bundesregierung zwischen dem Programm „Information und Dokumentation" (I+D-Programm) mit dem Bibliotheksplan '73, und welche negativen Auswirkungen befürchtet sie, wenn Abstriche am Bibliotheksplan '73 gemacht würden? Wie beurteilt die Bundesregierung den nationalen und internationalen Leihverkehr der Bibliotheken, und welche Maßnahmen werden von ihr zu dessen Verbesserung unterstützt? Ihre Fragen beantworte ich im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Forschung und Technologie wie folgt: Zu Frage A 38: Der Bibliotheksplan 73, der unter finanzieller Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft ausgearbeitet wurde, ist von der Deutschen Bibliothekskonferenz auf dem Bibliothekskongreß 1973 verabschiedet worden. Nach diesem Plan soll der verschiedenartige Literaturbedarf durch ein abgestuftes System von Bibliotheken auf vier Funktionsebenen — von der örtlichen und regionalen bis hin zur überregionalen Literaturversorgung — und durch systematische Zusammenarbeit aller bibliothekarischen Einrichtungen im Rahmen eines Verbundnetzes gedeckt werden. Mit dem federführend vom Bundesminister für Forschung und Technologie betreuten Programm zur Förderung der Information und Dokumentation (IuDProgramm) will die Bundesregierung leistungsfähige Informations- und Dokumentationsdienste schaffen. Die eingeleiteten Maßnahmen zum Aufbau von Fachinformationssystemen werden nur dann voll wirksam, wenn neben dem Literaturnachweis auch der schnelle Zugang zur benötigten Literatur durch ein entsprechend ausgebautes Literaturversorgungssystem gewährleistet ist. Der benutzergerechten Ausstattung der deutschen Bibliotheken mit Literatur und der Verbesserung des Leihverkehrs kommen hierbei entscheidende Bedeutung zu. Eine unzureichende Erfüllung des Bibliotheksplanes könnte empfindliche Rückwirkungen auf das gesamte nationale Kommunikationsgefüge haben, weil den durch wachsende Informationsbedürfnisse zunehmenden Literaturbestellungen dann zum Nachteil von Wissenschaft und Forschung nicht ausreichend entsprochen werden könnte. Der Bund leistet in mehrfacher Hinsicht Beiträge zur Stärkung des Bibliothekswesens, so insbesondere durch — Förderung der Deutschen Bibliothek als zentrale Archivbibliothek und nationales bibliographisches Zentrum für die deutschsprachige Literatur — Beteiligung an der Finanzierung weiterer Bibliotheken mit überregionalen Aufgaben (z. B. Staatsbibliothek, Preußischer Kulturbesitz, Zentrale Fachbibliotheken) — Förderung der Arbeitsstelle für Bibliothekswesen und der Arbeitsstelle für Bibliothekstechnik, beide jetzt im Deutschen Bibliotheksinstitut zusammengefaßt — Förderung .von Vorhaben zur Modernisierung und Rationalisierung der Bibliotheken — Förderung von Vorhaben zur Verknüpfung der Fachinformationsdienste mit der Literaturvermittlung — indirekt auf dem Wege der Förderung des wissenschaftlichen Bibliothekswesens durch die von Bund und Ländern finanziell getragene Deutsche Forschungsgemeinschaft. Die Bundesregierung setzt sich darüber hinaus insbesondere in der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung für die Verwirklichung des „Bibliotheksplans 73" ein. Zu Frage A 39: In der Bundesrepublik fallen jährlich rund 2 Millionen Fernleihvorgänge an. Gemessen an internationalen Maßstäben muß die Funktionsfähigkeit des Fernleihverkehrs als relativ gut bezeichnet werden. Die Deutsche Bibliothekskonferenz hat auf ihrem Stuttgarter Bibliothekskongreß am 17. Mai 1978 eine neue Leihverkehrsordnung verabschiedet, die weitere Fortschritte erwarten läßt. Dennoch wird der Leihverkehr verbesserungsbedürftig bleiben: So kann etwa wissenschaftlichtechnische Literatur für Zwecke der Forschung, Entwicklung und Lehre nicht immer in der gebotenen Schnelligkeit vermittelt werden. Dies ist nicht nur ein nationales, sondern im Hinblick auf das weltweite Literaturaufkommen auch ein internationales Problem und wird daher zunehmend auch in internationalen Organisationen (z. B. in der UNESCO, in den Europäischen Gemeinschaften und im Internationalen Verband von Bibliotheken — IFLA) behandelt. Zielvorstellung bleibt ein leistungsfähiges Literaturnachweis- und -fernbestellungssystem, das den unterschiedlichen Bedürfnissen von Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung und Einzelpersonen entspricht. Diese Zielvorstellung ist erst teilweise verwirklicht. Insbesondere der Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung muß weiter untersucht und entwickelt werden. Die Bundesregierung ist bereit, sich im Zusammenhang mit dem Aufbau eines nationalen Bibliotheks- und Informationsverbunds und dessen Anschluß an das Informationsnetz der Europäischen Gemeinschaften an der weiteren Entwicklung eines überregionalen Literaturnachweis- und -fernbestellungssystems zu beteiligen. Hier sind allerdings noch eingehende Verhandlungen vor allem mit den Ländern erforderlich. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß sich u. a. folgende vom BMBW geförderte Vorhaben auf die Verbesserung des Leihverkehrs auswirken: - Untersuchung zur Ausstattung der Leihverkehrsregionen mit neuerer deutschsprachiger Literatur 7794* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 — Untersuchung über die Möglichkeit eines Deutschen Gesamtkatalogs — Untersuchung über einen Verbundkatalog aus den maschinenlesbaren Katalogdaten der neuen Universitätsbibliotheken — Untersuchung zur Vereinheitlichung der Regionalen Zentralkataloge. Auch der Bundesminister für Forschung und Technologie finanziert im Rahmen des IuD-Programms u. a. folgende Projekte: — Aufbau und Fortentwicklung eines nationalen Zentrums für das Internationale Datensystem für periodische Publikationen der UNESCO bei der Deutschen Bibliothek — Aufbau eines zentralen Dienstes zur Vorindexierung der bei der Deutschen Bibliothek ständig eingehenden deutschsprachigen wissenschaftlichtechnischen Zeitschriftenliteratur für Dokumentations- und Bibliothekszwecke — Entwicklung einer zentralen Datenbank und eines Magnetbanddienstes für bibliographische Informationen über die nationale Buch- und Medienproduktion nach Benutzerprofilen bei der deutschen Bibliothek mit Anschluß an den nationalen und europäischen Informationsverbund der Europäischen Gemeinschaften — Entwicklung eines DV-gestützten Bibliotheksverbundes der Obersten Bundesbehörden und des Deutschen Bundestages. Ferner ist die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Zeitschriftendatenbank in Berlin zu erwähnen. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Fragen A 73 und 74): Ist der vorzeitige Verrat der Stellungnahme der Bundesregierung zu Rechtspositionen und Grenzfragen ganz Deutschlands vor Beginn von Verhandlungsgesprächen über solche Fragen nicht ebenso als Verrat eines Staatsgeheimnisses im Spionagefall Berger zu beurteilen, wie es bei dem Verrat von Anweisungen der Bundesregierung zur Stellungnahme gegenüber Forderungen, die das Gebiet des Geltungsbereichs des Grundgesetzes selbst betreffen, gewesen wäre? Mit welcher logischen und mit welcher sachlichen Begründung wurde nach den pflichtgemäßen Erhebungen der Bundesregierung im Verratsfall Berger einerseits zwar die Gefahr schwerer Nachteile für Deutschland als Ganzes und für die Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland, ganz Deutschlands Rechtspositionen zu wahren, verursacht, andererseits aber trotz dieser Nachteile die Ergebnisse des Warschauer Vertrags für Deutschland als Ganzes nicht nachteilig beeinflußt? Zu Frage A 73: Frau Helge Berger ist durch rechtskräftiges Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 2. November 1977 wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit Verletzung des Dienstgeheimnisses und mit Bestechlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Das Vorliegen eines Landesverrats hat das Gericht nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung in Übereinstimmung mit dem Sitzungsvertreter der Bundesanwaltschaft verneint. Die Bundesregierung lehnt es aus grundsätzlichen Erwägungen ab, diese Bewertung eines unabhängigen Gerichtes in Zweifel zu ziehen. Zu Frage A 74: Wie bereits in der Antwort auf die vorherige Frage erwähnt, hat das Oberlandesgericht Düsseldorf Helge Berger unter anderem der geheimdienstlichen Agententätigkeit in einem besonders schweren Fall für schuldig befunden. Ein besonders schwerer Fall der geheimdienstlichen Agententätigkeit liegt nach § 99 des Strafgesetzbuches in der Regel vor, wenn der Täter unter anderem eine verantwortliche Stellung mißbraucht, die ihn zur Wahrung von Geheinmnissen besonders verpflichtet, oder er durch die Tat die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat bejaht, daß durch die geheimdienstliche Agententätigkeit von Helge Berger die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik Deutschland herbeigeführt worden ist. Das Gericht hat aber mit eingehender Begründung verneint, daß der Verrat von Frau Berger als Landesverrat zu werten ist. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hat der Verrat die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland nämlich nicht herbeigeführt. In der Urteilsbegründung setzt sich das Oberlandesgericht Düsseldorf in diesem Zusammenhang auch mit der Frage auseinander, ob der Verrat von Frau Berger die Ergebnisse des Warschauer Vertrages nachteilig beeinflussen konnte. Da das Urteil gegen Frau Berger VS-vertraulich eingestuft ist, bitte ich um Ihr Verständnis, daß ich Ihnen die hierzu vom Gericht gegebene Begründung nicht öffentlich darlegen kann. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Will-Feld (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Fragen A 75 und 76): Kann die Bundesregierung bestätigen, daß sie eine Informationszentrale für Auslandsbeziehungen aufbaut oder bereits aufgebaut hat, die im Dienstbereich des Bundesfinanzministers unter der Bezeichnung IZA geführt wird, und wenn ja, ist diese Zentrale Teil des Bundesamts für Finanzen? Beabsichtigt die Bundesregierung, zusätzlich eine besondere Datenbank aufzubauen, und wenn ja, ist diese Datenbank mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten auf ihre Rechtmäßigkeit abgestimmt? Nach dem Finanzverwaltungsgesetz gehört zu den Aufgaben des Bundesamts für Finanzen „die zentrale Sammlung und Auswertung von Unterlagen über steuerliche Auslandsbeziehungen nach näherer Weisung des Bundesministers der Finanzen" (§ 5 Abs. 1 Nr. 6). Auf Grund dieses gesetzlichen Auftrags hat Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 7795* das Bundesamt für Finanzen eine Informationszentrale Ausland — kurz als IZA bezeichnet — aufgebaut und baut sie weiter aus. Die Weisungen des Bundesministers der Finanzen sind vornehmlich in dem BMF-Schreiben vom 15. September 1975 enthalten, das im Bundessteuerblatt 1975 I S. 1018 veröffentlicht woren ist. Die Zentrale ist Teil des Bundesamts für Finanzen, das als Oberbehörde zu den Bundesfinanzbehörden gehört (§ 1 Nr. 2 Finanzverwaltungsgesetz). Aufgabe der Informationszentrale Ausland ist es, Informationen zusammenzutragen, die zur intensiven Zusammenarbeit und zeitnahen Unterrichtung aller beteiligten Finanzbehörden auf diesem Gebiet notwendig sind. Mit der zunehmenden Auslandsverflechtung kommt der Ermittlung von Auslandsbeziehungen im Besteuerungsverfahren besondere Bedeutung zu. Das Bundesamt für Finanzen setzt bei der Erfüllung seiner Aufgabe ein DV-gestütztes Informationssystem nach Weisungen des Bundesministers der Finanzen ein; wesentlicher Bestandteil ist dabei eine Datenbank. Dieses Informationssystem befindet sich zur Zeit im Aufbau. Das Bundesamt für Finanzen beachtet sorgfältig die Bestimmungen über den Datenschutz nach dem Bundesdatenschutzgesetz. Die dem Informationssystem zugrunde liegende Datei ist zum Register des Bundesdatenschutzbeauftragten angemeldet. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Gerstl (Passau) (SPD) (Drucksache 8/1895 Frage A 77) : Trifft es zu, daß schwäbische Bauern sieben Monate nach Beendigung des NATO-Herbstmanövers „Reforger 77" auf Grund fehlender Einigung der Behörden über die Zuständigkeiten bei der Schadensabwicklung noch immer auf die Überweisung ihrer Entschädigungsforderungen warten müssen, wie aus dem Pressedienst des Bayerischen Bauernverbands vom 24. Mai 1978 hervorgeht, und wenn ja, wird die Bundesregierung sich für die Beschleunigung der Auszahlung einsetzen? Es trifft zu, daß einige Manöverschäden noch .nicht abgegolten werden konnten, die durch das amerikanische Reforger-Manöver in der Zeit vom 1. bis 30. September 1977 im Raum südlich der Donau verursacht worden sind. Allerdings ist die Abwicklung der Schäden nicht durch die Uneinigkeit der Entschädigungsbehörden über ihre Zuständigkeit, sondern durch die nach Beendigung des Manövers einsetzenden Schneefälle wesentlich verzögert worden. Da das Manövergebiet von Mitte November 1977 bis etwa Ende Februar 1978 unter einer dichten Schneedecke lag, konnte der größte Teil der Flurschäden erst sehr spät von den Schadenskommissionen aufgenommen und begutachtet werden.. Die Manöverschäden werden überwiegend von der Verteidigungslastenverwaltung der Länder Baden-Württemberg und Bayern und nur zu einem geringen Teil von der Bundeswehrverwaltung reguliert. Das Amt für Verteidigungslasten in München hat inzwischen alle landwirtschaftlichen Schäden im Land Bayern abgewickelt bzw. den Betroffenen Entschädigungen angeboten. Unerledigt sind nur noch die Schadensfälle, in denen Grenzsteine und Drainageeinrichtungen der Landwirte beschädigt worden sind. Eine geringfügige Verzögerung einzelner Entschädigungsverfahren war im Land Bayern dadurch eingetreten, daß das Amt für Verteidigungslasten in München wegen nachträglich aufgetretener Zweifelsfragen noch tatsächliche Feststellungen treffen mußte, ob die in einem Teilbereich des Landkreises Ober-Allgäu entstandenen Schäden von der Bundeswehr allein oder gemeinsam mit den amerikanischen Streitkräften verursacht worden sind. Da die von der Bundeswehr allein verursachten Schäden von der Bundeswehrverwaltung abzugelten und von der Bundesrepublik finanziell selbst zu tragen sind, ließ sich diese für einige Entschädigungsverfahren verzögerliche Prüfung nicht vermeiden. Das Amt für Verteidigungslasten in Ulm hat rd. 71 % der im Land Baden-Württemberg verursachten Flurschäden den Landwirten entschädigt oder ihnen Entschädigungsangebote unterbreitet. Das Finanzministerium Baden-Württemberg rechnet damit, daß das Amt bis Ende Juli 1978 alle landwirtschaftlichen Schäden abgewickelt haben wird. Die Bundeswehrverwaltung hat fast alle bei ihr geltend gemachten Flurschäden reguliert. Um auf eine zügige Abwicklung der Manöverschäden hinzuwirken, hat das Bundesministerium der Finanzen mit den Finanzministerien der Länder Bayern und Baden-Württemberg ständig Kontakt gehalten. Die Bundesregierung wird auch weiterhin darauf Einfluß nehmen, daß die Behörden die restlichen Flurschäden des Manövers alsbald den Landwirten entschädigen. Anlage 11 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 8/1895 Fragen A 97 und 98) : Hat die Bundesregierung vom Abschluß des Vertrags zwischen dem deutschen Unternehmen OTRAG und der Regierung von Zaire Kenntnis gehabt, und aus welchem Grund sind ausländische Regierungen bei der Bundesregierung wegen dieses Vertrags vorstellig geworden? Welche Möglichkeiten hat die Bundesregierung, auf die Tätigkeit der OTRAG Einfluß zu nehmen, und kann die Bundesregierung ausschließen, daß die von der OTRAG produzierten Raketen zu militärischen Zwecken benutzt werden? 1. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (6. Dezember 1975) hatte die Bundesregierung keine Kenntnis von der zwischen der Firma OTRAG und der Republik Zaire getroffenen Vereinbarung. Einige Regierungen haben ihre Besorgnis zu erkennen gegeben, die Bundesrepublik Deutschland könnte durch OTRAG ein militärisches Raketensystem entwickeln, zumindest aber verhindere sie eine solche Entwicklung nicht. Eine Anzahl afrikani- 7796* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 scher Stimmen, vor allem im südlichen Afrika, befürchten durch OTRAG eine Beeinträchtigung ihrer Sicherheitsinteressen. Die Bundesregierung hat den von der Firma OTRAG geschlossenen Vertrag sorgfältig auf Übereinstimmung mit den Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus Weltraumvertrag, WEU-Vertrag und anderen einschlägigen internationalen Vereinbarungen überprüft. Sie ist zu dem Ergebnis gekommen, daß dieser Vertrag nicht gegen völkerrechtliche Verpflichtungen und Beschränkungen, denen die Bundesrepublik Deutschland unterliegt, verstößt. 2. Die OTRAG-Rakete ist für den kommerziellen Transport von zivilen Nutzlasten in den Weltraum konzipiert. Nach unseren Feststellungen ist die Rakete, die sich noch in der Entwicklungsphase befindet, auf Grund ihrer Konstruktionsmerkmale für militärische Zwecke nicht geeignet. Die Bundesregierung, die auf die Einhaltung ihrer völkerrechtlichen Verpflichtungen den größten Wert legt, hätte sofort geeignete Maßnahmen ergriffen, wenn ihre Feststellungen zu einem anderen Ergebnis geführt hätten. Um eine klare Kontrolle ausüben zu können, hat die Bundesregierung durch eine am 4. Mai 1978 vorgenommene Änderung der Ausfuhrliste zur Außenwirtschaftsverordnung sichergestellt, daß die Ausfuhr von Raketen und Raketenteilen auch für zivile Zwecke genehmigungspflichtig ist. Die Genehmigung kann versagt werden, „um eine Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker zu verhindern" oder um „zu verhüten, daß die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich gestört werden". Anlage 12 Antwort des Parl. Staatsekretärs Grüner auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Hanz (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Frage A 103) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß in den Genuß der bevorzugten Berücksichtigung der Zonenrandgebiete bei der Auftragsvergabe durch Ministerien des Bundes auch reine Handelsunternehmen kommen, die die bestellten Güter nicht selbst produzieren, sondern diese Aufträge in nicht geförderte Gebiete weiterleiten und somit die beabsichtigte Verbesserung der Beschäftigungslage und der Wirtschaftsstruktur gar nicht erreicht werden kann? Der Bundesregierung ist diese Vergabepraxis bekannt. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 der „Richtlinien für die bevorzugte Berücksichtigung von Personen und Unternehmen aus dem Zonenrandgebiet und aus Berlin (West) bei der Vergabe öffentlicher Aufträge" vom 11. August 1975 sollen Handelsunternehmen bevorzugt werden, wenn sie nachweisen, daß sie ihren Sitz im Zonenrandgebiet oder in Berlin (West) haben. Unter Sitz ist dabei ausschließlich der Hauptsitz des Handelsunternehmens zu verstehen, nicht der Sitz der Zweigniederlassung. Diese Regelung dient dem Ziel des Ausgleichs von Standortnachteilen und der Sicherung und Schaffung von Dauerarbeitsplätzen in den Förderregionen. Nach der geltenden Fassung der Richtlinien kommt es hinsichtlich der Bevorzugung von Handelsunternehmen nicht darauf an, daß die Produkte in den bevorzugten Gebieten hergestellt werden. Die Bundesregierung wird die Auftragsvergabe in diese Regionen weiterhin aufmerksam beobachten. Anlage 13 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Frage A 106) : Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um in Zukunft das Aufbringen deutscher Fischereischiffe durch polnische Behörden zu verhindern? In Beantwortung Ihrer Frage darf ich zunächst klarstellen, daß sich das Problem nur für die sogenannte Grauzone zwischen Dänemark und Polen vor Bornholm stellt. In dieser Zone will die polnische Regierung lediglich das Fischen durch dänische Fahrzeuge hinnehmen, nicht dagegen durch andere, insbesondere deutsche. Nach übereinstimmender deutsch-dänischer Auffassung stehen dagegen deutschen Fischern, die auf Grund der Gemeinsamen Fischereipolitik der EG in der dänischen Zone fischen dürfen, gleiche Zugangsrechte in der Grauzone zu wie den dänischen. Sowohl die dänische Regierung wie die Bundesregierung haben die polnische Regierung über diese Auffassung unterrichtet. Die Bundesregierung hat nach dem jüngsten Zwischenfall, der Aufbringung des deutschen Kutters Capella am 4. Juni, am gleichen Tage bei der polnischen Regierung förmlich Rechtsverwahrung eingelegt. Ferner hat die Bundesregierung schon frühzeitig in Kontakt mit der dänischen Regierung gestanden, um die Möglichkeit der Übernahme des Fischereischutzes für deutsche Boote durch Dänemark zu erörtern. Die dänische Regierung hat uns nun dankenswerterweise davon unterrichtet, daß sie den Einsatz ihrer Fischereischutzboote verstärken und allen Schiffen Schutz gewähren wird, die in der von Dänemark beanspruchten Zone rechtmäßig fischen, also insbesondere auch deutschen Schiffen. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Löffler (SPD) (Drucksache 8/1895 Fragen A 108 und 109) : Liegen inzwischen die Ergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe vor, die sich mit der Frage befaßt, welche gesetzlichen Maßnahmen zur Überprüfung von medizinisch-technischen Ge- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 7797* räten ergriffen werden können, und was beinhalten sie gegebenenfalls? Wenn nein, wann ist mit dem Abschluß zu rechnen? Die auf Anregung der Gesundheitsministerkonferenz beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung eingerichtete Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat einen Katalog der in Betracht kommenden medizinisch-technischen Geräte zusammengestellt. Hierzu hat sie Sachverständige aus den Bereichen der Hersteller, der Krankenkassen, der Organisationen der Ärzte, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und Wissenschaftlern von Hochschulinstituten der Biomedizinischen Technik hinzugezogen. Orientierungsgrundlage war dabei die vorgesehene VDE-Norm — Allgemeine Sicherheitsbestimmungen für elektrische Einrichtungen in medizinischer Anwendung; maßgebliches Kriterium war die Gefährdung durch das Gerät bei der Anwendung am Körper des Patienten. Die so erfaßten Geräte wurden dann nach einer Gefahrenskala entsprechend dem Grad ihrer Gefährlichkeit in Gruppen eingeteilt. Die geltenden gesetzlichen Bestimmungen reichen nicht aus, um die für die Sicherheit der medizinisch-technischen Geräte notwendigen Vorschriften zu erlassen. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung prüft z. Z., auf welchem Wege die erforderlichen Rechtsänderungen möglichst kurzfristig verwirklicht werden können. In Betracht kommen dürfte eine Änderung des Maschinenschutzgesetzes und der Gewerbeordnung. Die Aufgabe der Bund-Länder-Arbeitsgruppe — und damit komme ich zu Ihrer zweiten Frage — ist erfüllt; sie hat gegenüber der Gesundheitsministerkonferenz einen Abschlußbericht erstellt. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Steinhauer (SPD) (Drucksache 8/1895 Frage A 110) : Trifft es zu, daß in einigen Arbeitsämtern durch Organisationsänderungen in der Abteilung Berufsberatung, das heißt durch Einrichtung von Funktionsbereichen, die sich nur mit Ausbildungsstellenvermittlung beschäftigen, eine wesentliche Steigerung der angebotenen Ausbildungsstellen und der Ausbildungsstellenvermittlung erreicht werden konnte, und ist die Bundesregierung bereit, daraus die Konsequenzen zu ziehen und der Bundesanstalt für Arbeit zu empfehlen, diese Organisationsänderungen im Interesse der Jugendlichen bundesweit in den Arbeitsämtern einzuführen? Die Bundesanstalt hat durch Erlaß bereits eine bundesweite Einführung der von Ihnen angesprochenen Organisationsänderung angeordnet. Der Funktionsbereich Ausbildungsvermittlung und -beratung soll in allen Hauptämtern und denjenigen ständig mit Fachkräften der Berufsberatung besetzten Nebenstellen gebildet werden, in denen nicht nur vorübergehend mindestens vier Berufsberater — ohne Abiturientenberater und Berufsberater für Behinderte — angesetzt sind. Diese Voraussetzung trifft gegenwärtig auf 41 Nebenstellen zu. Ich kann bestätigen, daß sich die Organisationsänderung in den Dienststellen, in denen sie bereits abgeschlossen ist, nach Mitteilung der Bundesanstalt für Arbeit bewährt hat. Die Zusammenarbeit mit den Ausbildungsbetrieben und den für die Berufsbildung zuständigen Stellen konnte intensiviert werden; die ratsuchenden Bewerber erhalten schneller Vermittlungsangebote. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Immer (Altenkirchen) (SPD) (Drucksache 8/1895 Fragen A 111 und 112): Inwieweit bestätigt die Bundesregierung Feststellungen von Industrie- und Gewerbebetrieben, wonach diese ihre Produktion einschränken oder nicht steigern können, weil sie keine Arbeitskräfte, insbesondere weibliche, mangels Bereitschaft, einstellen können? Was gedenkt die Bundesregierung gegebenenfalls zu veranlassen, uni Vermittlungsmängel, die ein Mißverhältnis zwischen Arbeitskräftebedarf und -angebot begründen, zu beseitigen? Der Bundesregierung wird der Arbeitskräftebedarf der Betriebe nur insoweit bekannt, als offene Stellen den Arbeitsämtern gemeldet werden. Im Zeitpunkt der letzten statistischen Erhebung durch die Bundesanstalt für Arbeit Ende Mai 1978 waren den Dienststellen der Bundesanstalt für Arbeit rd. 255 000 offene Stellen bei insgesamt rund 913 000 Arbeitslosen gemeldet. Im Laufe des Monats Mai haben die Arbeitsämter in insgesamt rd. 175 000 Fällen die Einstellung von Arbeitskräften vermittelt. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß der Arbeitskräftebedarf der Wirtschaft im wesentlichen gedeckt werden kann. Klagen über den Mangel an Fachkräften (z. B. in den holzbearbeitenden Berufen) sind allerdings von einigen Wirtschaftszweigen bekannt. Ich kann Ihnen auch bestätigen, daß im Zusammenhang mit der Forderung nach Lockerung des Anwerbestopps für ausländische Arbeitnehmer, Hotel- und Gaststättenbetriebe, landwirtschaftliche- und Obstbaubetriebe über Arbeitskräftemangel klagen. In diesen Fällen haben wir aber häufig festgestellt, daß offene Arbeitsplätze den Arbeitsämtern nicht gemeldet waren oder die Arbeitsbedingungen (Lohn, Arbeitszeit, Vergütung von Ausfallzeiten, Unterbringung usw.) nicht denen der übrigen Wirtschaft entsprachen. Zu Ihrer zweiten Frage bemerke ich: Die nicht vollständige Deckung von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt geht sicherlich nicht nur auf Vermittlungsmängel zurück. Zu einer Verbesserung der Vermittlung wird die Neuorganisation der Abteilung Arbeitsvermittlung in den Arbeitsämtern beitragen, die ab 1. Juli 1978 Zug um Zug in den Arbeitsämtern eingeführt wird und mit der die Erfahrungen in den Modellarbeitsämtern Würzburg und Celle allgemein in die Praxis übertragen werden. Die Bundesregierung hat zur Verbesserung der Vermittlung außerdem der Bundesanstalt für Arbeit zusätzlich 1 600 Planstellen be- 7798* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 willigt. Umschulung, berufliche Fortbildung und Anlernmaßnahmen werden verstärkt eingesetzt, um Arbeitslose für offene Arbeitsplätze zu qualifizieren. Zur Förderung der regionalen Mobilität werden die Leistungen zur Förderung der Arbeitsaufnahme nach dem Arbeitsförderungsgesetz verstärkt angeboten. Alle diese Maßnahmen werden dazu beitragen, die Vermittlungsleistungen über den gegenwärtigen Stand hinaus zu verbessern. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Enders (SPD) (Drucksache 8/1895 Fragen A 113 und 114) : Ist der Bundesregierung bekannt, wieviel Arztstellen im vertrauensärztlichen Dienst, im staatlichen Gesundheitsdienst sowie bei Versorgungs- und Arbeitsämtern nicht besetzt sind oder in den nächsten Jahren aus Altersgründen frei werden, und welche Konsequenzen gedenkt sie gegebenenfalls aus dem Fehlbedarf zu ziehen? Mit welchen Maßnahmen kann nach Ansicht der Bundesregierung der ärztliche Nachwuchs für die genannten Stellen gefördert werden? Der Bundesregierung ist das in Ihrer Frage aufgeworfene Problem bekannt, insbesondere im Zusammenhang mit der Diskussion um die Einrichtung eines gemeinsamen sozialmedizinischen Dienstes. Aus dieser Diskussion weiß die Bundesregierung, daß in fast allen von Ihnen angesprochenen Verwaltungen die ärztlichen Stellen nicht in einem ausreichenden Umfang besetzt sind. Allerdings liegen die Zuständigkeiten für die in Ihren Fragen angesprochenen Bereiche nicht bei der Bundesregierung, sondern bei den Ländern und Gemeinden oder bei den Versicherungsträgern. Es ist daher wegen der konkreten aktuellen Zahlen eine Umfrage erforderlich, die zwangsläufig einige Zeit beansprucht. Sobald mir die Unterlagen vorliegen, werde ich auf Ihre Frage zurückkommen. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Kuhlwein (SPD) (Drucksache 8/1895 Frage A 115) : Welche Folgerungen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, daß die Mittel für das Sonderprogramm der Bundesanstalt für Arbeit zur Förderung der sozialen Dienste nur teilweise in Anspruch genommen werden? Die Bundesregierung verfolgt aufmerksam die Entwicklung der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Bereich der sozialen Dienste nach ihrem arbeitsmarktpolitischen Programm vom 25. Mai 1977, mit denen sie einen neuen Schwerpunkt setzen wollte. Sie betrachtet es als einen Erfolg, daß die Zahl der im Bereich der sozialen Dienste beschäftigten zugewiesenen Arbeitnehmer von 1 399 im August 1977 auf 5 875 im April 1978 angestiegen ist. Der Anteil an der Zahl aller in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen beschäftigten zugewiesenen Arbeitenehmer hat sich damit von 3,2 v. H. auf 11,4 v. H. erhöht. Die Zahl der zugewiesenen Arbeitnehmer, für die Förderung aus Mitteln des Programms vom 25. Mai 1977 gewährt wird, ist in den vergangenen Monaten kontinuierlich gestiegen. Die Mittel für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Bereich der sozialen Dienste sind zwar, worauf Sie zutreffend hinweisen, bislang nur etwa zur Hälfte durch Anerkennungsbescheide gebunden. Die Förderung wurde aber im weitaus überwiegenden Teil der Fälle bislang nur für ein Jahr zugesagt. Ich gehe davon aus, daß auch für einen großen Teil der anderen Maßnahmen von der im Bereich der sozialen Dienste bestehenden Möglichkeit einer Verlängerung bis auf zwei Jahre Gebrauch gemacht werden wird. Im übrigen werden laufend weitere Anerkennungsbescheide erteilt. Angesichts dieser positiven Bilanz und anhaltenden Entwicklung sieht die Bundesregierung gegenwärtig keinen Anlaß, in dem von Ihnen gemeinten Sinn Folgerungen für den Programmteil „Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Bereich der sozialen Dienste" zu ziehen. Anlage 19 Antwort des Stellvertretenden Chefs des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Ministerialdirektor Dr. Liebrecht auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Kuhlwein (SPD) (Drucksache 8/1895 Frage A 116) : Trifft es zu, daß die Ausbildung argentinischer Fernsehtechniker für die Übertragung von der Fußballweltmeisterschaft aus Bundesmitteln gefördert worden ist, und welche Begründung kann die Bundesregierung gegebenenfalls dafür geben? Die Ausbildung von Technikern des argentinischen Fernsehens für die Übertragungen von der Fußballweltmeisterschaft ist nicht aus Bundesmitteln gefördert worden. Im vergangenen Jahr wurde allerdings innerhalb einer Reihe von Sonderseminaren des SFB für ausländische TV-Spezialisten, die mit dem in der Bundesrepublik entwickelten PAL-System vertraut gemacht werden sollen, auch ein vierwöchiger Farbfernseh-Workshop für 18 Programm- und Produktionsfachleute des argentinischen Fernsehens in Berlin durchgeführt. Die Finanzierung erfolgte aus Mitteln, die erstmals im Haushaltsjahr 1974 vom Deutschen Bundestag bewilligt wurden, um die Verbreitung des PAL-Systems im Ausland gezielt zu fördern und gegenüber den übrigen Farbfernsehsystemen durchzusetzen. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 7799* Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Corterier (SPD) (Drucksache 8/1895 Frage A 119) : Welche Sachleistungen und welche finanziellen Mittel werden von der Bundesregierung für den geplanten Informationsbesuch von Angehörigen des Bundesverfassungsgerichts bei der Bundesmarine zur Zeit der „Kieler Woche" aufgewandt? Für den Informationsbesuch wird Lufttransport von Söllingen nach Kiel und zurück bereitgestellt. Ehefrauen, die die Verfassungsrichter begleiten, müssen 0,36 DM pro Flugkilometer erstatten. Für Fahrten in Kiel wird ein Omnibus der Bundeswehr bereitgestellt, für die Fahrten vom und zum Flugplatz Kiel-Holtenau ein zusätzliches Fahrzeug zum Gepäcktransport. An Repräsentationsmittel werden für ein Abendessen, dessen Gastgeber der Parlamentarische Staatssekretär des Bundesministers der Verteidigung ist, 20,— DM, für ein Mittagessen einschließlich Erfrischungen bei der Truppe 6,— DM pro Verfassungsrichter — nicht für deren Ehefrauen — aufgewendet werden. Anlage 21 Antwort des Staatsministers Wischnewski auf die Schriftliche Frage des . Abgeordneten Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Frage B 1) : Trifft eine Meldung des Informationsdienstes „Rundblick" vom 3. Juni 1978 zu, derzufolge der Chef des Kanzlerbüros, Leister, sich an den Unterbezirk Hannover der SPD mit der Bitte gewandt hat, die organisatorischen Vorkehrungen für eine Ordensübergabe an den früheren Bundesminister Ravens für Freitag, den 2. Juni, zu treffen und daß ein entsprechender Vermerk durch den Chef des Kanzleramts, Staatssekretär Schüler, abgezeichnet ist? Die von Ihnen zitierte Meldung trifft nicht zu. Richtig ist, daß ein Mitarbeiter des Kanzlerbüros, Herr Walter, mit einem Vertreter der Stadtverwaltung Hannover Kontakt aufgenommen und die technischen Voraussetzungen einer möglichen Ordensübergabe an Bundesminister a. D. Ravens durch den Bundeskanzler am Freitag, dem 2. Juni, in einem gesonderten Raum des Rathauses erörtert hat. Intern war im Kanzlerbüro — ohne vorherige Unterrichtung des Chef BK und des Bundeskanzlers — eine solche Möglichkeit erwogen worden. Darüber ist auch der Unterbezirk Hannover der SPD unterrichtet worden. Zu keiner Zeit jedoch ist der Unterbezirk Hannover vom Kanzlerbüro mit der organisatorischen Durchführung einer möglichen Ordensübergabe betraut worden. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Wolfram (Recklinghausen) (SPD) (Drucksache 8/1895 Fragen B 4 und 5) : Stimmen Berichte, daß das Kernkraftwerk Lingen in absehbarer Zeit abgerissen werden soll, oder ist mit einer Wiederinbetriebnahme, und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen zu rechnen? Sind der Bundesregierung die Gesamtkosten, die dieses Kernkraftwerk bisher gekostet hat (Bau, Betriebs- und Reparaturkosten), und der bisherige Beitrag dieses Kernkraftwerks zur Stromerzeugung bekannt? Zu Frage B 4: Stillegung und Beseitigung eines Kernkraftwerkes sind Tatbestände, die einer Genehmigung nach § 7 AtG bedürfen; ein entsprechender Antrag für das Kernkraftwerk Lingen liegt der zuständigen Genehmigungsbehörde des Landes Niedersachsen nicht vor. Eine eventuelle Wiederinbetriebnahme des Kernkraftwerkes Lingen setzt u. a. voraus, daß die mängelbehafteten Dampfumformer, die Anlaß zur Abschaltung der Anlage im Januar 1977 waren, gegen neue Dampfumformer ausgewechselt werden. Der Einbau dieser Komponenten bedarf einer atomrechtlichen Genehmigung. In welchem Umfang darüber hinaus von einer Wiederinbetriebnahme weitere Maßnahmen durchgeführt werden müßten, ist Gegenstand einer noch nicht abgeschlossenen Prüfung. Zu Frage B 5: Nach Kenntnis der Bundesregierung hat das Kernkraftwerk Lingen (KWL, 240 MWe1 davon 2/3 nuklear und 1/3 aus fossil beheiztem Überhitzer) rd. 255 Millionen DM für die Errichtung und Brennstofferstausstattung gekostet. Die nutzbare Stromerzeugung des KWL beträgt seit der ersten Stromerzeugung am 20. Mai 1968 bis heute 10,5 Mrd. KWh. Dafür wurden 325,5 Millionen DM an Erlösen erzielt. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Schartz (Trier) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Fragen B 7 und 8) : Ist die Bundesregierung bereit, geignete Schritte zu unternehmen, die sicherstellen, daß in den Grenzgebieten der Bundesrepublik Deutschland eine Massierung von Kernkraftwerken verhindert wird? Ist der Bundesregierung bekannt, ob das Kernkraftwerk Remerschen/Luxemburg gebaut wird, und wenn ja, in welchem Planungs- bzw. Ausführungsstadium befindet sich dieses Projekt? Zu Frage B 7: Die Bundesregierung ist bereits seit Jahren intensiv bemüht, eine Massierung von Kernkraftwerken und von anderen Industrieanlagen entlang der Grenzen zu vermeiden und darüber hinaus zu einer Harmonisierung der räumlichen Entwicklung von 7800* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 Grenzgebieten zu gelangen. Zu diesem Zweck wurden mit der Mehrzahl unserer Nachbarstaaten bi-und multilaterale Kontakte geknüpft und teilweise in Abkommen formalisiert. Darüber hinaus unterstützt die Bundesregierung entsprechende Initiativen internationaler Organisationen, insbesondere der Kommission der Europäischen Gemeinschaft. Diese Kontakte führten zu einer gewissen internationalen Angleichung der bei der Standortplanung bzw. bei der Errichtung und dem Betrieb solchr Industrieanlagen zu stellenden Anforderungen; eine gemeinsame Planung konnte jedoch wegen der z. T. unterschiedlichen nationalen Interessen und Vorbehalte noch nicht erreicht werden. Zu Frage B 8: Nach jüngsten Äußerungen der luxemburgischen Regierung ist der Bau eines Kernkraftwerkes in Remerschen auf unbestimmte Zeit zurückgestellt worden. Die luxemburgische Regierung wird zunächst in einem Energieplan die unterschiedlichen Möglichkeiten der künftigen Energieversorgung ,des Großherzogtums einschließlich des Baus oder der Beteiligung am Bau eines Kohlekraftwerkes untersuchen. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Stutzer (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Fragen B 9 und 10): Ist die Bundesregierung bereit, künftig nicht nur im Auswärtigen Amt, sondern auch in den anderen Bundesministerien Nachwuchskräfte für den gehobenen und mittleren Dienst auszubilden und damit einen Beitrag zu leisten, das Ausbildungsplatzangebot zu erhöhen? Was hält die Bundesregierung davon ab, Nachwuchskräfte für den gehobenen und mittleren Dienst, so wie im Auswärtigen Amt, auch in den anderen Bundesministerien ausbilden zu lassen, obwohl erfahrungsgemäß eine dezentralisierte arbeitsplatznahe Ausbildung die Eingliederung des Nachwuchses in die Bundesministerien nach' abgeschlossener Ausbildung erleichtern würde? Bei der Ausbildung von Nachwuchskräften handelt es sich um eine Aufgabe, die typischerweise nicht zu den Aufgaben der Ministerialinstanz gehört. Die Laufbahnausbildung soll den Nachwuchskräften die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten vermitteln, die zur Erfüllung der Aufgaben in der jeweiligen Laufbahn in ihrer ganzen Breite erforderlich sind. Das Auswärtige Amt stellt wegen seiner andersgearteten Struktur eine Ausnahme von diesem Regeltatbestand dar. Aus diesen Gründen wird die Ausbildung der Beamten bei verschiedenen nachgeordneten Behörden wahrgenommen, wobei Umfang, Dauer, Verlauf der Ausbildung sowie Art und Umfang der Prüfungen durch die Ausbildungs- und Prüfungsordnungen geregelt werden, die von den laufbahngestaltenden obersten Dienstbehörden erlassen werden. Die Ausbildung bei den nachgeordneten Ausbildungseinrichtungen hat sich bewährt. Durch sie ist am ehesten eine über den speziellen ministeriellen Bereich hinausgehende ressortübergreifende Ausbildung gewährleistet. Die Übernahme in ein Ministerium nach Ablauf der Ausbildung sollte im übrigen erst nach längerer Bewährung in der Arbeit bei nachgeordneten Behörden erfolgen, da dadurch die Bestenauslese am ehesten gewährleistet werden kann. Die Bundesregierung sieht keine Veranlassung, von dieser bewährten Praxis abzugehen. Probleme einer nicht ausreichenden Ausbildungsplatzkapazität haben sich in der bisherigen Praxis nicht ergeben. Durch eine Verlagerung der Ausbildung vom nachgeordneten Bereich in den Ministerialbereich würde sich im übrigen keine Erhöhung des Ausbildungsplatzangebots ergeben, da es sich hierbei lediglich um eine. organisationsmäßige Verlagerung von Aufgaben handeln würde. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Biechele (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1895 Frage B 11) : Wie beurteilt die Bundesregierung im Hinblick auf das deutsche Feuerschutzwesen die Forschungen in Großbritannien, daß Schutzmaßnahmen gegen Feuerunfälle deshalb in vielen Fällen wirkungslos seien, weil sie meist auf Grund von Erwartungen entworfen wurden, wie Menschen sich in einer Gefahrensituation verhalten sollen, und nur selten auf Grund von Erfahrungen, wie sie sich tatsächlich verhalten, und welche Möglichkeiten sieht gegebenenfalls die Bundesregierung, daß die Schutzmaßnahmen dem Verhalten der Menschen angepaßt werden, die mit einem Feuer konfrontiert werden? Großbritannien betreibt Brandforschung in 14 wissenschaftlichen Institutionen. Das größte und bekannteste Institut ist die „Fire Research Station". Aus den mir zur Verfügung stehenden Unterlagen und Informationen ist nicht ersichtlich, daß in Großbritannien Forschungen über das Verhalten des Menschen bei Feuerunfällen durchgeführt wurden. Ich beabsichtige jedoch, in der EG-Arbeitsgruppe Brandschutz das Thema zu behandeln; Großbritannien ist ebenfalls mit Brandschutz-Experten in dieser Arbeitsgruppe vertreten, die ich hierzu befragen werde. In der Bundesrepublik Deutschland befaßt sich die Schutzkommission beim BMI zur Zeit mit der Forschung über das Verhalten des Menschen in Belastungssituationen z. B. unter Abschluß von der Außenwelt im Schutzraum, über Streßreduktion, über Verhinderung bzw. Einschränkung von Panik. Untersuchungen über das Verhalten des Menschen beim Feuerunfall sollen zu einem späteren Zeitpunkt in die Forschungsvorhaben einbezogen werden. Ich bin gern bereit, Sie zu gegebener Zeit über die Forschungsergebnisse und ihre praktische Umsetzung zu unterrichten. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 7801* Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Friedmann (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Frage B 12) : Sieht die Bundesregierung eine Beeinträchtigung der Energieversorgung darin, daß die zuständigen Behörden die Genehmigung von Wärmepumpanlagen, die in der Energiepolitik eine erhebliche Rolle spielen, nach § 6 des Wasserhaushaltsgesetzes versagen, weil unter anderem „durch das Wiedereinleiten des abgekühlten Wassers die physikalische Beschaffenheit des Grundwassers und die Ökologie der anstehenden Bodenschichten nachteilig verändert werden" und „Kurzschlußströmungen zwischen Entnahme- und Einspeisungspunkt innerhalb desselben Entnahmetrichters zu einer ständig zunehmenden Abkühlung des Grundwassers führen können", und wenn ja, mit welchen Mitteln wird die Bundesregierung den eventuell durch das Verhalten der Genehmigungsbehörden hervorgerufenen Beeinträchtigungen der Energieversorgung begegnen und dem Energiekonzept des Bundes zum Erfolg verhelfen? Bei der Einrichtung und dem Betrieb von Wärmepumpen stellen sowohl die Entnahme von Wärme aus dem Grundwasser als auch die Entnahme von Grundwasser und die anschließende Wiedereinleitung dieses Wassers in abgekühltem Zustand in ein Gewässer Tatbestände dar, die nach den §§ 2, 3 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) einer wasserbehördlichen Zulassung bedürfen. Die jeweils zuständige Landesbehörde muß diese Zulassung nach § 6 WHG versagen, soweit von der beabsichtigten Benutzung eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten ist, ,die nicht durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen wird. Für das Wiedereinleiten von abgekühltem Wasser in das Grundwasser muß sie eine Zulassung nach § 34 Abs. 1 WHG schon dann versagen, wenn eine schädliche Verunreinigung des Grundwassers oder eine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften zu besorgen ist. Die in Ihrer Frage angegebene Problematik betrifft danach den Vollzug der wasserrechtlichen Vorschriften, der den Ländern obliegt. Die Länderarbeitsgemeinschaft Wasser hat sich dieser Fragen seit geraumer Zeit übergreifend für alle Länder angenommen. Sie hat die LAWA-Arbeitsgruppe „Wärmebelastung der Gewässer" in der Vertreter von Bund und Ländern sowie der einschlägigen Verbände mitwirken, beauftragt, alsbald allgemeine Beurteilungskriterien für den Einsatz von Wärmepumpen aus wasserwirtschaftlicher Sicht zu erarbeiten. Sobald diese Arbeiten abgeschlossen sind, werde ich Sie gern über das Ergebnis unterrichten. Es wird auch bei neuen Technologien wie Wärmepumpen darauf ankommen, für ihren Einsatz praktikable Abwägungskriterien gemäß den gesetzlichen Regelungen als Hilfe für Einzelfallentscheidungen zu entwickeln. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Laufs (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Fragen B 14 und 15) : Auf Grund welcher Rechtsgrundlagen erscheinen der Bundesregierung eigene deutsche Maßnahmen zur Reduzierung der Schadstoffemissionen aus Kraftfahrzeugabgasen „gemeinschaftsrechtlich problematisch", und aus welchen Gründen werden sie handelspolitisch für nicht vertretbar gehalten, obwohl auch Japan und die Vereinigten Staaten besondere Regelungen getroffen haben? Was hat die Bundesregierung bisher unternommen, um für die Vorschläge des Umweltbundesamts zur Reinigung der Kraftfahrzeugabgase die Zustimmung der Mitgliedstaaten der ECE zu gewinnen, und läßt sich abschätzen, bis wann ein Konsens erzielt werden kann? Zu Frage B 14: Grundlage sind die Römischen Verträge, die Zugehörigkeit der Bundesrepublik Deutschland zu den Europäischen Gemeinschaften und der Beschluß des EG-Ministerrats, auf dem Gebiet des Umweltschutzes regelnd tätig zu werden. Nach den inzwischen geschaffenen EG-Bestimmungen für Kraftfahrzeuge über deren Betriebserlaubnis und deren Abgasverhalten müssen die EG-Mitgliedstaaten die Betriebserlaubnis, und zwar sowohl die EG-Betriebserlaubnis als auch die Betriebserlaubnis mit nationaler Geltung, erteilen und dürfen sie nicht des Abgasverhaltens wegen versagen, wenn die Kraftfahrzeuge die in diesen EG-Bestimmungen festgelegten Anforderungen erfüllen. § 39 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes trägt dieser Bindung an die Europäischen Gemeinschaften Rechnung. Japan und die Vereinigten Staaten sind keine Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften. Zu Frage B 15: Der Entwurf, den die Bundesregierung Ende 1977 den Mitgliedstaaten der ECE zugeleitet hat und der ab 1982 Grenzwerte vorsieht, die mit den für 1982 geplanten Werten der USA und Japans übereinstimmen werden, berücksichtigt die Vorschläge des Umweltbundesamtes. Die Beratungen über diesen Entwurf sind in der ECE angelaufen. Über den Abschluß und das Ergebnis dieser Beratungen ist eine Voraussage nicht möglich. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Frage B 16) : Wann wird der Bundesinnenminister entsprechend dem Kabinettbeschluß vom 16. März 1977 seinen mit dem Bundesfinanzminister abgestimmten Bericht vorlegen, der Möglichkeiten zur Einebnung von Disparitäten in der Altersversorgung innerhalb des öffentlichen Dienstes aufzeigen soll (vgl. Antwort auf meine schriftliche Frage B 19 für die Fragestunden am 19./20. Oktober 1977 — Drucksache 8/105)? Der Bericht meines Hauses über Disparitäten in den Versorgungseinkommen im öffentlichen Dienst hat besonders schwierige Fragen zum Gegenstand. Er wird z. Z. mit dem Bundesminister der Finanzen abgestimmt. Wann der Bericht dem Bundeskabinett vorgelegt werden kann, ist bei der Beratungssituation derzeit noch nicht zu sagen. 7802* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Regenspurger (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Frage B 17): Wird die Bundesregierung aus dem geschlossenen Rücktritt des Personalrats beim Bundeswirtschaftsministerium am 17. März 1978 anläßlich der Beförderung von MinRat Wohlleben zum Unterabteilungsleiter Konsequenzen für die Zukunft ziehen, und wenn ja, was gedenkt sie zu tun? Personalentscheidungen sind unter voller Beachtung der dafür geltenden Rechtsvorschriften zu treffen. Maßgebend ist hierbei insbesondere der § 8 des Bundesbeamtengesetzes, der bestimmt, daß die Auslese der Beamten, also auch die Beförderung „nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse, Glauben, religiöse und politische Anschauungen, Herkunft oder Beziehungen vorzunehmen" ist. Nach diesen Grundsätzen wird auch im Bundeswirtschaftsministerium verfahren. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin (SPD) (Drucksache 8/1895 Frage B 18) : Hält die Bundesregierung es für erforderlich, in Zukunft Urteile in Wirtschaftsstrafsachen zentral zu sammeln und systematisch auszuwerten, und wann wird diese Möglichkeit gegebenenfalls geschaffen? Seit dem 1. Januar 1974 werden bundesweit bei den Staatsanwaltschaften Wirtschaftsstraftaten nach einheitlichen Gesichtspunkten erfaßt. Die bisher vorliegenden Forschungsberichte des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht Forschungsgruppe Kriminologie —, Freiburg i. Br., zur bundesweiten Erfassung von Wirtschaftsstraftaten nach einheitlichen Gesichtspunkten lassen den Umfang von Wirtschaftsstrafverfahren und ihre Bewältigung durch die Staatsanwaltschaften erkennen. Mit dieser bundesweiten Erfassung ist eine Dokumentation des Ausgangs der gerichtlichen Hauptverfahren bislang weder verbunden noch vorgesehen. Die Einbeziehung der gerichtlichen Hauptverfahren in die bundesweite Erfassung würde nach Auffassung der Bundesregierung eine wertvolle Ergänzung darstellen, die weitere Hinweise auf die Lösung wirtschaftsstrafrechtlicher Probleme geben könnte. Eine solche Ausdehnung der bundesweiten Erfassung fällt aber nicht in die Zuständigkeit des Bundes, sondern ist Sache der Bundesländer. Das Bundesministerium der Justiz erwägt deshalb, die Länder zu bitten, die bundesweite Erfassung von Wirtschaftsstraftaten auf die das Verfahren abschließende gerichtliche Entscheidung auszudehnen. Über das Ergebnis dieser Anregung werde ich Sie zu gegebener Zeit unterrichten. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Würtz (SPD) (Drucksache 8/1895 Frage B 19) : Denkt die Bundesregierung daran, Bankinstitute mit einer Bilanzsumme bis zu 20 Millionen DM von der Verpflichtung freizustellen, mindestens zwei Geschäftsführer zu beschäftigen, und wenn ja, wie ist diese Auffassung mit den Bestimmungen des Kreditwesengesetzes vereinbar? Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, Bankinstitute mit einer Bilanzsumme von bis zu 20 Millionen DM von der Verpflichtung freizustellen, mindestens zwei Geschäftsführer zu beschäftigen. Das Kreditwesengesetz läßt eine derartige Freistellung nicht zu. Eine Änderung des Kreditwesengesetzes mit dem Ziel, kleinere Kreditinstitute vom „Vieraugenprinzip" auszunehmen, wird von der Bundesregierung nicht beabsichtigt. Sie würde im übrigen auch gegen Art. 3 Abs. 2 der Ersten Richtlinie des EG-Rates vom 12. Dezember 1977 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 322/30 vom 17. Dezember 1977) verstoßen, wonach die Zahl der Personen, welche die Geschäftstätigkeit des Kreditinstituts tatsächlich bestimmen, mindestens zwei betragen muß. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Will-Feld (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Fragen B 20 und 21): Gibt es in Ausführung des § 5 Abs. 1 Nr. 6 des Finanzverwaltungsgesetzes betr. die Sammlung und Auswertung von Unterlagen über steuerliche Auslandsbeziehungen noch weitere Erlasse, die über den im Bundessteuerblatt 1975 I Seite 1018 hinausgehen, und wenn ja, warum werden diese Erlasse nicht publiziert? Ist es richtig, .daß die IZA auf Grund eines offiziellen nichtveröffentlichten Merkblatts Informationen über auf Auslandsbeziehungen „spezialisierte Berater" führt und diese Informationen aufgefordert oder unaufgefordert an Betriebsprüfer, Strafverfolgungsbehörden, Zivilpersonen, die für die Bundesrepublik Deutschland im Ausland die Steueraufklärung betreiben, und ausländische Behörden abgibt, und welche Personen und Organisationen können sonst noch diese Information erhalten? Der Bundesminister der Finanzen hat dem Bundesamt für Finanzen in einer Reihe von Erlassen Weisungen über die zentrale Sammlung und Auswertung von Unterlagen über steuerliche Auslandsbeziehungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 Finanzverwaltungsgesetz erteilt. Diese Erlasse betreffen den Aufbau der Informationszentrale Ausland, deren inneren Dienstbetrieb und die Zusammenarbeit mit den Finanzämtern. Die Erlasse werden, soweit sie von allgemeinem Interesse sind, veröffentlicht, vgl. BMF-Schreiben vom 15. September 1975, abgedruckt im Bundessteuerblatt 1975 Teil I S. 1018. Sie bleiben — allgemeiner Verwaltungspraxis folgend — unveröffentlicht, soweit sie den reinen Dienstbetrieb des Bundesamtes für Finanzen und den Dienstverkehr mit den Finanzverwaltungen der Länder betreffen. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 7803* Im übrigen würde es den Zweck der Informationszentrale beeinträchtigen, wenn einzelne Steuerpflichtige aus den verwaltungsinternen Anweisungen Hinweise entnehmen könnten, in welchen Bereichen die Finanzverwaltung sich insbesondere um Aufklärung bemüht. Die Finanzverwaltung könnte anderenfalls ihrem gesetzlichen Auftrag, eine gerechte und gleichmäßige Besteuerung sicherzustellen, nicht ausreichend nachkommen. Das Bundesamt für Finanzen erfaßt in der Informationszentrale Ausland alle sachdienlichen Informationen, die für die Tätigkeit der Steuerverwaltungen von Bund und Ländern bei der Besteuerung von Auslandsbeziehungen von Bedeutung sein können, insbesondere um Fälle der internationalen Steuerverkürzung und der steuersparenden Einkunfts- und Vermögensverlagerungen in niedrigbesteuernde Länder durch die Landesfinanzbehörden besser aufdecken und ermitteln zu können. Hierzu hat das Bundesamt für Finanzen ein verwaltungsinternes Merkblatt zur ausschließlichen Unterrichtung der Außenprüfer des Bundes und der Länder über die Möglichkeiten des Abrufs von Informationen aus der Informationszentrale Ausland erstellt. Ein Merkblatt zur Sammlung von Informationen über „spezialisierte Berater" besteht nicht. Zu den sachdienlichen Informationen, die das Bundesamt für Finanzen erfaßt, gehört u. a. Material, das sich auf „spezialisierte Berater" und Institutionen im Ausland bezieht, die im Zusammenhang mit typischen Formen der internationalen Steuerausweichung tätig sind. Die erfaßten Informationen werden an die zuständigen Behörden der Finanzverwaltung übermittelt und sind insbesondere für die Betriebsprüfung und Steuerfahndung bestimmt. Im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens können Informationen auch an Strafverfolgungsbehörden gegeben werden. Bei der Verwendung der Informationen werden die Bestimmungen über das Steuergeheimnis sorgfältig beachtet. Anderen Personen und Einrichtungen sind die Informationen nicht zugänglich, von den Fällen der zulässigen Offenbarung nach § 30 Abs. 4 AO und der zwischenstaatlichen Amts- und Rechtshilfe in Steuersachen nach § 117 AO gegenüber ausländischen, Steuerbehörden abgesehen. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Frage B 22) : Sieht die Bundesregierung die bereits bestehenden rechtlichen Möglichkeiten als ausreichend an, den Familienheimbesitzern in einem bestimmten Umkreis des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr eine steuerfreie Rücklage einzuräumen, damit sie die von den Erschütterungen herrührenden Schäden an den Gebäuden mit diesen Mitteln beheben können, und ist sie zutreffendenfalls bereit, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen? Nach geltendem Recht besteht keine Möglichkeit, in den von Ihnen genannten Fällen eine steuerfreie Rücklage zu bilden. