Protokoll:
7256

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 7

  • date_rangeSitzungsnummer: 256

  • date_rangeDatum: 1. Juli 1976

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:01 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 21:05 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 256. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 1. Juli 1976 Inhalt: Abwicklung der Tagesordnung 18325 A Überweisung einer Vorlage an einen Ausschuß 18325 B Amtliche Mitteilung ohne Verlesung 18325 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Sozialgesetzbuchs — Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung -- Drucksache 7/4122 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 7/5457 — Gansel SPD 18325 C, D Müller (Berlin) CDU/CSU 18327 D Schmidt (Kempten) FDP 18330 A Arendt, Bundesminister BMA 18331 D Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder" — Drucksache 7/5121 —, Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 7/5467 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 7/5414 — in Verbindung mit Zweite Beratung des von den Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Burger, Braun, Dr. Hammans, Geisenhofer, Frau Dr. Neumeister, Schröder (Lüneburg), Frau Hürland, Rollmann, Frau Schleicher, Kroll-Schlüter und der Fraktion der CDU/ CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder" — Drucksache 7/5062 —, Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 7/5467 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 7/5414 — Egert SPD 18333 C Burger CDU/CSU 18334 B Frau Lüdemann FDP 18335 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juli 1976 über das Apothekenwesen — Drucksache 7/4281 Bericht und Antrag des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit Drucksache 7/5420 Prinz zu Sayn-Wittgenstein- Hohenstein CDU/CSU 18336 D, 18338 A Jaunich SPD 18336 D Spitzmüller FDP 18339 A Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Hürland, Weber (Heidelberg), Dr. Jenninger und der Fraktion der CDU/CSU betr. Förderung des Behindertensports Drucksache 7/5308 — Frau Hürland CDU/CSU 18340 C Jaschke SPD 18342 B Frau Lüdemann FDP 18343 B Beratung des Antrags der Abgeordneten Pfeifer, Dr. Köhler (Wolfsburg), Geisenhofer, Dr. Gölter, Dr. Jenninger, Dr. Althammer, Benz, Dr. Götz und der Fraktion der CDU/CSU betr. Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage der künstlerischen Berufe und Förderung des künstlerischen Nachwuchses — Drucksache 7/4997 — Pfeifer CDU/CSU 18344 B Arendt, Bundesminister BMA 18346 B Baum, Parl. Staatssekretär BMI 18348 A Lattmann SPD 18348 D Möllemann FDP 18350 D Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU 18351 D Dr. Böhme (Freiburg) SPD 18353 B Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes — Drucksache 7/5376 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes und der Reichsversicherungsordnung — Drucksache 7/5480 — Gansel SPD 18354 B Burger CDU/CSU 18355 B Spitzmüller FDP 18356 A Beratung des Sozialberichts 1976 der Bundesregierung — Drucksache 7/4953 — in Verbindung mit Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu den Berichten der Bundesregierung nach § 238 des Arbeitsförderungsgesetzes a) Winterbaubericht 1973 b) Winterbaubericht 1974 c) Winterbaubericht 1975 — Drucksachen 7/1623, 7/3508, 7/4621, 7/5351 — in Verbindung mit Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen bei der Anwendung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes — Drucksachen 7/2365, 7/5352 — in Verbindung mit Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Bericht der Bundesregierung nach § 239 des Arbeitsförderungsgesetzes (Arbeitsförderungsbericht), zu dem Bericht des Bundesrechnungshofes nach § 99 der Bundeshaushaltsordnung zum Arbeitsförderungsbericht der Bundesregierung — Drucksachen 7/403, 7/911, 7/5356 — in Verbindung mit Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der Abgeordneten Löher, Frau Dr. Wolf, Hussing, Müller (Remscheid), Dr. Götz und der Fraktion der CDU/CSU betr. Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer — Drucksachen 7/2469, 7/5379 — in Verbindung mit Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Bericht der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik Deutschland (Unfallverhütungsbericht 1974) Bericht der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik Deutschland (Unfallverhütungsbericht) — Drucksachen 7/2622, 7/4668, 7/5380 — Arendt, Bundesminister BMA 18357 C Müller (Remscheid) CDU/CSU 18360 D Glombig SPD 18365 B Maucher CDU/CSU 18368 B Schmidt (Kempten) FDP 18368 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Dreiunddreißigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 29, 39, 74 Nr. 4 a) — Drucksachen 7/4958, 7/5101, Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den i. Juli 1976 III 7/5307 —, Bericht und Antrag des Rechtsausschusses — Drucksache 7/5491 — Dr. Arndt (Hamburg) SPD 18384 D Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU 18387 B Dr. Wendig FDP 18387 D Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU 18389 C Dr. Schäfer (Tübingen) SPD 18390 C Kleinert FDP 18392 B Collet SPD 8392 D Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär BMI 18393 D Mischnick FDP . . . . . . . . . . 18395 A Namentliche Abstimmungen . . 18395 D, 18398 D Beratung des Einspruchs des Bundesrates gegen das Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes — Drucksache 7/4295 — Lenz (Bergstraße) CDU/CSU 18397 C Dr. Schäfer (Tübingen) SPD 18397 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher Vorschriften — Drucksache 7/2204 —, Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 7/5302 —, Bericht und Antrag des Innenausschusses — Drucksachen 7/5143, 7/5322 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes — Drucksache 7/2203 —, Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 7/5315 —, Bericht und Antrag des Finanzausschusses — Drucksache 7/5312 — in Verbindung mit Zweite Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes — Drucksache 7/1643 —, Bericht und Antrag des Finanzausschusses — Drucksache 7/5312 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Rechtspflegergesetzes — Drucksache 7/2205 —, Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 7/5494 —, Bericht und Antrag des Rechtsausschusses — Drucksache 7/5493 — Berger CDU/CSU 18400 C Schäfer (Appenweier) SPD 18403 B Dr. Wendig FDP 18406 B Baum, Parl. Staatssekretär BMI 18407 B Eilers (Wilhelmshaven) CDU/CSU 18409 B Röhlig SPD 18410 C Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU 18412 D Gnädinger SPD 18413 D Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages — Drucksache 7/5525 — Kunz (Berlin) CDU/CSU 18415 A Dr. Schmitt-Vockenhausen SPD 18416 C Engelhard FDP 18417 D Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Wirtschaft zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Bericht über den Tourismus in der Bundesrepublik Deutschland — Grundlagen und Ziele — Drucksachen 7/3840, 7/5403 —Haase (Fürth) SPD 18419 B Engelsberger CDU/CSU 18421 C Dr. Böger FDP 18424 C Vehar CDU/CSU 18426 A Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten von Bockelberg, Kleinert, Metzger, Dr. Weber (Köln), Erhard (Bad Schwalbach) und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Partnerschaftsgesetzes — Drucksache 7/4089 —, Bericht und Antrag des Rechtsausschusses — Drucksachen 7/5402, 7/5413 — Metzger SPD 18428 A von Bockelberg CDU/CSU 18429 A Engelhard FDP 18431 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz) — Drucksachen 7/4824, 7/5102 —, Bericht und Antrag des Innenausschusses — Drucksache 7/5474 — 18431 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Regelungen auf dem Arzneimittelmarkt — Drucksache 7/4557 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 7/5373 — . . . 18431 D Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 21. Februar 1971 über Psychotrope Stoffe — Drucksache 7/4957 —, Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 7/5468 1V Deutscher Bundestag.— 7. Wahlperiode — 256. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juli 1976 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 7/5398 — 18432 B Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 23. Dezember 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen — Drucksache 7/5030 —, Bericht und Antrag des Finanzausschusses — Drucksache 7/5377 — 18432 C Zweite Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erhaltung und Modernisierung kulturhistorisch und städtebaulich wertvoller Gebäude — Drucksache 7/2552 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 7/5546 —, Bericht und Antrag des Finanzausschusses — Drucksache 7/5523 — 18432 D Zweite Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes — Drucksache 7/4601 —, Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 7/5547 —, Bericht und Antrag des Finanzausschusses — Drucksache 7/5524 — 18433 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes — Drucksache 7/4285 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 7/5471 — 18433 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Erhebung von Kosten beim Bundessortenamt — Drucksache 7/4966 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 7/5472 — . . . 18433 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung verwaltungsprozessualer Vorschriften — Drucksache 7/4324 —, Bericht und Antrag des Rechtsausschusses — Drucksache 7/5492 — . . . 18434 A Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD, CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Handwerkszählung 1977 (Handwerkszählungsgesetz 1977) — Drucksache 7/5228 —, Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 7/5545 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 7/5375 — 18434 B Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Übereinkommen vom 15. Februar 1972 und 29. Dezember 1972 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen durch Schiffe und Luftfahrzeuge — Drucksache 7/5268 —, Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 7/5548 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 7/5477 — 18434 C Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 14. Dezember 1973 über die Verhütung, Verfolgung und Bestrafung von Straftaten gegen völkerrechtlich geschützte Personen einschließlich Diplomaten (Diplomatenschutzkonvention) — Drucksache 7/4820 —, Bericht und Antrag des Auswärtigen Ausschusses — Drucksache 7/5475 — 18434 D Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung — Drucksache 7/3468 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. freiwillige Aufstockung von Rentenversicherungsbeiträgen von Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten für die Vergangenheit — Drucksache 7/3467 — 18435 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 13. Februar 1946 über die Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Nationen — Drucksache 7/5366 — 18435 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 22. Januar 1976 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und bestimmter anderer Steuern — Drucksache 7/5378 — . . . . 18435 B Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes — Drucksache 7/5448 — . . 18435 B Beratung der Sammelübersicht 60 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen und systematische Ubersicht über die beim Deutschen Bundestag in der Zeit vom 13. Dezember 1972 bis 31. Mai 1976 eingegangenen Petitionen — Drucksache 7/5478 — Deutscher Bundestag 7 — Wahlperiode 256. Sitzung. Bonn, den 1. Juli 1976 V in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 61 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 7/5488 — . . . . . . . 18435 B Beratung des Berichts und des Antrags des Finanzausschusses zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Erhaltung der Pressevielfalt — Drucksachen 7/2633, 7/5507 —, Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 7/5549 — Dr. Becker (Mönchengladbach) CDU/CSU 18435 C Frau Huber SPD 18437 A Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU 18438 D Kleinert FDP 18440 A Beratung des Berichts und des Antrags des Innenausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Vogel (Ennepetal), Dr. Miltner, Erhard (Bad Schwalbach), Dr. Dollinger, Pfeffermann und der Fraktion der CDU/CSU betr. gesetzmäßige Behandlung der Personalangelegenheiten in der Bundesverwaltung — Drucksachen 7/3926, 7/5386 — Dr. Miltner CDU/CSU 18441 C Spillecke SPD 18443 D Dr. Wendig FDP 18445 C Beratung des Berichts und des Antrags des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers für Wirtschaft betr. Entlastung des Bundesministers für Wirtschaft wegen der Rechnung für das Wirtschaftsjahr 1975 über das Sondervermögen des Bundes „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes" — Drucksachen 7/5416, 7/5550 — 18446 B Beratung des Antrags des Haushaltsausschusses zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1976 — Drucksachen 7/5224, 7/5421 — . . . . . 18446 B Beratung des Antrags des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesrechnungshof betr. Bericht des Bundesrechnungshofes nach § 99 BHO über die Betätigung des Bundes bei der Olympia-Baugesellschaft mbH (OBG) und über Zuwendungen des Bundes zu den Kosten der Spiele der XX. Olympiade 1972 — Drucksachen 7/4297, 7/5424 — 18446 C Beratung des Berichts und des Antrags des Finanzausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Sprung, Höcherl, Dr. Müller-Hermann und der Fraktion der CDU/CSU betr. Errichtung eines Fonds zum Ausgleich für soziale Härtefälle bei den Besitzern niedrig verzinslicher Rentenpapiere — Drucksachen 7/2322, 7/5508 — . . . . . 18446 C Beratung des Berichts und des Antrags des Finanzausschusses zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur vereinfachten Abänderung von Unterhaltsrenten — Drucksachen 7/5331, 7/5522 — . . 18446 D Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Kern, Dr.-Ing. Laermann, Dr. Bardens, Egert, Jaunich, Dr. Lohmar, Frau Lüdemann, Möllemann, Spitzmüller und der Fraktionen der SPD, FDP und zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Frau Dr. Neumeister, Alber und der Fraktion der CDU/CSU zur Großen Anfrage der Abgeordneten Dr.-Ing. Laermann, Kern, Egert, Dr. Bardens, Spitzmüller und der Fraktionen der SPD, FDP betr. Krebsforschung — Drucksachen 7/5330, 7/5336, 7/5459 — . . . 18447 A Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Forschung und Technologie zu dem Antrag der Abgeordneten Lenzer, Pfeffermann, Benz, Engelsberger, Dr. Franz, Roser, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz und Genossen betr. friedliche Nutzung der Kernenergie, Brennstoffkreislauf — Drucksachen 7/3827, 7/5466 — 18447 B Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der von der Bundesregierung erlassenen Sechsunddreißigsten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung Dreiundfünfzigsten Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz — Drucksachen 7/5259, 7/5289, 7/5460 — . . 18447 B Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Wirtschaft zu der von der Bundesregierung beschlossenen Verordnung zur Anderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 8/76 — Erhöhung des Zollkontingents für Elektrobleche — 1. Halbjahr 1976) — Drucksachen 7/5260, 7/5461 — . . . . . 18447 C Beratung der Ubersicht 19 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 7/5470 — 18447 C Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem von der Bundesregie- VI Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juli 1976 rung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend das Inverkehrbringen von Ammoniumnitrat- Einnährstoffdüngemittel — Drucksachen 7/4589, 7/5381 — 18447 D Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates über eine gemeinsame Marktorganisation für Kartoffeln — Drucksachen 7/4665, 7/5473 — . . . . . 18447 D Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates über die von den Mitgliedstaaten durchzuführenden statistischen Erhebungen zur Ermittlung des Produktionspotentials bestimmter Baumobstanlagen — Drucksachen 7/5110, 7/5484 — . . . . . 18448 A Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Entscheidung des Rates über die Weiterführung der von Mitgliedstaaten durchzuführenden Erhebungen über den Rinderbestand — Drucksachen 7/5112, 7/5485 — . . . . 18448 A Beratung des Berichts und des Antrags des Finanzausschusses zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für eine Richtlinie zur Koordinierung der Bedingungen für die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse Sechste Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des EWG-Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind in bezug auf den Inhalt, die Kontrolle und die Verbreitung des Prospekts der bei der Zulassung der von diesen Gesellschaften begebenen Wertpapiere zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse zu veröffentlichen ist — Drucksachen 7/4828, 7/4831, 7/5367 — . 18448 A Beratung des Berichts und des Antrags des Finanzausschusses zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Zweite Richtlinie des Rates zur Koordinierung der die direkte Schadenversicherung betreffenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften und zur Erleichterung des freien Dienstleistungsverkehrs im Versicherungswesen — Drucksachen 7/4649, 7/5387 — . . 18448 B Beratung des Antrags des Innenausschusses zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG, EGKS, Euratom) des Rates zur Festlegung der Beschäftigungsbedingungen für das Personal des Europäischen Zentrums für die Förderung der Berufsbildung Verordnung (EWG, EGKS, Euratom) des Rates zur Festlegung der Beschäftigungsbedingungen für das Personal der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen — Drucksachen 7/4738, 7/5388 — 18448 B Beratung des Berichts und des Antrags des Innenausschusses zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates über die Verwendung von Heizölen mit dem Ziel der Verringerung von Schwefelemissionen — Drucksachen 7/4647, 7/5396 — . . . . . . . 18448 C Beratung des Berichts und des Antrags des Innenausschusses zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für eine Entschließung des Rates betreffend die Festlegung von Kriterien für Schwefeldioxid und Schwebeteilchen in der Atmosphäre von „Ballungsgebieten" Richtlinie des Rates über Gesundheitsschutznormen für Schwefeldioxid und Schwebeteilchen in der Atmosphäre von Ballungsgebieten — Drucksachen 7/4857, 7/5397 — . . . . 18448 D Beratung des Antrags des Innenausschusses zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Anpassung der Berichtigungskoeffizienten, die auf die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften anwendbar sind — Drucksachen 7/5200, 7/5445 — 18448 D Beratung des Berichts und des Antrags des Innenausschusses zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256 Sitzung Bonn Donenerstag, den 1. Juli 1976 VII Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates über die Versenkung von Abfällen im Meer — Drucksachen 7/4639, 7/5495 — 18448 D Beratung des Berichts und des Antrags des Innenausschusses zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Entschließung des Rates zur Fortschreibung und Durchführung der Umweltpolitik und des Aktionsprogramms der Europäischen Gemeinschaften für den Umweltschutz — Drucksache 7/5063, 7/5514 — 18449 A Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates (EWG) zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von für den Endverbraucher bestimmten Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür — Drucksachen 7/5077, 7/5369 — 18449 A Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Geänderten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Mayonnaise, Soßen aufgrund von Mayonnaisen und andere emulgierte Gewürzsoßen — Drucksachen 7/4425, 7/5368 — 18449 B Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Wirtschaft zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß des Abkommens über handelspolitische Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Islamischen Republik Pakistan — Drucksachen 7/5147, 7/5464 — . . . . . . . 18449 B Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Wirtschaft zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Errichtung einer Europäischen Ausfuhrbank — Drucksachen 7/4882, 7/5486 — . . . . 18449 B Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Wirtschaft zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für eine Verordnung des Rates betreffend den Abschluß eines Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und Malaysia über den Handel mit Textilerzeugnissen Verordnung (EWG) des Rates betreffend den Abschluß eines Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und Japan über den Handel mit Textilerzeugnissen — Drucksachen 7/4973, 7/5116, 7/5465 — . 18449 C Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Wirtschaft zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates über die Einfuhrregelung für bestimmte Textilerzeugnisse mit Ursprung in der Republik Korea eine Verordnung (EWG) des Rates über den Aufschub der Anwendung der durch die Verordnungen (EWG) Nr. 88/76, 90/76, 91/76 und 92/76 festgesetzten Richtplafonds für die Einfuhren bestimmter Waren mit Ursprung in einigen EFTA-Ländern einen Beschluß des Assoziationsrates EWG-Malta zur Abweichung vom Begriff „Ursprungserzeugnisse" für Empfangsgeräte der Nummer 85.15 des Brüsseler Zolltarifschemas Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Anwendung des Beschlusses des Assoziationsrates EWG-Malta zur Abweichung vom Begriff „Ursprungserzeugnisse" für Empfangsgeräte der Nummer 85.15 des Brüsseler Zolltarifschemas eine Verordnung (EWG) des Rates zur Aussetzung der Bedingung, der die Einfuhr bestimmter Zitrusfrüchte mit Ursprung in Marokko und Tunesien in die Gemeinschaft gemäß den geltenden Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und jedem der beiden Länder unterliegt eine Verordnung (EWG) des Rates über die Einfuhr von Sardinen, zubereitet oder haltbar gemacht, mit Ursprung in Marokko in die Gemeinschaft Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates über die Einfuhr von Sardinen, zubereitet oder haltbar gemacht, mit Ursprung in Tunesien in die Gemeinschaft eine Verordnung (EWG) des Rates zur Festsetzung von Plafonds und zur Einrichtung einer gemeinschaftlichen Überwachung der Einfuhren bestimmter Erzeugnisse mit Ursprung in Algerien, Marokko und Tunesien (1976) VIII Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juli 1976 eine Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Algerien hinsichtlich der Einfuhr von Fruchtsalaten mit Ursprung in Algerien in die Gemeinschaft eine Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Königreich Marokko hinsichtlich der Einfuhr von Fruchtsalaten mit Ursprung in Marokko in die Gemeinschaft eine Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Tunesischen Republik hinsichtlich der Einfuhr von Fruchtsalaten mit Ursprung in Tunesien in die Gemeinschaft eine Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Demokratischen Volksrepublik Algerien über die Einfuhr von Kleie und anderen Rückständen mit Ursprung in Algerien in die Gemeinschaft eine Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Königreich Marokko über die Einfuhr von Kleie und anderen Rückständen mit Ursprung in Marokko in die Gemeinschaft eine Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Tunesien über die Einfuhr von Kleie und anderen Rückständen mit Ursprung in Tunesien in die Gemeinschaft eine Verordnung (EWG) des Rates zur Verlängerung der in der Verordnung (EWG) Nr. 3328/75 vorgesehenen Einfuhrregelung für Rindfleisch mit Ursprung in bestimmten Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1059/69 zur Festlegung der Handelsregelung für bestimmte, aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen hergestellte Waren — Drucksachen 7/5199, 7/5013, 7/5079, 7/5114, 7/5118, 7/5186, 7/5115, 7/5207, 7/5257, 7/5462 — 18449 C Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Wirtschaft zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß des Abkommens in Form eines Schriftwechsels zur Änderung der Tabellen I und II im Anhang zum Protokoll Nr. 2 des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Osterreich, der Republik Finnland, der Republik Island, dem Königreich Norwegen, der Portugiesischen Republik, dem Königreich Schweden und der Schweizerischen Eidgenossenschaft Verordnung (EWG) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Veredelungsarbeiten an bestimmten Spinnstoffen im passiven Veredelungsverkehr der Gemeinschaft Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Waren der Tarifstelle 22.09 C I des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in den AKP-Staaten (1976/1977) Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Waren der Tarifstelle 22.09 C I des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in den mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft assoziierten überseeischen Ländern und Gebieten (Jahr 1976/1977) Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung von Gemeinschaftszollkontingenten für bestimmte Weine mit Ursprungsbezeichnung der Tarifstelle ex 22.05 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Algerien (1976/1977) Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung der Gemeinschaftszollkontingente für Aprikosenpülpe der Tarifstelle ex 20.06 B II c) 1 aa) des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Marokko Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Aprikosenpülpe der Tarifstelle ex 20.06 B II c) 1 aa) des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Tunesien (1976) Vorschlag einer Verordnung des Rates zur zeitweiligen Aussetzung von autonomen Zollsätzen des Gemeinsamen Zolltarifs für einige landwirtschaftliche Waren Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juli 1976 IX Entwurf einer Verordnung (EWG) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Ferrochrom mit einem Gehalt an Kohlenstoff von 4 Gewichtshundertteilen oder mehr der Tarifstelle ex 73.02 E I des Gemeinsamen Zolltarifs und über die Ausdehnung dieses Kontingents auf bestimmte Einfuhren von Ferrochrom mit einem Gehalt an Kohlenstoff von 3 bis 4 Gewichtshundertteilen — Drucksachen 7/5258, 7/5176, 7/5256, 7/5205, 7/5198, 7/5113, 7/5148, 7/5208, 7/5463 — 18450 C Fragestunde — Drucksache 7/5482 vom 25. 6. 1976 — Beurteilung der Kostensituation im Bereich der Krankenhäuser nach Einführung des vollpauschalierten Pflegesatzes sowie Sicherstellung einer Leistungs- und Kostentransparenz bei Aufrechterhaltung des vollpauschalierten Pflegesatzes MdlAnfr A16 25.06.76 Drs 07/5482 Burger CDU/CSU MdlAnfr A17 25.06.76 Drs 07/5482 Burger CDU/CSU Antw PStSekr Zander BMJFG 18370 B, C, D, 18371 A, B, C, D ZusFr Burger CDU/CSU . 18370 C, D, 18371 A, B ZusFr Jaunich SPD 18370 D, 18371 D ZusFr Egert SPD 18371 C Nichterfüllung finanzieller Verpflichtungen durch Bund und Länder aus dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) sowie Folgerungen aus den sich aus den auslegungsbedürftigen Begriffen des KHG ,,Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit des Krankenhauses" für die Anwendung des KHG und der Bundespflegesatzverordnung ergebenden Schwierigkeiten MdlAnfr A18 25.06.76 Drs 07/5482 Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein CDU/CSU MdlAnfr A19 25.06.76 Drs 07/5482 Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein CDU /CSU Antw PStSekr Zander BMJFG . 18372 A, B, C, D, 18373 A, B, C ZusFr Prinz zu Sayn-Wittgenstein- Hohenstein CDU/CSU 18372 A, B, C, D ZusFr Egert SPD 18373 A ZusFr Hauck SPD 18373 B ZusFr Jaunich SPD 18373 C Rechtfertigung der Aussage im Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze über das Verhältnis von Kosten und Nutzung MdlAnfr A20 25.06.76 Drs 07/5482 Dr. Hammans CDU/CSU Antw PStSekr Zander BMJFG 18373 D, 18374 A, B ZusFr Dr. Hammans CDU/CSU 18374 A ZusFr Prinz zu Sayn-Wittgenstein- Hohenstein CDU/CSU 18374 A ZusFr Stahl (Kempen) SPD 18374 B Beurteilung der Gefahr des Verlustes von Ausbildungsplätzen an Krankenpflegeschulen nach dem 31. Dezember 1981 MdlAnfr A21 25.06.76 Drs 07/5482 Dr. Hammans CDU/CSU Antw PStSekr Zander BMJFG 18374 C, D, 18375 A ZusFr Dr. Hammans CDU/CSU 18374 C ZusFr Egert SPD 18374 D ZusFr Hauck SPD 18374 D ZusFr Jaunich SPD 18374 D Eignung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes zur Gewährleistung der wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung und sozial tragbarer Pflegesätze sowie Infragestellung der Rechtsansprüche der Krankenhausträger durch Artikel 34 des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur MdlAnfr A22 25.06.76 Drs 07/5482 Köster CDU/CSU MdlAnfr A23 25.06.76 Drs 07/5482 Köster CDU/CSU Antw PStSekr Zander BMJFG . . 18375 A, C, D, 18376 A, B ZusFr Köster CDU/CSU 18375 C, 18376 A, B ZusFr Dr. Hammans CDU/CSU . 18375 D ZusFr Jaunich SPD 18375 D Gründe für die Nichtvorlage der Verordnungen zum Krankenhausfinanzierungsgesetz sowie Inhalt der fehlenden Verordnungen MdlAnfr A24 25.06:76 Drs 07/5482 Braun CDU/CSU MdlAnfr A25 25.06.76 Drs 07/5482 Braun CDU/CSU Antw PStSekr Zander BMJFG 18376 C, 18377 A, B, C, D, 18378 A ZusFr Braun CDU/CSU . 18376 C, 18377 A, B, C ZusFr Hauck SPD 18377 D ZusFr Prinz zu Sayn-Wittgenstein- Hohenstein CDU/CSU 18377 D, 18378 A X Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juli 1976 Vorschlag des Deutschen Ärztetages über partnerschaftliche Strukturen für den krankenhausärztlichen Dienst als Beitrag zur Kostendämpfung im Krankenhauswesen sowie Förderung moderner Krankenhausstrukturen über das Krankenhausfinanzierungsgesetz und die Bundespflegesatzverordnung MdlAnfr A26 25.06.76 Drs 07/5482 Frau Dr. Neumeister CDU/CSU MdlAnfr A27 25.06.76 Drs 07/5482 Frau Dr. Neumeister CDU/CSU Antw PStSekr Zander BMJFG . 18378 A, B, C, D, 18379 A, B, C ZusFr Frau Dr. Neumeister CDU/CSU 18378 B, D, 18379 A ZusFr Hauck SPD 18378 C ZusFr Egert SPD 18379 B ZusFr Prinz zu Sayn-Wittgenstein- Hohenstein CDU/CSU 18379 B ZusFr Köster CDU/CSU 18379 C Pressemeldungen über eine Erklärung des Bundeskanzlers anläßlich einer SPD-Fraktionssitzung in Berlin, daß weitere Bundesbehörden nicht in Berlin errichtet werden sollen MdlAnfr A69 25.06.76 Drs 07/5482 Straßmeir CDU/CSU Antw PStSekr Frau Schlei BKA 18379 D, 18380 A, B ZusFr Straßmeir CDU/CSU . . 18379 D, 18380 A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU 18380 A ZusFr Kunz (Berlin) CDU/CSU 18380 B Gefahr einer Mißdeutung der Worte des Bundeskanzlers durch die Sowjetunion als Verzicht auf den Anspruch der Bundesrepublik Deutschland auf Errichtung von Bundesbehörden in Berlin nach dem Viermächteabkommen MdlAnfr A70 25.06.76 Drs 07/5428 Kunz (Berlin) CDU/CSU Antw PStSekr Frau Schlei BKA . 18380 B, C, D, 18381 A, B ZusFr Kunz (Berlin) CDU/CSU 18380 C ZusFr Straßmeir CDU/CSU 18380 D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU 18381 A ZusFr Freiherr von Fircks CDU/CSU 18381 A Scheitern der Ausreise von Aussiedlern nach erteilter Genehmigung an der Verweigerung der Übernahme landwirtschaftlichen Besitzes durch den polnischen Staat MdlAnfr A76 25.06.76 Drs 07/5482 Dr. Hupka CDU/CSU Antw StMin Moersch AA 18381 C, D, 18382 A ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 18381 C, D ZusFr Dr. Wittmann (München) CDU/CSU 18381 D Forderung der Volkszugehörigkeitsangabe mit „polnisch" von Aussiedlern als Voraussetzung für die Erteilung der Ausreisegenehmigung durch polnische Behörden MdlAnfr A79 25.06.76 Drs 07/5482 Dr. Wittmann (München) CDU/CSU Antw StMin Moersch AA . . . 18382 A, B , C, D, 18383 A, B, C ZusFr Dr. Wittmann (München) CDU/CSU 18382 B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 18382 C ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU 18382 D ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 18383 A ZusFr Freiherr von Fircks CDU/CSU 18383 B ZusFr Lagershausen CDU/CSU 18383 C Durchführung der vereinbarten jährlichen deutsch-polnischen Konferenzen MdlAnfr A84 25.06.76 Drs 07/5482 Dr. Schweitzer SPD Antw StMin Moersch AA 18383 D ZusFr Dr. Schweitzer SPD 18383 D Veröffentlichung der Empfehlungen der deutsch-polnischen Schulbuchkonferenz im Bulletin der Bundesregierung oder in der Wochenzeitung „Das Parlament" MdlAnfr A85 25.06.76 Drs 07/5482 Dr. Schweitzer SPD Antw StMin Moersch AA 18384 A, B, C ZusFr Dr. Schweitzer SPD 18384 B ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 18384 C Nächste Sitzung 18451 C Anlagen Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 18453* A Anlage 2 Erklärung der Abg. Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) gemäß § 59 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Partnerschaftsgesetzes — Drucksache 7/4089 — . . 18453* C Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juli 1976 18325 256. Sitzung Bonn, den 1. Juli 1976 Beginn: 9.01 Uhr
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    Berichtigungen 251. Sitzung, Seite 17851 C, 2. Absatz, Zeile 8, ist statt „1976" zu lesen: „1956"; 255. Sitzung, Seite 18307 A ist in den Zeilen 3 bis 6 statt „Ebenso bitte ich, die Einleitungsformeln, die ich wegen der Kürze der Zeit zu Protokoll geben möchte, anzunehmen." zu lesen: „Ebenso bitte ich, die Anpassung der Einleitungsformeln der im Einführungsgesetz genannten Gesetze an die zwischenzeitlichen Änderungen zu genehmigen." Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 2. 7. Dr. Aigner * 2. 7. Dr. Artzinger * 2. 7. Dr. Bayerl * 1. 7. Behrendt * 2. 7. Dr, Dr. h. c. Birrenbach 1. 7. Dr. von Bismarck 2. 7. Blumenfeld * 2. 7. Prof. Dr. Burgbacher * 2. 7. Dr. Corterier * 1. 7. Dreyer 2. 7. Prof. Dr. Ehmke 2. 7. Dr. Enders ** 2. 7. Entrup 2. 7. Fellermaier * 2. 7. Flämig * 1. 7. Frehsee * 2. 7. Dr. Früh * 2. 7. Gerlach (Emsland) * 1. 7. Gewandt 1. 7. Haase (Kellinghusen) * 1. 7. Härzschel * 2. 7. Dr. Holtz ** 1. 7. Dr. Jahn (Braunschweig) * 2. 7. Junghans 1. 7. Kater 2. 7. Dr. h. c. Kiesinger 2. 7. Dr. Klepsch * 2. 7. Krall * 1. 7. Dr. Kreile 2. 7. Kulawig 2. 7. Lange * 1. 7. Lampersbach 1. 7. Lautenschlager * 2. 7. Lücker * 2. 7. Memmel * 2. 7. Milz 1. 7. Dr. Mende ** 1. 7. Müller (Mülheim) * 1. 7. Dr. Müller (München) ** 2. 7. Mursch * 2. 7. Picard 2. 7. Frau Pieser 1. 7. Schedl 2. 7. Prof. Dr. Schellenberg 2. 7. Schmidt (München) * 2. 7. Schmidt (Wuppertal) 2. 7. Schwabe * 2. 7. Dr. Schwencke ** 2. 7. Dr. Schulz (Berlin) * 2. 7. Dr. Schwörer * 2. 7. Seefeld * 2. 7. Solke 1. 7. Springorum * 2. 7. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Starke (Franken) * 2. 7. Suck * 2. 7. Sund 2. 7. Frau Tübler 2. 7. Dr. Vohrer ** 1. 7. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 2. 7. Wallmann 2. 7. Walther 2. 7. Frau Dr. Walz * 2. 7. Dr. Wörner 1. 7. Frau Dr. Wolf ** 2. 7. von Wrangel 2. 7. Anlage 2 Erklärung der Abgeordneten Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) gemäß § 59 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Partnerschaftsgesetzes (Drucksache 7/4089) Der Gesetzentwurf ist in seiner jetzigen, stark abgeänderten Fassung für die Heilberufe (Ärzte, Zahnärzte) nicht mehr akzeptabel. Es war und ist nach wie vor ein wichtiges gesundheitspolitisches Anliegen, zur besseren Versorgung besonders in strukturschwachen Gebieten die gemeinsame Berufsausübung von Ärzten in Gruppenpraxen oder Praxisgemeinschaften zu fördern. Voraussetzung für eine solche gemeinsame Berufsausübung von Ärzten ist aber in jedem Fall, daß die bisher auch vom Gesetzgeber anerkannten Grundsätze für die ärztliche Berufsausübung und die Ausgestaltung des individuellen Arzt-Patienten-Verhältnisses gewahrt bleiben. Genau dies ist aber bei der jetzt vorliegenden Fassung des Partnerschaftsgesetzentwurfs nicht mehr der Fall. Der Entwurf trägt den besonderen Belangen der Heilberufe in keiner Weise mehr Rechnung. In seiner ursprünglichen Fassung war noch in § 2 Abs. 3 der wichtige Hinweis enthalten, daß bei einer Partnerschaft von Ärzten die Verpflichtung zur Angabe der Namen aller Partner besteht. Die Begründung dazu führte aus, daß diese Sonderregelung für ärztliche Partnerschaften notwendig sei, „um gegenüber den Patienten die freie Arztwahl sicherzustellen, die eine essentielle Voraussetzung für das Arzt-Patienten-Verhältnis darstellt. Würde nur der Name eines Partners im Namen der Partnerschaft auftauchen, so würden sich alle Patienten an diesen Arzt wenden, der sicherlich nicht in der Lage wäre, alle Patienten zu behandeln. Daher sei es notwendig, die Namen aller Ärzte aufzuführen". Dieser gesundheitspolitisch wesentliche Hinweis auf die Ausgestaltung des Arzt-Patienten-Verhältnisses und die freie Arztwahl ist in der vorliegenden Fassung des Gesetzentwurfs nicht mehr enthalten. Ebenso fehlt der allgemeine Vorbehalt zu- 18454* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juli 1976 gunsten der Anwendung von Normen des Standes- und Berufsrechts. Gerade das Berufsrecht der Ärzte ist durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Facharztwesen und die jüngste darauf beruhende Gesetzgebung der Länder in seinen Grundzügen bestätigt worden. Als Gesundheitspolitikerin, die moderne Formen ärztlicher Zusammenschlüsse zur Verbesserung der ärztlichen Versorgung für dringend erforderlich hält, kann ich diesem Gesetzentwurf meine Zustimmung nicht erteilen, weil er für die Heilberufe nicht nur aus den genannten Gründen ungeeignet, sondern sogar schädlich ist, da er das Recht des Patienten auf freie Arztwahl, d. h. auf Inanspruchnahme des Arztes seines Vertrauens, nicht berücksichtigt.
Gesamtes Protokol
Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725600000
Die Sitzung ist eröffnet.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für heute die Zeitdauer für die Aussprache über die Tagesordnungspunkte wie folgt vorgesehen: Punkt 7: 60 Minuten, Punkt 8 a) und b) : 20 Minuten, Punkt 9: 15 Minuten, Punkt 10: 15 Minuten, Punkt 11: 60 Minuten, Punkt 12 a) und b) : 15 Minuten, Punkte 13, 14, 15, 16, 17 und 18: insgesamt 60 Minuten, Punkt 19: 120 Minuten, Punkt 20: 15 Minuten, Punkt 21, 22 und 23: 90 Minuten, Punkt 24: 30 Minuten, Punkt 25: 60 Minuten, Entwurf eines Partnerschaftsgesetzes: 30 Minuten, Punkt 43: 30 Minuten und Punkt 44: 30 Minuten. Ist das Haus mit dieser Vereinbarung einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Der Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit im Jahre 1975 sowie über Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet — Drucksache 7/5390 — soll gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung dem Wirtschaftsausschuß überwiesen werden. Erhebt sich dagegen Widerspruch? — Das ist nicht der Fall; es ist so beschlossen.
Die folgende amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat mit Schreiben vom 28. Juni 1976 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Burger, Frau Hürland, Braun, Geisenhofer, Weber (Heidelberg), Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Frau Stommel, Dr. Hammans, Frau Schroeder (Detmold) und der Fraktion der CDU/CSU betr. Bericht der Bundesregierung über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (Drucksache 7/5333) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7/5526 verteilt.
Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Sozialgesetzbuchs (SGB) — Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung -
- Drucksache 7/4122 —
Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß) — Drucksache 7/5457 —
Berichterstatter: Abgeordneter Gansel (Erste Beratung 201. Sitzung)

Als Berichterstatter hat der Abgeordnete Gansel das Wort.

Norbert Gansel (SPD):
Rede ID: ID0725600100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Berichterstatter habe ich zwei redaktionelle Änderungsanträge zu stellen. In Art. I § 4 Abs. 2 sind die Worte „gilt Absatz 1" durch die Worte „gelten Absätze 1 und 1 a" zu ersetzen.
Auf Seite 53 des Ausschußberichtes sind in Art. TI § 1 Nr. 7 in der vorletzten Zeile die Worte „Sozialgesetzbuch und für die Amtshilfe" durch die Worte „Sozialgesetzbuch; für die Amtshilfe gelten" zu ersetzen.
Ich überreiche diese Anträge hiermit.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725600200
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für den Schriftlichen und den mündlichen Bericht. Die Berichtigungen werden zur Grundlage unserer Entscheidungen gemacht.
Wird in zweiter Beratung eine allgemeine Aussprache gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Dann rufe ich in zweiter Beratung alle Artikel des Gesetzentwurfs sowie Einleitung und Überschrift auf. Änderungsanträge liegen nicht vor.

(Glombig [SPD] : Es kommt noch ein interfraktioneller Antrag!)

— Er kommt erst in dritter Beratung.
Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. —Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Auch keine Enthaltungen. Es ist so beschlossen.
Wir treten nunmehr in die
dritte Beratung
ein. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Gansel.

Norbert Gansel (SPD):
Rede ID: ID0725600300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Gemeinsamen Vorschriften für die Sozialversicherung, die heute verabschiedet werden sollen, sind nach dem Allgemeinen Teil die zweite Stufe zur Verwirklichung des Sozialgesetzbuches.



Gansel
Die SPD-Bundestagsfraktion gibt dem Gesetzentwurf ihre Zustimmung.
Der Regierungsentwurf ist dem Parlament am 27. Juni 1973 zugegangen. Der Bericht und der Antrag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung tragen das Datum vom 23. Juni 1976. Die parlamentarische Beratung hat also fast drei Jahre gedauert. Niemand kann behaupten, daß dieser Gesetzentwurf nicht gründlich beraten worden sei und daß nicht alle interessierten Stellen Gelegenheit gehabt hätten, sich zu äußern.
Die Vorarbeiten in unserer Fraktion, die Abstimmung mit dem Koalitionspartner und schließlich die Kooperation zwischen den Fraktionen im Ausschuß haben zu einer ganzen Reihe von Veränderungen gegenüber dem Regierungsentwurf geführt. Ich verweise im einzelnen auf den Ausschußbericht.
Da aber der Gesetzentwurf zum größten Teil die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung betrifft, sollen zur Selbstverwaltung einige Anmerkungen gemacht werden.
Das Interesse der Wahlberechtigten ist in diesem Bereich gesellschaftlicher Mitbestimmung zweifelsohne gestiegen. Es ist unsere Pflicht, dieses Interesse zu nutzen für die Sicherung und den Ausbau des sozialen Rechtsstaats. Dabei geht es nicht nur um die Information der Wahlberechtigten über die zur Wahl stehenden Kandidaten und über die hinter ihnen stehenden Organisationen, wie es die Bundesregierung in ihrem Bericht zu Fragen der Selbstverwaltung festgestellt hat, es geht auch um die Aufklärung über den sozialen Inhalt und die Organisation der Selbstverwaltung. Solidargemeinschaft ist Hilfe auf Gegenseitigkeit, die vor allem dem Schutz der Schwachen dienen muß und nicht den Starken privilegieren darf. Ihre Organisation muß die Chance der besonderen Lebensnähe einer Selbstverwaltung, einer ehrenamtlichen Selbstverwaltung nutzen. Wir haben es deshalb bei der Kodifikation des Selbstverwaltungsrechts als notwendig angesehen, die Gestaltungsmöglichkeiten der Selbstverwaltung und das Zusammenwirken ihrer Organe mit der Aufsicht zu verbessern. Das ändert nichts daran, daß sich der Freiraum der Selbstverwaltung durch den Grundsatz der Gewährleistung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse auch durch Sozialleistungen seine Grenzen setzen muß. Hierbei sei an entsprechende Formulierungen des Grundgesetzes erinnert. Aber innerhalb dieser Grenzen wollen wir dazu beitragen, die Voraussetzungen für eine größtmögliche Gestaltungsfreiheit und Effektivität der Selbstverwaltung zu schaffen.
Wir wollen eine Stärkung der ehrenamtlichen Selbstverwaltung; aber Selbstverwaltung darf auch nicht mit dem hauptamtlichen Apparat oder mit den fast naturnotwendig bürokratischen Organisationsformen gleichgesetzt werden. Wir haben deshalb den Antrag der Opposition, mit dem sie dem Geschäftsführer zum hauptamtlichen Führer der Selbstverwaltung machen wollte, als einen Schritt in die falsche Richtung abgelehnt. Nur mit der Stärkung des ehrenamtlichen Moments in der Selbstverwaltung kann die notwendige Mitbeteiligung aller Versicherten an den Aufgaben der Sozialversicherung verbessert werden. Selbstverwaltung darf von den Versicherten selbst nicht als fremde Bürokratie erfahren werden.
Diesem Ziel dienen die Stärkung der Kompetenzen der Vertreterversammlung und des Vorstands und die Betonung ihrer Eigenständigkeit, zum Beispiel bei der Berufung des Geschäftsführers.
Zur Stärkung der Selbstverwaltung soll aber auch die Regelung über die Haftung der Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane und der Versichertenältesten sowie der Vertrauensmänner beitragen. Wir haben damit auf der einen Seite haftungsrechtliche Klarheit geschaffen und auf der anderen Seite den Versicherungsträgern die Möglichkeit gegeben, die Initiative ihrer Organe und der Versichertenältesten und Vertrauensmänner dadurch zu schützen und zu fördern, daß sie durch den Abschluß einer Haftpflichtversicherung vor unzumutbaren Belastungen bewahrt bleiben.
Unsere Grundhaltung zur Selbstverwaltung hat in einer ganzen Reihe von weiteren Punkten dazu geführt, daß die Stellung der Selbstverwaltung im Vergleich zum geltenden Recht eindeutig verbessert worden ist. In Zukunft werden die Versicherungsträger den Erwerb von Grundstücken, die Errichtung und Erweiterung und den Umbau von Gebäuden in einem erheblichen Umfang in eigener Verantwortung ohne Genehmigung der Aufsichtsbehörde vornehmen können. Die bisherige Genehmigungspflicht für die Einrichtung von Zahnkliniken, Genesungsheimen und Krankenanstalten wird ersatzlos gestrichen.
Dieser Grundhaltung entspricht es, daß wir die Vorstellung des Bundesrates, den Ankauf und die Anmietung von EDV-Anlagen und den Betrieb von Einrichtungen zur Eingliederung Behinderter genehmigungspflichtig zu machen, nicht übernommen haben. Ein Teil der Damen und Herren aus der Opposition ist in dieser Frage schwankend. Aber wer Selbstverwaltung nicht auf dem Papier stehen, sondern in der Praxis verwirklicht sehen will, sollte mit solchen schwerwiegenden Eingriffen vorsichtig umgehen.
Die Vorschriften über das Haushalts- und Rechnungswesen und über die Vermögensanlagen ermöglichen es den Versicherungsträgern, ihre Aufgaben nach modernen Grundsätzen zu erfüllen. Wir haben darauf geachtet, daß bei außergewöhnlichen Maßnahmen, z. B. bei der Aufstellung eines Nachtragshaushalts, die Selbstverwaltung so früh und weitgehend wie möglich eingeschaltet wird.
Mit dem Haushaltsstrukturgesetz ist für die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung ein Haushaltsrecht geschaffen worden, von dem wir erwarten, daß es einen Beitrag zur Dämpfung der Kosten in der Krankenversicherung leistet. Diese Regelung haben wir nunmehr der Sache nach in den vorliegenden Entwurf eingearbeitet und damit in den notwendigen Gesamtzusammenhang des Haushaltsrechts für sämtliche Versicherungszweige eingebettet. Die Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit soll dadurch noch stärker betont werden.



Gansel
Die Neuregelung des Aufsichtsrechts wird für die zukünftige Stellung der Selbstverwaltung von herausragender Bedeutung sein. In ihr kommt in besonderem Maße unsere Grundeinstellung zur Selbstverwaltung zum Ausdruck. Die notwendige Rechtsaufsicht haben wir auf die Beachtung des für die Sozialversicherung maßgebenden Rechts beschränkt. Durch die neue Fassung des § 90 ist es uns gelungen, das Verhältnis zwischen Selbstverwaltung und Aufsicht von der überkommenen Über- und Unterordnung zu lösen und auf eine neue Basis der Gleichgewichtigkeit zu stellen. Wir erwarten, daß die Selbstverwaltung dies als einen bedeutsamen Schritt zur Stärkung ihrer Eigenverantwortlichkeit würdigen wird. Ich erkenne — nicht ohne Ironie — dankbar an, daß Sprecher der Opposition unseren Änderungsantrag im Ausschuß dankbar begrüßt haben.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich feststellen, daß die Diskussion über den Gesetzentwurf nach Vorlage unserer Änderungsanträge im Ausschuß kaum kontrovers gewesen ist. Die Opposition hat dem Gesetzentwurf bei zwei Enthaltungen zugestimmt; ich hoffe, daß diese Zustimmung durch den Bundesrat nicht in Frage gestellt wird. Nachdem die CDU/CSU in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise die Bundesratsmehrheit parteipolitisch für sich zu vereinnahmen versucht, würde sie sich zusätzlich unglaubwürdig machen, wenn sie wie bei anderen Gesetzen hier im Bundestag zustimmen und im Bundesrat ablehnen würde. An die Adresse des Bundesrates sei darauf hingewiesen, daß die Koalitionsfraktionen 16 Anregungen des Bundesrates wörtlich aufgenommen haben; der Bundesrat trägt nunmehr die Verantwortung dafür, daß die Verabschiedung des Gesetzes nicht hinausgezögert oder gar vereitelt wird.
Meine Damen und Herren, ich möchte bei dieser Gelegenheit den Mitarbeitern des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, die uns ja in allen Fraktionen geholfen haben, herzlich danken. Ich danke auch den Mitarbeitern des Ausschusses für die wirklich mühselige Arbeit bei diesem Gesetzentwurf, insbesondere was die Folgeänderungen betrifft. Ich danke den Kommissionsmitgliedern, die die Vorarbeiten geleistet haben, und hoffe, daß die Verabschiedung dieses Teils des Sozialgesetzbuches in dieser Legislaturperiode ihre weitere Arbeit beflügeln wird.
Meine Damen und Herren, die Kodifikation des Sozialrechts ist ein wichtiger Schritt zur Bürgernähe unseres Sozialrechts, und dies ist ganz sicherlich ein wichtiges Element der Sozialstaatlichkeit. Dabei gestaltet sich die Kodifikation immer schwieriger; und es wird bei gegebenen politischen Mehrheitsverhältnissen nicht einfacher, klare Regelungen zu treffen. Demokratie ist nun einmal Kompromiß, auch bei einer Kodifikation.
Wir haben aber bisweilen im Ausschuß von der Opposition die Frage gehört, ob sich durch diese oder jene Regelung denn etwas ändern würde. Auch dort, wo wir strikt den Grundsatz der Kodifikation gewahrt haben, ändert sich natürlich etwas durch die Verabschiedung eines neuen Gesetzes und dadurch, daß einzelne Paragraphen oder ganze Gesetze außer Kraft treten. Damit ist die Chance gegeben zur Weiterentwicklung des Rechts durch Rechtsprechung, Verwaltung und Wissenschaft. Das ist sicherlich von uns allen auch gewollt.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß man in der Praxis nicht nur die Streichungen zur Kenntnis nehmen möge, die durch das Sozialgesetzbuch veranlaßt werden, sondern auch das Sozialgesetzbuch selbst. Es war z. B. festzustellen, daß bei manchen Wohngeldstellen auf Grund der Verabschiedung des Allgemeinen Teils des Sozialgesetzbuchs nur die Botschaft angekommen ist, § 26 Abs. 2, der die Möglichkeit gab, Wohngeld im Vorschußverfahren zu bewilligen, werde gestrichen. Dabei wurde übersehen, daß durch den Allgemeinen Teil des Sozialgesetzbuchs selbst eine wesentlich großzügigere Wohngeldvorschußregelung eingeführt worden ist.
Ich glaube, daß dieses Beispiel zweierlei zeigt, nämlich erstens, wie zunehmend kompliziert unser Sozialrecht wird, und zweitens, daß wir noch eine lange Durststrecke werden zurücklegen müssen, bis es bürgernäher und übersichtlicher werden kann. Ich glaube, daß dieses Beispiel auch zeigt, wie wichtig die Arbeit der Bundesregierung und des Arbeitsministeriums zur Aufklärung über diese unsere gemeinsamen Reformgesetze und ihre Bedeutung in der täglichen Praxis ist.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725600400
Das Wort hat der Abgeordnete Müller (Berlin).

Johannes Müller (CDU):
Rede ID: ID0725600500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um allen Mißverständnissen vorzubeugen und alle Verdächtigungen, wir wollten im Grunde genommen gar kein einheitliches Gesetzbuch, von vornherein zurückzuweisen, möchte ich noch einmal an das erinnern, was ich namens der CDU/CSU-Fraktion bereits bei der ersten Lesung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Sozialgesetzbuchs — Allgemeiner Teil — am 20. September 1973 von dieser Stelle aus gesagt habe. Ich sagte damals:
Wir begrüßen also die Zielsetzung des Entwurfs insoweit uneingeschränkt, als damit das bisher in zahlreichen Einzelgesetzen geregelte und dadurch unübersichtlich, ja geradezu zu einem Dickicht gewordene Sozialrecht möglichst ververeinfacht und übersichtlich in einem Gesetzbuch zusammengefaßt werden soll, um die Rechtsanwendung durch Verwaltung und Rechtsprechung zu erleichtern. Sicher wird auch die Rechtssicherheit damit gefördert.
Ich vertrat damals und vertrete auch heute noch einmal namens der CDU/CSU-Fraktion die Auffassung, daß beispielsweise die gemeinsamen Vorschriften für alle Zweige der Sozialversicherung, die ja heute hier zur Entscheidung anstehen, in Form einer Zusammenfassung aller bisher geltenden Vorschriften vereinfacht und, soweit es erforderlich



Müller (Berlin)

und notwendig ist, den veränderten Verhältnissen angepaßt werden sollten.
Wir waren uns also klar, daß die Kodifizierung des in Einzelgesetzen geregelten Sozialrechts in einer Zusammenfassung und Harmonisierung beispielsweise der gemeinsamen Vorschriften für die gesetzliche Krankenversicherung, die gesetzliche Unfallversicherung und die gesetzliche Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten einschließlich der Knappschaft und der Altershilfe für Landwirte natürlich neues Recht setzt.
Nur waren wir der Meinung, daß bei dieser Gelegenheit kein materielles Recht im Sinne einer Systemveränderung gesetzt werden darf. Wir kündigten deshalb schon damals an — das hat auch heute noch Gültigkeit daß wir alle weiteren \\Torhaben dieser Bundesregierung, die ja nun am Ende der Legislaturperiode wahrscheinlich nicht mehr kommen werden,

(Zurufe von der SPD)

auch mit kritischer Aufmerksamkeit verfolgen werden, was nicht ausschließt, daß wir allen notwendigen Anpassungen unseres Sozialrechts an veränderte Verhältnisse gegenüber stets aufgeschlossen bleiben.
Wie berechtigt unsere kritische Einstellung ist, hat sich bei der Beratung der Vorlage im Ausschuß erwiesen. Immer wieder wird als erstrangiges Ziel des Sozialgesetzbuchs die Kodifikation und die Vereinfachung des geltenden Sozialrechts betont. Aber schon bei der Beratung des ersten Teils des Sozialgesetzbuchs mit seinen allgemeinen Vorschriften wurde deutlich, daß neben der Kodifikation auch materielles Recht — natürlich im Sinne der Mehrheit, der Koalition — geändert wird.
In den heute anstehenden Gemeinsamen Vorschriften für die Sozialversicherung wird ebenfalls ganz deutlich, daß man, wenn man kodifiziert und vereinfacht, sehr schnell an die selber gesetzten Grenzen stößt oder, wenn Sie wollen, der Versuchung nicht widerstehen kann, im Namen der Harmonisierung in Besitzstände einzugreifen und ohne Rücksicht auf bisher bewährtes Recht und ungeachtet zahlreicher und umfangreicher Stellungnahmen der Versicherungsträger und ihrer Spitzenverbände einfach neues materielles Recht zu setzen.
Während der Beratung des zweiten Teils des Sozialgesetzbuchs ist klargeworden, daß die Harmonisierung der Vorschriften über so unterschiedliche Zweige unseres Sozialversicherungssystems wie die Krankenversicherung, die Unfallversicherung und die Rentenversicherung mit völlig unterschiedlichen Strukturen und Aufgaben und unterschiedlichen Leistungs- und Finanzierungsmethoden nicht ohne Schwierigkeiten vonstatten geht. Bei so unterschiedlichen Sachgebieten und in den einzelnen Versicherungszweigen jeweils geltenden Prinzipien kann eine solche Neuregelung weder den Besonderheiten der Aufgabenstellung der einzelnen Versicherungsträger gerecht werden noch dem Zusammenwirken der Selbstverwaltungsorgane mit den Geschäftsführern dienlich sein, insbesondere wenn das bisher in den einzelnen Zweigen unterschiedlich war. Dies zeigt übrigens ganz deutlich die Vielzahl von Eingaben und von der Sache hei manchmal entgegengesetzten Stellungnahmen, die von den einzelnen Versicherungsträgern zu den vorgesehenen gemeinsamen Vorschriften an uns herangetragen wurden.
Lassen Sie mich, bevor ich mich dem Problem der Selbstverwaltung zuwende, nur zwei Beispiele nennen, die unsere kritische Einstellung nach meiner Ansicht schon rechtfertigen.
Da gibt es zunächst die Begriffsbestimmung der geringfügigen Beschäftigung. Meine Damen und Herren, kein vernünftiger Mensch wird etwas gegen eine für alle Versicherungszweige einheitlich geltende Definition der geringfügigen Beschäftigung einzuwenden haben. Im Gegenteil! Es ist nämlich nicht einzusehen, warum beispielsweise bei der Krankenversicherung ein anderes Entgelt für die Versicherungspflicht maßgebend sein soll als bei der Rentenversicherung. Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn man — nun zitere ich aus dem Bericht — an die Stelle des bisherigen veralteten „Ortslohns" eine moderne Bemessungsgrundlage für die Leistungen und Beiträge setzt.
Warum kann man dafür aber nicht eine entsprechende Relation zu der für die Rentenversicherung bereits geltenden Beitragsbemessungsgrenze setzen, die auch heute schon für den Beitrag an die Bundesanstalt für Arbeit gilt und die Bezugsgröße für die Pflicht- und Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung ist? Statt dessen stellt man als Bezugsgröße mit der Einschränkung „soweit in den besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes bestimmt ist" das durchschnittliche Arbeitsentgelt aller Versicherten der Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten im vorvergangenen Kalenderjahr fest. Meine Freunde und ich fragen uns, ob das ein Entgegenkommen an den Koalitionspartner FDP oder eine Vorprogrammierung für die Aktualisierung der Rentenanpassung war, da diese Bezugsgröße in diesem Zusammenhang schon genannt worden ist.
Oder: Warum sollen künftig die Versicherungsträger im Rahmen des Gesetzes und des sonstigen Rechts — die Koalition ergänzte es mit einem Zusatz: des „für sie maßgebenden Rechts" — ihre Aufgaben „in eigener Verantwortung" erfüllen, nachdem die alte, bewährte und geläufige Form „im Rahmen von Gesetz und Satzung" den gleichen Raum einnimmt? Daß sich die Versicherungsträger oder deren Selbstverwaltung nicht außerhalb des Gesetzes und des gesetzlich zulässigen autonomen Rechts und auch nicht entgegen den grundgesetzlichen Vorschriften bewegen können, liegt doch auf der Hand. Daß die Träger der Sozialversicherung lediglich an die für den Bereich der Sozialversicherung erlassenen Gesetze und an die auf Grund solcher Gesetze durch ausdrückliche Gesetzesermächtigung erlassenen Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften sowie an die im Rahmen des Gesetzes erlassenen Satzungen gebunden sind, steht außer Zweifel. Es sei denn — und das müssen wir uns fragen —, daß mit einer solchen Änderung das autonome Recht nicht mehr so sehr betont und



Müller (Berlin)

damit psychologisch abgebaut werden soll. Dies sind nach unserer Auffassung Zeichen von mosaiksteinchenhafter Umgestaltung eines Systems.
Damit bin ich bei einem Problem, das bei der Beratung des Gesetzentwurfs im Ausschuß eine besondere Rolle gespielt hat, nämlich bei der Selbstverwaltung, mit der sich auch mein Herr Vorredner befaßt hat. Die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen sind — zumindest überwiegend — der Auffassung — das ist doch hier wieder betont worden —, daß die Selbstverwaltung der Sozialversicherung nicht eingeschränkt wird. Man hört sogar hier und da das Wort, daß die Selbstverwaltung gestärkt werde. Wo eine solche Stärkung liegen soll, vermag ich allerdings nicht zu sehen.
Insgesamt ist eine gewisse Beeinträchtigung der Selbstverwaltung durch den vorliegenden Gesetzentwurf gegeben, und man wird abwarten müssen, ob die gefundenen Formulierungen zur Stärkung — wie es die Regierung und die Koalition behaupten — oder zur Schwächung — wie wir es behaupten — beitragen. Unseres Erachtens ist man bei der Abfassung des Gesetzentwurfs, aber auch bei den Beratungen allzu stark vom Kontrollgedanken ausgegangen. Manchmal scheint mir das abgewandelte Wort: Selbstverwaltung ist gut, Kontrolle ist besser, bei den Beratungen Pate gestanden zu haben.
Nun noch ein Wort zum Bundesrat, Herr Kollege Gansel, weil Sie dazu etwas gesagt haben. Wir verstehen den Bundesrat als Verfassungsorgan, und wir behalten uns vor, selbst Entscheidungen zu treffen.

(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)

Wenn sich die Auffassungen sehr häufig decken, dann liegt das sicherlich daran, daß die Regierungen der CDU/CSU-regierten Länder nun einmal aus den gleichen Parteien kommen wie wir.
Meine Damen und Herren, die CDU/CSU ist der Auffassung, daß man die Selbstverwaltung stärken sollte, in dem man ihr einen größeren Freiheitsraum — jawohl, Herr Kollege Gansel! — zum autonomen Recht und zur autonomen Gestaltung einräumt. Man sollte sie nicht organisatorisch und verwaltungsrechtlich so einbinden, daß ihre ohnehin eingeschränkten Möglichkeiten noch weiter begrenzt werden.
Ich darf wiederholen: Im Hinblick auf den im Grundgesetz garantierten Grundsatz der Gesetzmäßigkeit ist es ohnehin klar, daß die Träger der Sozialversicherung und der Selbstverwaltung lediglich an die für den Bereich der Sozialversicherung erlassenen formellen Gesetze sowie an die auf Grund ausdrücklicher Gesetzesermächtigung ergangenen Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften gebunden sind. Die übrige Gestaltung oder Ausgestaltung des materiellen Rechts muß der Selbstverwaltung überlassen bleiben. Die Selbstverwaltung hat in der Vergangenheit zur Genüge bewiesen, daß sie vernünftig, schnell und flexibel zu handeln in der Lage ist. Daß sie das kann und daß sie dazu bereit ist, Verantwortung zu tragen, ist gerade in den letzten Wochen bei den Honorarverhandlungen der Krankenkassen bzw. ihrer Verbände mit den Kassenärzten deutlich geworden. Sie zu fördern, daran müßte eigentlich der Gesetzgeber interessiert sein.
Ich sagte schon, das unübersichtliche Sozialrecht sollte in einem Gesetzbuch zusammengefaßt werden. Das war das Ziel. Wenn man sich den ersten Teil, aber mehr noch den vorliegenden zweiten Teil ansieht, so hat man als jemand, der sich seit Jahren mit sozialrechtlichen Fragen befaßt, nicht den Eindruck, daß hiermit eine Vereinfachung des Sozialrechts eintritt. Auf uns werden weitere Teile des Sozialgesetzbuches zukommen, die vielleicht neue komplizierte Regelungen schaffen bzw. neue Anpassungen notwendig machen. Je weiter wir am Sozialgesetzbuch arbeiten, um so zweifelhafter wird das Projekt. Das ist mein Eindruck und die Meinung vieler meiner Freunde. Vereinfachung des Rechts so weit wie möglich, Vereinheitlichung von Rechtsvorschriften und ein funktionierendes Selbstverwaltungsrecht für die gesamte Sozialversicherung lassen sich unseres Erachtens nicht durch mehr Kontrollen, mehr Verbürokratisierung des gesamten Apparats erreichen.
Dies scheint uns aber ein wesentlicher Trend in den bisherigen Teilen des Gesetzbuches zu sein. Obwohl wir das Ziel des Gesetzbuches insgesamt nach wie vor bejahen, wird es für uns immer schwieriger, den gefundenen Regelungen zuzustimmen. Wir haben, wie gesagt, seitens der CDU/CSU-Fraktion unsere Bedenken beim ersten Teil vorgetragen. Wir tun das im gleichen Maße beim zweiten Teil: den gemeinsamen Vorschriften für die Sozialversicherung. Wenn wir dem Gesetz dennoch zustimmen, dann nur deshalb, weil wir das Ziel allgemein bejahen, und in der Hoffnung, daß wir im nächsten Bundestag mit einer anderen Mehrheit hinsichtlich der anderen, noch vor uns liegenden Teile des Sozialgesetzbuches doch noch das eigentliche Ziel erreichen, nämlich die Zusammenfassung und Harmonisierung des vielfach unübersichtlich gewordenen Sozialrechts ohne Änderung des bestehenden Systems in einem Gesetzbuch. Die CDU/CSU wird dem Gesetzentwurf in diesem Sinne zustimmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So weit meine Ausführungen für die CDU/CSU-Fraktion. Lassen Sie mich noch eine persönliche Bemerkung anfügen. Weil die gemeinsamen Vorschriften über die Selbstverwaltung, ihre Organe und Aufgabenstellung, einschließlich der vorgesehenen einheitlichen Haushalts- und Aufsichtsrechte, ohne Rücksicht auf den unterschiedlichen Charakter der einzelnen Versicherungszweige und der jeweils vorherrschenden Versicherungsprinzipien meines Erachtens zwangsläufig zur Einschränkung der Selbstverwaltung führen, kann ich persönlich — das habe ich schon während der Beratungen im Ausschuß ganz deutlich erklärt — dem Entwurf nicht zustimmen. Ich werde mich mit einigen Freunden — so etwas ist bei uns möglich, weil in unserer Fraktion Toleranz geübt wird —, getreu meiner Überzeugung, der Stimme enthalten.

(Beifall bei der CDU/CSU)





Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725600600
Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt (Kempten).

Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0725600700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, die Ausführungen des Kollegen Müller verdienen es, besonders festgehalten zu werden.

(Dr. Blüm [CDU/CSU] : Immer! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Erstens einmal hat er sehr viel Kritik an dem geübt, was wir hier zu verabschieden gedenken, zweitens hat er rechtzeitig den Absprung gefunden, um die Zustimmung der CDU/CSU zu erklären, drittens hat er dann für sich selbst die Enthaltung erklärt. Meine Damen und Herren, eine wunderbare Sache, wie sich hier wieder einmal die Opposition zeigt!

(Beifall bei der FDP — Dr. Blüm [CDU/ CSU]: Das ist Freiheit!)

Kritik wird dort, wo sie eigentlich nicht berechtigt ist, angemeldet. Anschließend wird gesagt: wir machen das aber doch mit. Und zum Schluß enthält sich dann der, der hier für die Fraktion der Opposition offiziell das Wort hat, noch der Stimme. Was ist das eigentlich für eine Opposition! Die Wähler werden das am 3. Oktober entsprechend honorieren. Das kann ich Ihnen sagen.

(Dr. Blüm [CDU/CSU] : Was ist das eigentlich für ein Liberaler!)

— Herr Kollege Blüm, Ihre Auffassung und meine von liberal sind sicher etwas unterschiedlich.

(Dr. Blüm [CDU/CSU] : Da haben Sie recht!)

Aber darüber können wir uns ein andermal unterhalten.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725600800
Herr Kollege Schmidt, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Franke?

Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0725600900
Bitte!

Heinrich Franke (CDU):
Rede ID: ID0725601000
Herr Kollege Schmidt, halten Sie es nicht für ein Kennzeichen großer liberaler Haltung, einem Mitglied einer Fraktion zu gestatten, im Parlament auch seine eigene Meinung, abweichend von der der Fraktion, auszudrücken?

Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0725601100
Herr Kollege Franke, da stimme ich mit Ihnen völlig überein.

(Franke [Osnabrück] [CDU/CSU] : Warum kritisieren Sie denn das?)

— Moment! — Aber dann kann derselbe hier nicht gleichzeitig die Meinung der Fraktion vertreten

(Katzer [CDU/CSU] : Warum denn nicht?)

und in der dritten Lesung sprechen. Da muß er seine Meinung hier vertreten

(Rawe [CDU/CSU]: Das hat er doch getan!)

und nicht gleichzeitig zustimmen und sich enthalten.

(Beifall bei der FDP) Dann hätte der Kollege Müller hier als Kollege Müller für einige Kollegen sprechen müssen und nicht etwa als Sprecher für die Fraktion der CDU/ CSU.


(Franke [Osnabrück] [CDU/CSU] : Sie sind ein schöner Liberaler! — Müller [Remscheid] [CDU/CSU] : Machen Sie doch nicht solche Klimmzüge! — Abg. Müller [Berlin] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Bitte.

Johannes Müller (CDU):
Rede ID: ID0725601200
Herr Kollege Schmidt, ist es Ihnen entgangen, daß ich am Schluß meiner Rede gesagt habe: „Soweit meine Ausführungen für die Fraktion; nun möchte ich eine persönliche Bemerkung machen?"

Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0725601300
Herr Kollege Müller, ich halte es für etwas schizophren, hier oben erst einmal für die Fraktion zuzustimmen und dann zu sagen: Ich selber muß mich aber enthalten. Dann hätte ich zwei Redner gebraucht: einen, der für die Fraktion spricht, und den anderen für seine persönliche Meinung.

(Katzer [CDU/CSU] : Das machen wir in einem!)

Aber lassen wir das. Kehren wir zur Sache zurück.
Das war jedenfalls ein Beispiel für die Unterschiedlichkeit der Auffassungen in der CDU/CSU

(Müller [Berlin] [CDU/CSU] : Für Liberalität!)

— das ist Ihr gutes Recht —, aber auch für die Tatsache, daß Sie nicht einmal in der Lage sind, das von unterschiedlichen Rednern erklären zu lassen, vielmehr einen einzigen Mann schicken, der sozusagen die eine Jacke auszieht und dann die andere anzieht.

(Franke [Osnabrück] [CDU/CSU] : Das ist nicht anständig, was Sie gesagt haben! Sie wissen, daß wir nur aus Zeitersparnisgründen auf mehrere Runden verzichtet haben!)

— Trotzdem kann man es nicht so machen, Herr Kollege Franke.
Aber nun zur Sache. Wir Freien Demokraten begrüßen es sehr, daß heute mit der Verabschiedung des zweiten Teils des Sozialgesetzbuchs ein weiterer Schritt zur Vereinheitlichung unserer Sozialgesetzgebung getan wird.

(Müller [Remscheid] [CDU/CSU] : Schon wieder eine Reform!)

Wir Freien Demokraten waren es, die schon vor langer Zeit die Zusammenfassung der vielschichtigen Entwicklungen in der Sozialversicherung in besser lesbare, besser für den Bürger begreifbare und auch für die in der Sozialversicherung Tätigen besser überschaubare Gesamtwerke gefordert haben. Wir begrüßen daher diesen Schritt sehr.
Wir begrüßen es besonders, daß im Bereich der gemeinsamen Vorschriften einer der wichtigsten, durch alle Sozialgesetzgebung hindurchgehenden



Schmidt (Kempten)

Grundsätze, nämlich der Grundsatz der Selbstverwaltung, als Kernstück angesprochen und in einem — wie ich wohl sagen darf — sehr positiven Sinn geregelt wird. Für uns Freie Demokraten war in der Vergangenheit und ist in der Zukunft Selbstverwaltung ein Kernstück des freiheitlichen Sozialstaats. Wie in der Vergangenheit werden wir uns in Zukunft mit aller Kraft gegen Tendenzen zur Wehr setzen, die Selbstverwaltung in diesen Bereichen einzuschränken.
Deshalb haben wir uns auch — insofern war ich über Ihre Äußerungen, Herr Kollege Müller, etwas überrascht — gegen gewisse Kontrollüberlegungen zur Wehr gesetzt und mit dafür gesorgt, daß gewisse Tendenzen nicht zum Zug kamen. Daß Sie, Herr Kollege Müller, für die CDU/CSU von mehr Kontrolle und weniger Selbstverwaltung sprechen, hat mich überrascht. Denn wenn ich die Anträge des Bundesrats und die Anträge der Opposition zur Frage von mehr Genehmigungspflicht und mehr Anzeigepflicht mir noch einmal vor Augen führe, dann muß ich fragen: Wo war eigentlich bei diesen Anträgen Ihre kritische Einstellung zu manchem?

(Müller [Berlin] [CDU/CSU] : Das habe ich im Ausschuß genügend erklärt!)

Dies ist klarer geworden durch das, was die Ausschußmehrheit und die sozialliberale Koalition bei den Beratungen durch Änderungsanträge vorgelegt haben. Deshalb begrüßen wir Freien Demokraten es ausdrücklich, daß es zu keiner Zentralisierung des Verbänderechts gekommen ist. Es gab gewisse Überlegungen in dieser Richtung.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Wo? — Müller [Berlin] [CDU/CSU] : Wer wollte das denn?)

Es ist nicht dazu gekommen. Wir begrüßen das ausdrücklich. Es gab gewisse Überlegungen.

(Dr. Blüm [CDU/CSU] : Wo?) — Darüber können auch Sie nachdenken.

Wir begrüßen es ausdrücklich, daß die Rechtsaufsicht des Staates nicht erweitert wurde und daß auch bezüglich des Haushaltsrechts der Krankenkassen die Rechtsaufsicht allein blieb und kein Eingriff durch Anträge der Ausschußmehrheit erfolgte.

(Müller [Berlin] [CDU/CSU] : Also doch!)

Wir begrüßen es, daß keine Ersatzvornahme durch die Staatsaufsicht möglich sein wird.
Wir begrüßen es auch, daß der Geschäftsführer ein Teil der Selbstverwaltung bleibt, weil wir das als eine vernünftige und aus der Erfahrung gewachsene Regelung ansehen.
Wir sehen in der Verabschiedung dieses Sozialgesetzbuchs die Zusammenfassung der notwendigen Vorschriften mit mehr Spielraum für die autonome Gestaltung der Selbstverwaltung und mit weniger Einwirkungsmöglichkeiten für den Staat, als manche gewünscht haben. Wir begrüßen ganz besonders den Ausbau der Stellung der Versicherten und ihrer Mitwirkungsrechte im Rahmen dieser Selbstverwaltung, weil wir nach wie vor all denen, die manchmal der
Selbstverwaltung etwas zuviel Eigenständigkeit und dergleichen vorwerfen, immer entgegenhalten möchten: Wer der Selbstverwaltung mißtraut, mißtraut der Freiheit. Dieser Grundsatz der Freien Demokraten gilt auch für weitere Entwicklungen in diesem Bereich. Wir werden auch den Selbstverwaltungsbericht und die daraus zu ziehenden Konsequenzen unter dieser Richtschnur sehen.
Lassen Sie mich einige Sätze zu § 19 sagen, den auch der Kollege Müller bereits angesprochen hat. § 19 führt aus Praktikabilitätsgründen eine gemeinsame Bezugsgröße für den Sozialversicherungsbereich ein.

(Franke [Osnabrück] [CDU/CSU] : Aktualisierung!)

Wir gehen dabei davon aus, daß es sich hier lediglich um eine gemeinsame Bezugsgröße handelt, deren Übertragungsmöglichkeit nur durch Gesetz dieses Hauses zu irgendwelchen Auswirkungen führen könnte. Dabei gehen wir wiederum davon aus, daß diese Bezugsgröße in keiner Weise, auch in der Zukunft nicht, zu Erhöhungen der Versicherungspflichtgrenze in der Krankenversicherung bzw. der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung führen kann bzw. wird.

(Beifall bei der FDP)

Das möchte ich für die Freien Demokraten ganz eindeutig sagen.
Wir gehen allerdings auch davon aus, daß die Stärkung der Selbstverwaltung, die Zusammenfassung der Selbstverwaltungspflichten und -möglichkeiten, von den Trägern der Selbstverwaltung in der bestmöglichen Form genutzt wird, daß manches, was in der Vergangenheit vielleicht noch nicht so konkret gesehen wurde, dort noch stärker in eigener Verantwortung und damit auch in Verantwortung vor dem Ganzen getragen wird, daß die Selbstverwaltung also ihre Möglichkeiten im wohlverstandenen Sinne ausschöpft. In diesem Sinne stimmen wir Freien Demokraten diesem Sozialgesetzbuch, zweiter Teil, gemeinsame Vorschriften, ganz besonders gern zu, weil hiermit eine klare Aussage der sozialliberalen Koalition im liberalen Sinne zur Stärkung der Selbstverwaltung im Sozialversicherungsbereich abgegeben wird.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725601400
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.

Walter Arendt (SPD):
Rede ID: ID0725601500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor gut einem halben Jahr hat dieses Hohe Haus den ersten, den allgemeinen Teil des Sozialgesetzbuches verabschiedet. Ich begrüße es, daß heute die zweite Stufe dieses bedeutenden Gesetzgebungswerkes zur Verabschiedung ansteht. Auch das ist ein Beweis dafür, daß in dieser Legislaturperiode solide Reformarbeit geleistet worden ist.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Blüm [CDU/CSU] : Schwacher Beifall bei Bundesminister Arendt der SPD! — Franke [Osnabrück] [CDU/ CSU] : Pusten Sie mal nicht mehr rein, als drin ist!)




Die gemeinsamen Vorschriften für die Sozialversicherung, die jetzt verabschiedet werden sollen, bezeichnen eine wichtige Wegmarke im Sozialleistungsrecht. Mit dem Sozialgesetzbuch wollen wir das gesamte, wegen seiner rechtlichen Zersplitterung unübersichtlich gewordene Sozialrecht nach einheitlichen Grundsätzen zusammenfassen. Wir wollen es grundlegend vereinfachen, und wir wollen das Rechtsverständnis des Bürgers und sein Vertrauen in den sozialen Rechtsstaat durch größere Überschaubarkeit fördern.
Für den Bereich der Sozialversicherung kommt der Verwirklichung dieses Zieles eine ganz besondere Bedeutung zu. Die für Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung gemeinsam geltenden Vorschriften sind in den mehr als 60 Jahren seit der Verabschiedung der Reichsversicherungsordnung nicht nur außerordentlich unübersichtlich geworden; sie sind auch hinter den gewandelten Lebensverhältnissen zurückgeblieben. Der Ihnen jetzt zur Verabschiedung vorliegende Gesetzentwurf bringt für die gemeinsamen Fragen aller drei Sozialversicherungszweige klare, übersichtliche und verständliche Regelungen. Dichte und Belastbarkeit unseres weitgespannten und eng geknüpften sozialen Netzes ermöglichen und erfordern es, in verstärktem Maße auch an der Verbesserung seiner inneren Geschlossenheit zu arbeiten; denn die Wirksamkeit einer Sozialrechtsordnung ist sowohl nach dem Umfang der Leistungen zu bewerten als auch nach der Qualität und Effizienz, mit der diese Leistungen dem Bürger dienen. Die gemeinsamen Vorschriften für die Sozialversicherung enthalten eine systematische Darstellung und Klärung der Grundlagen und Grundbegriffe für das Versicherungsverhältnis. Damit wird ein wesentlicher Beitrag zur Harmonisierung zwischen den einzelnen Versicherungszweigen geleistet.
Zentrale Bedeutung kommt der Neugestaltung der Begriffe „Beschäftigung" als gemeinsame Grundlage für die Versicherungspflicht und dem „Arbeitsentgelt und -einkommen" als Grundlage für die Leistungen und Beiträge zu. Sie wurden mit den heutigen sozialpolitischen Anforderungen in Einklang gebracht.
Das Selbstverwaltungs- und Aufsichtsrecht wird kodifiziert. Während der Vorbereitung des Entwurfs der gemeinsamen Vorschriften sind dagegen Vorbehalte geäußert worden. Deshalb mache ich hier noch einmal ausdrücklich darauf aufmerksam, daß in einer Reihe von Vorschriften die Gestaltungsfreiheit der Selbstverwaltung im Vergleich zum geltenden Recht nicht unwesentlich erhöht wird. Zugleich wird damit die Reihe der Maßnahmen zur Stärkung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung fortgesetzt.
Dem federführenden Ausschuß möchte ich meine besondere Anerkennung dafür aussprechen, daß es ihm gelungen ist, für das Verhältnis zwischen Selbstverwaltung und Aufsicht angemessene Regelungen zu finden. Dadurch wird der Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit der Selbstverwaltungsorgane gewahrt, die Rechtsaufsicht und ein zum Wohle der Versicherten fruchtbares Zusammenwirken von Versicherungsträgern und Aufsichtsbehörde gewährleistet.
Mit den Regelungen über das Haushalts- und Rechnungswesen wird ein Auftrag des Gesetzgebers nach dem Haushaltungsgrundsätzegesetz erfüllt. Sie geben den Versicherungsträgern erstmals ein modernes Instrumentarium für ihre Haushaltsführung an die Hand, das auf die Besonderheiten der Sozialversicherung zugeschnitten ist. Darüber hinaus wird den Versicherungsträgern ein moderner Katalog für die Anlage ihres Vermögens zur Verfügung gestellt. Dieser Katalog ermöglicht, ihre Gelder verlustsicher, ertragbringend und liquide zu verwalten. Als wesentliche Verbesserung möchte ich noch die neuen Regelungen über den Fortbestand des Versicherungsschutzes von Arbeitnehmern auch bei langjähriger Entsendung in das Ausland nennen.
Die Arbeiten am Sozialgesetzbuch gehen weiter. Im Zusammenwirken mit der von der Bundesregierung eingesetzten Sachverständigenkommission sind im Arbeitsministerium weitere Einzelbereiche für die Kodifikation vorbereitet worden. Herr Kollege Müller, da diese Koalition auch nach dem 3. Oktober die Verantwortung tragen wird,

(Beifall bei der SPD und der FDP — Müller [Berlin] [CDU/CSU] : Irrtum, Herr Minister!)

sind damit gute Voraussetzungen geschaffen, die Arbeiten am Sozialgesetzbuch in der nächsten Legislaturperiode abzuschließen.

(Müller [Remscheid] [CDU/CSU] : Das werden wir machen!)

Die noch vor uns liegende Aufgabe ist nicht leicht. Unterschiedlich gewachsene und strukturierte Bereiche sind zu einem harmonischen Ganzen zusammenzufügen. Das Sozialgesetzbuch soll nicht nur eine Aneinanderreihung einzelner Gesetze, sondern eine überschaubare und in sich abgestimmte Sozialrechtsordnung widerspiegeln. Dabei verkenne ich nicht, daß dem Streben nach Transparenz und Einfachheit des Sozialrechts Grenzen gesetzt sind, die im wesentlichen darauf beruhen, die aus Gründen der Rechtssicherheit unentbehrliche Genauigkeit zu bewahren.
Ich möchte Sie bitten, diesem Gesetz Ihre Zustimmung zu geben.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725601600
Wird des weiteren das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Es liegt ein Änderungsantrag aller Fraktionen dieses Hauses auf der Drucksache 7/5551 vor. Das Wort dazu wird nicht gewünscht.
Ich kann über den Antrag als Ganzes abstimmen lassen. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen. Damit sind die Änderungen angenommen.
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256. Sitzung. Bonn,Donnerstag, den I. Juli 1976 18333
Vizepräsident Dr. Jaeger
Ich lasse nun über den Gesetzentwurf als Ganzen abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Bei einer Enthaltung ist es ohne Gegenstimmen so beschlossen.
Wir haben noch über den Ausschußantrag zu befinden, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Eingaben und Petitionen für erledigt zu erklären. — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:
a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzse zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder"
— Drucksache 7/5121 —
aa) Bericht des Haushaltsausschusses

(8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung

— Drucksache 7/5467 — Berichterstatter:
Abgeordneter Carstens (Emstek)

bb) Bericht und Antrag des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit (13. Ausschuß)

— Drucksache 7/5414 — Berichterstatterin:
Abgeordnete Frau Lüdemann (Erste Beratung 245. Sitzung)

b) Zweite Beratung des von den Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Burger, Braun, Dr. Hammans, Geisenhofer, Frau Dr. Neumeister, Schröder (Lüneburg), Frau Hürland, Rollmann, Frau Schleicher, Kroll-Schlüter und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder"
— Drucksache 7/5062
aa) Bericht des Haushaltsausschusses

(8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung

Drucksache 7/5467 — Berichterstatter:
Abgeordneter Carstens (Emstek)

bb) Bericht und Antrag des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit (13. Ausschuß)

— Drucksache 715414 —
Berichterstatterin:
Abgeordnete Frau Lüdemann

(Erste Beratung 245. Sitzung)

Ich danke den Berichterstattern für ihre Berichte.
Wir kommen in zweiter Beratung zur Abstimmung über den Ausschußantrag: Art. 1, 2, Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich bitte um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Egert.

Jürgen Egert (SPD):
Rede ID: ID0725601700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundestag verabschiedet heute das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder". Dies gibt mir Veranlassung, sowohl der Bundesregierung als auch der Opposition für die wirklich zügige Beratung zu danken, die es uns heute erlaubt, zur Schlußabstimmung über diesen Gesetzentwurf zu kommen, der eine fühlbare Leistungsverbesserung für die Betroffenen bringen soll.
Einstimmig verabschiedete der Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit eine Anhebung der Renten für Contergan-geschädigte Kinder um 25 %. Auch wir hätten eine Anhebung der Renten um 30 %, die im Antrag der Opposition vorgesehen war, für besser gehalten; der vorgesehene finanzielle Rahmen ließ eine solche Anhebung jedoch nicht zu. Die Opposition hat sich im Interesse eines zügigen Fortgangs der Beratungen damit einverstanden erklärt, den Antrag der Koalitionsfraktionen zur Beratungsgrundlage zu machen, und sie hat den gesetzten finanziellen Rahmen, eine einmalige Aufstockung des Stiftungsvermögens um 50 Millionen DM, als dem Grunde nach angemessen akzeptiert. Neben der Anhebung der Renten hat der Ausschuß beschlossen, die Contergan-Opfer beim Grunderwerb mit Hilfe einer kapitalisierten Rente in gleicher Weise von der Grunderwerbsteuer zu befreien, wie dies im Rahmen landesrechtlicher Regelungen für Leistungsempfänger nach dem Bundeswersorgungsgesetz geht.
Mit der Verabschiedung des Gesetzes löst der Bundestag auch das Versprechen der Bundesregierung, gegeben durch den damaligen Bundesjustizminister Gerhard Jahn, ein, die Renten den wirtschaftlich veränderten Daten anzupassen. Mein Kollege Eugen Glombig hat bereits bei der ersten Lesung deutlich gemacht, daß unter anderem die Reform des Arzneimittelrechts den Anstoß für diese Novelle gegeben hat. In Anbetracht der Tatsache, daß die dort vorgesehene Entschädigung möglicher Opfer von Arzneimittelschäden auch für den Fall ausdrücklich geregelt ist, daß dem Hersteller keine Schuld nachgewiesen werden kann, erscheint es uns gerechtfertigt, nochmals einen größeren Betrag au Bundesmitteln für die Stiftung zur Verfügung zu stellen.
Mit der jetzt vorgenommenen Leistungsverbesserung stehen für Entschädigungsleistungen an die betroffenen Kinder insgesamt 200 Millionen DM zur Verfügung, cl. h. das Doppelte von dem, was die Firma Chemie Grünenthal seinerzeit im Ver-



Egert
gleichswege als einmalige Abfindung zur Verfügung gestellt hat. Ich darf hier feststellen, daß die Festlegung des heutigen Leistungsrahmens mit Kapitalentschädigung und der lebenslangen Rente ohne die Hilfe des Bundes, d. h. ohne die Hilfe der Steuerzahler niemals möglich gewesen wäre. Ich meine, daß man dies auch deshalb deutlich sagen muß, weil es noch immer bestimmte Leute gibt, denen die gesetzliche Lösung ein Dorn im Auge war und ist und die deshalb wider besseres Wissen behaupten, die gesetzliche Regelung habe gegenüber der Vergleichsregelung keine Besserstellung der Betroffenen gebracht.
Wir alle wünschen und hoffen, daß sich ähnliche Arzneimittelkatastrophen in Zukunft nicht mehr wiederholen mögen. Wir erwarten und hoffen, daß das neue Arzneimittelrecht, das inzwischen alle parlamentarischen Hürden genommen hat, dazu einen Beitrag leistet. Wir gehen davon aus, daß es dazu beitragen wird, größtmögliche Sicherheit für den unmittelbaren Verbraucher von Arzneimitteln zu schaffen.
Wir Sozialdemokraten stimmen dem Gesetzentwurf, der dem Bundestag vorliegt, zu.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725601800
Das Wort hat der Abgeordnete Burger.

Albert Burger (CDU):
Rede ID: ID0725601900
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum zweitenmal behandelt der Deutsche Bundestag einen Gesetzentwurf über die Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder". Aus den 2 500 Contergan-geschädigten Kindern sind allerdings inzwischen Jugendliche geworden. 15 bis 18 Jahre alt, stehen sie vor dem zweiten Lebensabschnitt und damit vor neuen Problemen.
Heute geht es darum, die Rentenleistungen den erhöhten Lebenshaltungskosten anzupassen. In den Jahren 1971 bis 1975 haben sich diese um rund 30 % erhöht, und für 1976 ist eine weitere Steigerung um 5 % zu erwarten. Seit über einem Jahr bemühen sich Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion, durch Erschließung finanzieller Möglichkeiten eine einmalige Anhebung der Renten zu erreichen. Die drohende Verschlechterung des sozialen Besitzstandes der Contergan-Geschädigten sollte dadurch verhindert werden.
In einem eigenen Gesetzentwurf fordern wir eine Anhebung der Renten um 30 %. Wenn in diesem Zusammenhang der SPD-Abgeordnete Glombig von einem „Schaufenstereffekt" sprach, so müssen wir diese abwertende Kritik zurückweisen. Die CDU/ CSU fühlt sich dem Schicksal der betroffenen Behinderten verpflichtet, und sie wird mit allem Nachdruck das Notwendige tun, um im Rahmen der Möglichkeiten zu helfen. Der Deutsche Bundestag steht hier in einer Gesamtverantwortung, und es werden keine Gefälligkeiten von der Regierung und einer Regierungspartei gewährt. Wir wollten mit unserem Gesetzentwurf unseren Willen bekunden. Es ist nicht Aufgabe der Opposition, maßgeschneiderte Gesetze zu entwerfen.

