Protokoll:
7138

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 7

  • date_rangeSitzungsnummer: 138

  • date_rangeDatum: 18. Dezember 1974

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 15:02 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 138. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Carstens (Fehmarn) 9499 A Zusätzliche Überweisung einer Vorlage an den Haushaltsausschuß gem. § 96 GO . . 9499 A Absetzung des Tagesordnungspunktes 8 betr. Neufassung der Geheimschutzordnung und Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages . . . . . 9499 B Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 9499 B Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 9499 B Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Ersten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts — Drucksachen 7/2526, 7/2536 —, Bericht und Antrag des Rechtsausschusses — Drucksache 7/2989 — Zweite und dritte Beratung in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zum Schutze von Kindern als Zeugen im Strafprozeß (Antrag der Abgeordneten Rollmann, Dr. Eyrich und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU) — Drucksache 7/649 —, Bericht und Antrag des Rechtsausschusses — Drucksache 7/2989 — Zweite Beratung Gnädinger (SPD) . . . . . . . . 9500 A Kunz (Berlin) (CDU/CSU) . . . . 9502 D Wehner (SPD) . . . . . . . . 9506 C Kleinert (FDP) . . . . . . . . 9507 A Dr. Vogel, Bundesminister (BMJ) . . 9511 B Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . 9513 C Dürr (SPD) 9516 D von Schoeler (FDP) . . . . . . 9517 D Entwurf eines Energiesicherungsgesetzes 1975 — Drucksachen 7/2461, 7/2899, 7/2898 — Dritte Beratung (Wiederholung der Schlußabstimmung) . . . . . . . 9519 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 29. Februar 1972 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Repu- II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 blik Österreich über die gemeinsame Staatsgrenze — Drucksache 7/2396 —, Bericht und Antrag des Auswärtigen Ausschusses — Drucksache 7/2936 — Zweite Beratung und Schlußabstimmung 9520 A Entwurf eines Gesetzes über die Statistik der Straßen in den Gemeinden 1976 — Drucksache 7/2518 —, Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO — Drucksache 7/2964 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 7/2892 — Zweite und dritte Beratung 9520 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 16. Januar 1974 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen über den Transport von Kohlenwasserstoffen durch eine Rohrleitung vom Ekofisk-Feld und benachbarten Gebieten in die Bundesrepublik Deutschland — Drucksache 7/2686 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 7/2969 — Zweite Beratung und Schlußabstimmung 9520 B Entwurf eines Siebenundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Antrag des Bundesrates) — Drucksachen 7/1575, 7/1824 —, Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO — Drucksache 7/2903 —, Bericht und Antrag des Innenausschusses — Drucksache 7/2809 — Zweite Beratung Freiherr von Fircks (CDU/CSU) . . 9520 D Liedtke (SPD) . . . . . . . . . 9521 C Entwurf eines Gesetzes über die Krankenversicherung der Studierenden (Antrag des Bundesrates) — Drucksache 7/2519 — Erste Beratung in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes über die Krankenversicherung der Studenten (Antrag der Fraktionen der SPD, FDP) — Drucksache 7/2993 — Erste Beratung Biermann (SPD) . . . . . . . . 9522 B Dr. Fuchs (CDU/CSU) 9523 D Schmidt (Kempten) (FDP) 9526 C Ubersicht 12 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 7/2973 — . . . . 9528 B Antrag des Haushaltsausschusses betr. überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 10 02 Tit. 656 55 im Haushaltsjahr 1974 — Drucksachen 7/2731, 7/2967 — . . . . . . . 9528 C Antrag des Haushaltsausschusses betr. überplanmäßige Ausgabe im Haushaltsjahr 1974 bei Kap. 32 05 Tit. 575 06 — Diskont für unverzinsliche Schatzanweisungen — Drucksachen 7/2684, 7/2968 — 9528 C Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft zu den Vorschlägen der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß eines Zusatzprotokolls zu dem zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Finnland geschlossenen Abkommen Verordnung (EWG) des Rates über die zolltarifliche Behandlung bestimmter Erzeugnisse, die zur Verwendung beim Bau, bei der Instandhaltung oder der Instandsetzung von Luftfahrzeugen bestimmt sind Verordnung (EWG) des Rates über die zolltarifliche Behandlung bestimmter aus den neuen Mitgliedstaaten eingeführter Erzeugnisse, die in der Gemeinschaft in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung beim Bau, bei der Instandhaltung oder Instandsetzung bestimmter Luftfahrzeuge verwendet werden sollen — Drucksachen 7/2595, 7/2648, 7/2671, 7/2923 — 9528 D Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu den Vorschlägen der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über geschweißte Gasflaschen aus unlegiertem Stahl Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für nahtlose Gasflaschen aus Aluminiumlegierung — Drucksachen 7/2472, 7/2477, 7/2929 — 9528 D Bericht und Antrag des Finanzausschusses zu den Vorschlägen der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates über die Einzelheiten der Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs für einige selbständige Tätigkeiten auf dem Gebiet des Steuerwesens Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 III Richtlinie des Rates über die Einzelheiten der Übergangsmaßnahmen für einige Tätigkeiten auf dem Gebiet des Steuerwesens Empfehlung des Rates betreffend das Großherzogtum Luxemburg — Drucksachen VI//2568, 7/2943 — . . . 9529 A Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Verpflichtung der Mitgliedstaaten der EWG, Mindestvorräte an Brennstoffen bei den Wärmekraftwerken zu halten — Drucksachen 7/1656, 7/2970 — . . . . 9529 B Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft zu den Vorschlägen der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Ausdehnung des Anhangs der Verordnung (EWG) Nr. 109/70 zur Festlegung einer gemeinsamen Regelung für die Einfuhr aus Staatshandelsländern auf weitere Einfuhren eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 803/68 des Rates über den Zollwert der Waren Entwürfe für die sonst noch zu ändernden bzw. als überholt zu betrachtenden Rechtsakte, mit denen die Gesamtheit der erforderlichen Maßnahmen zur Anwendung der Gemeinschaftsregelungen in den Beziehungen zur Deutschen Demokratischen Republik erfaßt werden soll — Drucksachen 7/2454, 7/ 2971 — . . . 9529 B Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie Nr. 68/297/ EWG des Rates zur Vereinheitlichung der Vorschriften über die abgabenfreie Einfuhr des in den Treibstoffbehältern der Nutzkraftfahrzeuge enthaltenen Treibstoffs — Drucksachen 7/2501, 7/2972 — . 9529 C Fragestunde — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — Frage A 5 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Spranger (CDU/ CSU) : Stimmengewinne der DKP und KPD in Bayern und Hessen durch „Ummeldeaktionen" ; geplante Maßnahmen zur Verhinderung solcher Wahlmanipulationen Dr. Schmude, PStSekr (BMI) . 9530 A, C, D, 9531 A Spranger (CDU/CSU) 9530 C, D Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) . . . 9531 A Frage A 6 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Hösl (CDU/CSU): Gründe für den Verzicht auf eine Darstellung der deutschen Grenzen von 1937 im „Statistischen Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1974"; Vereinbarkeit dieser . Maßnahme mit der Entschließung des Bundestages vom 17. Mai 1972 Dr. Schmude, PStSekr (BMI) . . 9531 B, C Hösl (CDU/CSU) 9531 B Frage A 7 Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 -- des Abg. Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) : Zweck der Vermessung der Elbe zwischen Lauenburg und Schnackenburg im Zusammenhang mit den Grenzmarkierungsverhandlungen; Ausführung dieser Arbeiten Dr. Schmude, PStSekr (BMI) . . 9531 C, D, 9532 A, B Schröder (Lüneburg) (CDU; CSU) . . 9531 D, 9532 A Hösl (CDU/CSU) . . . . . . . . 9532 B Fragen A 8 und 9 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Windelen (CDU/CSU) : Bestandteil der Dokumentation der Vertreibungsverbrechen; Verfügbarkeit von Teilen der Dokumentation für wissenschaftliche Forschungen Dr. Schmude, PStSekr (BMI) . . . 9532 C, D, 9533 A, B, C, D Windelen (CDU/CSU) . . 9532 D, 9533 B Dr. Czaja (CDU/CSU) . . 9532 D, 9533 C Dr. Hupka (CDU/CSU) 9533 D Frage A 10 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Tillmann (CDU/ CSU) : Fehlen umfassender Statistiken und Zahlenreihen über die durchschnittlichen Bruttoverdienste für den öffentlichen Dienst Dr. Schmude, PStSekr (BMI) . . . 9534 A, B Tillmann (CDU/CSU) . . . . 9534 A, B IV Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 Fragen A 13 und 14 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Dr. Czaja (CDU/CSU) : Angebot von im Zusammenhang mit der Vertreibung beschlagnahmten Kunstgegenständen und Antiquitäten; Beurteilung der Eigentumsverhältnisse bei diesen Wertgegenständen durch die Bundesregierung Dr. de With, PStSekr (BMJ) . . . 9534 C, D, 9535 B, D, 9536 A Dr. Czaja (CDU/CSU) . 9534 D, 9535 B, D Dr. Hupka (CDU/CSU) 9536 A Frage A 15 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Dr. Penner (SPD) : Einstellung der Justizverwaltungen der Länder im Anhörungsverfahren der Bundesregierung zur Anhebung der Streitwertgrenze für Rechtsstreitigkeiten vor den Amtsgerichten auf 3 000 DM Dr. de With, PStSekr (BMJ) . . . . 9536 A Frage A 17 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Spranger (CDU/ CSU) : Haltung der Bundesregierung zur Ablehnung der Zwangsernährung in bestimmten Fällen durch das Präsidium des Deutschen Ärztetages; Gründe für die Auffassung der Bundesregierung Dr. de With, PStSekr (BMJ) . . . 9536 C, D, 9537 A Spranger (CDU/CSU) . . 9536 D, 9537 A Frage A 18 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Engelsberger (CDU/ CSU) : Auffassung der Bundesregierung bezüglich der Vereinbarkeit des Beschlusses des Präsidiums des Deutschen Ärztetages betreffend Ablehnung der Zwangsernährung mit der Erklärung von Joachim Linck zu diesem Problem Dr. de With, PStSekr (BMJ) .9537 B, C, D Engelsberger (CDU/CSU) . . . . 9537 C, D Spranger (CDU/CSU) . . . . . . 9538 A Dr. Schmitt-Vockenhausen, Vizepräsident . . . . . . . . 9538 A Frage A 26 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Engelsberger (CDU/ CSU) : Beurteilung der arabischen Ankäufe deutscher Firmen und Industriebeteiligungen durch die Bundesregierung; eventuell geplante Maßnahmen zur Verhinderung einer Überfremdung der deutschen Wirtschaft Grüner, PStSekr (BMF) . . 9538 B, C, D Engelsberger (CDU/CSU) . . . . 9538 C, D Fragen A 27 und 28 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Peter (SPD) : Beurteilung der letzten vom Saarland eingebrachten Anträge zur Veränderung der Förderschwerpunkte im Saarland; Höhe und Verwendung der 1972 bis 1974 für die Förderschwerpunkte gegebenen Mittel des Bundes und des Landes Grüner, PStSekr (BMF) 9538 D, 9539 A, B Peter (SPD) 9539 B Frage A 31 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Sauter (Epfendorf) (CDU/CSU) : Steuerliche Maßnahmen zum Ausgleich der Benachteiligungen von Landwirten in Berggebieten Logemann, PStSekr (BML) . . . 9539 C, D, 9540 A Sauter (Epfendorf) (CDU/CSU) . . . 9539 D, 9540 A Frage A 32 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Dr. Hammans (CDU/CSU) : Höhe der Beihilfen für Unterglasbetriebe; Diskrepanz zu den von der EG-Kommission eingeräumten Beihilfen Logemann, PStSekr (BML) . 9540 A, B, D, 9541 A, B Dr. Hammans (CDU/CSU) . . . 9540 B, C Stahl (Kempen) (SPD) 9540 D Eigen (CDU/CSU) 9541 A Löffler (SPD) 9541 A Frage A 33 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Dr. Hammans (CDU/CSU) : Ausformung und Vermarktung polnischer Butter, die nicht den deutschen Qualitätsanforderungen entspricht, in Schleswig-Holstein Logemann, PStSekr (BML) . . . 9541 B, D Dr. Hammans (CDU/CSU) . . . . 9541 C Fragen A 34 und 35 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Eigen (CDU/ CSU) : Gründe für das Fehlen von Aussagen zur EG-Agrarpolitik im „Kommuniqué nach Abschluß des Treffens der Regie- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 V rungschefs der EG-Staaten in Paris"; Behandlung des Problems der nationalen Wettbewerbsverzerrungen in der EG-Agrarpolitik beim EG-Gipfeltreffen Logemann, PStSekr (BML) . . . . 9541 D, 9542 A, B, C, D Eigen (CDU/CSU) 9542 A, C Kiechle (CDU/CSU) 9542 D Fragen A 38 und 39 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Maucher (CDU/CSU) : Pressemitteilungen im Laufe des Monats Oktober über Rentenerhöhungen von 11,4 % für alle Kriegsopfer; Vermeidung geringerer Erhöhungen, insbesondere bei Kriegerwitwen, die Schadensausgleich erhalten Buschfort, PStSekr (BMA) 9543 A, B, C, D, 9544 A Maucher (CDU/CSU) . 9543 C, D, 9544 A Frage A 40 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Sauter (Epfendorf) (CDU/CSU) : Kriterien für die Vergabe der Bundeszuschüsse zur Ausländerbetreuung an die einzelnen Wohlfahrtsverbände; Höhe der Eigenleistungen der Wohlfahrtsverbände; Höhe der Bundeszuschüsse pro in der Ausländerarbeit beschäftigten Sozialarbeiter Buschfort, PStSekr (BMA) . 9544 B, C, D Sauter (Epfendorf) (CDU/CSU) . 9544 C, D Fragen A 41 und 42 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Löffler (SPD) : Zahl der nach dem Betriebsärztegesetz eingesetzten, in der Arbeitsmedizin qualifizierten Ärzte; Maßnahmen zur Unterstützung der Ausbildung von Arbeitsmedizinern Buschfort, PStSekr (BMA) . 9545 A, C, D, 9546 A Löffler (SPD) 9545 C Stahl (Kempen) (SPD) 9545 D Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (CDU/CSU) 9545 D Frage A 43 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Schäfer (Appenweier) (SPD) : Rücknahme der Anerkennung von sozialen Hilfsorganisationen als Beschäftigungsstellen für Zivildienstleistende durch das Bundesamt für Zivildienst Buschfort, PStSekr (BMA) . . . 9546 B, C Schäfer (Appenweier) (SPD) . . 9546 B, C Frage A 53 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — der Abg. Frau Grützmann (SPD) : Bereitschaft der Touristikunternehmen zur Aufklärung von Reisenden in exotische Länder über dort verbreitete Krankheiten Zander, PStSekr (BMJFG) . . . . 9547 A Frage A 54 -- Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — der Abg. Frau Grützmann (SPD) : Hilfe für jugendliche Heimbewohner, die zum 1. Januar 1975 das neue Volljährigkeitsalter erreicht haben, beim Übergang vom Heimleben in die Gesellschaft Zander, PStSekr (BMJFG) . . . 9547 B, D Frau Grützmann (SPD) 9547 C Fragen A 55 und 56 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Gallus (FDP) : Höhe der volkswirtschaftlichen Kosten für die in der zweiten EG-Richtlinie zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten vorgesehenen präklinischen und klinischen Prüfungen; Auswirkung dieser Prüfungen auf die Sozialversicherungsbeiträge; Auslastung der in der Bundesrepublik Deutschland vorhandenen Forschungs- und Investitionskapazitäten durch solche Prüfungen Zander, PStSekr (BMJFG) . . . . 9547 D, 9548 B, C, D Spitzmüller (FDP) . . . . . . 9548 B Fiebig (SPD) 9548 B Gallus (FDP) . . . . . . . . 9548 D Fragen A 57 und 58 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Spitzmüller (FDP) : Vertretung des Standpunkts des Deutschen Bundestages bei den Verhandlungen über die Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die analytischen, toxikologischpharmakologischen und ärztlichen oder klinischen Vorschriften und Protokolle über Versuche mit Arzneispezialitäten; Vereinbarkeit des in dieser EG-Richtlinie vorgesehenen kontrollierten klinischen Versuchs am Menschen mit dem Grundgesetz Zander, PStSekr (BMJFG) 9548 D, 9549 A VI Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 Frage A 59 — Drucksache 7/2982 vorn 13. 12. '74 — des Abg. Rollmann (CDU/ CSU) : Bemühungen von Bundeskanzler Schmidt bei seinen Kontakten mit dem Präsidenten der französischen Republik um Erhöhung des jährlichen Finanzbeitrags Frankreichs für das deutschfranzösische Jugendwerk Zander, PStSekr (BMJFG) . . 9549 B, C, D, 9550 A, B Rollmann (CDU/CSU) . . . . . 9549 B, C Jäger (Wangen) (CDU/CSU) . . . 9549 D Fiebig (SPD) . . . . . . . . . 9550 A Frage A 60 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Kiechle (CDU/CSU) : Höhe der den landwirtschaftlichen Betrieben entstehenden Kosten für die vorgeschriebenen Untersuchungen für Trinkwasser nach den unter Drucksache 695/74 des Bundesrates vorgesehenen Anforderungen Zander, PStSekr (BMJFG) . . . . 9550 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . 9550 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 9551* A Anlage 2 Antwort des PStSekr Brück (BMZ) auf die Frage A 63 — Drucksache 7/2927 vorn 6. 12. 74 — des Abg. Dr. Holtz (SPD) : Anteil der durch deutsche Kapitalhilfe finanzierten, von Entwicklungsländern an die deutsche Industrie erteilten Aufträge am Exportvolumen der Bundesrepublik . . . . . . . . . . . 9551* C Anlage 3 Antwort des PStSekr Brück (BMZ) auf die Frage A 65 — Drucksache 7/2927 vorn 6. 12. 74 — des Abg. Collet (SPD) : Anpassung des Unterhaltsgeldes der DED-Entwicklungshelfer an Kaufkraftschwankungen und Veränderung der Wechselkursrelationen . . . . . . 9551* D Anlage 4 Antwort des PStSekr Brück (BMZ) auf die Frage A 66 — Drucksache 7/2927 vorn 6. 12. 74 — des Abg. Dr. Probst (CDU/ CSU) : Bedeutung der deutschen Entwicklungshilfe für die Stabilisierung des Herrschaftssystems in Uganda; Beurteilung der Militärdiktatur in Uganda . . . . 9552* A Anlage 5 Antwort des StSekr Bölling (BPA) auf die Frage A 106 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Nordlohne (CDU CSU) : Kosten der vom BPA herausgegebenen Jugendzeitschrift „Dings-Bums" . . . 9552* B Anlage 6 Antwort des StMin Moersch (AA) auf die Frage A 109 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Dr. Hupka (CDU CSU) : Stellungnahme der Bundesregierung zur Zahl der Aussiedler aus der Tschechoslowakei im Jahre 1974 im Zusammenhang mit dem Briefwechsel zum Prager Vertrag . . . . . . . 9552* C Anlage 7 Antwort des StMin Moersch (AA) auf die Fragen A 110 und 111 — Drucksache 7/2927 vorn 6. 12. 74 — des Abg. Dr. Czaja (CDU/CSU) : Weisungen des Auswärtigen Amts an die deutschen Auslandsvertretungen betreffend den besonderen Charakter des Verhältnisses der Bundesrepublik Deutschland zur DDR; Verletzung der Vertragsgrundlagen des Warschauer Vertrags durch eine Erklärung des polnischen Außenministers zur Umsiedlungsfrage . . . . . . . . . . . 9552* D Anlage 8 Antwort des PStSekr Baum (BMI) auf die Frage A 71 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12.74 — des Abg. Dr. Hupka (CDU/ CSU) : Einbeziehung von Übersetzungsgebühren in die Erstattung der Aussiedlern bei der Aussiedlung entstehenden Kosten 9553* B Anlage 9 Antwort des PStSekr Baum (BMI) auf die Frage A 72 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Gansel (SPD) : Bereitschaft der Bundesregierung zur Hilfe für eine Gruppe jüdischer Emigranten aus der Sowjetunion bei der Gewährung von Aufenthaltserlaubnis und bei der Überwindung sozialer Schwierigkeiten . . . . . . . . . 9553* C Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung Bonn, Mittwoch. den 18. Dezember 1974 VII Anlage 10 Antwort des PStSekr Baum (BMI) auf die Fragen A 74 und 75 Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Berger (CDU/ CSU) : Erklärung der Bundesregierung zur Besoldung der Triebwagenführer im Kraftwagenfahrdienst der Deutschen Bundesbahn; dem tatsächlichen Amtsinhalt entsprechende Einstufung . . 9553* D Anlage 11 Antwort des PStSekr Baum (BMI) auf die Frage A 77 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Jäger (Wangen) (CDU/CSU): Verfahren des Innenministers von Nordrhein-Westfalen gegen den Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz wegen des Verdachts unbefugter Weitergabe von Quellenmaterial an einen Nachrichtendienst außerhalb Deutschlands 9554* B Anlage 12 Antwort des PStSekr Logemann (BML) auf die Frage B 20 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Eigen (CDU/ CSU) : Verhandlungen der Bundesregierung mit der Kommission der EG wegen der Fischereiprobleme mit Island und Norwegen 9554* B Anlage 13 Antwort des PStSekr Dr. Schmude (BMI) auf die Frage A 2 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) : Vorstellungen der Bundesregierung hinsichtlich eines Verordnungsvorschlags der Kommission der Europäischen Gemeinschaft für eine gemeinschaftliche Regelung der Modalitäten über das Verursacherprinzip und für die Ausnahmen vom Verursacherprinzip 9554* D Anlage 14 Antwort des PStSekr Dr. Schmude (BMI) auf die Fragen A 3 und 4 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 der Abg. Frau Pack (CDU/CSU) : Absichten für eine Verbesserung und Spezialisierung der Ausbildung und Ausrüstung der Polizei zwecks Intensivierung der Verbrechensbekämpfung 9555* A Anlage 15 Antwort des PStSekr Dr. de With (BMJ) auf die Fragen A 11 und 12 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — der Abg. Frau Dr. Riede (Oeffingen) (CDU/CSU) : Höhe der unfallbedingten Schäden durch Ausfall der Hausfrau (und Mutter) im Einzelfall; gesetzgeberische Maßnahmen zur Verhinderung der langen Dauer der Regulierung derartiger Schäden 9555* D Anlage 16 Antwort des PStSekr Dr. de With (BMJ) auf die Frage A 16 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Schneider (CDU/CSU): Pressemeldungen über das Ansteigen der Zahl von Mietprozessen; Gründe für diese Entwicklung 9556e C Anlage 17 Antwort des PStSekr Logemann (BML) auf die Fragen A 29 und 30 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. von Alten-Nordheim (CDU/CSU): Begründung der von der Bundesregierung vorgenommenen Qualifizierung der Brüsseler Preisvorschläge als inflationsfördernd; Vorstellung der Bundesregierung über die Beteiligung der Erzeuger am Abbau der Agrarüberschüsse 9557* B Anlage 18 Antwort des PStSekr Logemann (BML) auf die Fragen A 36 und 37 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Niegel (CDU/CSU) : Vorstellungen der Bundesregierung zu dem Begriff „preisliche oder finanzielle Mitverantwortung" aller EWG-Erzeuger 9557*D Anlage 19 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Fragen A 44 und 45 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — der Abg. Frau Dr. Lepsius (SPD) : Ablauf der Frist für die Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem 2. Rentenreformgesetz am 31. Dezember 1975; Auffüllung von im Wege des Versorgungsausgleichs ausgeglichenen Anwartschaften wegen Alters-, Berufs- und Erwerbsunfähigkeit beim ausgleichspflichtigen Versicherten nach der im 1. Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts vorgesehenen Regelung . . . . . . . . . . . . 9558* B VIII Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 Anlage 20 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Fragen A 46 und 47 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Dr. Schäuble (CDU/CSU) : Inanspruchnahme eines Nebenerwerbslandwirts, der als Angestellter in der Allgemeinen Ortskrankenkasse freiwillig versichert ist, als versicherungspflichtig durch die Badische Landwirtschaftliche Krankenkasse; Unmöglichkeit der Befreiung von Nebenerwerbslandwirten, die hauptberuflich als Beamte tätig sind, von der Versicherungspflicht nach dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte 9558" C Anlage 21 Antwort des PStSekr Berkhan (BMVg) auf die Frage A 48 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Dr. Weber (Köln) (SPD) : Entlassung von nicht oder noch nicht anerkannten Kriegsdienstverweigerern, die durch Nichtannahme von Waffen oder Uniform den Gehorsam verweigern 9559* B Anlage 22 Antwort des PStSekr Berkhan (BMVg) auf die Fragen A 49 und 50 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Dr. Schwencke (Nienburg) (SPD) : Interpretation des § 6 des Bundespersonalvertretungsgesetzes; Aufteilung von großen Personalratsbezirken im Bereich des Bundesverteidigungsministers; Begründung für diese Maßnahme . . . 9559* C Anlage 23 Antwort des PStSekr Berkhan (BMVg) auf die Fragen A 51 und 52 — Drucksache 7/2982 vom 13. 12. 74 — des Abg. Biehle (CDU/CSU) : Zahl der Offiziere, Beamten, Politiker und Journalisten überörtlicher Zeitungen, die am Manöver „Schneller Wechsel" teilgenommen haben; Kosten ihrer An- und Abreise; Erteilung der Genehmigung für die Transportmittel . . . 9559* D Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9499 138. Sitzung Bonn, den 18. Dezember 1974 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 137. Sitzung, Seite 9443 A, Zeile 8, ist statt „Verlustrückgang" zu lesen: „Verlustrücktrag". Auf Seite 9443 C, Zeile 21, ist statt „4 %" zu lesen: „1 %". Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 20. 12. Dr. Ahrens ** 19. 12. Dr. Aigner * 20. 12. Dr. Artzinger * 20. 12. Dr. Beermann 18. 12. von Bockelberg 20. 12. Büchner (Speyer) ** 21. 12. Dr. Burgbacher 20. 12. Carstens (Emstek) 19. 12. Frau Däubler-Gmelin 20. 12. Dr. Dregger 20. 12. Dr. Evers 18. 1. 1975 Frehsee * 18. 12. Dr. Früh 19. 12. Gerlach (Emsland) * 20. 12. Haase (Kellinghusen) 20. 12. Härzschel * 18. 12. Heyen 19. 12. Hornhues 22. 12. Kater * 20. 12. Katzer 20. 12. Lange * 20. 12. Lemmrich ** 20. 12. Lenzer ** 20. 12. Lücker * 20. 12. Memmel * 20. 12. Müller (Mülheim) * 20. 12. Dr. Müller (München) ** 19. 12. Mursch (Soltau-Harburg) * 19. 12. Frau Dr. Orth * 18. 12. Pfeffermann 20. 12. Richter ** 20. 12. Dr. Ritgen 20. 12. Roser 20. 12. Scheffler 20. 12. Schmidt (Kempten) ** 21. 12. Dr. Schulz (Berlin) * 19. 12. Schwabe * 19. 12. Dr. Schwörer * 20. 12. Seefeld * 19. 12. Dr. Starke (Franken) * 20. 12. Frau Stommel 20. 12. Walkhoff * 18. 12. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Versammlung des Europarats Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Wallmann 20. 12. Wende 20. 12. Frau Dr. Wolf ** 21. 12. Ziegler 20. 12. Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Brück auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Holtz (SPD) (Drucksache 7/2927 Frage A 63) : Welchen Anteil am Exportvolumen der Bundesrepublik Deutschland haben Aufträge aus Entwicklungsländern an die deutsche Industrie, die durch Kredite im Rahmen der Kapitalhilfe aus dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit finanziert werden? Die durch deutsche Kapitalhilfe-Leistungen finanzierten Exporte in Entwicklungsländer haben nur einen sehr geringen Anteil am Gesamtexportvolumen der Bundesrepublik Deutschland. Der Anteil lag 1973 bei 0,5 %. Er zeigt seit 1970 eine leicht fallende Tendenz. Bezieht man diesen Vergleich ausschließlich auf den Gesamtexport der Bundesrepublik Deutschland in Entwicklungsländer, ergibt sich mit 2,7 % 1973 ebenfalls nur ein geringer Anteil der durch deutsche Kapitalhilfe-Leistungen finanzierten Exporte in diese Länder. Auch dieser Anteil ist seit 1970 gesunken. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Brück auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Collet (SPD) (Drucksache 7/2927 Frage A 65) : Wie wird das Unterhaltsgeld der DED-Entwicklungshelfer den Schwankungen der Kaufkraft und den Wechselkursrelationen angepaßt? Der Entwicklungshelfer des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED) erhält zur Sicherung seines Lebensbedarfs im überseeischen Gastland neben freier Wohnung und den weiteren im Entwicklungsdienst-Vertrag vorgesehenen Leistungen wie Ausstattungsbeihilfen und soziale Sicherung ein monatliches Unterhaltsgeld. Das Unterhaltsgeld setzt sich zusammen aus dem Grundbetrag in Höhe von 430,- DM, einem Landeszuschlag und dem Kaufkraftausgleich. Der Kaufkraftausgleich wird für die einzelnen Projektländer und, erforderlichenfalls, für bestimmte Projektorte vom Bundesminister des Innern ent- 9552* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 sprechend den unterschiedlichen Kaufpreisrelationen festgesetzt. Es handelt sich hierbei um das gleiche Verfahren, das auch für GAWI-Experten und für Botschaftsangehörige gilt. Die entsprechenden Richtlinien stelle ich Ihnen gern auf Wunsch zur Verfügung. Da Entwicklungshelfer wegen ihrer geringen Vergütung von Kaufkraftschwankungen relativ stärker betroffen werden als GAWI-Experten, wird zusätzlich der vom DED festzusetzende Landeszuschlag gewährt, wenn der Grundbetrag und der Kaufkraftausgleich zur Sicherung des angemessenen Unterhaltsbedarfs nicht ausreichen. Der Landeszuschlag beträgt bis zu 100,— DM, kann aber in besonderen Fällen mit Zustimmung durch den Bundesminister der Finanzen festgesetzt werden. Eintretende Kaufkraftverluste oder -gewinne, beispielsweise hervorgerufen durch Wechselkursschwankungen, können vom DED durch Veränderung des Landeszuschlages ausgeglichen werden. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Brück auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Probst (CDU/CSU) Drucksache 7/2927 Frage A 66) : Inwieweit trägt deutsche Entwicklungshilfe an Uganda nicht zur Stabilisierung eines ungerechten Herrschaftssystems bei, oder wird die Militärdiktatur in Uganda von der Bundesregierung als gerechtes Herrschaftssystem angesehen? Die Bundesregierung führt zur Zeit in Uganda nur begonnene Projekte fort. Verhandlungen über Neuvorhaben stehen zur Zeit nicht an. Anlage 5 Antwort des Staatssekretärs Bölling auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Nordlohne (CDU/CSU) (Drucksache 7/2927 Frage A 106) : Treffen Informationen zu, wonach die vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung herausgegebene Jugend-Zeitschrift „Dings-Bums" in der Auflagenhöhe von 500 000 Stück zu einem Kostenbetrag von insgesamt 115 000 DM hergestellt wurde und wegen der zahlreichen Anforderungen nachgedruckt werden soll? Die Herstellungskosten belaufen sich auf rd. 90 000,— DM. Die Abrechnung aller Vertriebskosten liegt noch nicht vor; diese Kosten werden in einer Größenordnung um 20 000,— DM liegen, so daß für die erste Auflage ca. 110 000,— DM erforderlich sind. Wegen der großen Nachfrage ist ein Nachdruck von 275 000 Exemplaren in Auftrag gegeben. Anlage 6 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Hupka (CDU/CSU) (Drucksache 7/2927 Frage A 109) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß noch in keinem anderen Jahr die Zahl der Aussiedler aus der Tschechoslowakei so niedrig war wie 1974, und sieht sie darin nicht einen Widerspruch zu dem zwischen den beiden Außenministern geführten Briefwechsel zum Prager Vertrag? Es ist richtig, daß 1974 noch keine Umkehrung der seit 1970 rückläufigen Entwicklung der Aussiedlerzahlen aus der CSSR in die Bundesrepublik Deutschland zu verzeichnen ist. Die Frage der Aussiedler war auch Gegenstand kürzlicher Gespräche zwischen den Regierungen beider Länder. Die tschechoslowakische Seite hat dabei erneut bekräftigt, daß sie an ihren diesbezüglichen Zusagen festhalten werde. Sie hat erklärt, daß der Vertrag erst im Juli 1974 in Kraft getreten und infolgedessen nicht auszuschließen sei, daß die tschechoslowakische Verwaltung noch nicht vollständig über die Behandlung der Ausreiseanträge tschechoslowakischer Bürger deutscher Nationalität im Sinne des humanitären Briefwechsels unterrichtet sei. Sie hat weiter erklärt, daß für eine entsprechende Unterrichtung der zuständigen tschechoslowakischen Behörden Sorge getragen werde. Die Bundesregierung geht aufgrund der aufgeführten Gespräche davon aus, daß es sich hier um Anlaufschwierigkeiten handelt, die in absehbarer Zeit überwunden werden können. Anlage 7 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Czaja (CDU/CSU) (Drucksache 7/2927 Fragen A 110 und 111) : Welche Weisungen hat das Auswärtige Amt den deutschen Auslandsvertretungen gegeben, um im Sinne der Feststellungen des Bundesaußenministers im Bulletin vom 24. August 1974, Seite 1006, „bei allen Gelegenheiten", insbesondere auch im protokollarischen Verkehr, deutlich zu machen, „daß unser Verhältnis zur DDR ein besonderes ist, einen anderen Charakter hat als unsere Beziehungen mit anderen Ländern"? Löst sich die Volksrepublik Polen mit der Erklärung des Außenministers Olszowski, „es handele sich bei der Umsiedlungsfrage nicht um eine Rechtsfrage" von den Vertragsgrundlagen des Warschauer Vertrags, und wird die Bundesregierung daraus die Konsequenzen ziehen, die der Vertreter des Auswärtigen Amts im Auswärtigen Ausschuß bei der Aussprache über die Vertragsgesetze für den Fall einer Verletzung der Vertragsgrundlagen in Aussicht stellte? Zu Frage A 110: Das Auswärtige Amt hat am Tage vor der Unterzeichnung des Grundlagenvertrages, also am 20. Dezember 1972, alle Auslandsvertretungen mit einer Weisung zum Verhalten gegenüber amtlichen Vertretern der DDR im Ausland versehen. Die Grundlage dieser Weisung ist, daß wir uns auch im Aus- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9553* land bemühen, unsere Beziehungen zur DDR auf der Basis des Grundlagenvertrages zu entwickeln. Im übrigen gehört es zur täglichen Arbeit unserer Auslandsvertretungen aufgrund der ihnen erteilten Weisungen und des täglichen Informationsflusses über die politischen Ziele der Bundesregierung bei allen Gelegenheiten, wo dies sachlich erforderlich ist, dem besonderen Charakter unserer Beziehungen zur DDR Rechnung zu tragen. Diesen Aspekt unserer Politik hat auch Herr Bundesminister Genscher in seiner Rede vor der 29. Vollversammlung der Vereinten Nationen deutlich und unmißverständlich dargestellt. Zu Frage A 111: Sie berufen sich auf die FAZ vom 2. November 1974. In dieser Ausgabe findet sich eine Notiz über eine Erklärung des Präsidenten des Bundes der Vertriebenen, in welcher er Bezug nimmt auf eine angebliche Äußerung des polnischen Außenministers zur Umsiedlungsfrage. Aus Ihrer Frage ist daher nicht ersichtlich, auf welche Äußerung des polnischen Außenministers Sie sich beziehen. Das von Ihnen wiedergegebene Zitat ist der Bundesregierung nicht bekannt. Der Bundesregierung ist dagegen bekannt, daß Minister Olszowski z. B. gegenüber der Bundestagsdelegation in Warschau erklärt hat, daß die polnische Seite die Umsiedlung nicht als eine Frage ansehe, die unter rein rechtlichen Gesichtspunkten betrachtet und gelöst werden könnte. Dabei hat Außenminister Olszowski gleichzeitig nochmals die polnische Bereitschaft betont, die „Information der Regierung der Volksrepublik Polen" zu erfüllen. Im übrigen würde es für die Bundesregierung gar nicht darauf ankommen, ob die polnische Seite die Umsiedlung als Rechtsfrage betrachtet oder nicht, da die Umsiedlung auf der „Information" durchgeführt wird, wozu sich auch Außenminister Olszowski bekannt hat. Die Frage der Überprüfung des Warschauer Vertrages stellt sich daher nicht. Im übrigen ist die Bundesregierung der Ansicht, daß den Interessen der betroffenen Menschen durch ein Infragestellen des Vertrages und der damit zusammenhängenden Vereinbarungen nicht gedient wäre. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Hupka (CDU/CSU) (Drucksache 7/2927 Frage A 71) : Ist die Bundesregierung bereit, in die Erstattung der Kosten an Aussiedler für die bei der Aussiedlung entstandenen Ausgaben auch die Übersetzungsgebühren für die Urkunden zum Personalausweis, zum Lastenausgleichsantrag und für andere zur Eingliederung notwendigen Dokumente aufzunehmen? Nach § 15 des ersten Überleitungsgesetzes in der Fassung vom 28. April 1955 trägt der Bund die Kosten der Rückführung der Aussiedler. Hierzu können auch Kosten für die Übersetzung von Dokumenten zählen, wenn eine solche Übersetzung für die Bearbeitung eines Antrages auf Erstattung von Rückführungskosten notwendig ist. Die von Ihnen angesprochenen Ausgaben für Übersetzungsgebühren für Urkunden zum Personalausweis, zum Lastenausgleichsantrag und für andere zur Eingliederung notwendige Dokumente sind keine Rückführungskosten, sondern fallen im Zusammenhang mit der Betreuung der Aussiedler an. Diese Betreuung fällt eindeutig in die Zuständigkeit der Bundesländer. Soweit ersichtlich, bestehen in den Ländern keine Vorschriften zur Erstattung dieser Kosten. Es sind jedoch einzelne Fälle bekannt, in denen bei besonderer Notlage die Übersetzung von den zuständigen Behörden übernommen worden ist. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 7/2927 Frage A 72) : Ist die Bundesregierung bereit, der in der Frankfurter Rundschau vom 3. Dezember 1974, Seite 8, beschriebenen Gruppe jüdischer Emigranten aus der Sowjetunion bei der Gewährung von Aufenthaltserlaubnissen und den beschriebenen sozialen Schwierigkeiten großzügig zu helfen? Die Entscheidung über die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen an jüdische Einwanderer aus der Sowjetunion obliegt den für den Vollzug des Ausländergesetzes zuständigen Ländern. Die zuständige Ausländerbehörde der Stadt Köln hat über die Anträge der jüdischen Einwanderer in Köln auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis noch nicht entschieden. Bis zu dieser Entscheidung gilt der Aufenthalt dieses Personenkreises im Bundesgebiet als erlaubt. Zur Prüfung des Gesamtkomplexes hat die Innenministerkonferenz auf ihrer Sitzung vom 9. Dezember 1974 einen Ausschuß eingesetzt, dessen Meinungsbildung zunächst abgewartet werden muß. Auch was die Behebung der sozialen Schwierigkeiten dieser in dem zitierten Zeitungsartikel angesprochenen Gruppe angeht, ist die Zuständigkeit der Länder gegeben. Solange die Aussiedler noch nicht über eigene Einkünfte verfügen, kann Hilfe durch die Träger der Sozialhilfe in den Ländern nach dem Bundessozialhilfegesetz gewährt werden. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Berger (CDU/CSU) (Drucksache 7/2927 Fragen A 74 und 75) : 9554* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 Trifft es zu, daß seitens der Bundesregierung auf die Eingaben der Betroffenen erklärt worden ist, die Einstufung der Triebwagenführer im Kraftwagenfahrdienst der Deutschen Bundesbahn in die Besoldungsgruppen A 4 und A 5 entspreche „nicht mehr dem tatsächlichen Amtsinhalt" und sei „im Vergleich zu anderen Diensten nicht mehr gerechtfertigt", und ist dies auch heute die Auffassung der Bundesregierung? Welche Einstufung hält die Bundesregierung durch den tatsächlichen Amtsinhalt und im Vergleich zu anderen Diensten für gerechtfertigt, und welche Folgerungen hat sie daraus gezogen oder beabsichtigt sie zu ziehen? Die Bundesregierung hat nicht erklärt, daß die gegenwärtige Einstufung der Triebwagenführer im Kraftwagenfahrdienst der Deutschen Bundesbahn in die Besoldungsgruppen A 4 und A 5 nicht mehr dem tatsächlichen Amtsinhalt entspreche und im Vergleich zu anderen Diensten nicht mehr gerechtfertigt sei. Sie hat vielmehr wiederholt geprüft, ob besoldungsrechtliche Verbesserungen zugunsten dieser Beamtengruppe möglich sind und hat hierüber auch die Berichterstattergruppe des Innenausschusses unter Vorsitz des Fragestellers informiert, die z. Z. den Entwurf eines 2. BesVNG berät. Vom Ergebnis der jeweiligen Prüfung wird es abhängen, ob eine positive Regelung in Betracht kommt oder ob schon angesichts der Haushaltslage eine solche Maßnahme — wie so viele andere — z. Z. nicht getroffen werden kann. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Jäger (Wangen) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/2927 Frage A 77) : Hat der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen ein Verfahren gegen den Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Günter Nollau, wegen des Verdachts beantragt, Nollau habe Quellenmaterial des Bundesamts unbefugt an einen anderen Nachrichtendienst außerhalb der Bundesrepublik Deutschland weitergeleitet? Erörterungen über Quellenmaterial der Nachrichtendienste können aus Sicherheitsgründen nicht öffentlich angestellt werden. Ich bin selbstverständlich bereit, Ihre Frage im Parlamentarischen Vertrauensmännergremium zu beantworten. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 7/2927 Frage B 20) : Hat die Bundesregierung mit der Kommission der EG wegen der Fischereiprobleme mit Island und Norwegen verhandelt, zu welchem Zeitpunkt und mit welchem Ergebnis? 1. Die Bundesregierung hat am 4. Dezember 1974 die EG-Kommission und die EG-Mitgliedstaaten ausführlich über die jüngsten Vorkommnisse im Fischereigrenzenstreit mit Island und über die deutsche Reaktion hierauf unterrichtet. Darüber hinaus wird die Bundesregierung, insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit weiterer isländischer Übergriffe gegen deutsche Schiffe, dieses Problem am 9./10. Dezember 1974 im Agrarministerrat zur gemeinsamen Erörterung stellen. Die Bundesregierung hat im übrigen verdeutlicht, daß sie der Inkraftsetzung des EG-Protokolls Nr. 6, das Zollerleichterungen für isländische Fischereierzeugnisse vorsieht, vor einer befriedigenden Beilegung des Fischereizonenstreits nicht zustimmen wird. Diese Haltung der Bundesregierung findet das Verständnis der EG-Kommission und der EG-Mitgliedstaaten. 2. Im Hinblick auf die von Norwegen angestrebte Einführung trawler-freier Zonen vor Nordnorwegen steht die Bundesregierung in engem Kontakt zur EG-Kommission. Die EG-Mitgliedstaaten haben ihre in den Verhandlungen mit Norwegen eingenommene Haltung mit Hilfe der Kommission zuvor abgestimmt. Auch für die weiteren Verhandlungen ist eine einheitliche Linie der EG-Staaten gewährleistet. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schmude auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache 7/2982 (1 Frage A 2) : Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung für eine gemeinschaftliche Regelung der Modalitäten über das Verursacherprinzip und für die Ausnahmen vom Verursacherprinzip für die Kommission der Europäischen Gemeinschaft, damit dem Rat ein entsprechender Verordnungsvorschlag unterbreitet werden kann? Der Ministerrat der EG hat am 7. November 1974 eine Empfehlung verabschiedet, die Regelungen für die Anwendung des Verursacherprinzips enthält. Die verabschiedete Empfehlung faßt das Verursacherprinzip inhaltlich als reines Kostenzurechnungsprinzip auf. Durch das Verursacherprinzip werden alle Kosten erfaßt, die zur Erreichung einer staatlich festgesetzten Umweltqualität notwendig sind; die Erfassung der darüber hinausgehenden Kosten der verbleibenden Verschmutzung ist möglich. Im übrigen beschreibt die Empfehlung die anzuwendenden Instrumente, vor allem durch eine ausführliche Darstellung der Abgaben. Ausnahmen sind eng begrenzt und insbesondere dann gerechtfertigt, wenn die sofortige Anwendung sehr strenger Normen zu schweren wirtschaftlichen Störungen führt. Die Empfehlung geht zurück auf Vorstellungen der Bundesregierung, wie sie sie in den vom Ständigen Abteilungsleiterausschuß für Umweltfragen am 10. Januar 1973 beschlossenen Anwendungsmodalitäten zum Verursacherprinzip niedergelegt hat. Die Bundesregierung hat ihre Auffassung im Ministerrat also weitgehend zur Geltung bringen können, Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9555* Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schmude auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Pack (CDU/ CSU) (Drucksache 7/2982 Fragen A 3 und 4) : Ist an eine Verbesserung und Spezialisierung der Ausbildung und Ausrüstung der Polizei gedacht, um damit eine Intensivierung der Verbrechensbekämpfung zu erreichen? Gedenkt die Bundesregierung, für die Vollzugspolizei die Besoldungsgruppe A 9 mit Zulage zu eröffnen und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt? Zu Frage A 3: Die Bundesregierung hat wiederholt ihre Entschlossenheit bewiesen, die Modernisierung und Intensivierung der Verbrechensbekämpfung energisch voranzutreiben; dazu gehören insbesondere auch Maßnahmen für die Ausbildung und Ausrüstung der Polizei. Mit ihrem Sofortprogramm aus dem Jahre 1970 und dem daran anschließenden Schwerpunktprogramm „Innere Sicherheit" vom Frühjahr 1972 hat die Bundesregierung wichtige Voraussetzungen dafür geschaffen. Dem gleichen Ziel dient das von der Ständigen Konferenz der Innenminister beschlossene „Programm für die Innere Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland" in der Fassung Februar 1974, auf dessen Grundlage Bund und Länder mit Mitteln des kooperativen Föderalismus gemeinsam die Probleme der inneren Sicherheit angehen. Die Ausbildung des Polizeivollzugsdienstes in Bund und Ländern, speziell für die Verbrechensbekämpfung, hat in den letzten Jahren einen hohen Stand erreicht. Lehr- und Ausbildungspläne orientieren sich an den internationalen Erfahrungen ebenso wie an den aktuellen Erfordernissen; sie werden ständig überarbeitet. Die Ausbildung für den höheren Polizeivollzugsdienst erfolgt einheitlich für Bund und Länder an der Polizei-Führungsakademie in Hiltrup/Westfalen. Die Ausbildung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Bundes und der Länder erfolgt dagegen dezentral, und zwar für den kriminalpolizeilichen Vollzugsdienst des Bundes beim Bundeskriminalamt und in den Ländern jeweils an besonderen Einrichtungen. Auf Spezialgebieten gibt es allerdings auch zentrale Maßnahmen. Dem Bundeskriminalamt ist durch die Neufassung des BKA-Gesetzes vom 29. Juni 1973 die Aufgabe zugewiesen worden, als Zentralstelle Fortbildungsveranstaltungen auf kriminalpolizeilichen Spezialgebieten durchzuführen; Schwerpunkte sind vor allem die Bereiche Kriminaltechnik, Daktyloskopie, Sprengstoffermittlung und Rauschgiftbekämpfung. Die Ausrüstung der Polizei in Bund und Ländern wird ständig durch die Beschaffung modernster technischer Einsatzmitteln und Geräte ergänzt und erweitert. Für die Bereiche kriminaltechnischer Untersuchungen und für kriminaltechnische Forschung hat nach dem BKA-Gesetz das Bundeskriminalamt die erforderlichen Einrichtungen zu unterhalten und die Zusammenarbeit der Polizei auf diesen Gebieten zu koordinieren. Die Maßnahmen des Bundes finden in den Haushaltsansätzen der letzten Jahre für das Bundeskriminalamt sichtbaren Ausdruck. Die verfügbaren Haushaltsmittel sind von 1969 bis 1974 von 22,4 auf 123,9 Millionen DM gestiegen. Auch die Länder haben große Anstrengungen unternommen, um die Ausrüstung ihrer Polizeien weiter zu verbessern. Diese Anstrengungen werden vom Bund für den Bereich Bereitschaftspolizeien der Länder wesentlich unterstützt. Der materielle Einsatzwert der Bereitschaftspolizei der Länder konnte wesentlich erhöht werden. Ihre verbesserte Ausstattung hat sich insbesondere auch im Bereich der Verbrechensbekämpfung bewährt. Zu Frage A 4: Die Einführung einer Besoldungsgruppe A 9 mit Zulage für den mittleren Polizeivollzugsdienst ist von den Innenministern in Bund und Ländern seit längerem befürwortet worden. Der dem Bundestag vorliegende Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern (BT-Drucksache 7/1906) enthält eine entsprechende Regelung nicht. Bei der Vorbereitung des Entwurfs hatte sich nämlich die Mehrheit der Länder gegen ein neues Spitzenamt für den mittleren Polizeivollzugsdienst ausgesprochen. Da der Bundesrat bei seiner Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf alsdann die Einführung des neuen Spitzenamtes für die Polizei vorgeschlagen, gleichzeitig für den Fall der Einführung aber die Einbeziehung der übrigen Laufbahnen des mittleren Dienstes für erforderlich angesehen hat, hat die Bundesregierung die Frage einer isolierten Regelung für den Polizeivollzugsdienst erneut an die Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder herangetragen; die abschließende Meinungsbildung der Regierungschefs der Länder liegt noch nicht vor. Die Frage wird bei den bevorstehenden Beratungen des Bundestages über den Entwurf des 2. BesVNG zur Entscheidung anstehen. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Riede (Oeffingen) (CDU/CSU) (Drucksache 7/2982 Fragen A 11 und 12) : Ist der Bundesregierung bekannt, wie hoch die unfallbedingten Schäden durch Ausfall der Hausfrau (und Mutter) im Einzelfall zu beziffern sind? Weiß die Bundesregierung, daß diese (durch Verkehrsunfall verursachten) Schäden — die einen Schadenersatzanspruch der betroffenen Frau bzw. des Ehemannes und der Kinder zur Folge haben — überwiegend erst nach einer Laufzeit (Prozeßdauer) von drei bis acht Jahren reguliert werden und dann für die Betroffenen in aller Regel in einer so geringen Höhe, daß von einem Schadenersatz nicht mehr gesprochen weiden kann, und welche gesetzlichen Maßnahmen gedenkt sie gegebenenfalls einzuleiten? 9556* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 Zu Frage A 11: Der Anspruch, der im Falle der Tötung oder Verletzung einer Hausfrau und Mutter zu befriedigen ist, richtet sich auf Ersatz des vollen Schadens. Wie hoch die Ersatzsumme zu bemessen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Allgemein kann der Anspruch etwa durch ein Mitverschulden gemindert sein. Aber auch unabhängig davon lassen sich generelle Angaben über die Höhe des Betrages kaum machen. Müssen z. B. infolge der Verletzung der Mutter Kinder anderweitig untergebracht werden, so wird die Höhe der Ersatzsumme dadurch beeinflußt werden, ob die Kinder bei Verwandten, in einer anderen Familie oder etwa in einem Heim leben. Ist wegen des Unfalls der Hausfrau an eine Ersatzkraft zu denken, so wird bei der Ersatzleistung zu berücksichtigen sein, welcher Zeitaufwand für die Tätigkeit im Haushalt tatsächlich erforderlich war und aufgewendet wurde. Andererseits sind Einsparungen unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung anzurechnen. Desgleichen ist der Ersatzberechtigte verpflichtet, soweit zumutbar dazu beizutragen, daß der Schaden nicht unangemessen hoch wird. Es würde zu weit führen, hier alle denkbaren Kriterien für die Schadensberechnung im Einzelfall anzuführen. Ich darf noch einmal wiederholen, daß der Anspruch — wie auch sonst im bürgerlichen Recht — sich auf Ersatz des vollen Schadens richtet. Wie hoch dieser im Einzelfall sein kann, kann nicht abschließend beurteilt werden. Aus der Rechtsprechung ist z. B. ein Fall bekannt, bei dem der volle Schaden des Ausfalls der Haushaltshilfe durch den Tod der Ehefrau und Mutter von 2 Kindern am 1. ,Januar 1967 pro Monat auf 1 000,—DM beziffert worden ist, wobei angemerkt werden muß, daß der Ehemann seinerzeit 800,— DM netto im Monat verdiente. Ein repräsentatives Urteil, das die Berechnung aus neuerer Zeit widerspiegeln würde, ist nicht bekannt. Zu Frage A 12: Mit einem Prozeß, der bis zu 8 Jahren gedauert hat, haben Sie sicher einen besonders schwerwiegenden Fall im Auge. Spitzenzeiten dieses Ausmaßes ergeben sich nur in wenigen Fällen. Das gilt im allgemeinen selbst dann, wenn der gesamte dreistufige Rechtsmittelzug — einschließlich des Revisionsverfahrens vor dem Bundesgerichtshof also — ausgeschöpft wird. Gleichwohl kann nicht übersehen werden, daß Prozesse in Zivilsachen heute durchweg zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Die Bundesregierung ist deshalb seit langem bemüht, auf eine Beschleunigung der Verfahren hinzuwirken. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode hat sie den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Zivilprozeßordnung, die sogenannte Beschleunigungsnovelle, eingebracht. Hauptziel dieses Entwurfs war es, auf eine zügigere Abwicklung der Verfahren in Zivilsachen hinzuwirken, damit dem rechtsuchenden Bürger ein besserer und wirksamerer Rechtsschutz zur Verfügung steht. Wegen der vorzeitigen Beendigung der 6. Legislaturperiode konnte dieser Entwurf allerdings nicht mehr verabschiedet werden. Nunmehr liegt dem Hohen Hause mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung und Beschleunigung gerichtlicher Verfahren ein neuer Gesetzentwurf der Bundesregierung mit im wesentlichen der gleichen Schwerpunktbildung vor. Ich darf gerade im Hinblick auf Fälle wie die hier zur Erörterung gestellten die Hoffnung aussprechen, daß die laufende Legislaturperiode Gelegenheit bietet, diesen Gesetzentwurf baldmöglichst zu verabschieden. Die Ansicht, daß der Schadensersatz in aller Regel zu gering bemessen ist, kann ich nicht teilen. Wie ich bereits ausgeführt habe, richtet sich der Anspruch auf Ersatz des vollen Schadens, so daß gesetzgeberische Maßnahmen insoweit nicht in Betracht zu ziehen sind. Auf die soeben erwähnte Rechtsprechung zur Bezifferung des Schadens darf ich verweisen. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schneider (CDU/ CSU) (Drucksache 7/2982 Frage A 16) : Treffen Pressemeldungen zu, wonach gegenwärtig ein sprunghafter Anstieg von Mietprozessen zu verzeichnen ist, und auf welche Gründe führt die Bundesregierung diese Entwicklung zurück? Die Frage ist offenbar durch Berichte in der Kölner Tagespresse veranlaßt, die dem Bundesministerium der Justiz ebenfalls bekanntgeworden sind. Soweit in der Kürze der Zeit Rückfragen über die Landesjustizverwaltungen bei Gerichten möglich waren, hat sich folgendes ergeben: Bei den Amtsgerichten Düsseldorf und Köln ist die Zahl der Mietprozesse im Jahr 1974 gegenüber 1973 in der Tat beträchtlich angestiegen: Die Mietabteilung des Amtsgerichts Köln hatte 1973 rund 4 900 Eingänge zu verzeichnen, für 1974 werden etwa 6 400 Eingänge erwartet; beim Amtsgericht Düsseldorf sind im Jahr 1973 rund 3 300 Mietprozesse anhängig geworden, für 1974 rechnet man mit rund 4 000. In Düsseldorf wird der Anstieg seit Oktober 1973 beobachtet. Der Anstieg der Mietprozesse wird von den Richtern in erster Linie auf die wirtschaftliche Situation zurückgeführt. Es wird auf beiden Seiten schärfer gerechnet; die Mieter rechnen genauer die Abrechnungen der Nebenkosten nach. Bei Streitigkeiten über die Abrechnung und Erhöhung von Nebenkosten, über Schönheitsreparaturen und über die Rückzahlung von Kautionen, auf die die Vermieter die Kosten für Schönheitsreparaturen verrechnen, sei in besonderem Maße eine Zunahme festzustellen. Dabei dürfte auch eine Rolle spielen, daß viele Mieter inzwischen eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen hätten; es sei ein ganz auffälliger Rückgang der Armenrechtsverfahren in Mietstreitigkeiten festzustellen. Eine Zunahme sei auch bei Miet- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9557e räumungsprozessen wegen Zahlungsverzugs zu verzeichnen. Dagegen habe der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 23. April 1974, der die teilweise sehr enge Auslegung der Mieterhöhungsvorschriften durch manche Gerichte für verfassungswidrig erklärt hat, kaum zu einer Erhöhung der Zahl der Mieterhöhungsprozesse geführt. Ein ähnliches Ansteigen der Mietprozesse im Laufe des Jahres 1974 ist in anderen Teilen des Bundesgebiets jedoch nicht beobachtet worden: Die Amtsgerichte München und Stuttgart haben keine auffällige Änderung im Geschäftsanfall zu verzeichnen: beim Amtsgericht Nürnberg ist sogar ein gewisser Rückgang festzustellen, der dort auf die Ungewißheit der Rechtslage zurückgeführt wird; nach Verkündung des Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes wird mit einem gewissen Anstieg der Prozesse gerechnet. In Baden-Württemberg und in Bayern werden Mieterhöhungsprozesse durch eine Sondererhebung statistisch erfaßt. Im ganzen Land Baden-Württemberg sind solche Mieterhöhungsprozesse anhängig geworden: Im 1. Quartal 1974 49 im 2. Quartal 1974 60 im 3. Quartal 1974 39. Es ist also eher ein Rückgang festzustellen. Für das noch nicht abgeschlossene 4. Quartal 1974 ist nicht mit einer auffälligen Zunahme zu rechnen. In Bayern ist die Entwicklung ähnlich; 1974 sind Mieterhöhungsprozesse anhängig geworden: Im 1. Quartal 1974 64 im 2. Quartal 1974 78 im 3. Quartal 1974 65. Die Entwicklung wird weiter beobachtet werden. Soweit ein Ansteigen der Mietprozesse festzustellen ist, wird dies jedenfalls nicht durch die Fassung des geltenden Wohnraummietrechts veranlaßt sein. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten von Alten-Nordheim (CDU/CSU) (Drucksache 7/2982 Fragen A 29 und 30) : Treffen Pressemeldungen zu, nach denen die Bundesregierung die Brüsseler Preisvorschläge für inflationsfördernd hält, und wie wird diese Aussage gegebenenfalls begründet? Wie gedenkt die Bundesregierung, die Erzeuger an dem Abbau der Agrarüberschüsse zu beteiligen, wenn sie dieses „ganz klar", wie es in diesbezüglichen Pressemeldungen heißt, fordert? Zu Frage A 29: Die Kommission hat für das Wirtschaftsjahr 1975/76 Preisanhebungen von durchschnittlich 9 °/o vorgeschlagen. Einzelheiten der Berechnungsgrundlagen hat die Kommission bisher nicht mitgeteilt. Bei der Festsetzung der Agrarpreise für das kommende Wirtschaftsjahr müssen außer der Kostenentwicklung auch die Entwicklung von Preisen, Mengen und Einkommen sowie die Lage auf den Agrarmärkten mit berücksichtigt werden. Auch dürfen bei der Preisfestsetzung die stabilitätspolitischen Erfordernisse in Europa nicht außer acht gelassen werden. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist die von der Kommission vorgeschlagene Agrarpreisanhebung nach Auffassung der Bundesregierung im Durchschnitt überhöht. Die Bundesregierung wird sich dafür einsetzen, daß ein Kompromiß gefunden wird, bei dem sowohl die berechtigten Einkommensinteressen der Landwirte als auch stabilitätspolitische Aspekte ausreichende Berücksichtigung finden. Zu Frage A 30: Marktungleichgewichte bestehen in der EG z. Zt. bei Milch, Rindfleisch und Wein. Deshalb hält die Bundesregierung bei diesen Produkten eine am Marktgleichgewicht orientierte Preispolitik für erforderlich. In der Wirkung würde das bedeuten, daß die Erzeuger zur Wiedererrichtung des Marktgleichgewichts mit herangezogen werden. Bei Milch muß für den Fall, daß erneut überhöhte Interventionsbestände drohen, erwogen werden, die Erzeuger an deren Vermeidung zu beteiligen. Einzelheiten einer solchen Maßnahme bedürfen noch einer genaueren Prüfung. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 7/2982 Fragen A 36 und 37): Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung auf dem Gebiet des EWG-Agrarmarkts mit dem Begriff „preisliche oder finanzielle Mitverantwortung" aller EWG-Erzeuger, und wie wird sich dies für die deutschen Landwirte auswirken? Sind alle Mitglieder der Bundesregierung der Meinung, daß eine gemeinsame Agrarpolitik und damit die gemeinsame Agrarpolitik insgesamt gegenwärtig ohne den Grenzausgleich nicht aufrechtzuerhalten ist? Zu Frage A 36: Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß es notwendig ist, die Märkte zu stabilisieren, d. h. Marktungleichgewichte zu beseitigen, um so zu einem Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage zu kommen. Das kann nur schrittweise erfolgen, wobei durch Vorratshaltung saisonale Marktschwierigkeiten ausgeglichen und die notwendigen Sicherheitsreserven gehalten werden müssen. Es ist nach Meinung der Bundesregierung nicht unwichtig, daß darüber hinausgehende Angebotsmengen eine Mitverantwortung der Erzeuger vorsehen. Sie kann von Produkt zu Produkt und je nach Marktsituation unterschiedlich ausgestaltet werden. Es könnte in Zukunft nach Meinung der 9558* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung, Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 Bundesregierung eine Mitverantwortung der Erzeuger bei Milch beim Überschreiten einer bestimmten Überschußmenge erforderlich werden. Diese Problematik beschäftigt auch die landwirtschaftlichen Organisationen. Hier wird ggf. eine restriktive Preispolitik oder eine Interventionsbegrenzung in Betracht kommen können. Die Bundesregierung wird dafür sorgen, daß Maßnahmen zur Herstellung des Marktgleichgewichts nicht zur unbilligen Benachteiligung der deutschen Erzeuger führen. Die Wiederherstellung des Marktgleichgewichts wirkt sich langfristig für die deutschen Landwirte, Erzeuger und Steuerzahler günstig aus. Zu Frage A 37: Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die gemeinsame Agrarpreispolitik ohne das System des währungsbedingten Grenzausgleichs nicht aufrechterhalten werden kann. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Lepsius (SPD) (Drucksache 7/2982 Fragen A 44 und 45) : Ist es zutreffend, daß die Möglichkeit zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem 2. Rentenreformgesetz mit Ausnahme von drei Fällen — Vertriebene, Landwirte und der Wiedereinzahlung wegen Heirat erstatteter Beiträge - mit Ablauf des Jahrs 1975 entfallen wird? Wie gedenkt die Bundesregierung, im Hinblick auf die im 1. Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts in § 1587 b und in § 1304 a Abs. 6 RVO vorgesehene Regelung zu verfahren, nach der im Wege des Versorgungsausgleichs ausgeglichene Anwartschaften wegen Alters-, Berufs- und Erwerbsunfähigkeit beim ausgleichspflichtigen Versicherten (in der Regel der Mann) durch Entrichtung von Beiträgen wieder aufgefüllt werden können, während der zum Ausgleich Berechtigte (in der Regel die Frau) dieses Recht nicht erhält und durch den Wegfall der Nachentrichtungsmöglichkeit von freiwilligen Beiträgen im Jahr 1975 rechtlich gegenüber dem Mann benachteiligt wird? Es trifft zu, daß die von Ihnen im einzelnen genannten Personengruppen auch noch nach 1975 einen Antrag auf Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung stellen können. Ergänzend weise ich noch auf die Nachentrichtungsmöglichkeit für Reichswehrsoldaten, Polizeibeamte nach Reichsrecht, Wasserschutzpolizeibeamte, Geistliche und andere Kirchenbedienstete aus der DDR, aus dem Dienst ausgeschiedene verheiratete Beamtinnen sowie Fach- oder Hochschulabsolventen, die vor dem 1. 3. 1957 während einer wissenschaftlichen Ausbildung für ihren künftigen Beruf nicht pflichtversichert waren, hin. Im übrigen mache ich darauf aufmerksam, daß alle anderen Personen zwar den Antrag auf Nachentrichtung von Beiträgen bis Ende 1975 stellen müssen, aber dann die Möglichkeit zur Ratenzahlung bis 1980 haben. Sie haben also über 1975 hinaus die Möglichkeit, sich einen eigenen Rentenanspruch aufzubauen. Zu Ihrer zweiten Frage bemerke ich folgendes: Bei dem im Rahmen der Eherechtsreform vorgesehenen Versorgungsausgleich zwischen geschiedenen Ehegatten soll dem geschiedenen Ehemann, dessen Rentenanwartschaften durch das Rentensplitting gemindert sind, lediglich das Recht eingeräumt werden, die eingetretene Minderung durch eine entsprechende Entrichtung von Beiträgen wieder auszugleichen. Es ist daher nicht ersichtlich, inwieweit die geschiedene Frau benachteiligt sein soll. Denn sie wird in der Regel durch das Splitting keine Minderung ihrer Rentenanwartschaften erleiden, sondern im Gegensatz zum heutigen Recht erstmalig oder höhere eigene Anwartschaften in der Rentenversicherung erwerben. Damit wird sie sich also in Zukunft hinsichtlich ihrer sozialen Sicherung besser stehen als heute. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schäuble (CDU/ CSU) (Drucksache 7/2982 Fragen A 46 und 47) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß ein Nebenerwerbslandwirt, der als Angestellter freiwillig in der Allgemeinen Ortskrankenkasse versichert ist, von der Badischen Landwirtschaftlichen Krankenkasse als versicherungspflichtig nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte zur Beitragszahlung in Anspruch genommen wird, obwohl die Badische Landwirtschaftliche Krankenkasse zu einer Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle für den im Hauptberuf als Angestellter Tätigen nicht in der Lage ist? Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß Nebenerwerbslandwirte, die im Hauptberuf als Beamte tätig sind, von der Versicherungspflicht nach dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte nicht befreit werden können, obwohl der Beamte im Krankheitsfalle Anspruch aus staatliche Fürsorge hat? Wenn eine Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer mit einer Beschäftigung als nicht krankenversicherungspflichtiger Angestellter zusammentrifft, besteht nach geltendem Recht Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Landwirte. Diese Angestellten erhalten bei Arbeitsunfähigkeit von der landwirtschaftlichen Krankenkasse kein Krankengeld. Der von der Bundesregierung bereits eingebrachte Entwurf eines KrankenversicherungsWeiterentwicklungsgesetzes (BR-Drucksache 771/74) schlägt eine Änderung dieser Rechtslage vor. Hiernach sollen sich landwirtschaftliche Unternehmer, die als Angestellte wegen Überschreitens der Jahresarbeitsverdienstgrenze nicht krankenversicherungspflichtig, aber in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert sind, auf Antrag von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Landwirte befreien lassen können. Der Gesetzentwurf stellt außerdem sicher, daß die Angestellten mit einem über der Jahresarbeitsverdienstgrenze liegenden Gehalt, die ihre freiwillige Versicherung wegen der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Landwirte aufgegeben haben, der allgemeinen Krankenversicherung wieder freiwillig beitreten können. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9559* Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht also u. a. vor, daß die von Ihnen genannten Personen bei Arbeitsunfähigkeit Krankengeld erhalten können. Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich folgendes bemerken: Das Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte sieht keine Befreiung von der Versicherungspflicht für Beamte vor, die zugleich landwirtschaftliche Unternehmer sind, deren Unternehmen eine auf Bodenbewirtschaftung beruhende Existenzgrundlage bildet. Diese Regelung beruht darauf, daß grundsätzlich alle landwirtschaftlichen Unternehmer zur Finanzierung der Krankenversicherung der Landwirte solidarisch beizutragen haben. Im übrigen erstreckt sich auch die Krankenversicherungsfreiheit der Beamten nach der Reichsversicherungsordnung nur auf deren Tätigkeit als Beamte. Das bedeutet, daß ein Beamter, der nebenberuflich als Angestellter oder Arbeiter beschäftigt ist, auf Grund dieser Beschäftigung grundsätzlich versicherungspflichtig ist. In der Krankenversicherung der Landwirte kann ein Landwirt, der in einem Beamtenverhältnis steht, hinsichtlich der Versicherungspflicht nicht anders behandelt werden. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Weber (Köln) (SPD) (Drucksache 7/2982 Frage A 48) : Warum werden, wenn nicht oder noch nicht anerkannte Kriegsdienstverweigerer durch Nichtannahme von Waffen oder Uniform den Gehorsam verweigern und standhaft ihre Überzeugung vertreten, diese nicht als ernstliche Gefahr für die militärische Ordnung oder die Sicherheit der Truppe nach § 29 Abs. I Nr. 5 des Wehrpflichtgesetzes entlassen, da sie sich doch nicht integrieren lassen? Ein Soldat, dessen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer rechtskräftig abgelehnt worden ist oder über dessen Antrag noch nicht unanfechtbar entschieden ist, wird nach § 29, Abs. 1, Ziff. 5 des Wehrpflichtgesetzes fristlos aus der Bundeswehr entlassen, wenn er nach dem bisherigen Verhalten durch sein Verbleiben in der Bundeswehr die militärische Ordnung oder die Sicherheit in der Truppe ernstlich gefährden würde. Von dieser Entlassungsmöglichkeit darf jedoch erst Gebrauch gemacht werden, wenn die Anwendung disziplinarer Maßnahmen erfolglos geblieben ist und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Verbot des Übermaßes weitere disziplinare Ahndung ausschließen. In der Regel wird dann allerdings der Fall an die Strafverfolgungsbehörde abzugeben sein, weil die Voraussetzungen einer strafrechtlich zu ahndenden Gehorsamsverweigerung vorliegen dürfte. In diesem Zusammenhang darf ich aus einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vorn 22. Mai 1974 zitieren: Der Bundeswehr ist es mit Rücksicht auf den Zweck einer allgemeinen Wehrpflicht zur Erhaltung der Verteidigungsbereitschaft nicht erlaubt, sich unbequemer oder aggressiver Soldaten ohne zwingenden Grund zu entledigen. Sie muß aggressives Verhalten bis zur äußersten Grenze des Möglichen hinnehmen und mit ihren insoweit auch ausreichenden — disziplinären Mitteln bekämpfen. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schwencke (Nienburg) (SPD) (Drucksache 7/2982 Fragen A 49 und 50) : Teilt die Bundesregierung eine Interpretation des § 6 des Bundespersonalvertretungsgesetzes, wonach im Bereich des Bundesverteidigungsministers immer mehr große Personalratsbezirke in verschiedene kleine geteilt werden? Falls ja, wie begründet die Bundesregierung diese Maßnahme, die sich allein auf den Personalvertretungsbereich, nicht auf den zuständigen Kommandobereich erstreckt? Der § 6 des Bundespersonalvertretungsgesetzes wird im Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung richtig interpretiert. Es hat weder in der Vergangenheit eine Aufteilung der gesetzlichen Zuständigkeitsbereiche des Personalrats gegeben, noch ist das künftig vorgesehen. Dies ist auch gar nicht möglich. Das Bundespersonalvertretungsgesetz bestimmt in seinen §§ 6 Abs. 1 und 12 Abs. 1 eindeutig, wo und unter welchen Voraussetzungen Personalräte zu bilden sind, nämlich bei den „einzelnen Behörden, Verwaltungsstellen und Betrieben", wie sie sich aus der Organisation der Bundesverwaltung hier aus der Organisation der Bundeswehr — ergeben. Falls Sie mit Ihrer Frage die Verhältnisse im Bereich der Luftwaffenversorgungsregimenter meinen, so ist zu bemerken, daß hier in der Frage der Bildung von Personalräten einige Unsicherheiten entstanden sind. Diese Angelegenheit wird zur Zeit überprüft; eine abschließende Entscheidung wird erst nach Anhörung der beteiligten Stellen getroffen. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Biehle (CDU/CSU) (Drucksache 7/2982 Fragen A 51 und 52) : Welche Offiziere (außer denen der beteiligten Kampftruppen), Beamte oder Politiker bzw. wie viele überörtliche Journalisten haben am Manöver „Schneller Wechsel" teilgenommen, mit welchen Transportmitteln des Bundes sind sie von wo aus an- bzw. abgereist und wie hoch waren jeweils für den einzelnen die Kosten? Wer erteilt jeweils die Genehmigung für die Transportmittel? 9560* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 An der Großübung des Heeres 1974 „Schneller Wechsel" haben als Übungsbeobachter bzw. Gäste teilgenommen: 18 Persönlichkeiten aus dem politischen Leben, ca. 100 Journalisten, 80 höhere Offiziere, davon 12 der alliierten Streitkräfte, 88 Beamte aus verschiedenen Bereichen, 40 weitere Gäste (z. B. aus Wirtschaft und Industrie) und 32 Verteidigungs-/Heeresattachés im Rahmen einer Attachéreise. Für die An- und Abreise waren die Gäste grundsätzlich selbst verantwortlich. Neben öffentlichen Verkehrsmitteln wurden auch Dienstwagen benutzt. Um Kosten zu sparen, sind vom Führungsstab des Heeres und vom Heeresamt auch Omnibusse eingesetzt worden. Der Bundespräsident, Bundesminister Leber und sein italienischer Kollege Andreotti, der von einer Auslandsdienstreise zurückkehrende Generalinspekteur und ich selbst reisten mit Luftfahrzeugen der Flugbereitschaft des Ministeriums an und ab. Für die ausländischen Attachés setzte der Führungsstab des Heeres 1 Hubschrauber CH 53 von der Artillerieschule Idar-Oberstein in das Manövergebiet und von dort nach Bonn ein. Für den Einsatz der Luftfahrzeuge sind keine zusätzlichen Kosten entstanden, da die Flüge im Rahmen des Flugdienstes der fliegenden Besatzungen, d. h. im Ausbildungsdienst, erfolgt sind. Soweit Dienstkraftfahrzeuge eingesetzt wurden, ist davon auszugehen, daß bei Benutzung eines Busses DM —,61 je km und bei Benutzung eines Pkw DM —,34 je km an Kosten entstanden sind. Da die Kosten für die Benutzung von Dienstfahrzeugen nicht zentral anfallen und erfaßt werden, kann zur Gesamthöhe keine Aussage gemacht werden. Ihre zweite Frage beantworte ich wie folgt: Die Genehmigung für den Einsatz der Flugzeuge der Flugbereitschaft erteilte der hierfür zuständige Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung, der Einsatz des Hubschraubers für die Attachés wurde durch den Inspekteur des Heeres angeordnet. Die Genehmigung für den Einsatz der Transportmittel im Übungsraum erteilte im Auftrage des Kommandierenden Generals des III. Korps der Leiter des Gästestabes.
Gesamtes Protokol
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0713800000
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, am 14. Dezember 1974 hat der Abgeordnete Dr. Carstens (Fehmarn) seinen 60. Geburtstag gefeiert. Ich spreche ihm die herzlichen Wünsche des Hauses aus.