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung werden durch Gegenüberstellung der Einnahmen und der Werbungskosten ermittelt. Die Bildung von Rücklagen ist dagegen nach dem System der Einkunftsermittlung nur bei Einkünften aus Gewerbebetrieb zulässig, die durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) ermittelt werden. Aufwendungen für Schäden, die durch Erschütterungen infolge von Truppenübungen verursacht worden sind, sind sofort als Werbungskosten bei den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Größere Aufwendungen können auf Antrag des Hauseigentümers gleichmäßig auf zwei bis fünf Jahre verteilt werden. Bei selbstgenutzten Einfamilienhäusern, die nach § 21 a EStG besteuert werden, sind die Werbungskosten durch den pauschalierten Grundbetrag des § 21 a EStG abgegolten. Die Aufwendungen können in diesen Fällen nicht gesondert als außergewöhnliche Belastung nach § 33 Abs. 1 EStG abgezogen werden, weil sie begrifflich zu den Werbungskosten gehören (§ 33 Abs. 2 Satz 2 EStG). Eine gesetzliche Ausnahmeregelung würde zu einer weiteren Komplizierung des Steuerrechts führen. Über die Frage, ob eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 oder § 227 AO in Betracht kommt, kann nur im Einzelfall entschieden werden. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Marschall (SPD) (Drucksache 8/1895 Frage B 23): Wie beurteilt die Bundesregierung die Aufforderung der Weltgesundheitsorganisation an ihre Mitgliedsländer, die Steuern für Zigaretten heraufzusetzen und gleichzeitig die Absatzwerbung für Zigaretten in allen Medien härteren Beschränkungen zu unterwerfen? Der Bundesregierung ist die Entschließung (WHA 31.56) der 31. Weltgesundheitsversammlung vom 24. Mai 1978 über Gesundheitsrisiken des Rauchens („Health Hazards of Smoking") bekannt. Der Einsatz der Tabaksteuer als Mittel der Gesundheitspolitik ist — wenn überhaupt — nur möglich und sinnvoll, wenn entsprechende Maßnahmen zeitlich und inhaltlich gleich in allen Staaten der Europäischen Gemeinschaften ergriffen werden. Der Rat der Finanzminister der EG und auch der Rat der Gesundheitsminister der EG haben sich im Dezember 1977 mit diesen Fragen und Problemen befaßt. Als Ergebnis der Beratungen in beiden Bereichen ist die Kommission der EG beauftragt worden, Gutachten zu erstellen, die dem Ministerrat als Grundlage für weitere Erörterungen und Entscheidungen dienen sollen. Die Kommission und der Ministerrat werden die Forderung der Weltgesundheitsversammlung, die Steuern für Zigaretten aus gesundheitspolitischen Gründen heraufzusetzen, mit Sicherheit in ihre Überlegungen und Prüfungen einbeziehen. Bei dieser Sachlage hält es die Bundes- 7804* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 regierung nicht für angezeigt, die Aufforderung der Weltgesundheitsversammlung gesondert zu prüfen und vorab dazu Stellung zu nehmen, zumal die Weltgesundheitsversammlung nur eine von mehreren zur Diskussion stehenden steuerlichen Maßnahmen anspricht. So könnte z. B. die auch erörterte Besteuerung aller Tabakerzeugnisse unter Berücksichtigung der Schadstoffgehalte eine eher in Betracht kommende und dem angestrebten Ziel ggf. besser entsprechende Lösung sein. Hinsichtlich der von der Weltgesundheitsversammlung angeregten härteren Beschränkung der Absatzwerbung für Zigaretten ist die Bundesregierung derzeit der Auffassung, daß durch die gesetzlichen Verbote des § 22 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes und durch eine entsprechende Ausgestaltung der freiwilligen Vereinbartingen der Zigarettenindustrie über die Beschränkung der Werbung auf dem deutschen Zigarettenmarkt sowie durch wirksame Anstrengungen der betroffenen Wirtschaft, diese freiwilligen Vereinbarungen durchzusetzen, der angestrebte gesundheitspolitische Erfolg ohne weitere einschneidende gesetzgeberische Maßnahmen herbeigeführt werden kann. Es wird aber, wie bereits in der Antwort auf die Anfrage Nr. 66 (Teil B) des Herrn Abgeordneten Dr. Kunz (Fragestunde des Deutschen Bundestages am 7./8. Juni 1978) ausgeführt wurde, zur Zeit 'geprüft, ob und inwieweit auf dem Verordnungswege die Verwendung der Begriffe „leicht" und „mild" im Zusammenhang mit anderen Informationsmaßnahmen, z. B. der Angabe eines Warnhinweises, geregelt werden sollte. In der Diskussion ist weiterhin eine mögliche Ausdehnung dieser Regelungen auf andere Tabakerzeugnisse. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Pfeffermann (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1895 Fragen B 24 und 25): Hält die Bundesregierung an ihrem energiepolitischen Ziel des Ausbaus der Kernenergie auf 24 000 Megawatt bis 1985 fest? Wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die wirtschaftliche Notwendigkeit, und die Umweltverträglichkeit des Blocks C im Kernkraftwerk Biblis? Zu Frage B 24: Die Aussagen der Bundesregierung in der 2. Fortschreibung des Energieprogramms vom 14. Dezember 1977 zum weiteren Zubau an Kernkraftwerken sind nach wie vor gültig. Die von Ihnen genannte Zahlenangabe ist im Anhang zur 2. Fortschreibung als Prognoseaussage der die Bundesregierung beratenden wissenschaftlichen Institute genannt. Es besteht in diesem Zusammenhang Anlaß, erneut klarzustellen, daß die Bundesregierung den Informationswert von Prognosen nicht als stichtagsbezogene Zahlenaussage, sondern als Darlegung von Tendenzen und Größenordnungen einer zu erwartenden Entwicklung versteht. Zu Frage B 25: In der 2. Fortschreibung des Energieprogramms hat die Bundesregierung klar dargelegt, daß der Bau weiterer Kernkraftwerke unter den dort genannten Voraussetzungen unerläßlich ist, insbesondere im Hinblick auf den mittel- und langfristigen Kapazitätsbedarf und die Kosten der Stromversorgung. Die Bundesregierung kann nicht zur energiewirtschaftlichen Notwendigkeit einzelner konkreter Projekte Stellung nehmen, die anhand der Versorgungsbilanzen des betreffenden Unternehmens und seiner Zuwachs- und Bedarfserwartungen, verbunden mit überregionalen Versorgungsgesichtspunkten, zu beurteilen ist. Das betreffende Unternehmen wird jedenfalls keine Investitionsentscheidung angesichts der damit verbundenen hohen finanziellen Kosten fällen und realisieren, wenn es das betreffende Kraftwerk nicht zum Zeitpunkt der voraussichtlichen Inbetriebnahme von der Stromnachfrage und der Zusammensetzung seines Kraftwerksparks her benötigt. Die Bedarfsfrage ist von den zuständigen Landesbehörden im Rahmen bestimmter Verfahrensschritte zu prüfen. Im übrigen kann es von übergeordnetem allgemeinen Interesse sein, bei länger dauerndem Genehmigungsverfahren der behördlichen Entscheidung Bestandskraft selbst dann zu verschaffen, wenn die Bedarfslage noch keinen schnellen Baubeginn erfordert, dies insbesondere auch im Hinblick auf außergewöhnlich lang dauernde Verfahren, die bisweilen dazu führen, daß die Kraftwerke auch dann noch nicht zur Verfügung stehen, wenn sie gebraucht werden. Die Genehmigung kann im übrigen nur erteilt werden, wenn u. a. nach dem Stand von Wissenschaft und Technik die erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch Errichtung und Betrieb der Anlage getroffen und damit die Umweltverträglichkeit sichergestellt ist. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schwörer (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Fragen B 26, 27 und 28) : Wird die Bundesregierung, da nach Aussage der EG-Kommission der festgesetzte Mindeststahlpreis noch zweimal im Laufe dieses Jahrs um ca. 20 v. H. erhöht werden soll, dem Verlangen der EG-Kommission den Widerstand entgegensetzen, der nötig ist, um diese weitere Verteuerung des Stahls zu verhindern? Wird die Bundesregierung der Verlängerung der von der Kommission für das Jahr 1978 geschaffenen Stahlpreisregelung im Interesse der Stahlverarbeiter solange widerstehen, als die Preise für die Exporte in Nicht-EG-Länder noch weit unter den Preisen liegen, die auf Grund der EG-Stahlverordnung innerhalb der EG den Stahlverarbeitern auferlegt werden? Ist es der Bundesregierung klar, daß bei der derzeitigen europäischen Stahlpreisregelung der inländische Stahlverarbeiter auf die Dauer gegenüber Konkurrenten aus Drittländern konkurrenzunfähig ist, wenn seine Wettbewerber das Grundmaterial Stahl zu wesentlich günstigeren Preisen — u. a. auch von EG-Stahlwerken — beziehen können, und welche Folgerungen zieht sie gegebenenfalls daraus? Zu Frage B 26: Die EG-Kommission beabsichtigt nach unserer Kenntnis nicht, die Mindeststahlpreise noch zweimal Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 7805* im Laufe dieses Jahres um ca. 20 % zu erhöhen. Vielmehr sollen die Orientierungspreise zum 1. Juli 1978 um 5 %, die obligatorischen Mindestpreise zu diesem Termin aber überhaupt nicht angehoben werden. Eine weitere Anhebung um abermals 5 % ist in diesem Jahr noch möglich. Doch hat der Vertreter der Bundesregierung in der Ratstagung am 6. Juni 1978 erklärt, daß wir eine baldige weitere Erhöhung nicht für vertretbar halten. Zu Frage B 27: Vor Ablauf der Krisenmaßnahmen am Jahresende wird in Brüssel beraten werden, wie weiter zu verfahren ist. Dabei werden die Lage der Stahlindustrie und die Interessen der Weiterverarbeiter berücksichtigt. Die Bundesregierung räumt den Interessen der Verarbeiter einen hohen Stellenwert ein. Von großer Bedeutung wird aber auch sein, welche Haltung die Regierungen der anderen Mitgliedstaaten einnehmen. So stand bei den Entscheidungen am 19./20. Dezember 1977 angesichts der sehr unterschiedlichen Auffassungen der einzelnen Mitgliedstaaten der Fortbestand des gemeinsamen Stahl-Marktes auf dem Spiel. Es ist bei einem Anhalten der außerordentlichen Schwierigkeiten in den europäischen Stahlindustrien nicht auszuschließen, daß sich bei den Beratungen Ende des Jahres wieder eine ähnliche Situation ergibt. Zu Frage B 28: Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Stahlkrisenmaßnahmen der EG die Wettbewerbsfähigkeit einer Reihe von deutschen Stahlverarbeitern, insbesondere solchen mit einem hohen Vormaterialanteil an den Kosten, beeinträchtigen. Dies gilt aber sicher nicht für alle Stahlverarbeiter; z. B muß insoweit berücksichtigt werden, daß sich die Konkurrenten unserer Verarbeiter, die in Japan, den USA und z. T. auch in den EFTA-Staaten sitzen, zu ähnlich hohen oder gar höheren Preisen mit Stahl versorgen müssen. Außerdem hat sich das Stahlpreisniveau auch auf den übrigen Drittlandsmärkten in jüngster Zeit erhöht. Um die Auswirkungen der Krisenmaßnahmen auf die Verarbeiter zu mildern, hat die Bundesregierung auf eine Reihe von Härteregelungen gedrängt. So gab es Altvertragsregelungen und für die Werften soll eine Sonderregelung erlassen werden. Um eine dauerhafte Schädigung der Weiterverarbeiter zu vermeiden, wird sich die Bundesregierung auch in Zukunft für eine enge zeitliche Limitierung der Krisenmaßnahmen einsetzen. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Steger (SPD) (Drucksache 8/1895 Frage B 29): Kann die Bundesregierung Auskunft darüber geben, wie der gegenwärtige Stand der Verhandlungen zwischen der industriellen Kraftwirtschaft und den Elektrizitätsversorgungsunternehmen ist, und welche Fragen noch ungelöst sind und wie bewertet die Bundesregierung gegebenenfalls diesen Sachbestand im Hinblick auf die in der zweiten Fortschreibung des Energieprogramms dazu gemachten Aussagen (Tz. 20)? Die Verhandlungen zwischen der Elektrizitätswirtschaft und der Industrie über die Verbesserung der stromwirtschaftlichen Zusammenarbeit haben bisher zu folgenden Ergebnissen geführt: Für den sog. Parallelbetrieb berechnen die Versorgungsunternehmen in Zukunft kein Entgelt mehr. Die auf Zusatzstrom angewiesenen industriellen Eigenerzeuger werden bei Preisen und Konditionen den sog. Vollstrombeziehern grundsätzlich gleichgestellt. Die Bedingungen für den Bezug von Reservestrom werden dahin gehend geändert, daß industrielle Eigenerzeuger die Möglichkeit zur Wahl der ihren Bedürfnissen entsprechenden Reservestromqualität haben. Die Vereinigung deutscher Elektrizitätswerke sowie der Bundesverband der deutschen Industrie und die Vereinigung industrielle Kraftwirtschaft haben ihren Mitgliedsunternehmen empfohlen, beim Abschluß der einzelnen Verträge entsprechend zu verfahren. Das bisherige Verhandlungsergebnis erfüllt nach Auffassung der Bundesregierung wichtige Voraussetzungen für eine sinnvolle Ausschöpfung des Eigenerzeugungspotentials der Industrie. Der Wegfall von Erschwernissen für die zur Deckung des Eigenbedarfs erfolgende industrielle Stromerzeugung stellt einen begrüßenswerten Beitrag zur rationellen und wirtschaftlichen Stromerzeugung dar. Zur Verbesserung der stromwirtschaftlichen Zusammenarbeit gehört nach Auffassung der Bundesregierung aber auch, daß sich die Verhandlungspartner über die Preisstellung für die Einspeisung von industriellem Überschußstrom in das öffentliche Netz sowie über Fragen der Durchleitung einigen. Die Bundesregierung erwartet, daß die Beteiligten auch hier in absehbarer Zeit zu allseits befriedigenden Lösungen kommen. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Biechele (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Frage B 30) : Wie beurteilt die Bundesregierung Projekte, heraufziehende Hagelunwetter dadurch zu bekämpfen, daß die zur Hagelbildung neigenden Wolken von Flugzeugen aus mit Silberjodid besprüht werden, und ist sie gegebenenfalls bereit, solche Modellprojekte zu fördern? Versuche zur Hagelbekämpfung werden in einigen Staaten mit unterschiedlichen Methoden durchgeführt. Nach Feststellungen der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) erfordern Versuche zur Hagelbekämpfung einen hohen Zeit- und Geldaufwand, 7806* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 für den wegen der problematischen Erfolgskontrolle ein ausgesprochen hohes Erfolgsrisiko gegeben ist. Für die Bundesrepublik Deutschland erweist sich die Durchführung von Hagelbekämpfungsmaßnahmen darüber hinaus wegen der dichten Besiedlung, der hohen Luftverkehrsdichte und geographischer Gegebenheiten als besonders schwierig. Die Förderung von Forschungsprojekten zur Hagelbekämpfung hat im Vergleich zu anderen Forschungsarbeiten der angewandten Meteorologie, die u. a. auch dem agrarmeteorologischen Bereich gewidmet sind, keine Priorität; aus diesen Gründen sieht die Bundesregierung daher z. Z. keinen Anlaß, ein Projekt zur Hagelbekämpfung zu fördern. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Büchner (Speyer) (SPD) (Drucksache 8/1895 Frage B 31) : Welchen arbeitsrechtlichen Status haben Au-pair-Beschäftigte, und stellt die Bundesregierung Überlegungen an, diesen Status zu ändern? Der Begriff der Au-pair-Beschäftigung ist nicht abschließend festgelegt. Au-pair-Beschäftigte sind ' in der Regel junge Ausländer, die von einer Familie für begrenzte Zeit aufgenommen werden und dort Verpflegung, Unterkunft und ein Taschengeld erhalten. Als Gegenleistung helfen sie im Haushalt und bei der Betreuung der Kinder. Die jungen Ausländer wollen durch ihren Aufenthalt ihre sprachlichen Kenntnisse verbessern und das Gastland kennenlernen. Die Gegenleistung der Au-pair-Beschäftigten erreicht wohl häufig ein solches Ausmaß, daß es der Leistung einer teilzeitbeschäftigten Hausgehilfin entspricht und die übliche Hilfe von Familienmitgliedern bzw. -gästen bei weitem übersteigt. Da diese Au-pair-Beschäftigten außerdem bei ihrer Arbeit weisungsgebunden sind, ist ihr Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren. Dieser rechtlichen Qualifikation steht nicht entgegen, daß sie kein Arbeitsentgelt im üblichen Sinn erhalten, in die Familie mit aufgenommen werden und für diese Leistungen der Familie ihre Arbeit erbringen. Für die Au-pair-Beschäftigten, die Arbeitnehmer sind, gelten die allgemeinen arbeitsrechtlichen Gesetze und Rechtsgrundsätze, so daß sie z. B. Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle beanspruchen können. Es hat sich bisher kein Bedürfnis dafür gezeigt, für diese Arbeitnehmer einen besonderen arbeitsrechtlichen Status gesetzlich festzulegen. Die Au-pair-Beschäftigten, die jedoch nur ganz geringfügige Leistungen erbringen und keine Arbeitnehmer sind, benötigen wohl kaum den arbeitsrechtlichen Schutz. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Stavenhagen (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Frage B 32): Gibt es Möglichkeiten, bei einer berufstätigen Frau, die Zeiten rentenerhöhend zu berücksichtigen, die für die Pflege eines behinderten Kindes aufgewendet wurden und deshalb nicht mit Beiträgen zur Rentenversicherung belegt sind, und wenn nein, ist die Bundesregierung bereit, eine Gesetzesänderung vorzuschlagen, wonach die für die Pflege eines behinderten Kindes aufgewendeten Zeiten, für die keine Beiträge zur Rentenversicherung geleistet wurden, rentenerhöhend berücksichtigt werden können? Eine Mutter, die ihr behindertes Kind pflegt, kann während dieser Zeit freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung entrichten. Bei einem behinderten Kind, das die Voraussetzungen für die Gewährung von Hilfe zur häuslichen Pflege nach dem Bundessozialhilfegesetz erfüllt, können Beiträge der Pflegeperson für eine angemessene Alterssicherung übernommen werden. Ob darüber hinaus Regelungen getroffen werden können, durch die die Pflege eines behinderten Kindes in irgendeiner Form in der Rentenversicherung berücksichtigt werden kann, bedarf einer sehr eingehenden Prüfung. Zwar besteht ein gesellschaftliches Interesse daran, daß Pflegebedürftige von ihren Angehörigen gepflegt werden. Es stellt sich aber die Frage, wie weit die Solidargemeinschaft der Rentenversicherten damit belastet werden darf, das Risiko einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson zu tragen, oder ob es sich hier nicht vielmehr um ein von der Allgemeinheit zu tragendes Risiko handelt. Ferner wäre es sicherlich problematisch, nur auf die Pflege behinderter Kinder abzustellen; vielmehr müßte auch die Pflege sonstiger naher Angehöriger erfaßt werden, was zu schwierigen Abgrenzungsfragen führen würde. Diese Probleme sind auch in Zusammenhang mit der allgemeinen Frage einer Verbesserung der sozialen Sicherung der Frau zu sehen. Dieses Thema wird derzeit von der Sachverständigenkommission für die soziale Sicherung der Frau und der Hinterbliebenen diskutiert; ich möchte dieser Diskussion nicht vorgreifen. Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Hürland (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1895 Frage B 33) : Kann die Bundesregierung Aussagen darüber machen, ob und in welcher Zahl Krankenhäuser für andere Krankenhäuser Gemeinschaftsaufgaben, wie etwa Wäscherei, Datenverarbeitung, Speisenlieferung übernommen haben, und wenn ja, begrüßt die Bundesregierung diese Entwicklung, und sieht sie hierin einen Beitrag zur Kostendämpfung im Krankenhauswesen? Der Bundesregierung stehen keine aktuellen Zahlen zur Verfügung, wie viele Krankenhäuser für andere Krankenhäuser Gemeinschaftsaufgaben über- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 7807* nommen haben. Es ist jedoch bekannt, daß immer mehr Krankenhäuser von den Möglichkeiten der Aufgabenteilung und Kooperation Gebrauch machen. Die Bundesregierung begrüßt diese Entwicklung und unterstützt sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten, weil eine derartige Zusammenarbeit der Krankenhäuser geeignet ist, die Leistungsfähigkeit des Krankenhauswesens zu verbessern und zugleich zu einer Dämpfung der Kostenentwicklung beizutragen. Schon im bisherigen Krankenhausfinanzierungsgesetz ist vorgesehen, daß in die öffentliche Förderung der Krankenhäuser auch die Investitionskosten gemeinschaftlicher Einrichtungen einbezogen werden. Der Gesetzentwurf der Novellierung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, den die Bundesregierung am 24. Mai 1978 beschlossen hat, sieht darüber hinaus vor, daß die Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Krankenhäusern untereinander, insbesondere die gemeinsame Nutzung von Einrichtungen und Diensten, schon bei der Bedarfsplanung berücksichtigt wird. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Würtz (SPD) (Drucksache 8/1895 Fragen B 34, 35 und 36) : Hat das Bundesverteidigungsministerium die Notwendigkeit einer repräsentativen Befragung aller ausscheidenden Berufssoldaten bzw. der im Ruhestand befindlichen ehemaligen Soldaten zum Thema „Ruhestand: Fürsorge und Betreuung" erkannt, und wenn ja, wann gedenkt das Bundesverteidigungsministerium eine entsprechende Untersuchung vorzunehmen? Ist der Bundesregierung die erhebliche Unruhe unter den Hauptfeldwebeln der Bundeswehr bekannt (Versetzungsaktion/ S-Stellen), und wenn ja, wie will der Bundesverteidigungsminister diese Aktion sozial vertretbar durchführen? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß Hauptfeldwebel auf diesen Stellen nur mit ihrem Einverständnis auf echte Planstellen umgesetzt werden sollten, und ist die Bundesregierung darüber hinaus der Auffassung, daß auch solche Hauptfeldwebel in die Besoldungsgruppe A 9 eingewiesen werden können? Zu Frage B 34: Z. Z. werden die Möglichkeiten hinsichtlich der Vorbereitung und der späteren Betreuung von Ruheständlern unter Einbeziehung ihrer bisherigen Arbeitswelt geprüft. Durch Kontakte mit hierfür zuständigen Vereinigungen und Einrichtungen sowie Teilnahme an solchen Arbeitstagungen sollen deren Erfahrungen in die Überlegungen einbezogen werden. Die Verwirklichung meiner Ergebnisse werden u. a. auch davon abhängen, inwieweit sie haushaltsrechtlich Unterstützt werden können. Zu Fragen B 35 und 36: Mit Hilfe der 1971 bewilligten 5 000 sogen. „Weißbuchstellen" der BesGr A 8 mA konnten qualifizierte Oberfeldwebel auch dann zum Hauptfeldwebel befördert werden, wenn sie nicht auf einem mit „HF" bewerteten STAN-Dienstposten verwendet wurden. Im Haushalt 1977 sind diese „Weißbuchstellen" zu vollgültigen Planstellen umgewandelt worden und schließen damit die früher bestehende Lücke zwischen STAN-Dienstposten und Planstellen. Entsprechend werden sie in den Stellenplänen ausgebracht. Nach dem in § 18 Bundesbesoldungsgesetz verankerten Grundsatz der funktionsgerechten Besoldung müssen diejenigen Hauptfeldwebel, die mit Hilfe der auch als S-Stellen bezeichneten „Weißbuchstellen" befördert wurden und nach wie vor nur einen STAN-Dienstposten „Feldwebel/Oberfeldwebel" innehaben, funktionsgerecht umgesetzt werden. Das ist unvermeidlich mit Umschulungen, Versetzungen und teilweise auch mit Ortswechsel verbunden. Dem Bundesministerium der Verteidigung ist der spürbare Widerstand gegen diese unvermeidbaren Maßnahmen und die Unruhe unter den Hauptfeldwebeln bekannt. Es wird jedoch versucht, Härten zu vermeiden oder wenigstens zu mildern. So werden z. B. solche Hauptfeldwebel auf „F/OF"-Dienstposten nicht mehr umgesetzt, die in den kommenden Jahren zur Ruhe gesetzt werden. Betroffene mit längeren Restdienstzeiten werden, wenn eben möglich, umgeschult, um dadurch ein Umsetzen innerhalb der gleichen Einheit oder am gleichen Standort zu ermöglichen und so eine örtliche Veränderung der gesamten Familie zu vermeiden. Aber auch Versetzungen werden nicht kurzfristig verfügt. Für die gesamte Umsetzung kann von einem Zeitraum bis etwa 1984 ausgegangen werden. Eine Versetzung aus der gewohnten dienstlichen und privaten Umgebung ist fast immer mit Härten verbunden. Deshalb werden, wenn auch grundsätzlich die dienstlichen Erfordernisse im Vordergrund stehen müssen, die persönlichen und familiären Belange dieser Soldaten in besonderem Maße berücksichtigt. Dem verständlichen Wunsch vieler Soldaten, ihre weitere Verwendung zumindest im. engeren Heimatbereich zu finden, wird dabei jedoch nicht immer entsprochen werden können. Insbesondere längerdienende Soldaten unterliegen den freiwillig übernommenen speziellen Pflichten des Soldatenberufs. In einschlägigen Urteilen der Verwaltungsgerichte und der Wehrdienstsenate wird immer wieder bestätigt, daß die grundsätzliche Versetzungsbereitschaft zum Inhalt des Wehrdienstverhältnisses der Berufs- und Zeitsoldaten gehört. Deswegen und wegen der gesetzlichen Bindungen ist die Bundesregierung nicht in der Lage, die persönlichen Interessen in jedem Fall vor die dienstlichen Erfordernisse zu setzen und unvermeidliche Personalveränderungen vom Einverständnis der Betroffenen abhängig zu machen. Es darf auch nicht übersehen werden, daß jeder Hauptfeldwebel auf einem unterwertigen Dienstposten einem Oberfeldwebel auf HF-Dienstposten die Möglichkeit zur Beförderung nimmt. Das würde von den Betroffenen mit Recht nicht verstanden werden. Aus dem gleichen Grund ist auch die Einweisung eines Hauptfeldwebels in die BesGr A 9 ohne Wahrnehmung der Funktionen eines Hauptfeldwebel-Dienstpostens nicht möglich. 7808* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Peiter (SPD) (Drucksache 8/1895 Frage B 37): Wie ist der Stand der Planungen zur Errichtung des Soldatenheims Montabaur? Die nach der endgültigen Festsetzung der Baukostenteilung zwischen der Stadt Montabaur und der Katholischen Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung (KAS) zu überarbeitenden Planungsunterlagen wurden dem Bundesministerium der Verteidigung im April 1978 zur Genehmigung vorgelegt. Die Wehrbereichsverwaltung IV in Wiesbaden wurde mit Erlaß vom 13. Juni 1978 ermächtigt, der KAS ein Darlehen zu bewilligen und nach Baufortschritt auszuzahlen. Die Stadt Montabaur und die KAS wurden hiervon in Kenntnis gesetzt. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 8/1895 Fragen B 38 und 39) : Sind Einzelteile der Panzerabwehrrakete Milan mit Genehmigung der Bundesregierung nach Frankreich und von dort nach Endmontage der Rakete nach Syrien exportiert worden, und warum sind die Einzelteillieferungen gegebenenfalls genehmigt worden? Beabsichtigt die Bundesregierung, den Export einer Fregatte zu genehmigen, die von der argentinischen Regierung bei einer Hamburger Werft bestellt werden soll, und warum würde ein solcher Export gegebenenfalls den Grundsätzen der Bundesregierung entsprechen? Zu Frage B 38: Im Rahmen der deutsch-französischen Rüstungskooperation werden u. a. auch Teile der Panzerabwehrrakete Milan mit Genehmigung der Bundesregierung nach Frankreich geliefert. Für diese Zulieferungen ist Frankreich ausfuhrrechtlich sowohl Käufer- als auch Verbrauchsland. Eine Zuordnung der Teile zu einem bestimmten französischen Exportvorhaben ist zum Zeitpunkt der Zulieferung nicht möglich. Über Lieferungen von komplettierten Panzerabwehrraketen aus Frankreich entscheidet die französische Regierung nach eigenem Ermessen und in eigener Verantwortung. Zu Frage B 39: Der Bundesregierung liegt weder ein Antrag auf eine Ausfuhrgenehmigung für einen Fregatten-Auftrag der argentinischen Regierung bei einer Hamburger Werft noch eine Voranfrage über etwaige Genehmigungsaussichten vor. Mit der Genehmigungsfähigkeit eines derartigen Exportgeschäftes würde sich die Bundesregierung erst dann auseinanderzusetzen haben, wenn diese Frage von einem Beteiligten an sie herangetragen würde. Im gegebenen Falle würde die Entscheidung im Einklang mit den rüstungsexportpolitischen Grundsätzen der Bundesregierung getroffen werden. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jentsch (Wiesbaden) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Frage B 40) : Wie beurteilt die Bundesregierung Warnungen amerikanischer Ärzte vor „Trimm-Trab", wie ihn auch der Deutsche Sportbund propagiert, und welche Folgerungen zieht sie aus diesen Warnungen? Warnungen, wie sie kürzlich amerikanische Ärzte gegenüber dem „Trimm-Trab" ausgesprochen haben, wurden bereits früher geäußert. Dabei geht es ausschließlich um die Warnung vor einem überaus ehrgeizigen Langstrecken-Trab oder um dessen falsche Zuordnung bei bereits bestehenden Schädigungen oder Vorschädigungen am Herz-Kreislaufsystem. Der „Trimm-Trab" in seiner physiologischen Bedeutung als Ausdauertraining und damit als wichtige präventive Maßnahme zur Vorbeugung von Herz-Kreislauferkrankung wird nicht in Frage gestellt. Die Konsequenz derartiger Warnungen, denen sich die Bundesregierung voll anschließt, kann deshalb nur darin bestehen, über die möglichen Gefährdungen aufzuklären. Eine derartige Aufklärungspflicht obliegt insbesondere den Veranstaltern derartiger Läufe und denen, die ähnliches organisieren. Im Rahmen der gesundheitlichen Aufklärung, die für die Bundesregierung von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung durchgeführt wird, werden diese Kritikpunkte bei der allgemeinen Empfehlung für den „Trimm-Trab" bereits berücksichtigt. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs • Zander auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Fragen B 41 und 42) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß ein Gesundheitssicherstellungsgesetz mit dem Ziel notwendig ist, eine klare Kompetenzgliederung sowie die Zusammenfassung aller Aufgaben bei einer gemeinsamen Führung zur Gewährleistung der bestmöglichen Kooperation zwischen zivilen und militärischen Verantwortungsbereichen im Interesse einer gesicherten ärztlichen Versorgung der gesamten Bevölkerung im Verteidigungs- und Katastrophenfall zu erreichen? Wann ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen, und von welchen Grundsätzen will sie sich dabei leiten lassen? Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 7809* Zu Frage B 41: Auch die Bundesregierung ist der Auffassung, daß ein derartiges Gesetz zur Sicherung der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung im Katastrophen- und _Verteidigungsfall erlassen werden muß. Ein derartiges Gesetz wird auch die Zuständigkeiten zwischen zivilem und militärischem Bereich regeln müssen. Zu Frage B 42: Ein Gesetzentwurf wird gegenwärtig vorbereitet. In einer zu diesem Zweck gebildeten Bund-Länder-Sonderarbeitsgruppe wurde bereits im wesentlichen Einigung über Grundsätze, die Aufgabenzuweisung an den öffentlichen Gesundheitsdienst und die Verpflichtung von Trägern und Einrichtungen des Gesundheitswesens zur Mitwirkung bei der Planung, Vorbereitung und der Durchführung von Maßnahmen erzielt. Ein Referentenentwurf soll in Kürze mit allen Beteiligten — insbesondere Ländern und Verbänden — erörtert werden. Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schmidt (Niederselters) (SPD) Drucksache 8/1895 Frage B 43) : Ist die Bundesregierung bereit, die Möglichkeit der Einführung eines neuen Führerscheins oder einer Einlage zum Führerschein, die mit Coupons versehen wird (18 Punkte), die bei Verkehrsübertretungen durch die Polizei abgetrennt werden können, zu prüfen? Die Einführung eines neuen Führerscheins oder einer Einlage zum Führerschein, der mit abtrennbaren Coupons versehen ist, wird aus folgenden Gründen nicht für zweckmäßig gehalten: 1. Ein solcher Führerschein würde nicht im Einklang mit dem Vorschlag einer Richtlinie zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften betreffend die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen stehen, wonach die Einführung eines gemeinschaftlichen Führerscheins („EG-Führerschein") vorgesehen ist. Dieser Führerschein, der uneingeschränkt in allen Ländern der EG gültig sein wird, sieht derartige Coupons oder Einlagen mit Coupons nicht vor. 2. Die Abtrennung von Coupons durch die Polizei und damit die Sichtbarmachung von Mängeln im Führerschein dürfte von Kraftfahrern als diskriminierend aufgefaßt werden. Sie birgt auch die Gefahr in sich, daß ein Kraftfahrer, aus dessen Führerschein Coupons wegen irgendwelcher Verstöße abgetrennt wurden, von der Polizei nicht mehr unvoreingenommen behandelt wird. 3. Außerdem würde die Entscheidung des Polizeibeamten, einen Coupon abzutrennen, eine Schuldfeststellung vorwegnehmen, die nach geltendem Recht letztlich nur durch ein Gericht erfolgen kann. Die mit der Frage offensichtlich angestrebte größtmögliche Effektivität von Maßnahmen, die gegen Verkehrssünder zu treffen sind, dürfte sich durchaus auf der Grundlage der bisherigen Regelung des Punktesystems erreichen lassen. Entsprechende Änderungen und Ergänzungen des Punktesystems, die diesen Gesichtspunkten Rechnung tragen, werden zur Zeit im Zusammenwirken mit den Ländern erarbeitet. Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Häfele (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Fragen B 44 und 45): Ist die Bundesregierung nunmehr entsprechend dem CDU/CSU-Antrag vom 14. November 1977 (Drucksache 8/1179) und entsprechend dem Bericht des Verkehrsausschusses vom 25. Januar 1978 (Drucksache 8/1466) bereit, die Autobahn zwischen Singen und Stockach und dann in Richtung Überlingen—Friedrichshafen vierspurig ausbauen zu lassen? Ist dies nicht auch finanzpolitisch vernünftig, nachdem sich inzwischen heuausgestellt hat, daß der nur zweispurige Teilausbau dennoch Kosten in Höhe von 80 v. H. des Vollausbaus verursacht? Die Autobahnplanung A 98 Singen–StockachFriedrichshafen ist im gültigen, vom Deutschen Bundestag beschlossenen Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen auf nahezu ganzer Länge mit ihrer 2. Fahrbahn als möglicher weiterer Bedarf ausgewiesen. Die Überprüfung des möglichen weiteren Bedarfs, die klären soll, ob Bedarf für die 2. Fahrbahn der A 98 weiterhin besteht, ist in die 2. Fortschreibung des Bedarfsplanes eingebunden; die Arbeiten hierzu sind im Gange. Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Wohlrabe (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Fragen B 46 und 47 ) : Plant die Bundesregierung, die im Jahr 1975 beschlossene Zurückstellung eines mehrgleisigen Ausbaus der Eisenbahnstrecken 7810* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 von Berlin nach Hamburg und nach Hannover in absehbarer Zukunft aufzuheben? Welche Investitionskosten würden durch einen mehrgleisigen Ausbau dieser Strecken entstehen? Zu Frage B 46: Überlegungen über Ausbaumaßnahmen von DR-Eisenbahnstrecken im Berlin-Verkehr müssen im Gesamtzusammenhang mit den derzeit diskutierten Verkehrsprojekten zur weiteren Verbesserung des Berlin-Verkehrs gesehen werden. So steht unter anderem ab 1980 das Projekt des Baus einer Autobahnverbindung Berlin—Norddeutscher Raum zur Realisierung an. Erst wenn sich die Größenordnungen aller diskutierten Verkehrsprojekte übersehen lassen, kann die Frage eines Ausbaues von Eisenbahnstrecken der DR erneut geprüft werden. Zu Frage B 47: Die Aufwendungen für Investitionen in die Eisenbahnverbindungen Berlin—Hamburg bis Schwanheide/Büchen und Berlin—Hannover bis Oebisfelde/ Vörsfelde sind abhängig vom derzeitigen Ausbauzustand im Netz der Deutschen Reichsbahn. Eine zuverlässige Kostenschätzung für einen durchgehenden zweigleisigen Ausbau einschließlich der dazu erforderlichen Sicherungstechnik ist zur Zeit nicht möglich. Es muß aber mit einer Größenordnung von mehreren hundert Millionen DM gerechnet werden. Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Peiter (SPD) (Drucksache 8/1895 Frage B 48) : Wann ist nunmehr damit zu rechnen, daß die provisorische Autobahnausfahrt Montabaur zum geplanten Endzustand ausgebaut wird? Die Arbeiten für den endgültigen Umbau der Autobahnausfahrt Montabaur können nur im Zusammenhang mit dem Neubau der Tankstelle und der Verkehrsanlagen ausgeführt werden. Die Planung ist seit kurzem rechtskräftig. Der Bauablauf ist wie folgt vorgesehen: 1. Tiefbauarbeiten für die Verkehrsanlagen (Parkflächen). 2. Neubau der Tankstelle und Abbruch der alten Tankanlage. 3. Herstellen des Endzustandes der Autobahnausfahrt Montabaur. Vorgesehener Baubeginn August/September 1978. Voraussichtliche Fertigstellung Frühjahr 1980. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Braun (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Frage B 49) : Welche Autobahnraststätten innerhalb des Bundesgebiets sind so eingerichtet, daß sie auch von Gehbehinderten und Rollstuhlfahrern in Anspruch genommen werden können? Nach einer kürzlich von der Gesellschaft für Nebenbetriebe der Bundesautobahnen mbH durchgeführten Erhebung (Stand: 23. Mai 1978) sind z. Z. 34 Autobahn-Raststätten mit Zufahrten für Rollstuhlfahrer ausgestattet. Im einzelnen handelt es sich dabei um folgende Raststätten: 1) Aarbachkate 2) Allertal (Westseite) 3) Allertal (Ostseite) 4) Alsbach (Westseite) 5) Bad Eilsen (Nordseite) 6) Bergstraße (Ostseite) 7) Brohltal (Ostseite) 8) Bruchsal (Ostseite) 9) Bühl 10) Büttelborn (Nordseite) 11) Camberg (Westseite) 12) Ellund 13) Elten (Kleinraststätte) 14) Express-Imbiß (Helmstedt) 15) Frankenwald (Brückenraststätte) 16) Hamburg-Stillhorn (Westseite) 17) Hannover-Garbsen (Südseite) 18) Hannover-Garbsen (Blauer See) 19) Heiligenroth 20) Helmstedt (Südseite) 21) Hochfellen (Südseite) 22) Hollenstedt 23) Hunsrück (Westseite) 24) Leipheim 25) Mahlberg (Ostseite) 26) Ostetal (Südseite) 27) Probsteier Wald (Südseite) 28) Rhön (Ostseite) Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 7811* 29) Remscheid (Ostseite) 30) Remscheid (Westseite) 31) Siegburg (Westseite) 32) Stuckenbusch 33) Urbacher Wald 34) Vetschau Die aufgeführten Raststätten verfügen noch nicht alle über Behinderten-WC. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Böhm (Melsungen) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1895 Fragen B 50 und 51) : Wieweit sind die konkreten Planungen der Deutschen Bundesbahn für folgende für die Stadt Rotenburg/Fulda (im hessischen Zonenrandkreis) außerordentlich wichtigen Baumaßnahmen: Überführung im Stadtteil Lispenhausen als Neubaumaßnahme, Fußgängerunterführung B 83 in die Kernstadt Rotenburg als Neubaumaßnahme und Fußgängerunterführung im Bereich des Bahnhofs der Kernstadt Rotenburg als Neubaumaßnahme? Welche Finanzierungspläne und Zeitplanungen für die Durchführung der Maßnahmen bestehen zur Zeit? Die Planungen für die von Ihnen genannten Maßnahmen werden nicht von der Deutschen Bundesbahn (DB) durchgeführt, sondern vom Hessischen Straßenbauamt Bad Hersfeld bzw. von der Stadt Rotenburg. Nach Auskunft der DB liegt zur Zeit folgender Sachstand vor: Für den Ersatz des Bahnübergangs im Stadtteil Lispenhausen durch eine Straßenüberführung ist vom Hessischen Straßenbauamt Bad Hersfeld ein Vorentwurf aufgestellt worden. Die Pläne werden zur Zeit zwischen den beteiligten Stellen abgestimmt. Voraussetzung für einen Baubeginn ist eine rechtskräftige Planfeststellung sowie der Abschluß einer Vereinbarung nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz (EKrG). Die Finanzierung der Maßnahme richtet sich nach den §§ 3, 13 EKrG; Straßenbaulastträger, DB und Bund tragen je ein Drittel. Im Zusammenhang mit der Aufhebung von zwei Bahnübergängen und dem Bau einer Eisenbahnüberführung über die Straße „Neue Brücke" in Rotenburg wurde eine zusätzliche Maßnahme für den Fußgängerverkehr vorgesehen. Über die Lösungsmöglichkeiten, zu denen unter anderem die von Ihnen genannten Fußgängerunterführungen gehören, sind nach Angaben der DB die Überlegungen bei der Stadt Rotenburg nicht abgeschlossen. Insofern kann noch kein Termin für einen Baubeginn angegeben werden. Für die Finanzierung sind die §§ 3, 13 EKrG maßgebend; DB, Stadt Rotenburg und Bund tragen je ein Drittel. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Josten (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Fragen B 52, 53 und 54) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die vorgesehene Auflösung von Poststellen auf dem Land und in Stadtrandgebieten unter Einsatz fahrbarer Postschalter zu großen Härten führt und ' diese Rationalisierungsmaßnahmen sich sehr stark zum Nachteil alter und behinderter Bürger auswirken? Welches Ergebnis zeigen die bisherigen Untersuchungen vom Bundespostministerium bezüglich der geplanten Umstrukturierung im Hinblick auf die Beseitigung von Arbeitsplätzen? Wieviel Poststellen in Rheinland-Pfalz, die bisher ganztags geöffnet sind, würden nach den neuen Plänen aufgelöst, bzw. wieviel Poststellen würden zukünftig nur teilweise tagsüber geöffnet? Zu Frage B 52: Im Laufe der letzten Jahrzehnte haben sich im ländlichen Bereich tiefgreifende Strukturveränderungen ergeben. Deshalb muß unter dem Gesichtspunkt einer auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Bevölkerung ausgerichteten wirtschaftlichen Betriebsführung das gegenwärtige System der Postversorgung im ländlichen Bereich überarbeitet werden. Erste Vorstellungen für eine Neuordnung der Postversorgung des Landes und der Stadtrandgebiete gehen dahin, ein System von — ortsfesten Annahmestellen (Postämter und Poststellen) — mobilen Annahmestellen (Fahrbaren Postschaltern) und — Zustellern mit Annahmemöglichkeiten (Landzustellern) aufzubauen. Eine abgeschlossene Planung für die künftige Betriebsgestaltung liegt noch nicht vor. Alle bisherigen Einsatzversuche mit den Fahrbaren Postschaltern haben jedoch gezeigt, daß dieses Organisationsmittel keineswegs zu Härten führt oder sich zum Nachteil alter und behinderter Bürger auswirkt. Es wird im Gegenteil von der Bevölkerung durchweg als eine moderne und bedarfsgerechte Einrichtung des Annahmedienstes der Deutschen Bundespost begrüßt. Zu Fragen B 53 und 54: Da eine endgültige Planung über ,die Neuordnung noch nicht vorliegt, kann auch noch nichts darüber gesagt werden, in welchem Umfang die Umstellung auf ein neues Betriebssystem zur Aufhebung von Poststellen führen wird. Dabei würde es sich jedoch ohnehin generell nicht um den ersatzlosen Wegfall von Arbeitsplätzen, sondern lediglich um eine Umschichtung im Personaleinsatz handeln. Die betriebliche Neuordnung wird grundsätzlich nicht zu einer Einschränkung der Öffnungszeiten bei den Poststellen führen, die bestehenbleiben. 7812* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 8/1895 Frage B 55) : Trifft es zu, daß die Deutsche Bundespost erst nach Ablauf von sechs Wochen der Kriminalpolizei Mitteilung in Form einer Anzeige darüber gemacht hat, daß ihr am 20. April 1978 in Frankfurt aus einem Paketwagen Aktien im Werte von 3 Millionen DM gestohlen worden sind, und wenn ja, welche Gründe lagen hierfür vor, und welche Folgerungen wird die Bundesregierung daraus ziehen? Am 20. April 1978 wurden in Frankfurt während der Zustellung aus einem Zustellfahrzeug zwei Pakete mit Wertangaben von 500 DM und 3 500 DM entwendet. Im Zuge der postalischen Ermittlung stellte sich heraus, daß die Pakete entgegen ihrer Wertangabe von 500 DM und 3 500 DM Wertpapiere im Gesamtwert von rd. 'drei Millionen DM enthielten. Auf Grund des Verlustes wurde die Sperrung der Wertpapiere umgehend veranlaßt. Das Personal der Deutschen Bundespost ist auf Grund einschlägiger Vorschriften verpflichtet, bei derartigen Straftaten unverzüglich die Polizei zu verständigen. Das ist bedauerlicherweise erst am 1. Juni 1978 geschehen. Wegen des Fehlverhaltens der Dienstkräfte werden z. Z. Ermittlungen durchgeführt. Der Vorfall wird zum Anlaß genommen, das in Betracht kommende Personal erneut über die geltenden Bestimmungen belehren zu lassen. Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Kuhlwein (SPD) (Drucksache 8/1895 Frage B 56) : Trifft es zu, daß die Deutsche Bundespost ihren Reinigungsdienst durch entsprechende Verfügung an die Dienststellen in geeignet erscheinenden Fällen auf Fremdreinigung umstellt, und wie vereinbart sich eine solche Maßnahme mit wiederholten Erklärungen der Bundesregierung, wonach eine Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen sozialpolitisch unerwünscht sei? Es trifft nicht zu, daß die Dienststellen der Deutschen Bundespost durch eine Verfügung angewiesen worden sind, die Eigenreinigung in geeignet erscheinenden Fällen auf Fremdreinigung umzustellen. Allerdings mußten Dienststellen in der Vergangenheit auf Grund von Wirtschaftlichkeitsvergleichen in Einzelfällen auf die Fremdreinigung übergehen. Damit wurde auch einer Forderung des Bundesrechnungshofs entsprochen. Bei der Deutschen Bundespost beträgt das Verhältnis Eigenreinigung zu Fremdreinigung 68 zu 32. Mit Hilfe der Ergebnisse von neuen Wirtschaftlichkeitsrechnungen wird z. Z. im Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen geprüft, ob eine weitere Umstellung der Gebäudereinigung auf Fremdreinigung angebracht ist. Der Entscheidungsprozeß ist jedoch noch nicht abgeschlossen.. Bei der Umstellung von Eigenreinigung auf Fremdreinigung würde es sich nicht um eine Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen, sondern um die Vergabe von Annexaufgaben der öffentlichen Hand handeln, wie sie auf vielen Gebieten üblich ist. Anlage 56 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Friedmann (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Fragen B 57 und 58) : Bis wann ist mit der Einführung der Nahverkehrstarife für die heutigen Fernsprech-Ortsnetze Achern, Kappelrodeck, Bühl, Baden-Baden, Rastatt, Gaggenau, Gernsbach, Forbach, Durmersheim, Iffezheim und Lichtenau zu rechnen? Wie sieht für welche der genannten Ortsnetze die Sonderregelung wegen Grenznähe aus? Der genaue Zeitpunkt der Einführung des neuen Telefon-Tarifsystems in den genannten Ortsnetzen kann voraussichtlich erst Ende dieses Jahres angegeben werden. Z. Z. wird noch geprüft, wann die technischen Voraussetzungen in den einzelnen Gebieten gegeben sind. Die Fernsprechortsnetze 0 72 22 Rastatt 0 72 27 Lichtenau 0 72 29 Iffezheim 0 72 45 Durmersheim erhalten einen Nahbereichsradius von 25 km, da sie unmittelbar an der Grenze zu Frankreich liegen. Die übrigen Ortsnetze liegen zwar in Grenznähe, erfüllen aber nicht die für eine Sonderregelung erforderlichen Kriterien. Deshalb gilt für sie der 20-km-Nahbereichsradius. Anlage 57 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Langguth (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Frage B 59) : Wie viele Finanzmittel für. welche Werbemaßnahmen hat die Bundesregierung insgesamt — einschließlich einer Zeitungswerbeaktion in der Woche des 5. Juni 1978 — aufgewandt, um die vorgeblichen „Vorteile" der Telefonnahbereiche und des „Zeittakts" darzustellen? Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 7813* Die in der 23. Woche (5. bis 11. Juni) 1978 in Tageszeitungen veröffentlichten Informationsanzeigen brachten den Bürgern Einzelheiten des von ihnen bereits als vorteilhaft anerkannten TelefonNandienstes nahe und haben die Deutsche Bundespost 367 000 DM .gekostet. Diese Tageszeitungsanzeigen sind Teil einer Public-Relations-Aktion zur Aufklärung über den Telefon-Nandienst, zu der noch eine Illustrierten-Anzeige und Großflächenplakate gehören. Die Kosten für die Illustrierten-Anzeige belaufen sich auf 824 000 DM, die für die PlakatAktion auf 1,7 Millionen DM. Die IllustriertenAnzeige ist in der Zeit vom 28. April bis 12. Mai veröffentlicht worden, während die Großflächenplakate in drei Dekaden in der Zeit von Anfang Mai bis Anfang Juli 1978 eingesetzt werden. Die Kosten der Gesamtaktion betragen rund 2,9 Millionen DM. Anlage 58 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Regenspurger (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Frage B 60): Trifft es zu, daß für die in der Antwort auf die Frage des Abgeordneten Lintner (Plenarprotokoll über die 63. Sitzung, Anlage 95) bekundete Absicht des Bundespostministeriums, Personenschutzräume nicht mehr als Außenbauten zu planen, sondern wieder als Innenbauten zu errichten, ein entsprechendes Schutzraumkonzept bisher nicht erarbeitet wurde, und wenn ja, wann ist mit der Fertigstellung eines entsprechenden Konzepts zu rechnen? Ein entsprechendes Schutzraumkonzept wurde bereits erarbeitet und wird derzeit zwischen den beteiligten Dienststellen abgestimmt. Es wird in absehbarer Zeit in Kraft gesetzt werden. Anlage 59 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Dr. Lepsius (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1895 Frage B 61) : Kann die Bundesregierung beim Briefeingangsdienst des Postamts Baden-Baden auf eine arbeitsrechtliche Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit der dort beschäftigten Teilzeitarbeitskräfte drängen, um die regelmäßig anfallenden Überstunden zur Bewältigung des Hörerposteingangs beim Südwestfunk, die bis zu 38 Stunden monatlich betragen, arbeitsrechtlich aufzufangen oder gegebenenfalls für zusätzliche Einstellungen von Teilzeitbeschäftigten Sorge tragen? Der Ermittlung der Zahl benötigter Arbeitsposten werden grundsätzlich die Wochenarbeitsmengen der letzten 12 Monate zugrunde gelegt. Der Briefeingangsdienst beim Postamt Baden-Baden wurde so im September 1977 neu bemessen. Die auf dieser Be- messung basierenden Dienststundenpläne sind Anfang Juni 1978 in Kraft gesetzt worden. Mit dem Bemessungsergebnis kann die regelmäßig anfallende Arbeitsmenge grundsätzlich ohne Überzeitarbeit bewältigt werden. Zu Problemen kommt es nur, wenn außergewöhnliche und nicht vorhersehbare Verkehrsspitzen auftreten. Dies ist beim Postamt Baden-Baden der Fall, wenn Lösungskarten zu Preisrätseln des Südwestfunks eingehen. Die Berücksichtigung dieser Verkehrsspitzen in der Personalbemessung würde zu einer ständigen Überhöhung des Personalbedarfs zu Zeiten normalen Sendungsanfalls führen. Das Postamt Baden-Baden erhöht entsprechend den geltenden arbeitszeitrechtlichen Regelungen für die Zeit, in der die Lösungskarten eingehen, die wöchentliche Arbeitszeit der Teilkräfte, um nach Möglichkeit Überstunden zu vermeiden. In einem verkehrsabhängigen Dienstzweig kann jedoch Überzeitarbeit nie ganz vermieden werden, weil die Verkehrsmengen starken zeitlichen und zahlenmäßigen Schwankungen unterworfen sind und die Arbeitsmenge am jeweiligen Eingangstag bearbeitet werden `muß. Anlage 60 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schneider (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Fragen B 62 und 63) : Welche Wohnungs- und konjunkturpolitische Bedeutung mißt die Bundesregierung den gegenwärtig von Kreisen der Geschäftsbanken diskutierten Modellen einer vollen Vorfinanzierung von Eigenheimen und Eigentumswohnungen bei geringen Anfangsbelastungen bei, insbesondere welche Vorteile und welche Risiken für die Bewerber von Eigentumsobjekten sieht sie in derartigen Finanzierungsmodellen? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, diese Finanzierungsmodelle mit der Wohnungsbauförderung zu kombinieren, und welche öffentlichen Hilfen hält sie insbesondere für notwendig und für möglich, um die damit verbundenen Risiken abzudecken? Die in zunehmendem Maße in der Kreditwirtschaft und in der Öffentlichkeit diskutierten Finanzierungsmodelle mit erhöhten Fremdfinanzierungen und entsprechend geringen Eigenkapitalanteilen bei gleichzeitiger Verbilligung der Anfangsbelastungen können durchaus geeignet sein, eine zusätzliche Nachfrage nach Eigenheimen und Eigentumswohnungen zu mobilisieren. Das Bundesbauministerium hat die Verbände der Kreditwirtschaft zu einem Informationsgespräch am 26. Juni 1978 eingeladen, um nähere Einzelheiten über die neuentwickelten Finanzierungsvorstellungen zu erfahren; insbesondere interessiert uns, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen sie sich verwirklichen lassen. 7814* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 Anlage 61 Antwort des Bundesministers Dr. Hauff auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Steger (SPD) (Drucksache 8/1895 Frage B 64) : Welche Initiativen hat die Bundesregierung bisher ergriffen, um die Tz. 53 der zweiten Fortschreibung des Energieprogramms zu erfüllen, und wurden gegebenenfalls schon Ergebnisse erzielt? Mit der Deutschen Gesellschaft für Wiederaufbereitung von Kernbrennstoffen mbH (DWK), einer gemeinsamen Tochter von 12 Energieversorgungsunternehmen, wurden Verhandlungen aufgenommen mit dem Ziel, die DWK an den Aufwendungen für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur nuklearen Entsorgung im Kernforschungszentrum Karlsruhe (KFK) zu beteiligen. Wesentliche Aspekte dabei sind, jährliche Zahlungen der DWK an die KFK als Ausgleich für Überlassung der KFK-Kenntnisse im Bereich der nuklearen Entsorgung sowie die Übernahme der Betriebskosten der Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe (WAK) durch die Benutzer. Die Verhandlungen kommen zügig voran; die entsprechenden Verträge sollen Anfang 1979 in Kraft treten. Nach Vertragsabschluß werde ich Sie gern über das Ergebnis unterrichten. Daneben gilt es, mittelfristig die Frage der Abdeckung des Betriebskostenrisikos größerer Demonstrationsanlagen im Energiebereich so zu klären, daß größere Belastungen für den öffentlichen Haushalt vermieden werden. Zur Zeit werden hierfür verschiedene Möglichkeiten geprüft, die nach Abschluß der internen Diskussion mit den Elektrizitätsversorgungsunternehmen verhandelt werden sollen mit dem Ziel, vor der nächsten Entscheidung über eine weitere Demonstrationsanlage ein Ergebnis erreicht zu haben. Frühestens Anfang der 80er Jahre wird eine solche Entscheidung erforderlich sein. Anlage 62 Antwort des Bundesministers Dr. Hauff auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Fragen B 65, 66, 67 und 68) : Welches für die Weiterentwicklung des Hochtemperaturreaktors verlangte einheitliche Grundkonzept ist nach Auffassung der Bundesregierung zu verfolgen? Wie stellt sie sich die von ihr erwähnte organisatorische Neuordnung bei Herstellern und Zentren vor? Was hat sie bisher konkret unternommen, um eine internatio- nale Zusammenarbeit bei der HTR-Entwicklung zu erreichen? Ist sie bereit, einen Rahmenfinanzplan für die Gesamtentwicklung des HTR zu erstellen, um mit der jährlichen Bewilligung verbundene Unklarheiten zu beseitigen? Zu Frage B 65: Das einheitliche Grundkonzept, auf das sich die an der Hochtemperaturreaktor-Entwicklung Beteiligten geeinigt haben, ist ein gemeinsames nukleares Wärmeerzeugungssystem auf der Basis eines Kugelhaufen-cores mit Spannbetonbehälter für eine Stromerzeugungs- und Prozeßwärmeanlage. Zu Frage B 66: Die organisatorische Neuordnung sieht ein Industriekonsortium für die Planung und Entwicklung des nuklearen Wärmeerzeugungssystems vor. Ein Konsortialvertrag zwischen der Gesellschaft für Hochtemperaturreaktor-Technik mbH und der Hochtemperatur-Reaktorbau GmbH ist paraphiert. Über eine organisatorische Verzahnung der Forschungs-und Entwicklungsarbeiten bei Industrie und Zentren wird zur Zeit verhandelt. Zu Frage B 67: Eine internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Hochtemperaturreaktor-Entwicklung konnte durch ein Rahmenabkommen zwischen der Bundesrepublik 'Deutschland, Frankreich, ,der Schweiz und den USA vereinbart werden. Außerdem nimmt die deutsch-französische Regierungserklärung von Nizza im Februar 1976 Bezug auf die Hochtemperaturreaktor-Entwicklung ; Verhandlungen auf Regierungs- wie auch Industrieebene über eine Beteiligung Frankreichs an der deutschen Hochtemperaturreaktor-Entwicklung sind inzwischen angelaufen. Die industrielle Zusammenarbeit mit der Schweiz im Rahmen des Projekts Hochtemperaturreaktor mit Heliumturbine (HHT) soll beibehalten und den neuen Strukturen angepaßt werden. Mit Japan wird eine Zusammenarbeit durch ein „memorandum of understanding" zwischen den Forschungszentren JAERI und der Kernforschungsanlage Jülich vorbereitet. Zu Frage B 68: Grundlage langfristiger Forschungsvorhaben ist eine mehrjährige Finanzplanung, wie sie der Aufstellung des Bundeshaushalts zugrundeliegt. Eine solide mehrjährige Finanzplanung für die Weiterentwicklung des Hochtemperaturreaktor-Systems setzt voraus, daß die Neuordnung der Hochtemperaturreaktor-Entwicklung abgeschlossen ist. Anlage 63 Antwort des Parl. Staatssekretärs Brück auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Köhler (Wolfsburg) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1895 Fragen B 69 und 70): Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1978 7815* Welche konkreten Projekte hat die deutsch-rumänische Consulting-Gesellschaft RODECO bisher abgeschlossen, und welche befinden sich noch in Vorbereitung bzw. Durchführung? Wie beurteilt die Bundesregierung die bisherigen Arbeitsergebnisse der RODECO, und wie hoch schätzt sie deren jetzige bzw. künftige entwicklungspolitische Bedeutung ein? Zu Frage B 69: Die rumänisch-deutsche Consulting (RODECO) GmbH ist eine Gesellschaft privaten Rechts. Es ist daher nicht Sache der Bundesregierung, über die Geschäftstätigkeit der RODECO zu berichten. Dies muß vielmehr der RODECO überlassen bleiben. Zu Frage B 70: Bei der Gründung der RODECO stand die Förderung der Entwicklungsländer in deutsch-rumänischer Kooperation im Vordergrund. Dieser Zielsetzung entsprach die bisherige Tätigkeit der RODECO. Soweit es der Bundesregierung bekannt ist, hat sich die Tätigkeit der RODECO seit ihrer Gründung im Jahre 1973 zufriedenstellend entwickelt.
Gesamtes Protokol Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809800000
Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.
Auf der Diplomatentribüne hat Herr Moshe Meron, Vizepräsident der Knesset des Staates Israel und Vorsitzender der Israelisch-Deutschen Parlamentariergruppe, Platz genommen. Ich begrüße ihn herzlich.