(Katzer [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Dafür haben wir keinen Apparat. Aber wir lassen
diesen unseren ehrlichen Willen nicht madig machen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Katzer [CDU/ CSU] : Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, leider haben sich die Erwartungen bezüglich Spenden und weiterer Zuschüsse für die Stiftung nicht erfüllt, so daß meine Fraktion der Anhebung um 25 % zustimmen wird, weil die zugeführten 50 Millionen DM nach einem Gutachten von Professor Heubeck eine höhere Anpassung nicht erlauben.
Die CDU/CSU hat sich bei den Ausschußberatungen besonders dafür eingesetzt, daß die Grunderwerbsteuer für Contergan-Geschädigte dann nicht erhoben wird, wenn aus Mitteln der Rentenkapitalisierung Grundstücke erworben werden. Das soziale Entschädigungsrecht hat neue Gruppen von Betroffenen, z. B. die Impfgeschädigten und die Opfer von Straftaten, in das Bundesversorgungsgesetz übernommen. Da diese von der Grunderwerbsteuer befreit sind, ist es recht und billig, diese Diskrepanz zugunsten der Contergan-Geschädigten zu beseitigen.
Die heutigen Beschlüsse werden die finanziellen Leistungen des Gesetzes den gestiegenen Lebenshaltungskosten anpassen. Ungelöst bleiben dagegen — ich glaube, wir müssen im Zusammenhang mit dieser Debatte auch darauf hinweisen — Probleme von 2500 Einzelschicksalen, die vor dem zweiten, entscheidenden Lebensabschnitt stehen. Contergan-
Geschädigte stehen vor Schulentlassung und Berufsausbildung, und für manche kann, wenn nicht rechtzeitig Vorsorge getroffen wird, dies die Endstation sein. Auch werden mit zunehmendem Alter die Behinderungen dieser Contergan-Geschädigten drükkender. Einer davon erklärte kürzlich: „Ich werde ein Leben führen müssen, das mich von manchem ausschließt; als Kind spürte ich das noch nicht." Er sagte weiter: „Viel Kummer macht mir die Umwelt." Also trotz verbesserter Gesetze, trotz positiv sich einsetzender Medien und vieler Anstrengungen wird die Alltagswirklichkeit den Behinderten offensichtlich noch immer nicht gerecht. Auch Ernst Wilhelm Bauer, ein querschnittsgelähmter Kunstmaler, berichtet aus dem Leben eines Behinderten in einem Buch mit dem Titel „Ein Stuhl zwischen den Stühlen" über diese Erfahrungen. Es ist ein unbequemes Buch. Es schildert die Alltagswirklichkeit, eine abweisende, weil für Gesunde eingerichtete Umwelt, in der sich niemand gern daran erinnern lassen möchte, daß Kraft, Gesundheit und Glück nur Leihgaben sind und daß das Leben auch Verzicht, Schmerz und Häßlichkeit sein kann. Der Schriftsteller weist darauf hin, daß auch vollrehabilitierte Behinderte bedeutend eingeschränkte Startchancen haben. Es ist erschreckend zu hören, daß es trotz der scheinbar so ideal gelösten Probleme und guter Erfolgsstatistiken offensichtlich nicht gelungen ist, den Behinderten das Bewußtsein ihrer vollen Teilnahme am Leben der Gesellschaft zu geben. Die Umweltverhältnisse
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 7.S6. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juli 1976 18335
Burger
— so kritisieren diese — seien maßgeschneidert für den Nichtbehinderten; der Behinderte empfinde diese Umwelt als herzlos und gefühlsarm; er fühle sich hoffnungslos abgeschlagen und frage sich, ob es sich lohne, für den Rest noch zu leben. Wenn der Autor auf die vielfältige Problematik einer Partnerbeziehung zwischen einem Nichtbehinderten und einem Behinderten eingeht, so spricht er auch einen Punkt an, der vor allem für die Contergan-Geschädigten von großer Bedeutung ist. Alles, was im Leben gemeinsam unternommen werden kann oder soll, richtet sich ja nicht nach den Wünschen der Beschädigten, sondern nach den verbliebenen Möglichkeiten. Von zehn Möglichkeiten müssen die Schwerbehinderten aber von vornherein acht vergessen.
Es ist keine Einzelstimme, die wir hier hören. Auch einige Contergan-Geschädigte haben sich öffentlich geäußert, so das Mädchen Monika, die in einem Interview davon sprach, daß die Probleme von Tag zu Tag wüchsen.
Diese Aussagen machen überdeutlich, daß es nicht damit getan ist, Gesetze zu beschließen und materielle Leistungen zu gewähren, sondern daß die Eingliederung vor allem der Schwerstbehinderten eine Daueraufgabe darstellt, die von allen Bürgern in unserem Lande mehr Aufgeschlossenheit verlangt.
Die wirtschaftliche Rezession und die größeren Möglichkeiten im Bereich der Bildung haben den Wettbewerb der Menschen untereinander verschärft. Die Bürger mit Handicaps werden dabei an den Rand gedrängt. Bei der Durchführung des Schwerbehindertengesetzes fehlt es heute noch an Fachdiensten, die dafür sorgen, daß die Behinderten einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz erhalten, daß sie dort auch richtig eingesetzt werden, daß sie menschliches Verständnis seitens der Arbeitgeber und vor allem auch seitens der Mitarbeiter finden. Schließlich müssen größere Anstrengungen unternommen werden, um die Umwelt behindertenfreundlich zu gestalten. Die Gesunden müssen sich stets vor Augen halten, daß auch sie jederzeit betroffen sein können.
Es zeigt sich immer deutlicher, daß es einen bemerkenswerten Gegensatz zwischen den Erfolgsstatistiken der Bundesregierung und den von ihr geweckten Erwartungshorizonten auf Grund einer tatsächlich verbesserten Gesetzgebung und der Wirklichkeit im Alltag gibt.
Mit unserem heutigen Beitrag wollen wir die Situation weder in schwarz noch in grau schildern, und wir wollen auch nicht Unzufriedenheit provozieren. Es gibt natürlich auch viele positive Seiten. Die CDU/CSU will deutlich machen, daß sie alle ihre Möglichkeiten einsetzen wird, um — über die Gesetzgebung hinaus — in allen Bereichen der Gesellschaft auf die besonderen Probleme der behinderten Mitbürger hinzuweisen. Die Ziele der Rehabilitation müssen verwirklicht werden.
Umfang und Schwierigkeit dieser Daueraufgabe erfordern es, den guten Willen aller voll einzusetzen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion bedauert es deshalb nochmals zutiefst, daß der sehr sachverständige Kollege Glombig mit einer völlig überflüssigen Polemik die konstruktive Arbeit der CDU/CSU in diesem Zusammenhang attackiert hat.

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

Die ständige Wiederholung von Erfolgsmeldungen durch die Bundesregierung kann und darf den Bundestag nicht darüber hinwegtäuschen, daß es weiterhin größter Anstrengungen bedarf, um diese für unsere Gesellschaft wesentliche soziale Frage zu lösen.

(Katzer [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

Die Contergan-Geschädigten mahnen in dieser Stunde stellvertretend für alle Behinderten, in den Anstrengungen nicht nachzulassen, damit das Verständnis unserer Mitbürger zunimmt.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird dem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725602000
Das Wort hat Frau Abgeordnete Lüdemann.

Barbara Lüdemann (FDP):
Rede ID: ID0725602100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die FDP-Fraktion ist es außerordentlich erfreulich, daß das Änderungsgesetz über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder" noch unmittelbar vor Beendigung der Parlamentsarbeit dieser Legislaturperiode in Einmütigkeit — das möchte ich betonen — verabschiedet werden und somit den Contergan-geschädigten jungen Menschen noch effektivere Hilfe zuteil werden kann.
Meine Damen und Herren! Die von uns vorgesehene Rentenerhöhung ist eine Leistung, die über die Gegebenheiten des geltenden Zivilrechts hinausgeht, denn privatrechtliche Schadenersatzrenten werden sonst grundsätzlich nicht mit steigenden Lebenshaltungskosten erhöht. Auf Grund der besonderen Verantwortung, die der Staat nun einmal mit der Errichtung der Stiftung für die Contergan-geschädigten Kinder übernommen hat, sind wir dennoch alle gerne bereit, mit der Bewilligung von einmalig 50 Millionen DM die Renten um 25 % zu erhöhen. In den Ausschußberatungen wurde deutlich, daß alle drei Fraktionen die Renten gerne noch weiter erhöht hätten, aber dies derzeitig nicht möglich ist, wenn das Vermögen nicht angegriffen werden soll, was bekanntlich kein guter Finanzverwalter tut.
Als außerordentlich bedauerlich muß ich hier noch einmal betonen, daß die bereits vor Jahren von der Firma Grünenthal gezahlte erste Entschädigungsrate in Höhe von 50 Millionen DM bis zum heutigen Tage nicht für die jungen Menschen zur Verfügung steht. Durch den Rechtsstreit mit dem sogenannten Treuhänder, der bis heute nicht entschieden ist, entsteht für uns Freie Demokraten der Eindruck, daß es manchem Beteiligten nicht um das Wohl der Kinder geht. In diesem Prozeß geht es darum, daß die Gegenseite behauptet, der Gesetzgeber habe das den Geschädigten zustehende Geld



Frau Lüdemann
zu Unrecht in die Stiftung eingebracht. Aber, meine Damen und Herren, was wäre aus dem Geld ohne die Stiftung geworden?
Erstens hätte das den Eltern zugewiesene Geld der Einkommensteuerpflicht unterlegen. Durch das Stiftungsgesetz ist es steuerfrei.
Zweitens wäre es einschließlich der daraus erwachsenen Zinsen auf eventuelle Leistungen aus der Sozialhilfe und den Sozialversicherungen anzurechnen gewesen. Durch das Stiftungsgesetz wird es nicht angerechnet. So wäre in vielen Fällen das Geld aufgezehrt worden, ohne daß daraus eine lebenslange Sicherung für die Geschädigten garantiert wäre. Und dies wäre gerade dort geschehen, wo es sich für die Geschädigten am verhängnisvollsten ausgewirkt hätte, nämlich in jenen Familien, die von der Sozialhilfe leben oder in anderer Weise mit kleinen Einkommen auszukommen haben.
Drittens: Viele Eltern hätten das Geld für ihre Kinder sicher gut angelegt; aber es hätte auch solche gegeben, die vielleicht in guter Absicht ein eigenes Unternehmen oder einen Geschäftsbetrieb gegründet hätten, der unterdessen längst nicht mehr existieren würde.
So glauben wir alle, daß dieses Gesetz über die Errichtung einer Stiftung ein gutes Gesetz war und durch die heutige Verabschiedung der Änderung noch verbessert wird. So können wir alle nur hoffen, daß nun, nachdem die mündliche Verhandlung in Karlsruhe stattgefunden hat, das Urteil bald zugunsten der jungen Menschen gefällt wird.
Wir Freien Demokraten sind erfreut, daß die bisher ungleichen Entscheidungen der Finanzämter für die Zukunft ausgeräumt werden konnten. Wenn die Renten zum Zwecke des Grunderwerbs kapitalisiert werden, bleibt dieser Grundstückskauf verbindlich von der Grunderwerbsteuer befreit.
Meine Damen und Herren! Mit den heute verabschiedeten Verbesserungen für die Contergan-Geschädigten können wir die materielle Situation der Betroffenen verbessern. Aber vergessen wir nicht, daß die Sorge und Not der Eltern uni ihre Kinder dadurch nicht gebessert wird. Die jungen Menschen stehen vor dem Haupt- oder Realschulabschluß; einige werden in den nächsten Jahren ihr Abitur machen. Die schwierigste Zeit steht ihnen allen damit noch bevor. Sie werden jetzt nämlich immer selbständiger werden und unter Umständen zum Zwecke der Berufsausbildung ihr hilfreiches Elternhaus verlassen müssen. Geben wir uns alle Mühe, daß wir den Contergan-Geschädigten die Chance eröffnen, daß sie eine ihrer Behinderung gemäße Berufsausbildung durchlaufen und erfolgreich abschließen können, damit sie volle Befriedigung in einem qualifizierten Beruf finden und dadurch trotz ihres so sehr harten Loses wenigstens auf beruflichem Sektor zufriedene Menschen werden können.

(Beifall)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725602200
Liegen weitere Wortmeldungen vor? — Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe! — Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? — Keine Enthaltungen; einstimmig angenommen.
Wir haben nun noch über den Antrag zu befinden, mit der Annahme dieses Gesetzes den Entwurf auf Drucksache 7/5062 für erledigt zu erklären. Wer zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Apothekenwesen
— Drucksache 7/4281 —Bericht und Antrag des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit (13. Ausschuß)

— Drucksache 7/5420 — Berichterstatter:
Abgeordneter Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein

(Erste Beratung 207. Sitzung)

Das Wort als Berichterstatter hat der Abgeordnete Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein.

Prinz Botho zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (CDU):
Rede ID: ID0725602300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte um eine Korrektur des Berichts in Drucksache 7/5420, Seite 3, rechte Spalte, 4. Absatz, 12. Zeile von oben. Das Wort „ausgeschlossen" ist durch das Wort „sichergestellt" zu ersetzen.

(Beifall)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725602400
Ich danke dem Berichterstatter für seinen Bericht und die Ergänzung. Ich schlage Ihnen vor, jetzt die zweite Beratung mit einer allgemeinen Aussprache zu eröffnen und dabei bereits über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zu diskutieren.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Jaunich.

Horst Jaunich (SPD):
Rede ID: ID0725602500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die mir eingeräumte Redezeit von fünf Minuten verbietet es, noch einmal eine Würdigung des nunmehr zur Verabschiedung stehenden Gesetzentwurfs vorzunehmen. Ich möchte daher kurz an die generelle Bewertung erinnern, welche ich für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion bei der ersten Lesung am 5. Dezember vergangenen Jahres vorgenommen habe. Ich habe damals diesen Entwurf begrüßt, weil er vorrangig zwei Ziele verfolgt, nämlich erstens eine bessere Arzneimittelversorgung für Krankenhäuser und zweitens erhöhte Arzneimittelsicherheit — und dies zusammen noch zu Preisen, die wir durch die vorgesehenen Maßnahmen senken zu können glauben.
Der Sprecher der Opposition zu diesem Fragenkomplex hat sich am 5. Dezember hier dazu ver-



Jaunich
stiegen, diese unsere Maßnahmen als „Verstaatlichung" und „Sozialisierung" zu bezeichnen, und zwar ging er dabei auf den § 14 Abs. 4 Satz 2 zurück, just auf jene Bestimmung, zu der der Änderungsantrag der Opposition vorliegt.
Die Opposition hat sich auch durch die Beratungen im Ausschuß nicht von ihrer Meinung abbringen lassen; sie hat sich von ihr auch nicht durch das abbringen lassen, was die Sachverständigen in der vom Ausschuß durchgeführten Anhörung dazu gesagt haben.

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Die hatten doch dieselben Bedenken!)

Dies ist eigentlich zu bedauern und wohl darauf zurückzuführen, daß sich die Union von vornherein eine gewisse Marschroute vorgenommen hatte, die in der Schlußbemerkung des Kollegen Sayn-Wittgenstein am 5. Dezember erkennbar wurde, als er nämlich ein Zitat von Machiavelli vortrug, das ich jetzt noch einmal aus der Kiste heraushole, Herr Kollege:
Will man einem Volk eine neue Verfassung geben, so muß man unbedingt einen Schein der alten Einrichtung wahren, denn die Mehrzahl der Menschen läßt sich vom Schein so gut abspeisen wie von der Wirklichkeit.
Sehen Sie, und um diesen Schein geht es Ihnen! Sie wollen hier wiederum eine Parole — Sozialisierung, Verstaatlichung der Arzneimittelversorgung — in das Volk hineinhämmern, die von den Fakten her unbegründet ist. Worum geht es? Es geht darum, daß wir den Krankenhäusern die Möglichkeit einräumen, im Rahmen der Ersten Hilfe und der Notfallversorgung Medikamente abzugeben und für die an der ambulanten Versorgung beteiligten Ärzte den Praxisbedarf in der Krankenhausapotheke befriedigen zu können.

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Wer überwacht das?)

Der Ausschußbericht, den Sie, Herr Kollege Sayn-Wittgenstein, ja verfaßt oder zumindest unterschrieben haben — —

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Nein, ich habe ihn auch verfaßt!)

— Lassen wir das doch! Wir wissen doch, wie sie zustande kommen, Herr Kollege.

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, daß ich ihn selbst gemacht habe!)

Ich kenne doch Ihre Sorgen im Hinblick auf den Abgang des Herrn Adam; Sie hatten doch Sorge, wer denn nun den Bericht machen würde. Also lassen wir das.

(Abg. Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Ja, bitte.

Prinz Botho zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (CDU):
Rede ID: ID0725602600
Herr Kollege Jaunich, sind Sie bereit, sich beim Ausschußsekretär zu erkundigen, daß die wesentlichen Passagen dieses Berichts von mir stammen?

Horst Jaunich (SPD):
Rede ID: ID0725602700
Bei Herrn Kollegen Adam, der nicht mehr Bediensteter im Hause ist, werde ich das schlecht tun können.

(Zuruf des Abg. Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU])

— Bei seinem Nachfolger werde ich das gern tun.
Der Bericht, auf den ich mich jetzt hier beziehe, weist zu dieser Frage doch aus, was als Praxisbedarf definiert wird.

(Katzer [CDU/CSU] : Warum denn die Unterstellung? Das ist doch überflüssig!)

— Um was geht es denn? Melden Sie sich bitte zu Wort, Herr Kollege Katzer. Ich kann Sie akustisch nicht verstehen. Auch im übrigen habe ich Schwierigkeiten, Sie zu verstehen.

(Katzer [CDU/CSU]: Völlig überflüssig!)

In diesem Bericht des Herrn Berichterstatters steht ja, was wir unter „Praxisbedarf" verstehen. Es geht dabei um den Bedarf für den Tag oder höchstens für die nächsten drei Tage. Aus dieser Öffnung leitet die Opposition Sozialisierungs- oder Verstaatlichungstendenzen ab. Ich kann ihr hierbei nicht folgen; ich kann ihr aber auch nicht helfen. Ich kann mir das nur aus der Marschrichtung heraus erklären, die bereits am 5. Dezember anvisiert wurde.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft, für uns ein sehr kompetenter Partner bei der Verabschiedung eines solchen Gesetzes, hat bei der Anhörung gesagt:
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hält es für unverzichtbar, daß es in § 14 Abs. 4 Satz 2 insoweit bei der Formulierung des Regierungsentwurfs bleibt.
Wir haben diesen Regierungsentwurf weiter verdeutlicht, und zwar auch im Sinne der Anmerkungen der Krankenhausgesellschaft. Wir befinden uns hier in guter Nachbarschaft. Niemand wird sagen können, daß die Deutsche Krankenhausgesellschaft in besonderer Weise der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion nahesteht.

(Zuruf des Abg. Katzer [CDU/CSU])

Sie haben einmal gesagt, daß Sie damit nicht verheiratet seien. Wir sind es sicherlich nicht. Aber bei Ihnen gibt es ja eine gewisse Verwandtschaft zumindest zur dortigen Führung.

(Burger [CDU/CSU] : Was soll das?)

Kurzum: Wir werden den Antrag ablehnen. Wir werden das Gesetz in der Fassung der Ausschußvorlage annehmen und leisten damit einen Beitrag zur Erhöhung der Arzneimittelsicherheit und zu einer besseren Versorgung mit Arzneimitteln in Krankenhäusern — und dies zu sinkenden Preisen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)





Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725602800
Das Wort hat der Abgeordnete Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein.

Prinz Botho zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (CDU):
Rede ID: ID0725602900
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Anbetracht der umfangreichen Tagesordnung, die heute noch zu bewältigen ist, möchte ich mich auf einige wenige Anmerkungen zu einem Punkt dieses Gesetzentwurfs beschränken. Es lohnt sich auch nicht, sich mit den Ausführungen des Kollegen Jaunich zu befassen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

In § 14 Abs. 4 hatte die Regierung vorgesehen, daß künftig auch im Krankenhaus ambulant behandelte Patienten durch die Krankenhausapotheke versorgt werden können. Eine Begründung für diese einschneidende und weitreichende Änderung des Status quo fehlte jedoch.
In der ersten Lesung interpretierte der zuständige Minister auch diese Regelung als flankierende Maßnahme zur Eckwertvorlage der Bundesregierung. Er versprach sich davon 1. eine Verbesserung der Arzneimittelversorgung der Krankenhauspatienten, 2. eine Verbesserung des Wettbewerbs im Bereich der Arzneimittelversorgung zwischen den Krankenhausapotheken einerseits und den öffentlichen Apotheken andererseits.
Die Regierungsvorlage wie aber auch jetzt die vorliegende Ausschußfassung von SPD und FDP widerspricht nach Auffassung von CDU/CSU 1. grundsätzlich dem Sicherstellungsauftrag der öffentlichen Apotheken, der eine wesentliche Voraussetzung für ihre Funktions- und Leistungsfähigkeit ist; 2. führt eine solche Regelung in der Praxis zu einer empfindlichen Aushöhlung des anerkannten Grundsatzes der freien Apothekenwahl; 3. führt diese Regelung zu keiner Verbesserung des Wettbewerbs, sondern zu einer Wettbewerbsverzerrung.
Es zeugt von einem eigenartigen Wettbewerbsverständnis, wenn man zwei so unterschiedlich strukturierte Konkurrenten wie die auf Gewinn ausgerichtete privatwirtschaftliche, öffentliche Apotheke und die nur kostendeckend arbeitende Krankenhausapotheke miteinander ins Rennen schickt.
4. Diese Regelung führt zu keiner Verbesserung der Arzneimittelvorsorgung ambulanter Krankenhauspatienten. Diese wurde in der Vergangenheit und wird heute ordnungsgemäß und ohne Anlaß zu Beanstandungen durch die öffentlichen Apotheken ausgeführt.
5. Mit einer solchen Regelung wird eine zusätzliche Anforderung an die Krankenhausapotheke gestellt, für die wieder zusätzliche finanzielle Leistungen erbracht werden müssen.
6. Die Überwachung dieser Regelung, wie sie der Ausschuß jetzt vorgesehen hat, Herr Jaunich, ist außerordentlich schwierig; denn a) sind die Kassen an einer solchen Überwachung nicht interessiert, b) sind die Apotheker im Krankenhaus in einem Interessenkonflikt zwischen ihrem Arbeitgeber und diesem Anspruch aus dem Gesetz, und c) sind die Länder gar nicht in der Lage, diese gesetzliche Bestimmung durchzusetzen und ihre Einhaltung zu überwachen. Von daher ist Ihre Ausschußfassung nichts anderes als eine Augenwischerei.

(Widerspruch bei der SPD)

Die Bundesregierung hatte während der Ausschußberatungen nämlich keine Argumente und keine Fakten bringen können, die es gesundheitspolitisch rechtfertigen oder gar zwingend gebieten würden, einen so fundamentalen Grundsatz des Apothekenwesens aufzugeben, der zudem auch nach § 1 des Apothekengesetzes nach wie vor geltendes Recht ist.
Die Behauptung der Bundesregierung wie auch der Beschluß der Ausschußmehrheit aus SPD und FDP sind ein zu durchsichtiges Mäntelchen, als daß sie die eigentlich politische Zielsetzung verbergen könnten, nämlich durch Aushöhlung der wirtschaftlichen Existenzfähigkeit ein freiheitliches System ad absurdum zu führen, um es so dem Zugriff des Staates um so leichter unterwerfen zu können.

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Das ist perfider Sozialismus!)

Die FDP hat in der ersten Lesung schwerwiegende Bedenken geltend gemacht. Trotzdem hat sie es zugelassen, daß mit der jetzt gefundenen Fassung Schleusen geöffnet werden. Hat man den schon vor einem Monat gemachten Ausspruch des Vorsitzenden der FDP vergessen, der in Freiburg zusagte, alle anstehenden Entscheidungen in bezug auf die Wahrung der Freiheit des Bürgers zu überprüfen?

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Lauter Phrasen, FDP-Phrasen!)

Oder ist es die Erhaltung eines freien Berufsstandes und damit eines freiheitlichen Apothekenwesens zuwenig wert, die Auseinandersetzung mit dem Koalitionspartner zu wagen?
Die Tragweite der vorgesehenen Öffnung der Arzneimittelversorgung durch die Krankenhausapotheke auch für die ambulanten Patienten zu Lasten der öffentlichen Apotheke kann nur vor dem Hintergrund der politischen Zielsetzung der SPD und im Zusammenhang mit anderen eingeleiteten oder angestrebten Maßnahmen im Gesundheitswesen richtig eingeschätzt werden.

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Wir werden sie entlarven!)

Meine Fraktion ist nicht bereit, freiheitliche Grundsätze unseres Apothekenwesens aufzugeben.
Aus diesem Grund bitten wir Sie, dem Antrag Drucksache 7/5530 zuzustimmen, in dem wir fordern, daß die Arzneimittelabgabe wie bisher auf stationär behandelte Patienten im Krankenhaus beschränkt bleibt.

(Beifall des Abg. Haase [Kassel] [CDU/ CSU])

Sollte die Mehrheit des Bundestages diesen unseren Änderungsantrag wie im Ausschuß ablehnen, so könnten wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Dies können wir auch deshalb nicht, weil die Änderung der Regelung über stille Gesellschaften sowieso



Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein
nicht endgültig beraten werden konnte und alle anderen Änderungen im Gesetzentwurf gesundheitspolitisch nicht so dringend sind, daß sie nicht auch vom nächsten Bundestag verabschiedet werden können.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725603000
Das Wort hat Herr Abgeordneter Spitzmüller.

Kurt Spitzmüller (FDP):
Rede ID: ID0725603100
Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Bereits bei der ersten Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Apothekenwesen habe ich darauf hingewiesen, daß kein ersichtlicher Grund besteht, von der Versorgung ambulanter Patienten über die öffentlichen Apotheken abzugehen. Ich habe deutlich gemacht, daß keine Regelung Platz greifen darf, die den Auftrag der öffentlichen Apotheken, die Arzneimittelversorgung sicherzustellen, durch eine Öffnung der Krankenhausapotheken für ambulante Patienten, wie sie der Regierungsentwurf vorsah, in Frage stellen würde.
Der CDU/CSU-Änderungsantrag, der hier nun zur Abstimmung steht, übernimmt den Vorschlag des Bundesrats im Wortlaut. Wir haben uns im Ausschuß über diese Materie lange unterhalten. Wir Freien Demokraten haben durch unsere Stimmenthaltung im Ausschuß zu diesem Antrag deutlich gemacht, daß man vielleicht auch nach dieser vorgesehenen Regelung verfahren könnte, daß dann aber der bisher rechtsfreie und geregelte Raum für die Praktiken in den Krankenhäusern bestehen bliebe.
Es waren doch, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, gerade Krankenhausärzte und Krankenhausapotheker, die deutlich machten, daß sie im Interesse der Rechtsklarheit Wert darauf legen, daß die bisherige Praxis, nämlich die Abgabe von Arzneimitteln für ambulante Patienten bei Notfallversorgung und Erster Hilfe sowie zur sofortigen Anwendung in der Praxis, auch gesetzlich abgedeckt wird.
In der Sachverständigenanhörung wurde klar, daß die Krankenhausapotheken und die Krankenhausträger auch aus Kostengründen keinen Wert darauf legen, in die Versorgung ambulant im Krankenhaus zu behandelnder Patienten einbezogen zu werden, daß sie allerdings die gesetzliche Absicherung dafür erbitten, die Abgabe in Notfällen bei erster Hilfe und für den Praxisbedarf im Gesetz klarzustellen. Der von der Koalition im Ausschuß nunmehr gefundene Gesetzestext stellt sicher, daß die Krankenhausapotheker von der unmittelbaren Versorgung ambulant zu behandelnder Patienten mit Arzneimitteln im Grundsatz ausgeschaltet bleibt. Es können danach aus der Krankenhausapotheke keine Medikamente für einzelne Patienten abgegeben werden, sondern nur für den Praxisbedarf der Krankenhausärzte, die im Krankenhaus — also nicht etwa außerhalb — an der ambulanten medizinischen Versorgung der Bevölkerung beteiligt sind.
Außerdem soll — wie praktisch bisher schon geschehen — die Abgabe von Arzneimitteln für die
Notfallversorgung und erste Hilfeleistung zulässig sein. Damit ist nach unserer Überzeugung sichergestellt, daß keine Abgabe von Arzneimitteln zu wettbewerbsverzerrenden Preisen möglich ist, daß keine Abgabe in nennenswertem Umfange erfolgen kann, daß insbesondere keine Medikamente gegen chronische Krankheiten abgegeben werden dürfen — es sei denn, daß ein Notfall vorliegt oder eine sofortige Anwendung in der ambulanten Praxis des Krankenhauses erforderlich ist.

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU]: Wer überwacht das!)

Die freie Apothekenwahl bleibt gesichert. Freiheitliche Grundsätze werden nicht aufgegeben. — Auf Ihren Zwischenruf, Herr Kollege Prinz zu Sayn-Wittgenstein, wer das überwache, kann ich Ihnen nur sagen, daß ich davon ausgehe, daß die Krankenhausärzte und Krankenhausapotheker, die um diese Klarstellung im Gesetz gebeten haben, so vernünftig sein werden, daß sie nicht über das hinausgehen, was das Gesetz und die Begründung des Gesetzes sowie die Debatte hergeben.

(Beifall bei der FDP)

Die Erläuterung des „Praxisbedarfs" im Bericht macht klar, daß als Praxisbedarf die Abgabe an ambulante Patienten zur sofortigen Anwendung oder Mitgabe his zu maximal drei Tagen — das hat auch Kollege Jaunich noch einmal bestätigt — zu verstehen ist. Dabei ging der Ausschuß davon aus, daß die Mitgabe in dem Zeitraum bis zu drei Tagen möglich kein kann, nicht aber die Regel sein soll und im übrigen auch die freie Apothekenwahl gesichert bleibt. Das steht auch im Protokoll und — wie ich glaube — sogar im Bericht.
Das verbietet sich nämlich auch aus Abrechnungsgründen gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung. Da gibt es wieder eine gewisse Rückkontrolle, die Wert darauf legen muß, daß über den anonymen Posten „Praxisbedarf" keine größeren Beträge zur Abrechnung gelangen.
Wir freien Demokraten sind davon überzeugt, daß durch die gefundenen Formulierungen nur das normiert wird, was jetzt schon geübte Praxis der Krankenhäuser darstellt. Aus dieser Sicht können wir den Antrag der CDU/CSU-Fraktion ablehnen.
Für die dritte Lesung des Gesetzentwurfs darf ich feststellen, daß wir mit erheblichen Bedenken im Gesetz die nachträgliche Grundlage für eine Belieferung staatlicher Stellen in Hamburg durch Krankenhausapotheken geschaffen haben. Es handelt sich nämlich — wie es im Ausschußbericht zum Ausdruck kommt — um eine bislang vom Gesetz nicht gedeckte Praxis eines Bundeslandes, die hier sanktioniert wird. Ich möchte klarmachen, daß wir kein zweites Mal gewillt sind — das ist im Ausschuß von allen Fraktionen auch so angesprochen worden —, künftig die Gesetzgebung zur Legalisierung eines illegalen Verhaltens einzusetzen.
Auf Anregungen in der Apothekerschaft hin haben wir uns im Ausschuß mit der Frage beschäftigt, wie man den Grundsatz der Einzelverantwortlichkeit in der Apotheke gegenüber gewissen Mißbräuchen



Spitzmüller
durch stille Gesellschaftsformen und ähnliche Verträge besser absichern kann.
Leider blieb zur Klärung dieser auch rechtspolitisch über das Apothekenwesen hinaus wichtigen Frage nicht genügend Zeit, insbesondere nicht im Rechts- und Wirtschaftsausschuß.

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Aber zustimmen tun Sie!)

Deshalb mußten wir dieses Anliegen zurückstellen. Es bleibt jedoch ein dringender Merkposten für die neue Legislaturperiode. Die neue Bundesregierung und alle Fraktionen des 8. Bundestages bleiben aufgefordert, zügig ans Werk zu gehen, wenn sich der neue Bundestag konstituiert haben wird.
Die FDP-Fraktion ist befriedigt darüber, daß mit dem zur Verabschiedung anstehenden Gesetz eine Reihe von Schwierigkeiten beseitigt und Verbesserungen normiert werden. Ich meine insbesondere die nach dem bisherigen Recht aufgetretenen Härten im Falle des Todes eines Apothekenpächters, die Verbesserung der Überwachung von Arzneimittelbeständen in Krankenhäusern, die Verwirklichung der von der Weltgesundheitsorganisation aufgestellten Grundsätze für die Arzneimittelherstellung und die Einbeziehung der Bundeswehr-Apotheken in die gesetzliche Regelung. Schließlich bin ich froh darüber, daß der Ausschuß der von mir unterstützten Übergangsregelung zugestimmt hat. Danach soll für die bestehende Versorgung der Krankenhäuser mit Arzneimitteln eine Umstellungsfrist bis zum 30. Juni 1977 gelten. Die Freien Demokraten werden dem Gesetz in zweiter und dritter Lesung zustimmen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725603200
Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Ich schließe die Aussprache.
Ich rufe in zweiter Beratung Art. 1 bis einschließlich Nr. 3 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Ich rufe nunmehr Nr. 4 und damit den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 7/5530 auf. Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Wer dem aufgerufenen Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das zweite ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse nun über Nr. 4 in der Ausschußfassung abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Mit Mehrheit beschlossen.
Ich rufe nunmehr die Nummern 5 bis 9 auf. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Ich rufe Art. 2, 3, 4 sowie Einleitung und Überschrift auf. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung
und zur Schlußabstimmung. Das Wort wird nicht mehr gewünscht.
Wer dem Gesetzentwurf im Ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Mit den Stimmen der Koalitionsparteien gegen die der Opposition angenommen. Der Ausschuß beantragt, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. — Ich höre keinen Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Hürland, Weber (Heidelberg), Dr. Jenninger und der Fraktion der CDU/CSU
betr. Förderung des Behindertensports
— Drucksache 7/5308 —
Überweisungsvorschlag des Altestenrates:
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend) Sportausschuß
Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Haushaltsausschuß
Das Wort zur Begründung hat Frau Abgeordnete Hürland.

Agnes Hürland (CDU):
Rede ID: ID0725603300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Förderung des Behindertensports ist ein sehr altes Anliegen der CDU/CSU. Entsprechend den erkennbaren Bedürfnissen und Aufgaben der ersten Nachkriegszeit fand dieses Anliegen gesetzmäßigen Ausdruck im Bundesversorgungsgesetz 1956 — hier allerdings beschränkt auf Kriegsbeschädigte — und im Unfallversicherungsneuregelungsgesetz 1964 — hier wiederum beschränkt auf die Unfallbehinderten des Berufs- und Arbeitslebens. Weil wir auch im Behindertensport analog zu anderen gesetzlichen Bestimmungen für Behinderte das Ziel „Weg von der Kausalität und hin zur Finalität" weiterverfolgten, wurden im Schwerbehindertengesetz und im Rehabilitationsangleichungsgesetz 1974 entsprechende Regelungen eingebracht. Die angewandte Praxis ist allerdings bundesweit noch nicht zu bemerken, weil die entsprechenden Rechtsverordnungen des Herrn Bundesministers für Arbeit bis heute fehlen.
Leider hat auch der Entschließungsantrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Dezember 1974 mit der Forderung der Einbeziehung des Behindertensports entsprechend dem Schwerbehindertengesetz und dem Rehabilitationsangleichungsgesetz in den § 11 a des Bundesversorgungsgesetzes diese Bundesregierung nicht dazu gebracht, wenigstens einmal Überlegungen darüber anzustellen, wie denn nun der Behindertensport gleichwertig neben Spitzen-, Leistungs- und Breitensport institutionell, personell und sachlich zu behandeln und durchzuführen sei.
In der sportpolitischen Debatte am 14. November 1974 war es ebenfalls die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die als einzige die Notwendigkeit des Sports gerade für Behinderte deutlich machte. Das Problem war von uns angesprochen. Aber man könnte die
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256. Sitzung. Borin, Donnerstag, den 1 Juli 1976 18341
Frau Hürland
zuständigen Minister und Ressortleiter fast in einem Dornröschenschlaf vermuten: Geschehen ist so gut wie nichts. Lediglich bei der Tagung der europäischen Sportminister am 20. und 21. März 1975 in Brüssel wurde eine Resolution verfaßt, in der es heißt, daß die öffentlichen Behörden eine wichtige Rolle bei der Förderung des Sports im Interesse und zum Wohle der Bevölkerung in ihrer Gesamtheit spielen. Erwähnt werden hierbei ausdrücklich die körperlich, geistig und sozial Behinderten.
Mit Resolutionen allein, meine Damen und Herren, ist dem Behindertensport nicht gedient.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich frage den Herrn Innenminister, warum er diese wichtige Rolle der öffentlichen Behörden bei der Förderung des Behindertensports zwar in Europa erkannt, in der Bundesrepublik aber nicht sichtbar gemacht hat. Außer daß nun endlich die im November 1974 bereits angekündigte Werbeaktion für den Behindertensport angelaufen ist — durch eine Broschüre in einer Auflage von 200 000 Exemplaren und mit einem Kostenaufwand von 125 000 DM, von dem die Deutsche Sporthilfe 30 000 DM übernommen hat —, konnte ich keine Aktivitäten feststellen. Rechtzeitig zum Wahltermin können die Behinderten zwar nicht mehr und nicht besser Sport treiben, aber sie können sich wenigstens Bilder ansehen und sozusagen Augengymnastik treiben.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Ich bin fast versucht zu sagen: Hoffentlich haben die Verantwortlichen nicht vergessen, 5 DM an die Aktion Sorgenkind zu schicken. Das beruhigt so herrlich das Gewissen, enthebt aber niemanden der Verantwortung.

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Sehr gut!)

Denn die Erkenntnis, daß ein Bundeszentrum für Behindertensport notwendig ist, ist ja wohl offenbar bei allen Fraktionen vorhanden, und Herr Minister Maihofer hat es mir bereits im März 1975 schriftlich bestätigt. Nur, die Bescheidenen sind ja kaum organisiert und haben keine Lobby.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sieht den Sport als eine Möglichkeit an, die Behindertenarbeit aus dem Reservat betreuerischen Tuns einer ergebenen Minderheit hin zur Eigenverantwortlichkeit zu führen.
Wie ist die Situation zur Zeit? Seit das Statistische Bundesamt 1966 eine Bevölkerungsstichprobe durchführte — leider die letzte in ihrer Art —, geistert die Zahl von 4 Millionen Behinderten durch alle Verlautbarungen, auch durch die des Bundesarbeitsministers, obgleich nach den Aussagen seines eigenen Hauses jährlich 200000 Männer und Frauen infolge Verkehrs- und Arbeitsunfällen, Krankheiten und Verschleißerscheinungen neu als Behinderte hinzuzurechnen sind und obgleich etwa jährlich 50 000 Kinder mit Behinderungen geboren werden, die ebenfalls hinzuzurechnen sind. Nach genaueren Berechnungen haben wir also nicht 4 Millionen, sondern 6 Millionen Behinderte, die in der Bundesrepublik — oft in der Isolation — leben.
Von den etwa 60 Millionen Bundesbürgern sind etwa 13 Millionen in Sportvereinen organisiert. Von den etwa 6 Millionen Behinderten sind aber nur 85 000 im Deutschen Behindertensportverband. Hier ist doch etwas nicht in Ordnung.
Will denn diese Bundesregierung dieses Mißverständnis nicht wahrhaben? Ist diese Bundesregierung nicht der Meinung, daß wir neben den 22 Bundeszentren für den Leistungssport nicht wenigstens ein einziges Bundeszentrum für den Behindertensport benötigen? Wir können und dürfen den Deutschen Behindertensportverband, in dem überwiegend ehrenamtliche Mitarbeiter tätig sind, mit dieser großen Aufgabe des Behindertensports nicht allein lassen. Mein Appell geht auch an den Deutschen Sportbund und die Deutsche Sportjugend: Richten Sie Gruppen ein, in denen Behinderte und Nichtbehinderte Sport treiben können, damit die Bürde der Behinderung nicht zusätzlich durch die Bürde der Isolation belastet wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Behindertensport umfaßt drei Bereiche: den klinischen Bereich, den nachklinischen Bereich der Therapie und den Bereich der Freizeit und des Leistungssports. Sie würden sich wundern, meine Damen und Herren, wenn Sie erfahren würden, zu welchen hervorragenden sportlichen Leistungen es gerade Behinderte gebracht haben.
Natürlich gibt es bereits vereinzelte Initiativen für alle drei genannten Bereiche. Aber erstens sind es zu wenig, zweitens sind sie bisher wenig verbunden, und schon gar nicht wurden sie koordiniert. Die Mittel für den Behindertensport kommen aus verschiedenen Ministerien. Es war aber bisher nicht möglich, die drei zuständigen Ministerien an einen Tisch zu bekommen, um vernünftige Regelungen zu finden. Ergebnisberichte über die Erfahrungen mit dem Behindertensport aus umfassender Sicht liegen nicht vor. Forschungsberichte stehen, soweit sie überhaupt vorhanden sind, unverbunden nebeneinander. Die bisherigen spärlichen Bemühungen mehr oder weniger privater Natur können aber ohne eine Leitstelle oder eine Koordinationsstelle — als eine solche ist das Bundeszentrum für den Behindertensport gedacht — weder die bisherigen Arbeiten unterstützen noch neue Initiativen fördern.
Heidelberg bietet die Kooperation von Sportpraxis und Forschung im Bereich des Behindertensports: einmal durch das Institut für Sport und Sportwissenschaft, zum anderen durch das Berufsförderungswerk und das Reha-Zentrum für Kinder und Jugendliche in Neckargemünd, die orthopädische Klinik in Schlierbach und das Institut für Sonderpädagogik an der Pädagogischen Hochschule. Wo sonst in der Bundesrepublik haben wir so mannigfaltige Behinderungsarten und Behandlungsmethoden fast aller Altersgruppen?
Die primären Aufgaben des Behindertenzentrums sind im Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bereits dargelegt. Wir müssen uns im Sport um alle Gruppen von Behinderten bemühen, die Belange aller Gruppen vertreten: Kinder und Erwachsene,



Frau Hürland
Kriegsversehrte, ältere Menschen und Jugendliche, die körperlich, geistig oder seelisch behindert sind. Darum sollte das erste Bundeszentrum für den Behindertensport auch dort errichtet werden, wo die besten Voraussetzungen bestehen, alle diese Gruppen einzubeziehen.
Sport für und mit Behinderten kann nicht nebenbei geschehen wie bisher. Es müssen hauptamtliche, hochqualifizierte und kooperationsfreudige Fachleute sein, die Erfahrungen und Wissen an die Übungsleiter, an die Vereine, an die Verbände weitergeben. Wie oft ist das Leben des Behinderten geprägt durch Ängstlichkeit und Unsicherheit! Wie oft wird er durch einen bestirnten Funktionsverlust in seinem Verhalten starr, unflexibel, immobil! Zuletzt ist er nicht nur körperlich oder geistig, sondern auch in seinem Verhalten nicht mehr beweglich. Ihm fehlen im täglichen Leben die Erfahrungen, die Selbstvertrauen und Sicherheit schaffen. Zu oft ist er abhängig. Ihm fehlt das soziale Umfeld, das ihn bestätigt oder korrigiert.
Der Sport bietet dem Behinderten die Chance der Selbstbestätigung, des Erfolges der Gruppe. Voraussetzung ist natürlich, daß ihm ein seiner Behinderung gemäßer Sport in behindertengerechten Sporthallen angeboten wird. Hierzu bedarf es besonders ausgebildeter Übungsleiter.
Die Schaffung eines Bundeszentrums für Behindertensport muß ohne Rücksicht auf Sonderinteressen jedwelcher Art so schnell wie möglich erfolgen. Zwar ist es notwendig, daß Kompetenzen — Bund, Länder, Deutscher Sportbund, Landessportbünde, Deutscher Behindertensportverband usw. — geklärt werden; das darf aber nicht zur Verwässerung der Idee eines Zentrums führen. Es geht um die Abstimmung aller bereits bestehenden Stellen, Institutionen und Initiativen. Besonders aber geht es um die unzulänglich erschlossenen sportmethodischen Möglichkeiten und um die Nutzung jener pädagogischen Werte, die der Sport, orientiert an den vielfältigen Behinderungsarten, zu vermitteln in der Lage ist. Wenn wir mehr Sport für die Behinderten ermöglichen, bedeutet das vielleicht ein wenig mehr Glück für den einzelnen.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725603400
Der Antrag ist begründet.
Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort hat der Abgeordnete Jaschke.

Günter Jaschke (SPD):
Rede ID: ID0725603500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dem Antrag der CDU/CSU-Fraktion betreffend die Förderung des Behindertensports möchte ich im Namen der sozial-. demokratischen Bundestagsfraktion folgende Stellungnahme abgeben.
Mit dem vorliegenden Antrag will die CDU/CSU-Fraktion in letzter Minute vor Beendigung der Legislaturperiode des 7. Deutschen Bundestages einen
Beschäftigungsnachweis auf dem Gebiet der Rehabilitation erbringen.

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Wann ist der Antrag denn eingebracht worden? Gucken Sie mal nach!)

— Er wird jetzt behandelt. — Wir haben Verständnis dafür, daß die Opposition auf diesem Gebiet einen gewissen Nachholbedarf empfindet.

(Rawe [CDU/CSU] : Ist es unsere Schuld, daß er erst jetzt auf der Tagesordnung steht? — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725603600
Herr Abgeordneter Jaschke, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Hürland?

Günter Jaschke (SPD):
Rede ID: ID0725603700
Bitte schön.

Agnes Hürland (CDU):
Rede ID: ID0725603800
Herr Kollege, ist Ihnen nicht bekannt, daß die CDU/CSU-Bundestagsfraktion den Antrag auf Errichtung eines Bundeszentrums für den Behindertensport in der Sportdebatte am 14. November 1974 eingebracht und daß Herr Minister Maihofer die Notwendigkeit dieses Zentrums ausdrücklich anerkannt hat?

(Dr. Hammans [CDU/CSU]: 1974!)


Günter Jaschke (SPD):
Rede ID: ID0725603900
Es ist eine Tatsache, daß die CDU/CSU während ihrer Regierungszeit die Behinderten sträflich vernachlässigt hat

(Beifall bei der SPD — Dr. Evers [CDU/ CSU] : Das ist doch nicht wahr! Das wissen Sie doch! — Dr. Hammans [CDU/CSU] : Das stimmt doch nicht!)

und auch nicht in der Lage war, zu der auf diesem Gebiet seit 1969 erfolgten Reformgesetzgebung der sozialliberalen Koalition konstruktive Beiträge zu leisten.

(Frau Hürland [CDU/CSU] : Immer die alte Leier!)

Nur kann dieser Nachholbedarf nicht dadurch befriedigt werden, daß die Opposition kurz vor Toresschluß einen schnell zusammengebastelten Antrag stellt, von dem sie genau wissen muß, daß er in dieser Legislaturperiode nicht mehr behandelt werden kann.

(Sehr richtig! bei der SPD)

Die Fraktion der SPD wird dennoch der Überweisung des Antrages der CDU/CSU an den federführenden Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung zustimmen. Wir verschließen uns keinem Vorschlag, der geeignet ist, die Möglichkeiten der sportlichen Betätigung für den einzelnen Behinderten zu verbessern und der solide finanziert werden kann. Wir müssen aber feststellen, daß gerade diese entscheidenden Dinge bei dem vorliegenden Antrag der CDU/CSU-Fraktion unklar sind. Die Opposition verlangt die Schaffung eines Bundeszentrums für den Behindertensport, ohne jedoch eine Konzeption für



Jaschke
ein solches Zentrum und für seine Verzahnung mit dem praktischen Behindertensport vorzulegen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das muß doch die Regierung machen!)

Auch über Trägerschaft und Finanzierung schweigt sich die Opposition aus. Es ist also durchaus noch offen, ob eine solche zentrale und ortsferne Einrichtung, die zunächst einmal mit den individuellen Hilfen zum Behinderten- bzw. Versehrtensport nur sehr wenig zu tun hat, sich tatsächlich in einer Verbesserung des Sportangebots für den einzelnen Behinderten auswirken wird. Solange diese Dinge nicht geklärt sind, kann die SPD-Bundestagsfraktion zu dem Antrag der CDU/CSU-Fraktion keine positive Stellungnahme abgeben.

(Dr. Evers [CDU/CSU] : Das haben wir auch erwartet!)

Wir sind der Auffassung, daß über die Gründung einer neuen Institution nur im Rahmen einer Grundkonzeption des Behindertensports entschieden werden kann, nicht zuletzt unter Berücksichtigung der neuen Bestimmungen des Rehabilitationsangleichungsgesetzes und ihrer praktischen Ausführung. Die SPD-Bundestagsfraktion wird diese Fragen sorgfältig prüfen und gegebenenfalls einen eigenen besser fundierten Vorschlag unterbreiten.

(Dr. Evers [CDU/CSU]: Wann denn?) — In der nächsten Legislaturperiode.


(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725604000
Das Wort hat Frau Abgeordnete Lüdemann.

Barbara Lüdemann (FDP):
Rede ID: ID0725604100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion begrüßt die Zielsetzung des Antrags von Frau Kollegin Hürland und der Fraktion der CDU/CSU, weil wir meinen, daß zwar die Leistungsverbesserungen für Behinderte im allgemeinen in dieser Legislaturperiode sehr beachtlich waren, daß aber der Behindertensport speziell in den verabschiedeten Gesetzen nicht ausdrücklich erwähnt wurde. Eine Ausnahme macht das Reha-Angleichungsgesetz, in dem der Behindertensport im Leistungskatalog extra aufgeführt wurde. Er gehört aber unserer Meinung nach überall zu den Reha-Leistungen.
Verehrte Frau Hürland, wir Freien Demokraten müssen uns jedoch sehr wundern, daß ausgerechnet Sie und Ihre Fraktion die Errichtung eines Bundeszentrums gefordert haben, weil wir wissen, daß Ihre Fraktionskollegen bei den Haushaltsberatungen immer wieder Stellenausweitungen in den einzelnen Kompetenzbereichen des Bundes kritisiert haben. Zur Errrichtung eines Bundeszentrums für den Behindertensport sind auf jeden Fall neue Planstellen erforderlich; denn ohne den Einsatz von Menschen läßt sich eine derartige Einrichtung wohl nicht betreiben. Leider ist in Ihrem Antrag über die Kosten bzw. die erforderlichen Planstellen einer solchen Einrichtung nichts ausgesagt.

(Frau Hürland [CDU/CSU] : Das ist nicht unsere Aufgabe! Wir sind nicht Regierung!)

Daß Sie sich über die Kosten jedoch Gedanken gemacht haben, zeigt sich darin, daß Sie dieses Bundeszentrum für den Behindertensport dem Leistungszentrum in Heidelberg angegliedert wissen wollen. Dies erkennen wir an. Wir fragen uns jedoch, ob einen Zentralisierung sinnvoll ist, haben allerdings die Frage aus Zeitgründen noch nicht ausdiskutieren können. Wir meinen auch, daß es dazu notwendig ist, die Stellungnahme des Deutschen Sportbundes und des Deutschen Behindertensportverbandes zu kennen. Es liegt aber für uns eigentlich auf der Hand, die Führungskräfte und Übungsleiter aus dem Bundesgebiet nicht alle nach Heidelberg reisen zu lassen und dort während der Fortbildung unterzubringen und zu verpflegen. Das kostet wiederum Geld. Kostengünstiger erscheint uns, daß die Spezialkräfte, die die Fortbildung betreiben, in die einzelnen Bundesländer fahren.
Am 20. Februar 1975 habe ich an dieser Stelle gesagt, daß wir Freien Demokraten der Aus- und Fortbildung von Fachkräften der Rehabilitation ganz besondere Bedeutung beimessen. Der gewaltige Ausbau an Rehabilitationseinrichtungen wäre auf Sand gebaut, wenn diesen zahlreichen Einrichtungen nicht eine genügende Anzahl von fachlich gut ausgebildeten Betreuungskräften zur Verfügung gestellt werden könnte. Dazu gehören für uns selbstverständlich auch die Übungsleiter und Führungskräfte im Sportbereich. Auch eine wissenschaftliche Begleitung, wie sie zu Recht von Ihnen gefordert wird, könnte eventuell kostengünstiger und vor allem durch die Vielgestalt der unterschiedlichen räumlichen und personellen Voraussetzungen effektiver werden, wenn dezentral gefahren wird. Eine endgültige Stellungnahme müssen wir Freien Demokraten uns jedoch vorbehalten. Wir haben unsere Recherchen und damit unsere Meinungsbildung noch keinesfalls abschließen können.
Nun frage ich mich wie der Kollege Jaschke, was aus diesem Antrag werden soll. Der Ältestenrat macht den Vorschlag, ihn an die Ausschüsse für Arbeit und Sozialordnung, Jugend, Familie und Gesundheit und den Haushaltsausschuß zu überweisen. Unter anderen Zeitgegebenheiten wäre das natürlich auch sehr sinnvoll. Wir stimmen dem auch zu, aber es ist im Grunde nur formal. Wenn auch der Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit heute noch einmal tagt, so können wir uns bis dahin nicht genügend sachkundig machen, und so kann eine Beschlußfassung in dieser Legislaturperiode nicht mehr stattfinden.

(Dr. Evers [CDU/CSU] : Aber Sie können den Denkprozeß beginnen, Frau Kollegin!)

Es tut mir nun leid, feststellen zu müssen, daß ich mich des Eindrucks nicht erwehren kann, daß Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, nur im Wahlkampf herausstellen wollen, Sie als CDU/ CSU hätten die Bundesregierung aufgefordert,

(Zuruf der Abg. Frau Hürland [CDU/CSU])

ein Bundeszentrum für den Behindertensport einzurichten. Sie wissen, mir liegt Wahlkampfpolemik



Frau Lüdemann
nicht, aber dieser Gedanke drängt sich mir einfach auf.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Zuruf der Abg. Frau Hürland [CDU/ CSU])

Zum Schluß sei gesagt, wir Freien Demokraten sind absolut dafür, daß die Führungskräfte und Übungsleiter für den Behindertensport eine qualifizierte Fortbildungsmöglichkeit erhalten. Wir sind auch dafür, daß Modellehrgänge angeboten und durchgeführt werden. Wir sind letztlich auch dafür, daß die Dokumentationen der Forschungen sowie der Forschungsmittel verschiedener staatlicher und privater Institutionen koordiniert werden. Ob das jedoch besser zentral oder dezentral zu geschehen hat, werden wir noch sehr sorgfältig prüfen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725604200
Wird weiter das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache.
Den Überweisungsvorschlag des Altestenrates ersehen Sie aus Ihren Unterlagen. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Pfeifer, Dr. Köhler (Wolfsburg), Geisenhofer, Dr. Gölter, Dr. Jenninger, Dr. Althammer, Benz, Dr. Götz und der Fraktion der CDU/CSU
betr. Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage der künstlerischen Berufe und Förderung des künstlerischen Nachwuchses
— Drucksache 7/4997 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend) Ausschuß für Bildung und Wissenschaft
Finanzausschuß
Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Haushaltsausschuß
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Pfeifer.

Anton Pfeifer (CDU):
Rede ID: ID0725604300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nicht das erste Mal, daß sich der Bundestag in dieser Legislaturperiode mit der wirtschaftlichen und sozialen Lage der Künstler in unserem Lande befaßt. Alle Fraktionen waren und sind sich seit Jahren darin einig, daß wir etwas zur Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse der Künstler und auch zur Förderung des künstlerischen Nachwuchses tun müssen. Auch die Bundesregierung hat dies immer wieder betont. Trotzdem: geschehen ist in dieser Legislaturperiode so gut wie nichts.
Dies ist für die Künstler in unserem Lande wahrlich eine betrübliche Bilanz. Diese Bilanz ist vor allem deshalb betrüblich, weil die Voraussetzung für die Entfaltung künstlerischen Schaffens nicht allein die geistige Freiheit des Künstlers ist. Voraussetzung sind auch seine materielle Sicherheit und die Unabhängigkeit als Grundlage seiner Freiheit. Diese Voraussetzungen zu schaffen, zu bewahren und weiterzuentwickeln, ist sowohl eine gesellschaftliche als auch eine staatliche Aufgabe von erheblichem Gewicht. Denn die Bedeutung der Kunst für den einzelnen, sei es für den Künstler selbst oder für den die Kunstwerke Empfangenden und Reproduzierenden, ist unüberschätzbar. Die natürliche Neigung und Fähigkeit des Menschen zur Kunst und zur Beschäftigung mit der Kunst ist Ausdruck menschlicher Freiheit. In der Begegnung mit der Kunst eröffnet sich dem Menschen ein vertieftes Verständnis vom Leben und eröffnet sich ihm die Möglichkeit der Freiheitserfahrung. Kunst vermag auch einen nahezu unersetzbaren Beitrag zur Bildung des Menschen zu leisten; denn der Mensch soll ja nicht nur Funktionszusammenhänge verstehen und selbst funktionieren. Bildung soll dem Menschen auch helfen, sein Leben und seine Umwelt selbst zu gestalten und damit der Anonymität und Kollektivierung zu entgehen.

(Dr. Köhler [Wolfsburg] [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

Von besonderer Bedeutung ist es daher, die kreativen Fähigkeiten des Menschen, seinen Reichtum an Ideen und seinen Sinn für Schönheit zu erschließen. Kultur und insbesondere die Kunst haben hier eine große Aufgabe, und deshalb bedeutet sowohl das aktive künstlerische Gestalten als auch die aktive Teilnahme am künstlerischen Geschehen für den einzelnen wie für die Gesellschaft eine unschätzbare Lebensbereicherung. Maßnahmen der Kunstförderung müssen deshalb über die Schaffung von geistigen Freiräumen und über die Sicherung von notwendigen Existenzbedingungen für die Künstler hinaus auch Maßnahmen zur Förderung des Kunstverständnisses der Allgemeinheit sein.
Meine Damen und Herren, die Bereitschaft des Staates und der Gesellschaft, der Kunst Freiheit und Entfaltungsräume zu schaffen, die Künstler zu fördern und möglichst vielen Menschen eine Beziehung zur Kunst zu erschließen, läßt schließlich auch erkennen, welchen Wert Staat und Gesellschaft schöpferischer Phantasie, kritischem Geist und Gestaltungskraft und damit der Freiheit des Individuums beimessen. Das kulturelle Leben unseres Gemeinwesens ist Gradmesser für seine Toleranz und für seinen geistigen Reichtum.

(Dr. Köhler [Wolfsburg] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

In dem Bewußtsein, daß ein freiheitlich-demokratischer Staat die kreativen Kräfte der Künstler als Motor geistiger Auseinandersetzungen und als Korrektiv braucht, hat sich die CDU/CSU kontinuierlich darum bemüht, die notwendigen Voraussetzungen für die kulturelle Entfaltung unseres Gemeinwesens zu schaffen. So hat die CDU/CSU in einer Vielzahl von parlamentarischen Initiativen immer wieder auf die Gefahren aufmerksam gemacht, die der Entwicklung kulturellen Lebens gegenwärtig in unserem Lande drohen bzw. gegenwärtig zu einem bedauerlichen Abbau der kulturellen Szene in unserem Lande geführt haben. So geht die Enquete über die wirtschaftliche und soziale Lage der künstlerischen Berufe auch auf eine Initiative unserer Fraktion zurück. Wir haben die Bundesregierung mehrfach und dringend aufgefordert, endlich Konsequenzen aus
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256. Sitzung. Bonn, Donnerstag; den 1. Juli 1976 18345
Pfeifer
dieser doch insgesamt betrüblichen Enquete zu ziehen.
CDU und CSU haben durch Gesetzesinitiativen im Bundesrat versucht, die wirtschaftliche und soziale Situation der Künstler zu verbessern. Als sich abzeichnete, daß die Bundesregierung nicht einmal zu kleinen Schritten zu bewegen war, um die Lage der Künstler wirksam zu verbessern, als wir feststellten, daß ganz im Gegenteil die Mittel für die Kulturförderung, beispielsweise in den Etats des Bundesinnenministers, nicht mehr nur stagnierten, sondern sogar noch real zurückgingen, haben wir schließlich den vorliegenden Antrag im Bundestag eingebracht. Sein Ziel ist nicht ein großes, umfassendes Programm. Dieser Antrag zielt vielmehr auf erste notwendige Schritte ab, denen in der nächsten Legislaturperiode des Bundestages weitere folgen müssen.

(Vorsitz : Vizepräsident von Hassel)

Der Antrag geht, kurz gesagt, von folgender Grundüberlegung aus. Ein erheblicher Teil der zirka 30 000 freiberuflichen Künstler und Publizisten, die ihr Einkommen überwiegend aus dieser Tätigkeit beziehen, hat keine oder nur eine unzureichende Sicherung für die Fälle der Krankheit, der Berufs-und der Erwerbsunfähigkeit sowie für die Sicherung im Alter. Die auf Initiative unserer Fraktion im Rahmen der Rentenreform 1972 durchgesetzte Öffnung der gesetzlichen Rentenversicherung für Selbständige hat eine Grundlage für die Lösung dieses Problems geschaffen. Nach den bisher gemachten Erfahrungen ist es aber dringend erforderlich, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, damit jeder Künstler eine ausreichende Absicherung erhält. Dabei wollen wir — im Unterschied zur Koalition bzw. zu den Erwägungen, die derzeit in der Bundesregierung angestellt werden — die Entscheidungsfreiheit des Künstlers und Publizisten hinsichtlich der Alterssicherung und des Sicherungsträgers in möglichst großem Umfange respektiert wissen.
Meine Damen und Herren, wir wissen schließlich auch, daß wir eine ausreichende soziale Sicherung der Künstler letztlich nur dann erreichen werden, wenn wir zugleich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Künstler verbessern; denn dies ist die Voraussetzung für die bessere soziale Absicherung. Dies ist ein Zusammenhang, der in meinen Augen zur Zeit in der SPD oft zu wenig beachtet wird.
Ich bedaure, daß trotz dieser kontinuierlichen Arbeit von CDU und CSU eine ungeschminkte Bestandsaufnahme am Ende dieser Legislaturperiode kein erfreuliches Bild von der Lage entstehen läßt, in welcher sich heute die Künstler in unserem Lande befinden. Diese Bestandsaufnahme ist durch zwei Aussagen zu kennzeichnen. Erstens. Die wirtschaftliche und soziale Lage der Künstler hat sich während der siebenjährigen Amtszeit der Bundesregierung eindeutig verschlechtert. Zweitens. Die Bundesregierung hat während dieser Zeit nichts getan, um dieser unerträglichen Verschlechterung entgegenzuwirken. Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie haben zwar mit großzügigen Versprechungen Erwartungen auch bei den Künstlern geweckt, und es ist Ihnen in der Vergangenheit damit gelungen, viele Künstler zur Wahlhilfe zu mobilisieren. Doch diese Versprechungen, mit denen Sie die Künstler zur Wahlhilfe mobilisiert haben, haben Sie bis heute nicht eingelöst.
Nun werden Sie mir entgegenhalten, daß das Kabinett kürzlich einen Gesetzentwurf verabschiedet hat, der eine bessere soziale Absicherung der Künstler vorsieht. Herr Kollege Möllemann, dies ist mir selbstverständlich nicht entgangen.

(Möllemann [FDP] : Bravo!)

Aber was beweist denn dieser Gesetzentwurf jetzt, fünf Minuten vor Ende der Legislaturperiode? Dieser Gesetzentwurf beweist doch nur, daß Sie sich wieder einmal in letzter Minute daran erinnert haben, daß demnächst Wahlen sind.

(Möllemann [FDP] : Na, na!)

Sie versuchen, die Enttäuschung und die Resignation, die sich zwischenzeitlich unter den Künstlern ausgebreitet hat, dadurch aufzufangen, daß Sie vor Wahlen wiederum mit neuen Versprechungen aufwarten, von denen jeder weiß, daß sie in dieser Legislaturperiode nichts mehr bewirken werden. Ich sage: Auch hier geht es dem Bundeskanzler letztlich nicht um die Sache, sondern wieder um den Wahlkampf.

(Lattmann [SPD] : Unerhört!)

Ich meine, eine solche Behandlung haben die Künstler in unserem Lande letztlich nicht verdient.

(Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD]: Ein Glück, daß es Sie gibt!)

Gleichzeitig mit der Vorlage von neuen Wahlversprechungen lehnen Sie aber heute wiederum vorliegende konkrete Initiativen zur Verbesserung der Lage der Künstler ab. Meine Damen und Herren, dem Bundestag liegen derzeit zwei Gesetzentwürfe des Bundesrates zur Änderung des Bewertungsgesetzes und zur befristeten Wiedereröffnung des Eintritts in die gesetzliche Rentenversicherung vor; über einen dieser beiden Gesetzentwürfe wird auch heute oder morgen entschieden. Herr Kollege Lattmann, Sie wissen so gut wie ich: Beide Gesetzentwürfe enthalten Maßnahmen und Schritte, die vielen Künstlern Erleichterungen bringen würden. Sie wissen es aus den vielen Gesprächen, die wir in der letzten Zeit gerade auch über diese Gesetzentwürfe geführt haben.
Die Bundesregierung hat diese beiden Gesetzentwürfe mit dem Hinweis blockiert, in Kürze werde durch sie eine Gesamtkonzeption zu diesem Problembereich vorgelegt und deshalb erscheine es nicht sinnvoll, diese Einzelmaßnahmen zu verwirklichen. Das Ergebnis ist, daß wir bis heute auf diese Gesamtkonzeption in diesem Parlament warten, aber als Folge dieser Argumentation der Bundesregierung die Einzelmaßnahmen, auf die die Künstler warten, unterbleiben. Das Vorgehen der Koalition besteht bisher nur darin, geeignete Initiativen der CDU/ CSU, die noch in dieser Legislaturperiode hätten wirksam werden können, abzulehnen und gleichzeitig für die fernere Zukunft irgendwelche Gesamtkonzepte in Aussicht zu stellen. An der tatsächlich ver-



Pfeifer
besserungsbedürftigen Situtaion der Künstler ändert sich dadurch leider überhaupt nichts.
Meine Damen und Herren, es genügt nicht, den Kulturstaat immer wieder zu beschwören, in Wirklichkeit jedoch untätig zuzusehen, wie die vorhandene Kulturszene wegen des fehlenden Engagements der Bundesregierung und der sie tragenden Parteien und ihrer falschen politischen Prioritätensetzung langsam an Substanz verliert. Meine Damen und Herren, wir wollen der Kulturförderung entsprechend ihrer Bedeutung, die sie für den einzelnen, die Gesellschaft und den freiheitlichen demokratischen Staat hat, in der nächsten Periode einen anderen Stellenwert auf der politischen Rangliste eingeräumt wissen. Dies haben wir mit unserem Engagement in dieser Periode unter Beweis gestellt, und dies wird auch die zukünftige Arbeit bestimmen, die CDU und CSU in diesem Bereich leisten werden.
Meine Damen und Herren, aus diesen Gründen bitte ich, daß Sie dem von uns vorgelegten Antrag zur Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage der künstlerischen Berufe und zur Förderung des künstlerischen Nachwuchses zustimmen. Allgemeinerklärungen sind jetzt nicht mehr gefragt. Gefragt sind konkrete Maßnahmen.

(Dr. Blüm [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

Sie haben dazu Gelegenheit, indem Sie unserem Antrag folgen.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0725604400
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Herr Bundesminister Arendt.

Walter Arendt (SPD):
Rede ID: ID0725604500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Gesamtsituation der Künstler wird der Parlamentarische Staatssekretär Herr Baum nachher Stellung nehmen. Aber erlauben Sie mir zu einem speziellen Thema einige Anmerkungen. Ich meine die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten.
Wie Sie wissen, hat die Bundesregierung bereits einen Gesetzentwurf zur Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten beschlossen, nämlich am 2. Juni 1976. Dieser Gesetzentwurf ist dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet worden. Wenn dieser Gesetzentwurf heute hier noch nicht behandelt werden kann, so liegt dies an unserem Gesetzgebungsverfahren, wie Ihnen allen bekannt ist.

(Pfeifer [CDU/CSU] : Daran, daß Sie ihn zu spät vorgelegt haben!)

Die Regierungsvorlage ist aber schon seit einiger Zeit als Bundesratsdrucksache veröffentlicht und ihr Inhalt damit bekannt.

(Wehner [SPD] : Sehr wahr!)

Ein Vergleich des Regierungsentwurfs mit Ihren Vorschlägen, meine Damen und Herren von der Opposition, zeigt bis auf wenige Ausnahmen weitgehende Übereinstimmung. Ich freue mich, daß ich diese Übereinstimmung hier ausdrücklich feststellen kann.
Der Oppositionsantrag, der hier zur Debatte steht, enthält das Ersuchen an die Bundesregierung, einen Gesetzentwurf zur sozialen Sicherung der freiberuflichen Künstler und Publizisten vorzulegen. Mit diesem Ersuchen, meine Damen und Herren, rennen Sie offene Türen ein, denn — ich sagte es bereits — die Bundesregierung hat einen solchen Gesetzentwurf schon beschlossen.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich seinen wesentlichen Inhalt kurz erläutern. Die Bundesregierung schlägt vor, alle Künstler und Publizisten in die Pflichtversicherung der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung einzubeziehen, sofern sie ihr überwiegendes Einkommen aus selbständiger künstlerischer oder publizistischer Tätigkeit beziehen. Die Künstler und Publizisten sollen wie Arbeitnehmer nur den halben Beitrag zahlen; die andere Beitragshälfte soll durch eine Künstlersozialabgabe aufgebracht werden. Sie soll als Umlage von Unternehmen erhoben werden, deren Tätigkeit darauf ausgerichtet ist, ständig Werke und Leistungen selbständiger Künstler und Publizisten gegen Entgelt in Anspruch zu nehmen, sie zu verwerten und daraus Einnahmen zu erzielen. Abgabepflichtig sind dementsprechend z. B. Verlage, Rundfunkanstalten, Film- und Phonoindustrie, Galerien, Kunsthandel und Werbeagenturen. Als Berechnungsgrundlage für diese Abgabe ist die Gesamtheit aller Entgelte — nämlich Honorare, Gagen, Kaufpreise usw. — vorgesehen, der Entgelte also, die der zur Abgabe Verpflichtete an Künstler oder Publizisten für Werke oder Leistungen zahlt, die sie in selbständiger Tätigkeit erbracht haben. Nach vorläufigen Schätzungen dürfte die Umlage etwa 10 O/o betragen.
Durch Besonderheiten des Beitragsverfahrens soll der für die selbständigen Künstler und Publizisten typischen Situation Rechnung getragen werden, daß die Einkommen unregelmäßig fließen und starken Schwankungen unterliegen können.
Der Gesetzentwurf sieht deshalb für die Rentenversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten eine variable Beitragsbemessungsgrenze vor. Diese soll höchstens bis zum Doppelten der allgemeinen Jahresbemessungsgrenze in der Rentenversicherung reichen. Künstler und Publizisten zahlen als Rentenversicherungsbeitrag wie Arbeitnehmer 9 % ihres Einkommens bis zu dieser Höchstgrenze an die Künstlersozialkasse. Der Beitragsanteil, der den allgemeinen Höchstbeitrag zur Rentenversicherung überschreitet, wird dem Künstler gutgeschrieben. Gleichzeitig wird die persönliche Beitragsbemessungsgrenze des Künstlers herabgesetzt, und zwar so, daß sein Beitragsguthaben nie mehr als einen Jahresbeitrag betragen kann. In den Jahren, in denen der Künstler wenig verdient, wird das Guthaben zur Auffüllung seiner Beiträge verwendet. Die vom Künstler oder Publizisten geleisteten Beiträge kommen also restlos seinem Altersruhegeld zugute.
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256. Sitzung Bonn, Donnerstag den 1. Juli 1976 18347
Bundesminister Arendt
Für die Krankenversicherung der Künstler und Publizisten soll die allgemeine Beitragsbemessungsgrenze gelten. Die zu entrichtenden Beiträge sollen sich nach dem Beitragssatz der zuständigen Kassen richten. Die Beiträge sollen auch hier wie in der Rentenversicherung zur Hälfte vom Versicherten und zur anderen Hälfte aus der Künstlersozialabgabe aufgebracht werden.
Künstler und Publizisten, die das 50. Lebensjahr vollendet oder bereits eine der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbare private Alterssicherung haben, sollen sich von der Versicherungspflicht befreien lassen können. Entsprechendes soll für diejenigen gelten, die eine der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbare private Sicherung für den Krankheitsfall nachweisen oder über mehrere Jahre ein höheres Einkommen haben. Wer sich befreien läßt, soll einen Zuschuß in Höhe des halben Krankenkassenbeitrags erhalten. Durch diese Regelungen soll den individuellen Bedürfnissen der einzelnen Künstler und Publizisten Rechnung getragen werden.
Für die vielfältigen Aufgaben, die sich aus diesem Konzept ergeben, wird eine Künstlersozialklasse als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet. Sie soll vor allem die Versicherten und die zur Künstlersozialabgabe Verpflichteten erfassen, die Beiträge der Versicherten und die Künstlersozialabgabe einziehen und aus diesen Mitteln die Beiträge zugunsten der Künstler und Publizisten an die Träger der Sozialversicherung abführen.
Meine Damen und Herren von der Opposition, lassen Sie mich zu einigen Punkten Ihres Antrages noch etwas sagen.
Ich lese dort:
Alle freiberuflichen Künstler und Publizisten sollten gegen die Risiken Berufs- und Erwerbsunfähigkeit sowie Alter versichert sein.

(Dr. Blüm [CDU/CSU] : Sehr gut!) — Das ist sehr gut. Es heißt weiter:

Dies sollte in der Regel durch eine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgen.
Einige Zeilen weiter heißt es dann:
Die Entscheidungsfreiheit des Künstlers und Publizisten hinsichtlich der Alterssicherung und des Sicherungsträgers ist zu respektieren.

(Pfeifer [CDU/CSU] : Jawohl!)

— Herr Pfeifer, Sie müssen mir einmal erklären, wie diese beiden konträren Forderungen in einem Gesetz verwirklicht werden sollen.

(Erneuter Zuruf des Abg. Pfeifer [CDU/ CSU])

Pflichtversicherung ist Pflichtversicherung, und freiwillige Versicherung ist freiwillige Versicherung, gleich ob in der gesetzlichen Rentenversicherung oder in einer privaten Versicherung.

(Wehner [SPD] : Vielleicht „oder/statt" ! Reddemann [CDU/CSU] : Jetzt ist der Wehner auch noch Versicherungsexperte geworden!)

Im Interesse der Betroffenen — lassen Sie mich das hier ganz deutlich sagen — kann es doch nur eine Lösung geben, und die lautet: Pflichtversicherung selbstverständlich mit der Befreiungsmöglichkeit. Das ist genau die Lösung, die im Regierungsentwurf vorgesehen ist. Jede andere Lösung wäre eine negative Risikoauslese. Bei dieser Gelegenheit darf ich gleich die Frage stellen: Wie glauben Sie das Problem des unversorgten Künstlers mit einer freiwilligen Versicherung lösen zu können? Wollen Sie die im Künstlerbericht aufgezeigten Mängel nur zum Schein lösen und damit die Probleme im Grunde ungelöst lassen? Im Zusammenhang mit der Beitragsfinanzierung und mit der Entlastung der Künstler vom halben Beitrag kann man in Ihrem Antrag lesen, daß die Finanzierung zum Teil über private Spenden und Stiftungen geschehen soll. Da fragt man sich doch unwillkürlich: Was geschieht denn in den Jahren, in denen die Spenden- und die Stiftungsfreudigkeit zu gering ist, um die festgelegten Beitragsleistungen zu erbringen? Wird in diesen Jahren kein einkommensgerechter Beitrag für die Künstler und Publizisten entrichtet? Wollen Sie dann bei den Künstlern und Publizisten das Prinzip der einkommensgerechten Rente verlassen?
Noch ein Wort zur Nachentrichtung von Beiträgen für ältere Künstler und Publizisten. Wenn Sie sich die Einkommenslage speziell dieses Personenkreises im Künstlerbericht ansehen, werden Sie feststellen, daß diese Maßnahme — wie auch von Ihnen vorgesehen — nur durch Zuschüsse zu erreichen ist, die von dritter Seite erbracht werden. Die Regierung hält es jedoch nicht für vertretbar, diejenigen, die zur Mitfinanzierung der laufenden Beiträge der Künstler und Publizisten herangezogen werden, auch noch mit dieser zusätzlichen finanziellen Bürde zu belasten. Diese müßte nämlich, wenn sie sinnvoll sein sollte, ganz erheblich sein. Notwendigerweise würde jedoch dadurch das auch von Ihnen aufgestellte Postulat, daß der von dritter Seite aufzubringende Finanzierungsbeitrag wirtschaftlich tragbar sein müsse, verletzt werden. Wir haben uns daher im Regierungsentwurf entschlossen, auf eine Nachentrichtungsmöglichkeit zu verzichten.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend feststellen: Der Vergleich Ihres Antrags mit dem Regierungsentwurf macht deutlich, daß die Bundesregierung die bessere Lösung hat.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Reddemann [CDU/CSU]: Wie immer! — Dr. Blüm [CDU/CSU] : Welche Überraschung!)

— Herr Blüm, es ist meistens so, daß die Bundesregierung die bessere Lösung hat.

(Pfeifer [CDU/CSU]: Sie behauptet, die bessere Lösung zu haben!)

Deshalb können Sie sich dieser Lösung leichten Herzens anschließen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf des Abg. Dr. Blüm [CDU/CSU])


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0725604600
Das Wort hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, Herr Baum.




Gerhart Rudolf Baum (FDP):
Rede ID: ID0725604700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einige Bemerkungen zum Gesamtpaket machen.
Bei einer genauen Durchsicht des Antrags der CDU/CSU-Fraktion wird ein hohes Maß an Übereinstimmung mit dem Maßnahmenkatalog erkennbar, den die Regierungen nach umfangreichen Vorgesprächen mit den Künstlern und ihren Verbänden zur Verbesserung der Lage der Künstler vorgelegt hat. Dieses große Maß an „Kongenialität" läßt darauf schließen, daß die Opposition dem Maßnahmenkatalog ihre Zustimmung erteilt hat und damit auch den Weg akzeptiert, den die Bundesregierung zur Förderung der Künstler eingeschlagen hat.
Ich begrüße diese Gemeinsamkeit; denn sie wird wichtig sein, Herr Kollege Pfeifer, bei der Umsetzung dieser schwierigen Fragen in die Praxis.
Wir sollten uns bei den Maßnahmen zur Verbesserung der Lage der Künstler von dem Grundgedanken leiten lassen, daß die kulturelle Entwicklung in unserem Lande maßgeblich geprägt und getragen wird vom Künstler und seiner Arbeit. Die Förderung der Künstler muß daher selbstverständliche Aufgabe eines Staates sein, der sich nicht nur als Rechts- und Sozialstaat, sondern auch als Kulturstaat versteht.
Diese Regierung hat jede Gelegenheit genutzt, diese Zusammenhänge deutlich zu machen und im Bewußtsein einer breiteren Öffentlichkeit zu verankern. Es kann nicht oft genug und muß auch an dieser Stelle gesagt werden: Wir müssen den Auftrag unserer Verfassung, auch ein Kulturstaat zu sein, ernst nehmen und ihm Geltung verschaffen.
Zum Abbau des kulturpolitischen Defizits hat die Bundesregierung, wie ich meine, mit der Verabschiedung des Maßnahmenkatalogs zur Förderung der Künstler und Publizisten einen wichtigen Schritt getan. Mit diesen Maßnahmen soll für die Künstler in erster Linie Hilfe zur Selbsthilfe geleistet werden. Es sollen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die den Künstler besser als bisher in die Lage versetzen, aus eigener Kraft und in eigener Verantwortung seinen Beitrag zur kulturellen Entwicklung unseres Landes zu leisten.
Das vom Kabinett verabschiedete Maßnahmenbündel enthält eine breite Palette verschiedenartiger Einzelmaßnahmen. Diese reichen von der wichtigen Frage der Sozialversicherung, auf die Herr Minister Arendt soeben eingegangen ist, über die Vermehrung der Zahl der Aufträge an Künstler im Zusammenhang mit dem Komplex Kunst am Bau und sonstige Maßnahmen zur Erweiterung des Auftragsmarkts für Künstler bis hin zu Fragen des Steuer- und Urheberrechts. Der Frage der Förderung des künstlerischen Nachwuchses, insbesondere der Aus- und Weiterbildung, ist dabei ein besonderes Gewicht beigemessen.
An der Vielzahl und der Unterschiedlichkeit der eingeleiteten Schritte erkennen Sie, daß für die Verabschiedung des Maßnahmenkatalogs der Bundesregierung umfangreiche Vorarbeiten notwendig waren. Die Kritik der Opposition, die Bundesregierung sei mit den Schlußfolgerungen aus dem Künstlerbericht in Verzug geraten, muß ich deshalb entschieden zurückweisen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

16 Monate, die seit Vorlage des Künstlerberichts vergangen sind, sind für die Erarbeitung eines so differenzierten Gesamtpakets, wie es in dieser Form noch von keiner Regierung vorgelegt worden ist, keine lange Zeit. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß wir nichts davon gehalten haben, Schlußfolgerungen aus dem Künstlerbericht vom grünen Tisch aus zu ziehen. Wir hielten es für notwendig, zunächst den Kontakt mit den unmittelbar Betroffenen zu suchen. So haben im Bundesinnenministerium vier Anhörungen mit den Berufsverbänden der Künstler und den kulturellen Institutionen aus den verschiedenen Bereichen von Kunst und Kultur stattgefunden, um die Lösungsvorstellungen der Beteiligten berücksichtigen zu können und hier mit zu verwerten. Nur so können Lösungen gefunden werden. die eine wirksame Hilfe für die Künstler bedeuten und nicht das Gegenteil bewirken.
Mit dem Künstlerbericht und dem Maßnahmenkatalog der Bundesregierung haben wir eine beachtliche kulturpolitische Bilanz aufzuweisen. Dies gilt auch im internationalen Vergleich, wie die Adhoc-Konferenz der Kultusminister des Europarats im vergangenen Monat in Oslo gezeigt hat.
Wir haben einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung getan. Ich bin mir bewußt, daß diesem Schritt selbstverständlich weitere folgen müssen. Für ihre Wirksamkeit wird es auf die Zusammenarbeit aller politisch verantwortlichen Kräfte, insbesondere, meine Damen und Herren, auch auf ein kooperatives Zusammenwirken von Bund, Ländern und Gemeinden, ankommen.
Wie Sie, Herr Kollege Pfeifer, angesichts dieses unbestreitbaren Tatbestands davon sprechen können, daß es der Bundesregierung nicht um die Sache gehe, ist mir völlig unverständlich. Die Bundesregierung hat bisher so viel getan wie keine andere Regierung vorher, um der Kulturpolitik in diesem Lande Geltung zu verschaffen. Sie, die Opposition, springen auf einen Zug, der schon längst in Fahrt ist und von uns in Fahrt gesetzt worden ist.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0725604800
Wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat Herr Abgeordneter Lattmann.

Dieter Lattmann (SPD):
Rede ID: ID0725604900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein wenig erinnert mich die heutige Debatte an die gestrige bildungspolitische Debatte, Herr Kollege Pfeifer. Denn der Mechanismus, der hier immer wieder deutlich wird, ist doch eigentlich recht seltsam. Sie verlangen vom Bund mit erstaunlicher Konsequenz Dinge, die zum Teil nur in den Ländern geleistet werden können. Mir kommt es so vor, als versuchten Sie, hier dem Bund ein gerüttelt Maß in die Schuhe zu schieben. Aber
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juli 197b 18349
Lattmann
eigentlich ist das ein Stiefel mit einer merkwürdigen Konstruktion: Denn Sie können der Bundesregierung allenfalls etwas in die Stiefelspitze legen, während Sie mit den Hacken in den Ländern eine ganze Menge kräftig blockieren.

(Beifall bei der SPD)

In diesem Zusammenhang ist es wohl nur eine Tatsachenfeststellung, wenn man sagt: Insgesamt sind die Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik in Gefahr, allzu sehr nur Schul- und Universitätsminister zu sein. Das engere Gebiet der Kultur im Bereich der Urheber von Wort, Ton und Bild wird überall dort vernachlässigt, und deswegen kann ich jetzt im positiven Bemühen nur an Ihre Beteuerung des gemeinsamen Interesses anknüpfen.

(Zuruf von der CDU/CSU)

Aber, Herr Pfeifer, Sie wissen doch ganz genau, wie alles gelaufen ist. Deswegen möchte ich Ihnen namens meiner Fraktion dafür danken, daß Sie diesen künstlerpolitischen Antrag gestellt haben. Denn als Sie im April dieses Papier formulierten, hatten Sie die genaue Kenntnis der Arbeitsergebnisse der künstlerpolitischen Arbeitsgruppe unserer Fraktion; Sie kannten die umfangreichen Ausarbeitungen in den Ressorts, vor allen Dingen im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung und im Innenministerium, ja, Sie kannten auch aus der Beratung des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft unsere Konzeption im Detail. Deswegen konnte geradezu eine Glanzleistung der Kooperation zwischen Opposition und Regierungskoalition in der Weise zustande kommen, daß Sie bis in einzelne Formulierungen unseres Antrages unsere Wortgebung und Zielsetzung in Ihren Antrag übernommen haben. Dadurch sind die Bundesregierung und die Koalition in der Lage, Punkt für Punkt auf Ihre Fragen wohlbereitet zu antworten.

(Beifall bei der SPD)

Das nenne ich — wie gesagt — eine hervorragende Kooperation zwischen Opposition und Koalition.
Ich hoffe, daß sich dieses fortsetzen wird. Denn wenn wir hier in der Verwirklichung Ernst machen wollen, dann brauchen wir doch Mehrheiten auf den Ebenen Bund, Länder und Kommunen. Wir müssen also zusammenkommen. Deswegen hofft meine Fraktion auf zweierlei: erstens darauf, daß Sie diese Zielvorstellungen im wesentlichen im nächsten Deutschen Bundestag mittragen werden, und zweitens bauen wir darauf, daß die betroffenen künstlerischen Berufsgruppen etwas vom politischen Urheberrecht verstehen und unsere Entwürfe und unsere minuziöse Arbeit auch dann erkennen und anerkennen, wenn sie von der Opposition mit empfohlen wird.
Es geht entsprechend den Kompetenzen des Bundes und der sozialen Lage der Künstler, wie die Analyse des Künstlerberichts vom Januar 1975 ergeben hat, zuallererst um die hier vom Bundesminister Walter Arendt dargestellte Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten. Auch von den Anhörungen ist berichtet worden, so daß ich das nicht noch einmal auszuführen brauche.
Wir begrüßen es, meine Damen und Herren von der Opposition, daß Sie offenbar nach dem bisherigen Stand Ihrer Vorstellungen die Bundesanstalt namens Künstlersozialkasse mit tragen wollen. Allerdings vermag uns Ihre abweichende Vorstellung eines Solidaritätsfonds nicht zu überzeugen, weil sie allzu vage bleibt. Deswegen kann ich Sie nur bitten, in der ernsthaften Einzelberatung, die zu Beginn des 8. Deutschen Bundestages anzustrengen ist, hier mit überzukommen. Denn nur eine Umlage namens Künstlersozialabgabe kann das Entscheidende lösen, nämlich den Ersatz für nicht vorhandene Auftrag- oder Arbeitgeberanteile. Wenn einige der Gruppen der Auftraggeber und Unternehmer in den kulturellen Bereichen und Medien vielleicht speziell Ihre Fraktion gegenwärtig zu beeinflussen trachten in dem Sinne, diese Abgabe abzulehnen, dann rufe ich Ihnen zu: Halten Sie es mit Bismarck und stimmen Sie mit; denn für diese Gruppen muß das nachgeholt werden, was auf Anstoß der Sozialdemokraten vor drei oder dreieinhalb Generationen von einem konservativen Kanzler realisiert wurde. Die künstlerischen Berufsgruppen brauchen einen Ersatz für nicht vorhandene Arbeitgeberanteile.
Aber — wie auch immer — eine handfeste Sozialpolitik allein kann das für die Künstler — darin stimmen wir überein, Herr Kollege Pfeifer — Notwendige nicht befriedigend lösen. Deswegen weise ich auf das Paket ergänzender Maßnahmen, Entscheidungen und Vorhaben, das vom Bundeskabinett am 2. Juni beschlossen wurde, hin, die da sind: Förderung der Aus- und Weiterbildung, Erweiterung des Arbeits- und Auftragsmarktes der Künstler, Integration der Künstler in Stadtplanung und Umweltgestaltung, Projektförderung durch die Deutsche Nationalstiftung, ja, auch die. Ich werde noch kurz darauf zu sprechen kommen.
Es ist im übrigen eine erstmaliges Ereignis in der Geschichte der Bundesrepublik, daß sich das Kabinett unter Vorsitz des Bundeskanzlers und nach eingehender Vorbereitung durch die künstlerpolitische Arbeitsgruppe der SPD-Fraktion wie der zuständigen Ressorts im Laufe des zurückliegenden halben Jahres allein viermal mit einer rund 80-seitigen künstlerpolitischen Tischvorlage beschäftigt hat. Das bitte ich die Öffentlichkeit zu beachten. Denn: Kein Adenauer, kein Erhard, kein Kiesinger hätte daran auch nur im Traum gedacht, in 20 Regierungsjahren, in denen man die Künstler und Autoren zur staatlichen Repräsentanz prämiierte, wenn sich das für das nationale Selbstverständnis wieder einmal anschickte, sie im übrigen aber der heimatlosen Linken überließ.

(Beifall bei der SPD)

Die Kabinettsbeschlüsse in Kürze, meine Damen und Herren: Anregung privater Initiativen durch Erhöhung des absetzbaren Betrages von Spenden für kulturelle Zwecke von 50/e auf 10°/o des steuerpflichtigen Einkommens; ein Ergänzungsfonds des Bundes für zusätzliche Aufträge im Bereich „Kunst am Bau" — der Bund appelliert an Länder und Kom-



Lattmann
munen, ein Gleiches zu tun —; Novellierung des Urhebervertragsrechts und des Urheberrechts im 8. Bundestag — Ziel: Mehr Rechte für Künstler und Worturheber bei Hörfunk und Fernsehen sowie Regelung der Urheberansprüche beim millionenfachen Fotokopieren —;ferner: Modellförderungen zur Neugestaltung der Künstlerausbildung und der Ausbilderberufe, Stichwort: Künstler an Schulen — die Bundesländer Hamburg und Berlin stehen gegenwärtig wegen der Konkretisierung solcher Modelle mit dem Bundesminister für Bildung und Wissenschaft in Verbindung —; ferner: Heranziehen von Künstlern in der Umweltplanung; mittelfristig, aber bedeutungsvoll: Einwirken der Bundesregierung im Rahmen der EG-Verhandlungen über europäische Anpassung der Umsatz- bzw. Mehrwertsteuer mit dem Ziel der Befreiung der künstlerisch Selbständigen von diesem Relikt.
Meine Damen und Herren, am 2. Juni hat die Bundesregierung im Kabinett auch noch einmal ausdrücklich das Vorhaben „Kulturstiftung der Bundesrepublik, Deutsche Nationalstiftung" bekräftigt, ein Vorhaben, das in der 7. Legislaturperiode leider so viel deutschlandpolitische Verfremdung erfahren hat. Schon die historisch anspruchsvolle Bezeichnung „Deutsche Nationalstiftung" signalisierte mögliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Standortfrage, zu der sich im übrigen Ministerpräsident Kohl am 7. Mai nach seiner Rückkehr aus den USA und dem Gespräch mit Präsident Ford dankenswert freimütig geäußert hat.
Alle Parteien sind aufgefordert, bei den weiteren Gesprächen zwischen Bund und Ländern klarzustellen, wieweit sie wirklich in erster Linie Kulturförderung meinen. Wenn das der Fall ist, müßten die Länder, die gegenwärtig am Zug sind, dem Bund den Beginn der Förderung aus dem Haushaltstitel, der dafür vorgesehen und gegenwärtig mit 12,5 Millionen DM qualifiziert gesperrt ist, nicht länger durch das Gezerr um Statuten beeinträchtigen. Was gebraucht wird, ist Flexibilität in der Sache und im personalen Sachverstand. Sonst kommt am Ende mehr Verwaltung als Kultur zum Vorschein.
Der Bund engagiert sich im übrigen für das hier vorgetragene Paket mit 50 Millionen DM Darlehen für die Künstersozialkasse. Die weiteren Maßnahmen sind mit der Initialsumme von rund 20 Millionen DM veranschlagt: einmalig 9 Millionen DM, ungefähr 10 Millionen DM wiederkehrend. Ein Teil dieser Summen kann von den zuständigen Ressorts durch Umlagerung aufgebracht werden. Es wäre gut, wenn die Länder zu ergänzenden Kabinettsbeschlüssen kämen, die dem Gewicht ihrer Kulturhoheit wirklich entsprechen, handelte es sich nicht bei dieser Hoheit zuweilen um eine sehr platonische Kompetenz.
Meine Damen und Herren, es erscheint mir nicht gut möglich, diesen kurzen Überblick über sozialliberale Politik für Künstler als Antwort auf den Antrag der CDU/CSU zu beenden, ohne auf eine Selbstverständlichkeit hinzuweisen, die in manchen Medien und kulturellen Bereichen nicht mehr selbstverständlich erscheint: Kunst und Publizistik sind undenkbar ohne konkreten Handlungsspielraum für individuelle Freiheit. Das hat immer auch eine wirtschaftliche Komponente. Der Markt bestimmt auch in den Künsten und der Literatur große Teile der Produktion.
Mindestens ebenso viel existenzielle Bedeutung hat aber die spezielle Sensibilität der Künstler für den Zustand demokratischer Grundfreiheiten in unserem Land. Mit der Unfugsformel „Freiheit oder Sozialismus" kann man ihnen nicht kommen. Wer so grob verfälscht, um welche Auseinandersetzungen es sich in Wirklichkeit handelt, fällt durch jeden Raster und gibt das Niveau preis, auf dem wir miteinander reden sollten. Das wissen bedachtere Mitglieder der CDU/CSU genau.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Reddemann [CDU/CSU] : Sie waren schon besser!)

Die Künstler und Schriftsteller haben keine Lobby,

(Reddemann [CDU/CSU] : Aber leider einen Lattmann!)

aber viele Stimmen, mit denen sie uns an folgendes erinnern: Es gibt kein Land auf der Welt, in dem nicht die Qualität der Freiheit immer neu erkämpft werden müßte. Was die Bundesrepublik betrifft, so gibt es keine Kritik an Deutschland, die nicht zuerst aus Deutschland gekommen ist.
Was unsere gegenwärtigen Schwierigkeiten beim verbalen Tumult um die Freiheit anbelangt, können wir dennoch im Blick auf Europa mit Gelassenheit feststellen: Im Ringen um die demokratischen Grundfreiheiten nehmen wir es mit jedem Nachbarland auf, gleich ob in West oder Süd, Nord oder Ost. Innerhalb unserer Grenzen aber sagen wir Sozialdemokraten denen, die wieder einmal in Wahlzeiten mit Selbstgerechtigkeit den Alleinvertretungsanspruch auf die Freiheit erheben, so ruhig wie deutlich: Von Freiheit verstehen wir mehr.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Reddemann [CDU/CSU] : Wovon verstehen Sie nicht mehr?)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0725605000
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Möllemann. Ihnen stehen noch acht Minuten zur Verfügung. Bitte schön!