(Beifall)

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll der von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachte Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes (6. KgfEÄndG) — Drucksache 7/2884 —, der in der 134. Sitzung des Deutschen Bundestages dem Innenausschuß — federführend — und dem Haushaltsausschuß zur Mitberatung überwiesen wurde, dem Haushaltsausschuß nun auch noch gemäß § 96 der Geschäftsordnung zugewiesen werden. Ist das Haus mit dieser Überweisung einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll Punkt 8 der Tagesordnung abgesetzt werden. Ist das Haus damit einverstanden? — Es ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, in der 134. Sitzung am 5. Dezember 1974 ist das Energiesicherungsgesetz 1975 in der Schlußabstimmung einstimmig angenommen worden. Dieses Gesetz enthält in seinem § 3 Abs. 4 eine Bestimmung, zu der die Meinung vertreten wird, daß sie nach Art. 87 Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes von der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, d. h. von mindestens 249 Mitgliedern des Bundestages, verabschiedet werden muß.
In der Schlußabstimmung am 5. Dezember 1974 ist die nach § 54 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung vorgeschriebene ausdrückliche Feststellung, daß die erforderliche Mehrheit vorliegt, unterblieben. Um jeden rechtlichen Zweifel auszuschließen, ist interfraktionell vereinbart worden, die Schlußabstimmung zu wiederholen. Erhebt sich Widerspruch dagegen, daß die Tagesordnung um diesen Punkt erweitert wird? — Das ist nicht der Fall. Dann wird dieser Punkt als Zusatzpunkt nach dem Tagesordnungspunkt 2 a) und b) aufgerufen.
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vom 11. Dezember 1974 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachfolgende, bereits verkündete Vorlage keine Bedenken erhoben hat:
Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) des Rates zur Festsetzung der Berichtigungskoeffizienten, die auf die Dienst- und Versorgungsbezüge der in Dänemark, Irland und im Vereinigten Königreich dienstlich verwendeten oder wohnenden Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften anwendbar sind
— Drucksache 7/2719 —.
Er hat dabei darauf hingewiesen, daß die in der gleichen Vorlage enthaltene Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) des Rates zur Anpassung der Berichtigungskoeffizienten, die auf die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften anwendbar sind, vom Rat der Gemeinschaften abgelehnt wurde, so daß sich insoweit eine Berichterstattung des Ausschusses erübrige.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 13. Dezember 1974 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und dem Bundesminister der Justiz die Kleine Anfrage der Abgeordneten Leidet, Bremm, Dr. Wagner (Trier), Pieroth, Frau Will-Feld, Dr. Mertes (Gerolstein), Dr. Gölter, Gerster (Mainz), Dr. Klepsch, Josten, Frau Dr. Riede (Oeffingen), Susset und Genossen betr. Bezeichnungsvorschriften für österreichische Qualitätsweine, insbesondere amtliche Qualitätsprüfung — Drucksache 7/2811 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7/2999 verteilt.
Nunmehr kommen wir zum Tagesordnungspunkt 2 a) und b) :
a) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Ersten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts — Drucksachen 7/2526, 7/2536 —
Bericht und Antrag des Rechtsausschusses (6. Ausschuß)

— Drucksache 7/2989 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Gnädinger Abgeordneter Kunz (Berlin) (Erste Beratung 123. Sitzung)
b) Zweite Beratung des von den Abgeordneten Rollmann, Dr. Eyrich und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze von Kindern als Zeugen im Strafprozeß
— Drucksache 7/649 —
Bericht und Antrag des Rechtsausschusses (6. Ausschuß)

— Drucksache 7/2989 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Gnädinger Abgeordneter Kunz (Berlin) (Erste Beratung 39. Sitzung)
9500 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974
Vizepräsident Frau Funcke
Wünscht einer der Herren Berichterstatter das Wort? -- Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Einzelberatung in zweiter Lesung. Ich rufe die Art. 1 bis 18 sowie Einleitung und Überschrift auf. Wer in zweiter Lesung die Zustimmung geben möchte, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Wir kommen damit zur
dritten Lesung.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Gnädinger.

Fritz-Joachim Gnädinger (SPD):
Rede ID: ID0713800100
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Durch die kriminellen Aktionen der Baader-Meinhof-Vereinigung

(Dr. Barzel [CDU/CSU] : Vereinigung?)

haben die Bemühungen um eine Reform des Strafverfahrensrechts besondere Beachtung gefunden. In einer Debatte, in welcher der gesamte Umfang des Strafverfahrensreformgesetzes zur Beratung ansteht, bleibt aber wichtig, festzuhalten, daß eine Vielzahl der Neuregelungen mit diesem genannten Komplex überhaupt nichts zu tun haben. Sie sollten deshalb jedoch nicht weniger Beachtung finden. Ich denke dabei insbesondere an die Änderung der Eidesvorschriften und an die zusätzlichen Maßnahmen zum Schutze kindlicher und jugendlicher Zeugen.
Ganz ohne Zweifel haben die neuesten Aktivitäten der kriminellen Baader-Meinhof-Vereinigung auf den Inhalt und auf das Tempo der Beratungen im Rechtsausschuß eingewirkt. Insofern stellt die Gesetzesvorlage den auf dem Gebiet des Strafprozeßrechts möglichen Beitrag dar, die Gesamtaktivitäten dieser kriminellen Vereinigung in den Griff zu bekommen. Die beschleunigte Behandlung der Gesetzesvorlage sichert zugleich, daß nicht Forderungen nach Maßnahmen, die jenseits rechtsstaatlicher Prinzipien liegen, Aufwind bekommen.
Es bleibt jedoch dabei: Gesetze aus aktuellem Anlaß rasch zu ändern ist immer mißlich. Trotzdem haben sich die Koalitionsfraktionen zu raschem Handeln entschlossen und durch die Zurückstellung anderer wichtiger Gesetzgebungsvorhaben im Rechtsausschuß Zeit für eine gründliche Beratung gewonnen.
Die Verfahrensregeln des Strafprozesses sind nicht nur Organisationsrecht, sondern gerade die Sicherstellung eines fairen Verfahrens macht den wesentlichen Inhalt der Rechtsstaatlichkeit auf diesem Gebiete aus. Dieses faire Verfahren muß für alle gelten, auch für Vereinigungen, deren Mitglieder im Strafprozeß nichts anderes erblicken als eine zusätzliche Möglichkeit zur Agitation. Die kriminelle Baader-Meinhof-Vereinigung zielt darauf ab, durch eine maßlose Provokation des Rechtsstaates diesen dazu zu verleiten, bei der Antwort auf diese Provokationen seine eigenen rechtsstaatlichen Prinzipien und seine Liberalität zu verraten. Gerade diesen Sündenfall vermeiden die Beschlüsse des Rechtsausschusses jedoch gründlich.

(1 dem schwierigsten Problem, nämlich mit dem Ausschluß des Verteidigers aus dem Strafverfahren, beginnen. Diese Materie ist nicht neu. Das zeigt schon der Hinweis darauf, daß meine Fraktion in den vergangenen Legislaturperioden durch entsprechende Vorschläge mindestens auf die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung hingewiesen hat. Die Lösungsvorschläge der SPD-Bundestagsfraktion datieren einmal aus dem Jahre 1959, als die Rechtsanwaltsordnung beraten wurde, zum anderen aus dem Jahre 1963 aus Anlaß einer Novelle zur Strafprozeßordnung. Nachdem das Bundesverfassungsgericht durch Beschluß vom Februar 1973 festgestellt hat, daß weder eine gesetzliche noch eine gewohnheitsrechtliche Grundlage für den Verteidigerausschluß besteht, und das Gericht darüber hinaus den Gesetzgeber zum Handeln aufgefordert hat, ist ein Tätigwerden unabweisbar geworden. Mir liegt sehr daran, noch einmal festzuhalten, daß das das auslösende Moment war. Es waren nicht die Aktivitäten der Anwälte der kriminellen Vereinigung. Die Befürchtungen, daß wir Gesetze für Einzelfälle machten, sind daher unbegründet. Der Entzug der Befugnis, einen bestimmten Beschuldigten zu verteidigen, ist ein erheblicher Eingriff in die Berufsfreiheit des Anwalts, er ist aber auch — und das wiegt noch schwerer — eine Beschneidung des Rechts des Beschuldigten, einen Verteidiger frei auswählen zu können. Trotzdem sind wir der Meinung, daß es Umstände gibt, die dazu zwingen, den Ausschluß eines Verteidigers gesetzlich vorzusehen. Das kann jedoch nicht durch die Einfügung einer allgemein gehaltenen Generalklausel geschehen, sondern nur auf dem Wege der Schaffung eindeutiger und klar abgrenzbarer Ausschließungstatbestände. Die im Gesetzentwurf gefundene Formulierung, daß ein Verteidiger dann auszuschließen ist, wenn er dringend verdächtig ist, an der Tat seines Mandanten beteiligt zu sein, oder wenn er in gleicher Weise verdächtig ist, den Straftatbestand der Begünstigung oder der Hehlerei in bezug auf diese Tat begangen zu haben, stellt einen solchen eindeutigen Ausschließungstatbestand dar. Die Ausführungen zum Verteidigerausschluß könnten hier abgebrochen werden, wenn sich nicht in neuerer Zeit Meldungen darüber häuften, daß einzelne Anwälte ihr Recht auf freien und ungehinderten Verkehr mit dem inhaftierten Beschuldigten mißbrauchten. Gegen mehrere solche Verteidiger sind augenblicklich staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung und wegen anderer Straftaten anhängig. Ein Verteidiger, der sein Verkehrsrecht dazu mißbraucht, Straftaten zu begehen, sei es auch in der Form der Beihilfe oder Anstiftung zu Taten seines Mandanten, verletzt in so gröblicher Weise seine Rechte und seine Stellung als Organ der Rechtspflege, daß er nicht weiterhin als Verteidiger dieses Beschuldigten in Betracht kommen kann. Wir meinen daher, daß auch für eine solche Fallgestaltung ein Ausschließungstatbestand zu schaffen war. Dasselbe gilt, wenn der Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9501 Gnädinger Verteidiger sein Verkehrsrecht dazu mißbraucht, die Sicherheit der Anstalt erheblich zu gefährden. Meine Damen und Herren, ich hatte schon Gelegenheit, darauf hinzuweisen, daß ein Verteidigerausschluß einen schweren und ungewöhnlichen Eingriff darstellt und sich nur bei eindeutigen gesetzlichen Tatbeständen rechtfertigen läßt. Diesen Anforderungen genügt der undeutliche Begriff des „rechtsmißbräuchlichen Mittels" nicht, wie er in der Debatte im Rechtsausschuß vorgeschlagen wurde. Die Abgrenzung von noch zulässiger Verteidigerhandlung und Verfahrenssabotage ist praktisch nicht zu bewerkstelligen. Gerade der Kampf um eine peinliche Beachtung aller Formalitäten ist eine wesentliche Aufgabe und auch die Chance der Verteidigung. Die Erfüllung dieser Aufgabe im Strafprozeß kann auf andere Prozeßbeteiligte leicht den Eindruck des Querulatorischen oder der Sabotage machen. Was Sabotage und was noch zulässige, wenn auch extreme Ausnutzung der Verteidigerrechte ist, läßt sich oft erst am Ende des Prozesses beurteilen. Damit kann der Tatbestand der Verfahrenssabotage nicht herangezogen werden, wenn ein so gravierender Eingriff wie der Ausschluß des Verteidigers zur Debatte steht. Über das sachliche und berechtigte Anliegen, der Verschleppung von Prozessen entgegenzuwirken, ist damit noch nichts gesagt. Im Gegenteil, in dem heute zur Abstimmung stehenden Gesetz sind eine Menge neuer Vorschriften enthalten, die das angestrebte Ziel nach unserer Meinung auf dem richtigen Wege verfolgen. Wir denken dabei an die Vorschriften über die Begrenzung der Zahl der Anwälte, an die Klarstellungen bezüglich des Umfangs der Erklärungsrechte von Staatsanwalt und Verteidiger und an die zusätzlichen Möglichkeiten, gegen einen abwesenden Angeklagten zu verhandeln, auch für den Fall, daß er sich bewußt in eine Situation der Handlungsunfähigkeit begeben hat. Dies sind rechtsstaatlich vertretbare Mittel, die geeignet sind, der Verzögerung oder Unmöglichmachung der Hauptverhandlung entgegenzuwirken. Der Tatbestand der Verfahrenssabotage als Ausschlußgrund stellt jedoch ein Übermaß dar. Es stand auch zur Diskussion, ob der einfache Verdacht des mißbräuchlichen Verteidigerverhaltens genügt oder dringender Tatverdacht gegeben sein muß. Die Vertreter der Oppositionsfraktion im Rechtsausschuß vertraten die Ansicht, der geringste, also der einfache Verdacht, sei hinreichend. Dieser Auffassung begegnen durchschlagende verfassungsrechtliche Bedenken. Der Ausschluß des Verteidigers ist, wie bereits dargestellt, die schärfste Maßnahme, die im Strafverfahren gegenüber dem Anwalt und dem Beschuldigten überhaupt in Betracht kommt. Ihr Einsatz entzieht dem Beschuldigten den Anwalt seiner Wahl und unterzieht den Verteidiger einer staatlichen Maßnahme, die seine Unabhängigkeit als Rechtsanwalt in Frage stellt. Ich zitiere das Bundesverfassungsgericht, wenn ich ausführe: Dafür bedürfen Beschränkungen der Rechte des Anwalts und Eingriffe in seine Stellung als Verteidiger einer gesetzlichen Legitimation, die sich klar erkennen und zweifelsfrei feststellen läßt. Klar erkennbar und zweifelsfrei feststellbar sind jedoch Voraussetzungen für einen Eingriff nicht, wenn sie nur auf einen bloßen Verdacht abstellen. Es ist ein ziemlich nutzloses Unterfangen, meine Damen und Herren, bei der Frage der Verteidigerüberwachung Differenzen zwischen der Bundesregierung und den Koalitionsfraktionen konstruieren zu wollen. (Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Die sind offensichtlich!)

Es war der gemeinsame Wunsch, dann, wenn der Anwalt sein Verkehrsrecht mißbraucht, und auch dann wenn, er die Sicherheit im Strafverfahren unter Ausnutzung seines Verkehrsrechts in Frage stellt, eine gesetzliche Möglichkeit zur Unterbindung zu haben.
Nun hatte die Bundesregierung ursprünglich das das mildere Mittel der Überwachung vorgeschlagen.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das ist ein Aliud, Herr Kollege!)

Nach einer breit geführten öffentlichen Debatte und nach der Anhörung von Sachverständigen hat der Rechtsausschuß einstimmig beschlossen — und zwar einstimmig, Herr Vogel! —, für beide Fallgruppen die Möglichkeit des Verteidigungsauschlusses vorzusehen. Dem hat die Bundesregierung ausdrücklich zugestimmt. Nur die Opposition ignoriert weiterhin die Ergebnisse dieser Debatte und insbesondere den Sachverstand der Rechtsanwalts- und Richtervereinigungen.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Es fragt sich jedoch — ich sage jetzt etwas zum Materiellen —, ob eine solche Überwachung wirklich von Nutzen gewesen wäre angesichts der vielfältigen Möglichkeiten zur Umgehung und angesichts der Tatsache, daß während der Hauptverhandlung eine solche Überwachung überhaupt nicht vorgesehen war und solche Hauptverhandlungen manchmal fast ein Jahr dauern können. Im übrigen wäre zumindest eine schwer zu bewältigende Personalanforderung an die Justizverwaltung zu befürchten gewesen.
Ein ungestörtes Vertrauensverhältnis als Voraussetzung für eine sachgerechte und nachdrückliche Verteidigung hätte sich zwischen Verteidiger und Beschuldigtem nur schwer entwickeln können.
Über die Ausschließung selbst soll das Oberlandesgericht entscheiden. Bereits das Bundesverfassungsgericht hat in seinem erwähnten Beschluß darauf hingewiesen, daß es sich hier um eine Materie des Strafprozesses und nicht um eine solche der Ehrengerichtsbarkeit handelt.
Der Rechtsausschuß ließ sich weiter von der Erwägung leiten, daß es in aller Regel bereits vor dem Ausschließungsantrag zu Spannungen zwischen dem Verteidiger und dem erkennenden Gericht gekommen sein muß. Deshalb sollte die Entscheidungsbefugnis einer anderen Instanz übertragen werden. Den Interessen der Anwaltschaft als Berufsstand wird dadurch Rechnung getragen, daß der Vorstand der Anwaltskammer, der der auszuschließende Ver-
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Gnädinger
teidiger angehört, von dem Ausschließungsverfahren unterrichtet wird und die Gelegenheit erhält, sich im Verfahren zu äußern.
Der Gesetzesvorschlag erweitert durch wirksame Regelungen die Möglichkeiten der Gerichte, das Stattfinden und die Durchführung einer Hauptverhandlung sicherzustellen. In erster Linie ist der Beschluß des Rechtsausschusses zu nennen, künftig die Zahl der Verteidiger für einen Angeklagten zu beschränken, und zwar auf drei. Alle Erfahrungen haben gezeigt, daß selbst in sogenannten Monstre-verfahren mit kompliziertem Sachverhalt mehr als drei Verteidiger nicht erforderlich sind. Daher begegnet die Beschränkung der Zahl auf drei keinen ernsthaften Bedenken; die Änderung ist jedoch in hohem Maße geeignet, Verschleppungsabsichten zu vereiteln.
In diesem Zusammenhang sei noch die Bemerkung erlaubt, daß auch die gemeinschaftliche Verteidigung von mehreren Beschuldigten durch einen Anwalt nicht mehr zugelassen wird.
Nach der Strafprozeßordnung stehen dem Angeklagten und dem Verteidiger Erklärungsrechte zu. Sie sind in letzter Zeit mehrfach mißbraucht und zur Behinderung der Hauptverhandlung benutzt worden. Die mit großer Mehrheit vom Rechtsausschuß beschlossene neue Fassung macht die Grenzen dieses Erklärungsrechts deutlich. Es wird klargestellt, wann und in welchem Umfange sich der Angeklagte und sein Verteidiger erklären können.
Schließlich war in jüngster Zeit zu beobachten, daß einzelne Beschuldigte und Angeklagte es unternahmen, sich durch die bewußte Herbeiführung eines Zustandes der Verhandlungsunfähigkeit der Hauptverhandlung zu entziehen. Das ist auch mit dem Mittel des Hungerstreiks geschehen. Die neue Fassung der §§ 231 a und b der Strafprozeßordnung verbessert die Möglichkeiten des geltenden Rechts, Versuchen einer vorsätzlichen Verfahrensvereitelung durch einen Angeklagten wirksam zu begegnen. Zukünftig wird nach der eindeutigen Fassung des gesetzlichen Tatbestandes auch gegen den Angeklagten in Abwesenheit verhandelt werden können, der sich vorsätzlich in einen Zustand der Verhandlungsunfähigkeit versetzt hat, jedoch nur, wenn ihm vorher Gelegenheit gegeben worden war, sich zur bereits zugelassenen Anklage zu äußern. Allerdings wird bei einer solchen Äußerung nicht mehr die Verhandlungsfähigkeit, sondern die geringeren Anforderungen genügende Vernehmungsfähigkeit Voraussetzung sein.
Die Beschlüsse zur Änderung der Eidesvorschriften in der Strafprozeßordnung stellen unzweifelhaft eine beachtenswerte rechtspolitische Leistung dar. Die zukünftig für den Zeugen bestehende Möglichkeit, eine religiös neutrale Bekräftigungsform zu wählen, erfüllt den nach dem Verständnis unseres Grundgesetzes zwangsläufigen Verzicht auf sakrale Handlungen im staatlichen Bereich. Diese Regelung der Eidespflicht entspricht den Forderungen des Art. 4 Abs. 1 des Grundgesetzes und erfüllt gleichzeitig die Forderungen des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1972.
Im Zusammenhang mit den Beratungen des Vierten Gesetzes zur Reform des Strafrechts war vor einigen Jahren im Sonderausschuß des Deutschen Bundestages für die Strafrechtsreform die Frage aufgeworfen worden, in welchem Maße kindliche Zeugen, zumal in Strafverfahren wegen Sexualkriminalität, im Gefolge der Durchführung des Ermittlungsverfahrens und der Hauptverhandlung weitere Schäden erleiden, die über die Schäden hinausgehen, die durch die Tat angerichtet worden sind. Dabei hat sich ergeben, daß die gerichtliche Praxis schädigende Einflüsse auf Kinder und Jugendliche durch Strafverfahren in den Fällen annimmt, in denen es um Sittlichkeitskriminalität und um Roheitsdelikte geht. Wir haben in dem Gesetzentwurf versucht, diese Dinge zu regeln. Die Vorschläge vermindern die Gefahren für kindliche Zeugen im Strafprozeß weitgehend, ohne gleichzeitig das Prinzip der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme zu verletzen und dem Angeklagten die Gelegenheit zu nehmen, sich nachdrücklich gegen den Schuldvorwurf zu wehren.
Als letztes weise ich auf das Gerichtsverfassungsgesetz hin, das auch nach unseren Vorstellungen geändert werden soll, und zwar in einem Fragenbereich, der drei Einzeländerungen umfaßt. Ihnen ist gemeinsam, daß sie es besser als bisher erlauben werden, gegen Personen vorzugehen, deren Anliegen es ist, die Hauptverhandlung im Strafverfahren zur Szene für politische Clownerie und Schlimmeres zu machen.
Lassen Sie mich zusammenfassend sagen: Der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages hat in kurzer Zeit, aber nach soliden Beratungen wesentliche Beschlüsse gefaßt, die die weitere Funktionsfähigkeit unseres Rechtsstaates garantieren. Die Tatsache, daß dies fast ausnahmslos einstimmig geschehen konnte, läßt hoffen. Für meine Fraktion bitte ich um Zustimmung auch in dritter Lesung.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0713800200
Das Wort hat der Abgeordnete Kunz (Berlin).

Gerhard Kunz (CDU):
Rede ID: ID0713800300
Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Wir beraten heute in dritter Lesung den Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Ersten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts. Diesem Entwurf liegen sowohl der Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts, den die Bundesregierung eingebracht hat, als auch der Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der Rechtspflege zugrunde. Der Rechtsausschuß hat die Entwürfe zusammengefaßt.
Sie, Herr Kollege Gnädinger, haben darauf hingewiesen, welche Fülle von Vorschriften beraten wurde, und zwar, wie auch ich hinzufügen kann, mit großer Gründlichkeit und Sorgfalt. Sie haben darauf hingewiesen, daß es sich im einzelnen um Änderungen der Eidesvorschriften sowie um Maßnahmen zum Schutze kindlicher und jugendlicher Zeugen in Strafverfahren handelt, Sie haben auf die
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Kunz (Berlin)

Präzisierung der Voraussetzungen hingewiesen, unter denen ohne den Angeklagten verhandelt werden kann, und nicht zuletzt haben wir in diesem Entwurf die Probleme des Verteidigerausschlusses geregelt. Hier allerdings, Herr Kollege Gnädinger, gibt es erhebliche Differenzen, und ich möchte diese dritte Lesung benutzen, um gerade zu diesem Komplex schwerpunktartig zu sprechen.
Ich erinnere mich, daß es die CDU/CSU war, die im Mai 1973 hier im Haus einen Antrag eingebracht hat, wonach es vordringlich ist, gesetzliche Regelungen für den Ausschluß von Verteidigern zu schaffen.

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

Dem war nicht nur diese unsere Erkenntnis vorausgegangen, daß dies sehr notwendig ist, sondern auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, und dies wiederum erhebliche Zeit vorher. In diesem Urteil hieß es, daß gesetzliche Grundlagen

(Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU] : Unverzüglich!)

geschaffen werden müßten, um hier unverzüglich die dringend notwendigen Regelungen vorzunehmen. Dessenungeachtet kam die Vorlage der Regierungskoalition sehr spät,

(Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

und sie wurde dann sehr zögernd behandelt. Bereits bei den Beratungen eines sogenannten ersten Strafverfahrensrechtsreformgesetzes — diese vielen Reformismen hintereinander auszusprechen ist manchmal nicht ganz unbeschwerlich — haben wir darauf hingewiesen, daß vordringlich dieses Problem, nämlich auf geordneter, gesetzlicher Grundlage Ausschlußtatbestände bei Verteidigermißbrauch zu schaffen, zu lösen ist. Dennoch kam es erst in diesem Monat — wenngleich, wie ich noch einmal bestätigen möchte, sehr gründlich, sehr eingehend und sehr ausführlich und unter Einbeziehung eines Hearings mit Sachverständigen — zu den Beratungen.
Die Regierungskoalition war bereit, eine Bestimmung über den Ausschluß eines Verteidigers für den Fall zu treffen, daß dieser an der Tat, die den Gegenstand der Untersuchung bildet, beteiligt ist oder eine Begünstigung oder Hehlerei begeht. Die Regierungskoalition war jedoch nicht bereit — und dies ist für uns einer der wesentlichen Punkte —, einen Ausschlußtatbestand für den Fall einzuführen, daß ein Verteidiger mit rechtsmißbräuchlichen Mitteln die geordnete Durchführung der Hauptverhandlung absichtlich und gröblich gefährdet und die Ausschließung erforderlich ist, um weiterer Gefährdung zu begegnen. Dann, wenn eine solche Fülle von Korrektiven in eine solche Bestimmung eingebaut ist, von einem Generaltatbestand, noch dazu von einem allgemeinen Generaltatbestand zu sprechen, wie Sie, Herr Gnädinger, es getan haben, ist schlechthin unmöglich. Die Vorschrift ist präzis, die Vorschrift ist praktikabel, und die Vorschrift stellt ein unverzichtbares Instrument dar, um den Exzessen, die wir in der letzten Zeit gerade im Bereich der
Baader-Meinhof-Bande erlebt haben, wirksam zu begegnen.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

Nicht nur daraus, aber auch daraus ergibt sich ihre Unverzichtbarkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich kurz aufführen, wo die Wirksamkeit einer solchen Vorschrift beginnt. Sie beginnt dort, wo ein Verteidiger sich nicht nur inhaltlich sachfremd bewegt, sondern auch formell unzulässig seine Rechte wahrnimmt. Ich denke an die Wiederholung bereits abgelehnter Anträge mit genau derselben Begründung bei genau derselben Sachlage — ein geübtes Mittel besonders gravierender Verschleppungstaktik, das von einzelnen Verteidigern immer wieder grob rechtsmißbräuchlich bemüht wird. Ich denke insbesondere aber auch daran, daß — wiederum einzelne — Strafverteidiger den Eindruck erweckt haben, daß sie auch vermittels Straftaten rechtsmißbräuchlich in das Verfahren eingreifen. Hier muß insbesondere an gröbliche Beleidigungen, an Tätlichkeiten und an Drohungen gegen die Richter gedacht werden.
Zu dieser Fallgruppe gehört insbesondere die Beteiligung des Verteidigers — dies ist an und für sich ein Kuriosum in sich — an der von seinem Mandanten betriebenen Fortführung einer kriminellen Bande oder Vereinigung. Gerade dieser Fall verlangt unsere erhöhte Aufmerksamkeit, und hier, Herr Kollege Gnädinger, werden die Auseinandersetzungen nicht nur rechtlich, sondern auch politisch, und sie müssen rechtlich und politisch geführt werden. Wenn man hier einwenden wollte, daß in diesen Fällen der Beteiligung eines Verteidigers an der Fortführung einer kriminellen Bande oder Vereinigung mit jenem Ausschlußtatbestand geholfen werden könne, der den Ausschluß dann vorsieht, wenn eine Tatbeteiligung gegeben ist, so muß ich im Hinblick auf die Praxis sagen: leider weit gefehlt! Der engere Tatteilnahmebegriff, die Notwendigkeit, den Begünstigungsvorsatz eindeutig und zweifelsfrei nachzuweisen, machen eine solche Vorschrift, wie wir sie für geboten erachten und wie wir sie durchsetzen werden — wenn nicht in diesem Verfahren, dann in einem anderen, auf das ich noch zu sprechen kommen werde —, unerläßlich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist eingewandt worden, ein solcher Ausschließungstatbestand könne nicht klar gefaßt werden, insbesondere könne die Gefahr entstehen, daß zulässige Verteidigerhandlungen von unzulässigen nicht hinreichend abgegrenzt werden können. Ich stelle in diesem Zusammenhang für meine Fraktion fest: Die Ausschließung eines Verteidigers soll durch unsere Mißbrauchsvorschrift nur vorgesehen werden, wenn ein Verteidiger mit rechtsmißbräuchlichen Mitteln die ordnungsgemäße Durchführung der Hauptverhandlung zu sabotieren versucht hat und die Gefahr der Wiederholung besteht. Dies sind rechtsstaatlich absolut einwandfreie Kriterien,

(Beifall bei der CDU/CSU)

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Kunz (Berlin)

insbesondere wenn man bedenkt, daß eine Wiederholungsgefahr ohnehin nur angenommen werden kann, wenn entsprechende bestimmte Tatsachen zur Stützung der Annahme einer solchen Gefahr dahinterstehen. Zudem wäre eine solche Vorschrift, wie wir sie im Auge haben, nur dann zu verstehen, wenn nicht mit geringeren Mitteln, in voller Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, der Verfahrenssabotage, und zwar krassesten Fällen der Verfahrenssabotage, entgegengewirkt werden kann.
Ich möchte in diesem Zusammenhang klarstellen, daß eine solche Vorschrift, wie wir sie im Auge haben, sich selbstverständlich nicht gegen die Anwaltschaft richtet. Eine solche Vorschrift richtet sich selbstverständlich nicht gegen den Verteidiger, der oft unbequem sein muß, um seine Rechte als Verteidiger voll wahrzunehmen. Darin liegt gerade zum Teil seine Bedeutung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte mir — Frau Präsidentin, mit Ihrer Genehmigung — gestatten, kurz den Begriff des Verteidigers aus dem Kommentar von Kleinknecht zur Strafprozeßordnung in der 29. Auflage hier in die Debatte einzufügen. Aus diesem Begriff ergeben sich eindrucksvoll die Rechte des Verteidigers, aber auch die Grenzen. Ich möchte mit Ihrer Genehmigung, Frau Präsidentin, zitieren:
Der Verteidiger ist ein unabhängiges, selbständiges, dem Gericht und der Staatsanwaltschaft gleichgeordnetes, dem Beschuldigten zur Seite stehendes Organ der Rechtspflege, der nicht zur Unparteilichkeit, sondern in seiner Schutzaufgabe gegenüber dem Beschuldigten zur Einseitigkeit gegenüber den Strafverfolgungsbehörden und dem Gericht verpflichtet ist.
Dies alles bejahen wir. An all diese Begrifflichkeiten knüpfen wir an, und daraus ergeben sich die Grenzen. Diese Grenzen hat unsere Rechtsmißbrauchsvorschrift im Auge und nur diese.

(Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Sehr gut!)

Die Vorschrift richtet sich also gegen vereinzelte Verteidiger, die die Grenzen der Rechtsstellung eines Verteidigers, die ich als selbstverständlich bezeichnen möchte, absichtlich und gröblich überschreiten.

(Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU 'CSU] : Eine Rechtsstellung, keine Unrechtsstellung!)

Überschreitungen dieser Art — ich habe einige Beispiele genannt — sind mit der Stellung eines Rechtsanwalts und Verteidigers als unabhängiges Organ der Rechtspflege unvereinbar. Ich möchte hinzufügen: Einem Verteidiger, der derart handelt, der derartige Unrechtsakte begeht, fehlt die Legitimation für sein Handeln, und wir zeigen nur diese Grenzen auf.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es erscheint mir keinesfalls zufällig, daß die Strafrechtskommission des Deutschen Richterbundes eine solche Vorschrift, Sanktionsmöglichkeiten bei
Rechtsmißbräuchen vorzusehen, dringend empfohlen hat. Diesen Sachverstand, Herr Kollege Gnädinger, machen wir uns nicht nicht zunutze, wie Sie gesagt haben, sondern gerade zunutze, um diese unsere Vorschrift in den Zusammenhang zu stellen mit Notwendigkeiten einer geordneten Rechtspflege.

(Beifall bei der CDU/CSU — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das weiß der Herr Gnädinger nicht!)

Die Koalition — und hiermit komme ich zum zweiten für uns gravierenden Punkt — hat es sodann abgelehnt, eine Überwachung des Verkehrs des Beschuldigten mit dem Verteidiger für den Fall vorzusehen, daß der Beschuldigte oder der Verteidiger den Verkehr dazu mißbraucht, Straftaten zu begehen oder deren Begehung zu fördern, die Sicherheit in einer Vollzugsanstalt zu gefährden oder die Ordnung in einer solchen Anstalt erheblich zu stören. Die Koalition — und hier muß man wirklich sehr darüber nachdenken — hat die Schaffung einer entsprechenden Überwachungsvorschrift abgelehnt, obwohl die Konferenz der Justizminister einhellig eine solche Vorschrift für geboten erachtet hat, also auch, Herr Gnädinger, Ihre Länder. Und ich höre gerade, daß ein von Ihrer Partei regiertes Land, das bestimmt zuallerletzt in dem Verdacht steht, etwa erzkonservativ zu sein, die Wiedereinführung einer solchen Überwachungsvorschrift für geboten hält.

(Zuruf von der CDU/CSU: Hessen!) -- So ist es. Ich habe das jedenfalls so gehört.


( wohl Sie, Herr Bundesjustizminister, eine solche Vorschrift ebenfalls für erforderlich gehalten haben und sogar das Bundeskabinett einen entsprechenden Beschluß gefaßt hat. Insbesondere die Sondersitzung des Innenausschusses am Bußund Bettag — ich habe als Mitglied des Rechtsund Verfassungsausschusses daran teilnehmen können — hat ergeben, I daß der Bundesinnenminister und der Bundesjustizminister gleichermaßen im Sinne effektiver Sanktionen eine Überwachungsvorschrift für unerläßlich gehalten haben; und dies ist auch in mehreren Interviews in Fernsehen, Rundfunk und Presse nachdrücklich vertreten worden. (Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Das ist als streng rechtsstaatlich bezeichnet worden!)

— Und als streng rechtsstaatlich bezeichnet worden, wobei darüber, daß dies nur mit streng rechtsstaatlichen Mitteln durchgeführt werden soll, überhaupt kein Zweifel bestehen kann.
Die Ablehnung — und diese Schlußfolgerung ziehe ich daraus — stellt somit nicht nur einen falschen Entschluß in der Sache, sondern zugleich eine eklatante Konfrontation der Koalition mit dem Bundesjustizminister dar. Ja, wir müssen das so würdigen, Herr Minister.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zum Ausgleich dessen scheint die Koalition es für nötig gehalten zu haben, es gut zu heißen, daß Sie, Herr Minister, den früheren Bundespräsidenten
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Kunz (Berlin)

Dr. Heinemann gebeten haben, einen Brief an Frau Meinhof zu richten. Wir sind betroffen über die Einseitigkeiten in diesem Brief von Dr. Heinemann. Wir vermögen in diesem Brief kein Wort über die kriminellen Aktivitäten der Baader-Meinhof-Bancle zu erkennen und insbesondere kein Wort über die Steuerung krimineller Aktivitäten aus den Gefängniszellen. Wir sehen die Gefahr, daß auf Grund bestimmter Formulierungen dieses Briefes verschiedentlich der Eindruck entstehen könnte — sicherlich nicht gewollt —, die Motive der Bandenmitglieder seien in moralische und ethische Kategorien einzuordnen. Dem widersprechen wir ganz entschieden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bei der Schaffung von Vorschriften gegen den Mißbrauch der Verteidigerrechte wäre es höchst wünschenswert gewesen, ein hohes Maß an Gemeinsamkeit in diesen wichtigen rechtspolitischen Vorstellungen zu erreichen. Die Koalition, Herr Minister, hat diese Ihre Ansätze, die wir erkennen, blockiert.
Und nun zur Begründung eben dieser Überwachungsvorschrift, wie sie Ihr Haus, Herr Bundesjustizminister, selbst vorgenommen hat! Ich zitiere wiederum, Frau Präsidentin, mit Ihrer Genehmigung aus der Begründung der Formulierungshilfe der Bundesregierung selbst:
In jüngster Zeit — so heißt es —
verstärken sich die Anzeichen dafür, daß einzelne Verteidiger in zunehmendem Maße das ihnen zugestandene Recht auf unbehinderten Verkehr mit den Beschuldigten zu Zwecken mißbrauchen, die mit der Stellung eines Anwalts als Organ der Rechtspflege unvereinbar sind. So besteht Grund zu der Annahme, daß insbesondere Anwälte, die als Verteidiger von mutmaßlichen Angehörigen einer kriminellen Vereinigung tätig sind, die ihnen vom Gesetz eingeräumten Rechte dazu benutzen, um den Kontakt der Mitglieder der kriminellen Vereinigung untereinander aufrechtzuerhalten und die Begehung von weiteren Straftaten zu fördern.
Der Rechtsstaat
— so heißt es dann weiter —
kann es aber nicht dulden, daß die dem Beschuldigten und seinem Verteidiger zur Vorbereitung einer umfassenden Verteidigung eingeräumten Rechte zum Angriff gegen die bestehende Rechtsordnung und zur Gefährdung der Sicherheit der Bürger mißbraucht werden.

(Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Das ist genau unsere Meinung.
Deshalb ist der Widerspruch, der sich ergibt, Herr Justizminister, nur damit zu erklären, daß Ihre Vorstellungen — die sich insoweit mit unseren gedeckt haben — offensichtlich aus Ihrer Mitte heraus Korrekturen erfahren haben und vielleicht aus Gründen, die wir nicht beurteilen können, die in Umständen bei Ihnen liegen, erfahren mußten.

(Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU]: Ich würde sagen, die linken Gruppen haben sich wieder einmal durchgesetzt!)

— Dies leider ist, Herr Kollege Carstens, zu befürchten.
Die Koalition hat anstelle eines abgelehnten Überwachungstatbestandes einen Ausschlußtatbestand geschaffen. Nun könnte man meinen — der Herr Kollege Gnädinger hat sich bemüht, dies hier argumentativ zu rechtfertigen —, im Grunde genommen sei beides annähernd dasselbe, nein, noch darüber hinausgehend: das schärfere Mittel sei der Ausschlußtatbestand. Ich kann nur sagen, Herr Kollege Gnädinger, Sie wissen doch genausogut wie viele andere und wie ich, daß der Ausschlußtatbestand ein Verfahren zur Grundlage hat, das sehr schwerfällig ist, das über das Oberlandesgericht vollzogen wird und das nicht so zügig durchgeführt werden kann wie die Anordnung einer Überwachung. Sie wissen, Herr Kollege Gnädinger, wie ich, daß der dringende Tatverdacht, den Sie für unerläßlich halten in diesem Zusammenhang, damit ausgeschlossen werden kann, wenn das Verkehrsrecht mißbraucht wird, um Straftaten zu begehen, in vielen Fällen schwer erhärtbar sein wird.
Deshalb muß ich — mit dem Justizminister von Baden-Württemberg — sagen: Sie schaffen, wenn Sie nur einen Ausschlußtatbestand schaffen, eine stumpfe Waffe. Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, daß darin Sinn sein kann, eine stumpfe Waffe zu schaffen. Wir halten es für geboten, gerade hier effektive Vorschriften zu geben.
Insbesondere weisen wir darauf hin, daß ohnehin nicht einmal in Ihrer Ausschlußbestimmung, Herr Kollege Gnädinger, die Fälle einer Sicherheitsgefährdung als solche enthalten sind. Sie verlangen „erhebliche Gefährdung der Sicherheit", und da kann ich nur sagen: Sicherheit ist ein so hohes Rechtsgut, daß, wenn sie gefährdet ist, man nicht verlangen kann, daß sie erheblich gefährdet sein muß, um eingreifen zu können.

(Beifall bei der CDU/CSU) Dies ist das eine, was hinzukommt.

Das zweite! Sie haben es abgelehnt, einen Ausschlußtatbestand, geschweige denn eine Überwachungsregelung, für den Fall einzuführen, daß es zu einer erheblichen Störung der Ordnung in einer Vollzugsanstalt kommt. Hier liegt der praktisch bedeutende Bereich. Hier liegt ein Vorfeld, das Aktivitäten und Exzesse gezeigt hat, die uns in letzter Zeit ständig beschäftigt haben und uns weiter beschäftigen werden. Ich brauche eigentlich nicht daran zu erinnern: Kassiberdienste waren an der Tagesordnung, sogenannte Zellenzirkulare firmierten als Verteidigerpost, zum Hungerstreik, ja in vereinzelten Fällen zu Durststreiks wurde ermuntert. Hier muß eine Vorschrift geschaffen werden, die dem zu begegnen versucht. Wir wissen natürlich auch, daß dies sehr schwer ist. Aber wer sich nicht einmal bemüht, den Versuch in diesen wichtigen prak-
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Kunz (Berlin)

tischen Bereichen zu machen, dem muß man vorhalten, ob er die Verantwortung übernehmen will, wenn — von ihm sicherlich nicht gewollt — weitere Eskalationen eintreten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir werden trotz dieser erheblichen Bedenken dem Entwurf eines Gesetzes zustimmen,

(Lachen bei der FDP)

— Ja, Herr Kollege Kleinert, die Freude kommt sicherlich auch für Sie noch nach. Wir stimmen zu, weil wir sagen, wir wollen, ehe gar nichts geschieht, diese Minimallösung.
Ich möchte ankündigen, daß wir in diesem Haus alsbald einen Entwurf einbringen werden, mit dem Sie sich erneut zu befassen haben werden. Dieser Entwurf wird zwei Kernbestimmungen enthalten: erstens eine Ausschlußtatbestandsformulierung bei Verwendung rechtsmißbräuchlicher Mittel und zweitens eine geeignete Überwachungsvorschrift. Dies sind unerläßliche Forderungen, hinter denen breite Teile unserer Öffentlichkeit stehen.

(von Schoeler [FDP] : Rechtspolitik nach dem gesunden Volksempfinden!)

— Nein, nein! Herr von Schoeler, sofern Sie diesen Zwischenruf überhaupt ernst gemeint haben — ich glaube, daß Sie dies nur einmal dazwischenrufen wollten —, sofern von anderer Seite ernsthaft ein solcher Vorwurf an uns gerichtet werden sollte, so muß ich sagen: Gerade wir haben die Rechtsstaatlichkeit im Auge, und wir wollen nicht, daß einzelne Verteidiger diese Rechtsstaatlichkeit kaputtmachen, ihre Rechte mißbrauchen, um diesen unseren Staat erheblich zu gefährden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es geht überhaupt nicht um die Anwaltschaft als solche, sondern es geht um jene vereinzelten, die den ganzen Stand in erheblichen Mißkredit gebracht haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich kann hier nur an die Anwaltschaft appellieren, daß zusätzlich Maßnahmen getroffen werden können, um hier — selbstverständlich in aller Rechtsstaatlichkeit — reinigend zu wirken. Wir stimmen also im Sinne von Minimallösungen, die uns vorgelegt worden sind, zu.
Ich möchte abschließend begrüßen, daß alsbald zu den Ausschlußtatbeständen zusätzlich Vorschriften unseres Entwurfes eines Gesetzes zum Schutz der Rechtspflege Gesetz werden können. Wir möchten unseren Ländern danken, daß auf Grund ihrer Entschiedenheit auf der Grundlage des Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der Rechtspflege die Bundesregierung schließlich bewegt wurde, die Initiative mit zu tragen. Wir werden in diesem Zusammenhang Maßnahmen ergreifen können — insofern erfreulich einvernehmlich —, um der bedrohlichen Zunahme der Störungen von Hauptverhandlungen, insbesondere durch extremistische Gruppen, zu begegnen, Ausschreitungen wirksam und angemessen entgegenzutreten. Die sitzungspolizeilichen Rechte des Vorsitzenden werden gestärkt
werden, der gesetzliche Rahmen für die Verhängung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft gegenüber Störungen wird erweitert.
Meine Damen und Herren, der Rechtsstaat muß das Recht und vor allem die Instrumente haben, sich verteidigen zu können, und zwar wirksam.

(Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Sehr gut!)

Wir hoffen, daß dieser Entwurf, ein entsprechender Beschluß des Deutschen Bundestages und weitere Maßnahmen, die wir als Opposition verfolgen werden, dazu beitragen werden, dem Rechtsstaat diese Instrumente zu schaffen. Der Rechtsstaat darf nicht schwach und schon gar nicht hilflos erscheinen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir bekräftigen hier, dahin wirken zu wollen, daß sich der Rechtsstaat zu wehren weiß.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0713800400
Das Wort hat der Abgeordnete Wehner.

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0713800500
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Kollegen Kunz veranlassen mich, hier namens der sozialdemokratischen Fraktion Kenntnis von der Entschließung zu geben, die gestern die sozialdemokratische Bundestagsfraktion zu den hier apostrophierten Äußerungen bzw. dem Brief des Altbundespräsidenten Dr. Heinemann gefaßt hat:
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion respektiert und begrüßt den persönlichen Schritt Gustav Heinemanns. Dieser von hohem Verantwortungsgefühl getragene Schritt zielt ersichtlich darauf ab, Menschen zur Besinnung zu rufen, die sich in Schuld und Haß verstrickt haben und durch ihr Tun den Frieden der Gemeinschaft auch noch in den Vollzugsanstalten schwer belasten.
Gleichzeitig unterstreichen die Feststellungen Heinemanns gegenüber jedermann im In- und Ausland,
— daß es für den Hungerstreik keinerlei vernünftigen Grund gibt,
— daß er ohne jede Erfolgsaussicht ist und
— daß trotz aller medizinischen Anstrengungen niemand durch Zwangsernährung gegen seinen Willen auf Dauer am Leben erhalten werden kann.
Diese Klarstellungen sind nach der Überzeugung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion sehr geeignet, in fühlbarer Weise zum Abbau von Emotionen und zu der Versachlichung der Atmosphäre beizutragen, die zur Bewahrung und Verteidigung unserer rechtsstaatlichen Ordnung dringend erforderlich ist.

(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9507

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0713800600
Das Wort hat der Abgeordnete Kleinert.

Detlef Kleinert (FDP):
Rede ID: ID0713800700
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich bin sehr dankbar, daß Herr Kollege Kunz Gelegenheit genommen hat, teilweise mit seinen Worten, aber, wie ich sagen möchte, noch deutlicher zwischen den Zeilen und mit gelegentlichen Versprechern und Ausrutschern klarzulegen, wo hier der Dissens der heutigen Debatte zwischen Opposition und Regierungsparteien liegt. Herr Kunz, Ihnen ist einiges unterlaufen, was Sie voraussichtlich erst beim Durchlesen des Protokolls feststellen werden. Sie haben z. B. zum Schluß gesagt: „Störungen, insbesondere von extremistischen Gruppen, wollen wir entgegenwirken." Da frage ich mich doch, warum Sie insbesondere Störungen von extremistischen Gruppen entgegenwirken wollen. Wir wollen gegen jede Störung vorgehen, gegen absolut jede Störung.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0713800800
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kunz?

Detlef Kleinert (FDP):
Rede ID: ID0713800900
Bitte sehr, Herr Kunz.

Gerhard Kunz (CDU):
Rede ID: ID0713801000
Herr Kollege Kleinert, ist Ihnen bekannt, daß es schwierig war, gerade solchen Störungen zu begegnen, die durch extremistische Gruppen veranlaßt wurden, und daß es einfacher war, anderen Störungen zu begegnen? Muß nicht in allen Fällen Störungen begegnet werden, auch dann, wenn es besonders schwierig ist?

(Zuruf des Abg. Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] )


Detlef Kleinert (FDP):
Rede ID: ID0713801100
Herr Kunz, ich glaube, Sie merken tatsächlich selbst nicht, wo das eigentliche Problem liegt: Den Rechtsstaat mit rechtsstaatlichen Mitteln zu verteidigen, das ist doch das, worum wir uns in diesen Wochen sehr viele Gedanken machen mußten.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Eine salvatorische Klausel ist hier vorhin erwähnt worden. Es ist allen Ernstes gesagt worden, irgendein Justizminister hätte zu seinem Vorschlag gesagt, das wäre streng rechtsstaatlich.

(Zurufe von der CDU/CSU: Ist das „irgendeiner", der da sitzt?)

— Ich habe das in dem Zusammenhang nicht so verstanden, daß es sich um den Herrn Bundesminister der Justiz handelt. Das gilt aber für jeden Teilnehmer an dieser Diskussion im jetzigen Stand, ob Landes- oder Bundesjustizminister oder Abgeordneter dieses Hauses, daß er blitzschnell nach seinem Vorschlag den Satz nachschiebt, gerade damit werde in besonderem Maße die Rechtsstaatlichkeit gewahrt. Diese salvatorische Klausel, diese rein verbale Bekundung hilft uns natürlich bei dem eigentlichen Problem, ob die Rechtsstaatlichkeit wirklich gewahrt ist, nicht weiter.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0713801200

( eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Vogel? Herr Kollege Kleinert, sollte Ihnen wirklich entgangen sein, daß es der aus Ihrer Partei stammende Bundesinnenminister gewesen ist, der zu den Formulierungsvorschlägen der Bundesregierung bemerkt hat, daß sie streng rechtsstaatlich seien? Herr Kollege Vogel, ich bestreite auch keinem derjenigen, die das in den letzten Wochen zu jedem Ihrer Vorschläge gesagt haben, daß sie das so glauben. Ich unterstelle sogar, daß es so sein mag. Ich wehre mich nur dagegen, durch derartige formale Nachschiebsel und. Beteuerungen den Blick von der Ernsthaftigkeit der Diskussion wegzulenken. In der Diskussion geht es um den Punkt, den Herr Kunz hier angesprochen hat, beispielsweise die entscheidende Frage der Überwachung. Herr Kunz, ich sprach von den Tönen zwischen den Zeilen, die ich bei Ihnen gehört habe. Sie haben z. B. gesagt, gegen das Ausschlußverfahren als wirksames Mittel zu dem von uns gemeinsam angestrebten Zweck spreche unter anderem, daß es ein schwerfälliges Verfahren sei, in das das Oberlandesgericht eingeschaltet werden müsse. Die Überwachung müsse zügig angeordnet werden können. Zügig angeordnet werden können: darin liegt doch gerade wieder das Problem der Rechtsstaatlichkeit. Wer ordnet zügig an? Zügig ordnet im Drange der Geschäfte der Vorsitzende eines Spruchkörpers an, der von Angeklagten und unter Umständen leider auch von Verteidigern bedrängt wird, die sich nicht so verhalten, wie man es als Vorsitzender normalerweise gewöhnt ist, sondern die erhebliche Schwierigkeiten machen und dadurch natürlich auch eine Streßsituation herbeiführen, z. B. für den Vorsitzenden, der dann eine solche Entscheidung zu fällen hat. Das ist einer von mehreren Gründen, die uns dazu gebracht haben, im Gegensatz zu Ihren ursprünglichen Vorstellungen für das Ausschlußverfahren die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts und nicht des .Prozeßgerichts vorzusehen. Weiter ist das einer der Gründe, warum wir glauben, daß wir — bei allem Verständnis für die schwierigen Situationen, die in den Gerichtssälen entstehen — das Verfahren genauer formulieren und genauer unter Kontrolle behalten müssen, als das bei einem Ausschluß ad hoc im Gerichtssaal, so wie Sie es wollen, der Fall sein könnte. Ferner gibt es die Frage der Überwachung des Verteidigerverkehrs. Herr Kunz, Sie haben hier einen gängigen Kurzkommentar benutzt, um mit der Genehmigung der Frau Präsident Ihr Bild von der Rolle des Strafverteidigers darzulegen. Ich glaube, die meisten derjenigen, die die Diskussion der letzten Wochen mitgemacht haben, brauchen Kleinert jetzt und schon seit Jahren nicht einen Kurzkommentar für ihr Bild von der Rolle des Strafverteidigers als eines Organs der Rechtspflege, sondern sie haben ein sehr fest umrissenes Bild von der hohen Verantwortung, den erheblichen Anfechtungen und Versuchungen und den Leistungen, die die überwiegende Zahl der Strafverteidiger im Rahmen dieses uns seit langem in vielen Facetten bekannten Berufsbildes erbringen. Das ist für uns der Ausgangspunkt der Überlegungen, hier einen so schwerwiegenden Schritt zu tun, wie das Gespräch zwischen dem Verteidiger und dem Angeklagten, zwischen dem Verteidiger und seinem Mandanten überwachen zu lassen, durch welche dritte Personen auch immer. Die Vertrauensrolle, die von der Mehrzahl der insgesamt 25 000 Rechtsanwälte in dieser Republik aufgebaut worden ist gegenüber den Mandanten und allen, die gar nicht in ein Strafverfahren verwickelt sind, sondern mehr oder weniger unbewußt zur Kenntnis nehmen, daß diese Verfahren in aller Regel einen ordentlichen Verlauf nehmen und zu möglichst gerechten Ergebnissen führen, weiß man, zumal wenn sie nicht besonders in Erscheinung tritt, zu würdigen. Sie kennen auch die spektakulären Fälle, wo der uneigennützige Einsatz von Verteidigern im Wiederaufnahmeverfahren schließlich zur Beseitigung sicheren oder zumindest stark zu vermutenden Unrechts geführt hat. All diese Dinge muß man erst einmal als Hinter)

Friedrich Vogel (CDU):
Rede ID: ID0713801300
Detlef Kleinert (FDP):
Rede ID: ID0713801400

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das machen Sie doch jetzt!)


(Beifall bei der FDP und der SPD)


(Beifall bei der FDP)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0713801500
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0713801600
Herr Kollege Kleinert, könnten Sie sich nicht auch denken, daß die Rolle des Verteidigers — Sie sprechen ja von Vertrauen — in ihrer Freiheit auch nur dadurch gewährleistet ist, daß die gesamte Rechtsordnung, die am Verfahren nicht beteiligten und die am Verfahren beteiligten Justizstellen das Vertrauen in den
Verteidiger haben müssen, daß er seine Rechte nicht mißbraucht?

(Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Detlef Kleinert (FDP):
Rede ID: ID0713801700
Diesem Gedanken, Herr Kollege Erhard, kann ich durchaus folgen. Dieser Gedanke ist die andere Seite des Spannungsverhältnisses, von dem ich die eine Seite soeben aufgezeigt habe. Nunmehr komme ich zu der anderen Seite, die Sie angesprochen haben.
Genau das kann auf diesem Wege auch geschehen. Jetzt muß ich bei dem Lösungsversuch, so, wie wir das getan haben, herauszufinden versuchen, wo die richtige Mitte liegt. Darum geht es ja immer. Es ist ja nicht so holzschnittartig einfach, Herr Professor Carstens, wie Sie das vorhin mit Ihrem Zwischenruf dargestellt haben, bei dem Sie vielleicht das Vorgeplänkel aus den Reihen hinter Ihnen nicht so ganz mitbekommen hatten. Deswegen war der Zwischenruf besonders lustig. So einfach ist es nicht.

(Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Es trifft nur den Kern der Sache, Herr Kollege Kleinert! — Dr. Wagner [Trier] [CDU/CSU] : Es wird von den Leuten verstanden! — Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

Mehrere Kollegen, die den Zusammenhang vielleicht besser erfaßt hatten als Sie — ich meine das rein akustisch —, haben herzlich geschmunzelt, als Sie die bösen Linken hier in Verdacht gebracht haben, an diesen Bestimmungen etwas verwässert oder verschlechtert zu haben. In diesem Zusammenhang ist
das mit dem „links" eine besonders gefährliche Geschichte.

(Zuruf des Abg. Dr. Klein [Göttingen] [CDU/ CSU])

Sie sind vielleicht als Fraktionsvorsitzender besonders dazu berufen, mehr das Holzschnittartige herauszustellen, für das Ihre Rechtspolitiker zunächst einmal hier im Hause und in den Ausschüssen die Vorbereitung treffen und das draußen, breit ausgewalzt, zu der Kampagne beiträgt, die wir seit langem Jahren kennen und

(Beifall bei der SPD und der FDP)

in der Sie immer wieder versuchen, zuächst Unruhe, Angstlichkeit und Befürchtungen zu wecken, um dann anschließend als der große Zampano, der alles wieder richten wird, in Erscheinung zu treten. Damit haben Sie, wie wir zugeben müssen, schon einige „Erfolge" erzielt, die Sie hoffentlich dazu verführen, auf diesem Weg besonders intensiv weiterzumachen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Herr Erhard, Sie hatten die Sache erheblich sachlicher und komplizierter angesprochen. Was ist nun zu tun, damit nicht die einigen wenigen Verteidiger hergehen können und das Vertrauen, das wir alle erhalten wissen wollen, verderben oder zumindest schmälern? Es war von der Justizministerkonferenz der Vorschlag gekommen — übrigens ein in keiner
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9509
Kleinert
Weise formulierter Grundsatzbeschluß —, in dem stand, was sein sollte, und mit dem dann der Bundesjustizminister — um diesem besonderen Gerücht etwas nachzugehen — gebeten worden war, eine Formulierung zu erarbeiten im Sinne dessen, was sich die Justizminister auf ihrer Konferenz ad hoc als Lösungsmöglichkeiten gedacht hatten.
Diesem Wunsch hat, wenn ich recht unterrichtet bin, der Bundesjustizminister entsprochen. Er hat wenige Tage später eine solche Formulierung vorgelegt. Wir haben dann alle zusammen Gelegenheit gehabt — sicher auch etliche der beteiligten Justizminister —, über das Problem weiter zu diskutieren.
Hier ist die Frage aufgeworfen worden, wer denn die Diskussion so beeinflußt habe. Wir haben natürlich auch die berufenen Vertretungen der Rechtsanwälte gehört, die hier in einem besonderen Maße berufen sind, uns ihren Rat zu geben, was uns noch lange nicht verpflichtet, diesem Rat auch zu folgen. Sie hätten seinerzeit bei dem von Herrn Kunz gerühmten Beschluß, etwas zu tun — was übrigens nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts sowieso zu geschehen hatte — in Sachen Verteidigerausschluß, das, was Sie hier als Anträge produzierten, als Entwurf vorlegen können. Ich habe mit Erstaunen gehört, daß Sie jetzt, nach Abschluß der Beratungen, mit dem Gedanken umgehen, einen Entwurf vorzulegen. Vor Jahresfrist, im Mai 1973 — dieser berühmte frühe Termin —, haben Sie die Bundesregierung aufgefordert, etwas zu tun. Das hat den großen Vorteil, daß man das sehr schnell
absetzen kann und daß man die Problematik des Einzelfalles mit einem solchen Antrag nicht zu berühren braucht. Ich verstehe das.

(Zuruf des Abg. Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU])

Aber wenn Sie damals z. B. etwas Ausformuliertes, auch nur soweit ausformuliert wie die Anregung der Justizministerkonferenz, vorgelegt hätten, hätte die ganze Diskussion, die wir in den letzten Wochen in aller Eile und unter allem Druck führen mußten, schon die ganzen eineinhalb Jahre hindurch geführt werden können. Wir hätten uns nicht so schwergetan, jetzt hier die richtigen Mittel zu finden.

(Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : Mit anderen Worten: Wenn die Opposition die Aufgabe der Regierung erfüllt hätte, dann wäre alles in Ordnung! Dann wechseln wir doch!)

— Herr Lenz, dann müssen Sie sich immer noch Mühe geben, sehr viel Mühe geben, und wir werden uns bemühen darzulegen, daß wir uns auch Mühe geben. Wir werden versuchen, der Bevölkerung klarzumachen, daß sie nicht gut beraten ist, wenn sie sich immer gleich von denen helfen oder Ratschläge andienen läßt, die ein spektakuläres Ereignis benutzen, um darauf auf der Stelle den nächsten Suppentopf zum Kochen zu bringen;

(Beifall bei der FDP und der SPD)

sondern daß sie auf die Dauer besser beraten ist,
wenn sie auf die vertraut, die sich ohne Rücksicht
auf spontane öffentliche Zustimmung und ohne Rücksicht auf ebenso populäre wie oberflächliche Forderungen dazu durchringen, den Dingen im Einzelfall sachlich auf den Grund zu gehen.
Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang noch sehr lebhaft an die Debatte im Jahre 1970 in diesem Hause über das Demonstrationsstrafrecht und das Demonstrationsstraffreiheitsgesetz.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

Einige der Abgeordneten, die damals an der Debatte
teilgenommen haben, sind auch jetzt anwesen, und
ich weiß ganz genau, was Sie damals gesagt haben.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Das müssen wir ja novellieren! — Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Da liegt doch ein Entwurf der Regierung vor?!)

— Wir werden es vermutlich nicht novellieren, Herr Stark. — Damals hat die CDU/CSU-Fraktion insgesamt gesagt: Wenn das Gesetz wird, was die Regierungsparteien vorgelegt haben, dann wird der Terror auf der Straße überhandnehmen, dann wird sich kein Polizist mehr durchsetzen können, dann wird kein Richter mehr Richter sein wollen; die Zustände werden chaotisch werden; das alles wird durch das von der Koalition vorgelegte — und später beschlossene — Gesetz gefördert oder gar erst bewirkt werden. Das haben Sie damals gesagt.
Nun kann man folgendes machen — das haben wir Ihnen übrigens damals auch schon zu prophezeien gewagt —: Man kann sich die Statistik der Entwicklung der Demonstrationen überhaupt ansehen und innerhalb dieser Statistik die Zahlen über den Anteil der unfriedlich verlaufenen Demonstrationen seit dem Jahre 1970 herausnehmen. Was Sie dann feststellen werden, ist ganz erstaunlich. Der Anteil der unfriedlichen Demonstrationen hat nach Verabschiedung dieses Gesetzes schlagartig abgenommen. Er ist auf einen Bruchteil der früheren Prozentzahlen zurückgegangen: etwa in 1970 — wenn ich mich recht erinnere —: 2500 Demonstrationen insgesamt, davon 800 unfriedlich; 1971: etwa 1800 Demonstrationen, davon 250 oder 300 unfriedlich. So ungefähr sind die Zahlen zu den Demonstrationen anteilig zurückgegangen.

(Widerspruch bei der CDU CSU)

— Sie machen da gerade so eine Kurvenbewegung, Herr Dr. Lenz. Ich muß Ihnen sagen: Die letzte Zahl ist so, daß zwar die Demonstrationen insgesamt gegenüber den Jahren davor wieder zugenommen haben — dagegen kann ein guter Demokrat ja wohl auch nichts einwenden; das steht so in unserem Grundgesetz —; aber der Anteil der unfriedlichen Demonstrationen ist trotz dieser Erhöhung im letzten Jahr weiter zurückgegangen.

(Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU, CSU] : Herr Kollege Kleinert, wenn Sie diese Zahlen betrachten, dann haben Sie auch die Erklärung für Ihr Wahlergebnis!)

— Wenn an einzelnen Orten aus einem Zusammenwirken der verschiedensten Unistände, deren Unter-
9510 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974
Kleinert
suchung mir an dieser Stelle nicht ansteht, derartige Zustände auftreten,

(Zuruf von der CDU/CSU: Laufend!)

wie z. B. in Frankfurt, und Sie mir dann entgegenhalten, das wäre die Erklärung für unser Wahlergebnis, kann ich Ihnen nur sagen: Ich habe Ihnen ja vorhin schon einmal erklärt, daß das die Erklärung für Ihr Wahlergebnis ist. Das ist doch das Problem.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Auch das stimmt, Herr Kleinert!)