(Beifall)

Ich darf hinzufügen, daß mir und den Mitgliedern der Delegation, die vor kurzem in Israel waren, die außerordentlich freundliche Aufnahme und Gastfreundschaft, die uns dort zuteil geworden ist, in in bester Erinnerung sind. Ich wünsche dem Herrn Vizepräsidenten der Knesset einen angenehmen Aufenthalt in Deutschland.

(Erneuter Beifall)

Amtliche Mitteilung ohne Verlesung
Der Bundesminister der Justiz hat mit Schreiben vom 13. Juni 1978 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Lenz (Bergstraße), Dr. Eyrich, Dr. Marx, Dr. Schröder (Düsseldorf), Josten, Dr. Jobst und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU betr. Beziehungen auf dem Gebiete des Rechts mit Japan — Drucksache 8/1838 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/1919 verteilt.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:
Beratung über die von Bundesminister a. D. Rechtsanwalt Hermann Höcherl erarbeitete Untersuchung
— Drucksache 8/1881 —Uberweisungsvorschlag des Ältestenrates: Innenausschuß
Stellungnahme der Bundesregierung zu den Vorschlägen in Teil II der von Bundesminister a. D. Hermann Höcherl erarbeiteten Untersuchung
— Drucksache 8/1923 —
Ich rufe ferner die Tagesordnungspunkte 13 und 14 auf:
13. Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/ CSU
Verbesserung der Arbeit der Sicherheitsbehörden des Bundes
— Drucksache 8/1852 -
14. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses (4. Ausschuß) zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU Maßnahmen zur Erhöhung der inneren Sicherheit
— Drucksachen 8/1046, 8/1864 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Pensky Abgeordneter Dr. Miltner
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Innenausschuß
Im Ältestenrat ist verbundene Debatte beantragt worden. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich sehe und höre keinen Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Wünscht einer der Herren Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Bundesminister des Innern.

Gerhart Rudolf Baum (FDP):
Rede ID: ID0809800100
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Anlaß der heutigen Debatte ist in erster Linie der Bericht, den Bundesminister a. D. Hermann Höcherl im Auftrage der Bundesregierung und der Landesregierung Nordrhein-Westfalen erstellt hat. Ich wiederhole die Feststellungen, die mein Amtsvorgänger, Herr Professor Maihofer, am 16. März dieses Jahres in diesem Hause getroffen hat. Er hat gesagt:
Wir sind es Hanns Martin Schleyer schuldig, wie ich meine, alle Bemühungen darauf zu richten, die Geschehensabläufe klarzulegen, die zu diesem Ergebnis geführt haben, die Fehlerursachen aufzuspüren und dafür zu sorgen, daß die sich daraus ergebenden Lehren gezogen werden. Die Bundesregierung ist ebenso wie die Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen fest entschlossen und bereit, diesen Weg zu beschreiten.
Sie hat deshalb gemeinsam mit der Landesregierung Nordrhein-Westfalen Hermann Höcherl um den jetzt vorliegenden Bericht gebeten.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich, gewandt an meinen Amtsvorgänger, ein Wort sagen:



Bundesminister Baum
Die Entscheidung, die Professor Maihofer nach Vorlage des Berichts für sich getroffen hat, meine ich, hat den Respekt der Bürger unseres Landes gefunden. Ich möchte ihm an dieser Stelle für seine aufopfernde Tätigkeit in den letzten Jahren danken.

(Beifall bei der FDP und SPD)

Werner Maihofer hat sich wie kein Innenminister vor ihm der Herausforderung durch den Terrorismus stellen müssen. Die unbestreitbaren Erfolge bei der Bekämpfung des Terrorismus bis hin zu den Festnahmen der letzten Zeit sind ganz wesentlich auf seine Politik des stetigen Ausbaus der Sicherheitsorgane des Bundes und des Einsatzes modernster Mittel der Verbrechensbekämpfung, der Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern und vor allem der Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit zurückzuführen, der er ganz entscheidende Impulse gegeben hat.
Seit Oktober 1977 sind immerhin insgesamt 35 Personen wegen des Verdachts terroristischer Gewalttaten festgenommen worden, darunter — ich rufe es in Ihre Erinnerung — vier mutmaßliche Beteiligte an der Ermordung Hanns Martin Schleyers und seiner Begleiter. Diese Fahndungserfolge sind auf die beim Bundeskriminalamt konzentrierte Zielfahndung zurückzuführen, die gemeinsam von Bund und Ländern getragen wird. Hinzu kommen neuartige Auswertungstechniken, die eine wirkungsvolle Fahndungsarbeit auch und gerade im Ausland möglich machen.
Ich möchte an dieser Stelle den ausländischen Staaten, mit denen wir auf diesem Feld aufs engste zusammenarbeiten, für die vorbildliche Kooperationsbereitschaft danken, ohne die diese Erfolge nicht möglich gewesen wären.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Zu der Frage, aus welchen Gründen dem Hinweis auf die Wohnung in Erftstadt nicht rechtzeitig bzw. nicht ausreichend nachgegangen wurde, hat Hermann Höcherl in dem ersten Teil seines Berichts Untersuchungen angestellt und Feststellungen getroffen. Ich sehe es nicht als meine Aufgabe an, dazu im einzelnen Stellung zu nehmen oder die politische Verantwortlichkeit zu bewerten. Ich mache mir jedoch im Namen der Bundesregierung die Feststellung ausdrücklich zu eigen, die Hermann Höcherl trifft — ich zitiere —: „daß sich die damals eingesetzten Bediensteten des Bundes und der Länder auf allen Ebenen mit hervorragendem Engagement, Pflichtbewußtsein und großer persönlicher Opferbereitschaft in vorbildlicher Weise eingesetzt haben".

(Beifall bei allen Fraktionen — Spranger [CDU/CSU] : Das war unstreitig!)

Ich möchte hierin den Präsidenten des Bundeskriminalamts ausdrücklich einschließen

(Spranger [CDU/CSU] : Ausschließen!)

— Herr Spranger, ich möchte ihn ausdrücklich einschließen —, der wesentlich dazu beigetragen hat, in diesem Land eine Fahndungsorganisation aufzubauen, die sich auf eine Informationssammlung und
-auswertung stützt, Herr Spranger, die in Europa und darüber hinaus ihresgleichen sucht.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Im Mittelpunkt meiner Ausführungen stehen die Vorschläge, die Hermann Höcherl zum besseren Einsatz der staatlichen Mittel bei der Bekämpfung des Terrorismus im Teil II seines Berichts gemacht hat. Ich verweise dazu auf die Stellungnahme, die Ihnen die Bundesregierung heute vorgelegt hat.
Ich betone nachdrücklich: Es ist keineswegs so, als würden erst jetzt Folgerungen aus den Erfahrungen der letzten Monate gezogen.

(Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Sehr richtig!)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809800200
Diese Absprachen sind nur in Übereinstimmung aller möglich; in der Innenministerkonferenz gilt das Einstimmigkeitsprinzip.
Die Bundesregierung stellt mit Genugtuung fest, daß die Überlegungen und Feststellungen des Berichts von Herrn Höcherl im wesentlichen von den gleichen Grundvorstellungen ausgehen. Der Bericht enthält eine Reihe von Überlegungen und Vorschlägen, die sich mit Absichten des Bundesministers des Innern decken und zum Teil schon kurz vor ihrer Verwirklichung stehen.
Ich möchte aber hinzufügen, meine Damen und Herren: Dies kann kein Abschluß sein; es wird nie möglich sein, einen Abschluß zu finden. Die Entwicklung der terroristischen Gewaltkriminalität wird immer wieder Anlaß geben, die vorhandene Strategie weiterzuentwickeln. Auch die Vorschläge, die heute auf dem Tisch liegen und zur Debatte stehen, können also keinen endgültigen Schlußpunkt bilden.
Es handelt sich hier um den wohl schwierigsten Bereich des Zusammenwirkens von Bund und Ländern und damit — das sage ich ausdrücklich — um einen Prüfstein für die Funktionsfähigkeit unseres föderativen Systems. Die Bundesregierung unterstreicht die Feststellung des Berichts, daß die Bekämpfung des Terrorismus gemeinsame Aufgabe aller Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder ist. Bund und Länder sind hier — und so will es unsere Verfassung — zur Zusammenarbeit verpflichtet. Die jeweiligen Zuständigkeiten stehen nicht isoliert nebeneinander; ihre Wahrnehmung ist vielmehr auf das gemeinsame Ziel der inneren Sicherheit unseres Staates und unserer Bürger ausgerichtet.
Für das Sicherheitssystem unseres Landes bedeutet dies: Bund und Länder tragen auf diesem Felde eine besonders hohe Gesamtverantwortung. Erfolge sind das Ergebnis gemeinsamer Bemühungen. Und ich füge hinzu: Mißerfolge müssen auch gemeinsam getragen, ihre Ursachen in gemeinsamem Bemühen beseitigt werden.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Ein völlig neues Erlebnis!)




Bundesminister Baum
— Herr Kohl, man hat manchmal den Eindruck, daß Sie diese Gemeinsamkeit gar nicht sehen,

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Nach Mogadischu hatte ich den Eindruck, daß wir nur in der Verantwortung waren!)

die Gemeinsamkeit zwischen Bund und Ländern, denn Sie stellen ja eine ganze Reihe von Innenministern.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Nach Mogadischu habe ich eine andere Erfahrung gemacht!)

Ich kann nur sagen, diese Innenminister wirken genauso mit wie die Innenminister, die einer anderen Partei angehören.

(Zuruf von der CDU/CSU: Warum gibt es dann überhaupt eine Regierung?)

Ich werde mich dementsprechend dafür einsetzen, daß die Innenministerkonferenz noch vor dem Ende der parlamentarischen Sommerpause zu weiteren Entscheidungen kommt. Die Innenministerkonferenz wird sich am 22. Juni in einer von ihren Gremien schon in den letzten Tagen vorbereiteten ersten grundsätzlichen Aussprache mit dem Bericht beschäftigen. Es ist vorgesehen, daß sie politische Leitlinien für die Fortentwicklung des von den Innenministern von Bund und Ländern gemeinsam beschlossenen Programms für die innere Sicherheit festlegt.
Der Bundesminister des Innern wird sich dafür einsetzen, daß die Innenministerkonferenz über dieses Gesamtprojekt nach gründlicher Vorbereitung auf der Arbeitsebene unter Beiziehung von Polizeivollzugsbeamten des Außendienstes entscheidet. Entsprechend der Anregung des Berichts wird der Bundesminister des Innern der Bundesregierung unverzüglich danach Vorschläge über gesetzgeberische Konsequenzen unterbreiten.
Meine Damen und Herren, ich möchte aber in diesem Zusammenhang betonen, daß der Schwerpunkt der Maßnahmen — und das war immer die Meinung der sozialliberalen Koalition — auf dem organisatorischen Felde liegt,

(Zustimmung des Abg. Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD])

daß es also nicht, wie die Opposition immer meint, darum geht, durch eine Vielzahl von gesetzgeberischen Maßnahmen mit dem Phänomen des Terrorismus fertig zu werden.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Ritz [CDU/CSU]: Immer die alte Ausrede! — Hartmann [CDU/CSU] : Man muß das eine tun und das andere nicht lassen! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Genauso ist es!)

— Man hat nur manchmal bei Ihnen den Eindruck, als würden Sie, Herr Hartmann, meinen, durch Gesetze allein und durch viele Gesetze und durch die Freiheit einschränkende Gesetze könnten Sie den Terrorismus bekämpfen.

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Das ist doch Unfug! — Dr. Kohl [CDU/CSU] : Ich würde an Ihrer Stelle erst einmal zeigen, was Sie können, bevor Sie hier in Ihrer Einstandsrede so billig polemisieren! — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Das fängt ja gut an! — Dr. Kohl [CDU/CSU] : So, wie Sie heute anfangen, enden Sie auch! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Ein schlechter Einstand! — Weitere Zurufe)

— Ich verstehe Ihre Unruhe überhaupt nicht, meine Damen und Herren. Man kann über Vorschläge ja sehr geteilter Meinung sein.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Sie sind der letzte, der uns belehren muß!)

Ich sage Ihnen, daß wir Ihre Vorschläge immer geprüft haben. Wir wollen Ihnen gar nicht unterstellen, daß Sie die Freiheit bewußt einschränken wollen, Herr Kohl. Nur sind wir der Meinung,daß man nicht so weit zu gehen braucht.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Zuruf von der CDU/CSU: Wenden Sie sich Ihrer Aufgabe zu, statt uns Belehrungen zu erteilen! — Weitere anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)

Die Bundesregierung geht bei ihrer Stellungnahme, die Ihnen heute zum Teil II des Berichts von Herrn Höcherl vorgelegt hat, von folgenden Grundgedanken aus.

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Provozieren Sie uns nicht! Sie sind ein Provokateur!)

Die Bundesregierung erstrebt keine Veränderung der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern.

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Der will sich bei seinen Linken einschmeicheln! Er gibt seinen Einstand bei seinen Linken!)

Sie beabsichtigt eine Verbesserung der polizeilichen Zusammenarbeit im Rahmen des Grundgesetzes. Damit sind Organisationsmodelle, die unter dem Schlagwort „deutsches FBI" diskutiert werden, also Modelle, die die Errichtung etwa von Außenstellen des Bundeskriminalamts im Bundesgebiet zum Inhalt hätten, nicht Gegenstand der Planung.
Das Ziel aller bisherigen Absprachen zwischen Bund und Ländern, die sich in der Praxis, wie ich betonen möchte, bewährt haben, ist nicht Zentralisierung um jeden Preis, sondern sind das Ineinandergreifen zentraler und dezentraler Organisation und damit die Nutzung beider Organisationsformen.
Von dieser Grundlage ausgehend, bejahe ich die grundsätzliche Forderung, daß die Ermittlungen am Ort im Regelfall bei den ortsnahen und ortsvertrauten Beamten der zuständigen Polizeibehörden der Länder zu liegen haben. Die wesentliche Funktion des Bundeskriminalamts lag immer und liegt nach wie vor darin, daß es durch hochspezialisierten Sachverstand und Ausstattung mit modernster Technik die vor Ort ermittelnden Polizeibehörden nach besten Kräften unterstützt. Bei dieser Unterstützung hat der von meinen Amtsvorgängern mit außerordentlicher Energie vorangetriebene Aufbau des auf die elektronische Datenverarbeitung gestützten



Bundesminister Baum
polizeilichen Informations- und Kommunikationssystems eine ständig wachsende Bedeutung gewonnen.
Deshalb hat unter den praktischen Maßnahmen zur Verbesserung der Möglichkeiten der Verbrechensbekämpfung auch im Bereich des Terrorismus die Entwicklung des polizeilichen Informationssystems Inpol besonderen Rang. Der Bundesminister des Innern hat dabei der Forderung, die Nutzung dieser Möglichkeiten der elektronischen Datensysteme möglichst weit in den Bereich der ermittelnden Polizei nach vorn zu verlagern, besonderes Gewicht beigemessen.
Der Bundesminister des Innern hat der Innenministerkonferenz ein Konzept zur Fortentwicklung des polizeilichen Informations- und Kommunikationssystems zugeleitet, das durch Vereinheitlichung in Technik und Organisation die berechtigten Forderungen der Polizeien an ein solches System voll erfüllen wird.
Die Vorschläge des Berichts von Hermann Höcherl zu diesem Bereich decken sich in allen Punkten mit dieser Neukonzeption. Ihre Verwirklichung wird sicherstellen, daß bei Abfragen von jedem InpolDatenendgerät mit gleichem Verfahren das gleiche Ergebnis in gleicher Form erhalten wird, daß von jedem Datenendgerät, soweit notwendig, alle Bestände des Systems erreicht werden können und daß eine sofortige Information aller beteiligten Polizeibehörden möglich ist.
Die Bundesregierung hat die notwendigen zusätzlichen Mittel für die Verwirklichung dieser Neukonzeption in Höhe von 55,3 Millionen DM in den Jahren 1979 bis 1982 vorgesehen. Die Neukonzeption wird derzeit in den Gremien der Innenministerkonferenz beraten. Die Ergebnisse sollen am 1. August vorliegen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809800300

Der Vorschlag, für Großfälle ein bundesweit ausgelegtes arbeitsteiliges System der Vorselektion, Vorabklärung, Erfassung und Bewertung von Hinweisen und Spuren einzurichten, sollte beschleunigt geprüft und, wenn er sich als zweckmäßig erweist, durch geeignete Absprachen zwischen Bund und Ländern unverzüglich realisiert werden.
Die Bundesregierung hat die Absicht, gemeinsam mit den Ländern die Steuerungsfunktion des Bundeskriminalamtes in Großfällen länderübergreifender Schwerkriminalität, auch wenn die polizeilichen Aufgaben der Strafverfolgung von einer Landesbehörde wahrgenommen werden, auszubauen und die ihm obliegende Entwicklung einer großräumigen, auch internationale Zusammenhänge berücksichtigenden Gesamtstrategie für die Ermittlungsführung auf der Grundlage der bisherigen Beschlüsse der Innenministerkonferenz fortzuführen.
Die Bundesregierung hält die Feststellung des Berichts von Hermann Höcherl für zutreffend, daß die Stärke des Bundeskriminalamtes in der personellen und technischen Kapazität für spezielle Dienstleistungen für die polizeiliche Ermittlung liegt. Der hohe Stand dieser Kapazität — das muß an dieser Stelle auch wieder in Erinnerung gerufen werden — beruht auf dem von der Bundesregierung seit 1969 mit Nachdruck betriebenen konsequenten Ausbau des Bundeskriminalamts.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Die Bundesregierung hat mit ihrer am 31. August 1977 beschlossenen weiteren Ausbauplanung für das Bundeskriminalamt die Erhöhung der Zahl der Planstellen von 2 545 um 1 320 auf 3 865 vorgesehen. Für denselben Zeitraum hat sie zusätzliche Mittel in Höhe von 310 Millionen DM in die Finanzplanung eingestellt. Dadurch ist die kontinuierliche Weiterentwicklung gerade in diesen von mir genannten Schwerpunktbereichen gewährleistet.
Wir gehen allerdings auch davon aus, daß die Länder ihrerseits die erforderlichen Ermittlungskapazitäten in ihrem Bereich bereitstellen und daß Absprachen getroffen werden, die sicherstellen, daß die Länder die geeigneten Unterstützungskräfte des Bundeskriminalamtes in Anspruch nehmen.
An dieser Stelle ein klärendes Wort darüber, was mit dem im Bericht von Herrn Höcherl und in unserer Stellungnahme mehrfach gebrauchten Wort der Steuerfunktion des Bundeskriminalamtes gemeint ist. Es geht schlicht gesagt darum, daß zwischen Bund und Ländern grundsätzliches Einverständnis darüber besteht, daß das Bundeskriminalamt durch Hinweise für die Sachbehandlung und durch qualifizierte Informationen unabhängig von der oft überbetonten Frage von Weisungsrechten Einfluß auf die Ermittlungstätigkeit vor Ort nehmen kann. Damit soll einer großräumigen, auch internationale Zusammenhänge berücksichtigenden Gesamtstrategie Rechnung getragen werden.
Zu den Überlegungen über eine sachgerechte Aufgabenverteilung zwischen Bundeskriminalamt und den Polizeien der Länder gehört auch die schwierige Frage, die schon viele Jahre diskutiert wird, ob das Bundeskriminalamt von seinen derzeitigen gesetzlichen Zuständigkeiten für die Verfolgung bestimmter Gruppen strafbarer Handlungen, z. B. beim international organisierten Waffen- und Rauschgifthandel und bei der Falschgeldverbreitung, entlastet werden soll. Zweifellos gibt es Gründe, die dafür sprechen könnten, diese gesetzlichen Zuständigkeiten durch eine reine Auftragszuständigkeit zu ersetzen. Eine solche Regelung, bei der das Bundeskriminalamt ausschließlich durch Einzelaufträge für die Strafverfolgung in konkreten Fällen mit Aufgaben der polizeilichen Strafverfolgung betraut würde, würde. eine der jeweiligen Kriminalitätsentwicklung angepaßte flexible Verwendung des BKA als Ermittlungsinstrument ermöglichen.
Andererseits handelt es sich bei den gesetzlich festgelegten Ermittlungszuständigkeiten wegen der internationalen Ermittlungsnotwendigkeiten weitgehend um solche, die der Natur der Sache nach



Bundesminister Baum
zweckmäßigerweise von einer darauf vorbereiteten und mit Spezialisten ausgestatteten Polizeibehörde wahrgenommen werden sollten.
Es bedarf also in dieser schwierigen Frage — die Bundesregierung hat sich da keineswegs schon festgelegt — einer Abwägung, die wir in den nächsten Wochen, auch mit den Ländern, treffen werden.
Auch besteht ein gewisser Sachzusammenhang zwischen gesetzlich festgelegten Ermittlungszuständigkeiten des Bundeskriminalamts und der Forderung, dem Bundeskriminalamt auch im Bereich der präventiven, der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung Mitwirkungsbefugnisse einzuräumen. Auch diese Frage werden wir eingehend zu prüfen haben.
Zur Frage der Einrichtung von Führungsstäben hebe ich hervor: Im Grundsatz ist es unbestritten, daß die Aufgaben polizeilicher Führungsstellen und. politischer Beratergremien voneinander zu trennen sind. Die Erfahrungen in den Fällen Lorenz, Stockholm, Schleyer und Mogadischu haben aber gezeigt, daß in besonderen Situationen ein Zusammenwirken der verschiedenen Ebenen und besonders die Einberufung politischer Beratungsgremien zwingend erforderlich ist. Wer die Entscheidungsprozesse in diesen kritischen Stunden erlebt hat, die ein präzises Aufeinanderabstimmen politischer Grundsatzentscheidungen und polizeitaktischer Erwägungen notwendig gemacht hat, wird sich vor vorschneller Kritik in diesem Punkte hüten.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich werde besonderes Gewicht darauf legen, daß das Zusammenspiel der Einsatz- und Führungsstäbe, vor allem auch im Verhältnis zwischen Bund und Ländern, so wirksam wie möglich gemacht wird. Dazu gehören aufeinander abgestimmte Organisationsformen ebenso wie Rahmenübungen. Noch wichtiger ist jedoch das Aufeinandereinspielen in der täglichen Praxis, das sich ständig vollzieht. Das Lagezentrum im Bundesministerium des Innern wird in Übereinstimmung mit den Vorschlägen des Berichts durch weiteren Ausbau in die Lage versetzt, allen Aufgaben einer Führungszentrale gerecht zu werden.
Meine Damen und Herren, ich bin sicher, daß der Bericht von Hermann Höcherl uns bei der Lösung der anstehenden, sehr schwierigen Probleme helfen wird. Die Bundesregierung — und das sage ich hier mit Nachdruck — dankt Hermann Höcherl für die gründliche und faire Untersuchung und für die von ihm unterbreiteten Vorschläge.

(Beifall bei der FDP, der SPD und Abgeordneten der CDU/CSU)

Mit seinem Bericht hat er das von ihm selbst genannte Ziel erreicht, „unsachlicher und ungerechtfertigter Kritik" — so drückt er es aus — „an den Sicherheitsorganen entgegenzuwirken, das Vertrauen der Bevölkerung in die Arbeit der Polizeibehörden des Bundes und der Länder zu stärken und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit dieser Behörden untereinander zu fördern".
Ich habe die wesentlichen Punkte dargestellt, die die Überlegungen der Bundesregierung bestimmen. Damit habe ich schon Stellung genommen zu den Vorschlägen der CDU/CSU im Antrag zur Verbesserung der Arbeiten der Sicherheitsbehörden des Bundes. Dieser Antrag der Opposition erweckt den Eindruck — schon durch seine Bezeichnung —, als gebe er umfassende Lösungen. Er greift jedoch in Wahrheit nur zwei Punkte auf, die für die Terrorismusbekämpfung zwar wichtig sind und die auch im Bericht sowie in der Stellungnahme der Bundesregierung angesprochen werden — insoweit stimmen wir überein —; aber es handelt sich nicht um alle und nicht um die wichtigsten Fragen. Ich meine, mit der Beschränkung des Themas auf diese wenigen Fragen wird der Antrag der Opposition der schwierigen Materie, vor der wir hier stehen, nicht gerecht.
Lassen Sie mich noch ein Wort zur geistigen Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Terrorismus sagen. Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß Polizei und Verfassungsschutz mit dem Phänomen des Terrorismus allein nicht fertig werden können. Unsere gesamte Gesellschaft muß sich engagieren. Der geistig-politischen Auseinandersetzung mit dem Terrorismus gebührt daher ein hoher gesellschaftspolitischer Stellenwert.
Mit der Innenministerkonferenz ist der Bundesminister des Innern der Auffassung, daß die Bevölkerung — und das hat ja schon begonnen — über Ziele, Methoden und Aktionen terroristischer Gruppen, über ihr Umfeld und ihren Hintergrund sowie über die von ihnen ausgehenden Gefahren umfassend informiert werden muß. Zu diesem Zweck ist eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingesetzt worden, die inzwischen eine Konzeption über Ziele, Adressaten, Grundsätze und mögliche Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit entwickelt hat. Hierzu gehört auch ein Gesamtprojekt zur umfassenden Erforschung der Ursachen, Bedingungen und begünstigenden Faktoren des Terrorismus unter Beteiligung namhafter Wissenschaftler.
Die Bundesregierung wird sich von dem Weg der nüchternen Krisenbewältigung, den sie seit 1969 auf dem schwierigen Feld der inneren Sicherheit beschritten hat, nicht abbringen lassen. Es ging heute nicht darum, grundsätzliche Ausführungen zur Frage der inneren Sicherheit zu machen, sondern darum, zu sehr klaren, konkreten und nüchternen Vorschlägen Stellung zu nehmen, die die Organisation der Zusammenarbeit der Polizeien im Bund und in den Ländern betreffen.
Lassen Sie mich aber zum Schluß ein grundsätzliches Wort sagen. Es ist, so meine ich, die oberste Pflicht eines demokratischen Staates, Sicherheit und Freiheit seiner Bürger zu garantieren. Es ist sogar mehr als seine Pflicht, meine Damen und Herren, es ist sein eigentlicher Zweck. Wie soll der Bürger sein Leben freiheitlich gestalten können, wenn er dieser Freiheit nicht sicher sein kann? Ich glaube, es gibt keine politische Entscheidung, deren letzter Sinn es nicht wäre, die für eine demokratische Gesellschaft lebensnotwendige Balance von Freiheit und Sicherheit zu garantieren.



Bundesminister Baum
Die Balance zu halten, das rechte Maß zu wahren, das ist auf dem empfindlichen Feld der inneren Sicherheit vielleicht noch schwerer als anderswo. Das Vertrauen in den demokratischen Staat wird nirgendwo leichter erschüttert als hier. Wenn der Bürger das Gefühl hat, daß der Staat seine Familie, sein Leben, seine Gesundheit und sein Eigenturn nicht schützen kann, dann wird er diesen Staat nicht bejahen. Wenn der Bürger auf der anderen Seite den Eindruck gewinnt, daß seine Freiheit zur Disposition der Obrigkeit steht, meine Damen und Herren, dann wird er diesen Staat auch nicht bejahen wollen.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Wo gibt es denn diesen Staat in Deutschland, wo die Freiheit zur Disposition der Obrigkeit steht?)

Es kommt also darauf an, bei jeder Einzelentscheidung im Sicherheitsbereich, Herr Kohl, deutlich zu
machen, daß es um die Sicherheit der Freiheit geht.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

Der freiheitliche Staat muß sich selber treu bleiben, meine Damen und Herren, auch dann, wenn er sich gegen Gegner verteidigen muß, die ihn beseitigen wollen.

(Erneuter Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich möchte mit einem Zitat aus der Ansprache schließen, mit der sich mein Amtsvorgänger, Werner Maihofer, in der vorigen Woche von seinem Hause, dem Bundesinnenministerium, verabschiedet hat.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Man kann nur Sehnsucht nach ihm haben, wenn man Sie hört! — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Wir kriegen nostalgische Erinnerungen!)

Er hat dort gesagt:
Ein Staat der Unfreiheit hat es leicht, mit den Gegnern der Unfreiheit fertig zu werden. Ein Staat der Freiheit dagegen tut sich schwer, sich gegen die Feinde der Freiheit zu verteidigen, kann er doch nach seinem eigenen Selbstverständnis die staatliche Macht in einem freiheitlichen Staat nur als ein äußerstes Mittel einsetzen, um die unbedingt notwendige Sicherheit der Bürger zu schaffen, ohne ihre größte mögliche Freiheit einzuschränken. Diese hier ständig neu sich stellende Frage der richtigen Mitte zwischen Freiheit und Sicherheit bei Rechtsfindung und Machtgebrauch stellt auch und gerade den Liberalen vor eine äußerste Herausforderung.
Ich, meine Damen und Herren, werde mich bemühen, dieser Herausforderung nicht auszuweichen.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Dritte Wahl!)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809800400
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Eyrich.

Dr. Heinz Eyrich (CDU):
Rede ID: ID0809800500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben soeben die Jungfernrede eines Ministers gehört. Herr Minister, ich habe mich daran erinnert: Mit Worten läßt sich
offenbar trefflich streiten. Angesichts dessen, daß Sie am Schluß ein so gutes Plädoyer für die Freiheit des Bürgers und seine Sicherheit gemacht haben, frage ich mich: Wann kam die Erkenntnis, und sind es nicht auch hier wieder nur Worte?
Wissen Sie, wir können nicht immer wieder die Frage stellen, was Freiheit und was Rechtsstaat ist, ohne auf den letzten Satz, den Sie ausgeführt haben, einmal einzugehen. Was ist denn die Herausforderung? Von der sprechen Sie, von der sprach Ihr Vorgänger, von der sprach der Herr Bundeskanzler, von der sprach der Herr Bundesaußenminister, von der spricht jeder hier. Aber wenn auch nur das Geringste an Gesetz hier auf den Tisch gelegt wird, an Gesetzt, das auch im Bericht eines Herrn Höcherl erscheint, dann schreien Sie und haben Bedenken hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit von uns vorgeschlagener Maßnahmen.
Ich glaube, Sie werden durch allerlei gestört —und ich komme nachher noch darauf zurück —, das zu tun, was man von Ihnen verlangt.
Herr Kollege Baum, nun kommen Sie und sagen, Sie wollten Gemeinsamkeit mit uns. Ich bin auch der Meinung, wir sollten mehr Gemeinsamkeit üben. Aber die Gemeinsamkeit kann doch dann nicht darin bestehen, daß man sagt: Ihr von der CDU habt im Grunde genommen nicht anderes vor, als die Freiheit des Bürgers zu beschränken.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Kohl [CDU/CSU]: Eine elitäre Arroganz ist das!)

Sie müssen sich doch darüber im klaren sein, daß Sie, wenn Sie hier in diesem Hause einer Opposition vorwerfen, daß sie zuviel an Gesetzen, daß sie zuviel an Einschränkungen der Freiheit des Bürgers vornehme

(Möllemann [FDP] : Sehr wahr!)

— Sie haben recht, Herr Möllemann:- Sehr wahr; ich bin nur froh, daß Sie es bestätigen, damit man es draußen auch hört, wie es wirklich bei Ihnen aussieht —, den untauglichen Versuch machen, uns auf einen Boden zu stellen, der nicht mehr der des Grundgesetzes ist. Dagegen verwahren wir uns ganz energisch.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Da hilft dann auch nicht die immer wieder gehörte Forderung, daß Verbesserungen im Bereich des Bundeskriminalamtes von Ihrem Vorgänger geschaffen worden seien. Ich bin Manns genug zu sagen: Das hat er getan. Ich bin Manns genug, zù sagen — auch alle Kollegen der CDU/CSU-Fraktion sind es —: Natürlich hat er auf diesem Gebiet einiges getan. Aber damit, meine Damen und Herren, kann man doch nicht eine Stellungnahme zu einem HöcherlBericht abschließen. Das ist doch nicht die einzige Antwort auf etwas wie den Teil I in dem Bericht des Herrn Höcherl.
Ich habe natürlich Verständnis für Ihr Vorgehen, Herr Kollege Baum. Warum sollte ich es nicht haben? Wenn ich an Ihrer Stelle säße, würde ich es wahrscheinlich auch versuchen. Aber man würde es auch bei mir sicher nicht durchgehen lassen, wenn ich hier im Plenum nur den Teil II des Höcherl-



Dr. Eyrich
Berichts behandelte. Der Teil I ist peinlicher. Er ist etwas kritischer.

(Spranger [CDU/CSU] : Den muß man lesen!)

Wer den Teil I nicht kennt, der wird über den Teil II nicht urteilen können. Wer den Teil I des Berichts nicht als Lehre und als Herausforderung nimmt, von der Sie am Ende gesprochen haben, der wird dann natürlich auch den Teil II nicht richtig würdigen können.
Lassen Sie mich eines sagen, meine Damen und Herren, damit hier ja kein Irrtum entsteht: Sie haben den Beamten gedankt, die in jenen Tagen das Äußerste getan haben. Herr Höcherl hat dasselbe gemacht. Wir stehen zu diesem Urteil über die Beamten und über die Sicherheitsbehörden. Es geht nicht darum — und da hat Herr Höcherl recht —, unsachliche Kritik an Sicherheitsbehörden zu üben.
Ich habe manchmal den Eindruck, daß wir, wenn die Sicherheitsbehörden das hätten tun können, was sie auf Grund ihrer Weisheit und Einstellung hätten tun wollen, und sie nicht manche, die im Besitz dieser Weisheit zu sein glaubten, daran gehindert hätten, bei der Fahndung ein Stück weitergekommen wären.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, wir sind auch nicht bereit — und ich sage das gleich vorweg —, uns der Art und Weise der Vergangenheitsbewältigung anzuschließen, wie sie die Bundesregierung offenbar bei der Suche nach den Schleyer-Attentätern und den fatalen Versäumnissen und Fehlern, die dabei gemacht worden sind, betreibt. Die Bundesregierung ist offenbar auch heute nicht bereit — ich habe es nicht gehört, Herr Kollege Baum —, aus diesem Bericht die notwendigen Konsequenzen und Einsichten zu ziehen.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Sosehr wir — auch das sei gesagt — die Haltung des zurückgetretenen Innenministers Maihofer respektieren, der bereit war — und das ist ganz wichtig —, aus seinem Teil der Verantwortung die Konsequenzen zu ziehen: wir sind nicht bereit, Herr Kollege Baum, ihn als den Sündenbock zu akzeptieren, nach dessen Opferung über das Versagen aller anderen Beteiligten der Mantel des Schweigens gedeckt wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was immer die FPD diesem zum Sündenbock gestempelten Minister an Schuld für die Absage der Wähler an ihre auf Machtbeteiligung bedachte Partei aufgeladen hat — und wahrscheinlich im Laufe der Zeit noch aufladen wird —, das mögen Sie unter sich ausmachen, aber über die verschiedenen Teilhaber an der Verantwortung für das Schicksal Schleyers müssen wir hier reden. Herr Höcherl hat schon recht — Sie haben diesen Satz auch zitiert —, wenn er sagt, sein Auftrag sei es nicht gewesen, politische Verantwortlichkeit zu bewerten.

(von der Heydt Freiherr von Massenbach [CDU/CSU]: Aber unser!)

Ich meine, das hätte auch nicht dem Willen seiner
Auftraggeber entsprochen. Aber dieser Aufgabe
muß sich doch der Deutsche Bundestag unterziehen; wer denn sonst?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Darüber ist nichts gesagt worden. Der Deutsche Bundestag wird es in dem Sinne tun müssen, wie der Kollege Maihofer es sich für den Kanzler gewünscht hat, als er ihm seine Rücktrittserklärung schrieb. Darin hat er geschrieben, sein Rücktritt möge helfen, die unbefangene Würdigung des Höcherl-Berichts zu erleichtern. Wir wollen über Mitverantwortung nicht so sehr deshalb reden, damit keiner, der es verdient, ungeschoren davonkommt. Wir wollen darüber reden, weil viele Fehler, die gemacht worden sind, doch eigentlich nur Symptome für Übel sind, mit denen wir es heute um nichts weniger zu tun haben als damals, Übel, die in ihrem Kern angegangen werden müssen, wenn der eine oder andere organisatorische Schritt oder selbst ein Amtsverzicht noch eine wirkliche Besserung bringen und einen Sinn haben sollte.
Der Höcherl-Bericht — Sie haben das nicht zitiert; ich habe Verständnis dafür — drückt mit knappen und zurückhaltend formulierten Worten ein vernichtendes Gesamturteil über die Terrorismusbekämpfung durch die Bundesregierung und die Koalition aus.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist der Obersatz, das ist der wichtigste Satz, der in diesem Bericht zum Ausdruck kommt, und diesen wollen Sie verwischen. Wenn ein Bericht aber so deutlich ist, können Sie sich drehen und wenden, wie immer Sie wollen. Der Vorwurf ist so deutlich erhoben worden, wie er nur deutlich sein kann. Wie soll man sonst den Satz verstehen, der alle Erkenntnisse zusammenfaßt? Herr Höcherl sagt:
Die Auswertung der Erfahrungen aus den terroristischen Anschlägen des Vorjahres und ihre Umsetzung in Gesetzesvorschläge, organisatorische Entscheidungen und Handlungsanweisungen scheint mir bei allem Verständnis für überlegtes Vorgehen nicht in allen Bereichen mit dem notwendigen Nachdruck und Umfang geschehen zu sein.
Meine Damen und Herren, das ist doch die Quintessenz: nicht mit dem nötigen Nachdruck und nicht in dem nötigen Umfang. Wissen Sie eigentlich, was das heißt? Ist in diesem Satz nicht der Zweifel, der viele bewegt, ausgedrückt, ob alles getan worden ist? Weder mit Nachdruck noch in dem erforderlichen Umfang haben Sie — die Bundesregierung nämlich — gehandelt. Sollen Wir — ich muß das tun, insbesondere deswegen, weil Sie dieses Thema wieder einmal angeschnitten haben — nochmals die Frage stellen: Was verstehen Sie eigentlich unter Verteidigung unseres Rechtsstaates? Warum haben Sie die notwendigen Dinge nicht getan? Haben Sie, Herr Kollege Wehner, sich das auch in Ihrer Fraktion einmal ehrlich überlegt? Ist es so, wie wir es Ihnen seit Jahren vorhalten zu müssen glauben? Ich habe manchmal den Eindruck — Sie werden natürlich sagen, wir äußerten immer dasselbe; man muß es halt immer wieder sagen, weil es so ist und weil dieser Eindruck nicht verlorengeht —, daß



Dr. Eyrich
Sie unter dem Einfluß einer Minderheit, die Sie sicherlich selbst beklagen, nicht mehr die Kraft haben, das Notwendige zu tun.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie können sich aus diesem Kreise nicht lösen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809800600
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wehner?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809800700
Ja.

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0809800800
Werter Herr Kollege, darf ich erwarten, daß Sie nach dieser direkten Anrede auch darlegen werden, was „das Notwendige" ist?

Dr. Heinz Eyrich (CDU):
Rede ID: ID0809800900
Herr Kollege Wehner, ich glaube, Sie haben ein Anrecht darauf, von mir nicht nur zu hören, daß ich Ihnen vorwerfe, Sie hätten das Notwendige unterlassen, sondern auch zu erfahren, was wir für das Notwendige halten. Ich glaube, niemand anderem kann ich mehr als Ihnen in diesem Fall folgendes entgegenhalten. Sie waren immer hier, als wir die Debatten geführt haben, in denen wir von dem Notwendigen gesprochen haben. Herr Kollege Wehner, Sie waren auch hier, als der Herr Bundeskanzler hier von diesem Platz aus gesagt hat: Wir wollen bis an die Grenzen des Rechtsstaats gehen. Sie haben auch erlebt, daß wir jahrelang die Einführung der Verteidigerüberwachung, die diese Ministerbank hier bejaht hatte, dem Bundestag vorgeschlagen haben. Sie waren doch auch hier — ich komme nachher noch darauf zurück —, als wir miteinander über die Frage der Sicherungsverwahrung diskutiert haben. Jetzt hat der Richterbund dem recht gegeben, was wir an gesetzlichen Maßnahmen vorgeschlagen haben und was Sie oder Ihre Fraktion, Herr Kollege Wehner, unter Hinweis auf rechtsstaatliche Bedenken ganz einfach weggewischt haben. Dies, so meinen wir, ist unter anderem etwas gewesen, was notwendig gewesen wäre. Ich komme nachher noch darauf zurück, daß in diesem Bericht steht, es sei um großangelegte Durchsuchungsmaßnahmen gegangen, die der Koordinierungsstab durchzuführen gehabt hätte. Plötzlich hat man dies aber nicht mehr tun können, weil man mit Schrecken entdeckt hat: Dafür gibt es ja gar keine gesetzlichen Grundlagen. Als wir dann — ich werde es Ihnen nicht ersparen können, das nachher noch einmal zu sagen — gesagt haben: Laßt uns diese Grundlagen doch miteinander schaffen!, sind hier vier aufgestanden, die gemeint haben — entschuldigen Sie, wenn ich es einmal so hart sage —, bei Einfamilienhäusern könne man zu einer Durchsuchung noch ja sagen, aber dort, wo die Gesuchten tatsächlich zu vermuten sind, dort, wo sie sich, wie wir wissen, immer versteckt halten, nämlich in den großen Wohnblöcken, könne man es unter keinen Umständen tun.

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809801000
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Pensky?

Dr. Heinz Eyrich (CDU):
Rede ID: ID0809801100
Nein.
Das sind die Fragen, die uns bewegen. Das ist es, von dem wir glauben, daß Herr Höcherl es gemeint hat, als er davon sprach, daß wir auch den Umfang der Gesetzgebung der Terrorismusbekämpfung mit in das Urteil einbeziehen müssen.
Herr Bundeskanzler, Herr Bundesaußenminister und auch Herr Bundesjustizminister, als Sie davon sprachen — ich habe es gerade in meiner Antwort auf Herrn Wehner gesagt —, bis an die Grenze des Rechtsstaat gehen zu wollen, haben Sie — Herr Kollege Wehner, ich glaube, das muß man doch einmal aufgreifen — dabei auch daran gedacht, daß Ihre Regierung im Namen des Rechtsstaats der Familie Schleyer das Opfer des Mannes und Vaters zumutete? Kann das denn rechtsstaatlich gedacht sein, daß wir zwar — und wir sind dazu gestanden, wir haben Ihnen ja daraus keinen Vorwurf gemacht — das Leben eines Mitbürgers opfern, der Bevölkerung aber, Herr Kollege Wehner, nicht zumuten dürfen, um nur ein Beispiel zu zitieren, einen Ausweis mit sich zu tragen und ihn im schlimmsten Falle dem Hotelportier zu präsentieren?

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

Sie werden mir möglicherweise entgegenhalten, das sei unfair, und Sie werden mir möglicherweise auch sagen: Das ist gar nicht effektiv.

(Zuruf des Abg. Pensky [SPD])

— Lieber Herr Pensky, wir haben uns darüber des öfteren unterhalten. Ich kann Ihnen nur sagen: Kennen Sie eine einzige Maßnahme, die zu 100 % effektiv ist? Warum nehmen Sie nicht auch eine Maßnahme, die zu 40 % oder 50 % effektiver ist, als wenn man überhaupt nichts tut? Darum geht doch die Frage.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Kontrollen durch den Bundesgrenzschutz, so hörten wir in den letzten Wochen — mal sind die Fragen gestellt, mal nicht gestellt worden, dann sind sie doch gestellt worden —, deren Ergebnisse den Sicherheitsbehörden zur Verfügung gestellt werden, sollen des Teufels sein, wenn ich es so sagen darf. Wenn aber ähnliche Kontrollen, meine Damen und Herren, in Nachbarländern zur Ergreifung gesuchter deutscher Terroristen führen, wird uns das als Erfolg dieser Regierung hier angedient. Entweder das eine oder aber das andere!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich meine, man müßte die Maßstäbe des Rechtsstaats wieder in die rechte Gewichtung bringen.
Da werden neue Anschläge nicht nur für möglich gehalten, sondern deren Bevorstehen wird über ein Jahr lang immer wieder angekündigt. Aber das wenigste, was man in einer solchen Situation verlangen könnte, wird dann trotz allem unterlassen: die Einrichtung eines qualifizierten Einsatzstabes im Bundesministerium des Innern. Das ist Ihre Aufgabe, Herr Kollege Baum. Intensive und alle Sicherheitskräfte umfassende Übungen und Planspiele durften bisher nicht geschehen.



Dr. Eyrich
Noch einmal: Warum ist es nicht geschehen? Fehlt der Mut? Wo, Herr Bundeskanzler, ist Ihre Stärke? Oder geht die Machterhaltung auf Kosten der Sicherheit der Bürger?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren: Die Selbstgerechtigkeit in weiten Kreisen der SPD macht es Ihnen so schwer, Einsicht in die Notwendigkeiten zu gewinnen. Selbstgerechtigkeit deswegen, weil immer noch — da könnte es sicher noch zwei solcher Berichte geben — die Behauptung aufgestellt wird, genügend getan zu haben; Selbstgerechtigkeit, meine Damen und Herren von der SPD, auch deswegen, weil Sie nicht mehr bereit sind, und das zeigt sich wieder, unbefangen das Thema der Verteidigung des Rechtsstaats zu diskutieren, sondern Sie versteigen sich dazu, selbst bestimmen zu wollen, wo die Grenzen des Rechtsstaats liegen, ohne zu sehen — Herr Kollege Baum, Sie haben es auch angeschnitten —, daß Freiheit ohne Sicherheit nicht denkbar ist.

(Wehner [SPD] : Auch nicht Sicherheit ohne Freiheit!)

— Herr Kollege Wehner, ich werde gleich auf diesen Einwand eingehen.
Selbstgerechtigkeit auch deswegen, weil Sie auch durch das neuerliche Votum des Deutschen Richterbunds bezüglich der Sicherungsverwahrung ganz bestimmt nicht zu einer Umkehr bewogen werden.
Herr Kollege Wehner, wenn es darum ginge, daß wir beide miteinander rechten müßten, ob es Freiheit ohne Sicherheit gibt oder Sicherheit ohne Freiheit, dann gebe ich Ihnen recht: Sicherheit ohne Freiheit ist nicht das, was wir wollen, aber Freiheit ist nun eben etwas, was Sicherheit mit einschließt. Deswegen kann niemand wirklich frei sein, kann niemand frei sein auch von Angst, wenn er dieses Gefühl der Sicherheit nicht hat. Allein darauf kommt es an.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Lambinus [SPD])

Herr Bundeskanzler, es ist Ihre Regierung, die sich von einem selbstgewählten Untersuchungsführer das Verdikt gefallen lassen muß, die mögliche und notwendige Vorsorge gegen den Terrorismus wenigstens teilweise versäumt zu haben.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Wollen Sie sich, Herr Bundeskanzler, eigentlich ernstlich mit dem Opfer Ihres Innenministers aus der Affäre ziehen und im übrigen noch Dank für Ihre Tatkraft erwarten? Haben Sie sich auch einmal überlegt — nehmen Sie das bitte nicht als eine unziemliche Bemerkung —, daß Mogadischu möglicherweise in jener Zeit nicht notwendig gewesen wäre, wenn einem Hinweis nachgegangen worden wäre, dem man nicht nachgegangen ist, weil die politisch Verantwortlichen das Nachgehen verhindert haben?

(Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Was soll das? — Dr. Penner [SPD] : Das ist aber eine Form von Selbstgerechtigkeit!)