Jürgen W. Möllemann (FDP):
Rede ID: ID0725605100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Selbst die Zeiteinteilung wird hier wahrscheinlich allmählich zur Kunst und zu einem Gegenstand der Kunstförderung.
Herr Kollege Pfeifer, nach Ihrem Beitrag hatte ich den Eindruck, daß wir heute im Plenum darüber streiten, welche Fraktion dieses Hohen Hauses am ehesten für sich reklamieren kann, in der unmittelbaren Nachfolge unserer Geschichte als eines Volkes der Dichter und Denker zu stehen.
Ihr Antrag betreffend die Förderung des künstlerischen Nachwuchses bzw. die Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage der künstlerischen Berufe wie auch Ihr Beitrag hier sind nach meiner Auffassung weitere untaugliche Versuche, sich unter im Anliegen gleichen Verfechtern einer Politik im Sinne des Künstlerberichts der Bundesre-
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256. Sitzung. Bonn; Donnerstag, den 1. Juli 1976 18351
Möllemann
gierung als der Gleichere darzustellen. Sie haben selber in Ihrem Beitrag von vornherein darauf hingewiesen, daß wir mit Ausrichtung auf die Wahl unsere Politik machten. Das klingt ganz lustig. Aber jeder weiß, daß kaum eine Ihrer Äußerungen den Wahltermin am 3. Oktober außer Betracht läßt. Das ordnen auch die Betroffenen so ein.
Es ist müßig, aber unumgänglich, darauf hinzuweisen, daß es weder ein Freidemokrat noch ein Sozialdemokrat gewesen ist, der die Gruppe, über deren soziale Besser- und Sicherstellung wir heute diskutieren, einmal als Pinscher diffamiert hat. Man darf darüber hinaus darauf hinweisen, daß es unser Kunstverständnis nicht zuläßt, daß man Produkte von Künstlern mit relativ rabiaten Mitteln in der Parlamentarischen Gesellschaft von der Wand reißt.

(Beifall bei der FDP — Reddemann [CDU/ CSU] : Das ist Ihre Auslegung, Herr Möllemann!)

Die von der Opposition gelieferte Begründung des Antrags und die Problemstellung sind in weiten Teilen unstrittig. Nur sagt die Opposition zwar nicht weniger, aber auch nicht mehr, als sich die Bundesregierung in dem hier bereits erörterten Maßnahmenkatalog vorgenommen hat.
Sich um eine Minderheit politisch bzw. von Staats wegen zu kümmern, ist einerseits für einen freien sozialen und demokratischen Rechtsstaat eine Selbstverständlichkeit; andererseits ist es bei der uns hier beschäftigenden Gruppe von Künstlern und Publizisten auch eine Frage des Fingerspitzengefühls oder der Selbstbeschränkung des staatlichen Souveräns; gilt doch für die Gruppe der Künstler der besondere Schutz des Art. 5 des Grundgesetzes.
Ausgehend von der Überlegung, daß es unsere Aufgabe nur sein kann, Hilfestellung zur Selbsthilfe zu geben, d. h. einen kultur- und sozialpolitisch vertretbaren, angemessenen Rahmen zu schaffen, um die allenthalben festgestellte schwierige Situation der Gruppe der Künstler und Publizisten in der Bundesrepublik zu verändern, sind im Gesetzentwurf der Bundesregierung, in ihren Maßnahmenkatalog konkrete, zeitlich sinnvoll abgestimmte Maßnahmen vorgesehen. Wir Freien Demokraten werden diesen Maßnahmenkatalog sorgfältig und ohne Vorurteile prüfen, um die von uns allen gewünschte Verbesserung der beruflichen und sozialen Lage der Künstler und Publizisten endlich zu erreichen.
Dabei verdienen besonders die Maßnahmen zur Förderung der Ausbildung bzw. Weiterbildung des künstlerischen Nachwuchses unsere Unterstützung. Unser Ziel ist es dabei, rechtliche wie sozialpolitische Regelungen zu erörtern und schließlich zu verabschieden, die die Freiheit und Eigenverantwortung der Künstler in wirtschaftlicher Unabhängigkeit und sozialer Sicherheit gewährleisten. Jede unnötige unmittelbare Einmischung lehnen wir dabei kategorisch ab.
Ebenso werden die Möglichkeiten steuerlicher Erleichterungen und Änderungen im Urheber- und Wettbewerbsrecht in den Ausschüssen eingehend und gründlich zu beraten sein.
Die Vorschläge des Gesetzentwurfes sind für die Fraktion der FDP eine brauchbare Diskussionsgrundlage, auf deren Basis wir schnell zu essentiellen und spürbaren Lösungen kommen wollen.

(Pfeifer [CDU/CSU]: Das ist aber eine Abwertung des Gesetzentwurfs!)

— Nein, das entspricht meinem Verständnis von Parlamentarismus, Kollege Pfeifer: daß ich auch eine Gesetzesvorlage meiner eigenen Regierung kritisch prüfe.
Für die Freien Demokraten begrüße ich die Grundsätze der Regierungsvorlage. Entscheidend ist für uns die Einbeziehung der Künstler in das Versicherungssystem entsprechend den allgemeinen Regelungen der Kranken- und Rentenversicherung.

(Pfeifer [CDU/CSU]: Eine „brauchbare Grundlage" !)

Wir meinen, daß derjenige, der dieses Solidarsystem beanspruchen will, insoweit keine Sonderrechte beanspruchen kann. Ebenso werden einzelne vorgeschlagene Neuregelungen während der parlamentarischen Beratung noch sehr eingehend zu prüfen sein. Dabei betonen wir, daß nicht zuletzt im Hinblick auf ihre Praktikabilität die Ausgestaltung der Befreiungsvorschriften und der Bemessungsgrenzen unsere besondere Aufmerksamkeit finden wird.

(Pfeifer [CDU/CSU]: Aha!)

Für die Freien Demokraten möchte ich der Freude darüber Ausdruck geben, daß sich die CDU/CSU im wesentlichen an unseren Forderungen und an dem auf unsere Initiative zustande gekommenen Programm der Bundesregierung orientiert hat.
Lassen Sie mich schließlich der Hoffnung Ausdruck geben, daß wir im Interesse der Künstler und Publizisten zum baldmöglichsten Zeitpunkt zu einer abschließenden Beratung der Vorlage kommen werden.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0725605200
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Köhler (Wolfsburg). Ihm stehen elf Minuten zur Verfügung.

Dr. Volkmar Köhler (CDU):
Rede ID: ID0725605300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Möglichkeit, über die Stellung von Kunst und Künstlern, über Staat und Gesellschaft ausführlich zu sprechen, haben wir in diesem Hause vor eineinhalb Jahren bei Vorlage des Künstlerberichtes gehabt. Wir haben das damals auch wie ich denke, in einer sehr ausführlichen und weitgehend einvernehmlichen Weise getan. Aber das war der Zeitpunkt, von dem ab angesichts der Ergebnisse der Künstler-Enquete Konkretes getan und gehandelt werden mußte. Jetzt, eineinhalb Jahre später, ist der Moment gekommen, darüber zu sprechen, was geschah bzw. ob gehandelt worden ist.
Über eins, Herr Kollege Möllemann, sind wir uns doch einig: das Handlungsmandat haben in all den Jahren Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, die Regierung gehabt — und haben es auch



Dr. Köhler (Wolfsburg)

jetzt noch —; unsere Aufgabe als Opposition war es, zu mahnen, zu drängen, Vorschläge zu machen. Daran sollten wir uns erinnern, wenn wir jetzt dar-
über sprechen, welchen Antrag meine Fraktion gestellt hat und wozu er nützlich sein soll.
Nun hat Kollege Lattmann in Erinnerung an andere Debatten die Frage nach den Kompetenzen gestellt. Das ist sehr schön, Kollege Lattmann, aber Sie werden mir nicht im Ernst bestreiten, daß wir hier bei der Frage der sozialen und auch der wirtschaftlichen Probleme eindeutig über Bundeskompetenzen sprechen und daß dieses Thema dementsprechend hierhergehört.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie haben sich dann auf eine sehr feinsinnige Art — das räume ich ein — mit der Frage der Kooperation bei den Problemen der sozialen Absicherung beschäftigt. Sie haben ein zweites Mal den Versuch gemacht, uns hier in die Rolle von Leuten zu bringen, die Ihre Papiere sorgfältig studiert haben. In der Tat, das haben wir auch. Aber Kollege Lattmann, so wahr dies ist und so wahr es ist, daß wir darüber im Ausschuß für Bildung und Wissenschaft gemeinsam diskutiert haben und daß es einer Opposition nicht verborgen bleiben konnte, worüber wir dort gesprochen haben, sollten Sie sich freundlichst erinnern, daß Sie von der ersten Minute an wußten, daß unser Kollege Geisenhofer bereits vor einem guten Jahr in München mit einem großen Kreis von Künstlern in aller Öffentlichkeit Fragen des Solidaritätsfonds und dergleichen diskutiert hat, die damit
) von vornherein auch in unserer Diskussion vorhanden waren.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Ich hatte gesagt, es war seit anderthalb Jahren die Stunde des Handelns gekommen. Ich muß dem Herrn Staatssekretär sagen, daß ich ihn in einem Punkte überhaupt nicht verstehe. Für mein Wortverständnis ist die Vorlage von Papieren, die die Problematik enthüllen, keinesfalls eine beachtliche Bilanz,

(Beifall bei der CDU/CSU)

und die Aufstellung eines Maßnahmenkatalogs ist keine Tat, sondern sie ist bestenfalls die Grundlage für daraus abzuleitende Taten. Die ganze Zeit wird in dieser Diskussion offenbar immer wieder vergessen oder gern übertüncht, daß die Gesamtdiskussion vor einem Jahrfünft durch die Enquete in Gang gekommen ist, die meine Freunde in diesem Hause gefordert und in Gang gesetzt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Seitdem haben wir in großer Kontinuität dieses Thema immer wieder auf den Tisch gebracht. Weil nichts kam und nichts geschah, haben wir weiter Anträge gestellt, weiter Anfragen an die Regierung gerichtet. Wir waren nicht damit zufrieden, daß 80seitige Tischvorlagen viermal beraten wurden; denn wenn Sie hier auf Adenauer und Erhard abgehoben haben, Kollege Lattmann, dann muß ich sagen: es war doch durch die Künstler-Enquete klargeworden, daß in der Zeit ihrer Regierungsverantwortung die Schäden sichtbar und dramatisch geworden waren, um die wir uns hier zu kümmern haben.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Der Vorwurf, wir seien auf einen fahrenden Zug aufgesprungen, entwickelt sich zu einer gewissen Komik, wenn unser Antrag vom April benutzt wird, um den Beweis zu führen, daß wir Regierungsvorlagen und Maßnahmenkatalogen vom 2. Juni nicht zustimmen. Wenn das so gemeint und wahr sein soll, meine verehrten Damen und Herren von der Koalition, dann verfügt meine Fraktion über ein Maß von Prophetie und Fähigkeit, vorzeitig Ihre Gedanken zu erraten und zu würdigen, auf Grund dessen dieser Fraktion eine wesentlich wichtigere Rolle in diesem Staate zugemessen werden müßte, als sie im Moment bedauerlicherweise innehat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sieben Jahre lang waren die Probleme auf dem Tisch, sieben Jahre lang war die Aufforderung zum Handeln auf dem Tisch. Eineinhalb Jahre lang hatten wir es quantifiziert in Zahlen auf dem Tisch, und es bedurfte unserer Anträge, um in letzter Minute noch wenigstens etwas Verbales geschehen zu lassen.
Auf einen Gedanken legen wir allerdings größten Wert. Wir haben von der ersten Minute an bei aller Würdigung der sozialen Problematik immer wieder klar herausgearbeitet, daß es für uns hier nicht nur um den Aspekt der sozialen Sicherstellung geht, sondern um den Gesamtumfang der freien Selbstverwirklichung des Künstlers, in dem er schaffen kann und von dieser Gesellschaft getragen wird. Dieser Gedanke, Kollege Lattmann, ist bei dem, was aus Ihrem Lager gekommen ist, erstmals im Juni im Maßnahmenkatalog der Regierung aufgegriffen worden und nicht vorher.
Aus diesem Grunde und in Verfolg dieser Gedanken fordern wir auch mit Konsequenz die freie Entscheidungsmöglichkeit des Künstlers im Rahmen seiner eigenen sozialen Sicherstellung. Deswegen haben wir uns an einigen Stellen — Sie erinnern sich — vor der Gefahr einer übergroßen Bürokratisierung bei der Aufbringung der Mitfinanzierung gewandt. Das sind Detailfragen, über die man noch wird reden müssen. Nur möchte ich, bitte, hier nicht hören, daß Sie jetzt am vorletzten Tage, an dem wir hier noch etwas tun können, auftreten und sagen, daß die Regierung die bessere Lösung auf dem Tisch habe. Die Regierung kann hier in diesem Brustton der Überzeugung freilich deswegen sprechen, weil sie ihre eigenen Bedenken gegen die schwierigen versicherungstechnischen Details, um die es hier geht, in den letzten Wochen, wie wir wohl wissen, immer wieder mit dem Gedanken beruhigt hat, daß sie ja bei Vorlage eines solchen Gesetzes in den allerletzten Tagen der Legislaturperiode nicht mehr zum Schwur gezwungen sein wird, weil ja eh nichts mehr daraus werden kann.

(Pfeifer [CDU/CSU] : So ist es!)

Unter diesen Umständen ist es sehr leicht, so etwas vorzulegen und hier zu sagen.
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256. Sitzung. Bonn, Donnerstag, Lien i. Juli 1976 18353
Dr. Köhler (Wolfsburg)

Lassen Sie mich noch einmal das hervorheben, was ich am Anfang gesagt habe. Die Problematik war spätestens seit anderthalb Jahren quantifizierbar auf dem Tisch. Ihre Entschlossenheit zum Handeln geriet damals für mich allein schon dadurch in Zweifel — und nicht nur für mich, sondern bei vielen Künstlern —, weil Sie die Lösungsvorschläge derjenigen, die die Enquete vorbereitet hatten, uns hier gar nicht vorgelegt haben. Wir haben dann von Monat zu Monat abgewartet. Unsere Aufgabe — und wir treten jedermann gern damit entgegen, wie wir diese Aufgabe angepackt und erfüllt haben — als Opposition war es, immer wieder zu drängen, daß hier etwas geschieht — im Interesse der Künstler, aber auch im Interesse gerade des kulturellen und geistigen Lebens in unserem Lande. Wir haben gedrängt. Wir sind im Vorlegen konkreter Vorschläge so weit gegangen, wie es irgend möglich war. Wenn eine Opposition in Jahresfrist immerhin nicht ganz törichte Vorschläge vorlegen konnte, dann frage ich mich, ob ich hier das Argument akzeptieren muß, daß die Regierung 18 Monate brauchte, um wenig mehr vorzulegen, als wir geschaffen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ihre Aufgabe aber war es zu handeln, und was wir von Ihnen bekommen haben, waren Maßnahmenkataloge, Papiere, die die Problematik enthüllen, aber kein konkreter Schritt, obwohl wir uns vor anderthalb Jahren alle darüber einig waren, daß wir das Problem aufgliedern mußten in einen Bereich, der sofort konkrete Maßnahmen erforderte, die noch in dieser Zeit verwirklicht werden sollten, und in längerfristige Vorbereitungen, die wir in der 8. Legislaturperiode gemeinsam zu betreiben haben. Diejenigen, um die es hier geht, werden zu prüfen und zu würdigen wissen, wie die einzelnen Gruppen dieses Hauses das Thema angefaßt haben. Wir stellen uns dieser Diskussion mit dem größten Vergnügen.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0725605400
Als dem letzten Redner in der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt erteile ich dem Abgeordneten Dr. Böhme (Freiburg) das Wort für drei Minuten.

Dr. Rolf Böhme (SPD):
Rede ID: ID0725605500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Künstlersozialversicherungsgesetz soll die soziale und wirtschaftliche Lage der Künstler erleichtern. Der Gesetzentwurf beweist die kunstfreundliche Haltung dieser Bundesregierung und ihr Engagement für die Künstler in unserem Lande.
Zu den Maßnahmen, die den zeitgenössischen Künstlern helfen sollen, gehören auch steuerliche Maßnahmen. Dazu bedarf es eines Gesamtkonzepts, welches vor allem hilft, die Auftragslage der deutschen Künstler zu verbessern. In Frage kommt eine Regelung, welche Ankäufe junger Kunst bis zu einem bestimmten Betrag steuerlich abzugsfähig macht. Diese Frage wirft natürlich steuerlich besondere Abgrenzungsprobleme auf: Was ist ein Kunstwerk? Gehören dazu auch Bilder eines Sonntagsmalers? Wie wird dies abgegrenzt? Ich glaube, daß diese Fragen nach der Einführung der sogenannten Künstlersozialkasse systematisch und rechtstechnisch gelöst werden können, ohne daß sich das Finanzamt den Kopf zerbrechen muß, was inhaltlich als Kunstwerk anzusehen ist. An diesen steuertechnischen Fragen muß aber noch gearbeitet werden.
Die Koalition hat sich daher im Finanzausschuß darauf beschränkt, eine Entschließung einzubringen, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, im Zusammenhang mit dem Künstlersozialversicherungsgesetz die Möglichkeiten zur begrenzten steuerlichen Begünstigung von Aufwendungen zum Erwerb und Besitz von Kunstwerken zu prüfen. Die steuerliche Regelung soll möglichst mit dem Künstlersozialversicherungsgesetz entschieden werden. Die Absicht ist, Ankäufe von Kunstfreunden im kleinen Kunsthandel zu erleichtern, oder im Klartext: die Mitglieder eines Kunstvereins sollen animiert werden, bei der Kunstausstellung ihres Vereins ein Bild zu kaufen und damit das dichte Geflecht im Kleinkunsthandel zu fördern.
Was aber will die Opposition? Ihre Vorlage dient nicht dem kleinen Kunstfreund und Hobbysammler, sondern ist ein Gesetz für große Galeristen und Kunstsammler in sehr guter wirtschaftlicher Situation.

(Zuruf des Abg. Reddemann [CDU/CSU] — Pfeifer [CDU/CSU]: Das beurteilen die Künstler ganz anders!)

— Ja, Herr Reddemann, auch wenn Sie es nicht hören wollen. — Dies ergibt sich klar aus dem Vorschlag, eine Vermögensteuerfreiheit für Kunstwerke einzuführen. Dabei sind auch die verschiedenen Varianten interessant, welche die CDU/CSU vorschlägt. Im Antrag der Bundestagsfraktion der CDU, CSU wird die Vermögensteuerfreiheit für Werke deutscher Künstler gefordert, die noch leben oder vor nicht mehr als 15 Jahren verstorben sind. Der Bundesrat geht mit seinem Gesetzentwurf darüber hinaus und verlangt die Vermögensteuerfreiheit ohne nationale Begrenzung, d. h. auch für ausländische Künstler. Dies bedeutet, das ausländische Kunstwerke wie z. B. von Picasso, Salvador Dali oder Chagall, voll von der Vermögensteuer befreit sind. Dies hat dann allerdings mit der Förderung zeitgenössischer Künstler nichts mehr zu tun, sondern ist ein Steuerverzicht für reiche Leute, welche teure Kunstwerke kaufen können. Diese Forderung nach Vermögensteuerfreiheit ist daher im Ansatz verfehlt und muß aus Gründen der Steuergerechtigkeit abgelehnt werden.
Die Vermögensteuerreform hat dazu geführt, daß Vermögen in erheblich größerem Umfang als bisher von der Vermögensteuer freigestellt werden. Eine weitere Freistellung, beschränkt auf Kunstgegenstände, ist mit dem Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht vereinbar. Es würde einer breiten Öffentlichkeit und auch dem kleinen Künstler selbst wohl unverständlich bleiben, wenn eine Witwe, die ein Einfamilienhaus für 200 000 DM auf Leibrenten-basis zur Sicherstellung ihres Lebensunterhalts verkauft, Vermögensteuer entrichten muß, eine Samm-



Dr. Böhme (Freiburg)

lung moderner Kunstgegenstände mit einem Millionenwert aber vermögensteuerfrei bliebe.
Deshalb lehnen wir Ihre Vorschläge ab und bitten um Annahme dieser Entschließung, die dazu bestimmt ist, den Kleinkunsthandel und die Hobbysammler zu unterstützen und auch den Betrieb im Kunsthandel zu fördern.

(Beifall bei der SPD — Pfeifer [CDU/ CSU] : Nach dieser Rede wissen die Künstler, was sie von der SPD zu halten haben!)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0725605600
Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache angelangt. Ich schließe die Beratung des Antrags.
Es ist gemäß dem Vorschlag des Ältestenrates Überweisung an eine Reihe von Ausschüssen begehrt worden, und zwar an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung — federführend — sowie den Ausschuß für Bildung und Wissenschaft, den Finanzausschuß, den Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau und den Haushaltsausschuß. Zusätzlich — darüber hat man sich soeben verständigt — soll der Antrag an den Innenausschuß — mitberatend — überwiesen werden. — Ich höre keinen Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 12 auf:
a) Erste Beratung des vorn Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes
— Drucksache 7/5376 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit (federführend) Innenausschuß
Haushaltsausschuß
b) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes und der Reichsversicherungsordnung
— Drucksache 7/5480 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit (federführend) Innenausschuß
Haushaltsausschuß
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung
Wir treten in die Beratung ein. Für die Gesamtberatung sind 15 Minuten vorgesehen. Das Wort hat der Abgeordnete Gansel.

Norbert Gansel (SPD):
Rede ID: ID0725605700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im vergangenen Jahr ist in der Bundesrepublik eine großzügige und familienfreundliche Kindergeldregelung in Kraft getreten, auf die wir stolz sein können. Da sie einkommensunabhängig ist, bietet sie selbst Ministerpräsidenten, die sich im Bundestag über den Rückgang der Geburtenziffern ereifern, einen finanziellen Anreiz, mehr als zwei Kinder zu haben.

(Heiterkeit bei der SPD und der FDP) Aber der Gesetzgeber ist auch bei einstimmigen Beschlüssen nicht unfehlbar. Das zeigt folgender Fall.

In einer fünfköpfigen Arbeitnehmerfamilie — Nettoeinkommen 1 500 DM — verlassen zwei Kinder, die älter als 18 Jahre sind die Schule, ohne sofort einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zu finden. Die Familie verliert 190 DM Kindergeld. Die beiden Kinder verlieren den Schutz der Krankenversicherung und müßten sich selbst mit 80 DM im Monat versichern. Das Haushaltseinkommen verringert sich um 270 DM, also um fast 20 0/e, solange keine steuerliche Entlastungsmöglichkeit vorhanden ist. Hätten die Kinder dagegen einen Ausbildungsplatz gefunden, würden sie nicht nur ein eigenes Einkommen und Versicherungsschutz haben, sondern die Eltern könnten auch zusätzlich Kindergeld beanspruchen. Dieser Widerspruch ist unabhängig von der konjunkturellen Lage oder vom jeweiligen Angebot der Wirtschaft oder des Bildungssystems an Ausbildungsplätzen vorhanden. Er ist vom Gesetzgeber nicht gewollt und soll von uns heute gelöst werden.
Wir wollen die Familien in solchen Fällen nicht auf die Sozialhilfe verweisen. Denn es wäre widersinnig, die Streichung einer Sozialleistung, nämlich des Kindergeldes, mit der Gewährung einer anderen Sozialleistung, nämlich der Sozialhilfe, zu beantworten. Es ist allein vernünftig, dieselbe Leistung weiterhin sicherzustellen. Deshalb schlagen wir vor, die Leistung des Kindergeldes und, was noch wichtiger ist, die Leistung der Familienkrankenpflege zu erweitern.
Wir verlangen aber, daß die Kinder, die schon volljährig und insofern Erwachsene sind, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen. Wir wollen keinen Müßiggang fördern. Arbeit ist die wichtigste Sozialleistung — im Geben wie im Nehmen. Wir nehmen dabei bewußt in Kauf, daß sich die Arbeitslosenstatistik durch dieses Erfordernis verschlechtert. Wir erhalten aber die Chance, einen zusätzlichen Personenkreis für die Berufsberatung und die Förderung der beruflichen Bildung zu erschließen. Ich denke dabei vor allem an die Sonderschüler und Hauptschüler, die bisher am Arbeitsamt vorbei einen Arbeitsplatz gesucht haben. Die Dunkelziffer der Jugendarbeitslosigkeit, ein Problem seit Jahrzehnten, wird dadurch erheblich verringert werden können. Das ist eine ehrliche Arbeitsförderungspolitik.
Wir haben abweichend vom Bundeskindergeldgesetz eine Altersgrenze von 23 Jahren festgesetzt und eine Ehegattenklausel eingeführt, und zwar aus sozialpolitischen wie aus finanzpolitischen Gründen. Auch wir Sozialpolitiker müssen mit den vorhandenen Mitteln sparsam umgehen. Unsere Regelung zielt aber vor allem auf die Schulabgänger ab, die noch im elterlichen Haushalt leben. Wir wollen kein Kindergeld für den stellungssuchenden 29jährigen Dr. phil., der mit einer gutverdienenden Apothekerin verheiratet ist.
Dieser Gesetzentwurf soll einen Fehler des Gesetzgebers korrigieren. Die Opposition hat ihn im Bun-



Gansel
destag und Bundesrat seinerzeit mitverschuldet. Sie hat ihn bis heute nicht erkannt. Daß er unserer Aufmerksamkeit nicht entgangen ist, darf für die Opposition kein Anlaß sein, ihre sozialpolitische Trägheit mit Theaterdonner zu übertönen. Wir rechnen im Gegenteil mit Ihrer Einsicht und auf Ihre Zusammenarbeit.
Ich möchte jetzt schon dafür danken, daß sich der Haushaltsausschuß mit dem Thema beschäftigt hat und unserer Vorlage seine Zustimmung gegeben hat.
Ein Wort zu der Stellungnahme des Innenausschusses, der vorgeschlagen hat, die Altersgrenze auf 27 Jahre — wie üblich beim Kindergeld heraufzusetzen. Ich halte das aus zwei Gründen nicht für sinnvoll. 1. Der Innenausschuß war ja an dem Gesetzentwurf nur soweit beteiligt, als es die Kinder der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes betrifft. Ich meine, auch Beamtenkinder sind keine Spätentwickler. Hier bräuchte keine höhere Altersgrenze vorgesehen werden als anderswo. 2. Ich wiederhole noch einmal: Wir zielen auf die Schulabgänger ab, und zwar aus sozialpolitischen Gründen, aber sicherlich auch aus Gründen der entstehenden Kosten. Jeder wird zustimmen, daß es widersinnig wäre, den stellungssuchenden Hochschulabsolventen erst durch das Haushaltsstrukturgesetz die Arbeitslosenhilfe zu nehmen — das ist seinerzeit in den Ausschüssen einstimmig geschehen — und sie jetzt gewissermaßen mit dem Kindergeld zu trösten. Diese befinden sich in einer anderen Situation. Hier ist die Inanspruchnahme der Sozialhilfe gegebenenfalls zumutbar.
Meine Damen und Herren, wie ich sehe, kann ich dem nächsten Sprecher noch 33 Sekunden gutschreiben. Herr Präsident, wird eigentlich die Zeit des Nachvornelaufens mitgerechnet oder nicht?

(Heiterkeit)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0725605800
Das liegt in der Entscheidung des Präsidenten.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Burger.

Albert Burger (CDU):
Rede ID: ID0725605900
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der von den Koalitionsparteien eingebrachte Gesetzentwurf will Jugendliche von 18 bis 23 Jahren, die weder einen Arbeitsplatz noch eine Ausbildungsmöglichkeit finden, in die Kindergeldberechtigung und in die Familienhilfe im Rahmen der sozialen Krankenversicherung einbeziehen. Diese Zielsetzung wird auch von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion grundsätzlich begrüßt. Für unsere Fraktion, Herr Kollege Gansel, hat bereits Frau Stommel am 14. Mai dieses Jahres im Rahmen der zweiten Beratung des Einzelplans 15 des Bundeshaushalts 1976 die Problematik angesprochen. Sie forderte damals, den Familien zu helfen, die wirtschaftlich durch Kinder über 18 Jahren in besonderem Maß belastet sind, die weder eine Arbeits- noch eine Ausbildungsstelle finden und auch nicht kindergeldberechtigt sind. Es ist ein bißchen humorvoll, Herr Kollege Gansel: Einmal wirft uns der Kollege Glombig vor, wir wollten mit unseren Anträgen Schaufenstereffekte erzielen,

(Glombig [SPD] : Häufig mit Recht!)

zum anderen wird uns vorgeworfen, keine Anträge vorzulegen. Aber dies ist natürlich in Ihre völlige Freiheit gestellt. Wir haben das Problem erkannt und haben bei den Haushaltsberatungen die Anregung gegeben. Frau Stommel, besten Dank dafür!
Der hier vorgelegte Gesetzentwurf bringt für die betroffenen Familien durch Anspruch auf Kindergeld und Einbeziehung von Jugendlichen in die Familienhilfe wirtschaftliche Entlastungen, nachdem — das muß man aber dazu sagen — diesen durch das Haushaltsstrukturgesetz der vorher bestehende Anspruch auf Arbeitslosenhilfe entzogen wurde, wenn sie nicht vor Abschluß einer schulischen berufsbezogenen Ausbildung eine Vorversicherungszeit bei der Bundesanstalt für Arbeit auf Grund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachweisen können. Was jetzt also gegeben wird, meine Damen und Herren, ersetzt den Betroffenen im Regelfall nur einen Bruchteil dessen, was ihnen durch das Haushaltsstrukturgesetz genommen wurde.
Für andere Jugendliche und die betroffenen Familien wird allerdings eine neue gesetzliche Regelung eingeführt. Aber auch hier handelt es sich um eine notwendige sozialpolitische Folgemaßnahme aus einer fehlorientierten Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik, die leider nicht in der Lage ist, die Jugendlichen in vollem Umfang in das Ausbildungs- und Beschäftigungssystem einzugliedern. Einige Details dieses Entwurfs sollten in den zuständigen Ausschüssen noch erörtert werden.
So stellt sich beispielsweise die Frage, ob es denn sinnvoll ist, nun eine neue Altersgrenze einzuführen. Herr Kollege Gansel, Sie haben dazu einige Begründungen vorgetragen. Aber trotzdem: Warum soll man für diese Notsituationen die Altersgrenze herabsetzen? Ich denke da auch an die Söhne und Töchter von Arbeiterfamilien, die auch in eine Notsituation hineingeraten können, wenn sie nach ihrem Studium keinen Platz finden können. Darüber müssen wir also im Ausschuß noch reden.
Die vorgesehenen Verbesserungen lösen leider nur Teilprobleme und können die wirtschaftliche Situation der Familien nicht spürbar verbessern. Sowohl nach dem Sozialbericht als auch nach dem Zahlenwerk des Sozialbudgets ist bis einschließlich 1979 keine Erhöhung des Kindergeldes vorgesehen. Ebenso soll auch das Wohngeld erst im Jahre 1978 angehoben werden. Durch diese Entscheidungen werden Familien mit Kindern besonders betroffen. Die Lohnerhöhungen allein können die Preissteigerungen nicht ausgleichen. Je größer die Zahl der Kinder ist, um so weniger wirkt sich die Einkommenssteigerung für den einzelnen aus. Die Folge ist, daß immer mehr Familien mit mehreren Kindern unter das Sozialhilfeniveau absinken. Die neuesten Statistiken zeigen auch, daß die Zahl der Menschen, die laufend Hilfe zum Lebensunterhalt im Rahmen der Sozialhilfe erhalten, in diesen Tagen zum er-



Burger
stenmal in der Geschichte der Bundesrepublik die Millionengrenze überschritten hat.

(Frau Stommel [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Um den betroffenen Familien zu helfen, ist es deshalb dringend notwendig, bei der Bemessung des Kindergeldes und anderer Leistungen an die Familie vor allem die Kinderzahl und eine angemessene Wohnung stärker zu berücksichtigen. Die Lohnpolitik allein ist nicht in der Lage, die Chancenungleichheiten zu beseitigen.
Meine Damen und Herren, für die CDU/CSU-Fraktion erkläre ich, daß wir bereit sind, den vorliegenden Gesetzentwurf nach gründlicher Ausschußberatung mitzutragen.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0725606000
Das Wort hat der Abgeordnete Spitzmüller.

Kurt Spitzmüller (FDP):
Rede ID: ID0725606100
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wir Freien Demokraten halten den von der Koalition vorgelegten Gesetzentwurf für notwendig und dringlich. Ich freue mich, daß auch die Opposition dieser Auffassung ist und unsere Gesetzesinitiative unterstützt, wie es Herr Burger soeben zum Ausdruck brachte.
Wir haben in dieser Woche in diesem Hohen Hause den ernsten Problemen der Ausbildungs- und Arbeitsmarktlage der jungen Generation bereits zahlreiche Stunden gewidmet. Wir wissen also, wie fühlbar die gegenwärtigen Engpässe in der beruflichen und in der Hochschulausbildung sowie auf dem Arbeitsmarkt sind. Zur Behebung des dringendsten Bedarfs an Plätzen der beruflichen Ausbildung haben die Koalitionsfraktionen gegen den Widerstand von Opposition und Bundesrat das längst fällige Gesetz erneut vorgelegt; und es ist gestern mit Mehrheit beschlossen worden.
Zur Besserung der Studienplatzsituation hat die FDP praktikable Vorschläge auf den Tisch gelegt. Doch diese Maßnahmen werden erst mittelfristig wirken können. Im Bereich des Familienlastenausgleichs sind jedoch kurzfristig Korrekturen erforderlich, um soziale Härten zu vermeiden, die bei Verabschiedung der Kindergeldreform und günstigerer Ausbildungs- und Arbeitsmarktlage nicht vorauszusehen waren.
Die Jugendlichen — oder besser gesagt: die jungen Erwachsenen —, die trotz allen Bemühens keine Ausbildungsstelle, keinen Studienplatz oder keine Arbeitsstelle finden und noch keine Arbeitslosenhilfe erhalten können, sollen zu diesen sozialen Nachteilen nicht auch noch den Nachteil tragen müssen, daß der Krankenversicherungsschutz in der Familienversicherung wegfällt und die Kindergeldzahlung an ihre Eltern wegen Überschreitens der Altersgrenze ausläuft. Wir wollen deshalb durch dieses Gesetz verhindern, daß diese jungen Leute ihren Eltern wirtschaftlich voll zur Last fallen. In diesen Fällen soll das Kindergeld bis zum 23. Lebensjahr weitergezahlt werden wie für andere Jugendliche, die Glas Glück hatten, eine Ausbildungsstelle oder einen Studienplatz zu bekommen.
Ich glaube, meine Damen und Herren, diese faire Behandlung der jungen Leute, die in der gegenwärtigen Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituation Pech haben, sind wir der jungen, in den Beruf strebenden Generation schuldig. Dies rechtfertigt auch die Eile, mit der wir dieses Gesetz hier gemeinsam verabschieden wollen. Wir sollten uns freilich bewußt bleiben, daß im Regelfall eine ordnungsgemäße parlamentarische Beratung und Verabschiedung wesentlich mehr Zeit erfordert.
Aus diesem Grunde wollen wir auch den Bundesratsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes nicht ebenfalls in dieser Woche in erster, zweiter und dritter Beratung behandeln. Wie ich höre, ist der praktische Fall, der in Bremen zur Auslösung der Bundesratsinitiative geführt hat, zur Zufriedenheit der Beteiligten gelöst. Auch im übrigen scheint mir keine besondere praktische Dringlichkeit dafür zu bestehen, diesen Gesetzentwurf jetzt noch überstürzt zu verabschieden. Die FDP-Fraktion hält es daher für sachlich angemessener, die mit dem Gesetzentwurf angeschnittenen Fragen des Kindergeldrechts gründlich zu durchdenken und den Gesetzentwurf in dieser oder einer revidierten Fassung in der neuen Legislaturperiode erneut zu überdenken.
Wir werden dem vorliegenden Koalitionsantrag in der zweiten und dritten Lesung nach gründlicher Beratung, soweit dies in den Ausschüssen an einem Tag möglich ist, die Zustimmung geben.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0725606200
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Ausweislich der gedruckten Tagesordnung schlägt der Ältestenrat vor für Punkt 12 a Überweisung an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit — federführend — sowie an den Innenausschuß und den Haushaltsausschuß — mitberatend —, für Punkt 12 b Überweisung an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit — federführend — sowie an den Innenausschuß, den Haushaltsausschuß und den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung — mitberatend —. Ich mache darauf aufmerksam, daß der Haushaltsausschuß bei Punkt 12 a nur mitberatend und bei Punkt 12 b nur nach § 96 der Geschäftsordnung beteiligt werden soll. — Ich sehe keine weitere Wortmeldung; es ist so beschlossen.
Ich rufe die Punkte 13 bis 18 gemeinsam auf:
13. Beratung des Sozialberichts 1976 der Bundesregierung
— Drucksache 7/4953 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend) Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Haushaltsausschuß
14. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung



Vizepräsident von Hassel

(11. Ausschuß) zu den Berichten der Bundesregierung nach § 238 des Arbeitsförderungsgesetzes

a) Winterbaubericht 1973
b) Winterbaubericht 1974
c) Winterbaubericht 1975
-- Drucksachen 711623, 7/3508, 7 4621, 7/5351 —
Berichterstatter: Abgeordnter Lutz
15. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß) zu dem Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen bei der Anwendung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes — AUG
— Drucksachen 7/2365, 7/5352 —
Berichterstatter: Abgeordneter Lutz
16. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß)

zu dem Bericht der Bundesregierung nach § 239 des Arbeitsförderungsgesetzes (Arbeitsförderungsbericht)

zu dem Bericht des Bundesrechnungshofes nach § 99 der Bundeshaushaltsordnung zum Arbeitsförderungsbericht der Bundesregierung
— Drucksachen 7/403, 7/911, 7/5356 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Müller (Remscheid)

17. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß) zu dem Antrag der Abgeordneten Löher, Frau Dr. Wolf, Hussing, Müller (Remscheid), Dr. Götz und der Fraktion der CDU/CSU betr. Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer
— Drucksachen 7/2469, 7/5379 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Blüm
18. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß) zu dem Bericht der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik Deutschland (Unfallverhütungsbericht 1974)
Bericht der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik Deutschland (Unfallverhütungsbericht)

— Drucksachen 7.'2622, 7/4668, 7/5380 -Berichterstatter: Abgeordneter Lutz
Ich darf den Berichterstattern für ihre Berichterstattung danken.
Es ist vereinbart worden, eine verbundene Aussprache durchzuführen und dafür insgesamt 60 Minuten vorzusehen. Wir werden diesen Tagesordnungspunkt abwickeln und die Fragestunde möglicherweise um etwa zehn bis fünfzehn Minuten später anfangen lassen. Ich glaube, daß Sie damit einverstanden sind, daß wir nicht nachher um 14 Uhr noch einmal zu diesem Tagesordnungspunkt zurückkehren müssen.
Wir treten in die verbundene Aussprache ein. Das Wort hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Herr Bundesminister Arendt.

Walter Arendt (SPD):
Rede ID: ID0725606300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heutige Sozialdebatte steht unter einem besonderen Zeichen. Zum heutigen Termin werden nämlich rund 13,7 Millionen Renten erhöht, und das neue Mitbestimmungsgesetz tritt in Kraft. Ein günstigeres Datum als den 1. Juli hätte für diese Debatte kaum gewählt werden können.
Für mich bietet diese Debatte Anlaß zu einigen grundsätzlichen Anmerkungen zur Sozial- und Gesellschaftspolitik der letzten Jahre. Die Verhältnisse in dieser Zeit waren nicht gerade rosig. Sie waren überschattet von der Weltwirtschaftskrise, die auch an unserem Land nicht spurlos vorübergegangen ist. Der Sozialbericht 1976 zeigt, daß unser System der sozialen Sicherung seit Mitte dieser Legislaturperiode auf dem Prüfstand der stärksten Rezession der Weltwirtschaft seit 30 Jahren stand. Steigende Arbeitslosigkeit und ein geringerer Zuwachs der Einnahmen als der Ausgaben bei den Sozialversicherungsträgern waren zu verkraften. Die Sozialleistungsquote stieg infolgedessen 1975 auf 32 % des Bruttosozialprodukts. Heute können wir mit Stolz feststellen: Das soziale Netz hat sich gerade in dieser schwierigen wirtschaftlichen Lage außerordentlich bewährt.
Betrachten wir die Weltwirtschaftsrezession im Rückspiegel der Sozialpolitik. In den Jahren 1974 bis 1976 hat die Sozialversicherung mit rund 50 Milliarden DM zur Stützung der Konjunktur beigetragen. Diese 50 Milliarden setzen sich zusammen aus rund 15 Milliarden weniger Beiträgen infolge der Rezession, aus rund 20 Milliarden höheren Ausgaben infolge der Rezession und schließlich 15 Milliarden aus der Tatsache, daß die Renten antizyklisch angepaßt werden. Die Sozialpolitik hatte einen großen Anteil am sozialen Abfedern der Konjunktur und am neuen Aufschwung. Natürlich kann sie diese konjunkturpolitisch ausgleichende Rolle nicht permanent in dieser Höhe spielen wie 1974 bis 1976. Aber das braucht sie auch gar nicht; denn Einnahmen und Ausgaben kommen im Aufschwung wieder ins konjunkturelle Gleichgewicht.
Die Bürger unseres Landes haben diesen Zusammenhang verstanden. Sie haben durch ihr Verhalten in den hinter uns liegenden Jahren bewiesen, daß sie Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der sozialen Sicherung haben. Dieses Vertrauen ist nicht blind. Dieses Vertrauen war und ist erworben und gestärkt durch unsere sozialpolitische Arbeit. Die Menschen draußen im Lande wissen es — und sie haben cs erfahren —, daß wir gerade in den letzten



Bundesminister Arendt
Jahren das Netz unserer sozialen Sicherung weiter gespannt und dichter geknüpft haben. Die Menschen wußten und wissen: Wer der Sozialpolitik einen so hohen Rang einräumt wie wir, wird dafür sorgen, daß das soziale Netz auch hält.
Für dieses Vertrauen gibt es einen eindrucksvollen Beweis, nämlich das besonnene und verantwortliche Verhalten der Bürger in der zurückliegenden Wirtschaftsrezession. Die Menschen haben sich nicht verwirren lassen durch die Katastrophenbeschwörung. Sie haben sich nicht in eine Krisenstimmung hineinagitieren lassen, und sie sind nicht der Angst verfallen, die ihnen einige einreden wollten. Das Spiel mit der Angst ging verloren, und für die deutsche Nachkriegsgeschichte ist das ein wichtiger Befund.
Die Bundesregierung hat für das hohe Maß an Vernunft zu danken, das unsere Bürger in den letzten zwei Jahren gezeigt haben. Das war nicht selbstverständlich. Jetzt, wo der Aufschwung da ist, können wir eine erste Zwischenbilanz dessen ziehen, was neben der Globalsteuerung arbeits-markt- und sozialpolitisch auf dem Felde der Beschäftigung in den letzten Jahren geleistet wurde.
Ganz im Gegensatz zu den dreißiger Jahren haben wir keine Deflationspolitik à la Brüning betrieben. Wir haben das Arbeitslosengeld erhöht und den Bezug von Kurzarbeitergeld verlängert. Dies, meine Damen und Herren, war ein ganz bewußtes Signal. Es war Ausdruck der Überzeugung der Bundesregierung, daß sie mit dieser Arbeitsmarktlage fertig wird.
Hier spielte auch die flexible Altersgrenze eine ganz entscheidende Rolle. Wir haben 1971, als wir dem Parlament die flexible Altersgrenze vorschlugen, nicht die Entlastung des Arbeitsmarktes im Auge gehabt. Auch konnte damals niemand die Weltwirtschaftsrezession voraussehen. Gerade die Opposition lebte ja noch im Milliardenrausch der Hochrechnungen. Bis Ende 1975 hatten bereits rund 420 000 Arbeitnehmer von der flexiblen Altersgrenze Gebrauch gemacht. Das heißt, mindestens 420 000 Arbeitsplätze sind dadurch auf eine sehr humane Art frei geworden.
Die wirkungsvollste der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen im engeren Sinn war aber das Kurzarbeitergeld. Bei der Rezession 1967 schrumpfte das effektive Arbeitsvolumen insgesamt genauso stark wie 1975, nämlich um 2,3 bis 2,4 Milliarden Stunden. Aber damals wurden nur 90 Millionen Stunden — oder 4 % — durch Kurzarbeit aufgefangen. 1975 waren es 21 %, die durch Kurzarbeit aufgefangen werden konnten. Sie sehen, meine Damen und Herren, wieviel durch den bewußten und gezielten Einsatz dieses arbeitsmarktpolitischen Instruments erreicht werden konnte.
Die Maßnahmen der beruflichen Bildung für Arbeitslose waren ein weiteres wirksames Instrument. Wie Sie wissen, haben wir die Förderung der beruflichen Bildung in Finanzierung und Voraussetzung gerechter gestaltet. Sie kommt jetzt gezielt denen zugute, die sie aus arbeitsmarktpolitischen
Gründen brauchen. Dabei können wir uns auf die Erfahrungen des Arbeitsförderungsberichts beziehen.
Hätte es im vorigen Jahr keine finanzielle Förderung der beruflichen Bildung, der Umschulung und Einarbeitung gegeben, so hätten 130 000 Personen zusätzlich Arbeitsplätze nachgefragt und die Lage auf dem Arbeitsmarkt verschärft. Über 80 000 der neu hinzugekommenen Teilnehmer an diesen Maßnahmen sind vorher arbeitslos gewesen.
Wir haben durch allgemeine Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen unter Einschluß der direkten und indirekten Wirkungen im vorigen Jahr einen weiteren Rückgang der Zahl der Beschäftigen um rund 40 000 verhindert.
Es ist immer problematisch, meine Damen und Herren, solche Zahlen zu addieren. Ich tue das auch nur mit einer gewissen Vorsicht. Aber um einen ungefähren Gesamteindruck zu bekommen, ist es wichtig, zu wissen, daß durch diese unsere Politik etwa 870 000 Arbeitsplätze weniger auf die nicht mehr belastungsfähige Konjunktur drückten, als es sonst 1975 der Fall gewesen wäre. Dies ist aktive Arbeitsmarktpolitik.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die konjunkturelle Arbeitslosigkeit wird in nächster Zeit weiter zurückgehen. Das gilt auch und gerade für die Jugendarbeitslosigkeit. Lassen Sie mich hinzufügen: Wir werden das vorhandene Instrumentarium der Arbeitsmarktpolitik — wenn es sein muß, nicht nur dieses — auch in Zukunft einsetzen, um die nach dem Konjunkturaufschwung verbleibende Restarbeitslosigkeit energisch anzugehen.

(Beifall bei der SPD)

So wie die Wirtschaftspolitik ihre volle Handlungsfähigkeit erst dann wieder gewonnen hatte, als die währungspolitische Flanke abgeriegelt war, so ist autonome Arbeitsmarktpolitik erst machbar, seit wir den Anwerbestopp für ausländische Arbeitnehmer aus Nicht-EG-Staaten haben. Ich möchte an dieser Stelle dazu feststellen, daß sich der Anwerbestopp, den die Bundesregierung im November 1973 verfügt hat, bewährt hat. Er hat erheblich zu einer Entlastung des Arbeitsmarkts beigetragen, und zwar zum Wohle unserer deutschen Arbeitnehmer und zum Vorteil der ausländischen Arbeitnehmer, die bei uns arbeiten.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wenn Sie mir ein persönliches Wort erlauben, dann lassen Sie mich folgendes sagen. Ich habe mich schon sehr früh für die soziale Lage der ausländischen Arbeitnehmer eingesetzt, von der Verbesserung der Unterkünfte über den Schutz vor ausbeuterischen Arbeiterverleihern bis hin zu gleichen Rechten im neuen Betriebsverfassungsgesetz. Ich darf auf die einschlägigen Berichte verweisen.
Ich habe mich dann im Interesse der Integrationskraft unseres Landes und angesichts der begrenzten Belastbarkeit der kommunalen Infrastruk-



Bundesminister Arendt
tur für die Begrenzung der Ausländerzuwanderung in die Ballungsgebiete eingesetzt. Ich meine, Augenmaß und Nervenkraft, gepaart mit sozialer Verantwortung, sind gute Leitsätze auch für eine weitsichtige Ausländerpolitik.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie werden es mir ersparen, über den Winterbau zu sprechen, und Sie werden bei diesen Temperaturen Verständnis dafür haben, daß ich dazu keine Ausführungen mache. Aber ein Thema möchte ich nicht ausklammern: die Rentenversicherung. Die Rentenversicherung hatte in der Weltwirtschaftsrezession eine schwere Belastungsprobe durchzustehen. Dies wird sich infolge der verzögerten Rentenanpassung auch noch 1976 und ebenfalls 1977 auswirken. Weniger Beitragszahler, mehr Rentner und hohe Rentenanpassungen aus hohen Lohnsteigerungen der früheren 70er Jahre umschreiben die Lage.
Zunächst darf ich dazu folgendes feststellen. Die Rentenversicherungen der Arbeiter und Angestellten haben ein solides finanzielles Polster.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben eine Rücklage von 42 Milliarden DM. Das sind 20 Milliarden DM mehr als im Jahre 1969.

(Franke [Osnabrück] [CDU/CSU] : Aber die Ausgaben sind wesentlich höher! — Wehner [SPD] : Das gefällt denen nicht!)

— Ich habe es ja gesagt. Herr Franke, wir werden uns bei Philippi wieder sprechen. Auch das für 1975 vorausgesagte Defizit ist ja nicht eingetreten. Das haben wir gestern in der Fragestunde noch einmal sehr deutlich gehört.

(Franke [Osnabrück] [CDU/CSU] : Das ist doch nur ein rechnerischer Trick, Herr Minister!)

Das wird auch 1977 so sein. Und ich sage Ihnen, im Jahre 1976 — das weisen die Zahlen aus — wird die Entwicklung günstiger verlaufen, als Sie es der Öffentlichkeit weismachen wollen. Deshalb sage ich in aller Ruhe: Es besteht derzeit überhaupt nicht der geringste Anlaß zu irgendwelchen Eingriffen in das Rentenrecht; das gilt für die Beitragsseile, und das gilt genauso für die Leistungsseite.

(Beifall bei der SPD)

Besonders im Hinblick auf manche Verunsicherungskampagnen möchte ich auch an dieser Stelle noch einmal sehr nachdrücklich betonen: Die bruttolohnbezogene dynamische Rente hat sich bewährt und darf nicht angetastet werden.

(Beifall bei der SPD — Müller [Berlin] [CDU/CSU]: Wem sagen das das?)

— Auch Ihnen!

(Müller [Berlin] [CDU/CSU] : Nein, Irrtum! — Franke [Osnabrück] [CDU/CSU] : Meinten Sie den Koalitionspartner?)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu einem anderen Versicherungszweig kommen, nämlich zur Krankenversicherung. Die finanzielle Entwicklung der Krankenversicherung gab Anlaß dazu, besorgt zu sein. Meine Grundthese war aber immer: Die Eigenverantwortung aller Beteiligten in der gesetzlichen Krankenversicherung muß sich auf dem Gebiet der Kostenentwicklung bewähren. Landauf, landab wird jetzt die Einsicht der Selbstverwaltung gepriesen, weil Kassen und Ärzte einen verantwortungsbewußten Abschluß getätigt haben. Als ich die Partner vor langen Monaten zu einem gemeinsamen Gespräch nach Bonn bat, da meinten viele, diese Maßnahme, um die Kosten zu dämpfen, sei vergebliche Liebesmüh und Augenwischerei. Daß ich bis jetzt recht behalten habe, erfüllt mich mit Genugtuung; denn kein Gesetz, meine Damen und Herren, hätte so schnell den Kostenzuwachs eindämmen können wie diese Art der Selbstverwaltung, der wir den Weg bereitet haben.
Ganz besonders freue ich mich darüber, daß es Anzeichen für eine Senkung der Beitragssätze gibt. Es gibt auch schon ein Beispiel dafür. Sie werden auch schon gehört oder gelesen haben, daß die Kaufhof-Betriebskrankenkasse ihren Beitragssatz zum 1. September dieses Jahres um 0,3 Prozentpunkte senken wird. Ich bin zuversichtlich, daß dies kein Einzelfall bleiben wird, sondern daß auch andere Kassen im Laufe der nächsten Wochen und Monate folgen werden.
Lassen Sie mich jetzt zu einem Bereich etwas sagen, der den Schwerpunkt unserer sozialpolitischen Arbeit in dieser Legislaturperiode bildete. Ich meine die stärkere Humanisierung des Arbeitslebens. Die Lebensqualität des arbeitenden Menschen ist wesentlich eine Frage der Qualität seiner Arbeit und seiner Arbeitsbedingungen.

(Zuruf von der SPD: Sehr wahr!)

Gerade auf diesem Gebiet ist seit 1972 sehr viel geschehen. Ich darf in Ihre Erinnerung folgendes zurückrufen: Auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes haben wir wichtige Gesetze verabschiedet. Das beginnt mit dem Betriebsverfassungsgesetz; dazu gehört aber auch das Arbeitssicherheitsgesetz. Betriebsärzte und Sicherheitsfachkräfte haben jetzt darauf hinzuwirken, daß bei der Arbeitsplanung und beim Arbeitsablauf sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Vorschriften und Erkenntnisse wirkungsvoll in die Praxis umgesetzt werden. Hinzu kommt die neue Arbeitsstättenverordnung. Neue Arbeitsstätten müssen jetzt einheitlichen und höheren Anforderungen genügen. Es gibt beispielsweise neue Normen für Belüftung, Beleuchtung, Temperatur und Bewegungsfreiheit am Arbeitsplatz, für Lärmschutz und für sanitäre Anlagen.
Der Jugendarbeitsschutz wurde verbessert und modernisiert, um die heranwachsenden Menschen vor Überforderung und Überbeanspruchung zu schützen. Zugleich wurden mit dieser Neuregelung bessere Voraussetzungen für eine qualifizierte Ausbildung geschaffen. Die Arbeitsstättenverordnung und das neue Jugendarbeitsschutzgesetz sind beide am 1. Mai in Kraft getreten. Der 1. Mai war damit für den sozialen Fortschritt ein ähnlich markantes Datum wie der heutige 1. Juli.



Bundesminister Arendt
Meine Damen und Herren, die verstärkten Bemühungen um einen verbesserten Arbeitsschutz waren erfolgreich. Die Zahl der Arbeitsunfälle ist in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen.

(Lutz [SPD] : Sehr gut!)

Ich darf dazu auf den Unfallverhütungsbericht verweisen. Danken möchte ich aber hier allen Beteiligten für ihre Bemühungen um eine Erhöhung der Arbeitssicherheit.

(Beifall bei der SPD)

Zur Freiheit und Sicherheit im Arbeitsleben trägt auch die gesetzliche Absicherung der betrieblichen Altersversorgung für rund 12 Millionen Arbeitnehmer bei. Die betrieblichen Versorgungszusagen und die Betriebsrenten sind jetzt gegen Verfall, gegen Auszehrung und Insolvenzen weitgehend gesichert. In die gleiche Richtung geht auch unser Gesetz zur Einführung eines Konkursausfallgeldes.
Meine Damen und Herren, Sie wissen ganz genau, daß ein humanes Arbeitsleben ohne Mitbestimmung der Arbeitnehmer nicht realisierbar ist. Wo über die Interessen der Arbeitnehmer entschieden wird, muß mit ihnen entschieden werden. In der vorigen Legislaturperiode haben wir das neue Betriebsverfassungsgesetz geschaffen. Mitbestimmung und Mitwirkung der Arbeitnehmer müssen jedoch auch die Unternehmensebene einschließen. Denn nahezu jede Entscheidung der Unternehmensleitung wirkt sich auf die darin beschäftigten Arbeitnehmer aus. Jede Investitions- und Rationalisierungsentscheidung, jede Produktions- und Absatzplanung hat Auswirkungen auf die Arbeitnehmer. Deshalb haben wir über das Betriebsverfassungsgesetz hinaus neue Mitbestimmungsformen für alle Kapitalgesellschaften mit mehr als 2 000 Beschäftigen beschlossen. Und hier darf ich noch einmal an den heutigen Stichtag erinnern: Das neue Mitbestimmungsgesetz ist seit heute in Kraft. Das bedeutet für vier bis fünf Millionen Arbeitnehmer ein bedeutendes Mehr an sozialer Gerechtigkeit.
Meine Damen und Herren von der Opposition, Ihnen ist von Ihrer Parteileitung her auferlegt worden, über die Neue Soziale Frage nachzudenken. Ich finde das ganz in Ordnung. Es kann der CDU und erst recht, wie ich finde, der CSU nicht schaden, über die sozialen Fragen nachzudenken.

(Sehr richtig! bei der SPD)

Wenn Sie es tun, meine Damen und Herren, dann werden Sie sehr schnell feststellen, wieviel gerade die sozialliberale Koalition für die sozial Schwachen in den letzten Jahren getan hat.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wir haben die soziale Lage der bisher benachteiligten Bevölkerungsgruppen wesentlich verbessert. Unser „Aktionsprogramm Rehabilitation" aus der vorigen Wahlperiode haben wir konsequent verwirklicht. Wir haben ein Vielfaches dessen an Investitionsmitteln eingesetzt, was unter früheren Regierungen für diese Aufgabe zur Verfügung gestellt wurde. Ein fortschrittliches Behindertenrecht wurde geschaffen, das allen behinderten Mitbürgern die Eingliederung in die Gesellschafts- und Arbeitswelt
erleichert. Die Einkommensleistungen während der Rehabilitation wurden vereinheitlicht und verbessert. Alle Schwerbehinderten erhielten ein Sonderrecht auf Beschäftigung und besonderen Schutz am Arbeitsplatz. Die soziale Sicherung für Behinderte wurde ausgebaut. Alles zusammen genommen hat sich die Lage der Behinderten und der Kriegsopfer in unserer Gesellschaft in den letzten Jahren ganz entscheidend verbessert.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Erheblich verbessert haben wir auch die Situation der Heimarbeiter. Die Heimarbeiter — es sind zum großen Teil Frauen — sind zwar eine verhältnismäßig kleine Gruppe, aber deshalb dürfen sie ja nicht vernachlässigt werden. Wir haben uns um sie gekümmert. Die Heimarbeiter haben mehr Rechte und eine bessere arbeitsrechtliche Absicherung erhalten.
Verbessert hat sich auch die sozialpolitische Situation der Frau. Ich will nur ein Beispiel nennen: Nach der Öffnung der Rentenversicherung für den freiwilligen Beitritt auch der nichterwerbstätigen Frauen in der Rentenreform haben wir jetzt im Eherecht die Zugewinngemeinschaft auch für die Altersversorgung eingeführt. Das ist eine ganz bedeutende Reform. Sie entspricht dem Prinzip der eigenständigen sozialen Sicherung der Frau. Die Opposition hat trotzdem nur murrend zugestimmt.
Meine Damen und Herren, ich kann und will nicht alle Gesetze aufzählen. Der Ihnen vorliegende Sozialbericht dokumentiert unsere Arbeit im einzelnen. Es gibt nur einen Schluß — und damit komme ich zum Schluß. Ich weiß, meine Damen und Herren von der Opposition, daß Sie es nicht gerne hören, aber dennoch bleibt es wahr —: Es hat in der Geschichte Deutschlands — und dabei schließe ich alle Zeiträume ein — noch keine Zeit gegeben, in der in einem so kurzen Zeitraum für die breiten Schichten unseres Volkes so viel geschehen ist wie von 1969 bis heute.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Reddemann [CDU/CSU] : So viel Arbeitslose haben wir seit langem nicht gehabt! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0725606400
Das Wort hat der Abgeordnete Müller (Remscheid).

Adolf Müller (CDU):
Rede ID: ID0725606500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, auch ich möchte davon ausgehen, daß am heutigen Tag das 19. Rentenanpassungsgesetz in Kraft tritt und daß über 12 Millionen Rentner in unserem Land ab heute 11 % mehr Rente bekommen.
Was Sie heute gesagt haben, klang bei der Begründung einiger Themen ein bißchen anders — es klang ein bißchen in Moll --, als Sie es in Ihrem als Versandkiste gestalteten Propagandaprospekt dargestellt haben; darin klang es so, als ob das alles einzig und allein das Verdienst dieser Bundesregierung sei. So klingt es ja auch, in den mit horrenden Steuergeldern finanzierten Anzeigen der Bundesregierung.



Müller (Remscheid)

Aus diesem Grund bemerke ich folgendes: Wir von der Union haben nicht nur dieses 19. Rentenanpassungsgesetz mitgetragen, sondern alle vorhergehenden Rentenanpassungsgesetze entweder durch unsere Regierungen vorgelegt oder, als wir in der Opposition waren, mitgestaltet.
Was die Bundesregierung in ihren Anzeigen und Prospekten nicht erwähnt, ist die im Gesetz festgelegte Verpflichtung, dem Parlament jährlich ein Rentenanpassungsgesetz vorzulegen, durch das die Renten an die Lohn- und Gehaltsentwicklung der vergangenen drei Jahre angepaßt werden. Was Sie den Bürgern weiter unterschlagen, ist die Tatsache, daß die Rechtsgrundlage für die jährlichen Rentenanpassungen, also für die dynamische Rente, durch die Rentenreform unter Anton Storch und Konrad Adenauer 1957 festgeschrieben wurde.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Rentenreform von 1957 ist das Werk der Union, und Sie führen es auf dieser gesetzlichen Grundlage weiter.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie, Herr Bundesarbeitsminister, sagen in Ihren Prospekten: „Mehr soziale Gerechtigkeit auch in der Alterssicherung". Wir sind mit dieser Zielsetzung einverstanden. Sie war immer und ist auch heute unser Anliegen.
Sie sagen, Sie hätten die Rentenversicherung für Selbständige, Hausfrauen und weitere Personen geöffnet. Sie unterschlagen, daß auch die Rentenreform von 1972 nach CDU-Vorstellungen gestaltet wurde.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielleicht darf ich zur Auffrischung des Gedächtnisses einiger Leute in Erinnerung rufen, daß Ihnen damals für Ihre eigenen Vorstellungen, die wir für falsch hielten, eine Stimme, und zwar die Ihres früheren Parteifreundes Schiller, gefehlt hat. Das heißt, daß auch die Öffnung der Rentenversicherung nach den Vorstellungen der CDU erfolgt ist.
Das Vorziehen der Rentenanpassung um ein halbes Jahr vom 1. Januar auf den 1. Juli nehmen Sie als Ihr Verdienst in Anspruch. Sie wissen doch, Herr Bundesarbeitsminister, daß dies der Vorschlag im Änderungsantrag der CDU/CSU war; denn Sie wollten doch damals die Sockelrente und nicht die frühere Rentenanpassung als Inflationsausgleich für die Rentner.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie nehmen die Erhöhung der Kleinrenten bei mindestens 25 Versicherungsjahren, die sogenannte Rente nach Mindesteinkommen, für sich in Anspruch. Sie unterschlagen, daß dies der Vorschlag der CDU/CSU war.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie nehmen die flexible Altersgrenze für sich in Anspruch, und Sie vergessen, dabei zu sagen, daß auch hier die Vorstellungen der CDU/CSU mit der einen Stimme Mehrheit, die wir damals hatten, verabschiedet wurden. Sie haben es lediglich dann, als Sie hier wieder eine Mehrheit haben, verwässert und verschlechtert.

(Beifall bei der CDU/CSU — Prinz zu SaynWittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

Sie benutzen Millionen von Steuergeldern, um in eine Weihrauchwolke gehüllt zu werden, obwohl Sie genau wissen, daß alles das, was Sie als sozialpolitische Bilanz aufstellen, entweder eine Fortführung bewährter Sozialpolitik der CDU-Arbeitsminister ist oder von der Union in der Opposition gestaltet oder mitgestaltet wurde.

(Beifall bei der CDU/CSU — Prinz zu SaynWittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : So ist es!)

Herr Bundesarbeitsminister, niemand von uns bestreitet, daß in den Jahren von 1969 bis heute die Sozialpolitik weiterentwickelt worden ist.

(Zuruf von der SPD: Wir haben sie sehr viel weiterentwickelt!)

Es wäre auch schade, wenn die Sozialpolitik zum Stillstand kommen würde, denn die Sozialpolitik wandelt sich in ihren Schwerpunkten und Aufgaben mit der jeweiligen Zeit; und das ist gut so. Nur, Sie tun so, als ob Sie allein das soziale Netz geknüpft hätten.

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU]: Die Stunde Null!)

Sie tun so, als ob alles, was in der Sozialpolitik, in der Sozialversicherung geschaffen worden ist, aus dem großen Füllhorn des Staates alleine käme. Sie vergessen dabei zu sagen, daß das Garn, aus dem das Netz der sozialen Sicherheit geknüpft wird, zu einem großen Teil von den Versicherten selbst durch die Zahlung der Beiträge kommt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie wissen um cien engen Zusammenhang zwischen Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik, obwohl Sie ihn noch vor einem Jahr bei der Haushaltsdebatte geleugnet haben. Sie wissen, wie unsere Sozialversicherung auf Grund der hohen Arbeitslosenzahlen durch geringer fließende Beiträge in Schwierigkeiten gekommen ist. Eine Million Arbeitslose im Jahr ergeben allein in der Rentenversicherung einen Beitragsausfall von 4 Milliarden DM. Sie erklären — auch heute wieder —, daß die Finanzierung der Rentenversicherung in Ordnung ist, und beschuldigen die Union, sie würde soziale Leistungen abhauen, wenn sie die Regierung übernehmen könnte.
Es scheint mir kein Zufall zu sein, daß Hans Katzer am vergangenen Wochenende bei Straßendiskussionen in Köln und ich am Dienstag abend in Ostwestfalen in einer Diskussion mit Wählern fast im gleichen Wortlaut mit der Frage konfrontiert wurden, ob die CDU, wenn sie an die Regierung käme, die Rentenanpassungen kürzen würde. In beiden Fällen wurde sogar die konkrete Zahl von 4 %



Müller (Remscheid)

genannt. Diese Unwahrheiten können doch wohl nur gesteuert sein.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der CDU/CSU: So ist es! Natürlich! Bewährte Methode!)

Nehmen Sie bitte zur Kenntnis: Die CDU/CSU hat in ihrer 20jährigen Regierungszeit die wesentlichsten Grundlagen der Sozialpolitik geschaffen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir sehen es als unsere vornehmste Pflicht an, dieses von uns geschaffene Netz der sozialen Sicherung stabil zu halten.
Die CDU gibt in ihrem Wahlprogramm den Bürgern unseres Landes eine Sozialgarantie,

(Wehner [SPD]: Ja! Ja!)

eine Garantie dafür, daß wir die Sicherung des in der Sozialpolitik Erreichten als vorrangige Aufgabe ansehen und daß wir auch im nächsten Jahr die Renten entsprechend dem Rentenanpassungsbericht in der von uns geschaffenen dynamischen Form an die Lohn- und Gehaltsentwicklung der letzten drei Jahre anpassen, d. h. im Klartext, daß die Renten am 1. Juli 1977 um 10 O/ erhöht werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir wissen, daß für die meisten der 12 Millionen Rentner in unserem Lande die Rente alleinige Einkommensquelle ist. Wir halten an dem Grundsatz fest — der uns schon bei der ersten Rentenreform bewegt hat daß wir auch den ausgeschiedenen Arbeitnehmer entsprechend seiner eigenen Lebensleistung an der weiteren Entwicklung teilhaben lassen wollen, damit er den Lebensstandard halten kann, den er sich durch seine Arbeit erworben hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir werden versuchen, auch mit dem von Ihnen dann hinterlassenen finanziellen Erbe in der Sozialversicherung fertig zu werden, ein finanzielles Erbe, dessen Negativbilanz Sie ja nach wie vor leugnen, wie wir heute erleben konnten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie stellen eine Finanzentwicklung dar, die man nur als Manipulation mit Zahlen bezeichnen kann.

(Beifall bei der CDU 'CSU)

Sie haben in der Darstellung der Finanzentwicklung der Rentenversicherung eine Entlastung der Rentenversicherung durch die Rentnerkrankenversicherung einkalkuliert, obwohl Sie sich selbst darüber im klaren waren, daß Sie das Gesetz zur Weiterentwicklung des Rechtes der sozialen Krankenversicherung, wo diese Frage geregelt werden sollte, nicht verabschieden konnten. Sie haben aber gleichzeitig bei der Darstellung der Rentenfinanzierung verschwiegen, daß die 1,3 Milliarden DM auf Grund des Rentenabkommens mit Polen zu zahlen sind. Diese Manipulationen zielen in die gleiche Richtung: die Finanzentwicklung soll rosiger dargestellt werden, als sie ist.
Ich habe schon einmal Gerd Muhr als den Vorsitzenden des Verbandes der Rentenversicherungsträger zittert. Wenn er sagt: Wir werden den politischen Parteien vor dem 3. Oktober die heißen Kohlen nicht aus dem Feuer holen, dann heißt das doch wohl, daß heiße Kohlen im Feuer liegen müssen und daß der 3. Oktober dafür ein Datum ist.

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

Das alles verschweigen Sie, verschleiern Sie, manipulieren Sie.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Wir aber — das wiederhole ich mit aller Deutlichkeit — geben in unserer Sozialgarantie das Versprechen, durch eine stärkere Beachtung des unauflösbaren Zusamenhangs einer guten Wirtschafts-, einer guten Finanz- und einer guten Sozialpolitik die Schäden zu vermeiden, die der Sozialversicherung durch die Folgen der von Ihnen mit verursachten hohen Arbeitslosigkeit entstanden sind.
Der Sozialbericht, der siebente dieser Art, war einmal als Entscheidungshilfe für Politiker gedacht. Was aber jetzt vorliegt, ist keine Entscheidungshilfe für Politiker, sondern reine Propaganda.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Im Teil A wird deutlich, daß mit Blick auf den Wahltermin eine Bilanz der Gesellschafts- und Sozialpolitik dieser Legislaturperiode gezogen werden soll. Wie schon am Beispiel der Renten gezeigt, loben Sie sich in überschwenglicher Weise selbst. Die Kehrseite der Entwicklung: die gestiegene Belastung der Arbeitnehmer durch Beiträge ist, wenn überhaupt erwähnt, so gut versteckt, daß man das kaum finden kann. Die Belastungen unserer Bürger haben mittlerweile Größenordnungen erreicht, die uns das Fürchten lehren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Sozialbericht der Bundesregierung liefert keine Anhaltspunkte für die Lösung von Problemen. Sie zeigen weder Lösungen in der Renten- noch in der Krankenversicherung auf, noch können wir etwas über die Beseitigung der nach wie vor hohen Arbeitslosigkeit — auch des Sockels der Arbeitslosigkeit — und über die Vermeidung der Dauerarbeitslosigkeit lesen, die die Bürger in unserem Lande zunehmend beunruhigt.
Die Bundesregierung ist von dem ursprünglichen Gedanken abgerückt, mit der Vorlage des Sozialberichts, insbesondere aber mit dem Sozialbudget, eine wichtige Orientierungs- und Entscheidungshilfe zu bieten. Sozialbericht und das gesamte Sozialbudget sind zu einer Propagandaschrift der Regierung entwertet worden.

(Müller [Berlin] [CDU/CSU]: So ist es!)

Die Propaganda, Herr Bundesarbeitsminister, hat bei Ihnen offensichtlich einen hohen Stellenwert.

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU]: Wie der Herr so's Gescherr!)

Was Sie sich jetzt mit herannahendem Wahltermin an Prognosen über die Krankenkassenbeiträge



Müller (Remscheid)

leisten, ist wert, festgehalten zu werden. Wir haben heute noch ein Beispiel davon gehört.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sommerschlußverkauf im Kaufhaus!)

In Ihrem Sozialbericht, Herr Bundesarbeitsminister, können wir lesen, daß sich bis 1979 der Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung von jetzt 10,6 % auf 13 % erhöhen wird. So wie Sie es heute hier gesagt haben, haben Sie auch am 11. Juni 1976 in einem Interview mit der „Rheinischen Post" in Aussicht gestellt, einige Kassen würden Beiträge senken.
Ihr Koalitionspartner sagte am 26. Juni 1976, er sei der Ansicht, daß der gesetzlichen Krankenversicherung drastische Beitragserhöhungen drohten, und Sie schrieben am 28. Juni 1976 in der „Welt", wie Sie es auch heute hier und zu jungen Unternehmern in der Oberpfalz gesagt haben, es würde Sie nicht wundern, wenn einige Krankenkassen die Beiträge wieder senkten. Herr Minister, bei einer solchen Echternacher Springprozession wundern wir uns über Ihre Aussagen überhaupt nicht mehr.

(Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Was haben Sie gegen die Echternacher Springprozession?)

Glauben Sie wirklich, daß Sie sich mit einer solchen Verunsicherung der Wähler, mit einer solchen Verdummung der Bevölkerung über den Wahltermin hinwegstehlen können? Die Realität, das Erkennungsvermögen und die Reife unserer Bürger werden von uns höher als diese Verdummungspolitik eingeschätzt.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

Die reale Lage der Arbeitnehmerhaushalte zeigt ganz deutlich, daß die Arbeitnehmer in diesem Jahr trotz Lohnerhöhungen echte Einkommensverluste hinnehmen müssen.

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

Damit ist doch wohl erwiesen, daß nicht nur, wie wir 1972 gesagt haben, unter dem Strich nichts übrigbleibt, sondern real ein Einnahmeverlust zu verzeichnen ist.
Sie vergessen in Ihrem Sozialbericht die Leistungskürzungen darzustellen, die Sie im Bereich der sozialen Sicherung vorgenommen haben. Wenn schon der Bürger aus Steuermitteln unfreiwillig Ihre Propaganda finanzieren muß, dann klären Sie ihn bitte vollständig auf.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Bundesregierung, vor allem der Bundeskanzler selbst, behauptet in öffentlichen Reden, bei einem Wahlsieg der Union sei die soziale Sicherheit in Gefahr. Offensichtlich ist es die Strategie des Bundeskanzlers, mit solch unsachlicher Polemik die Angst der Bürger zu schüren. Es ist eine eigenartige, eine makabre Situation: Sie selbst nehmen Leistungskürzungen vor, und den anderen unterstellen
Sie diese, obwohl wir auf die Gefährlichkeit einer solchen Entwicklung in diesem Hause hingewiesen haben.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Haltet den Dieb!)

Sie haben den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung um 50 °/o angehoben, Sie haben darüber hinaus die Leistungen, die durch das Arbeitsförderungsgesetz durch eine CDU/CSU-geführte Regierung eingeführt waren, mit einer verheerenden Wirkung verschlechtert.

(Zuruf von der CDU/CSU: Leider wahr!)

Sie wollen, wie im Haushaltsstrukturgesetz nachzuweisen ist, im Bereich der Arbeitsförderung bis 1979 fünf Milliarden DM einsparen. Sie haben das Unterhaltsgeld für die Teilnehmer an beruflichen Bildungsmaßnahmen gekürzt, Sie haben die Zugangsvoraussetzungen zu beruflichen Bildungsmaßnahmen erschwert. Zwei Drittel der statistisch nachgewiesenen Arbeitslosen sind ungelernte Arbeiter. Nie wurde so deutlich wie in den vergangenen Monaten der hohen Arbeitslosigkeit, wie wichtig eine berufliche Ausbildung ist.

(Zuruf von der SPD)

Steigende Zahlen von offenen Stellen beweisen aber, daß es einen Facharbeitermangel gibt. Trotzdem haben Sie die Möglichkeit der beruflichen Weiterbildung erheblich eingeschränkt.

(Wehner [SPD] sowie weitere Zurufe von der SPD: Unglaublich!)

— Herr Wehner, allein in den ersten — —

(Wehner [SPD] : Unglaublich! Wer hat Ihnen das aufgeschrieben? — Weitere Zurufe von der SPD — Gegenrufe von der CDU/ CSU)

— Herr Wehner, daß Ihnen das unangenehm ist, weiß ich.

(Wehner [SPD]: Nein, unglaublich ist das!) — Ja, das ist in der Tat unglaublich.


(Erneuter Zuruf des Abg. Wehner [SPD] — Nordlohne [CDU/CSU] : Widerlegen Sie es doch! — Zurufe von der SPD sowie Gegenrufe von der CDU/CSU)

— Vielleicht hören Sie einmal zu: Allein in den ersten vier Monaten des Jahres 1976 gibt es bei den beruflichen Bildungsmaßnahmen der Bundesanstalt 68 000 Antragstellungen weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Das sind 42 %.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist wirklich unglaublich!)

Mit dieser Einschränkung der Ausbildungsförderung verhindern Sie für einen großen Personenkreis berufliche Weiterbildungsmöglichkeiten und verschärfen damit das Problem der strukturellen und der Dauerarbeitslosigkeit.

Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0725606600
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schmidt (Kempten)?




Adolf Müller (CDU):
Rede ID: ID0725606700
Ich habe nicht sosoviel Zeit. Ich möchte meine Ausführungen zu Ende bringen.

(Zurufe von der SPD)

— Bitte sehr, wenn es darauf ankommt und auf meine Zeit nicht angerechnet wird.

Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0725606800
Wir geben je Frage eine Minute zu. —

(Zuruf des Abg. Wehner [SPD]) Bitte schön, Herr Kollege Schmidt (Kempten).


Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0725606900
Herr Kollege Müller, stimmen Sie mir nach Ihren Äußerungen zu, daß Sie hier jetzt wieder dafür plädieren, auch nicht notwendige Umschulungen zu finanzieren? Denn nur die haben wir seinerzeit abgebaut im Interesse der notwendigen Umschulungen.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)


Adolf Müller (CDU):
Rede ID: ID0725607000
Herr Kollege Schmidt, da Sie zu den Mitberatern des Arbeitsförderungsgesetzes im Jahre 1969 gehören, hatte ich bisher eigentlich angenommen, daß Sie damals schon kapiert hätten, was wir mit dem Arbeitsförderungsgesetz machen wollten.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Im Arbeitsförderungsbericht, der auf Grund einer Entscheidung des Bundestages von 1969 vorliegt, und in einem Bericht des Bundesrechnungshofes zu diesem Bericht ist eindeutig nachgewiesen, wie wichtig die beruflichen Förderungsmaßnahmen sind. Sie haben sie gekürzt und sind damit für eine negative Entwicklung auf diesem Gebiet verantwortlich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Herr Bundesarbeitsminister, Sie haben in diesen Tagen darzustellen versucht, als sei die Zahl von 953 000 Arbeitslosen Ende Mai nicht echt, weil in dieser Zahl auch Arbeitslose enthalten seien, die nicht Leistungsempfänger wären. Sie wollen damit die Zahl der Arbeitslosen herunterspielen. Heute hat die Bundesrepublik 1,7 Millionen Arbeitsplätze weniger als vor zwei Jahren.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Allein 250 000 Arbeitnehmer aus einem früheren Beschäftigungsverhältnis sind in die sogenannte stille Arbeitsmarktreserve zurückgegangen, nachdem sie keine Unterstützung mehr erhalten konnten. Sie erscheinen in der Statistik des Arbeitsmarktes nicht mehr. Ebenso erscheinen die 500 000 ausländischen Arbeitnehmer, die in ihre Heimatlinder zurückgekehrt sind, nicht mehr in der Statistik. Wenn Sie addieren, kommen Sie auf diese 1,7 Millionen Arbeitsplätze weniger. Das sind die Tatsachen, und Sie sollten diese eindeutigen Zahlen nicht heruntermanipulieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Außerdem muß ich Ihnen sagen; auch die 953 000 Arbeitslosen von Ende Mai muß man einmal mit den
Aussagen in Ihrem Flugblatt aus dem Jahre 1972 vergleichen. Dort haben Sie gefragt, was das denn wäre; die Union wolle 2 0/o Arbeitslose in Kauf nehmen. Und Sie haben gesagt, was eine halbe Million Arbeitslose bedeuten würde: Existenzangst, Radikalismus. Dazu dürfe es nicht kommen. — Wir hatten in Ihrer Regierungszeit nicht nur sechzehnmal über eine halbe Million Arbeitslose, wir hatten sechzehnmal hintereinander weit über eine Million Arbeitslose.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bei den ausländischen Arbeitnehmern unterstützen wir die Beibehaltung des Anwerbestopps. Wir unterstützen sehr nachhaltig die Aufforderung an die Bundesregierung, bei der Europäischen Gemeinschaft im Interesse einer geordneten deutschen Arbeitsmarktpolitik Verträge mit Drittländern über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer so abzuändern, daß wir diesen Anwerbestopp bis zur Konsolidierung unseres Arbeitsmarktes auch im Interesse der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft beibehalten können. Wir lehnen die Zwangsrotation der ausländischen Arbeitnehmer nach wie vor ab. Wir erwarten aber, daß die Bundesregierung mit den Entsendeländern die Bemühungen um Wiedereingliederung der Arbeitnehmer in die Wirtschaft ihres Heimatlandes bespricht und unterstützt.
Meine Damen und Herren, zu einer Fülle von sozialpolitischen Vorlagen, vor allem zu dem Sozialbericht mit der Verästelung der Sozialpolitik, in so kurzen Zügen Stellung zu nehmen, ist nicht einfach.

(Lambinus [SPD]: Das haben wir gehört!)

Ich habe mir daher erlaubt, aus meiner Sicht und aus der Sicht meiner politischen Freunde einige Schwerpunkte herauszugreifen. Die Winterbauberichte, den Bericht über das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und die Unfallverhütungsberichte nehmen wir zur Kenntnis. Sie werden uns Veranlassung sein, bei der Gestaltung unserer zukünftigen Politik die Erfahrungen positiv zu berücksichtigen. Das gilt vor allem für eine Humanisierung des Arbeitslebens als einer wesentlichen Voraussetzung zur Verhütung von Betriebsunfällen.

(Zurufe von der SPD)

Menschengerechte und menschenwürdige Arbeitsplätze sind das Ziel.
Herr Bundesarbeitsminister, Sie haben in diesem Zusammenhang auch auf die heute in Kraft tretende Mitbestimmung hingewiesen. Wir haben diesem Mitbestimmungsgesetz zugestimmt. Was uns aber erheitert, ist die unterschiedliche Auffassung, die über Kernfragen dieses Mitbestimmungsgesetzes zwischen den Koalitionspartnern offensichtlich jetzt beim Inkrafttreten bestehen. Ich brauche hier nur an den Arbeitsdirektor zu erinnern, wo eine Rechtssituation vorgegaukelt wird, die überhaupt nicht vorhanden ist.
Zum Abschluß der sozialpolitischen Beratungen dieser Legislaturperiode lassen Sie mich noch einmal unterstreichen, was wir in unserem Programm herausgestellt haben: die Sozialgarantie in der Si-
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1 Juli 1976 18365
Müller (Remscheid)

cherung der sozialen Leistungen, in der Sicherung einer Sozialpolitik, die die Voraussetzung einer gesunden Wirtschafts- und Finanzpolitik ist. Lassen Sie mich herausstellen, daß die sozialen Leistungen für alle Schichten unserer Bevölkerung nicht von stärkeren Interessengruppen abhängig sein dürfen, sondern daß wir uns im Interesse der von uns dargestellten neuen sozialen Frage, Herr Minister, in der Zukunft viel stärker der Gruppen annehmen müssen,

(Zurufe von der SPD)

die durch die Entwicklung der letzten Jahre mangels starker Interessenvertretungen vernachlässigt worden sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0725607100
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Geiger?

Adolf Müller (CDU):
Rede ID: ID0725607200
Ich komme gleich gleich zum Schluß. — Hierbei denke ich nicht zuletzt an die kinderreichen Familien.
Mir kam es darauf an, erstens, die Notwendigkeit des Zusammenhangs von Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik am Beispiel der Arbeitslosigkeit und ihren negativen Folgen für andere Bereiche der Sozialpolitik darzustellen. Mir kam es zweitens darauf an, deutlich zu machen, daß wir aus dieser Erkenntnis für die Zukunft Schlußfolgerungen zu ziehen haben. Für uns heißt das Problem Nummer eins: Beseitigung der Arbeitslosigkeit, Sicherung einer kontinuierlichen Vollbeschäftigung und — zweitens -- durch Wirtschaftswachstum Schaffung neuer Arbeitsplätze als unabdingbare Voraussetzung einer Weiterentwicklung moderner Sozial- und Gesellschaftspolitik.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0725607300
Das Wort hat der Abgeordnete Glombig.

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Ich dachte, Herr Wehner wolle sprechen! — Franke [Osnabrück] [CDU/CSU]: Der Sachverständige Wehner!)


Eugen Glombig (SPD):
Rede ID: ID0725607400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist natürlich außerordentlich schwierig, als Redner in einer Zeit von noch nicht einmal zehn Minuten

(Windelen [CDU/CSU]: Kommen Sie zur Sache!)

— ja, ich komme zur Sache, lieber Kollege — auf
ein Sammelsurium unbewiesener Dinge einzugehen, wie sie der Kollege Müller (Remscheid) hier soeben dargestellt hat:

(Franke [Osnabrück] [CDU/CSU]: Dann widerlegen Sie ihn doch! — Dr. Blüm [CDU/CSU]: Die Zahlen sind bewiesen!)

unbewiesen, unwahr, die Zahlen in keiner Weise belegt.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Blüm [CDU /CSU] : Die Arbeitslosenzahlen sind bewiesen!)

Der Kollege Müller (Remscheid) weiß natürlich, daß es außerordentlich schwer ist, das in dieser kurzen Zeit im einzelnen zu entkräften.

(Franke [Osnabrück] [CDU/CSU] : Dann widerlegen Sie mal eine Zahl!)

Der erste Punkt ist dieser. Der Kollege Müller (Remscheid) sagte, all das, was wir hier vorzuweisen hätten — und zwar dargestellt auch in der Rede des Bundesarbeitsministers —, seien im Grunde genommen die Erfolge der Opposition. Meine Damen und Herren, die Wähler draußen werden sich von Ihnen nicht täuschen lassen,

(Beifall bei der SPD)

denn die Erfolge der sozialliberalen Koalition gerade auf dem Gebiet der Gesellschafts- und Sozialpolitik seit 1969 und insbesondere seit 1972 sind doch unübersehbar.

(Beifall bei der SPD — Maucher [CDU/ CSU] : Das glaubt Ihnen doch kein Mensch! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

— Ich komme gleich noch darauf. Lassen Sie mich dies in Ruhe ausführen. Ihr Herr Müller hat lange genug gesprochen.
Zweitens komme ich auf die Schlußfolgerungen hinsichtlich der Beseitigung der Arbeitslosigkeit zu sprechen. Wenn es überhaupt zu einer solchen Arbeitslosigkeit gekommen ist, wie wir sie hier festzustellen haben,

(Maucher [CDU/CSU] : ... dann seid ihr schuld!)

ist es, wie ich meine, geradezu eine Unverschämtheit, anzumerken, dies sei die Schuld dieser Koalition oder aber diese Regierung, ohne auf die Fakten, die zu dieser Arbeitslosigkeit geführt haben und die Ihnen sehr wohl bekannt sind, einzugehen. Dies ist die erste Feststellung.

(Maucher [CDU/CSU] : Wer ist denn schuld? — Zuruf des Abg. Dr. Arndt [Hamburg] [SPD])

Nun zu einer zweiten Feststellung. Sie sprachen hier davon, daß die Beseitigung der Arbeitslosigkeit und die Schaffung sicherer Arbeitsplätze für Sie die erste Aufgabe sei. Ich frage Sie: Wo sind in den vergangenen zwei Jahren Ihre Vorschläge geblieben,

(Beifall bei der SPD — Zuruf des Abg. Maucher [CDU/CSU])

um die Arbeitslosenziffer, mit der wir es auf Grund der weltwirtschaftlichen Entwicklung zu tun hatten, zu reduzieren?

(Maucher [CDU/CSU]: Alte Leier!)

Wir haben nicht einen einzigen brauchbaren Vorschlag von Ihnen gehört, den wir bei unseren politi-



Glombig
schen Entscheidungen der vergangenen zwei Jahre auf diesem Feld hätten verwerten können.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Seiters [CDU/CSU]: Alles Quatsch!)

Meine Damen und Herren, die Aussprache über den Sozialbericht 1976 — um darauf noch einmal zurückzukommen — ist für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion eine willkommene Gelegenheit, auf die Sozialpolitik der zu Ende gehenden Legislaturperiode zurückzublicken, und zwar auf die Sozialpolitik, die nicht die Opposition gestaltet hat, weil sie sich gestalterisch überhaupt nicht betätigt hat, sondern die wir gestaltet und bestimmt haben, und zwar, wie ich glaube, mit sehr großem Erfolg.

(Beifall bei der SPD — Zuruf des Abg. Maucher [CDU/CSU])

Die 7. Legislaturperiode ist nämlich neben der 6. Legislaturperiode von 1969 bis 1972 die sozialpolitisch erfolgreichste Legislaturperiode in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.

(Zuruf des Abg. Windelen [CDU/CSU]) Ich finde, das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.


(Zuruf des Abg. Maucher [CDU/CSU])

Sie sollten den Menschen draußen nicht die Augen vor dieser Tatsache vernebeln. Auch die vielzitierten Broschüren sind keine Propagandabroschüren sondern sie sind einwandfreie und eindeutige Tätigkeitsnachweise.

(Seiters [CDU/CSU]: Gehen Sie doch einmal in die Einzelheiten! — Franke [Osnabrück] [CDU/CSU] : Nennen Sie doch ein paar: 1 Million Arbeitslose, 30 000 Konkurse!)

Noch nie sind derart viele Reformgesetze verabschiedet worden,

(Maucher [CDU/CSU] : Das sind doch Märchen!)

die die soziale Lage der Arbeitnehmer und der sozial schwachen Schichten nachhaltig verbessert haben, obwohl unsere Sozialpolitik durch die schwerste weltweite Wirtschaftskrise seit 40 Jahren hindurchsteuert werden mußte.

(Seiters [CDU/CSU]: Alles allgemeines Gerede. Gehen Sie doch mal auf Einzelheiten ein!)

Heute können wir nun sagen — ich komme gleich auf die Einzelheiten zu sprechen —, daß die sozialliberale Koalition auch auf dem Feld der Gesellschaftspolitik das Versprechen eingelöst hat, mit dem sie 1969 angetreten ist. Wir haben mit der veralteten Konzeption der Sozialversicherung als reiner Arbeitnehmerversicherung Schluß gemacht.

(Maucher [CDU/CSU]: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?)

Wir haben breite Bevölkerungskreise in den Schutz der sozialen Sicherung einbezogen, die zuvor keinen Zugang zur Sozialversicherung hatten, ja, von der CDU/CSU durch die Rentenreform des Jahres
1957 sogar bewußt aus der Sozialversicherung ausgesperrt worden waren.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Das ist doch eine Tatsache, an die ich Sie immer wieder erinnern muß.
Wir haben weiterhin zahlreiche längst überfällige neue Leistungen in das Netz der sozialen Sicherheit eingefügt. Vielleicht haben Sie das vergessen. Ich erinnere an die Abschaffung der Aussteuerung in der Krankenhauspflege, an die Einführung der Früherkennungsmaßnahmen in der Krankenversicherung.

(Franke [Osnabrück] [CDU/CSU] : Das waren ja unsere Anträge!)

— Wir haben das durchgesetzt. Klittern sie nicht die Geschichte. Wir können Ihnen das alles beweisen.

(Beifall bei der SPD — Franke [Osnabrück] [CDU/CSU]: In euren Anträgen war das ja gar nicht vorhanden! Das war in unseren Anträgen! — Maucher [CDU/CSU] : Das waren doch unsere Anträge!)