— Ich möchte es nicht noch einmal wiederholen. Ich halte Sie für durchaus auffassungsfähig genug, um den Hinweis richtig zu verstehen.
Aber was will ich mit den Zahlen über die unfriedlichen Demonstrationen sagen? Ich will sagen: Wir können beweisen, daß unsere damalige abgewogene rechtspolitische Haltung, die wir durchgehalten haben unter Ihren heftigen Angriffen hier im Hause, dazu geführt hat, daß sich die Dinge langfristig zum Wohle aller gebessert haben. Das führen wir darauf zurück, daß wir damals klare Maßstäbe gesetzt und nur das strafbar gelassen haben, was man auch wirklich greifen kann.
Damit bin ich wieder bei der Nutzanwendung für unser heutiges Problem. Herr Kunz, Sie werden eben nicht klar genug abgrenzen können, und Sie werden im Druck der Hauptverhandlungen durch derartige Maßnahmen nicht erreichen, daß die Hauptverhandlungen friedlicher, vernünftiger und sachlicher ablaufen, sondern Sie werden erreichen, daß statt der Albernheiten, die jetzt vorkommen, noch schlimmere Auseinandersetzungen über den von Ihnen gewollten Ad-hoc-Ausschluß in Gang gesetzt werden. Da wird das Durcheinander erst richtig in Gang kommen, da wird erst richtig der Terror im Gerichtssaal offenbar werden. Sie werden das Allerschlimmste erreichen — genau das, was die kleine Gruppe der Terroristen sich wünscht —: nämlich daß die Betreffenden dann im Lande umhergehen, zumindest bei ihren Sympathisanten — das ist eine zur Zeit immer noch in der Abnahme befindliche Gruppe, die dann aber mit Sicherheit wieder zunehmen wird —, und sagen: Da ist uns ein faires Verfahren verweigert worden; diese sogenannten Demokraten halten sich nicht an ihre eigenen Spielregeln. Sie werden Solidarisierungsprozesse herbeiführen, und sie werden auf dem von Ihnen vorgeschlagenen Weg sogar Verfahrensmärtyrer schaffen und damit das Gegenteil von dem erreichen, was Sie wollten. Die Parallele zu der seinerzeitigen Auseinandersetzung über die Demonstrationsdelikte scheint mir hier überdeutlich zu sein.
Wir aber sind der Meinung gewesen, daß die Überwachung ein untaugliches Mittel ist. Denn ich weiß nicht, was der arme Überwacher tun soll, wenn da „Abrakadabra" gesprochen wird, wenn da Stichworte geheimnisvoller Art, die ebenso eine Veralberung, wie die Mitteilung eines Komplotts sein können, gewechselt werden. Wo soll der Herr hinlaufen?
Was soll er tun? Wie soll er die beiden auseinanderbringen, wenn sie sich die Hand geben und ein Kassiber den Besitzer wechselt? In Wirklichkeit ist die einzige Lösung die, in den Fällen, in denen man einen Beweis führen kann, ganz hart durchzugreifen und den betreffenden Verteidiger von dem gesamten Verfahren reinlich und radikal auszuschließen. Dazu gehören allerdings schärfere — aber nur etwas schärfere — Voraussetzungen, als Sie sie für die Maßnahme der Überwachung vorgesehen haben.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0713801800
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Erhard? — Bitte!

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0713801900
Herr Kollege Kleinert, ist Ihnen wirklich entgangen, daß die vorgeschlagenen Vorschriften nicht nur die körperliche Anwesenheit eines Richters beim Gespräch zwischen Verteidiger und Angeklagtem oder Beschuldigtem in der Haftanstalt zum Gegenstand haben, sondern auch die Möglichkeit, den Schriftwechsel zu überwachen, wenn der betreffende Verteidiger oder sonstige Absender mit der Überwachung, also mit dem Lesen der Briefe, nicht einverstanden ist? Warum wollen Sie eine solche Möglichkeit, mit der man sich einverstanden erklärt, ablehnen?

Detlef Kleinert (FDP):
Rede ID: ID0713802000
Ich bin nicht der Meinung, daß die Überwachung des Postverkehrs in gewissen Verdachtsfällen der Überwachung des persönlichen Verkehrs zwischen dem Verteidiger und seinem Mandanten gleichsteht. Ich wäre bereit, über eine Einschränkung des Postverkehrs bei einem weniger dringlichen Verdacht, als er für den Ausschluß aus dem Verfahren erforderlich ist, zu reden. Allerdings bin ich nach den Überlegungen der letzten Wochen nicht bereit, über die Frage der Überwachung der persönlichen Gespräche zwischen dem Verteidiger und seinem Mandanten zu reden. Das ist eine andere Qualität, das ist ein anderes Verhältnis. Deshalb schein mir das zwar eine Gelegenheit zu bieten, sich weiter zu unterhalten, aber nicht ein Beitrag zu der Frage zu sein, ob die Überwachung wirksam durchgeführt werden kann, ob sie den erstrebten Zweck erreicht oder ob der Schaden, der entsteht — ich habe mich vorhin bemüht, ihn in etwa anzudeuten —, viel größer ist. Wir sind der Meinung, Letzteres ist der Fall, und haben uns deshalb entschlossen zu sagen, weit hinausgehend über das, was ursprünglich von der Justizministerkonferenz gedacht war — auch das sollte doch bitte einmal deutlich gesehen werden —: Wenn diese Dinge vorkommen, wollen wir es nicht beim Überwachen und Mithören bewenden lassen, sondern dann sind wir auch bereit, den harten Schnitt des Ausschlusses zu machen, weil wir denjenigen, die so mißbräuchlich vorgehen, im Interesse des Ganzen, für das wir streiten, keinen Schutz zubilligen wollen und weil wir der Meinung sind, daß die andere Maßnahme nicht genügend greift und auch zu vorschnellen Entscheidungen verführt, weil sie scheinbar nicht so eingreifend ist. Wir sind der Meinung: Wenn schon, denn schon! Dann muß hart durchgegriffen werden; dann ist der Verteidiger für
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9511
Kleinert
dieses Verfahren auszuschließen. Damit sind wir über das hinausgegangen, was ursprünglich vorgeschlagen war, in der Erkenntnis, daß wir diejenigen, die wirklich mißbräuchlich handeln, hart treffen müssen, aber alle anderen und damit auch das Vertrauen der Öffentlichkeit in eben diese anderen nicht beeinträchtigen dürfen.
Das sind die Gründe, die wir wohl erwogen haben, die wir auch mit Ihnen besprochen haben. Ich wiederhole zum Abschluß meine Ansicht, daß unsere Diskussion erheblich unbelasteter verlaufen wäre, wenn sie ohne den verlockenden aktuellen Druck der Ereignisse der letzten Wochen stattgefunden hätte und damit ohne die Verlockung,

(Zuruf des Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] )

es den Verfertigern der Schlagzeilen in der „BildZeitung" recht zu machen und Dinge einzuführen, die den Forderungen der ersten Stunde in der Öffentlichkeit entsprechen, von denen Sie deshalb annehmen, sie würden von dieser Öffentlichkeit auch entsprechend honoriert werden. Wir sind dagegen der Meinung, daß wir der Herausforderung nicht nur verbalrechtsstaatlich, sondern gründlich durchdacht mit den angemessenen Mitteln begegnet sind und in Abwägung des nach wie vor bestehenden Interessenkonfliktes zwischen der Wahrung der Rechte des ordentlichen Verteidigers — das ist die überwiegende Zahl — und der Bekämpfung der Mißbräuche durch den unseriösen Verteidiger die richtige Entscheidung getroffen haben. Dementsprechend werden wir das Gesetz nun verabschieden.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0713802100
Das Wort hat Herr Bundesminister Vogel.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0713802200
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst eine Vorbemerkung. Der Herr Kollege Kunz hat zu dem bekannten Brief des Altbundespräsidenten Stellung genommen. Das dazu Erforderliche ist in der vom Herrn Kollegen Wehner mitgeteilten Entschließung der SPD-Fraktion bereits gesagt. Ich habe dem nichts hinzuzufügen außer einem Wort des Dankes für drei klare Feststellungen, die in diesem Brief getroffen worden sind. Es handelt sich um die klaren Feststellungen, daß es für den Hungerstreik keinerlei vernünftigen Grund gibt,

(Wehner [SPD] : Sehr wahr!)

daß er ohne jede Erfolgsaussicht ist und daß trotz aller medizinischen Anstrengungen niemand durch Zwangsernährung gegen seinen Willen auf Dauer am Leben gehalten werden kann. Diese von der persönlichen Autorität des Altbundespräsidenten getragenen Feststellungen bedeuten für die Justiz eine Hilfe und eine moralische Unterstützung.

(Beifall bei der SPD)

Nun zu der vorliegenden Novelle. In der bisherigen öffentlichen Debatte ist da und dort der Eindruck erweckt worden, bei der heute zur Beratung anstehenden Novelle handele es sich um ein Ad-hoc-Gesetz. Davon kann gar keine Rede sein. In Wahrheit sind in dieser Novelle wesentliche Teile von Entwürfen zusammengeflossen, die von der Bundesregierung als Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts Ende April 1974, vom Bundesrat als Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Rechtspflege Anfang Mai 1974 und von der Opposition als Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Kindern als Zeugen im Strafprozeß im Mai 1973 in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht und vom Rechtsausschuß wegen des engen sachlichen Zusammenhanges nunmehr in einem Text zusammengefaßt worden sind.
Die Bundesregierung hat dieses Verfahren seinerzeit selbst angeregt und hält es unverändert für sachgemäß und sinnvoll. Auf diese Weise wird die Strafprozeßordnung, die erst kürzlich durch das Erste Gesetz zur Reform des Strafverfahrensrechts erneuert worden ist, in einer Anzahl von Punkten fortentwickelt. Das gilt für die vom Bundesverfassungsgericht veranlaßte weitere Differenzierung des Eidesrechts, für den Schutz kindlicher und jugendlicher Zeugen im Strafverfahren, für die Konkretisierung des Erklärungsrechts des Staatsanwaltes und des Verteidigers sowie für die Begrenzung der Zahl der Wahlverteidiger und das generelle Verbot der gemeinschaftlichen Verteidigung. Es gilt entsprechend für die vorgesehenen Änderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes auf dem Gebiet der Sitzungspolizei. Die Einzelheiten sind insoweit in dem Schriftlichen Bericht eingehend erläutert worden. Zur Vermeidung von Wiederholungen darf ich mich darauf beziehen.
Ebenfalls bereits Gegenstand des Regierungsentwurfs war die Frage des Verteidigerausschlusses, die in den letzten Wochen in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt ist. Der Anstoß zur Gesetzgebung ging hier vom Bundesverfassungsgericht aus, das in seinem Beschluß vom 14. Februar 1973 den Gesetzgeber aufgefordert hat, die Ausschließung eines Verteidigers im Strafverfahren so zu regeln, daß dabei einerseits die grundsätzliche Bedeutung der freien Verteidigerwahl und der hohe Wert der freien Advokatur berücksichtigt, andererseits aber die Abwicklung des Strafprozesses nicht mehr als unvermeidbar beeinträchtigt wird. Die vom Rechtsausschuß vorgeschlagene Regelung erfüllt die vom Bundesverfassungsgericht gestellten Anforderungen und wird deshalb von der Bundesregierung begrüßt. Das gilt auch für die Entscheidung, die der Rechtsausschuß hinsichtlich der Frage der Verfahrenssabotage getroffen hat, einfach deswegen, weil eine hinlänglich scharfe und praktikable Abgrenzung dieses Begriffs — und Ihre Ausführungen, Herr Kollege Kunz, haben mich in dieser Ansicht noch bestärkt— nicht zu finden ist. Ich bitte auch zu bedenken, daß die Summe rechtmäßiger Handlungen eines Verteidigers im Strafverfahren nicht durch ihre Addition insgesamt zu Unrecht werden kann.
Es lag nahe, in diesem Zusammenhang auch Vorsorge gegen zwei Erscheinungen zu treffen, die uns alle in den letzten Wochen und Monaten in zunehmendem Maße beunruhigt haben, nämlich gegen die
9512 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974
Bundesminister Dr. Vogel
Möglichkeit des konspirativen Zusammenwirkens einzelner Verteidiger mit ihren nicht auf freiem Fuß befindlichen Mandanten und gegen denkbar gewordene Versuche einzelner Angeklagter, sich dem gesetzmäßigen Verfahren dadurch zu entziehen, daß sie sich vorsätzlich verhandlungsunfähig machen.
Der zweiten Gefahr beugt die neue Vorschrift des § 231 a in rechtsstaatlicher Weise vor. Sie trägt dem Verfassungsgebot der Gewährung rechtlichen Gehörs Rechnung, schiebt aber gleichzeitig wissentlichen Manipulationen mit der eigenen Gesundheit einen Riegel vor.
Hinsichtlich des ersten Komplexes bestand unter allen Beteiligten, und zwar von den Innenministern und Justizministern der Länder und des Bundes über die Bundesregierung und die Fraktionen dieses Bundestages bis hin zu den Standesorganisationen der Anwälte und der Richter, volle Übereinstimmung über das zu erreichende Ziel: Der Mißbrauch des Verteidigerverkehrs mit den Inhaftierten zur Begehung neuer Straftaten und zur Gefährdung der Sicherheit in den Anstalten muß unterbunden werden. Meinungsverschiedenheiten gab es über den Weg. Die Bundesregierung glaubte das Ziel in verfassungsgemäßer Weise dadurch erreichen zu können, daß dem Richter die Befugnis zuerkannt werden sollte, unter ganz bestimmten, eng umgrenzten Voraussetzungen die Überwachung des Verteidigerverkehrs durch einen anderen Richter anordnen zu können.

(Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Das war ja gar nicht schlecht!)

— Die Standesorganisation der Anwälte — die, Herr Kollege Carstens, von Ihnen wohl nicht als linke Gruppierung bezeichnet wird — und ihnen folgend der Rechtsausschuß haben sich für ein einschneidenderes, schärferes Mittel, nämlich dafür entschieden,

(Abg. Kunz [Berlin] [CDU/CSU] : Reine Theorie!)

daß der Verteidigerverkehr in diesen Fällen nicht überwacht, sondern der Verteidiger gleich völlig aus dem Verfahren ausgeschlossen wird.

(Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Haben Sie die Anwälte nicht vorher gehört?)

Die Bundesregierung hat keinen Anlaß, dieser Regelung, die sicherlich den Vorzug leichterer Vollziehbarkeit für sich beanspruchen kann, entgegenzutreten.
Hingegen hat die Bundesregierung durchaus Anlaß, unrichtigen und polemischen Behauptungen zu begegnen, die in diesem Zusammenhang aufgestellt wurden. So ist einerseits die Behauptung unrichtig, die von der Bundesregierung zunächst vorgeschlagene Überwachungsregelung sei rechtsstaatlich bedenklich und mache frühere Reformen rückgängig. Die fragliche Regelung hätte sich in jeder Hinsicht von dem bis zum Jahre 1964 geltenden Rechtszustand unterschieden. Außerdem ist bei gleichen tatsächlichen Voraussetzungen verfassungsrechtlich die richterliche Überwachung gegenüber dem Ausschluß der mildere Eingriff. Genauso unrichtig ist aber andererseits die auch hier wiederholte Behauptung, die Ausschlußregelung sei ein unzulängliches Mittel zur Verhinderung der Konspiration.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Das ist sie auch!)

Das ist schon deshalb falsch, weil durch den Ausschluß jeder Kontakt und damit auch die Möglichkeit zur Verständigung durch verschlüsselte Mitteilungen, deren Sinn der überwachende Richter nicht zu erkennen vermag, unterbunden wird. Herr Kollege Kunz, im übrigen ist insbesondere in Ihren Darlegungen der Unterschied in den sachlichen Voraussetzungen für die Anordnung der beiden Maßnahmen überbetont worden.
Erstens. Die vom Rechtsausschuß gefundene Regelung ist in ihren Voraussetzungen in einem wesentlichen Punkt sogar die weitergehende. Nach der Vorlage der Bundesregierung sollte die Überwachung nur angeordnet werden können, wenn der Beschuldigte wegen einer der in § 100 a StPO genannten Taten in Untersuchungshaft ist. Die jetzt gefundene Regelung stellt nicht mehr darauf ab, wegen welcher Tat der Beschuldigte in Untersuchungshaft ist; es genügt jede Tat.

(Zuruf des Abg. Kunz [Berlin] [CDU/CSU])

— Herr Kollege Kunz, Sie verwechseln die Tat, wegen der der Untersuchungsgefangene in Haft ist, mit der Tat, deren der Anwalt verdächtig ist. Diese beiden Taten sind auseinanderzuhalten.
Zweitens. Sie haben, wie ich glaube, den Unterschied zwischen der Begehung und der Förderung einer Straftat stark überbetont. Wir waren uns im Rechtsausschuß alle darin einig, daß unter den Begriff des Begehens einer Straftat selbstverständlich auch die Anstiftung, die strafbare Vorbereitungshandlung und die Beihilfe fallen. Ich bitte, doch konkret darzulegen, welcher Raum — über die Beihilfe hinaus — hier noch erfaßt und abgedeckt werden soll und wie eine solche weitergehende Regelung in der Praxis handhabbar und anwendbar sein soll.
Schließlich muß ich auch widersprechen, wenn Sie der Frage des Verdachtsgrades hier eine solche Bedeutung beimessen. Es gibt vier Verdachtsstufen: einfacher Verdacht, auf bestimmte Tatsachen gegründeter Verdacht, hinreichender Verdacht und dringender Verdacht. Unter den Sachverständigen ist im übrigen streitig, ob der dringende Verdacht im Ergebnis nicht sogar weniger ist als der hinreichende Verdacht. In der Literatur ist jedenfalls die Unterscheidung zwischen dem auf bestimmte Tatsachen gegründeten Verdacht und dem dringenden Verdacht so nuanciert, daß sich kein tragfähiges Fundament für die von Ihnen daraus gezogenen Konsequenzen und Folgerungen ergibt.
Aus all diesen Gründen ist es auch abwegig, in diesem Punkt einen Gegensatz zwischen der Koalition und der Bundesregierung, insbesondere zwischen der Koalition und dem Bundesjustizminister zu konstruieren.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Wir brauchen ihn nicht zu konstruieren! Er ist da!)

Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9513
Bundesminister Dr. Vogel
Der Bundesjustizminister stellt mit Genugtuung fest, daß der Rechtsausschuß in diesem Punkt, aber
auch hinsichtlich der Zahl der Wahlverteidiger
- drei statt fünf — gegenüber den Vorschlägen der
Bundesregierung ein ganzes Stück weitergegangen ist.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das stimmt doch einfach nicht!)

— Herr Kollege Carstens, ob das stimmt oder nicht,

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Ich habe das gesagt!)

werden nicht Sie und nicht ich, sondern die Gerichte in der Praxis dieses Rechtsstaates entscheiden.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Ich habe mich nicht geäußert!)

— Entschuldigung, daß ich jeden Zwischenruf, der falsch ist, ohne weiteres auf Sie beziehe, Herr Kollege Carstens.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Ein Beweis außergewöhnlichen Scharfsinns, würde ich sagen!)

— Dieser Zwischenruf war jetzt aber von Ihnen — oder?

(Heiterkeit bei der SPD und der FDP)

Namens der Bundesregierung bedaure ich es, daß die Frage des richtigen Weges — über den Austausch sachlicher Argumente hinaus — da und dort zu Verdächtigungen hinsichtlich der rechtsstaatlichen Gesinnung und des Maßes an Entschlossenheit zur Verteidigung des Rechtsstaates mißbraucht worden ist. Ich halte solche Übungen, die etwa aus dem Begriff des Wortes „Bande" oder „Gruppe" eine Rechtsstaatlichkeitsprobe ableiten, für genauso verfehlt wie neuerliche Versuche, diese Rechtsstaatlichkeitsprobe an den Begriffen „Überwachung" oder „Ausschluß" zu vollziehen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Im übrigen wird die Sache ja dann besonders delikat, wenn man an die Stelle des Ausschlusses das durchaus zutreffende Wort „partielles Berufsverbot" setzt. Darauf läuft nämlich der Ausschluß eines Verteidigers aus einem Verfahren hinaus.

(Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU]: Deshalb ist es eine stumpfe Waffe!)

Diese Vorwürfe sind schlechthin abwegig. Ich meine, dem Rechtsstaat wird am besten gedient, wenn die Meinungsverschiedenheiten auch in diesem Punkt im üblichen parlamentarischen Verfahren sichtlich ausgetragen und sodann entschieden werden.

(Beifall des Abg. Wehner [SPD])

Dies hat der Rechtsausschuß — dafür bedanke ich mich ausdrücklich — in vorbildlicher Weise getan. Für die Bundesregierung bitte ich das Plenum des Bundestags, diesem Beispiel zu folgen und damit deutlich unter Beweis zu stellen, daß unsere freiheitlich-demokratische Ordnung auch Belastungsproben der vorliegenden Art ohne Verkrampfung und ohne Mühe gewachsen ist.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0713802300
Das Wort hat der Abgeordnete Lenz (Bergstraße).

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0713802400
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst dem Herrn Bundesminister der Justiz für die Anerkennung danken, die er dem Rechtsausschuß soeben gespendet hat. Ich hätte es nur sehr begrüßt, wenn wir von seiner Anwesenheit bei den Beratungen des Ausschusses hätten profitieren können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, der Herr Bundesminister der Justiz und auch der Kollege Gnädinger haben mit Recht darauf hingewiesen, daß dieses Gesetz eine ganze Reihe von Bestimmungen enthält, die lange in Vorbereitung waren, die teils von der Bundesregierung, teils vom Bundesrat eingebracht worden sind, und daß es sich keineswegs nur auf aktuelle Anlässe bezieht. Es war unser ausdrücklicher Wunsch — das darf ich auch von seiten der Opposition sagen —, daß wir soviel so schnell, wie es mit den Grundsätzen einer gründlichen Beratung vereinbar war, noch vor Weihnachten verabschieden wollten. Weshalb vor Weihnachten, will ich in einem kurzen Satz begründen, meine Damen und Herren: Es tritt am 1. Januar ohnedies das Erste Strafverfahrensreformgesetz in Kraft, und dieses zweite, fast genauso umfangreiche, wollten wir zum gleichen Zeitpunkt in Kraft setzen aus Gründen der Praktikabilität für diejenigen, die mit diesem Gesetzbuch umgehen müssen, damit die Bundesregierung es einmal neu veröffentlichen und damit ein neues Arbeitsinstrument für unsere Juristen zur Verfügung stellen kann.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich darf bei dieser Gelegenheit all denen, die mit dazu beigetragen haben, auch den Beauftragten der Bundesregierung, meinen herzlichen Dank sagen und an den Bundesrat appellieren, doch durch seine weiteren Verfahrensschritte die Erreichung dieses Zieles nicht unmöglich zu machen.

(Allgemeiner Beifall)

Meine Damen und Herren, ich will nicht wie die Vertreter der Regierung und der SPD und FDP hier auf die ganze Spannbreite des Gesetzes eingehen, sondern mich auf die zwei Schwerpunkte beschränken, um die die Kontroverse noch geht. .
Der eine Punkt ist die Durchführung von Gerichtsverhandlungen, die absichtlich vom Verteidiger in grober Weise gestört werden. Der Herr Kollege Kunz hat darauf hingewiesen, daß wir zu diesem Punkt im Januar noch einmal einen Gesetzentwurf einbringen werden. Wir räumen ihm gute Chancen ein, denn wir haben in der Vergangenheit die Feststellung gemacht, daß die Bundesregierung außerordentlich lernfähig ist.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Und die Koalition!)

9514 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974
Dr. Lenz (Bergstraße)

Zum Beispiel befindet sich in dem heute zu verabschiedenden Gesetzentwurf eine ganze Reihe von Bestimmungen, um die wir in der vergangenen Wahlperiode vergeblich gekämpft haben

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

und die jetzt ohne großes Bauchgrimmen von der Bundesregierung und den sie tragenden Parteien mit unterstützt und beschlossen worden sind.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Wir bedanken uns für diesen Zuwachs an politischer Einsicht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, der zweite Punkt, in dem wir nicht zufriedengestellt sind, ist die fehlende Überwachungsmöglichkeit für Verteidiger. Hier, Herr Bundesminister der Justiz und Herr Kollege Kleinert, glaube ich nicht, daß Sie ein hartes und scharfes Schwert geschmiedet haben, sondern Sie verwechseln hier scharf mit schartig. Dieses Gesetz wird nicht schneiden, und zwar einfach deshalb, Herr Kollege Kleinert, weil Sie auf einen bloßen Verdacht hin die berufliche Existenz eines Rechtsanwalts nicht vernichten können. Sie brauchen nach meiner Überzeugung und nach der Überzeugung meiner politischen Freunde hier ein abgestuftes Instrumentarium für den einen Fall, daß Sie zwar den Mißbrauch feststellen können, aber den schuldhaften Mißbrauch nicht nachweisen können; und das kann doch nicht der Ausschluß vom Verfahren und damit beinahe zwangsläufig der Ausschluß aus der Anwaltschaft sein.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0713802500
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0713802600
Ich darf vielleicht gerade, Frau Präsidentin, den Satz noch zu Ende bringen. Ferner brauchen wir noch ein zweites Verfahren, das den festgestellten Mißbrauch ohne Rücksicht auf die Ursache bekämpfbar macht. — Herr Kollege Dr. Arndt!

Prof. Dr. Claus Arndt (SPD):
Rede ID: ID0713802700
Herr Kollege Lenz, meinen Sie, daß die Bundesrechtsanwaltskammer und der Deutsche Anwaltsverein mit diesem Vorschlag ihre Hand dazu leihen würden oder geliehen haben, eine solche Berufsvernichtung ihrer eigenen Berufskollegen, die sie zu vertreten haben, mitzumachen?

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0713802800
Herr Kollege ich bin kein Motivforscher, ich kann hier nur feststellen, was meine Überzeugung und die meiner Freunde ist, und darunter befindet sich ja eine ganze Reihe durchaus sachverständiger Rechtsanwälte. Es ist nicht so, als ob wir hier gegen einen Stand operieren. Ich werde noch Gelegenheit haben, das auszuführen.
Meine Damen und Herren, ich möchte mir hier zu eigen machen, was der Vertreter des Deutschen Richterbundes vor dem Rechtsausschuß ausgeführt hat. Er hat gesagt, es könne selbstverständlich nicht
die Rede davon sein, daß sich die Richter nach der Überwachungsaufgabe drängen würden. Es sei nur die Frage, was wir jetzt tun müßten, um unseren Rechtsstaat zu schützen. Und er hat darauf hingewiesen, daß er als Vertreter einer Berufsgruppe spreche, die in der Verteidigung des Rechtsstaates gegen den Terrorismus nicht nur Opfer an Zeit und Nervenkraft gebracht habe, sondern Opfer, die schon darüber hinausgehen. Und ich möchte hier meinen Respekt vor dem Richter bezeugen, der uns das gesagt hat, und ich möchte — ich nehme an, im Namen des ganzen Hauses — meinen Respekt bezeugen vor dem Stand, für den er sprach und vor dessen Treue und Einsatzbereitschaft für unseren demokratischen Staat.

(Beifall)

Gestatten Sie mir an dieser Stelle, Herr Kollege Wehner, ein Wort zu der Mitteilung, die Sie für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hier gemacht haben. Ich glaube, dieses Haus respektiert den Brief, den Altbundespräsident Dr. Heinemann an Frau Meinhof geschrieben hat. Nur, muß ich sagen, Herr Kollege Wehner, fällt es mir etwas schwer, zu akzeptieren, daß hier einer kleinen Gruppe von Personen, die durch eigenes Verhalten ins Gefängnis — in Untersuchungs- oder Strafhaft — gekommen sind und die durch eigenes Verhalten sich in die gesundheitsbedrohende Lage gebracht haben, in der sie sich jetzt befinden, ein Maß an öffentlicher Aufmerksamkeit zugewandt wird, das diejenigen nach meiner Auffassung mehr verdient hätten, die für die Verteidigung dieses Landes und dieses Staates in dem Kampf gegen diese Gruppe ihr Leben und ihre Gesundheit gelassen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0713802900
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wehner?

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0713803000
Herr Kollege Lenz, ich will Ihre Wertung hier nicht aufgreifen, aber Sie fragen, ob Sie es nicht für bedeutungsvoll halten, daß ein Mann mit einem Namen wie Gustav Heinemann dem Ganzen dient, indem er einer Situation entgegenwirkt, in der unter Umständen Tote ausgeschlachtet werden?

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0713803100
Herr Kollege Wehner, ich habe der Haltung des Altbundespräsidenten hier soeben meinen Respekt bezeugt.
Meine Damen und Herren, mit Worten ist den Richtern hier nicht geholfen. Wir müssen ihnen handliche Instrumente geben, um gegen Verteidiger vorgehen zu können, die ihre Mandate in verfahrensfremder Weise mißbrauchen. Der Ausschluß kann nur die letzte und endgültige Lösung sein. Aber gerade weil er die letzte und endgültige Lösung ist, kann er meines Erachtens, Herr Kollege Kleinert, nur dann verhängt werden, wenn feststeht, daß der Verteidiger den Verkehr mit seinem gefangenen Mandanten dazu mißbraucht, schwere Straftaten zu begehen.
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138, Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9515
Dr. Lenz (Bergstraße)

Es nutzt auch nichts - und diesen Punkt haben Sie noch einmal angesprochen -, daß das erkennende Gericht sofort anordnen kann, daß diese Verteidiger nunmehr keine Akteneinsicht gewährt bekommen und nicht mehr mit ihren gefangenen Mandanten mündlich oder schriftlich verkehren dürfen. Denn diese Anordnung ist ja an die gleichen Voraussetzungen gebunden wie die endgülige Entscheidung. Wir brauchen hier, Herr Kollege Kleinert, ein Instrument, das bei auftretendem Verdacht des Mißbrauchs des Verteidigerweges für strafbare Handlungen oder sicherheitsgefährdende Manipulationen sofort eingesetzt werden kann, wenn festgestellt wird, daß der Weg über den Verteidiger in der genannten Weise mißbraucht wird, wenn aber nicht festgestellt werden kann, ob nun der Häftling oder der Verteidiger den Mißbrauch betrieben haben. Auf diesen Punkt, Herr Kollege Kleinert, und auch Herr Justizminister Vogel, sind Sie überhaupt nicht eingegangen.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

Diesen Punkt haben Sie völlig übersehen bisher. Es kann ja nicht nur der Verteidiger, es kann ja auch der Häftling diesen Weg benutzen, z. B. durch Weiterleitung für den Verteidiger unerkennbar verschlüsselter Nachrichten, die dann als Verteidigerpost weitergegeben werden. Sie können doch niemanden von einer Verteidigung ohne eigenes Verschulden ausschließen.
Wir brauchen ein Instrument, das wir einsetzen können, wenn wir zwar den Mißbrauch feststellen, aber die Schuld des Verteidigers nicht nachweisen können. Natürlich darf dieser Eingriff dann nicht so schwer sein wie in dem Fall, in dem dem Verteidiger ein absichtlicher Mißbrauch nachgewiesen wird. Deswegen glauben wir — ich sage das hier noch einmal ganz deutlich —, daß ein abgestuftes Verfahren notwendig ist,

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

ein Verfahren, das einmal den objektiven Mißbrauch zwischen Häftling und Verteidiger unmöglich macht oder jedenfalls doch sehr erschwert, -ohne daß hier Schuld- und Existenzfragen aufgeworfen werden, und ein anderes, das einen Ausschluß von der Verteidigung und dann möglicherweise den Verlust der beruflichen Existenz bei erwiesener Schuld nach sich zieht.
Eine solche gesetzliche Möglichkeit ist als solche noch kein Eingriff in die Freiheit der Advokatur. Die Gesetzesregelung ist erforderlich geworden, weil eine kleine Gruppe von etwa zwei Dutzend Anwälten ganz bewußt die Streichung der früher gegebenen Überwachungsmöglichkeiten dazu mißbrauchen, eine revolutionäre Tätigkeit zu unterstützen. Wer so handelt, der ist kein Organ der Rechtspflege mehr.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist ein absolutes Novum, daß der revolutionäre
Kampf aus der Haftzelle heraus geführt wird. Das
ist doch nur möglich gewesen durch den Mißbrauch
der Rechtsstellung, die Rechtsanwälten zuerkannt worden ist, weil der Gesetzgeber 1964 Vertrauen in jeden einzelnen von ihnen gesetzt hat.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

Ich möchte hier hinzufügen, daß wir heute Vertrauen zu der ganz großen Mehrheit unserer Anwälte haben. Denn wir wissen ja, daß es nur ganz wenige gewesen sind, die dieses Vertrauen mißbraucht haben. Nur um die Bekämpfung dieser Anwälte handelt es sich hier.
Hier handelt es sich nicht darum, die Möglichkeiten der normalen Strafverteidigung einzuschränken. Denn eine normale Strafverteidigung haben diese Verteidiger, diese sogenannten Verteidiger, muß ich ja sagen, überhaupt nicht im Sinn. Sie betreiben ihren revolutionären Kampf im Zusammenspiel mit ihren Mandanten. Wie wir aus den vom Bundesminister des Innern veröffentlichten Dokumentationen wissen — ich zitiere jetzt nach der „Frankfurter Rundschau" —, ergibt sich aus den abgefangenen Kassibern, die zum Teil als Verteidigerpost getarnt waren, „daß der RAF-Kern ziemlich ungestört von der Justizverwaltung" das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen: ziemlich ungestört von der Justizverwaltung — „eine terroristische Strategie und Arbeitsteilung entwickeln und an die in Freiheit befindlichen RAF-Mitglieder weiterleiten konnte". — Ende des Zitats. Dabei fungierten die Verteidiger der Inhaftierten als zuverlässige Zwischenträger. Wenn wir dagegen nichts unternehmen würden, würde dieses Beispiel Schule machen.
Ich möchte an die Standesorganisationen der deutschen Rechtsanwälte und an jeden einzelnen von ihnen appellieren, sich bei der Beurteilung unserer Haltung diesen Hintergrund vor Augen zu halten. Denn hier handelt es sich doch nicht darum, normale Verteidigungsmöglichkeiten einzuschränken, sondern darum, zu unterbinden, daß die dem Verteidiger eingeräumte Rechtsstellung zu verteidigungsfremden Zwecken mißbraucht wird. Bei der normalen — auch der engagiertesten — Verteidigung läuft dieser Paragraph, Herr Kollege Kleinert, doch völlig leer. Denn es wird doch niemand ernsthaft behaupten wollen, daß der „normale" Verteidiger den Verkehr mit dem Mandanten dazu mißbraucht, um z. B. schwere Straftaten zu begehen oder deren Begehung zu fördern. Wer unterstellt denn das eigentlich Anwälten? — Ernsthaft doch auch wohl Sie nicht, Herr Kollege Kleinert! Im Gegenteil, ein „normaler" Verteidiger muß ja doch seinem Mandanten dringend davon abraten, damit dieser seine Prozeßaussichten nicht selbst gröblich verschlechtert.
Meine Damen und Herren, auch die Bundesregierung hat die Überwachung ursprünglich für notwendig gehalten und sogar den ungewöhnlichen Weg beschritten, eine Formulierungshilfe für einen Parlamentsausschuß in der Form eines Kabinettsbeschlusses einzubringen.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Sehr richtig, hat es noch nie gegeben!)

Das ist, soweit ich weiß, ein in der Geschichte der
Bundesrepublik Deutschland einmaliger Vorgang.
9516 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974
Dr. Lenz (Bergstraße)

Der Bundesminister der Justiz hat den ihm dafür gespendeten Weihrauch würdevoll entgegengenommen, und auch der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende, Friedrich Schäfer, hat die Vorschläge als ausgewogen und dem Rechtsstaat als angemessen bezeichnet.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Doch dann haben SPD und FDP kalte Füße bekommen; über die Motive kann man nur spekulieren. Fest steht aber, daß sie die Vorschläge der Bundesregierung von sich aus nicht aufgegriffen und den entsprechenden Antrag der Opposition mit der der Begründung der Bundesregierung geradezu ins Gesicht schlagenden Begründung abgelehnt haben, der überwachte Verkehr des Beschuldigten mit seinem Verteidiger lasse die Vorbereitung und Durchführung einer Verteidigung, die vom Vertrauen des Beschuldigten getragen wird, gar nicht zu.
Ich räume durchaus ein, daß die Vorbereitung einer Verteidigung unter den Augen eines Richters nicht optimal ist.