— Lieber Herr Kollege Penner, ich meine, wenn es überhaupt eine Rechtfertigung in diesem Bericht gibt, dann nur die — ich komme nachher noch darauf zurück —: Es ist doch durch diesen Bericht nachgewiesen — auch schon vor diesem Bericht war es für jeden klar —, daß das, was versäumt worden ist, das, was an Kompetenzwirrwarr geschaffen worden ist, der Ursprung dafür war, daß man dem einzig tatbezogenen Hinweis nicht in dem erforderlichen Maße nachgegangen ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Man kann darüber diskutieren wie immer man will: dieser Hinweis auf die Wohnung in ErftstadtLiblar ist bei den Behörden angekommen, aber ihm, ist nicht nachgegangen worden. Dieser Hinweis ist buchstäblich im selbstgeschaffenen Chaos — anders kann man es ja gar nicht mehr nennen — untergegangen. Dieser Zustand — auch das muß gesagt werden — wäre bei rechtzeitiger Vorsorge auf den Tag X vermeidbar gewesen. Die überstürzte, nicht durchdachte und polizeitaktisch völlig falsche Bildung eines Koordinierungsstabes — kein Wort davon haben wir heute früh bei dem Eingehen auf den Bericht des Herrn Höcherl gehört — ist doch eines der erschreckendsten Beipiele für die Konzeptionslosigkeit, aber zugleich auch für die durch ständiges Hineinregieren in die polizeiliche Arbeit verursachte Verwirrung und die damit übernommene unmittelbare Verantwortung der Regierenden. Es ist nun in der Tat lesenswert, was in diesem Bericht des Herrn Höcherl steht. Nirgends kommt die Hilflosigkeit dieser Regierung deutlicher zum Ausdruck.
Man muß es sich doch einmal vor Augen halten, man muß es hier vor den Leuten noch einmal miteinander besprechen, was sich dort abgespielt hat. Da wird am 6. September 1977 der Gedanke großangelegter Durchsuchungsmaßnahmen erörtert; ich habe es vorhin schon einmal gesagt. Am 7. September erteilt der Herr Bundesminister des Innern, Maihofer, zusammen mit dem Herrn Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen, dem es ganz sicherlich auch gut getan hätte, wenn er die eine oder andere Überlegung hier in diesem Hause mit angehört hätte,

(Beifall bei der CDU/CSU)

einen entsprechenden Vorbereitungsauftrag. Zur Durchführung dieses Vorbereitungsauftrages „großangelegter Durchsuchungsmaßnahmen" — wie es damals hieß — stellte man 100 Beamte bereit. Aber kaum angeordnet, werden gegen diese geplanten Durchsuchungsmaßnahmen rechtliche, politische und kriminaltaktische Bedenken geltend gemacht. Deshalb wurde die Arbeit des Krisenstabes, der am 9. September, 12 Uhr zusammentrat, am 11. September praktisch schon wieder in seiner Arbeit eingeschränkt, am 13. September eingestellt, und am 14. September wurde sang- und klanglos ein Instrument mit 100 Beamten aufgelöst, das fünf Tage lang praktisch umsonst gearbeitet hatte, weil man angeblich die rechtlichen und politischen Voraussetzungen für den Auftrag nicht richtig durchdacht hatte? Ich meine, hier müßte man sagen: Hätte man sich auch nur ein bißchen auf diesen Tag vorbereitet, hätte man sich überlegt, was man tun kann und



Dr. Eyrich
was noch im Rahmen des Möglichen liegt, dann wäre das bei Gott nicht möglich und notwendig gewesen. Da drängt sich doch die Frage auf — ich habe es vorhin schon gesagt; ich möchte es hier abkürzen —: Sie planen große Durchsuchungsaktionen, und hinterher stellen Sie fest: es geht nicht. Wir schlagen Gesetze vor,

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Sehr gut!)

in denen wir Ihnen anbieten: Nun schafft doch einmal die Voraussetzung für diese großangelegten Durchsuchungsaktionen, die Sie und Ihr Vorgänger, Herr Kollege Baum, für notwendig und erforderlich gehalten haben, um, wie es im Bericht heißt, im schlimmsten Fall eingreifen und vielleicht doch noch das Leben Hanns Martin Schleyers retten zu können. Nein, nachher wird all das beiseite geschoben. Da will man nichts mehr davon wissen, da will man nichts mehr davon hören — aus welchen Gründen auch immer; ich möchte es nicht noch einmal wiederholen. Man schiebt es beiseite.
Was das Schlimmste ist — die zweite Überlegung in dem Zusammenhang —, bei der begrenzten Aufgabe dieses Koordinierungsstabes bringt es der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen fertig, mit dem Regierungspräsidenten in Köln zusammen die Nachricht an eine Sonderkommission in Köln zu geben: Die sind zuständig. Die fühlen sich kaum zuständig, sind sie schon nicht mehr zuständig, weil der, der sich noch nicht zuständig fühlt, schon zuständig ist, obwohl er nicht weiß, daß er schon zuständig ist und es auch gar nicht wissen kann.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Entschuldigen Sie bitte: Kaum sind zehn Stunden vergangen, sind auch die zweiten, nämlich die in Bad Godesberg, nicht mehr zuständig. Da wird dann der Koordinierungsstab zuständig. Der hat keine Aktenordnung, der hat keine Dienstanweisung. Der weiß nicht, was er tun und machen soll, bis daß er dann erfährt, daß das, was er eigentlich machen soll, gar nicht möglich ist. So ist der Kompetenzwirrwarr, so sind die Nachrichten geleitet worden, von denen der Herr Höcherl sagt: „Wären sie richtig geleitet worden ..." Er sagt auch noch, die Soko 77 Köln, die Sonderkommission, habe nachher ein Fernschreiben noch einmal anfordern müssen, damit sie überhaupt wußte, was in dem Fernschreiben stand, ausgerechnet das Fernschreiben, in dem es um die Wohnung ging.
Nehmen Sie mir das ab, meine Damen und Herren, auch wir wissen, was menschliche Unzulänglichkeit bedeutet, und auch wir wissen, daß sie möglich ist. Wenn aber menschliche Unzulänglichkeit in einem solchen Maße gefördert wird, ja, fast heraufbeschworen wird, braucht man sich doch nicht zu wundern, wenn solche Pannen passieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

In der mangelnden Vorsorge und der selbst geschaffenen Unsicherheit liegt das Verschulden der Verantwortlichen.
Herr Hirsch hat bisher keinen Anlaß gesehen, irgendeine Konsequenz zu ziehen, obwohl — ich habe es dargetan — er sich nicht mehr, allerdings
auch nicht weniger verantwortlich fühlen müßte. Man müßte auch ihn fragen wie auch Sie, Herr Bundeskanzler, ob Sie sich nicht auch dafür verantwortlich fühlen, wenn Sie sich schon nicht auf politische — so steht es im Bericht — Grundsatzentscheidungen beschränkt haben, sondern auch auf polizeitaktische Einzelentscheidungen der zentralen Einsatzleitung eingewirkt haben. Warum dann diese Zurückhaltung bei der Übernahme der Verantwortung, Herr Bundeskanzler?
Herr Kollege Dregger hat es einmal gesagt — ich glaube, es war am 16. März in diesem Hause —: Verantwortung ist nicht teilbar, je nachdem, ob' es um Mogadischu oder um die Bildung eines Koordinierungsstabes geht. Dabei bleibt es: Mindestens fünf Tage lang sind sage und schreibe 100 Polizeibeamte für ein Unternehmen abgeordnet worden, das nachher abgeblasen werden mußte.
Wir haben die Verantwortlichen vor unseren Augen. Sie, Herr Bundeskanzler, haben es zugelassen, wenn nicht gar gefördert, daß polizeitaktische Maßnahmen von Politikern geschaffen und beschlossen worden sind. Dem gewesenen Bundesinnenminister muß man den Vorwurf machen, einem nachgeordneten Landesbeamten einen unüberlegten, alsbald in vielfacher Hinsicht unzweckmäßig oder undurchführbar erscheinenden Auftrag erteilt zu haben, und schließlich dem Herrn Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen den Vorwurf, diesen ganz undurchdachten Auftrag ausdrücklich mitgetragen zu haben, ohne auch nur im geringsten daran zu denken, eine Aktenordnung oder eine präzise Dienstanweisung zu geben. Das muß man sich auch einmal vom fachlichen Standpunkt her überlegen, meine Damen und Herren, was da geschehen ist. Die Leute wußten überhaupt nicht, was eigentlich ihre Aufgabe war. Sie hatten keine Aktenordnung, nichts. Nichts konnte verwertet werden. Fünf Tage lang konnte all das, was dort gesammelt worden ist, nicht verwertet werden, weil es ganz einfach nicht mehr zugänglich war.
Ich meine, Herr Kollege Baum, dies ist schon ein Hinweis darauf: Ein kleines bißchen sollten wir doch noch tun. Der Herr Hirsch weist ja im Augenblick jede Verantwortung dafür zurück, daß dieses — —

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Das hat er mit Herrn Baumann gemeinsam!)

-- Auf den komme ich noch, Herr Vorsitzender.
Wir sollten sehen, daß der Herr Hirsch, der entscheidend dafür verantwortlich ist, daß man nichts mehr findet, sich just auf .diesen Zustand jetzt beruft und sich just mit diesem Zustand entschuldigt. Das ist ein venire contra factum proprium; das ist ein Musterfall widersprüchlichen Verhaltens. Da muß man die Frage stellen: Wo bleiben hier die Verantwortlichkeit und das Gefühl für Verantwortlichkeit?
Aber daß es der Herr Hirsch dann noch fertiggebracht hat — — Wir wollen jetzt mal von der Sache in Süddeutschland absehen, wo die Terroristen deswegen entstehen, weil sie dort an den Segnungen sozialliberaler Bildungspolitik vorbeigeeilt sind oder damit nicht bedacht worden sind. Das



Dr. Eyrich
hat er getan. Das ist so ungeheuerlich, daß ich es, als ich es zum erstenmal hörte, eigentlich gar nicht glauben wollte.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Wir wollen auch daran erinnern, was Herr Hirsch über Herrn Bender gesagt hat!)

— Ja. Es ist halt, Herr Dr. Kohl, wahrscheinlich immer so, daß man es, wenn man es von sich her sieht, immer anders sieht, als man es bei anderen zu sehen bereit ist.

(Zuruf des Abg. Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD])

Der Herr Hirsch hat es in der Tat fertiggebracht, den Vorsitzenden seiner Düsseldorfer Landtagsfraktion

(Dr. Penner [SPD]: Wir sind im Bundestag!)

zu dem Ruf nach dem Rücktritt — lieber Herr Kollege Penner — Maihofers zu ermuntern, dem Rücktritt jenes Mannes, mit dem zusammen er — das wissen wir doch — die Maßnahmen getroffen hatte, die nachher nicht funktionierten.
Lassen Sie mich noch auf ein paar Dinge eingehen. Im November des vergangenen Jahres habe ich schon die in der Nacht nach dem Schleyer-Attentat in hektischer Improvisation eingerichtete Zentrale Einsatzleitung kritisiert, längst ehe wir ahnten, welche schlimmen Folgen eine solche Improvisation haben würde. Herr Kollege Dregger hat die Kritik in der Debatte verdichtet und Ihnen gesagt, daß das kein taugliches Instrument zur Bekämpfung des Terrorismus sei. Uns haben Sie es damals nicht geglaubt. Ich kann mich noch erinnern, wie der Herr Bundesinnenminister damals gesagt hat, das sei ja nun doch verfassungsrechtlich außerordentlich bedenklich. Der Herr Höcherl hat es in seinem Bericht so bestätigt, wie wir es damals in der Debatte dargetan haben.
Sie rufen immer nach den Alternativen. Jetzt, wo Sie sie haben, wollen Sie es nicht wahrhaben, daß sie von uns sind und daß Sie ihnen folgen müssen; denn sie sind Ihnen unangenehm, und Sie können sie politisch fast nicht verkraften.
Wir sollten uns klar darüber sein: Wenn wir im Bundesinnenministerium nicht einen Zentralen Einsatzstab bekommen, der die Verantwortlichkeit klarstellt, ,den Weg richtig weist und die Einübung von Einsätzen und zu erwartenden Fahndungen vornehmen kann, können wir über Terrorismusbekämpfung reden, solange wir wollen. Wenn wir den Sicherheitsbehörden — die wir nicht kritisieren, sondern unterstützen wollen — nicht das Handwerkszeug geben, wenn wir ihnen nicht eine klare Anweisung geben, wenn wir nicht garantieren, daß Bund und Land in einem vernünftigen — —

(Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Da müssen die Länder mitmachen!)

— Lieber Herr Schäfer, Sie wissen es doch besser. Sie waren doch mal Polizeidirektor von Freiburg.

(Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Da müssen die Länder mitmachen!)

— Sie sagen: „Da müssen die Länder mitmachen." Schauen Sie, der Herr Baum hat ja auch die Leistungsbilanz in Sachen öffentliche Sicherheit zitiert, die sein Vorgänger kürzlich noch herausgegeben hatte. Er hat auch von den Verhaftungen gesprochen. Nur von etwas spricht keiner. Herr Schäfer, da sollten doch auch Sie wissen, daß in dieser schriftlichen Leistungsbilanz des Herrn Bundesministers steht — es ist nie gesagt worden; kein Mensch hat das draußen gesagt; denn es paßt nicht ins Konzept —: Die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern hat diese Erfolge sichergestellt. Und nun frage ich mich immer: Wenn's drin steht, warum streiten wir uns eigentlich noch darüber? Versuchen Sie doch nicht, die Zuständigkeitsregelung zwischen Bund und Ländern zu verwischen und sie dafür verantwortlich zu machen, wenn etwas nicht klappt. Nein; nicht das ist es. Sondern die unsinnige und in ihrer Wirkung eigentlich undurchdachte Einrichtung von Stäben ist es, was wir brauchen und was wir, so meine ich, - -

(Zurufe von der CDU/CSU: Nicht brauchen!) — Nicht brauchen! Entschuldigung.


(Wehner [SPD]: Es macht nichts aus!)

— Eben; es macht nichts aus. Herr Kollege Wehner, das haben Sie recht. Sie haben so aufmerksam zugehört, daß auch Ihnen nicht entgangen ist, daß ich das sagen wollte. Ich glaube, Herr Kollege Wehner, es ist ganz gut, daß wir hier dieses Maß an Übereinstimmung verzeichnen können. Ich sage das allen Ernstes; wir sollten tatsächlich ein bißchen besser zuhören, nicht nur auf der einen, sondern — ich gebe es zu — mitunter auch auf der anderen Seite.
Als damals der Kollege Dregger den Vorschlag machte, eine Zentrale Einsatzleitung im Ministerium zu errichten, hatte Herr Maihofer verfassungsrechtliche Bedenken. Aber was für verfassungsrechtliche Bedenken hatte denn der Minister, der einmal — wie er immer selbst bekannt hat — gegen die Notstandsgesetze demonstriert hat? Er hat keine Bedenken dagegen gehabt, dem Bundeskriminalamt nicht nur den Bundesgrenzschutz, sondern auch das Bundesamt für Verfassungsschutz zu unterstellen. Ich hätte einmal sehen wollen, was ein Innenminister von unserer Seite — wie immer er geheißen hätte; ich wage nicht daran zu denken, daß er gar noch aus Hessen gekommen wäre — hätte erleben müssen, wenn er diese Art der Zuständigkeitsverteilung begründet hätte. Man hätte ihm gesagt: Das sind Zeiten wie früher.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Faschistoid!)

Mit uns hätte man es natürlich eher verbunden als mit jedem anderen.
Es dient auch der Verhinderung — und auch das sollten wir nicht vergessen —, daß Verantwortlichkeiten verwischt und nach unten abgeschoben werden. Dort im Ministerium ist das anzusiedeln, was man als den Kopf dessen bezeichnet, was zur Bekämpfung des Terrorismus bei der Fahndung beachtet werden muß.
Nun gut, man hat unseren Vorschlag abgelehnt. Wir werden nicht müde werden, diesen Vorschlag im Ausschuß mit aller Vehemenz zu vertreten. Wir



Dr. Eyrich
haben einen Bundesgenossen bekommen, den Bundesgenossen Höcherl. Und, Herr Kollege Baum, darf ich glauben — ich hoffe es jedenfalls —, daß wir in Ihnen dank Ihrer Einsicht, die Sie uns hier vorhin mitgeteilt haben, einen Bundesgenossen zu erwarten haben? Sie hatten die Einsicht, daß es in der Tat so ist, daß etwas geschehen muß. Setzen Sie sich doch über manche Hemmnisse, die Sie haben zu müssen glauben, hinweg; Sie müssen nicht meinen, das sei die wirkliche Bekämpfung des Terrorismus.
Zum Ende — aber ich meine, es muß gesagt sein —: Sagen Sie vielleicht auch einmal Ihrem Parteifreund und Kollegen Hirsch in Nordrhein-Westfalen folgendes, und sagen Sie es, wenn Sie dann schon dabei sind, vielleicht auch gleich noch ein Stück weiter nach Berlin. Sagen Sie vielleicht den beiden Kollegen: Wir können nicht einfach zusehen, wenn die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, schwindet, wenn eine Position, die von einem Justizsenator eingenommen wird, dazu führt, daß Sicherheitseinrichtungen sträflich vernachlässigt werden und daß wegen dieser sträflichen Vernachlässigung Terroristen entführt werden können — mit all den schrecklichen Folgen, die wir alle kennen —, wenn das auf Grund einer Einstellung geschieht, die tief verwurzelt ist, auf Grund einer Einstellung, die immer wieder dieses Zaudern mit sich bringt, dieses Zaudern im Umgang mit der Frage nach Freiheit und Sicherheit — in völliger Verkennung der Tatsache, daß ich doch den Maßstab anzulegen habe, wie ich am besten den unbescholtenen Bürger draußen schützen kann, nicht aber den Maßstab, wie ich möglicherweise am ehesten dem gerecht werden kann, der im Gefängnis sitzt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, ich habe nun wirklich alles Verständnis, und dies nicht immer zur Freude meiner Kollegen in der Fraktion. Ich habe — das darf ich hier auch einmal sagen— an der Reform des Strafvollzugsgesetzes mitgearbeitet, und manch einer ist gekommen und hat gefragt: Gehen wir hier nicht zu weit? Der Herr Kollege von Schoeler weiß noch, wie wir da zusammengesessen haben. Ich bekenne mich dazu, und man hat mir oft genug so ein bißchen den Vorwurf gemacht, vielleicht auf jenem Gebiet zu weit gegangen zu sein.
Aber dann, wenn ich weiß, daß eine Situation gemeistert werden muß, und wenn ich weiß, daß sie nicht anders gemeistert werden kann als dadurch, daß ich jemandem, der im Gefängnis sitzt, eben eine Auflage, die ihm nicht angenehm sein kann, mache, wiegt das doch ungleich weniger schwer, als wenn ich in Kauf nehmen muß, daß der, dem ich die Auflage nicht mache, möglicherweise dazu beiträgt, daß noch ein Mensch getötet wird.

(Beifall bei der CDU/CSU) Das ist die Dimension.

Wenn wir dann noch von Liberalität sprechen, dann, so meine ich, meine Damen und Herren der Koalition, sollten wir wirklich daran denken, daß Liberalität in gut verstandenem Sinne auch ist, ein Gefühl für Verantwortung und Verantwortlichkeit zu haben. Wer den Bericht von Höcherl liest, sich
diesem Bericht stellt, muß dann auch die Liberalität und den Mut haben, die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809801200
Das Wort hat Herr Abgeordneter Brandt (Grolsheim).

Hugo Brandt (SPD):
Rede ID: ID0809801300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst ein sehr persönliches Wort, Herr Kollege Dr. Eyrich. Wir haben lange genug zusammengearbeitet und kennen uns lange genug, und ich weiß, daß Sie in vielen Dingen verständiger sind, als Ihre Parteizugehörigkeit erhoffen läßt,

(Lachen, Oh-Rufe und Zurufe von der CDU/CSU)

und zwar auch in diesem Punkt, über den wir gesprochen haben. Deshalb bitte ich Sie sehr darum, über das böse Wort nachzudenken, das in dieser Rede enthalten war: hier ginge es um die Machterhaltung auf Kosten der Sicherheit der Bürger.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Kohl [CDU/CSU] : Das ist das einzige, was Sie überhaupt noch zusammenhält! — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Sie wissen es doch besser! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Nein.
Aber um es, sehr verehrter Herr Fraktionsvorsteher, nicht im Getümmel untergehen zu lassen, sagen wir es gleich vorweg: Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion dankt dem Bundesminister a. D. Hermann Höcherl für die Mühe, der er sich unterzogen hat, und für den Bericht, den er vorgelegt hat. Dieser Bericht ist durchaus eine hilfreiche Arbeit. Insofern sind wir völlig einig. Es war richtig, daß die Bundesregierung und die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen diesen Auftrag gegeben haben, um so weit wie eben möglich Klarheit über diesen tragischen Vorgang zu gewinnen und zugleich Möglichkeiten zu weiteren Einsichten darüber zu erhalten, welche organisatorischen bzw. gesetzgeberischen Maßnahmen auf Grund der gewonnen Erkenntnisse anzuraten sind.
Der Bericht verstellt nach unserer Auffassung die Ausflucht in bequeme Lösungen. Es gibt hier auch nicht einen Fehler, eine Handlung oder eine Unterlassung, die einer bestimmten Person zugerechnet und in Schuld umgemünzt werden könnte. So einfach ist das nicht.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Der Innenminister Professor Werner Maihofer hat politische Verantwortung übernommen, besser: auf sich genommen und sein Amt aufgegeben. Ein solcher Vorgang wird in parlamentarischen Demokratien als normal bezeichnet. Vielleicht ist er es auch. Aber mitunter haben solche Vorgänge natürlich auch das rituelle Gehabe, mit dem ein Sündenbock ausgewählt und beladen mit der Bürde der Schuld vieler in die Wüste geschickt wird. Die Lektüre des



Brandt (Grolsheim)

Berichts lehrt, daß ein Gefüge unterschiedlicher Ursachen den Mißerfolg begünstigt haben. Der Bericht zeigt aber auch, daß sich keine Erfolgsgarantie daraus ableiten läßt, wenn alles ganz anders gewesen wäre.
Hier wird gesagt, in dem Bericht — Sie haben es angeführt, Herr Kollege Dr. Eyrich — sei ein vernichtendes Urteil über die Terrorismusbekämpfung gefällt worden, weil nicht in allen Fällen mit Nachdruck und mit dem entsprechenden Umfang an die Terrorismusbekämpfung herangegangen worden sei. So darf ich das ungefähr zusammenfassen. Das ist durchaus möglich und in vielen Teilen sicherlich auch richtig. Nur, dann müssen wir aber auch sehen, was in dem Gesamtkomplex der Bekämpfung des Terrorismus gemeinsame Aufgabe von allen ist und wie wir gemeinsam an diese Aufgabe herangehen können. Ich werde noch einige Worte dazu zu sagen haben, daß das auch im Streit miteinander geschehen kann und in vielen Fällen sicherlich auch geschehen muß. Dann sollten. wir die Gegensätze untereinander austragen und sie nicht, wie wir das auch in diesem Hause oft tun, schön eingepackt aneinander vorbeitragen. Vielleicht lernen wir das noch etwas besser.
Mit der Formulierung dés Berichtes sehen auch wir es als unsere Aufgabe an, unsachlicher und ungerechtfertigter Kritik an den Sicherheitsorganen entgegenzuwirken, das Vertrauen der Bevölkerung in die Arbeit der Polizeibehörden des Bundes und der Länder zu stärken und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit dieser Behörden untereinander zu fördern. Wir teilen auch die Feststellung des Berichts, daß sich die damals eingesetzten Bediensteten des Bundes und der Länder auf allen Ebenen mit hervorragendem Engagement, Pflichtbewußtsein und großer Opferbereitschaft in vorbildlicher Weise eingesetzt haben. Wir danken Herrn Höcherl für diese Feststellung und bestätigen sie nachdrücklich aus eigener Erkenntnis.
In diesen Zusammenhang gehört auch die Feststellung, daß sich bestimmte im Zusammenhang mit diesem Fall in der Öffentlichkeit aufgestellte Behauptungen über die Fehlbehandlung weiterer Hinweise als unbegründet erwiesen haben. Mit einer solch nüchternen Feststellung wird einer gezielten Legendenbildung entgegengewirkt. Das festzustellen ist nicht nur notwendig um der Polizei willen, die sicherlich zu den leistungsfähigsten in der Welt gehört, sondern vor allem um der Bevölkerung willen; denn jeder muß die Gewißheit haben, daß sein Hinweis ernst genommen wird, und nicht nur ernst genommen, sondern daß dem auch nachgegangen wird. Anders wäre eine der wichtigsten Grundlagen polizeilichen Erfolgs in der Fahndung, die Aufmerksamkeit und die Mitwirkungsbereitschaft der Bürger, nicht zu erhalten. Das, was wir Öffentlichkeitsfahndung nennen, die sich eben an den Bürger mit der Bitte um Mithilfe wendet, ginge dann in die Leere der Gleichgültigkeit.
Schließlich eine weitere Bemerkung: Die Qualität der Fahndung hängt u. a. natürlich auch ab von der Qualität der Organisation der Sicherheitsbehörden, deren reibungslose Zusammenarbeit und deren für
jeden Polizeibeamten durchsichtiger Führungsaufbau notwendig ist. Dieses Ziel zu erreichen ist nach unserer Verfassung eine gemeinsame Aufgabe von Bund und allen Ländern. Dieser gemeinsamen Aufgabe entspricht auch die gemeinsame Verantwortung, aus der sich niemand davonstehlen darf.
Der erste Teil des Berichts faßt zusammen und bestätigt, was in den wesentlichen Grundzügen seit den Beratungen des Innenausschusses zu diesem Thema bekannt war. Es gibt da keine entscheidend neue Erkenntnis. Dieser Bericht ist die nüchterne Darstellung der Entstehung und des Schicksals jenes Sammelfernschreibens Nr. 827 der Oberkreisdirektion Bergheim an den sogenannten Koordinierungsstab. Ich erinnere mich an eine Vielzahl von Gesprächen, die wir hier miteinander, draußen mit anderen geführt haben, in denen immer wieder zum Ausdruck kam: Es ist doch eigentlich unbegreiflich, es ist doch eigentlich unvorstellbar, daß, nachdem seine vier Begleiter ermordet worden waren, der mitten aus einer Großstadt Entführte spurlos verschwunden und nichts mehr aufzufinden sein sollte, was auch nur der Schatten einer Spur hätte sein können. Wir wissen heute, daß der Entführte in der Tat nicht spurlos verschwunden war. Aber der Hinweis, der Spur hätte sein können, ist nicht als Spur identifiziert worden. Es ist zweifelhaft, ob dieser Hinweis, der ein Hinweis unter tausenden, der auch in dem Fernschreiben ein Hinweis unter mehreren war, als heiße Spur erkannt worden wäre, wenn alles ganz anders gelaufen wäre. Denn das Objekt war, wie es auch in dem Bericht heißt, den damaligen Bearbeitern nicht als unmittelbar tatbezogen und besonders verdächtig erschienen.
Aber es bleibt die Beklemmung des „Was wäre gewesen, wenn?" Niemand weiß das. Die Tatsache, daß der Hinweis auf die Wohnung Renngraben 8 rückblickend eine schwerwiegende Bedeutung bekommen hat, sagt noch nichts darüber, ob seine Bedeutung erkannt worden wäre, wenn man alle späteren Erkenntnisse abzieht. Wir bewegen uns — freilich mit unterschiedlicher Verwegenheit — im Bereich der Vermutungen und Spekulationen, die nur wenig Sinn ergeben, solange der Versuch gemacht wird, all das noch einmal hervorzuholen, was Geschichte geworden ist, weil man nicht noch einmal von vorn beginnen kann; und eine Geschichte mit „wenn" und „hätte", gibt es nicht.
Es geht jetzt, weil man dies nicht mehr heilen kann, um die Frage der Konsequenzen. Die Analyse des Geschehensablaufs deckt möglicherweise — Herr Dr. Eyrich, auch da bin ich mir nicht ganz so sicher wie Sie — verhängnisvolle Strukturdefekte auf. Hier ist nicht die Rede von den nie auszuschließenden Fehlern, die irgendwo, irgendwann von irgendwelchen Beamten gemacht werden können, die auch in diesem Fall gemacht worden sein können — dies kann nie ausgeschlossen werden —, sondern von Mängeln in der Organisation, die den Mißerfolg begünstigt haben können. Aber alle kreisen um diesen einen Punkt: Warum ist die elektronische Datenverarbeitungsanlage, die einen Hinweis hätte geben können, nicht gefragt worden, die ihrerseits möglicherweise, vielleicht sogar wahrschein-



Brandt (Grolsheim)

lieh weitere Überprüfungen ausgelöst hätte? Zunächst hätte die untere Polizeibehörde die Fälle ihres Bereichs über das eigene Abfragegerät abfragen können, wenn sie eines gehabt hätte.
Wenn Verbrechensbekämpfung — und darin sind wir uns ja völlig einig — heutzutage in hohem Maße eine Frage des Informationsflusses und der Schnelligkeit dieses Informationsflusses ist, dann müssen die Informationen vor Ort kommen und, wenn man so will, an die polizeiliche Front. Nur so kann auch vermieden werden, daß Einsatzzentralen mit Hinweisen zugeschüttet werden. Aber genau hier liegt doch wieder eine jener gemeinsamen Aufgaben, die einer allein überhaupt nicht lösen kann, weder der Bund noch irgendein Land. Dies ist die Aufgabe des Bundes und aller Länder. Und dies muß schnell gemacht werden. Auch da gab es Widerstände. Muß ich darauf verweisen, wie lange schon vom Bundesminister des Innern, vom Bundeskriminalamt und auch von uns darauf hingewiesen wird, wie wichtig es ist, alles miteinander kompatibel zu machen, damit sich das, was sich verständigen soll, auch miteinander verständigen kann?

(Dr. Hennig [CDU/CSU] : Das hat Herr Maihofer immer bestritten!)

Diesen Punkt haben wir doch noch gar nicht erreicht. Das ist eine gemeinsame Aufgabe, und es ist eine der wichtigsten Aufgaben der nahen Zukunft.
Im übrigen sind wir der Meinung, daß die Arbeit der Innenministerkonferenz schnell vollzogen werden muß. Denn hier geht nichts, was nicht übereinstimmend gewollt wird. Zutage getretene Strukturdefekte müssen gemeinsam beseitigt werden. Da gibt es Nachholbedarf zwischen Bund und Ländern.
Aber wir sollten in diesem Zusammenhang auch über eine andere Konsequenz nachdenken, die hier eine Rolle gespielt hat, eine Konsequenz, die wir schon oft genug vorgetragen haben, über die wir im Streit miteinander lagen angesichts ,der vielen Gesetze, mit denen Sie glaubten Verbrechensbekämpfung und speziell die Bekämpfung des terroristischen Verbrechens vorantreiben zu können. Vorerst zuletzt am vergangenen Donnerstag haben wir uns über diese Frage auseinandergesetzt. Wir fühlen uns in der These bestätigt, daß das Schwergewicht dieser Verbrechensbekämpfung im polizeilich-organisatorischen Bereich und nicht in erster Linie in der Gesetzgebung zu finden ist.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Daß darüber hinaus das, was unter innerer Sicherheit zu verstehen ist, keineswegs ein Begriff ist, der nur in einer, wie ich meine, verengten Sicht im polizeilichen Bereich Bedeutung hat, erwähne ich am Rande. Das ist eine Aufgabe der gesamten Politik und nicht zuletzt der Art und Weise, wie wir uns politisch begegnen, u. a. auch hier.
Der Idealzustand für die innere Sicherheit ist doch dann erreicht, meine Damen und Herren, wenn sich Menschen in einem Gemeinwesen gut aufgehoben und geborgen wissen, wenn Regeln des Zusammenlebens fest verankert sind und Menschen nicht in
Ratlosigkeit oder sogar in Furcht leben müssen. Entscheidend sind dabei diejenigen Regeln des Umgangs miteinander, die sich nicht in Gesetzen niederzuschlagen brauchen. Eine lebendige Demokratie, für die wir eintreten, lebt nicht in erster Linie von Gesetzen, die sie erläßt, sondern von denen, auf die sie verzichten kann.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Der Gesetzgebung wird im Bereich der inneren Sicherheit oft eine Bedeutung zugemessen, die sie nicht hat. Das gilt für viele Vorschläge — wir können uns da sicherlich noch eine ganze Zeitling streiten — der CDU/CSU. Statt dessen aber hat sie eine Bedeutung, die sie sicherlich offiziell gar nicht haben darf. Ich will damit sagen, daß Gesetzgebung zur psychologischen Entlastung eingesetzt wird, ohne daß den Gesetzen selber Wirksamkeit zugemessen werden dürfte, andererseits aber die Ablehnung eines hochgelobten oder nutzlosen Gesetzesvorhabens zur weiteren politischen Emotionalisierung benutzt wird.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Wehner [SPD] : Sehr gut!)

Diese Art der Auseinandersetzung wird selber zu einer Quelle innerer Unsicherheit. Einige von Ihnen, meine Damen und Herren in der CDU/CSU, sind möglicherweise sogar von der Notwendigkeit überzeugt, daß das alles so sein muß. Ich frage mich nur, ob die Überzeugungen notwendig sind.

(Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Sehr gut!)

Gleichviel: Auf dem Feld, auf dem wir uns heute bewegen, haben Gesetzesänderungen Nachrang. Wir teilen die Auffassung des Berichts, daß Änderungen der verfassungsmäßigen Zuständigkeitsverteilung nicht diskutiert werden sollen. Die Bemerkung Höcherls wird jedoch in ihrem zweiten Teil etwas problematischer, weil der zu Mißverständnissen Anlaß geben könnte — ich meine jetzt nicht den zweiten Teil des Berichts, sondern den zweiten Teil dieser Aussage, dieses Satzes —, wenn er sagt, er hielte es nicht für sinnvoll, Maßnahmen vorzuschlagen, die mit dem Bund-Länder-Verhältnis zusammenhingen und aus politischen Gründen nicht durchsetzbar erschienen. Mit ist dieser allgemeine Hinweis auf die politischen Gründe etwas zu unscharf. Ich kann mir schon vorstellen, was er sich gedacht haben könnte. Aber eines wollen wir nicht hinnehmen: Wir wollen es nicht hinnehmen, daß sich hinter politischen Gründen — was er sicherlich nicht gemeint hat — etwa Bundes- oder Länderegoismen verstecken können, die zweckmäßige Lösungen blokkieren.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Hier sind alle in die Pflicht, in die gemeinsame Verpflichtung genommen.
Der Bundesminister des Innern hat unsere uneingeschränkte Unterstützung, mit seinen Kollegen aus den Ländern die organisatorischen Folgerungen ganz schnell in die Tat umzusetzen. Wir wissen, daß sich vieles, was in dem Höcherl-Bericht zu lesen ist, mit den Vorstellungen und den Vorarbeiten trifft, die im Bundesministerium des Innern entwickelt wor-



Brandt (Grolsheim)

den sind bzw. dort vorliegen. Aber auch hier gilt das, was schon gesagt worden ist: es geht eben nicht nur um das Bundesministerium des Innern. Deshalb fordern wir den Bundesminister des Innern nachdrücklich auf, gemeinsam mit seinen Kollegen aus den Ländern noch im Laufe des Monats Juli zu festen Absprachen zu kommen und uns alsbald, sobald dies möglich ist, darüber zu berichten, was vereinbart werden konnte, gegebenenfalls auch darüber, was nicht. Wir werden das jedenfalls mit sehr großer Aufmerksamkeit verfolgen. Ich meine überhaupt, daß uns das, was in der Innenministerkonferenz vor sich geht, in der der Bundesminister ja noch nicht einmal eine Stimme hat, interessieren muß, weil dies im Zusammenhang mit Verbrechensbekämpfung steht. Wir sollten auch das, was an Absprachen so etwas in der Grauzone stattfindet, hier öffentlich miteinander diskutieren.
Nur eines muß auch klar sein: Selbst das beste ausgehandelte Organisationsschema wird nicht gewährleisten können, daß keine Fehler gemacht werden. Wir sollten nicht so tun, als könnten wir durch perfekte Organisation auch alle Fehler wegorganisieren. Ich habe eh den Eindruck, daß wir Deutsche uns schlecht fühlen, wenn wir nicht die Besten sind; das gilt nicht nur für den Fußball. Es wäre gut, wenn wir die Grenzen unseres Handelns nicht wegdiskutierten.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Eines aber ist wahr — ich kann das nur noch einmal betonen; der Bundesminister des Innern hat es schon gesagt; auch Sie, Herr Dr. Eyrich, haben es gesagt, und Sie wissen das genau —: Wir brauchen ein hohes Maß an Gemeinsamkeit. Es bedrückt mich, von dieser oder jener Seite zu hören, es gebe keine Gemeinsamkeiten mehr. Mitunter haben solche Äußerungen Ähnlichkeit mit Kriegserklärungen. Man kann sich dann einmal in der Pose des edlen Ritters fühlen, der den Fehdehandschuh hinwirft. Nur, die Rüstung, die er trägt, ist die Rüstung der Dummheit.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich muß mich wundern: Hängt denn die Gemeinsamkeit davon ab, daß da eine Seite vorschlägt und die andere akzeptiert? Ist der Ort der Gemeinsamkeit wirklich nicht gesicherter? Hängt die Qualität der Gemeinsamkeit nicht gerade davon ab, daß wir — wenn auch noch so heftig — uns noch streiten können über den tauglichen Weg zur Erreichung eines Ziels, das erreichen zu wollen keiner dem anderen bestreitet und das hier Bekämpfung des Terrorismus heißt? Wir brauchen diesen eisernen Bestand an Gemeinsamkeit um der Demokratie willen. Wir brauchen ihn, weil sich die demokratischen Parteien nicht selbst der Handlungsfähigkeit berauben dürfen. Niemand würde Verständnis dafür haben, wenn wirksame Maßnahmen, z. B. jetzt vor allem im Fahndungsbereich, an engstirnigen Interessen oder an unserer eigenen Borniertheit scheiterte.
Von dieser Debatte kann eine neue Gemeinsamkeit ausgehen, bei aller deutlichen Herausarbeitung dessen, was uns sonst unterscheidet. Aber über die
Unterschiede in wichtigen Einzelfragen muß offen geredet werden, hier im Bundestag, im Bundesrat, sicherlich auch in der Innenministerkonferenz, aber vor allem hier. Die Regierungen des Bundes und der Länder müssen über vieles reden. Das zeigt der Bericht, bei dem wir als Gesetzgeber überhaupt nicht gefordert sind, weil es der Gesetzgebung nicht bedarf, wie wir überhaupt der Meinung sind, daß viel zuviel — ich habe das schon gesagt — von der Gesetzgebung erwartet wird. Ich bin der Ansicht, daß dieses Haus zwar überhaupt nichts an seiner Gesetzgebungskraft eingebüßt hat — sie scheint ungebrochen zu sein — ,wohl aber — dies zu sagen sei mir erlaubt — an seiner politischen Gestaltungskraft. Gerade darum geht es aber.

(Beifall bei der SPD)

Wenn sich nach der notwendigen Verständigung zwischen Bund und Ländern herausstellen sollte, daß bestimmte Organisationsstrukturen, die zweckmäßig erscheinen, auch noch der gesetzlichen Absicherung bedürfen, weil sie der jetzigen Gesetzeslage nicht entsprechen, dann werden wir die entsprechenden Gesetze — es kommen hier vor allen Dingen das BKA-Gesetz und das Bundesgrenzschutzgesetz in Frage — eben ändern. Jedenfalls werden wir in der Gesetzgebung alles tun, was nützlich, notwendig und rechtsstaatlich einwandfrei ist. Das sind Markierungen, an denen wir Gesetze messen.
Wir haben von Anfang an immer wieder betont — und an dieser Einstellung hat sich nichts geändert —: Wichtig ist die Qualität der Fahndung, wichtig ist der Fahndungserfolg, wichtig ist, daß sich der Verbrecher nicht eine gute Chance ausrechnen kann, davonzukommen. Abschreckend wirkt vor allem der Fahndungserfolg. Da geht nichts ohne engste und reibungslose Zusammenarbeit der Behörden.

(Zustimmung bei der SPD)

Das gilt übrigens, wie wir alle wissen, nicht nur für die Zusammenarbeit des Bundes mit den Ländern und der Länder untereinander, sondern auch für die Zusammenarbeit der Staaten in Europa und der Welt. Wir alle wissen und haben es erfahren, daß gerade die Terroristen, aber nicht nur sie, die Grenzen in ihr Kalkül einbauen. Mittlerweile wissen sie, daß dieses Kalkül nicht mehr aufgeht; denn gerade in jüngster Zeit sind mit Festnahmen in Frankreich und Jugoslawien beachtliche Erfolge erzielt worden, die zu wesentlichen Teilen dem Bundeskriminalamt zu verdanken sind. Auch dies verdient bemerkt zu werden.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Jedenfalls halten wir fest: In der Fahndung nach Terroristen geht nichts ohne die engste Zusammenarbeit. Und dies gilt auch für einige wichtige Konsequenzen aus dem Höcherl-Bericht. Darauf wird mein Kollege Heinz Pensky später noch eingehen. Es ist nicht meine Aufgabe, hier jeden Vorschlag zu kommentieren.
Aber einige Markierungspunkte müssen hier hervorgehoben werden. Auch wir teilen die Meinung, daß es für einen polizeilichen Großeinsatz einen



Brandt (Grolsheim)

klaren, fest eingeübten Führungsaufbau geben muß. Das Ad-hoc-Installieren neuer Teilstrukturen verändert nicht nur den Gesamtaufbau, es verwirrt ihn auch. Deshalb liegt ein Schwerpunkt auf dem schon von dem Arbeitskreis II des Bundesrates gemachten Vorschlag, zur schnellen Prüfung und Umsetzung einen Führungsstab beim Innenministerium einzurichten. Das beim Innenministerium schon bestehende Lagezentrum bietet sich dafür an. Das Bundeskriminalamt kann von dieser Aufgabe, die es nicht bewältigen kann, entlastet werden.
Wir machen aber ausdrücklich darauf aufmerksam, daß ein solches Führungsinstrument nur funktionieren kann, Verwirrung also nur vermieden werden kann — was wohl auch Zweck der Übung ist —, wenn die Länder, in welcher Form auch immer, fest eingebunden sind. Hier wird sich erweisen müssen, was kooperativer Föderalismus — wie das genannt wird — bedeutet.
Es besteht auch Einigkeit darüber, daß es zwischen polizeilicher Führung und politischen Krisenstäben eine Konkurrenz nicht geben darf, auch nicht zu geben braucht. Dies ist aber kein Votum gegen den auf höchster politischer Ebene angesiedelten politischen Krisenstab, wie er genannt wird. Er ist schlechterdings in bestimmten Situationen unverzichtbar; denn es gibt eben Fälle, in denen uns oder den dafür Verantwortlichen neben den polizeilichen Entscheidungen auch weitere Entscheidungen von höchster Tragweite abgefordert werden, die die polizeiliche Führung überhaupt nicht treffen kann. Dabei geht es um Entscheidungen, die nicht treffen zu müssen der Wunsch von vielen unter uns ist. Mit den Stichworten Lorenz, Stockholm, Mogadischu und auch Schleyer ist schon darauf hingewiesen worden, daß dies Beispiele dafür sind. Es liegt auf der Hand, daß in diesen Fällen getroffene Grundentscheidungen dann auch für polizeilich-taktische Entscheidungen von erheblicher Bedeutung sind. In all diesen Fällen war höchste politische Verantwortung gefordert. Wir danken dem Bundeskanzler, den Ministern, den Fraktionsvorsitzenden und allen, die daran beteiligt waren, dafür, daß sie diese drückende Last der Verantwortung gemeinsam getragen haben.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Es besteht auch Einigkeit darüber, daß das Bundeskriminalamt nicht überfrachtet werden darf. Es ist nicht zu verantworten, dieses in den vergangenen zehn Jahren so hervorragend ausgebaute Instrument im Wust der Aufträge zu ersticken. Deshalb sind auch wir der Meinung, daß das Verhältnis von örtlicher Zuständigkeit der Landespolizeien und der überörtlichen Zuständigkeit des Bundeskriminalamtes einer Neuregelung bedarf. Hier gilt aber, was mehrfach betont worden ist: Auch dies geht nicht ohne das engste Zusammenwirken von Bund und allen Ländern. Am Geld hat es ja nie gelegen, jedenfalls nicht von unserer Seite hier im Bundestag. Der Ausbau des Bundeskriminalamtes wird weitergehen. Meine Damen und Herren, es liegt mir daran, zu betonen, daß der seither erreichte hohe Standard des Bundeskriminalamtes untrennbar mit dem aufopferungsvollen Wirken seines Präsidenten
Herold verbunden ist. Die SPD-Bundestagsfraktion weiß dies zu schätzen und anzuerkennen.

(Beifall bei der SPD)

Schließlich sei von dieser Stelle an die Adresse des Bundesministers des Innern dies noch gesagt. Er hat nicht nur unsere volle Unterstützung, sondern wir richten — ich sage es noch einmal — darüber hinaus die dringende Aufforderung an ihn, die längst begonnene Durchforstung der Organisation der Verbrechens- und besonders der Terrorismusbekämpfung gemeinsam mit den Ländern schnell zu einem Ergebnis zu bringen. Die Bundesregierung hat die Zeit bis zur Vorlage des Höcherl-Berichts, wie ich weiß, bereits genutzt, um die Vorbereitungen voranzutreiben, damit bald in der Innenministerkonferenz entschieden werden kann. Nun, nachdem der Bericht vorliegt, ist es unser aller Interesse, daß das zügig in die Tat umgesetzt wird, was über den erreichten Standard hinaus noch tauglich erscheint. Der angestrebte Zweck ist, dem terroristischen Verbrechen keine Chance zu lassen.
Meine Damen und Herren, die Aufgabe, die wir gemeinsam erfüllen müssen, ist wichtig, wichtig für unser Land, für die Bürger und für die Entwicklung des demokratischen Staates. Wir haben die Anschläge der Terroristen bei all ihrer Brutalität und Gefährlichkeit nie für eine Bedrohung unseres Staates gehalten. Die Bedrohung des Staates wäre allenfalls — so paradox dies klingen mag — vom Staat selber gekommen, nämlich dann, wenn er sich dazu hätte verleiten lassen, im Übermaß zu reagieren, oder wenn wir uns dazu hätten verleiten lassen, uns heillos zu zerstreiten.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Frau Pack [CDU/CSU]: Und das nach dem Höcherl-Bericht!)

In vielen Reden der Vergangenheit war von der Würde des Staates die Rede. Zu seiner Würde gehört, daß er angemessen handelt und sich nicht zu einem Handeln verleiten läßt, das Terroristen gerade hervorrufen wollen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Deshalb sollten wir zwar nicht bedächtig vorgehen, aber es empfiehlt sich immer, bedachtsam vorzugehen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Was angemessen ist, bestimmt Coppik!)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809801400
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Wendig.

Dr. Friedrich Wendig (FDP):
Rede ID: ID0809801500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Es ist heute das dritte Mal innerhalb von drei Wochen, daß wir hier im Parlament über Probleme der inneren Sicherheit diskutieren, und zwar im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Terrorismus. Vor zwei Wochen geschah dies — und zwar von der Opposition veranlaßt — gewissermaßen außerhalb der Reihe aus einem Anlaß, der vielleicht ein wenig vordergründig auf einen bestimmten bevorstehenden Termin abge-



Dr. Wendig
stellt war. Ich will darüber aber nicht rechten. In der vergangenen Woche ging es darum, notwendige Beschlüsse im Bereich der Gesetzgebung zu fassen. Herr Kollege Eyrich, all das, was Sie hier an wesentlicher Kritik vorgetragen haben, hätte und hat in die Diskussion der vergangenen Woche gehört. Es gehört jedenfalls, nicht zu dem Komplex, der hier heute ansteht. Für meine Person kann ich mich beinahe des Eindrucks nicht erwehren, daß Ihnen zum Bericht selber, außer der allgemeinen Feststellung, daß er Ihre Meinung bestätigt — was nicht stimmt —, nichts eingefallen ist.

(Zustimmung bei der FDP und der SPD)

Das Schwergewicht scheint mir auf der heutigen Diskussion zu liegen, weil es nach Auffassung meiner Fraktion um den wirklich zentralen Punkt bei der Bekämpfung des Terrorismus geht, nämlich um die Frage, wie auf dem wichtigsten Gebiet, im Bereich der polizeilichen Fahndung und Ermittlung vor allem organisatorisch ein Höchstmaß an Sicherheit erreicht werden kann. Meine Fraktion begrüßt ausdrücklich, daß uns als Grundlage für diese Debatte ein in der Sache ausgewogener Bericht unseres früheren Kollegen Höcherl, dem wir ausdrücklich für seine Arbeit danken, zur Verfügung steht. Es wäre im Interesse der gemeinsamen Sache zu wünschen, daß diese Debatte von dem gleichen Geist der Sachlichkeit getragen wird, die den Höcherl-Bericht auszeichnet.
Ich halte es, meine Damen und Herren, schlicht für gefährlich, daß die innere Sicherheit bei aller möglicherweise notwendigen Meinungsverschiedenheit von der Opposition weiter so behandelt wird, wie wir dies seit Jahr und Tag und auch heute wieder erleben müssen; gefährlich nicht für diejenigen, die eine abweichende Meinung vertreten, wohl aber abträglich für den Eindruck, der bei einem solchen Verfahren in der Öffentlichkeit von der Lage unserer inneren Sicherheit zwangsläufig eintreten muß.
Lassen Sie mich dies in einigen kurzen Sätzen begründen. Niemand ist sich über den Ernst der Lage im Zweifel. Wir wissen insbesondere auch seit den letzten Wochen in Berlin, zu welcher Eskalation der Terrorismus in unserem Lande fähig ist. Wir sollten ehrlicherweise aber auch zugeben, daß dem Phänomen des Terrorismus in seinen nationalen und internationalen Erscheinungsformen und Verflechtungen nur in einem äußerst mühsamen und auch im Ergebnis langwierigen Prozeß beizukommen sein wird.

(Zuruf von der CDU/CSU: Man muß aber mal anfangen!)

Er widerspricht so sehr allen Erfahrungssätzen der herkömmlichen Kriminalität, daß es außerhalb streng totalitärer Staaten in keinem Teil der Welt schnell wirksame Lösungen gibt. Dies bedeutet weder — meine Damen und Herren, werden Sie bitte nicht ungeduldig —, daß man diesem Phänomen hilflos gegenüberstehen muß, noch daß man diejenigen Maßnahmen unterlassen darf, die zur Bekämpfung notwendig sind.
Indem ich aber — wie die Union — diese generellen Schwierigkeiten ständig außer Betracht lasse oder herunterspiele, erwecke ich den Eindruck, es
bedürfe nur einiger weniger Gesetze oder anderer Maßnahmen, und die Probleme wären bei gutem Willen aller ganz schnell gelöst. Tatsächlich vorhandene Fahndungserfolge, wie sie gerade in den letzten Wochen deutlich geworden sind, werden dann von der Öffentlichkeit nicht als solche erkannt und gewürdigt. Dies, meine Damen und Herren — ich sage dies nicht, weil es uns belasten würde —, bestärkt in verhängnisvoller Weise den falschen Eindruck, daß es den Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern an wirksamen Instrumenten zur Bekämpfung des Terrorismus fehlt. An einem solchen Eindruck sollte eigentlich niemandem in diesem Hause gelegen sein.
Zweite Vorbemerkung: Niemand kann und wird der Opposition das Recht streitig machen, auf Mängel hinzuweisen, die nach ihrer Auffassung vorhanden sind. Die Auseinandersetzung über diese Frage muß aber jeden falschen Eindruck vermeiden. Unser Staat steht nicht ohne wirksame Gegenwaffen dem Terrorismus gegenüber. Alle politisch verantwortlichen Kräfte, auch das muß deutlich sein, verfolgen in der Bekämpfung des Terrorismus in unserem Lande ohne Einschränkung die gleichen Ziele. Das gilt es immer wieder deutlich zu machen.
Dritte Vorbemerkung: Der Geist, in dem die Auseinandersetzung über die Fragen unserer inneren Sicherheit geführt werden sollte, ergibt sich eigentlich aus der einleitenden Vorbemerkung des Berichts von Herrn Höcherl. Herr Höcherl erblickt das Ziel seines Auftrags darin, einer unsachlichen und ungerechtfertigten Kritik an den Sicherheitsorganen entgegenzuwirken und das Vertrauen der Bevölkerung in die Arbeit der Polizeibehörden des Bundes und der Länder zu bestärken. Zugegebenermaßen ist dies natürlich auf den konkreten Rahmen seines Auftrags bezogen. Als allgemeinen Grundsatz sollten wir dies aber auch für die Art und Weise anerkennen, in der wir hier über Fragen der inneren Sicherheit debattieren und miteinander umgehen.
In der Debatte am 16. März habe ich an dieser Stelle für meine Fraktion mit Nachdruck gefordert, daß wir uneingeschränkt auf einer rückhaltlosen Aufklärung der zutage getretenen Fehlleistungen in der Fahndung bestehen und daß wir entschlossen sind, die sich hieraus ergebenden Folgerungen, soweit notwendig, zu ziehen. Diese Feststellung wiederhole ich heute mit der gleichen Entschiedenheit. Wir halten aber nichts davon, wenn man an eine Auseinandersetzung über den Höcherl-Bericht in der Weise herangeht, daß jeder für sich nur diejenigen Punkte herausgreift, von denen er meint, daß sie die bisher vertretene Auffassung am ehesten bestätigen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Warum schimpfen Sie auf Ihren Minister?)

In einem Kommentar im „Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt" vom 11. Juni dieses Jahres ist der Höcherl-Bericht sehr zu Recht als eine Arbeit qualifiziert, die geeignet ist „als brauchbarer Leitfaden für Bonner Politiker, die weniger an parteipolitischen Abreibungen, sondern vielmehr an einer vernünftigen und funktionierenden Mechanik bei der



Dr. Wendig
Terrorismusbekämpfung interessiert sind". Ich habe dem im Grunde nichts hinzuzufügen.
Meine Damen und Herren, nun zum Höcherl-Bericht selbst. Wir begrüßen die Feststellung des Berichterstatters, daß die Bediensteten des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen sich in vorbildlicher Weise eingesetzt haben. Dies verpflichtet uns alle zu aufrichtigem Dank, dem ich mich an dieser Stelle für meine Fraktion ausdrücklich anschließen möchte.

(Beifall bei der FDP)

Der Fahndungsablauf ist in Teil I des Berichts ausdrücklich geschildert. Leider konnten auch hier Gang und Verbleib des entscheidenden Fernschreibens 827 mit der sogenannten heißen Spur nicht restlos aufgeklärt werden. Zu fragen bleibt deswegen auch für die kommende Behandlung in den Ausschüssen für uns sicher, warum nicht schon vor Ort auf die heiße Spur näher eingegangen worden ist und warum bei Weitergabe der Meldung nicht konkretere Hinweise beigefügt werden konnten, die sowohl beim Koordinierungsstab als auch bei Soko 77 unübersehbar gewesen wären. Warum wurde trotz alledem bei Soko 77 nicht anders verfahren? Die bedrückende Frage, die man nur stellen, die keiner für sich im einzelnen beantworten kann, die aber lebendig in uns bleibt, ist die: Was wäre geschehen, wenn ...?
Ich möchte dem Höcherl-Bericht auch darin folgen, daß Organisationsstrukturen der Beteiligten nicht durchsichtig genug gewesen sind, was ein mehrfacher Wechsel bei den Meldewegen ganz ohne jeden Zweifel verstärkt hat. Ich glaube aber, dieser Teil des Berichts kann in der heutigen Debatte — ich habe hier nur einige mir wichtig erscheinende Fragen angesprochen — nicht endgültig vertieft werden. Entscheidend sind die Fragen, die die gegenwärtige und zukünftige Organisations- und Befehlsstruktur angehen und die in Teil II des Berichts näher erläutert sind.
Ehe ich darauf in einigen Punkten eingehe, noch eine allgemeine Bemerkung vorher. Es ist dies, meine Damen und Herren, die schlichte Erkenntnis, daß ein föderativ strukturiertes Staatssystem, ein Staatssystem, das wir bejahen, seiner Natur nach besondere Voraussetzungen setzt, die gerade in unserem Bereich länderübergreifende Operationen bis hin in die internationale Szene notwendig machen, schwer auflösbare Schwierigkeiten zur Folge haben müssen. Das muß man doch sehen. Man muß deswegen nicht etwa schon eine zentrale Bundespolizei fordern wollen, was 'ganz gewiß nicht unser Petitum ist. Ob es aber um die Frage einer Ausweitung der Kompetenzen des Bundeskriminalamts auf gesetzlicher Grundlage, ob es um eine Verstärkung und Verbesserung der Vereinbarungen geht, die zwischen Bund und Ländern getroffen werden und die verbessert werden müssen, die Einfügung beider Ebenen unseres Staates — Bund und Land — in ein reibungslos funktionierendes Organisationsschema bleibt stets ein Problem, das — das müssen wir ganz offen so sagen — immer sehr schwer in den Griff zu bekommen ist. Wir sollten daher ehrlicherweise anerkennen, wenn wir über diese Vorgänge diskutieren und wenn wir verbesserte Organisationsstrukturen ins Auge fassen, daß letzten Endes hier ganz ohne jeden Zweifel der zentrale Punkt unserer Bemühungen liegen muß. Dieses Problem ist unter keiner Voraussetzung des Gesetzes oder verbesserter Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern hundertprozentig zu lösen. Das sollten wir ehrlicherweise — wie ich schon sagte — auch in einer solchen Debatte zugeben.

(Zustimmung bei der FDP und der SPD)

Nun zum ehemaligen Bundesminister des Innern. Auch dazu will ich ein paar kurze Sätze sagen. Ich meine, völlig zu Unrecht ist dem Bundesinnenminister in der Öffentlichkeit, aber auch von der Opposition ein Maß politischer Verantwortung unterstellt worden, das er bei der gegenwärtigen Rechtslage — ich komme gleich noch im einzelnen darauf — so gar nicht haben konnte. Wenn Innenminister Maihofer für die tragische Verkettung von Ursachen bei den bekannten Fehlleistungen in der Fahndung im Entführungsfall Schleyer für seinen Zuständigkeitsbereich die politische Verantwortung übernommen hat, verdient er unseren ungeteilten Respekt. Das möchte ich ausdrücklich betonen. Ich möchte aber hinzufügen — das gilt für alle Ebenen, ebenso für den Bund wie auch für die Länder, obwohl wir hier heute nicht die Debatte des Landtags von Nordrhein-Westfalen führen —, daß der Höcherl-Bericht personelle Konsequenzen weder ausdrücklich fordert — das wissen wir — noch in seinem Sachzusammenhang zwingend nahelegt.

(Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Sehr richtig!)