– Oder haben Sie etwa auch das Konkursausfallgeld eingeführt? Durch die Einführung der flexiblen Altersgrenze, von der Sie meinen, sie sei auf Ihrem Mist gewachsen, durch die gezielte Anhebung der Kleinrenten und durch das Betriebsrentengesetz haben wir das Alter — dies war die Konzeption der sozialliberalen Koalition — sicherer gemacht.
Ich glaube, daß an dieser Stelle und an diesem Tage vor allem einem Manne Dank gebührt, der leider krank ist, der dieses aber an dieser Stelle viel besser hätte vertreten können, unserem Freund und Kollegen Ernst Schellenberg, der gerade in einer solchen Auseinandersetzung ein lebendes Beispiel und ein lebendes Dokument für diese Entwicklung ist.

(Beifall bei der SPD)

Drittens. Wir haben die wichtigsten Sozialleistungen dynamisiert, dadurch die Empfänger vor Kaufkraftverlusten bewahrt und ihnen die Teilnahme an den allgemeinen Einkommenssteigerungen ermöglich. Die Kriegsopferrenten wurden gegen Ihren Widerstand im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung dynamisiert, und zwar im Dezember 1969 in Berlin.

(Zurufe von der CDU/CSU: Das ist ja nicht wahr!)

Das ist aktenkundig; das können Sie nicht bestreiten.

(Abg. Maucher [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Geben Sie sich keine Mühe, Herr Maucher, Sie hätten hier heute zum letzten Male eine Rede halten können; aber halten Sie mich nicht mit Fragen auf. — Ebenso ist die Altershilfe der Landwirte dynamisiert worden, das Krankengeld ist dynamisiert worden, das Übergangsgeld der Rehabilitationsmaßnahmen und das Arbeitslosengeld sind dynamisiert worden. Ich frage Sie: Wo ist Ihr Anteil an diesen



Glombig
Leistungen für die Versicherten, für die Arbeitnehmer und für die Behinderten in diesem Lande?

(Beifall bei der SPD)

Wem wollen Sie denn das eigentlich auf Grund dieses Leistungskatalogs weismachen?

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725607500
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Maucher?

Eugen Glombig (SPD):
Rede ID: ID0725607600
Ich kann diese Zwischenfrage nicht gestatten; ich habe nur noch ein paar Minuten Zeit.

(Maucher [CDU/CSU] : Die Zeit wird zugegeben! — Wehner [SPD]: Aus Ihrer Tasche?)

— Ich habe doch Ihre Einwände oft genug entkräftet. Ich kann mich doch nicht mehr mit diesen Dingen aufhalten.
Viertens. Wir haben uns erstmals um sogenannte Randgruppen gekümmert, die Sie in der Vergangenheit im wahrsten Sinne des Wortes links liegengelassen haben. Die haben Sie uns quasi bis zum Jahre 1969 aufbewahrt. Wir haben zum ersten Male für diese Randgruppe eine vollständige, eine umfassende Konzeption entworfen und sie bis zum heutigen Tage verwirklicht. Oder wollen Sie uns auch das absprechen? Wo gab es einen einzigen brauchbaren Vorschlag von Ihnen zur Entwicklung dieser Konzeption? Ich finde, das ist eine Beleidigung für alle
) diejenigen, die jahrelang in diesem Hause auch und gerade für diese Sache gekämpft und sich damit auseinandergesetzt haben.

(Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren! Wir haben durch das Betriebsverfassungsgesetz und das Mitbestimmungsgesetz die Rechtsposition der Arbeitnehmer verbessert.

(Zuruf des Abg. Maucher [CDU/CSU])

Von ihnen gab es mit halbem Herzen gefaßte Parteitagsbeschlüsse, bei denen niemand daran gedacht hat, sie tatsächlich zu verwirklichen, weil Sie gar nicht in die Verlegenheit gekommen sind und gekommen wären, so etwas zu verwirklichen. Das haben Sie uns überlassen. Und dann haben Sie uns bei der Durchführung dieses Gesetzesvorhabens die größten Schwierigkeiten in der Beratung im Ausschuß und bei den Sachverständigenanhörungen gemacht.
Wir haben die Humanisierung des Arbeitslebens erstmals zu einem Schwerpunkt der Politik gemacht. Wo gibt es von Ihnen auch nur einen einzigen brauchbaren Vorschlag auf diesem für unsere Arbeitnehmer so wichtigen Felde der Politik?

(Beifall bei der SPD)

Wir haben inmitten der weltweiten Wirtschaftskrise bewußt und, wie jetzt für jedermann klar zu erkennen ist, auch erfolgreich Anstrengungen zur Sicherung der Arbeitsplätze unternommen. Ich will das nicht wiederholen, was ich eingangs gesagt habe; aber davon lasse ich im Namen meiner Fraktion hier nichts abstreichen. Ich finde diese Entwicklung so positiv, daß sie von Ihnen gewürdigt und anerkannt werden sollte. Dann würden Sie der weiteren Entwicklung im Interesse der Arbeitnehmer einen großen Gefallen tun.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Ich muß jetzt,

(Zuruf von der CDU/CSU: Schluß machen!)

nicht Ihnen zu Gefallen — so hübsch sind Sie doch gar nicht, obwohl ich Sie ganz gern leiden mag —, sondern weil sich noch ein Redner angemeldet hat, zum Schluß kommen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ein netter Zug von Ihnen!)

— Ich bin mitunter so nett; das sehen Sie mir nur nicht an. — Ich wollte nur sagen, daß auch durch die Reform des Familienlastenausgleichs von uns mit dem jahrzehntelang von der CDU/CSU vertretenen Prinzip der schichtenspezifischen Familienförderung Schluß gemacht worden ist. Wollen Sie das dem Wähler nicht auch sagen?

(Maucher [CDU/CSU] : Die Familie haben Sie auf Nulltarif gesetzt!)

Wo sind denn Ihre Alternativen zur Neuordnung des Familienlastenausgleichs geblieben? Mit Ihrem Geweine in diesen Tagen, mit Ihrem etwas weinerlichen Getue erwecken Sie den Anschein, als wäre in diesem Lande die Armut ausgebrochen, als wäre es eine Schande, Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen,

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU]: Wer hat denn das gesagt?)

Ich muß Ihnen sagen: Die Tatsache, daß wir die Sozialhilfe verbessert haben, hat natürlich auch zu einer Vergrößerung der Zahl der Anspruchsberechtigten geführt. Aber das ist doch kein Ausdruck schlechter Sozialpolitik,

(Zustimmung des Abg. Wehner [SPD] Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch barer Unsinn!)

das ist der Ausdruck einer guten Sozialpolitik!

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Und Sie sollten sich zu Ihrem Kind, dein Bundessozialhilfegesetz, bekennen, von dem Sie gemeint haben,

(Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Mehr Sozialhilfe, weil die Leute ärmer sind!)

auch im Namen der katholischen Soziallehre die Grundsätze der Subsidiarität und der Individualisierung besonders großschreiben zu müssen. Wir haben das in den vergangenen Jahren ernst genommen,

(Zustimmung bei der SPD)

auch in der Sozialpolitik unserer sozialdemokratischen Freunde in den sozialdemokratisch regierten Ländern.
Leider habe ich keine Zeit mehr, Ihnen das noch weiter auszuführen. Ich jedenfalls bin davon über-



Glombig
zeugt, daß diese Sozialpolitik der sozialliberalen Koalition

(Maucher [CDU/CSU] : Eine soziale Demontage ist!)

mit ihren Erfolgen in der Zeit von 1969 bis 1976 nur fortgeführt werden kann durch eine sozialliberale Koalition über das Jahr 1976 hinaus.

(Zustimmung bei der SPD und der FDP Zurufe von der CDU/CSU)

Nur das gibt den Menschen draußen Sicherheit und verschafft ihnen Freiheit!

(Zustimmung des Abg. Wehner [SPD])

Alles andere heißt, die Freiheit abzuschaffen. Und ich meine, daß vielleicht nicht Sie, aber andere, die in Ihrem Namen sprechen — dazu gehören Herr Strauß und übrigens auch Herr von Weizsäcker —, Leute sind, die im Grunde genommen den Freiheitsspielraum einengen wollen,

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Alles Quatsch!)

und das allerdings ginge dann auf Kosten der Leute, von denen Sie glauben, Sie würden sich für sie besonders einsetzen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725607700
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Maucher; Sie haben aber nur noch eine Minute, Herr Kollege.

Eugen Maucher (CDU):
Rede ID: ID0725607800
Frau Präsidentin, geben Sie Sie mir bitte — sozusagen als Mengenrabatt — nach 23 Jahren in der letzten Runde noch eine Minute dazu.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725607900
Ich werde um 100 % anheben.
Maucher (CDU 'CSU): Gut, der erste Erfolg. Vielen Dank!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Rede des Abgeordneten Glombig hat mich entgegen meiner Absicht veranlaßt, noch einmal an dieses Rednerpult zu treten. Herr Kollege Glombig, diese Rede, die Sie hier gehalten haben, war an sich eine Rede, bei der man sagen kann, daß man das Volk in einer Art und Weise täuscht, die nicht mehr zu überbieten ist.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Zur Kriegsopferversorgung haben Sie die Unwahrheit gesagt;

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

ich sage nicht: gelogen, weil ich sonst eine Rüge kriege. Im Jahre 1969 — das sage ich jetzt zu Protokoll — hat dieses Hohe Haus eine Entschließung verabschiedet, die von mir persönlich verfaßt wurde, daß ab 1. Januar 1970 die Renten zu dynamisieren sind. Hans Katzer hat in seinem Ministerium die Anpassung vorbereitet.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Wir haben 22 % vorgeschlagen, Sie haben 16 % gemacht

(Franke [Osnabrück] [CDU/CSU] : Das ist die Wahrheit!)

und haben den Rückstand dynamisiert. Das ist die Wahrheit!

(Katzer [CDU/CSU]: So war das!) Und etwas anderes kann man nicht sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

Zweitens — ich habe nur ganz wenig Zeit — haben Sie, Herr Kollege Glombig, die Sozialpolitik als das Wunder der letzten sieben Jahre dargestellt. Mit Recht hat Kohl gestern gesagt: die sieben mageren Jahre.

(Zurufe von der SPD)

In sieben Jahren haben sich die Lohnsteuerlasten verdreifacht. Wissen Sie, was man sagen würde, wenn das die CDU gemacht hätte? Lohnraub! Und sehen Sie, das war der Beginn der sozialen Demontage, die Sie verursacht haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich sage zum Abschluß in diesem Hause, nach 30 Parlamentsjahren, 1947 im Landtag angefangen: In der CDU/CSU-Fraktion habe ich so viel gute Sozialpolitik machen können, wie es bei der Sozialdemokratie niemals möglich gewesen wäre.

(Zurufe von der SPD)

Und deshalb bin ich der Meinung, meine Damen und Herren: Eine ehrliche, solide Sozialpolitik für unsere Bürger, eine gesunde Politik, die machen wir, aber nicht ihr! Es ist höchste Zeit, daß ihr abtretet!

(Beifall bei der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725608000
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schmidt (Kempten). Sie haben noch vier Minuten.

Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0725608100
Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Der Abgeordnete deutet auf einen vor ihm liegenden Stapel von Drucksachen)

Haben Sie keine Angst, ich wollte hier nur einmal zeigen: Das sind die Berichte, über die wir heute eigentlich hätten diskutieren sollen; es sollten ja nicht Wahlreden gehalten werden, wie es eben der Kollege Müller

(Zuruf von der CDU/CSU: Glombig!) und der Kollege Maucher getan haben.


(Zustimmung bei der FDP und der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

Ich wollte dem Hohen Hause wenigstens einmal vorführen, um was es geht.
Nachdem ich nun wohl der letzte Redner im Bereich Sozialpolitik in dieser Legislaturperiode in diesem Hohen Hause bin, möchte ich noch einmal Bilanz ziehen, aber eigentlich weniger durch Verlesen dessen, was erreicht oder angeblich falsch ge-



Schmidt (Kempten)

macht wurde, sondern bezogen auf die vorhergehenden 60 Minuten, an deren Ende ich hier spreche.
Ich möchte für die Freien Demokraten drei Feststellungen treffen, die mit Sicherheit auch der Wähler draußen träfe und, soweit er hier Einblick hatte, auch treffen wird.
Erste Feststellung: Von 1969 bis 1976 ist — das
können Sie im Sozialbericht nachlesen, das haben Sie in der Rede des Bundesarbeitsministers hören können — eine konsequente Weiterentwicklung der Sozialpolitik im sozialliberalen Sinne erfolgt.

(Franke [Osnabrück] [CDU/CSU]: Weiterentwicklung?)

— Natürlich. Sozialpolitik kann man nicht plötzlich von irgendwo herholen. Es ist eine konsequente Weiterentwicklung der Sozialpolitik im sozialliberalen Sinne erfolgt, und zwar gerade in den Bereichen, in denen die Opposition als seinerzeitige Regierungspartei nicht sehr erfolgreich gewesen war.
Zweite Feststellung: Herr Kollege Müller, daß Sie hier gewisse Dinge als Leistung der Opposition hingestellt haben, war irgendwie schizophren. Das wird der Wähler draußen, das wird auch der Zuhörer merken. Man kann sich nicht auf der einen Seite hier hinstellen und sagen „Im Grunde haben wir das ja alles beeinflußt!" und am Ende hier heruntergehen und sagen „Das ist alles, alles schlecht!"

(Müller [Remscheid] [CDU/CSU] : Wer hat das denn gesagt?)

— Das haben Sie gesagt! Sie haben gesagt: Bei der Rentenreform, überall haben wir unsere Gedanken eingebracht, aber heute ist alles schlecht. Eine solche schizophrene Haltung nimmt Ihnen der Wähler nicht ab.

(Müller [Remscheid] [CDU/CSU] : Das ist doch nicht wahr, was Sie da sagen; dann haben Sie nicht zugehört! Sie müssen zuhören, wenn ich was sage! Sie können nachlesen, daß das falsch ist, was Sie sagen!)

Die Opposition hat in diesen sieben Jahren leider — ich sage bewußt: leider — nichts anderes fertiggebracht — der Kollege Müller hat das heute früh noch einmal in der dreifachen Aussage zum Ausdruck gebracht —, als sich als sozialpolitischer Trittbrettfahrer immer dann noch rechtzeitig auf den Zug aufzuschwingen, wenn es darum ging, die positive Leistung dieser sozialliberalen Koalition zu verabschieden.

(Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Das ist doch eine Unverschämtheit! Wer hat denn die Rentenreform von 1972 gemacht? Wie ist es denn mit der Stimme von Herrn Schiller gewesen?)

— Ich habe leider nicht die Zeit, Herr Kollege Müller, sonst hätte ich viel mehr auf das geantwortet, was Sie hier gesagt haben.

(Katzer [CDU/CSU] : Deshalb kann man doch die Wahrheit sagen! — Franke [Osnabrück] [CDU/CSU]: Auch wenn man keine Zeit hat, die Wahrheit muß man sagen!)

Dritte Feststellung: Wenn sich jemand der Verantwortung für die soziale Sicherheit auch für die Zukunft bewußt war, so war es die sozialliberale Koalition. Wir werden uns auch in Zukunft dieser Verantwortung nicht entziehen. Wir werden allerdings nüchtern untersuchen müssen, wie Beschäftigungslage, Beschäftigungsstand, Generationenvertrag und Belastbarkeit — hier sind wir an Grenzen angelangt — in Übereinstimmung gebracht werden können, um dieses Netz der sozialen Sicherheit weiterzuflechten, gegebenenfalls aber auch Korrekturen anzubringen, und zwar ohne Leistungsverschlechterungen.
Insoweit kann ich für die Freien Demokraten feststellen: Nach dem 3. Oktober werden wir Gelegenheit haben, in sozialliberaler Weiterarbeit diese Berichte zur Grundlage unserer weiteren Arbeit zu machen. Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, werden das Problem Nr. 1, das Sie, Kollege Müller, vorhin angesprochen haben, darin sehen, sich einmal zu überlegen, wie Sie nicht nur mit Kritik und mit Verleumdung und mit negativen Darstellungen, sondern vielleicht mit mehr echten Alternativen mitarbeiten.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Müller [Remscheid] [CDU/CSU] : Wer hat wen verleumdet? Das möchte ich aber jetzt geklärt haben! Frau Präsidentin, was ist mit „Verleumdung"? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725608200
Wenn man einen Ordnungsruf haben möchte, kann ich ihn geben. Doch ist das Wort „Verleumdung" zuerst aus Ihren Reihen, Herr Kollege Müller, gefallen.

(Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Ich? Wo habe ich „Verleumdung" gebraucht, Frau Präsidentin?)

— Es hat einen solchen Zwischenruf gegeben.

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Er hat gefragt! — Seiters [CDU/CSU] : Das werden wir nachprüfen, Frau Präsidentin! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Wir werden das nachprüfen. Ich habe es hier gehört, habe es aber „überhört", meine Herren und Damen. Es kam aus den Reihen der CDU.

(Seiters [CDU/CSU] : Das ist nicht wahr!) — Wir werden das im Protokoll nachprüfen

Wir kommen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 13. Der Ältestenrat schlägt die Überweisung an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung — federführend —, an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit und an den Haushaltsausschuß vor. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses zu Punkt 14. Wer zuzustimmen



Vizepräsident Frau Funcke
wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 zur Abstimmung auf. Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen.
— Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Ich rufe den Punkt 16 zur Abstimmung auf. Wer dem Antrag des Ausschusses in a) und b) zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Wir stimmen jetzt über Punkt 17 ab. Wer dem Antrag des Ausschusses in den Punkten i und 2 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen.
— Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Wir kommen jetzt noch zur Abstimmung über Punkt 18. Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen.
— Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Wir kommen nunmehr zu Punkt 1: Fragestunde
— Drucksache 7/5482 —
Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Zander zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 16 des Herrn Abgeordneten Burger auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Kostensituation und deren Entwicklung im Bereich der Krankenhäuser nach Einführung des vollpauschalierten Pflegesatzes?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Karl Fred Zander (SPD):
Rede ID: ID0725608300
Herr Kollege Burger, die Bundesregierung hat in dem Bericht über die Auswirkungen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes sowohl in Abschnitt i wie auch in Abschnitt 4 eingehend zur Entwicklung der Kosten und Pflegesätze im Bereich der Krankenhäuser Stellung genommen. Ich möchte daher auf diese Ausführungen verweisen.
Inzwischen liegen auch für 1975 und 1976 genauere Angaben vor. Danach haben sich die Steigerungsraten der Pflegesätze, die 1974 noch zwischen rund 30 % und rund 53 % lagen, im Jahre 1975 auf 6 % bis 13 % abgeflacht. Für 1976 rechnet die Bundesregierung auf Grund der Angaben der Länder mit Erhöhungen der Pflegesätze zwischen 7 % und 9 %. Dabei geht sie nach den derzeit verfügbaren Angaben davon aus, daß die für die Pflegesätze maßgebenden Selbstkosten der Krankenhäuser im Jahre 1976 auf Grund der zum 1. Februar 1976 wirksam gewordenen Tarifabschlüsse einschließlich der lohngebundenen Kosten und der Preisentwicklung bei den Sachkosten und der Pauschale für Instandhaltung und Instandsetzung gegenüber den vergleichbaren Kosten des Vorjahres uni bis zu 6,5 % steigen werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725608400
Eine Zusatzfrage.

Albert Burger (CDU):
Rede ID: ID0725608500
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, aus welchen Gründen die Regelungen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und der Bundespflegesatzverordnung nicht zu sozial tragbaren Pflegesätzen geführt haben?
Zander, Parl. Staatssekretär: Ich habe soeben, Herr Kollege, die Entwicklung in den letzten Jahren geschildert. Hier ist deutlich erkennbar, daß es eine Trendwende gegeben hat. Ich führe diese Trendwende zur Kostenbeschränkung darauf zurück, daß die Bundesländer, die zuständig sind, inzwischen die Instrumentarien, die das Krankenhausfinanzierungsgesetz und die Bundespflegesatzverordnung geben, angewandt haben. Die Bundesregierung ist darüber ständig im Gespräch mit den Bundesländern in dem dazu nach dem Gesetz gebildeten Ausschuß. Ich glaube, ich konnte an Hand der sehr eindrucksvollen Zahlen zeigen, daß die Entwicklung hier in günstige Bahnen gerät.

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Na, na, na!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725608600
Zweite Zusatzfrage.

Albert Burger (CDU):
Rede ID: ID0725608700
Herr Staatssekretär, begünstigt nicht ein vollpauschalierter Pflegesatz, mit welchem alle Leistungen abgegolten sind, die Verweildauer im Krankenhaus zu verlängern?
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Burger, Sie wissen, daß die Bundesregierung Vorhaben unterstützt, die darauf gerichtet sind, festzustellen, ob andere Formen des Pflegesatzes günstigere Ergebnisse erzielen können. Aber die Bundesregierung verläßt sich hier auf die Erfahrungen derjenigen, die näher an der Praxis des Krankenhauses sind und dafür zuständig sind. Das sind die Bundesländer. Sie wissen, daß es die Bundespflegesatzverordnung im § 21 zuläßt, jede vom vollpauschalierten Pflegesatz abweichende Form zu erproben. Sollten solche Erprobungen, die wir gern unterstützen, zu Ergebnissen führen, die zeigen, daß andere Formen des Pflegesatzes kostengünstigere Ergebnisse nach sich ziehen, dann wird die Bundesregierung sicher nicht zögern, daraus Konsequenzen zu ziehen. Aber diese Erfahrungen liegen bis heute nicht vor.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725608800
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Jaunich.

Horst Jaunich (SPD):
Rede ID: ID0725608900
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, uns hier einmal zu sagen, welchen Prozentanteil die Personalkosten im Bereich der Krankenhausfinanzierung ausmachen?



Zander, Parl. Staatssekretär: Ich kann dies aus derer Handgelenk, Herr Kollege Jaunich, pauschal nicht sagen. Aber dieser Anteil ist sehr hoch.

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/ CSU] : Das ist traurig, daß das Ministerium das nicht weiß!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725609000
Keine Zusatzfrage. Dann rufe ich die Frage 17 des Herrn Abgeordneten Burger auf:
In welchem Umfang glaubt die Bundesregierung, den Grundsatz einer notwendigen Leistungs- und Kostentransparenz bei Aufrechterhaltung des vollpauschalierten Pflegesatzes sicherstellen zu können?
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Burger, nach Auffassung der Bundesregierung wird die nach § 20 der Bundespflegesatzverordnung ab 1978 vorgesehene kaufmännische Buchführung und Betriebsabrechnung die geeignete Grundlage für die erforderliche Transparenz der Leistungen und Kosten im Krankenhaus bilden. Dies gilt auch bei einem vollpauschalierten Pflegesatz.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725609100
Zusatzfrage.

Albert Burger (CDU):
Rede ID: ID0725609200
Herr Staatssekretär, was hält die Bundesregierung von der Forderung, daß sich die Krankenhauskosten, die der Patient oder seine Krankenkasse für die Behandlung aufzubringen hat, stärker an den unterschiedlichen Verlaufsformen und Leistungen ausrichten müsse?
Zander, Parl. Staatssekretär: Nun, es gibt verschiedene Methoden, die auch erprobt werden, wonach andere Formen des Pflegesatzes gefunden werden sollen, z. B. die von uns unterstützten Versuche mit einem degressiven Pflegesatz, einem Pflegesatz also, der in den ersten Tagen des Aufenthalts im Krankenhaus höher ist und dann im Laufe der Zeit absinkt.
Aber ich muß noch einmal betonen, daß hier in erster Linie die Erfahrungen der Bundesländer herangezogen werden müssen, die für die Pflegesatzfestsetzung nach dem Gesetz und der Pflegesatzverordnung zuständig sind. Hier gibt es eben noch keine anderen besseren Regelungen, die Platz greifen könnten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725609300
Zweite Zusatzfrage.

Albert Burger (CDU):
Rede ID: ID0725609400
Weil Sie, Herr Staatssekretär, die Erfahrungen der Bundesländer ansprechen: Wie beurteilen Sie die Erklärung des Sozialministers von Nordrhein-Westfalen, Farthmann, einen differenzierten Pflegesatz einzuführen, weil es — wie er sagte — blödsinnig sei, daß sich heutzutage in den Pflegesätzen der Krankenhäuser alle Leistungen widerspiegeln, und er es nicht für recht halte, daß ein Patient wegen einer Blinddarmoperation auch den Herzschrittmacher seines Nachbarn mitfinanziere?
Zander, Parl. Staatssekretär: Nun, es steht mir nicht an, die Äußerung eines Mitglieds einer Landesregierung hier in irgendeiner Weise zu bewerten. Was aber den sachlichen Kern angeht, so begrüßt es die Bundesregierung, wenn innerhalb der zuständigen Landesregierungen auch mit unkonventionellen Methoden versucht wird, dieses Problems Herr zu werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725609500
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Egert.

Jürgen Egert (SPD):
Rede ID: ID0725609600
Herr Staatssekretär, Sie haben davon gesprochen, daß die kaufmännische Buchführung und Betriebsabrechnung ab 1978 eine geeignete Grundlage für die erforderliche Transparenz der Leistung und Kosten im Krankenhaus bilden wird. Können Sie mir Auskunft darüber geben, ob die Bundesregierung die vorgesehenen Zeitpläne dafür einhalten wird?
Zander, Parl. Staatssekretär: Sie meinen die Zeitpläne für die Verordnung?

(Egert [SPD]: Ja!)

— Hier kann ich sagen, daß wir voll im Zeitplan sind. Was die Verordnung über kaufmännische Buchführung angeht, so rechne ich damit, daß sie das Bundeskabinett im September passieren wird. Was die Betriebsabrechnungen angeht, so sind sie in Vorbereitung. Sie müssen dabei beachten, daß hier erst 1978 Veränderungen Platz greifen werden.

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Die Bundesregierung hatte ja fünf Jahre Zeit!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725609700
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Jaunich.

Horst Jaunich (SPD):
Rede ID: ID0725609800
Herr Staatssekretär, welche Funktionen erfüllen die Selbstkostenblätter im Sinne der Kostentransparenz? Welche Auswirkungen können Sie davon bereits ableiten?
Zander, Parl. Staatssekretär: Die Selbstkostenblätter liegen praktisch erst seit etwa einem Jahr vor. Aber sie sind ein wesentliches Instrument, um die Kostenvorgänge in Krankenhäusern transparenter zu machen. Dies zeigt auch, daß in Ländern, in denen etwa Prüfgesellschaften auf der Grundlage solcher Selbstkostenblätter die finanziellen und kaufmännisch-buchhalterischen Vorgänge in Krankenhäusern transparenter machen, größere Erfolge bei der Kostendämpfung zu verzeichnen sind als in Ländern, die von solchen Instrumenten weniger Gebrauch machen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725609900
Keine Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 18 des Herrn Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein auf:
Welchen finanziellen Verpflichtungen aus dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) sind Bund und Länder nicht nachgekommen?
18372 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1 Juli 1976
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Prinz 7U Sayn-Wittgenstein, Bund und Länder sind allen finanziellen Verpflichtungen nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nachgekommen. Insofern darf ich auch auf den Abschnitt 3 — „Finanzielle Auswirkungen des Krankenhausgesetzes im Bereich der Investitionen" — des Berichts der Bundesregierung über die Auswirkungen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes hinweisen. Danach sind von Bund und Ländern seit Inkrafttreten des Krankenhausfinanzierungsgesetzes im Jahre 1972 rund 10,5 Milliarden DM aufgewandt worden. Die Mittel, die nach dem KHG für den Neubau und sogenannte mittelfristige Anlagegüter bereitgestellt werden, sind von 385 Millionen DM im Jahre 1975 auf 404 Millionen DM für das Jahr 1976 erhöht worden. Infolge der rückwirkenden Anpassung der Pauschalen für kurzfristige Anlagegüter nach § 10 KHG werden außerdem im Jahre 1976 von Bund und Ländern insgesamt 242 Millionen DM mehr als im Jahre 1975 bereitgestellt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725610000
Eine Zusatzfrage.
Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (CDU/CSU) Herr Staatssekretär, hält die Bundesregierung die Bemessungsgrundlage der Pauschale für die Wiederbeschaffung von kurzfristigen Anlagegütern nach § 10 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und der Pauschale für Instandhaltung und Instandsetzung nach § 18 Abs. 4 der Bundespflegesatzverordnung für zeit- und kostengerecht?
Zander, Parl. Staatssekretär: Ja.
Vizepräsident. Frau Funcke: Eine weitere Frage.

Prinz Botho zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (CDU):
Rede ID: ID0725610100
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß die finanzielle Förderung der Wiederbeschaffung mittelfristiger Anlagegüter und des Ergänzungsbedarfs nach § 9 Abs. 2 und 3 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes völlig unzureichend ist, weil die Förderbehörden unter Hinweis auf die immer noch fehlende Abgrenzungsverordnung nach § 27 und unter dem Druck der finanziellen Situation viele Förderungsanträge der Krankenhäuser bislang abgewiesen haben?
Zander, Parl. Staatssekretär: Ich kann nicht erkennen, Herr Kollege, daß wegen fehlender Verordnungen hier Schwierigkeiten entstehen. Ich habe vorhin auf eine Zusatzfrage eines Kollegen schon gesagt, daß die Bundesregierung hinsichtlich der zu erlassenden Verordnung in einem speziellen Fall voll im Zeitplan ist. Ich werde auf eine weitere Frage des Kollegen Braun darstellen können, wie insgesamt der Stand der Verordnungstätigkeit auf der Grundlage der Krankenhausfinanzierungsgesetzes augenblicklich ist.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725610200
Keine weitere Zusatzfrage. Dann rufe ich die Frage 19 des Herrn Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein auf:
In welcher Form wird im Ausschuß für Fragen der wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser die in § 7 Abs. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes zwingend vorgeschriebene Beteiligung der durch die Beratungsgegenstände Betroffenen sichergestellt?
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wie die Bundesregierung auf der Seite 146 des Berichtes über die Auswirkungen des KHG im einzelnen ausgeführt hat, erfolgt die Beteiligung der Betroffenen in verschiedenen Formen, wie z. B. durch Abgabe schriftlicher Stellungnahmen, gutachterliche Äußerungen, Mitwirkung in Arbeitsgruppen zur Vorbereitung von Gesetzentwürfen. Die Äußerungen der Betroffenen wurden in den zuständigen Ausschüssen eingehend beraten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725610300
Zusatzfrage.

(CDU/ CSU)

Zander, Parl. Staatssekretär: Nein, Herr Kollege, die Bundesregierung hat sie nicht beteiligt, und zwar aus einem sehr einfachen Grunde: Wenn auf einem solchen Gebiet ein so weitreichender Vorschlag in dem dafür zuständigen Ausschuß nach § 7 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes gemacht wird, erschien es der Bundesregierung zweckmäßig, zunächst auf politischer Ebene des Bundesministers und der Gesundheitsminister der Länder zu erwägen, ob ein solcher Vorschlag überhaupt praktikabel ist. In der Sitzung vom 21. des vergangenen Monats, auf die Sie sicher anspielen, sollte ein solcher Vorschlag unterbreitet werden, um festzustellen, ob hier eine politische Übereinstimmung bestand, uni sie dann den Betroffenen zu einer Stellungnahme nach dem Beteiligungsverfahren, wie es vorgesehen ist, zuzuleiten. Hier war aber zunächst einmal die politische Grundsatzentscheidung gefragt, dann erst die Zuleitung und danach die abschließende Entscheidung.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725610400

(CDU/ CSU)

Zander, Parl. Staatssekretär: Das ist der Bundesregierung nicht bewußt, und ich sehe auch gar nicht, woher sich eine solche Behauptung ableiten ließe.

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU /CSU]: Das werde ich Ihnen noch beweisen!)



Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725610500
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Egert.

Jürgen Egert (SPD):
Rede ID: ID0725610600
Herr Staatssekretär, würden Sie mir Auskunft darüber geben, wie der Bund-Länder-Ausschuß nach § 7 KHG die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern gewährleistet hat und ob Sie diese Zusammenarbeit in der bisherigen Form als wirksam ansehen?
Zander, Parl. Staatssekretär: Ich glaube, man kann davon ausgehen, daß sich die Zusammenarbeit — ich nehme an, Sie meinen auch den Ausschuß nach § 7 — bewährt hat. Wir haben im Bericht über die Erfahrungen informiert, die bis zum Abschluß des Berichtes vorlagen — ich meine mich zu erinnern, daß etwa 59 Einzelsitzungen in Fachgremien stattgefunden haben —, in denen Finanzierungsfragen und Abwicklungsfragen des Gesetzes behandelt worden sind. Inzwischen sind es weit über 60 Sitzungen, davon einige auch auf Ministerebene. Ich finde, hier ist eine ganz rege und intensive Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Gang gekommen, die ich nur als bewährt bezeichnen kann. Ich würde es sehr bedauern, wenn sie durch politische Störfaktoren, die vielleicht in diesem Jahr besonders intensiv sind, leiden würde.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725610700
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Hauck.

Rudolf Hauck (SPD):
Rede ID: ID0725610800
Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, die bisherige Zusammenarbeit in dem Ausschuß nach § 7 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes im Sinne der stärkeren Koordination zwischen Bund und Ländern noch weiter zu verbessern?
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Hauck, die Bundesregierung sieht solche Möglichkeiten. Aber sie muß nach dem Gesetz verfahren. Ich darf Sie daran erinnern, daß bei der seinerzeitigen Verabschiedung des Krankenhausfinanizerungsgesetzes der Wunsch der Bundesregierung, diesem Ausschuß eine Koordinierungsfunktion zu geben, von den Bundesländern abgelehnt wurde. Die Bundesregierung hat übrigens auch bei Gelegenheit der Beratung des Haushaltsstrukturgesetzes erneut einen Versuch unternommen, um stärker an der Entwicklung gemeinsamer Bedarfskriterien beteiligt zu werden. Auch hier haben die Bundesländer, pochend auf ihre Zuständigkeit, der Bundesregierung eine stärkere Kompetenz verweigert. Ich kann nur sagen: so wie der Ausschuß jetzt konstruiert ist, hat sich die Zusammenarbeit bewährt. Die Bundesregierung würde sich allerdings eine stärkere Koordinierungsfunktion dieses Ausschusses wünschen. Aber die gesetzlichen und auch verfassungsmäßigen Gegebenheiten sind eben andere.

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Macht erst einmal das, was der Gesetzgeber vorgesehen hat!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725610900
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Jaunich.

Horst Jaunich (SPD):
Rede ID: ID0725611000
Herr Staatssekretär, habe ich Sie recht verstanden, daß es der Bundesregierung darum ginge, zunächst im politischen Bereich zu einem Übereinkommen zu kommen, die personalabhängige Kostensteigerung auf 6,5 % zu begrenzen und dann die Betroffenen nach § 7 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes zu hören und zu beteiligen?

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU]: Und sowas nennen Sie Mitbestimmung!)

Zander, Parl. Staatssekretär: Ja, das war die Absicht der Bundesregierung.

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU]: Das ist die Mitbestimmung aus der Sicht der SPD! Erst wird entschieden, dann fragt man die Leute! — Jaunich [SPD]: Das setzt doch zunächst eine Willensbildung voraus! — Prinz zu Sayn-WittgensteinHohenstein [CDU/CSU]: Wenn die Genossen nur kommandieren können, dann ist es richtig! — Zuruf von der SPD: Warum sind Sie denn so laut und so aufgeregt, Herr Kollege!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725611100
Keine Zusatzfrage. Ich rufe auf Frage 20 des Abgeordneten Dr. Hammans.
Welche Krankenhäuser in welchen Orten rechtfertigen die Aussage „Es gibt weiterhin Anzeichen für ein mancher Orts bereits bestehendes Mißverhältnis von Kosten und Nutzung durch eine extrem hohe Ausstattung mit medizinisch-technischen Einrichtungen, die einen hohen Wartungsaufwand und eine überdurchschnittliche Steigerung des Krankenhauspersonals zur Folge hatten und zu der Frage geführt haben, ob der humane Auftrag des Krankenhauses hier noch gesehen wird." im Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Drucksache 7/4530)?
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Hammans, die Bundesregierung hat sich für verpflichtet gehalten, mit diesen Ausführungen auf eine auch international zu beobachtende Tendenz zu einem immer stärker werdenden Anteil medizinischer Technik an der stationären Versorgung hinzuweisen. In der Bundesrepublik kommt dieser Trend zum Ausdruck in einem starken Anstieg der Bettenwerte in den letzten Jahren, insbesondere im Bereich der Maximalversorgung einschließlich der Universitätskliniken. Hier liegen die Steigerungsraten weit über der sich aus der Steigerung der Baukosten ergebenden Kostenentwicklung. Außerdem kann ein weit überproportionaler Anstieg des medizinisch-technischen Personals beobachtet werden. Mit dieser Entwicklung geht einher ein ebenfalls überproportionaler Anstieg der Pflegesätze in den genannten Einrichtungen der stationären Versorgung.

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Vor allen Dingen bei den klassenlosen Krankenhäusern!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725611200
Zusatzfrage.




Dr. Hugo Hammans (CDU):
Rede ID: ID0725611300
Herr Staatssekretär, wie bringen Sie die Antwort, die Sie mir persönlich am 9. Juni in der Fragestunde bezüglich der betroffenen Industrie gegeben haben, die sich mit der Herstellung dieser Gegenstände beschäftigt, mit Ihrer heutigen Antwort in Einklang?
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Hammans, wenn ich mich richtig erinnere — Sie werden das sicher nachgelesen haben; ich kann das jetzt in der Kürze nicht , bezog sich Ihre seinerzeitige Frage auf die Folgen des Haushaltsstrukturgesetzes, das heißt auf den Neubautitel nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz. Hier konnte ich Ihnen sagen -- was die Tatsache ist —, daß im Jahre 1976 die Mittel für Krankenhausneubauten gegenüber 1975 gestiegen sind und nicht gesenkt wurden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725611400
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein.

Prinz Botho zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (CDU):
Rede ID: ID0725611500
Könnte mit der von Kollegen Hammans zitierten Äußerung das klassenlose Krankenhaus des ehemaligen Landrats Woytal gemeint sein?
Zander, Parl. Staatssekretär: Ich glaube, das zunehmende Vordringen medizintechnischer Geräte im Krankenhaus ist unabhängig von der inneren Verfassung des Krankenhauses und sicher auch unabhängig von der Trägerschaft.

(Beifall bei der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725611600
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Stahl.

Erwin Stahl (SPD):
Rede ID: ID0725611700
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, wie es möglich ist, daß der Kollege Hammans diese Frage in dieser negativen Form eingebracht hat, obwohl er selbst auf Veranstaltungen, die ich mitgemacht habe, bekundet, daß es sehr notwendig ist, die Krankenhauskosten laufend zu überprüfen, natürlich auch im Bereich der medizinischen Investitionen?
Zander, Parl. Staatssekretär: Wie es möglich ist, daß ein Abgeordneter Fragen einbringt, kann ich leider nicht beantworten; sicher nach der Geschäftsordnung des Bundestages.

(Heiterkeit — Beifall bei der CDU/CSU — Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU]: Volles Verständnis!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725611800
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe auf Frage 21 des Herrn Abgeordneten Dr. Hammans.
Wie beurteilt die Bundesregierung die Gefahr des Verlustes von Ausbildungsplätzen an Krankenpflegeschulen nach dem 31. Dezember 1981?
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Hammans, die Bundesregierung geht davon aus, daß mit der Verlängerung der Übergangsfrist bis zum Jahre 1981 die Länder ausreichend Gelegenheit haben, die notwendige Umstellung der Finanzierung vorzunehmen.

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU]: Wer war denn für die Verlängerung?)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725611900
Eine Zusatzfrage.

Dr. Hugo Hammans (CDU):
Rede ID: ID0725612000
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die Schwierigkeiten, die sich insbesondere im Hinblick auf die Finanzierung der Kultusminister-Haushalte ergeben?
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wir sprechen von einem Zustand, der nach 1981 eintreten wird; denn wie Sie wissen, ist ja die Übergangsfrist, die ursprünglich bis zum 1. Januar 1979 begrenzt war, durch das Haushaltsstrukturgesetz bis 1981 verlängert worden. Ich muß Ihnen ganz offen sagen: Die Prognosefähigkeit der Bundesregierung, was im Jahr 1981 in einem Bereich sein wird, der nicht in die Kompetenz der Bundesregierung fällt, reicht nicht so weit, um das vorhersagen zu können.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725612100
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Egert.

Jürgen Egert (SPD):
Rede ID: ID0725612200
Herr Staatssekretär, können Sie mir bestätigen, daß von Anbeginn an daran gedacht war, im Krankenhausfinanzierungsgesetz diese Umstellung der Finanzierung der Ausbildung in den Krankenpflegeschulen zu regeln?
Zander, Parl. Staatssekretär: Es ist ohne jeden Zweifel so, daß nach unserer Verfassung hier die Zuständigkeit der Bundesländer gegeben ist. Weil das so ist, ist bei den seinerzeitigen Beratungen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes eine Übergangsregelung gefunden worden, die die Finanzierung über den Pflegesatz erlaubt. Hier sind aber eindeutig die Bundesländer zuständig.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725612300
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hauck.

Rudolf Hauck (SPD):
Rede ID: ID0725612400
Herr Staatssekretär, können Sie sich vorstellen, daß Bundesländer die von ihnen übernommenen Aufgaben, die in ihre Zuständigkeit fallen, nicht erfüllen werden?
Zander, Parl. Staatssekretär: Ich kann mir das nicht vorstellen, Herr Abgeordneter.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725612500
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jaunich.

Horst Jaunich (SPD):
Rede ID: ID0725612600
Herr Staatssekretär, können Sie uns über die Höhe der Kosten Auskunft geben, die — zumal für die Krankenversicherer — entstün-
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1 Juli 1976 18375
Jaunich
den, wenn diese Kostenlast nicht, wie vorgesehen, im Jahre 1981 auf die öffentliche Hand, sprich: auf die Kultus-Haushalte überginge?
Zander, Parl. Staatssekretär: Wir haben diese Zahlen ermittelt, Herr Kollege, weil sie bei der vorn Bundesrat gewünschten Verlängerung der Übergangsfrist, die ja bis 1985 vorgesehen war, natürlich eine Rolle spielten. Die Ermittlungen haben seinerzeit, d. h. im letzten Jahr, Kosten von etwa 200 Millionen DM pro Jahr ergeben.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725612700
Keine weitere Zusatzfrage? — Ich rufe die Frage 22 des Herrn Abgeordneten Köster auf:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß das Krankenhausfinanzierungsgesetz in seiner derzeit gültigen Fassung geeignet ist, die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser zu erreichen, eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten und sozial tragbare Pflegesätze sicherzustellen, und, wenn nein, welche Folgerungen wird sie daraus ziehen?
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Köster, nach Auffassung der Bundesregierung ist die bedrohliche Situation der Krankenhäuser, die durch jahrzehntelange Untätigkeit entstanden war und zu einem jährlichen Defizit von einer Milliarde DM geführt hatte, durch das Krankenhausfinanzierungsgesetz grundlegend geändert worden. Die Gefahr eines Zusammenbruchs unserer Krankenversorgung infolge ständiger und zunehmend unzureichender Finanzierung konnte beseitigt werden.
Das Krankenhausfinanzierungsgesetz hat mit der Krankenhausbedarfsplanung und der Festsetzung der Pflegesätze durch die Länder auf der Grundlage der Bundespflegesatzverordnung auch die Instrumente geschaffen, mit der die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhäusern gewährleistet und der Beitrag zu sozial tragbaren Pflegesätzen geleistet werden kann. Nachdem die dringlichsten Aufgaben der wirtschaftlichen Sicherung geleistet worden sind, liegt nach Auffassung der Bundesregierung der Schwerpunkt der jetzt anstehenden Maßnahmen auf der Kostendämpfung sowie der Umstrukturierung der Krankenhausversorgung mit dem Ziel eines bedarfsgerecht gegliederten Systems leistungsfähiger Krankenhäuser. Das muß auch den Abbau nicht bedarfsgerechter, d. h. nicht mehr benötigter Krankenhauskapazitäten einschließen.
Die Bundesregierung hat zahlreiche Initiativen eingeleitet, um die für die Krankenhausbedarfsplanung zuständigen Länder bei der Erfüllung dieser Aufgaben zu unterstützen. Zur Erfüllung des Auftrags des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, einen Beitrag zu sozial tragbaren Pflegesätzen zu leisten, hält es die Bundesregierung für notwendig, daß die im Krankenhausfinanzierungsgesetz und in der Bundespflegesatzverordnung verankerten Möglichkeiten zur Kostendämpfung im Krankenhaus in vollem Umfang ausgeschöpft werden. Auch hier wird die Bundesregierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten die zur Durchführung der Bundespflegesatzverordnung zuständigen Länder unterstützen.
Im übrigen ist zum Gegenstand Ihrer Frage in dem Bericht über die Auswirkungen des KHG ausführlich Stellung genommen worden. Ich darf hierzu auf die Seiten 9 bis 11 des Berichtes verweisen. Wie auch im Bericht dargelegt, wird die Bundesregierung prüfen, ob und in welchem Rahmen Gesetzesänderungen notwendig sind, falls die bisherigen Maßnahmen und Möglichkeiten zur Kostendämpfung nicht ausreichen.

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU]: Das ist keine Fragestunde, sondern eine Vorlesungsstunde!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725612800
Eine Zusatzfrage.

Gottfried Köster (CDU):
Rede ID: ID0725612900
Herr Staatssekretär, halten Sie es für möglich, auch nach 1977 tragbare Pflegesätze zu gewährleisten?
Zander, Parl. Staatssekretär: Ich kann hier nur wiederholen, was ich vorhin schon gesagt habe, daß gegenüber dem bisherigen exorbitanten Anstieg der Pflegekosten ganz eindeutig durch die Entwicklung im Jahre 1975 und die zu erwartende Entwicklung im Jahre 1976 eine Trendwende eingetreten ist. Ich nehme an, daß die Kostenentwicklung durch den Einsatz der Instrumentarien weiter gebremst werden kann. Wenn diese Instrumentarien, wie vom Gesetzgeber vorgesehen, stufenweise ausgebaut werden, so wird das Ziel, das Sie genannt haben, erreicht werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725613000
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hammans.

Dr. Hugo Hammans (CDU):
Rede ID: ID0725613100
Herr Staatssekretär, sind Sie vor allem im Hinblick auf den ersten Teil Ihrer Antwort bereit, die Bemerkung entgegenzunehmen, daß alle Bundesländer auch vor Inkrafttreten des Krankenhausfinanzierungsgesetzes mit großem Erfolg in puncto Krankenhausneubauten erhebliche Anstrengungen unternommen haben?
Zander, Parl. Staatssekretär: Ich kann dies nicht so sehen. Natürlich haben die Länder große Anstrengungen unternommen; aber die Lage vor Inkrafttreten dieses Gesetzes war die, die ich geschildert habe: Substanzverluste, jährlich eine Milliarde DM Defizit, Krankenhausbetten auf den Fluren, überfüllte Krankenhäuser und eine nicht ausreichende Zahl von Neubauten.

(Beifall bei der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725613200
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jaunich.

Horst Jaunich (SPD):
Rede ID: ID0725613300
Herr Staatssekretär, halten Sie es für zutreffend, daß ein Teil dieser exorbitanten Kostensteigerungen der letzten Jahre eben auf das Aufholen dieser Substanzverluste zurückzuführen ist, also in etwa als sogenannter Nachholbedarf angesehen werden müßte?



Zander, Parl. Staatssekretär: Ich bin dieser Meinung, Herr Abgeordneter Jaunich; aber ich möchte das nicht nur auf den investiven Teil beschränken, sondern ich möchte das auf einen Nachholbedarf des im Krankenhaus tätigen Personals ausdehnen.

(Beifall bei der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725613400
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Köster.

Gottfried Köster (CDU):
Rede ID: ID0725613500
Herr Staatssekretär, glauben Sie, daß eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Krankenhäusern auch in Zukunft immer eine Bettenzahl erforderlich macht, die größer als 100 ist?
Zander, Parl. Staatssekretär: Dies kann ich im einzelnen nicht beurteilen. Ich muß noch einmal darauf hinweisen, daß für die Bedarfsplanung in diesem Bereich die Bundesländer zuständig sind und daß die Bundesregierung hier nur die Möglichkeit hat, zu vereinheitlichen. Ich möchte dazu keine Prognose abgeben.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725613600
Ich rufe die Frage 23 des Herrn Abgeordneten Köster auf:
Ist die Bundesregierung der Meinung, daß die Bestimmung des Artikels 34 des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur bestehende Rechtsansprüche der Krankenhausträger in Frage stellt, und wenn ja, ist dies bei der Vorbereitung des Gesetzes bedacht worden?
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Köster, die Bundesregierung ist nicht der Meinung, Art. 34 des Haushaltsstrukturgesetzes betrifft das Rechtsverhältnis zwischen Bund und Ländern. Nach Auffassung der Bundesregierung werden daher durch diese Vorschrift bestehende Rechtsansprüche der Krankenhausträger, die sich nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz ausschließlich gegen die Länder richten, nicht in Frage gestellt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725613700
Eine Zusatzfrage.

Gottfried Köster (CDU):
Rede ID: ID0725613800
Herr Staatssekretär, befürchten Sie nicht, daß Zahlungsverzögerungen und dadurch entstehende Zwischenfinanzierungskosten schließlich auf die Krankenhausbenutzer abgewälzt werden?
Zander, Parl. Staatssekretär: Ich kann überhaupt keine Anzeichen für so etwas erkennen. Das Haushaltsstrukturgesetz hat festgelegt, daß, beginnend mit dem Jahre 1977, die Neubaumittel für Krankenhäuser gestreckt werden, und dies entspricht auch der Reduzierung der Krankenhausbedarfsplanung, die die Länder jetzt auf Grund einer anderen Bevölkerungsentwicklung, auf Grund geänderter Verweildauer im Krankenhaus vornehmen. Hier ist ein Prozeß im Gange, der es nach meiner Überzeugung rechtfertigt, die Mittel für Neubauten im Krankenhaussektor ab 1977 zu reduzieren, wie das Gesetz es vorsieht.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725613900
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 24 des Herrn Abgeordneten Braun auf:
Aus welchen Gründen hat die Bundesregierung die im Krankenhausfinanzierungsgesetz vorgesehenen und zur Durchführung des Krankenhausfinanzierungsrechts unerläßlichen Verordnungen noch nicht erlassen?
Zander, Parl. Staatssekretär: Wenn der Herr Abgeordnete Braun es gestattet, würde ich gerne beide Fragen zusammen beantworten.

Gerhard Braun (CDU):
Rede ID: ID0725614000
Einverstanden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725614100
Dann rufe ich auch die Frage 25 des Herrn Abgeordneten Braun auf:
Um welche fehlenden Verordnungen handelt es sich im einzelnen, und wie hat sich das Fehlen dieser Verordnungen auf die Anwendung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes ausgewirkt?
Zander, Parl. Staatssekretär: Erstens. Die Bundesregierung bzw. der Bundesminister für Familie, Jugend und Gesundheit haben folgende Verordnungen auf Grund des Krankenhausfinanzierungsgesetzes erlassen: die Bundespflegesatzverordnung, die Erste Verordnung zur Neufestsetzung der Bemessungsgrundlage in § 10 Abs. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, die Erste Verordnung zur Änderung der Bundespflegesatzverordnung. Die Verkündung der beiden zuletzt genannten Verordnungen im Bundesgesetzblatt ist am 30. Juni 1976 erfolgt.
Zweitens. Dem Bundesrat sind zugeleitet worden: der Entwurf einer Verordnung über die Bildung eines Beirates nach § 7 Abs. 4 des KHG, der Entwurf einer Verordnung über die durchschnittliche Nutzungsdauer und die Abgrenzung von Anlagegütern in Krankenhäusern.
Drittens. In Vorbereitung befinden sich: die Verordnung über die Rechnungs- und Buchführungspflichten der Krankenhäuser sowie die Verordnung über die Einführung der Betriebsabrechnung.
Damit sind alle nach Auffassung der Bundesregierung wesentlichen Verordnungen nach dem KHG entweder verabschiedet, dem Bundesrat zur Zustimmung zugeleitet oder in Vorbereitung. Hinsichtlich der übrigen Verordnungsermächtigungen, insbesondere § 4 Abs. 4, § 10 Abs. 3, § 27 Nr. 2 und 3 und § 28, besteht derzeit kein Regelungsbedürfnis. Die Bundesregierung wird zu gegebener Zeit prüfen, ob und in welchem Umfang diese Ermächtigungen ausgeschöpft werden müssen. Dabei wird besonderes Gewicht auch auf die kostenmäßigen Auswirkungen zusätzlicher Anforderungen an die Krankenhäuser gelegt werden müssen.
Die bisher getroffenen oder in Vorbereitung befindlichen Regelungen gehen auf jahrelange Vorarbeiten unter Beteiligung der Krankenhausträger, der Kostenträger und der zuständigen Länderbehörden zurück. Eine sachgemäße Regelung kann nur auf der Grundlage der Erfahrungen der Praxis bei der Durchführung des KHG und der Bundespflegesatzverordnung entwickelt werden. Die Bundesregierung muß auf ausgewogene Regelungen Wert legen, die von allen Beteiligten mitgetragen werden



Parl. Staatssekretär Zander
können. Auslegungsprobleme, die sich in der Anlaufphase jeder größeren Gesetzgebung ergeben, müssen daher zunächst von der Praxis hingenommen werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725614200
Zusatzfrage.

Gerhard Braun (CDU):
Rede ID: ID0725614300
Herr Staatssekretär, zunächst eine Feststellung: Die Fragestellung lautete, aus welchen Gründen die Verordnungen noch nicht erlassen sind, nicht, welche Verordnungen erlassen sind.
Aber ich darf fragen, ob der Eindruck, den Sie hier erweckt haben, richtig ist, daß praktisch nur die Bundespflegesatzverordnung erlassen worden ist, daß also in über viereinhalb Jahren, d. h. in dieser Legislaturperiode, nichts geschehen ist, um weitere Verordnungen in Kraft zu setzen. Könnte man daraus den Schluß ziehen, daß es dem Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit am notwendigen Durchsetzungsvermögen im Kabinett gefehlt hat?
Zander, Parl. Staatssekretär: Dies ist keine Frage des Durchsetzungsvermögens im Kabinett, sondern eine äußerst schwierige, mit vielen Beteiligten, mit elf Bundesländern und den Sachverständigen dort abzustimmende Verordnungstätigkeit, die in den letzten Jahren sehr viel Mühe gemacht hat. Wir alle im Ministerium hätten uns gewünscht — auch die Mitarbeiter, die mit diesen Fragen beschäftigt sind —, daß die Dinge schneller hätten vorangetrieben werden können.
Im übrigen ist Ihre Eingangsfeststellung unrichtig, daß bisher nur die Bundespflegesatzverordnung erlassen worden wäre. Ich habe Sie darauf hingewiesen, daß zwei weitere Verordnungen im Bundesgesetzblatt am 30. Juni 1976 dort verkündet worden sind.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725614400
Zusatzfrage.

Gerhard Braun (CDU):
Rede ID: ID0725614500
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß eine ganze Reihe von Krankenhäusern in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist, weil der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit einfach den Gesetzesauftrag nicht erfüllt hat, die Bemessungsgrundlage für die Instandsetzungspauschale kosten- und zeitgerecht anzupassen?
Zander, Parl. Staatssekretär: Ich kann nicht finden, daß hier nicht zeitgerecht angepaßt worden wäre. Was die Kosten angeht, so haben sogar in den Beratungen der letzten Monate die Bundesländer darauf hingewirkt, daß der mit 6,5 % pro anno, also 13 % in zwei Jahren festgesetzte Satz in seiner Höhe gegenüber dem Vorschlag der Bundesregierung gesenkt worden ist. Es war also nicht die Bundesregierung, sondern die hier in der Praxis näher am Krankenhaus stehenden Bundesländer, die einen anderen Satz für angemessen gehalten haben.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725614600
Zusatzfrage.

Gerhard Braun (CDU):
Rede ID: ID0725614700
Hatte die Bundesregierung in den letzten Jahren laufend Kontakt mit den Vertretern der Krankenhausträger und insbesondere auch mit den Vertetern der Verwaltungsleiter der Krankenhäuser, um von den Praktikern zu erfahren, wie sich das Fehlen der Verordnungen in den vergangenen Jahren ausgewirkt hat?
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Braun, ob auch mit den Verwaltungsleitern der Krankenhäuser, kann ich im Augenblick nicht beantworten. Ich glaube, es ist auch nicht Aufgabe der Bundesregierung, diesen Kontakt herzustellen. Hier sind die Länder diejenigen, die die konkreten Erfahrungen aus ihrem Zuständigkeitsbereich in den Ausschuß nach § 7 einbringen müssen. Im übrigen ist etwa ein Partner wie die Deutsche Krankenhausgesellschaft in einer Fülle von Einzelfragen schriftlich und mündlich angehört worden. Ich kann nicht sehen, daß hier ein Defizit an Beteiligung der Betroffenen auf der Ebene, auf der die Bundesregierung sinnvollerweise solche Anhörungen und Beteiligungen durchführt, entstanden sein könnte.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725614800
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hauck.

Rudolf Hauck (SPD):
Rede ID: ID0725614900
Herr Staatssekretär, hat irgendein Bundesland ähnliche Klagen erhoben, wie sie der Abgeordnete Braun eben dargelegt hat?
Zander, Parl. Staatssekretär: Ich kenne aus den mir zugänglichen Niederschriften über die Sitzungen keine derartigen Klagen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725615000
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein.

Prinz Botho zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (CDU):
Rede ID: ID0725615100
Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich dann die Feststellungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft, daß die Nichtbeteiligung der Betroffenen bei dem Erlaß der Verordnungen eindeutig gegen das Gesetz verstößt?
Zander, Parl. Staatssekretär: Ich kann hier nur sagen, daß der Ausschuß nach § 7 und die Bundesregierung sich bei ihren Entscheidungen bemüht haben, die Beteiligten ausführlich zu Wort kommen zu lassen und anzuhören. Daß einer der Beteiligten, nämlich die Deutsche Krankenhausgesellschaft — wie ich zugeben muß, ein sehr wesentlich Beteiligter — eine noch intensivere Beratung gewünscht hätte, kann ich verstehen. Ich glaube aber, daß hier nach den Notwendigkeiten, wie sie sich aus der Sache ergeben, alle Beteiligten ausreichend gehört worden sind.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725615200
Noch eine Zusatzfrage.




(CDU/ CSU)

Zander, Parl. Staatssekretär: Es war bisher nach § 7 notwendig, eine Reihe konkreter praktischer Verwaltungsfragen, Erlasse und Verordnungen vorzubereiten. Im übrigen wird der Beirat, wie Sie wissen, mit Zustimmung des Bundesrates gebildet. Die Verordnung über die Bildung ist, wie ich soeben Herrn Abgeordneten Braun mitteilen konnte, dem Bundesrat zugeleitet worden.

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Nach fünf Jahren, ja!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725615300
Keine weitere Zusatzfrage? — Dann rufe ich die Frage 26 der Frau Abgeordneten Neumeister auf:
Sieht die Bundesregierung in den vom Deutschen Ärztetag bereits 1972 in Westerland vorgeschlagenen modernen partnerschaftlichen Strukturen für den krankenhausärztlichen Dienst einen langfristigen Beitrag zur Kostendämpfung im Krankenhauswesen, und wenn ja, welche Folgerungen wird sie daraus ziehen?
Zander, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin Dr. Neumeister, die Bundesregierung verfolgt mit Interesse alle Vorschläge zur Kostendämpfung im Krankenhausbereich, darunter auch die von Ihnen erwähnten Vorschläge des Deutschen Ärztetages von 1972. Wie bereits im Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes in Abschnitt 6 auf Seite 41 dargelegt wurde, sollen auch diese Vorschläge in die Untersuchung über einen Wirtschaftlichkeitsvergleich der verschiedenen Formen der ambulanten und der stationären Versorgung mit einbezogen werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725615400
Zusatzfrage.

Dr. Hanna Neumeister (CDU):
Rede ID: ID0725615500
Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen der Einführung der partnerschaftlichen Strukturen für den krankenhausärztlichen Dienst und einer entsprechenden kostensparenden Verkürzung der Verweildauer, und wird sie sich deswegen diesen Vorstellungen gegenüber positiv verhalten?
Zander, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin Dr. Neumeister, es laufen Modellversuche in einzelnen Kliniken. Aber die Modellversuche sind noch nicht so weit, daß über die kostenmäßige Auswirkung -
danach erkundigten Sie sich ja — schon ein abschließendes Urteil möglich wäre.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725615600
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Hanna Neumeister (CDU):
Rede ID: ID0725615700
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, wie viele Modelle und wo diese laufen?
Zander, Parl. Staatssekretär: Das kann ich Ihnen im Augenblick konkret nicht sagen. Ich bin aber gern bereit, es Ihnen schriftlich mitzuteilen, wenn Sie damit einverstanden sind.

(Frau Dr. Neumeister [CDU/CSU] : Danke schön, ja!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725615800
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hauck.

Rudolf Hauck (SPD):
Rede ID: ID0725615900
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung auch die Überlegungen des Marburger Bundes, die in den Saarbrücker Entschließungen festgelegt sind, bei diesen Modellvorhaben berücksichtigen?
Zander, Parl. Staatssekretär: Ich habe vorhin in der Antwort auf die Frage von Frau Dr. Neumeister gesagt: Alle Vorschläge werden berücksichtigt und auf ihre kostenmäßigen Auswirkungen hin untersucht.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725616000
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 27 der Frau Abgeordneten Neumeister auf:
Welche Möglichkeiten will die Bundesregierung nutzen, um gegebenenfalls auch über das Krankenhausfinanzierungsgesetz und die Bundespflegesatzverordnung die Verwirklichung moderner innerer Krankenhausstrukturen, die dem Fortschritt der Medizin entsprechen, zu fördern?
Zander, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin Dr. Neumeister, die Verwirklichung moderner innerer Krankenhausstrukturen ist nach Auffassung der Bundesregierung in erster Linie eine Aufgabe der Krankenhausträger und, soweit staatliche Maßnahmen in Betracht kommen, der Länder. Die Bundesregierung ist im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser bereit, geeignete Forschungsvorhaben und Modelle in Zusammenarbeit mit den Ländern zu unterstützen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725616100
Zusatzfrage.

Dr. Hanna Neumeister (CDU):
Rede ID: ID0725616200
Herr Staatssekretär, hält die Bundesregierung die partnerschaftlichen Strukturen nicht für ein besseres Mittel zur Limitierung der Kosten im Krankenhaus als z. B. die pauschale Verringerung der Kosten um 6 1/2 %, wie sie jetzt vorgeschlagen wurde?
Zander, Parl. Staatssekretär: Da die diesbezüglichen Modellvorhaben im Hinblick auf ihre kostenmäßige Konsequenz und Auswirkung bisher noch kein abschließendes Ergebnis erbracht haben, Frau Kollegin Dr. Neumeister, kann ich hier schlecht ein Urteil über verschiedene in der Erprobung befindliche alternative Vorschläge abgeben. Aber diese Dinge einschließlich der besonders wichtigen kostenmäßigen Auswirkungen werden gründlich untersucht. Denn erst wird der Zeitpunkt gekommen sein, wiederum gemeinsam mit den Bundesländern darüber zu entscheiden, ob sich aus dieser Unter-



Parl. Staatssekretär Zander
Buchung Konsequenzen für die Bundespflegesatzverordnung oder das Krankenhausfinanzierungsgesetz ergeben oder ob schon nach geltendem Recht die Möglichkeit besteht, bestimmte Formen intensiver zu nutzen, um zu Kostensenkungen zu kommen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725616300
Zweite Zusatzfrage.

Dr. Hanna Neumeister (CDU):
Rede ID: ID0725616400
Herr Staatssekretär, würden Sie mir nicht zustimmen, wenn ich sage, daß Strukturveränderungen im Krankenhaus, wenn sie zu einer Kostenersparnis führen, grundsätzlich eine liberalere und letzten Endes auch wirtschaftlichere Maßnahme darstellen würden als die jetzt vom Bundesministerium vorgeschlagene Kostenbegrenzung?
Zander, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin Dr. Neumeister, es gibt natürlich alternative, teilweise einander ausschließende Vorschläge zur inneren Struktur. Entscheidend ist: Ehe ein Urteil abgegeben wird — ich widerstehe allen Versuchungen, hier eines abzugeben —, muß wirklich erprobt werden, welche Methoden bei bestimmten Krankenhäusern bestimmter Größe und in bestimmten Gebieten die besten Ergebnisse in ihrer kostenmäßigen Auswirkung, aber auch für die Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit des betreffenden Krankenhauses
denn diese wollen wir alle nicht tangieren — erbringen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725616500
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Egert.

Jürgen Egert (SPD):
Rede ID: ID0725616600
Herr Staatssekretär, auf dem Hintergrund der Zusatzfragen der Kollegin Neumeister und Ihrer Antworten darauf möchte ich Sie fragen, ob Sie sich vorstellen können, daß man auf verschiedenen Wegen zum gleichen Ziel kommen kann.
Zander, Parl. Staatssekretär: Dies kann ich mir durchaus vorstellen. Das ist eine allgemeine Lebenserfahrung, Herr Kollege.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725616700
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein.
Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (CDU' CSU) : Herr Staatssekretär, ist Ihnen nicht bekannt, daß Strukturen in den Krankenhäusern auch durch Bundesgesetze — z. B. die Approbationsordnung —, für die und deren Änderung ausschließlich die Bundesregierung zuständig ist, festgeschrieben werden?
Zander, Parl. Staatssekretär: Nein. Ich sehe, was die innere Struktur von Krankenhäusern angeht, zur Zeit einen breiten Raum für Möglichkeiten, andere Formen zu erproben. Allerdings gibt es durchaus einen mittelbaren Zusammenhang, auch durch Bundesgesetze; das räume ich Ihnen gerne ein, Herr Kollege.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725616800
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Köster.

Gottfried Köster (CDU):
Rede ID: ID0725616900
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die Vorschrift dieses Gesetzes, daß Krankenhäuser mit unter 100 Betten nicht mehr bezuschußt werden dürfen, in ihrer Auswirkung auf die Krankenhauspläne der Länder?
Zander, Parl. Staatssekretär: Ich kann davon ausgehen und mich darauf stützen, daß hier auch die Erfahrungen der Länder herangezogen worden sind. Alle diese Entscheidungen sind ja zustimmungspflichtige Entscheidungen, die die Bundesregierung nicht träfe, ohne die Länder, die ihre eigenen Erfahrungen haben, zu konsultieren. Hier ist eine Grenze nach unten hin festgelegt worden, die für die Entwicklung im Krankenhaussektor übereinstimmend als zweckmäßig angesehen wurde.

(Köster [CDU/CSU]: Das möchte ich bezweifeln!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725617000
Keine weitere Zusatzfrage. Wir stehen damit am Ende dieses Geschäftsbereiches. Ich danke Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Zander.
Wir kommen nun zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und Bundeskanzleramtes. Zur Beantwortung der Fragen steht Frau Parlamentarischer Staatssekretär Schlei zur Verfügung.
Die Frage 68 soll auf Wunsch des Fragestellers, des Herrn Abgeordneten Dr. Dollinger, schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 69 des Herrn Abgeordneten Straßmeir auf:
Treffen Pressemeldungen zu, wonach der Bundeskanzler anläßlich einer Sitzung der SPD-Fraktion am 22. Juni 1976 in Berlin erklärt haben soll, daß weitere Bundesbehörden nicht in Berlin errichtet werden sollen?

Marie Schlei (SPD):
Rede ID: ID0725617100
Herr Kollege Straßmeir, solche Pressemeldungen treffen nicht zu. Weder die Ausführungen des Bundeskanzlers vor der SPD-Fraktion noch der Pressedienst unserer Fraktion geben eine Grundlage für eine derartige Feststellung.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725617200
Eine Zusatzfrage.

Günter Straßmeir (CDU):
Rede ID: ID0725617300
Frau Staatssekretärin, wenn die Ausführungen des Bundeskanzlers über die Schädlichkeit zusätzlicher Messingschilder nicht gefallen sind, andererseits aber auch nicht dementiert worden sind: Glauben Sie auch, daß dieses schädliche Wort nicht unwidersprochen stehenbleiben dürfte?
Frau Schlei, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das sehen wir ganz anders. Mit der Bemerkung betreffend Messingschilder für viele kleine Häuser ist nicht gemeint, daß Bundesbehörden nicht auch in Zukunft nach Berlin verlegt werden können.




Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725617400
Eine zweite Zusatzfrage.

Günter Straßmeir (CDU):
Rede ID: ID0725617500
Frau Staatssekretärin, was hat die Bundesregierung bewogen, sich mit der Auffassung, daß zusätzliche Messingschilder die wirtschaftliche Vitalisierung der Stadt stören würden, die sowjetrussische Alternative zur Berlin-Politik zu eigen zu machen, wonach es heißt: entweder mehr Bundesbehörden oder Ruhe für die Wirtschaft?
Frau Schlei, Parl. Staatssekretär: Ich weise das, was Sie sagen, zurück. Mit dieser Ausführung über die Messingschilder ist lediglich auf die Tatsache hingewiesen worden, daß die Wirtschaft bei ihren Investitionsentscheidungen sehr empfindlich auf unverhältnismäßige politische Auseinandersetzungen reagiert. Das müßten Sie als Berliner eigentlich auch wissen, Herr Kollege.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725617600
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Jäger (Wangen).

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0725617700
Frau Staatssekretärin, da es offensichtlich über den Inhalt der Äußerungen des Bundeskanzlers hier verschiedene Meinungen gibt, möchte ich Sie fragen: Sind Sie in der Lage, uns den Text der wichtigen Stelle, um die es sich hier handelt, bekanntzugeben, damit wir von einer gesicherten Basis ausgehen können?
Frau Schlei, Parl. Staatssekretär: Ja, das ist sehr leicht. Die Fraktionen bedienen sich gegenseitig mit ihren Verlautbarungen. So kann ich Ihnen auch die Informationen unserer Fraktion im „Tagesdienst" mit der Nummer 613 gern zur Verfügung stellen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725617800
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Kunz.

Gerhard Kunz (CDU):
Rede ID: ID0725617900
Frau Staatssekretärin, könnte es sein, daß die Wirtschaft insbesondere dann empfindlich reagiert, wenn der Eindruck entsteht, daß die Bundespräsenz, die Anwesenheit des Bundes in Berlin künftig nicht mehr so fest gehandhabt wird, wie das bisher der Fall war?
Frau Schlei, Parl. Staatssekretär: Ich denke, da agieren eigentlich alle Fraktionen recht zielgerichtet und tun das, was notwendig ist.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725618000
Keine Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 70 des Herrn Abgeordneten Kunz (Berlin) auf:
Sieht die Bundesregierung gegebenenfalls nicht die Gefahr, deß die Worte des Bundeskanzlers als Verzicht auf unseren grundsätzlichen Anspruch nach dem Viermächteabkommen, Behörden des Bundes auch in Berlin zu errichten, von der Sowjetunion mißdeutet werden könnten?
Frau Schlei, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, d 1 für Ihre auf ein „gegebenenfalls" ausgerichtete Frage nichts gegeben ist, kann ich Ihnen lediglich bestätigen, daß der Bundeskanzler und natürlich auch die
Bundesregierung nie einen Zweifel daran gelassen haben, daß sie — und dies in voller Übereinstimmung mit den drei Schutzmächten — den Standpunkt vertreten: Die Ansiedlung von Bundesbehörden in Berlin widerspricht dem Viermächteabkommen nicht.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725618100
Zusatzfrage.

Gerhard Kunz (CDU):
Rede ID: ID0725618200
Frau Staatssekretärin, würden Sie die Auffassung teilen, daß die Worte des Herrn Bundeskanzlers über die Messingschilder in Kontinuität mit den Worten von Herrn Wehner stehen, wonach das Berlin-Abkommen nicht überzogen werden dürfe, und in Kontinuität mit den Worten des Bundeskanzlers in Helsinki stehen, wonach keine Streitfälle über Berlin in die Welt gesetzt werden sollten?
Frau Schlei, Parl. Staatssekretär: Keine unnötigen Streitfälle, Herr Kollege. Sonst ist Kontinuität selbstverständlich ein Merkmal unserer Politik.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725618300
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kunz.

Gerhard Kunz (CDU):
Rede ID: ID0725618400
Frau Staatssekretärin, wie will die Bundesregierung sicherstellen, daß das sensible Instrument des Viermächteabkommens über Berlin nicht durch Äußerungen der genannten Art in eine Bahn gerät, wonach letzten Endes nur die willkürliche sowjetische Auslegung übrigbleiben könnte?
Frau Schlei, Parl. Staatssekretär: Sie unterstellen etwas. Außerdem können Sie heute gegen Abend sicherlich die neuerliche Erklärung der Bundesregierung zur Kenntnis nehmen, die als Antwort auf die TASS-Erklärung in Moskau ausgefertigt und heute veröffentlicht wird. Darin wird noch einmal festgehalten, wie unsere Politik auch in Zukunft den Viermächtevereinbarungen angemessen geführt wird.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725618500
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Straßmeir.

Günter Straßmeir (CDU):
Rede ID: ID0725618600
Frau Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß die schädlichen Ausführungen des Bundeskanzlers in Berlin mit großer Bitterkeit aufgenommen worden sind?
Frau Schlei, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es könnte sein, daß in Pressemeldungen falsche Formulierungen auftauchen und hierdurch Mißverständnisse entstehen. Ich habe noch einmal sehr gründlich das Wortprotokoll der Fraktionssitzung gelesen. Darin ist nichts zu erkennen, was als negativ für die Statusbezogenheit Berlins und die Fördertätigkeit des Bundes für Berlin ausgelegt werden könnte.

(Dr. Arndt [Hamburg] [SPD] : Es gibt gar keine schädlichen Äußerungen!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725618700
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Jäger (Wangen).




Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0725618800
Frau Staatssekretärin, haben Sie irgendeine Erklärung dafür, daß entgegen dem, was Sie uns hier heute gesagt haben, der Regierende Bürgermeister von Berlin gestern vor dem Innerdeutschen Ausschuß erklärt hat, bei der Messingschilder-Äußerung des Bundeskanzlers handele es sich überhaupt nicht um Behörden, sondern allenfalls um die Sitze von Scheinfirmen, die er, etwa im Zusammenhang mit dem neuen Körperschaftsteuergesetz, nicht in Berlin haben wolle?
Frau Schlei, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, auch das steckt darin; denn dieses Thema war ja im Gespräch über Steuerpräferenzen für Berlin entstanden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725618900
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Freiherr von Fircks.

Freiherr Otto von Fircks (CDU):
Rede ID: ID0725619000
Frau Staatssekretärin, können Sie uns erklären, wie es möglich war, daß offensichtlich sämtliche Zeitungskorrespondenten den Bundeskanzler in gleicher Weise mißverstanden haben? Denn die fraglichen Ausführungen waren in allen Berliner Zeitungen im gleichen Wortlaut wiedergegeben.

(Mattick [SPD] : In allen Springer-Zeitungen!)

Frau Schlei, Parl. Staatssekretär: Vielleicht hat jemand eine Nachricht gemacht, die andere übernommen haben. Herr Kollege, in der Fraktionssitzung können jedenfalls keine Kollegen der Berliner Presse gewesen sein; sonst wäre es zu einer solchen Verlautbarung nicht gekommen.

(Beifall bei der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725619100
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Fragen 71 bis 73 der Abgeordneten Vogel (Ennepetal) und Niegel sollen auf Bitte der Fragesteller schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich bedanke mich bei Ihnen, Frau Staatssekretär.
Wir kommen nunmehr zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes. Zur Beantwortung Herr Staatsminister Moersch.
Ich rufe die Frage 74 des Herrn Abgeordneten Milz auf. Der Fragesteller wünscht schriftliche Beantwortung. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Frage 75 ist zurückgezogen.
Ich rufe die Frage 76 des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka auf:
Welche Schritte gedenkt die Bundesregierung unter Bezug auf das Protokoll über die Aussiedlung vom 9. Oktober 1975 gegen-
über der polnischen Regierung zu tun, wenn Aussiedler zwar die Ausreisegenehmigung erhalten, diese aber die Ausreise nicht antreten können, weil sich der polnische Staat weigert, landwirtschaftlichen Besitz zu übernehmen, und eine Veräußerung an Privateigentümer nicht möglich ist?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0725619200
Herr Abgeordneter, Fälle, in denen Aussiedlern zwar die Ausreisegenehmigung erteilt wurde, diese die Ausreise aber sodann nicht antreten konnten, weil der polnische Staat sich weigerte, landwirtschaftlichen Besitz zu übernehmen, und eine Veräußerung an Privateigentümer nicht möglich ist, sind der Bundesregierung bisher nicht bekanntgeworden. Die Bundesregierung ist selbstverständlich jederzeit gern bereit, etwa bekanntwerdende Fälle zu prüfen.
Im übrigen möchte ich hier wiederholen, daß die Bundesregierung bei der polnischen Regierung vorstellig werden wird, wenn ihr Fälle von Diskriminierungen gegenüber Ausreisebewerbern bekanntwerden, wie das schon bisher von der Bundesregierung gehandhabt wurde.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725619300
Eine Zusatzfrage.

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0725619400
Herr Staatsminister, verschafft sich die Bundesregierung keinen Überblick über Aussagen von hier eintreffenden Spätaussiedlern, was um so erstaunlicher ist, als ja die Bundesregierung durch eine Bundesbehörde in Friedland vertreten ist; und diese Aussagen, die ich in die Frage gekleidet habe, kommen von Spätaussiedlern, die jetzt hier eingetroffen sind.
Moersch, Staatsminister: Herr Abgeordneter, ich habe jedenfalls keine konkrete Information dieser Art. Natürlich wird die Bundesregierung laufend unterrichtet. Aber mich erstaunt, daß hier offensichtlich gegensätzliche Auffassungen über diese Informationen bestehen; oder man kann vielleicht auch sagen, es erstaunt nicht?

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725619500
Zweite Zusatzfrage.

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0725619600
Herr Staatsminister, wäre die Bundesregierung bereit, zu intervenieren, wenn
das auch noch einmal in schriftlicher Form als Aussage von Aussiedlungswilligen erführe?
Moersch, Staatsminister: Herr Abgeordneter, das habe ich eben gesagt. Wenn präzise Angaben gemacht werden, ist die Bundesregierung schon bisher bereit gewesen, im Sinne dessen vorstellig zu werden, was ich eben gesagt habe, und sie wird das auch künftig tun. Sie hat das in früheren Fällen dort, wo ein fixierter Anhaltspunkt vorhanden war, auch getan, aber nicht auf allgemeine Bekundungen hin. Da kann man nicht intervenieren.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725619700
Eine Zusatzfrage? - Bitte schön, Herr Abgeordneter Wittmann.

Dr. Fritz Wittmann (CSU):
Rede ID: ID0725619800
Herr Staatsminister, wäre die Bundesregierung bereit, zu intervenieren, wenn auf Grund von Mitteilungen hier eingetroffener Spätaussiedler klar wird, daß es solche Fälle geben könnte, und die polnische Regierung allgemein darauf hinzuweisen, daß sie sich dieseln Problem widmen sollte?



Moersch, Staatsminister: Herr Abgeordneter, dann, wenn ein Fall im Indikativ vorliegt, ist er justiziabel; wenn er im Konditional vorliegt, kann man nicht vorgehen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725619900
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Fragen 77 und 78 bittet der Fragesteller, der Abgeordnete Krall, schriftlich zu beantworten. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 79 des Herrn Abgeordneten Dr. Wittmann (München) auf:
Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen Aussiedler aus dem polnischen Verwaltungs- und Staatsgebiet nach jahrelangen Bemühungen die Ausreisegenehmigung erst dann erhalten, wenn sie nach Aufforderung durch die polnischen Behörden ihre Volkszugehörigkeit mit „polnisch" angeben und einen polnischen Reisepaß ohne Entlassung aus der Staatsangehörigkeit mit der Aufforderung erhalten, diesen in einen „Konsularpaß" nach Eintreffen in der Bundesrepublik Deutschland umzuwandeln?
Moersch, Staatsminister: Es ist der Bundesregierung bekannt, daß Aussiedler aus der Volksrepublik Polen in vielen Fällen die Ausreisegenehmigung sowie einen polnischen Reisepaß erst erhalten haben, nachdem sie polnischen Behörden gegenüber ihre Volkszugehörigkeit mit „polnisch" angegeben haben, und es ist auch bekannt, daß sich in dem Reisepaß der Vermerk befindet — ich zitiere —:
nach Eintreffen in der Bundesrepublik Deutschland ist dieser Reisepaß gegen einen polnischen Konsularpaß umzutauschen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725620000
Zusatzfrage.

Dr. Fritz Wittmann (CSU):
Rede ID: ID0725620100
Herr Staatsminister, welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus diesen Vorgängen?
Moersch, Staatsminister: Herr Abgeordneter, ich habe diese Frage wiederholt hier beantwortet. Es ist nicht eine Sache der Bundesregierung, hieraus Konsequenzen zu ziehen. Dies ist eine innerpolnische Entscheidung. Wir haben uns in diesem Hause wiederholt dazu geäußert; ich darf darauf verweisen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725620200
Zweite Zusatzfrgae.

Dr. Fritz Wittmann (CSU):
Rede ID: ID0725620300
Herr Staatsminister, nimmt die Bundesregierung damit eine Doppelstaatlichkeit in Kauf mit der Folge, daß diese Menschen, die hierher in den freien Teil Deutschlands kommen, später einmal vom kommunistischen Regime in Polen wieder in Anspruch genommen werden können?
Moersch, Staatsminister: Herr Abgeordneter, ich halte diese Frage für eine nicht zutreffende Folgerung aus dem Vorgang. Es ist Ihnen bekannt —oder es sollte Ihnen jedenfalls bekannt sein, weil ich das hier inzwischen mehrfach dargestellt habe -, daß es diesen Bürgern selbstverständlich freisteht,
hier die deutsche Staatsangehörigkeit in Anspruch zu nehmen.

(Dr. Wittmann [München] [CDU/CSU]: Das war nicht meine Frage!)

— Aber wenn sie das können, stellt sich die Frage anders.

(Zuruf von der CDU/CSU: Unsinn!)

Es gibt in unserem Sinne keine Doppelstaatsangehörigkeit, wenn hier die deutsche Staatsangehörigkeit in Anspruch genommen wird.

(Zurufe von der CDU/CSU: Keine Ahnung! — Die Konsequenzen!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725620400
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hupka.

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0725620500
Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, daß nach den letzten Aufstellungen in Friedland ungefähr 13 % der Aussiedler mit derartigen polnischen Reisepässen hierher kommen und daß die polnische Regierung niemanden aus der polnischen Staatsangehörigkeit entläßt? Es genügt also nicht, hier den Paß umzutauschen.
Moersch, Staatsminister: Aber Herr Abgeordneter, unser Staatsangehörigkeitsrecht brauche ich hier nicht zu erläutern. Wenn jemand hier bei uns ist, gilt selbstverständlich unser Staatsangehörigkeitsrecht.

(Zustimmung bei der FDP und der SPD)

Im übrigen sind mir die 13 % bekannt, und ich darf darauf verweisen, daß bei der letzten Fragestellung, die hier vorlag, die Zahl noch 20 % gewesen ist. Sie ist also auf 13 % gesunken, wie Sie eben zutreffend angegeben haben.

(Zustimmung bei der FDP und der SPD — Dr. Hupka [CDU/CSU]: 25 % hat sie einmal betragen!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725620600
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Jäger (Wangen).

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0725620700
Herr Staatsminister, wie können Sie eigentlich leugnen, daß hier ein schwieriges Problem der Doppelstaaterei auftaucht, wenn eine nach unserem Recht als deutscher Staatsangehöriger geltende Person aus den deutschen Ostgebieten, die nach polnischem Recht polnische Staatsangehörige bleibt, hierher kommt? Ist es nicht so, daß diese Personen dann eben eines Tages bei Reisen nach Polen oder bei anderen Gelegenheiten vom polnischen Staat mit allen Pflichten von Staatsbürgern wieder in Anspruch genommen werden können?
Moersch, Staatsminister: Herr Abgeordneter, zum ersten habe ich hier überhaupt nichts zu leugnen und leugne auch nichts. Ich bin aber bereit, Ihnen schriftlich ein Privatissimum über Staatsangehörigkeits-
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256. Sitzung. Bonn; Donnerstag, den 1. Juli 1976 18383
Staatsminister Moersch
komplikationen in diesem Zusammenhang noch einmal zu unterbreiten.

(Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Er „moerschelt" wieder!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725620800
Eine Frage, Herr Abgeordneter Czaja.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0725620900
Herr Staatsminister, wie beurteilt die Bundesregierung diese Konsularpaßgeschichte unter dem Gesichtspunkt ihrer eigenen Verfassungspflicht gegenüber deutschen Staatsangehörigen, vor allem unter dem Gesichtspunkt der Schutzpflicht und des Ausreiseprotokolls und unter dem Gesichtspunkt, daß das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, daß für die Bundesrepublik Deutschland von Verfassung wegen alle Deutschen in den Oder-Neiße-Gebieten, die die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen, sie weiterhin besitzen?

(Dr. Arndt [Hamburg] [SPD]: Als irrelevant!)

Moersch, Staatsminister: Herr Abgeordneter, dir Bundesregierung beurteilt alle Fragen auf Grund ihrer Verpflichtung gegenüber dem Grundgesetz.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725621000
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Freiherr von Fircks.

Freiherr Otto von Fircks (CDU):
Rede ID: ID0725621100
Herr Staatsminister, sind Sie der Auffassung, daß diese Handhabung gegenüber den Aussiedlern durch den polnischen Staat den Vereinbarungen entspricht, die in Helsinki und schon seinerzeit bei der Erklärung über die Aussiedlung getroffen wurden? Ist die Bundesregierung nicht selbst enttäuscht über diese Art der Handhabung?
Moersch, Staatsminister: Herr Abgeordneter, es würde hier sicherlich zu weit führen, Ihnen den Wortlaut aller dieser Erklärungen — in Helsinki gab es ja keine Vereinbarungen — vorzutragen.

(Freiherr von Fircks [CDU/CSU] : Darum geht es nicht! Meine Frage ist eine andere!)

— Ich habe die Freiheit, die Frage zu beantworten,
so wie Sie die Freiheit haben, die Frage zu stellen.
Ich will Ihnen nur sagen: Die Bundesrepublik Deutschland hat eine Verfassung, die niemanden daran hindern kann und hindern wird und hindern soll, etwa das Bundesgebiet zu verlassen, wenn er dies wünscht. Darauf muß ich, glaube ich, in diesem Zusammenhang ebenfalls einmal hinweisen.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Es erscheint uns deshalb nicht opportun, die Frage der mit polnischen Pässen ausreisenden Aussiedler offiziell mit der polnischen Seite zu erörtern.
Im übrigen wird die Bundesregierung weiterhin hei der polnischen Regierung vorstellig werden, wenn ihr Diskriminierungen gegenüber Ausreisebewerbern bekannt werden. Darauf kommt es doch wohl an.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725621200
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Lagershausen.

Karl-Hans Lagershausen (CDU):
Rede ID: ID0725621300
Herr Staatsminister, wie glaubt die Bundesregierung es mit ihrer Schutzpflicht vereinbaren zu können, wenn diese Aussiedler später dennoch wieder vom polnischen Staat in besondere Pflichten genommen werden können?
Moersch, Staatsminister: Herr Abgeordneter, das vereinbart die Bundesregierung mit ihrer Pflicht gegenüber Art. 1 des Grundgesetzes, der die volle Menschenwürde und damit auch die Freizügigkeit garantiert.
Im übrigen hat diese Bundesregierung ihre Schutzpflicht im Gegensatz zu früheren Bundesregierungen jedenfalls voll erfüllt und entsprechend gehandelt; sonst wäre nämlich die Vereinbarung mit Polen nicht zustande gekommen, die es ja früher nicht gegeben hat, als Sie die Politik bestimmt haben.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725621400
Keine Zusatzfrage.
Die Fragen 80 und 81 des Herrn Abgeordneten Picard werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die Fragen 82 und 83 des Herrn Abgeordneten Schinzel werden schriftlich beantwortet, da der Fragesteller nicht anwesend ist. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 84 des Herrn Abgeordneten Dr. Schweitzer auf:
Welche Form und welche Trägerschaft beabsichtigt die Bundesregierung auf deutscher Seite in Vorschlag zu bringen, um die während des Besuchs des Ersten Sekretärs der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei, Gierek, in der Bundesrepublik Deutschland vereinbarten jährlichen deutsch-polnischen Konferenzen zu verwirklichen?
Moersch, Staatsminister: Die während des Gierek-Besuches vereinbarten regelmäßigen Treffen von Politikern, Wirtschaftlern und Publizisten sollen sich im Rahmen eines deutsch-polnischen Forums vollziehen. Dieses soll einmal jährlich in der Bundesrepublik Deutschland und in Polen tagen. Diese Treffen sollen von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und dem Polnischen Institut für Internationale Angelegenheiten in Warschau organisiert werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725621500
Zusatzfrage.

Prof. Dr. Carl-Christoph Schweitzer (SPD):
Rede ID: ID0725621600
Herr Staatsminister, sollte nicht auf deutscher Seite doch über die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik hinausgegangen werden, damit sichergestellt ist, daß diese vorgesehenen Konferenzen von Anfang an auf einer möglichst breiten Basis stattfinden können?
Moersch, Staatsminister: Herr Abgeordneter, wir haben eine Vereinbarung getroffen und eine bestimmte Form vorgesehen. Wenn sich herausstellen



Staatsminister Moersch
sollte, daß anderes zweckmäßiger ist, wird es selbstverständlich ebenfalls geprüft werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725621700
Keine Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 85 des Herrn Abgeordneten Dr. Schweitzer auf:
Kann und wird die Bundesregierung veranlassen, daß die Empfehlungen der deutsch-polnischen Schulbuchkonferenz im „Bulletin" der Bundesregierung oder aber im Rahmen der Wochenzeitung „Das Parlament" veröffentlicht werden, damit sich nicht nur die Fachwelt und die Kultusbehörden auf allen Ebenen in der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch weitere Schichten der Bevölkerung mit dem Inhalt dieser Empfehlungen vertraut machen können?
Moersch, Staatsminister: Herr Abgeordneter, die Empfehlungen der deutsch-polnischen Schulbuchkonferenzen werden auf deutscher Seite von unabhängigen Wissenschaftlern und Experten erarbeitet. Sie tragen die Verantwortung für die Ergebnisse der Konferenzen. Die Bundesregierung nimmt zu dem Inhalt der Empfehlungen, wie ich hier wiederholt dargestellt habe, keine Stellung. Es liegt auch nicht in ihrer Zuständigkeit, die Veröffentlichung des Textes der Empfehlungen zu veranlassen, insbesondere nicht im „Bulletin" der Bundesregierung, in dem nur amtliche Vereinbarungen dieser Art erscheinen. Die deutsch-polnische Schulbuchkommission sorgt auch selbst für die Veröffentlichung ihrer Arbeitsergebnisse.
In der Bundesrepublik Deutschland werden die Empfehlungen der Schulbuchkonferenzen durch das Georg-Eckert-Institut veröffentlicht. Die Empfehlungen der ersten deutsch-polnischen Schulbuchkonferenzen sind als Sonderdruck aus dem Internationalen Jahrbuch für Geschichts- und Geographieunterricht, Band XIII (1970/71), im Albert-Limbach-Verlag, Braunschweig, erschienen. Die weiteren Empfehlungen der deutsch-polnischen Schulbuchkonferenzen sind bisher von der deutschen UNESCO-Kommission im Oktober 1975 veröffentlicht worden. Das Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung beabsichtigt, auch diese Empfehlungen, die die Darstellung der deutsch-polnischen Beziehungen ab 1945 für den Schulunterricht in beiden Ländern betreffen, in einem Sonderdruck zu veröffentlichen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725621800
Zusatzfrage.