(von Schoeler [FPD] : Sehr vornehm formuliert!)

— Das ist die Formulierung des Sachverständigen, Herr Kollege von Schoeler,

(Erneuter Zuruf des Abg. von Schoeler [FDP])

des Herrn Dr. Dahs. Aber ich meine mit der Bundesregierung, daß das Sicherheitsinteresse der Gemeinschaft und der Schutz der Rechtsordnung es in den genannten Fällen rechtfertigen, den Verteidigerverkehr zu überwachen. Wir werden Ihnen, meine Damen und Herren von der Koalition, noch einmal Gelegenheit geben, sich mit diesem Argument auseinanderzusetzen. Es macht auch uns keine Freude, die 1964 beschlossene Freizügigkeit des Verteidigerverkehrs mit dem inhaftierten Mandanten einschränkbar zu machen, aber wir teilen die Auffassung von Bundesjustizminister Vogel, daß die neu aufgetretenen Verhaltensweisen eine neue Reaktion erfordern.
Wir reden hier immer so viel von Rechtstatsachenforschung. Hier sind uns die Rechtstatsachen — ich kann nur sagen: leider — frei Haus geliefert worden.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Im Gegensatz zur Koalition ziehen wir aus diesen neu aufgetretenen Umständen dann eben auch entsprechende Konsequenzen.
Der Bundesjustizminister hält, wenn ich seine öffentlichen Äußerungen und auch seine Rede hier richtig verstehe, seine Vorschläge, für die er das Kabinett gewonnen hatte, immer noch für die bessere Lösung. Wenn er trotzdem gegen den Beschluß seiner politischen Freunde im Rechtsausschuß keine Einwendungen erhebt, so klingt das mehr nach Resignation als nach Führungswille, und ohne den kann eine parlamentarische Demokratie in cien Zeiten wie den jetzigen nicht funktionieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, es ist gelegentlich auch die Frage aufgeworfen worden, ob die von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen verfassungsmäßig seien. Ich kann hier nur feststellen, daß auch die Standesorganisationen der Anwaltschaft die Verfassungswidrigkeit nicht behauptet haben, und ich kann für die Verfassungsmäßigkeit unserer Vorstellungen nur die Ausführungen des Bundesjustizministers von heute als Kronzeugen anführen.
Lassen Sie mich zum Abschluß zu der Frage, ob man jetzt diese Ergänzungen in das Gesetz hineintun sollte oder nicht, noch eines sagen. Nach meiner Auffassung gab es in Sachen Strafprozeßordnung nur zwei Möglichkeiten: entweder jetzt jede Reform zu vertagen oder die Schlußfolgerungen aus den jüngsten Ereignissen mit einzubeziehen, so wie wir das getan haben. Unser Volk fragt sich doch mit Recht, wie es möglich war, daß die Bader-MeinhofLeute — ziemlich ungestört von der Justiz — eine terroristische Strategie und Arbeitsteilung entwikkeln und an die in Freiheit befindlichen Bandenmitglieder weiterleiten konnten.
Meine Damen und Herren, eine politische Führung — und dazu gehört im demokratischen Staat auch die Opposition —, die keine Antwort auf die Frage weiß, wie sie in dieser Lage Volk und Staat vor Schaden bewahrt, gibt ihre demokratische Legitimation selbst auf. Natürlich können wir mit dem Wahnsinn des Terrors nicht mit der gleichen Methode fertig werden, ohne die liberale Substanz, Herr Kollege Kleinert, unseres Staates und unserer Gesellschaft, die uns so sehr am Herzen liegt wie Ihnen, aufzugeben. Ich glaube jedoch, daß in diesem Hause die Entschlossenheit zur Wahrung der freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung ebenso groß ist wie die Entschlossenheit zur Bekämpfung des Terrors. Deshalb glaube ich auch nicht, daß der Staat ins Chaos treibt und damit der Ruf nach der starken Hand provoziert wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0713803200
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dürr.

Hermann Dürr (SPD):
Rede ID: ID0713803300
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Trotz aller Meinungsverschiedenheiten mit Herrn Kollegen Dr. Lenz bleibt zu sagen, daß seine heutigen Ausführungen sich wohltuend von manchen anderen öffentlichen Äußerungen zu diesem Problem abheben. Ich muß in diesem Zusammenhang einige Verlautbarungen des Kollegen Friedrich Vogel nicht gerade rühmlich hier erwähnen.
Ich will mich auf wenige Punkte beschränken. Nachdem die CDU den Ausschließungstatbestand der Verfahrenssabotage nicht in der Fassung eines Änderungsantrages auf den Tisch gelegt hat, habe ich gedacht, Herr Kollege Kunz wolle einen Nachruf auf diesen Ausschließungstatbestand sprechen. Es war aber die nullkommafünfte Lesung eines neuen zu erwartenden Initiativgesetzentwurfes der Opposition. Bei dessen Abfassung, meine Damen und Herren von der Opposition, wünsche ich Ihnen viel Vergnügen; denn das, was Sie bisher an Vor-
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9517
Dürr
schlägen gebracht haben, würde den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts nicht genügen. Das Bundesverfassungsgericht verlangt inhaltliche Bestimmtheit, Klarheit und Eindeutigkeit bei so schwerwiegenden Eingriffen.

(Zuruf des Abg. Vogel [Ennepetal] [CDU/ CSU] )

Vielleicht nützt es Ihnen auch bei dieser Arbeit, wenn Sie sich anläßlich des 75. Geburtstages des Bürgerlichen Gesetzbuches einmal die Geschichte des Schikane-Paragraphen im Bürgerlichen Gesetzbuch ansehen. Da zeigt sich nämlich, daß der Versuch, Rechtsmißbrauch auszuschließen, im Bürgerlichen Gesetzbuch eine 75jährige Leidensgeschichte hinter sich hat.
Fast möchte ich sagen, um den Ausschließungstatbestand der Verfahrenssabotage griffig zu machen, empfehle ich Ihnen, nachdem mir Ihre Vorschläge bei weitem nicht genügen, dafür ein Preisausschreiben zu machen.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Sie dürfen sich beteiligen!)

Es ist bis jetzt noch nicht gelungen, den Grenzpunkt, wo die energische, aber anständige Verteidigung aufhört und wo die Verfahrenssabotage beginnt, allgemein und für jedes Gericht deutlich darzulegen.
Sie werden einen Fraktionsentwurf bringen, um das Thema zum Dauerbrenner zu machen, um es am Kochen zu halten. Herr Kollege Lenz hat der Bundesregierung ein Kompliment wegen ihrer Lernfähigkeit gemacht. Ich hoffe, daß das Ergebnis Ihrer Bemühungen dazu führen wird, daß wir das Kompliment der Lernfähigkeit an Sie zurückgeben können.
Der zweite Punkt in der heutigen Debatte war das Problem der Überwachung des Verteidigers. Die Opposition kritisiert, daß der Bundesjustizminister ein anderes Denkmodell vorgelegt hat, aber jetzt dem Ausschluß des Verteidigers zustimmt. Andererseits erklärt die Opposition ihrerseits den Ausschluß des Verteidigers so, wie wir es gemeinsam beschlossen haben, für schlecht, sie stimmt aber zu. Über die Frage, was die Überwachung jetzt noch neben der Ausschließung zu suchen hat und wie eine Überwachung überhaupt praktikabel sein kann — wenn sie rechtsstaatlich zulässig ist —, werden wir uns noch im nächsten Jahr im Rechtsausschuß zu unterhalten haben.
Aber ich bitte Sie um eines. In dem Gesetz, das wir heute verabschieden, stehen auch die Beschränkung der Zahl der Verteidiger und die Vorschrift, daß ein Verteidiger in einem solchen Verfahren nicht mehr als einen Angeklagten soll verteidigen dürfen. Das müssen Sie hiermit im Zusammenhang sehen.
Unter dem Niveau der heutigen Debatte ist eine Äußerung, die in den Zeitungen zu finden war. Der Justizminister des Landes Baden-Württemberg erklärte nämlich, der Koalition gehe es offenbar weniger um eine effektive Regelung als vielmehr um ein Alibi gegenüber der beruhigten Bevölkerung. Wir sind außerordentlich beruhigt, daß die Opposition durch ihr Mitstimmen für dieses Gesetz das, was Herr Traugott Bender „Alibi" heißt, noch glaubhafter macht.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir haben im Jahre 1968 einen neuen Typ von Angeklagten feststellen können. Wir mußten 1974 einen neuen Typ von Verteidigern, von sogenannten Rechtsanwälten, feststellen, und wir haben uns in der Gesetzgebung darauf einzustellen. Trotz einiger Entgleisungen in der öffentlichen Diskussion zeigt sich jetzt eines: daß wir, glaube ich, miteinander die Absicht haben, alles zu tun, daß die Prophezeiungen, die Leute wie Baader und Meinhof seit eh und je von sich gegeben haben, daß dieser Rechtsstaat kein Rechtsstaat sei, nicht genährt werden, weder dadurch, daß wir auch nur einen Millimeter vom Weg des Rechtsstaats abgehen, noch dadurch, daß wir uns über diese Probleme, über die wir natürlich, wie ich hoffe, in Zukunft hart diskutieren, in der Weise unterhalten, daß die eine politische Gruppe von der anderen sagt, sie habe nicht nur die falsche Ansicht, sondern bei ihr handele es sich auch um die schlechteren Menschen.
Ich glaube, gerade dieses Gebiet ist ein Prüfstein für den Grundkonsens der demokratischen Parteien. Der Satz, der Schutz unserer demokratischen Rechtsordnung sei Aufgabe aller Bürger und erfordere die Solidarität aller Demokraten, gleichgültig, in welchem Lager sie in der politischen Auseinandersetzung stünden, wurde von einem Mann gesprochen, der selber von einem Terroranschlag betroffen worden ist. Er ist im Deutschland-Union-Dienst vom 10. Dezember von Herrn Walther Leisler Kiep veröffentlicht worden. Ich glaube, wir alle in diesem Hohen Hause können dem voll zustimmen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0713803400
Das Wort hat Herr Abgeordneter von Schoeler.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0713803500
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sollten die heutige Debatte nicht ohne einige kurze Bemerkungen zu den rechtspolitischen Äußerungen der letzten Zeit aus den Kreisen der Opposition vorübergehen lassen. Denn es ist ja nicht nur dieses Thema, bei dem wir erleben, daß die CDU auf der Welle der Emotionen mitzuschwappen versucht, sondern wir haben in der Vergangenheit auch eine ganze Reihe anderer Themen gehabt.
Heute haben wir in der Debatte von Herrn Kunz gehört, daß Sie glauben, sich wohl bewußt sein zu können, daß Sie mit Ihren rechtspolitischen Vorstellungen eine breite Unterstützung in der Bevölkerung hinter sich haben. Offensichtlich haben Sie dies zum ausschließlichen Maßstab Ihrer rechtspolitischen Vorschläge gemacht. Herr Kollege Vogel hat in der Sitzung des Bundestages am 13. November gesagt, daß er und mit ihm seine Fraktion von diesem Hause erwarte, daß es in rechtspolitischen Fragen in einer Weise redet, „wie die Bevölkerung es von uns erwartet". Mit anderen
9518 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974
von Schoeler
Worten: Hier wird das, was die Bevölkerung an bestimmten Dingen erwartet, zur Richtschnur dessen gemacht, was man zur Verteidigung des Rechtsstaates als Rechtspolitiker für vertretbar hält und was man fordert.
Meine Damen und Herren, so weit ist das von meinem Zwischenruf, der Sie vorhin so zur Empörung gebracht hat, nicht entfernt, wie Sie meinen. Vielleicht haben Sie es selber noch nicht gemerkt.
Die Reihe läßt sich fortsetzen. Der Kollege Spranger hat in einer Pressemitteilung, die über den Dienst der CSU gelaufen ist, von der „Demutshaltung des Staates" gesprochen, die dieser gegenüber gewissen Gewalttätern walten lasse. Er hat eine Überprüfung der durch die Strafrechtsreform eingeleiteten Liberalisierungsmaßnahmen gefordert. Der Kollege Spranger hat auch während einer Fragestunde dieses Hauses in einer Frage, die durch ihre Formulierung einer Forderung gleichkam, sich danach erkundigt, ob denn nicht endlich die Todesstrafe in Deutschland wieder eingeführt werden sollte.

(Kunz [Berlin] [CDU/CSU] : Sie waren oft besser!)

Meine Damen und Herren von der Opposition, diese Äußerungen der letzten Zeit aus Ihren Reihen zeigen, daß Sie diese Situation zu rein parteipolitischen Zwecken auszunutzen versuchen. Sie lassen dabei, wie ich meine, das für alle Demokraten notwendige Verantwortungsbewußtsein nicht immer in voller Weise erkennen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

I Ihr Fraktionsvorsitzender hat das heute in die griffige, einfache Formel gebracht: Wer nicht unserer Meinung ist, ist links.
Ich glaube nicht, daß das, was Herr Kollege Kunz gesagt hat, zutrifft. Er hat gesagt, Sie machten Rechtspolitik mit dem Rechtsstaat im Auge. Ich glaube, daß Sie Rechtspolitik nicht mit dem Rechtsstaat, sondern mit der Wahlurne im Auge machen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0713803600
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Erhard?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0713803700
Nein, im Interesse der Zeit möchte ich kurz abschließen, Herr Kollege Erhard.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Das war aber auch gut! — Dr. Wagner [Trier] [CDU/CSU]: Das war besser so!)

— Ich glaube, Sie haben Verständnis dafür, Herr Kollege Erhard.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Ja, ich habe Verständnis! Die Konfrontation zur eigenen Regierung wäre zu peinlich gewesen! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

— Mit Rücksicht auf die Kollegen, die bereits auf
die bevorstehende Abstimmung warten, möchte ich
diese Diskussion jetzt nicht mehr weiter ausdehnen.
Meine Damen und Herren, wir sind uns darin einig, daß der Rechtsstaat von denjenigen gefährdet ist, die auch nicht vor der Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung ihrer radikalen Ziele zurückschrecken. Wir sind auch darin einig, daß dieser Gefahr wirksam begegnet werden muß und daß wir der Justiz die Instrumente an die Hand geben müssen, mit denen dieses Ziel erreicht werden kann.
Meine Damen und Herren von der Opposition, der Rechtsstaat ist aber auch von denjenigen gefährdet, die mit dem vermeintlichen Ziel, ihn zu verteidigen, wesentliche rechtsstaatliche Elemente unserer Rechtsordnung beseitigen wollen.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Dummes Gerede!)

Ich habe eben einige ganz konkrete Beispiele für die Orientierung am Schlitz der Wahlurne genannt, mit der Sie im Augenblick die Rechtspolitik betreiben: die Diskussion über Todesstrafe und Verhungernlassen und all das, was im Augenblick aus Ihren Reihen oder woher auch immer kommt, um Emotionen zu schüren und damit Stimmung zu machen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Wagner [Trier] [CDU/CSU] : Das Ganze ist Geschwätz! — Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/ CSU]: Zur Sache! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Nun, meine Damen und Herren von der Opposition, versuchen Sie, bei dieser konkreten Frage, die wir heute im Zusammenhang mit der Reform des Strafverfahrensrechts diskutieren, Zwietracht zwischen Bundesregierung — insbesondere dem Bundesjustizminister — und der Koalition zu säen. Ich kann Ihnen sagen, daß das ein Versuch am untauglichen Objekt ist.

(Lachen bei der CDU/CSU — Erhard [Bad Schwalbach] : Die Regierung ist untauglich! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Dieser Bundesjustizminister hat ebenso wie der Bundesinnenminister diese Fragen in bester Zusammenarbeit mit den Koalitionsfraktionen behandelt. Wir danken ihm dafür ausdrücklich.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Wagner [Trier] [CDU/CSU] : Er hat sein Strafrecht nicht gelernt!)

Wir haben von Anfang an Einigkeit darin gehabt, daß wir alle gemeinsam das Ziel haben, dem Mißbrauch der Privilegien der Verteidiger, einen Riegel vorzuschieben. Die Diskussion ging um das Mittel zur Erreichung dieses Ziels. Ich glaube, die Frage, welches Mittel dazu am rechtsstaatlichsten und geeignetsten ist, ist von uns mit dem Gesetzentwurf, der Ihnen heute vorliegt, zu einem befriedigenden Ergebnis gebracht worden.
Die Überwachungsregelung, die Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, vorschlagen und die bei uns ebenfalls in der Diskussion war, berührt selbstverständlich den Grundsatz der freien Advokatur in ganz erheblicher Weise.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Was wissen Sie denn davon, Herr von Schoeler?)

Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138, Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18, Dezember 1974 9519
von Schoeler
— Das war etwas unter Niveau, Herr Vogel. Es
ist sicherlich auch zu befürchten, daß bei einem Einschlagen dieses Weges weitere Einschränkungen die Folge wären. Schon aus organisatorischen Gründen wäre der nächste Schritt wahrscheinlich, daß Anwälte nur zu bestimmten Zeiten, nämlich dann, wenn Richter zur Überwachung vorhanden wären, den Besuch vornehmen könnten. Herr Kollege Erhard, viele Rechtsanwälte haben doch Ihnen wie uns gesagt: Unter den Bedingungen einer Besuchsüberwachung sind wir nicht mehr in der Lage, einen Mandanten, der in U-Haft sitzt, zu verteidigen, weil wir eine richtige Verteidigung dann nicht mehr für möglich halten.
Ich glaube, auch Sie wollen nicht, daß diejenigen, die in Untersuchungshaft sitzen und deren Verkehr überwacht wird, nur noch von den schlechtesten Anwälten verteidigt werden, die — auf Grund welcher Situationen auch immer — damit einverstanden sind, sondern daß auch diese Personen einen Anspruch auf die bestmögliche Verteidigung haben.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Sind denn die guten Anwälte diejenigen, die das mißbrauchen? — Stücklen [CDU/CSU] : Es geht doch um den Mißbrauch!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0713803800
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0713803900
Nein. Herr Kollege Erhard, nach den Formulierungen reicht es doch aus, daß der Mandant mißbraucht oder die Gefahr besteht, daß er mißbrauchen werde. Das wissen Sie doch so gut wie ich. Nach diesen Formulierungen kommt es doch gar nicht auf den Verteidiger an.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Mir scheint, ich weiß es besser als Sie!)

— Nein, in dem Punkte anscheinend nicht. Die Frage nach der Praktikabilität der Besuchsüberwachung ist von Ihnen in der Diskussion in keiner Weise befriedigend beantwortet worden.
Ich darf vielleicht versuchen, Ihre Kritik an der jetzt vorliegenden Ausschließungsregelung, zusammenzufassen. Herr Kollege Kunz hat das in schöner Offenheit gesagt: Im Grunde genommen stört ihn daran, daß eine Ausschließung danach nur möglich sein soll, wenn dringender Tatverdacht vorliegt.

(Dr. Wagner [Trier] [CDU/CSU]: Das ist doch kein Beweis! Ihm fehlen aber wirklich die Grundbegriffe! Und so etwas besteht heute Staatsexamen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Auf Verdacht ausschließen oder auf Verdacht überwachen wollen Sie doch wohl auch nicht. Ich habe den Eindruck, daß Sie hoffen, mit einem geringeren Verdachtsgrad und der Möglichkeit der Besuchsüberwachung in der Praxis eine breitere Ausdehnung zu erreichen, die gesetzmäßig nicht unbedingt so abgesichert werden könnte. Diesen Weg wollen wir nicht mitmachen.
Dabei will ich mich gar nicht auf die Diskussion über die Frage einlassen, ob die Besuchsüberwachung oder die Ausschließung das schärfere Mittel ist. Mir scheint es jedenfalls erforderlich, klarzustellen, daß mit der Regelung, die wir getroffen haben, erstens den Anwälten, die ihre Privilegien mißbrauchen, durch die Ausschließung aus dem Verfahren wirksam begegnet werden kann und daß zweitens kein einziger Anwalt, gegen den nicht ein dringender Verdacht besteht, auch nur mit irgendeiner Beeinträchtigung seiner Verteidigungsmöglichkeiten zu rechnen braucht. Deshalb stimmt die FDP-Fraktion dem vorliegenden Gesetzentwurf zu.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0713804000
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen damit zur Abstimmung in dritter Lesung. Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Wir kommen dann zur Abstimmung über Ziffer 2 des Antrages des Rechtsausschusses auf Drucksache 7/2989, nämlich zu dem Antrag, den Gesetzentwurf auf Drucksache 7/649 für erledigt zu erklären. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — So beschlossen.
Schließlich haben wir noch abzustimmen über Ziffer 3 des Antrages des Rechtsausschusses auf Drucksache 7/2989, nach der die eingegangenen Petitionen für erledigt erklärt werden sollen. — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, ich rufe den Zusatzpunkt auf, den wir heute morgen auf die Tagesordnung gesetzt haben:
Wiederholung der Schlußabstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Energieversorgung bei Gefährdung oder Störung der Einfuhren von Erdöl, Erdölerzeugnissen oder Erdgas (Energiesicherungsgesetz 1975)

— Drucksachen 7/2461, 7/2899, 7/2898 —Wir stimmen über diesen Entwurf, über den bereits in der zweiten Lesung abgestimmt worden ist, nunmehr in der dritten Lesung ab. Wer zustimmen möchte, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Entwurf ist mit einer Enthaltung angenommen.

(Widerspruch — Unruhe)

Angesichts der Besetzung dieses Hauses stelle ich auch ohne Auszählung fest, daß damit die verfassungrechtlich erforderliche Mehrheit der Mitglieder dieses Hauses erreicht ist.

(Allgemeine Unruhe)

— Meine Damen und Herren, die Sitzung geht noch
etwas weiter. Ich wäre dankbar, wenn Sie Ruhe
9520 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974
Vizepräsident Frau Funcke
bewahrten, damit wir die Verhandlungen fortsetzen können.
Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 29. Februar 1972 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über die gemeinsame Staatsgrenze
— Drucksache 7/2396 —
Bericht und Antrag des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuß)

— Drucksache 7/2936 —
Das Wort zur Berichterstattung wird nicht gewünscht. Ich rufe in zweiter Lesung die Art. 1 bis 3, Einleitung und Überschrift auf. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen.
— Gegenprobe! — Enthaltungen? —
Ich verbinde damit die Schlußabstimmung. Wer diesem Vertrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Entwurf ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Statistik der Straßen in den Gemeinden 1976
- Drucksache 7/2518 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache 7/2964 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Möller (Lübeck)

b) Bericht und Antrag des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen (14. Ausschuß)

— Drucksache 7/2892 —Berichterstatter: Abgeordneter Dreyer (Erste Beratung 116. Sitzung)

Die Berichterstatter wünschen nicht das Wort. Wir kommen zur Einzelberatung in zweiter Lesung. Wer den §§ 1 bis 5, Einleitung und Überschrift in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! - Enthaltungen?
— Es ist einstimmig so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz-
entwurf in dritter Lesung die Zustimmung geben
will, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe!
— Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 16. Januar 1974 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen über den Transport von Kohlenwasserstoffen durch eine Rohrleitung vom Ekofisk-Feld und benachbarten Gebieten in die Bundesrepublik Deutschland
— Drucksache 7/2686 —
Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß)

— Drucksache 7/2969 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Wolfram (Recklinghausen) (Erste Beratung 128. Sitzung)
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall. Ich rufe zur Einzelabstimmung die Art. 1 bis 3, Einleitung und Überschrift auf und verbinde damit gleich die Schlußabstimmung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Siebenundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (27. ÄndG LAG)

— Drucksachen 7/1575, 7/1824 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache 7/2903 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. von Bülow
b) Bericht und Antrag des Innenausschusses (4. Ausschuß)

— Drucksache 7/2809 — Berichterstatter:
Abgeordneter Liedtke
Abgeordneter Freiherr von Fircks

(Erste Beratung 80. Sitzung)

Zur Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Freiherr von Fircks das Wort.

Freiherr Otto von Fircks (CDU):
Rede ID: ID0713804100
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Ihnen als Drucksache 7/2809 vorliegende Bericht und Antrag des Innenausschusses zu dem vom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Siebenundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes läßt, soweit es die Behandlung des zur Beratung stehenden Gegenstandes betrifft, in zwei Punkten eine Erläuterung und Ergänzung geboten erscheinen.
Zum einen macht der Bericht deutlich, daß die gesetzgeberische Entscheidung über einen relativ nebensächlich erscheinenden Gegenstand dennoch von weittragender Bedeutung sein kann und die Gründe der Arbeitsökonomie dieses Hohen Hauses nicht allein dafür maßgebend sein sollten, den Ort der eigentlichen Grundsatzdiskussion und Entscheidung
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18, Dezember 1974 9521
Freiherr von Fircks
zunehmend aus dem Plenum in die Ausschüsse des Deutschen Bundestages zu verlagern.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Jaeger)

Das Plenum hat daher letztlich solche Entscheidungen zu sanktionieren, die von ihm nicht getroffen wurden und deren Zusammenhänge von den meisten Kolleginnen und Kollegen in diesem Hohen Hause nicht durchschaut werden können.
Zu diesen Zusammenhängen müssen daher im Rahmen der Berichterstattung einige wenige Erläuterungen gemacht werden. Der Gesetzentwurf knüpft weitgehend an einstimmig gefaßte Beschlüsse dieses Hohen Hauses bzw. des Innenausschusses an. Hinsichtlich des Personenkreises der südostdeutschen Wehrmachtsangehörigen stützt er sich sogar auf übereinstimmende Bekundungen aller Fraktionen dieses Hohen Hauses anläßlich der Verabschiedung der 25. Lastenausgleichsnovelle am 21. Juni 1972.
Zu diesem Bericht und zu den Beschlüssen wurde am 12. März 1974 durch den Bundesminister des Innern und den Bundesminister der Finanzen ein Bericht der Bundesregierung vorgelegt. Dieser Bericht bestätigte zwar, daß auch heute noch in manchen Bereichen dieser Gesetzgebung echte Härten vorliegen; dennoch vertrat die Bundesregierung in dem Bericht die Auffassung, daß die Wiedergutmachungs- und Kriegsfolgegesetzgebung grundsätzlich als abgeschlossen zu betrachten sei. Die Bundesregierung — so wird in dem vorgenannten Bericht weiter ausgeführt — glaube daher, auch die in dem Entwurf eines 27. Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes vom Bundesrat vorgeschlagenen Maßnahmen nicht unterstützen zu können.
Der Innenausschuß hat dann mit der Mehrheit der Koalition dem Gesetzentwurf nicht zugestimmt und dabei festgestellt, daß die vom Bundesrat vorgeschlagenen Regelungen mit der Absicht der Bundesregierung, diesen Gesetzgebungsbereich mit der 28. Lastenausgleichsnovelle grundsätzlich zum Abschluß zu bringen, nicht in Übereinstimmung gebracht werden können. Er widersprach damit gleichzeitig der von den Mitgliedern der CDU/CSU-Fraktion im Ausschuß vertretenen Auffassung, daß der Lastenausgleich unter Berücksichtigung der Grundsätze der sozialen Gerechtigkeit mit dem gegenwärtigen Leistungsstand nicht als abgeschlossen betrachtet werden könne.
Keine Mehrheit fand weiterhin ein Entschließungsantrag der Mitglieder des Ausschusses, die der Fraktion der CDU/CSU angehören, die Bundesregierung im Hinblick auf eine befriedigende Lösung dieser Gesetzgebung zu einer Überprüfung und Verbesserung der Stichtagsregelung im Lastenausgleichsrecht aufzufordern. Auch insoweit war die Mehrheit des Ausschusses der Auffassung, daß für die Betroffenen die Möglichkeit einer Hilfe nach der Härteregelung des § 301 b LAG gegeben sei. Mit dieser Regelung sei die Verwaltung in die Lage versetzt worden, von sich aus auf Grund gesetzlicher Vorschriften helfen zu können.
Im übrigen seien auf Grund der Beschlußfassung des Ausschusses vom 27. März 1974 zu diesem Bericht vom Bundesminister des Innern und vom Bundesminister der Finanzen über den Abschluß der Kriegsfolgegesetzgebung einerseits eine umfassende Stellungnahme der Bundesregierung über die Erfahrungen mit der Härteregelung des § 301 b LAG und andererseits Vorschläge darüber zu erwarten, welche Maßnahmen in diesem Bereich noch angezeigt seien.
Die Beratungen im Ausschuß machten deutlich, daß sich die Auffassung der Koalition und der Opposition diametral entgegenstehen und selbst in Fragen minimalen Kosten- und Verwaltungsaufwandes ein Kompromiß zur Frage eines harmonischen Abschlusses oder eines abrupten Abbruches zur Zeit nicht zu erzielen ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0713804200
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Als weiterer Berichterstatter spricht der Herr Abgeordnete Liedtke.

Karl Liedtke (SPD):
Rede ID: ID0713804300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gegensatz zwischen Opposition und Koalition ist in diesem Falle ein scheinbarer. Ich darf nur zwei Bemerkungen machen. Punkt 1: Ich zitiere die Opposition aus der Sitzung des Innenausschusses vom 27. März 1974, die Sie nannten, Herr von Fircks. Dort heißt es in der Erklärung der Opposition, daß „fast 30 Jahre nach Kriegsende die Regelungen in diesem Gesetzgebungsbereich grundsätzlich abgeschlossen werden sollten und daß eine erhebliche Ausweitung der Belastung der öffentlichen Haushalte durch diese Gesetzgebung nicht mehr erfolgen darf". Ihr Antrag, beziffert 27. Novelle, beinhaltet eine Belastung von 2 Milliarden DM. Dem können wir nicht folgen. Wir folgen Ihnen aber, indem wir sagen, alle Härtefälle, alle sozialen Härten in diesem Bereich werden wie in § 301 b LAG geregelt. Damit ist den menschlichen Notwendigkeiten voll entsprochen. Dazu sind wir bereit, dafür sind wir offen. Das hat Herr Schäfer in einem langen Artikel auch noch einmal erklärt.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0713804400
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Meine Damen und Herren, ich rufe in zweiter Beratung auf Art. 1 bis 9, Einleitung und Überschrift. Wird das Wort gewünscht? — Ich mache darauf aufmerksam, daß der Ausschuß die Ablehnung des Antrags empfiehlt.

(Schulte [Unna] [SPD] : Können wir nicht über die Ausschußvoriage abstimmen?)

Wer trotzdem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist einer.

(Widerspruch hei der CDU/CSU Lachen bei der SPD)

Wer dagegen zu stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — War die erste Stimme ein Irrtum? - Nein, gut. Mit Mehrheit abgelehnt.

(Lachen bei der SPD — Schulte [Unna] [SPD] : Sie haben doch über das Gesetz abgestimmt!)

9522 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974
Vizepräsident Dr. Jaeger
— Ich habe über das Gesetz abstimmen lassen. — Ich wiederhole die Abstimmung, wenn ein Irrtum entstanden ist. Der Ausschuß empfiehlt Ablehnung. Wer trotzdem den aufgerufenen Artikeln zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist eine Minderheit. Wer ist dagegen? — Das erste war die klare Minderheit. Der Gesetzentwurf ist abgelehnt.
Der Änderungsantrag auf Drucksache 7/3000 ist von den Antragstellern zurückgezogen.
Ich komme damit zu dem zweiten Antrag des Ausschusses, die Petitionen für erledigt zu erklären. Ich nehme an, daß allgemeines Einverständnis damit besteht. — Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:
a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Krankenversicherung der Studierenden (KVSt)

— Drucksache 7/2519 -
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend) Ausschuß für Bildung und Wissenschaft
Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO
b) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Krankenversicherung der Studenten (KVSG)

— Drucksache 7/2993
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend) Ausschuß für Bildung und Wissenschaft
Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO
Wünscht der Bundesrat seinen Gesetzentwurf zu begründen? --- Seine Bank ist nicht besetzt. Das ist also nicht der Fall. Dann erteile ich das Wort zur Begründung des Antrags der Koalitionsfraktionen dem Abgeordneten Biermann.