Ich will hier nicht auf weitere Einzelheiten eingehen, nur auf einen Gedanken, den ich nachher noch einmal aufgreifen werde. Ich muß nämlich an dieser Stelle die Überlegung in die Debatte einführen, ob der Gesetzgeber — da sollten wir uns alle angesprochen fühlen — nicht vielleicht doch durch klarere Regelung in der Verteilung der Zuständigkeiten früher manches hätte erleichtern können, was sowohl für die Exekutivorgane des Bundes als auch für die der Länder gilt. Alles nur dem Bereich der Bund-Länder-Abkommen zu überlassen, verkennt — und auch das sollten wir dabei nicht übersehen — auch für den zuständigen Landesinnenminister die Grenzen, die ihm durch seine politische Verantwortlichkeit vor dem Landesparlament gesetzt sind.
In diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, begrüßen die Freien Demokraten den Vorschlag des Höcherl-Berichts, dem Bundeskriminalamt auch Zuständigkeiten für die vorbeugende Terrorismusbekämpfung zu übertragen. Dies ist eine alte Forderung der FDP-Bundestagsfraktion, auf die ich auch in der Debatte am 16. März dieses Jahres zum wiederholten Male hingewiesen habe. Manche Vorschläge für eine wirksamere Führungsstruktur, die wir im Prinzip befürworten — ich komme noch darauf zurück —, erhalten vielleicht erst durch eine solche erweiterte Kompetenz des BKA ihre erfolgversprechende Wirkung. Dabei geben wir Herrn Höcherl durchaus Recht, wenn er jetzt davor warnt, durch eine ständige Erörterung über mögliche gesetzliche Veränderungen im Zuständigkeitsbereich der Sicherheitsbehörden deren Effektivität zu be-



Dr. Wendig
einträchtigen. Deshalb sind auch wir der Meinung, daß zunächst einmal die Leitlinien des Bundesministers des Innern und der Innenminister der Länder, die in Vorbereitung sind, abgewartet werden sollen.
In diesen Zusammenhang gehört dann aber auch der Vorschlag, entgegen der bisherigen gesetzlichen Regelung für das Bundeskriminalamt in Aufgabe des bisherigen Aufgabenkatalogs das BKA generell nur noch kraft Auftrages durch den Bundesminister des Innern zuständig werden zu lassen. Ich erblicke darin — ich sage es offen, meine Damen und Herren — zunächst einmal nach einer ersten Prüfung des Berichts einen gewissen Widerspruch zu der allgemeinen Forderung nach einer Zuständigkeit des Bundeskriminalamts bei der vorbeugenden Terrorismusbekämpfung. Auf der Grundlage der Einzelvorschläge des Höcherl-Berichts werden wir sehr sorgfältig zu prüfen haben, welchem Weg der Vorzug zu geben ist. Für den Augenblick kann ich mir für meine Person eine wirksame vorbeugende Verbrechensbekämpfung durch das Bundeskriminalamt allerdings nur vorstellen, wenn der Aufgabenkatalog um diese originäre Zuständigkeit erweitert wird. Darüber wird aber noch im einzelnen zu reden sein.

(V o r s i t z : Vizepräsident Dr. SchmittVockenhausen)

Ganz gleich aber, wie wir diesen Gegensatz im Ergebnis auflösen, in jedem Fall bleibt die Forderung nach einer optimalen Zusammenführung von Bundes- und Länderebene als Kernproblem bestehen. Dabei steht für uns außer Zweifel, daß die Funktionen der zuständigen Polizeibehörden vor Ort durch keine Zuständigkeit des Bundeskriminalamts eingeengt werden dürfen. Niemand will das.
Auf der Grundlage der derzeit gültigen Bestimmungen des BKA-Gesetzes haben Bundesminister des Innern und Innenministerkonferenz, wie wir wissen, am 30. Mai dieses Jahres eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit der beiden Ebenen getroffen. Sie sieht in diesem Bereich vor, daß die zuständigen Polizeidienststellen des Landes vor Ort bis zur Übernahme der Ermittlungen durch das Bundeskriminalamt alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen haben. Eine Sonderkommission des BKA soll dann die Leitung der Aufgaben in der Strafverfolgung nach Eintreffen am Tatort übernehmen.
Hier will der Höcherl-Bericht die Zuständigkeit bei den Länderpolizeien bestehen lassen und das BKA nur auf Unterstützungsgruppen beschränken. Dieser abweichende Vorschlag wird sicher zu bedenken sein. Vielleicht ist er wirklich die bessere Lösung. Diesem Punkt sollte der Bundesinnenminister bei seinen bevorstehenden Besprechungen in der Innenministerkonferenz seine besondere Aufmerksamkeit widmen.
Aber auch ein anderer Gesichtspunkt könnte hier Gewicht bekommen. Das Bundeskriminalamt hat unter anderem im konkreten Fall Aufgaben, die über den einzelnen Tatort und über die Grenzen eines Bundeslandes hinausgreifen. Nimmt man notwendig werdende Fahndungsmaßnahmen über die Grenzen des Bundesgebietes hinaus an, können auch gewichtige Gründe dafür sprechen, es bei der Regelung zu belassen, die die Vereinbarung vom 30. Mai mit der federführenden Zuständigkeit des BKA gegebenenfalls auch vor Ort vorgesehen hat. Entscheidend ist aber, daß gerade über diese Frage der künftigen Gestaltung sehr bald Klarheit gewonnen wird. Ich sage dies besonders im Hinblick auf die in den Sicherheitsorganen tätigen Beamten, die schließlich wissen müssen, wohin die Entwicklung geht.
Zwei weitere Vorschläge des Höcherl-Berichts im Teil II kann ich für meine Fraktion nur kurz voll unterstreichen. Dies ist erstens die Forderung, die Arbeitsweise der bei Großeinsätzen beteiligten Organisationseinheiten des Bundes und der Länder vorzuplanen und einzuüben, und zweitens, die Aufgabe von politischen Krisenstäben auf der einen und der polizeilichen Fahndung auf der anderen Seite klar voneinander abzugrenzen. Hier möchte ich mich nur mit dem Hinweis begnügen, daß der Bundesinnenminister hierfür inzwischen entscheidende Voraussetzungen geschaffen hat.
Was den Komplex der Vorplanung und Einübung angeht, muß für die Vergangenheit betont werden — hier knüpfe ich an etwas an, was ich vorhin schon gesagt habe —, daß dem Bund bisher in der vorbereitenden Phase nur unzureichende Sachkompetenzen zugestanden haben, die nach der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Schleyer auch durch freiwillige Bund-Länder-Vereinbarungen nicht hinreichend aufgefüllt gewesen sind, vielleicht auch so schnell nicht aufgefüllt werden konnten. Bevor aber jemand den Vorwurf erhebt, die eingeleiteten Maßnahmen hätten schon vorher getroffen werden können — eine Frage, die wir uns selbst immer wieder stellen —, muß er sich auch die selbstkritische Frage stellen, inwieweit der Gesetzgeber in diesem Bereich nicht schon vorher bessere Voraussetzungen hätte schaffen müssen. Dabei erinnere ich an die Auseinandersetzungen, die im Innenausschuß bei der Novellierung des BKA-Gesetzes 1973 stattgefunden haben.
Die Übertragung des Personenschutzes auf den Bundesgrenzschutz, die im Höcherl-Bericht vorgeschlagen ist, entspricht den Vorschlägen, die meine Fraktion schon in den ersten Beratungen einer Novellierung des BGS-Gesetzes vertreten hat. Mit dem Höcherl-Bericht sind wir der Auffassung, daß das Bundeskriminalamt von dieser personalintensiven Tätigkeit entlastet werden sollte.
Der, letzte Schwerpunkt des Berichts liegt in der Forderung nach einer ständigen Führungszentrale, die über die Fälle der Terrorismusbekämpfung hinaus auch für Aufgaben des Katastrophenschutzes und andere Bereiche im Bundesministerium des Innern gebildet werden sollte. Dieser Vorschlag wird nach unserer Auffassung ganz grundsätzlich zu bedenken sein. Ich lasse hierbei die Frage dahingestellt, inwieweit das gegenwärtige Lagezentrum im Ministerium schon diesen Vorschlägen in der Praxis weitgehend entspricht. Daß hier weitergehende Entscheidungen anfallen können als die einer umfassenden polizeilichen Fahndung in einem begrenzten Bereich, steht außer Zweifel.



Dr. Wendig
Dabei möchte ich allerdings in diesem Zusammenhang noch auf einen anderen Aspekt hinweisen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, daß hier der demokratische Rechtsstaat auf dem sicher mehr als ernst zu nehmenden Gebiet der Bedrohung durch den Terrorismus sozusagen mit einer totalen inneren Mobilmachung reagiert. Ich bin allerdings nach dem Höcherl-Gutachten der Meinung, daß dies dort so nicht gedacht ist.
Bei der Führungszentrale des Bundes muß die Verzahnung mit den zentralen Stellen der Länder in geeigneter Weise sichergestellt sein. Das ist in der Tat eine Bewährungsprobe für das Funktionieren beider Ebenen, für das Funktionieren des Föderalismus hier in unserem Lande. In diese Zentrale gehören daher nach unserer Auffassung auch fachkundige Landesbeamte, die mit ausreichenden Weisungsbefugnissen gegenüber den zuständigen Landesbehörden ausgestattet sind.
Die Trennung dieser Führungszentrale gilt im übrigen nicht nur gegenüber der polizeilichen Einsatzleitung, sondern auch degenüber politischen Krisenstäben, die in bestimmten Ausnahmesituationen leider auch in künftigen Fällen notwendig werden können.
Wegen der außerordentlichen politischen Tragweite möglicher Entscheidungen ist es richtig und notwendig, daß in solchen politischen Krisenstäben Vertreter aller politisch verantwortlichen Kräfte des Parlaments vertreten sind. Dies hat sich in den schweren Wochen des September/Oktober 1977 ohne Zweifel bewährt. Ich glaube, meine Damen und Herren der Opposition, hier nicht besonders hervorheben zu müssen, daß dies die politische Verantwortung der Exekutive und der in ihr tätigen Personen in keiner Weise einschränkt oder ausschließt.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Allen diesen Fragen messen wir eine sehr große Bedeutung bei. Dies gilt um so mehr — das unterstreiche ich noch einmal — als die Fraktion der Freien Demokraten von Anfang an bei der Bekämpfung des Terrorismus ihren Schwerpunkt darin erblickt hat, die polizeiliche Ermittlung und Fahndung nach den Tätern so wirkungsvoll wie möglich zu gestalten.
Sicher werden auf einige Fragen des HöcherlBerichts heute — „heute", sage ich — noch keine letzten Antworten gegeben werden können. Allerdings müssen wir alle — und das ist auch die Bitte, die wir an die Bundesregierung richten — diese Fragen schnell und zügig prüfen und dafür sorgen, daß die notwendigen Entscheidungen sehr bald getroffen werden.
Wesentliche Vorarbeiten sind bereits geleistet. Bundesinnenminister Baum kann daher auf vorhandenen Grundlagen aufbauen. Wir werden ihn bei dieser verantwortungsvollen und schwierigen Aufgabe mit all unseren Kräften unterstützen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Dies sind dem äußeren Eindruck nach Erwägungen und Maßnahmen, die sich ausschließlich im
technischen und organisatorischen Bereich zu bewegen scheinen. Wir alle sind uns bewußt, daß es dann im konkreten Fall um Leben und Schicksal von Menschen gehen kann und wird. Das verlieren wir zu keinem Zeitpunkt aus dem Auge. Wir sollten deshalb in diesem Zusammenhang den Respekt denen nicht versagen, die in solchen schwierigen Situationen ein Übermaß an politischer und menschlicher Verantwortung zu tragen haben.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Wenn ich abschließend noch eine Feststellung des Höcherl-Berichts herausgreifen darf, so ist es die eigentlich selbstverständliche Tatsache, daß die Bekämpfung des Terrorismus gemeinsame Aufgabe des Bundes und der Länder ist. Davon war ja schon mehrfach die Rede. Sie ist aber auch die gemeinsame Aufgabe aller politischen Kräfte in diesem Haus.
Bei der Bekämpfung des Terrorismus ist ein alsbaldiger Erfolg leider — das wissen wir alle — nicht zu erwarten. Auch verbesserte Organisationsstrukturen bei den Sicherheitsbehörden sind für sich noch kein Patentrezept. Hier liegt also noch ein langer und schwerer Weg vor uns, der sehr viel Geduld und sehr viel Ausdauer erfordert.

(Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : Und Tatkraft!)

— Und Tatkraft; ohne Zweifel, Herr Kollege Lenz.
Unserem Lande wäre aber gedient, wenn die auf diesem Gebiet notwendigen Auseinandersetzungen anders geführt würden, als dies die Opposition leider in der Vergangenheit immer wieder getan hat und auch heute tut. Sie müßten geführt werden in dem Bewußtsein der gemeinsamen Verantwortung von uns allen,

(Zustimmung bei der FDP und der SPD)

und diese gemeinsame Verantwortung bedeutet — so hat der Kollege Brandt gesagt — nicht, daß wir in jedem einzelnen Punkt übereinstimmen, bedeutet aber, daß nach draußen deutlich wird, daß alle hier in diesem Hause diese gemeinsame Verantwortung tragen, und daß nach außen daran auch in keinem Punkt ein Zweifel besteht.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Das, meine Damen und Herren, ist notwendig, und ehe dieses Bewußtsein nicht nach draußen gebracht wird, sind alle anderen Bemühungen nur ein halber Erfolg.
Wir, die Fraktion der Freien Demokraten, sind — und damit möchte ich schließen, meine Damen und Herren — jederzeit dazu bereit, unseren Teil dieser von mir beschriebenen Verantwortung zu tragen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0809801600
Wir
fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Spranger.

Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID0809801700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Debatte vom



Spranger
16. März dieses Jahres über schwerwiegende Fehler bei der Fahndung nach den Mördern und Entführern des Arbeitgeberpräsidenten Dr. Schleyer haben Redner aller Parteien schonungslose Klärung und Konsequenzen verlangt
Nunmehr liegt der Höcherl-Bericht vor. Er läßt zwei Feststellungen zu. Einmal bestätigt er in vollem Umfange die Kritik, die die CDU/CSU damals auf Grund der in den Innenausschüssen des Bundestages und des nordrhein-westfälischen Landtages gewonnenen Erkenntnisse vorgetragen hat,

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

und zum anderen bestätigt er im wesentlichen die jahrelang leider vergeblich erhobenen sicherheitspolitischen und sicherheitsorganisatorischen Forderungen der CDU/CSU.
Der Bericht ist allerdings — es tut mir leid, das sagen zu müssen — nicht identisch mit dem, was Herr Brandt heute als Konsequenz aus diesem Bericht meint ableiten zu können.

(Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/ CSU)

Es liegt nun an der Bundesregierung und an der nordrhein-westfälischen Landesregierung, es liegt nun an den Koalitionsparteien, nicht nur, wie wir es eben gehört haben, von Konsequenzen zu reden, sondern endlich auch Konsequenzen zu ziehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit gebetsmühlenartigen Ritualfloskeln in der Verkleidung markiger Worte — wie: man werde dem Terrorismus keine Chance geben, dieser Staat werde sich von einigen wenigen nicht in die Knie zwingen lassen, man werde alle Mittel des Rechtsstaates ausschöpfen — lassen sich unsere Bürger nicht mehr abspeisen.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Unsere Bürger verlangen zu Recht Entscheidungen und Taten der Regierenden, die für den im HöcherlBericht beschriebenen Unsicherheitszustand verantwortlich sind. Meinen Vorrednern von SPD und FDP möchte ich empfehlen, statt der Verwendung schön klingender Worte wie „gemeinsame Verantwortung" und „Solidarität" dafür zu sorgen, daß die Konsequenzen und die Taten folgen, die sich hier in Gemeinsamkeit in Aussicht gestellt haben. An der CDU/CSU hat es in der Vergangenheit nicht gelegen und wird es auch künftig nicht liegen.
Der Höcherl-Bericht trägt eine Vielzahl von Mängeln zusammen, die für schwere Pannen bei der Fahndung nach den Schleyer-Entführern verantwortlich sind. Sie sind zum Teil schon genannt worden: grundsätzliche Führungsfehler in der Spitze, völlig unzureichende Vorbereitung der Sicherheitskräfte auf terroristische Anschläge, keine Vorplanung, in Nacht- und Nebel-Aktionen nachträglich geschaffene Führungs- und Einsatzstäbe mit unklaren Kompetenzen, Meldewege und Führungsstrukturen, die nicht eingeübt waren, fehlende, unzureichende oder unklare Informationssysteme und Arbeitsanweisungen.
Herr Wendig meinte nun vorhin, es sei alles nicht so schlimm gewesen. Herr Wendig, ich glaube, daß diese Fakten, diese Fehler auch von Ihnen glaubwürdig nicht abgestritten werden können. Wir müssen eben sagen, daß dieses sicherheitspolitische und sicherheitsorganisatorische Chaos möglicherweise Hanns Martin Schleyer das Leben kostete und den Terroristen die Vorbereitung und die Durchführung von Verbrechen erleichterte und erleichtert.

(Zuruf von der CDU/CSU: Leider wahr!)

Verantwortlich dafür sind die Bundesregierung, die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen und die sie tragenden Parteien. Versuche der Weißwäscherei, wie sie vorhin unternommen worden sind, sind untauglich. Verantwortlich sind hingegen nicht die Polizeibeamten vor Ort. Auch insofern bestätigt der Bericht unsere schon in der Debatte vom 16. März 1978 geäußerte Überzeugung, daß die Polizei- und Sicherheitsbeamten in Bund und Ländern mit Engagement, Pflicht- und Opferbereitschaft gearbeitet haben und deswegen nach wie vor unseren Dank verdienen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Hauptverantwortlich hingegen ist der Bundeskanzler, der sich nur zu gern als Sieger von Mogadischu feiern ließ, der vor dem Bundestag angesichts dessen die Verantwortung für die in der Schleyer-Entführung zu treffenden Entscheidungen übernahm und der natürlich dann auch heute für schwere Fahndungspannen Verantwortung trägt. Denn — das ist schon gesagt worden — politische Verantwortung ist nicht teilbar nach Erfolg oder Mißerfolg, nach Sieg oder Niederlage.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Bundeskanzler trägt schließlich auch die Verantwortung für die schweren sicherheitspolitischen Mängel, in die die Linksradikalen in SPD und FDP und außerhalb diesen Staat systematisch getrieben haben. Denn der Bundeskanzler hat mit Rücksicht auf diese Kräfte und zum Zwecke reiner Machterhaltung — ich wiederhole, was Kollege Eyrich schon gesagt hat — aus diesen Gründen alle vernünftigen Angebote der CDU/CSU zu der so oft beschworenen Solidarität der Demokraten abgelehnt.
Heute hat Herr Brandt die Solidarität der Demokraten erneut beschworen. Aber es ist doch nicht die CDU/CSU gewesen, die diese Solidarität ablehnt. Es sind die Linksradikalen in der Koalition gewesen, 'die diese Solidarität ablehnen und eventuell den Bundeskanzler davon abhalten, zu einer solchen Solidarität zu kommen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der zweite Hauptverantwortliche, Herr Maihofer, hat inzwischen die notwendigen Konsequenzen gezogen. Ob sein Nachfolger die schweren sicherheitspolitischen und organisatorischen Mängel beseitigen kann, ist heute, insbesondere auch nach seiner Jungfernrede als Minister, mehr als fraglich. Denn dazu braucht man Realismus, Nüchternheit und die Fähigkeit, Tatsachen richtig zu bewerten. Das sind entscheidende Voraussetzungen für dieses Amt.



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Inwieweit diese Eigenschaften den neuen Herrn Bundesinnenminister auszeichnen, zeigt z. B. ein Interview vom 9. Juni im Deutschlandfunk. Dort antwortete er auf die Behauptung, Herr Maihofer sei wegen seines Kurses im Amt gescheitert, folgendermaßen — ich zitiere mit Erlaubnis —:
Ich bin nicht der Meinung, daß Herr Maihofer gescheitert ist. Ich bin der Meinung, Herr Maihofer hat sich außerordentliche Verdienste erworben um dieses Amt. Er hat dem Amt viele neue Impulse gegeben, und er ist auch der Herausforderung gerecht geworden, die sich durch den Terrorismus gestellt hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn das stimmte, was hier gesagt wurde, dann müßte man doch schlichtweg fragen: Warum ist Herr Maihofer dann eigentlich zurückgetreten?

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Weil er so gut war! — Nordlohne [CDU/CSU] : Warum hat er denn einen solchen Brief geschrieben?)

Oder man muß dann eben die Frage stellen: Ist er vielleicht deswegen zurückgetreten oder mußte er zurücktreten, weil man ihn als Hauptschuldigen zum alleinigen Sündenbock stempelte, damit sich andere, Hauptschuldige, weißwaschen können?

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Mohrenwäsche!)

Der neue Herr Bundesinnenminister hat in dem gleichen Interview auf die Frage nach der Kritik des Höcherl-Berichts an Herrn Herold behauptet — diese Behauptung hat er heute im Grunde wiederholt —: „Herr Herold wird in diesem Bericht gelobt; ich möchte sagen, Herr Herold hat mein volles Vertrauen.„ — Meine Damen und Herren, in Wahrheit beinhaltet dieser Bericht außer einer einzigen positiven Anmerkung über Herrn Herold als Computerspezialisten — diese ist auch von uns nie bestritten worden — ein vernichtendes Sündenregister für den Chef des Bundeskriminalamts. Aber trotzdem: volles Vertrauen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Schließlich stellt der neue Herr Bundesinnenminister die Behauptung auf, die Vorschläge von Herrn Höcherl entsprächen in weiten Teilen seinen Vorstellungen. Wend auch dies zuträfe, müßten sich blitzartig und über Nacht wesentliche Vorstellungen der Bundesregierung geändert haben.

(Zuruf von der CDU/CSU: Unglaublich!)

Wenn zuträfe, was hier gesagt wird, dann ist zu fragen: Warum wurden diese Vorstellungen denn nicht längst realisiert? Man muß fragen: Wer stellt denn diese Regierung, die für Unterlassungen und Versäumnisse verantwortlich ist, die Herr Höcherl serienweise beanstandet?
Ich muß sagen: Es ist auch schlichtweg ein Armutszeugnis sondergleichen, daß eine Bundesregierung, mit einem Riesenapparat im Bundesinnenministerium und mit der politischen Verantwortung auf diesem Gebiet versehen, einen ehemaligen, wenn auch verdienstvollen Bundesinnenminister — zusammen mit einem Beamten und einigen Sekretärinnen — beauftragen muß, daß zu tun, was an sich selbstverständliche Pflicht dieser Bundesregierung wäre, wozu sie aber offensichtlich nicht in der Lage ist, nämlich ein funktionsfähiges sicherheitspolitisches und sicherheitsorganisatorisches Konzept vorzulegen und in die Tat umzusetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Man wird den neuen Herrn Bundesinnenminister auch daran messen, wann und was er vom HöcherlBericht verwirklicht. Wir jedenfalls sind zu jeder Unterstützung rechtsstaatlich gebotener Maßnahmen bereit.
Der Rücktritt von Herrn Maihofer hindert nicht, auch Herrn Hirsch bei seinen eigenen Worten zu nehmen, die er am 16. März 1978 hier im Plenum sprach. Da sagte er:
Ich habe an anderer Stelle erklärt, daß selbstverständlich jeder Minister die politische Verantwortung für seinen Bereich zu tragen hat.
Wir fordern ihn auf, das nun zu tun, wie es Herr Maihofer getan hat, wie es Herr Baumann in Berlin längst hätte tun müssen.
Herr Hirsch muß sich fragen lassen, ob ihn nicht schon der zweifelsohne erweckte Eindruck zum Rücktritt veranlassen müßte, nur Machterhaltung, Zynismus und Empfindungslosigkeit gegenüber den Opfern des Attentats von Köln hielten ihn ab, das aus menschlichem Abstand und politischer Moral Gebotene zu tun.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Jeder Tag, den Herr Hirsch noch im Amt verbringt, wirft schwere Schatten auf diejenigen, die ihn politisch tragen.

(Erneuter Beifall bei der CDU/CSU)

Im Höcherl-Bericht werden zahlreiche Forderungen der CDU/CSU, die wir aufrechterhalten, geteilt: Planspiele und Rahmenübungen aller beteiligten Organisationseinheiten, Einrichtung planmäßig vorbereiteter und eingespielter Führungsstäbe. All das wurde von uns schon in der Debatte am 16. März 1978 begründet.
In unserem Antrag auf Drucksache 8/1771 vom 27. April 1978 forderten wir — alles wiederum in Übereinstimmung mit dem Höcherl-Bericht — vorbereitete, eingeübte, nicht ad hoc improvisierte Organisationskräfte, ein schnell zu realisierendes Konzept für den polizeilichen Datenverbund, die Rückführung der Ermittlungszuständigkeit des BKA auf Auftragszuständigkeit. Ich halte es für keinen guten Stil — das dient mit Sicherheit nicht der wirksamen Bekämpfung des Terrorismus —, wenn der neue Bundesinnenminister all diese Anträge und Vorschläge abwertet, statt seinerseits konkret zu werden und zu sagen, was er zu tun gedenkt.
Soweit im Höcherl-Bericht die Begründung einer BKA-Kompetenz für die vorbeugende Terrorbekämpfung, der Verzicht auf örtliche BKA-Sonderkommandos zugunsten der Länder gefordert werden,



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haben wir dazu ebenfalls schon Stellung genommen. Wir sind zu Entscheidungen darüber sofort bereit.
Entscheidend ist für uns aber auch, daß das allgemeine und ständige Gerede von mehr Kompetenzen für das BKA und für ein bundesdeutsches FBI, daß der Föderalismus und die Engstirnigkeit der Länder an der Unwirksamkeit der Terrorbekämpfung schuld seien, nun unhaltbar geworden sind.

(Zuruf von der FDP)

Im Gegenteil: Der Bericht bestätigt unsere Auffassung, daß die ständige Erörterung solcher Änderungen der gesetzlichen Aufgaben und Befugnisse für die Sicherheitsbehörden schädlich ist, daß Ruhe, Stabilität und Kontinuität Voraussetzung polizeilicher Erfolge sind.
Um so unbegreiflicher ist für uns der Überraschungscoup, mit dem Ende April 1978 die Verlegung der Abteilung TE des BKA beschlossen und leider vom neuen Bundesinnenminister bestätigt wurde. Wir haben erleben müssen, wie es der BKA-Präsident Herold mit seiner erschreckenden Unfähigkeit zur Menschenführung fertigbrachte, daß nur 60 von 272 Beamten echt umzugsbereit sind, die die Abteilung TE bisher zu einer äußerst engagierten und im Dauereinsatz sich zerreibenden Abteilung machten. Angesichts dessen halte ich es für makaber, Herrn Herold nun mit solchen Lobeshymnen zu bedenken, wie das vorhin der Fall war.
Angesichts der im Höcherl-Bericht immer wieder betonten Notwendigkeit der Verlagerung der Bekämpfung des Terrorismus von oben nach unten ist es unverständlich, wie die Koalitionsparteien unsere weiteren Anträge als erledigt erklären können.
Die umfassende Unterrichtung der Bevölkerung über Merkmale des Terrorismus ist eine permanente Aufgabe. Man kann nicht immer nur nach Terroranschlägen in hektischen Aktionismus — wie bei der Schleyer-Entführung — verfallen, um sich anschließend wieder einem politischen Dauerschlaf hinzugeben. Terrorismus ist eine ständige Herausforderung, und seine Bekämpfung bedarf eben der ständigen Mitwirkung einer informierten Bevölkerung.
Wenn unser Antrag eine umfassende Ausrüstung, Information und Anleitung der Polizei fordert, dann ist auch dies etwas, was im Höcherl-Bericht bestätigt wird.
Gleichzeitig verurteilt der Höcherl-Bericht die Geheimniskrämerei, mit der insbesondere BKA-Präsident Herold die Terroristenbekämpfung betreibt. Jüngstes Beispiel ist die Geheimhaltung der Festnahme von Terroristen in Zagreb — ein Mitte Mai stattgefundenes Ereignis, das man erst wenige Tage vor den Wahlen in Hamburg und Niedersachsen und nach der skandalösen Entweichung des Terroristen Till Meyer aus der Haftanstalt in Moabit der schockierten Bevölkerung als Beruhigungspille verpaßte.
Bessere Information der polizeilichen Front motiviert jeden Schutzpolizeibeamten, dessen Aufmerksamkeit, Engagement und Entschlossenheit ganz unentbehrliche Voraussetzungen für Erfolge gegen die Terroristen sind.
Umgekehrt müssen natürlich auch die Länder ernsthafte Hinweise ernst nehmen. Die Art und Weise, wie der Justizsenator in Berlin, Herr Baumann, die Warnungen vor bevorstehenden Anschlägen auf Haftanstalten in den Wind geschlagen hat, ist verantwortungslos in höchstem Grade.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Parteiamtliche Vertrauenskundgebungen für Herrn Baumann müssen denen wie Hohn erscheinen, deren Verwandte, Freunde und Kameraden den Terroristen zum Opfer fielen.
Die Bundesregierung und die Regierung von Nordrhein-Westfalen haben Bundesinnenminister a. D. Höcherl mit der Untersuchung der Frage beauftragt, aus welchen Gründen dem Hinweis auf die Wohnung in Erftstadt/Liblar nicht rechtzeitig bzw. nicht ausreichend nachgegangen wurde. Wir haben schon am 16. März ohne Widerspruch seitens der SPD und der FDP in der Debatte erklärt, daß damit die demokratisch-parlamentarischen Rechte und Pflichten zur Bekämpfung des Terrorismus nicht außer Kraft gesetzt sind. Der Höcherl-Bericht stellt vieles klar, er kann uns jedoch nicht die Verantwortung und Pflicht in bezug auf die wirksame Bekämpfung des Terrorismus abnehmen.
Meine Damen und Herren, wenn schon das im Innenausschuß und in der Öffentlichkeit immer wieder gezeichnete Bild einer heilen sicherheitspolitischen Welt ganz und gar nicht stimmt, wie der Höcherl-Bericht ausweist, dann ist es um so unverständlicher, warum die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien viele sachdienliche Verbesserungsvorschläge der CDU/CSU seit Jahren ablehnen. Erst in der vergangenen Woche mußten wir dies wieder erleben. Dabei handelte es sich um Vorschläge, die nicht im entferntesten so weit gingen, wie der Bundeskanzler wiederholt gehen wollte, aber der Linksradikalen wegen nicht gehen durfte, nämlich bis zu den Grenzen des Rechtsstaates. Abgelehnt hat man die Straferhöhung für schwerste, gegen Leib und Leben gerichtete Straftaten, die Möglichkeit der Sicherungsverwahrung, die Verbesserung des Melderechts. Ich kann im übrigen auf die erst in der letzten Woche geführte Debatte verweisen.
Wir können jedenfalls feststellen: Keiner unserer Anträge bedurfte irgendeiner Verfassungsänderung. Kein Antrag näherte sich den Grenzen der Rechtsstaatlichkeit. Vielmehr diente jeder Antrag dieser Rechtsstaatlichkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nicht mit Argumenten, sondern allenfalls wiederum mit Ritualfloskeln begründete die Koalition die Ablehnung der Vorschläge der CDU/CSU. Ich hätte die herzliche Bitte, daß diese Floskeln in den anstehenden Beratungen nun nicht wieder verwendet werden; sie sind haltlos. Ich möchte mich mit ihnen kurz auseinandersetzen.
So sagte man — und das hat man auch heute wieder gehört —, jede Gesetzesverschärfung würde das bringen, was die Terroristen wollten, nämlich eine Diskreditierung des Rechtsstaats, ein rechtsstaats-



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widriges Übermaß — so sagte ja auch sinngemäß Herr Brandt. Meine Damen und Herren, ich möchte einmal wissen, woher diejenigen, die so reden, eigentlich so genau wissen, was Terroristen wollen. Ist es nicht im Gegenteil so, daß die Terroristen auf Einschüchterung, Erpressung, chaotische Verwirrung zielen und die Lähmung der Funktionen des Gemeinwesens und seiner Organe und Institutionen betreiben, wie mir Herr Wehner sicher zustimmen würde — denn das sind seine Aussagen in der Debatte vom 29. September 1977 bei seinem vergeblichen Versuch, die Herren „Coppiks" mit rationalen Gründen auf die Kontaktsperregesetze einzustimmen —, und daß gerade der schwache Staat ihnen den Handlungsspielraum ermöglicht, den sie für ihren Terror brauchen? Mit demselben Recht müßte man dann dem Opfer eines Mordanschlages raten, sich seiner Haut nicht zu wehren, um seine eigene Ermordung wenigstens im nachhinein noch zu rechtfertigen.

(Zuruf von der SPD: Das ist Schwachsinn! — Weitere Zurufe von der SPD)

Man fordert, der Terrorismus dürfe uns nicht das, Handeln vorschreiben. Als ob auf dieser Welt, meine Damen und Herren, nicht jeder Staat wie Bürger, wenn er angegriffen wird, reagieren müßte!
Man behauptet — auch heute wieder —, es gebe keinen absoluten Schutz vor Terroristen. Das ist doch eine schlichte Platitüde; das weiß doch jeder.

(Zuruf des Abg. Lambinus [SPD])

Deswegen nichts zu tun — Herr Lambinus, wenn Sie in den zuständigen Ausschüssen gewesen wären, würden Sie dem zustimmen —, das ist die Logik dessen, der sein Haus gleich mitverbrennen läßt, wenn die Scheune in Flammen steht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es geht doch nicht um einen absoluten Schutz, sondern es geht um den rechtsstaatlich möglichen und notwendigen.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Man behauptet, Verschärfungen von Gesetzen seien kein Allheilmittel. Das hat niemand jemals behauptet. Hier baut man einen Pappkameraden auf und bekämpft den, statt wirksam Terroristen zu bekämpfen.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Das ist Ihre Methode!)

Man fordert: Wir wollen keinen Polizeistaat. Als ob das irgend jemand wollte! Nicht von der Polizei, sondern von Terroristen und dem zu zaghaften Umgang mit ihnen geht Gefahr für unseren Staat aus. Das sollten alle politisch Verantwortlichen endlich begreifen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Man fordert: Wir wollen keine Überreaktion oder Hysterie. Auch das ist eine die gegnerische Position verzerrende Kampfformel. Wer will denn Überreaktionen und Hysterie? Es wird Zeit, meine sehr verehrten Damen und Herren, endlich zu einer von Hinterhältigkeiten freien Sprache zurückzukehren,
die der CDU/CSU nicht Motive und Ziele unterstellt, die sie nicht hatte und deretwegen man unsere Vorschläge auch nicht ablehnen kann.
Immer wieder hört man den Vorwurf, die Vorschläge der CDU/CSU stünden im Widerspruch mit rechtsstaatlichen Prinzipien; man müsse sie des Rechtsstaates wegen ablehnen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist ja lachhaft!)

So muß man einmal fragen — diese Frage müssen wir immer wieder stellen, und wir werden sie immer wieder stellen —: Was verstehen die, die so reden, eigentlich unter Rechtsstaat? Ist es Kennzeichen eines Rechtsstaates, wenn Strafprozesse gegen Terroristen zu jahrelanger Verhöhnung des Staates umfunktioniert werden können und sich Verteidiger als Komplizen von Terroristen unüberwacht betätigen dürfen?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ist es Kennzeichen eines Rechtsstaats, wenn die Opfer von Terroranschlägen umsonst sterben, das Leiden vieler durch Straftaten Geschädigter mißachtet wird, weil der Gesetzgeber nicht die notwendigen Konsequenzen zieht? Ist es Kennzeichen eines Rechtsstaats, wenn die Regierenden den Geiseln von Terroristen unerbittlich und hart das Opfer ihres eigenen Lebens abverlangen, die Terroristen jedoch mit Samthandschuhen behandeln?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ist es Kennzeichen eines Rechtsstaats, wenn Mitglieder deutscher Universitäten Terror und Morde preisen und Universitätspräsidenten, 'Minister und Parteiführer diese Lobredner des Mordes fast weinerlich bitten, doch vorsichtiger zu formulieren, statt diese Herren sofort ihrer Ämter zu entheben?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ist es Kennzeichen eines Rechtsstaats, wenn nicht der Ermordete, der diesem „verderbten kapitalistischen Ausbeutersystem" zugehört, das bemitleidenswerte Opfer des Verbrechens ist, sondern der Mörder, der als Rebell gegen dieses „repressive System" unserer Sympathie würdig und unserer Hilfe bedürftig sei? Ist es Kennzeichen eines Rechtsstaats, wenn schließlich die Sicherheitsbehörden — wie zuletzt der BGS — seit Jahren diffamiert und diskreditiert werden können, ohne daß die Bundesregierung dem entschlossen entgegentritt?
Meine Damen und Herren, ist es rechtsstaatlich, wenn die überwältigende Meinung unseres Volkes über eine wirksame Bekämpfung des Terrorismus und der legitime Anspruch dieses Volkes auf einen wehrhaften, funktionstüchtigen Staat in propagandistischer Diffamierung, bezogen auf eine unselige Vergangenheit, als gesundes Volksempfinden von einer radikalen, elitären Minderheit in den Regierungsparteien und von ihren pseudointellektuellen Sympathisanten für unmaßgeblich erklärt werden?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Mißachtung der Mehrheitsmeinung unseres Volkes zur Terroristenbekämpfung stellt eine undemokratische Unterdrückung seines Rechtsempfindens



Spranger
dar. Ich frage mich: Woher nehmen die, die angesichts der Entwicklung des Terrorismus das Rechtsempfinden eines ganzen Volkes noch heute mißachten, die Arroganz, zu behaupten, sie wüßten alles besser?
Die Linksradikalen und ihre pseudointellektuellen Sympathisanten haben den Begriff des Rechtsstaats total verzerrt. Man kann sicherlich lange darüber diskutieren, welche Verfassungsnormen und Gesetze Grundlagen für einen Rechtsstaat sind, was der Rechtsstaat gebietet, was er verbietet. Eines gehört jedenfalls substantiell zum Rechtsstaat: daß er im Rahmen der Verfassung berechtigt und verpflichtet ist, die Rechtsgemeinschaft vor Rechtsbrechern zu schützen, dem Mißbrauch der Freiheit wirksam entgegenzutreten und das Recht durchzusetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Denn der Mensch ist der Mittelpunkt, ist Sinn und Zweck dieses Staates. Alles staatliche Bemühen muß darauf gerichtet sein, die Selbstverwirklichung des Menschen, Achtung und Schutz seiner Person zu gewährleisten.
Wirksame Verbrechensbekämpfung dient nicht der Verherrlichung des Staates, bedeutet nicht Obrigkeitsstaat, Polizeistaat, Unrechtsstaat, sondern Schutz und Freiheit der gesetzestreuen Menschen, die den Staat konstituieren, die sich zu ihm bekennen und die zu Recht den Schutz und die Freiheit von Terrorismus verlangen.
Wer den freiheitlichen Rechtsstaat will, muß ihm diejenigen Mittel zu seiner Verteidigung geben, die gegenüber der existierenden Bedrohung erforderlich sind. Auch der Rechtsstaat ist, wie der Name sagt, Staat, muß also dessen Wesensmerkmale aufweisen. Dazu gehört eine wirksame demokratisch bestimmte Staatsgewalt. Seine Unbeugsamkeit gegenüber seinen und seines Volkes Feinden stellt nicht seine Liberalität in Frage, sondern legitimiert ihn und bringt ihm das Vertrauen seiner Bürger.

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

Wenn der wehrhafte Rechtsstaat zu einem herrschaftsschwachen Rechtsmittelstaat denaturiert, wenn das leuchtende Wort Rechtsstaat als ideologische Phrase zur Beschönigung der Destruktion und Handlungsunfähigkeit mißbraucht wird, wird es höchste Zeit, daß der Rechtsstaat wieder auf seinen ursprünglichen Sinn zurückgeführt wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die derzeitige Bundesregierung, der derzeitige Bundeskanzler und die sie tragenden politischen Kräfte werden vor dem deutschen Volk nicht aus der moralischen und politischen Verantwortung dafür entlassen werden, daß durch ihr pflichtwidriges Zurückweichen vor Ideologie und Praxis der gewalttätigen Gesellschaftsveränderung der Terrorismus schrittweise entfesselt und der Rechtsstaat seiner Aufgabe und seiner Funktion zunehmend entkleidet wurde.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0809801800
Das Wort
hat der Herr Abgeordnete Pensky.

Heinz Pensky (SPD):
Rede ID: ID0809801900
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war sicherlich nicht anders zu erwarten, Herr Kollege Spranger, als daß Sie wieder einmal Ihre alte Leier hier herunterrasseln würden. Sie haben von all dem geredet, mit dem dieser Höcherl-Bericht und der Rechtsstaat — —

(Spranger [CDU/CSU] : Das zeigt Ihr Rechtsstaatsverständnis, Herr Pensky, daß Sie so reden!)

— Ich weiß nicht, welchen „Rechtsstaat" Sie meinen, Herr Kollege Spranger.
Sie haben hier jedenfalls von Dingen geredet, die weiß Gott wenig mit dem zu tun haben, worüber wir hier heute sprechen sollten.

(Spranger [CDU/CSU] : Schlimm, daß Sie das nicht verstehen!)

— Nein, Herr Kollege Spranger. Sie sind weiterhin giftig und gallig und greifen beispielsweise Personen persönlich in der gemeinsten Art und Weise an. Das tun Sie z. B. ständig mit dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes. Diese Kritik ist unberechtigt, und die weisen wir zurück.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Herr Kollege Spranger, ich muß mich immer wieder wundern,

(Zuruf des Abg. Spranger [CDU/CSU])

daß man sich nach den Ergebnissen dieses Berichts sogar erdreistet, in die Kategorie der Schuldigen auch noch den Herrn Bundeskanzler einzureihen.

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : „Erdreistet" ! Seine Majestät, Hoheit aus Barmbek! Majestätsbeleidigung! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Herr Kollege Spranger, Sie haben in keiner Weise deutlich gemacht, wo seine verfassungsmäßige Zuständigkeit liegt, auf diesem Gebiete eine besondere Verantwortung zu tragen. Wir weisen diese Kritik schärfstens zurück.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Hier wird von Kompetenzwirrwarr, von Schwierigkeiten gesprochen. Aber keiner spricht davon, wer mit dazu beigetragen hat, daß es überhaupt Schwierigkeiten gibt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Herr Hirsch!)

Haben Sie denn das alles vergessen, was früher — —

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Wer hat denn dazu beigetragen?)

— Herr Kohl, ich komme auf Sie, gerade auf die Vertreter Ihres Landes gleich zurück.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Da kann man nur lachen!)

— Ich kann Ihnen das Protokoll vorlegen, aus dem hervorgeht, daß der Vertreter des Landes Rheinland-Pfalz — es war damals der Staatssekretär



Pensky
Schreiner, glaube ich — bei der Beratung des BKA-Gesetzes im Jahre 1973 zur Koordinierungsbefugnis des BKA ausgeführt hat — das habe ich mir einmal aufgeschrieben; das können Sie auch in der Drucksache nachlesen —:
Die Möglichkeiten des BKA reichen in dieser Hinsicht vom bloßen Hinweis bis zu einer gesteigerten Bitte.
Nur so wollte er beispielsweise die Koordinierungskompetenz des Bundeskriminalamtes definiert haben.

(Wehner [SPD] : Hört! Hört! — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Was hat das mit den Versäumnissen der Bundesregierung zu tun?)

— Natürlich hat das etwas damit zu tun; denn Sie wollen dem Bundeskriminalamt eine Last zuschreiben, die zu tragen es überhaupt nicht befugt ist. Das haben Sie verhindert, während wir ganz andere Regelungen im Auge hatten.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Kohl [CDU/CSU] : Das ist zum Lachen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Das muß man doch wohl sagen dürfen.
Meine Damen und Herren, man müßte sich auch einmal mit den Alternativen der Opposition auseinandersetzen, von denen hier gesprochen worden ist. Das hat der Herr Kollege Eyrich schon so dahingesagt und Herr Kollege Spranger genauso. Aber keiner hat gesagt, welcher Ihrer hier vorgelegten und von uns abgelehnten Vorschläge denn geeignet gewesen wäre, diese Panne, die ja passiert ist, zu verhindern.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sie können nicht zuhören!)

— Nein, ich habe sehr gut zugehört. Ich bin seit 9 Uhr hier in diesem Raum und habe sehr gut zugehört. Keiner dieser Vorschläge, die wir hier abgelehnt haben, wäre geeignet gewesen, diese Panne zu verhindern.

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Die Sache vorher üben!)

Ich will mich deshalb auch einmal ein wenig mit den sogenannten Alternativen der Opposition auseinandersetzen. Diese Alternativen sehen Sie, Herr Kollege Spranger, offenbar in Ihren Anträgen auf den Drucksachen 8/1771 und 8/1046. Ich glaube, wer sich diese Anträge vom Inhalt her ansieht, wird feststellen, wie in sich widersprüchlich sie sind und daß sie uns so überhaupt nicht weiterhelfen.

(Zuruf des Abg. Spranger [CDU/CSU])

— Ich komme ja darauf zurück, Herr Kollege Spranger. Sie greifen auch nur Teilaspekte notwendiger oder vermeintlicher Verbesserungen der Arbeit der Sicherheitsbehörden auf. Sie ignorieren das, was bisher schon erfolgreich geregelt ist, ebenso wie das, was sich an Neuregelungen in Vorbereitung befindet. Herr Kollege Spranger, ich komme Ihnen entgegen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ablenken vom Versagen!)

Ich sage sogar: Mir liegt es fern, Ihnen den ernsthaften Willen zu bestreiten, an einer Verbesserung der inneren Sicherheit mitzuwirken.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das wäre ja noch schöner!)

Ich sage das, damit wir uns richtig verstehen. Ich spreche Ihnen diesen ernsthaften Willen gar nicht ab. Dennoch kann ich mich angesichts mancher Ihrer Vorlagen und Debattenbeiträge — auch vom heutigen Tage — des Eindrucks nicht erwehren, daß Ihnen mehr noch daran gelegen ist, in diesem sensiblen Bereich der inneren Sicherheit Wirbel und Spektakel zu veranstalten, der der Sache selbst überhaupt nicht dienlich ist.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Haben Sie den Bericht von Höcherl überhaupt gelesen? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

In diese Kategorie „Wirbel und Spektakel veranstalten" fällt z. B. auch Ihre heute wiederholte Polemik um die Verlegung der Abteilung Terrorismus des BKA von Bonn-Bad Godesberg nach Wiesbaden. Weder in den verschiedenen Diskussionen im Innenausschuß noch in den zahlreichen polemischen Presseverlautbarungen, in denen Sie, Herr Kollege Spranger, sich ja besonders hervorgetan haben, und auch heute nicht ist jemals die sachliche Notwendigkeit dieser Maßnahme bestritten worden. Niemals ist sie bestritten worden. Auch heute haben Sie sie nicht bestritten. Es ging Ihnen ja doch auch gar nicht darum, eine als notwendig erkannte Maßnahme zu fördern und zu unterstützen. Nein, es ging Ihnen einzig und allein bisher immer darum, die Welle des Unmutes, die bei einem Teil der Bediensteten aufgekommen war — ich füge hinzu: sogar aus verständlichen Gründen aufgekommen war —, zu nutzen, um daraus politisches Kapital zu schlagen. Ich kann Ihnen aus eigener Berufserfahrung sagen — ich war früher, wie Sie wissen, selbst einmal Kriminalbeamter, der von ähnlichen Situationen auch betroffen war —, daß es immer ärgerlich ist, wenn — ob dienstlich notwendig oder nicht
— eine Dienststelle aufgelöst oder verlegt werden muß und der eine oder andere Beamte einen ihm liebgewordenen Arbeitsplatz wechseln muß. Wenn aber die dienstliche Notwendigkeit dies — wie in diesem Fall — zwingend gebietet, müßte man, Herr Kollege Spranger, von den politisch Verantwortlichen zumindest erwarten dürfen, daß sie solche Maßnahmen unterstützen und sich äußerstenfalls dafür einsetzen, daß soziale Härten vermieden werden. So haben jedenfalls wir Sozialdemokraten, wir Innenpolitiker der sozialdemokratischen Fraktion gemeinsam mit unseren Freunden von der FDP die Dinge gesehen und haben auch erreicht, daß Erschwernisse so gut wie möglich verhindert oder gemindert werden. Wir sind jedenfalls dem Innenminister dankbar

(Zuruf von der CDU/CSU: Welchem?)

— dem alten und dem neuen —, daß er zugesichert hat, daß kein Beamter, der nicht freiwillig einen



Pensky
Wechsel des Dienstortes in Kauf nehmen will, hierzu gezwungen wird.

(Frau Pack [CDU/CSU] : Was hat das mit dem Höcherl-Bericht zu tun?)

Der Personalbedarf der in Bad Godesberg verbleibenden Dienststellen bietet ohnehin die Möglichkeit zur Verwendung dieser Beamten.
Meine Damen und Herren, ist es bei dieser Kritik nicht erstaunlich, daß andere, nämlich die, die dazu berufen sind, einsichtiger waren — das muß hier besonders gewürdigt werden —, nämlich die zuständigen Personalräte, die gewählt sind und für solche Dinge eine Zuständigkeit besitzen? Sowohl der örtliche Personalrat als auch der Hauptpersonalrat haben der Verlegung der Abteilung TE zugestimmt.

(Spranger [CDU/CSU] : Das stimmt doch gar nicht!)

Alles andere, was hier behauptet wird, ist unzutreffend.

(Spranger [CDU/CSU]: Das ist falsch! Das wissen Sie auch! — Liedtke [SPD]: Auch die CDU-Betriebsgruppe hat zugestimmt!)

Herr Kollege Spranger, bei Ihrem politischen Nebelschießen sind die Schüsse inzwischen wohl auch nach hinten losgegangen.

(Dr. Waigel [CDU/CSU] : Wenigstens das könnten Sie frei sagen!)

Auch dies ist z. B. im „Wiesbadener Kurier" vom 10. Mai 1938 nachzulesen, nämlich mit der Überschrift „CDU-Arbeitskreis BKA korrigiert CSU; Darstellung Sprangers in wesentlichen Teilen unzutreffend".

(Hört! Hört! bei der SPD)

Es heißt in diesem Artikel, der Arbeitskreis sei seit Jahren bemüht, eine Konsolidierung der Verhältnisse im Bundeskriminalamt zu fördern. Dazu gehöre nach seiner oft und offen bekundeten Auffassung auch die Ansiedlung der Abteilung TE in Wiesbaden.
Eine polemische Behandlung der Probleme, so heißt es in der Erklärung des CDU-Arbeitskreises abschließend, kann den Interessen der Bediensteten und der Funktion dieses Amtes nicht dienen.

(Beifall bei der SPD und der FDP) Dem habe ich nichts hinzuzufügen.


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0809802000
Herr
Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Spranger?

Heinz Pensky (SPD):
Rede ID: ID0809802100
Aber selbstverständlich.

Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID0809802200
Herr Pensky, da Sie hoffentlich für Wahrheit und Klarheit eintreten: Sind Sie bereit, auch die Stellungnahmen der hiesigen Gewerkschaftsvertretung zu diesem Problem und auch die Stellungnahmen des Personalrats von hier zu verlesen, die sich nämlich in meinem Sinne und im Gegensatz zu einigen Personalräten, die das Heft in die Hand genommen haben, vor dem CDU-Arbeitskreis geäußert haben?

Heinz Pensky (SPD):
Rede ID: ID0809802300
Herr Kollege Spranger, ich habe Ihnen gesagt, daß ich sogar Verständnis für die Beamten habe, die hier in Bad Godesberg tätig sind.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist ja rührend!)

— Nein, das ist die Auffassung eines Gewerkschafters, der immer bestrebt war, gegen unsoziale Eingriffe und Härten ganz energisch tätig zu werden. Herr Kollege Spranger, hier kommt es doch darauf an, welche Stelle zuständig ist, und das ist der Hauptpersonalrat; nur der kann darüber befinden. Daß einige Kollegen des BKA, die in Bad Godesberg sitzen, Unmut darüber äußern, ist völlig verständlich. Aber das ist doch nicht die Problematik. Irgendwo muß doch die Entscheidungsebene sein. Die Entscheidungsebene ist der Hauptpersonalrat, der dafür gewählt ist und auch entsprechende Befugnisse hat.

(Spranger [CDU/CSU] : Das ist Zentralismus und nicht Demokratie!)

Noch einige Anmerkungen zu den von Ihnen vorgelegten Anträgen, die Sie als Alternativen bezeichnet haben. Wieso, frage ich, greifen Sie z. B. mit dem Antrag auf Drucksache 8/1771 nur einige Punkte heraus, die sich auf eine Änderung des BKA-Gesetzes beziehen? Ist das etwa Ihr Gesamtkonzept? Das wäre wohl etwas dürftig. Deshalb wundert es mich, daß Sie sich heute in dem Sinne äußern, als fühlten Sie sich in Ihrer Konzeption durch den Höcherl-Bericht bestätigt.

(Spranger [CDU/CSU]: Weiß Gott!) Sie wissen doch genauso gut wie wir — —


(Zuruf von der CDU/CSU: Wir wissen es besser!)

— Besserwisser sind Sie immer; das weiß ich ja.

(Zuruf von der CDU/CSU: Und ihr macht es wider besseres Wissen!)

Sie wissen doch genauso gut wie wir, inwieweit eine Änderung des BKA-Gesetzes beabsichtigt ist. Die Papiere, die auch Ihnen dazu ausgehändigt worden sind, sind ja auch in Expertenkreisen aller Bundestagsfraktionen, also auch der Opposition, mit dem damaligen Innenminister bereits zweimal erörtert worden. Hierzu hat es zumindest Tendenzbeschlüsse oder Tendenzen in der Meinung gegeben, die festgehalten worden sind.
Sie wissen auch, daß nach einer Abstimmung des Referentenentwurfs mit den Ländern, die wohl auch für sie eine notwendige Maßnahme ist, die Innenministerkonferenz am 28. April dieses Jahres eingehend hierüber beraten hat.
Ihnen ist ebenfalls bekannt — das ist Ihnen ja gesagt worden —, daß die endgültige Fassung des Gesetzentwurfs auch die Ergebnisse des HöcherlBerichts berücksichtigen sollte. Es ist wohl auch vernünftig, daß das so geschieht. Das ist deshalb auch nicht zu kritisieren.
Wir sind also bereit — wir sehen viel Deckungsgleichheit zwischen den Vorschlägen, die auf dem Tisch gelegen haben und noch liegen, und dem, was



Pensky
Herr Höcherl anregt —, darüber eingehend zu beraten.
Dennoch lassen Sie mich auch noch einige Anmerkungen zu anderen Vorschlägen in der Drucksache machen. Was soll eigentlich Ihr ebenso verwaschener wie widersprüchlicher Vorschlag bezüglich der Ermittlungszuständigkeiten? Zunächst stellen Sie fest, daß sich die Ermittlungszuständigkeiten alles in allem bewährt haben — so schreiben Sie ja —, und sagen im gleichen Atemzug, mittelfristig sei ein Abbau dieser Zuständigkeiten anzustreben.
Daneben gibt es auch noch ein CDU/CSU-Papier, das sich großspurig „Offensivkonzept zur Bekämpfung des anarchistischen Terrorismus und seiner Grundlage" nennt. Hierin wird wiederum festgestellt: „Das geltende BKA-Gesetz ist eine taugliche Grundlage für die Wahrnehmung der dem Bundeskriminalamt obliegenden Aufgaben. Seine Möglichkeiten sind auszuschöpfen."
Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie wissen offenbar nicht mehr, was Sie in dieser Beziehung in Ihrem zur Schau getragenen Aktivismus alles produziert haben. Ich kann nur sagen: kurios, wirklich kurios.
Wir sind der Meinung — ich unterstreiche das —, daß wir klarere Zuständigkeiten brauchen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wer ist „wir"?)

— Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion, für die hier zu reden ich die Ehre habe.