Prof. Dr. Carl-Christoph Schweitzer (SPD):
Rede ID: ID0725621900
Herr Staatsminister, obwohl mir natürlich bekannt ist, daß diese Empfehlungen von völlig unabhängigen Wissenschaftlern stammen, möchte ich Sie fragen, ob Sie es angesichts der von der Bundesregierung im deutsch-polnischen Kulturabkommen in dieser Frage übernommenen Verpflichtung nicht für sinnvoll halten, im Benehmen mit dem Bundesinnenministerium die Anregung aufzugreifen, die meiner Frage zugrunde liegt, im Rahmen der Wochenzeitung „Das Parlament" diese Empfehlungen zu veröffentlichen.
Moersch, Staatsminister: Ich halte es in jedem Fall für sinnvoll, Herr Abgeordneter, daß sich andere Wissenschaftler, die an diesen Empfehlungen nicht beteiligt waren, mit ihnen ebenso auseinandersetzen können wie die pädagogischen Praktiker.
Wenn Sie der Meinung sind, daß eine solche Veröffentlichung diese Arbeit erleichtert, wird man diese Anregung sicher aufnehmen können. Im übrigen gibt es, wenn ich es recht weiß, einen parlamentarischen Beirat beim „Parlament", so daß hier auch ein unmittelbarer Weg gegeben ist.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725622000
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Czaja.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0725622100
Herr Staatsminister, sind Sie sich darüber im klaren, daß diese Anregungen, von denen Sie sprachen, wenn sie von der Regierung unterstützt werden sollen, die Veröffentlichung verfassungswidriger Aussagen ausschließen müßten, beispeilsweise solcher Aussagen, denen die Bundesregierung in Karlsruhe bezüglich der endgültigen Verfügung über Teile Deutschlands widersprochen hat, während sie in den Schulbuchempfehlungen aufgestellt werden?
Moersch, Staatsminister: Herr Abgeordneter, die Verfassung verbietet keine wissenschaftliche Prüfung. Der Fall ist seit Galilei auch nicht mehr vorgekommen.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Czaja [CDU/CSU]: Aber Verfassungswidriges verbietet sie!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725622200
Ich danke Ihnen, Herr Staatsminister Moersch.
Die Fragen 7 und 8 der Abgeordneten Frau von Bothmer sind zurückgezogen worden. Die übrigen nicht behandelten Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Damit sind wir am Ende der Fragestunde.
Mein Damen und Herren, ich rufe nun Punkt 19 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Dreiunddreißigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 29, 39, 74 Nr. 4 a)

Drucksachen 7/4958, 7/5101, 7/5307 —
Bericht und Antrag des Rechtsausschusses (6. Ausschuß)

— Drucksache 7/5491 —Berichterstatter:
Abgeordneter Erhard (Bad Schwalbach) Abgeordneter Dr. Arndt (Hamburg) Abgeordneter Dr. Stienen
Abgeordneter Dr. Klein (Göttingen)


(Erste Beratung 235., 240., 253. Sitzung)

Wünscht einer der Herren Berichterstatter das Wort? — Bitte schön, Herr Abgeordneter Arndt.

Prof. Dr. Claus Arndt (SPD):
Rede ID: ID0725622300
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Berichterstatter kann ich hier natürlich nur den Ausschußantrag zugrunde legen. Dennoch ist mir als



Dr. Arndt (Hamburg)

Mitglied dieses Hauses natürlich bekannt, daß ein interfraktioneller Antrag vorliegt, den Gesetzentwurf in der Fassung des Rechtsausschusses in zwei Teile zu zerlegen. Ich werde mich hier ohne Berücksichtigung der Drucksache 7/5527 auf die Änderungen der Art. 29 und 39 in der Fassung beschränken, die Ihnen der Rechtsausschuß anzunehmen empfohlen hat. Mit anderen Worten: Ich werde nicht über den Teil berichten, der sich mit Art. 74 des Grundgesetzes befaßt.
Zunächst zu Art. 29. Die Neufassung dieses Artikels des Grundgesetzes, der sich mit der Neugliederung des Bundesgebiets befaßt, ist außerordentlich sorgfältig vorbereitet worden. Die Daten der Ihnen vorliegenden Drucksache täuschen daher.
Um die Einstimmigkeit des Beschlusses dieser Verfassungsänderung zu erreichen, wurden schon im vorparlamentarischen Raum 1975 die ersten umfangreichen Besprechungen aufgenommen. Es wurde ein interfraktioneller Gesprächskreis gebildet, dem alle Fraktionen dieses Hauses einschließlich der Landesgruppe der CSU angehörten und in dem ferner der Bundesrat und durch Bundesminister Maihofer die Bundesregierung vertreten waren. Von seiten der Länder haben an diesem interfraktionellen und interorganiellen Kreis insbesondere die Staatssekretäre Professor Dr. Herzog von Rheinland-Pfalz und Dorenburg von Schleswig-Holstein teilgenommen. Auch das Land Baden-Württemberg ist intensiv vertreten gewesen, meist durch Herrn Ministerialdirigent Dr. Bulling. Dort wurde in anderthalb Jahren ein sorgfältig austarierter Kompromiß erarbeitet.

(Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Auch die Parteien waren darin vertreten!)

— Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Schäfer. Ich kann in der Tat ergänzend sagen, daß in diesem Gesprächskreis außer den Fraktionen dieses Hauses auch die politischen Parteien besonders vertreten waren. Diese Ergänzung zeigt Ihnen deutlich, wie sorgfältig und nach allen Seiten hin abgesichert die Vorbereitung dieses Entwurfs stattgefunden hat und daß nicht nur die Zeiten, die in der Drucksache angegeben sind, die maßgeblichen für die Vorbereitungen gewesen sind.
Diese Sorgfalt wurde aber weiterhin auch auf die Fassung angewandt, die der Rechtsausschuß jetzt beschlossen hat und die noch etwas von den vorparlamentarischen Beschlüssen und von den Beschlüssen des Innenausschusses dieses Hauses abweicht. Was ist nun der Gegenstand der Neuregelung von Art. 29 des Grundgesetzes?
Erstens. Der Verfassungsauftrag wird durch die Ermächtigung ersetzt, eine Neugliederung des Bundesgebietes durchzuführen. Es wird also — um es einmal in einer etwas legereren Sprache auszudrükken — aus Art. 29 Abs. 1 eine Kann-Bestimmung gemacht. Art. 29 sollte in seiner ursprünglichen Fassung die Bindestrich-Länder, die nach 1945 durch Besatzungsbefehl geschaffen worden waren, nach Wiedererlangung der deutschen Souveränität insoweit nach deutschen Vorstellungen korrigieren. Diese Zielsetzung ist inzwischen historisch überholt. Nach 30 Jahren bestehen heute die Länder auch in dem Bewußtsein der Menschen so stark, daß ihnen eine echte Staatsqualität auch dann zugewachsen ist, wenn sie erst 1945 in dieser Form ins Leben getreten sind.
Zweitens. Das Ziel der Neugliederung soll es heute sein, Länder zu schaffen, die nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können. Dies ist das Ziel der künftig möglichen Neugliederung nach Art. 29. Der Föderalismus als wirksamste Gewaltenteilung und damit Machtbalance ist allerdings nur haltbar, wenn er auch in den Augen der Bevölkerung in diesem Lande erkennbar funktioniert. Bei den zu berücksichtigenden Zusammenhängen hat daher — ohne Veränderung des zunächst genannten Zieles — der Rechtsausschuß gerade wegen dieser psychologischen Komponente die landsmannschaftlichen Verbundenheiten sowie die geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge vor die Problemkreise mehr technisch-rationaler Art wie die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit oder die Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung gestellt. Dies ist eine der Änderungen, die der Rechtsausschuß in der letzten Beratung noch vorgenommen hat.
Außerdem erfolgt in Zukunft die Neugliederung durch Bundesgesetz, das durch Volksentscheid bestätigt werden muß. Dabei wird Art. 29 neuer Fassung jetzt von dem Grundsatz beherrscht, daß keine Neugliederung ohne Zustimmung der betroffenen Bevölkerung stattfinden soll. Dies ist einer der zentralen Punkte der Grundgesetzänderung. Das Oktroi-Prinzip des bisherigen Art. 29 — niedergelegt in Art. 29 Abs. 5 Satz 3 — wird abgeschafft; dies war die Bestimmung, daß der Volksentscheid dann im ganzen Bundesgebiet stattzufinden hatte, wenn die unmittelbar betroffene Bevölkerung die Neugliederung abgelehnt hatte. Die einzige Ausnahme von diesem neuen Grundsatz der Abschaffung des Oktroi-Prinzips, also von dem Grundsatz, daß die betroffene Bevölkerung der Neugliederung immer zustimmen muß, ist die Bagatellklausel in Abs. 7 der Neufassung. Hier ist vorgesehen, daß die Landeszugehörigkeit von Gebieten, in denen nicht mehr als 10 000 Menschen wohnen, auch ohne deren unmittelbare Mitwirkung verändert werden kann. Auch an dieser Stelle hat der Rechtsausschuß wieder eine Umstellung vorgenommen. Wir meinen, daß hier in erster Linie, weil davon primär die Länder betroffen sind, Staatsverträge das geeignete rechtliche Mittel sind, um die Landeszugehörigkeit zu verändern, und daß erst in zweiter Linie Bundesgesetze mit dem Quorum der absoluten Mehrheit in diesem Hause das Mittel sein sollen, mit dem diese Veränderungen herbeigeführt werden.
Schließlich ist ein Wort über die Beschlüsse des Rechtsausschusses zu den erforderlichen Mehrheiten zu sagen. Beim Volksentscheid müssen zustimmen: erstens die Mehrheit im künftigen Gebiet des neuen oder neu umgrenzten Landes und zweitens die Mehrheit in den Gebieten oder Gebietsteilen eines betroffenen Landes, deren Landeszugehörigkeit in gleichem Sinne geändert werden soll. Im gleichen Sinne bedeutet: aus dem gleichen Land in das



Dr. Arndt (Hamburg)

gleiche neue Land. Dabei ist die Mehrheit durch Zusammenzählen aller Stimmen zu erzeichnen, wenn die Gebietsteile bisher einem Lande zugehörten und in dasselbe andere Land überwechseln sollen. Oder umgekehrt ausgedrückt: Auch wenn die in dieser Weise wechselnden Landesteile nicht aneinander grenzen, wird die erforderliche Mehrheit bei ihnen doch gemeinsam errechnet, nicht in jedem Einzellandesteil.
Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß das Recht zur Initiative für eine Gebietsänderung nach den Beschlüssen des Rechtsausschusses in einem Raum in Zukunft 10 % der zum Bundestag Wahlberechtigten zusteht, wenn der betreffende Raum, dessen Gebietszugehörigkeit geändert werden soll, erstens zusammenhängend ist, zweitens ein abgegrenztes Siedlungs- und Wirtschaftsgebiet darstellt, drittens in mehreren Ländern liegt und viertens und letztens mindestens eine Million Einwohner hat.
Das Mittel, mit dem die Initiative der Bevölkerung dieses so betroffenen Gebietes zum Ausdruck gebracht wird, ist das Volksbegehren. Wenn ein solches Volksbegehren stattgefunden hat, muß innerhalb von zwei Jahren ein Bundesgesetz ergehen, das entweder die Änderung — entsprechend dem Ergebnis des Volksbegehrens — festlegt oder aber eine Volksbefragung vorschreibt, wobei der Bundesgesetzgeber an das Ergebnis dieser Volksbefragung rechtlich nicht gebunden ist. Dieser Begriff der Volksbefragung taucht damit zum erstenmal ausdrücklich in unserem Grundgesetz auf.
In Abs. 6 hat der Rechtsausschuß schließlich die von der Bundesregierung und vom Innenausschuß empfohlenen Fristen gestrichen, binnen deren ein Verfahrensgesetz erlassen werden muß. Wir schaffen damit zwar eine constitutio imperfecta, eine nicht vollständige Verfassungsnorm, aber der Rechtsausschuß war der Meinung, daß die Aufnahme von Daten und Fristen in die Verfassung schlechter verfassungsrechtlicher Stil ist. Verfassungsbestimmungen müssen dem Gedanken nach ad infinitum gelten und sollten keine Fristen enthalten, die nach kurzer Zeit überholt sind. Der Rechtsausschuß meinte, der politische Zwang eines erfolgreichen Wollens der Bevölkerung reiche hier aus, um dieses Haus dazu zu bestimmen, das entsprechende Gesetz zu verabschieden.
Schließlich hat der Rechtsausschuß, weil Länderinteressen elementar berührt werden — was hier keiner näheren Begründung bedarf —, beschlossen, die Länder ausdrücklich an dem Verfahren zu beteiligen, und einen entsprechenden Satz in Abs. 2 des neuen Art. 29 eingefügt. Dabei wollte der Rechtsausschuß nicht in Landesverfassungsrecht eingreifen. Die Länder sollen vielmehr nach eigenem Recht selbst bestimmen, welches Organ dieses Landes diese Äußerung vornimmt. Dabei lag dem Rechtsausschuß nichts ferner, als die Landtage bei der Mitwirkung auszuschalten, obwohl er das Wort „Landtage" durch das Wort „Länder" ersetzt hat. Nur der Respekt vor der Eigenstaatlichkeit der Länder war das Motiv für diese Veränderung. Der Rechtsausschuß hat mich beauftragt, hier ausdrücklich festzustellen, daß die Einschaltung der Landtage sogar ausgesprochen erwünscht ist. Nur meinten wir, von Verfassungs wegen nicht gehalten zu sein, den Ländern vorzuschreiben, daß es die Landtage sein müssen. — So viel zur Neufassung des Art. 29 des Grundgesetzes.
Weiter habe ich Ihnen noch über die Neufassung des Art. 39 des Grundgesetzes zu berichten. Hier ist zunächst das politische Ziel, das bisher nach der gegenwärtigen Verfassungslage notwendigerweise gegebene Interregnum zwischen zwei Wahlperioden zu beseitigen. Dieses Interregnum ist zwar kein rechtliches Interregnum, aber doch ein politisches Problem. In aller Regel war der Zeitraum zwischen dem Ablauf einer Legislaturperiode und dem Neuzusammentritt des Bundestages nur sehr kurz. Welches politische Problem dennoch entsteht, ersehen Sie allein aus dem faktischen Ablauf in diesem Jahre 1976: Der neue Bundestag wird am 3. Oktober dieses Jahres gewählt, während der gegenwärtig amtierende Bundestag noch bis zum 13. Dezember 1976 in Amt und Recht ist, so daß der am 3. Oktober 1976 neu gewählte Bundestag frühestens am 14. Dezember zusammentreten kann.
Ein solcher Fristablauf ist zumindest verfassungspolitisch unerwünscht. Es ist sinnvoll, die Zeit, die zwischen der Wählerentscheidung und deren praktischer Wirksamkeit im Staatsleben liegt, zu verkürzen, und zwar auf 30 Tage. Diese Zeit ist erforderlich, damit das neue Parlament sich auf seine Konstituierung vorbereiten kann.
Auch dieser Entwurf zu Art. 39 des Grundgesetzes geht auf jahrelange intensive Beratungen zurück. In diesem Fall haben sie in der Enquetekommission für Verfassungsreform stattgefunden. Wenn Ihnen in diesem Herbst der Abschlußbericht dieser Kommission nach sechs Jahren Arbeit vorliegt, werden Sie sehen, daß dort der Vorschlag noch umfassender ist und insbesondere auch für die Auflösung des Bundestags eine Neufassung vorsieht. Hier liegt Ihnen heute nur das Kernstück der Ergebnisse der Beratungen der Enquetekommission für Verfassungsreform vor, nämlich die Beseitigung dieses Interregnums.
Diese Neufassung wird von dem Prinzip beherrscht, daß die Neuwahl des Bundestags jeweils zwischen dem 45. und dem 47. Monat nach Beginn der Wahlperiode stattfinden muß und daß der neue Bundestag spätestens 30 Tage nach seiner Wahl zusammentreten muß und dann durch sein Zusammentreten die vorangegangene Legislaturperiode beendet. Der Rechtsausschuß war sich darüber einig, daß nach der gefundenen Formulierung und ihrem systematischen Aufbau auch bei der Auflösung des Bundestags die Wahlperiode und damit die rechtliche Existenz des aufgelösten Bundestags im Gegensatz zur geltenden Verfassungslage ebenfalls erst mit dem Zusammentreten des neuen Bundestags endet. Es kann also in Zukunft denkgesetzlich keine parlamentslose Zeit mehr geben.
Während alle Entscheidungen und Formulierungen zu Art. 29 und zu Art. 39, die ich Ihnen bisher vorgetragen habe, vom Rechtsausschuß einstimmig beschlossen wurden, gab es im Rechtsausschuß
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256. Sitzung. Bonn. Donnerstag, den 1. Juni. 1976 18387
Dr. Arndt (Hamburg)

eine Kontroverse über das Inkrafttreten des neuen Art. 39. Während die oppositionellen Mitglieder die Neufassung sofort wirksam werden lassen wollten, schlägt Ihnen die Mehrheit des Rechtsausschusses vor, diesen Artikel erst zum 14. Dezember 1976, also nach dem Ende der 7. Wahlperiode, in Kraft zu setzen. Mehrheit und Minderheit im Rechtsausschuß waren sich zwar einig, daß eine Selbstverlängerung der Legislaturperiode in jedem Fall, auch mit den Mitteln der Verfassungsänderung, verfassungswidrig wäre. Die Mehrheit des Rechtsausschusses hielt es außerdem für zwar im Rechtssinne nicht unzulässig, aber verfassungspolitisch in hohem Maß unerwünscht, daß ein Bundestag seine eigene Wahlperiode manipuliert, und sei es durch eine Verkürzung. Überdies kann nach Meinung der Mehrheit des Rechtsausschusses hierin auch ein Verstoß gegen Art. 68 gesehen werden, der die Auflösung des Bundestags abschließend regelt.
Logischerweise können nunmehr alle Grundgesetzvorschriften, die bisher die Probleme der parlamentarischen Präsenz zwischen den Wahlperioden regelten, ersatzlos aufgehoben werden, weil es eine solche Zeit nicht mehr geben wird. Dies ist ein bemerkenswerter Vorgang insofern, als diese Grundgesetzänderung zu den wenigen zählt, die das Grundgesetz kürzer machen und straffen.
Der Rechtsausschuß bittet Sie einstimmig, die vorgeschlagenen Änderungen des Art. 29 und des Art. 39 zu billigen.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725622400
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Er hat schon darauf hingewiesen, daß wir auf dem Umdruck 7/5527 einen interfraktionellen Änderungsantrag vorliegen haben. Es geht darum, das Gesetz in ein Dreiunddreißigstes und ein Vierunddreißigstes Änderungsgesetz aufzuteilen. Ich darf annehmen, daß eine Begründung nicht mehr erforderlich ist.
Wer diesem interfraktionellem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. — Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig so beschlossen.
Wir kommen nunmehr zur zweiten Beratung des Dreiunddreißigsten Gesetzes. Es geht um die Art. 29 und 39 des Grundgesetzes.
Das Wort hat Herr Professor Klein.
Dr. Klein (Göttingen) (CDU/CSU]: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit 27 Jahren besteht das Gebot unserer Verfassung, das Bundesgebiet neu zu gliedern. Es hat seinerzeit in das Grundgesetz Aufnahme gefunden, weil die Verfassungsväter nicht ohne Grund der Auffassung waren, die in der Zeit nach 1945 oft recht künstlich gezogenen Grenzen der Länder der Bundesrepublik Deutschland bedürften nicht nur in Details, sondern im Ganzen der Korrektur. Die Gründe, aus denen es, vom Sonderfall Baden-Württemberg abgesehen, in der Folgezeit zu einer Neugliederung des Bundesgebiets nicht gekommen ist, sind sicherlich vielschichtig. Trotz kluger, die Realitäten des politischen Lebens freilich nicht immer richtig einschätzender Neugliederungspläne überwog die Kraft der Beharrung, und dies gewiß nicht nur der Bequemlichkeit der Beteiligten wegen. Was hier zur Geltung kam, war vielmehr auch — ich meine: wesentlich — die Einsicht, daß die Länder der Bundesrepublik Deutschland, zum Teil sicher entgegen ursprünglichen Erwartungen, durch ihre Leistung und Selbstdarstellung ein Maß an historischer Identität erlangt haben, welches es verbietet, den verfassungsrechtlichen Zwang zu ihrer mindestens teilweisen Beseitigung aufrechtzuerhalten.
Die Bundesrepublik Deutschland, nicht eben reich an Traditionen, hat Anlaß, mit den wenigen stabilisierend wirkenden Faktoren ihres politischen Lebens sorgsam umzugehen.

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

Die Länder noch länger zwingend zur Disposition eines vordergründigen Effektivitätsstrebens zu stellen, hieße, wie ich meine, die politische Rationalität gewachsener Ordnungen unterschätzen.
Deshalb begrüßt es meine Fraktion, meine Damen und Herren, daß mit der vorgesehenen Verfassungsänderung der Zwang zur Neugliederung entfällt. Die Möglichkeit einer Neugliederung bleibt bestehen. An ihr sind sowohl die Länder als auch die betroffene Bevölkerung maßgeblich beteiligt, ohne daß sie ihnen allerdings allein überlassen bliebe oder überlassen bleiben könnte, denn im Bundesstaat bedürfen Änderungen größeren Maßstabs im Gebietsbestand der Gliedstaaten allemal der Mitwirkung des Gesamtstaates, da sie seine Indentität nicht unberührt lassen.
Die Neufassung sieht wiederum vor, daß die Initiative zu einer Neugliederung vom Volke ausgehen kann. Auch die bisherige Fassung enthielt die Möglichkeit des Volksbegehrens. Daß wir sie beibehalten haben, wenngleich in anderer Form, ist sachgerecht.
Schließlich ist es zu begrüßen, daß Art. 29 Abs. 7 des Grundgesetzes in der neuen Fassung die Möglichkeiten erweitert, in direktem Kontakt, d. h. vermittels Staatsvertrag, zwischen den beteiligten Ländern kleinere Grenzkorrekturen vorzunehmen, ohne dabei die Bundeskompetenz zu eliminieren. Die Obergrenze von 10 000 Einwohner zu überschreiten, wie es verschiedentlich angeregt und gewünscht wurde, war aus dem genannten Grund — Berührung der Identität des Gesamtstaates — nicht möglich.
Die Bundestagsfraktion der CDU/CSU wird der vorgesehenen Änderung des Art. 29 des Grundgesetzes zustimmen.

(Beifall der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725622500
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wendig.

Dr. Friedrich Wendig (FDP):
Rede ID: ID0725622600
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion der



Dr. Wendig
Freien Demokraten begrüßt, es, daß in der letzten Sitzungswoche dieses Parlaments noch zwei wichtige Änderungen des Grundgesetzes beraten und — wie ich meine — beschlossen werden können. Es zeugt — gestatten Sie mir diese allgemeine Bemerkung zuvor — ohne jeden Zweifel nicht von einem leichtfertigen Umgang mit der Verfassung, wenn man zu einem so späten Zeitpunkt der Legislaturperiode Änderungen der Verfassung berät und beschließt.
Die Vorlagen — ich spreche jetzt von Art. 29 ebenso wie von Art. 39 des Grundgesetzes — sind aus unterschiedlichen politischen wie verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten jetzt — und das heißt: heute — geboten. Die Zeit, die die Fraktionen für die Beratung dieses Gegenstandes vorgesehen haben, beweist, daß hier sehr gründlich über wesentliche Fragen unserer Verfassung gesprochen werden soll.
Änderungen der Verfassung — dies möchte ich auch zunächst allgemein sagen — müssen immer eine seltene Ausnahme bleiben. Das Gesamtgefüge von Wertordnungs- und Verfahrensnormen für unseren Staat gehört zu den wesentlichen statischen Elementen einer Staatswirklichkeit. Damit will ich nicht mehr sagen als dies: Eine Änderung der Verfassung ist für die Legislative zu jedem Zeitpunkt — und das heißt: auch heute — ein Akt von besonderem Rang.
Wir alle wissen natürlich auch, daß das im Jahre 1949 unter besonderen politischen Verhältnissen schnell errichtete Gebäude Bundesrepublik Deutschland kritische Gedanken zur Veränderung — das heißt: zur Verbesserung — bestimmter Bereiche immer wieder hervorgebracht hat. Dies ist in einem föderativen Staatswesen besonders schwierig, besonders problematisch, auch wenn man bedenkt, daß die 1949 vorhandenen Länder zunächst eine sehr unterschiedliche, oft jeder deutschen Willensbildung entzogene Geschichte gehabt hatten.
Wir haben die Enquetekommission zur Verfassungsreform und werden die Ergebnisse ihrer Arbeit zu gegebener Zeit in einem sehr viel breiteren Rahmen zu debattieren, zu würdigen und darüber zu entscheiden haben. Das Bund-Länder-Verhältnis, der Stellenwert des föderativen Prinzips in unserer Verfassung überhaupt, bis hin zu den Auswirkungen bei der Finanzverfassung werden ein wesentlicher Teil dieser späteren Diskussion sein. Heute geht es bei der Neufassung des Art. 29 um einen sehr viel begrenzteren Bereich, bei aller Bedeutung, die dem Problem der Länderneugliederung zukommt.
Dem bindenden Verfassungsauftrag zur Neugliederung des Bundesgebietes in der alten Fassung des Art. 29 lag im Jahre 1949 eine Motivation zugrunde, die heute von fast keinem Bezugspunkt her mehr zutrifft. Die Geschichte der Neugliederung über zwei Jahrzehnte zeigt, in welchem Maße sich die Verhältnisse von den ursprünglichen Tatbeständen des Jahres 1949 weg fortbewegt haben. Bei Schaffung des Grundgesetzes hatte der Gedanke den Vorrang, der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, die von den Besatzungsmächten willkürlich gesetzten Ländergrenzen einer Korrektur zu unterziehen. In immer stärkerem Umfang hat dann aber der Gedanke an Boden gewonnen, im Interesse einer wirksamen föderativen Struktur der Bundesrepublik der Forderung nach Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse, der Forderung nach gleichmäßig leistungsstarken Ländern, aber auch den Erfordernissen der Raumordnung und der Landesplanung Geltung zu verschaffen.
Daraus folgt:
Erstens. Diese Forderungen sind nicht nur durch Neugliederung der Länder zu lösen. Die Problematik einer veränderten Finanzverfassung mit einem modifizierten Bund-Länder-Finanzausgleich z. B. möchte ich dabei heute nur am Rande erwähnen. Immerhin aber soll das zwingende Verfassungsgebot des alten Art. 29 in eine Kann-Vorschrift umgewandelt werden. Das bedeutet auf keinen Fall, daß damit die Frage der Neugliederung ad calendas Graecas vertagt ist. Brennende regionale Probleme gibt es in Norddeutschland ebenso wie im Südwestraum der Bundesrepublik. Das Verfassungsgebot der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse wird als verbindliche Verfassungsnorm überall — auch in diesen Bereichen — wirksam werden.
Zweitens. Ein Bundesgesetz, das Maßnahmen zur Neugliederung enthält, bedarf in Zukunft einer Bestätigung durch Volksentscheid. Hierbei wird dem zwingenden Argument Rechnung getragen, daß die Länder des Jahres 1949 im Bewußtsein auch der Bevölkerung in den Ländern in eine gewisse Verfassungswirklichkeit entwachsen sind. Länderneugliederung durch schlichten Oktroi des Bundesgesetzgebers wird daher zu Recht nicht mehr möglich sein dürfen.
Drittens. Das Zusammenwachsen von Ballungsräumen über alte regionale Grenzen hinweg und die Notwendigkeit, wirtschaftlich und strukturell geformte Räume auch in der Länderneugliederung zu berücksichtigen, zwingen dazu, Raumordnung und Landesplanung auch bei der Länderneugliederung einen besonderen Stellenwert einzuräumen.
Dies waren die tragenden Gedanken, die alle Fraktionen des Parlaments, Bundesregierung und Länderregierungen in einer vorbereitenden Kooperation — davon hat der Herr Berichterstatter schon gesprochen — veranlaßt haben, Ihnen heute den neuen Art. 29 vorzuschlagen. Ich will auf weitere Details jetzt nicht mehr eingehen. Den Änderungsvorschlägen des Rechtsausschusses stimmen wir zu. Ich nenne hier nur einen: Der Vorschlag, die landsmannschaftliche Verbundenheit sowie die geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge vor den Richtbegriff „Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung" zu stellen, verdient Zustimmung. Nimmt man den föderativen Staat nicht nur als gewaltenhemmendes Ordnungsprinzip ernst, wird man nicht anders entscheiden können.
Mit der Neufassung des Art. 29 des Grundgesetzes sind für den Gesetzgeber alle Wege für eine sinnvolle Länderneugliederung frei, nichts ist verbaut; aber es wird im Zusammenhang mit dieser Grundgesetznovelle auch nichts vertagt.

Dr. Wendig
Ich verkenne für meine Person nicht, daß für die Frage nach der künftigen regionalen Struktur der Bundesrepublik mehr als nur Raumfragen eine Rolle spielen werden. Es kommt darauf an, wie ich den föderativen Charakter der Bundesrepublik Deutschland konkret und endgültig definiert wissen will, was neben der Neugliederung auch Fragen der Kompetenzverteilung und der Finanzverfassung einschließt. Meinem Bekenntnis für das notwendige föderative Grundelement unserer Verfassung — das ist ja unverrückbar — möchte ich aber auch die weitere persönliche Bemerkung anschließen, daß etwa die endgültige Neugliederung in fünf Länder, wie es das Ernst-Gutachten vorsieht, auf die Dauer die Gewichte zwangsläufig zugunsten einer starken Betonung der Ländergewalt verschieben muß. Ich will das jetzt hier nicht bewerten; nur muß man wissen, was auf uns zukommt, wenn man darüber spricht.
Nun zum zweiten. Der Vorschlag zur Änderung des Art. 39 — Dauer der Wahlperiode des Bundestages — beruht im Prinzip — das wurde schon gesagt -- auf einer Empfehlung der Enquete-Kommission, die die Opposition in ihrer Vorlage aufgegriffen hat. Es steht, wie ich glaube, außer Frage, daß eine solche Lösung sachlich sinnvoll ist, weil sie zu einem schnellen Übergang der Geschäfte von dem einen auf das andere, neu gewählte Parlament führt. Dies macht die Situation des Jahres 1976 in unserem Lande deutlich. Wir Freien Demokraten sind deshalb in der Sache der Meinung, daß man den Art. 39 in der Fassung der Vorlage verändern sollte.
Die Frage ist nur, mit welcher zeitlichen Wirkung eine solche Regelung in Kraft treten darf. Die Opposition meint — wenn ich ihren Antrag hier schon vorwegnehmen darf, der noch nicht begründet wurde —, die Neuregelung sollte auch schon für diesen Bundestag gelten. Man wird mit einer solchen Argumentation sicher den einen oder anderen für sich einnehmen können. Dabei hat für mich die Tatsache, daß nach der gegenwärtigen Fassung höhere finanzielle Leistungen des Staates ausgelöst werden, nicht die entscheidende Bedeutung. Gewichtiger wäre schon das Argument — wenn es eines ist —, möglicherweise für einen längeren Zeitraum eine wirksame parlamentarische Kontrolle der Regierung nicht im Felde zu haben. Ich nehme diese Frage durchaus ernst. Trifft dieses Argument aber wirklich zu? Sind die Kontrollmechanismen des Parlaments wirklich so vollkommen außer Kraft gesetzt, wie die Opposition offenbar meint? Ich glaube, wir sollten die Funktionsfähigkeit des Parlaments mit ein wenig mehr Selbstbewußtsein betrachten.
Das andere Argument, das dann hier im Felde steht, ist doch das folgende: Änderungen der Verfassung, die insbesondere die Tätigkeit des Parlaments selbst betreffen, sollte man nur für die künftigen Amtsperioden in Kraft treten lassen. Dies entspricht einer zwar nicht verfassungsrechtlich zwingenden, aber einer verfassungspolitischen und politisch vernünftigen Übung, die in diesem Hause, soweit ich sehe, in der Regel auch praktiziert worden ist. Man komme bitte nicht mit dem Einwand, dies sei in dem vorliegende Falle ziemlich unproblematisch. Das mag vielleicht sogar sein. Ich bitte aber zu bedenken: Schaffe ich nicht, wenn ich von der bisherigen Praxis abweiche, Anhaltspunkte für mögliche andere Fälle, in denen das verfassungspolitisch möglicherweise dann ganz anders aussieht, in denen man sich aber dann auf den heutigen Fall beruft? Diese Frage möchte ich doch stellen dürfen. Auf die Cefahr, daß man dies bei Ihnen, meine Damen und Herren der Opposition, vielleicht nicht so versteht, verbleibe ich für meine Fraktion und für mich bei der Auffassung, die der Innenausschuß und der Rechtsausschuß mehrheitlich vertreten haben: Inkrafttreten des Gesetzes zum 14. Dezember 1976.
Bei einer ruhigen Betrachtung der Dinge, die manchem vielleicht heute nicht so leicht möglich ist, wird man der Vorlage mit den soeben genannten Einschränkungen zustimmen können. Für die Fraktion der Freien Demokratischen Partei erkläre ich hiermit, daß wir einer Änderung des Art. 29 und des Art. 39 des Grundgesetzes in der Fassung der Änderungsvorschläge des Rechtsausschusses zustimmen werden.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725622700
Das Wort hat der Abgeordnete Lenz.

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0725622800
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will nur zu Art. 39 sprechen und nur zu unserem Änderungsantrag dazu; denn es geht hier ein bißchen zwischen den Artikeln 29 und 39 hin und her. Deswegen sage ich das ausdrücklich.
Die Gründe, die uns veranlaßt haben, den Antrag überhaupt einzubringen, die Wahlperiode abzukürzen, sind schon dargelegt worden. Wir meinen eben, daß mit der Wahl eines neuen Bundestages die Legitimation des alten zur Regelung von streitigen Sachverhalten entfällt. Das kann man sich leicht dadurch klarmachen, wenn man sich vorstellt, daß nach den Wahlen, falls diese eine neue Mehrheit ergeben sollten, die alte Mehrheit noch strittige Vorlagen verabschiedet. Das wäre, wenn es überhaupt rechtlich zulässig sein sollte, politisch jedenfalls völlig unerträglich. Die neue Mehrheit käme in die Versuchung, diese Gesetze wieder aufzuheben, und dieses „rein in die Kartoffeln — raus aus den Kartoffeln" könnte unserer parlamentarischen Regierungsform kein Ansehen im Volke einbringen.
Auf der anderen Seite kann man von der alten Mehrheit nicht verlangen, daß sie nach einer neuen Wahl gegen ihre Überzeugung so stimmt, wie die neue es tun würde. Deswegen meinen wir, daß hier ein Wechsel eintreten muß.
Außerdem gibt es noch einen zweiten Gesichtspunkt, der, glaube ich, noch nicht angesprochen worden ist. Wenn der neue, der 8. Bundestag erst vor Weihnachten zusammentritt, dann lehrt uns die Erfahrung des 7. Bundestags, daß er vor Ende Januar oder im Laufe des Februar auch nicht voll arbeitsfähig ist. Das würde bedeuten, daß der Bundesregierung bis Februar — das heißt vier bis fünf Monate nach der Wahl — keine voll arbeitsfähige



Dr. Lenz (Bergstraße)

Volksvertretung gegenüberstünde. Dies ware in einer parlamentarischen Demokratie ei n schwer erträglicher und schwer verständlicher Zustand.
Über diese Dinge sind wir uns, glaube ich, im wesentlichen einig. Die einzige offene Frage ist die des Inkrafttretens. Dazu ist zu sagen, daß sowohl die Enquete-Kommission „Verfassungsreform", wie der Rechtsausschuß des Bundestages bei ihren Überlegungen zu dieser Grundgesetzänderung von genau den Verhältnissen der Zeit zwischen der 7. und 8. Wahlperiode ausgegangen sind. Das weisen sowohl die Protokolle der Enquete-Kommission wie der Schriftliche Bericht des Rechtsausschusses aus.

(Vorsitz : Vizepräsident Dr. SchmittVockenhausen)

Nur hat die Mehrheit des Rechtsausschusses aus diesen durchaus richtigen Überlegungen eben nicht die entsprechenden Konsequenzen gezogen. Ihr Antrag löst die Probleme für die übernächste Wahlperiode. Unser Antrag löst die Probleme für die nächste und alle folgenden Wahlperioden. Er ist also umfassender und schon aus diesem Grunde besser.
Meine Damen und Herren, die verfassungsrechtlichen Bedenken, die hier vorgetragen worden sind, sind nicht substantiiert worden. Es gibt keinen Kündigungsschutz für Abgeordnete. Das mag man als Abgeordneter außerordentlich bedauern, aber das ist nun einmal so. Der wahre Grund, weshalb der neue Bundestag nicht nach der Wahl alsbald zusammentreten soll, liegt nach unserer Überzeugung klar auf der Hand. Ohne Rücksicht auf das Wahlergebnis möchte sich die derzeitige Mehrheit im Parlament den möglichst unkontrollierten Besitz der Macht so lange als irgend möglich erhalten.

(Beifall bei der CDU/CSU — Kleinert Das glauben Sie selber nicht!)

Das ist die Koalition, die einmal unter dem Motto
angetreten ist: Wir wollen mehr Demokratie wagen.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Ob das von der FDP zutraf, weiß ich nicht; aber die anderen haben es immer gesagt. Von Wagemut ist hier nichts mehr zu spüren. Das einzige, was noch erkennbar ist, ist der Wille, sich so gut oder so schlecht, auf jeden Fall aber so lange wie möglich an der Macht zu halten, ganz egal, ob dieses wie ein Trauerspiel aussieht oder nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Kollege Kleinert, wer weiß, ob die in diesem Punkte bestehende Gemeinsamkeit unter den Koalitionsparteien nicht größer ist als alle anderen Gemeinsamkeiten in Sachfragen zusammen. Man weiß, was man hat, man weiß nicht, was man wiederkriegt. Wenn wir dieses Trauerspiel schon 1976 anschauen müssen, so wollen wir von der CDU/CSU es jedenfalls vermeiden, daß der Erstaufführung noch eine Zweitaufführung folgen kann. Deswegen werden wir der Grundgesetzänderung unsere Zustimmung geben, auch wenn unser Änderungsantrag abgelehnt werden sollte.

(Beifall bei der CDU/CSU) Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Wir fah

ren in der Aussprache fort. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Professor Dr. Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0725622900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu beiden Artikeln Art. 29 und Art. 39 — einige Bemerkungen machen. Der seitherige Art. 29 ist aus der Zeit der Schaffung des Grundgesetzes, also aus den Jahren 1948/49, heraus zu verstehen. Man muß heute daran erinnern, daß Art. 29 mit dem Genehmigungsschreiben der Militärgouverneure suspendiert wurde und man deshalb einen besonderen Art. 118 für die Zusammenführung der Länder Württemberg-Baden, Württemberg-Hohenzollern und Baden geschaffen hat. Erst 1955 ist Art. 29 effektiv geworden. Es kam dann zu Volksbegehren, die in den Jahren 1955 und 1956 durchgeführt wurden. Die Regierung Adenauer hatte offensichtlich kein politisch besonders betontes Interesse an der Durchführung einer Länderneugliederung. Es gab in den damaligen Jahren durchaus legitime Überlegungen, ein solches Vorhaben nicht anzugehen. In einer Zeit, in der wir politisch hoffen durften, daß es zu einer Wiedervereinigung kommt, wollte man keine effektiven Lösungen schaffen. Die Volksentscheide über die Volksbegehren von 1955 und 1956 sind dann erst 1970 und im Januar letzten Jahres erfolgt. Warum dies so war, bedarf hier keiner weiteren Erläuterung.
Bei den Volksentscheiden — insbesondere bei der Abstimmung vom 19. Januar 1975 — zeigte sich, daß die 20 Jahre eben nicht spurlos vorübergegangen sind, sondern daß sich, wie der Herr Berichterstatter hier richtig vortrug, in der Zwischenzeit ein Landesstaatsbewußtsein entwickelt hat. Meine Damen und Herren, lassen Sie es mich an Hand eines Vergleiches verdeutlichen: Die Zeit von 1945 bis heute ist so lang wie die Zeit von 1900 bis 1930. Wenn man sich vergegenwärtigt, daß dies ein langer geschichtlicher Zeitraum ist, versteht man auch, daß Entwicklungen von 1945 bis heute nicht spurlos am Bewußtsein vorbeigegangen sind. Man muß sich auch vergegenwärtigen, daß die Mehrzahl der Bevölkerung, die heute in den Ländern lebt, mit dieser Ländergliederung aufgewachsen ist.
Daher gab es im Frühjahr letzten Jahres dann Überlegungen, Art. 29 ganz zu streichen oder ihn zu ändern. Wir waren uns in der vom Bundesinnenminister eingesetzten Kommission, deren Mitglieder von den Parteien benannt wurden, einig, daß man Art. 29 nicht streichen sollte und daß es sehr wohl Entwicklungen und Gebiete in der Bundesrepublik gibt — ich will sie jetzt nicht konkret nennen, um nicht sozusagen Schleichwerbung zu machen-, auf die morgen oder übermorgen, in zehn oder in fünfzehn Jahren sinnvollerweise eine solche Vorschrift angewandt werden könnte.
Wir meinten, daß es richtig ist, die Entscheidung darüber, ob ein solches Verfahren in Gang gebracht werden solle, nicht primär der Regierung zu überlassen. Wir meinten, daß es möglich sein müsse, daß die Bevölkerung in einem Raum mit mindestens einer Million Einwohnern die Dinge auf dem Wege über ein Volksbegehren in Bewegung bringen kann.
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode 256. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juli 1976 18391
Dr. Schäfer (Tübingen)

Ich bitte, sich aber zu vergegenwärtigen, was eine Million Einwohner in diesem Zusammenhang bedeuten. 10 % der Wahlberechtigten — das sind ungefähr 70 000 Menschen, die sich bei einem Volksbegehren einschreiben müßten, um das Ganze in Bewegung zu bringen. Ich halte dies für eine wesentliche Ergänzung und Verbesserung in der Richtung, daß die Bevölkerung selbst an der Entscheidung mitwirkt. Dies war dann auch der Gedanke bei dem verhältnismäßig komplizierten Volksabstimmungsverfahren. Der Gedanke war, daß nicht die gesamte Bevölkerung des Bundesgebietes, die mit den konkreten Fragen in einzelnen Gebieten gar nicht so vertraut ist, als ein sogenannter Bundesoktroi die Schlußentscheidung treffen solle. Deshalb wurde dieser Bundesoktroi weggenommen, und es kommt auf die Entscheidung in den Ländern an.
Der Verfassungsentwurf, wie er jetzt vorliegt, ändert also nichts an der Möglichkeit, sondern er ist ehrlicher. Er ist ehrlich, wenn er die Pflichtaufgabe des Bundes, die derzeit so gar nicht in Angriff genommen würde, zu einer Kann-Aufgabe macht.
Es wurde dann auch überlegt, ob es richtig ist, es beim einfachen Bundesgesetz zu belassen, oder ob es bei einem solchen Gesetz, das doch immerhin ganz enorm in die Struktur der Länder eingreifen würde denn nicht die Länder sind ja garantiert, sondern nur die Institution der Länder ist garantiert —, nicht richtiger wäre, die Zustimmung des Bundesrates vorzusehen. Aber die übereinstimmende Meinung, auch wichtiger Vertreter aus den Ländern, ging dahin, es wäre eine Überforderung des Bundesrates, sozusagen über die Existenz seiner eigenen Mitglieder zu entscheiden. So blieb es bei der seitherigen Regelung.
Es gibt einen Punkt, der nach wie vor unbefriedigend ist. Das Ernst-Gutachten hat neben der Neugliederung und nicht eigentlich zum Thema gehörend, sondern ein wichtiges Randgebiet betreffend, dargestellt, daß es in der Bundesrepublik sieben Gebiete gibt, bei denen eine Bereinigung notwendig wäre. Es handelt sich um Gebiete, die 50 000 bis 150 000 Einwohner haben. Auch der Abs. 7, wie er jetzt vorliegt, reicht nicht aus, diese Fragen zu regeln.
Wir haben in dieser Kommission, von der hier wiederholt die Rede war, darüber sehr sorgfältige Überlegungen angestellt. Der Vorschlag, auf die Dauer von vier Jahren durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates in Gebieten mit bis zu 150 000 Einwohnern solche Korrekturen vorzunehmen, hat im Endergebnis keine einheitliche Zustimmung gefunden. Wir waren der Meinung, so etwas sollte man nicht mit Mehrheit entscheiden, sondern einvernehmlich regeln. So ist diese Frage noch offen. Sie kennen aus Ihren Heimatgebieten sicherlich alle solche Randprobleme. Wir müssen uns noch überlegen, wie man diesen Problemen nähertreten kann.
Der Gedanke der Staatsverträge, der vom Rechtsausschuß eingebracht wurde, hätte vielleicht noch ein bißchen weiterentwickelt werden können, meine Herren, und zwar ohne diese Begrenzung auf 10 000. Man hätte bei Staatsverträgen vielleicht sagen können, daß man eine größere Grenze nehme, Herr Klein. Ich wollte nur zu erwägen geben, ob man für die Zukunft vorsehen sollte, bei Staatsverträgen eine andere Regelung zu treffen. Wir können es nicht im Ausführungsgesetz tun, sondern es müßte in der Verfassung geregelt sein. Aber ich stelle insoweit keinen Änderungsantrag; ich will nur deutlich machen, daß die Frage offen ist, und ich will der betroffenen Bevölkerung gegenüber deutlich machen, daß wir das gesehen haben.
Die SPD wird diesem Gesetzentwurf zustimmen.
Nun zu Art. 39. Das Bemühen der Enquete-Kommission ging dahin, daß der Bundestag kontinuierlich bestehen solle. Die Institution Bundestag soll kontinuierlich bestehen. Deshalb werden Sie im Frühjahr in unserem Bericht, der vorgelegt werden wird, auch nichts mehr von der Auflösung des Bundestages lesen. Dort, wo seither die Auflösung stand, wird es heißen „Vorverlegung des Wahltermins". Das Parlament als solches kann aber nicht in dieser Weise aufgelöst und nach Hause geschickt werden — Überbleibsel aus der konstitutionellen Monarchie —, sondern es besteht kontinuierlich. Dieser Gedanke wird hier auf die Folge der Wahl, der Wahlperioden und des Neuzusammentritts eines neuen Bundestages angewandt.
Wir sind uns in der Sache völlig einig, bis auf den einen Punkt. Herr Lenz, Sie werden verstehen, daß wir Ihrem Änderungsantrag nicht zustimmen können. Sie haben gesagt, wir wollten an der Macht bleiben. Wir sind so überzeugt, daß wir die Wahl am 3. Oktober gewinnen, daß wir es von da aus ohne weiteres machen könnten.

(Beifall bei der SPD)

Aber, Herr Lenz und Herr Klein, wir denken nicht so opportunistisch wie Sie.

(Lachen bei der CDU/CSU)

— Ja, Herr Hauser, wir denken genauso, wie Herr Wendig es ganz richtig vorgetragen hat. Wenn man anfängt, an der Wahlperiode Veränderungen vorzunehmen, wissen wir das heute. Aber wir wissen nicht, welchen Weg wir eröffnen. Darum geht es.

(Zustimmung bei der SPD)

Es geht uns darum, die Verfassung konsequent und richtig anzuwenden. Ich bin im Zweifel, ob Ihr Antrag verfassungsrechtlich zulässig ist — ich will es nicht einmal bestreiten; ich sage: im Zweifel —, aber verfassungspolitisch wollen wir das nicht.

(Zustimmung bei der SPD)

Deshalb wollen wir den frühestmöglichen Termin, den 14. Dezember, nehmen. Vor dem 14. Dezember kann der neue Bundestag sowieso nicht zusammentreten. Damit ist diese Frage für die Zukunft geregelt.
Das in aller Einfachheit und Kürze zu den beiden Entwürfen. Ich weiß nicht, Herr Präsident, ob der Punkt betr. Sprengstoffwesen nachher extra aufgerufen wird.




Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725623000
Herr Koh lege Schäfer, ich hätte keine Bedenken, wenn wir das jetzt mitbehandelten.

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0725623100
Vielen Dank! Dann will ich nur einen Satz dazu sagen. Wir haben jetzt die konkurrierende Gesetzgebung für das Waffen- und Sprengstoffwesen vorgesehen; bei beidem, bei den Waffen wie auch beim Sprengstoff, kommt der Antrag vom Bundesrat. Der Grund liegt darin, daß der Bund für Waffen und Sprengstoff die Zuständigkeit hat, soweit es sich um wirtschaftliche Fragen handelt; er hat nicht die Zuständigkeit, soweit es sich um Fragen der inneren Sicherheit, um polizeiliche Fragen, handelt. Dann liegt die Zuständigkeit bei den Ländern. Deshalb haben die Länder selbst schon vor einigen Jahren den Antrag gestellt, der Bund solle beim Waffenrecht die Zuständigkeit übernehmen. Und die Mehrheit der Länder — die Mehrheit; daher weiß man nicht, wie das am Schluß ausgeht, ob es eine Zweidrittelmehrheit gibt — hatte jetzt beantragt, auf dem Gebiete des Sprengstoffwesens gleichermaßen zu verfahren. Wir halten das für richtig; wir stimmen auch dieser Grundgesetzänderung zu.

(Beifall bei der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725623200
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kleinert.

Detlef Kleinert (FDP):
Rede ID: ID0725623300
Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Das, was Sie gesagt haben, Herr Lenz, konnte ja nicht so stehenbleiben. Wenn wir jetzt Ihren Änderungsantrag ablehnen, leiten uns ausschließlich rechtsstaatliche Erwägungen.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Lachen bei der CDU/CSU)

Es geht nun einmal nicht an, daß wir bei allen möglichen Angelegenheiten gerade im Rechtsausschuß unter Ihrer Leitung sehr sorgfältig erwägen, wann man etwas rückwirkend und sei es auch mit der unechten Rückwirkung — machen kann und wann nicht, daß wir hier aber in ein Geschehen eingreifen, das nicht nur angelaufen ist, sondern sich seinem Ablauf nähert. Das soll man nur tun, wenn es ganz unvermeidbar ist. Unvermeidbar ist es hier trotz einsehenswerter Gründe, die Sie vorgetragen haben, nicht. Darum muß die rechtsstaatliche Erwägung im Vordergrund stehen, daß man all denen, die sich, aus welcher Sicht auch immer, auf die Dinge eingerichtet haben, nicht jetzt überraschend am Ende der Legislaturperiode mit einem neuen Datum kommt, nachdem man 31/2 Jahre lang keine Zeit gefunden hat, sich anständigerweise rechtzeitig mit diesem Mißstand zu befassen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725623400
Herr Abgeordneter Kleinert, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Detlef Kleinert (FDP):
Rede ID: ID0725623500
Bitte schön, Herr Erhard!

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0725623600
Herr Kol- I lege Kleinert, könnten Sie einräumen, daß sich dieses Problem eigentlich nur deshalb so stellt, weil die Bundesregierung den Wahltermin so früh festgesetzt hat?

(Windelen [CDU/CSU] : Gegen unseren Willen!)


Detlef Kleinert (FDP):
Rede ID: ID0725623700
Das kann ich nicht einräumen. Wir haben es mit ähnlichen Schwankungsbreiten auch früher zu tun gehabt.

(Zuruf von der FDP: Filbinger! Drei Monate!)

Ich finde, das Problem wird zur Zeit ausgesprochen dramatisiert, und ich kann nur noch einmal unterstreichen, was mein Freund Dr. Wendig schon gesagt hat, daß wir nämlich das Parlament in seinen Einflußmöglichkeiten doch nicht so formal sehen sollten, wie Sie es dargestellt haben. Bis zur Einberufung hin gibt es eine Fülle von Möglichkeiten. Aber auch ohne Tagung des Plenums gibt es viele Einflußmöglichkeiten des Parlaments, das fortbesteht, auch wenn nun die von Ihnen aufgezeigten Schwierigkeiten bestehen.
Darum ist es für uns vorrangig, daß wir hier nicht in letzter Minute eine solche Änderung herbeiführen. Daß wir das Problem genauso beurteilen wie Sie, sehen Sie daran, daß wir in der Hauptsache miteinander abstimmen wollen.
Was das unterschobene Argument angeht, wir möchten wir gern etwas länger dabei bleiben, kann ich Ihnen nur sagen: Wir sind auf den Gedanken überhaupt nicht gekommen.

(Lachen bei der CDU/CSU)

Wir nehmen aber mit Interesse zur Kenntnis, daß Sie, Herr Dr. Lenz, uns Freien Demokraten vorhin mitgeteilt haben, was wir an der SPD hätten, wüßten wir, aber was wir mit Ihnen hätten, wüßten wir nicht.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725623800
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Abgeordnete Collet.

Hugo Collet (SPD):
Rede ID: ID0725623900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich bedauere, hier vortragen zu müssen, daß ich trotz allseitiger Einigung zwischen den Fraktionen den Versuch machen will, einen Teil von Ihnen aufzufordern, den Vorlagen zur Änderung des Grundgesetzes nicht zuzustimmen. Wenn ich das tue, brauche ich hier nicht selbst viele Begründungen vorzutragen. Ich kann es mir ganz einfach machen, zumal es andernfalls auch viel zu lange dauerte.
Die Mitglieder der einzelnen Fraktionen brauchen nur nachzulesen, was in meiner Fraktion von Kurt Schumacher über Erler bis zum Parteivorsitzenden — allerdings nicht der Fraktionsvorsitzende — und was in Ihrer Fraktion sowohl Herr Barzel als auch Herr Erhard als auch Herr Kurt Georg Kiesinger
Deutscher Bundestag — i. Wahlperiode — 256. Sitzung. Bonn, Donnerstag, cien 1. Juli 1976 18393
Collet
und der Kanzlerkandidat zu den Vorteilen einer Länderneugliederung in den letzten 20 Jahren gesagt haben.

(Zuruf von der FDP: Sehr gut!)

Ich brauche niemanden gegen andere auszuspielen. Alle haben gefunden, das sei notwendig und vorteilhaft.
Ich freue mich, hier Herrn Wolfgang Mischnick zu sehen. Ich erinnere mich: Diese Länderneugliederung war einmal Ihr Wahlkampfthema.

(Mischnick [FDP] : Immer noch!)

Sie hatten hier einmal eine Gesetzesvorlage eingebracht, drei Länder zusammenzufassen. Sie hatten gute Gründe dazu angeführt.
In all dem, was uns heute vorliegt, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, was in der Begründung geschrieben ist, ist keiner der Sätze aufgehoben worden, die früher all diejenigen, die ich eben genannt habe, gesagt haben.
Hier ist also irgendwo ein Bekenntnis der Demokraten: Wir schaffen es nicht! Ich frage mich, wie wir alle hier in diesem Saal immer beklagen wollen, daß wir Europa nicht zusammenbringen, daß dort nationale Egoismen nicht überwunden werden können, wenn wir selber nicht in der Lage sind, miteinander diese Frage, so schwer sie ist, zu regeln. Bei Abstimmungen über Alternativen muß es dann ja eine Mehrheit geben.
Mit welchem Aufwand und mit welcher Mühe haben wir die Gutachten in Auftrag gegeben und sie uns hinterher angesehen. Sie wurden uns übergeben als eine wichtige Grundlage für unsere Entscheidung. Das ist jetzt alles in den Papierkorb gewandert, das ist alles nicht mehr wahr. Wir machen aus einer SollBestimmung eine Kann-Bestimmung. Wer hier in der Politik und im Parlament Bescheid weiß, weiß, daß dies die Beerdigung jeglicher Länderneugliederung ist. Bei anderen, die sich nicht wehren können — das gilt auch für alle Fraktionen und Parteien —, bei den Gemeinden, haben wir es einfach gemacht. Haben wir es immer gut gemacht? Ich möchte dahinter einige Fragezeichen setzen. Das hängt nicht von dem jeweiligen Land ab; ich mache da keine Ausnahme. Was geht kaputt, was passiert in diesem Land, außer daß wir Fristen nicht einhalten, wenn wir heute dieser Änderung nicht zustimmen? Es entsteht keinerlei Nachteil, es entsteht für uns lediglich der Auftrag, uns erneut mit einiger Energie in dieser Frage zu bemühen.

(Zuruf des Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/ CSU])

— Ich kann den Zuruf leider nicht verstehen. Wir reden beständig vom Finanzausgleich, von gleichen Lebenschancen und ähnlichen Dingen. Diese Forderungen sind doch nicht plötzlich ungültig geworden. Ich bitte Sie aber dringend, heute diese Vorlage abzulehnen und das Problem zu überlegen. Dann bleibt ein Auftrag aus dem Grundgesetz offen, aber kein Bürger dieses Landes hat einen Schaden.
Nun zu Art. 39. Sicher, für dessen Änderung wurden Gründe vorgetragen. Es wurde gesagt, es fehle
die Kontrolle der Regierung. Alle Fraktionen sind sich einig, daß das einmal geregelt werden sollte. Die CDU hat dabei ihren besonderen Aspekt. Ich will ihn hier in der Diskussion jetzt nicht untersuchen.
Mich interessiert dabei aber auch eine andere wichtige Frage. Was ich dazu sage, kann für jede Partei zutreffen, je nachdem, welche Partei in unserer Demokratie im Wechsel gerade regiert. Ist es wirklich so tragisch, wenn sich die Parlamentarier, die hier sind, einmal die Zeit nehmen, sich in den Büros für vier Jahre vorzubereiten? Sie werden nach der Hitze des Wahlkampfes etwas Luft gewinnen. Und die neuen Abgeordneten haben dann Gelegenheit, sich alles anzusehen, ehe täglich kiloweise das Papier kommt.
Dann kommen die Fragen, die das ganze Parlament zur Zeit nicht regeln kann, weil die Politik für den Bürger zwangsläufig Vorrang hat; ich meine die Fragen der Geschäftsordnung. Der Ausschuß hat zwei Jahre gearbeitet. Das Zeug ist aber jetzt im Papierkorb. Oder denken Sie an andere Dinge, die wir in eigener Sache regeln.
Wir sollten uns also zwischen den Legislaturperioden diesen Zeitraum lassen. Man kann dann viel besser arbeiten, wenn die Wunden nach einem Wahlkampf etwas vernarbt und die Scherben eingesammelt sind. Ich meine, es schadet nichts, wenn wir uns die Zeit nehmen. Wir müssen dann nicht gleich pedantisch sagen, daß der Zeitraum um sechs Wochen verkürzt werden sollte. Damit hätten wir niemandem geholfen.
Ich bitte Sie aber vor allem, in der Frage des Art. 29 GG der Vorlage nicht zuzustimmen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725624000
Das Wort hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär Schmude.

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0725624100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die einstimmige Annahme der jetzt zur Verabschiedung vorliegenden Neufassung des Art. 29 GG in den Ausschüssen des Bundestages gibt der Bundesregierung Anlaß zu der Hoffnung, daß nicht nur hier, sondern auch im Bundesrat die für die Verfassungsänderung erforderliche Mehrheit erreicht wird. Wir würden damit auf der einen Seite einen Schlußstrich unter ein Vierteljahrhundert vergeblicher Überlegungen und Versuche zur Neugliederung des Bundesgebiets ziehen. Auf der anderen Seite aber wird uns die Chance für einen Neuanfang bei der Suche nach besseren Regelungen für die räumliche Grundlage unserer föderativen Ordnung gegeben.
Viele mögen das Neugliederungsproblem, über das in der Vergangenheit so viel nachgedacht, geredet und geschrieben worden ist, ohne daß auch nur der Ansatz zu einer befriedigenden Lösung hätte gefunden werden können, für durch die geschichtliche Entwicklung erledigt halten. Bei aller Einsicht in die inzwischen entstandene Verfestigung der Verhältnisse kann aber von einer endgültigen Erledi-



Parl. Staatssekretär Dr. Schmude
gung nicht ausgegangen werden. Ich kann mich hier voll dem anschließen, was uns Herr Kollege Schäfer dazu eben vorgetragen hat.
Wie das Verfahren für eine Änderung des Bestandes von Gliedstaaten in einem Bundestaat geregelt ist, gehört zu den Lebensfragen des Bundesstaates überhaupt. Hier geht es neben dem praktischen Bedürfnis möglichst wirkungsvoller Aufgabenerfüllung auch um das Selbstverständnis des Föderalismus. Es ist eben ein wichtiger Unterschied, ob die Überprüfung und Änderung des Bestandes der Gliedstaaten wie bisher ein vom Bund zu erfüllendes verfassungsrechtliches Gebot ist oder ob die Verfassung, wie es die Neuregelung vorsieht, von dem gesicherten Bestand der Glieder des Bundes ausgeht und lediglich die Möglichkeit eröffnet, unter bestimmten Voraussetzungen, mit bestimmtem Ziel und unter vorrangiger Beachtung des Willens gerade der am stärksten betroffenen Bevölkerungsgruppen Änderungen dieses Bestands herbeizuführen.
Dabei will ich gar nicht näher auf die Frage eingehen, ob mit dem bisherigen Konzept des Grundgesetzes, das, von den Schöpfern der Verfassung her betrachtet, sicherlich den damals erkennbaren Notwendigkeiten entsprach, ebenfalls eine Lösung zu finden gewesen wäre. Hier genügt es, daran zu erinnern, daß es in den 27 Jahren seit dem Wiedergewinn der deutschen Staatlichkeit nicht gelungen ist, mit jenem Konzept auch nur einen Schritt voranzukommen. Das Konzept, das dem Verfassungsgeber vorschwebte, hat sich mit der fortschreitenden Entwicklung und Konsolidierung unseres Staatswesens als nicht realisierbar erwiesen. Man mag das bedauern, wie es Herr Kollege Collet hier getan hat. Aber wir müssen es alle gemeinsam feststellen.
Diese Erkenntnis zwingt uns zu einem Neuanfang. Die wesentlichen Kernpunkte der neuen Konzeption lassen sich in kurzer Zusammenfassung folgendermaßen bezeichnen:
Erstens. An die Stelle des bisherigen strikten Verfassungsauftrages zur Neugliederung tritt eine KannVorschrift.
Zweitens. Eine Neugliederung ist darauf auszurichten, Länder von solcher Größe und Leistungsfähigkeit zu schaffen, daß sie die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können.
Drittens. Die sogenannten Richtbegriffe des Abs. 1 des Art. 29 des Grundgesetzes, d. h. die einzelnen Kriterien, an denen sich eine vorzunehmende Neugliederungsmaßnahme auszurichten hat, sind neu formuliert und in Anpassung an die Bedürfnisse künftiger Entwicklung vervollständigt worden.
Viertens. Für eine Maßnahme der Neugliederung soll in erster Linie der Wille der unmittelbar betroffenen Bevölkerung maßgeblich sein. Deshalb ist auch ein Gesamtvolksentscheid wie nach den bisherigen Bestimmungen des Art. 29 Abs. 5 Satz 3 des Grundgesetzes nicht mehr vorgesehen.
Fünftens. Als Anstoß für eine Neugliederung werden in zusammenhängenden, über mehrere Länder sich erstreckenden Siedlungs- und Wirtschaftsräumen von mindestens 1 Million Einwohnern Volksbegehren zugelassen, denen der Bundesgesetzgeber im Erfolgsfall entweder durch Vorlage eines Neugliederungsgesetzes mit anschließendem Volksentscheid oder mit dem neu eingeführten Institut einer Volksbefragung entsprechen muß. Damit wird ein institutioneller Rahmen für Neugliederungsinitiativen aus der Bevölkerung heraus geschaffen, der es ermöglicht, in begrenzten Räumen mit derzeit problematischer Struktur Neugliederungsvorhaben in Gang zu setzen, ohne abwarten zu müssen, bis umfassende Neugliederungsprogramme reif zur Verwirklichung sind.
Sechstens. Die Neugliederung erfolgt — wie bisher durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates nicht bedarf, mit anschließendem Volksentscheid. Volksentscheide und Volksbefragungen bedürfen für ihr Zustandekommen einer qualifizierten Mehrheit.
Siebentes und abschließend. Kleinere Änderungen im Gebietsstand der Länder sind wie nach bisherigem Recht auch weiterhin im Wege des Staatsvertrages zwischen den beteiligten Ländern oder durch zustimmungsbedürftiges Bundesgesetz herbeizuführen. Die Obergrenze für solche vereinfachten Gebietsveränderungen wird jedoch auf 10 000 Einwohner erhöht.
Wir haben es hier mit einer neuen Konzeption für die Verwirklichung einer Neugliederung zu tun, die in sorgfältiger Abstimmung mit verantwortlichen Repräsentanten aller betroffenen staatlichen und politischen Kräfte entwickelt worden ist.

(Unruhe — Glocke des Präsidenten)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725624200
Meine Damen und Herren! Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Platz nähmen; die Erklärung des Herrn Staatssekretärs wird noch etwas Zeit in Anspruch nehmen.

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0725624300
Aber nicht mehr sehr viel.
Im Rückblick auf die sehr intensiven und vielfach komplizierten Verhandlungen begrüßt es die Bundesregierung dankbar, daß es möglich war, von zunächst teilweise recht unterschiedlichen Ausgangspositionen allmählich zu gemeinsamen Vorstellungen über eine Lösung der vielfältigen Probleme zu kommen und Einvernehmen über die Sach- und Verfahrensregelung zu erzielen.
Es war ein schwieriges Unterfangen, und es hätte nicht gelingen können ohne die Bereitschaft aller Beteiligten, auch andere Lösungswege als die den eigenen Optimalvorstellungen entsprechenden ernsthaft in Betracht zu ziehen. Mit dem im Wege eines sorgfältig abgewogenen Kompromisses erarbeiteten Ergebnis können wir — wie ich meine — zufrieden sein. Ich behaupte nicht, daß uns hier ein ideales und jeder Kritik entrücktes Modell vorliege, daß wir sozusagen den Stein der Weisen gefunden hätten. Aber ich glaube, daß wir nicht nur einen gangbaren, sondern auch einen angemessenen Weg einschlagen.



Parl. Staatssekretär Dr. Schmude
Den verschiedenen Änderungsvorschlägen, die im Laufe des parlamentarischen Verfahrens sowohl vom Bundesrat als auch von den beiden mit dem Gesetzentwurf befaßten Bundestagsausschüssen gemacht worden sind, kann die Bundesregierung zustimmen.
Allen, die am Zustandekommen dieses schwierigen Werkes beteiligt waren, sage ich herzlichen Dank. Wie ernst es der Bundesregierung ist, wird sie dadurch beweisen, daß sie die Folgegesetzgebung zu den Absätzen 6 und 7 der Neufassung des Art. 29 zügig vorbereiten wird.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch kurz sagen, daß die Bundesregierung die vom Bundesrat initiierte und die im Bundestag vom Rechtsausschuß und vom Innenausschuß empfohlene Verfassungsänderung zu Art. 74 Nr. 4 a des Grundgesetzes begrüßt. Diese Grundgesetzänderung wird uns die Möglichkeit geben, der Rechtszersplitterung auf dem Gebiet des Sprengstoffrechts ein Ende zu machen. Wie das geschehen soll, geht aus dem Ihnen ebenfalls vorliegenden Entwurf eines Sprengstoffgesetzes hervor. Auch insoweit bitte ich namens der Bundesregierung um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725624400
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Mischnick.

Wolfgang Mischnick (FDP):
Rede ID: ID0725624500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Collet, gerade wer für die Zukunft die Chance einer Neugliederung noch offenhalten will, muß jetzt der Grundgesetzänderung zustimmen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Das schafft überhaupt erst die Möglichkeit, regional zu Ergebnissen zu kommen, die dort von der Bevölkerung getragen werden, ohne daß eine Gesamtkonzeption für das gesamte Bundesgebiet vorliegen muß. Deshalb kann ich denjenigen, die die Neugliederung nicht aufgeben wollen, nur empfehlen, zuzustimmen, weil damit eine reale Chance überhaupt erst geschaffen wird.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725624600
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Wir treten in die Abstimmung in der zweiten Beratung ein, und zwar zunächst über das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes, soweit es die Art. 29 und 39 betrifft. Ich weise noch einmal ausdrücklich darauf hin: Art. 29 und 39 GG.
Ich rufe in der zweiten Beratung die Art. I, II, Einleitung und Überschrift auf. Wer den aufgerufenen Artikeln zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. Danke. Gegenprobe! — Drei Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? — Keine Stimmenthaltungen. In zweiter Beratung angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Ich frage, ob zur dritten Beratung das Wort gewünscht wird. Das ist nicht der Fall.
Hierzu liegt zu Art. II ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor, und zwar auf der Drucksache 7/5535, den ich nunmehr zur Abstimmung stelle:
Art. II erhält folgende Fassung:
Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündigung in Kraft.
Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Danke. Stimmenthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen nunmehr nach der Ablehnung des Änderungsantrages in dritter Beratung über den Gesetzentwurf insgesamt durch namentliche Abstimmung ab.
Ich muß Ihnen noch mitteilen, daß wir noch eine zweite namentliche Abstimmung über die Grundgesetzänderung zum Sprengstoffrecht haben werden, und wäre daher dankbar, wenn die Kolleginnen und Kollegen dies bei ihren eigenen Dispositionen berücksichtigen würden. Vorsorglich darf ich darauf hinweisen, daß einige Mitglieder des Hauses bei Punkt 20 erwägen, eine namentliche Abstimmung zu beantragen, so daß auch mit der Möglichkeit einer dritten namentlichen Abstimmung zu rechnen ist.
Ich gebe das vorläufige Ergebnis der Abstimmung über das Dreiunddreißigste Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes — Art. 29 und 39 —, Anlage 1 der Drucksache 7/5527, bekannt. Insgesamt haben sich 381 voll stimmberechtigte Damen und Herren des Hauses sowie 19 Berliner Damen und Herren an der Abstimmung beteiligt. Mit Ja haben 367 und 19 Berliner Abgeordnete, mit Nein 13 Abgeordnete gestimmt; es gab eine Stimmenthaltung. Nach Art. 79 Abs. 2 des Grundgesetzes bedarf die Annahme der Grundgesetzänderung der Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages; das sind 331, so daß die erforderliche Mehrheit erreicht ist.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen 381 und 19 Berliner Abgeordnete: davon
ja: 366 und 19 Berliner Abgeordnete,
nein: 13 Abgeordnete,
enthalten: 1 Abgeordneter,
ungültig: 1 Stimme
Ja
SPD
Adams Amling Anbuhl
Arendt (Wattenscheid) Dr. Arndt (Hamburg)
Augstein
Barche Baack Bahr
Dr. Bardens
Becker (Nienberge)

Biermann
Dr. Böhme (Freiburg)

Börner
Frau von Bothmer



Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
Brandt
Brandt (Grolsheim)

Bredl
Brück
Buchstaller
Büchler (Hof)

Dr. von Bülow
Dr. Bußmann
Conradi Coppik
Frau Dr. Däubler-Gmelin Dr. von Dohnanyi
Dürr
Eckerland
Dr. Ehrenberg
Frau Eilers (Bielefeld) Elchlepp
Dr. Emmerlich
Engholm Esters
Ewen
Fiebig
Dr. Fischer
Frau Dr. Focke
Friedrich Gansel Geiger
Gerstl (Passau)

Gertzen Glombig Dr. Glotz Gnädinger
Grobecker
Grunenberg
Haar
Haase (Fürth)

Haehser
Dr. Haenschke
Halfmeier
Hansen Hauck
Dr. Hauff Henke
Herbers Herold Höhmann Hofmann Dr. Holtz Frau Huber
Huonker
Jahn (Marburg)

Jaschke Jaunich Dr. Jens Junker Kaffka Koblitz Konrad Kratz
Dr. Kreutzmann
Krockert Lambinus Lattmann Dr. Lauritzen
Lemp
Lenders
Frau Dr. Lepsius
Liedtke Löbbert Lutz
Mahne Marquardt
Marschall
Frau Dr. Martiny
Frau Meermann
Dr. Meinecke (Hamburg) Meinike (Oberhausen) Metzger
Möhring
Müller (Bayreuth)

Müller (Nordenham)

Müller (Schweinfurt)

Dr. Müller-Emmert Müntefering
Neumann
Dr.-Ing. Oetting
Offergeld
Pawelczyk
Peiter
Dr. Penner
Pensky Peter
Polkehn Porzner Rapp (Göppingen)

Rappe (Hildesheim)

Ravens
Frau Dr. Rehlen
Reiser
Frau Renger
Reuschenbach
Richter Röhlig Rohde Sander Saxowski
Dr. Schachtschabel
Schäfer (Appenweier)

Dr. Schäfer (Tübingen) Scheffler
Scheu
Frau Schimschok
Schirmer
Schlaga Schluckebier
Schmidt (Niederselters) Schmidt (Wattenscheid) Dr. Schmitt-Vockenhausen Dr. Schmude
Dr. Schöfberger Schonhofen
Schreiber
Schulte (Unna)

Dr. Schwenk (Stade) Seibert
Simon Simpfendörfer
Dr. Sperling
Spillecke
Stahl (Kempen)

Frau Steinhauer
Dr. Stienen
Tietjen
Frau Dr. Timm
Tönjes Urbaniak
Vahlberg
Vit
Vogelsang
Waltemathe
Walther
Dr. Weber (Köln)

Wehner Wende Wendt Dr. Wernitz
Westphal
Wiefel Wimmer
Dr. de With
Wittmann (Straubing)

Wolf
Wolfram (Recklinghausen) Wrede
Würtz Wüster Wuttke Wuwer Zander Zebisch
Berliner Abgeordnete
Bühling
Dr. Dübber Egert
Grimming
Frau Grützmann Löffler
Männing
Mattick
Frau Schlei
Schwedler
Sieglerschmidt
CDU/CSU
Dr. Abelein
Alber
von Alten-Nordheim
Dr. Althammer
Dr. Arnold
Dr. Becher (Pullach)

Dr. Becker (Mönchengladbach)

Frau Benedix
Benz
Berger Bewerunge
Biechele
Dr. Blüm
von Bockelberg
Böhm (Melsungen)

Braun Breidbach
Bremer Bremm Burger Dr. Carstens (Fehmarn)

Dr. Czaja
Dr. Dollinger
Dr. Dregger
Eigen Engelsberger
Erhard (Bad Schwalbach) Ernesti
Dr. Evers
Ey
Dr. Eyrich
Freiherr von Fircks
Franke (Osnabrück)

Dr. Franz
Dr. Fuchs
Frau Geier
Geisenhofer
Gerlach (Obernau)

Gerster (Mainz)

Gierenstein
Dr. Götz
Dr. Grail
Dr. Gruhl
Haase (Kassel)

Dr. Häfele
Dr. Hammans
Handlos
von Hassel
Hauser (BN-Bad Godesberg) Dr. Hauser (Sasbach)
Dr. Heck
Hösl
Dr. Hornhues
Frau Hürland
Dr. Hupka
Jäger (Wangen)

Dr. Jahn (Münster)

Dr. Jenninger
Dr. Jobst
Josten Katzer Dr. Klein (Göttingen)

Dr. Klein (Stolberg)

Dr. Kliesing
Dr. Köhler (Wolfsburg) Köster
Dr. Kraske
Kroll-Schlüter
Freiherr
von Kühlmann-Stumm
Leicht
Dr. Lenz (Bergstraße)

Lenzer Link
Löher
Dr. Luda
Dr. Marx
Maucher
Dr. Mertes (Gerolstein)

Mick
Dr. Mikat
Dr. Miltner Möller (Lübeck)

Dr. Müller (München) Müller (Remscheid)
Dr. Müller-Hermann
Dr. Narjes
Frau Dr. Neumeister
Niegel
Dr.-Ing. Oldenstädt
Orgaß Frau Pack
Pfeffermann
Pfeifer Pieroth Pohlmann
Dr. Probst
Rainer Rawe
Reddemann
Frau Dr. Riede (Oeffingen) Dr. Riedl (München)
Dr. Ritgen
Röhner Rollmann
Rommerskirchen
Roser
Sauer (Salzgitter)

Sauter (Epfendorf)

Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein
Dr. Schäuble
Schetter
Frau Schleicher
Schmitz (Baesweiler) Schmöle
Dr. Schneider
Frau Schroeder (Detmold) Dr. Schröder (Düsseldorf) Schröder (Lüneburg)
Schulte

(Schwäbisch Gmünd)

Dr. Schulze-Vorberg
Seiters Sick
Spilker
Dr. Sprung
Stahlberg
Dr. Stark (Nürtingen)

Graf Stauffenberg
Dr. Stavenhagen
Frau Stommel
Strauß Stücklen
Susset de Terra
Thürk Tillmann
Dr. Todenhöfer
Dr. Unland
Vehar
Frau Verhülsdonk
Vogel (Ennepetal)

Vogt
Volmer
Dr. Waffenschmidt
Dr. Waigel
Dr. Warnke
Weber (Heidelberg)

Dr. Freiherr von Weizsäcker Werner
Frau Dr. Wex
Frau Will-Feld



Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
Windelen Wissebach
Dr. Wittmann (München) Dr. Wulff
Zeyer
Ziegler
Dr. Zimmermann
Zink
Zoglmann
Berliner Abgeordnete
Amrehn
Frau Berger (Berlin)

Dr. Gradl Kunz (Berlin)

Müller (Berlin)

Straßmeir
Wohlrabe
FDP
Dr. Achenbach
Dr. Bangemann
Baum
Dr. Böger Engelhard Gallus
Geldner
Genscher Grüner
Hölscher Hoffie
Jung
Kirst
Kleinert
Logemann
Fran Lüdemann
Dr. h. c. Mertes (Stuttgart) Mischnick
Möllemann Moersch
Ollesch
Opitz
Schleifenbaum
Schmidt (Kempten)

von Schoeler
Spitzmüller
Dr. Vohrer
Dr. Wendig Wolfgramm (Göttingen) Wurbs
Zywietz
Berliner Abgeordnete Hoppe
Fraktionslos
Emeis
Nein
SPD
Büchner (Speyer) Collet
Immer (Altenkirchen) Kern
Nagel
Dr. Schweitzer
Wilhelm
CDU/CSU
Biehle
Carstens (Emstek) Eilers (Wilhelmshaven) Dr. Kempfler Lagershausen Nordlohne
Enthaltungen
CDU/CSU
Dr. Jaeger
Das Gesetz ist in dritter Beratung angenommen.
Wir kommen jetzt zur Beratung des Vierunddreißigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes — Art. 74 Nr. 4 a —, Anlage 2 der Drucksache 7/5527. Es handelt sich um die Ergänzung von Art. 74, Waffen- und Sprengstoffrecht. Ich nehme auf die Diskussion bezug. Das Wort wird zusätzlich nicht gewünscht.
Ich rufe Artikel I und II, die Einleitung und Überschrift auf. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? Bei einigen Stimmenthaltungen ist das Gesetz in zweiter Beratung gebilligt.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Auch hierzu benötigen wir eine Abstimmung, die deutlich macht, daß die Zweidrittelmehrheit des Hauses dieser Grundgesetzänderung zustimmt.
Ich eröffne die namentliche Abstimmung und bitte die Damen und Herren Schriftführer mit dem Einsammeln der Stimmkarten zu beginnen.
Meine Damen und Herren, damit Sie entsprechend disponieren können, mache ich darauf aufmerksam, daß wir sofort nach Beendigung der namentlichen Abstimmung in die Beratung des Punktes 20 eintreten, der sehr wahrscheinlich mit einem Hammelsprung abgeschlossen wird.
Ich schlage vor, daß wir die Beratung dieses Punktes bis zur Feststellung des Abstimmungsergebnisses unterbrechen.
Ich rufe Punkt 20 der Tagesordnung auf:
Beratung des Einspruchs des Bundesrates gegen das Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes
— Drucksache 7/4295 —
Der Bundesrat hat in seiner 425. Sitzung am 7. November 1975 einstimmig beschlossen, gegen das vom Deutschen Bundestag am 15. Mai 1975 und am 24. Oktober 1975 verabschiedete Gesetz gemäß Art. 77 Abs. 3 GG Einspruch einzulegen.
Das Wort in der Aussprache hat der Herr Abgeordnete Lenz.

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0725624700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Straßenverkehrsgesetz, gegen das der Bundesrat Einspruch eingelegt hat, hat zum Inhalt, den Deutschen Bundestag wieder auf einem der wichtigsten Rechtsgebiete, das fast alle Bürger angeht, zuständig zu machen, nämlich auf dem Gebiete des Verkehrsrechts. Hier handelt es sich um einen reinen Kompetenzstreit zwischen Bundestag und Bundesrat. Die CDU/CSU-Fraktion beantragt, diesen Einspruch des Bundesrates zurückzuweisen und damit dieses Haus auf dem Gebiet des Straßenverkehrsrechts wieder souverän zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725624800
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Professor Dr. Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0725624900
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es so wäre, wie Herr Dr. Lenz soeben sagte, würden auch wir den Einspruch zurückweisen. Es ist aber gerade nicht so. Mit dem Gesetzesbeschluß, dem wir vor mehr als einem Jahr zugestimmt haben, bleibt der Bundestag auf dem Gebiet des Verkehrswesens nahezu ohnmächtig, und genau das ist falsch. Deshalb wird die SPD-Fraktion mit Nein stimmen. Das heißt, wir weisen den Einspruch nicht zurück. Lassen Sie mich dazu einige Bemerkungen machen.
Der Fehler liegt darin, daß der Bundestag der Regierung in § 6 des Straßenverkehrsgesetzes zu weitgehende Ermächtigungen gegeben hat, im Wege der Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates alle möglichen Fragen, z. B. die gesamte Straßenverkehrsordnung, zu regeln und in einem Ausmaß Recht zu setzen, wie es auf anderen Gebieten nicht üblich ist. Dabei kann man schon Bedenken haben, ob es richtig ist, so etwas im Wege der Rechtsverordnung zu machen. Wir Abgeordneten werden von der Bevölkerung gefragt: Warum laßt



Dr. Schäfer (Tübingen)

ihr so etwas zu? Warum z. B. konnte der Bundesrat, als damals über die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 km debattiert wurde, hier blockieren? Warum übernehmt ihr nicht die Verantwortung? Meine Damen und Herren, auf dem Gebiet des Straßenverkehrs muß der Bundestag die Grundlage schaffen, wenn er seiner Verantwortung gemäß für die Zukunft handeln will.
In diese Richtung, Herr Kollege Lenz, wollten wohl auch Sie mit Ihrem Antrag gehen. Aber der Antrag ist dafür insofern nicht geeignet, als zunächst Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates vorliegen müssen. Dann sollen diese im nachhinein in den Bundestag kommen, der daraufhin nicht beschließen kann, was richtig sein soll; er kann bestenfalls die Zustimmung verweigern. Das ist dem Bundestag nicht angemessen. Der Bundestag hat Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu tragen, und das muß man auch auf diesem Gebiet ermöglichen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725625000
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Lenz?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0725625100
Gerne! Bitte, Herr Lenz!

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0725625200
Herr Kollege Schäfer, wenn der von uns beschrittene Weg ungeeignet ist, wie erklären Sie es sich dann, daß der Verkehrsausschuß, der Rechtsausschuß und das Plenum dieses Hauses dem Entwurf zweimal einmütig zugestimmt haben?

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0725625300
Das erkläre ich sehr einfach. Man hat sich damals überlegt, ob man diesen kleinen Schritt tun solle. Wir haben inzwischen ein Jahr Zeit gehabt und sind zu der Überzeugung gelangt, daß man damit das Problem, das wir alle miteinander lösen wollen, nicht lösen kann, sondern daß man § 6 angehen muß. Es ist unseres Erachtens eine Aufgabe der nächsten Legislaturperiode, möglichst schnell § 6 zu ändern, der Exekutive das zu geben, was Aufgabe der Exekutive ist, und dem Parlament das zu belassen, was zur Verantwortung des Parlaments gehört.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725625400
Herr Abgeordneter Schäfer, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Lenz?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0725625500
Bitte!

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0725625600
Herr Kollege Schäfer, können Sie uns erklären, warum Sie ein Jahr ungenutzt haben verstreichen lassen, um uns jetzt eine Politik des Alles oder Nichts vorzuschlagen, die, wie alle diese Politiken, mit Nichts enden wird?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0725625700
Herr Kollege Lenz, ich kann die Frage an Sie zurückgeben: Warum haben Sie nicht früher beantragt, daß die Angelegenheit auf die Tagesordnung kommt?
Das ist unsere Entscheidung, und diese treffen wir selbständig. Wir haben das geprüft und sind der Auffassung, daß das gleich zu Beginn der nächsten Legislaturperiode in der Weise geändert werden muß, daß der Bundestag die Verantwortung, die Möglichkeit der Entscheidung in diesen Dingen behält. Deshalb stimmen wir mit Nein. Wir sind der Ansicht, daß man hier Nägel mit Köpfen machen muß und keine halben Lösungen beschließen darf.

(Beifall bei der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725625800
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich unterbreche, bevor wir in die Abstimmung eintreten, die Aussprache zu Punkt 20 und gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über die Änderung von Art. 74 des Grundgesetzes bekannt.
Nach Art. 79 Abs. 2 bedarf die Annahme der Grundgesetzänderung der Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages; das sind 331 Stimmen. Mit Ja haben 374 uneingeschränkt stimmberechtigte Mitglieder des Hauses gestimmt, 5 haben mit Nein gestimmt. Die 19 Berliner Abgeordneten, die sich an der Abstimmung beteiligt haben, haben sämtlich mit Ja gestimmt.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen 379 und 19 Berliner Abgeordnete; davon
ja: 374 und 19 Berliner Abgeordnete
nein: 5 Abgeordnete
Ja
SPD
Ahlers Amling Anbuhl
Arendt (Wattenscheid) Dr. Arndt (Hamburg) Augstein
Baack
Barche
Dr. Bardens
Batz
Becker (Nienberge) Biermann
Dr. Böhme (Freiburg) Börner
Frau von Bothmer Brandt
Brandt (Grolsheim) Bredl
Brück
Buchstaller
Büchler (Hof)

Büchner (Speyer)

Dr. von Bülow
Dr. Bußmann
Collet
Conradi Coppik
Frau Dr. Däubler-Gmelin
Dr. von Dohnanyi Dürr
Eckerland
Dr. Ehrenberg
Frau Eilers (Bielefeld) Elchlepp
Dr. Emmerlich Engholm
Esters
Ewen
Fiebig
Dr. Fischer
Frau Dr. Focke Friedrich
Gansel
Geiger
Gerstl (Passau) Gertzen
Glombig
Dr. Glotz
Gnädinger
Grobecker
Grunenberg
Haar
Haase (Fürth) Haehser
Dr. Haenschke Halfmeier
Hansen
Hauck
Dr. Hauff



Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
Henke
Herbers Herold Höhmann Hofmann Dr. Holtz Frau Huber
Huonker
Immer (Altenkirchen) Jahn (Marburg)
Jaschke Jaunich Dr. Jens Junker Kaffka Kern
Koblitz Konrad Kratz
Dr. Kreutzmann
Krockert Lambinus Lattmann Dr. Lauritzen
Lemp
Lenders
Frau Dr. Lepsius
Liedtke Löbbert Lutz
Mahne Marquardt
Marschall
Frau Dr. Martiny
Frau Meermann
Dr. Meinecke (Hamburg) Meinike (Oberhausen) Metzger
Möhring
Müller (Bayreuth)

Müller (Nordenham) Müller (Schweinfurt)
Dr. Müller-Emmert Müntefering
Nagel
Neumann
Dr.-Ing. Oetting
Offergeld
Pawelczyk
Peiter
Dr. Penner
Pensky Peter
Polkehn Porzner Rapp (Göppingen)

Rappe (Hildesheim) Ravens
Frau Dr. Rehlen
Reiser
Frau Renger Reuschenbach
Richter Röhlig Rohde Sander Saxowski
Dr. Schachtschabel Schäfer (Appenweier)

Dr. Schäfer (Tübingen) Scheffler
Scheu
Frau Schimschok Schirmer
Schlaga Schluckebier
Schmidt (Niederselters) Schmidt (Wattenscheid) Dr. Schmitt-Vockenhausen Dr. Schmude
Dr. Schöfberger Schonhofen
Schreiber
Schulte (Unna)

Dr. Schweitzer
Dr. Schwenk (Stade) Seibert
Simon
Simpfendörfer
Dr. Sperling
Spillecke
Stahl (Kempen)

Frau Steinhauer
Dr. Stienen Tietjen
Frau Dr. Timm
Tönjes
Urbaniak Vahlberg Vit
Vogelsang Waltemathe
Walther
Dr. Weber (Köln) Wehner
Wende
Wendt
Dr. Wernitz
Westphal Wiefel
Wilhelm Wimmer Dr. de With
Wittmann (Straubing) Wolf
Wolfram Wrede
Würtz
Wüster Wuttke Wuwer Zander
Zebisch
Berliner Abgeordnete
Bühling
Dr. Dübber
Egert
Grimming
Frau Grützmann Löffler
Männing
Mattick
Frau Schlei
Schwedler Sieglerschmidt
CDU/CSU
Dr. Abelein
Alber
von Alten-Nordheim Dr. Althammer
Dr. Arnold
Dr. Becher (Pullach)

Dr. Becker (Mönchengladbach) Frau Benedix
Benz
Berger
Bewerunge
Biechele Dr. Blüm von Bockelberg
Böhm (Melsungen) Braun
Breidbach Bremer Bremm
Burger
Carstens (Emstek)

Dr. Carstens (Fehmarn) Dr. Czaja
Dr. Dollinger
Dr. Dregger Eigen
Eilers (Wilhelmshaven) Engelsberger
Erhard (Bad Schwalbach) Ernesti
Dr. Evers Ey
Dr. Eyrich
Freiherr von Fircks
Franke (Osnabrück)

Dr. Franz Dr. Fuchs Frau Geier Geisenhofer
Gerlach (Obernau)

Gerster (Mainz)

Gierenstein Dr. Götz Dr. Graß Dr. Gruhl
Haase (Kassel)

Dr. Häfele Dr. Hammans
Handlos von Hassel
Hauser (BN-Bad Godesberg) Dr. Hauser (Sasbach)
Dr. Heck Höcherl Hösl
Dr. Hornhues
Frau Hürland
Dr. Hupka Jäger (Wangen)

Dr. Jahn (Münster)

Dr. Jenninger
Dr. Jobst Josten
Katzer
Dr. Klein (Göttingen)

Dr. Klein (Stolberg)

Dr. Kliesing
Dr. Köhler (Wolfsburg) Köster
Dr. Kraske Kroll-Schlüter
Freiherr
von Kühlmann-Stumm Lagershausen
Leicht
Dr. Lenz (Bergstraße) Lenzer
Link
Löher
Dr. Luda Lücker
Dr. Marx Maucher
Dr. Mertes (Gerolstein) Mick
Dr. Mikat Dr. Miltner
Möller (Lübeck)

Müller (Remscheid)

Dr. Müller-Hermann
Dr. Narjes
Frau Dr. Neumeister Nordlohne
Dr.-Ing. Oldenstädt
Orgaß
Frau Pack Pfeffermann
Pfeifer
Pieroth
Pohlmann Dr. Probst Rainer
Rawe
Reddemann
Frau Dr. Riede (Oeffingen) Dr. Riedl (München)
Dr. Ritgen
Röhner
Rollmann Rommerskirchen
Roser
Sauer (Salzgitter)

Sauter (Epfendorf)

Prinz zu Sayn-WittgensteinHohenstein
Dr. Schäuble
Schetter
Frau Schleicher
Schmitz (Baesweiler) Schmöle
Dr. Schneider
Frau Schroeder (Detmold) Dr. Schröder (Düsseldorf) Schröder (Lüneburg)
Dr. Schulze-Vorberg
Seiters
Sick
Spilker
Dr. Sprung Stahlberg Dr. Stark (Nürtingen)

Dr. Stavenhagen
Frau Stommel
Stücklen Susset
de Terra Thürk
Tillmann
Dr. Todenhöfer
Dr. Unland Vehar
Frau Verhülsdonk
Vogel (Ennepetal)

Vogt
Volmer
Dr. Waffenschmidt
Dr. Waigel
Weber (Heidelberg)

Dr. Freiherr von Weizsäcker Werner
Frau Dr. Wex
Frau Will-Feld
Windelen Wissebach Dr. Wittmann (München)

Dr. Wulff Zeyer
Ziegler
Dr. Zimmermann
Zink
Zoglmann
Berliner Abgeordnete
Amrehn
Frau Berger (Berlin)

Dr. Gradl Kunz (Berlin)

Müller (Berlin)

Straßmeir
Wohlrabe
FDP
Dr. Achenbach
Dr. Bangemann
Baum
Dr. Böger Engelhard Frau Funcke
Gallus
Geldner Genscher Grüner
Hölscher Hoffie
Jung
Kirst
Kleinert



Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
Logemann
Frau Lüdemann
Dr. h. c. Mertes (Stuttgart) Mischnick
Möllemann Moersch
Ollesch
Opitz
Schleifenbaum
Schmidt (Kempten)

von Schoeler Spitzmüller Dr. Vohrer Dr. Wendig
Wolfgramm (Göttingen) Wurbs
Zywietz
Berliner Abgeordnete Hoppe
Fraktionslos Emeis
Nein
CDU/CSU
Biehle
Dr. Jaeger
Dr. Müller (München) Niegel
Graf Stauffenberg
Damit ist die Änderung von Art. 74 des Grundgesetzes gebilligt.
Wir kehren nunmehr zu Punkt 20 der Tagesordnung zurück, der den Einspruch des Bundesrates gegen das Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes betrifft. Das Wort hierzu wird nicht mehr gewünscht. Nach § 92 unserer Geschäftsordnung erfolgt die Abstimmung über den Einspruch des Bundesrates durch Zählung der Stimmen, soweit nicht namentliche Abstimmung verlangt wird. Um den Einspruch des Bundesrates, der einstimmig beschlossen worden ist, zurückzuweisen, bedarf es nach Art. 77 Abs. 4 des Grundgesetzes einer Mehrheit von zwei Dritteln der Abstimmenden, mindestens aber der Mehrheit der Mitglieder des Hauses, d. h. die Zweidrittelmehrheit muß mindestens 249 Stimmen betragen. Wer den Einspruch zurückweisen will, muß mit Ja stimmen.
Meine Damen und Herren, ich stelle fest, daß namentliche Abstimmung nicht beantragt wird, so daß die Abstimmung durch Zählung der Stimmen erfolgen kann. Wir können mit der Auszählung beginnen. —
Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen nunmehr das Ergebnis der Abstimmung bekanntgeben. Es haben 160 Mitglieder des Hauses mit Ja gestimmt. Mit Nein haben 154 Mitglieder des Hauses gestimmt. Enthalten haben sich 4 Mitglieder des Hauses.
Damit ist die erforderliche Mehrheit nicht erreicht und der Einspruch nicht zurückgewiesen.
Meine Damen und Herren, wir fahren in der Abwicklung der Tagesordnung fort. Ich rufe Punkt 21 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher Vorschriften
— Drucksache 7/2204 —

(8. Ausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 7/5302 — Berichterstatter: Abgeordneter Walther b)

— Drucksachen 7/5143, 7/5322 — Berichterstatter:
Abgeordneter Berger
Abgeordneter Schäfer (Appenweier)


(Erste Beratung 110. Sitzung)

Ich frage zunächst die Berichterstatter, ob eine Ergänzung der Berichte gewünscht wird. — Das ist offensichtlich nicht der Fall. Ich danke den Herrn Berichterstattern.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe zunächst Art. 1 auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf der Drucksache 7/5538 vor. Ich frage, ob zu dem Änderungsantrag eine Begründung gewünscht wird? —

(Berger [CDU/CSU] : Ja, aber gleichzeitig mit der Aussprache!)