Günter Biermann (SPD):
Rede ID: ID0713804500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem Deutschen Bundestag liegen heute zwei Gesetzentwürfe vor, die auf einen umfassenden Krankenversicherungsschutz der Studenten abzielen. Ein solcher Schutz ist bisher nur für einen Teil, wenn auch den größten Teil der Studenten und Praktikanten gewährleistet. Etwa 60 % der Studenten haben als Familienangehörige eines in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten Leistungsansprüche im Wege der Familienhilfe. Die verbleibenden 40 % haben aus eigener Mitgliedschaft derartige Ansprüche aufgebaut, oder sie sind bis heute darauf angewiesen, die an den einzelnen
Hochschulen bestehenden Einrichtungen studentischer Krankenvorsorge zu beanspruchen. In aller Regel jedoch bleiben die Leistungen dieser Einrichtungen hinter denen zurück, die die gesetzliche Krankenversicherung gewährt. Dadurch wurde ein Zustand geschaffen, der weder sozialpolitisch noch bildungspolitisch tragbar ist und den die sozialdemokratische Bundestagsfraktion nicht länger hinzunehmen bereit ist. Sie hat daher zusammen mit ihrem Koalitionspartner den Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf über die Krankenversicherung der Studenten erarbeitet.
Dieses Gesetz soll sicherstellen, daß letztlich alle der e für das Jahr 1975 zu erwartenden 821 000 Studenten und Praktikanten über einen befriedigenden Krankenversicherungsschutz verfügen. Es gilt, das erkennbar gewordene Vakuum studentischer Krankenversicherung aufzufüllen.
Lassen Sie mich die Pflöcke erläutern, mit denen nach dem Wilen der Koalitionsfraktionen der Bereich der Krankenversicherung der Studenten und der Praktikanten markiert werden soll.
Erster Punkt: Für alle Studenten, die Anspruch auf Familienhilfe haben, tritt keine Versicherungspflicht ein. Sie bleiben weiterhin familienhilfeberechtigt, ohne selbst Beiträge zahlen zu müssen. Der Anspruch auf Familienhilfe erlischt mit Vollendung des 25. Lebensjahres. Wird die Ausbildung durch die Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht — sei es durch den Wehrdienst oder sei es durch den Zivildienst — unterbrochen oder verzögert, wird der Anspruch für einen der Dienstzeit entsprechenden Zeitraum über das 25. Lebensjahr hinaus gewährt. Eine solche gesetzliche Regelung ist erforderlich, weil die Satzungen einzelner Krankenkassen bisher unterschiedliche Altersgrenzen für den Familienanspruch vorsehen. 1975 werden etwa 493 000 Studenten als Familienangehörige mitversichert sein.
Zweiter Punkt: Die übrigen an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschriebenen Studenten werden in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Anderen Personen, die sich in der Berufsausbildung befinden, wird in dem Entwurf ein Beitrittsrecht zur gesetzlichen Krankenversicherung eingeräumt. Studenten, die in der privaten Krankenversicherung ausreichend gegen die Krankheitsrisiken abgesichert sind, können sich von der Versicherungspflicht befreien lassen. Es ist davon auszugehen, daß die Gruppe derer, die in der gesetzlichen Krankenversicherung oder privat versichert sind, im Jahre 1975 etwa 328 000 Studenten umfassen wird.
Dritter Punkt: Die Krankenversicherung der Studenten wird grundsätzlich durch deren Beiträge finanziert. Bei der Festsetzung des Beitrages muß jedoch die finanzielle Leistungsfähigkeit dieses Personenkreises berücksichtigt werden. Die Beiträge müssen also sozial tragbar bleiben. In das Beitragsgefüge sind deshalb soziale Komponenten einzubauen; wir haben dies getan. Der Bund zahlt einen Zuschuß in Höhe von 60 % des vom Studenten selbst zu tragenden Beitrags. Dieser Zuschuß, der sich zunächst auf 15 DM pro Student und Monat belaufen wird und den die Krankenkasse erhält, wird entsprechend der Entwicklung des durchschnittlichen Beitragssatzes in der gesetzlichen Krankenversicherung jeweils erhöht.
Vierter Punkt: Der Beitrag des Studenten wird auf 5 % des Bedarfssatzes des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bei auswärtiger Unterbringung betragen. Da dieser Förderungssatz 1975 bei 500 DM liegen wird, ergibt sich für den einzelnen Studenten ein monatlicher Krankenversicherungsbeitrag von 25 DM. Die Anbindung des Beitrags an den Förderungsbeitrag des Bundesausbildungsförderungsge-
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9523
Biermann
setzes stellt sicher, daß der Beitrag des Studenten nur dann steigt, wenn auch der Förderungsbeitrag des Bundesausbildungsförderungsgesetzes erhöht wird.
Fünfter Punkt: Um die soziale Komponente der Beitragsgestaltung, von der ich eben sprach, zu verstärken, erhalten die nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz geförderten beitragspflichtigen Studenten eine weitere Entlastung von 10 DM monatlich, so daß der tatsächliche Beitrag für diesen Personenkreis monatlich 15 DM beträgt. Die hierfür erforderlichen Mehraufwendungen sollen nach unserem Entwurf zu 65 % vom Bund und zu 35 °/o von den Ländern getragen werden.
Sechster Punkt: Grundsätzlich werden die Studenten und Praktikanten der für ihren Wohnsitz zuständigen Ortskrankenkasse angehören. Auf Antrag können sie jedoch Mitglied der Ortskrankenkasse des Hochschulortes, der Krankenkasse, bei der sie zuletzt versichert waren, der Krankenkasse, bei der sie zuletzt Familienhilfeanspruch hatten, oder einer Angestelltenersatzkasse werden.
Siebenter Punkt: Es ist vorgesehen, daß das Gesetz am 1. Oktober 1975, also zu Beginn des Wintersemesters 1975/76 in Kraft tritt. In zahlreichen Gesprächen ist mir bestätigt worden, daß es verwaltungstechnisch kaum anders möglich ist, als dieses Gesetz über die Krankenversicherung der Studenten zu Anfang eines Semesters wirksam werden zu lassen.
Wir stellen darum auf den 1. Oktober 1975 ab, weil die von einigen Ländern gestützte Deutsche Studentenkrankenversicherung, die DSKV, entgegen ihren ursprünglichen Absichten erst zum 30. September 1975 ihre Tätigkeit einstellen wird. Dieser Gesetzentwurf gewährleistet daher einen nahtlosen Übergang und räumt allen Beteiligten genügend Zeit ein, um sich mit den zu erwartenden neuen Gesetzesbestimmungen vertraut zu machen und die erforderlichen organisatorischen Vorbereitungen hierfür zu treffen.
Gestatten Sie mir eine erste, wenn auch kurze Bewertung dieses Gesetzentwurfs. Er verbessert den Krankenversicherungsschutz aller Studenten. Er stellt vor allem wegen der Sonderregelung für die Empfänger von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz eine soziale Lösung dar. Zudem überfordert der Entwurf die öffentlichen Haushalte nicht und ist organisatorisch durchführbar.
Meine Damen und Herren, dem vorliegenden Entwurf des Bundesrates liegt eine andere Konzeption zugrunde. Danach sollen auch die Studenten, die bisher der Familienhilfe unterliegen und die keine Beiträge zu zahlen haben, künftig in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragspflichtig werden. Dem Gros der Studenten, das bisher von Beiträgen verschont blieb, würden finanzielle Belastungen mit dem Bundesratsentwurf aufgebürdet werden. Zudem — das ist ein weiterer gewichtiger Einwand — gibt die SPD-Bundestagsfraktion der Bundesregierung uneingeschränkt recht, wenn sie feststellt, daß das Konzept des Bundesrates finanziell nicht abgesichert ist. Zunächst einmal geht der Bundesrat davon aus, daß 1975 nur etwa 700 000 Studierende zu erwarten seien; in Wirklichkeit aber wird man auf 821 000 Studenten kommen. In der Begründung des Gesetzentwurfs schreibt dann der Bundesrat — ich darf mit Genehmigung des Präsidenten zitieren —:
Um im Hinblick auf die finanzielle Situation des versicherten Personenkreises tragbare, jedoch möglichst kostendeckende Beiträge zu erreichen, richten sich die Beitragssätze nach den Förderungsgrundsätzen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes und sollen zur Hälfte von den Studierenden, zur anderen Hälfte vom Bund getragen werden.
Die Länder — so darf man hier anfügen - verfügen anscheinend gern über die Mittel des Bundes. Im Entwurf selbst aber läßt der Bundesrat die genauen Beitragssätze einfach offen.
Geht man nun davon aus, daß der Leistungsaufwand pro Student 45 DM monatlich oder 540 DM pro Jahr beträgt, entfallen 22,50 DM monatlich oder 270 DM jährlich auf den einzelnen Studenten als Beitrag und zu den gleichen Teilen auf den Bund als Zuschuß. Diese Aufwendungen des Bundes würden bei 821 000 Studenten über 220 Millionen DM liegen, während der Koalitionsentwurf den Bundeshaushalt mit etwa 60 Millionen DM belasten wird. Hinzu kommen noch rund 10 Millionen DM von Bund und Ländern, die nach dem Koalitionsentwurf die Empfänger von Förderbeträgen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten sollen. Eine sozial und bildungspolitisch gebotene besondere Entlastung für solche Leistungsempfänger sieht der Bundesratsentwurf leider überhaupt nicht vor.
Wenn, meine Damen und Herren von der Opposition, Sie weiterhin zu dem — ich würde sagen — lautstark verkündeten Beschluß vom 5. November dieses Jahres stehen, nach dem Sie ja alle ausgabenerhöhenden und einnahmemindernden Anträge zurückstellen wollen, so darf ich hier sicherlich hoffen, daß Sie heute schon bereit sind, sich von dem Bundesratsentwurf zu distanzieren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das wäre mein Wunsch, wenn, wie gesagt, das am 5. November Gesagte beibehalten wird. Wir Sozialdemokraten werden jedenfalls dafür sorgen, daß der Entwurf der Koalitionsfraktionen Gesetz wird, damit alle Studenten in unserem Lande den Krankenversicherungsschutz erhalten, dessen sie dringend bedürfen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0713804600
Die Begründung ist erfolgt. Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Fuchs.

Dr. Karl Fuchs (CSU):
Rede ID: ID0713804700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Das Netz der sozialen Sicherungen ist bei der studentischen Krankenversorgung mehr als brüchig, ja es droht, in Kürze — wie eben an dieser Stelle auch bemerkt —
9524 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974
Dr. Fuchs
völlig zusammenzubrechen. Nur mühsam hat sich ja die deutsche studentische Krankenversicherung noch ein weiteres Jahr hinübergeschleppt; die Liquidation der deutschen Studentenkrankenversicherung ist aber bereits endgültig beschlossen. Zahlreiche Studenten sind darüber hinaus unzureichend gegen den Krankheitsfall versichert. Deswegen begrüßt es die CDU/CSU-Fraktion, daß das Problem der studentischen Krankenversicherung anläßlich der ersten Lesung von zwei Gesetzentwürfen — des Bundesrats und der Koalition — im Plenum des Deutschen Bundestages zur Sprache kommt. Wenn Sie, Herr Kollege Biermann, geäußert haben, daß die SPD es nicht mehr hinnehmen wird, daß dieser völlig unbefriedigende Zustand weitergeschleppt wird, dann stimme ich Ihnen zu. Ich muß allerdings hinzufügen, daß Sie damit offensichtlich auch eine eindeutige Kritik an der Bundesregierung geübt haben, die diesen Zustand, obwohl er längst bekannt ist, bis heute hingenommen hat. Ich muß dazu einige Bemerkungen machen; denn seit langem, meine Damen und Herren, ist das Problem der unzureichenden Krankenversicherung der Studierenden bekannt und auch eine Neuregelung geplant.
Die Sachverständigenkommission zur Weiterentwicklung der Sozialen Krankenversicherung hat schon am 29. September 1972 ihr Votum zu diesem Problem abgegeben und Empfehlungen ausgesprochen, Meine Damen und Herren, die Erwähnung dieses Termins scheint mir deshalb notwendig zu sein, weil sich die Bundesregierung bei schwierigen Fragen der Krankenversicherung in der Vergangenheit häufig zunächst auf die Überweisung an die Sachverständigenkommission herausgeredet hat. Die Verschleppung der Neuordnung der studentischen Krankenversicherung jedenfalls kann nicht der Sachverständigenkommission angelastet werden, sondern bleibt das zweifelhafte Verdienst dieser Bundesregierung bzw. bereits ihrer Vorgängerin. Obwohl das Bundesarbeitsministerium schon in der 6. Legislaturperiode angekündigt hatte, die Bundesregierung werde auf diesem Gebiet initiativ, ist trotz vieler Hinweise und Mahnungen von seiten der Opposition und von seiten der studentischen Verbände von der Regierung keine Initiative ergriffen worden.

(Pfeifer [CDU/CSU] : So ist es!)

Selbst die Einbringung eines Antrags der Fraktion der CDU/CSU am 17. Oktober 1973 und die darauf folgende Debatte am 9. November 1973, in der wir die Regierung erneut auf die Dringlichkeit der Neuordnung der studentischen Krankenversicherung hingewiesen haben und zur Vorlage eines Gesetzentwurfs aufgefordert haben, hatte nicht den gewünschten Erfolg. Dabei hatte der damalige Parlamentarische Staatssekretär Rohde, der sich für die Bundesregierung von diesem Platz aus in der Debatte geäußert hat, bemerkt, die Bundesregierung habe bereits in den letzten Monaten — das war also im Sommer und Herbst 1973 — zügig mit den Vorbereitungen einer Gesetzesinitiative begonnen; sie werde in Kürze einen Gesetzentwurf vorlegen. Und nach Bundesminister von Dohnanyi, der
sich wenige Tage später dazu schriftlich geäußert hat — im November 1973 —, sollte dieses Gesetz zum 1. Januar 1975 in Kraft treten.

(Pfeifer [CDU/CSU] : Alles leere Versprechungen!)

Jetzt soll also das Gesetz zum 1. Oktober 1975 in Kraft treten. Durch diese Verschleppung wird ein Haushaltsansatz von 60 Millionen um 45 Millionen DM gekürzt. Das wird wohl zum Stopfen anderer Inflationslöcher hergenommen werden, aber so war das ja offensichtlich bei der Vorlage des Haushalts nicht gedacht. Das kann man, meine Damen und Herren, eindeutig feststellen. Im übrigen muß ich darauf hinweisen: Wenn das Gesetz zum 1. Oktober in Kraft tritt und die deutsche studentische Krankenversicherung zum 30. September dieses Jahres schließt, wird sich eine Lücke ergeben. Denn das Wintersemester beginnt an den deutschen Universitäten bekanntermaßen am 1. November. Man sollte bei den Ausschußberatungen vielleicht noch einmal überlegen,

(Pfeifer [CDU/CSU] : Sehr gut!)

ob da nicht ein Spalt entsteht, der sicherlich nicht auf breiter Front, aber in Einzelfällen zweifelsohne erhebliche, für den Betroffenen vielleicht sogar katastrophale Wirkungen haben kann.

(Pfeifer [CDU/CSU] : Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, die CDU/CSU-Fraktion kann der Bundesregierung den schwerwiegenden Vorwurf nicht ersparen, daß sie trotz der mehrfachen Zusagen entweder nicht in der Lage war, sich zu einem Gesetzentwurf durchzuringen, oder daß sie diese wichtige soziale Frage der Studierenden absichtlich oder fahrlässig auf die lange Bank geschoben hat. Die Glaubwürdigkeit von Erklärungen von Mitgliedern der Bundesregierung jedenfalls — es sind ja noch mehrere da — ist durch dieses Vorgehen erneut erschüttert worden.

(Beifall bei der CDU/CSU — Biermann [SPD] : Gibt es eigentlich erst seit 1969 Studenten?)

Um so mehr begrüßt es die CDU/CSU-Fraktion, daß auf Grund der Initiative von Rheinland-Pfalz, die bereits am 4. März erfolgt ist, durch den Bundesrat ein Gesetzentwurf beschlossen und dem Bundestag am 4. September 1974 zugeleitet wurde. Als mit dem vergeblichen Warten auf einen Regierungs- oder Koalitionsentwurf erneut wertvolle Zeit vertan wurde, meine Damen und Herren, beantragte die CDU/CSU-Fraktion Mitte November, den Gesetzentwurf des Bundesrates möglichst bald in erster Lesung zu beraten. Unsere Absicht dabei war, die Bundesregierung oder die Koalition nun unmißverständlich und endgültig zu veranlassen, den mehrfach versprochenen Gesetzentwurf ihrerseits vorzulegen.

(Wehner [SPD] : Damit Sie dem dann endgültig zustimmen können! — Pfeifer [CDU/ CSU] : Das kommt darauf an!)

— Sie werden sofort hören, Herr Wehner, was wir dazu sagen. Erst in allerletzter Minute, nämlich
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9525
Dr. Fuchs
gestern, haben sich SPD und FDP in dieser Frage auf ein Konzept geeinigt.

(Wehner [SPD] : Was Sie nicht alles wissen! — Weitere Zurufe von Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Ohne den erneuten Anstoß der CDU/CSU wäre es wohl auch nicht möglich, diese dringlichen Fragen heute im Bundestag zu besprechen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bevor ich mich nun mit dem Koalitionsentwurf befasse, möchte ich kurz die Grundkonzeption der CDU/CSU umreißen, wie sie bereits in dem Antrag vom 17. Oktober vorigen Jahres enthalten ist. Mit ihr stimmen wesentliche Punkte des Gesetzentwurfs des Bundesrates überein. Sie werden feststellen können — ich werde danach zum Koalitionsentwurf etwas sagen —, daß sich erfreulicherweise die meisten Punkte tatsächlich decken und daß in anderen Punkten sicher eine Einigung möglich sein wird.
Erstens. Wir wünschen eine bundeseinheitliche Regelung, die einen umfassenden Krankenversicherungsschutz der Studierenden garantiert.
Zweitens. Alle Studenten und sonstige in der Ausbildung befindlichen Personen, die weder der betrieblichen Ausbildung noch dem allgemeinen Schulbereich zuzuordnen sind, z. B. die Praktikanten, die auch bei Ihnen erwähnt sind, sollen durch diese neue Regelung erfaßt werden.

(Biermann [SPD] : Was sind wir doch für gute Menschen!)

Drittens. Die CDU/CSU plädiert für eine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung, soweit nicht bereits, z. B. für die Familienhilfeberechtigten ein gesetzlicher Krankenversicherungsschutz besteht.
Viertens. Studierende, die einen vergleichbaren privaten Versicherungsschutz nachweisen können, können sich von der Versicherungspflicht befreien lassen. Wir wollen faire Wettbewerbschancen für die private Krankenversicherung. Für die übrigen in Ausbildung befindlichen Personen treten wir außerdem für ein Beitrittsrecht ein.
Meine Damen und Herren! Die besonderen Probleme der ausländischen Studierenden müssen, glaube ich, im Ausschuß noch einmal näher betrachtet werden. Denn auch nach Ihrem Gesetzentwurf, dem Gesetzentwurf der Koalition, geht man davon aus, daß nur diejenigen, die voll immatrikuliert sind, diese Pflichtversicherung erhalten. Es besteht nun aber bei den ausländischen Studierenden das Problem, daß sie, z. B. wegen der noch nicht abgelegten Prüfung im Deutschen, nicht voll immatrikuliert sind, sondern als Gasthörer an den Universitäten vollzeitstudieren und dann natürlich nicht erfaßt werden könnten. Das ist ein Problem, das mit anderen zusammen in den Ausschußberatungen noch gelöst werden muß.
Fünftens. Der Studierende hat zum einen die freie Wahl zwischen der gesetzlichen Krankenversicherung seines Wohnorts — diese hat, übrigens auch nach dem Votum des Ausschusses für Bildung und
Wissenschaft, eindeutig Priorität —, zum anderen die Wahl zwischen einer Kasse der gesetzlichen Krankenversicherung und einem privaten Versicherungsunternehmen. Einen eigenen Träger der studentischen Krankenversicherung zu schaffen, wie dies erst kürzlich für Landwirte geschehen ist, lehnt die CDU/CSU-Fraktion ab. Dies würde erneut zu einer Zersplitterung führen, und das ist sicher nicht zweckmäßig.
Sechstens. Der Studierende soll die gleichen Leistungen wie sonstige Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten, aber ohne laufendes Krankengeld, das in diesem Fall bei den Studierenden ja auch nicht veranlaßt ist.
Siebentens. Die Finanzierung der studentischen Krankenversicherung soll über kostendeckende Beiträge erfolgen, und zwar über eigene Beiträge der Studierenden und staatliche Zuschüsse. Wir lehnen die Belastung der Solidargemeinschaft, der Versicherungsgemeinschaft der in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten, angesichts der ohnehin auf sie zukommenden erheblichen Belastungen mit Beiträgen für die studentische Krankenversicherung ab.

(Pfeifer [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Der Beitragssatz soll sich an dem Förderungssatz für auswärtig untergebrachte Studierende, also an 500 DM, orientieren und unterliegt damit nach § 35 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes auch einer gewissen Dynamisierung, was ja sicher auch notwendig ist, da sich ja auch die übrigen Beiträge —
leider — nach oben bewegen.
Achtens. Hinsichtlich der Bundeszuschüsse zur studentischen Krankenversicherung muß gewährleistet sein, daß alle Studierenden — gleichgültig, ob sie gesetzlich oder privat versichert sind —, gleichbehandelt werden. Diese Beiträge — auch das haben wir damals schon gefordert — müssen sozial tragbar sein. Wenn man annimmt, daß 60 % der Studierenden familienhilfeberechtigt sind, müßte bei etwa 820 000 Studierenden für etwa 320 000 Studenten der Bundeszuschuß bezahlt werden. Das läge — bei 15 DM Zuschuß pro Monat und Student — im Rahmen des Haushaltsentwurfs.
Unsere Vorstellungen folgen weitgehend den Vorschlägen der Sachverständigenkommission, wie das übrigens auch beim Koalitionsentwurf ganz eindeutig der Fall ist. Das gilt auch für den Gesetzentwurf des Bundesrates. Allerdings, so muß ich hier hinzufügen — und da, Herr Kollege Biermann, ist diese Antwort, glaube ich, erforderlich —, müßte die ursprüngliche Fassung des Gesetzentwurfes von Rheinland-Pfalz wiederhergestellt werden. Das heißt, wer Krankenversicherungsschutz über die Familienhilfe hat, braucht nicht in der Pflichtversicherung versichert zu werden.

(Dr. Waigel [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

Das muß also wiederum rückgängig gemacht werden. Dadurch würde auch das finanzielle Bedenken der Bundesregierung, das in der Gegenäußerung zum Gesetzentwurf enthalten ist, im wesentlichen ausgeräumt.
9526 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974
Dr. Fuchs
Zum Koalitionsentwurf, meine Damen und Herren, den wir ja erst seit gestern kennen, ist zu sagen, daß auch er sich, wie ich soeben schon festgestellt habe, im wesentlichen an den Empfehlungen der Sachverständigenkommission orientiert. Ein so langes Zuwarten wäre also gar nicht notwendig gewesen. Denn die Empfehlungen liegen bereits seit September 1972 vor.
Bedenken entstünden nur — ich habe es vorhin schon angedeutet —, wenn durch eine zu enge Begrenzung des Eigenbeitrags und des Bundeszuschusses eine Mitfinanzierung durch die gesetzliche Krankenversicherung erforderlich wäre. Denn die Solidarität der Versichertengemeinschaft würde dabei überstrapaziert werden. Hier ergibt sich auch im Koalitionsentwurf ein gewisser Widerspruch. Sie stellen einerseits fest — wie auch soeben wieder geschehen —, daß die Beiträge durch die Studenten und Zuschüsse finanziert werden sollen. Wenn man aber genau prüft — und in der Begründung wird das deutlich —, dann stellt sich heraus, daß die Versichertengemeinschaft mit 5 DM pro Studierenden und Monat belastet wird. Denn: Einen Beitrag von 45 DM angenommen, muß der Studierende 25 DM bzw. der Studierende, der Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhält, 15 DM plus 10 DM bezahlen. Durch Bundeszuschuß kommen dann noch 15 DM hinzu; das ergibt dann 40 DM.
Meine Damen und Herren, ich glaube, dagegen bestehen Bedenken, und im Ausschuß ist zu prüfen, wie man diese Frage befriedigend regeln kann.

(Glombig [SM]: Machen Sie doch mal einen Vorschlag!)

— Sie wissen ja, daß bekanntermaßen die erste Lesung dazu dient, die Grundsätze zu erörtern. Ich habe ausdrücklich gesagt, daß diese Frage im Ausschuß behandelt werden soll, und das ist doch die entscheidende Frage.
Meine Damen und Herren, wir halten übrigens einen zusätzlichen Förderungsbetrag in Höhe von 10 DM für Empfänger von Geldern nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, wie er im Koalitionsentwurf vorgeschlagen ist, für sinnvoll.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0713804800
Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Ich bitte Sie, zum Schluß zu kommen.

Dr. Karl Fuchs (CSU):
Rede ID: ID0713804900
Ich darf darauf hinweisen, daß der Bundesrat diesen Weg bereits in einer ersten Entschließung angedeutet hat. Wir werden diesen Weg mitgehen.
Im übrigen darf ich feststellen, daß ich mich freue, daß die FDP-Fraktion jetzt offensichtlich anderer Meinung geworden ist, denn voriges Jahr hat Herr Kollege Schmidt (Kempten) noch festgestellt, eine solche Lösung sei mit der FDP-Konzeption unvereinbar. Die FDP-Fraktion hat aber offensichtlich insgesamt einen Lernprozeß mitgemacht.
Meine Damen und Herren, die CDU/CSU wird alles tun, um die längst überfälligen Beratungen zur
Neuregelung der studentischen Krankenversicherung zu beschleunigen.

(Zuruf von der SPD: Und zieht den Bundesratsentwurf zurück!)

Sie erwartet, daß die Koalitionsfraktionen das gleiche tun.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0713805000
Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt (Kempten).

Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0713805100
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wir Freien Demokraten begrüßen es sehr, daß heute mit der ersten Lesung des Entwurfs der Fraktionen der SPD/ FDP eines Gesetzes über die Krankenversicherung der Studenten ein erster konkreter Schritt zur Neuordnung der studentischen Krankenversicherung gegangen wird. Ich sage bewußt: ein erster konkreter Schritt, denn, Herr Kollege Fuchs, was Sie hier alles über die Initiative des Bundesrates und dergleichen gesagt haben, bringt uns Freie Demokraten nicht davon ab, dasselbe zu sagen, was ich damals bereits gesagt habe: Was der Bundesrat vorgelegt hat, ist für uns nicht akzeptabel.

(Dr. Gölter [CDU/CSU] : Er hat aber wenigstens überhaupt etwas vorgelegt!)

Deshalb, meine Damen und Herren, ist diese Vorlage, die die Koalitionsfraktionen erarbeitet haben, der erste konkrete Schritt zu dieser Neuordnung. Von dem, was der Bundesrat vorgelegt hat, hat er sich inzwischen offensichtlich selbst distanziert, weil kein einziger Vertreter des Bundesrates anwesend ist, nicht einmal derjenige, der als ein führender Kopf der Opposition diesen Bundesratsentwurf im Endeffekt paraphiert und durchgesetzt hat, Herr Minister Geissler. Ich hatte eigentlich erwartet, daß er hier zu seinem Entwurf sprechen würde. Vom Bundesrat ist also niemand da, und auf die Tatsache, daß auch Sie sich, Herr Kollege Fuchs, durch Ihren Seiltanz einerseits ist die CDU/CSU noch an den Bundesratsentwurf gebunden, andererseits stimmt sie diesem Entwurf zu — im Endeffekt distanziert haben, werde ich gleich noch kommen. Im Gegensatz zu dein, was der Bundesrat vorgelegt hat, haben die Koalitionsfraktionen einen anderen Weg gesucht, einen Weg, der etwas mühsamer war und über den man länger nachdenken mußte.

(Dr. Gölter [CDU/CSU]: Das kann man sagen!) Dazu werde ich gleich noch etwas sagen.

Der Bundesratsentwurf sah eine Zwangslösung vor, die nicht auf den besonderen Personenkreis der Studenten paßte. Er übertrug dem Steuerzahler Ausgaben, die zur Zeit in keiner Weise vertretbar sind. Wenn man die Zahlen aus der Begründung zum Bundesratsentwurf nimmt, sieht das ja mit 70 Millionen DM noch sehr schön aus. Wenn man aber nachrechnet, was es tatsächlich kostet, kommt man auf 150 bis 250 Millionen DM Staatszuschüsse, Steuerzuschüsse,
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9527
Schmidt (Kempten)

die bei einer Hälftung des Beitrages hätten geleistet werden müssen.

(Pfeifer [CDU/CSU]: Aber nur, wenn man falsch rechnet!)

— Entschuldigen Sie, ich habe es gestern abend sehr genau mit 15 zu 15, 20 zu 20 und mit 25 zu 25 DM durchgerechnet. Ich kann Ihnen die Zahlen sagen, die dabei herauskommen. Ich gebe zu, der Bundesratsentwurf ist ein Jahr alt, und dadurch haben sich einige Zahlen verändert. Aber zweifellos lag schon damals die geschätzte Zahl der Studenten nicht bei 700 000, sondern wesentlich höher. Aber man hat hier tiefgestapelt, um die Zahl nicht zu hoch kommen zu lassen.
Herr Kollege Fuchs, ich habe schon gesagt: Wir Freien Demokraten bewundern Ihren Seiltanz. Vielleicht hat man deshalb — das Kompliment mache ich in dem Fall der CSU — seitens der CDU/CSU-Fraktion vorsichtshalber einen CSU-Redner heraufgeschickt, weil sich dieser von Herrn Minister Geissler und dem Bundesratsentwurf der CDU leichter distanzieren kann.

(Zuruf von der CDU/CSU: Da sind Sie auf dem Holzweg!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0713805200
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Fuchs?

Dr. Karl Fuchs (CSU):
Rede ID: ID0713805300
Herr Kollege Schmidt, würden Sie mir zugeben, daß der Gesetzentwurf des Ministers Geissler, den Sie eben zitiert haben, genau die Regelung vorgesehen hatte, die Familienversicherten nicht mit hineinzunehmen?

Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0713805400
Es geht nicht um diese eine Detaillösung, sondern um die Gesamtlösung.

(Dr. Fuchs [CDU/CSU]: Das ist aber der wesentliche Punkt!)

— Das ist noch lange nicht der wesentlichste Punkt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sondern? — Dr. Gölter [CDU/CSU] : Der Schmidt stockt!)

— Der Schmidt stockt gar nicht; da brauchen Sie keine Sorge zu haben. — Das ist lange nicht der einzige Punkt. Sie wissen sehr genau, daß Sie in dem Entwurf des Bundesrats — ich meine nicht Sie, Herr Kollege Fuchs, sondern diejenigen, die den Entwurf entwickelt haben — eine Zwangsversicherung mit einer sehr schwierigen Befreiungssituation hatten, während wir heute eine Befreiungslösung und eine flexible Lösung haben, die der Situation der Studenten und unserem gesamten gegliederten Krankenversicherungssystem besser entspricht. In der Beitragssituation stimmen Sie uns heute zu. Sie haben ja gesagt: Weitgehend stimmen Sie dem Koalitionsentwurf zu. Darüber, daß er in sehr starkem Gegensatz zum Bundesratsentwurf steht, werden wir, glaube ich, im Ausschuß noch zu sprechen haben, es sei denn, Sie stellen Anträge auf Grund des Bundesratsentwurfs. Das nehme ich nach Ihren Ausführungen aber gar nicht an.
Vorhin wurde — dazu muß ich noch etwas sagen I — der Bundesregierung der Vorwurf gemacht, es habe so lange gedauert,

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

weil man sich angeblich nicht geeinigt habe. Nun, Herr Kollege Fuchs, der Bundesratsentwurf war für die Bundesregierung und auch für die Koalitionsfraktionen schon lange keine Grundlage, um hier etwas vorlegen zu können. Es mußte also etwas Neues erarbeitet werden. Es gab — das haben Sie selber vorhin dargestellt — eine ganze Reihe unterschiedlicher Auffassungen zunächst unter den Betroffenen, von der Weiterführung und der Ausgestaltung der Deutschen Studentischen Krankenversicherung bis zu einem eigenen Träger einer Gesamtversicherung und dergleichen mehr, bis zur völligen Hineinnahme in die gesetzliche Krankenversicherung ohne flexible Lösung. Zwischen diesen Lösungen den besten Weg zu suchen, erschien den Koalitionsfraktionen allerdings als Aufgabe.
Daß es etwas länger gedauert hat, gebe ich gern zu. Aber, ich glaube, heute können wir mit diesem Entwurf und nach Ihren zustimmenden Worten auch davon ausgehen, daß wir dafür dann in wenigen Monaten — wir haben ja durch die Verlängerung der Auflösungsfrist zum 1. Oktober bei der Deutschen Studentischen Krankenversicherung etwas mehr Spielraum für die Beratungen gewonnen —diese Neuregelung der studentischen Krankenversicherung im Sinne des Koalitionsentwurfs vorlegen können, die dann als Gesetz verabschiedet werden soll. In dem Augenblick, wo dies geschieht, werden 40 % der heute unterschiedlich, zum Teil gar nicht Versicherten in einen vollen Krankenversicherungsschutz kommen. 60 % werden nicht neu belastet, wie es nach anderen Vorstellungen einmal gedacht war. Wir werden in diesem Gesetzentwurf — das ist das, was wir Freien Demokraten besonders begrüßen — einen Spielraum der Entscheidungsfreiheit mit einer Dreimonatsfrist haben, der, glaube ich, dem besonderen Personenkreis der Studenten, der ja nicht ohne weiteres in eine Berufsgruppe, in die Arbeitnehmergruppe oder irgend etwas anderes eingeordnet werden kann, und auch dem System Krankenversicherung besser entspricht als alle anderen Lösungen, die ebenfalls zur Überlegung anstanden.
Lassen Sie mich abschließend noch ein Wort zur Beitragsgestaltung sagen. Die Koalitionsfraktionen und wir Freien Demokraten sind davon ausgegangen, daß eine Kostendeckung erfolgen muß, ohne daß die Solidargemeinschaft der Krankenversicherung hierzu herangezogen werden sollte.
Es steht im Augenblick noch nicht genau fest, ob sich für 1975 bereits mit 45 DM ein kostendeckender Beitrag ergibt. Er liegt aber auf alle Fälle über 40 DM. Bei der jetzt im Koalitionsentwurf vorgesehenen Lösung und im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel, nämlich der 60 Millionen DM, wird es möglich sein, über 25 DM Eigenbeitrag — bei BAFöG-Geförderten 15 DM Eigenbeitrag, also noch einmal um 10 DM Zuschuß vermindert — und 15 DM Zuschuß aus den 60 Millionen
9528 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974
Schmidt (Kempten)

DM 40 DM aufzubringen. Es wird im Ausschuß zu überlegen sein — auch in der Finanzplanung sind die weiteren Zuschußentwicklungen, 65 Millionen DM für 1975 usw., enthalten —, wie man diese Kostendeckung auf Dauer garantiert.
Es kann auch überlegt werden, ob man zu der Möglichkeit kommen kann, den Bundeszuschuß zu erhöhen, um die in der Öffentlichkeit etwas zugespitzte Diskussion, 25 DM seien sozial nicht tragbar, vielleicht noch ein wenig zu entschärfen. Aber das ist eine Frage, die bei der jetzigen Haushaltssituation sicher nicht diskutiert werden, über die man sich aber vielleicht in Zukunft einmal unterhalten kann. Wir Freien Demokraten sind allerdings der Meinung, daß diese 25 DM als Eigenbeitrag — bei BAFöG-Geförderten nur 15 DM — als sozial tragbar anzusehen sind.
Abschließend darf ich noch einmal feststellen: Wir begrüßen es sehr, daß von den Koalitionsfraktionen eine sozialliberale Lösung für die Krankenversicherung der Studenten vorgelegt worden ist. Wir danken dem Sprecher der Opposition, daß er im Endeffekt dieser Lösung zustimmt und damit den Tagesordnungspunkt 2 a), den Bundesratsvorschlag, ebenfalls als nicht mehr so wichtig ansieht.