(Zuruf von der CDU/CSU: Alle oder wieviel? Auch der Herr Kollege Coppik? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Ich sage noch einmal: Wir brauchen eine klarere Zuständigkeitsregelung. Ich sage auch deutlich: Diese Gedanken gehen nicht etwa in die Richtung nach mehr Alleinzuständigkeit für das Bundeskriminalamt, sondern sie müssen auf eine Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern zielen. Das müssen wir eben besser umschreiben, das müssen wir besser festschreiben. Das können wir beispielsweise nicht in die Worte kleiden, daß diese Möglichkeiten vorn bloßen Hinweis bis zu einer gesteigerten Form der Bitte reichen. Nein, hier brauchen wir klarere Regelungen, die dann die Voraussetzungen dafür bieten, daß man auf der Grundlage dieser klaren Regelungen auch Übungen durchführen kann. Nur mußte das Bundeskriminalamt, wenn es solche Übungen veranstalten wollte, ja wissen, von welcher Grundlage es denn ausgehen durfte.
Meine Damen und Herren, es ist zwar sehr rühmlich, daß sich die Innenministerkonferenz von Fall zu Fall ad hoc bemüht hat, zu einer Einigung zu kommen und das im Wege einer gemeinsamen Regelung festzuschreiben. Ich meine, dann sollte man sich auch dazu durchringen, hier ganz klare gesetzliche Regelungen zu schaffen, die auch eine sichere Grundlage sind.
Nun zu dem, was Sie zu den Auswertungstätigkeiten sagen. Lesen Sie sich das noch einmal durch! Das ist nicht nur völlig unausgegoren, sondern es geht ganz und gar an der neu eingeleiteten und vernünftigen Konzeption vorbei, die erst durch die moderne elektronische Datenverarbeitung ermöglicht worden ist, für die die Bundesregierung ganz erhebliche Aufwendungen gemacht hat. Ziel dieser Konzeption ist es eben nicht, wie Sie meinen, möglichst viel Papier nach einem bereits 1923 eingeführten polizeilichen Meldesystem nach Wiesbaden zu schaffen, um es dort personalaufwendig auswerten zu lassen, und zwar von einem qualifizierten Personal, das wir dringend für operative Aufgaben benötigen. Nein, das angestrebte Ziel ist völlig richtig, nämlich so schnell wie möglich alle nützlichen Informationen für die polizeiliche Front nutzbar zu machen. Das geht nur, wenn wir den Papierkrieg abbauen; das geht nur, wenn wir uns bei der Informationserfassung auch darauf besinnen, daß diese schon auf Länderebene in die elektronische Datenverarbeitung eingegeben werden kann. Nur das ist vernünftig. Aber Ihr Vorschlag läuft genau in die entgegengesetzte Richtung.
Was Sie zum Personenschutz sagen — Sie haben es ja soeben wiederum angesprochen —, der auch nach unserer Meinung grundsätzlich in der Zuständigkeit des BKA verbleiben sollte, ist völlig unverständlich. Dieser Auffassung — Herr Kollege Spranger, Sie fühlten sich ja immer durch Herrn Höcherl bestätigt — ist wohl auch Herr Höcherl, wie sein Bericht ausweist.
Da beschließen Sie von der Opposition — wenn damals auch zögernd — gemeinsam mit uns eine Neukonzeption des Bundesgrenzschutzes, die klar darauf ausgerichtet ist, den BGS unmißverständlich polizeilich auszugestalten, um ihn zu befähigen, zusätzliche Polizeiaufgaben im Innern des Landes wahrzunehmen. Nun wollen Sie verhindern, daß der Bundesgrenzschutz für solche polizeitypischen Verstärkungsaufgaben wie auch für den Personenschutz herangezogen wird, das alles mit dem Argument, daß dies nicht mit dem Charakter der Verbandspolizei zu vereinbaren sei.
Wir Sozialdemokraten unterstützen ausdrücklich das, was hierzu die Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 8/1748 erwidert hat, nämlich daß solche zum Teil einzelpolizeilichen Einsätze mit dem Verbandscharakter des BGS durchaus vereinbar, aber derzeit auch unverzichtbar sind. Und wer wollte es auch verantworten, meine Damen und Herren, daß ausgebildete Polizeibeamte in Unterkünften zurückgehalten werden, während dringende Schutz- und Sicherungsaufgaben zugunsten gefährdeter Bürger und Einrichtungen polizeiliche Einsätze zwingend erfordern? Eine Ungereimtheit nach der anderen, über die sicher im Innenausschuß noch einiges mehr zu sagen sein wird. Wir werden ja Gelegenheit haben, diesen Antrag im Zusammenhang mit dem HöcherlBericht zu erörtern.
Daneben beklagen Sie sich darüber, daß wir beispielsweise Ihren Antrag auf Drucksache 8/1046, den Sie überschrieben haben „Maßnahmen zur Erhöhung der inneren Sicherheit", für erledigt erklärt haben. Wissen Sie denn nicht, daß dieser Antrag — er trägt im übrigen das Datum, an dem Harms



Pensky
Martin Schleyer ermordet aufgefunden worden war — von vornherein ins Leere geht? Soweit sich Ihr Antrag auf die Öffentlichkeitsfahndung bezieht, wußte doch jeder, daß bewußt davon Abstand genommen worden ist, solange noch keine Klarheit über das Schicksal von Hanns Martin Schleyer bestand; denn dies muß noch einmal in Erinnerung gerufen werden: Es war ja eine der Forderungen der Terroristen, die polizeiliche Fahndung zu unterlassen, die mit der Drohung verbunden war, daß der Entführte ansonsten liquidiert werde. Hierüber waren zumindest die Innenausschußmitglieder, auch die der Opposition, durch die zahlreichen Berichte des Bundesministers des Innern und des Chefs des Bundeskriminalamtes im Innenausschuß unterrichtet. Die Unterrichtung umfaßte auch, daß alle Maßnahmen zur Öffentlichkeitsfahndung vorbereitet waren, die dann ja auch am 19. Oktober 1977 auf Knopfdruck ausgelöst worden sind. Man kann hier wohl nicht den Vorwurf gegen die Bundesregierung erheben, in dieser Hinsicht etwas unterlassen zu haben. Schließlich sind 3 Millionen Flugblätter, 6,5 Millionen Fahndungsplakate, zahlreiche ganzseitige Zeitungsanzeigen mit einer Gesamtauflage von 25 Millionen Stück verbreitet worden. Überdies lief eine ganze Reihe von Fahndungsfilmen zu günstigen Sendezeiten in den Programmen des ZDF und der ARD. Diese Maßnahmen zielten darauf ab, alle Bürger um sachdienliche Mithilfe zu bitten. Sie waren verbunden mit einem Gesamtauslobungsbetrag von 2,8 Millionen DM.

(Zuruf von der CDU/CSU: Was nutzt das denn?)

Wir sind den zahlreichen Bürgern dankbar für die vielen nützlichen Hinweise, denn wir wissen, daß die Polizei nur mit der Unterstützung der Bürger erfolgreich tätig sein kann. Deshalb bitten wir auch unsere Bürgerinnen und Bürger in unserem Lande weiterhin um diese Mithilfe.
Ihre Aufforderung in den Antragsziffern 2 und 3, die sich auf die Ausbildung und Ausrüstung der Polizei sowie auf die Einrichtung eines Kontaktbeamten beziehen, ist doch wohl von vornherein an die falsche Adresse gerichtet. Mich wundert es, daß gerade die Opposition von der Bundesregierung fordert, sich gegenüber den Ländern als Vormund aufzuspielen, obwohl doch die Opposition sonst immer so sensibel darüber wacht, daß die Polizeihoheit der Länder nicht angetastet wird. Ich kann Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition nur empfehlen — natürlich bin ich auch bereit, das den Kollegen meiner Fraktion zu empfehlen —, bei Ihren Landesregierungen in Erinnerung zu rufen, daß es schließlich ein Programm für die innere Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland gibt, das die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren des Bundes und der Länder im Jahre 1974 beschlossen hat. Dieses Programm enthält nämlich Absprachen über die Ausbildung, Ausrüstung und ständige Fortbildung der Polizeibeamten. Es enthält auch Hinweise über die Organisation, beispielsweise den sehr sinnvollen Satz: „Zu einer wirkungsvollen Zusammenarbeit der Polizei ist eine in den Grundzügen einheitliche Organisation notwendig." Alles das, was im Sicherheitsprogramm über andere Notwendigkeiten geschrieben steht, hat nur dann einen Sinn, wenn es in den Ländern entsprechend umgesetzt wird. Auch daran müssen wir denken. Wir müssen auch daran erinnern, daß insoweit in dem einen oder dem anderen Land sicher manches noch nachzuholen ist.
Die durch das Grundgesetz festgeschriebene geteilte Zuständigkeit auf dem Gebiet der inneren Sicherheit erfordert auch, daß jeder in seinem Bereich im Rahmen des gemeinsam erarbeiteten Programms eigenverantwortlich das tut, was notwendig ist. Es gibt gute Gründe für die geteilte Zuständigkeit, die wir im Prinzip überhaupt nie in Frage gestellt haben und nicht in Frage stellen. Deshalb weiß ich nicht, was das Gemunkel und Gerede vom FBI soll.

(Spranger [CDU/CSU] : Wer hat denn das erfunden?)

Ich weiß nicht, wer Sie veranlaßt, so etwas immer wieder aufs Tapet zu bringen.

(Spranger [CDU/CSU] : Das ist doch Ihre Erfindung!)

Gerade deshalb können wir nicht zulassen, daß immer dann, wenn die Opposition aus durchsichtigen Gründen dies tun zu sollen glaubt, dem Bund Verantwortungen zugeschrieben werden, die zu tragen er gar nicht befugt ist.
Die Aufforderung an die Bundesregierung unter Ziffer 4 Ihres Antrags, das Konzept zur Fortentwicklung der polizeilichen Datenverarbeitung vorzulegen, ist, wie Sie wissen, ebenfalls überholt. Auch die Opposition weiß, daß an diesem Konzept lange gearbeitet wurde. Auch die Opposition weiß, daß dieses Konzept längst der Innenministerkonferenz vorgelegt worden ist und daß sich dieser Komplex zur Zeit in der notwendigen Abstimmung mit den Ländern befindet. Uns freut es jedenfalls, daß auch Herr Höcherl in seinem Bericht dieses Konzept lobt und . es als eine brauchbare Lösungsgrundlage bezeichnet. Wir begrüßen es auch, daß die Bundesregierung die notwendigen zusätzlichen Mittel für die Verwirklichung dieser neuen Konzeption in einer Höhe von immerhin 55,3 Millionen DM in den Jahren 1979 bis 1982 bereitgestellt hat. Die Länder werden durch diese notwendige Maßnahme also nicht belastet.
Wir sind zuversichtlich, daß in Kooperation zwischen Bund und Ländern kurzfristig eine Einigung zustande kommt, da mit diesem verbesserten Kommunikationssystem eine ganz wesentliche Schwachstelle in der polizeilichen Zusammenarbeit ein für allemal ausgemerzt wird.
Das wird ein ganz erheblicher Fortschritt sein. Wir wissen auch, daß damit noch nicht alles, was notwendigerweise geschehen muß, getan ist. Ich unterstreiche gern zwei Sätze, die der damalige Vorsitzende der Ständigen Konferenz der Innenminister der Länder in der Vorlage des überarbeiteten Programms für die innere Sicherheit geschrieben hat. Es war im übrigen der damalige rheinland-pfälzische Innenminister und jetzige Bundestagskollege Heinz Schwarz. Ich unterstreiche, was er schrieb:



Pensky
Sicherheitsprobleme sind keine statischen, ein
für allemal festgeschriebenen Größen. Bei der inneren Sicherheit ergeben sich ständig Schwerpunktverlagerungen und neue Probleme.
Die sich ständig wandelnden Sicherheitsprobleme können aber nicht, wie die Opposition in diesem Haus immer wieder versucht, durch Polemiken und Beschimpfungen, die zudem meist an die falsche Adressé gerichtet sind, gelöst werden. Sie können nur durch ständige zähe gemeinsame Arbeit gelöst werden.
Wir alle sind zu dieser gemeinsamen Verantwortung aufgerufen. Wir alle müssen uns vielleicht noch mehr als bisher zur Kooperation Bereitfinden. Wir Sozialdemokraten haben dazu einen klaren Standpunkt. Wir haben ihn unter anderem noch einmal in einer Entschließung unseres letzten Bundesparteitags in Hamburg verdeutlicht. Nur diesen Satz möchte ich zitieren:
Unser Volk erwartet auf diesem Feld nicht den Sieg der Koalition über die Opposition oder den Sieg der Opposition über die Koalition, sondern den Sieg des demokratischen Rechtsstaats über den Terrorismus.

(Zuruf der Abg. Frau Pack [CDU/CSU])

Dazu stehen wir. Entsprechend werden wir uns bei den Beratungen unter Zugrundelegung auch des Höcherl-Berichts verhalten.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0809802400
Das Wort
hat der Herr Abgeordnete Wolfgramm.

Torsten Wolfgramm (FDP):
Rede ID: ID0809802500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Herr Kollege Spranger, Sie haben hier zu einem sehr gewaltigen personalpolitischen Rundumschlag ausgeholt; ich möchte dazu einige Anmerkungen machen.
Herr Kollege Spranger, ich meine, es hätte auch der Opposition gut angestanden, einem Innenminister, der vier Jahre hier unter stärkster persönlicher Belastung Verantwortung getragen und Leistungen erbracht hat, die ja auch von Ihrer Seite in den Debatten über die innere Sicherheit mehrfach bestätigt worden sind, auch ein Wort des Dankes zu sagen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich meine, daß dies zumindest zu einer gewissen formalen Gemeinsamkeit dieses Hauses gehören sollte. Dann, wenn wir hier viel von Gemeinsamkeit reden und sie von diesem. Pult aus immer wieder beschwören, sollte sie wenigstens in solchen Positionen auch in einer umgeschriebenen, formalen Weise vielleicht doch vorhanden sein können.
Ich darf jedenfalls für meine Fraktion, für die Fraktion der Freien Demokraten, Werner Maihofer unseren Dank aussprechen, unseren Dank für die geleistete vierjährige Arbeit, unseren Dank dafür, daß
er diese persönliche Belastung unter schwierigsten Umständen getragen hat,

(Spranger [CDU/CSU] : Eine Heuchelei sondergleichen!)

unseren Dank auch dafür, daß er in persönlicher Entscheidung politische Verantwortung auf sich genommen hat.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Zurufe von der CDU/CSU: Mein Gott! — Nicht zu glauben! — Das sind doch Krokodilstränen!)

Wir Liberalen werden den Innenminister Baum unterstützen und ihm jede Hilfe geben,

(Zuruf von der CDU/CSU: Die hat er nötig!)

die wir bei der Bekämpfung des Terrorismus und bei der Durchsetzung dieser Positionen brauchen, Hilfe, die dieses Amt und Gerhart Baum in intensiver Art und in einem besonderen Maße erwartet.
Lassen Sie mich nun auf die letzte Position Ihres Rundumschlages kommen, die Sie, Herr Kollege Spranger, ja durch keinerlei Fakten untermauert haben. Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten aus der Erklärung des Vorsitzenden der FDP-Fraktion im Landtag Nordrhein-Westfalens, Hans Koch, zu Burkhard Hirsch zitieren:
Aus allen diesen Feststellungen des Berichts von Hermann Höcherl ergibt sich zweifelsfrei, daß trotz des unglücklichen Endes der Entführung Hanns Martin Schleyers der nordrhein-westfälische Innenminister vorwerfbare Fehler in seinem Zuständigkeitsbereich nicht zu verantworten hat.

(Spranger [CDU/CSU) : Na und? Was bedeutet das? — Weiterer Zuruf von der CDU/

CSU: Der Mann ist doch keine Autorität!)
Meine Damen und Herren, das Problem, mit dem wir uns hier zu beschäftigen haben und mit dem wir uns wiederholt in diesem Plenum beschäftigt haben, ist auch ein Problem der praktischen, der tatsächlichen Organisation. Dieses Problem ist — Sie werden gleich feststellen, warum ich darauf eingehe — nicht sehr neu. Es ist hier im Bundestag nicht neu, es ist aber auch im Deutschen Reichstag nicht sehr neu gewesen. Bisher hat niemand den Stein der Weisen in der Frage gefunden, ob nun große zentrale Einheiten mit einer durchgängigen Zuständigkeit oder kleine flexible Einheiten mit entsprechenden föderalistischen Komponenten gebildet werden sollten. Die Probleme der Nahtstellen, die Hermann Höcherl in seinem Bericht aufzeigt und die ja, wie er in einer Position anmerkt, auch im zentralen Bereich vorhanden sind, haben bereits bei der Beratung in der 253. Sitzung des Deutschen Reichstages am 17. Juli 1922, nämlich bei der Beratung des Gesetzes über die Errichtung eines Reichspolizeiamtes und von Landeskriminalpolizeibehörden, eine wichtige Rolle gespielt. Ich möchte mir hier nicht anmaßen, den Kollegen einen Rat zu geben, darf aber vielleicht all denjenigen, die sich mit diesem Problem beschäftigen, einmal empfehlen, diese Debatte in den Protokollen nachzulesen. Sie hat leider eine fatale Ähnlichkeit mit unserem Problem und zeigt auf, daß Probleme, die von den beteiligten Behörden



Wolfgramm (Göttingen)

und Politikern im Jahre 1912 bereits als solche erkannt waren, auch im Jahre 1922 noch nicht gelöst waren.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Herr Kollege, ich würde das Jahr 1922 als FDP-Redner nicht so beschwören! Da kommen andere Assoziationen!)

— Herr Kollege Kohl, ich werde mir erlauben, trotz Ihres Einwandes nachher auch einen Deutschen Demokraten zu zitieren. Denn diese Debatte ist damals, Herr Kollege Kohl, durch die Ermordung von Walther Rathenau ausgelöst worden. Insofern gibt es eine sehr traurige und tragische Parallele zu der heutigen Debatte im Zusammenhang mit der Ermordung von Martin Schleyer.
Herr Kollege Spranger, wenn Sie sich der Mühe unterziehen, diese Protokolle zu lesen, dann werden Sie sehen, daß es auch damals keine optimale Lösung gab. Auch danach hat es keine optimale Lösung dafür gegeben, wie sich hier Zuständigkeiten in jedem Fall, bei jeder Belastung und bei jeder Problematik zur Abwehr von Terrorismus klar und eindeutig für jede Position abgrenzen ließen. Es hat auch damals schon die Problematik gegeben, daß die Länder Schwierigkeiten sahen, auf einem ihrer wesentlichsten Hoheitsgebiete, der Polizeihoheit, Zuständigkeiten abzugeben oder zu koordinieren.
Ich darf jetzt mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren, was der Abgeordnete Koch (Weser) der Deutschen Demokraten aus Niedersachsen in dieser Debatte gesagt hat:
Ich bedaure, wenn hier das alte Erbübel der Deutschen wieder einsetzt, sich bei jeder Gelegenheit über die Zuständigkeit zu zanken, ein Erbübel, das unserer tausendjährigen Geschichte anhaftet, das die Eifersucht zwischen Ländern und Fürsten durch tausend Jahre mit sich gebracht hat und das heute bei der deutschen Bürokratie des Reiches und der verschiedenen Länder noch in derselben Güte steht wie früher. Wenn ein Mangel erkannt ist, wie es hier der Fall ist, dann kann man nicht fragen: was verliere ich an Zuständigkeit?, sondern man kann nur sagen: wie komme ich diesem Mangel am besten bei?
Nach meiner Meinung ist der Bericht des früheren Kollegen Höcherl ein abgewogener. Bericht. Er ist auch in der sprachlichen Formulierung — wenn ich das hier einmal anmerken darf — sehr erfreulich zu lesen. Es sollte uns alle gemeinsam engagieren, wie wir hier in der Zukunft verfahren können, in einer Zukunft, von der ich meine, daß wir in diesem Hause möglicherweise doch hin und wieder noch über die Abwehr terroristischer Gefahren reden müssen und bei der wir uns sicher nicht darauf beschränken können, hier und da zu rufen, daß der eine recht und der andere unrecht hat.
Ich will jetzt nicht im einzelnen auf die tatsächlichen Vorschläge des Teiles II des Berichts eingehen; das haben meine Vorredner Dr. Wendig und Pensky sehr ausführlich getan. Ich möchte hier anmerken: Das Problem, die Zuständigkeiten für den politischen und den Polizeibereich klar abzugrenzen, wird auch in Zukunft nicht zu lösen sein. Wir werden den politischen Bereich bei Krisensituationen und deren Bewältigung brauchen, bei denen auch bisher die Spitzen der Opposition mitgewirkt und Verantwortung getragen haben. Wir werden hier also polizeiliche und politische Positionen sicher nicht absolut klar abgrenzen können. Wir werden da von Fall zu Fall entscheiden müssen.
Aber neben der Effizienz dieser Bereiche muß das Vertrauen in die Polizei und ihre Mitglieder gestärkt werden. Ich meine, die Darlegungen des Kollegen Spranger haben nicht dazu beigetragen, der Polizei das Gefühl zu vermitteln, daß sie trotz allem und trotz des einen oder anderen Mißerfolgs hier das Äußerstmögliche gegeben hat. Ich kann mich nur dem Bericht von Herrn Höcherl anschließen und den Dank an die Polizeien mit seinem Zitat unterstreichen: Aus überzeugender Motivation über die Pflicht hinaus haben beide Polizeien ihr Bestes gegeben. Wenn wir erfolgreiche Bekämpfung vor Ort erwarten, so wird diese Erwartung nur erfüllt, wenn das Vertrauen in die Polizei gestärkt wird.
Herr Kollege Spranger, Sie haben sich mit der Frage auseinandergesetzt, wieweit der Rechtsstaat Überreaktion betreibt. Ich meine, es geht dabei auch noch um mehr. Nach liberaler Ansicht geht es darum, auch in diesem Bereich das Vertrauen der Bevölkerung in die demokratischen Parteien zu stärken, Herr Kollege Spranger, und immer wieder den schmalen Grat zwischen rechtsstaatlicher Abwehr durch legislative Aktionen oder Reaktionen und polizeilichen Handlungen gegenüber Terroristen deutlich zu markieren sowie einer aus verständlichen Gründen immer wieder drohenden Überschreitung und auch Überreaktion klar und eindeutig zu begegnen.

(Spranger [CDU/CSU] : Das ist weiß Gott nicht das Problem, Herr Kollege Wolfgramm!)

— Herr Kollege Spranger, Sie haben darüber sehr lange Ausführungen gemacht, und ich erlaube mir, darauf einzugehen.
Ich sage Ihnen: Wir werden in dieser Position mit Sicherheit weder Ihre Vorschläge der mündlichen Verteidigerüberwachung noch des Kronzeugen in Erwägung ziehen können, weil sie für uns eben eine Überreaktion darstellen und weil sie sich eben nicht mehr auf dem schmalen Grat der Position bewegen, den wir im Hinblick auf eine entsprechende Aktion des Staates für notwendig halten. Wenn ich lese, Herr Kollege Spranger, daß für Ihren CSU-Parteitag Anträge vorliegen, die Todesstrafe wieder einzuführen, kann ich Ihnen nur sagen: Würde diese Forderung von der CSU übernommen werden, würden Sie auf unseren erbittertsten Widerstand stoßen, egal wie weit Sie das Rechtsempfinden des Volkes zugrunde legen und interpretieren, um eine solche Position zu rechtfertigen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Überhaupt meine ich, daß der Vergleich zwischen Schober und Hof in diesem Zusammenhang nicht



Wolfgramm (Göttingen)

sehr glücklich ist. In diesem Zusammenhang, Herr Kollege Eyrich, ist auch Ihr Wort, Machterhaltung um jeden Preis zu demonstrieren, in der Diskussion um das Vertrauen des Bürgers — ich will es sehr freundlich formulieren — sicher nicht sehr hilfreich gewesen; denn dieses Vertrauen des Bürgers brauchen wir alle, Herr Kollege Eyrich, damit es uns nicht so geht, wie es in Italien der Fall ist, wo sich die Terroristen immerhin in einem sehr viel breiteren Sympathisantenfeld bewegen und wo sie in weiten Bereichen nicht nur der Bevölkerung auf Unterstützung hoffen können, sondern leider auch des Staates selber. Wir sollten uns davor hüten, aus polemischen oder parteitaktischen Gründen Munition für weiteren Vertrauensschwund zu liefern.
Die Freien Demokraten nehmen den Bericht des ehemaligen Kollegen Höcherl sehr ernst und werden alles daransetzen, seine Erkenntnisse umzusetzen. Die Kollegen Dr. Wendig und Pensky haben dazu bereits eingehende Ausführungen gemacht. Ich meine aber, auch danach wird ein hohes Maß an Bereitschaft zwischen Bundes- und Länderorganisationen der Polizei vorhanden sein müssen, bei nicht vorhersehbaren Entwicklungen in gemeinsamer Kooperation zu handeln. Der Hinweis auf die Reichstagsdebatte vom Jahr 1922 hat gezeigt, daß das Problem der Abgrenzung der Zuständigkeiten und der Verantwortung im polizeilichen Bereich — Bund, Reich, Länder, wenn Sie so wollen — nicht neu ist. Auch die heutige Debatte und alle Bereitschaft unsererseits werden dieses Problem nicht lösen. Wir bleiben nach wie vor auf die Gemeinsamkeit und Motivation aller Beteiligten angewiesen: der Polizei, der Politiker und auch der Bürger. Diese Gemeinsamkeit sollten wir anerkennen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0809802600
Meine
Damen und Herren, das Wort hat der Bundesinnenminister.

Gerhart Rudolf Baum (FDP):
Rede ID: ID0809802700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einige wenige Bemerkungen zu den Vorwürfen, die hier an die Adresse der Regierung und der Koalition gemacht worden sind.
Herr Kollege Eyrich, ich bedaure, daß Sie sich nicht an die nüchterne Darstellung und Betrachtungsweise gehalten haben, die den Bericht von Herrn Höcherl kennzeichnen. Denn ich bin der Meinung, daß uns nur eine solch nüchterne Betrachtungsweise weiterhilft. Ich gestehe Ihnen zu, Herr Eyrich, daß es Ihr gutes Recht als Opposition ist, zu kritisieren und auch nach Verantwortlichkeiten zu suchen.

(Zurufe von der CDU/CSU: Unsere Pflicht! — Vielen Dank!)

Das ist überhaupt keine Frage.

(von der Heydt Freiherr von Massenbach [CDU/CSU] : Sie sind sehr großzügig!)

— Das kann man doch sagen, auch wenn es selbstverständlich ist. Aber ich möchte hinzufügen, meine
Damen und Herren von der Opposition — ich sage es jetzt, ich habe es vorhin nicht gesagt —, daß die Untersuchung von Hermann Höcherl für personelle Schuldvorwürfe wenig hergibt. Das ist so.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Auch nicht für Herrn Hirsch!)

— Herr Kohl, ich habe von der gemeinsamen Verantwortung von Bund und Ländern gesprochen, und
ich habe genau gewußt, was ich damit gesagt habe.
Herr Eyrich, Sie haben einige Tatbestände aufgeführt, etwa die Funktion der Zentralen Einsatzleitung, die Funktion des Koordinierungsstabes. Ich will darauf jetzt im einzelnen nicht eingehen. Aber mit den Feststellungen, die Sie hier getroffen haben, die die Ursachenkette — Fehler, Pannen — betreffen sollten, stehen Sie im Widerspruch zu Hermann Höcherl.

(Widerspruch von der CDU/CSU)

Überhaupt hat die Opposition bei der Diskussion in den letzten Wochen und Monaten Ursachen nach vorne gezogen, die im Bericht von Hermann Höcherl jedenfalls nicht als Ursachen erkannt worden sind.
Es ist auch nicht so, Herr Eyrich, daß man nichts unternommen hätte, weil man nicht das rechte Maß zwischen Sicherheit und Freiheit gefunden hätte. Ich möchte diesen Vorwurf zurückweisen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Denn es bestand in einer ganz wichtigen Phase die ernst zu nehmende Drohung der Gewalttäter, bei bestimmten Fahndungsmaßnahmen Hanns Martin Schleyer zu töten.
Ich möchte noch eine weitere Bemerkung zum Bund-Länder-Verhältnis machen. Die Mechanismen des Umgangs zwischen Bund und Ländern und der gemeinsamen Organisation beruhen auf gemeinsamer Abstimmung. Ich habe das schon gesagt. Das gilt auch für die Fälle, in denen nur ein weiteres Bundesland betroffen ist — hier Nordrhein-Westfalen. Die Mechanismen, die dem Miteinander zugrunde liegen, betreffen alle Länder, sind von allen Ländern besprochen und in der Innenministerkonferenz festgelegt worden. In dieser Innenministerkonferenz aber, Herr Eyrich, sitzen sechs Innenminister der CDU/CSU, die sich aus der Verantwortung nicht herausstehlen können.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

Ich kritisiere die Innenminister nicht. Ich stimme dem zu, was Sie gesagt haben. Sie haben eine Feststellung von Herrn Maihofer — ich möchte das bestätigen — zitiert, Herr Eyrich. Damit haben Sie aber auch die Verantwortung aller bestätigt. Sie können nicht so tun, als seinen hier nur einige wenige, die ins politische Konzept passen, verantwortlich.
Ich möchte noch einmal nachdrücklich sagen, ohne die Tätigkeit der ausländischen Sicherheitsstellen zu schmälern: Die Fahndungserfolge im Ausland wären ohne unsere Mitwirkung nicht möglich gewesen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)




Bundesminister Baum
Das müssen Sie bitte zur Kenntnis nehmen. In den Zielfahndungsgruppen aber ist nicht nur das Bundeskriminalamt tätig, sondern sind die Länder ebenso tätig wie der Bund.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Ich habe mit großem Erstaunen Ihr Wort gehört, Herr Eyrich — ich weiß nicht, ob Sie sich das so genau überlegt haben —, daß die politisch Verantwortlichen verhindert hätten, daß einem Hinweis nachgegangen wurde. Ich muß sagen, für diese Behauptung haben Sie nicht den Funken einer Rechtfertigung.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Spranger [CDU/CSU] : Höcherl-Bericht!)

Diese Behauptung ist unzutreffend.

(Zuruf von der CDU/CSU: Steht doch in den Akten!)

Wir sollten so redlich sein, meine Damen und Herren — das ist hier auch schon gesagt worden —, zuzugeben, daß wir nicht ganz genau wissen, ob nicht auch bei einer anderen Organisation, bei einem anderen Ablauf, bei einer anderen Form der Zusammenarbeit

(Zuruf von der CDU/CSU: Ein Durcheinander!)

Fehler gemacht worden wären, ob also der Tod Martin Schleyers bei einer anderen Organisation der Abläufe verhindert worden wäre. Herr Eyrich, ich habe hier ohne Scheu dargelegt, welche Vorschläge die Bundesregierung verwirklichen will. Ich habe — das entspricht den Tatsachen — darauf hingewiesen, daß wir diese Vorschläge jetzt nicht erfunden haben, sondern daß sie in der Diskussion der letzten Monate und auch Jahre gewachsen sind. Ich habe bedauert, daß Sie zu dieser Seite des Falles, zu der Zukunftsbewältigung sehr wenig beigetragen haben. Sie haben die Kritik an der Vergangenheit in den Vordergrund gestellt, so daß ich leider jetzt sehr wenig darüber weiß, wie Ihre Fraktion in den wichtigen Punkten der Zukunftsbewältigung denkt. Ich kenne zwar Ihre Anträge, aber Ihre Anträge betreffen nur einen Teil der Problematik. Wir, die Innenminister des Bundes und der Länder, müssen in den nächsten Wochen zu Entscheidungen kommen. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie uns hier die Meinung Ihrer Fraktion mit auf den Weg gegeben hätten.

(Krey [CDU/CSU] : Das ist doch ungeheuerlich!)

Ich nehme das Wort von der Gemeinsamkeit, das Sie, Herr Eyrich, gebraucht haben, bzw. die Haltung, die Sie. damit zum Ausdruck gebracht haben, bei aller Unterschiedlichkeit der Positionen und auch bei der Unterschiedlichkeit der Verantwortung sehr ernst. Die Verantwortlichkeiten sollten nicht verwischt werden, aber ich nehme Ihr Wort, wie gesagt, sehr ernst. Das Ziel, das wir gemeinsam anstreben, und die Einsicht in die Schwere der Verantwortung verbinden uns in diesem Hause sicher alle.
Herr Spranger, es ist schwierig, sich mit Ihnen auseinanderzusetzen.

(Spranger [CDU/CSU] : Das glaube ich!)

Ich möchte deutlicher werden: Es lohnt nicht. Die Kritik, die Sie hier so vehement geäußert haben, paßt vielleicht in Ihr vorgefaßtes Konzept, aber sie entspricht in keiner Weise dem Höcherl-Bericht, in keiner Weise!

(Beifall bei der FDP und der SPD — Spranger [CDU/CSU]: Sie müssen ihn halt lesen!)

Herr Spranger, diese Schwarzweißmalerei der Oppositionspolitik — das ist ja nicht nur auf diesem Gebiet so —, der Versuch, etwas in den düstersten Farben darzustellen, nur deshalb, damit Sie Ihre Kritik rechtfertigen können, ist hier gefährlich.. Denn die Schwarzweißmalerei, diese übertriebene Kritik an der Sicherheitspolitik unseres Landes, Herr Spranger, trifft die Menschen, die sich draußen mit ihrem Leben für die Sicherheit einsetzen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Auch wenn Sie x-mal sagen, Sie nähmen die aus: Mit Ihrer Kritik treffen Sie die Menschen, die gerade in den Fällen des letzten Jahres in unser aller Interesse wirklich rund um die Uhr aufopfernd tätig gewesen sind.

(Krey [CDU/CSU] : Es geht doch um die Verantwortung der Regierung! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Die Verantwortung der Regierung soll gar nicht verwischt werden; das werden wir nicht tun.
Man tritt Herrn Höcherl sicher nicht zu nahe, wenn man feststellt, Herr Spranger — das sagt er ja im übrigen selbst, und das war auch sehr verdienstvoll —, daß er viele Gespräche geführt hat, daß er mit den Polizeien, mit den Verwaltungen auf allen Ebenen gesprochen hat, bevor er zu seinen Erkenntnissen gekommen ist. Die sind doch nicht einfach aus dem Boden gewachsen, sondern sie haben sich aus diesen Gesprächen ergeben, auch aus Gesprächen mit dem Bundesministerium des Innern und seinem großen Apparat. Sie können doch nicht so tun, als habe Herr Höcherl das alles erfunden, während das Bundesinnenministerium jahrelang untätig daneben gestanden und die Chancen verpaßt habe.

(Spranger [CDU/CSU] : Das hätten Sie schon seit Jahren vorlegen und umsetzen müssen!)

Ich muß diesen Vorwurf zurückweisen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich möchte eine letzte Bemerkung machen. Hier war mehrfach die Rede davon, daß der Herr Bundeskanzler gesagt habe, wir müßten bis an die Grenze des Rechtsstaates gehen. Damit war der Vorwurf verbunden, wir hätten das nicht getan. Meine Damen und Herren von der Opposition, dieser Vorwurf ist falsch. Sie wissen ganz genau, daß wir in der Exekutive in jenen kritischen Stunden und Tagen alle Mittel ausgeschöpft, daß wir mit § 34 StGB gearbeitet, daß wir in diesem Hause — auch gegen Bedenken mancher hier in diesem Hause — ein



Bundesminister Baum
Kontaktsperregesetz verabschiedet haben, das vom Bundesverfassungsgericht bestätigt worden ist. Wir haben — bis hart an die Grenze des Rechtsstaates gehend, so wie der Bundeskanzler es gesagt hat — im Rahmen unserer Verfassung alles getan.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Krey [CDU/CSU] : Das ist doch gar nicht der Vorwurf!)

Wir lassen uns nicht vorwerfen, daß wir unsere Pflicht nicht getan haben. Meine Damen und Herren von der Opposition — ich wiederhole das —: Ich unterstelle nicht, daß Sie den Rechtsstaat abbauen wollen, Herr Kohl. Das möchte ich noch einmal deutlich sagen.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Hier sagen Sie es, draußen aber sagen Sie es nicht! Das ist der Punkt!)

— Ich sage es hier, ich sage es auch draußen. Wo habe ich es denn nicht gesagt? — Aber wir wollen keine Gesetzgebung, die zur Bekämpfung des Terrorismus nach unserer Meinung nichts beiträgt und Freiheit einschränkt. Das ist doch der Punkt!

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren von der Opposition, die Debatte hat gezeigt, daß wir uns der Schwere der Verantwortung bewußt sind. Ich möchte Ihnen versichern: Die Regierung wird auf dem schwierigen Feld der inneren Sicherheit weiterhin ihre Pflicht tun.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0809802800
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Dregger.

Dr. Alfred Dregger (CDU):
Rede ID: ID0809802900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich am Abschluß einer Debatte, in der auch viele Einzelheiten behandelt worden sind, noch einige wenige Bemerkungen für meine Fraktion mache, wobei ich mich ausdrücklich auf das beziehe, was meine Kollegen Eyrich und Spranger bereits vorgetragen haben.

(Hört! Hört! bei der SPD)

Diese Diskussion über den Höcherl-Bericht findet drei Monate nach der ersten Debatte statt, in der wir uns mit dem Entführungsfall Schleyer beschäftigt haben. Das war am 16. März.
Herr Höcherl hat versucht, in einer subtilen Arbeit Licht in die Vorgänge vor Ort zu bringen. Aber er hat auch auf die schweren Führungsfehler in der Spitze hingewiesen.
Im Hinblick darauf hat dieser Bericht nichts Neues ergeben. Herr Höcherl hat alles das bestätigt, was ich im Namen meiner Fraktion bereits am 16. März in dieser Hinsicht, sowohl was die Analyse wie auch was die Schlußfolgerungen angeht, vorgetragen habe.
Der Sinn des Höcherl-Berichts war es sicherlich nicht, Licht in geheime Führungsfehler zu bringen; denn die lagen damals schon offen zutage. Ich habe den Sinn mehr darin gesehen, sie auch denen von
Ihnen einsichtig zu machen, die sie nicht sehen wollen und die sich gegen jede Veränderung sperren. Wenn das durch den Höcherl-Bericht gelingen würde, dann hätte er sicherlich einen wichtigen Zweck erfüllt.
Ich möchte Herrn Kollegen Höcherl, unbeschadet dessen und unabhängig davon, herzlich für diese ganz ausgezeichnete Arbeit danken, die er für uns alle geleistet hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, ich habe am 16. März zur Eile gemahnt, was das Handeln angeht. Ein gütiges Geschick hat uns bis heute davor bewahrt, daß sich Ähnliches wiederholt, aber es kann noch heute geschehen. Deswegen meine ich, auch heute wieder sagen zu sollen: Tun Sie das Mögliche, damit die Bundesregierung nicht wieder so unvorbereitet wie damals in eine ähnliche Katastrophe hineintaumelt.
Im Grunde ist es doch schlimm, daß drei Monate nach dem 16. März nichts anderes abschließend geklärt ist als der Rücktritt eines der Verantwortlichen.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

Der andere Verantwortliche in Düsseldorf ist noch im Amt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Der Hirsch ist noch nicht freigegeben worden!)

Der Herr Bundeskanzler war heute zwar zugegen, aber er hat geschwiegen. Herr Bundeskanzler, ich habe Sie am 16. März gefragt, ob Sie es für überzeugend hielten, sich für Mogadischu feiern zu lassen und die Verantwortung für Erftstadt nicht zu übernehmen. Sie haben das damals despektierlich gefunden und mit Ihnen alle diejenigen, die Sie von einem Regierungschef, der sich der parlamentarischen Kritik zu stellen hat, in ein Denkmal, das man zu verehren hat, verwandeln möchten.
Sie haben aber damals dankenswerterweise geantwortet, ein Sich-aus-der-Verantwortung-Stehlen werde es nicht geben. Dann bitte ich Sie darum: Stehen Sie heute für Ihre Verantwortung ein und bekennen Sie sich zu Ihrer Verantwortung.
Aus dem Höcherl-Bericht ergibt sich doch ganz eindeutig das, was ich bereits am 16. März vorgetragen habe.
Erstens. Für die Vermischung politischer und polizeilicher Kompetenzen, für das Hineinregieren nichtkompetenter Politiker in die Führungsentscheidungen der Polizei sind Sie als Gründer und Vorsitzender des großen Krisenstabes verantwortlich.
Zweitens. Für die Vorbereitung des im Bericht so genannten großen Exekutivschlags, der dann wieder aufgegeben wurde, der aber zu dem verhängnisvollen Koordinierungsstab geführt hat, den der nordrhein-westfälische Innenminister gründete, und der zur Verwirrung der Kompetenzen zwischen dem Koordinierungsstab und der Sonderkommission beigetragen hat, sind Sie verantwortlich.
Drittens. Für die Doppelbelastung des Präsidenten des Bundeskriminalamtes, Herrn Herold, einmals als



Dr. Dregger
Mitglied des großen Krisenstabes, zum anderen als Chef der Einsatzleitung, die nicht nur für das BKA verantwortlich war, sondern auch für Verfassungsschutz, für Grenzschutz und alle Sicherheitsdienste des Bundes und der Länder, die hier eingesetzt waren, für die Doppelbelastung, die Herrn Herold ganz offensichtlich überforderte — wie Herr Höcherl festgestellt hat —, sind Sie verantwortlich.
Viertens. Dafür, daß trotz der Anschläge des vergangenen Jahres und trotz der umfassenden Kompetenzen des Bundes für die Terrorismusbekämpfung — sie ist nahezu total, so daß das überhaupt kein Föderalismusproblem ist — diese Vorbereitungen nicht getroffen worden sind — und das ist von Herrn Höcherl gerügt worden —, sind zumindest auch Sie verantwortlich und nicht nur der Bundesinnenminister. Bei der Terrorismusbekämpfung geht es doch um eines der grundlegenden Probleme unseres Staates, und dafür ist auch der Regierungschef verantwortlich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Fünftens. Für das Fehlen einer Führungszentrale im Bundesinnenministerium bis heute, die ständig besetzt ist und die in der Lage ist, dann, wenn der Ernstfall kommt, alle Sicherheitsdienste des Bundes und der Länder einzusetzen, sind zumindest auch Sie verantwortlich.
Sechstens. Daß erst nach der Entführung von Herrn Schleyer das Führungs- und Informationssystem erfunden und eingeführt wurde, das dann nachher praktiziert wurde, dafür sind auch Sie verantwortlich.
Schließlich Siebtens: Daß die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder und das Funktionieren der Zusammenarbeit der verschiedenen Sicherheitsdienste trotz der Erfahrungen des vergangenen Jahres nicht eingeübt worden sind, dafür sind auch Sie verantwortlich.
Der Vergangenheitsbewältiger Eppler hat im Hinblick auf den baden-württembergischen Ministerpräsidenten von dem notorisch guten Gewissen und dem pathologisch guten Gewissen gesprochen.

(Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Zu Recht!)

Herr Bundeskanzler, Sie haben das in einer früheren Debatte aufgegriffen. Dabei haben sich Herr Eppler und dann auch Sie auf Vorgänge bezogen, die unserer heutigen Vorstellung so ferngerückt sind, daß selbst die Zeitgenossen von damals sie sich kaum noch vorstellen können. Für die damals Ungeborenen sind sie jedenfalls völlig unvorstellbar.
Meine Damen und Herren, der Fall Schleyer ist nicht Vergangenheit, sondern Gegenwart, und das Versagen in dieser Gegenwart ist für alle vorstellbar. Ich will in diesem Zusammenhang nicht von Gewissen reden. Ich meine, wir alle müssen uns jeden Tag fragen, ob wir unserem Gewissen entsprechend gehandelt haben.. Jeder, der das sorgfältig prüft, ist damit voll ausgelastet. Deswegen halte ich nichts davon, das Gewissen anderer Leute zu untersuchen, wie es Herr Eppler getan hat. Ich staune aber über
die Gelassenheit, die Sie bei dieser Debatte hier heute im Plenum gezeigt haben.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, ich kann nur eine Bitte daran anschließen: Handeln Sie jetzt endlich! Handeln Sie im Bereich der Organisation, der Exekutive, der Fahndung, wo alle gesetzlichen Ermächtigungen für den Bund seit langem da sind und es nur um die Frage geht, ob man fähig ist, den Ernstfall vorzubereiten, damit, wenn sich Pannen vor Ort ereignen — und sie werden sich immer ereignen —, daraus keine Katastrophe entsteht. Handeln Sie endlich auch in der Gesetzgebung.

(Glos [CDU/CSU] : Das ist der Punkt!)

Wenn Sie schon unsere Vorschläge nicht aufgreifen, dann greifen Sie doch wenigstens die Vorschläge des Deutschen Richterbundes auf, die jetzt gemacht worden sind. Das sind doch Vorschläge von Leuten, die damit befaßt sind.

(Beifall)

Ich bitte Sie inständig: Folgen Sie wenigstens den Fachleuten, aber nicht dem Herrn Coppik,

(Beifall bei der CDU/CSU)

gegen den ich nichts habe. Herr Coppik ist ein sympathischer Mensch, aber er darf nicht in eine Sperrminorität hier im Deutschen Bundestag gerückt werden, wie Sie, Herr Bundeskanzler, es getan haben,

(Beifall bei der CDU/CSU)

als Sie in einem Interview sagten, Sie wollten keine Gesetze mehr, die nicht allein durch SDP und FDP eine Mehrheit in diesem Hause fänden. Das bewirkt doch die Herrschaft einer kleinen Minderheit über dié Mehrheit auf einem Felde, auf dem dies besonders unerträglich ist. Herr Bundeskanzler, stellen Sie die Staatsräson vor der Parteiräson, insbesondere vor die Räson dieser kleinen Gruppierung Coppik, Hansen und andere. Das sind alles sympathische Leute, aber Deutschland sollten sie nicht regieren; dafür sind sie völlig ungeeignet.
Wir haben Ihnen unsere Stimmen angeboten. Wir wiederholen das: Wir sind bereit, jede Maßnahme zu unterstützen und die Stimme dafür abzugeben, die geeignet und rechtsstaatlich ist. Tun wir endlich alle das, was notwendig ist, damit wir alle in Frieden und in Sicherheit leben können, denn ohne Sicherheit und Frieden gibt es auch keine Freiheit.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0809803000
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809803100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es fällt auf, daß in den von der Opposition mit relativ kurzen zeitlichen Abständen gewünschten Debatten über Fragen der inneren Sicherheit, die sicherlich nicht überflüssig sind, in denen aber von der Opposition stereotyp die gleichen Dinge, die gleichen Klagen, die gleichen Kritiken, die gleichen Vorschläge, die gleichen Redensarten vorgetragen werden, einige Personen, die auf die-



Bundeskanzler Schmidt
sem Gebiet fachkundiger als der Bildungspolitiker Dregger sind, das Wort nicht ergreifen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Es fällt auf, daß eine Reihe von Personen, in der vordersten Bank der Opposition sitzend, die eine sehr viel unmittelbarere persönliche Berührung mit den Vorgängen hatten, über die her heute geredet wird, das Wort in diesen Debatten nicht ergreifen.

(Lagershausen [CDU/CSU] : Fällt Ihnen auch noch was zur Sache ein?)

— Lieber Herr Spranger — —(Zuruf des Abg. Spranger [CDU/CSU])

— Sie waren es nicht? Sonst wollte ich hier geantwortet haben für den Fall, daß Sie noch weitere Zwischenrufe auf Lager haben sollten: Die Qualität Ihrer Argumentation habe ich bereits im „Bayernkurier" zur Kenntnis genommen; es reicht mir. Es ist nichts anderes von Ihnen zu erwarten, Herr Kollege Spranger.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

Sie sind ein Scharfmacher vom Dienst. Solche muß es in Ihrer Fraktion geben. Es gibt auch Herrn Dregger. Es gibt mehrere davon.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Aber ich muß noch einmal die Frage aufwerfen, warum zu Fragen der inneren Sicherheit in letzter Zeit dauernd andere reden als die Herren Zimmermann und Kohl, die aus unmittelbarer eigener Berührung wissen — Herr Dregger kann es so genau nicht wissen, er war nicht dabei —, was vielleicht an der Behauptung oder an dem Vorwurf sein könnte, wie ihn Herr Eyrich vorgetragen hat, daß Politiker sich in polizeitaktische Maßnahmen eingemischt haben. Herr Eyrich hat sogar gesagt, wenn ich es recht erinnere, Herr Kollege Eyrich, daß Politiker polizeitaktische Maßnahmen verhindert hätten.

(Zuruf des Abg. Dr. Eyrich [CDU/CSU])

— Das haben Sie nicht gesagt; ich will es nicht verschärfen. Jedenfalls haben Sie davon gesprochen, Politiker hätten sich in polizeitaktische Maßnahmen eingemischt, oder so ähnlich.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Das steht im Höcherl-Bericht!)

— Sicher. Nun war Herr Höcherl ja auch nicht dabei.

(Zurufe von der CDU/CSU)

— Ich habe das gelesen, was im Höcherl-Bericht steht. Ich werde mich mit Herrn Höcherl auch noch darüber unterhalten.

(Weitere 'Zurufe von der CDU/CSU)

— Ich habe keine Gelegenheit gehabt, mit Herrn Höcherl darüber zu sprechen. Ich werde sie aber noch suchen, er ist darüber informiert, daß ich mit ihm darüber sprechen möchte.

(von der Heydt Freiherr von Massenbach [CDU/CSU] : Es steht aber dennoch in dem Bericht!)

— Deswegen ist es doch nicht der Weisheit letzter
Schluß! Der Bericht ist eine Diskussionsgrundlage
und kein Urteil, meine Herren von der Opposition.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Sie möchten das Urteil gern vorwegnehmen, aber ich appelliere nicht an die Fairneß; das könnte ich auch tun, aber das will ich gar nicht einmal; ich will nicht soweit gehen, jemandes Fairneß in Anspruch zu nehmen, die ich ihm durchaus unterstelle — sondern an die staatspolitische Erfahrung und Vernunft derjenigen, die in dem politischen Beratungsgremium, von dem hier die Rede ist, mitgewirkt haben.
Ich will Ihnen ganz deutlich sagen, daß ich auch in Zukunft in derartigen Fällen wie zur Zeit der Entführung des Kollegen Lorenz, wie zur Zeit des Verbrechens in Stockholm, wie zur Zeit des Schleyer-Verbrechens, wie zur Zeit des Verbrechens gegen Besatzung und Passagiere jener Lufthansa-Maschine, falls solche oder vergleichbare Fälle sich wieder ereignen sollten, den sehr ernsthaften Versuch machen werde, ein politisches Beratungsgremium, in dem auch die Opposition beteiligt sein muß, in dem jedenfalls schon aus rechtlichen Gründen die Länder nicht fehlen dürfen, wieder zustande zu bringen —, nicht um Verantwortungen zu vermischen oder zu verwischen. Ich wiederhole hier, was ich unmittelbar nach den bedrückenden Ereignissen im vorigen Herbst im Bundestag und was ich während der andauernden Entführung des Herrn Dr. Schleyer hier im Bundestag gesagt habe: Der Sinn eines solchen Gremiums kann nicht sein, gesetzliche Verantwortung auf fremde Schultern zu verlegen. Das darf auch in Zukunft nicht der Sinn sein.
Ich spreche hier in Erinnerung an dieses politische Beratungsgremium auch nicht

(Zuruf von der CDU/CSU: Verteidigerüberwachung!)

— ich komme auf die Verteidigerüberwachung —, um nachträglich etwa Herrn Kohl oder Herrn Zimmermann, deren Mitwirkung im politischen Beratungsgremium für uns alle nützlich gewesen ist, für den Staat in Anspruch zu nehmen. Deren Entschluß, sich daran zu beteiligen, ist im Inland wie im Ausland hoch gewürdigt worden. Es gibt auch in vielen ausländischen Staaten schlimme Abfolgen terroristischer Gewalttaten. Daß hier in unserem Lande bei schärfsten innenpolitischen Auseinandersetzungen gleichwohl Kräfte der Regierung und der Regierungsparteien und Kräfte aus den Oppositionsparteien gemeinsam politisch beraten konnten, manchmal zweimal an einem Tage, dies ist ein ganz wichtiger Beitrag zur Stärkung des Vertrauens unseres Volkes in die Konsistenz und die Führungsfähigkeit des Staates und seiner Organe.
Die Parteien wirken nun einmal an der politischen Willensbildung mit. Deswegen würde ich das gleiche immer wieder suchen.
Ich würde auch aus einem zweiten Grund eine solche Beratungsrunde immer wieder zustande zu bringen suchen, weil nämlich mehr Ratschläge und mehr Abwägungen eingehen, als wenn man es nur alleine zu machen hat.



Bundeskanzler Schmidt
Wenn Sie — und ich will hier nicht polemisch sein — persönlich und unter vier Augen mit Herrn Zimmermann oder Herrn Kohl sprächen — es waren auch noch andere da; auch Herr Filbinger war in diesem Beratungsgremium —, dann würden Ihnen diese Herren wahrscheinlich Ähnliches sagen müssen, wie ich es jetzt sage.
Es hat keine Einmischung in polizeitaktische Maßnahmen gegeben, es sei denn, daß dieses überaus schwierige — Sie könnten sagen: taktische — Verhältnis zu einer an einem unbekannten Ort sich aufhaltenden Gruppe von Verbrechern, die einen Menschen entführt und vorher vier Menschen getötet hatten, daß dieses ungemein schwierige psychologisch-taktische Verhältnis zu diesen Verbrechern es in der Tat erforderlich machte, denkbare polizeiliche Tätigkeiten — ebenso wie denkbare politische Exekutivtätigkeiten und ebenso wie denkbare Tätigkeiten der deutschen Medien, der Presse und des Fernsehens —, wenn irgend möglich, vorher unter dem wichtigen Aspekt zu besprechen: Was löst das auf seiten der Verbrecher aus? Was müssen wir verhindern, das dort ausgelöst werden könnte?
Ich habe nicht die Absicht, die Vereinbarung zu brechen, die die Mitglieder der damaligen Besprechungsrunde miteinander getroffen haben, daß es darüber keine Protokolle geben soll und daß auch nicht nachträglich darüber geplaudert werden soll, was der eine oder was der andere gesagt hat. Ich will das auch heute hier nicht tun. Ich weiß, daß einige der Mitwirkenden an jenem Beratungsgremium schon gemeint haben, daß die Dokumentation über die Schleyer-Entführung oder die MogadischuEntführung ein bißchen zu weit in der Offenlegung gegangen sei. Ich will hier heute auch nicht mehr offenlegen, als daß ich nur für meinen eigenen Part sprechend sagen darf. Ich habe ja aber auch auf das zu antworten, was Herr Dregger gesagt hat. Ich antworte nicht für irgend jemand anders, auch nicht für Herrn Kohl und nicht für Herrn Zimmermann und nicht für Herrn Filbinger und wie all die übrigen Teilnehmer jener Runde hießen.
Ich benutze ein einziges Beispiel, um Ihnen deutlich zu machen, was ich eben gemeint habe. Ich glaube, Herr Eyrich — oder war es Herr Spranger? — hat hier von einer vorbereiteten, groß angelegten polizeilichen Durchsuchungsaktion geredet. In der Tat, es gab polizeiliche Pläne solcher Art. Ich weiß mich im Augenblick nicht aus dem Handgelenk zu erinnern, ob diese Gedanken aus dem Länderbereich oder aus dem Bundesbereich kamen. Ich lasse das offen; es tut auch nichts zur Sache. Wahr ist, daß wir uns in dem politischen Beratungsgremium mit diesen Plänen beschäftigt haben. Wahr ist auch, daß wir sie aus diesem psychologisch-taktischen Verhältnis gegenüber der Verbrechergruppe, die Hanns Martin Schleyer an einem unbekannten Ort noch lebend gefangenhielt, heraus angehalten haben und daß wir Politiker gesagt haben: Für den Zeitraum, in dem wir davon ausgehen dürfen, daß Herr Schleyer lebt, und in dem wir davon ausgehen dürfen, daß wir ihn möglicherweise finden und dann herausschießen können, wollen wir eine solche
Aktion nicht einleiten, denn sie kann dazu führen, daß die anderen ihn in einer Kurzschlußreaktion töten.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Dann hat Herr Hirsch schuld?)

— Nun, ich bin doch ganz ohne Polemik, Herr Abgeordneter Jäger. Ich versuche, Verständnis für das Handeln derjenigen zu wecken, die für ihr Handeln die Verantwortung tragen. Darin hat Herr Dregger recht. Ich versuche, Verständnis zu wecken, und hoffe, auch bei denjenigen Kollegen, die damals nicht beteiligt sein konnten — man kann ja nicht ein politisches Beratungsgremium in einer solchen Lage aus dem ganzen Bundestage bilden, sondern es können immer nur einige daran beteiligt sein — den Effekt zu erzielen, daß Sie, die anderen, sich in unsere damalige Lage vetsetzen. In der Tat, aus dieser taktischen Überlegung im Umgang mit einer Verbrecherbande, von der wir nicht wußten, wo sie war, von der wir uns immer wieder neu versucht haben vorzustellen, in welchem psychologischen Zustand sie heute wohl im Gegensatz zu gestern oder vorgestern ist, wie man auf sie einwirken müßte und wie man nicht auf sie einwirken dürfte, um sie nicht zu Kurzschlußreaktionen zu verleiten, die das Leben Schleyers beendet hätten, aus dieser Überlegung hat damals diese von polizeilicher Seite gedanklich und theoretisch vorbereitete große Durchsuchungsaktion nicht stattgefunden. Das ist eines der Beispiele, wo ich Herrn Höcherl recht geben muß, wenn er sagt, es hätten auch von politischer Seite aus Eingriffe stattgefunden. Dieses Beispiel will ich aber sehr gerne verantworten, Herr Abgeordneter Dregger.
Ich habe eben ein Wort gebraucht, das ich nun auch noch erläutern muß. Einige der Redner scheinen selbst zu glauben, wenn bei diesen vielen tausenden von Hinweisen, denen die 'deutsche Polizei in jenen Tagen nachgehen mußte, im Bereich Erftstadt-Liblar nicht jener Fehler passiert wäre, wenn dieser eine Hinweis richtig béwertet worden wäre und man ihm sorgfältig nachgegangen wäre, daß dies dann das Leben Schleyers gerettet hätte. Das kann so sein. Wir waren uns aber darüber klar, daß das ein ganz schwieriges Kunststück sein würde,

(Zuruf von der CDU/CSU: Am 16. März haben Sie das doch gesagt!)

das nicht die Politiker zu vollbringen hatten, sondern die Menschen vor Ort, einzudringen, notfalls zu schießen und doch nicht diejenigen in einer solchen Situation ums Lebens kommen zu lassen, um deren Leben es uns gehen mußte.