— Dann erteile ich Ihnen, Herr Kollege Berger, das Wort zur Begründung und gleichzeitig zur Aussprache.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0725625900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung beamtenrechtlicher Vorschriften und mit den beiden Parallelentwürfen zum Steuerbeamten-Ausbildungsgesetz und zum Rechtspflegergesetz steht heute - unmittelbar von Ablauf der Sitzungstätigkeit diese Bundestages — ein Problem zur Beschlußfassung an, das Bundesregierung und Koalition seit fünf bis sechs Jahren mit einer unglaublichen Entschlußlosigkeit und zum Schaden unserer Verwaltung und ihrer Beschäftigten vor sich hergeschoben haben. Es geht um die Einführung der Fachhochschulausbildung für den gehobenen Verwaltungs- und Justizdienst.
Die CDU/CSU hat von vorherein mit allem Nachdruck darauf hingewiesen, daß das Problem gelöst werden muß, und zwar von Bundes wegen, und daß die Lösung durch Verschleppung keinesfalls leichter wird. Wie ein fußkranker Nachzügler hinkt dieser Gesetzentwurf um fünf oder sechs Jahre verspätet hinter der Marschkolonne der bildungspolitischen Entwicklung der späten 60er und frühen 70er Jahre her, so daß selbst die Bildungspolitiker die größte Mühe haben, in diesem müden Nachzügler den gleichberechtigten Bruder der Fachhochschulgesetze der Länder aus den Jahren 1969/70 wiederzuerkennen.
Lassen Sie mich noch einmal den Hindernislauf — oder besser gesagt: das Hindernishumpeln — dieses Gesetzentwurfs zusammenfassen. 1968 kam es zur Rahmenvereinbarung der Länder über die Einführung der Fachhochschulen. 1969 und 1970 wurden daraufhin in allen Bundesländern Fachhochschulgesetze erlassen. 1970 und 1971 wurden demgemäß in allen Bundesländern Fachhochschulen für Ingenieure, für Sozialarbeiter und Betriebswirte und auf weiteren Fachgebieten errichtet, meist durch Umwandlung oder Einbeziehung vorhandener Schulen und Akademien. Gleichfalls ab 1970 und 1971 bestand



Berger
deshalb ein Bedürfnis für eine bundesrechtliche Regelung im Bereich des nichttechnischen Verwaltungsdienstes im allgemeinen sowie der Steuerbeamten und der Rechtspfleger, die jeweils eigenen Bundesgesetzen unterliegen, im besonderen.
Im Juni 1973 brachte das Land Baden-Württemberg beim Bundesrat einen entsprechenden Änderungsgesetzentwurf zum Steuerbeamtenausbildungsgesetz ein, das der Bundesrat im November 1973 beschloß. Im August 1973 brachte die Fraktion der CDU/CSU zwei umfangreiche Kleine Anfragen zu den Konsequenzen im technischen und im nichttechnischen öffentlichen Dienst aus der Einführung der Fachhochschulen ein, kritisierte schon damals die Verschleppung und drängte auf eine baldige bundesrechtliche Entscheidung.
Im September 1973 versprach die Bundesregierung ihren Antworten auf eine baldige Regelung. Im Februar 1974 wurde der Gesetzentwurf der Bundesregierung mit Parallelentwürfen zum SteuerbeamtenAusbildungsgesetz und zum Rechtspflegergesetz beim Bundesrat und im Juni 1974 beim Bundestag eingebracht. In der zweiten Hälfte von 1974 und im Jahre 1975 hatten wir im Innenausschuß wiederholt Kontroversen, weil die Koalition unsere Anträge auf baldige abschließende Beratung überstimmte und die Beratung gegen unseren Widerspruch mehrfach wieder verschleppte. Daß durch all diese Verschleppung die Lösung nicht leichter, sondern immer noch schwieriger wurde, demonstrierte die Koalition so eindrucksvoll wie nur möglich mit dem geradezu grotesken Hickhack um die Einführung einer starren Begrenzung der Ausbildungsdauer auf drei Jahre.
Bekanntlich kennen bisher weder das Beamtenrechtsrahmengesetz noch das Bundesbeamtengesetz noch das Rechtspflegergesetz eine solche starre Regelung, sondern sie enthalten mit guten Gründen nur Mindestvorschriften. Die Regierungsentwürfe sahen dann erstmals eine starre Begrenzung vor. Trotzdem wurde eine Fülle mündlicher und schriftlicher Zusicherungen aus dem Koalitionslager bekannt, teils sogar in dem Sinne, eine längere Ausbildungsdauer als drei Jahre zwingend vorzuschreiben, teils zumindest im Sinne der Offenhaltung.
Bei der abschließenden Beratung im Innenausschuß am 7. April 1976 fand sich folgerichtig eine Mehrheit für den CDU/CSU-Antrag, durch Einfügung des Wortes „mindestens" den bisherigen Zustand der Mindestregelung beizubehalten. Sie können dieses sachlich vernünftige Ergebnis der Ausschußberatung im ursprünglichen und eigentlichen Bericht und Antrag des Innenausschusses auf der Drucksache 7/5143 nachlesen. Am 2. Juni 1976 sahen sich dann die Abgeordneten der SPD und FDP von ihrer Koalitionsführung gezwungen, im Innenausschuß eine Wiederaufnahme der Beratung durchzusetzen, um mit Mehrheit zu beschließen, das Wort „mindestens" wieder zu streichen. Das sachlich unvernünftige Ergebnis dieser zweiten Beschlußfassung finden Sie in der Ergänzung zum Bericht und Antrag des Innenausschusses — Drucksache 7/5322. Die Änderung wurde mit angeblichen Mehrkosten
begründet, die sonst entstehen würden. Kein Mensch kann verstehen, wieso die bloße Beibehaltung des bisherigen Systems der Mindestvorschriften Mehrkosten verursachen soll. Ich stelle fest, daß sich bisher die Beamtenbesoldung nicht nach der Länge der Ausbildung, sondern immer nach der ausgeübten Funktion gerichtet hat.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

So war es bisher schon im Bereich des höheren Dienstes z. B. die Gesamtausbildungszeit eines Chemikers sehr viel länger als die eines Juristen. Dennoch ist bislang niemand auf den Gedanken gekommen, deswegen einen Chemiker bei Übernahme in den höheren Dienst etwa in der Besoldungsgruppe A 15 statt A 13 einzustellen.
Meine Damen und Herren, das Ergebnis dieses geradezu grotesken Hickhacks ist, daß nicht nur auf dem Gebiet der Ingenieur-Ausbildung, sondern auf wichtigen weiteren Fachgebieten Fachhochschulen seit Jahren arbeiten, die Fachhochschulbildung auf diesen Fachgebieten zur selbstverständlichen Alltäglichkeit für das Berufsleben geworden ist, während allein die Fachgebiete des gehobenen nichttechnischen Verwaltungs- und Justizdienstes mit ihren nicht weniger qualifizierten Aufgaben über Jahre hin von der Entwicklung abgehängt waren.
Ein dankbares Wort gebührt in diesem Zusammenhang den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Schleswig-Holstein, die aus Verantwortung für ihre Verwaltungen schließlich zur Selbsthilfe gegriffen haben und für ihre Landesbereiche Fachhochschulen für den gehobenen Verwaltungsdienst einführten. Sie haben damit nicht nur für ihren eigenen Landesbereich dafür gesorgt, daß das mittlere Management der Verwaltung den Anschluß an die allgemeine Entwicklung wiedergewann, sondern sie haben sicherlich einen wesentlichen Teil dazu beigetragen, daß der Bund seine jahrelange Untätigkeit und Verschleppung endlich aufgeben und die Entscheidung, die vor fünf oder sechs Jahren fällig gewesen wäre, wenigstens jetzt nachholen mußte.
Leider leidet der Gesetzentwurf noch immer unter den Folgen dieser Verschleppung. Er leidet vor allen Dingen darunter, daß er jetzt zu einem Zeitpunkt beschlossen werden muß, in dem Regierung und Koalition die öffentlichen Kassen in Bund, Ländern und Gemeinden restlos leergewirtschaftet haben, während in den Jahren 1970/71 und kurz danach noch Geld zur Verfügung gestanden hätte, das inzwischen mit verwirtschaftet ist. Deshalb konnte die prinzipiell richtige Forderung nach Kostenneutralität bei den Ausschußberatungen so perfektioniert werden, daß sogar die unmittelbaren Personal- und Sachkosten der intensiveren Ausbildung sofort durch Personalkürzungen wieder hereingebracht werden sollten. Wir haben zu diesem Punkt eine sehr heftige Kontroverse zwischen den Vertretern des Innen- und des Finanzministeriums vor dem Innenausschuß erlebt, durch die die Richtungslosigkeit und die Konfusion im Regierungslager noch einmal eindrucksvoll unter Beweis gestellt wurde.



Berger
In diesen Zusammenhang gehört es auch, daß sachliche Neuregelungen über die Ausbildung für den technischen und den nichttechnischen mittleren Dienst, die den notwendigen Anschluß an die Einführung der Fachhochschulbildung im gehobenen Dienst herstellen müßten, weitestgehend fehlen. Ebenso gehört es dazu, daß die Neuabgrenzung der Aufgabengebiete der Laufbahnen, d. h. die Zuweisung auch bestimmter höherwertiger Funktionen bei gleichzeitiger Abgabe einfacherer Funktionen an den mittleren Dienst, praktisch weiterhin in der Schwebe bleibt.
Meine Damen und Herren, die Fraktion der CDU/ CSU wird trotz dieser deutlichen Kritik, die sie der Regierung und der Koalition nicht ersparen kann, dem Gesetzentwurf zustimmen. Sie hofft darauf, daß die praktische Anwendung die versäumte Zeit nach und nach aufholen wird und daß sie aus den inhaltlichen Unzulänglichkeiten pragmatisch das Bestmögliche machen wird.
In einem Punkt können wir uns aber mit dieser Hoffnung nicht begnügen: das ist die Einführung einer starr festgeschriebenen Ausbildungsdauer von drei Jahren. Ich habe eingangs schon daran erinnert, daß wir von vornherein im federführenden Innenausschuß zunächst einmütig für die Beibehaltung der bisherigen flexiblen Mindestregelung eingetreten sind. Auch sagte ich eingangs schon, daß sich mit guten Gründen bisher das Beamtenrechtsrahmengesetz, das Bundesbeamtengesetz und das Rechtspflegergesetz auf Mindestregelungen beschränken. Soweit das Beamtenrechtsrahmengesetz betroffen ist, entspricht diese flexible Regelung schon dem rechtlichen Charakter als Rahmengesetz, das schließlich den Ländern einiges an Spielraum für die eigene Ausfüllung offenlassen muß. Im übrigen ist es sachlich vernünftig und notwendig, eine Ausbildungsregelung, die angesichts der Breite unserer öffentlichen Verwaltung für die verschiedensten Fachgebiete gilt, mit einer gewissen Elastizität zu versehen. Oft genug haben wir erleben müssen, daß die von dieser Regierung und Koalition durchgesetzten Gesetzesbeschlüsse manchmal bereits innerhalb weniger Monate zum erstenmal korrigiert werden mußten, weil sie in der Praxis nicht funktionierten. Im Interesse unserer Verwaltung und um des Ansehens des Gesetzgebers willen möchte ich nicht warten, bis die ersten Ausnahmeregelungen oder Änderungen unausweichlich werden, sondern ich möchte von vornherein der Praxis den Spielraum lassen, den sie bisher gebraucht hat und den sie auch künftig braucht.
Die Elastizität der Regelung ist insbesondere auch nötig für die Ausbildungsregelung des gehobenen technischen Dienstes. Bekanntlich wird der Nachwuchs für den gehobenen technischen Dienst seit 1970/71 an verwaltungsexternen Fachhochschulen herangebildet, und zwar in einem Fachhochschulstudium von drei Jahren. Den anschließenden Vorbereitungsdienst, der der zusätzlichen Vermittlung verwaltungsmäßiger Kenntnisse und Fähigkeiten dient, will der Entwurf starr auf ein halbes Jahr begrenzen, während bisher an sich ein dreijähriger Vorbereitungsdienst vorgeschrieben ist, der durch
Anrechnung von Berufs- und Praktikumszeiten je nach Einzelfall um höchstens zwei Jahre verkürzt werden kann, so daß im Ergebnis bisher mindestens ein Jahr Vorbereitungsdienst, je nach Einzelfall aber auch mehr, verbleibt. Ich sehe nirgends eine überzeugende Darlegung der Regierung darüber, welche Abschnitte und welche Inhalte der bisherigen Verwaltungsausbildung für Ingenieure nach ihren Vorstellungen künftig wegfallen sollen und wie sie die Auswirkungen auf die Verwaltung glaubt auffangen zu können. Ich vermisse jede Überlegung darüber, weshalb die bisherige flexible Anrechnungsregelung, bei der im Einzelfall die anrechenbaren Berufs- und Praktikumszeiten und die tatsächlich vorhandenen Kenntnisse und Fähigkeiten berücksichtigt werden können, plötzlich entbehrlich sein und abgeschafft werden soll.
Namens der Fraktion der CDU/CSU bitte ich Sie daher, meine Damen und Herren, die Fähigkeit des Gesetzgebers zur Voraussicht aller in der Praxis vorkommenden Notwendigkeiten nicht zu überschätzen. Ich bitte Sie, an Stelle der Einführung einer perfektionistischen starren Lösung die bisherige elastische Mindestregelung beizubehalten und unserem Änderungsantrag auf Drucksache 7/5538 Ihre Zustimmung zu geben.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725626000
Meine Damen und Herren, nachdem mir einer der gemeldeten Redner mitgeteilt hat, daß er bereits bei der Aussprache zu Punkt 21 auch die anderen Punkte berühren wird, rufe ich noch Punkt 22 a auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des SteuerbeamtenAusbildungsgesetzes
— Drucksache 7/2203 —
aa) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache 7/5315 —
Berichterstatter: Abgeordneter Grobecker
bb) Bericht und Antrag des Finanzausschusses (7. Ausschuß)

— Drucksache 7/5312 — Berichterstatter:
Abgeordneter Eilers (Wilhelmshaven) Abgeordneter Röhling

(Erste Beratung 110. Sitzung)

Ich danke den Herren Berichterstattern. Eine Ergänzung der Berichte wird nicht gewünscht.

(Zuruf von der CDU/CSU) — In der Aussprache nachher!

Ich rufe Punkt 22 b auf:
Zweite Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-



Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
rung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes — Drucksache 7/1643 -
Bericht und Antrag des Finanzausschusses (7. Ausschuß)

Drucksache 7/5312 — Berichterstatter:
Abgeordneter Eilers (Wilhelmshaven) Abgeordneter Röhlig

(Erste Beratung 110. Sitzung)

Ich danke auch hier den Herren Berichterstattern. Ich rufe ferner Punkt 23 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Rechtspflegergesetzes
— Drucksache 7/2205 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache 7/5494 — Berichterstatter:
Abgeordneter Simon
b) Bericht und Antrag des Rechtsausschusses (6. Ausschuß)

— Drucksache 7/5493 — Berichterstatter:
Abgeordneter Lambinus
Abgeordneter Erhard (Bad Schwalbach)


(Erste Beratung 110. Sitzung)

Ich danke sämtlichen Herren Berichterstattern. Eine Ergänzung wird an dieser Stelle nicht gewünscht. Wir fahren in der Aussprache zu Punkt 21 fort. Das Wort hat der Abgeordnete Schäfer (Appenweier).

Harald B. Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0725626100
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Verständnis vom Staat und seinen Aufgaben hat sich in unserem Jahrhundert entscheidend gewandelt. Nachdem bereits im 19. Jahrhundert neben die Herrschafts- und Ordnungsfunktion des Staates die Aufgaben auf Gewährung von Bürgerrechten und Rechtsstaatlichkeit getreten waren, gewinnt der Staat in unserem Jahrhundert durch die Forderung nach Sozialstaatlichkeit eine neue und bessere Qualität. Folgerichtig heißt es im Grundgesetz: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat." Die Verankerung dieses Grundsatzes in unserer Verfassung wäre ohne den Kampf der Arbeiterbewegung, ohne die Gewerkschaften und die Sozialdemokratie, unmöglich gewesen.
Die Verwirklichung dieses Grundgesetzauftrages erforderte und erfordert noch Veränderungen in vielen Bereichen von Staat und Gesellschaft. Eindeutig gehört dazu auch ganz wesentlich der Ausbau staatlicher Leistungen für den Bürger. Durch
mehr öffentliche Dienste, also durch mehr öffentlichen Dienst, wird für die Mehrheit unserer Bürger in vielen Bereichen erst die Voraussetzung für persönliche, konkret erfahrbare Freiheit geschaffen. Solange das Bildungswesen z. B. nur einer kleinen, privilegierten Schicht vorbehalten blieb und folgerichtig entsprechend wenig öffentliche und für den Bürger zudem nur sehr teure Bildungseinrichtungen geboten waren, konnte von Chancengleichheit und Gerechtigkeit für die Mehrheit unserer Bürger nicht die Rede sein.
Die Freiheit der Wahl einer dem einzelnen gerechten Ausbildung und Bildung war die Freiheit einiger weniger Privilegierter. Herkunft und Besitz bestimmten die Freiheitsmöglichkeiten. Meine Damen und Herren, wer wie die CDU/CSU heute den Abbau öffentlicher Leistungen in großem Umfang fordert

(Dr. Miltner [CDU/CSU]: Herr Kollege, das ist die Unwahrheit!)

und z. B. sogar die Reprivatisierung des Bildungswesens ernsthaft diskutiert, mindert die Sozialstaatsqualität.

(Beifall bei der SPD — Dr. Miltner [CDU/ CSU] : Kommen Sie doch einmal zur Sache, Herr Kollege!)

— Ich bin genau bei der Sache, Herr Kollege Miltner.

(Dr. Miltner [CDU/CSU] : Nein, das sind Sie nicht!)

Wie immer, wenn Ihnen Wahrheiten unangenehm sind, poltern Sie. — Ich wiederhole noch einmal: Wer wie die CDU/CSU den Abbau öffentlicher Dienstleistungen in großem Umfang fordert, schränkt die Freiheit der vielen zugunsten der Freiheit von wenigen ein.

(Beifall bei der SPD)

Für das Staatsverständnis von CDU/CSU ist es kennzeichnend, daß sie dort, wo der Staat Herrschaft ausübt, staatliches Handeln stärken und ausweiten will, es aber dort schwächen will, wo er für den Bürger Leistungen bringt.

(Reddemann [CDU/CSU] : So etwas können Sie nur auf Ihren Parteiversammlungen erzählen!)

Zur Verschleierung ihrer tatsächlichen Zielsetzung arbeitet die Union mit der zunächst für viele eingängigen Forderung nach „weniger Staat" und der Behauptung, die Privatwirtschaft sei besser. Wer so undifferenziert argumentiert, meine Damen und Herren, diffamiert nicht nur die Beschäftigten im öffentlichen Dienst,

(Lachen bei der CDU/CSU — Dr. Miltner [CDU/CSU] : Das ist das linkeste Geschwätz, was ich je gehört habe!)

sondern verstößt eindeutig gegen die Interessen der großen Mehrheit der Bürger unseres Landes.

(Beifall bei der SPD)




Schäfer (Appenweier)

Meine Damen und Herren, wie sieht nun die oft beklagte Ausweitung der öffentlichen Dienste aus? Wo liegen die Schwerpunkte des Zuwachses?

(Dr. Miltner [CDU/CSU] : Das gehört doch alles nicht zum Thema, was der hier sagt!)

Fast 70 °/o der Beschäftigten in Bund und Ländern
sorgen für die Bildung unserer Kinder und Jugendlichen und für die innere und äußere Sicherheit. Die
eigentliche Verwaltung - zentrale Verwaltung und
politische Führung - stellt in Bund und Ländern
nur einen Anteil von etwas mehr als 7 % der Beschäftigten. Entsprechend sind auch die Zuwachsraten: Von 1961 bis 1973 betragen die Personalzuwachsraten bei den Hochschulen etwa 240 %, den Krankenhäusern und Heilstätten 84 %, den Schulen 64 %,

(Reddemann [CDU/CSU] : Herr Präsident, hat der eine andere Tagesordnung als wir?)

dem Verteidigungsbereich 65 % und im Bereich der inneren Sicherheit 26 %.

(Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU] : Hat der das richtige Konzept?)

Von 1974 bis 1975 hat es bei Bund und Ländern nur im Bildungswesen und bei der Polizei einen nennenswerten Personalzuwachs gegeben. Er macht 90 °/o des gesamten Personalanstiegs der Zeit von 1974 bis 1975 aus. Diese wenigen Daten weitere ließen sich beliebig anfügen — machen deutlich, daß die Verbesserung der öffentlichen Infrastruktur im Interesse der Bürger liegt. Der Satz bleibt richtig, daß nur sehr, sehr reiche Bürger sich einen armen Staat leisten können.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Graß [CDU/CSU] : Ihr Staat wird nicht reicher, sondern teurer! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Natürlich wird niemand behaupten, der öffentliche Dienst sei ohne Mängel.

(Fortgesetzte Zurufe von der CDU/CSU)

Natürlich bringt seine Ausweitung Folgeprobleme. Wer wollte das bestreiten? Es gibt dieselben oder ähnliche Probleme in Großbetrieben der Privatwirtschaft. Auch spezifische Mängel sind nicht zu leugnen. Gerade die Beschäftigten sehen oft am besten, wo Bürokratisierung oder Leerlauf oder im Dienstrecht begründete Strukturschwächen vorhanden sind. Wir Sozialdemokraten weisen jedoch erneut jede pauschale Kritik an den Leistungen öffentlicher Verwaltungen zurück.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Wann kommen Sie denn endlich zur Fachhochschule, Herr Schäfer?)

Wir wissen, daß der öffentliche Dienst keinen Vergleich mit den entsprechenden Einrichtungen im In-und Ausland zu scheuen braucht.

(Berger [CDU/CSU] : Damit meinen Sie sicher Herrn Börner!)

Trotzdem besteht kein Anlaß zur Selbstzufriedenheit. Wie in anderen Bereichen müssen auch im öffentlichen Dienst durch Reformen die notwendigen
Anpassungen an die gestiegenen und qualitativ veränderten Aufgaben erfolgen. Dabei kommt einem möglichst effektiven und kostengünstigen Verwaltungs- und Mitteleinsatz bei Gewährleistung humaner Arbeitsbedingungen entscheidende Bedeutung zu.
Eine Leistungssteigerung läßt sich zum Beispiel durch die Entwicklung und Anwendung eines sachgerechten Personalsteuerungssystems erreichen, etwa durch eine funktionsgerechte Besetzung von Stellen und eine funktionsorientierte Bezahlung.
Wir haben mit dem Bundespersonalvertretungsgesetz und den Besoldungsneuregelungsgesetzen dazu bereits Voraussetzungen geschaffen. Auch der vorliegende Gesetzentwurf bedeutet einen Schritt in diese Richtung.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wie heißt er doch gleich wieder?)

Die Aufgabenentwicklung der öffentlichen Verwaltung hat in den letzten Jahren zu höheren Anforderungen vor allem im mittleren und gehobenen Dienst geführt. Der vorliegende Gesetzentwurf trägt dem Rechnung. Er regelt hauptsächlich die künftigen Zugangsvoraussetzungen für den gehobenen Dienst und bestimmt im Zusammenhang damit die Zugangsvoraussetzungen für den mittleren und den höheren Dienst neu.
Der Vorbereitungsdienst für den gehobenen Dienst wird künftig bundes- und ländereinheitlich als Studiengang auf der Bildungsebene der Fachhochschule ausgestaltet.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Ei, ei, ei!)

Studiengänge an allgemeinen staatlichen Hochschulen, die die gleichen Anforderungen erfüllen, werden für die Laufbahnbefähigung gleichgestellt. Der Gesetzentwurf verbessert also die berufliche Bildung für den Bereich des gehobenen Dienstes.
Dies muß nach unserer Auffassung mit einer Neuordnung der Studiengänge und einer Neudefinition der Funktionsbereiche einhergehen. Für manche Tätigkeiten im gehobenen nichttechnischen Dienst ist mit Sicherheit keine Fachhochschulausbildung erforderlich. Sie können und müssen künftig vom mitleren Dienst wahrgenommen werden. Das gleiche gilt für den höheren Dienst. Dem nach diesem Gesetz besser ausgebildeten gehobenen Dienst müssen Aufgaben des höheren Dienstes übertragen werden.

(Dr. Miltner [CDU/CSU] : Machen Sie es doch!)

Meine Fraktion geht davon aus, daß die Bundesregierung mit ihren diesbezüglichen Arbeiten zügig vorangeht. Das gleiche erwarten wir, Herr Kollege Miltner, von den Ländern. In der im Gesetz eingeräumten Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 1979 müßten diese Arbeiten im wesentlichen abgeschlossen sein.
Die abschließende Beratung des Gesetzentwurfs hat sich verzögert. Sie haben ja eine lange Zeit Ihrer



Schäfer (Appenweier)

Ausführungen auf diese Verfahrensfrage verwendet, Herr Kollege Berger.

(Berger [CDU/CSU] : Mit Recht!)

Die abschließende Beratung hat sich verzögert,

(Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU] : Weil ihr euch nicht klar waret!)

weil uns Sozialdemokraten und Freidemokraten die ursprünglich vorgesehenen Kosten zu hoch erschienen. Durch Verhandlungen zwischen den Bundesressorts einerseits und den Ländern andererseits — Verhandlungen, die Zeit erforderten — konnten die ursprünglich eingeplanten Kosten erheblich reduziert werden. Wir reden nicht nur von Sparsamkeit, sondern wir tun das für uns Mögliche im Parlament, um sie Wirklichkeit werden zu lassen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Das ist der Witz des Tages!)

Im Ausschußbericht sind dazu die entsprechenden Zahlen genannt.

(Dr. Graß [CDU/CSU] : Und was wird mit den Mehrkosten?)

Erwähnenswert ist die gutachtliche Stellungnahme des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft. Er hält eine gleichzeitige Beratung und Verabschiedung der drei Fachhochschulgesetze — neben diesem Gesetz noch Rechtspfleger- und Steuerbeamtenausbildungsgesetz — für sinnvoll und zweckmäßig. Aus bildungspolitischer Sicht betrachtet der Ausschuß eine externe Ausbildung als beste Lösung, weil sie die berufliche Mobilität wahre und der Fachhochschulabsolvent auch in der privaten Wirtschaft arbeiten könne. In der Tat hat sich z. B. die externe Fachhochschule für die Techniker bewährt. Der Gesetzentwurf hält deshalb grundsätzlich die Möglichkeit externer Ausbildung offen. Einen entgegenstehenden Antrag des Bundesrates haben wir auch im Hinblick auf die Durchlässigkeit der Bildungswege und die Öffnung der Laufbahnen für künftige berufsbezogene Studiengänge im allgemeinen Hochschulbereich abgelehnt.
Ich komme nun zum Antrag der CDU/CSU auf Drucksache 7/5538. Alle drei Fachhochschulgesetze sehen eine dreijährige Ausbildungsdauer vor. Die Ausschußmehrheit in den jeweiligen Ausschüssen war in Übereinstimmung mit Bundesrat und Bundesregierung, meine Herren von der Opposition, in Übereinstimmung mit dem Ergebnis der diesbezüglichen Verhandlungen der Innenministerkonferenz, der Finanzministerkonferenz, der Justizministerkonferenz und der gutachtlichen Stellungnahme des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft der Auffassung, daß eine intensive dreijährige Fachhochschulausbildung erforderlich, aber auch ausreichend sei.

(Abg. Berger [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Eine Sekunde; ich komme gleich auf Ihre Frage zurück. — Die Länder, in denen heute eine längere Ausbildungsdauer besteht, müssen sie bis zum 1. Januar 1985 an die dreijährige Ausbildungszeit
anpassen. Damit werden wir der besonderen Situation in einigen Ländern, z. B. in Baden-Württemberg und in Berlin, gerecht.

(Dr. Miltner [CDU/CSU]: Dann macht ihr weniger Staat! Gerade wie ihr es braucht!)

Von daher können wir auch verantworten, daß die von uns ursprünglich als Mindestausbildungsdauer vorgesehene Regelung zugunsten dieser Regelung, wie sie jetzt vorgeschlagen wird, zurückgezogen wird.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725626200
Herr Abgeordneter Schäfer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Berger?

Harald B. Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0725626300
Bitte schön.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0725626400
Herr Kollege Schäfer, warum haben dann die Abgeordneten der SPD und FDP sowohl im Innenausschuß wie auch im Rechtsausschuß dem Antrag der CDU/CSU ursprünglich entsprochen und das Wort „Mindest ..." eingefügt?

Harald B. Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0725626500
Ich habe Ihre Frage bereits eben mit meinen Ausführungen beantwortet. Ich werde es jedoch gerne wiederholen.

(Zuruf des Abg. Gerlach [Obernau] [CDU/ CSU])

— Ich tue es auch für Sie gerne, Herr Gerlach.

(Reddemann [CDU/CSU] : Was sind Sie arrogant!)

— Herr Reddemann, wenn man im Glashaus sitzt, — —!
Weil wir nunmehr durch die Übergangsregelung bis 1. Januar 1985 in den Ländern, in denen es eine längere als dreijährige Ausbildungszeit gibt, die Möglichkeit einer langfristigen, allmählichen Angleichung bieten.

(Dr. Graß [CDU/CSU] : Ob das möglich ist, ist die Frage!)

Noch ein Wort zur Haltung der Opposition. In wesentlichen Fragen bestand im Ausschuß Einmütigkeit zwischen den Fraktionen. Die CDU/CSU wird vermutlich nicht nur hier, sondern auch draußen aus der Frage der Ausbildungsdauer Honig saugen wollen.

(Dr. Miltner [CDU/CSU]: Jawohl, machen wir!)

Das bleibt ihr unbenommen. Man muß dabei nur wissen — insbesondere die Öffentlichkeit soll das wissen —, daß die Opposition auch in dieser Frage zu einer einheitlichen Entscheidung unfähig war.

(Dr. Miltner [CDU/CSU] : Ihr seid in dieser Frage umgefallen! — Gerlach [Obernau] [CDU/CSU] : Wer ist denn umgefallen? Sie doch! Sie haben doch ursprünglich mitgestimmt!)




Schäfer (Appenweier)

— Aber meine Damen und Herren, Sie müssen doch allmählich erkannt haben, daß Lautstärke keine Argumente ersetzt.

(Beifall bei der SPD — Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)

— Das wird auf meine Redezeit ohnehin nicht angerechnet; deshalb habe ich Muße und warte, bis Sie sich beruhigt haben. — Schön.

(Gerlach [Obernau] [CDU/CSU]: Sie haben ursprünglich mitgestimmt! — Reddemann [CDU/CSU] : Hier entscheidet immer der Herr Präsident und nicht der Herr Schäfer!)

Ich wiederhole noch einmal: Die Opposition war auch in dieser Frage der Ausbildungsdauer zu einer einheitlichen Auffassung unfähig. Ihre Bildungspolitiker haben im Ausschuß für Bildung und Wissenschaft erklärt — und einen entsprechenden Antrag gestellt —, die Fachhochschulgesetze insgesamt seien nicht entscheidungsreif; ihre Haushaltspolitiker haben den Koalitionsfraktionen im Haushaltsausschuß zugestimmt; ihre Innenpolitiker lehnen eine einheitliche Ausbildungsdauer ab. Je nach Zielgruppe vermag so die Opposition die jeweils günstig erscheinende Argumentationskette vorzubringen. Von Seriosität und politischem Gestaltungswillen zeugt dies freilich nicht.

(Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

Die SPD-Fraktion stimmt dem Gesetz in der Fassung des Innenausschusses zu. Wir legen damit einen weiteren Schritt auf dem langen Weg der Dienstrechts- und Verwaltungsreform zurück, den wir auch in der nächsten Legislaturperiode in der Regierungsverantwortung gemeinsam mit unserem Koalitionspartner fortführen werden.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Da müssen Sie sich aber anstrengen!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725626600
Wir setzen die Aussprache fort. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wendig.

Dr. Friedrich Wendig (FDP):
Rede ID: ID0725626700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich spreche zur Fachhochschulausbildung für den gehobenen Dienst im weitesten Sinne. Ich fasse ohne Rücksicht auf die Zuständigkeit der jeweiligen Fachausschüsse und der einzelnen Entwürfe alle drei Entwürfe zusammen, also die Fachhochschulausbildung für die allgemeine Verwaltung, für die Steuerverwaltung und für die Rechtspflege. Die Freien Demokraten sind sich in der Erkenntnis einig, daß die tatsächliche Lage in den drei Bereichen zwar teilweise unterschiedliche Merkmale aufweist; dennoch möchte ich für alle drei Bereiche erklären, daß wir die Fachhochschulausbildung als einen notwendigen und wesentlichen Fortschritt betrachten. In allen drei Sparten gibt es höher zu qualifizierende Tätigkeiten, die nach der herkömmlichen Ausbildungsweise nicht mehr sachgerecht erfaßt werden. Ich denke dabei u. a. auch an die immense Ausweitung oder Er-
schließung neuer Aufgabenbereiche für die öffentliche Verwaltung, für den Staat, von denen der Herr Kollege Schäfer soeben gesprochen hat.
Indem ich für den gehobenen Dienst in einem weiteren Sinne die Ausbildung an einer Fachhochschule eröffne, entlaste ich gleichzeitig wissenschaftliche Hochschulen aller Art von mancher Bedrückung, bis hin zur Frage einer Verbesserung der Numerus-clausus-Situation. Es ist richtig und notwendig, daß die öffentliche Hand dem jungen Bewerber neben dem Universitätsstudium angemessene Berufs- und Aufstiegschancen eröffnet. Dies ist der größere bildungspolitische Zusammenhang, in den ich alle drei Entwürfe gestellt sehen möchte.
Wir verkennen indes nicht, daß für uns und auch für mich persönlich dieser Bereich zunächst nicht frei von einigen Fragen und Bedenken gewesen ist, und damit komme ich auf einiges zurück, was Sie, Herr Kollege Berger, soeben in Ihren Ausführungen angesprochen haben. Es ging für uns vor allem um zwei oder — wenn Sie so wollen — um drei Komplexe. Ich glaube, ich darf die Kollegen des Innenausschusses daran erinnern, daß ich genau dieses zu Beginn der Aussprache etwa vor einem Jahr im Innenausschuß, zum Teil unter Beifall auch von Kollegen der Oppositionsfraktion, gesagt habe.
Das war erstens die Frage: sind Fachhochschulen für den gehobenen Dienst wirklich echte Fachhochschulen, oder erliegt man hier der Gefahr, lediglich durch eine Neubenennung alter Ausbildungsformen neue Ansprüche zu eröffnen? Es ist unpopulär, das so zu sagen, aber ich habe es so gesagt, und dabei bleibe ich. Zweitens: Sind alle Tätigkeiten des herkömmlichen gehobenen Dienstes so beschaffen, daß sie eine Ausbildung an echten Fachhochschulen erforderlich machen? Die dritte Frage, die Kostenfrage, möchte ich der Kürze der Zeit halber nur erwähnen. Herr Kollege Schäfer ist darauf näher eingegangen.
Alle diese Fragen habe ich, wie gesagt, am Beginn der Ausschußberatung vor etwa einem Jahr gestellt, und wir freien Demokraten sind ebenso wie der Koalitionspartner diesen Fragen nachgegangen. Wir wissen heute, daß in einigen Ländern die schon vorhandenen Einrichtungen echte Fachhochschulen sind. Das erkläre ich hiermit. Herr Miltner, im vorigen Jahr waren Sie sich auch noch nicht so darüber im klaren. Wir wollen doch heute nicht so tun — Herr Berger hat etwa von Fußkranken der Völkerwanderung gesprochen —, daß dieses nun ein Problem sei, das nach so vielen Jahren überreif sei.

(Dr. Miltner [CDU/CSU] : Das ist Ihnen aber spät eingefallen!)

Ich denke an die Aussprache im Innenausschuß vor einem Jahr. Da habe ich diese Frage gestellt, und da war die Antwort der Opposition nicht so eindeutig, wie Sie es heute sagen.
Wir sind diesen Fragen nachgegangen, und ich sage noch einmal: ich bin der Meinung, daß die Einrichtungen, die wir in anderen Ländern haben Baden-Württemberg, Berlin und Bayern wurden ge-



Dr. Wendig
nannt, um bei diesen Beispielen zu bleiben —, daß dies wirklich echte Fachhochschulen sind.
Wir wissen weiter, daß Dienstpostenbewertung und neu abzusteckende Aufgabenbereiche in bestimmten Bereichen der Verwaltung eine Ausbildung an Fachhochschulen sicherlich auch von der Sache her zwingend erforderlich machen. Dies gilt für alle drei Gesetze, wenngleich zwischen den einzelnen Sparten gewisse Unterschiede bestehen mögen.
Hieran schließt sich für uns die folgende Feststellung. Ein neues Berufsbild des gehobenen Dienstes, der ohne jeden Zweifel eine zentrale Funktion innerhalb der öffentlichen Verwaltung einnimmt, mit Abschichtungen nach oben und unten bietet uns eine zuverlässige Grundlage für eine künftige Neuordnung des Laufbahnrechts. Nicht nur am Rande will ich dabei auf den besonders verantwortlichen Aufgabenbereich in der Steuerverwaltung und die selbständigen Funktionen der Rechtspfleger hinweisen.
Aus all diesen Gründen kann und muß man den Entwürfen voll zustimmen. Es verbleiben dann nur die Anträge der Opposition, die Dauer des Vorbereitungsdienstes auf „mindestens drei Jahre" festzulegen. Wir verkennen nicht, daß in einigen Ländern zur Zeit längere Ausbildungszeiten rechtens sind. Das Abstimmungsverfahren in den einzelnen Ausschüssen hat der Herr Kollege Schäfer eben genannt. Ich glaube, meine Damen und Herren von der Opposition, er hat völlig recht damit, daß in dieser Frage die Meinungsäußerungen auch in der Opposition — ich denke da nur an den Haushaltsausschuß und an den Bildungsausschuß — nicht immer einheitlich gewesen sind. Wir haben doch gerade durch eine Neuformulierung, durch eine Übergangsvorschrift bis 1985 die Voraussetzungen dafür geschaffen, daß wir dann auch wirklich ein einheitliches Laufbahnrecht mit einheitlichen Ausbildungsvorschriften haben. Mit einer solchen Lösung werden die Länder sicherlich leben können. Unter diesen Voraussetzungen bleiben wir dabei, daß in den Entwürfen eine einheitliche Ausbildungszeit von drei Jahren festgelegt werden muß. Den Anträgen der CDU/CSU werden wir daher unsere Zustimmung versagen. Im übrigen unterstützen wir voll die drei Entwürfe über die Fachschulausbildung für den gehobenen Dienst, wobei ich noch einmal gern betone — ich habe da einen Lernprozeß in bezug auf bestimmte Bereiche durchgemacht, und das erkläre ich hier —, daß wir in ihnen einen erheblichen dienstrechtlichen Fortschritt erblicken.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725626800
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Herr Parlamentarische Staatsekretär beim Bundesminister des Innern, Baum.

Gerhart Rudolf Baum (FDP):
Rede ID: ID0725626900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den beiden Vorrednern der Koalitionsfraktionen werde ich nur einige wenige Ausführungen machen. Ich möchte zunächst meiner Verwunderung darüber Ausdruck geben, Herr Kollege Berger, wie sehr Sie sich hier in die Brust geworfen und
wie sehr Sie das zu verdecken gesucht haben, was in einem doch nicht einfachen Meinungsbildungsprozeß in diesem Parlament in allen Fraktionen notwendig war, um zu diesem Punkt zu kommen, an dem wir uns heute befinden. Beim besten Willen können Sie doch nicht von Verschleppungstaktik reden, wenn sich ein Parlament in Ruhe mit diesen schwierigen Fragen auseinandersetzt, die vor uns liegen.

(Dr. Miltner [CDU/CSU] : Seit Jahren haben Sie das doch versprochen! — Gerlach [Obernau] [CDU/CSU] : Sie haben sich lange genug herumgedrückt!)

Ich finde es auch immer sehr bemerkenswert, wie Sie hier mit verschiedenen Karten spielen, mit verschiedenen Zungen reden. Da wettert Herr Kollege Dr. Dregger in der Haushaltsdebatte gegen den öffentlichen Dienst, spricht von Abbau und Sparen und kultiviert ein Ressentiment gegen den öffentlichen Dienst.

(Dr. Miltner [CDU/CSU]: Ist ja gar nicht wahr! Gelobt hat er den öffentlichen Dienst! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— So ist es doch gewesen in der Haushaltsdebatte.

(Dr. Miltner [CDU/CSU] : So wie Sie es brauchen, können Sie es doch nicht drehen!)

Und Kollege Berger, daran habe ich mich erinnert, stellt im Laufe der Jahre einen Antrag nach dem anderen im Haushaltsausschuß. Wenn Sie das summieren, Herr Kollege Berger, was Sie dort beantragt haben — wahrscheinlich gar nicht mit Zustimmung Ihrer Fraktion —, kommen Hunderte von Millionen an Mehrausgaben zusammen.

(Lachen bei der CDU/CSU)

Wie vereinbaren Sie das mit den Sparappellen Ihrer eigenen Partei und Ihrer eigenen Fraktion?

(Dr. Miltner [CDU/CSU] : Sie sind nicht informiert! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725627000
Herr Staatssekretär, lassen Sie eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Berger zu? — Bitte!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0725627100
Herr Staatssekretär, würden Sie die Freundlichkeit haben, die Ausführungen von Herrn Kollegen Dr. Dregger noch einmal nachzulesen? Sie werden feststellen, daß völlige Übereinstimmung in seinen und meinen Ausführungen dahin gehend besteht, daß die im öffentlichen Dienst Befindlichen eine gute Arbeit leisten, und entsprechend gut bezahlt werden sollen, daß aber eine weitere Ausweitung des öffentlichen Dienstes in Zukunft nicht mehr in dem Umfang möglich ist wie in den letzten sieben Jahren.

(Zurufe von der SPD)


Gerhart Rudolf Baum (FDP):
Rede ID: ID0725627200
Herr Kollege Berger, mein Eindruck ist ganz anders. Ich habe die Ausführungen von Herrn Dr. Dregger noch sehr genau in Erinnerung. Er hat



Parl. Staatssekretär Baum
hier ein allgemeines Ressentiment gegen den öffentlichen Dienst kultiviert, dem ich nicht zuzustimmen vermag.

(Lebhafter Widerspruch bei der CDU/CSU — Dr. Miltner [CDU/CSU] : Das ist eine Verleumdung! — Gerlach [Obernau] [CDU/ CSU]: Das ist allerhand! Sie haben alles auf den Kopf gestellt! — Reddemann [CDU/ CSU] : So schlau müßten Sie sein, daß Sie das Gegenteil erkennen!)

— Herr Kollege Reddemann, Herr Dr. Dregger hatte sicher etwas ganz Besonderes im Sinn, als er das getan hat.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Nein, Sie haben etwas Besonderes im Sinn, wenn Sie die Tatsachen auf den Kopf stellen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, ich möchte mich auf den Antrag der Opposition konzentrieren, der ja auch, woran schon erinnert wurde, im Haushaltsausschuß von den Vertretern der Fraktion der CDU/ CSU abgelehnt worden ist. Insofern hat sich die Koalition der Einsicht nicht verschließen können, die auch die Oppositionsvertreter im Haushaltsausschuß schließlich ergriffen hat.
Erstens. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß für die Befähigung in Laufbahnen des gehobenen Dienstes eine intensive dreijährige Fachhochschulausbildung erforderlich, aber auch ausreichend ist. Die Ausbildung wird in Vollzeitform, also in optimaler Nutzung des Dreijahreszeitraums, durchgeführt. Der in Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern erarbeitete Vorentwurf eines Rahmenplans für die Fachhochschulausbildung in der allgemeinen Verwaltung legt einheitlich die Ausbildungsdauer von drei Jahren zugrunde. Dem entsprechen auch die für die Steuerbeamtenausbildung entwickelten Vorstellungen. Abstimmungen zwischen Innenminister-, Finanzminister-, Justiz- sowie Kultusministerkonferenz haben ergeben, daß die drei Jahre so viel Unterrichtsstunden umfassen werden, wie es für die Gleichwertigkeit mit externen Fachhochschulstudiengängen vorauszusetzen ist.
Zweitens. Wenn durch eine „Mindest"-Regelung eine allgemeine Verlängerung der Ausbildung in Bund und Ländern über die drei Jahre hinaus ermöglicht würde, Herr Kollege Berger, ist abzusehen, daß von dieser Möglichkeit mehr und mehr auch Gebrauch gemacht werden würde. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre stehen die Ausbildungszeiten der verschiedenen Verwaltungszweige ständig unter dem Druck einer Anpassung an die jeweils längeren Ausbildungen in vergleichbaren Bereichen, so daß es zu einem wechselseitigen „Hochschaukeln" der Ausbildungszeiten kommen würde, und das wollen wir nicht;

(Gnädinger [SPD] : Sehr gut!)

denn damit würden unvermeidlich Mehrkosten entstehen, die wir vermeiden wollen, und zwar, Herr Kollege Berger, in Bund und Ländern.
Drittens. Die Begrenzung der Ausbildungsdauer auf drei Jahre entspricht auch der allgemeinen Tendenz im Hochschulbereich, die Studiengänge zu straffen und zu kürzen.
Viertens. Um eine Anpassung der zur Zeit mehr als dreijährigen Ausbildung in zwei Ländern zu ermöglichen, sind, wie schon dargelegt, Übergangsregelungen vorgesehen.
Fünftens. Gegen die rahmenrechtliche Festlegung der Ausbildungsdauer auf drei Jahre bestehen auch verfassungsrechtlich keine Bedenken.
Im Namen der Bundesregierung bitte ich Sie daher, diesen Antrag der Opposition abzulehnen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725627300
Meine Damen und Herren, damit schließe ich die Aussprache zu Punkt 21.
Wir treten in zweiter Beratung in die Abstimmung ein.

(Zuruf des Abg. Eilers [Wilhelmshaven] [CDU/CSU])

— Herr Kollege, wir stimmen jetzt zunächst über dieses Gesetz ab. Es besteht kein Grund zur Unruhe; es wird heute noch alles behandelt.
Darf ich einmal die Antragsteller fragen: Soll ich, wenn wir über den ersten Antrag abgestimmt haben, über die beiden anderen Anträge einzeln abstimmen lassen?

(Zustimmung bei der CDU/CSU) — Gut, danke!

Ich rufe Art. i auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 7/5538 Ziffer 1 vor. Er lautet:
Der Vorbereitungsdienst in den Laufbahnen des gehobenen Dienstes dauert mindestens drei Jahre.
Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Danke. Stimmenthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Wer Art. i in der Fassung der Ausschußempfehlung zustimmt, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Bei 1 Stimmenthaltung gebilligt.
Ich rufe Art. 2 auf. Wer Art. 2 in der vorgelegten Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Einstimmig so beschlossen.
Zu Art. 3 liegt ein Änderungsantrag auf Drucksache 7/5538 Ziffer 2 vor. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Wer nunmehr Art. 3 in der vorliegenden Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Bei 1 Stimmenthaltung gebilligt.
Ich rufe Art. 4 auf. Dazu liegt auf Drucksache 7/5538 Ziffer 3 ein Änderungsantrag vor, wonach die



Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
Nr. 3 entfallen soll. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. -
Danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer nunmehr Art. 4 in der Fassung der Ausschußempfehlung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Einstimmig gebilligt.
Ich rufe Art. 5 und 6 sowie Einleitung und Überschrift auf. Wer den aufgerufenen Bestimmungen in der zweiten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! -
Stimmenthaltungen? — Einstimmig so gebilligt.
Meine Damen und Herren, wir treten in die
dritte Beratung
ein. Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung.
Wer dem Gesetz in der dritten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich danke Ihnen. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? - Das Gesetz ist in dritter Beratung einstimmig gebilligt.
Ich gehe davon aus, daß Sie dem Antrag zustimmen, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen und Eingaben für erledigt zu erklären. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Wir treten nun in die Aussprache über Punkt 22 der Tagesordnung — zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des SteuerbeamtenAusbildungsgesetzes und zweite Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes — ein. In der Aussprache und, wie ich annehme, auch zur Begründung des Änderungsantrages der Fraktion der CDU/CSU — Drucksache 7/5539 — hat der Herr Abgeordnete Eilers das Wort. Ich rufe gleichzeitig den Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und FDP — Drucksache 7/5529 — auf und gehe davon aus, daß er in der allgemeinen Aussprache von dem Herrn Abgeordneten Röhlig mit begründet wird. Das Wort hat Herr Abgeordneter Eilers.

Jan Eilers (CDU):
Rede ID: ID0725627400
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde mich nicht in die Präluminarien begeben, die uns soeben bei der allgemeinen Aussprache so viel Zeit gekostet haben. Ich habe nur die dringende Bitte an Herrn Staatssekretär Baum, der nun allerdings leider nicht mehr im Raum ist, er möge die Ausführungen von Herrn Dr. Dregger im Protokoll noch einmal nachlesen. Dann wird er nämlich feststellen können und müssen, daß er in der Beurteilung dessen, was Dr. Dregger zum öffentlichen Dienst und seinen Bediensteten gesagt hat, in völligem Irrtum ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich nun — auch mit Rücksicht auf die Tagesordnung, die heute und morgen noch erledigt werden soll — auf das Steuerbeamten-Ausbildungsgesetz zu sprechen kommen.
Die Gleichmäßigkeit der Besteuerung aller Staatsbürger ist ein unverzichtbares Gebot. Diesem Gebot zu folgen wird den Angehörigen der Steuerverwaltung bisher nicht leichtgemacht. Wenn Sie allein daran denken, wieviel Steuergesetze dieser Bundestag während seiner Legislaturperiode neu gestaltet und verabschiedet hat, braucht man sich darüber auch nicht zu wundern.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

Um so mehr aber haben der Bund und die Länder die Pflicht, durch eine bessere berufliche Ausbildung der Steuerbeamten und der Angestellten die Voraussetzungen für die gleichmäßige Behandlung aller Bürger in der Besteuerung zu schaffen. Dabei sollten wir nicht vergessen, daß nach dem staatlichen Zusammenbruch im Jahre 1945 aus den Trümmern der früheren Reichsfinanzverwaltung eine neue leistungsfähige Steuerverwaltung für die Bundesrepublik Deutschland erst wieder geschaffen werden mußte. Den Anfang machte der damalige Bundesfinanzminister Fritz Schäffer mit der Eröffnung der Finanzakademie in Siegburg am 15. Januar 1951.
Ihre besondere Aufgabe ist die einheitliche Fortbildung der Angehörigen des höheren Dienstes in Bund und Ländern. Erst zehn Jahre später, nämlich am 16. Mai 1961 wurde die bundeseinheitliche Ausbildung im Steuerbeamten-Ausbildungsgesetz allgemein verankert. Inzwischen blieben alle Bemühungen um eine gesetzliche Neuregelung der Ausbildung, von welcher Seite sie auch kamen, ohne ein Ergebnis. Um so mehr begrüßt es daher die CDU/CSU-Fraktion, daß es dem Finanzausschuß als dem federführenden Ausschuß und den mitberatenden Ausschüssen gelungen ist, den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes, der Ihnen auf der Drucksache 7/2203 vom 4. Juni 1974 vorliegt, noch so rechtzeitig zu beraten, daß er heute von diesem Hause verabschiedet werden kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das neue Gesetz trägt der bisherigen konsequenten politischen Willensbildung in Bund und Ländern Rechnung, die in weiten Bereichen auch des öffentlichen Dienstes die Fachhochschulausbildung eingeführt hat. Diese Entwicklung hat nicht nur im gehobenen technischen Dienst zur fachhochschulmäßigen Ausbildung geführt, sondern auch in verschiedenen Verwaltungsbereichen — so in den hier vorhin schon angeführten Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Schleswig-Holstein — eine verbesserte Ausbildung auf Fachhochschulebene gebracht. Im Freistaat Bayern, meine Damen und Herren, wurde darüber hinaus das bayerische Beamtenhochschulgesetz, das am 1. Oktober 1974 in Kraft getreten ist, die Ausbildung des gesamten gehobenen nichttechnischen Dienstes der neugeschaffenen Beamtenfachhochschule übertragen. Es kann keine Zweifel mehr daran geben — diese Erkenntnis hat sich der Finanzausschuß einstimmig zu eigen gemacht —, daß diese sachliche Notwendigkeit der Fachhochschulaus-



Eilers (Wilhelmshaven)

bildung für den gehobenen nichttechnischen Dienst uneingeschränkt zu bejahen ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Funktionsfähigkeit der Steuerverwaltung kann künftig nicht mehr so sehr durch Personalvermehrung, sondern nur durch eine bessere Ausbildung gewährleistet werden.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Auch verlangen die gestiegenen Anforderungen an die Verwaltung eine Anhebung der Ausbildung auf die Ebene wissenschaftlich orientierter Ausbildungsgänge. Das ist genau das Gegenteil von dem, was Herr Staatssekretär Baum vorhin hier vortragen zu sollen glaubte. Wir wollen durch die bessere Ausbildung der Mitglieder im öffentlichen Dienst versuchen, die Leistungsfähigkeit dieser öffentlichen Verwaltung zu steigern.
Die CDU/CSU-Mitglieder im Finanzausschuß waren deshalb der Ansicht, daß die Vorbereitungszeit für den gehobenen Dienst mindestens drei Jahre dauern sollte. Sie waren und sie sind auch jetzt der Meinung, daß die von der Mehrheit des Finanzausschusses beschlossene Ablehnung unseres Antrages und die Festlegung auf eine Vorbereitungszeit von drei Jahren die künftige Entwicklung unnötig hemmen könnten und würden. Es bedürfe also keiner Gesetzesänderung, wenn aus der Erkenntnis der Verbesserung der künftigen Ausbildung etwa auf 31/2 Jahre gegangen werden sollte. Wir werden diesen Antrag, der Ihnen bereits vorliegt, deshalb in der zweiten Lesung wiederholen und bitten Sie, ihm jetzt zuzustimmen, vor allem auch deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, weil in den anderen zur Beratung stehenden beamtenrechtlichen Gesetzentwürfen von uns die gleiche Regelung vorgeschlagen wurde, weil wir sie für richtig halten.
Im übrigen beziehe ich mich auf den von dem Kollegen Röhlig und mir abgegebenen umfangreichen schriftlichen Bericht.
Ich darf hier für die CDU/CSU-Fraktion zum Ausdruck bringen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, daß wir bereit sind, Ihrem Antrag zuzustimmen, wonach bei den Fachstudien mindestens 18 Monate Dauer vorgesehen werden sollen. Sie sollten sich überwinden und bereit sein, das „mindestens" dafür auch bei der dreijährigen Ausbildungsdauer in die Waagschale zu werfen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte mir noch einen besonderen Hinweis gestatten, der den Zugang zum höheren Dienst in der Steuerverwaltung betrifft. Der Bundestag wird durch einen einstimmig gefaßten Entschließungsantrag des Finanzausschusses aufgefordert, die Bundesregierung zu bitten, den Absolventen eines wirtschafts-, finanz- oder sozialwissenschaftlichen Studiums den Zugang zum höheren Dienst der Steuerverwaltung in allen Bundesländern zu eröffnen. Der Ausschuß stellte dabei fest, daß der Nachwuchs des höheren Dienstes zur Zeit fast ausschließlich aus Volljuristen besteht, obwohl bereits seit 15 Jahren auch Bewerber mit abgeschlossenem anderem Studium eingestellt werden können. Diese fast ausschließliche Berücksichtigung von Juristen entspricht nicht mehr den Bedürfnissen einer leistungsfähigen und modernen Steuerverwaltung; ich denke nur daran, wie umfangreich die Aufgaben der Betriebsprüfung in der Steuerverwaltung sind und künftig noch mehr sein werden.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

Soweit die notwendigen Ausbildungsgänge bei den einzelnen Bundesländern noch nicht eingerichtet sind, sollten hierfür unverzüglich geeignete Maßnahmen getroffen werden.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, dem Gesetzentwurf in der Fassung der Ausschußbeschlüsse und unseres Ergänzungsantrags zuzustimmen, damit die Steuerbediensteten die seit langen Jahren überfällige moderne, bessere und zukunftsorientierte Ausbildung erhalten können.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725627500
Das Wort hat Herr Abgeordneter Röhlig.

Siegfried Röhlig (SPD):
Rede ID: ID0725627600
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag wird heute ein Gesetz zur Änderung des Steuerbeamtenausbildungsgesetzes verabschieden. Diese Gesetzesänderung ist mehr als eine unter vielen Novellen; sie ist ein wichtiger Teil der Reformpolitik im Bereich des Steuerwesens.
Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf geht von dem Gedanken aus, daß der Verfassungsgrundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nur sichergestellt — oder, wenn man den Kritikern folgen will, wiederhergestellt — werden kann, wenn die von der Bundesregierung und den Koalitionsparteien auf den Weg gebrachte Reform des materiellen und formellen Steuerrechts durch eine Reform der beruflichen Bildung der Steuerbeamten begleitet wird.
Es kommt hinzu, daß wir eine ständig zunehmende Komplizierung der steuererheblichen Sachverhalte unserer Wirtschaftsabläufe zu verzeichnen haben, die dem Gesetzgeber bei seinem Bemühen um mehr Durchschaubarkeit und Vereinfachung der Steuergesetze leider Grenzen setzt.
Aber auch die Tatsache, daß es den Beschäftigten der Steuerverwaltung auferlegt ist, immer differenziertere Lebenssachverhalte unserer Wirtschafts- und Sozialordnung in all ihren Verästelungen unter ein anerkannt komplexes und kompliziertes Steuerrecht zu subsumieren, zwingt dazu, neben den personellen und sachlichen Voraussetzungen auch die Ausbildung der Steuerbeamten zu reformieren.
Der Gesetzentwurf geht deshalb auch weiter als die beiden anderen hier gleichzeitig zur Beratung und Beschlußfassung vorliegenden Gesetzentwürfe; er befaßt sich außer mit der Anhebung der Ausbildung des gehobenen Dienstes auf Fachhochschulniveau u. a. mit einer bedeutsamen Veränderung der beruflichen Bildung des mittleren Dienstes und mit Änderungen in der Ausbildung des höheren Dienstes; dies deshalb, weil bei der Ausbildung aller
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 25b. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juli 1976 18411
Röhlig
übrigen Landesbeamten dem Bundesgesetzgeber insoweit nur rahmenrechtliche Regelungsmöglichkeiten gegeben sind, wogegen bei den Steuerbeamten die Ausbildung durch Bundesgesetz gemäß Art. 108 des Grundgesetzes einheitlich geregelt werden kann und, falls dies geschieht, dann unmittelbar geltendes Recht ist.
Der Bundesgesetzgeber hat dieses ihm von der Verfassung zugebilligte Recht mit dem im Mai 1961 verabschiedeten Steuerbeamten-Ausbildungsgesetz in Anspruch genommen, sicherlich nicht zuletzt deshalb, um eine von der Sache her gebotene einheitliche Ausbildung aller Steuerbeamten zu gewährleisten. Deshalb werden wir auch den Änderungsantrag der Opposition auf Drucksache 7/5539 ablehnen.

(Eilers [Wilhelmshaven] [CDU/CSU] : Das ist aber außerordentlich bedauerlich!)

— Herr Kollege Eilers, da geht es nun nicht um Sympathien, sondern darum: Für den einheitlichen Vollzug der für alle Länder einheitlich gültigen Steuergesetze wäre es doch verhängnisvoll, würde man dem von der Opposition in ihrem Antrag gewollten Weg folgen, Steuerbeamte künftig eben nicht mehr einheitlich auszubilden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725627700
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jäger (Wangen)?

Siegfried Röhlig (SPD):
Rede ID: ID0725627800
Nein,

(Zuruf von der CDU/CSU: Ich habe den Eindruck, die Frage wäre auch peinlich geworden!)

jedem anderen ja.

(Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Im übrigen dürfte aber auch sicher sein — Herr Kollege Eilers weiß das, Herr Jäger vielleicht nicht so —, daß die Verfassungsvorschrift des Art. 108 Abs. 2 diesen Weg einfach nicht freigibt.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Ich kann Sie ja auch so fragen: Warum setzen Sie sich eigentlich über das hinweg, was die deutsche Steuergewerkschaft zu dieser Sache gesagt hat? Sie sind doch selber Kollege der deutschen Steuergewerkschaft!)

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf in der vom Ausschuß vorgelegten Fassung baut auf der Regierungsvorlage auf. Er berücksichtigt aber auch zum Teil bedeutsame Änderungs- und Ergänzungsvorschläge des Bundesrates und des federführenden Finanzausschusses.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Schlechtes Gewissen! Deswegen wollen Sie die Frage nicht zulassen! Das ist der ganze Grund!)

Danach wird der Vorbereitungsdienst für die mittlere Laufbahn von zur Zeit 18 auf 24 Monate verlängert, und zwar bei gleichzeitiger Verdoppelung der fachtheoretischen Ausbildung. Damit wiederum wird eine intensivere Ausbildung ermöglicht, die
den völlig veränderten Funktionen dieser Laufbahn Rechnung trägt.
Durch die Neuordnung des Veranlagungs- und Erhebungsverfahrens in den Finanzämtern müssen sinnvollerweise Aufgaben des gehobenen Dienstes auf den mittleren Dienst verlagert werden. So versehen bereits jetzt mehr als 25 % der Beamten des mittleren Dienstes Funktionen, die noch vor kurzem ausschließlich dem gehobenen Dienst zugeordnet waren. Die Steuerverwaltungen der Länder haben sich in der Übergangszeit damit behelfen müssen, ihre mittleren Beamten in zum Teil aufwendigen Fortbildungsprogrammen an die gestiegenen Anforderungen des Arbeitsplatzes heranzuführen.
Der dreijährige Vorbereitungsdienst für die Anwärter der gehobenen Laufbahn umfaßt Studienzeiten von mindestens 18 Monaten an einer Bildungseinrichtung im Geschäftsbereich der jeweiligen Landessteuerverwaltung. Hinzu kommen berufspraktische Studienzeiten und — zwingend vorgeschrieben — ein Jahr praktischer Ausbildung beim Finanzamt, um die Verbindung von künftigem Arbeitsplatz und Studium sicherzustellen.
An der Zugangsvoraussetzung Abitur ist festgehalten worden, weil diese den Anforderungen, die an einen Beamten des gehobenen Dienstes der Laufbahn der Steuerverwaltung gestellt werden müssen, grundsätzlich entspricht. In gleichem Umfang nämlich, wie die Aufgaben des gehobenen Dienstes auf Beamte des mittleren Dienstes verlagert werden, werden die Beamten des gehobenen Dienstes verstärkt im Prüfungsbereich eingesetzt. Diese Tätigkeit erfordert selbstverständlich umfassende betriebswirtschaftliche, volkswirtschaftliche und gesellschaftspolitische Kenntnisse neben einem fundierten steuerrechtlichen Wissen.
Darüber hinaus aber sind wir Sozialdemokraten überzeugt, daß das Abitur mehr als bisher auch ohne Hochschulstudium in angemesse Berufswege führen muß und kann. Der Beruf des Steuerbeamten der gehobenen Laufbahn ist einer dieser Wege.
Lassen Sie mich hier auch gleich auf den Antrag der Koalitionsfraktionen eingehen. Die vorgeschlagene Änderung entspricht einem Antrag des Bundesrats. Sie beinhaltet aber auch die sachliche Gleichstellung mit dem Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher Vorschriften und dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Rechtspflegergesetzes. Beide Gesetze sehen vor, daß die Studienzeiten an den Fachhochschulen mindestens 18 Monate betragen müssen. Unser Antrag soll sicherstellen, daß die Anerkennung der Bildungseinrichtung des gehobenen Dienstes als Fachhochschule, die bekanntlich ausschließlich Ländersache ist, wie in den anderen beiden Gesetzentwürfen nicht dadurch gefährdet wird, daß der Bundesgesetzgeber Studienzeiten ohne Not festschreibt. Für die Laufbahn des höheren Dienstes sieht der Gesetzentwurf die Verlängerung der Ergänzungsstudien an der Bundesfinanzakademie vor und schreibt, wie übrigens auch für die anderen Laufbahnen, eine regelmäßige Förderung der Beamten durch Fortbildungsveranstaltungen vor — bei der Fülle der Steuerge-



Röhlig
setze eine in ihrer Notwendigkeit besonders wichtige Neuerung.
Der Ausschuß war übereinstimmend der Auffassung — Herr Kollege Eilers hat darauf hingewiesen —, daß die bisher geübte Praxis, für die Laufbahn des höheren Dienstes fast ausschließlich Juristen einzustellen und auszubilden, nicht mehr den Bedürfnissen einer leistungsfähigen und modernen Steuerverwaltung entspricht. Er hat deshalb neben einer Klarstellung im Gesetz einen Entschließungsantrag zur Annahme vorgelegt, mit dem die Bundesregierung gebeten wird, darauf hinzuwirken, daß, wie im Gesetz vorgesehen, auch Absolventen eines wirtschaftswissenschaftlichen oder eines finanzwissenschaftlichen Studiums der Zugang zum höheren Dienst der Steuerverwaltung eröffnet wird. Die Tatsache jedenfalls, daß von zur Zeit 2 813 Beamten des höheren Dienstes lediglich zwei eine wirtschaftswissenschaftliche Vorbildung besitzen, ist vom Finanzausschuß, wie ich meine, zu Recht als unbefriedigend bezeichnet worden.
Ebenfalls neu geregelt wird der prüfungsfreie Aufstieg. Danach wird, wie in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes, der Übergang in die nächsthöhere Laufbahn unter bestimmten Voraussetzungen und beschränkt auf Ausnahmefälle ermöglicht.
Lassen Sie mich abschließend sagen: Wichtige Voraussetzung für die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Steuerverwaltung als der größten Einnahmeverwaltung unseres Staates ist eine umfassende und den ständig wachsenden Leistungsanforderungen entsprechende Bildung der Steuerbeamten. Das zur Verabschiedung anstehende Gesetz schafft diese Voraussetzung.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion erwartet von der Bundesregierung, daß die für den Vollzug des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes notwendige Rechtsverordnung, die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Steuerbeamte, recht schnell verabschiedet wird und dabei, insbesondere im künftigen Fachhochschulbereich, Regelungen getroffen werden, die, wie es das Gesetz vorsieht und das Grundgesetz es fordert, die Einheitlichkeit der Ausbildung aller Steuerbeamten. gewährleisten.
Wir Sozialdemokraten stimmen dem Gesetzentwurf in der Ausschußfassung und dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zu.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725627900
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Zu Art. I liegt der Änderungsantrag Drucksache 7/5529 der Fraktionen der SPD und der FDP vor. Danach soll in § 4 Abs. 3 Satz 3 vor den Worten „achtzehnmonatiger Dauer" das Wort „mindestens" eingefügt werden. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? - Einstimmig gebilligt.
Ich rufe nunmehr den Änderungsantrag Drucksache 7/5539 der Fraktion der CDU/CSU zu Art. I
auf. Ich glaube, wir können über die beiden Ziffern gemeinsam abstimmen.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

— Wer diesen beiden Änderungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Danke. Stimmenthaltungen? - Die Anträge unter den Ziffern 1 und 2 sind abgelehnt.
Ich rufe nunmehr Art. I in der geänderten Fassung auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke schön. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Einstimmig gebilligt.
Ich rufe in zweiter Beratung Art. II sowie Einleitung und Überschrift auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. — Das Wort wird nicht begehrt.
Wer dem Gesetzentwurf in dritter Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. -
Ich danke Ihnen. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Ich stelle einstimmige Billigung fest.
In der Drucksache 7/5312 liegen die noch zu behandelnden Ausschußanträge 2 bis 4 vor, den Gesetzentwurf des Bundesrats sowie die eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären und den in der Aussprache behandelten Entschließungsantrag anzunehmen. Ich gehe davon aus, daß ich über die drei Ausschußanträge gemeinsam abstimmen lassen kann. — Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Ich danke Ihnen. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Einstimmig so gebilligt.
Meine Damen und Herren, wir treten nunmehr in die abschließende Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 23 ein: Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Rechtspflegergesetzes.
Hierzu liegt der Änderungsantrag Drucksache 7/5537 der Fraktion der CDU/CSU vor. Er betrifft Art. 1. Ich gehe davon aus, Herr Kollege Erhard, daß Sie diesen Antrag in der Aussprache mitbegründen werden. — Sie haben das Wort.

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0725628000
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag, der uns allen vorliegt, hat seinem strengen Wortlaut nach nur eine ganz kleine Änderung des § 2 Abs. 1 Satz 1 zum Gegenstand, nämlich für die Dauer des Vorbereitungsdienstes das Wörtchen „mindestens" in das Gesetz aufzunehmen.
Im Rechtsausschuß hatte sich eine Mehrheit dafür ergeben, das Wörtchen „mindestens" aufzunehmen,

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

wie es ursprünglich auch im Innenausschuß der Fall gewesen ist. Ich sehe allerdings diejenigen Kollegen aus der SPD-Fraktion, die mitgestimmt haben, nicht, auch nicht die Kollegen von der FDP. Sie sind also zweckmäßigerweise herausgegangen, damit sie hier nicht den Widerspruch zu ihrer Entscheidung im Ausschuß zu offenbaren brauchen. Soviel ist die



Erhard (Bad Schwalbach)

Freiheit der Entscheidung auch in solch relativ kleinen Dingen noch wert.
Im Rechtsausschuß ist vom Berichterstatter der SPD-Fraktion erklärt worden, sachlich wäre es richtig, das Wort „mindestens" aufzunehmen, aber da der Innenausschuß nach einer Korrektur seiner Entscheidungen anders entschieden habe, könne man wohl nicht mehr bei dem, was sachlich richtig wäre, bleiben.

(Burger [CDU/CSU] : Hört! Hört!)

Nun ist es interessant, sich die Sachen einmal etwas genauer anzuschauen, sich nämlich einmal schlicht das geltende Recht anzuschauen, das wir mit der Verabschiedung des Rechtspflegergesetzes geschaffen haben, bei dem eine Fülle von richterlichen Aufgaben auf die Rechtspfleger übertragen und deswegen Ausbildungsvoraussetzungen für notwendig gehalten wurden.
Ich lese einfach einmal vor: In dem geltenden § 2 des Rechtspflegergesetzes heißt es:
Voraussetzungen für die Tätigkeit des Rechtspflegers
Mit den Aufgaben eines Rechtspflegers kann ein Beamter des Justizdienstes betraut werden, der einen Vorbereitungsdienst von mindestens drei Jahren ableistet und die Prüfung für den gehobenen Justizdienst bestanden hat.
Die Worte „Prüfung für den gehobenen Justizdienst" werden nunmehr durch den Begriff „Rechtspflegerprüfung" ersetzt, und das Wort „mindestens" wird gestrichen.
Zusätzlich wird folgendes geändert. Bisher heißt es, daß die praktische Ausbildung; die berufs- und wissenschaftsbegleitende Ausbildung, wenigstens ein Jahr betragen soll. Es sind also mindestens drei Jahre insgesamt, wenigstens ein Jahr wissenschaftliche Ausbildung und mindestens ein praktisches Jahr. Künftig wird hier die Verschiebung vorgenommen. Es soll nur noch drei Jahre Vorbereitungsdienst gehen, und es heißt nur noch, daß die praktische Ausbildung von einem Jahr nicht unterschritten werden soll. Geändert wird, daß der wissenschaftliche Ausbildungsteil, der bisher nur mit mindestens einem Jahr angegeben wurde, jetzt auf mindestens anderthalb Jahre ausgedehnt wird. Im Ergebnis bedeutet das, daß die Ausbildung für diejenigen strenger eingeengt wird, die die Ausbildungsregeln aufzustellen haben. Für die Auszubildenden ist mindestens ein wissenschaftlicher Teil von anderthalb Jahren und ein praktisches Jahr von nicht unter einem Jahr vorgesehen; übrig bleibt nur noch eia halbes Jahr, mit dem man noch etwas organisieren könnte.
Hier werden Einengungen zu Lasten des berufspraktischen Vorbereitungsdienstes zugunsten wissenschaftlicher oder, sagen wir besser: mehr schulischer Ausbildung vorgenommen. Durch Übergangsregeln, die speziell zu schaffen sind, müssen sogar bereits vorhandene Ausbildungszeiten für den Vorbereitungsdienst teilweise zurückgenommen werden bis zum Jahre X; das Jahr spielt gar keine Rolle.
Um es kürzer zu sagen: Seit 1969 waren wir uns im Bundestag völlig darüber im klaren, daß wir eine Mindestausbildung für den Rechtspfleger von drei Jahren brauchten. Der Referentenentwurf des Ministeriums hat drei Jahre und sechs Monate vorgeschrieben;

(Burger [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

die Justizminister der Länder — die Betroffenen —haben dem samt und sonders zugestimmt.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Wir alle halten es für richtig, daß man solche Regeln bringt, und wir sagen, wir wollen wegen der Schwierigkeiten und der überschreitenden Dinge im Bereich des gehobenen Dienstes aller Verwaltungen nichts überziehen, und sprechen von mindestens drei Jahren. Aber auch selbst das wollen Sie nicht mehr. Hier wollen Sie hinter das geltende Recht zurückgehen, hinter die eigenen Vorstellungen, die Sie gehabt und die Sie überall verkündet haben; dies in der Erkenntnis, daß das, was Sie bisher gesagt haben, zwar richtig gewesen sei, jetzt aber plötzlich nicht mehr richtig sein soll. Aus welchen Gründen — darüber könnte man philosophieren.
Daß jedenfalls das Wörtchen „mindestens" bei den drei Jahren nicht die geringsten finanziellen Auswirkungen haben kann, wenn es im Gesetz stünde, liegt auf der Hand; denn es steht im geltenden Gesetz. Das Argument, das dagegen vorgebracht wird, ist so falsch, wie nur etwas sein kann; denn wir haben ja diesen Rechtszustand. Er soll verengt werden.
Wer wird der Leidtragende sein? Wenn es richtig ist, daß eine breite bisher richterliche Tätigkeit durch Rechtspfleger wahrgenommen wird, daß die Rechtspfleger entsprechend eine spezielle Ausbildung haben müssen — im Gegensatz zu früher muß diese Ausbildung spezialisierter und breiter sein -, nun aber zurückgeschraubt wird, dann kann ich nur fragen: Wer ist denn der Benachteiligte? In der Besoldung ändert sich so und so nichts. Benachteiligt könnten bloß die Rechtsuchenden sein.

(Berger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Da die Entscheidungen durch die Rechtspfleger in eigener Zuständigkeit zu fällen sind, im Gegensatz zu allen anderen Verwaltungen, auch der Steuerverwaltung, ohne Weisungsgebundenheit, dann muß bei weniger Qualität der Rechtsuchende der Benachteiligte sein. Das ist die neue Politik der SPD. Ich kann Ihnen nur noch einmal sagen: Es geht um das kleine Wörtchen „mindestens", aber bei dem, was da geschieht, kann man nur laut Hurra rufen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Berger [CDU/ CSU] : Koalition bedeutet Rückschritt!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725628100
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Gnädinger.

Fritz-Joachim Gnädinger (SPD):
Rede ID: ID0725628200
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Angesichts der mir zur Verfügung stehenden sehr kurzen Redezeit muß ich meine Ausführungen zu dein vorliegenden Gesetzentwurf auf wenige Bemerkungen beschränken. Ich



Gnädinger
will in diesem Zusammenhang gerne auf das eingehen, was Sie, Herr Erhard, gesagt haben.
Aber an erster Stelle möchte ich betonen, daß die sozialdemokratische Bundestagsfraktion beide Zielsetzungen des Gesetzentwurfs, nämlich einmal die Vereinheitlichung und zum anderen die Verbesserung der Bildung der Rechtspfleger, voll trägt. Dies scheint uns vor allem deshalb notwendig zu sein, weil die Aufgabenbereiche der Rechtspfleger in den vergangenen Jahren nach und nach erweitert worden sind. Rechtspfleger sind heute weisungsfreie, eigenverantwortlich handelnde Spezalisten auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Vollstreckungswesens. Der Rechtspfleger hat damit eine Bedeutung erlangt, die es notwendig macht, Vorbildung und Ausbildung durch Bundesgesetz einheitlich zu regeln.
Angesichts dieses veränderten Berufsbildes der Rechtspfleger halten wir eine längere Ausbildungszeit für justizpolitisch durchaus diskutabel. Hier waren jedoch justizpolitische Gesichtspunkte und solche der Finanz- und Haushaltspolitik gegeneinander abzuwägen. In dieser Situation hilft es nicht weiter, wenn die Opposition mutwillig ihr Gesichtsfeld ausschließlich auf justizpolitische oder — besser gesagt — wahlkampftaktische Gesichtspunkte verengt.

(Beifall bei der SPD — Maucher [CDU/CSU] : Was heißt mutwillig? — Abg. Berger meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Ich habe nur eine kurze Redezeit. Es geht nicht.

(Maucher [CDU/CSU] : Er hat Angst!)

Wir jedenfalls möchten Sorge dafür tragen, daß die Ausbildungszeiten der Rechtspfleger und jene der Steuerbeamten und der übrigen Beamten heute einheitlich geregelt werden. Die Opposition läßt haushaltspolitische Gesichtspunkte völlig außer Betracht. Der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages hat mit großer Deutlichkeit und mit Nachdruck zum Ausdruck gebracht, daß eine Ausbildungszeit, die die jetzt vorgesehene Zeit von drei Jahren überschreiten würde, wegen ihrer besoldungsmäßigen Konsequenzen mit der Haushaltslage nicht zu vereinbaren wäre.

(Abg. Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Nein, Herr Erhard, ich habe nur eine kurze Redezeit.

(V o r sitz : Vizepräsident Dr. Jaeger)

Dieser Gesichtspunkt wird von den vorgesehenen Änderungsanträgen der Opposition überhaupt nicht zur Kenntnis genommen. Die Opposition sollte sich auch daran erinnern, daß sich der Bundesrat unter ihrer Führung ausdrücklich für eine dreijährige einheitliche Ausbildungsdauer der Rechtspfleger ausgesprochen hat. Dies ist auch verständlich; denn alle Kosten dieses Gesetzes treffen die Länder.
Heute beträgt die Ausbildungsdauer der Rechtspfleger fast in allen Bundesländern drei Jahre. Auf der Grundlage einer solchen Ausbildung haben die Rechtspfleger in all ihren Tätigkeitsbereichen Hervorragendes geleistet. Wir Sozialdemokraten nehmen diese Debatte gerne zum Anlaß, um dem genannten Personenkreis dafür herzlich zu danken.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Mit Worten ja, aber mit der Tat nicht!)

Auch wir wissen, daß die künftige justizpolitische Gesetzgebung durchaus einen Weg nehmen kann, der zu einer zusätzlichen Übertragung von Aufgaben auf die Rechtspfleger führen könnte. Solche Aufgabenübertragungen werden dann Anlaß dafür sein, die Frage der Ausbildungsdauer erneut zu prüfen.
Am heutigen Tage müssen wir jedoch alle Betroffenen um Einsicht dafür bitten, daß die Stabilität unserer Staatsfinanzen Priorität hat. Auch in Wahlkampfzeiten dürfen wir uns an den Realitäten nicht vorbeimogeln. Deshalb werden wir den vorgelegten Änderungsantrag ablehnen, den die Opposition zwar gestellt hat, jedoch nicht verantworten kann und auch nicht verantworten muß.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Berger [CDU/CSU]: Wo Ihre Kollegen im Rechtsausschuß zugestimmt haben!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725628300
Meine Damen und Herren, wird weiterhin das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Dann rufe ich in der Einzelberatung Art. 1 und den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 7/5537 auf. Wird dazu dazu noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer dem aufgerufenen Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. Mit Mehrheit abgelehnt.
Ich lasse über Art. 1 in der Ausschußfassung abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ist so beschlossen.
Ich rufe Art. 2, 3, 4, Einleitung und Überschrift auf. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Ich komme zur
dritten Beratung.
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ich sehe keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Bei einer Enthaltung ohne Gegenstimmen angenommen.
Der Ausschuß schlägt Ihnen vor, die zu dem Gesetz eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. — Widerspruch erfolgt nicht. Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 24 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Rechts-



Vizepräsident Dr. Jaeger
verhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages
—Drucksache 7/5525 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Sonderausschuß (federführend)

Innenausschuß
Rechtsausschuß
Finanzausschuß
Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 CO
Als erster spricht der Abgeordnete Kunz (Berlin).

Gerhard Kunz (CDU):
Rede ID: ID0725628400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Entwurf, der vorn 2. Sonderausschuß erarbeitet worden ist, bringt eine Reihe von entscheidenden Klärungen in bezug auf die Rechtsstellung der Abgeordneten. Dies wird im einzelnen Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen ausführen. Ich darf mich — da ich insbesondere voraussetzen kann, daß sowohl die Öffentlichkeit als auch das Haus die entsprechende Drucksache in ihren wesentlichen Zügen kennt — darauf beschränken, einige Anmerkungen zu machen.
Beratungsgrundlage dieser ersten Lesung sind der Gesetzentwurf und die Materialien einschließlich des Zweiten Gutachtens zur Neuregelung der Diäten der Mitglieder des Bundestages des Beirates für Entschädigungsfragen. Die Materialien enthalten insbesondere die Begründung dessen, was der 2. Sonderausschuß unter Vorsitz des Kollegen Dr. Zimmermann gemeinsam erarbeitet hat. Der Entwurf wird in den Ausschüssen im einzelnen zu beraten sein, wobei insbesondere die Bereiche Grenzen der Berufsausübung neben dem Mandat, die Rechtsstellung der in den Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes sowie die Sicherung der beruflichen Existenz der Abgeordneten nach Beendigung des Mandats nochmals zu prüfen sein werden. Bei den Beratungen in den Ausschüssen wird allerdings auch darauf zu achten sein, daß das Zahlenwerk auf der Basis der künftigen monatlichen Entschädigung in sich stimmig zu machen sein wird.
Größte Beachtung wird der erneuten Prüfung der Frage zuzuwenden sein, welche möglichen Auswirkungen der Entwurf auf die künftige Zusammensetzung des Parlaments haben wird. Ich halte dies, meine Damen und Herren, für die wichtigste, für die entscheidendste Frage, gegenüber der alle anderen Fragen von zweitrangiger Natur sind.
So richtig es ist, daß der Anteil des öffentlichen Dienstes unter den Abgeordneten nicht ständig steigen darf — die Gefahr ist für die Vergangenheit nachgewiesen worden —, so richtig bleibt, daß der Bundestag gerade auch auf qualifizierte Beamte in seinen Reihen nicht verzichten kann. Darüber muß Klarheit bestehen. Ganz schlecht wäre eine Lösung, die praktisch dazu führen würde, daß sich qualifizierteste Beamte — gerade die — nicht interessiert zeigen könnten, dem Parlament anzugehören.
Das gleiche gilt erst recht für Persönlichkeiten aus der freien Wirtschaft. Es stellt sich die Frage: Wie kann der Entwurf darauf hinwirken, daß künftig in verstärktem Maße gerade Persönlichkeiten aus der freien Wirtschaft, aus freien Berufen, aus der Landwirtschaft, aus dem Handwerk, Ärzte, Wirtschaftsprüfer, Anwälte in dieses Haus einziehen? Dies ist eine ganz entscheidende Frage, die überlegt wurde und die bei den künftigen Beratungen weiter zu überlegen sein wird.
Die im Urteil des Bundesverfassungsgerichts enthaltenen Ge- und Verbote müssen so genutzt werden, daß die verschiedensten Bevölkerungsgruppen durch herausragende Mitbürger im Parlament angemessen vertreten sein werden. Somit ergibt sich eindeutig, daß die entscheidendste Frage lautet: Wie kann die Chancengleichheit aller verstärkt werden, in diesem Hause mitzuwirken, und zwar in einer Qualität, die möglichst noch ausgebaut werden kann? Diese Frage ist die Generallinie aller Beratungen in diesem Hause, und sie sollte in den Ausschüssen die Generallinie bleiben.
Die heute zu beratende Vorlage mußte sich in hohem Maße an den Gründen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 1975 orientieren. Das Bundesverfassungsgericht hat den Gestaltungsmöglichkeiten des Gesetzgebers enge Grenzen gesetzt; ich darf hinzufügen: sehr enge Grenzen gesetzt. Und ich darf weiter hinzufügen: es war nicht leicht, innerhalb dieser engen Grenzen eine den Notwendigkeiten der Qualität des Parlaments gerecht werdende Lösung zu erarbeiten. Die Aufgabe bleibt.
Die Ausführungen im Urteil verstehen sich im Zusammenhang mit dem gewachsenen Anteil Angehöriger des öffentlichen Dienstes unter den Abgeordneten. Das Bundesverfassungsgericht war um mehr Chancengleichheit zwischen den verschiedensten Parlamentsbewerbern bemüht. Die vom Urteil vorgezeichneten Lösungen haben teilweise Billigung, teilweise Kritik, zum Teil erhebliche Kritik gefunden. Es läßt sich in kritischer Anmerkung zum Urteil beispielsweise die Frage stellen, ob es statt eines völligen Wegfalls des Ruhegehalts von aktiven Beamten während der Parlamentszeit dem Grundsatz der Chancengleichheit, der immer der Zentralgedanke bleibt, von Kandidaten für das Parlament möglicherweise eher entsprochen hätte, den Angehörigen des öffentlichen Dienstes unter den Abgeordneten als Ausgleich für die Unvereinbarkeit von Amt und Mandat das Ruhegehalt im Grundsatz zwar zu belassen, jedoch eine teilweise Anrechnung auf die künftige Entschädigung vorzusehen. Eine solche Gestaltung hätte jenes nicht ganz verständliche Ergebnis vermeiden können, daß einerseits der aktive Beamte völlig auf Bezüge aus seinem Dienstverhältnis zu verzichten hat, während andererseits der bereits als Ruhestandsbeamte in den Bundestag gewählte Bewerber sein Ruhegehalt behalten kann, allerdings nur mit der Maßgabe von Anrechnungen. Dieser Weg ist jedoch auf Grund des Urteils verschlossen.
Ich möchte darauf hinweisen, daß diese Bemerkungen wiederum unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit zu verstehen sind, nicht unter dem Gesichtspunkt etwa der Aufrechterhaltung eines hohen Anteils einer bestimmten Gruppe. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch feststellen, daß auf gar keinen Fall die Tätigkeit des Abgeordneten eingereiht werden darf in eine Art Sonderlaufbahn des

Kunz (Berlin)

öffentlichen Dienstes. Dies verträgt sich nicht mit dem freien Mandat.
Das Bundesverfassungsgericht hat den Wegfall der Ruhegehälter aktiver Beamter verbindlich vorgeschrieben. Auch dies wirft gewisse Probleme auf, insbesondere wiederum Probleme der Chancengleichheit. Es war bisher so, daß gewisse günstige Regelungen für den öffentlichen Dienst in Teilen erkennbar waren. Dies ist künftig nicht mehr der Fall. Ich würde es aber als Angehöriger eines freien Berufes für falsch halten, wenn sich diese Tendenz genau und sehr hart in ihr Gegenteil verkehrte.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Sehr richtig! Nur noch Luschen ins Parlament!)

Auch dies ist eine Frage der Chancengleichheit für die Mitgliedschaft in diesem Haus.
Gestatten Sie mir noch, Herr Präsident, meine Damen und Herren, eine Anmerkung zum Gutachten des Beirates für Entschädigungsfragen. Dieses Gutachten ist im Zahlenwerk eindeutig. Seine Aussagen zum Bereich des Status des Abgeordneten lassen Fragen offen — viele Fragen offen. Damit stellen sich somit erneut Fragen zum Zahlenwerk, wobei das Zahlenwerk wiederum nur Bedeutung unter der einen Frage hat: Wie wird das Haus künftig zusammengesetzt sein? Es kann nicht darauf ankommen, was der einzelne mit nach Hause nimmt; diese Frage hat Bedeutung, aber sie ist nicht zentral. Mindestens ebenso bedeutsam wie dieses Zahlenwerk ist für die künftige Rechtsstellung der Abgeordneten die Frage des Status, insbesondere die des Verhältnisses von Mandat und Beruf. Der Beirat selbst schreibt in seinem Gutachten, daß er sich mit der Frage, in welchem Umfang Abgeordnete des Bundestages neben der Wahrung ihres Mandats eine berufliche Tätigkeit ausüben können, nicht abschließend befaßt hat. Der Beirat spricht sich zwar für die Prüfung der Frage einer Neuabgrenzung der Unvereinbarkeit von Amt und Mandat aus, gibt seinerseits jedoch keine Anhaltspunkte dafür, welche Kriterien hier hätten entscheidend sein können; dies ist ebenfalls eine Frage von entscheidender Bedeutung.
Der Deutsche Bundestag hat bereits am 5. Juni 1974 den Grundsatzbeschluß gefaßt, daß die Entschädigung der Abgeordneten der Einkommensteuer unterliegen soll. In diesem und im Zusammenhang des Urteils ist der vorliegende Entwurf vom 2. Sonderausschuß erarbeitet worden, wobei den Mitarbeitern der Bundestagsverwaltung im Sekretariat dieses Ausschusses für ihre Mitarbeit unser Dank gilt, zumal dieser Ausschuß, in dem keine Beamten aus den Ministerien zur Verfügung standen, allein auf die Zuarbeit des Sekretariats angewiesen war.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion will, daß alsbald ein Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages verabschiedet wird; ein Gesetz, das die Chancengleichheit aller Bewerber zum Deutschen Bundestag erhöht, die Qualität des Parlaments sichert, die Unabhängigkeit des Abgeordneten gewährleistet, ohne die vor allem eine freiheitlich-parlamentarische Demokratie undenkbar ist.

(Beifall)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725628500
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schmitt-Vockenhausen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0725628600
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Sozialdemokratische Bundestagsfraktion begrüßt es, daß wir heute in der Lage sind, den Gesetzentwurf zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages einzubringen. Sie wissen, daß der Deutsche Bundestag in den Jahren nach 1949 vordringlich viele innen- und außenpolitische Probleme unseres Landes gelöst hat. Aber wir haben dabei wenig Zeit gefunden oder auch uns genommen, uns um die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Bundestages so zu kümmern, wie es der Verfassungsauftrag des Art. 48 eigentlich verlangte. Die bisherigen Beschlüsse waren immer nur Teillösungen. Der eingebrachte Gesetzentwurf will hier einen grundlegenden Wandel schaffen und erstmals clie Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Bundestages im Sinne des Auftrages des Art. 48 unseres Grundgesetzes umfassend neu gestalten.
Anstoß für den Gesetzentwurf waren der Wandel im Charakter der Entschädigung und nicht zuletzt der ständig wachsende Anteil der Angehörigen des öffentlichen Dienstes in den Parlamenten von Bund und Ländern. Die Angehörigen des öffentlichen Dienstes haben durch ihre Sachkunde die deutschen Parlamente wesentlich bereichert. Ihr hoher Anteil unter den Abgeordneten beginnt aber mit den vorn Grundsatz der Gewaltenteilung und der Repräsentation aller Gruppen unseres Volkes gezogenen Grenzen zu kollidieren. Ziel des Gesetzentwurfes ist es daher, auf Grund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 1975 den Anspruch des Abgeordneten auf eine angemessene, seine Unabhängigkeit sichernde Entschädigung im Sinne des Art. 48 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes zu verwirklichen und auch zu einer ausgewogenen Zusammensetzung des Parlaments beizutragen.
Lassen Sie mich zum ersten Punkt ausführen: Zur Entschädigung des Abgeordneten im Sinne von Art. 48 Abs. 3 hat der von der Frau Präsidentin eingesetzte Beirat wertvolle Vorarbeit geleistet, die im eingebrachten Gesetzentwurf weitgehend berücksichtigt ist. Besonders dankbar sind wir, daß der Beirat die bereits abgeschlossene Arbeit nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wieder aufgenommen und dessen Aussagen in sein Gutachten einbezogen hat. Ich darf hier nur darauf hinweisen, daß der Gesetzentwurf im Einklang mit den Vorschlägen des Beirates die Höhe der Entschädigung mit 7 000 DM einsetzt, die Entschädigung nach Grundsätzen, die für alle gleich sind, als sonstige Einkünfte der Einkommensteuer unterwirft und schließlich dein Verbot der Doppelalimentation durch ein umfassendes System von Anrechnungsvorschriften Rechnung trägt.



Dr. Schmitt-Vockenhausen
Dem zweiten Ziel einer ausgewogeneren Zusammensetzung des Bundestages dienen besonders die Vorschriften zur Rechtsstellung der in das Parlament gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Das Schlußurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 1975 hat auch hierzu wesentliche Grundlagen für den Gesetzentwurf geschaffen. Das mit der Bewerbung um ein Mandat verbundene berufliche Risiko war bisher für nicht aus dem öffentlichen Dienst kommende Staatsbürger erheblich größer als für Angehörige des öffentlichen Dienstes. Der Gesetzentwurf will dieses unterschiedliche finanzielle und berufliche Risiko soweit wie möglich abbauen.
Der vom Bundesverfassungsgericht vorgezeichnete Wegfall der bisherigen Ruhegehälter könnte nun allerdings dazu führen, daß Angehörige des öffentlichen Dienstes möglicherweise künftig weniger in Frage kommen würden als Mandatsbewerber aus anderen Berufsgruppen, die häufig auch während der Mitgliedschaft im Parlament in ihrem bisherigen Beruf hätten bleiben können. Der zweite Sonderausschuß stand deshalb vor der Frage, ob er den Kreis der mit dem Mandat unvereinbaren Ämter enger als bisher ziehen sollte, um es auch Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu ermöglichen — bei entsprechender Verringerung der Bezüge natürlich — zumindest begrenzt ihren bisherigen Beruf weiterzuführen. Der Gesetzentwurf hat diesen — ich sage das sehr klar — uns allen an sich wünschenswert und naheliegend erscheinenden Weg nicht beschreiten können, da sich keine sachgerechten und praktikablen Kriterien für eine Einschränkung des Kreises der inkompatiblen Ämter finden ließen. Die Einwirkungsmöglichkeiten auf Beamte, die dann gleichzeitig im Dienst und weisungsgebunden und Parlamentarier sind, sind so groß, daß wir einsehen mußten, wie schwer ein solcher Weg wäre.
Der Gesetzentwurf hat daher die Rechtsstellung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes im einzelnen wie folgt geregelt: Bisher besaßen die Angehörigen des öffentlichen Dienstes einen Anspruch auf bezahlten Wahlvorbereitungsurlaub. Dieser Anspruch entfällt. Bisher erhielten die Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu ihrer Entschädigung als Abgeordnete ein Ruhegehalt aus ihrem Dienstverhältnis. Dieses Ruhegehalt entfällt. Die Mandatszeit wird künftig nicht mehr auf die Dienstzeit im Sinne des Versorgungsrechts angerechnet. Sie kann somit nicht mehr wie bisher bei der Berechnung doppelt berücksichtigt werden. Angehörige des öffentlichen Dienstes unter den Abgeordneten konnten bisher zwischen zwei Wahlperioden befördert werden. Der Gesetzentwurf schließt dies für die Zukunft aus. Beamte konnten bisher nach Beendigung des Mandats weiterhin im Ruhestand mit Ruhegehalt verbleiben. Auf Grund des Entwurfs sind künftig aus dem Bundestag ausscheidende Angehörige des öffentlichen Dienstes grundsätzlich verpflichtet, ihr früheres Dienstverhältnis fortzusetzen. Sie erhalten nur das Recht, das weitere Ruhen der Rechte und Pflichten aus dem Dienstverhältnis zu beantragen. Sie können sich dadurch ihre bis zur Annahme des Mandats erworbenen Versorgungsanwartschaften bewahren, erhalten aber bis zum Eintritt des Versorgungsfalles keine Ruhestandsbezüge.
Meine Damen und Herren, diese Regelungen können wesentlich zu einer größeren Chancengleichheit der Parlamentsbewerber beitragen. Ich will allerdings nicht verhehlen, es ist nicht vorauszusehen, ob der Gesetzentwurf dadurch tatsächlich auch zu einer ausgewogeneren Zusammensetzung des Parlaments beitragen wird; denn die eigentlichen für die Zusammensetzung des Parlaments maßgeblichen Entscheidungen fallen bereits bei den Kandidatenaufstellungen durch die Parteien. Es wird daher nach wie vor deren vordringliche Aufgabe sein, bei der Auswahl der Kandidaten die Vielfalt der Gruppen und Interessen innerhalb der Gesellschaft zu berücksichtigen und zu einem Ausgleich zu bringen, damit das Parlament auch künftig vom Bürger als Repräsentant des ganzen Volkes anerkannt und unterstützt wird. Ich meine aber, daß dieser Entwurf den Parteien bei dieser Aufgabe helfen kann.
Der Gesetzentwurf löst noch nicht alle mit dem Status des Abgeordneten verbundenen Probleme. Der kommende Bundestag wird sich noch einmal besonders mit dem Verhältnis von Beruf und Mandat auseinandersetzen müssen. Der Entwurf geht grundsätzlich von der Berufsausübung neben dem Mandat aus. Ich halte es für außerordentlich wichtig, daß Abgeordnete in ihrem Beruf tätig bleiben, soweit es die hohe zeitliche Inanspruchnahme durch das Mandat erlaubt, und so ständig und unmittelbar mit dem beruflichen Alltag unserer Bürger konfrontiert werden.
Es ist allerdings dafür Sorge zu tragen, daß das Recht zur Berufsausübung neben dem Mandat nicht mißbraucht werden kann und Schatten auf die Entscheidungsfreiheit der Abgeordneten wirft. Der Abgeordnete soll keine Verträge eingehen können, die nur dazu dienen sollen, die Interessen von Vertragspartnern im Parlament wahrzunehmen. Er soll keine Bezüge erhalten, ohne zu einer wirklichen beruflichen Gegenleistung verpflichtet zu sein. Die Verhaltensregeln des Deutschen Bundestages tragen diesem Anliegen bereits in mehrfacher Hinsicht Rechnung. Der Deutsche Bundestag bleibt jedoch aufgefordert, insoweit um der Unabhängigkeit des Abgeordneten willen noch weitere Vorkehrungen zu treffen, wie sie auch das Bundesverfassungsgericht im Leitsatz 5 seines Schlußurteils vom 5. November 1975 angeregt hat.
Meine Damen und Herren, wie auch in dem Bericht des 2. Sonderausschusses deutlich gemacht wird, ist meine Fraktion davon überzeugt, daß dieses Gesetz in künftigen Wahlperioden noch weiter fortzuentwickeln sein wird. Aber dieser Gesetzentwurf bedeutet schon heute für die 8. Wahlperiode einen entscheidenden Neuanfang in der Geschichte des Deutschen Bundestages.

(Beifall)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725628700
Das Wort hat der Abgeordnete Engelhard.

Hans A. Engelhard (FDP):
Rede ID: ID0725628800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war seit längerem geboten, den



Engelhard
Status des Abgeordneten neu zu durchdenken und die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages in einem Gesetz neu zu regeln. Auch in der Zusammenfassung der wesentlichen Bestimmungen in einem Entwurf kommt ein Stück der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Transparenz zum Ausdruck. Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 1975 ist uns für die Beratungen vorgegeben worden,
erstens, die Chancengleichheit für den Zugang zum Mandat und die Chancengleichheit bei der Mandatsausübung im gesetzlich möglichen Rahmen sicherzustellen,
zweitens, die einer solchen Chancengleichheit entgegenstehenden derzeit vorhandenen Privilegien abzubauen,
drittens, die für den Abgeordneten erforderliche Unabhängigkeit für sich und seine Familie materiell während und nach der Mandatszeit zu gewährleisten, und schließlich,
viertens, die steuerliche Gleichbehandlung mit allen anderen Bürgern durch die Besteuerung der Abgeordnetenentschädigung herbeizuführen.
Die tatsächliche Situation des Abgeordneten hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Der soziale Wandel und die erheblich gewachsenen Aufgaben lassen für die Mehrzahl der Abgeordneten die Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt aus ihrem Arbeitseinkommen oder ihrem Vermögen zu bestreiten, mehr und mehr zurücktreten. Von diesem allseits anerkannten Tatbestand sollten wir uns allerdings nicht verführen lassen, die Abgeordneten, die Träger des freien Mandats sind, die Inhaber eines öffentlichen Amtes besonderer, unvergleichbarer Art sind, als Angehörige einer Sonderlaufbahn des öffentlichen Dienstes zu begreifen und damit ihren Status gründlich mißzuverstehen.
Deshalb ist es das besondere Anliegen der freien Demokraten, eine schematische Übertragung beamtenrechtlicher Kategorien auf den Status des Abgeordneten zu vermeiden. Das beginnt bereits im sprachlichen Bereich. Mit Begriffen wie „Alimentation" oder „Mandatsgehalt" können wir uns nicht befreunden. Es steht nichts entgegen, bei dem von Art. 48 Abs. 3 des Grundgesetzes vorgegebenen Ausdruck „Entschädigung" zu bleiben, auch wenn diese künftig den Charakter des Einkommens hat.
Inhaltlich bringen am Beamtenrecht orientierte Beihilferegelungen für den Krankheitsfall den Abgeordneten dem öffentlichen Dienst näher. Wir verkennen dabei keineswegs die Schwierigkeiten, mit denen Kollegen aus dem öffentlichen Dienst durch den Wegfall der Beihilfe möglicherweise konfrontiert werden. Diese Schwierigkeiten aber sollten wir besser und systemgerechter bei der Festsetzung der Höhe der Entschädigung ausgleichen.
Auch wenn das Mandat zunehmend zur Vollzeittätigkeit geworden ist, liefert dies keine Argumente für ein allgemeines Berufsverbot für Abgeordnete. Ein solches Berufsverbot wäre im Gegenteil verfassungsrechtlich mehr als bedenklich und rechtspolitisch höchst unerwünscht. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht zu Recht klargestellt, daß der Berufspolitiker nicht diskriminiert werden darf. Dies aber ist kein Grund, das Honoratiorenparlament des Reichstages von 1871 nach einer längeren Übergangsphase nun in ein Parlament der Berufspolitiker kraft Gesetzes einmünden zu lassen. Jeder Abgeordnete des Deutschen Bundestages, der den Kontakt zu seinem erlernten Beruf nicht verliert, wobei über den Umfang der zeitlich möglichen beruflichen Tätigkeit damit nichts gesagt ist, bleibt praxisnah und fördert damit ein Stück lebendiger Demokratie in unserem Lande.
Allerdings wird es Aufgabe des nächsten Deutschen Bundestages sein, die bereits bestehenden Verhaltensregeln weiterzuentwickeln. Damit muß sichergestellt werden, daß sich nicht im Schatten leistungsfähiger Unternehmen und Großorganisationen eine Mandatslobby in den Parlamenten breitmacht.
Im Sinne von mehr Chancengleichheit sieht der Entwurf einen erweiterten arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz, einen auch für Angehörige des öffentlichen Dienstes geltenden unbezahlten Wahlvorbereitungsurlaub und das Ruhen der Rechte und Pflichten aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis während der Mandatsausübung vor.
Es war die Absicht des Bundesverfassungsgerichts, der zunehmenden Verbeamtung der Parlamente entgegenzuwirken. Inwieweit dies künftig nun gelingen wird, bleibt abzuwarten, nachdem das Karlsruher Urteil an Hand des formalisierten Gleichheitssatzes Differenzierungen bei der Höhe der Entschädigung — etwa den Ausgleich von Einkommenseinbußen für beruflich Selbständige — für unzulässig erklärt hat.
Der 2. Sonderausschuß hat sich bemüht, durch ein neugestaltetes Übergangsgeld, durch eine flexibler gestaltete Altersversorgung und eine Versorgungsabfindung für diejenigen Abgeordneten, die wegen nur kurzer Zugehörigkeit zum Parlament einen Anspruch auf Altersentschädigung nicht erwerben, die verfassungsrechtlich garantierte Unabhängigkeit des Abgeordneten auch im Hinblick auf die Zeit nach seiner Parlamentszugehörigkeit abzusichern.
Die Höhe der Entschädigung bemißt sich nach der Verantwortung des Abgeordneten, nach seiner Belastung und nach dem Rang, der diesem Amt im Verfassungsgefüge zukommt. Als Vergleichsmaßstab bieten sich noch am treffendsten die hauptberuflich ausgeübten kommunalen Wahlämter an. Alle sonstigen Vergleiche hinken; sie sind unzulässig. Deshalb ist auch der Streit um die gedankliche Anbindung an die Bezüge eines Ministerialrats oder eines Ministerialdirigenten völlig müßig.
In der Öffentlichkeit ist des öfteren die Warnung vor falscher Begehrlichkeit des Parlaments und seiner Mitglieder laut geworden. Vor solcher Begehrlichkeit hat uns bei den bisherigen Beratungen im Zweiten Sonderausschuß — das dürfen wir wohl sagen — das eigene Augenmaß bewahrt.
Der Vorschlag des Beirats, dem wir für seine Arbeit zu danken haben, setzte darüber hinaus einen Rahmen. Die endgültige Entscheidung in dieser



Engelhard
Sache werden wir selbst zu treffen haben. Dabei wäre auch die Weigerung, den vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Rahmen tatsächlich auszufüllen, wäre auch ein taktischer Opportunismus der Stunde eine schwere Gefahr. Der Leitartikel des „Kölner Stadtanzeigers" vom gestrigen Tage schließt mit der Feststellung:
Den Luxus eines billigen Parlaments
— und ich darf hier einfügen: billig in des Wortes doppelter Bedeutung —können wir uns nicht erlauben.

(Beifall bei der FDP, der SPD und der CDU/CSU)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725628900
Meine Damen und Herren! Das Wort wird weiter nicht gewünscht. Sie ersehen die Überweisungsvorschläge des Ältestenrats aus den Unterlagen. — Es erfolgt kein Widerspruch. Dann ist in diesem Sinne überwiesen.
Ich rufe Punkt 25 auf:
Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß) zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Bericht über den Tourismus in der Bundesrepublik Deutschland — Grundlagen und Ziele —— Drucksachen 7/3840, 7/5403 — Berichterstatter:
Abgeordneter Haase (Fürth) Abgeordneter Engelsberger
Ich danke den Berichterstattern, den Abgeordneten Haase (Fürth) und Engelsberger, für ihren schriftlichen Bericht.
Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort hat Herr Abgeordneter Haase (Fürth).

Horst Haase (SPD):
Rede ID: ID0725629000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn jetzt das Thema des Tourismus als eines der letzten Themen auf der Tagesordnung des 7. Deutschen Bundestages erscheint, dann drängen sich zwei Überlegungen auf. Die eine ist die, daß die Abgeordneten trotz dieses vorgerückten Zeitpunkts deshalb über dieses Thema reden, weil sie selbst gerne Urlaub machen würden und nur durch ihre staatspolitischen Geschäfte, hier die Bank zu drücken oder anderswo staatspolitische Reden zu halten, daran gehindert sind, diesen Urlaub anzutreten. Die andere ist die — das ist die schlimmere Befürchtung —, daß der Urlaub, der doch vielen Leuten eine angenehme Vorstellung verschafft, nunmehr durch die Politik reglementiert werden soll.
Ich glaube, beide Befürchtungen sind zu zerstreuen. Die Abgeordneten machen keinen Urlaub, und wenn, dann reden sie nicht davon. Reden sie doch davon, dann sagen sie zumindest, daß sie erholungsbedürftig sind; denn in Deutschland kann man keinen Urlaub machen, ohne vorzugeben, daß man erholungsbedürftig ist. Aus Freude am Urlaubmachen macht man hier sehr selten Urlaub. Dieses ist eines der Kriterien, die wir einmal bedenken müßten, weil sie vielleicht sehr viel tiefsinniger sind. Diese Freude an der Freizeitgestaltung ist vielleicht mit das Wichtigste an diesem Thema.
Ich kann auch die zweite Befürchtung klar dementieren. Es kann keine Rede davon sein, daß die Politik, die sozialdemokratische Fraktion oder andere Urlaub und Freizeit reglementieren wollten. Die Entscheidung eines jeden einzelnen, wieviel von seiner freien Zeit er in welcher Weise verwenden will, darf nicht eingeengt werden. Die sozialdemokratische Politik will nicht vorschreiben, wie Feierabend, Wochenende oder Urlaub zu gestalten sind. Freizeit soll und kann nicht verwaltet werden.
Worum geht es bei der Politik, die mit dem Tourismus zu tun hat? Es geht um die bestmögliche Voraussetzung für eine freie Urlaubs- und Freizeitgestaltung. Das bedeutet, daß wir auch den Wildwuchs zu bekämpfen haben. Ich darf ein paar Beispiele nennen, bei denen wir meinen, daß Voraussetzungen für eine freie Urlaubsgestaltung dringend der Förderung bedürfen. Ich nenne hier das Campingwesen, das großen Teilen der Bevölkerung das Reisen erst ermöglicht hat. Diesem Bereich ist verstärkt Aufmerksamkeit zuzuwenden. Wir sind der Überzeugung, daß, wo immer der Bund im Bereich seiner Zuständigkeit helfen kann, Erleichterungen für den Urlaub von kinderreichen Familien zu schaffen, deren Anteil an der Zahl der Urlauber bisher, prozentual gesehen, sehr gering war, dieses geschehen soll, z. B. durch verbesserte Urlaubstarife der Deutschen Bundesbahn, durch finanzielle Förderung von familiengerechten Familienunterkünften und Freizeiteinrichtungen über das ERP-Programm und die Gemeinschaftsaufgabe „Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur". Dies sind Zuständigkeiten des Bundes; andere der Länder sollten hinzukommen.
Der Urlaub auf dem Bauernhof ist ein weiterer wichtiger Punkt, der auch fürderhin unserer Unterstützung bedarf. Es ist wichtig, daß den Urlaubern in den deutschen Urlaubsgebieten qualitativ noch bessere Urlaubsquartiere geboten werden; daher hat eine Qualitätsverbesserung Vorrang vor einer quantitativen Ausweitung im Hotel- und Gaststättenwesen, aber auch in anderen Bereichen. Das bedeutet entsprechende Änderungen und Ergänzungen in Richtlinien, die das ERP-Programm oder auch die Gemeinschaftsaufgabe „Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur" angehen.
Auch zur Beseitigung des Wildwuchses ein paar Bemerkungen: Die Betonburgen im Bayerischen Wald, an der Ostsee oder im Harz sind sicher Fehlinvestitionen und bedrohen auf mittelfristige Sicht den Fremdenverkehr in diese Räume, denn niemand in diesem Lande wird glauben, daß man, wenn man Alternativen hat, gerne in solchen Kästen seinen Urlaub verbringt. Sanatorien, von Abschreibungsgesellschaften errichtet und Pleite gegangen, bevor sie überhaupt vollständig fertiggestellt wurden, wie z. B. in Bad Kissingen, zeigen, daß auch hier Wildwuchs existiert. Hier muß die Bundesregierung prüfen, wie solchen Gesellschaften über den Entzug der



Haase (Fürth)

Steuerbegünstigung das Handwerk gelegt werden kann, aber auch, wie in Zusammenarbeit mit den Ländern durch raumordnerische Maßnahmen solchen Auswüchsen Einhalt geboten werden kann.
Nicht jeder Berggipfel muß durch Bergbahnen erschlossen werden. Die Lärm- und Schmutzbelastung vieler Wasserflächen durch Motorboote und andere Fahrzeuge ist ein wichtiges Problem des Landschaftsschutzes und der Raumordnung, das in Zusammenarbeit mit den Ländern gelöst werden muß. Hier sollte auch die Zusammenarbeit zwischen den freiwilligen Verbänden des Natur- und Landschaftsschutzes und der Politik intensiviert werden.
Zu einigen kontroversen Punkten, die durch die Opposition in der Beratung im Wirtschaftsausschuß vorgetragen worden sind, möchte ich ein paar Bemerkungen machen. Wenn ein Abbau steuerlicher Belastungen im Hotel- und Gaststättengewerbe verlangt wird, muß sich die CDU/CSU doch folgende Hinweise gefallen lassen:
Erstens. Durch die Erhöhung des Gewerbesteuerfreibetrags sind spätestens seit letztem Jahr die meisten Gaststättenbetriebe aus der Gewerbesteuer herausgefallen. Das bedeutet eine steuerliche Entlastung.
Zweitens. Die Abschaffung der Getränkesteuer ist Ländersache. Ich kenne kein einziges Land in der Bundesrepublik — das betrifft auch die Mehrzahl der Länder, die jetzt von der CDU/CSU regiert werden —, das die Getränkesteuer etwa abgeschafft hätte. Eine Herabsetzung der Mehrwertsteuer für das Hotel- und Gaststättengewerbe führte zu einem Einnahmeausfall von nahezu 1 Milliarde DM. Ich frage: Wo ist denn da der Deckungsvorschlag? Wo ist da die haushaltsmäßige Alternative?
Dieses sind Scheinargumente oder scheinheilige Wahlaussagen; das ist Augenauswischerei, nichts weiter, denn es gibt keine Anhaltspunkte sachlicher Art, wie dieses zu verwirklichen sei, wie dieses zu machen ist.
Ein zweiter Punkt betrifft die Aufhebung des Anwerbestopps für ausländische Arbeitskräfte im Hotel- und Gaststättengewerbe, die ebenfalls von der Opposition gefordert wird. Dem ist entgegenzuhalten: Dieses wären nur Saisonarbeiter, die in der Bundesrepublik eine Stelle erhielten. Sie wären nur für ganz wenige Monate in der Bundesrepublik, und dieses wäre sicher keine befriedigende Regelung für die Menschen, die wir hier herholen würden.
Ein weiteres Argument ist folgendes. Es gibt keine Sicherheit dafür, daß diese Arbeitskräfte nach Ablauf der Saison in den Gaststättenbetrieben sich dann nicht einen anderen Arbeitsplatz in der Bundesrepublik zu besorgen versuchen. Das bedeutet ein Verbleiben der Leute hier.
Ein weiteres Argument: Bei 4,5 % Arbeitslosen in der Bundesrepublik müssen doch wohl zunächst unsere eigenen Arbeitslosen untergebracht werden und Beschäftigung finden. Dazu muß aber die Attraktivität der Beschäftigung in den Gaststätten- und Hotelbetrieben vergrößert werden. Es müssen Anstrengungen unternommen werden, um die Attraktivitait der Arbeitsplätze zu heben und es deutschen Arbeitskräften zu ermöglichen, diese Arbeitsplätze zu übernehmen. Dies allerdings würde genau durch die Saisonarbeit von ausländischen importierten Arbeitskräften — um nicht zu sagen: modernen Arbeitssklaven, die wir uns gerade mal für ein paar Monate leisten zunichte gemacht werden. Dieses wäre nicht der Weg der Gesundung, sondern dieses wäre im Gegenteil ein Weg, der weiter zu verstärkten Schwierigkeiten führt.
Ich muß Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, in diesem Zusammenhang fragen: Wie halten Sie es mit Ihrem Ministerpräsidenten Filbinger, der jeder ausländischen Arbeitskraft, die jetzt in der Bundesrepublik ist, 3 000 DM in die Hand drücken und sie nach Hause schicken wollte? Wie ist das zu verstehen, wenn Sie gleichzeitig den Anwerbestopp aufheben wollen?
Die berufliche Situation in diesem Bereich muß verbessert werden, die Ausbildung und die Fortbildung in den mit dem Tourismus im Zusammenhang stehenden Berufen müssen verbessert werden. Ferner muß auch auf diesem Gebiet die Kooperation zwischen Bund und Ländern verbessert werden. Wir haben leider gestern erlebt, daß dieses inzwischen ein Thema des Wahlkampfes ist, zu dem es Herr Kohl hier auf dieser Bühne gemacht hat, daß es nicht mehr ein Thema ernsthafter Auseinandersetzung und Erörterung darüber ist, wie man hier beste Wege beschreitet. Das ist das Problem, vor dem das Hotel- und Gaststättengewerbe steht.
Ihr Weg, wie Sie das Problem lösen wollen, nämlich die Importe von ausländischen Saisonarbeitern kurzfristig zu erhöhen, ist nicht richtig. Das bringt auch unser Entschließungsantrag zum Ausdruck. Bei 700 000 Arbeitsplätzen im Hotel- und Gaststättengewerbe ist das ein Faktum, das die Politik nicht übersehen kann. Wir müssen und werden darauf reagieren, aber, wohlgemerkt, in dem Sinne, wie es hier dargestellt ist, sicher nicht dadurch, daß wir uns solche Arbeitsplätze für zwei, drei oder vier Monate einhandeln, die uns dann erneut belasten.
Die Bedeutung dieser Aufgabe ist erkannt; sie ist längst erkannt. Die Aufgabe wäre der Lösung einen großen Schritt nähergekommen, wenn wir auch in diesem Bereich z. B. nicht durch den Stopp des Bundesrats gehindert worden wären.
Lassen Sie mich kurz ein paar Worte zu den Heilbädern sagen. Wir meinen, daß dies eine wichtige Frage der Tourismuspolitik ist. Das mittelständische Gewerbe in den Heilbädern muß gefördert werden. Das kann durch eine bessere Auslastung insbesondere der mittelständischen und kleinen Einheiten in den Heilbädern geschehen. Der Wildwuchs, von dem ich gesprochen habe, muß auch beseitigt werden; siehe Bad Kissingen, siehe aber auch andere Bäder, in denen große Betonhäuser errichtet werden, welche dann zur eigenen Pleite, aber auch zur Belastung des mittelständischen Gewerbes führen, ohne daß dies zwingend notwendig ist!
Wir müssen darauf achten, daß es keinen Abbau der sozialen Leistungen gibt. Das bedeutet na-



Haase (Fürth)

türlich, daß man sich nicht hinstellen und sagen darf: Die Grenzen des Sozialstaats sind erreicht.

(Engelsberger [CDU/CSU] : Die Grenzen haben Sie doch erzeugt! Die haben Sie wirtschaftspolitisch herbeigeführt!)

Natürlich sagen das einige. Herr Engelsberger, ich will das hier aus guten Gründen nicht zitieren. Aber ich könnte hier zitieren, was einige Politiker bei Ihnen hierzu gesagt haben, jedenfalls wie es in der „Süddeutschen Zeitung" vom 27. Mai — lesen Sie es einmal nach! — oder in anderen Veröffentlichungen berichtet worden ist. Wenn man den Abbau des Sozialstaats will, dann braucht man sich hinterher nicht darüber zu beklagen, daß es eine Unterbelegung in den Heilbädern gibt.

(Engelsberger [CDU/CSU]: Das ist eine Unterstellung!)

Das hängt damit zusammen.
Abschließend ein wichtiger Punkt: der Auslandstourismus. Der Tourismus kann und soll nicht nur unter dem Gesichtspunkt des mittelständischen Fremdenverkehrsgewerbes oder aber auch der Hilfe für die Touristen gesehen werden. Er muß auch unter dem Gesichtspunkt des völkerverständigenden Kontaktes von Bürgern verschiedener Länder durch Reisen in andere Länder und zueinander gesehen werden. Eben dieses Reisen vieler in andere Länder zu anderen, zu Freunden, zu Bekannten, aber das Reisen Fremder in die Bundesrepublik oder von Deutschen ins Ausland ist ein zentraler Punkt der Völkerverständigung und darf auch als solcher gewertet werden.
Von den Reisen, die hier angesprochen sind, wird ein großer Teil über die Aktivitäten der Deutschen Zentrale für Tourismus abgewickelt. Ich darf sagen, daß das eine erfolgreiche Arbeit war. Sie hat uns eine große Anzahl von Ausländern in die Bundesrepublik gebracht. Es ist zu wünschen, daß sich diese Zahl verstärkt. Es ist jedoch auch zu sehen, daß in der gegenwärtigen Situation in vielen Ländern die wirtschaftliche Lage vieler Bürger noch lange nicht so gut ist wie in unserem eigenen Land, so daß Reisen in die Bundesrepublik wesentlich schwerer fallen, als es zu früheren Zeiten gewesen ist.
Das bedeutet, daß wir unsere Anstrengungen verstärken müssen. Wir müssen das Instrument der Deutschen Zentrale für Tourismus weiter ausbauen. Darüber hinaus wird besonderer Wert auf die weitere Unterstützung der Internationalen Tourismusbörse in Berlin durch den Bund zu legen sein, weil dies ebenfalls eine wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Ausländertourismus in die Bundesrepublik und nach West-Berlin ist.
Schließlich bleibt festzustellen: Der Tourismusbericht der Bundesregierung ist die erste Aktivität einer Bundesregierung zu touristischen Fragen überhaupt. Es hat vorher zu keinem Zeitpunkt eine solche Aktivität gegeben. Dieser Bericht ist zu
begrüßen. Es ist ein vielversprechender Anfang gemacht worden, der in die richtige Richtung weist.

(Zuruf von der CDU/CSU — Engelsberger [CDU/CSU]: Hoffen wir, daß das auch verwirklicht wird!)

- In die richtige Richtung! Und nun ist das weiter auszubauen. Natürlich! Der Antrag der Koalition zu diesem Bericht bestätigt das Wollen der Regierung und ergänzt es in parlamentarischer Hinsicht. In den nächsten zwei Jahren wird es darum gehen, die Zielsetzungen, die in diesem Bericht genannt sind, und die Programme, die jetzt aufgestellt werden, auszufüllen, durchzuführen.
Meine Damen und Herren! Dazu darf ich der Regierung im Namen der sozialdemokratischen Fraktion vollen Erfolg wünschen und ihr zusichern, daß wir dabei sichere Mitarbeiter sein werden. In diesem Sinne bitte ich darum, unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725629100
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Engelsberger.

Matthias Engelsberger (CSU):
Rede ID: ID0725629200
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Haase, entgegen Ihrer Ankündigung im Ausschuß haben Sie es nicht unterlassen können, hier in Ihrer Rede zum Tourismusbericht einige parteipolitische Schlenker auszusprechen und Angriffe gegen die Opposition anzubringen. Ich möchte nur auf einen Vorwurf eingehen, weil er so gravierend und so falsch ist, daß er widerlegt werden muß. Sie haben hier vor zehn Minuten von dieser Stelle aus behauptet, daß die Union die soziale Demontage in unserem Lande wolle.
Wir haben davon gesprochen, daß durch die Wirtschaftspolitik und die Finanzpolitik dieser Bundesregierung die Grenzen der sozialen Leistungen in unserem Lande erreicht worden sind. Das ist aber keine Schuld der Opposition, sondern das ist ein Versagen dieser Bundesregierung. Daraus die Konsequenz zu ziehen, Herr Haase, daß die Kur- und die Fremdenheime auf Grund dieser Forderung der Union — wie Sie es dargestellt haben — nicht mehr belegt werden könnten, ist verfehlt. Dieser Vorwurf muß ins Leere gehen und auf das schärfste zurückgewiesen werden.

(Wehner [SPD]: Wie wollen Sie das machen: ins Leere gehen und aufs schärfste zurückweisen?)

— Na, Herr Kollege Wehner! Der Vorwurf ist ins Leere gegangen, und ich habe ihn jetzt zurückgewiesen. Ich habe leider eine zu kurze Redezeit, so daß ich mich damit nicht noch aufhalten kann. Aber Sie, Herr Wehner, wissen ganz genau,

(Wehner [SPD] : Ich will Ihnen keine Zeit wegnehmen!)




Engelsberger
wo die Gründe und die Ursachen dafür liegen, daß in unserem Lande unter Ihrer Regierung die Grenzen der sozialen Leistungen erreicht worden sind.

(Wehner [SPD] : Das ist eben unser Gegensatz!)

Die Fraktion der CDU/CSU begrüßt es, daß die Bundesregierung mit ihrer Unterrichtung über den Tourismus in der Bundesrepublik Deutschland — Grundlagen und Ziele — das erste Mal einen Bericht zur Lage des Fremdenverkehrs in der Bundesrepublik Deutschland vorgelegt hat. Wie aus dem statistischen Teil der Unterrichtung zu entnehmen ist, hat der Urlauberreiseverkehr in der Bundesrepublik Deutschland in den vergangenen Jahren einen weitgehend stetigen und lebhaften Aufschwung erfahren.

(Wehner [SPD] : Hört! Hört!)

Zweifellos hat die Verbesserung der Einkommensverhältnisse in unserem Lande seit dem Bestehen der Bundesrepublik — und nicht nur in den letzten sieben Jahren, Herr Haase! — dazu beigetragen, daß der Urlaub zu einem festen Bestandteil im Jahresablauf unserer Bundesbürger geworden ist. Der rapide Anstieg der Urlaubsreisen in der Bundesrepublik Deutschland — im Jahre 1974 haben ca. 30 Millionen Bundesbürger einen Urlaub angetreten — hat aber auch Probleme verschiedenster Art mit sich gebracht, die einer Lösung bedürfen.
Der Fremdenverkehr ist unter zwei wichtigen Aspekten zu betrachten: zum einen als Wirtschaftsfaktor, der das Urlaubsangebot und die Arbeitsplätze schafft, zum anderen als gesellschaftspolitische Funktion für den erholungsuchenden Bürger. Die Bundesbürger haben, was die Reisefreudigkeit und Reisehäufigkeit betrifft, die Amerikaner auf den zweiten Platz verwiesen, so daß die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland heute als das reisefreudigste Volk der Welt bezeichnet werden kann. Mit dieser Entwicklung muß folgerichtig auch der Ausbau unserer Erholungseinrichtungen und der Fremdenverkehrsbetriebe verbunden sein. Denn die Prognosen weisen darauf hin, daß der Urlaubsreiseverkehr noch eine erhebliche Steigerung erfahren kann und erfahren wird.
Die Bundesregierung geht im vorgelegten Bericht davon aus, daß in Zukunft eine Steigerung der Urlaubsreisen von jetzt mehr als 30 Millionen im Jahr bis zu 45 Millionen Reisen pro Jahr möglich ist. Aus diesen Zahlen wird die Bedeutung des deutschen Fremdenverkehrs im Hinblick auf die Sicherung und Erhaltung der Arbeitsplätze deutlich. Der geschätzte Anteil der Fremdenverkehrsausgaben am Bruttosozialprodukt beträgt 5 %. Meine Damen und Herren, diese 5 % sind im Verhältnis zu einem Bruttosozialprodukt von zirka 1 Billion DM umgerechnet etwa 50 Milliarden DM, ein Anteil, der nicht hoch genug eingeschätzt und bewertet werden kann.
Bei der Beobachtung der Urlaubsströme haben wir in den letzten Jahren allerdings erfahren müssen, daß die Urlaubsreisen ins Ausland stärker ansteigen als die ins Inland. Es ist zweifellos erfreulich, daß ein so großer Teil unserer Bundesbürger Reisen ins Ausland antreten kann und damit in der Lage ist,
seinen Gesichtskreis über die Grenzen unseres Landes hinaus zu erweitern und fremde Länder und Menschen kennenzulernen. Das völkerverbindende Element des Fremdenverkehrs kann gar nicht hoch genug bewertet werden. Hier, Herr Kollege Haase, wie auch in verschiedenen anderen Punkten sind wir uns völlig einig. Aber in einigen grundsätzlichen Punkten werde ich noch auf Ihre Ausführungen zurückkommen. Andererseits müssen wir bei der Betrachtung der wirtschaftlichen Seite doch feststellen, daß die Zunahme des Urlauberreisestromes ins Ausland von den in die Bundesrepublik einreisenden Ausländer keinesfalls auch nur annäherungsweise kompensiert werden kann. Von vier zusätzlichen Reisen in den letzten Jahren haben in der Regel drei ins Ausland und nur eine ins Inland geführt.
In diesem Zusammenhang muß die Zunahme des Urlauberreiseverkehrs ins Ausland etwas kritischer unter die Lupe genommen werden, als es die Bundesregierung in ihrem Bericht zur Lage des Tourismus getan hat. Im Jahre 1975 haben die Bundesbürger bei ihren Urlaubsreisen ins Ausland mehr als 20 Milliarden DM ausgegeben, Ausländer bei ihren Reisen in die Bundesrepublik zirka 7 Milliarden DM hereingebracht. Das bedeutet, daß wir in der Bundesrepublik Deutschland ein Reiseverkehrsdefizit von zirka 14,5 Milliarden DM haben. Dieses Reiseverkehrsdefizit hat sich in den letzten 15 Jahren, Herr Haase, vervierzehnfacht. Es ist von 1 Milliarde DM im Jahre 1960 auf jetzt mehr als 14 Milliarden DM gestiegen. Das ist zunächst nur eine Feststellung. Auf die Konsequenzen komme ich noch zurück.
Wenn nun die Bundesregierung in der Vergangenheit diese Entwicklung und den Devisenabfluß jeweils positiv dargestellt hat, nämlich einerseits in bezug auf unsere Außenhandelsbilanz als Abbau von Außenhandelsüberschüssen, andererseits als Verbesserung der Devisensituation der Urlaubsländer, die diese in die Lage versetzt, die notwendigen Rohstoffe einzukaufen, so muß das für unsere Fremdenverkehrswirtschaft selbstverständlich auch entsprechende Rückwirkungen haben.
Die Bundesrepublik Deutschland befindet sich als Reise- und Urlaubsland mit zahlreichen ausländischen Ferienländer in einem Wettbewerb, der sich in den letzten Jahren erheblich verschärft hat. Die Reisezielländer der deutschen Touristen verwenden einen erheblichen Anteil der ihnen zufließenden Devisen, also der 20 Milliarden DM, die unsere Urlaubsreisenden dort ausgeben, nicht nur zum Ankauf von Rohstoffen oder zum Ankauf deutscher Industrieprodukte, sondern sie verwenden sie zur Verbesserung ihrer Fremdenverkehrseinrichtungen und treten damit in Konkurrenz zu unserer Fremdenverkehrswirtschaft.
Hier ist ein entscheidender Ansatzpunkt für die Bundesregierung, Maßnahmen zu treffen, damit der deutsche Urlaubsreiseverkehr nicht zu einer Einbahnstraße ins Ausland wird. Die Werbung für den deutschen Fremdenverkehr im Ausland liegt in der Zuständigkeit der Bundesregierung. Es muß an dieser Stelle an die Bundesregierung appelliert werden, alles zu tun, um die Auslandswerbung zu ver-

Engelsberger
bessern, zu intensivieren und Marktchancen zu suchen, die es ermöglichen, den Ausländerreiseverkehr in die Bundesrepublik Deutschland zu steigern.
Andererseits wird man dem Trend, ins Ausland zu reisen, nicht entgegenwirken können, wenn man die Werbung im Inland nicht verstärkt. Dabei ist es enorm wichtig, daß die Inlandswerbung intensiviert und koordiniert wird. Um eine innerdeutsche Gemeinschaftswerbung, wie sie vom Deutschen Fremdenverkehrsverband vorgeschlagen worden ist, wird man nicht herumkommen, wenn mit möglichst geringen Mitteln höchste Effektivität erzielt werden soll.
Die Bundesregierung fordert in ihrem Bericht zur Lage des Tourismus in der Bundesrepublik Deutschland den Abbau wettbewerbverzerrender Maßnahmen gegenüber der ausländischen Konkurrenz. Leider müssen wir feststellen, daß es hier bisher nur bei Forderungen geblieben ist und keine konkreten Ansätze zu erkennen sind. Das typische Beispiel wettbewerbverzerrender Belastung für unsere Fremdenverkehrswirtschaft ist zweifellos die Mehrwertsteuer. In diesem Bereich haben unsere europäischen Konkurrenten den Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie und Hotellerie in den allermeisten Fällen auf 50 % des Normalsatzes gesenkt. Leider hat in der vergangenen Woche beim Deutschen Fremdenverkehrstag der Herr Bundeswirtschaftsminister erklärt, in dieser Richtung sei von der Bundesregierung keine Änderung zu erwarten. Selbst wenn die Haushaltslage es im Augenblick nicht erlaubt — und hier, Herr Kollege Haase, gebe ich Ihnen teilweise recht —, einen Einnahmeausfall von zirka 1 Milliarde DM zu verkraften, sollte die Bundesregierung trotzdem zu erkennen geben, unter welchen Umständen sie wenigstens mittelfristig bereit wäre, eine Änderung herbeizuführen.
Die Fremdenverkehrswirtschaft ist in ihrer überragenden Mehrheit mittelständisch strukturiert. Deshalb bedeutet Fremdenverkehrspolitik auch Mittelstandspolitik. Die Anliegen der mittelständischen Wirtschaft insgesamt gelten ganz spezifisch auch für die Fremdenverkehrswirtschaft. Die Forderung nach Abbau der Vermögensteuer, der Gewerbesteuer sowie der sprunghaft gestiegenen einkommensunabhängigen Steuern ist auch für das Fremdenverkehrsgewerbe unabdingbar. Die Auszehrung des Fremdenverkehrsgewerbes an Eigenkapital hat dazu geführt, daß die notwendigen Erneuerungsinvestitionen in weiten Bereichen von Hotellerie und Gastronomie zurückgeblieben sind und daß es für diese Betriebe außerordentlich schwierig ist, den Anschluß an die internationale Konkurrenz zu finden.
Als ein besonders personalintensiver Zweig des Dienstleistungssektors leidet das Hotel- und Gaststättengewerbe seit Jahren an einer angespannten Personalsituation. Diese Schwierigkeiten erklärt die Bundesregierung im vorliegenden Bericht damit, daß die Gesamtkonditionen wie Bezahlung, Arbeitsbedingungen, Ausbildungsstatus der Arbeitnehmer in der Gastronomie nicht schnell genug und flexibel genug den Bedingungen der übrigen Wirtschaft angepaßt worden seien. Der deutsche Hotel- und Gaststättenverband meint hierzu jedoch, das effektive Lohn- und Gehaltsniveau stehe nicht hinter dem anderer Branchen zurück. Die Hauptschwierigkeit des Personalproblems liegt vielmehr nach seiner Auffassung darin, daß das Gastgewerbe einen anders gearteten Arbeitsrhythmus als die Allgemeinheit hat. Wenn es trotz anhaltender Arbeitslosigkeit mit einem hohen Kurzarbeiterstand nicht gelingt, den Personalbedarf in Hotellerie und Gastronomie zu befriedigen, dann mag hierfür zweifellos eine Vielzahl von Gründen bestimmend sein. U. a. dürfte das Arbeitskräfteproblem nur durch eine umfangreiche Aufklärungsarbeit zu lösen sein, die die Attraktivität der gastgewerblichen Berufe den Arbeitnehmern vertraut macht. Durch den starren Anwerbestopp für Gastarbeiter hat die Bundesregierung die Gastronomie regional im Hinblick auf die Versorgung mit notwendigem Personal insbesondere in Spitzenzeiten der Hochsaison in schwierige Situationen gebracht. Da die Bundesregierung nicht in der Lage ist, kurzfristige Lösungsvorschläge anzubieten, Herr Haase, sollte sie wenigstens bereit sein, gezielt, zeitlich begrenzt und nur bei dringenden Fällen des Bedürfnisses den Anwerbestopp für Gastarbeiter in dem Bereich der Gastronomie ganz gezielt zu Lokkern. Wir wollen nicht, daß er generell aufgelockert wird, wir wollen nur verhindern, daß gewisse Bereiche der Gastronomie in der Hochsaison unter Umständen ihre Tür schließen müssen. Den Urlaubssuchenden, Erholungssuchenden ist nicht gedient, wenn sie geschlossene Gaststätten und Hotels antreffen. Das wäre für den Augenblick oder für die bevorstehende Saison eine Lösung, nachdem andere Lösungen, die angedeutet worden sind, zweifellos erst auf längere Sicht wirksam werden können.

(Zuruf von der SPD: Sie können die Gastarbeiter nicht generell nach Hause schicken und auf der anderen Seite dabehalten wollen!)

— Das ist ein Problem, das ich in den zwei oder drei Minuten, die ich dafür zur Verfügung habe, nicht ausdiskutieren kann, Herr Kollege. Aber so, wie die Bundesregierung vorgeht, indem sie einfach den Hahn dicht macht und keine Chancen und Möglichkeiten anbietet, kann man mit einem Wirtschaftszweig wie der Hotellerie und Gastronomie auch nicht verfahren.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Die deutsche Fremdenverkehrswirtschaft hat mit großer Besorgnis von der Vorbereitung weitgehender Streckenstillegungsmaßnahmen bei der Deutschen Bundesbahn Kenntnis genommen. Würden diese Vorstellungen auch nur teilweise verwirklicht, so wären damit schwerste Schäden für den deutschen Fremdenverkehr verbunden. Fast alle Fremdenverkehrszentren und die deutschen Heilbäder liegen nicht an den großen Transitstrecken der Bundesbahn, die als künftiges Schienennetz bestehenbleiben sollen. Bei den Überlegungen zu Streckenstillegungen sind zweifellos die Probleme des deutschen Fremdenverkehrs zuwenig berücksichtigt worden. Ein großer Teil von Urlaubsreisenden, die nicht mit dem eigenen Wagen fahren, aber den hohen Anteil des innerdeutschen Fremdenverkehrs ausmachen,



Engelsberger
hätten keine ausreichenden Ersatzmöglichkeiten, ihre Erholungs- und Urlaubsgebiete zu erreichen. Der Anteil der Urlaubsreisenden an den gefahrenen Personenkilometern beträgt 28 % und an den Einnahmen der Bundesbahn 29 %. Das ist eine sehr respektable Zahl.
Die von der Bundesregierung ins Feld geführte Möglichkeit des Ersatzes durch Busse kann einen Bahnanschluß nicht ersetzen und bringt zusätzliche Umsteigevorgänge und Schwierigkeiten in der Gepäckbeförderung mit sich. Dazu ist mit einer zusätzlichen Belastung der zum Teil nicht ausreichend ausgebauten Straßen zu den Urlaubsorten zu rechnen und damit die Notwendigkeit gegeben, mit großen finanziellen Mitteln die Straßen auszubauen. Gerade in den Zeiten des Spitzenverkehrs würden sich unzumutbare Behinderungen auch zu Lasten der Urlauber und letzten Endes der Erholungsgebiete ergeben.
Meine Damen und Herren, die Opposition steht den fremdenverkehrspolitischen Lippenbekenntnissen und Absichtserklärungen der Bundesregierung, was die Durchführung betrifft, skeptisch gegenüber. Bereits im Jahre 1972 haben Abgeordnete der Unionsfraktion eine Kleine Anfrage auf Drucksache VI/3287 zu Themen des Fremdenverkehrs eingebracht. Die Unionsabgeordneten haben damals eine Reihe von Förderungsmaßnahmen für den Fremdenverkehr auf Bundesebene angeregt.

(Wehner [SPD] : Hört! Hört!)

Darauf wurde ihnen eine teils hinhaltende, teils nichtssagende Antwort erteilt, Herr Wehner. Festgestellt werden muß, daß bis heute von den Anregungen praktisch nichts in die Wirklichkeit umgesetzt worden ist und auch keine Ansätze dazu unternommen worden sind. So wichtige Probleme wie die weitere betriebliche Kooperation, die Errichtung einer zentralen Informationsstelle im Inland für eine Inlandsgemeinschaftswerbung, den Einsatz von Ortsplanungsexperten bzw. Absatzberatern, Mittel für die Beteiligung an Inlandsmessen und Ausstellungen, die auch Sie, Herr Haase, eben gefordert haben, um den Urlaub in Deutschland zu fördern, wurden in den inzwischen vergangenen vier Jahren keinen Schritt weitergebracht.
Angesichts der Passivität der Bundesregierung hinsichtlich der angekündigten Maßnahmen des Fremdenverkehrsprogramms seit seiner Einbringung am 1. Juli vorigen Jahres müssen wir Bedenken anmelden, ob und inwieweit die Bundesregierung bereit ist, die von ihr selbst gesetzten Ziele zu verwirklichen. Die Unionsfraktion knüpft an dieses Programm die Hoffnung, daß die Bundesregierung dem Fremdenverkehr den ihm zukommenden Stellenwert einräumt und daß die im Bericht aufgezeigten Ziele in einem zeitlich absehbaren Rahmen verwirklicht werden.
Ich darf Sie bitten, dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 7/3840 zum Tourismusbericht der Bundesregierung zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725629300
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Böger.

Dr. Rolf Böger (FDP):
Rede ID: ID0725629400
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen! Meine Herren! Die FDP-Fraktion begrüßt es, daß die Bundesregierung deutlich gemacht hat, mit welchen Zielen und mit welchen Maßnahmen sie Tourismuspolitik betreiben will. Wir teilen in vollem Umfang die analytische Beurteilung der gegegenwärtigen Situation im deutschen Tourismus durch die Bundesregierung. Hier wird — übrigens zum erstenmal — der Versuch gemacht und zur Diskussion gestellt, wie Tourismuspolitik in ihrer Verflechtung und Bedeutung für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und zugleich in ihrer Abhängigkeit von den gesellschaftspolitischen Anforderungen unserer Zeit durchschaubar gemacht werden kann. Die daraus entwickelte Zielsetzung für die Tourismuspolitik erscheint uns ebenso folgerichtig abgeleitet zu sein wie die vorgeschlagenen Maßnahmen des fremdenverkehrspolitischen Schwerpunktprogramms. Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß es die FDP-Fraktion war, die in der 5. Legislaturperiode durch ihre Große Anfrage zur Förderung des Fremdenverkehrs und zu seiner volkswirtschaftlichen, gesellschaftspolitischen und gesundheitspolitischen Bedeutung darauf aufmerksam gemacht hat, daß Bundestag und Bundesregierung diesem Wirtschafts- und Lebensbereich politisch besser gerecht werden müssen. Es erfüllt uns, wie Sie verstehen werden, mit Genugtuung, daß dies inzwischen offensichtlich übereinstimmende Ansicht aller Fraktionen dieses Hohen Hauses geworden ist.
Die Bedeutung des modernen Tourismus für Wirtschaft und Gesellschaft in unserem Lande zeigt sich in den Ihnen vorliegenden eindrucksvollen Zahlen des Tourismusberichts. Es ist hier weder die Zeit noch der Ort, nach eingehenden Ausschußberatungen auf die vielfältigen Einzelaspekte einer zukunftsorientierten Tourismuspolitik einzugehen. Die anzustellenden Überlegungen haben in dem Ausschußantrag ihren Niederschlag gefunden. Zwei Gesichtspunkte erscheinen mir allerdings wichtig genug, hier noch einmal hervorzuheben.
Erstens. Das Schwerpunktprogramm der Bundesregierung und die vielen Einzelforderungen des Ihnen vorliegenden Antrags könnten vermuten lassen, daß künftig im Tourismus mehr regiert oder dirigiert, mehr im einzelnen staatlich Einfluß genommen werden soll. Eine solche Vermutung wäre aber völlig falsch. Derartiges entspricht weder unseren Absichten noch, wie ich sicher bin, den Absichten der Bundesregierung. Es kommt darauf an, daß die Bedingungen für eine gedeihliche Entwicklung des Tourismus aller Deutschen verbessert werden. Ich meine hier nicht den Tourismus zwischen Ost und West, der uns in einem anderen Zusammenhang beschäftigt. Hier geht es um die Verbesserung der Bedingungen bei uns, in der Bundesrepublik selbst.
Nicht zufällig stehen die Maßnahmen zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit unseres Fremdenverkehrsgewerbes und der Fremdenverkehrswirtschaft



Dr. Böger
insgesamt an der ersten Stelle der Anforderungen, die nach dem Ihnen vorliegenden Ausschußantrag an die Tourismuspolitik der Bundesregierung zu stellen sind. Hier ist noch manches durch Koordination und Konzentration beim Mitteleinsatz und in der Erfolgskontrolle zu verbessern. Lassen Sie mich an wichtigen Zielen zur Erreichung einer stärkeren Wettbewerbsfähigkeit im deutschen Tourismus nur nennen: eine marktgerechte Angebotsaufbereitung, Angebotsgestaltung und Angebotspräsentation, eine Weiterentwicklung unseres Vertriebssystems, eine weitere Verbesserung bei der Betriebsberatung, eine verbesserte Werbung und eine verbesserte Verkaufsförderung und nicht zuletzt eine erfolgskontrollierte, zweckgerechte, sachliche und räumliche Konzentration der einzusetzenden Fördermittel.
Zweitens. Von besonderem Gewicht erscheint mir unser Ansehen im Ausland als Tourismusnation. Allenthalben sind Deutsche für das Wachstum der Tourismuswirtschaft im Ausland von entscheidendem Gewicht. Anteile von bundesdeutschen Touristen zwischen 25 % und 40 % am Gesamtvolumen sind in vielen europäischen Zielländern nicht selten.

(lenken und handeln. Wir können uns deshalb als touristisches Zielland nicht mit einem geringen oder womöglich noch sinkenden Anteil am internationalen Tourismus zufriedengeben. Wir halten äußerste Anstrengungen für unerläßlich, um mehr ausländische Touristen für einen Besuch unseres Landes zu gewinnen. Der Weg dahin führt über eine intensivere, wohl auch noch gezielter ansetzende Fremdenverkehrswerbung im Ausland. Wir müssen deshalb auch bereit sein, hierfür die benötigten Mittel zur Verfügung zu stellen. Diesen Anforderungen wird sich der nächste Bundestag stellen müssen. Lassen Sie mich an dieser Stelle auch auf die Gefahr von Fehlentwicklungen im Tourismus hinweisen, die wir nicht übersehen sollten. Ich erwähne Investitionsruinen, wie einige im Bayerischen Wald, ich denke an Großprojekte, beispielsweise an der Ostseeküste und dem Harz, die nicht mehr rentabel sind und in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, und man muß auch zur Kenntnis nehmen, daß in einigen Regionen offensichtlich die Belastungsgrenzen erreicht, wenn nicht überschritten sind; ich erwähne Sylt. Orientierungshilfen sind zur Vermeidung von Fehlentwicklungen, wie die Vergangenheit lehrt, sicherlich angebracht. Als Ziele unserer Fremdenverkehrspolitik hat die Bundesregierung definiert: Absicherung der für eine kontinuierliche Entwicklung des Tourismus erforderlichen wirtschaftsund gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen, Steigerung der Leistungsund Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Fremdenverkehrswirtschaft, Verbesserung der Möglichkeiten für die Teilnahme breiter Bevölkerungsschichten am Tourismus und schließlich Ausbau der Zusammenarbeit im internationalen Tourismus. Die Konzeption der Bundesregierung beinhaltet mit Recht kein abgeschlossenes, inhaltlich fixiertes System von Zielen und von Mitteln zu ihrer Verwirklichung. Es handelt sich vielmehr um eine offene Konzeption, um einen Rahmen, innerhalb dessen die Einzelheiten der skizzierten Maßnahmen im Dialog mit den Beteiligten entwickelt werden sollen. Die Aufforderung an alle Interessierten, die Vorstellungen der Bundesregierung zu prüfen und kritisch zu werten, ist in der Öffentlichkeit dankbar aufgegriffen worden. Die Resonanz war durchweg zustimmend und konstruktiv. Die Zuständigkeit der Länder für weite Bereiche der Fremdenverkehrsförderung erforderte, deutlich zu machen, auf welche Bereiche sich die Fremdenverkehrspolitik des Bundes erstrecken muß, ohne die bestehenden Kompetenzen der Länder zu beschränken. Die Opposition hat es nach anfänglich weitgehender Übereinstimmung nun doch für richtig gehalten, einen eigenen Entschließungsantrag zur Tourismuspolitik einzubringen, weil sie in dem 16-PunkteEntschließungsantrag der Koalition ganze drei Schwachstellen zu sehen glaubt. Die zusätzlichen Forderungen der Opposition zur Auflockerung des Gastarbeiteranwerbestopps, zum Abbau steuerlicher Wettbewerbshindernisse beim Mehrwertsteuersatz sowie zur Überprüfung der Streckenstillegungspläne der Deutschen Bundesbahn sind unseres Erachtens nicht stichhaltig. Es ist nicht zu bestreiten, daß der Anwerbestopp für ausländische Arbeitskräfte im Hotelund Gaststättengewerbe mit seinem sehr hohen Ausländeranteil — er beträgt bei Kellnern über 50 % — bereits zu Schwierigkeiten geführt hat. Eine Ausnahmeregelung für einen Wirtschaftszweig ist aber deswegen problematisch, weil sie mit Sicherheit zur Berufung anderer Branchen führen würde. Vor allem aber ist es unsere Pflicht, die Arbeitsplätze für Deutsche und für die bereits in der Bundesrepublik lebenden ausländischen Arbeitnehmer zu erhalten. Wer heute eine Auflockerung des Anwerbestopps für ausländische Arbeitnehmer fordert, der handelt politisch leichtfertig, weil er nicht nur die derzeit angespannte Arbeitsmarktlage vergißt, sondern unsere nachrückenden geburtenstarken Jahrgänge übersieht und wohl auch nicht an die Arbeitsplatzbeschaffung für deutsche Rücksiedler gedacht hat. Der Wunsch der CDU/CSU, die Mehrwertsteuer im Gaststättengewerbe zu halbieren, ist an sich auch ein Wunsch der FDP. Ich möchte daran erinnern, daß wir bei der Einführung des Mehrwertsteuersystems eine Halbierung des Steuersatzes bei Speisen und Getränke gefordert haben, die in Gaststätten verzehrt werden. Die Große Koalition mit Finanzminister Strauß hat das aber damals nicht mitgemacht. Da für eine solche Maßnahme aus Haushaltsgründen zur Zeit nun einmal einfach kein Raum ist und ähnliche Wünsche anderer Gruppen hervorrufen würden, sollte der Bundestag eine solche Senkung momentan nicht fordern. Über die Wünschbarkeit einer steuerlichen Harmonisierung in der EG gibt es weder in diesem HoDr. Böger hen Hause noch zwischen uns und der Bundesregierung irgendwelche kontroversen Standpunkte. Wir sollten aber gemeinsam bemüht sein, keine illusionären Erwartungen zu nähren. Was die angesprochenen Streckenstillegungspläne der Deutschen Bundesbahn angeht, so weiß doch auch die Opposition, daß es sich hierbei um erste vorläufige Vorschläge handelt, die sich noch in keinem Falle konkretisiert haben. Gegen eine etwaige unzumutbare verkehrsmäßige Benachteiligung unserer Urlaubsorte, vor allem der Heilbäder, würden — ich muß hier den Irrealis nehmen — wir uns selbstverständlich wenden. Überall in der Welt und in allen einschlägigen internationalen Gremien wird der Fremdenverkehrspolitik eine besondere Priorität beigemessen. Das große Gewicht der Deutschen im internationalen Tourismus verpflichtet uns in besonderer Weise, uns an den gemeinsamen Aufgaben der Tourismuspolitik in der Welt aktiv zu beteiligen. Namens der FPD-Fraktion spreche ich mich deshalb für die Annahme des Entschließungsantrags des Wirtschaftsausschusses laut Drucksache 7/5403 aus. Das Wort hat der Abgeordnete Vehar. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer die Debatten um den Tourismus-Bericht der Bundesregierung in den letzten Wochen und Monaten verfolgt hat, konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, daß der Bericht der Bundesregierung die eigentliche Leistung sei. Demgegenüber möchte ich feststellen: Der Bericht der Bundesregierung ist ein Bericht über die Leistung anderer, nämlich über die Leistung eines großen, meist mittelständischen Gewerbes unserer Wirtschaft, des gesamten Fremdenverkehrsgewerbes. Dabei bedauern wir, daß sich der Bericht nur auf die Zeit von 1962 bis 1973 beschränkt; denn dabei bleiben wesentliche Ereignisse, die zu dieser späteren Entwicklung geführt haben, völlig unerwähnt. Ich erinnere an die Pionierarbeit der Unternehmer der Touristik, die bereits Anfang der 50er Jahre den Sozialtourismus begründet haben und in zielstrebiger Arbeit, zusammen mit ihren Partnern in den deutschen Fremdenverkehrsgebieten, die eigentliche Infrastruktur für die spätere stürmische Entwicklung des Fremdenverkehrs in Deutschland geschaffen haben. Ich erinnere an das gewaltige Ausmaß unserer Motorisierung, wie sie einmalig in der Welt gewesen ist im Zuge des wirtschaftlichen Aufstiegs unter den CDU/CSU-geführten Regierungen. Sie schaffte erst die Voraussetzung dafür, daß Millionen Menschen seitdem Jahr für Jahr mit ihrem eigenen Pkw in Urlaub fahren können. Nach dem Bericht der Bundesregierung waren es 1971 18 Millionen; heute sind es sicherlich bereits mehr als 20 Millionen. Dazu kommen — auch wieder eine Zahl aus dem Bericht — 550 Millionen Ausflugsfahrten meist an den Wochenenden und ausschließlich mit Pkws und Omnibussen. Meine Damen und Herren, diese gesellschaftspolitische Veränderung unseres Lebens erlaubte es Millionen von Menschen, durch mehr Freizeit auch mehr Freiheit zu erreichen. Wenn man dies sieht und sich an die gar nicht so lange zurückliegende Anti-AutoKampagne erinnert, dann kann man hier nur sagen: Welch unsinniges und für die Freiheit jedes einzelnen Menschen unverständliches Unterfangen ist es doch gewesen, zu versuchen, dem arbeitenden Menschen in unserem Lande die Freude an seinem eigenen Auto zu vergällen! Dies wird, wenn es auch leider völlig unerwähnt bleibt, mit diesem Bericht nachträglich in klassischer Weise bestätigt. Zu einem zweiten Punkt darf ich wegen der knappen Zeit, die mir zur Verfügung steht, nur mit wenigen Sätzen Stellung nehmen: zu dem sogenannten Reiserecht, dem beabsichtigten ReiseveranstaltungsGesetz. Meine Damen und Herren, ich entnehme dankbar dem Bericht, daß das Bundeswirtschaftsministerium, im Gegensatz zum Bundesjustizministerium, hier weitgehend Zurückhaltung übt. Während der Bundesjustizminister bzw. sein Parlamentarischer Staatssekretär hier von „Waffengleichheit zwischen Reiseveranstaltern und Reisenden" spricht — geradezu, als habe man es mit feindlichen Brüdern zu tun —, sieht der Bundeswirtschaftsminister durchaus die Notwendigkeit, die Reisebedingungen, d. h. das Geschäftsverhältnis zwischen Reiseveranstaltern auf der einen Seite und Reisenden auf der anderen Seite, neu zu gestalten. Das wollen auch die gewerblichen Reiseveranstalter, und sie haben, soviel ich weiß, inzwischen weitestgehend Übereinstimmung auch mit dem Bundeskartellamt erreicht. Ich darf die Bitte an das Bundeswirtschaftsministerium äußern, sich diesem Begehren des Reiseveranstaltergewerbes nicht zu widersetzen — der Kollege Kleinert von der FDP hat das bei der ersten Lesung hier auch zum Ausdruck gebracht — und sich dafür einzusetzen, daß hier auf freiwilliger Basis eine Regelung erfolgt durch eine modernisierte, verbesserte, der Zeit angepaßte Gestaltung der Allgemeinen Reisebedingungen. Ich darf mich einem weiteren Punkt zuwenden, den ich für besonders wichtig halte und den dankenswerterweise die beiden Kollegen aus den anderen Fraktionen auch angesprochen haben: dem Ausländerreiseverkehr, d. h. der Werbung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland um möglichst viele ausländische Touristen. Meine Damen und Herren, mit dieser Aufgabe ist, wie Sie sicherlich wissen, die Deutsche Zentrale für Tourismus beauftragt. Sie wird finanziert aus Mitteln des Bundeshaushaltes, und aus dem Bericht entnehmen wir, daß 1976 mehr als 15 Millionen DM dafür zur Verfügung stehen sollen und in den nächsten vier Jahren mehr als 60 Millionen DM. Das ist eine Zahl, die man natürlich so oder so auffassen kann: Mehr als 60 Millionen DM sind auch 61 Millionen DM, aber mehr als 60 Millionen DM können Vehar auch 80 Millionen DM sein. Aber, meine Damen und Herren, bleiben wir einmal bei den 15 Millionen DM dieses .Jahres. Als ich 1969 wieder in den Bundestag kam, habe ich bei der Beratung dieses Etats, der damals noch im Bundesverkehrsministerium ressortierte, den Antrag gestellt, aus 10 Millionen DM 12 Millionen DM zu machen, und das wurde damals auch genehmigt. Wenn wir heute 15 Millionen DM für diesen Zweck ausgeben und 1969 bereits 12 Millionen DM ausgegeben haben, dann ist das doch keine Verbesserung, sondern dann ist doch effektiv ein Stillstand. (Beifall bei der CDU/CSU — von Bockelberg [CDU/CSU] : Hört! Hört!)





(Beifall bei der FDP und der SPD)

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725629500
Max Vehar (CDU):
Rede ID: ID0725629600

(Seiters [CDU/CSU] : Sehr wahr!)




Meines Erachtens, meine Damen und Herren, ergibt sich aus dieser Tatsache die zwingende Notwendigkeit, daß wir uns bedeutend mehr anstrengen müssen, um es der Deutschen Zentrale für Tourismus zu ermöglichen, diese wichtige Aufgabe zu erfüllen. Ich denke da nicht an Geld für mehr Papier, für mehr Plakate oder dergleichen, sondern ich glaube, wir brauchen im Ausland bei den Vertretungen der Deutschen Zentrale für Tourismus mehr Personal und bessere, repräsentative Räume.
Meine Damen und Herren, ich darf vielleicht diese Notwendigkeit, von der ich sprach, mit wenigen Worten so skizzieren. Für mich ist die Förderung des Ausländerreiseverkehrs nicht in erster Linie eine Frage der Wirtschaftspolitik, auch nicht in erster Linie eine Frage der Fremdenverkehrswirtschaft. Für mich ist jede ausländische Stelle der Deutschen Zentrale für Tourismus eine Visitenkarte der Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Bravo!)

Für mich ist jeder Ausländer, der auf Grund dieser Werbung geworben wird, seinen Urlaub in der Bundesrepublik Deutschland oder in West-Berlin — ich bitte um Verzeihung, wenn ich das nicht immer dazu sage — zu verbringen, als Gast der Bundesrepublik Deutschland zu betrachten. Unsere Anstrengungen müssen dahin gehen, daß er in seine Heimat als ein Freund der Bundesrepublik Deutschland zurückkehrt. Ich darf wohl sagen, daß es nie zuvor notwendiger war, diese Anstrengung zu verstärken. Ich glaube, daß auch nie zuvor die Zeit so drängend gewesen ist, um Verständnis für unsere Probleme im Ausland zu werben.
Die Bundesregierung spricht in ihrem Bericht von den verschiedenen Gruppen, für die sie sich besonders einsetzen möchte, beziehungsweise für die sich andere besonders einsetzen sollen; hier ist unter anderem die kinderreiche Familie angesprochen. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß es sich bei der kinderreichen Familie — sie ist mit einer ganzen Reihe anderer Gruppen erwähnt — nicht um eine Randgruppe handelt. Ich meine, daß die kinderreiche Familie in Deutschland die Kerngruppe unseres Volkes ist

(Beifall bei der CDU/CSU)

und daß es unsere Pflicht und Schuldigkeit ist, in
unserem eigenen Interesse auf diesem Gebiet alles
— vor allen Dingen finanzieller Art — zu tun, um auch diesen Menschen zu ermöglichen, das tun zu können, was andere als eine Selbstverständlichkeit ansehen, nämlich einmal im Jahr in Urlaub zu fahren. Die Lösung kann nicht darin bestehen, daß man für die kinderreichen Familien sogenannte Reservate schafft, wo sie unter sich sind, sondern sie müssen ihren Urlaub mit den anderen Menschen gemeinsam verbringen können. Dadurch können sie vielleicht auch psychologisch darauf hinwirken, daß im gesamten Volke eine andere Auffassung über eine kinderreiche Familie entsteht. Gehen Sie doch einmal nach Frankreich, nach Italien oder nach Spanien. Welch ein Erlebnis ist es, wenn Sie im Restaurant 6, 7 oder 8 um einen Tisch sitzen sehen, eine Familie — das ist dort eine Selbstverständlichkeit —, die sich dort im Urlaub befindet. Wo können Sie in einem deutschen Hotel oder Restaurant dieses Bild finden? In den meisten Restaurants und Hotels sind kinderreiche Familien sogar eine Störung.
Diesen Vorwurf richte ich nicht allein an die Bundesregierung. Ich glaube, das ist richtig verstanden worden. Aber hier ergibt sich eine wirklich dankbare Aufgabe für die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit allen, die politisch tätig sind, für eine andere Einstellung auch gegenüber der kinderreichen Familie zu sorgen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich schließe mit dem Wunsch, daß die TourismusPolitik in der Zukunft dazu führen möge, allen Menschen in unserem Land die Möglichkeit zu geben, am Tourismus, dieser Errungenschaft unserer modernen Zeit, teilzunehmen und möglichst vielen Menschen aus anderen Ländern die Möglichkeit zu geben, als Urlaubsgäste in Deutschland zu weilen.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0725629700
Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Ich komme zur Abstimmung.
Das Haus nimmt den Bericht der Bundesregierung zur Kenntnis. Ich lasse über den Entschließungsantrag abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimme. — Enthaltungen? — Auch keine Enthaltung. Einstimmig angenommen!
Ich rufe Punkt 26 auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten von Bockelberg, Kleinert, Metzger, Dr. Weber (Köln), Erhard (Bad Schwalbach) und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Partnerschaftsgesetzes
— Drucksache 7/4089 —
Bericht und Antrag des Rechtsausschusses (6. Ausschuß)

— Drucksachen 7/5402, 7/5413 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Metzger
Abgeordneter Erhard (Bad Schwalbach)


(Erste Beratung 197. Sitzung)




Vizepräsident Dr. Jaeger
Ich danke den Berichterstattern für ihre Berichte.
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Metzger.

Günther Metzger (SPD):
Rede ID: ID0725629800
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Partnerschaftsgesetz, über das wir jetzt in zweiter und dritter Lesung beraten, hat in den letzten 14 Tagen einen kleinen Sturm im Wasserglas verursacht, ausgelöst von einigen Funktionären und einigen Berufsverbänden und Standesorganisationen; nach unserer Auffassung völlig zu Unrecht. Dabei spielen sicher eine Reihe von Mißverständnissen eine Rolle, aber es geht auch teilweise bei dem einen oder dem anderen Verband um Gruppeninteressen.
Vertreter aller Fraktionen im Bundestag hatten in der letzten Woche Gelegenheit, bei einer Sitzung des Bundesverbandes der freien Berufe die Ziele des Gesetzes noch einmal darzulegen, und ich glaube, es ist den Vertretern gelungen, einen großen Teil dieser Mißverständnisse auszuräumen.
Der Entwurf dieses Partnerschaftsgesetzes geht auf die Initiative aller im Bundestag vertretenen Parteien zurück. Die SPD-Bundestagsfraktion hat diese Initiative unterstützt, weil sie die freien Berufe als mittelständische Berufsgruppe stärken und damit auch eine weitere Unterstützung des Mittelstandes erreichen will. Wir sind der Auffassung, daß der Mittelstand ein wichtiger und unverzichtbarer Bestandteil unserer freien, pluralistischen, auf Wettbewerb, Leistung und soziale Sicherung ausgerichteten Gesellschaft ist.

(Zustimmung bei der SPD)

Der Gesetzentwurf, der uns jetzt zur Verabschiedung vorliegt, hat das Ziel, durch die Schaffung einer geeigneten Organisationsform den Zusammenschluß von Angehörigen freier Berufe für die gemeinschaftliche Berufsausübung zu erleichtern. Dazu gehört auch — und ich betone das mit Nachdruck — die interdisziplinäre Zusammenarbeit, für die in der Praxis nach unserer Auffassung ein immer größeres Bedürfnis besteht. Die Entwicklung in allen Lebensbereichen macht es in zunehmenden Maße erforderlich, Aufgaben in größerem Rahmen und unter Mitwirkung von Angehörigen verschiedener freier Berufe zu lösen. Das wird auch zu einer besseren Versorgung unserer Bevölkerung führen.
Wir wissen - ich wiederhole das -, daß einige
Berufsverbände und die Funktionäre einiger Standesorganisationen, die aus unterschiedlichen Gründen an althergebrachten, vielfach aber überholten und mit unserer modernen Leistungsgesellschaft und mit dem freiheitlichen und demokratischen Grundprinzip unserer Staats- und Gesellschaftsordnung nicht mehr übereinstimmenden Vorstellungen festhalten wollen, das Gesetz ablehnen. Wir leben aber nicht mehr in einem Ständestaat mit exklusiven „Naturschutzzonen", die — vielfach zum Nachteil der Bevölkerung — nicht angetastet werden dürfen. Wir wollen durch dieses Gesetz eine Vielfalt von Gestaltungsmöglichkeiten und so wenige Einschränkungen wie möglich auf diesem Gebiet. Wir wollen eine flexible Gestaltung der Partnerschaft mit einer Öffnung zur Zusammenarbeit. Das gilt
gerade auch für diejenigen freien Berufe, die bisher weitgehend im Schatten großer Berufsverbände standen und wenig Entfaltungsmöglichkeiten hatten. Wir haben heute morgen über die Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage der Künstler debattiert. Deshalb nenne ich hier stellvertretend für andere kleinere Berufsgruppen der freien Berufe die künstlerischen Berufe. Wir haben hierzu einen Änderungsantrag vorgelegt, um dessen Annahme wir ebenfalls bitten, in dem vorgesehen ist, daß in Ergänzung des § 1 des Gesetzes in der Aufzählung der freien Berufe die Künstler und Designer beispielhaft mit aufgeführt werden sollen.
Die Antragsteller und die Mitglieder des federführenden Rechtsausschusses waren und sind sich darüber einig, daß die jetzige Fassung des Gesetzes keineswegs eine vollständige Lösung der für die freien Berufe und für Zusammenschlüsse ihrer Angehörigen vorhandenen Probleme darstellt. Es gibt sicher Mängel, abgesehen davon, daß es keineswegs einfach war und für die Zukunft auch keineswegs einfach sein wird, die teilweise sehr unterschiedlichen Interessen der einzelnen Verbände der freien Berufe unter einen Hut zu bringen. Aber wir sind der Auffassung — und das gilt nicht nur für diesen Bereich; das ist in diesem Hause schon oft gesagt worden —, daß es keine Politik des „alles oder nichts" geben kann.

(V o r sitz : Präsident Frau Renger)

Wer eine solche Politik betreibt — das gilt auch für den Bereich der freien Berufe; auch das haben wir den freien Verbänden in der letzten Woche gesagt —, verzichtet letzten Endes auf die Verwirklichung konkreter Vorstellungen.
Wir hätten gern in dieses Gesetz die Haftungsbeschränkung aufgenommen, um eine Risikobegrenzung bei der Berufsausbildung sicherzustellen, wohl wissend, daß dieses Problem der Haftungsbeschränkung nicht nur für die freien Berufe von Bedeutung ist. Wir hätten auch gern die Rechtsfähigkeit der Partnerschaft durchgesetzt, um hier nur ein zweites Beispiel von Problemen zu nennen, mit den wir uns sehr intensiv beschäftigt haben. Es gab aber Widerstände aus dem Bundesjustizministerium, und es gab auch Widerstände bei den Finanzpolitikern des Bundes und der Länder, die im gegenwärtigen Zeitpunkt — ich betone: im gegenwärtigen Zeitpunkt — nicht ausgeräumt werden konnten.
Trotz einiger Mängel und Schwächen, die wir durchaus sehen — hier befinden wir uns in Übereinstimmung mit den Verbänden — waren und sind wir der Auffassung, daß das Partnerschaftsgesetz als erster Schritt zur Stärkung der freien Berufe und zur Lösung ihrer speziellen Probleme verabschiedet werden soll. Weitere Schritte müssen folgen. Wir haben dankbar anerkannt, daß uns der Bundesjustizminister eine Zusage gegeben hat, bei der Verwirklichung unserer Pläne in der nächsten Wahlperiode unterstützend mitzuwirken.

(Dr. Schweitzer [SPD] : Hört! Hört!)

Auch die jetzige Fassung des Gesetzes enthält eine Reihe wichtiger Regelungen, die für viele An-



Metzger
gehörige der freien Berufe Anlaß sein werden, sich in Partnerschaften zusammenzuschließen. Dazu gehört unter anderem das Recht, einen eigenen Namen zu führen, die aktive und passive Parteifähigkeit, das Wettbewerbsverbot und nicht zuletzt — ich sagte es bereits — die Möglichkeit der interdisziplinären Zusammenarbeit.
Niemand im Bereich der freien Berufe wird gezwungen, eine Partnerschaft zu gründen oder einer Partnerschaft beizutreten. Das Partnerschaftsgesetz ist ein Angebot an die Angehörigen der freien Berufe. Jeder Angehörige dieses Berufsstandes ist frei, das Angebot anzunehmen oder abzulehnen. Trotz teiweise erheblicher Meinungsverschiedenheiten bei den Verbänden der freien Berufe über die Notwendigkeit dieses Gesetzes hat sich, wie wir feststellen konnten, eine deutliche Mehrheit dieser Verbände und Berufsorganisationen für die Verabschiedung dieses Gesetzes ausgesprochen.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird dem Gesetz zustimmen.

(Beifall bei der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0725629900
Das Wort hat der Abgeordnete von Bockelberg.

Helmut von Bockelberg (CDU):
Rede ID: ID0725630000
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der letzte Tagesordnungspunkt, zu welchem ich in meinem parlamentarischen Leben zu sprechen habe, ist die zweite und dritte Beratung des Partnerschaftsgesetzes. Dieses Gesetz bildet den ersten Schritt auf dem Wege zu einer Gesellschaft zur gemeinsamen Ausübung von freien Berufen, auch in interdisziplinären Kooperationen.
Der Weg dieses Gesetzes ist nur als sehr dornenvoll zu bezeichnen. Am 1. April 1971, also in der 6. Wahlperiode, wurde ein Entwurf eines Partnerschaftsgesetzes als CDU-Gruppenantrag eingebracht. Dieser erlebte die erste Lesung und ein positives Echo im Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages. Nach einer Anhörung von Kammern und Verbänden durch das Bundesministerium der Justiz fiel der Entwurf der Auflösung des 6. Deutschen Bundestages zum Opfer. In der 7. Wahlperiode wurde der Gedanke von einer Abgeordnetengruppe aller Fraktionen — die Namen gehen aus dem Kopf des Antrags hervor — aufgegriffen und unter Zugrundelegung des Gruppenantrags der 6. Wahlperiode und einer das möchte ich betonen — sich über mehrere Wochen erstreckenden Diskussion mit den Kammern und Verbänden der freien Berufe — wir hatten einzeln und in Gruppen in die Parlamentarische Gesellschaft eingeladen, um sie anzuhören — in die Form des Gruppenantrags auf Drucksache 7/4089 gegossen.
Dieser Antrag sah vor:
eine rechtsfähige Berufsgesellschaft sui generis für die freien Berufe;
eine Beschränkung der Haftung der Partner für Schäden aus der Berufsausübung bei voller Haftung aus sonstigen Geschäften;
einen garantierten und durch eine Versicherung abgedeckten Schadensersatz für den Auftraggeber;
eine Beschränkung der Gesellschafter auf solche Freiberufler, die innerhalb der Gesellschaft tätig sind;
ein Konkurrenzverbot, soweit nicht eine Zustimmung der anderen Partner dieses aufhob;
die Möglichkeit des Zusammenschlusses interdisziplinärer Art — ich sagte es schon —;
einen Schutz des Namens der Partnerschaft durch Eintragung in ein gerichtliches Register;
eine Weiterführung des Namens ausgeschiedener Partner bis zu acht Jahren;
eine äußere Erkennbarkeit als freiberufliche Gesellschaft durch den Vorbehalt des Namens „Partnerschaft" für freie Berufe.
Hier darf ich einmal einfügen, daß dieses Gesetz damit nicht nur gesellschaftsrechtlich, sondern auch gesellschaftspolitisch von besonderer Bedeutung ist, weil das Herausstellen des Namens „Partnerschaft" es verhindert, daß diese Gruppe von Berufen zwischen den großen Blöcken der Arbeitnehmerschaft und der gewerblichen Unternehmerschaft langsam in sich aufgelöst wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Besonders möchte ich betonen — auch Herr Metzger hat es schon getan —, daß die Partnerschaft ein zusätzliches Angebot neben der Sozietät oder ähnlichem darstellt.
Der Antrag Drucksache 7 4098 wurde am 2. Oktober 1975 im Bundestag eingebracht. Da die Höhe der Versicherungssumme für die Berufshaftpflichtversicherung und damit die Grenze der Haftungsbeschränkung, sei es für laufende Aufträge, sei es für einzelne Haftungsrisiken, sachgerecht festgelegt und überwacht werden mußten, wurde die Partnerschaft den unter Kammeraufsicht stehenden Berufen vorbehalten. Dies war ohne Zweifel ein erheblicher Nachteil des Gesetzentwurfs. Eingaben von nicht „verkümmerten" Berufen waren die Folge. Auch hatte diese Gesetzesvorschrift zu einem Schritt quer durch die freien Berufe geführt. Ferner muß eingestanden werden, daß ein solcher Ausschluß einer erheblichen Anzahl freier Berufe den mit den Verbänden geführten Diskussionen und deren Ergebnissen nicht gerecht geworden wäre.
Die während des Gesetzgebungsverfahrens sich abzeichnenden Entwicklungen im Steuerrecht — ich erwähne die Körperschaftsteuerreform mit Anrechnungsverfahren —, die Überlegungen, Haftungsbegrenzungen als allgemeines Problem des Schadensersatzrechts zu lösen — hier erwähne ich das Mißverhältnis zwischen dem Haftungsrisiko und einem Honoraranspruch auf Grund einer Gebührenordnung, die auf dem Alimentationsprinzip aufgebaut ist — und zwar unabhängig davon, ob der Beruf durch einzelne oder innerhalb von Gesellschaften ausgeübt wird und schließlich Bedenken des Bundesministeriums der Justiz, die ich nachher zitieren darf, führten zu einigen Änderungen.



von Bockelberg
Ich zitiere jetzt aus der Stellungnahme des Bundesministeriums der Justiz:
a) Für die freien Berufe ist die persönliche Verbindung zwischen dem Klienten und dem Berufsangehörigen ein wesentliches Merkmal. Wird dieses Merkmal vom Gesetzgeber jetzt als entbehrlich angesehen, so muß sich die Bedeutung des freien Berufes und seine Behandlung in einer Vielzahl von Rechtsvorschriften grundlegend ändern. Beispiel: Die Regelungen in den Verfahrensgesetzen, nach denen nur natürliche Personen Verfahrensbevollmächtigte sein können, beruhen auf obigem Grundsatz. Sie müßten, wenn die juristische Person selbst den Beruf ausübt ... geändert werden. Gleichzeitig kämen tragende Elemente der einzelnen Berufsordnungen ins Rutschen. Für den Bereich der Anwaltschaft ist hier die Lokalisation und Zulassung bei einem bestimmten Gericht und die Frage des Zweigstellenverbots als Beispiel zu erwähnen. Brüchig würde auch das Prinzip, daß Rechtsanwalt nur sein kann, wer eigenverantwortlich einer rechtsbesorgenden Tätigkeit nachgeht.
b) Eine Berufsausübung durch die Partnerschaft als juristische Person führt zu kaum noch zu lösenden Schwierigkeiten bei der interprofessionellen Partnerschaft. Dort, wo sich Angehörige verschiedener Berufe mit unterschiedlichen Vorbehaltsaufgaben zusammenschließen, bedingt die unterschiedliche Qualifikation der einzelnen Partner, daß der einzelne Partner als derjenige anzusehen ist, der den Beruf ausübt. Es kann auch nur der einzelne Partner, nicht die Partnerschaft als juristische Person, sich in dem Pflichtenkreis bewegen müssen, der dem einzelnen Beruf eigen ist. Eine Gesellschaft, die wechselnd als Rechtsbesorgungs-, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auftritt, ist
nicht vorstellbar, und zwar auch deswegen nicht, weil zwischen diesen Berufen im einzelnen umstrittene Felder bei den Vorbehaltsaufgaben bestehen. Soll sich die Partnerschaft im Einzelfall nach den Vorstellungen der Rechtsanwälte oder der Wirtschaftsprüfer über die Abgrenzung der Vorbehaltsaufgaben richten? Wer soll dies entscheiden?
c) Für die Anwaltschaft hätte die Anerkennung der juristischen Person als Rechtsbesorgungsgesellschaft auch die bedenkliche Auswirkung, daß sie die jetzige Zurückdrängung der juristischen Person bei den Rechtsbeistandserlaubnissen ... unhaltbar machen würde.
Da die Notwendigkeit der sofortigen Lösung der Haftungsbeschränkung wegen der Überlegung einer umfassenden Regelung nicht mehr im alten Umfange besteht, andererseits ein Verzicht auf die Haftungsbeschränkung im Partnerschaftsgesetz dieses Gesetz auch den nicht verkammerten Berufen öffnet, wurde davon abgesehen, die Partnerschaft als rechtsfähige Berufsgesellschaft in diesem Gesetz weiter zu verfolgen. Damit wurde auch dem Bedenken des Bundesministeriums der Justiz Rechnung getragen, so daß die Initiatoren der Meinung sind, daß
von seiten der Justizministerien Bedenken wohl nicht mehr zu erwarten sind.
Was bringt nun dieses geänderte Gesetz? Es wird hier eine weiterentwickelte Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur Verfügung gestellt, und zwar für eine größere Anzahl von Freiberuflern, als es bei der Sozietät gestattet ist, und auch für Freiberufler verschiedener Disziplinen. Die übrigen durch den alten Gesetzentwurf — wenn ich es so sagen darf — vorgesehenen Vorteile, nämlich die Beschränkung der Gesellschafter auf in der Gesellschaft tätige Freiberufler, das Konkurrenzverbot, die Möglichkeit des Zusammenschlusses interdisziplinärer Art, Schutz des Namens durch Eintragung in ein Register, Weiterführung des Namens von ausgeschiedenen Partnern über weitere acht Jahre hinweg, die äußere Erkennbarkeit als freiberufliche Gesellschaft und damit der gesellschaftspolitische Zweck, sind aus dem ersten Gesetzentwurf erhalten geblieben. Lediglich die Haftungsbeschränkung ist weggefallen, weil eine Haftungsbeschränkung bei der Neuregelung des allgemeinen Schadenersatzrechtes geregelt werden wird, unabhängig davon, ob der Beruf vom einzelnen oder in Gesellschaften ausgeübt wird.
Ich brauche nicht zu betonen, daß die Initiatoren von diesem Ergebnis nicht voll befriedigt sein können. Dies hat auch der Rechtsausschuß festgestellt, und dies ist in der Begründung auf Seite 2 des Berichtes in dem mittleren Abschnitt nachzulesen; in Anbetracht des Zeitablaufes schenke ich mir das Zitat.
Auch die Initiatoren sind der Meinung, daß die freien Berufe mit diesem Gesetz wenn man es so sagen darf — den Fuß erst einmal in der Tür haben.
Kurz möchte ich darauf eingehen, daß einige angesehene Kammern und Verbände das Gesetz in der dem Hohen Hause vorliegenden Fassung des Rechtsausschusses ablehnen. Sie begründen ihre Ablehnung mit folgenden Behauptungen:
Dieser Entwurf ist gegenüber dem Entwurf BT-Drucksache 7/4089 vom 2. 10. 1975 grundlegend verändert. Die Zielsetzung des ursprünglichen Entwurfes, eine den Besonderheiten der freien Berufe entsprechende angemessene Form der Berufsausübung zu ermöglichen, ist in das Gegenteil verkehrt. Die Neufassung enthält Eingriffe in die bestehenden und sich fortentwikkelnden Berufsordnungen und Berufsbilder der freien Berufe, deren negative Folgen kaum absehbar sind.
Abgesehen davon, daß dieses Schreiben weder ein Datum noch Unterschriften trägt, enthält es

(Zuruf des Abg. Scheu [SPD])

- es sind die Verbände angesprochen, aber dieses
Schreiben enthält, wie gesagt, keine Unterschriften, Herr Scheu — zwei Behauptungen, die aber in keiner Weise bewiesen oder erläutert worden sind. Ich bedaure, sagen zu müssen, daß in dem Schreiben an alle Abgeordneten die Erläuterung und Begründung für die zitierten Behauptungen fehlen.
Andere Kammern und Verbände begrüßen das Gesetz als ersten Schritt auf einem gangbaren Wege.



von Bockelberg
Meine Damen und Herren, folgen wir diesen Verbänden und Kammern, die den ersten Schritt mit uns gehen wollen! Tun wir den ersten Schritt!
Die Fraktion der CDU/CSU hat beschlossen, dem Partnerschaftsgesetz zuzustimmen.
Den Änderungsantrag auf Drucksache 7/5513 Ziffer 1 bitte ich dahin zu ändern, das Wort „GrafikDesigner" durch das Wort „Künstler/Designer" zu ersetzen. Die übrigen Änderungen sind darauf zurückzuführen, daß der Vertreter des Wirtschaftsministeriums im Rechtsausschuß nicht so deutlich angehört wurde. Es handelt sich um die Einfügung der Sozietätsfähigkeit mit vereidigten Buchprüfern.

(Allgemeiner Beifall)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0725630100
Schönen Dank, Herr Kollege von Bockelberg.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Engelhard.