(Vorsitz: Vizepräsident Stücklen)

Das sind sehr viel kompliziertere Erwägungen, als sie Herr Spranger angestellt hat.

(Spranger [CDU/CSU] : Darüber haben wir gar nicht geredet! Darum ging es ja gar nicht!)

Es sind Erwägungen, die ich mit dem Herrn Bundesminister außer Diensten Höcherl, dem hier von allen Seiten mit Recht für seine Mühe gedankt worden ist, noch besprechen will. Man sieht auch in dem Teil II



Bundeskanzler Schmidt
des Berichts, in dem er seine Vorschläge macht: Auf diesem Felde macht er keine Vorschläge. Hier geht es um einen Teil des Berichts — das gilt vor allem für den ersten Teil —, von dem ich nicht glaube, daß Herr Höcherl mit der pauschalen Feststellung Zutreffendes geäußert hat. Dazu müßte er Gelegenheit nehmen, mit den Teilnehmern dieser politischen Beratungsrunde Erfahrungen auszutauschen. Es ist ihm sicherlich unbenommen, dies zu tun. Ich jedenfalls stehe ihm dafür gerne zur Verfügung. Ich stehe aber auch gerne Herrn Dregger zur Verfügung oder irgendeinem Gremium, das der Bundestag, wenn er wirklich will, dafür zur Verfügung hat, um die Diffizilität solchen Handelns anderen erlebbar und nachvollziehbar zu machen. Es ist wünschenswert, daß sich alle Beteiligten in solche Schuhe versetzen können. Niemand kann vorhersehen, ob nicht er selber in ähnliche Lagen kommen könnte. Es ist dann gut, wenigstens schon ein bißchen von den Erfahrungen zu besitzen, die andere vor einem selbst gemacht haben.
Ich bin dem Bundesinnenminister Baum für das dankbar, was er hier dargelegt hat. Ich habe nun schon viele Male gehört, der Bundeskanzler habe bei zwei Gelegenheiten gesagt, er sei bereit, bis an die Grenzen — nicht über die Grenzen hinaus — des Rechtsstaates zu gehen, und er habe dem in Wirklichkeit nicht entsprochen. Wir haben dem durchaus entsprochen. Es wird abermals notfalls an das Gedächtnis der beteiligten politischen Personen zu appellieren sein, um in Erinnerung zu rufen, daß wir uns bei mancher Gelegenheit sehr sorgfältig gefragt haben und uns haben vortragen lassen: Dürfen wir dies, oder dürfen wir das nicht? Wir sind uns der Grenzen unseres Rechtsstaates für unser Handeln an vielen Tagen sehr bewußt gewesen. Ich bin davon überzeugt, daß wir die Grenzen nicht übertreten haben, jedenfalls nicht wissentlich und nicht willentlich und nicht bewußt. Wir waren vielmehr sehr skrupulös, wir haben bei jeder Handlung, die wir zu verantworten hatten, sehr sorgfältig zuvor geprüft und nachgedacht. Ich glaube, daß wir bis an die Grenzen des Rechtsstaats gegangen sind. Der Hinweis auf die Inanspruchnahme des § 34 des Strafgesetzbuchs mag hier heute morgen ausreichen. Die Juristen unter Ihnen wissen, daß wir da bis an die Grenzen gegangen sind. Aber wir haben sie nicht übertreten.
Wir haben sogar in der Gesetzgebung — wenn ich nun gegenüber dem exekutiven Handeln ein anderes Feld betreten darf — mit dem Kontaktsperregesetz ein rechtsstaatliches Risiko in Kauf genommen, das Gott sei Dank durch das Bundesverfasfungsgericht anschließend gerechtfertigt worden ist.

(Glos [CDU/CSU] : Mit den Stimmen der Opposition!)

— Mit den Stimmen der Opposition. Ich werde das doch nicht verschweigen. Ich kann mich doch gut erinnern. Es wäre ja auch ganz unstaatsmännisch gewesen, Herr Abgeordneter, wenn sich die Opposition diesem Gesetz damals verweigert hätte.

(Frau Pack [CDU/CSU] : Wie Sie das laufend bei unseren Gesetzentwürfen machen!)

Das bedarf keines besonderen Dankes. Ich spreche ja auch an die Adresse der übrigen Beteiligten keinen Dank aus. Ich halte es für Ihre selbstverständliche Pflicht, daß Sie sich damals so verhalten haben.

(Glos [CDU/CSU] : Diese Pflicht hat für alle gegolten!)

— Wir haben uns alle gemeinsam so verhalten.
Nun wirft uns der Kollege Eyrich vor — und das ist ja auch bei Herrn Dregger wieder zu hören gewesen —, daß wir nicht außerdem noch viele weitere Gesetze gemacht haben. Dabei sind zwei hier besonders genannt worden. Das eine ist Ihr Vorschlag, schon im Fall der erstmaligen Verurteilung auf drei Jahre Sicherungsverwahrung anordnen zu können. Dazu darf ich den Kollegen Eyrich, der das hier als erster aufgebracht hat — Herr Dregger hat nur noch mal darauf angespielt —, bitten zu prüfen, ob ich nicht recht habe, wenn ich sage, daß ich zu jedem Zeitpunkt, wo in diesem Haus über Sicherungsverwahrung gesprochen worden ist, meine Bedenken immer wieder vorgetragen habe. Ich habe das zu keinem Zeitpunkt für vertretbar gehalten. Und wenn nun nachträglich der Deutsche Richterbund sich dafür ausspricht ich nehme an, es war keine Delegiertenversammlung, sondern es waren einige zum öffentlichen Sprechen befugte Personen —, dann bin ich auch durch das, was ich aus der Feder des Richterbundes oder aus dem Mund seiner Sprecher bisher gehört oder gelesen habe, noch nicht überzeugt.
Ich habe auf diesem Feld große Skrupel. Das sage ich Ihnen ganz offen.

(Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : Die werden auch die Richter haben, Herr Bundeskanzler!)

— Ich habe große Skrupel. Die Skrupel sind mir in einer Zeit gewachsen, die lange, mehr als 30 Jahre, hinter uns liegt.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich habe dasselbe in vielen Gesprächen, in den sogenannten Sicherheitsgesprächen im Bungalow, aber auch hier im Bundestag, immer wieder gesagt. Ich habe auch immer hinzugefügt, daß dies bei mir kein weltanschaulicher Granit ist, von dem ich nie herunter könnte, sondern ich habe offengelassen, überzeugt werden zu können. Allerdings, solange es sich um drei Jahre Haft bei erstmaliger Verurteilung handelt, ist das etwas völlig anderes als die Voraussetzungen, die bisher im deutschen Strafrecht für Sicherungsverwahrung gelten. Das wäre ein anderes Institut, was damit geschaffen würde. Das bedarf wirklich der Überlegung. Es hat aber nichts, überhaupt nichts, mit der Frage zu tun: Wie kann man die Fahndungsmethoden der deutschen Polizeien und Kriminalpolizeien verbessern?

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Der andere Punkt, der hier immer wieder aufkommt, ist die Sache mit der Gesetzgebung zur Verteidigerüberwachung. Ich muß auch hier an das Gedächtnis oder gar an die Fairneß des Abgeordneten Eyrich appellieren. Ich habe zu denjenigen gehört, die dies vor drei Jahren — ich glaube, es ist



Bundeskanzler Schmidt
schon drei Jahre her — zunächst für ein richtiges Instrument gehalten haben und dafür auch öffentlich eingetreten sind. Ich habe unter dem Eindruck von Gesprächen mit hohen Richtern später meine Meinung geändert und habe vor dem Deutschen Bundestag auch öffentlich bekannt, daß ich meine Meinung geändert habe, und habe hier erläutert, warum ich sie geändert habe. Ich wiederhole es aber gern. Da Sie immer dieselbe Klage und Kritik wiederholen, müssen Sie sich auch anhören, daß ich meine Meinungsänderung erneut begründe.
Mir war klargeworden, daß die Überwachung der Gespräche zwischen Verteidiger und dem terroristischer Gewalttaten Beschuldigten — ganz abgesehen von vielen Bedenken, die es sonst geben mag und die ich im Augenblick gar nicht berühren will — jedenfalls nicht effektiv wird, was die Verhinderung weiterer Verbrechen angeht. Dies ist mir aus Gesprächen mit vielen Richtern klargeworden: Diese Überwachung kann nicht effektiv werden. Sie könnte vielleicht dann effektiv werden, wenn die Gesprächsüberwachung von Kriminalbeamten vorgenommen werden könnte, die mit diesem Fall und mit diesem Metier auf das beste vertraut sind und die Sprache verstehen, die dort gesprochen wird. Dies fordern Sie nicht, mit Recht nicht; es würde in der Tat weit über die Grenzen des Rechtsstaates hinausgehen und müßte das Strafverfahren gefährden. Sie verlangen Überwachung durch den Richter, und da komme ich zu dem Ergebnis, daß das ineffektiv bleiben müßte.
Viel effektiver wäre es allerdings, wenn man dafür sorgte, daß das Gespräch zwischen Anwalt und Beschuldigtem nicht zur Verbringung von Waffen oder Sprengstoff — oder was immer es ist — mißbraucht wird, was in mehreren Gefängnissen in unserem Lande — nicht nur in einem Bundesland, sondern in mehreren — geschehen ist. Und dazu braucht man keine Gesetzesänderung, dazu braucht mann eine minuziöse, peinliche und vielleicht für den jeweils Verantwortlichen lästige Befassung mit dem Detail vor Ort.

(Glos [CDU/CSU] : Und gute Justizsenatoren!) Sie brauchen dafür kein Gesetz.


(Zustimmung bei der SPD und der FDP)

Sie bräuchten nach meinem Eindruck nicht einmal ein Gesetz für die Einrichtung der Trennwände und der Trennscheiben. Das ist auch nach bisherigem Recht möglich.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist auch unsere Auffassung!)

Aber gut, die Zulässigkeit ist nun noch einmal zusätzlich unterstrichen worden. Das alles reicht aus, um zu verhindern, daß Verteidiger durch Verbrecher dazu genötigt werden können, sich zu Übermittlern von Nachrichten oder von Gegenständen zu machen. Das alles reicht aus; dazu brauche ich kein Gesetz.

(Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : Von Gegenständen ja, von Nachrichten nein!)

Deswegen, Herr Abgeodneter Eyrich, müßten Sie eigentlich, wenn Sie fair wären, sagen: Ich teile
zwar die Meinung dessen, der da jetzt spricht, nicht, aber ich muß einräumen, daß es eine in sich geschlossene, logische und auch dem Zweck, der gemeinsamen Zielsetzung durchaus angemessene Vorstellung ist, die er vertritt.
Ich will diesen Teil der entsprechenden Passagen der Rede von Herrn Dregger abschließend damit beantworten, daß ich sage: Herr Dregger, es nützt der Ergreifung von Gewalttätern und der Verhütung von terroristischen Gewaltverbrechen nichts, wenn wir viele neue Gesetze und Paragraphen machen. Natürlich haben wir — und Sie sicher auch — die Gesetzesmacherei in anderen europäischen Ländern, die es ebenfalls mit Terrorismus zu tun haben, auf diesem Felde sehr interessiert beobachtet. Ich nenne das Vereinigte Königreich, Frankreich, Italien und die Türkei und könnte viele andere nennen; ich will niemandem zu nahe treten. Einige dieser Länder haben ihre Gesetze geändert, andere haben es nicht getan. Einige haben sie auf Grund der Erfahrungen mit dem Terrorismus, die sie in den allerletzten Jahren und Monaten gemacht haben, geändert.
Eines der mit uns verbündeten und eng befreundeten westlichen Nachbarländer, eine unbezweifelbare rechtsstaatliche Demokratie, hat auf Grund solcher Anlässe Gesetze und gesetzesstellvertretende Verordnungen geschaffen, die ganz sicherlich über die in Deutschland gewachsenen Vorstellungen von rechtsstaatlicher Ordnung hinausgehen. Dann aber, wenn Sie in jenes Land Ihren Blick richten und sich fragen, ob diese Gesetze nun zu einer effektiveren Bekämpfung des Terrorismus in jenem Lande beitragen werden, kann man unseren Kollegen dort zu diesem Vorhaben nur sehr herzlich Glück wünschen. Es ist auch bei uns nicht so, daß alle möglichen neuen Gesetze die Effizienz der Zusammenarbeit zwischen den Polizeien der Länder und des Bundes verbessern, sondern diese kann nur verbessert werden, wenn alle Beteiligten die Erfahrungen, die sie miteinander gemacht haben, auch wirklich beherzigen.
Es war, glaube ich, der Herr Kollege Eyrich, der das erstaunliche Wort vom „selbstgeschaffenen Chaos" gesprochen hat. Ich nehme an, daß Ihnen dabei nicht ganz bewußt war, daß es, was die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern auf diesem Felde angeht, wenn das Wort „Chaos" denn gerechtfertigt wäre — ich halte es für absolut ungerechtfertigt —, dann jedenfalls kein Wort ist, das Sie nur an eine Adresse richten könnten.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Es ist ja auch nicht so — der Herr Dregger hat großzügigerweise gelassen gesagt: Pannen vor Ort werden immer auftreten —, daß selbst bei bester Zusammenarbeit in Zukunft nicht wieder Pannen auftreten würden. Ich erinnere mich z. B. an einen Entführungsfall in einem südlichen Bundesland, der bis heute nicht aufgeklärt ist. 20 Millionen DM sind geflossen. Das Bundeskriminalamt wurde nicht eingeschaltet. Ich will damit nun nicht auf fremde geographische Gebiete ausweichen. Ich will nur sagen: Es gibt viele Fälle, in denen später jemand auf die Idee kommen könnte zu sagen: „Das war ein



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polizeilicher Fehler", oder in denen vielleicht niemand auf diese Idee kommt.

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : Das Führungssystem muß stimmen!)

— Ich komme auf das Führungssystem gleich noch, Herr Dregger. Führung ist eine wichtige Sache im Leben; da gebe ich Ihnen sehr recht. Wenn Sie sie hätten, wären Sie froh, Herr Dregger.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich komme darauf gleich zu sprechen.
Ich sage Ihnen: Nach meiner festen Überzeugung ist die Zusammenarbeit auf dem Felde der Bekämpfung des Terrorismus zwischen den Ländern und dem Bund im Laufe der letzten Jahre zwar immer besser geworden, aber noch nicht optimal. Das, was Herr Kollege Genscher heute vor achteinhalb Jahren auf diesem Feld vorgefunden hat, war rudimentär. Das, was Kollege Genscher vor achteinhalb Jahren im Bundeskriminalamt in Wiesbaden vorgefunden hat, war bestenfalls embryonal. Das, was inzwischen durch ihn und vier Jahre lang durch den Kollegen Maihofer zustande gebracht worden ist, ist immer noch nicht optimal.

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : Früher gab es keinen Terrorismus!)

— Seit es den Terrorismus gibt, hat es unendlicher Mühe bedurft, jene Versammlung von Landesinnenministern, in der der Bundesinnenminister noch nicht einmal eine Stimme hat, zu ausreichenden Vereinbarungen zu bringen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich sage das nicht nur in Richtung auf B-Länder oder A-Länder oder C-Länder, sondern ich sage das generell. Ich sage es ohne Empörung und ohne Vorwurf. Denn solche Veränderungen fallen den Ländern schwer. Da hatte der FDP-Kollege vorhin recht, der aus Reichstagsverhandlungen über das deutsche Erbübel der Kompetenzstreitigkeiten zitiert hat. Ich weiß aus eigener Erfahrung — auch ich war einmal Innenminister eines Landes; lange ist es her; es war auch nur ein kleines Land —, daß es den Ländern schwerfällt, anderen Kompetenzregelungen zuzustimmen. Hier ist ja die Äußerung eines Staatssekretärs aus einem anderen Bundesland zitiert worden, wonach das Bundeskriminalamt bestenfalls das Recht haben sollte, nachdrücklich zu bitten. Es fällt den Ländern schwer, in bestimmten Fällen Aufgaben an jemand anderen abzugeben. Es geschieht praktisch immer noch nicht optimal. Meistens geschieht es dann auf dem Wege, daß sie bitten, dafür auf einem anderen Gebiet ihrerseits Aufgabenzuwachs zu bekommen.

(Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : Das alles war hier aber nicht der Fall, Herr Bundeskanzler!)

— Dies war und ist der Fall, Herr Kollege.
Es handelt sich um einen legitimen, wenn auch mich in keiner Weise beeindruckenden Versuch Ihrerseits, die Verantwortung für alles auf eine einzige Seite zu schieben. Wir weisen das zurück. Wir halten das für Unfug.
Dem Staat und der öffentlichen Sicherheit würde aber gedient, wenn Sie wenigstens gleichzeitig, wo Sie hier solche Reden halten, in den Ländern, in denen Sie Einfluß besitzen, dafür sorgten, daß auch von der Landesseite aus ein Optimum an praktischer Kooperation angestrebt und verwirklicht wird.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Das muß durch Ihren Wunsch, hier immer wieder über innere Sicherheit zu streiten, ja nicht unbedingt ausgeschlossen werden.
Herr Abgeordneter Dregger hat in einigen Zitierungen des Höcherl-Berichts dem Wortlaut und dem Sinn sicherlich eine ganze Menge Gewalt angetan. Ich will damit nicht im einzelnen rechten. Der Bundesinnenminister hat nach meiner Meinung zu den sachlichen Punkten das Wesentliche gesagt, was heute noch einmal gesagt werden mußte. Nur, wenn Sie, Herr Dregger, sagen, in Sachen Terrorismusbekämpfung habe der Bund eine „totale Kompetenz"
— das war Ihre Ausdrucksweise —, dann ist das, sachlich gesehen, schlichter Unfug. Er sollte sie auch gar nicht haben!

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Fragen Sie einmal die Innenminister der Länder, ob dieser Satz in deren Augen zutrifft. Das ist sachlicher Unfug, und es charakterisiert manche der Passagen, mit denen Sie Ihre Rede abgeschlossen haben.
Ebenso ist Ihre Behauptung, es gebe im Bundesministerium des Innern keine Führungszentrale — oder wie es bei Ihnen hieß —, Unfug. Ich selber habe an Sitzungen jenes Lagezentrums in der Vergangenheit teilgenommen.

(Zuruf des Abg. Dr. Dregger [CDU/CSU])

— Nein, Sie haben Vorstellungen aus Ihrer Rittmeisterzeit, die Sie auf die innere Sicherheit unseres Staates übertragen wollen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Unverschämtheit in staatsmännischem Gewande! Feldwebelstil! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Drittens ist es sachlich schlichter Unfug, wenn der Abgeordnete Dregger die Behauptung in die Welt setzt, das Informationssystem, von dem heute die Rede ist, sei erst nach dem Schleyer-Verbrechen erfunden worden. Fragen Sie irgendeinen der Landesinnenminister, wie lange man schon von Bundes wegen streitet, um dafür zu sorgen, daß ein kompatibles Informationssystem geschaffen wird, an dem alle Polizeien aller Länder teilnehmen können,

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Dregger [CDU/CSU] : Sie müssen mal den Bericht lesen!)

die sich ja zum Teil unter dem Einfluß von Kreisen, die ich nicht qualifizieren will, verschiedene Systeme zugelegt haben, die eben nicht aufeinander abgestimmt sind. Der Streit darüber wird doch schon sehr lange geführt; dan kann nicht ein Mitglied des Bundestages heute herkommen und sagen,



Bundeskanzler Schmidt
das sei erst nach dem Schleyer-Verbrechen erfunden worden. Diese drei Bemerkungen charakterisieren die Gesamtqualität dessen, was der Abgeordnete Dregger vorgetragen hat.

(Sehr wahr! bei der SPD)

Sie haben zum Schluß ein paar politische Bemerkungen gemacht, die nicht mehr zur Sache gehörten, auf die ich aber auch eingehen will, Herr Abgeordneter. Sie haben in diesem Hause zum zweiten Male die Behauptung aufgestellt, der Bundeskanzler habe sich nach Mogadischu — so war Ihr Wortlaut: — „feiern lassen". Ich habe dazu zweierlei zu sagen. Ich habe dazu beigetragen — ich war es nicht allein; es waren die Spitzenleute aller Bundestagsfraktionen, auch der Ihren —, daß die Grenzschutzbeamten, die ihre Aufgabe in Mogadischu vollbracht hatten, von uns gemeinsam gefeiert wurden; sie hatten eine große Arbeit geleistet. Was uns selbst angeht, bitte ich Sie, meine Rede unmittelbar nach Mogadischu im Deutschen Bundestage nachzulesen und sich des Wortlauts und des Tons der Bescheidenheit zu erinnern, in dem gesprochen wurde. Ich war nämlich tief betroffen und tief bedrückt von mehreren Ereignissen, die innerhalb von 24 Stunden damals unser Volk und die ganze Welt beschäftigt haben.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wenn Sie dann zu vorletzt Ihr Erstaunen über meine Gelassenheit zum Ausdruck bringen, so will ich Ihnen dazu eines sagen: Ich wünschte mir, daß sich in Sachen der inneren Sicherheit — vielleicht auch auf anderen politischen Feldern — sachlich begründetes Urteil, Zielstrebigkeit und Energie mit mehr Gelassenheit verbinden würden. Ich halte Gelassenheit nicht für einen vorwerfbaren Tatbestand, sondern für eine Tugend, Herr Abgeordneter Dregger.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Wie man sich selbst nur so beweihräuchern kann! — Kiechle [CDU/CSU] : Wie viele Tugenden hat er noch?)

Zum Schluß haben Sie, Herr Abgeordneter Dregger, die Forderung aufgestellt, die Bundesregierung oder der Bundeskanzler — ich weiß nicht mehr recht — solle Staatsräson vor Parteiräson stellen. Ich bemühe mich, seit ich in öffentlichen Ämtern bin, das zu tun. Wenn Sie dieselbe Regel auch für sich aufstellen wollten, Herr Abgeordneter Dregger, so würden solche Debatten anders verlaufen, als Sie sie geführt haben.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809803200
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kohl.

Dr. Helmut Kohl (CDU):
Rede ID: ID0809803300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler, Sie haben zu Beginn Ihrer Ausführungen eine mir
etwas unverständliche Formulierung gebraucht. Sie wiesen mit beinahe klagendem Unterton darauf hin, daß wir in so kurzen Abständen — das sei das Werk der Opposition — eine Debatte über das Thema der inneren Sicherheit hätten. Ich will hier nur Ihrem Gedächtnis nachhelfen: Die heutige Debatte ist veranlaßt durch die Vorlage des sogenannten HöcherlBerichts. Dieser Höcherl-Bericht aber ist in Auftrag gegeben worden von der Bundesregierung und der nordrhein-westfälischen Landesregierung. Wir haben also ein gemeinsames Interesse daran, daß dieser Bericht heute debattiert wird. Was heißt das also, wenn Sie sagen: wir haben immer wieder Debatten?
In der letzten Woche — auch das darf ich in Ihre Erinnerung zurückrufen, aus der es offensichtlich geschwunden ist — haben wir über Gesetze gesprochen.
Und im übrigen — das ist das dritte zu diesem Thema —: Ich finde es ganz normal, daß sich in einem Augenblick, in dem sich viele Mitbürger angesichts des Ergebnisses des Berichts von Hermann Höcherl die Frage vorlegen — ich sage es ganz konkret —: Könnte Hanns Martin Schleyer noch leben?, das deutsche Parlament mit dieser Frage beschäftigt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Bundeskanzler, vieles von dem, was Sie hier sagten, hat mit dem eigentlichen Thema nichts zu tun.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

Und wenn Sie der Reihe nach die Kollegen, die hier für die CDU/CSU gesprochen haben, abkanzeln, so ist das für mich nur ein Beweis dafür, daß Sie zur eigentlichen Sache nichts sagen können, nichts sagen wollen. Darum aber geht es doch: um die eigentliche Sache.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es geht doch nicht darum — dazu brauchen wir von Ihrer Seite ganz gewiß keine Belehrung —, daß wir hier in einer gesamtstaatlichen Verantwortung stehen. Herr Bundeskanzler, wir haben die Verantwortung im Großen Krisenstab mit übernommen, wir stehen zu dieser Verantwortung, und wir stehlen uns aus ihr auch nicht heraus. Aber es läßt sich doch nicht leugnen — um auch dieser Legende, die jetzt offensichtlich schon gestrickt wird, vorzubeugen —, daß der Große Krisenstab eine Sache war und der Vollzug polizeilicher Organisations- und Fahndungsmaßnahmen eine andere. Niemand wirft Ihnen doch vor, nicht in jedem Detail präsent zu sein. Wenn der Kollege Dregger sagt, Pannen kämen immer wieder vor, und Sie sich dann bemüßigt fühlen, auf einen Vorgang in München einzugehen, dann zeigt das nur, daß Sie gar nicht mehr in der Lage sind, sine ira et studio, gelassen zu reagieren und gelassen zu sagen: natürlich kommen Pannen überall vor.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber das ist doch nicht das Problem. Das Thema unserer heutigen Diskussion ist doch, daß die Bundesregierung — niemand hat sie doch gedrängt, auch wir, die CDU/CSU-Fraktion, nicht — den früheren Bundesinnenminister Hermann Höcherl als



Dr. Kohl
einen sachkundigen Zeitgenossen beauftragt hat, die Vorgänge zu untersuchen. Man hat dieser Untersuchung — und der Name ist ja symbolisch — den Begriff „Pannenbericht" beigefügt. Dieser Bericht liegt heute vor. Er enthält viele Details, die für die Zukunft wirksam werden sollen, und selbstverständlich sind wir bereit, daran mitzuarbeiten. Der Bericht beschreibt aber auch Tatbestände, die zutiefst erschreckend sind. Herr Bundeskanzler, die Existenz des Großen Krisenstabes und unsere moralische Mitverantwortung befreien Sie doch nicht von Ihrer Verantwortung als Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, daß Sie im vergangenen Jahr nichts an Vorsorge getroffen haben, bevor Hanns Martin Schleyer entführt und ermordet wurde.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Jahr 1977 sieht uns an vielen Gräbern. Und bei jedem Staatsbegräbnis und jedem Staatsakt haben die Vertreter der Bundesregierung erklärt: Jetzt muß endlich gehandelt werden. Es war doch bis zum September Zeit! Wenn jetzt der Bericht Hermann Höcherls deutlich macht, daß eben nichts an Vorsorge getroffen wurde, dann, Herr Bundeskanzler, trifft das Ihre Verantwortung und hat mit dem Tätigsein des Großen Krisenstabes überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Natürlich haben wir in diesem Großen Krisenstab Erfahrungen sammeln können. Natürlich bekennen wir uns — ich sage es noch einmal — auch zu der Verantwortung und zu den Schwierigkeiten dieser Tage. Aber das ist die eine Sache; die andere Sache ist die Regierungsverantwortung.
Herr Bundeskanzler, da Sie aus diesem Krisenstab berichtet haben: Der Bundesinnenminister Werner Maihofer hat seinen Abschied genommen, in einer noblen Form, auch Ihnen gegenüber. Ich hoffe, daß Ihre Gefühle ihm gegenüber auch immer von der gleichen noblen Form getragen waren.

(Dr. Ehmke [SPD] : Was soll das denn?!)

— Das ist das, was ich dazu zu sagen wünsche, Herr Abgeordneter Ehmke, sonst nichts. — Im übrigen, Herr Bundeskanzler, hat er natürlich die Verantwortung für seinen Bereich übernommen. Aber wer weiß, wie Sie zu regieren belieben, weiß auch, daß Sie zwar Ressortzuständigkeiten und Geschäftsordnung respektieren, diese aber auf Ihre Weise auslegen, was ich durchaus respektiere. Aber deswegen ist es doch nur richtig, Sie im Rahmen der Verantwortung hier mit anzusprechen.
Was mich vor allem umtreibt, Herr Bundeskanzler, ist Ihre unterschiedliche Reaktion auf Pannen in jenen Wochen — verständlicherweise — und auf Pannen heute. Darüber bin ich doch sehr verwundert. Ich erinnere mich noch sehr gut an jene schlimme Nacht nach der Bekanntgabe der Ermordung von Hanns Martin Schleyer und nach dem Bekanntwerden der in höchstem Maße unerfreulichen Vorkommnisse in Stammheim. Herr Bundeskanzler, Sie waren damals schnell mit dem Wort;

(Glos [CDU/CSU] : Wie immer!)

der Herr Landesminister Hirsch war noch schneller. Was mir noch heute in der Erinnerung geblieben ist, ist, daß Sie damals mit einem ganz anderen Maßstab als heute gemessen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn damals die Untergrenze Ihrer Forderung mindestens der Rücktritt des Justizministers war, so finden Sie es heute als Kanzler der Bundesrepublik Deutschland nicht einmal der Mühe wert, den Namen des Justizsenators von Berlin in den Mund zu nehmen. Sie haben ihn umschrieben, so daß Sie uns später sagen können, Sie hätten ihn gemeint. Ich aber will es noch einmal deutlicher sagen: Es handelt sich um einen Mann, dessen völliges Versagen offenkundig ist

(Beifall bei der CDU/CSU)

und der nur deswegen im Amt gehalten wird, weil Sie die Koalition in Berlin halten müssen und weil die FDP außerstande ist, ihn auszutauschen — aus vielerlei Gründen. Meine Damen und Herren, das ist doch ein Beweis dafür — genau das hat Alfred Dregger gesagt, und Sie erregen sich darüber —, daß die Parteiräson vor die Staatsräson gestellt wird — nicht mehr und nicht weniger.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Alles, was hier von den Kollegen der Koalition gesagt wurde, betraf nur den Teil II des HöcherlBerichts. Über den können wir lange reden, Wochen und Monate, vor allem dann, wenn wir eine gewisse Hoffnung hätten, Herr Bundesminister Baum, daß endlich etwas dabei herauskäme. Aber der Auftrag an Herrn Höcherl ging doch in zwei Richtungen, und zu dem Teil I haben wir von den Kollegen der Koalition fast nichts gehört.
Herr Bundeskanzler, die Frage, die uns doch bewegen muß — gerade jene, die auch moralische Verantwortung auf sich genommen haben —, ist, wie wir, wir beide, die Frage eines Mitbürgers mit gutem Gewissen beantworten können: Könnte Hanns Martin Schleyer noch leben, wenn diese Pannen nicht passiert wären? Ich weiß so gut wie Sie, Herr Bundeskanzler, daß keiner von uns diese Frage — weder so noch so — mit letzter Überzeugung beantworten kann. Aber nach dem Bericht, den Ihr Beauftragter vorgelegt hat, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, daß diese Pannen zur Katastrophe entscheidend beigetragen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das, Herr Bundeskanzler, mußten Sie doch klaren Blickes erwarten, als Sie diesen Bericht in Auftrag gaben. Sie konnten doch auf Grund Ihres Informationsstandes, der in der Sache mit Sicherheit nicht geringer sein konnte als der meine, nicht erwarten — vorausgesetzt, der Bericht würde sorgfältig erarbeitet, und er ist sorgfältig erarbeitet —, daß sich etwas anderes herausstellte als das, was wir heute hier miteinander diskutieren.
Das sind alles keine Erfindungen aus dem Lager der Opposition, sondern das ist die Diskussion von nüchternen, allerdings tief bedrückenden Tatbeständen. Was wären wir für Mitglieder des Deutschen Bundestages, wenn wir nicht wenigstens auf die Vor-



Dr. Kohl
lagen und Debatten der letzten zwei Jahre hinwiesen! Der geschätzte Kollege von der FDP ist bis in die frühen 20er Jahre zurückgegangen. Ich habe nichts dagegen; nur, die Probleme von damals, die Sie beschrieben haben, sind Probleme, die noch heute in allen föderalen Bereichen fortwirken. Verehrter Herr Kollege, wenn Sie das parteipolitisch gedacht haben, dann sollte ich Sie einladen, die ganze Weimarer Republik einmal unter diesem Gesichtspunkt zu betrachten. Ich will bloß diese kurze Bemerkung dazu machen.
Hier geht es heute darum, aus der Katastrophe, aus dem negativen Ergebnis vernünftige Konsequenzen zu ziehen. Hier geht es darum, politische Verantwortlichkeiten festzustellen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809803400
Sie haben beliebt, in der Ihnen eigenen Weise den Kollegen Dregger im Blick auf das Feiern des „Helden von Mogadischu" — ich sage das so ganz direkt — anzunehmen. Ich weiß gar nicht, warum Sie das Herrn Dregger vorwerfen. Herr Dregger hat doch diese Inszenierung, dieses Scenario nicht in die Welt gesetzt. Das waren doch die Bediensteten Ihres Amtes. Wenn Sie das alles — bis an die Grenze der Geschmacklosigkeit gehend — einmal nachlesen, was das Bundespresseamt in diesem Zusammenhang betrieben und unternommen hat — Sie haben es doch nicht verboten; Sie haben es doch gerne gehört, sonst wäre es doch gar nicht gemacht worden —, dann dürfen Sie sich doch gar nicht wundern, wenn jetzt, da die Bilanz da ist, auch der Schatten deutlicher wird.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809803500
Ich habe Sie vor dieser Dokumentation gewarnt. Ich habe Ihnen damals am Telefon wie auch in einem persönlichen Gespräch gesagt: Die Lebenserfahrung und der Umgang mit der Geschichte zeigen, daß man etwas Distanz haben muß, bevor man ein Ereignis, das einen tief bewegt, einigermaßen abschließend beurteilen kann. Sie stehen jetzt vor der schlimmen Lebenserfahrung, die Sie persönlich doppelt zu verantworten haben. Sie haben auf der einen Seite den Heldenbericht, der nach Mogadischu vorgelegt wurde, und jetzt den Höcherl-Bericht; die sind eben nicht deckungsgleich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Hier zeigt sich, daß man in einer so aufgeregten, so aufgewühlten Situation und Zeit unmittelbar nach dem Ablauf solcher Geschehnisse gar kein gewogenes, kluges Wort finden kann.
Das ist aber Ihre Sache. Sie können uns jetzt nicht vorwerfen, daß wir uns wenigstens noch diese Minifreiheit nehmen, innerhalb von Monaten zwei Berichte, die Sie jeweils in Auftrag gegeben haben, nebeneinanderzulegen und unsere normale Fähigkeit zur Kreativität zu nutzen, daraus unsere Schlüsse zu ziehen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809803600
Der Herr Maihofer ist gegangen,

(Frau Pack [CDU/CSU]: Der Herr Hirsch muß gehen!)

obwohl er noch vorher — und auch das ist eine interessante Erfahrung dieses Bundestages — hier lebhaft gefeiert wurde.

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

Wenn heute die Kollegen der FDP ihre Danksagung ausbringen, muß das doch besorgniserregend für Sie sein, Herr Kollege Baum. Es ist ja ein Grundprinzip dieser Koalition in dieser Legislaturperiode: Wenn der Minister hier aufs lebhafteste gelobt wird, muß er sich eigentlich schon nach einem neuen Job umsehen; denn das Ende ist ganz nahe.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Die Intervalle zwischen dem Lob und dem Abgang,
verehrter Herr Kollege, sind immer enger geworden.
Ich habe hier nicht über die Ära Maihofer zu reden, obwohl es da aus den letzten Monaten noch vieles zu sagen gäbe. Aber, Herr Kollege Baum, lassen Sie mich zu Ihrer Jungfernrede sagen: Gerade an Ihrer Stelle hätte ich das alles so nicht formuliert. Sie sind neu im Amt. Sie müssen damit rechnen, daß Ihnen auf Grund von vielem von dem, was Sie bisher taten und sagten, eine ziemliche Skepsis — um es freundlich auszudrücken — entgegenschlägt. Aber wenn Sie glauben, daß Angriff die beste Verteidigung sei, hat man Sie schlecht beraten.
Ich habe die Befürchtung — nicht wegen der FDP und wegen des Amtsinhabers, sondern wegen der Republik —, daß Ihre Amtszeit — ich sage es so, wie ich es schon in einem Zwischenruf sagte — so enden wird, wie Ihre Jungfernrede heute begonnen hat. Auch das muß ich Ihnen zu meinem Bedauern sagen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Nämlich glanzlos!)

Meine Damen und Herren, wir werden nicht am Ende der Gesamtdebatte sein, aber wir sind an einem wichtigen Einschnitt. Die Mehrheitsfraktionen des Hauses bestimmen das Gesicht der Regierung. Das ist hier so, das ist selbstverständlich auch in Düsseldorf und in Berlin so. Wenn die Autorität — —

(Zuruf von der CDU/CSU: Auch in Hannover!)

— Das gilt in der Tat auch für Hannover. Das haben auch die Wähler dort bestätigt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was Sie für politische Konsequenzen aus diesem Bericht ziehen, werden wir sicherlich bei mancher Debatte in diesem Jahr noch erfahren. Was Sie an personellen Konsequenzen ziehen, wird die Entwicklung Ihnen abzwingen. Dessen bin ich sicher. Das wird die politische Meinung unseres Landes erzwingen.
Meine Damen und Herren, damit sind wir aber nicht am Ende des Themas. Herr Bundeskanzler, Sie haben aus gutem Grund und mit einem Unterton, den ich jetzt gerade zum Schluß aufnehmen möchte, darauf hingewiesen, daß wir wieder etwas Zeit gewonnen haben. Ich kann für die CDU/CSU nur



Dr. Kohl
noch einmal das Angebot machen und den Appell an die Kollegen von der SPD- und FDP-Fraktion sowie an die Bundesregierung richten: Betrachten Sie bitte die Fragen der inneren Sicherheit unseres Landes nicht als Fragen von Majoritäts-ProporzProblemen.

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

Betrachten Sie sie als Herausforderung, die Millionen Bürger in der Form definiert sehen, daß sie den demokratischen Staat nach seiner Kraft, nach seiner Autorität befragen.
Der Herr Bundespräsident hat am 25. Oktober bei der Trauerfeier für Hanns Martin Schleyer in Stuttgart am Ende seiner Rede gesagt — ich möchte das Zitat hier aufnehmen —:
Der Tod Hanns Martin Schleyers ist, so meine ich mit nachdenklichen Menschen in unserem Lande, ein Einschnitt in die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, und wir müssen ihn als Einschnitt begreifen. Von dieser Stunde der Trauer und der Besinnung muß eine verwandelnde Kraft ausgehen. Wir dürfen nicht zulassen, daß sein Tod sinnlos wird.
Herr Bundeskanzler, das ist ein Anruf an uns alle. Bei aller Heftigkeit der Auseinandersetzung ist dies das eigentliche Gebot, dem wir uns jetzt zu stellen haben. Ich biete Ihnen namens der Fraktion der CDU/CSU noch einmal an, zu einem Stück Gemeinsamkeit in der Bekämpfung brutaler terroristischer Gewalt zu kommen. Die Hand ist ausgestreckt. Es liegt an Ihnen, endlich auf dieses Angebot einzugehen.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/ CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809803700
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wehner.

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0809803800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist verständlich, daß im Zuge einer solchen Erörterung und Debatte noch einmal und noch einmal auf Dinge zurückgekommen wird, die uns zwar sicher noch oft beschäftigen werden, deren fortgesetztes Wiederholen uns aber nicht zu einer übereinstimmenden Meinung führen kann. Mich hat nur eines veranlaßt, hier um das Wort zu bitten. Es waren die Worte des Herrn Oppositionsführers, in denen ausgedrückt wurde, nichts an Vorsorge sei getroffen worden, nachdem er vorher die Fälle aufgezählt hatte, in denen Menschenleben die Opfer von Terroristen waren.
Dazu sage ich, Herr Kollege Kohl: Eine solche „Feststellung", wie Sie sie nennen möchten, es sei „nichts an Vorsorge" getroffen worden, ist doch nicht ernsthaft zu behaupten. Sicherlich, wir haben Unterschiede hinsichtlich der Wirksamkeit z. B. des Bundeskriminalamtes und anderer Maßnahmen. Aber es ist doch im Haushalt — und nicht nur im Haushalt — festzustellen, wie alle diese Maßnahmen — das wird j a auch von Ihnen nicht geleugnet werden können — in einer Reihe vor! Jahren entwickelt
worden sind, nachdem es vorher nichts in dieser Richtung gab. Vorhin hat jemand den Zwischenruf gemacht: Weil es keinen Terror gegeben hat! Darüber könnte man noch manches sagen.

(Dr. Dregger [CDU/CSU]: Den gab es nicht!)

Hier wird nach zwei Richtungen etwas gesagt, das falsch verstanden werden muß. Es klingt so, als ob nichts zum Schutze Hanns Martin Schleyers geschehen sei.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Das hat doch niemand gesagt!)

— Nein, das haben Sie nicht gesagt. Sie haben gesagt — ich will es wiederholen —, „nichts an Vorsorge" sei getroffen worden. Daraus schlußfolgere ich: Das muß nach zwei Richtungen so falsch verstanden werden, daß es nicht ohne Widerspruch bleiben darf. Herr Kohl, Sie hätten, wenn Sie darauf angesprochen worden wären, natürlich nicht gesagt, daß der Entführte und dann Ermordete niemanden zum persönlichen Schutz bei sich gehabt habe. Die Begleiter sind ja sofort, nach einer Manier, nach einer Methode, die die Leute trainiert haben, getötet worden, ermordet worden. Das brauchen wir uns nicht alles noch einmal zu erzählen. Wenn Sie das Wort „Vorsorge" so aussprechen, dann muß das . falsch verstanden werden. Schutz war da, aber das müssen sich . alle sagen: Der reicht nicht, um das, was hier geschehen ist, zu verhindern.

(Zuruf des Abg. von der Heydt Freiherr von Massenbach [CDU/CSU])

Das, was ich zitiert habe, ist auch nach der anderen Seite falsch zu verstehen, nämlich so, als gäbe es eine „Vorsorge", die nahezu absolut das Scheitern solcher Verbrechen oder die Verhütung solcher Verbrechen gewährleistet. Die gibt es ja auch nicht.
Herr Kollege Kohl, ich will die Echtheit Ihrer inneren Erregung über das, was wir erlebt haben, nicht in Zweifel ziehen. Aber die Feststellung, es sei nichts an „Vorsorge" getroffen worden, muß unter den Mitbürgerinnen und Mitbürgern eine völlig irrige und falsche Vorstellung von unserem Gemeinwesen und auch von dem hervorrufen, was wir noch prüfen und worüber wir wahrscheinlich auch noch Streit haben werden.
Ich muß Ihnen sagen: Die Terroristen sind noch nicht zu unserer Vergangenheit zu rechnen. Sie sind aus dem Bereich unseres Gemeinwesens, soweit das ein Schauplatz für ihre Taten ist — da muß ich nicht Sie und niemand anderen belehren —, noch nicht verschwunden. Aber gerade aus diesem Grunde möchte ich nicht, daß wir uns nicht der Aufgabe widmen, die uns wohl noch eine Weile beschäftigen wird, mit der wir angefangen haben, als es um die Erörterung, um die Analyse des sogenannten Höcherl-Berichts ging. Ich hoffe, daß wir einiges finden werden, was etwas größere Möglichkeiten bietet, z. B. hinsichtlich der Fahndung.
Ich habe bei Herrn Dregger herausgehört, als gäbe es gar keine oder als sei sie ganz dilettantisch. Herr Kollege Dregger, ich bin auch sehr unglück-



Wehner
lich über die Fahndung und die großen Schwierigkeiten, die Leute dingfest zu machen.

(von der Heydt Freiherr von Massenbach [CDU/CSU] : Und sie wieder laufenlassen!)

Nur: Das darf man nicht so verallgemeinern; das hilft ja nicht. Ich will Ihnen ja nicht vorwerfen, Sie wollten sich den Terrorismus nutzbar machen, indem man denjenigen, die die Regierung bilden — aber hier ist ja auch schon gesagt worden, daß das nicht nur den Bund, sondern auch die Länder betrifft, und zwar auch Länder, die von anderen Mehrheiten regiert werden als im Bund —, etwas in die Schuhe steckt oder etwas zuschiebt.
Nein, wenn es so ist — und ich fürchte, daß es so ist —, daß der Terrorismus und die Terroristen in unserem Gemeinwesen als dem Schauplatz ihres Handelns noch nicht zur Vergangenheit gehören, ist auf der Grundlage des Berichts, bei dessen Beurteilung es Pro und Contra geben mag — einverstanden! —, zu prüfen, zu welchen weiteren Schritten wir kommen können. Das ist die Mühe wert. Man sollte sich aber nicht der Tatsachen des Terrors und der schmerzlichen Opfer und auch der Versäumnisse so bedienen, daß uns das nicht nur wehrlos, sondern handlungsunfähig machen könnte. Da rede ich immer als Teil unseres Gemeinwesens.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809803900
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Dregger.

Dr. Alfred Dregger (CDU):
Rede ID: ID0809804000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat es in seiner breiten Antwort auf meinen Beitrag am Schluß für klug gehalten, einen Angriff gegen mich zu fahren in, wie ich schon sagen muß, ungewöhnlich ausfälliger Form.

(Zuruf von der SPD: Wie man in den Wald hineinruft . . .!)

Die Art dieser Reaktion, Herr Bundeskanzler, spricht nicht gerade von der Tugend der Gelassenheit, von der Sie sprachen

(Beifall bei der CDU/CSU)

und die Sie sich, wie alle Tugenden, natürlich sofort zugeschrieben haben.
Ich möchte nur insoweit darauf antworten, als es um Tatsachenfeststellungen geht. Ich habe aus Ihrer Antwort den Eindruck gehabt, daß Sie nicht nur nicht mit dem von Ihnen beauftragten Bundesinnenminister a. D. Höcherl gesprochen, sondern daß Sie seinen Bericht auch gar nicht gelesen haben;

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es! Er hat lesen lassen!)

denn sonst kann man sich ja eigentlich nicht über Tatsachen streiten, die in diesem Bericht niedergelegt sind.
Sie haben im Zusammenhang mit den Punkten, die Sie aus meiner Rede aufgegriffen haben, von „totalem Unsinn" gesprochen. Dazu möchte ich Stellung nehmen.
Das bezog sich erstens auf die umfassende, wenn man so will: totale Zuständigkeit des Bundes im Fahndungsfall Schleyer. Diese Zuständigkeit war in dem Augenblick gegeben, in dem der Bundesinnenminister und der Generalbundesanwalt das Bundeskriminalamt mit der Fahndung beauftragten. Damit ging die Zuständigkeit von der Zentrale bis vor Ort auf das Bundeskriminalamt über. Die einzige Funktion der Länderpolizei bestand noch darin, dem Bundeskriminalamt zur Verfügung zu stehen. Das ist auch in vollem Umfange der Fall gewesen. Ihre breiten Ausführungen über die Schwierigkeit von Länder-Innenministern, Zuständigkeiten abzugeben, waren in diesem Fall völlig gegenstandslos.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zum zweiten. Sie haben bestritten, daß meine Behauptung richtig sei, im Bundesinnenministerium gebe es bis heute keine Führungszentrale, die rund um die Uhr besetzt sei, für den Einsatz aller Sicherheitsdienste des Bundes und auf Zusammenarbeit angewiesener Länderpolizeien. Eben das steht im Höcherl-Bericht. In eben diesem Bericht wird vorgeschlagen, daß diese Zentrale nunmehr geschaffen werden solle.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das hat er nicht gelesen!)

Das habe ich bereits am 16. März in diesem Hause vorgeschlagen. Es ist also kein totaler Unsinn.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das dritte, was Sie als totalen Unsinn bezeichnet haben, ist meine Tatsachenfeststellung, daß das Führungs- und Informationssystem, das in der Fahndung nach den Schleyer-Entführern angewendet wurde, erst nach der Entführung erfunden und eingeführt worden ist.

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : So war es dann auch!)

Auch das steht in dem Bericht. Es bestand nämlich erstens aus der zentralen Einsatzleitung, die durch Beschluß der Bundesregierung gebildet worden ist — an ihrer Spitze Herr Herold —, die nicht nur für das BKA, sondern für alle Sicherheitsdienste zuständig war, was es vorher nie gegeben hatte, zweitens aus dem Sonderkommando in Köln, das ad hoc eingerichtet wurde — das ist bei Sonderkommandos üblich —, und drittens aus dem Koordinierungsstab, den der nordrhein-westfälische Innenminister eingerichtet hat, was überflüssig, falsch und verhängnisvoll gewesen ist, wie sich auch aus dem Bericht ergibt. Dieses System war also vorher nicht da. Es war niemandem bekannt. Die Meldewege sind mehrfach geändert worden.
All das steht in dem Bericht. Man kann doch die Wahrheit nicht einfach dadurch aus der Welt schaffen, daß man sagt, die Wahrheit sei Unsinn, Herr Bundeskanzler.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809804100
Meine Damen und Herren, Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich schließe die Aussprache.



Vizepräsident Stücklen
Wir kommen jetzt zur Abstimmung Tagesordnungspunkte 12 und 13. Der Ältestenrat schlägt vor, die Vorlagen auf den Drucksachen 8/1881, 8/1923 und 8/1852 an den Innnenausschuß zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich sehe keine gegenteilige Meinung. Es ist so beschlossen.
Zu Tagesordnungspunkt 14 empfiehlt der Innenausschuß auf Drucksache 8/1864, den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betreffend Maßnahmen zur Erhöhung der inneren Sicherheit — Drucksache 8/1046 — für erledigt zu erklären. Zu dieser Beschlußempfehlung liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 8/1911 vor. Hierin wird die Annahme einer Entschließung beantragt.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 8/1911 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Dieser Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wir stimmen jetzt über die Beschlußempfehlung des Ausschusses ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit. Die Beschlußempfehlung ist damit angenommen.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde
— Drucksache 8/1895 —
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Staatsminister Wischnewski zur Verfügung.
Frage 116 des Herrn Abgeordneten Kuhlwein wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 1 des Herrn Abgeordneten Stutzer auf:
Wie ist die Antwort vom 31. Mai 1978 auf meine Anfrage vom 9. Mai 1978 zu verstehen, daß im Zusammenhang mit der Kritik an der Rede des DGB-Vorsitzenden Heinz Oskar Vetter sich die Äußerungen des Bundeskanzlers gegen „gewisse Vorstellungen des Keynesianismus" richten, und warum lehnte es der Bundeskanzler, zumindest bis zum 9. Juni 1978 ab, mir den im Bundeskanzleramt vorliegenden Text seiner Rede vom 3. Mai 1978 zur Verfügung zu stellen, obwohl in der o. a. Antwort auf den Inhalt dieser Rede verwiesen wurde?
Biite schön.

Hans-Jürgen Wischnewski (SPD):
Rede ID: ID0809804200
Herr Kollege Stutzer, lassen Sie mich den ersten Teil Ihrer Frage, betreffend die Kritik des Herrn Bundeskanzlers am Keynesianismus, zuerst beantworten.
Wie Sie wissen, hat der englische Nationalökonom John Maynard Keynes zu Beginn der 30er Jahre die wirtschaftspolitische Theorie entwickelt, daß der Staat in einer Rezession durch eine Vermehrung der Staatsausgaben die Vollbeschäftigung wiederherstellen kann. Dem Herrn Bundeskanzler kam es demgegenüber darauf an — und er hat dies, wie Sie wissen, auch bei früheren Gelegenheiten dargelegt —, darauf hinzuweisen, daß dieses wirtschaftspolitische Rezept der heutigen Zeit nicht mehr genügt, um die Gesundung der Wirtschaft und die Wiederherstellung der Vollbeschäftigung zu erreichen. Die Ursachen dafür liegen einmal darin, daß wir es heute mit den Auswirkungen des weltwirtschaftlichen Strukturwandels zu tun haben, der auch unsere Wirtschaft vor schwierige strukturelle Anpassungsprobleme stellt. Diese Probleme können durch globale Staatsausgabenerhöhungen nicht beseitigt werden. Andererseits leuchtet es auch schon deshalb ein, daß der Staat nicht allein die Verantwortung für die Wiedererlangung der Vollbeschäftigung tragen kann, weil in unserer Wirtschaftsordnung täglich eine Vielzahl autonomer Entscheidungen von Unternehmen, Verbrauchern, Verbänden usw. z. B. über Preise oder Investitionen getroffen wird. Dem Herrn Bundeskanzler geht es also darum, an die Verantwortung aller gesellschaftlichen Gruppen in der Bundesrepublik für die Überwindung der Arbeitslosigkeit zu appellieren. Dies hat er mit seinem Beitrag getan.
Was den zweiten Teil Ihrer Frage anbetrifft: Bei der Rede, die der Bundeskanzler gehalten hat, handelt es sich um eine parteiinterne Rede; sie ist deshalb nicht veröffentlicht worden. Die Teile, die offensichtlich Ihr besonderes Interesse finden, habe ich Ihnen in der Zwischenzeit zur Verfügung gestellt.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809804300
Eine Zusatzfrage, bitte.

Hans-Jürgen Stutzer (CDU):
Rede ID: ID0809804400
Herr Staatsminister, warum wird die Veröffentlichung dieser, wie es jetzt heißt, parteiinternen Rede durch den Herrn Bundeskanzler abgelehnt, obwohl Pressevertreter anwesend waren, in den Zeitungen ausführlich darüber berichtet worden ist und obwohl Sie selbst und auch Ihr Haus noch bis vor wenigen Tagen davon ausgingen, daß diese Rede veröffentlicht wird?
Wischnewski, Staatsminister: Ich kann mir durchaus vorstellen, daß der Bundeskanzler, wenn er Zeit und Gelegenheit gehabt hat, die Rede, wenn sie niedergeschrieben ist, durchzulesen, eine entsprechende Entscheidung fällt. Ich sage noch einmal ausdrücklich: Die Frage, die Sie hier ansprachen, ist ein parteiinterner Vorgang gewesen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809804500
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.

Hans-Jürgen Stutzer (CDU):
Rede ID: ID0809804600
Herr Staatsminister, ist der Herr Bundeskanzler bei seiner Rede am 3. Mai 1978 der Meinung gewesen, daß Heinz Oskar Vetter am 1. Mai 1978 den Staat alleine für die Wiedererlangung der Vollbeschäftigung verantwortlich machen wollte, und hält der Herr Bundeskanzler das heute noch aufrecht?
Wischnewski, Staatsminister: Ich glaube, es dürfte bekannt sein, daß zwischen dem Bundeskanzler und dem Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes im persönlichen Verhältnis oder in Sachfragen ein derartig ausgezeichneter Kontakt be-



Staatsminister Wischnewski
steht, daß solche Mißverständnisse überhaupt nicht entstehen können. Natürlich weiß auch der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes sehr genau, daß nicht der Staat allein oder die Bundesregierung allein für eine derartige Entwicklung verantwortlich ist.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809804700
Es liegen keine weiteren Zusatzfragen vor.
Ich komme zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Zur Beantwortung steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Haehser zur Verfügung.
Die Fragen 75 und 76 der Abgeordneten Frau Will-Feld werden auf Wunsch der Fragestellerin schriftlich, beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Frage 78 ist vom Fragesteller zurückgezogen worden.
Frage 82 des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 77 des Abgeordneten Gerstl (Passau) auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal; die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Frage 80 des Abgeordneten Dr. Langner:
Hält die Bundesregierung aus heutiger Sicht eine Rückführung der Zuwachsrate der Staatsausgaben bis zum Jahr 1981 auf einen Satz von 4 v. H. für angemessen, wie Prof. Neumann in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 6. Juni 1978 (Gegen antizyklische Finanz- und Geldpolitik)?
Bitte schön.

Karl Haehser (SPD):
Rede ID: ID0809804800
Herr Kollege, wenn Sie einverstanden sind, würde ich Ihre Fragen 80 und 81 gern zusammen beantworten.

(Dr. Langner [CDU/CSU]: Bitte!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809804900
Einverstanden. Ich rufe daher auch die Frage 81 des Herrn Abgeordneten Dr. Langner auf:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß ein wirklich stabiles Preisniveau bis 1981 erreicht werden könnte, wenn die Wachstumsrate der Zentralbankgeldmenge bis dahin auf 4 v. H. zurückgeführt würde (Feststellung von Prof. Neumann um vorgenannten Artikel) ?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Ich danke Ihnen sehr. — Herr Kollege, Sie werden mir sicher beipflichten, daß der Deutsche Bundestag kein finanzpolitisches Kolleg sein kann. Sie wissen, daß es in der theoretischen Diskussion zur Finanz- und Wirtschaftspolitik sehr viele, oft verwirrend viele Schulen gibt. Deren unterschiedliche Denkergebnisse sollten zunächst unter Fachkollegen diskutiert werden. In deren Kreis möchte ich auch die Erkenntnisse von Herrn Prof. Neumann zurückgeben.
Die angesprochene Zuwachsrate des Staatsausgaben ist ein Aggregat aus den Raten des Bundes, der Länder und der Gemeinden. Soweit die Steigerungsraten des Bundeshaushalts berührt sind, wird das Bundeskabinett am 26. Juli 1978 dazu einen
Grundsatzbeschluß fassen. Dem kann und will ich heute nicht vorgreifen.
Im Rahmen dieses Verfahrens, das der Verfassung, der Bundeshaushaltsordnung und dem Haushaltsgrundsätzegesetz entspricht, wird die Bundesregierung ihre Vorstellungen über den Bundeshaushalt 1979 und den mehrjährigen Finanzplan des Bundes entsprechend entwickeln und im einzelnen darlegen.
Die bis 1981 erzielbaren Fortschritte der Verminderung der Geldentwertung hängen, wie Sie wissen, Herr Kollege Dr. Langner, nicht allein von der in diesem Zeitraum erreichten Zuwachsrate der Zentralbankgeldmenge ab. Daß der in Ihrer Frage unterstellte enge Zusammenhang nicht besteht, wird schon daraus deutlich, daß es bei höheren Zuwachsraten der Zentralbankgeldmenge in den letzten Jahren gelungen ist, die Geldentwertung erfreulicherweise erheblich zu verringern.
Aus heutiger Sicht läßt sich noch nicht vorhersagen, welche Zuwachsrate der Zentralbankgeldmenge im Jahr 1981 anzustreben ist. Bekanntlich legt die Deutsche Bundesbank ihre Geldmengenziele nur jeweils für das kommende Jahr fest. Die Politik einer öffentlichen Zielvorgabe befindet sich dabei noch im Experimentierstadium.
Eine Zuwachsrate von 40/0 erscheint, gemessen an den Zuwachsraten der Vergangenheit, sehr niedrig.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809805000
Eine Zusatzfrage, bitte.

Dr. Manfred Langner (CDU):
Rede ID: ID0809805100
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, daß die meiner Fragestellung zugrunde liegenden Feststellungen wenigstens insoweit nicht finanztheoretischer, sondern sehr praktischer Art sind, als Staatsquote und Steuerquote weiterhin steigen müssen, wenn die öffentlichen Aufgaben schneller als das reale Sozialprodukt wachsen?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Ich kann diese Ihre Auffassung nicht teilen. Sie ergibt sich auch nicht aus dem, was Herr Prof. Neumann geschrieben hat. Im übrigen haben Sie — wie Sie feststellen können, wenn Sie Ihre Fragen noch einmal lesen — anderes erfragt als das, was Sie jetzt nachgeschoben haben.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809805200
Eine weitere Zusatzfrage. Bitte.

Dr. Manfred Langner (CDU):
Rede ID: ID0809805300
Eine weitere Frage in diesem Zusammenhang. Wie sollen denn Steuerentlastungsprogramme in der Wirtschaft Vertrauen, das Wachstumskräfte bewirken soll, wecken, wenn Bevölkerung und Wirtschaft gleichzeitig Ausgabenwachstum und steigende Staatsverschuldung registrieren müssen?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Ich verstehe nicht, was Sie meinen. Ich habe ja im Augenblick kein konkretes Steuerentlastungsprogramm zur Kenntnis zu nehmen. Es gibt zwar tägliche Rederei darüber und auch tägliche Forderungen dazu. Aber es



Parl. Staatssekretär Haehser
gibt zur Zeit kein konkretes Steuerentlastungsprogramm. Ich sehe also keinen Zusammenhang mit den von Ihnen gestellten Fragen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809805400
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Manfred Langner (CDU):
Rede ID: ID0809805500
Eine Frage zur Geldmenge. Muß das vorhandene monetäre Potential angesichts des derzeitigen Geldmengenwachstums nicht bei verbessertem Wirtschaftswachstum mit einem gewissen Automatismus inflationär wirken?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Nun, Sie haben in Ihrer Frage auf die Auffassung des Professors Neumann abgehoben, ein Geldmengenwachstum von 4 % sei anzustreben, um eben inflationäre Entwicklungen zu verhindern. Eine so niedrige Rate des Geldmengenzuwachses hatten wir eigentlich noch nicht; die bisher niedrigste Verlaufsrate war 5,3 % im Jahre 1966. Obwohl also die Geldmengensteigerung immer höher war als die von Herrn Neumann geforderten 4 %, liegen wir jetzt bei einer Preissteigerungsrate von nur 2,7 %. Mir ging es ja eben bei meiner Antwort darum, diesen Zusammenhang zwischen der Geldmenge und der Inflationsrate als nicht unabänderlich darzustellen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809805600
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe Frage 83 des Herrn Abgeordneten Milz auf:
Sind im Verantwortungsbereich der Bundesregierung bei der Veräußerung von Baugrundstücken der öffentlichen Hand alle Kaufinteressenten in bezug auf den Kaufpreis gleichgestellt, und wenn nein, wird die Bundesregierung auf eine Gleichstellung hinwirken?
Bitte.
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung verfährt bei der Veräußerung bundeseigener Grundstücke nach den Vorschriften der Bundeshaushaltsordnung. Danach erfolgt die Veräußerung grundsätzlich zum Verkehrswert. Eine Ausnahme gilt nach Maßgabe des Gesetzes über die verbilligte Veräußerung, Vermietung und Verpachtung von bundeseigenen Grundstücken vom 16. Juli 1971. Nach diesem Gesetz können Grundstücke zur Erfüllung bestimmter Zwecke mit einem Nachlaß vom Verkehrswert bis zu 30 % veräußert werden. Für die Bemessung des Kaufpreises ist die Person des Kaufbewerbers in jedem Fall ohne Belang.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809805700
Eine Zusatzfrage? — Bitte.

Peter Milz (CDU):
Rede ID: ID0809805800
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Auffassung, daß auch Länder und Gemeinden gut beraten wären, wenn sie nach denselben Grundsätzen verfahren würden?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Ich kann dies bejahen, bin allerdings, wie Sie wissen, für Länder und Gemeinden nicht zuständig.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809805900
Bitte, eine weitere Zusatzfrage.

Peter Milz (CDU):
Rede ID: ID0809806000
Herr Staatssekretär, ist es dann, wenn ein Bürger den Eindruck hat, ,daß nach diesen Grundsätzen nicht verfahren worden ist, und dann die Frage stellt, ob irgendwo — und zwar zu Unrecht — Vorzugspreise eingeräumt worden sind, Ihrer Meinung nach richtig, wenn ein betroffener Politiker diesen so fragenden Bürger damit bedroht, entweder 12 000 DM an das Rote Kreuz zu zahlen oder aber einem Prozeß entgegenzusehen?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Wissen Sie, es ist für mich ungeheuer schwer, auf diese Frage zu antworten, weil natürlich der Eindruck des Bürgers falsch sein kann, weil es vielleicht nicht den Bund, sondern ein Land oder eine Gemeinde berührt. Dann, wenn Sie mir den Fall konkret schildern und er — was ich aber gar nicht annehme — den Bund betrifft, würde ich mich selber darum kümmern. Sollte er Länder oder 'Gemeinden betreffen, würde ich mich im Sinne Ihrer Frage an die entsprechende Instanz wenden. Es wäre in der Tat nicht gut, wenn irgendein Bürger bedroht würde, weil bei ihm ein bestimmter Eindruck vorhanden ist; denn wegen Eindrücken bedroht man ja niemanden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809806100
Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe Frage 84 des Herrn Abgeordneten Milz auf:
Wird sich die Bundesregierung in ihrem Verantwortungsbereich dafür einsetzen, daß bei der Einräumung eines Vorzugspreises beim Kauf eines Grundstücks der öffentlichen Hand im Falle des Wiederverkaufs des betreffenden Grundstücks der Unterschiedsbetrag zwischen dem Vorzugspreis und dem ursprünglichen Verkehrswert beim Ersterwerb von demjenigen, der in den Genuß des Vorzugspreises gekommen ist, an die öffentliche Hand zurückgezahlt werden muß?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Milz, gemäß den Richtlinien zu dem eben erwähnten Grundstücksverbilligungsgesetz, die seinerzeit dem Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages vorgelegen haben, wird im Kaufvertrag vereinbart, daß der Erwerber des mit einem Preisnachlaß veräußerten bundeseigenen Grundstücks dieses während einer angemessenen Frist von grundsätzlich zehn Jahren für den geförderten Zweck zu verwenden hat. Für ,den Fall, daß er das Grundstück gleichwohl innerhalb dieser Frist weiterveräußert, wird durch entsprechende Vereinbarung sichergestellt, daß der Bund den gewährten Vorteil zurückerhält, und zwar durch Ausübung eines Wiederkaufsrechts bzw. durch Nachzahlung des gewährten Preisnachlasses nebst Zinsen oder — bei Verschulden — durch Zahlung einer Vertragsstrafe.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809806200
Eine Zusatzfrage? — Bitte.

Peter Milz (CDU):
Rede ID: ID0809806300
Herr Staatssekretär, halten Sie dann, wenn ein Kommunalpolitiker oder Bürger in einem solchen Zusammenhang glaubt, daß Vorzugspreise eingeräumt worden sind und nachher eine Veräußerung des Grundstücks stattgefunden hat, das Nachfragen nach einem solchen Tatbestand für gerechtfertigt?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Wenn Sie von Nachfragen sprechen, dann lassen Sie mich einmal



Parl. Staatssekretär Haehser
von Fragen sprechen. Ich könnte Ihnen viel besser dienen, wenn Sie diese Fragestunde genutzt hätten, ganz konkret zu sagen, worum es geht. Sie fragen hier nach dem Grundstücksverbilligungsgesetz, haben aber offensichtlich einen ganz bestimmten Fall im Auge. Nennen Sie ihn doch bitte einmal!

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809806400
Wir sind nicht dazu hier, Fälle zu klären, sondern nur dazu, Fragen zu stellen. Bitte, Herr Abgeordneter Milz.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809806500
Herr Präsident, ich bemühte mich, Fragen zu stellen, insbesondere in Beachtung der Geschäftsordnung, die ja manches nicht zuläßt.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß es unter keinen Umständen hingenommen werden kann, wenn der Staatsminister Wischnewski die Gattin eines so fragenden Bürgers — wie Herr Wischnewski dies sagt — zur Seite nimmt und charmant, aber bestimmt erklärt: „Wenn Ihr Mann dies nicht sein läßt, dann müssen Sie Ihren Lebensstandard einschränken; denn das wird 12 000 DM oder einen Prozeß kosten"?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Ich kenne den Zusammenhang, auf den Sie abstellen, nicht, weiß aber, daß Herr Kollege Wischnewski ein sehr liebenswürdiger Mensch ist. Daher kann ich ihm das eigentlich gar nicht zutrauen.
Aber damit wir beide etwas von dem haben, was Sie hier in die Fragestunde eingeführt haben, darf ich Sie ermuntern, mit mir in einen Schriftwechsel einzutreten. Dann werden Sie Antworten bekommen, die Sie vielleicht befriedigen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809806600
Zu einer Zusatzfrage Frau Berger.

Lieselotte Berger (CDU):
Rede ID: ID0809806700
Herr Kollege Haehser, habe ich Sie richtig verstanden, daß Sie von dem Vorgang, wie er sich aus der letzten Frage ergab, tatsächlich nichts wissen oder vor Beginn dieser Sitzung nichts gewußt haben?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Was ich weiß oder nicht weiß, verrate ich nicht jedem. Das ist meine erste Antwort.
Die zweite Antwort ist aber, daß ich Sie auf den Text der Frage 84 verweise. Vor diesem Hintergrund ist meine Antwort absolut sachgerecht gewesen. Da wird nicht nach einem bestimmten Vorgang, sondern nach Grundsätzen gefragt, wie der Bund Grundstücke verkauft, auf Grund welchen Gesetzes er sie verbilligt und was für den Fall geschieht, daß ein verbilligt erworbenes Grundstück nicht zu dem Zweck verwendet worden ist, für den es verbilligt wurde. Danach bin ich gefragt worden. Darauf habe ich korrekte und, wie ich finde, erschöpfende Auskünfte gegeben.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809806800
Keine weiteren Zusatzfragen.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen. Zur Beantwortung steht uns Frau Staatsminister HammBrücher zur Verfügung.
Ich kann Ihnen eine erfreuliche Mitteilung machen, Frau Staatsminister: Die Fragen 85 bis einschließlich 94 sind für diese Fragestunde zurückgezogen.
Ich rufe die Frage 95 des Abgeordneten Thüsing auf:
Trifft es zu, daß die Bundesregierung das bisher nicht ausgeschöpfte Kontingent für politische Gefangene aus Chile auf politisch inhaftierte Argentinier, die unter das Optionsrecht (Wahl zwischen Haft und Ausweisung in ein anderes Land) fallen, übertragen hat und somit Chilenen, falls sich die Situation in Chile wieder verschlechtern sollte, keine Möglichkeit mehr haben werden, in der Bundesrepublik Deutschland Aufnahme zu finden?

Dr. Hildegard Hamm-Brücher (FDP):
Rede ID: ID0809806900
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung ist an die Bundesländer mit der Bitte herangetreten, der Einbeziehung politisch verfolgter Personen aus Argentinien in die laufende Aufnahmeaktion zugunsten politisch verfolgter Personen aus Chile zuzustimmen. Ein Teil der Bundesländer hat die Zustimmung bereits erteilt.
Es handelt sich also, Herr Kollege, nicht um eine Übertragung des für Chilenen zur Verfügung stehenden Kontingents auf Argentinier, sondern um dessen Öffnung auch für Argentnier. Selbstverständlich stehen die Plätze weiterhin auch für Chilenen zur Verfügung.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809807000
Eine Zusatzfrage, bitte.

Klaus Thüsing (SPD):
Rede ID: ID0809807100
Meine Vermutung ist demnach richtig, daß es sich nicht um neue Plätze handelt, sondern nur um die Öffnung der bisher für Chilenen reservierten Plätze auch für argentinische Flüchtlinge?
Frau Dr. Hamm-Brücher, Staatsminister: Herr Kollege, diese Vermutung trifft zu, da die von den Ländern zur Verfügung gestellten Plätze im Augenblick von Chilenen noch nicht in Anspruch genommen worden sind.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809807200
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 96 des Abgeordneten Thüsing auf:
Trifft es zu, daß es sich dabei um etwa 400 Plätze handelt, und ist die Bundesregierung bereit, diese Zahl zu erhöhen und — gemäß der Forderung von amnesty international — 500 politische Gefangene aus Argentinien in der Bundesrepublik Deutschland aufzunehmen?
Frau Dr. Hamm-Brücher, Staatsminister: Herr Kollege, die von Ihnen in diesem Zusammenhang genannte Zahl von etwa 400 Plätzen trifft zu. Sollte sich diese Zahl aus nicht ausreichend erweisen, wird sich die Bundesregierung um eine Erhöhung der Quote bemühen. Die Zuständigkeit für eine Erhöhung der Quote liegt jedoch ausschließlich bei den Bundesländern.




Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809807300
Eine Zusatzfrage, bitte.

Klaus Thüsing (SPD):
Rede ID: ID0809807400
Sind unter „400 Plätzen" 400 politische Gefangene zuzüglich ihrer Familienangehörigen zu verstehen, oder sind die Familienangehörigen eingerechnet, so daß es sich insgesamt nur um etwa 80 bis 100 politische Gefangene handeln würde? Denn hier ist ausdrücklich von „400 Plätzen" und nicht von „400 politischen Gefangenen" die Rede.
Frau Dr. Hamm-Brücher, Staatsminister: Herr Kollege, um nichts Falsches zu sagen, würde ich das gerne noch einmal nachprüfen. Ich gehe aber davon aus, daß es sich tatsächlich um 400 Plätze handelt. Ich werde Sie das aber alsbald wissen lassen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809807500
Eine weitere Zusatzfrage.

Klaus Thüsing (SPD):
Rede ID: ID0809807600
Haben die von der CDU/CSU regierten Länder inzwischen auf die Frage der Bundesregierung geantwortet, wie viele Plätze sie zur Verfügung zu stellen bereit sind? Sie hatten dem Kollegen Simpfendörfer, so glaube ich, geantwortet, daß lediglich 144 Plätze in von SPD und FDP regierten Ländern zur Verfügung stehen.
Frau Dr. Hamm-Brücher, Staatsminister: Herr Kollege, soweit ich informiert bin, hat sich z. B. auch das Land Niedersachsen bereit erklärt, Flüchtlinge aufzunehmen. Die anderen Länder haben im übrigen keinesfalls abgelehnt, sondern überprüfen die Möglichkeit der weiteren Aufnahme von Flüchtlingen aus den genannten Ländern.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809807700
Keine weiteren Zusatzfragen.
Die Fragen 97 und 98 des Abgeordneten Gansel und 106 des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft. Zur Beantwortung steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Grüner zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 79 des Herrn Abgeordneten Dr. Jens auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung unter mittelstands-, verbraucher- und preisniveaupolitischen Aspekten die Ausgabe von Kreditkarten, wie z. B. American Express, Diners Club und Eurocard, durch die deutschen Sparkassen und Banken, und gedenkt sie, gegen unerwünschte Effekte etwas zu unternehmen?

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0809807800
Herr Kollege, die Verwendung von Kreditkarten ist zwar mit Kosten verbunden, die dem Verbraucher wie dem Handel bekannt sind. Andererseits wird dem Verbraucher das Einkaufen mit der Kreditkarte als universellem Geldersatz gerade im internationalen Reiseverkehr erleichtert, und im Handel fallen in der Regel zusätzliche Geschäfte an. Allerdings werden Kreditkarten bei uns im Gegensatz zu den USA nur von einem recht begrenzten und eher exklusiven Kreis in Anspruch genommen; es gibt etwa 200 000 Kreditkarteninhaber. Die Mehrzahl der Verbraucher gibt dem kostengünstigeren Eurocheque-System den Vorzug — es gibt etwa 11 Millionen Scheckkarteninhaber —, das zumindest auf dem deutschen Markt den gleichen Vorteil bietet.
Die Bundesregierung geht davon aus, daß Käufer und Verkäufer selbst entscheiden sollten, welche Zahlungsmethoden sie bevorzugen. Mißstände, die möglicherweise zu mittelstands-, verbraucher- und preisniveaupolitisch nicht akzeptablen Ergebnissen führen könnten, sind der Bundesregierung bisher nicht bekanntgeworden. Insofern besteht kein Anlaß, gegen die Ausgabe von Kreditkarten oder deren Werbung einzuschreiten. Im übrigen vertraut die Bundesregierung darauf, daß der Wettbewerb zwischen den verschiedenen Kreditkartensystemen dafür sorgt, daß die Kosten der Kreditkarten in einem vertretbaren Rahmen bleiben.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809807900
Eine Zusatzfrage, bitte.

Prof. Dr. Uwe Jens (SPD):
Rede ID: ID0809808000
Herr Staatssekretär, können Sie mir bestätigen, daß von der Verbreitung der Kreditkarten zumindest preissteigernde Effekte einfach deshalb ausgehen können, weil die Rabatte der Händler, die diese zu gewähren haben, kaum zu Lasten der Gewinne, sondern eher in die Preise gehen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Eine solche Aussage ist nicht möglich, Herr Kollege, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß sich die Rabatte, die die Händler gewähren, auf Grund des erhöhten Umsatzes nicht auch in einer entsprechenden Verbesserung des Ertrages niederschlagen. Aber Spekulationen darüber sind angesichts der geringen Verbreitung der Kreditkarten tatsächlich außerordentlich schwer anzustellen. Ich bin ziemlich sicher, daß die Rabatte, die die Handelsunternehmen und die Einzelhändler einräumen, von ihnen deshalb eingeräumt werden, weil sie auf Grund einer Umsatzausweitung auch mit einem entsprechend höheren Ertrag rechnen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809808100
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.

Prof. Dr. Uwe Jens (SPD):
Rede ID: ID0809808200
Herr Staatssekretär, können Sie mir dann vielleicht bestätigen, daß es ökonomische Sachzwänge gibt, die dazu führen werden, daß sich diese Kreditkarten weiter ausbreiten werden, und zwar wegen der Konkurrenz zwischen den verschiedenen Kartenausgebern, zwischen den Händlern und auch zwischen den Kartenbesitzern und den Nichtbesitzern?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Ich glaube nicht an eine Ausweitung des Kreditkartensystems, wenn nicht Vorteile für den, ,der die Kreditkarte in Anspruch nimmt, das tatsächlich rechtfertigen. Angesichts der geschilderten geringen Verbreitung, vor allem aber auch im Blick darauf, daß innerhalb der Bundesrepublik Deutschland selbst ein wirtschaft-



Parl. Staatssekretär Grüner
lieh günstigeres System, nämlich die EurochequeKarte zur Verfügung steht, glaube ich nicht, daß ein solches System in Anspruch genommen würde, wenn sich der einzelne davon nicht eine Bequemlichkeit verspräche, die er zu honorieren bereit ist.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809808300
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 99 des Abgeordneten Rapp (Göppingen) auf:
Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, daß norditalienische Stahlhersteller bei Beton- und Stabstahl die Preisvorschriften der Kommission der EG hartnäckig unterlaufen, sich dadurch starke Wettbewerbsvorteile auf dem deutschen Markt verschaffen und so ihre Lieferungen nach Deutschland zu Lasten deutscher Produzenten laufend erhöhen, und wenn ja, welche Folgerungen zieht die Bundesregierung daraus?
Bitte schön.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Es trifft nach unseren Feststellungen zu, Herr Kollege, daß norditalienische Stahlhersteller bei Beton- und Stabstahl die obligatorischen Preisvorschriften der Kommission der Europäischen Gemeinschaft hartnäckig unterlaufen. Auf Grund der Preisunterbietungen haben sie ihre Lieferungen auf dem deutschen Markt trotz der schlechten Stahlkonjunktur beträchtlich ausgeweitet, während die deutschen Lieferungen stagnieren oder rückläufig sind. Die deutschen Stahlhersteller klagen bei Beton- und Stabstahl, insbesondere in diesem Jahr, in dem die Kommission ihre Mindestpreispolitik intensiviert hat, darüber, daß sie kaum noch Aufträge erhalten und ihre Beschäftigungslage entsprechend leidet. Zum Mindestpreisniveau ist auf Grund des Verhaltens der norditalienischen Hersteller anscheinend überhaupt kein Auftrag mehr zu erhalten.
Die Bundesregierung hat den obligatorischen Preisvorschriften mit Rücksicht auf das nachhaltige Drängen der meisten Mitgliedstaaten und der Kommission der EG zugestimmt, um den gemeinsamen Stahlmarkt nicht zu gefährden. Für ihr Zögern war auch maßgeblich, daß sie die praktischen Schwierigkeiten der Durchsetzung derartiger Marktregelungen erwartete. Sie ist der Ansicht, daß die Vorschriften der Kommission nur dann helfen können und für die loyalen Unternehmen zumutbar sind, wenn sie lückenlos durchgesetzt werden. Dies hat sie seit Einführung der Mindestpreisregelung im Mai 1977 für Betonstahl und im Dezember 1977 für Stabstahl gegenüber der Kommission und dem Rat immer wieder erklärt.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809808400
Eine Zusatzfrage, bitte.

Heinz Rapp (SPD):
Rede ID: ID0809808500
Herr Staatssekretär, gibt es, was die Wettbewerbsvorteile der norditalienischen Stahlhersteller anlangt, im Kostengefüge dieser Unternehmen Elemente, die von uns aus als diskriminatorisch und grob wettbewerbsverfälschend empfunden werden können oder müssen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Diese Elemente kann ich in der gegenwärtigen Situation nur in der Nichteinhaltung der von der Kommission verfügten Mindestpreisvorschriften sehen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809808600
Eine weitere Zusatzfrage.

Heinz Rapp (SPD):
Rede ID: ID0809808700
Herr Staatssekretär, ich habe nicht nach der Einhaltung der Preisvorschriften, sondern nach dem Kostengefüge gefragt.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Wir haben vom Kostengefüge her keinen Anlaß, an der Wettbewerbsfähigkeit unserer Stahlindustrie in diesem Bereich zu zweifeln — mit einigen Variationen, auf die ich hier nicht eingehen möchte. Es gibt selbstverständlich Unterschiedlichkeiten. Aber das entscheidende Moment ist natürlich die Frage, ob bei reduzierter Nachfrage nach Stahl bei dem einen die Kapazitäten ausgelastet werden können, weil die Mindestpreisvorschriften nicht eingehalten werden, d. h. eine gewaltige Steigerung der Absatzmengen der Bresciani in unserem Raum zu verzeichnen ist, bei den deutschen Stahlunternehmen aber die Kapazitäten immer weniger ausgelastet werden, was natürlich automatisch entsprechende Kostennachteile mit sich bringt.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809808800
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hoffmann.

Hans-Joachim Hoffmann (SPD):
Rede ID: ID0809808900
Herr Staatssekretär, da diese Frage des Billigstahls aus Italien nicht nur die Seite des Anbieters, sondern auch die des Nachfragers betrifft: Sehen Sie irgendwelche Möglichkeiten, auf deutscher Seite bei den Nachfragern nach diesem Billigstahl Kontrollen einzuführen, um das Geschäft von dieser Seite her zu unterbinden?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Wir haben in diesem Bereich keinerlei nationale Möglichkeiten. Wir haben der Kommission detaillierte Vorschläge unterbreitet, was aus unserer Sicht getan werden kann.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809809000
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Jens.

Prof. Dr. Uwe Jens (SPD):
Rede ID: ID0809809100
Herr Staatssekretär, halten Sie es angesichts dieser Situation auf dem Stahlmarkt für richtig, daß jetzt weitere dirigistische Maßnahmen ergriffen werden, oder wäre es nicht viel besser, auf das Kartell überhaupt zu verzichten?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung war dieser Auffassung. Sie hat sich damit aber innerhalb der Kommission und innerhalb des Rats nicht durchsetzen können, wie ich schon ausgeführt habe. Wir sehen die außerordentlich große Gefahr, daß die jetzige Politik der Festsetzung von Mindestpreisvorschriften, die nicht eingehalten werden, die die Kommission nicht durchsetzen kann, dazu führt, daß der Wettbewerb zu Lasten der Abnehmer verfälscht wird und weitere Industriegruppen in die Schwierigkeiten geraten, welche im Augenblick die Stahlindustrie blasten.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809809200
Keine weiteren Zusatzfragen.



Vizepräsident Stücklen
Ich rufe die Frage 100 des Abgeordneten Rapp (Göppingen) auf:
Was hat die Bundesregierung in diesem Zusammenhang zum Schutz der deutschen Stahlproduzenten unternommen, und was wird sie in dieser Angelegenheit weiterhin tun?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung hat die EG-Kommission 1977 und insbesondere in diesem Jahr wiederholt aufgefordert, ihre obligatorischen Preisvorschriften gegenüber allen betroffenen Stahlproduzenten durchzusetzen. Sie wird dabei seit einiger Zeit von den Regierungen anderer Mitgliedstaaten nachhaltig unterstützt. Die bisherigen Versuche der Kommission, das Verhalten der norditalienischen Stahlproduzenten abzustellen, waren nicht erfolgreich. Bei der Ratssitzung am 6. Juni haben die Regierungen der meisten Mitgliedstaaten darauf hingewiesen, daß das gesamte Krisensystem der Kommission für den Stahlbereich durch das Verhalten der italienischen Werke auf das schwerste gefährdet wird und unverzüglich effektive Maßnahmen ergriffen werden müssen.
Die Kommission hat daraufhin ein neues, kompliziertes Überwachungs- und Sanktionssystem angekündigt. Die Bundesregierung ist bereit, auch bei den nunmehr vorgesehenen Maßnahmen im Rahmen ihrer rechtlichen und technischen Möglichkeiten mitzuwirken.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809809300
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hoffmann.

Hans-Joachim Hoffmann (SPD):
Rede ID: ID0809809400
Trifft es zu, daß die Kommission Vorschläge gemacht hat, daß gerade die italienischen Stahlprodukte über ein gemeinsames Kontor verkauft werden sollen, so daß man darüber bessere Kontrollen durchführen kann?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Kommission wünscht, daß die nationalen Zollbehörden bei allen Betonstahlimporten, bei denen eine Unterbietung der Mindestpreise erkennbar ist, eine Kaution von 25 % des Wertes erheben, um die spätere Realisierung des Bußgeldanspruchs sicherzustellen. Importe, bei denen der Verdacht auf Unterbietung besteht, werden fünf Tage nicht abgefertigt, damit die Kornmission den Vorgang untersuchen und gegebenenfalls eine Kaution festsetzen kann. Außerdem will die Kommission die Bußgeldverfahren zeitlich erheblich verkürzen.
Die von der Kommission vorgesehene Regelung, die erst vor wenigen Tagen in groben Zügen bekannt wurde, wird von uns grundsätzlich unterstützt, jedoch muß ihre konkrete Ausgestaltung in einigen Punkten geändert werden, damit sie von den deutschen Behörden durchgeführt werden kann.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809809500
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 101 des Abgeordneten Hoffmann (Saarbrücken) auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeit einer Beeinflussung der Arbeitsplatzentwicklung in der saarländischen Stahlindustrie durch das luxemburgische Gesetz zur „Tripartite"
und die Pläne der belgischen Regierung, Anteile am ArbedKonzern zu erwerben, die damit entscheidenden Einfluß auf die
Rationalisierungstendenzen des Unternehmens nehmen wollen?
Bitte schön.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung sieht bislang keine Anhaltspunkte dafür, daß die Arbeitsplatzentwicklung in der saarländischen Stahlindustrie durch das luxemburgische Tripartite-Gesetz und die belgischen Pläne zur Restrukturierung der Stahlindustrie beeinflußt wird. Sie beobachtet die Stahlpolitik der Nachbarstaaten seit längerem sehr genau, um sicherzustellen, daß die Pläne für die Saar nicht beeinträchtigt werden. Mit beiden Regierungen bestehen wegen dieser Fragen enge Kontakte.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809809600
Zusatzfrage, bitte.

Hans-Joachim Hoffmann (SPD):
Rede ID: ID0809809700
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß in einer Vorlage der belgischen Regierung bereits Quotenzuteilungen für die Rohstahlproduktion genannt worden sind, die auch die Saar betreffen, und wie würden Sie das politische Faktum bewerten, daß von politischen Bindungen — kapitalmäßig, sozial oder allgemein politisch — des Kapitals von Stahlindustrien in Belgien und Luxemburg ein stärkerer Einfluß auf die Arbeitsplatzgestaltung ausstrahlen kann?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Informationen, die sie erwähnen, liegen mir nicht vor. Ich würde zu Ihrer Frage gerne schriftlich Stellung nehmen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809809800
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 102 des Abgeordneten Hoffmann (Saarbrücken) auf:
Welche weiteren Maßnahmen zur Sicherung der Arbeitsplätze in der saarländischen Stahlindustrie gedenkt die Bundesregierung — vor dem Hintergrund der staatlichen Einflußnahme auf den Arbed-Konzern in Luxemburg und Belgien — zu ergreifen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung wird die Restrukturierungspläne für die Saar fördern. In den abzuschließenden Verträgen mit den Saar-Unternehmen und der Arbed werden hinreichende Kontrollmöglichkeiten eingebaut, um die Durchführung der Saar-Konzeption überwachen zu können. Außerdem können jederzeit Gespräche mit. der belgischen und der luxemburgischen Regierung geführt werden, um Zweifelsfragen zu bereinigen.
Im übrigen ist daran zu erinnern, daß wir in den Saar-Stahlunternehmen die Mitbestimmung der Arbeitnehmer haben, die weder in Belgien noch in Luxemburg existiert.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809809900
Eine Zusatzfrage, bitte.

Hans-Joachim Hoffmann (SPD):
Rede ID: ID0809810000
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß überbetriebliche Mitbestimmungsmöglichkeiten in Belgien und Luxemburg durch die Tripartite-Konferenzen gegeben sind, und würden Sie einen Vorschlag von belgischer und



Hoffmann (Saarbrücken)

luxemburgischer Seite akzeptieren, daß man eine gemeinsame Dreier-Konferenz — Gewerkschaften, Unternehmer und öffentliche Hand — für den Bereich Belgien, Luxemburg und Saarland abhält?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Wir glauben, daß die Restrukturierungsmaßnahmen nur im engen Zusammenwirken aller Beteiligten erfolgreich sein können, wie wir das ja auch tatsächlich praktiziert haben. Wir sind aber der Meinung, daß dabei nicht in das bestehende Mitbestimmungsrecht auf nationaler Ebene eingegriffen werden sollte.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809810100
Keine weiteren Zusatzfragen.
Die Frage 103 wird auf Wunsch des Fragestellers, des Abgeordneten Hanz, schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich komme nunmehr zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Die Fragen 104 und 105 des Abgeordneten Oostergetelo sind zurückgezogen worden.
Die Frage 107 soll auf Wunsch des Fragestellers, des Abgeordneten Glos, schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich komme nun zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung.
Die Fragen 108 bis 115, also der gesamte Geschäftsbereich, sollen auf Wunsch der Fragesteller, der Abgeordneten Löffler, Frau Steinhauer, Immer (Altenkirchen), Enders und Kuhlwein, schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich komme jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Dr. von Bülow zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 117 des Abgeordneten Damm auf:
Teilt die Bundesregierung meine Ansicht, daß die ,,Verteidigungskraft des Bündnisses und das Verteidigungsinteresse der Bundesrepublik Deutschland" die Erhaltung der in ihrer Größenordnung bescheidenen deutschen Rüstungsindustrie verlangen, nicht nur, um die Bundeswehr mit wichtigen Waffen und Geräten aus nationaler Produktion auszurüsten, sondern mehr noch, um die Bundesregierung und die militärische Führung der Bundeswehr in die Lage zu versetzen, über den neuesten Stand der Rüstungstechnologie informiert zu sein, und zieht die Bundesregierung bejahendenfalls daraus wie ich den Schluß, daß eine solche Erhaltung der deutschen Rüstungsindustrie mit ihren rund 150 000 meist hohe Qualität der Mitarbeiter erfordernden Arbeitsplätzen nur durch eine kontinuierliche Beschäftigung zu erreichen ist?

Dr. Andreas von Bülow (SPD):
Rede ID: ID0809810200
Herr Kollege Damm, die Bundesregierung teilt die Auffassung, daß die Erhaltung von leistungsfähigen und angemessenen Rüstungskapazitäten in der deutschen Wirtschaft für die Verteidigungskraft des Bündnisses notwendig ist und im Verteidigungsinteresse der Bundesrepublik Deutschland liegt. Eigene Rüstungskapazitäten dienen nicht nur der Ausrüstung der Bundeswehr mit wichtigen Waffen und Gerät auf Grund eigener Konzeptionen und Entwicklungen, sie sind auch notwendig zur Erhaltung der eigenen Urteilsfähigkeit,
zur Wahrung der Partnerschaftsfähigkeit bei Rüstungskooperationen, zum Erwerb moderner Technologie aus den Bündnisländern sowie als nationaler Beitrag zur gemeinsamen Verteidigung im Westen.
Es trifft auch zu, daß der Umfang der deutschen Rüstungskapazitäten im Vergleich zu denen anderer Länder relativ bescheiden ist. Die deutschen Kapazitäten sind auf den Bedarf der Bundeswehr und den möglichen Bedarf von Bündnispartnern ausgerichtet.
Die kontinuierliche Beschäftigung dieser hochwertigen Spezialkapazitäten liegt auch im Interesse der Bundeswehr.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809810300
Zusatzfrage, bitte schön.

Carl Damm (CDU):
Rede ID: ID0809810400
Herr Staatssekretär, Sie können sich denken, daß ich diese Antwort sehr begrüße. Nun frage ich Sie, wie die Bundesregierung die kontinuierliche Beschäftigung der in ihrer Größenordnung mit ca. 150 000 Arbeitsplätzen bescheidenen deutschen Rüstungsindustrie bewirken will, wenn sie selber dieser Industrie nicht genügend Aufträge erteilen kann, ihr aber die notwendigen Exportgenehmigungen verweigert.
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, Sie kennen sicher die Problematik des deutschen_ Rüstungsexports. Ich wollte darauf im Zusammenhang mit der Antwort auf die Frage 118 noch eingehen.
Wir sehen die Problematik. Wir sehen aber z. B. in dem Fall des Gepard durchaus die Möglichkeit, daß er noch in weitere NATO-Länder exportiert werden kann, so daß diese Problematik in dem vorliegenden Fall nicht auftreten wird.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809810500
Weitere Zusatzfrage, bitte.

Carl Damm (CDU):
Rede ID: ID0809810600
Auf den Gepard kommen wir nachher bei der nächsten Frage.
Ich möchte hier, wo es um die Grundsätze geht, noch fragen: Sollte nicht die Bundesregierung bei allen konkreten Entscheidungen die Bedenken berücksichtigen, die Klaus von Dohnanyi in der Arbeitsgruppe Waffenexport der SPD-Fraktion erhoben hat, nämlich — ich zitiere — daß jeder Rüstungsexport, auf den die Bundesrepublik Deutschland verzichtet, umgehend von einem anderen Industriestaat getätigt werde und daß — wie es in dem Bericht weiter heißt —, wenn sich der Westen zurückhalte, ein Vakuum entstehe, das nur allzu gerne von der Gegenseite ausgefüllt werde, wie in Angola und Mozambique?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: So richtig diese Äußerung ist, so zweifellos besteht die Politik der Bundesregierung im Bereich des Waffenexports darin, keine Rüstungsexportkapazitäten aufzubauen, um diesen Weltmarkt für Rüstungsgüter bedienen zu können.




Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809810700
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Haase.

Lothar Haase (CDU):
Rede ID: ID0809810800
Herr Staatssekretär, auch ich begrüße natürlich Ihre Antwort auf die Frage 117 aus naheliegenden Gründen. Aber da es für alle Kenner ersichtlich ist, daß sich die von Ihnen und von uns gewünschte kontinuierliche Beschäftigung der über 100 000 im Rüstungsbereich tätigen Arbeitnehmer ohne eine verstärkte Einschaltung des Exports nicht bewirken läßt, frage ich Sie: Welche Pläne hat die Bundesregierung dann, verehrter Herr Staatssekretär, um die Beschäftigungslücken und -einbrüche, die alleweil zu gewärtigen sind, auch in nächster Zukunft, nicht auftreten zu lassen?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Wir haben nicht die Absicht, diese Kapazitäten durch eine große Erweiterung des Rüstungsexports voll zu beschäftigen. Wir achten sehr darauf, daß die Firmen, die sich um Rüstungsaufträge bewerben, nach Möglichkeit ein diversifiziertes Produktionsprogramm haben, d. h. auf mehreren Beinen stehen, so daß sie nicht voll von der Ausrüstung der Bundeswehr bzw. von der Notwendigkeit, zu exportieren, abhängig sind. Aber die Angelegenheit muß von Fall zu Fall beurteilt werden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809810900
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hennig.

Dr. Ottfried Hennig (CDU):
Rede ID: ID0809811000
Herr Staatssekretär, muß nicht die Bundesregierung ihrer eigenen Überzeugung, daß es in der Welt auf regionale Gleichgewichte und außenpolitische Balancen ankomme, wie das Bundeskanzler und Außenminister jüngst öffentlich kundgetan haben, auch in ihrer außenpolitischen Praxis folgen und verantwortungsvollen Regierungen die Herstellung solcher Gleichgewichte ermöglichen?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Die Frage ist, ob dazu deutscher Rüstungsexport zwingend erforderlich ist. Die Bundesregierung ist nicht der Meinung, daß das unsere Aufgabe ist.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809811100
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kunz (Berlin).

Gerhard Kunz (CDU):
Rede ID: ID0809811200
Herr Staatssekretär, muß ,die Bundesrepublik Deutschland bei ihren Entscheidungen über Waffenexporte nicht ähnliche Grundüberlegungen anstellen, wie sie das für die Sicherung des Friedens für unser eigenes Land seit mehr als 20 Jahren mit Erfolg tut, daß nämlich in einer Welt wie der, in der wir leben, militärisches Gleichgewicht und militärische Abschreckung eher als regionale Ungleichgewichte und Wehrlosigkeit den Frieden erhalten?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Sie wird auch diesen Gesichtspunkt mit berücksichtigen müssen. Aber sie hat sich zum Prinzip gesetzt, daß sie
Rüstungsexporte z. B. in Spannungsgebiete nicht zulassen will. Das ist ,die Politik dieser Bundesregierung, und dabei gedenkt sie zu bleiben.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809811300
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 118 des Herrn Abgeordneten Damm auf:
Ist die Bundesregierung bereit, ihre Entscheidung, keine Genehmigung nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz zur Ausfuhr des Flakpanzers Gepard z. B. in ein Land wie Ekuador zu erteilen, zu überdenken und dabei zu berücksichtigen, daß die an der Gepard-Produktion beteiligten rund 2 000 deutschen Firmen mit rund 12 000 Mitarbeitern allein durch diesen Auftrag (ca. 50 Geparden) zwei Jahre lang beschäftigt wären, was angesichts der Tatsache, daß die deutsche Gepard-Produktion für die Bundeswehr und alle denkbaren NATO-Partner spätestens 1982 ausläuft, eine Anschlußverwendung des qualifizierten Ingenieur-und Facharbeiterpersonals für einen neuen Flakpanzer aber erst Jahre später möglich ist, zur Erhaltung der „vorhandenen deutschen Industriekapazitäten auf dem Rüstungssektor" (Dr. von Bülow) von großer Bedeutung wäre?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, bei der genannten Entscheidung hatte die Bundesregierung verschiedene Gesichtspunkte gegeneinander abzuwägen, darunter auch den der beschäftigungspolitischen Bedeutung des Auftrags für die mit der Gepard-Produktion befaßten Firmen. Nach unseren Ermittlungen handelt es sich im übrigen um etwa 3 500, nicht um 12 000 Arbeitsplätze, die über zwei Jahre gesichert wären. Bei der Anwendung der restriktiven Rüstungsexportpolitik stellt sich für die Bundesregierung immer wieder das Problem, daß jede Versagung einer Ausfuhrgenehmigung auch den Verzicht auf einen wirtschafts- und beschäftigungspolitisch an sich begrüßenswerten Auslandsauftrag bedeutet.
Die Bundesregierung ist aber nach wie vor davon überzeugt, daß unsere restriktive Rüstungspolitik unseren außenpolitischen Interessen und denen unserer Sicherheit am besten entspricht und sich bewährt hat. Sie ist der Auffassung, daß diese Interessen den grundsätzlichen Vorrang vor wirtschaftlichen Überlegungen verdienen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809811400
Eine Zusatzfrage, bitte.

Carl Damm (CDU):
Rede ID: ID0809811500
Herr Staatssekretär, um es uns noch einmal in Erinnerung zu rufen: Es geht jetzt um die Frage der möglichen Genehmigung der Ausfuhr von etwa 50 Flakpanzern an Ekuador, das auch nach Meinung der Bundesregierung kein Spannungsgebiet ist. Meine Frage lautet: Warum genehmigt die Bundesregierung, wie sie das getan hat, die Ausfuhr von U-Booten und Schnellbooten nach Ekuador, nicht aber die Ausfuhr von Flakpanzern?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung hat bisher in keinem einzigen Fall den Export von modernen Kampfpanzern außerhalb von NATO-Ländern zugestanden. Deshalb ist dies auch in diesem Fall nicht geschehen. Es handelt sich hier um ein modernes Waffensystem.
Bei der Frage des Exports von U-Booten und anderen Schiffen sind Ausnahmen gemacht worden, bei denen natürlich nicht ausschließlich, aber auch die beschäftigungspolitische Situation, die hier bei



Parl. Staatssekretär Dr. von Bülow
der deutschen Werftindustrie völlig anders zu Buche schlägt, in Rechnung gestellt wurde.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809811600
Eine weitere Zusatzfrage? — Ich bitte, mir immer durch Handzeichen zu erkennen zu geben, ob Sie eine weitere Frage stellen möchten.

Carl Damm (CDU):
Rede ID: ID0809811700
Herr Staatssekretär, müßten Sie nicht als jemand, der im Grunde für diese Fragen weniger zuständig ist als das Auswärtige Amt, aber doch im Verteidigungsbereich genau Bescheid weiß, deutlich machen, daß ein Flakpanzer nicht ein moderner Kampfpanzer ist, sondern ein Gerät, das man, wenn man überhaupt einen Unterschied machen will, als wirkliche Defensivwaffe bezeichnen muß, das ausschließlich zur Bekämpfung von Luftzielen geeignet ist?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Es ist außerordentlich problematisch, moderne Waffensysteme daraufhin zu untersuchen oder jeweils zuzuordnen, ob sie Defensiv- oder Offensivwaffen sind. Beim Gepard könnten Sie vielleicht davon ausgehen, daß es mehr ein Defensivwaffensystem ist. Einen normalen Kampfpanzer können Sie für die Defensivaufgabe ebenso wie für die Offensivaufgabe einsetzen. Insofern gibt es durchaus Unterscheidungsmöglichkeiten. Die Bundesregierung unterscheidet bei ihrer Waffenexportpolitik und bei der Frage der Genehmigung aber nicht nach Defensiv- und Offensivwaffen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809811800
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger (Wangen).

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0809811900
Herr Staatssekretär, da Sie die Fragen des Kollegen Damm bisher eigentlich nicht schlüssig in dem Sinne beantwortet haben, daß man den Eindruck gewinnen konnte, es liege in der Logik der bisherigen Politik der Bundesregierung, eine Exportgenehmigung zu versagen, frage ich Sie: Sind Sie angesichts dieser Fragen bereit, die Entscheidung der Bundesregierung nochmals zu überprüfen?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung ist jederzeit bereit, einmal getroffene Entscheidungen erneut zu überprüfen. In diesem Fall ist der Gesichtspunkt der Auslastung der Industrie über das Jahr 1980 hinaus gegen das Prinzip der Bundesregierung abgewogen worden, bisher Exporte von Waffen, vor allen Dingen moderner Waffensysteme, außerhalb des NATO-Bereiches äußerst zurückhaltend zu handhaben. Beides ist gegeneinander gewogen worden. Die Entscheidung ist so gefällt worden, wie sie sich hier in den Fragen und Antworten niedergeschlagen hat.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809812000
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Haase.

Lothar Haase (CDU):
Rede ID: ID0809812100
Herr Staatssekretär, Ihrer Antwort an Herrn Abgeordneten Damm muß ich entnehmen, daß Sie besondere Hemmungen bei dem Export von Kettenfahrzeugen kultivieren, weil sie sich vielleicht mehr zum Einsatz gegen innenpolitische Gegner eignen, wie ich einmal unterstellen möchte. Ist sich die Bundesregierung aber denn darüber im klaren und darüber unterrichtet, daß Ekuador mehrere Hundert der im Gepard verwandten 35-mm-Kanonen als Einzelgeschütze direkt aus der Schweiz erhält, und ist die Bundesregierung sich weiter darüber im klaren, daß solche Einzelgeschütze, noch mehr aber Maschinengewehre und andere Handfeuerwaffen zur Abwehr von Demonstranten wesentlich wirksamer und billiger eingesetzt werden können als der lediglich zur Flugabwehr gedachte Flakpanzer Gepard, der, wie wir beide wissen, pro Stück 7 Millionen DM kostet?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wenn ich schon für die Fragen, die hier erörtert werden, letztlich nicht zuständig bin, weil die Fragen der Waffenexportpolitik in die Zuständigkeit des Auswärtigen Amtes gehören, so bin ich für die Waffenexportpolitik der Schweiz um so weniger zuständig.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809812200
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Oostergetelo.

Jan Oostergetelo (SPD):
Rede ID: ID0809812300
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung leiden würde, wenn sie bereit wäre, ihr Prinzip etwa durch die Umschreibung möglichst vieler Waffen als Defensivwaffen aufzugeben?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Ich glaube, daß es zwar in einigen wenigen Fällen möglicherweise ein hilfreiches Prinzip zur Unterscheidung im Rahmen der Waffenexportpolitik sein könnte, daß es aber bei den meisten Waffensystemen nicht sinnvoll zum Tragen gebracht werden könnte.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809812400
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Biehle.

Alfred Biehle (CSU):
Rede ID: ID0809812500
Herr Staatssekretär, will die Bundesregierung keine Konsequenzen aus der Tatsache ziehen, daß der Einbruch in das deutsche Flakpanzer-Know-how und in die entsprechenden Arbeitsplätze bereits für 1981/82 vorprogrammiert ist, wenn die entsprechenden Anschlußaufträge nicht schon in diesem Jahre gesichert werden?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Herr Biehle, ich gehe nicht davon aus, daß dies der Fall sein muß. Es gibt noch eine ganze Reihe von NATO-Partnern — ich denke hier nur an die Kanadier —, die sich durchaus für das Waffensystem „Gepard" interessieren. Wir können nicht jedesmal unter dem Gesichtspunkt des drohenden Kapazitätsverlustes in eine schrankenlose Exportpolitik einwilligen. Das würde sich sehr schnell aus solchen Argumentationen ergeben. Die Bundesregierung will bei ihrer sehr restriktiven Waffenexportpolitik bleiben.




Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809812600
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 119 des Herrn Abgeordneten Dr. Corterier auf. — Er ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Engholm zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 4 des Herrn Abgeordneten Weißkirchen (Wiesloch) auf. — Er ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 5 des Herrn Abgeordneten Dr. Dübber auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, in welchen Branchen es derzeit unbesetzte Lehrstellen gibt, und wie groß ist deren Zahl?
Bitte schön.

Björn Engholm (SPD):
Rede ID: ID0809812700
Herr Kollege Dr. Dübber, Hinweise über vorhandene unbesetzte Ausbildungsstellen werden periodisch von den Berufs-
und Zentralverbänden bestimmter Branchen veröffentlicht. In diesem Zusammenhang genannte Zahlen können von der Bundesregierung nur insoweit nachgeprüft werden, als diese Ausbildungsstellen auch den zuständigen Arbeitsämtern gemeldet werden. Nur wenn dies geschieht, ist gesichert, daß vorhandene Ausbildungsplätze auch für die Berufs- und Ausbildungsberatung und damit für die Entscheidung des einzelnen Ausbildungsplatzsuchenden genutzt werden. Globale Branchenzahlen können für den jungen Menschen allenfalls eine Orientierungshilfe sein.
Die Zahl der bei der Bundesanstalt für Arbeit gemeldeten Ausbildungsstellen hat im April 1978 bei 321 060 und damit um 16,9 % höher als im entsprechenden Monat des Vorjahres gelegen. Die gemeldeten Ausbildungsstellen werden von der Bundesanstalt für Arbeit nicht nach Branchen, sondern nach Berufen bzw. Berufsgruppen aufgegliedert. Die im April 1978 gemeldeten offenen 321 060 Ausbildungsplätze verteilen sich prozentual u. a. — ich darf eine Auswahl treffen — auf folgende Berufe: Metallberufe 21,5 %, Waren- und Dienstleistungskaufleute 21 %, Organisations-, Verwaltungs- und Büroberufe 14,8 %, Bau- und Baunebenberufe einschließlich Tischler 10,9 %, Elektriker 7,1 %, Ernährungsberufe 4,5 %. Abschließend noch eine kleinere Zahl: Verkehrsberufe 1,1 %.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809812800
Zusatzfrage, bitte schön.

Dr. Ulrich Dübber (SPD):
Rede ID: ID0809812900
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß sich diese Nachfrage auf einige wenige Berufe konzentriert, und wenn ja, können Sie diese Berufe nennen?
Engholm, Parl. Staatssekretär: Es trifft zu, Herr Kollege Dr. Dübber, daß sich ein großer Teil der
Ausbildungsplatznachfrage auf relativ wenige Berufe konzentriert. Ich darf davon einige nennen. So nimmt etwa der Ausbildungsberuf Verkäuferin bzw. Verkäufer — erste Ausbildungsstufe — allein 7,6 % der neu abgeschlossenen Ausbildungsplätze in Anspruch. Der Beruf Kraftfahrzeugmechaniker folgt mit 5,5 %, Friseur mit 4,7 %, Industriekaufmann mit 4 % und Bürokaufmann mit 3,9 %. Das heißt, eine kleine Zahl von Berufen hat einen Löwenanteil an den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809813000
Zusatzfrage, bitte.

Dr. Ulrich Dübber (SPD):
Rede ID: ID0809813100
Herr Staatssekretär, gibt es Berufe oder Branchen, in denen die zum Teil in größerem Umfang angebotenen Ausbildungsplätze schort über längere Zeit hinweg nicht besetzt werden können?
Engholm, Parl. Staatssekretär: Es gibt darüber Informationen, die der Bundesregierung und dem Bundesminister für Bildung und Wissenschaft überwiegend aus Branchenveröffentlichungen oder aus der Presse bekannt sind. Wir können sie im Detail nicht überprüfen. Aber wir glauben, daß es zutrifft, daß in einigen Branchen eine ganze Reihe von Ausbildungsplätzen über längere Zeit hinweg nur schwer besetzbar gewesen sind und auch heute noch sind. Die Hauptbereiche, die davon betroffen sind: Bauhauptgewerbe, ledererzeugende Industrie, Sägewerke und holzverarbeitende Industrie, Gießerei-und Fleischereiindustrie, Nahrungsmittelhandwerk und auch das Bauausbauhandwerk.
Ich muß hier hinzufügen, daß die Vorliebe der jungen Menschen, sich auf bestimmte Ausbildungsberufe zu konzentrieren und andere als unattraktiv zu bezeichnen, nicht immer einen wirklich sachlich nachprüfbaren Hintergrund hat. Ich will in diesem Zusammenhang noch einmal mit Nachdruck darauf hinweisen, daß etwa in den Bereichen des Baugewerbes, in allen Bauberufen, seit geraumer Zeit neugeordnete Ausbildungsordnungen vorliegen, die eine hohe Qualität und damit auch eine künftige Flexibilität versprechen. .Dies scheint noch nicht allen jungen Ausbildungsplatzbewerbern hinreichend bekannt zu sein.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809813200
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger (Wangen).

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0809813300
Herr Staatssekretär, welche Vorsorge ist auf Grund des von Ihnen vorgetragenen Tatbestandes von der Arbeitsverwaltung getroffen worden, um dafür zu sorgen, daß angesichts der Tatsache, daß es ja auch umgekehrt noch eine große Zahl von Nachfragern nach Lehrstellen gibt, die Nachfrager auf diese Möglichkeiten hingewiesen werden?
Engholm, Parl. Staatssekretär: Diese Frage fällt nicht direkt in unseren Kompetenzbereich, aber ich denke, daß ich sie beantworten darf. Die Bundesanstalt für Arbeit hat sich im vergangenen Jahr und in diesem Jahr sehr intensiv darum bemüht, nicht



Parl. Staatssekretär Engholm
nur die Zahl der Ausbildungsberater zu erhöhen, sondern durch ständige Weiter- und Fortbildung auch die Qualität der Ausbildungsberater zu erhöhen. In allen örtlichen Arbeitsamtsbereichen wird deutlich darauf hingewiesen, in welchen Branchen bzw. in welchen Berufsgruppen dauerhaft unbesetzte Ausbildungsplätze vorhanden sind. Das heißt, die Information den Jugendlichen gegenüber scheint mir heute auszureichen.
Ich darf noch einmal mit Nachdruck darum bitten, daß die örtlichen Betriebe — das betrifft auch die Arbeit der Abgeordneten vor Ort — darauf hingewiesen werden, daß, je höher die Zahl der gemeldeten Ausbildungsplätze bei der Arbeitsverwaltung ist, sich desto leichter Transparenz für die Jugendlichen im Ausbildungsmarkt einstellt.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809813400
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 38 des Herrn Abgeordneten Stockleben auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage 38 wird schriftlich beantwortet, ebenso die Frage 39. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Damit sind wir am Ende der Fragestunde und am Ende der heutigen Sitzung.
Ich berufe die nächste Plenarsitzung für Mittwoch, den 21. Juni 1978, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.