Hans A. Engelhard (FDP):
Rede ID: ID0725630200
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Den Ausführungen des Herren Kollegen Metzger und der eingehenden Würdigung und Behandlung des vorliegenden Gesetzentwurfs durch Herrn Kollegen von Bockelberg darf ich mich für die Mitglieder der FDP-Fraktion wie auch persönlich als Unterzeichner des Entwurfs anschließen.
Die heutige Behandlung zu später Stunde läßt in diesem Umfang nicht erkennen, wie lange Zeit es bis zur zweiten und dritten Lesung dieses Gesetzentwurfes bedurfte. Es waren engagierte Kollegen aus allen drei Fraktionen dieses Hauses, die durch mehrere Legislaturperioden hin diese Sache betrieben haben mit dem Ziel, endlich auch für den Bereich der freien Berufe eine Rechtsform zur Verfügung zu stellen. Daß dabei nicht alle Erwartungen im ersten Anlauf in Erfüllung gegangen sind, mag bedauerlich sein. Wir kommen aber bei der Gesamtwürdigung zum Ergebnis, daß hier ein erster, wichtiger Schritt getan wurde. Bedenken, die dahin gehen, daß die Flexibilität des Standesrechts künftig durch die starre Form eines Gesetzes eingeengt werden könnte, sehen wir in dieser Form nicht. Denn wenn dieses Gesetz ein nur erster Schritt ist, so wissen wir, daß auch dieses Gesetz der Weiterentwicklung, orientiert an den Notwendigkeiten, bedarf und daß dieses Gesetz weiterentwickelt werden wird.

(Allgemeiner Beifall)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0725630300
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Debatte. Wir kommen zur Einzelabstimmung.
Ich lasse zuerst über die Änderungsanträge auf Drucksache 7/5513 Ziffern 1 bis 4 abstimmen. Wer diesen Anträgen zu den §§ 1 und 32 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. —Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die Anträge sind angenommen.
Wir stimmen jetzt über die §§ i bis 35 in der Ausschußfassung mit den soeben beschlossenen Änderungen — sowie Einleitung und Überschrift
ab. Wer diesen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist in der zweiten Beratung angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Wortmeldungen liegen nicht vor. Wer dem Gesetz im Ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Wir haben noch über den Antrag des Ausschusses abzustimmen, die eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Eine Erklärung zur Abstimmung nach § 59 unserer Geschäftsordnung in schriftlicher Form wünscht die Frau Abgeordnete Dr. Neumeister abzugeben. Die Erklärung wird dem Protokoll angefügt *).
Ich rufe Punkt 27 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz — SprengG)

— Drucksachen 7/4824, 7/5102 —
Bericht und Antrag des Innenausschusses (4. Ausschuß)

— Drucksache 7/5474 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Pensky
Abgeordneter Dr. Miltner

(Erste Beratung 230., 240. Sitzung)

Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Ich rufe die §§ 1 bis 53, Einleitung und Überschrift in der Fassung der Drucksache 7/5474 auf. Wer den aufgerufenen Bestimmungen in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Wortmeldungen liegen nicht vor. Wer dem Gesetz im Ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig in der dritten Lesung angenommen.
Wir haben noch über den Ausschußantrag zu befinden, die zu den beiden Entwürfen eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 28 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Regelungen auf dem Arzneimittelmarkt
— Drucksache 7/4557 —
*) Anlage 2



Präsident Frau Renger
Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß)

— Drucksache 7/5373 —
Berichterstatter: Abgeordneter Zeyer (Erste Beratung 221. Sitzung)

Der Berichterstatter wünscht nicht das Wort. Zur Debatte wird das Wort nicht gewünscht.
Ich rufe Art. 1 auf. Hierzu liegt auf der Drucksache 7/5528 unter Ziffer i ein interfraktioneller Änderungsantrag vor. Wird das Wort dazu gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wer der Ziffer 1 des interfraktionellen Änderungsantrags zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen. Damit ist Art. 1 in der neuen Fassung angenommen.
Ich rufe die Art. 2 und 3 in der vom Ausschuß beantragten Fassung auf. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 4 auf. Hierzu liegt auf der Drucksache 7/5528 unter Ziffer 2 ein interfraktioneller Änderungsantrag vor. Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht.
Wer der Ziffer 2 des interfraktionellen Änderungsantrags zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen. Art. 4 ist mit dieser Änderung gebilligt.
Ich rufe Art. 5 auf. Hierzu liegt auf der Drucksache 7/5528 unter Ziffer 3 ein interfraktioneller Änderungsantrag vor. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen. Art. 5 ist mit der soeben beschlossenen Änderung angenommen.
Wir haben noch über Einleitung und Überschrift abzustimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — In der zweiten Lesung angenommen.
Wir kommen zur
dritten Lesung.
Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wer dem Gesetz im Ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Der Ausschuß beantragt auf der Drucksache 7/5373 unter Nr. 2, eine Entschließung anzunehmen. Wer dieser Entschließung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Ich rufe Punkt 29 der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 21. Februar 1971 über psychotrope Stoffe — Drucksache 7/4957 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 7/5468 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Carstens (Emstek)

b) Bericht und Antrag des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit (13. Ausschuß)

— Drucksache 7/5398 -
Berichterstatter: Abgeordneter Marschall (Erste Beratung 238. Sitzung)

Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich rufe die Art. 1 bis 4, Einleitung und Überschrift auf.
Die zweite Beratung wird mit der Schlußabstimmung verbunden. Wer dem Gesetz im Ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Wer dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache 7/5398 unter Ziffer 2 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 30 der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 23. Dezember 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
— Drucksache 7/5030 —
Bericht und Antrag des Finanzausschusses (7. Ausschuß)

— Drucksache 7/5377 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Kreile (Erste Beratung 240. Sitzung)

Der Berichterstatter wünscht das Wort nicht. Wortmeldungen liegen nicht vor.
Ich rufe Art. 1 bis 3, Einleitung und Überschrift auf. Die zweite Beratung wird mit der Schlußabstimmung verbunden.
Wer dem Gesetz im Ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 31 der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erhaltung und Modernisierung kulturhistorisch und städtebaulich wertvoller Gebäude
— Drucksache 7/2552 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksachen 7/5546 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. von Bülow
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256 Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juli 1976 18433
Präsident Frau Renger
b) Bericht und Antrag des Finanzausschusses (7. Ausschuß)

— Drucksache 7/5523 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Vohrer (Erste Beratung 122. Sitzung)

Der Ausschuß beantragt die Ablehnung des Gesetzentwurfs.
Ich rufe Art. 1 bis 3, Einleitung und Überschrift auf. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Gesetzentwurf ist abgelehnt. Damit unterbleibt nach § 84 Abs. 3 der Geschäftsordnung jede weitere Beratung.
Der Ausschuß beantragt, die eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. — Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 32 der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes
— Drucksache 7/4601 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 7/5547 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. von Bülow
b) Bericht und Antrag des Finanzausschusses (7. Ausschuß)

— Drucksache 7/5524 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Halfmeier Abgeordneter Kreile

(Erste Beratung 221. Sitzung)

Der Ausschuß beantragt die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Ich rufe Art. 1 bis 3, Einleitung und Überschrift auf. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Dieser Gesetzentwurf ist gegen zwei Stimmen abgelehnt worden. Damit unterbleibt nach § 84 Abs. 3 der Geschäftsordnung jede weitere Beratung.
Der Ausschuß beantragt unter Ziffer 2, eine Entschließung anzunehmen. Wer dieser Entschließung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Entschließungsantrag ist angenommen.
Ich rufe Punkt 33 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes
— Drucksache 7/4285 —
Bericht und Antrag des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (10. Ausschuß)

— Drucksache 7/5471 — Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. Schmidt (Gellersen) Abgeordneter Bewerunge

(Erste Beratung 207. Sitzung)

Das Wort wird nicht gewünscht.
Ich rufe die Art. 1 und 2 in der Ausschußfassung auf. Wer diesen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Diese Bestimmungen sind angenommen.
Ich rufe Art. 3 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 7/5512 ein Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Schmidt (Gellersen), Bewerunge und Gallus vor. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen.
— Gegenprobe! — Enthaltungen? — Dieser Änderungsantrag ist angenommen. Ich gehe davon aus, daß damit Art. 3 in der neuen Fassung angenommen ist.
Ich rufe Art. 4 und 5 in der Fassung des Ausschußantrags, Einleitung und Überschrift auf. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — In zweiter Beratung angenommen.
Ich eröffne die
dritte Beratung.
Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im Ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Wir haben noch über den Ausschußantrag auf Drucksache 7/5471 unter Ziffer 2 abzustimmen, die eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären.
— Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 34 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Erhebung von Kosten beim Bundessortenamt
— Drucksache 7/4966 —
Bericht und Antrag des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (10. Ausschuß)

— Drucksache 7/5472 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Ritgen (Erste Beratung 238. Sitzung)

Das Wort wird nicht gewünscht.
Ich rufe die §§ 1 bis 11 in der Fassung des Ausschußantrags, Einleitung und Überschrift auf. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — In der zweiten Beratung angenommen.



Präsident Frau Renger
Ich eröffne die
dritte Beratung.
Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im Ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 35 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung verwaltungsprozessualer Vorschriften
— Drucksache 7/4324 —
Bericht und Antrag des Rechtsausschusses (6. Ausschuß)

— Drucksache 7/5492 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Gnädinger Abgeordneter Thürk

(Erste Beratung 207. Sitzung)

Das Wort wird nicht gewünscht.
Ich rufe in zweiter Beratung die Art. 1 bis 6 in der Fassung des Ausschußantrages sowie Einleitung und Überschrift auf. Wer den Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Gesetz im Ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Es liegt noch ein Ausschußantrag vor, die eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe den Zusatzpunkt zur Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD, CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Handwerkszählung 1977 (Handwerkszählungsgesetz 1977) — Drucksache 7/5228 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 7/5545 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Möller (Lübeck)

b) Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß)

— Drucksache 7/5375 —
Berichterstatter: Abgeordneter Scheu (Erste Beratung 248. Sitzung)

Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Ich rufe in zweiter Beratung die §§ 1 bis 8 in der Fassung des Ausschußantrags, Einleitung und Überschrift auf. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Wer dem Gesetz im Ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 36 der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Übereinkommen vom 15. Februar 1972 und 29. Dezember 1972 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen durch Schiffe und Luftfahrzeuge
— Drucksache 7/5268 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache 7/5548 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Müller (Nordenham)

b) Bericht und Antrag des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen (14. Ausschuß)

— Drucksache 7/5477 —
Berichterstatter: Abgeordneter Geldner (Erste Beratung 250. Sitzung)

Das Wort wird nicht gewünscht.
Ich rufe Art. 1 bis 14 mit den vom Ausschuß beantragten Änderungen, Einleitung und Überschrift auf. Wer dem, verbunden mit der Schlußabstimmung, zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 37 der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 14. Dezember 1973 über die Verhütung, Verfolgung und Bestrafung von Straftaten gegen völkerrechtlich geschützte Personen einschließlich Diplomaten (Diplomatenschutzkonvention)

— Drucksache 7/4820 —
Bericht und Antrag des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuß)

— Drucksache 7/5475 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. Schmitt-Vockenhausen (Erste Beratung 230. Sitzung)

Das Wort wird nicht gewünscht. Ich rufe Art. 1 bis 3 in der Fassung des Ausschußantrages, Einleitung und Überschrift auf. Wir verbinden die zweite Beratung mit der Schlußabstimmung. Wer



Präsident Frau Renger
dem Gesetz zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe!— Enthaltungen? -Angenommen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 38 bis 41 auf:
38. a) Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung — Drucksache 7/3468 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend) Ausschuß für Wirtschaft
b) Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU
betr. freiwillige Aufstockung von Rentenversicherungsbeiträgen von Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten für die Vergangenheit
— Drucksache 7/3467 —
Überweisungsvorschlag des Altestenrates: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung
39. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 13. Februar 1946 über die Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Nationen
— Drucksache 7/5366 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Rechtsausschuß
40. Erste Beratung des von Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 22. Januar 1976 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet Steuern vom Einkommen und bestimmter anderer Steuern
— Drucksache 7/5378 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Finanzausschuß
41. Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes
— Drucksache 7/5448 —
Überweisungsvorschlag des Altestenrates:
Finanzausschuß (federführend)

Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen
Das Wort wird nicht gewünscht. Die Überweisungsvorschläge des Altestenrates ersehen Sie aus der Tagesordnung. — Den Überweisungen wird nicht widersprochen; dann ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 42 der Tagesordnung auf:
a) Beratung der Sammelübersicht 60 des Petitionsausschusses (2. Ausschuß) über Anträge zu Petitionen und systematische Übersicht über die beim Deutschen Bundestag in der Zeit vom 13. Dezember 1972 bis 31. Mai 1976 eingegangenen Petitionen
— Drucksache 7/5478 —
b) Beratung der Sammelübersicht 61 des Petitionsausschusses (2. Ausschuß) über Anträge zu Petitionen
— Drucksache 7/5488 —
Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den in den Sammelübersichten enthaltenen Anträgen des Ausschusses folgen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — So beschlossen.
Ich rufe Punkt 43 der Tagesordnung auf:
Beratung des Berichts und des Antrags des Finanzausschusses (7. Ausschuß) zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Erhaltung der Pressevielfalt
— Drucksachen 7/2633, 7/5507 —
Berichterstatter: Abgeordneter Halfmeier dazu
Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache 7/5549 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. von Bülow
Wünschen die Herren Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall. Wird das Wort in der Debatte gewünscht? — Herr Abgeordneter Becker, Sie haben das Wort.

Dr. Curt Becker (CDU):
Rede ID: ID0725630400
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auf unserer Tagesordnung steht heute wieder der Antrag meiner Fraktion, die Pressevielfalt durch Freistellung der Erlöse aus dem Vertrieb von Tageszeitungen von der Mehrwertsteuer zu fördern. Inzwischen haben wir im Finanzausschuß des Deutschen Bundestages in der vorigen Woche das Thema noch einmal behandelt und mußten feststellen, daß die Bundesregierung entgegen den Bestimmungen des Grundgesetzes zu einem Gesetzesantrag des Landes Baden-Württemberg vom 12. Februar 1976 noch keine Stellung genommen hat. Die Bundesregierung hat damit, was ganz außergewöhnlich ist, die Dreimonatsfrist, die in der Verfassung vorgesehen ist, versäumt. Herr Staatssekretär, ich hoffe, Sie werden nachher dazu Stellung nehmen.
Nach Art. 5 des Grundgesetzes und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann, wie das seinerzeit auch Staatssekretär Baum im Plenum feststellte, die Vielfaltgarantie des Art. 5 eine Pflicht des Staates auslösen, durch aktives Handeln die Gefahr von Meinungsmonopolen abzuwehren. Die Bundesregierung hat seinerzeit eine Fülle von Maßnahmen in dieser Richtung in Aussicht gestellt. Ich muß leider feststellen, daß von diesen Versprechungen fast nichts eingelöst worden ist. Es war wohl nur leeres Gerede.
Nachdem die Bundesregierung zu dem Gesetzesantrag des Landes Baden-Württemberg nicht Stellung genommen hatte, habe ich diesen Antrag im Finanzausschuß aufgenommen. Er beinhaltet eine Abwandlung unserer ursprünglichen Pläne. Wir hatten vorgeschlagen, die Umsatzerlöse der Tageszeitungen von der Mehrwertsteuer zu befreien. Der



Dr. Becker (Mönchengladbach)

neue Antrag begrenzt diese Befreiung auf die ersten 100 000 Exemplare einer Tageszeitung. Dieser neue Vorschlag ist das Ergebnis der Diskussion in den Ausschüssen, hier im Plenum und in der Öffentlichkeit. Er vermeidet das seinerzeit von der Koalition kritisierte Gießkannenprinzip und begünstigt nicht etwa umsatzstarke Verlage. Die ersten 100 000 Exemplare werden pro Verlag nur einmal begünstigt, so daß die großen Konzerne nicht besonders bevorzugt werden.
Sie sehen, daß wir die Konsequenzen aus der kritischen Diskussion gezogen haben, so daß die Gegenargumente der Koalition jetzt praktisch nicht mehr ziehen. Die Nichteinbeziehung der Wochenzeitungen, die Tageszeitungscharakter haben, in die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen ist übrigens nicht ganz unproblematisch. Es könnten von irgendwelchen Seiten verfassungsrechtliche Einwendungen kommen.
Die wirtschaftliche Situation der Tageszeitungen
— das muß man, glaube ich, klar sagen — hat sich in den letzten zwei Jahren etwas verbessert. Das gilt aber nicht — das ist unser Thema — für die zweite und dritte Tageszeitung am Ort. Es handelt sich bei unserem Vorschlag darum, daß wir die Pressevielfalt wollen, damit der Bürger richtiger orientiert ist und nicht nur eine einzige Zeitung in einer Großstadt existiert, die ihn dann einseitig informiert. Es besteht nach wie vor trotz der Verbesserung der wirtschaftlichen Lage, die sich aus sehr scharfen Rationalisierungsmaßnahmen ergeben hat, der Trend zur Monopolzeitung in den einzelnen Städten, wodurch das in der Verfassung garantierte Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten, mehr und mehr verletzt wird.
Nun habe ich mir überlegt, warum die Koalition, warum besonders die SPD, unsere Vorschläge, der zweiten und dritten Tageszeitung, also den kleineren Zeitungen, zu helfen, ablehnt. Das hat vielleicht einen sehr konkreten Grund. Das Verhältnis des Vorstandes der SPD zur Presse in unserem Lande scheint vollkommen gestört zu sein.

(Beifall bei der CDU/CSU — Stahl [Kempen] [SPD] : Aber, aber!)

In dem sogenannten Helfer-Handbuch der SPD,

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Das schändlichste Werk des Jahres! — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Das übelste Machwerk!)

ein Pamphlet, welches in den letzten Tagen herausgekommen ist, und zwar im Auftrag des Vorstands der SPD,

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist ein Vorstand!)

heißt es, man höre und staune, wie folgt

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Ein übles Pamphlet ist das!)

— mit Zustimmung der Präsidentin darf ich kurz zitieren —

(Lenders [SPD] : Aber vollständig!)

— es ist so, daß die Opposition so etwas manchmal eher liest als Sie es selber lesen —:
Die Presse in der Bundesrepublik ist konservativ

(Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Hört! Hört!) oder rechts ausgerichtet.


(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Donnerwetter!)

— Ich stelle mir das so vor: Angetreten, rechtsum und dann zur CDU marschiert!

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Unter Führung der „Frankfurter Rundschau"! — Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : „Vorwärts" !)

Insbesondere in Wahlkampfzeiten legt sie in vielen Fällen den mühsam gewahrten Schein parteipolitischer Neutralität und Unabhängigkeit ab und ergreift mehr oder weniger offen Partei für die CDU/CSU.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Unglaublich! — Zurufe von der SPD)

Hier ist also die These aufgestellt worden — ich muß sagen, ich habe so etwas in meiner immerhin 13jährigen parlamentarischen Tätigkeit nicht erlebt —,

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Das kommt gleich nach der „Gelben-Punkt-Aktion"!)

daß die Presse in der Bundesrepublik konservativ oder rechts ausgerichtet sei. Das heißt, es kann sich jetzt jeder Chefredakteur und jeder Verleger aussuchen, ob er konservativ oder rechts ausgerichtet ist.

(Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Im Zweifel beides!)

Das sind die beiden Alternativen.

(Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Das Spektrum des Rechtsradikalismus!)

Mehr gibt es nicht in diesem Elaborat des Vorstandes der SPD. Ich nehme an, daß viele Kollegen von der SPD, die hier sitzen und die ich kenne, dieses Pamphlet gar nicht gelesen haben und auch nicht verantwortlich dafür sind. Aber immerhin sind der Vorstand der SPD und seine Pressestelle dafür verantwortlich, und das ist sehr interessant.
Es könnte sein — das ist vielleicht auch für die FDP interessant —, daß der Koalitionspartner in diesem Fall die doch erheblichen Vorteile für die kleinen Zeitungen nicht annimmt, weil die SPD jetzt behauptet, daß die Presse entweder konservativ oder rechts ausgerichtet sei. Eine Presse, die „konservativ und rechts ausgerichtet ist", kann man natürlich aus Bundesmitteln nicht fördern; das kann keiner verantworten. Also hat die SPD gegen unsere sicher sehr interessanten Vorschläge gestimmt.
Wir waren bereit, meine Damen und Herren, auch noch alle möglichen sozialen Überlegungen mit anzustellen. Wir waren sogar bereit, nur Zeitungen mit einer Auflage bis zu 100 000 Exemplaren zu fördern, so daß wir durchaus eine vernünftige Regelung gefunden hätten. Aber, siehe da, im Finanzausschuß hat sowohl die SPD als auch die FDP unseren Vorschlag, der modifiziert worden war, abgelehnt. Das mag daher kommen, weil man ein völlig gestörtes Verhältnis zur deutschen Presse hat,

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Sehr gut!)




Dr. Becker (Mönchengladbach)

was sicher in unserer Demokratie sehr bedauerlich ist.
Meine Damen und Herren, es tut mir leid, daß ich in meiner letzten Rede, die ich hier im Plenum halte, weil ich jetzt mit 71 Jahren das Parlament verlasse, dieses Pamphlet der SPD noch behandeln mußte. Ich habe bisher festgestellt, daß den Kollegen in der SPD-Fraktion so etwas nicht eingefallen wäre. Anscheinend braucht ihre Partei aber ein solches Wahlkampfargument, das von der Unsicherheit der SPD in ihrem Wahlkampf ein Zeugnis ablegt.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0725630500
Das Wort hat Frau Abgenete Huber.

Antje Huber (SPD):
Rede ID: ID0725630600
Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen! Als ein Mitglied des Bundesvorstandes der Sozialdemokratischen Partei möchte ich hier sagen, daß diese Broschüre nicht vom Vorstand der Partei herausgegeben worden ist.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Natürlich, das steht doch drauf!)

Diese Broschüre ist vom Bundesgeschäftsführer herausgegeben worden, der dafür auch die Verantwortung übernommen hat. Als Mitglied des Parteivorstandes möchte ich Ihnen sagen, Herr Dr. Bekker,

(Zuruf von der CDU/CSU: Es war wohl die CDU, die aufgedruckt hat!)

daß ich die Broschüre bestimmt erst genauso spät gesehen habe wie Sie. Sie ist bisher nicht auf den Vorstandstisch gekommen.

(Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU]: „Presseabteilung beim Vorstand der SPD" steht darauf!)

- Das ist etwas anderes als das, was Herr Dr. Becker hier gesagt hat. Über diese Broschüre ist im Vorstand der SPD nicht beraten worden. Es wird sicher darüber beraten werden, und es wird sicherlich auch deutliche Anmerkungen zu einigen Passagen geben. Einiges wird sicherlich auch zu ändern sein. Dies ist jedenfalls meine persönliche Meinung.

(Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Jetzt schieben Sie es dem armen Börner auf den Hals!)

Ich möchte richtigstellen, daß dies nicht eine vorn Parteivorstand abgesegnete Broschüre ist.

(Beifall bei der SPD — Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Jetzt kommt die zweite verbesserte Auflage! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Der SPD-Vorstand hat sie nicht beschlossen.

(Windelen [CDU/CSU]: Ich finde es ja verdienstvoll, daß Sie schon einmal anfangen!)

Ich stelle nur Tatsachen fest. Herr Dr. Becker, aus diesem Grunde hoffe ich, daß Sie mir nun glauben, wenn ich sage, daß dies mit der Beratung der Gesetzesvorlage, um die es jetzt geht, nichts zu tun hat. Wir haben die Gesetzesvorlage zu einem Zeitpunkt beraten, als wir die Broschüre überhaupt nicht kannten. Dies hat nun wirklich nichts miteinander zu tun.
Die Vorlage, um die es sich hier handelt, datiert schon vom 11. Oktober 1974. Damals ging es um fünf Punkte. Der wichtigste Punkt war die Freistellung der Vertriebserlöse der Tageszeitungen von der Mehrwertsteuer, und zwar unbegrenzt. Jetzt client diese Vorlage aus dem Jahre 1974 nur noch als Hülse. Sie ist ihrer früheren Punkte beraubt und hat einen neuen Inhalt bekommen, nämlich den Vorschlag, der im Bundesrat von Baden-Württemberg vorgelegt worden ist. Dieser Vorschlag beinhaltet, daß die ersten 100 000 Exemplare jeder Auflage zeitlich begrenzt von der Mehrwertsteuer freizustellen sind.

(Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU]: Ebenso Hessen!)

— Ja, das weiß ich. Wir sind aber nicht der Auffassung, daß dies das Gießkannenprinzip, von dem Sie geredet haben, völlig ausräumt; denn wir finden, daß auch eine zeitlich und auf 100 000 Exemplare begrenzte Umsatzsteuerbefreiung nicht das erreicht, was eigentlich mit dem Antrag gewollt wird, nämlich die Stützung der kleinen und mittleren Zeitungen — ganz abgesehen davon, daß die Kosten differieren. In der Vorlage ist von 60 Millionen DM die Rede. Das Finanzministerium gibt für die beiden in Rede stehenden Jahre 1975 und 1976 85 bzw. 95 Millionen DM an.
1974, als diese Vorlage eingebracht wurde, ging es der Presse wirtschaftlich erheblich schlechter als jetzt. Der Kostendruck und die nachlassenden Anzeigenaufträge führten zu Einstellungen und Fusionen. Überlegungen, ob und wie man der Presse helfen kann, wurden damals auf allen Seiten angestellt; denn selbstverständlich ist die Erhaltung der Pressevielfalt für jeden, der es mit der Demokratie ernst meint, ein wichtiges Anliegen. Aber schon damals war die Situation keineswegs so, daß es etwa allen Zeitungen wirtschaftlich schlecht ging oder daß es etwa allen gleich schlecht ging. Für alle war klar, daß das Gießkannenprinzip — ganz abgesehen vom doch auch zu betrachtenden Steuerausfall nicht am Platze war, weil es das eigentliche Konkurrenzproblem nicht lösen kann. Das ist ja das Hauptproblem, nämlich die schwierige Wettbewerbslage, die in der Rezession noch schwieriger war.
Nachdem nun 1975 der Nettowerbeumsatz der deutschen Tagespresse um 5,9 % und im ersten Quartal dieses Jahres um 5,25 % gestiegen ist, kann es heute bei verbesserter wirtschaftlicher Lage ebenfalls nicht darum gehen, der Presse mit dem Gießkannenprinzip zu helfen und alle Zeitungen zu fördern. Auch wenn, wie von der Opposition nunmehr gefordert wird, nur die ersten 100 000 Exemplare von der Steuer freigestellt würden, so würde das unserer Auffassung nach den Konkurrenzdruck verschärfen. Ich werde dazu nachher ein paar interessante Zahlen nennen. Die großen marktbeherrschenden Unternehmen würden die Grenze bis 100 000 voll ausschöpfen, gegenüber den kleinen also erheblich gewinnen und ihre Konkurrenten nicht etwa weniger, sondern mehr bedrängen, weil sie wirtschaftlich mehr davon hätten als die anderen. Wenn die Bundesratsvorlage davon spricht, daß insbesondere die Mittleren und Kleinen geschützt werden sollten,



Frau Huber
muß ich Ihnen sagen, daß gerade diese mit dem billchen Geld, das sie dann vergleichsweise bekämen, den Konkurrenzdruck überhaupt nicht erleichtert bekämen.
Die Bundesregierung und Abgeordnete, viele von unseren Kollegen, haben versucht, Kriterien dafür zu finden, wie man gezielt, unter Umständen natürlich auch, wie das Bundeskabinett jetzt nochmals betont hat, mit steuerrechtlichen Mitteln zur Erhaltung der Pressevielfalt beitragen kann, die sich im internationalen Vergleich, wie auch die Bundesratsdrucksache hervorhebt, ja immer noch sehr sehen lassen kann.
Die vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger der Regierung am 28. Februar 1975 übergebene Untersuchung über die wirtschaftliche Lage der deutschen Zeitungen war leider nicht sehr aufschlußreich. Abgesehen von der nicht in allen Größenklassen ausreichenden Repräsentation, d. h. Beteiligung an der Umfrage und der dadurch bewirkten Verzerrungen, haben die zur Wahrung der Anonymität übermittelten Gruppendurchschnitte wenig Aussagekraft. Sie zeigen eine starke Streuung und bieten nur ein sehr lückenhaftes Bild von der Gesamtheit der Pressesituation. Wenn man etwas daraus lernen konnte, dann dies: die Anzahl der in der Verlustzone befindlichen Zeitungen nahm zur Zeit der Umfrage in allen Auflagengrößenklassen zu, die Betriebsergebnisse weisen, wie sich gezeigt hat, auch innerhalb derselben Größenklasse eine ganz erhebliche Schwankungsbreite auf. Es geht eben nicht grundsätzlich „der" kleinen Zeitung oder „der" mittleren Zeitung schlecht und „der" großen etwa gut, sondern man kann höchstens sagen, daß im Durchschnitt die Betriebsergebnisse von Zeitungen mit nachrangiger Wettbewerbsposition schlechter sind, andererseits aber auch die Großstadtzeitungen deutlich ungünstiger daran sind. Es gab in der Umfrage aber keine Gruppe, die nur Verluste aufwies. Kriterien für eine gezielte Hilfe ließen sich aus dieser Untersuchung leider nicht ableiten und wurden auch sonst nicht angeboten.
Es bleibt abzuwarten, ob die für 1977 zu erwartenden Zahlen nach dem neuen Pressestatistikgesetz mehr Anhaltspunkte bieten. Hier aber wie bei der sicherlich ebenfalls hilfreichen Verschärfung der Pressefusionskontrolle durch Herabsetzung der Aufgreifkriterien haben die Oppositionsparteien leider und unverständlicherweise eine restriktive Haltung eingenommen.
Die Bundesregierung hat nach dem Beschluß den ERP-Kreditrahmen zu erweitern, und nach der Investitionszulage ihre Bemühungen vor allem auf die Errichtung einer Pressestiftung gerichtet. Die ursprünglichen Pläne einer größeren Stiftung mit einer nennenswerten Eigenbeteiligung der Verlage, die günstige Darlehen an Einzelfirmen vergeben sollte, sind mangels Interesse bei den zahlungsfähigen Betroffenen inzwischen aufgegeben worden.
Herr Schulze-Vorberg hat hier bei einer ähnlichen Debatte am 6. Oktober 1967, als es ebenfalls um eine zeitweilige Befreiung der Pressevertriebserlöse von der Mehrwertsteuer ging, von der Fürsorgepflicht
der großen Verlage für die kleinen gesprochen, und er hat gesagt, er hoffe und nehme an, daß dies von den Verlagen auch so gesehen und akzeptiert werde. Aber dann mußte er die mangelnde Teilnahme der Verleger in der damaligen Günther-Kommission beklagen. Mir scheint, wenn man es richtig sieht, hat sich die Situation in den neun Jahren, die seitdem vergangen sind, in diesem Punkte überhaupt nicht geändert.
Die Überlegungen bewegen sich nunmehr auf ein Modell zu, das strukturelle Hilfen geben kann, d. h. Kooperation verschiedenster Art erleichtern und Betriebsberatung über Zuschüsse oder verbilligte Zinsen subventionieren würde.
Wieweit eine solche Stiftung in der nächsten Legislaturperiode zustande kommt, ist aber nicht nur eine Frage des Bundeshaushalts, sondern natürlich auch die der Bereitschaft zu angemessener Beteiligung innerhalb der Presse selbst. Hier sind wirklich akzeptable, haushalts- und verfassungsrechtlich unbedenkliche Wege noch nicht vorgeschlagen worden. Dies alles muß sehr sorgsam geprüft werden, insbesondere nachdem es nun bereits über den Kreis der Tageszeitungen hinausgehende Forderungen nach solchen Steuervergünstigungen gibt.
Zurück zur Vorlage. Die SPD-Fraktion sieht in der Mehrwertsteuerbefreiung für die Vertriebserlöse für die jeweils ersten 100 000 Auflageexemplare aller Tageszeitungen kein geeignetes Mittel, gerade die Pressevielfalt zu fördern. Während alle grollen Zeitungen für 100 000 Exemplare Steuerbefreiung erhielten, würde die bescheidene Summe, die die kleinen daraus erhoffen könnten, deren Konkurrenzkampf nicht erleichtern. Von September 1967 bis Oktober 1972 — dies sind die letzten Zahlen, die mir vorliegen — gingen 93 Tageszeitungen ein. Davon hatten 77 eine Auflage von unter 40 000; 55, also über die Hälfte, lagen unter 5 000 Stück. Sicher wären ihnen wie anderen Betrieben auch Steuererleichterungen sehr willkommen gewesen; vielleicht hätten einige ein paar Wochen oder ein paar Monate länge überdauert. Das hätte aber das eigentliche Problem nicht gelöst.
Die Gesetzesvorlage auf Drucksache 7/2633 eröffnet auch mit ihrem modifizierten Inhalt keinen erfolgversprechenden neuen Weg. Das Problem muß nach unserer Auffassung doch noch sorgfältiger und eingehender geprüft werden. Zur Erhaltung der Pressevielfalt kann auch Steuergeld eingesetzt werden, aber nur, wenn dies sinnvoll ist, d. h. wenn begründete Aussicht besteht, daß der eigentlich zu erreichende Zweck dann auch erreicht wird. Dies ist hier nicht der Fall, und deshalb lehnt die SPD-Fraktion die Vorlage ab.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0725630700
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Klein.

Prof. Dr. Hans Hugo Klein (CDU):
Rede ID: ID0725630800
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wäre verlockend, zum Abschluß der Legislaturperiode eine Bilanz der medienpolitischen Versuche der SPD/FDP-

Dr. Klein (Göttingen)

Regierung in den letzten Jahren zu ziehen. Die vorgerückte Zeit und die „gute" Besetzung des Hauses

(Zuruf von der SPD: Wo denn?) — in Anführungszeichen, Herr Kollege —


(Dr. Arndt [Hamburg] [SPD] : Welches Glück für Sie!)

lassen mich davon Abstand nehmen. Aber die Bemerkungen meiner Vorrednerin geben mir doch Anlaß zu einigen wenigen ergänzenden Bemerkungen.
Sehen Sie, immer dann, wenn es in den letzten Jahren darum gegangen ist, konkrete Maßnahmen zugunsten unserer Presse zu ergreifen, Maßnahmen, die nicht nur auf dem Papier, sondern in der Sache etwas bewirken, haben Sie kapituliert, haben Sie mit unschöner Regelmäßigkeit einen Offenbarungseid geleistet. Seit einiger Zeit — auch heute wieder — berufen Sie sich mit eben solcher Regelmäßigkeit auf die Schimäre einer Pressestiftung, von der doch niemand anders als der Kollege Kleinert hier vor einigen Wochen erklärt hat, daß sie den an sie gestellten Erwartungen nicht werde genügen können, weil sie zwar vielleicht in Fragen struktureller Problematik den Verlagen auf längere Frist eine gewisse Hilfe in Aussicht stellt, aber eben nicht geeignet ist, Ihnen aus momentanen Schwierigkeiten herauszuhelfen.
Wenn ich mir das, was Sie, Frau Kollegin Huber, hier in den letzten Minuten gesagt haben, vor Augen halte, scheint mir daraus zu einem guten Teil Resignation vor den Konzentrationsentwicklungen im Bereich unserer Presse zu sprechen. Diese Resignation ist nicht unsere Sache, kann — wie wir meinen — nicht unsere Sache sein.
Natürlich wissen wir, daß der von uns unterbreitete, vom Bundesrat mehrfach aufgegriffene und neu initiierte Vorschlag nicht eine Hilfe auf Dauer sein kann, aber wir wissen, daß er geeignet ist, der Presse momentane Schwierigkeiten überbrücken zu helfen, und nur darum ist es uns in diesem Zusammenhang gegangen. Dies hätte auch durchaus geeignet sein können, einigen Verlagen, einigen Zeitungen nicht nur für einige Wochen und Monate, sondern auf Dauer die Schwierigkeiten zu ersparen, an denen sie dann zum Teil zugrunde gegangen sind.
Sehen Sie, dies ist ja nicht nur unsere Auffassung, sondern dies ist eine Auffassung, die auch bei Ihnen breiten Widerhall gefunden hat. Schon im Herbst 1974 haben die Regierungschefs der norddeutschen Länder Niedersachsen — damals noch sozialdemokratisch regiert —, Hamburg und Bremen zusammen mit dem schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Stoltenberg eine entsprechende Erklärung abgegeben. Herr Kubel hat sie zu Beginn des Jahres 1975 noch einmal bekräftigt, und Herr Osswald hat dann schließlich ebenso wie das Land Baden-Württemberg einen entsprechenden Gesetzentwurf im Bundesrat eingebracht. Das alles schlagen Sie ebenso wie das, was wir tun und sagen, in den Wind.
Frau Kollegin Huber, Herr Kollege Becker hat nicht davon gesprochen, daß die Broschüre, diese
fabelhafte Dokumentation, die Ihr Bundesgeschäftsführer — so wird es ja nun wohl richtig sein —, vorgelegt hat, ursächlich etwas mit der Ablehnung dieses Antrags und der Initiative des Bundesrats zu tun hat. Aber diese sogenannte Dokumentation bringt doch in dem von Herrn Becker zitierten Satz die Haltung zum Ausdruck, die in der Tat bei Ihnen vorherrschend ist und die ihrerseits die Ursache abgibt für das, was sich dann in Ihrer praktischen Medienpolitik niederschlägt. Dieser Satz aus dem sogenannten Helfer-Handbuch der CDU/CSU stimmt doch überein mit der These von Herrn Börner von den „feindlich gesinnten Monopolzeitungen", an denen vorbei es gelte, an den Wähler heranzukommen mit von der SPD herausgegebenen Betriebs- und Stadtteilzeitungen, die ein Weiteres dazu beitragen, den Stand unserer Presse zu erschweren.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0725630900
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Sieglerschmidt?

Prof. Dr. Hans Hugo Klein (CDU):
Rede ID: ID0725631000
Bitte schön, Herr Kollege Sieglerschmidt.

Hellmut Sieglerschmidt (SPD):
Rede ID: ID0725631100
Herr Kollege Klein, warum verbreiten Sie hier eigentlich wider besseres Wissen eine These, von der Sie wissen, daß sie unwahr ist? Diese Dinge haben nämlich, ob man diese so oder so beurteilt, überhaupt nichts miteinander zu tun oder soviel wie Gustav mit Gasthof.

Prof. Dr. Hans Hugo Klein (CDU):
Rede ID: ID0725631200
Ich weiß nicht, wie Sie dazu kommen, mir zu unterstellen, ich verbreitete Thesen wider besseres Wissen. Ich habe hier eine Parallelität und Kontinuität zwischen früher von Herrn Börner geäußerten Meinungen und diesem Helfer-Handbuch der CDU/CSU aufgezeigt. Ich werde Sie gleich noch darauf aufmerksam machen, daß dies eben auch nicht nur die Auffassungen von Herrn Börner sind. Uns ist auch nicht entgangen, daß entgegen all den Beteuerungen, die Sie immer wieder in den letzten Jahren hier vor diesem Hause abgegeben haben, Herr Jansen, der fabelhafte Vorsitzende der SPD in Schleswig-Holstein, erst kürzlich wieder die Überführung der Presse in öffentlichrechtliche Strukturen gefordert hat.

(Windelen [CDU/CSU]: So ist es!)

Hier wird eben deutlich, daß Herr Biedenkopf recht hatte, als er in seiner Parteitagsrede in Hannover darauf hingewiesen hat, daß Sozialisten Freiheit eben nicht von privater Initiative und Leistung, sondern immer nur von öffentlich-rechtlicher Reglementierung erwarten.

(Sieglerschmidt [SPD]: Wie Sie bei der Berufsbildung!)

In diesem Zusammenhang ist eben Ihre Einstellung zu den von uns in dem diskutierten Zusammenhang immer aufs Neue gemachten Vorschlägen zu sehen. Sie hat da ihre tieferliegenden Ursachen. Das gilt sicherlich nicht für jeden einzelnen von Ihnen, aber es gilt für die SPD und die SPD-Bundestagsfraktion.



Dr. Klein (Göttingen)

Meine Damen und Herren, die Bilanz der Medienpolitik der SPD/FDP-Regierung ist so negativ, wie sie nur sein kann. Ich möchte abschließend an Sie appellieren: Meine Damen und Herren von der Koalition, wenn Sie schon nichts Positives für die Zeitungen und die Zeitschriften, für die Presse in unserem Lande zu leisten imstande sind, dann unterlassen Sie es doch wenigstens, die Lage unserer Presse durch eine Politik der Verunsicherung und Diffamierung weiter zu erschweren!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Unionsparteien jedenfalls werden nicht aufhören, für eine freie, wirtschaftlich unabhängige und auch uns gegenüber kritikfreudige Presse zu kämpfen.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0725631300
Das Wort hat der Abgeordnete Kleinert.

Detlef Kleinert (FDP):
Rede ID: ID0725631400
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich bin Ihnen sehr dankbar, Herr Klein, daß Sie mit Ihrer Schlußbemerkung noch Gelegenheit gegeben haben, darauf hinzuweisen, daß Sie hier doch ganz offensichtlich Buhmänner aufbauen; denn daß wir von seiten dieser Koalition oder ihrer Regierung die Presse verunsichert hätten, wird bei der Presse selbst, die sich natürlich für diese im übrigen im kleinen Kreis geführte Debatte lebhaft interessiert, beurteilt werden können. Dann wird man von dieser Ihrer Äußerung ausgehend feststellen, daß vermutlich auch an einigem anderen, was Sie verständlicherweise aus der Sicht der Opposition hier dargestellt haben, so viel Tatsachengehalt nicht war.
Das hindert mich aber überhaupt nicht, mit Bedauern festzustellen, daß ich in dieser letzten Debatte der Legislaturperiode zu diesem Thema lieber eine erfolgreichere Bilanz gerühmt und vorgelegt hätte

(Demonstrativer Beifall bei der CDU/CSU)

und daß es uns in dieser Legislaturperiode genausowenig wie im übrigen in vielen, die davor waren —diese Probleme sind so alt wie die Republik; vergleichen Sie die kurze Kurve des Aufstiegs der Auflagen und der Zeitungsstückzahlen mit dem langanhaltenden Niedergang, dann werden Sie es beobachten können —, gelungen ist, ein wirklich akzeptables, rundum greifendes und befriedigendes Konzept hier zu finden. Das gestehe ich in aller Offenheit ein.
Andererseits haben wir uns bemüht, einiges, was zu tun war, zu tun. Insbesondere haben wir das mit der Verabschiedung der Kartellnovelle getan, der Sie nachhaltig widerstanden haben. Wenn ich jetzt aus Ihren Ausführungen höre, wie sehr es gerade auf die kleinen und mittleren Unternehmen im Zeitungsbereich ankommt, dann verstehe ich einmal weniger, warum Sie diese Novelle so lange verzögert haben und warum Sie so lange versucht haben, hier immer höhere Aufgreifkriterien hineinzubringen, die doch gerade auf viel größere Einheiten hin wirken, während wir niedrigere Aufgreifkriterien gefordert haben. Wir wollten etwas für die kleineren Unternehmen tun und haben cias mit der Kartellnovelle jedenfalls auch getan.

(Dr. Becker [Mönchengladbach] [CDU" CSU] : Das haben wir doch mitgemacht!)

Darüber hinaus sind im ERP-Bereich und in anderen Bereichen durchaus Hilfen gegeben worden, Hilfen, die leider nicht ausgereicht haben, um eine Reihe von Fusionen, die wir Liberalen in besonderem Maße bedauern, zu verhindern. Die Kehrseite ist doch aber — —

(Zuruf von der CDU/CSU)

— Man kann sich doch, wenn ich hier offen sage, daß wir nicht das geschafft haben, was wünschenswert wäre, ebenso offen über die Gründe und über das unterhalten, was an Gegenmitteln angeboten worden ist. — Wir haben sehr lange mit dieser Pressestiftung operiert, von der man sich eine Hilfe hätte versprechen können, wenn die Presse, so wie Sie es von Herrn Schulze-Vorberg zitiert haben, bereit gewesen wäre, sich dieser Fürsorgepflicht entsprechend zu verhalten. Ich flechte hier ein, daß ich von der von Herrn Schulze-Vorberg angenommenen Fürsorgepflicht der Großen für die Kleinen unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten wirklich gar nichts halten kann. Aber Herr Schulze-Vorberg kämpft in Ihren marktwirtschaftlich orientierten Reihen, und deshalb haben Sie diesen offensichtlichen Systembruch zu vertreten. Wir sind immer noch der Hoffnung, daß man ohne einen solchen Systembruch den nach wie vor vorhandenen strukturellen Mängeln bei den einzelnen Verlagen mit einem geeigneten Konzept begegnen kann. Wir halten dazu — ich habe es hier schon einmal gesagt und wiederhole es — den auch von Ihnen unterstützten Vorschlag des Mehrwertsteuererlasses in einem gewissen Rahmen für eines der besseren Mittel, und wir werden uns weiter dafür einsetzen, daß es zu einer solchen Lösung kommt.
Wir sind darüber sehr erleichtert, daß die Konjunkturlage die Situation im Augenblick etwas entschärft hat. Wir wissen aber genauso gut, daß damit insbesondere im Investitionsbereich der Bedarf der kleinen und mittleren Betriebe nicht auf Dauer zu decken ist, daß dort wahrscheinlich noch weiterer Vermögensverfall und weiterer Leistungsabfall verbunden sein wird, der im Moment nur etwas überdeckt wird. Deshalb wissen wir, daß wir an dem Problem weiter arbeiten müssen.
Aber gerade weil wir die Einsicht haben, daß nichts so empfindlich ist gegen Reglementierung, gegen Eingriffe, gegen auch nur den bösen Schein von Beeinflussung durch freundliche Gaben im Einzelfall wie die Presse, müssen wir es uns mit der Suche nach dem geeigneten Instrumentarium sehr schwermachen. Wir machen es uns aus unserer liberalen Überzeugung heraus auch so schwer. Deshalb kann ich hier heute leider nicht die erfreuliche Bilanz vorlegen, die ich gerne vorgelegt hätte. Wenn Sie in dieser Beziehung auch ehrlich bleiben, so müssen Sie aber zugeben, daß das ein Mangel ist, der letztlich von vielen zu vertreten ist, u. a. von denen von der Verlegerseite, die viele Monate um

R441

Kleinert
ihre Beteiligung an der Stiftung verhandelt haben, die sich dann schließlich nicht beteiligt haben, u. a. von denen, die die Verhandlungen über die Kartellgesetznovelle erschwert haben, und von vielen anderen mehr, keineswegs aber allein von dieser bösen Koalition und ihrer Bundesregierung. So einfach ist die Geschichte beim besten Willen nicht.

(Dr. Becker [Mönchengladbach] [CDU/CSU] : Sie haben eben den falschen Partner!)

Im übrigen ist es so, daß wir auf jeden Fall auch Ratschläge gerade aus dem Pressebereich befolgt haben, die ich noch sehr gut aus ganz persönlichen Vier-Augen-Gesprächen mit sehr maßgebenden Verlegern bei unseren einschlägigen Parteitagen im Ohr habe. Wir haben uns da durchaus sehr viel Mühe gegeben, z. B. mit einem eigenen medienpolitischen Parteitag, wie Sie sicherlich wissen.

(Dr. Becker [Mönchengladbach] [CDU/CSU] : Nur ohne Ergebnis!)

— Wir haben ein Ergebnis erzielt, dessen Umsetzung in die Praxis folgerichtig wieder mit all den Schwierigkeiten behaftet war, von denen ich hier gesprochen habe. — Bei dieser Gelegenheit aber — und das wollte ich sagen — habe ich von mehreren Verlegern — darunter waren nicht nur die großen, sondern auch einige verhältnismäßig kleine — gehört, daß gar keine Medienpolitik immer mit Abstand besser sei als Fehler in der Medienpolitik.

(Dr. Klein [Göttingen] : Da gebe ich Ihnen recht!)

Diesen Grundsatz haben wir zumindest beherzigt

(Heiterkeit)

und damit das Gegenteil von dem getan, was Sie vorhin mit Verunsicherung bezeichnet haben. Es ist ganz wichtig, daß man diese Verunsicherung vermeidet. Wir haben sie vermieden und werden sie weiter vermeiden, indem wir so lange weiterbohren, bis wir eine gescheite Lösung gefunden haben. Wir werden nicht irgendwie herumoperieren und damit zum Schluß noch viel mehr Schaden an der Vielfalt der Presse anrichten als verhindern.
Das ist die Situation. Sie ist keineswegs erfreulich, aber nüchtern und sachlich betrachtet. Wenn wir uns alle zusammen mit nüchterner und sachlicher Arbeit der Sache weiter widmen, dann werden wir — so meine ich — auch zu einem erfreulichen Ergebnis kommen.
Ich möchte nicht gehen, ohne Herrn Dr. Becker im Hinblick darauf, daß er soeben selbst erwähnte, daß er seine letzte Rede halte, sehr herzlich für das zu danken, was er diesem Hause auch in diesem Fachbereich gegeben hat, und für eine Reihe anregender Gespräche, die wir miteinander zum Nutzen aller führen konnten.

(Beifall)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0725631500
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung über den Ausschußantrag auf Drucksache 7/5507, den Antrag
Drucksache 7/2633 abzulehnen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Antrag auf Drucksache 7/2633 ist abgelehnt, der Ausschußantrag damit angenommen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 44 auf:
Beratung des Berichts und des Antrags des Innenausschusses (4. Ausschuß) zu dem Antrag der Abgeordneten Vogel (Ennepetal), Dr. Miltner, Erhard (Bad Schwalbach), Dr. Dollinger, Pfeffermann und der Fraktion der CDU/CSU betr. gesetzmäßige Behandlung der Personalangelegenheiten in der Bundesverwaltung
— Drucksachen 7/3926, 7/5386 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Pensky Abgeordneter Dr. Miltner
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Miltner.

Dr. Karl Miltner (CDU):
Rede ID: ID0725631600
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem Antrag der CDU/CSU zur gesetzmäßigen Behandlung der Personalangelegenheiten liegt die Vereinbarung zugrunde, die der Bundespostminister mit der Deutschen Postgewerkschaft am 11. März 1975 abgeschlossen hat. Diese Vereinbarung und die nachträglich auch mit anderen Gewerkschaften im gleichen Sinne vereinbarten Abkommen haben für den öffentlichen Dienst prinzipielle Bedeutung. In diesen Vereinbarungen sind für Gewerkschaftsfunktionäre Privilegien geschaffen worden. So kann der Vertrauensmann der Gewerkschaft gegen seinen Willen nur versetzt, abgeordnet oder umgesetzt werden, wenn dies zuvor von dem Dienstvorgesetzten mit dem zuständigen Organ der Deutschen Postgewerkschaft in der ernsten Absicht einer Verständigung erörtert worden ist. Kommt eine Einigung nicht zustande, muß diese Prozedur auf der höheren Ebene vom Präsidenten der Oberpostdirektion und der Bezirksverwaltung der Gewerkschaft im gleichen Sinne erörtert werden.
Mit einer solchen Regelung werden sehr grundsätzliche Fragen für die künftige Entwicklung unseres öffentlichen Dienstes im Verhältnis zwischen dem demokratischen Staat, den starken Gewerkschaften und dem einzelnen Beschäftigten angesprochen. Meine Fraktion versteht durchaus, daß die Gewerkschaften neben der Interessenvertretung für alle ihre Mitglieder auch eigene organisatorische Interessen haben, denen eine gewisse Vorzugsstellung der gewerkschaftlichen Vertrauensleute und sonstiger Funktionäre entgegenkommt. Sie hält aber das Interesse an der Gleichbehandlung aller Beschäftigten,

(Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

an der Chancen- und Risikogleichheit auch gegenüber notwendigen Rationalisierungsmaßnahmen, wie sie die Post jetzt durchzustehen hat, für vorrangig, und deshalb hält sie jeden Schritt zur bevor-



Dr. Miltner
zugten Stellung gewerkschaftlicher Funktionsinhaber hier für falsch.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir verstehen aber auch nicht, daß die Regierung in ihrer Rolle als Verhandlungspartner versagt hat, indem sie am falschen Ort nachgegeben hat und weit über die Grenzen der Legalität hinausgegangen ist,

(Becker [Nienberge] [SPD] : Das ist eine Unterstellung! — Dr. Schöfberger [SPD]: Unerhört ist das!)

anstatt höflich, aber klar zu erklären, daß sie nach Gesetz und Recht dieser Forderung leider nicht entsprechen kann. Eine starke Gewerkschaft hat Anspruch auf eine starke Verwaltung als Verhandlungspartner, auf einen Partner, der solche Dinge von vornherein klar und offen ausspricht. — Ich weiß gar nicht, warum Sie sich aufregen,

(Becker [Nienberge] [SPD] : Ich rege mich gar nicht auf!)

nachdem das Hearing so ein glattes Ergebnis gegen Ihre Meinung erbracht hat.

(Becker [Nienberge] [SPD] : Sie unterstellen doch etwas!)

Eine solche Vereinbarung, meine Damen und Herren, mußte bei einem Dienstherrn von vornherein auf starke Bedenken stoßen, weil der Inhalt über das bereits bestehende Verbot der Benachteiligung hinaus zu einer Privilegierung von Vertrauensleuten der Gewerkschaft führen

(Becker [Nienberge] [SPD] : Das stimmt auch nicht! — Gegenruf des Abg. Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU] : Doch!)

und demgemäß an rechtliche Schranken stoßen mußte. Es gehört schon eine Portion Leichtsinn dazu, über die ins Auge springenden Bedenken hinwegzusehen.

(Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

Daß dies der Bundespostminister getan hat, wundert heute fast schon niemanden mehr, wenn man an die Reihe seiner bisherigen Fehlleistungen denkt.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU] : Das ist Herr Dummerich!)

Außerdem kann auch nicht übersehen werden, daß der Postminister früher stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Postgewerkschaft und vielleicht schon deswegen allzu geneigt war, der Forderung der Deutschen Postgewerkschaft nachzugeben. Diesen Anschein zu vermeiden wäre wohl das nobile officium dieses Ministers gewesen.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Jawohl!)

Die Bundesregierung hat trotz einer internen negativen Stellungnahme aus dem Bundesinnenministerium, wie wir wissen, aus falsch verstandener Solidarität mit ihrem Kabinettsmitglied diese Vereinbarung gebilligt, aber, wie aus den Antworten auf unsere Kleine Anfrage zu entnehmen ist, mit einem sehr schlechten Gewissen.

(Becker [Nienberge] [SPD] : Das ist auch eine Unterstellung!)

Auch der Bundesinnenminister hat sich wieder einmal nicht dem Interesse des öffentlichen Dienstes und speziell nicht dem Interesse einer gesetzmäßigen Behandlung der Personalangelegenheiten entsprechend im Kabinett durchsetzen können und übersehen, daß diese Vereinbarungen ein Präjudiz für andere Ressorts und andere Verwaltungen sind.
Wir haben dann durch unseren Antrag und durch das Hearing mit Sachverständigen, das wir im Innenausschuß herbeigeführt haben, der Regierung und der Koalition nochmals die Chance einer Korrektur gegeben. Wenn jemals ein Hearing in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages ein klares und eindeutiges Ergebnis gehabt hat, dann dieses Hearing hinsichtlich der Rechtswidrigkeit und der Nichtigkeit der abgeschlossenen Vereinbarungen. Im einzelnen ergibt sich das aus folgenden Punkten.
Erstens. Die angebliche Gefahr von Benachteiligungen, gegen welche Funktionäre durch die komplizierte Sonderregelung geschützt werden sollen, wurde so überzeugend wie nur denkbar als bloßer Vorwand aufgedeckt. Sämtliche Gutachter haben übereinstimmend bestätigt, daß das Verbot von Benachteiligungen wegen gewerkschaftlicher Betätigung schon aus dem Grundgesetz, aus dem Bundesbeamtengesetz sowie ausdrücklich aus dem Bundespersonalvertretungsgesetz hervorgeht. Niemand von den Sachverständigen, auch der Vertreter des Postministeriums nicht, hat einen praktischen Fall nennen können, in dem es vor dem Abschluß der Vereinbarungen zu einer solchen Benachteiligung gekommen wäre.
Zweitens. Das zusätzliche zweistufige Erörterungsverfahren des örtlichen Vorgesetzten mit dem örtlichen Gewerkschaftsvorstand und dann des Oberpostpräsidenten mit dem Bezirksgewerkschaftsvorstand bedeutet, wie das Hearing erbracht hat, eine ganz erhebliche Erschwerung und Verzögerung des Verfahrens. Es muß außerdem damit gerechnet werden, daß sich die Verwaltung auf die Versetzung anderer, nicht besonders geschützter Beschäftigter abdrängen läßt. Es kann auch als sicher angenommen werden, daß hierbei Schwierigkeiten mit dem von der ganzen Belegschaft gewählten Personalrat auftreten.
Schließlich drittens. Die Rechtswidrigkeit und Nichtigkeit gerade dieses Teils der Vereinbarungen ist durch das Hearing mit einmaliger Deutlichkeit erwiesen worden.

(Dr. Arndt [Hamburg] [SPD] : Von Bischoff nicht!)

Um die rechtliche Würdigung waren vier Professoren der Rechtswissenschaft gebeten worden, Staatsrechtler und Arbeitsrechtler, zwei auf Vorschlag der CDU/CSU, zwei auf Vorschlag der SPD. Alle vier Rechtswissenschaftler stimmten in dem Ergebnis überein, daß zumindest für die Beamten die Vereinbarung rechtswidrig und nichtig ist.

(Dr. Arndt [Hamburg] [SPD] : Bischoff nicht! Das stimmt gar nicht!)

Meine Damen und Herren, bei diesem klaren und eindeutigen Ergebnis hätte man aus rechtsstaat-



Dr. Miltner
licher Selbstverständlichkeit heraus erwarten müssen, daß vom nächsten Tag an die Anwendung dieser Vereinbarung gestoppt wird. Aber alles läuft weiter wie bisher, und die Koalition macht jetzt in letzter Minute noch den untauglichen Versuch, eine erneute Überprüfung zu erreichen, um die eindeutige Niederlage der Regierung und der Koalition bei diesem Sachgegenstand zu vertuschen.

(Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

Das Petitum in Ihrem Antrag, den Sie heute vorlegen, ist schon längs erledigt und überflüssig, weil dieser Gesichtspunkt schon im Hearing zum Tragen gekommen und die Vereinbarung nach allen rechtlichen Gesichtspunkten geprüft worden ist. Ich muß auch hier erwähnen, daß mit einigen schäbigen Tricks versucht worden ist, die Beratung über diesen Antrag im Plenum noch in dieser Legislaturperiode zu verhindern. Die Hilflosigkeit und die Schwäche in dieser Angelegenheit wurde damit in peinlicher Weise deutlich. Der schwere Vorwurf an die Adresse der Bundesregierung liegt darin, daß sie diese Vereinbarung gebilligt hat, obwohl die Nichtigkeit auf der Stirn dieser Vereinbarung geschrieben steht.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Die Haltung der Bundesregierung ist damit mit den elementarsten Vorstellungen von der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung unvereinbar. Ich betone, daß hier mit der größten Unverfrorenheit das Recht mißachtet wird. Ich muß den Bundespostminister und die Mitglieder der Bundesregierung, die mitgestimmt haben, auf den abgelegten Eid auf Recht und Verfassung hinweisen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0725631700
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Becker?

Dr. Karl Miltner (CDU):
Rede ID: ID0725631800
Bitte schön, Herr Becker.

Helmuth Becker (SPD):
Rede ID: ID0725631900
Herr Dr. Miltner, wollen Sie bestreiten, daß wir im Innenausschuß des Deutschen Bundestages gesagt haben, daß mit diesem Schritt in bezug auf § 2 des Personalvertretungsgesetzes, das wir verabschiedet haben, Neuland betreten wird, und daß wir zunächst einmal grundsätzlich eine Überprüfung durch die Bundesregierung haben wollen, wie denn im Verhältnis zu dieser Vereinbarung der § 2 des Personalvertretungsgesetzes zu sehen ist, was die Mitwirkung der Gewerkschaften bei allen Entscheidungen, die in den Dienststellen getroffen werden, angeht?

Dr. Karl Miltner (CDU):
Rede ID: ID0725632000
Darauf kann ich Ihnen nur antworten: Die Sachverständigen im Hearing haben die Vereinbarung unter allen rechtlichen Gesichtspunkten geprüft, auch im Hinblick auf § 2. Selbst wenn Sie zu der Überzeugung kämen, § 2 würde für die Vereinbarung eingreifen, stünden andere Vorschriften mit gleichem Rang dagegen, was
bedeuten würde, daß trotzdem die Vereinbarung rechtswidrig und nichtig wäre.

(Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU] [zur SPD gewandt] : Holzweg!)

Da sich die Regierung auch jetzt noch weiter über alle Einwände hinwegsetzen will, muß ich von diesem Forum des Bundestages aus die Amtsvorsteher der Deutschen Bundespost und die Oberpostpräsidenten an § 56 des Bundesbeamtengesetzes erinnern, wonach Beamte für die Rechtmäßigkeit ihrer dienstlichen Handlungen die volle Verantwortung tragen.
Auch die Rolle der FDP bedarf einer kurzen Beleuchtung.

(Wehner [SPD] : Ihre Lampe leuchtet schon rot!)

Immerhin versucht sie, ihr Image damit zu pflegen, daß sie mit energisch klingenden Andeutungen für das Recht des einzelnen gegen starke Verbände eintritt. Durch ihr Schweigen hat sie dieser Sache zugestimmt. Zum Thema Bürger und Verbände hat die FDP innerhalb der Koalition offenbar ein wenig Narrenfreiheit, mehr zum Bellen, aber nicht zum Beißen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zusammenfassend darf ich sagen: Der vereinbarte Sonderschutz für gewerkschaftliche Funktionsinhaber begünstigt diese auf Kosten der übrigen 96 %. Die Vereinbarungen sind insoweit rechtswidrig und nichtig.

(Dr. Arndt [Hamburg] [SPD] : Ihr Antrag ist auch rechtswidrig!)

Die Regierung selbst hat nicht die Kraft gefunden, sich in dieser Weise zu korrigieren. Ich bitte daher, unserem Antrag zuzustimmen und den Antrag der Koalition abzulehnen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Arndt [Hamburg] [SPD] : Ihr Antrag ist doch auch rechtswidrig! Ist Ihnen das noch gar nicht aufgefallen?)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0725632100
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Spillecke.

Hermann Spillecke (SPD):
Rede ID: ID0725632200
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein lieber Karl Miltner, ich müßte jetzt eigentlich sehr ärgerlich sein über deine Anmerkung, die Sozialdemokraten und unser lieber Fritz Wendig und sein Kollege von der FDP — wir, die wir uns wirklich als gute Demokraten empfinden — hätten mit schäbigen Tricks versucht, die Behandlung dieses Tagesordnungspunktes zu verhindern. Das ist schlicht gelogen.

(Beifall bei der SPD)

Das entspräche der Praxis der Verhandlungsführung von Fritz Schäfer auch in gar keiner Weise.

(Wehner [SPD]: Sehr überzeugend!)

So leitet der Professor Dr. Friedrich Schäfer nicht die Sitzungen des Innenausschusses. Diese miese Anmerkung haben weder der Vorsitzende noch die Kollegen des Innenausschusses verdient. Ich weise das mit Empörung zurück.

(Beifall bei SPD)





Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0725632300
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Jenninger?

Hermann Spillecke (SPD):
Rede ID: ID0725632400
Ich lasse keine Frage zu. Ich habe nur zehn Minuten Redezeit, Frau Präsidentin; ich möchte das, was zur Sache zu sagen ist, darlegen.

(Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU] : Wovor hat er Angst?)

— Ich habe überhaupt keine Angst.
Im Ausschußbericht wird auf das Ergebnis der öffentlichen Anhörung vom 19. Mai 1976 eingegangen. Karl Miltner hat darauf Bezug genommen. In seiner Sitzung am 9. Juni 1976 hat der Innenausschuß mit den Stimmen der Koalitionsabgeordneten beschlossen, dem Hohen Hause zu empfehlen, den Antrag der CDU/CSU abzulehnen,

(Freiherr von Fircks [CDU/CSU]: Wenn ich ihm jetzt zurufe, er lüge, bekomme ich dann dafür eine Rüge?)

d. h., der Ausschuß war mehrheitlich der Auffassung, die Vereinbarung des Bundesministers für das Post-und Fernmeldewesen verstoße nicht gegen geltendes Recht.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0725632500
Herr Abgeordneter, gestatten Sie, daß ich Sie einen Moment unterbreche. Es ist schwierig zu entscheiden: Vorhin ist gesagt worden, das sei die Unwahrheit, jetzt wurde gesagt, es sei gelogen, und Sie sagen, er lüge, Herr Kollege.

(Freiherr von Fircks [CDU/CSU]: Ich habe gesagt: Wenn ich ihm jetzt zurufe, er lüge, bekomme ich dann dafür eine Rüge? Er hat gesagt: Herr Miltner hat gelogen!)

— Ich bitte alle Beteiligten, sich bei dieser kurzen Debatte in ihren Ausdrücken zu mäßigen.

Hermann Spillecke (SPD):
Rede ID: ID0725632600
Frau Präsidentin, ich will mich gerne mäßigen. Ich nehme das dann zurück und sage: Der Kollege Miltner hat das falsch dargestellt; es entspricht nicht den Gegebenheiten.
Der Kollege Pensky als Berichterstatter beantragte in derselben Sitzung, die Bundesregierung zu ersuchen, die durch die Vereinbarung aufgeworfenen Fragen in Kenntnis dieser Anhörung zu prüfen und dem Innenausschuß das Ergebnis dieser Prüfung sowie dem Ausschuß eine grundsätzliche Stellungnahme zu § 2 Abs. 1 des Bundespersonalvertretungsgesetzes zuzuleiten.
Die Auffassung der Koalitionsfraktionen, die Vereinbarung verstoße nicht gegen geltendes Recht, ergibt sich praktisch aus § 2 Abs. 1 des Bundespersonalvertretungsgesetzes. Die Koalition betrachtete die Diskussion dieses Problems als nicht abgeschlossen. Diese Auffassung vertreten wir auch heute uneingeschränkt. Deshalb haben die Koalitionsfraktionen den Entschließungsantrag auf Drucksache 7/5558 eingebracht.
Die CDU/CSU macht in ihrem Antrag auf Drucksache 7/5536 deutlich, daß sie von der vertrauensvollen Mitwirkung der Gewerkschaften schlicht nichts hält.

(Dr. Arndt [Hamburg] [SPD] : Nr. 3 ist rechtswidrig!)

Das Personalvertretungsgesetz, das der 7. Deutsche Bundestag am 15. März 1974 beschlossen hat, sieht aber ausdrücklich diese Mitwirkung vor. Selbst heute lohnt es sich auch für Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses, sich noch einmal das Bundespersonalvertretungsgesetz zur Hand zu nehmen.
Nachdem der vielzitierte § 2 Abs. 1 nun hinlänglich bekannt ist, möchte ich in der Tat nachdrücklich empfehlen, dem § 19 Abs. 8, dem § 36, dem § 41 Abs. 2, dem § 67 Abs. 2 und dem § 71 Ihre besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Ich sage hier frank und frei und offen: das Ergebnis der Anhörung, die Ausführungen der Gutachter hätten wahrscheinlich etwas anders ausgesehen,

(Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU] : Sie geben also zu, was Miltner gesagt hat!)

wenn wir ihnen zur Pflicht gemacht hätten, vorher das Personalvertretungsgesetz zu studieren.

(Beifall bei der SPD)

Ich hatte den Eindruck, sie kannten es nicht genau, insbesondere nicht die Paragraphen, die ich hier aufgeführt habe.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0725632700
Herr Abgeordneter Spillecke, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt?

Hermann Spillecke (SPD):
Rede ID: ID0725632800
Ich möchte auf Zwischenfragen generell verzichten, sowohl bei den Kollegen der Opposition wie auch bei meinen eigenen.

(Zuruf von der SPD: Gerecht wie immer!)

Hätten die Oppositionskollegen sich vor der Abfassung ihres Antrages den Sinngehalt der von mir genannten Paragraphen noch einmal vor Augen geführt, dann hätten sie mit Sicherheit auf die Nr. 3 ihres Antrages auf Drucksache 7/5536 verzichtet.
Da heißt es in Ihrem Antrag wörtlich:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, ...
3. neben der gesetzlichen Beteiligung der gewählten Personalvertretungen in Personalangelegenheiten keine Mitspracherechte von Gewerkschaften oder anderen Stellen außerhalb der Verwaltung einzuführen oder zu praktizieren.
Dies ist — ich sage mit allem Nachdruck; es steht dort ja schwarz auf rosa Papier — ein zentraler Angriff auf die Gewerkschaften und auf ihre Mitwirkung in der Gesellschaft.

(Beifall bei der SPD — Dr. Miltner [CDU/ CSU]: Das ist lächerlich, Herr Kollege!)

Mit diesem offenen Bekenntnis Ihres besonderen Verhältnisses zur Gewerkschaftsbewegung machen Sie auch Ihren ersten Bundesvorsitzenden Helmut Kohl unglaubwürdig, der auf dem Bundeskongreß



Spillecke
der ÖTV folgendes ausgeführt hat — Frau Präsidentin, mit Ihrer Genehmigung möchte ich das wörtlich zitieren —:
Ich habe Ihnen diese guten Wünsche zu Ihrer Arbeit nicht überbracht, weil es das Protokoll oder das Wahljahr vorschreibt, sondern weil ich zutiefst davon überzeugt bin, daß freiheitliche Parteien und freiheitlich verfaßte Gewerkschaften sich als kritische Partner gegenseitig brauchen; denn eine wirklich freiheitliche Demokratie ist nicht möglich, wenn diese Partnerschaft nicht vorhanden ist und jeden Tag erneut belebt wird.

(Dr. Miltner [CDU/CSU]: Sehr gut! Herr Kollege! — Dr. Arndt [Hamburg] [SPD] : Das sind die zwei Zungen!)

Mit einem Satz: wir sind gegenseitig aufeinander angewiesen, die demokratischen Parteien auf starke demokratische Gewerkschaften und die Gewerkschaften auf starke demokratische Parteien. Es ist eine Grundvoraussetzung einer freiheitlichen Gesellschaft und eines freiheitlichen Staates, daß es freie demokratische Parteien und freie Gewerkschaften gibt.
Ich muß sagen, Ihr Antrag selbst und dieser Absatz 3, das ist so eine Art politischer Striptease, eine Nebenart von Masochismus. Da wird nämlich deutlich, wie Ihr Verständnis der Gewerkschaftsbewegung aussieht.

(Zuruf des Abg. Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/ CSU] — Dr. Miltner [CDU/CSU] : Er hat das Problem nicht erkannt, um das es hier geht!)

Wenn Sie sich § 36 des Bundespersonalvertretungsgesetzes ansehen,

(Dr. Miltner [CDU/CSU] : Als ob vier Rechtswissenschaftler das alles übersehen hätten!)

so steht dort deutlich, daß der Gewerkschaftsvertreter zur Sitzung beizuziehen ist, wenn es der Personalrat mit Mehrheit oder eine gewerkschaftliche Gruppe beantragt. Der wirkt also qua Gesetz —§ 36 — völlig legitim mit. Wenn ich Ihren Antrag ganz ernst nehme, fordern Sie doch praktisch die Bundesregierung auf, sie solle das Gesetz mißachten und brechen.

(Zustimmung bei der SPD)

So ist das doch. Verfahren Sie bitte nicht nach dem Motto: Der Ermordete ist schuld. Kein Sozialdemokrat und kein Freier Demokrat hat Ihnen bei der Formulierung Ihres Antrages geholfen. Den haben Sie selbst auf dem Kerbholz. Und wissen Sie, was das ist? Ein Rohrkrepierer ist das. Das werden Sie noch merken.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Ich will mich kurz fassen. Meine Damen und Herren, wir lehnen Ihren Antrag ab und stimmen unserem zu, weil unser ein vernünftiger Antrag ist. Ich habe vorhin gesagt, das Thema ist für uns nicht erledigt, wir werden das weiter in Ruhe, in Sachlichkeit

(Zuruf von der CDU/CSU: So wie bisher!)

und ohne Schaum vor dem Mund verfolgen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0725632900
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wendig.

Dr. Friedrich Wendig (FDP):
Rede ID: ID0725633000
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will für die Freie Demokratische Partei in aller Kürze folgende Erklärung abgeben:
Zu dem Antrag der CDU/CSU-Fraktion betreffend die gesetzmäßige Behandlung der Personalangelegenheiten in der Bundesverwaltung hat der Innenausschuß, wie bekannt, eine öffentliche Anhörung durchgeführt. Die Stellungnahmen der Gutachter kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Sie waren nicht unbedingt einheitlich, wobei ich gern einräumen möchte, daß eine Mehrheit gegen die fragliche Vereinbarung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen mit der Postgewerkschaft aus unterschiedlichen Gründen, die zum Teil genannt waren, rechtliche Bedenken erhoben hat. Die Frage wird aper auch zu stellen sein, ob die Ausgangsposition, ob die Prämisse für die Fragestellung im Hearing in allen Punkten richtig war. Ich möchte dies heute nicht vertiefen.
Der Innenausschuß hat danach das Ergebnis der öffentlichen Anhörung beraten. Er ist in seiner Mehrheit zu der Auffassung gekommen, hat es für sinnvoll gehalten, zunächst die Bundesregierung um eine Stellungnahme zu dem Ergebnis der Anhörung und zu den dort aufgeworfenen rechtlichen Fragen mit den daraus möglicherweise zu ziehenden Konsequenzen zu bitten. Dieses und nichts anderes haben wir beschlossen. Ich habe dies, wie Sie wissen, auf der vorletzten Sitzung des Innenausschusses noch einmal deutlich zum Ausdruck gebracht. Der Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen stellt im Grunde genommen die Beschlußlage des Innenausschusses wieder her. Wenn gleich so verfahren worden wäre, Herr Kollege Miltner, würden wir möglicherweise heute nicht über einen solchen Antrag reden müssen, sondern über eine von der Bundesregierung vorgelegte Erklärung zu dieser Frage. Es ist nicht richtig, wie Sie meinen, daß dieses heute eine Verschleppung im Hinblick auf irgendwelche Zeitpunkte wäre. Das muß ich mit aller Energie zurückweisen.
Im übrigen darf ich eines erklären: Sicherlich steht hier noch einiges im Raum. Immerhin hat aber, was als positiv zu unterstreichen ist, der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen im zuständigen Fachausschuß des Bundestages bereits am 21. Januar dieses Jahres ausdrücklich erklärt, er werde auch künftig über Versetzungen und Umsetzungen ausschließlich nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften und Tarifverträge entscheiden; weiter: durch einen Briefwechsel zwischen ihm und der Deutschen Postgewerkschaft seien alle Mißverständnisse hinsichtlich der Interpretation ausgeräumt worden, wobei die Deutsche Postgewerkschaft von einer zunächst gegebenen unzutreffenden Interpretation abgerückt sei; durch Rundschreiben an die Oberpostdirektionen sei genau festgelegt worden, wie künftig



Dr. Wendig
verfahren werden müsse. Ich glaube, hier ist ganz deutlich der Wille zum Ausdruck gebracht worden, nach Gesetz und Recht zu verfahren. Die Angriffe, die hier erhoben werden, gehen wirklich in die falsche Richtung.
Ich bleibe dabei, meine Damen und Herren, daß es richtig und sinnvoll ist, wie es unser Entschließungsantrag vorsieht: zunächst einmal die Bundesregierung um eine Stellungnahme zu bitten. Ich gehe davon aus und bin sicher, daß die Bundesregierung dem Parlament dann einen Bericht vorlegen wird, der die aufgetauchten Rechtsprobleme voll berücksichtigen wird.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU] : Weißwascherei!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0725633100
Weitere Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Wir kommen zur Abstimmung über den Ausschußantrag. Hierzu liegt auf Drucksache 7/5536 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Wer dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache 7/5386, der die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 7/3926 zum Inhalt hat, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — So beschlossen.
Auf Drucksache 7/5558 liegt noch ein Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und FDP vor. Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? —Der Entschließungsantrag ist angenommen.
Ich rufe Punkt 45 auf:
Beratung des Berichts und des Antrags des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) zu dem Antrag des Bundesministers für Wirtschaft betr. Entlastung des Bundesministers für Wirtschaft wegen der Rechnung für das, Wirtschaftsjahr 1975 über das Sondervermögen des Bundes „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes"
— Drucksachen 7/5416, 7/5550
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Waigel
Der Ausschuß beantragt, Entlastung zu erteilen. Wer dem Ausschußantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 46 auf:
Beratung des Antrags des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1976
— Drucksachen 7/5224, 7/5421 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. von Bülow
Der Ausschuß schlägt vor, den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 7/5224 abzulehnen. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Dem Antrag ist entsprochen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 47 auf:
Beratung des Antrags des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch den Bundesrechnungshof betr. Bericht des Bundesrechnungshofes nach § 99 BHO über die Betätigung des Bundes bei der Olympia-Baugesellschaft mbH (OBG) und über Zuwendungen des Bundes zu den Kosten der Spiele der XX. Oympiade 1972
— Drucksachen 7/4297, 7/5424 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. Riedl (München)

Es wird beantragt, die Unterrichtung durch den Bundesrechnungshof zur Kenntnis zu nehmen. — Dieses ist hiermit erfolgt.
Ich rufe Punkt 48 auf:
Beratung des Berichts und des Antrags des Finanzausschusses (7. Ausschuß) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Sprung, Höcherl, Dr. Müller-Hermann und der Fraktion der CDU/CSU betr. Errichtung eines Fonds zum Ausgleich für soziale Härtefälle bei den Besitzern niedrig verzinslicher Rentenpapiere
— Drucksachen 7/2322, 7/ 5508 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Sprung
Der Antrag des Ausschusses lautet: „Der Bundestag wolle beschließen, 1. den Antrag — Drucksache 7/2322 — abzulehnen." Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen?

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Mehrheit! Der Antrag ist angenommen!)

— Das erstere war die Mehrheit; Sie können nachzählen. Der Antrag ist eindeutig abgelehnt worden. Auch die Schriftführer haben keinerlei Zweifel. Sie können mit einem Blick übersehen, daß die Koalition in der Mehrheit ist.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Wir haben den Antrag angenommen!)

— Den Antrag des Ausschusses haben wir angenommen, der Antrag auf Drucksache 7/2322 ist abgelehnt worden; das ist völlig klar.
Wir haben nun noch über den Entschließungsantrag gemäß Ziffer 2 des Ausschußantrages abzustimmen. Wer dem Entschließungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Entschließungsantrag ist angenommen.
Ich rufe Punkt 49 der Tagesordnung auf:
Beratung des Berichts und des Antrags des
Finanzausschusses (7. Ausschuß) zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU



Präsident Frau Renger
zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur vereinfachten Abänderung von Unterhaltsrenten
— Drucksachen 7/5331, 7/5522 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Rapp (Göppingen)

Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Die Gegenprobe! — Der Antrag ist angenommen.
Ich rufe Punkt 50 der Tagesordnung auf:
Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit (13. Ausschuß) zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Kern, Dr.-Ing. Laermann, Dr. Bardens, Egert, Jaunich, Dr. Lohmar, Frau Lüdemann, Möllemann, Spitzmüller und der Fraktionen der SPD, FDP und zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Frau Dr. Neumeister, Alber und der Fraktion der CDU/ CSU zur Großen Anfrage der Abgeordneten Dr.-Ing. Laermann, Kern, Egert, Dr. Bardens, Spitzmüller und der Fraktionen der SPD, FDP betr. Krebsforschung
— Drucksachen 7/ 5330, 7/5336, 7/5459 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Prinz zu Sayn-WittgensteinHohenstein
Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Ich rufe Punkt 51 der Tagesordnung auf:
Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Forschung und Technologie (17. Ausschuß) zu dem Antrag der Abgeordneten Lenzer, Pfeffermann, Benz, Engelsberger, Dr. Franz, Roser, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz und Genossen betr. friedliche Nutzung der Kernenergie, Brennstoffkreislauf
— Drucksachen 7/3827, 7/5466 —Berichterstatter:
Abgeordneter Kern
Abgeordneter Lenzer
Abgeordneter Dr.-Ing. Laermann
Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Ich rufe Punkt 52 der Tagesordnung auf:
Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß) zu der von der Bundesregierung erlassenen Sechsunddreißigsten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung
Dreiundfünfzigsten Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz
— Drucksachen 7/5259, 7/5289, 7/5460 —
Berichterstatter: Abgeordneter Zeyer
Hierzu ist keine Beschlußfassung erforderlich. Das Haus hat von dem Bericht des Herrn Abgeordneten Zeyer zustimmend Kenntnis genommen.
Ich rufe Punkt 53 der Tagesordnung auf:
Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß) zu der von der Bundesregierung beschlossenen Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 8/76 — Erhöhung des Zollkontingents für Elektrobleche — 1. Halbjahr 1976)
— Drucksachen 7/5260, 7/5461 —
Berichterstatter: Abgeordneter Zeyer
Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Ich rufe Punkt 54 der Tagesordnung auf:
Beratung der Ubersicht 19 des Rechtsausschusses (6. Ausschuß) über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht
— Drucksache 7/5470 —
Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.
Ich rufe nunmehr die Punkte 55 bis 73 der Tagesordnung auf:
55. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (10. Ausschuß) zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend das Inverkehrbringen von Ammoniumnitrat-Einnährstoffdüngemittel
— Drucksachen 7/4589, 7/5381 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Sauter (Epfendorf)

56. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (10. Ausschuß) zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates über eine gemeinsame Marktorganisation für Kartoffeln — Drucksachen 7/4665, 7/5473
Berichterstatter: Abgeordneter Schonhofen



Präsident Frau Renger
57. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (10. Ausschuß) zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates über die von den Mitgliedstaaten durchzuführenden statistischen Erhebungen zur Ermittlung des Produktionspotentials bestimmter Baumobstanlagen — Drucksachen 7/5110, 7/5484 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. Schmidt (Gellersen)

58. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (10. Ausschuß) zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Entscheidung des Rates über die Weiterführung der von Mitgliedstaaten durchzuführenden Erhebungen über den Rinderbestand — Drucksachen 7/5112, 7/5485 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. Schmidt (Gellersen)

59. Beratung des Berichts und des Antrags des Finanzausschusses (7. Ausschuß) zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für eine
Richtlinie zur Koordinierung der Bedingungen für die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse
Sechste Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des EWG-Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind in bezug auf den Inhalt, die Kontrolle und die Verbreitung des Prospekts der bei der Zulassung der von diesen Gesellschaften begebenen Wertpapiere zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse zu veröffentlichen ist
— Drucksachen 7/4828, 7/4831, 7/5367 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Rapp (Göppingen)

60. Beratung des Berichts und des Antrags des Finanzausschusses (7. Ausschuß) zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Zweite Richtlinie des Rates zur Koordinierung der die direkte Schadenversicherung betreffenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften und zur Erleichterung des freien Dienstleistungsverkehrs im Versicherungswesen
— Drucksachen 7/4649, 7/5387 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Sprung
61. Beratung des Antrags des Innenausschusses (4. Ausschuß) zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für eine
Verordnung (EWG, EGKS, Euratom) des Rates zur Festlegung der Beschäftigungsbedingungen für das Personal des Europäischen Zentrums für die Förderung der Berufsbildung
Verordnung (EWG, EGKS, Euratom) des Rates zur Festlegung der Beschäftigungsbedingungen für das Personal der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen
— Drucksachen 7/4738, 7/5388 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Frau Geier Abgeordneter Dr. Wernitz
62. Beratung des Berichts und des Antrags des Innenausschusses (4. Ausschuß) zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates über die Verwendung von Heizölen mit dem Ziel der Verringerung von Schwefelemissionen
— Drucksachen 7/4647, 7/5396 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Volmer
Abgeordneter Konrad
63. Beratung des Berichts und des Antrags des Innenausschusses (4. Ausschuß) zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für eine
Entschließung des Rates betreffend die Festlegung von Kriterien für Schwefeldioxid und Schwebeteilchen in der Atmosphäre von „Ballungsgebieten"
Richtlinie des Rates über Gesundheitsschutznormen für Schwefeldioxid und Schwebeteilchen in der Atmosphäre von Ballungsgebieten
— Drucksachen 7/4857, 7/5397 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Volmer
Abgeordneter Konrad
64. Beratung des Antrags des Innenausschusses (4. Ausschuß) zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Anpassung der Berichtigungskoeffizienten, die auf die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften anwendbar sind
— Drucksachen 7/5200, 7/5445 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. Schäfer (Tübingen)

65. Beratung des Berichts und des Antrags des Innenausschusses (4. Ausschuß) zu dem von



Präsident Frau Renger
der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates über die Versenkung von Abfällen im Meer
— Drucksachen 7/4639, 7/5495 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. Gruhl Abgeordneter Konrad
66. Beratung des Berichts und des Antrags des Innenausschusses (4. Ausschuß) zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Entschließung des Rates zur Fortschreibung und Durchführung der Umweltpolitik und des Aktionsprogramms der Europäischen Gemeinschaften für den Umweltschutz — Drucksachen 7/5063, 7/5514 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Gruhl
67. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit (13. Ausschuß) zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates (EWG) zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von für den Endverbraucher bestimmten Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür
— Drucksachen 7/5077, 7/ 5369 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Hammans
68. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit (13. Ausschuß) zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Geänderten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Mayonnaise, Soßen aufgrund von Mayonnaisen und andere emulgierte Gewürzsoßen — Drucksachen 7/4425, 7/5368 —
Berichterstatter: Abgeordneter Marschall
69. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß) zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß des Abkommens über handelspolitische Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Islamischen Republik Pakistan
— Drucksachen 7/5147, 7/5464 —
Berichterstatter: Abgeordneter Christ
70. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß) zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnnug (EWG) des Rates zur Errichtung einer Europäischen Ausfuhrbank
— Drucksachen 7/4882, 7/5486 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. von Dohnanyi
71. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß) zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für eine
Verordnung des Rates betreffend den Abschluß eines Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und Malaysia über den Handel mit Textilerzeugnissen
Verordnung (EWG) des Rates betreffend den Abschluß eines Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und Japan über den Handel mit Textilerzeugnissen — Drucksachen 7/4973, 7/5116, 7/5465 —
Berichterstatter: Abgeordneter Christ
72. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß) zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für
eine Verordnung (EWG) des Rates über die Einfuhrregelung für bestimmte Textilerzeugnisse mit Ursprung in der Republik Korea
eine Verordnung (EWG) des Rates über den Aufschub der Anwendung der durch die Verordnungen (EWG) Nr. 88/76, 90/76, 91/76 und 92/76 festgelegten Richtplafonds für die Einfuhren bestimmter Waren mit Ursprung in einigen EFTA-Ländern
einen Beschluß des Assoziationsrates EWG-Malta zur Abweichung vom Begriff „Ursprungserzeugnisse" für Empfangsgeräte der Nummer 85.15 des Brüsseler Zolltarifschemas Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Anwendung des Beschlusses des Assoziationsrates EWG-Malta zur Abweichung vom Begriff „Ursprungserzeugnisse" für Empfangsgeräte der Nummer 85.15 des Brüsseler Zolltarifschemas
eine Verordnung (EWG) des Rates zur Aussetzung der Bedingung, der die Einfuhr bestimmter Zitrusfrüchte mit Ursprung in Marokko und Tunesien in die Gemeinschaft gemäß den geltenden Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und jedem der beiden Länder unterliegt
eine Verordnung (EWG) des Rates über die Einfuhr von Sardinen, zubereitet oder haltbar gemacht, mit Ursprung in Marokko in die Gemeinschaft
Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates über die Einfuhr von Sardinen, zubereitet oder haltbar gemacht, mit Ursprung in Tunesien in die Gemeinschaft



Präsident Frau Renger
eine Verordnung (EWG) des Rates zur Festsetzung von Plafonds und zur Einrichtung einer gemeinschaftlichen Überwachung der Einfuhren bestimmter Erzeugnisse mit Ursprung in Algerien, Marokko und Tunesien (1976)
eine Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Algerien hinsichtlich der Einfuhr von Fruchtsalaten mit Ursprung in Algerien in die Gemeinschaft
eine Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Königreich Marokko hinsichtlich der Einfuhr von Fruchtsalaten mit Ursprung in Marokko in die Gemeinschaft
eine Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Tunesischen Republik hinsichtlich der Einfuhr von Fruchtsalaten mit Ursprung in Tunesien in die Gemeinschaft
eine Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Demokratischen Volksrepublik Algerien über die Einfuhr von Kleie und anderen Rückständen mit Ursprung in Algerien in die Gemeinschaft
eine Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Königreich Marokko über die Einfuhr von Kleie und anderen Rückständen mit Ursprung in Marokko in die Gemeinschaft
eine Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Tunesien über die Einfuhr von Kleie und anderen Rückständen mit Ursprung in Tunesien in die Gemeinschaft
eine Verordnung (EWG) des Rates zur Verlängerung der in der Verordnung (EWG) Nr. 3328/75 vorgesehenen Einfuhrregelung für Rindfleisch mit Ursrpung in bestimmten Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean
eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1059/69 zur Festlegung der Handelsregelung für bestimmte, aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen hergestellte Waren
— Drucksachen 7/5199, 7/5013, 7/5079, 7/5114,
7/5118, 7/5186, 7/5115, 7/5207, 7/5257, 7/5462 —Berichterstatter: Abgeordneter Christ
73. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß) zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für eine
Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß in Form eines Schriftwechsels zur Änderung der Tabellen I und II im Anhang zum Protokoll Nr. 2 des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Österreich, der Republik Finnland, der Republik Island, dem Königreich Norwegen, der Portugiesischen Republik, dem Königreich Schweden und der Schweizerischen Eidgenossenschaft
Verordnung (EWG) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Veredelungsarbeiten an bestimmten Spinnstoffen im passiven Veredelungsverkehr der Gemeinschaft
Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Waren der Tarifstelle 22.09 C I des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in den AKP-Staaten (1976/1977)
Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Waren der Tarifstelle 22.09 C I des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in den mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft assoziierten überseeischen Ländern und Gebieten (Jahr 1976/ 1977)
Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung von Gemeinschaftszollkontingenten für bestimmte Weine mit Ursprungsbezeichnung der Tarifstelle ex 22.05 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Algerien (1976/1977)
Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung der Gemeinschaftszollkontingente für Aprikosenpülpe der Tarifstelle ex 20.06 B II c) 1 aa) des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Marokko
Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Aprikosenpülpe der Tarifstelle ex 20.06 B II c) 1 aa) des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Tunesien (1976)
Vorschlag einer Verordnung des Rates zur zeitweiligen Aussetzung von autonomen Zollsätzen des Gemeinsamen Zolltarifs für einige landwirtschaftliche Waren
Entwurf einer Verordnung (EWG) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Ferrochrom mit einem Gehalt an Kohlenstoff von 4 Gewichtshundertteilen oder mehr der Tarifstelle ex 73.02 E I des Gemeinsamen Zolltarifs und über die Ausdehnung dieses Kon-
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 256. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den I. Juli 1976 18451
Präsident Frau Renger
tingents auf bestimmte Einfuhren von Ferrochrom mit einem Gehalt an Kohlenstoff von 3 bis 4 Gewichtshundertteilen
— Drucksachen 7/5258, 7/5176, 7/5256, 7/5205,
7/5198, 7/5113, 7/5148, 7/5208, 7/5463 —
Berichterstatter: Abgeordneter Christ
Wünscht einer der Berichterstatter das Wort? —Das ist nicht der Fall. — In der Aussprache wird das Wort ebenfalls nicht gewünscht.
Ist das Haus damit einverstanden, daß wir über diese Punkte gemeinsam abstimmen? — Das ist der Fall. Wir kommen zur Abstimmung über die Ausschußanträge auf den Drucksachen 7/5381, 7/5473, 7/5484, 7/5485, 7/5367, 7/5387, 7/5388, 7/5396, 7/5397, 7/5445, 7/5495, 7/5514, 7/5369, 7/5368, 7/5464, 7/5486, 7/5465, 7/5462 und 7/5463. — Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es einstimmig so beschlossen. Damit sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung auf Freitag, den 2. Juli 1976, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.