(Zuruf von der CDU/CSU)

Vielleicht hat auch der gesundheitspolitische Kongreß der CDU/CSU in Kiel dazu beigetragen, daß man Dinge, die man vorher gewollt hat, nicht mehr gut in der Öffentlichkeit verkaufen kann, nachdem
man in Kiel etwas anderes gesagt hat. Das mag auch sein.
Wir begrüßen jedenfalls die Zustimmung der Opposition zu diesem Gesetzentwurf. Wir hoffen, daß wir bei einigen Regelungen — ich denke an die ausländischen Studenten — man muß prüfen, ob das alles schon abgesichert ist — im Ausschuß in wenigen Wochen gemeinsam die studentische Krankenversicherung auf eine gesunde finanzielle, die Solidargemeinschaft der Krankenversicherung nicht belastende und jedem Studenten eine gute Absicherung bei Krankheit gebende Basis bringen werden.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0713805500
Meine Damen und Herren, wird des weiteren das Wort gewünscht? —Das ist nicht der Fall. Ich schlage Ihnen vor, die beiden Entwürfe an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung — federführend —, an den Ausschuß für Bildung und Wissenschaft — mitberatend — sowie an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung und gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu überweisen. — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 8 der Tagesordnung ist bereits abgesetzt. Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Beratung der Übersicht 12 des Rechtsausschusses (6. Ausschuß) über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht
— Drucksache 7/2973 —
Das Wort wird nicht gewünscht. Ich nehme an, daß das Haus mit dem Ausschußantrag einverstanden ist. — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 10 02 Tit. 656 55 im Haushaltsjahr 1974
— Drucksachen 7/2731, 7/2967 —
Berichterstatter: Abgeordneter Löffler
Auf einen Bericht wird verzichtet. Das Haus hat hier nur zur Kenntnis zu nehmen. — Dies ist hiermit geschehen.
Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. überplanmäßige Ausgabe im Haushaltsjahr 1974 bei Kap. 32 05 Tit. 575 06 — Diskont für unverzinsliche Schatzanweisungen
— Drucksachen 7/2684, 7/2968 — Berichterstatter: Abgeordneter Blank
Auch hier hat das Haus nur Kenntnis zu nehmen. — Dies ist hiermit geschehen.
Ich rufe nunmehr die Punkte 12 bis 17 der Tagesordnung auf:
12. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß) zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für eine
Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß eines Zusatzprotokolls zu dem zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Finnland geschlossenen Abkommen
Verordnung (EWG) des Rates über die zolltarifliche Behandlung bestimmter Erzeugnisse, die zur Verwendung beim Bau, bei der Instandhaltung oder der Instandsetzung von Luftfahrzeugen bestimmt sind
Verordnung (EWG) des Rates über die zolltarifliche Behandlung bestimmter aus den neuen Mitgliedstaaten eingeführter Erzeugnisse, die in der Gemeinschaft in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung beim Bau, bei der Instandhaltung oder Instandsetzung bestimmter Luftfahrzeuge verwendet werden sollen
— Drucksachen 7/2595, 7/2648, 7/2671, 7/2923 —
Berichterstatter: Abgeordneter Zeyer
13. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß) zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für eine
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9529
Vizepräsident Dr. Jaeger
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über geschweißte Gasflaschen aus unlegiertem Stahl
Richtlinie des Rates zur Angleichung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für
nahtlose Gasflaschen aus Aluminiumlegierung
— Drucksachen 7/2472, 7/2477, 7/2929 — Berichterstatter:
Abgeordneter Franke (Osnabrück)

14. Beratung des Berichts und des Antrags des Finanzausschusses (7. Ausschuß) zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für eine
Richtlinie des Rates über die Einzelheiten der Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs für einige selbständige Tätigkeiten auf dem Gebiet des Steuerwesens
Richtlinie des Rates über die Einzelheiten der Übergangsmaßnahmen für einige Tätigkeiten auf dem Gebiet des Steuerwesens
Empfehlung des Rates betreffend das Großherzogtum Luxemburg
— Drucksachen VI/2568, 7/2943 — Berichterstatter:
Abgeordneter von Bockelberg
15. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß) zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Verpflichtung der Mitgliedstaaten der EWG, Mindestvorräte an Brennstoffen bei den Wärmekraftwerken zu halten
— Drucksachen 7/1656, 7/2970 — Berichterstatter:
Abgeordneter Schmidhuber
16. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß) zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für
eine Verordnung (EWG) des Rates zur Ausdehnung des Anhangs der Verordnung (EWG) Nr. 109/70 zur Festlegung einer gemeinsamen Regelung für die Einfuhr aus Staatshandelsländern auf weitere Einfuhren
eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 803/68 des Rates über den Zollwert der Waren
Entwürfe für die sonst noch zu ändernden bzw. als überholt zu betrachtenden Rechtsakte, mit denen die Gesamtheit der erforderlichen Maßnahmen zur Anwendung der Gemeinschaftsregelungen in den Beziehungen zur Deutschen
Demokratischen Republik erfaßt werden soll
— Drucksachen 7/2454, 7/2971 — Berichterstatter:
Abgeordneter Reuschenbach
17. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß) zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie Nr. 68/297/EWG des Rates zur Vereinheitlichung der Vorschriften über die abgabenfreie Einfuhr des in den Treibstoffbehältern der Nutzkraftfahrzeuge enthaltenen Treibstoffs
— Drucksachen 7/2501, 7/2972 — Berichterstatter: Abgeordneter Schmidhuber
Ich danke den Herren Berichterstattern. Auf eine mündliche Berichterstattung wird verzichtet. Wird das Wort zur Aussprache gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Ist das Haus damit einverstanden, daß wir der Einfachheit halber gemeinsam abstimmen? — Ich höre keinen Widerspruch. Das Haus nimmt die Vorlagen zur Kenntnis und stimmt im übrigen den Anträgen der Ausschüsse zu? — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, wir stehen am Ende der Vormittagssitzung.
Ich unterbreche die Beratungen bis zur Fragestunde um 13.30 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 12.06 bis 13.30 Uhr)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713805600
Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde
— Drucksache 7/2982 —
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, daß wir auch in dieser Woche abweichend von den Richtlinien für die Fragestunde zwei Fragestunden mit einer jeweiligen Dauer von 90 Minuten durchführen. Gemäß § 127 unserer Geschäftsordnung muß diese Abweichung beschlossen werden. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, wir treten damit in die Fragestunde ein.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau auf.
Die Frage 1 des Herrn Abgeordneten Gansel wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Schmude zur Verfügung.
9530 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
Die Frage 2 ist von dem Herrn Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) eingereicht. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Fragen 3 und 4 der Abgeordneten Frau Pack werden auf Wunsch der Fragestellerin schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 5 des Herrn Abgeordneten Spranger auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß bei den letzten Landtagswahlen in Bayern und Hessen durch sogenannte „Ummeldeaktionen" die DKP und die KPD erhebliche Stimmengewinne in bestimmten Städten und Gemeinden erzielen konnten, und was beabsichtigt die Bundesregierung zu tun, um bei anstehenden Wahlen derartige Wahlmanipulationen zu verhindern?
Herr Staatssekretär!

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0713805700
Herr Kollege Spranger, der Bundesregierung ist bekannt, daß es anläßlich der Landtagswahlen in Bayern und Hessen am 27. Oktober 1974 nach Aufrufen kommunistischer Gruppierungen zur Verlegung von Hauptwohnungen an Universitätsorte gekommen ist. Diese Ummeldeaktionen haben aber nicht zu nennenswerten regionalen Stimmengewinnen dieser Gruppierungen geführt.
In rechtlicher Hinsicht weise ich darauf hin, daß das Landeswahlrecht — dazu gehört sowohl das Landtags- wie das Kommunalwahlrecht — in den Kompetenzbereich der Länder fällt. Was die Wahlen zum Deutschen Bundestag anbelangt, ist die Bestimmung der Hauptwohnung, an die die Ausübung des Wahlrechts geknüpft ist, nach geltendem Recht dem Bürger überlassen. Er kann sich dabei frei entscheiden.
§ 5 des Entwurfs eines Gesetzes über das Meldewesen — Bundesmeldegesetz — sieht jedoch künftig eine Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebenwohnung nach objektiven Kriterien vor. Danach soll nur die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners seine Hauptwohnung sein können. Nach Inkrafttreten des Bundesmeldegesetzes und des derzeit ebenfalls in der parlamentarischen Beratung befindlichen Änderungsgesetzes zum Bundeswahlgesetz werden mithin zur nächsten Bundestagswahl Studenten ihr Wahlrecht in der Regel am Universitätsort als dem Ort ihrer Hauptwohnung ausüben. Wie bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen kann dann auch hier, falls die übrigen in den wahlrechtlichen Vorschriften enthaltenen materiellen und formellen Voraussetzungen erfüllt sind, nicht von „Wahlmanipulation" gesprochen werden.
Die von Ihnen aufgeworfene Frage wird im übrigen im Hinblick auf die DKP und KPD bei Bundestagswahlen deshalb keine große Rolle spielen, weil es hier für die Verteilung der Sitze entscheidend auf das Wahlkreisergebnis und die Zahl der im gesamten Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen ankommt. Die Frage kann allenfalls im Kommunalwahlrecht, wo die Mehrheitsverhältnise in einem begrenzten regionalen Bereich ausschlaggebend sind und ein „Ausgleich" auf überörtlicher Ebene nicht erfolgen kann, relevant sein. Hier wird es jedoch insoweit zu einem „Ausgleich" kommen, als künftig kraft Gesetzes alle Studenten in der Regel am Universitätsort ihre Hauptwohnung haben.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713805800
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter!

Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID0713805900
Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, den Begriff der „nicht nennenswerten Stimmengewinne" näher zu definieren?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0713806000
Herr Kollege, diese Einschätzung ergibt sich aus den Wahlergebnissen, die wie folgt vorliegen: Nach den amtlichen Wahlergebnissen hat die DKP gegenüber den Landtagswahlen 1970 ihr Wahlergebnis in Bayern nicht verbessern können, in Hessen ist sie sogar um 0,3 °/o gesunken. Ihr Stimmenanteil beträgt nunmehr 0,4 °/o bis 0,9 °/o. Entsprechendes gilt in noch geringerem Maßstab für die KPD. Ich meine, damit sagen zu können, daß es sich hier um sehr geringfügige Vorgänge handelt, bei denen man von einer relevanten Verschiebung im Einzelfall nicht sprechen kann.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713806100
Eine weitere Zusatzfrage.

Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID0713806200
Ist es zutreffend, daß man hinsichtlich der Kommunalwahlen beispielsweise in Marburg durchaus von erheblichen Stimmengewinnen der DKP oder KPD sprechen kann, und ist dafür Sorge getragen, daß ein ähnlicher Mißbrauch der jeweiligen Ummeldung des Wohnsitzes bei den Bundestagswahlen 1976 ausgeschlossen wird?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0713806300
Herr Kollege Spranger, es trifft zu, daß es bei der Kommunalwahl, die Sie in Ihrer Frage nicht angesprochen haben, in dem Einzelfall Marburg eine aufsehenerregende Verschiebung gegeben hat. Dort ist es der DKP gelungen, die Zahl der Mandate im Stadtparlament von 2 auf 5 zu erweitern.
Am Ende der ersten Antwort, die ich Ihnen gegeben habe, habe ich schon darauf hingewiesen, daß nach der Änderung des Bundesmeldegesetzes künftig in der Regel alle Studenten am Universitätswohnort wählen werden und daß insofern eine Manipulation schon aus diesem Grunde ausgeschlossen ist. Auch heute hält es die Bundesregierung nicht für geboten, von Manipulation zu sprechen, denn das heutige Wahlrecht überläßt es dem Bürger, wo er seine Hauptwohnung gründet und wo er folglich sein Wahlrecht ausübt.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713806400
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Arndt (Hamburg).
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9531

Prof. Dr. Claus Arndt (SPD):
Rede ID: ID0713806500
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß eine grundsätzliche Lösung dieses Problems schon deswegen nicht möglich ist, weil unser Grundgesetz das Grundrecht der Freizügigkeit kennt?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0713806600
Herr Kollege Arndt, dies kann ich Ihnen natürlich in vollem Umfang bestätigen. Darüber hinaus handelt es sich hier um ein Spezialproblem, nämlich die Frage, wo das Wahlrecht ausgeübt wird. Und auch darüber kann der Bürger frei entscheiden. Künftig — wie ich schon darlegte — wird es auf die objektiven Kriterien des Hauptwohnsitzes ankommen, mit dem dann das Wahlrecht örtlich verbunden ist.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713806700
Ich rufe die Frage 6 des Abgeordneten Hösl auf:
Welche Gründe veranlaßte die Bundesregierung zu der Weisung, daß das „Statistische Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1974" keine Darstellung der deutschen Grenzen von 1937 mehr enthalten soll, und wie vereinbart sich diese Weisung mit der vom Deutschen Bundestag einmütig gebilligten Entschließung vom 17. Mai 1972 zu den Ostverträgen, wonach diese nur einen Modus vivendi regeln, eine friedensvertragliche Regelung für Deutschland nicht vorwegnehmen und keine Rechtsgrundlage für die heute bestehenden Grenzen schaffen?
Herr Staatssekretär!

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0713806800
Herr Kollege Hösl, wie die Bundesregierung bereits in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 7. November 1974 mitgeteilt hat, wird nach Überarbeitung von Teilen des Statistischen Jahrbuchs für die Bundesrepublik Deutschland die bisher in den Jahrbüchern enthaltene Umrißkarte von Deutschland in den Grenzen des Deutschen Reiches vom 31. Dezember 1937 in der Ausgabe 1974 nicht mehr veröffentlicht. Bei ihrer Entscheidung hat sich die Bundesregierung von den Anforderungen leiten lassen, die die Benutzer an ein Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland stellen. Die im Statistischen Jahrbuch 1973 enthaltene Deutschlandkarte in den Grenzen des Deutschen Reiches von 1937 hat nach der Überzeugung der Bundesregierung keinerlei Aussagewert für den Benutzer, weil sie nicht die in den Tabellen gemachten geographischen Angaben — soweit sie in einer Karte darstellbar sind — wiedergibt. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß diese Entscheidung den Gegenstand der von Ihnen genannten Entschließung des Deutschen Bundestages vom 17. Mai 1972 zu den Ostverträgen gänzlich unberührt läßt.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713806900
Zusatzfrage, Herr Kollege!

Alex Hösl (CSU):
Rede ID: ID0713807000
Herr Staatssekretär, darf ich davon ausgehen, daß der Beziehung zwischen der politischen Festlegung der Bundesregierung in der Entschließung vom Mai 1972 und dieser Darstellung keinerlei Bedeutung beigemessen wird, und ist es wirklich, wie Sie sagen, eine Frage der Bewertung seitens der Interessenlage des Benutzers dieses Buches?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0713807100
Sie haben mich richtig verstanden, Herr Kollege Hösl. Eine solche Beziehung, wie Sie sie jetzt in Frage stellen, gibt es nicht. Es kommt vielmehr ausschließlich auf den Benutzungszweck des Jahrbuches an.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713807200
Ich rufe die Frage 7 des Herrn Abgeordneten Schröder (Lüneburg) auf:
Durch wen und zu welchem Zweck soll in Zusammenhang mit den Grenzmarkierungsverhandlungen eine Vermessung der Elbe zwischen Lauenburg und Schnackenburg durchgeführt werden?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0713807300
Herr Kollege Schröder, in Abschnitt I des Zusatzprotokolls zum Grundvertrag ist vereinbart, daß die Grenzkommission im Rahmen ihrer Markierungsaufgabe „die erforderlichen Dokumentationen über den Grenzverlauf erarbeiten" wird. In der Erklärung zu Protokoll über die Aufgaben der Grenzkommission ist bestimmt, daß zu dieser Dokumentation auch „eine Grenzkarte" gehört.
Diese Regelungen gelten auch für den Elbe-Abschnitt der Grenze zur DDR. Die zur Herstellung der Grenzkarte erforderlichen Vermessungen sollen aus wirtschaftlichen Gründen durch Luftbildaufnahmen erfolgen. Damit kann gleichzeitig das vorhandene, veraltete Kartenmaterial durch moderne Unterlagen ersetzt werden, die auch für Zwecke der Verkehrsverwaltung und des Hochwasserschutzes benötigt werden. Die Erarbeitung der Grenzkarte im ElbeAbschnitt erfordert langwierige Vorarbeiten. Sie kann daher nicht erst begonnen werden, wenn eine Übereinstimmung über den Grenzverlauf erzielt ist. Sie präjudiziert andererseits in der Frage des genauen Grenzverlaufs nichts.
Da für die Luftaufnahmen die Elbe einschließlich ihres Hochwasserbettes sowie unstreitig zur Bundesrepublik Deutschland oder zur DDR gehörende Landgebiete überflogen werden müssen, sollen Flugzeuge beider Seiten eingesetzt werden. Die Einzelheiten bedürfen noch der Absprache mit der DDR und der Regelung durch die in beiden Staaten vorzunehmenden Genehmigungsverfahren.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713807400
Herr Kollege, Sie haben zwei Zusatzfragen. Bitte!

Dr. Horst Schröder (CDU):
Rede ID: ID0713807500
Herr Staatssekretär, sind in allen Fällen Vertreter der DDR bei diesbezüglichen Vermessungsarbeiten mit hinzugezogen worden?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0713807600
Herr Kollege Schröder, wenn ich Ihre Frage richtig verstehe, dann bezieht sie sich auf die bevorstehende Vermessung der Elbe zwischen Lauenburg und Schnackenburg. Man kann da also von einer zurückliegenden Praxis noch nicht sprechen. Das, was ich Ihnen geschildert habe, wird sich erst noch abspielen.
9532 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713807700
Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Horst Schröder (CDU):
Rede ID: ID0713807800
Meine Frage lautete, ob in anderen vergleichbaren Fällen von Vermessungsarbeiten durch die Grenzkommission auch Vertreter der DDR hinzugezogen waren; es hat i a schon solche Arbeiten gegeben?

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713807900
Ich gehe davon aus, daß es sich um eine bessere akustische Wiederholung Ihrer ersten Frage handelt.

(Schröder [Lüneburg] [CDU/CSU]: So ist es!) Bitte, Herr Staatssekretär!


Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0713808000
Herr Kollege Schröder, dies kann ich Ihnen abschließend hier nicht beantworten. Das wird auf den Einzelfall, vor allen Dingen auf die örtlichen Gegebenheiten, ankommen, ob z. B. ein Grenzbereich, der im Wasser liegt, zu vermessen ist oder ob es sich um eine Landgrenze handelt, bei der es ausreicht, wenn von beiden Seiten, also getrennt, vermessen wird.

Dr. Horst Schröder (CDU):
Rede ID: ID0713808100
Darf ich fragen, wann und über welchen Zeitraum diese Vermessungsarbeiten an der Elbe durchgeführt werden sollen?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0713808200
Es ist vorgesehen, die von mir vorhin angesprochenen Luftbildaufnahmen für Vermessungszwecke, die aus technischen Gründen nur an wenigen Tages eines jeden Jahres möglich sind, im Frühjahr 1975 durchzuführen. Wann diese Aufnahmen ausgewertet und die darauf beruhenden Karten hergestellt sein werden, läßt sich noch nicht überblicken.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713808300
Zu einer letzten Zusatzfrage der Abgeordnete Hösl.

Alex Hösl (CSU):
Rede ID: ID0713808400
Herr Staatssekretär, sind bereits klare Absprachen bezüglich der beiderseitigen Befliegung mit der DDR getroffen, und welche kartographischen Ziele werden letztlich damit verfolgt?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0713808500
Herr Kollege Hösl, ich darf auf die Antwort verweisen, die ich eben dem Herrn Kollegen Schröder gegeben habe. In dieser Antwort hieß es, daß die Einzelheiten noch der Absprache mit der DDR bedürfen und daß der Zweck der Vermessung darin liegt, danach dann eine Grenzkarte zu erstellen, gleichzeitig aber vorhandenes veraltetes Kartenmaterial durch moderne Unterlagen zu ersetzen, die auch für Zwecke der Verkehrsverwaltung und des Hochwasserschutzes benötigt werden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713808600
Ich rufe die nächste Frage, Frage 8 des Abg. Windelen, auf:
Bilden das „Zeugenschriftgut im Umfang von über 40 000 Einzelstücken", die „ca. 3500 Auswertungsbogen" und der „Bericht des Bundesarchivs über die Materialsammlung" gemeinsam die Dokumentation der Vertreibungsverbrechen?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0713808700
Herr Kollege Windelen, die Antwort, die in diesem Hause nun schon des öfteren vorgetragen worden ist, ergibt sich aus dem Auftrag, den Sie seinerzeit selbst veranlaßt haben. Demnach wurde das Bundesarchiv beauftragt, „das ihm und anderen Stellen vorliegende Material über Verbrechen und Unmenschlichkeiten, die an Deutschen im Zusammenhang mit der Vertreibung begangen worden sind, zusammenzustellen und auszuwerten". Auf die konkrete Formulierung dieses Auftrages darf ich ausdrücklich hinweisen.
Das Bundesarchiv hat für diesen Auftrag das bei ihm vorliegende Zeugenschriftgut im Umfang von rund 40 000 Einzelstücken, das über die gesamten Vertreibungsvorgänge entstanden ist, unter dem besonderen Gesichtspunkt der Vertreibungsverbrechen ausgewertet und diese Auswertung in rund 3 500 Auswertungsbogen zusammengefaßt. Folglich bilden die rund 40 000 Einzelstücke des Zeugenschriftgutes und die ca. 3 500 Auswertungsbogen Grundlage und Ergebnis des Kabinettauftrages. Das ist die Dokumentation der Vertreibungsverbrechen. Der innerdienstliche Bericht, den das Bundesarchiv bei Abschluß seiner Arbeiten vorgelegt hat, ist nicht Bestandteil dieser Dokumentation.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713808800
Herr Kollege, Sie haben eine Zusatzfrage, Bitte!

Heinrich Windelen (CDU):
Rede ID: ID0713808900
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Auffassung, daß mit einer mit wissenschaftlichen Methoden erstellten Dokumentation untrennbar auch eine statistische Zusammenfassung und Auswertung verbunden ist?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0713809000
Herr Kollege Windelen, wie ich Ihnen dargestellt habe, gehören auch die Auswertungsbogen — 3 500 Stück an der Zahl — zur Dokumentation, der darüber erteilte innerdienstliche Bericht allerdings nicht. Ich vermag auch nicht Ihrer Auffassung zu folgen, daß zur wissenschaftlichen Arbeit mit der Dokumentation dieser Bericht erforderlich ist.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713809100
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.

Heinrich Windelen (CDU):
Rede ID: ID0713809200
Schönen Dank!

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713809300
Das Wort zu einer Zusatzfrage hat dann der Herr Abgeordnete Dr. Czaja.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0713809400
Herr Staatssekretär, haben Sie nicht am Anfang Ihrer Antwort gesagt, daß das Zeugenschriftgut auszuwerten ist, und meinen
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9533
Dr. Czaja
Sie, daß mit der Anlage von Auswertungsbogen die Auswertung bereits abgeschlossen ist?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0713809500
Herr Kollege Czaja, man kann natürlich über den Abschluß der Auswertung unterschiedlicher Auffassung sein und an diese Auswertung noch gesteigertere Qualitätsanforderungen stellen, als sie bisher erfüllt sind.
Nach dem Auftrag, der seinerzeit vom Bundeskabinett erteilt worden ist, ist die Auswertung allerdings abgeschlossen. Das Ergebnis liegt auf 3 500 Bogen vor.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713809600
Ich rufe dann die Frage 9 des Herrn Abgeordneten Windelen auf:
Welche Bestandteile der Dokumentation stehen der wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung?
Herr Staatssekretär!

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0713809700
Herr Kollege Windelen, die Dokumentation in dem soeben beschriebenen Sinne, also das Zeugenschriftgut in ca. 40 000 Einzelstükken und die rund 3 500 Auswertungsbogen, steht der wissenschaftlichen Forschung im Bundesarchiv nach dessen Benutzungsordnung zur Verfügung.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713809800
Sie haben noch eine Zusatzfrage. Bitte!

Heinrich Windelen (CDU):
Rede ID: ID0713809900
Dart ich dann also, Herr Staatssekretär, den Wissenschaftlern, denen entsprechende Anträge vom Bundesarchiv bisher abgelehnt worden sind, mitteilen, daß ihnen das Bundesarchiv nunmehr auch Einblick in die Erfassungsbögen gewähren wird?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0713810000
Selbstverständlich, Herr Kollege Windelen. Und ich füge hinzu: Dem Bundesministerium des Innern ist bei der Vorbereitung der Antwort auf Ihre Frage aufgefallen, daß es nach unseren Erkenntnissen einen einzigen Fall gegeben hat, in dem einem Wissenschaftler die Einsicht in die 3 500 Auswertungsbogen abgelehnt worden ist; dies ist bereits berichtigt. Der betreffende Wissenschaftler wird also den Berichtigungsbescheid wahrscheinlich schon vorliegen haben, wenn Sie ihn verständigen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713810100
Wollen Sie noch eine zweite Zusatzfrage stellen, Herr Windelen? Bitte!

Heinrich Windelen (CDU):
Rede ID: ID0713810200
Es ist nicht nur einem Wissenschaftler, sondern wie mir bekannt, mindestens einem weiteren ein entsprechender Bescheid erteilt worden. Ich stelle zusätzlich die Frage, Herr Staatssekretär: Bezieht sich die Feststellung, daß nunmehr in die Erfassungsbögen Einblick genommen werden kann, auf alle Erfassungsbögen oder nur auf einen Teil?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0713810300
Diese Feststellung gilt dem Umfang nach uneingeschränkt. Was die Art und Weise der Einsichtnahme angeht, so können sich aus der Tatsache, daß diese Bogen nicht aus dem Haus — aus dem Bundesarchiv gegeben werden können, bestimmte besondere Bedingungen ergeben.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713810400
Eine Zusatzfrage hat der Abgeordnete Dr. Czaja.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0713810500
Herr Staatssekretär, sehen Sie in der Benutzungsordnung, auf die Sie sich berufen, irgendwelche Hindernisse zur Einsichtnahme in alle Bögen bzw. hinsichtlich deren Ablichtung? Denn die ist in der Benutzungsordnung auch vorgesehen.

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0713810600
Nachdem die Bundesregierung ausdrücklich erklärt hat, daß für wissenschaftliche Zwecke auch die Einsichtnahme in die 3 500 Auswertungsbogen zulässig ist, sehe ich keinen Hinderungsgrund, diese Einsicht auch zu nehmen.
Was die Ablichtung angeht, Herr Kollege Czaja, so haben Sie die Benutzungsordnung in diesem Moment offenbar besser im Gedächtnis als ich. Da möchte ich keine zusätzliche Erläuterung geben.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713810700
Herr Kollege Hupka, ich gebe Ihnen noch eine Zusatzfrage. Ich wäre Ihnen nur dankbar, wenn Sie näher an der gestellten Frage blieben, damit die Zusatzfrage sich für die Antwort an den Richtlinien orientiert.

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0713810800
Herr Staatssekretär, Sie haben soeben in der Antwort auf die Frage des Kollegen Windelen von besonderen Bedingungen gesprochen, die sich ergeben könnten. Können Sie das ein bißchen näher umreißen, was Sie unter „besonderen Bedingungen" verstehen?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0713810900
Das bedeutet, daß es nicht möglich ist, die Auswertungsbogen aus dem Hause zu geben, sondern daß es möglich sein wird, diese Bogen dort einzusehen, gegebenenfalls unter Assistenz eines wissenschaftlichen Mitarbeiters des Bundesarchivs. Weitere Einschränkungen, wie Sie sie vielleicht befürchten, waren mit dieser Bemerkung nicht gemeint.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713811000
Ich rufe die Frage 10 des Herrn Abgeordneten Tillmann auf:
Ist es zutreffend, daß umfassende Statistiken und Zahlenreihen über die durchschnittlichen Bruttoverdienste für den öffentlichen Dienst nicht vorliegen, sondern lediglich Indexwerte der Tariflöhne von Arbeitern und Angestellten bei den Gebietskörperschaften?
Bitte, Herr Staatssekretär!
9534 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0713811100
Herr Kollege Tillmann, es trifft zu, daß umfassende Statistiken und Zahlenreihen über die durchschnittlichen Bruttoverdienste für den öffentlichen Dienst nicht vorliegen. Das Lohnstatistikgesetz sieht derartige Statistiken nicht vor. Insgesamt können aber für den öffentlichen Dienst einigermaßen zuverlässige Durchschnittswerte an Hand der Haushaltsergebnisse und des Personalstandes — diese Daten werden auf Grund des Finanzstatistikgesetzes erhoben und veröffentlicht — nach Vornahme gewisser Bereinigungen errechnet werden. Mit dieser Maßgabe werden Durchschnittslöhne und -gehälter bereits von Fall zu Fall erhoben oder berechnet und auch veröffentlicht. Das hat sich bisher als ausreichend erwiesen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713811200
Zusatzfrage, Herr Kollege!

Ferdinand Tillmann (CDU):
Rede ID: ID0713811300
Herr Staatssekretär, wenn auch das Lohnstatistikgesetz entsprechende Auswertungen nicht vorsieht, sind Sie nicht doch der Meinung, daß es der Übersichtlichkeit und der Transparenz, was die Einkommen in der Bundesrepublik angeht, dienen würde, wenn Statistiken und Zahlenreihen über die durchschnittlichen Bruttoverdienste für den öffentlichen Dienst vorgelegt würden?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0713811400
Herr Kollege Tillmann, auf diese Ihre Zusatzfrage bestätige ich Ihnen gern, daß Ihre Hauptfrage im Bundesministerium des Innern Veranlassung gewesen ist, diese Angelegenheit zu überlegen, und daß hierbei auch herausgekommen ist, das solle einmal geprüft werden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713811500
Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage.

Ferdinand Tillmann (CDU):
Rede ID: ID0713811600
Herr Staatssekretär, können Sie noch nicht sagen, wie diese Prüfungen ausfallen werden?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0713811700
Das kann ich noch nicht sagen, denn dies wird nicht zuletzt von einer nochmaligen kritischen Würdigung des vorhandenen Zahlenmaterials einerseits und des Aufwandes andererseits, der erforderlich ist, um eine Statistik durchzuführen, abhängen. Die Bereitschaft, dies nach Möglichkeit zu tun, ist aber vorhanden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713811800
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern beantwortet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. de With zur Verfügung.
Frau Abgeordnete Dr. Riede (Oeffingen) hat um schriftliche Beantwortung der von ihr eingereichten Fragen 11 und 12 gebeten. Dem wird entsprochen; die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Frage 13 ist von dem Herrn Abgeordneten Dr. Czaja eingebracht:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß immer mehr Kunstgegenstände und Antiquitäten auf dem deutschen Markt auftauchen, die vertriebenen Deutschen in den Vertreibungsländern im Zusammenhang mit der Vertreibung völkerrechtswidrig beschlagnahmt wurden?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0713811900
In früheren Jahren sind der Bundesregierung verschiedene Mitteilungen von privater Seite gemacht worden, daß in Vertreibungsgebieten zurückgelassene deutsche Kunstschätze im deutschen oder auch ausländischen Kunsthandel angeboten werden. Auch sind einige Entscheidungen deutscher Gerichte zu derartigen Fällen bekannt. Es wird ferner berichtet, daß wegen des vergleichsweise hohen Kaufkraftwertes der D-Mark in zunehmendem Maße Kunst- und Antiquitätengegenstände aus dem Ausland auf dem deutschen Markt erscheinen und zum Kauf angeboten werden. Es läßt sich nicht ausschließen, daß sich hierunter auch Vermögenswerte befinden, die aus den früheren deutschen Ostgebieten stammen. Genauere Angaben über den Umfang derartiger Angebote stehen der Bundesregierung nicht zur Verfügung.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713812000
Zusatzfrage.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0713812100
Wird die Bundesregierung insbesondere Gerichtsverfahren, die in dieser Richtung laufen, aufmerksam, nicht zuletzt im Sinne der Vertretung der öffentlichen Ordnung, des „ordre public", beobachten und verfolgen?

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0713812200
Was den letzten Punkt anlangt, komme ich unter Umständen im Gefüge der Beantwortung Ihrer zweiten Frage darauf noch zu sprechen. Was das erstere anlangt, beobachtet die Bundesregierung selbstverständlich allgemein wichtige Urteile, darunter auch solche, die den hier angesprochenen Fall betreffen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713812300
Keine weitere Zusatzfrage. Dann rufe ich Ihre nächste Frage auf, Herr Abgeordneter Dr. Czaja, die Frage 14:
Sind die betroffenen Vertriebenen nach der Auffassung der Bundesregierung in der Bundesrepublik Deutschland noch als Eigentümer dieser Wertgegenstände anzusehen, und steht ihnen die Herausgabe dieser Gegenstände zu?
Bitte, Herr Staatssekretär.

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0713812400
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Rechte der betroffenen Vertriebenen in weitestmöglichem Umfange gewahrt und geschützt werden müssen. Ein solcher Schutz
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9535
Parl. Staatssekretär Dr. de With
läßt sich aber nur im Rahmen des rechtlich Zulässigen verwirklichen. Eine wichtige Schranke der rechtlichen Möglichkeiten besteht in Artikel 3 des Sechsten Teils des bereits in den 50er Jahren abgeschlossenen sogenannten Überleitungsvertrages, der einen Zusatzvertrag zum Deutschlandvertrag darstellt. Darin ist bestimmt, daß die Bundesrepublik Deutschland in Zukunft keine Einwendungen gegen die Maßnahmen erheben wird, die gegen das deutsche Auslands- oder sonstige Vermögen durchgeführt worden sind, das beschlagnahmt worden ist für Zwecke der Reparation oder auf Grund des Kriegszustands oder aus ähnlichen dort im einzelnen angegebenen Gründen. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung sind Ansprüche und Klagen gegen Personen, die auf Grund dieser Maßnahmen Eigentum erworben oder übertragen haben, unzulässig. Der Bundesgerichtshof hatte bereits im Jahre 1953 auf Grund des einen Vorgänger dieser Bestimmung darstellenden Gesetzes der Alliierten Hohen Kommission Nr. 63 festgestellt, daß die deutsche Gerichtsbarkeit für Klagen ehemaliger Sudetendeutscher auf Herausgabe ihrer in die Bundesrepublik Deutschland gelangten beschlagnahmten Vermögenswerte ausgeschlossen ist.
Wie sich hieraus klar ergibt, bestehen in allen Fällen, in denen die Voraussetzungen jener vertraglichen oder gesetzlichen Bestimmungen vorliegen, sowohl völkerrechtliche als auch innerstaatliche Gründe, die eine Gewährleistung der früheren Eigentümerrechte der betroffenen Vertriebenen ausschließen. Diese Ausschließungsgründe sind nicht von der jetzigen Bundesregierung, sondern durch Beschluß des Deutschen Bundestages vom 27. Februar 1955, dem auch Sie, Herr Kollege Czaja, in namentlicher Abstimmung zugestimmt haben, geschaffen worden. Sie stehen in vielen Fällen der von Ihnen, Herr Kollege, gewünschten generellen Anerkennung der früheren Eigentümerrechte entgegen. Wann die Voraussetzungen dieser oder anderer Schranken vorliegen, hängt von den Besonderheiten des Einzelfalls ab. Beispielsweise sind Fälle denkbar, in denen die Kunstgegenstände bereits vor Wirksamwerden der Beschlagnahme in das Ausland gelangt sind und erst jetzt auf Umwegen auf dem deutschen Kunstmarkt erscheinen. Selbstverständlich wird die Bundesregierung alles in ihren Kräften Stehende tun, um in solchen Fällen den betroffenen Vertriebenen zu ihren Rechten zu verhelfen. Die letzte Entscheidung wird dabei allerdings von den Gerichten zu treffen sein.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713812500
Zusatzfrage.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0713812600
Herr Staatssekretär, könnten Sie mir sagen, inwiefern sich die Beschlußfassung vom 27. Februar 1955 bzw. Art. 3 des Überleitungsvertrages auf ziviles Vermögen von Vertriebenen aus den Oder-Neiße-Gebieten bezieht?

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0713812700
Das kann man nachlesen. Aber ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten die
einschlägige Vorschrift des in Rede stehenden Art. 3 zitieren. Er heißt hier:
Die Bundesrepublik wird in Zukunft keine Einwendungen gegen die Maßnahmen erheben, die gegen das deutsche Auslands- oder sonstige Vermögen durchgeführt worden sind oder werden sollen, das beschlagnahmt worden ist für Zwecke der Reparation oder Restitution oder auf Grund des Kriegszustandes oder auf Grund von Abkommen, die die Drei Mächte mit anderen alliierten Staaten, neutralen Staaten oder ehemaligen Bundesgenossen Deutschlands geschlossen haben oder schließen werden.
Abs. 2 heißt:
Die Bundesrepublik wird die Bestimmungen über die Behandlung des deutschen Auslandsvermögens in Österreich hinnehmen, die in einem Abkommen enthalten sind, bei dem die gegenwärtigen Besatzungsmächte Österreichs Parteien sind oder die in dem zukünftigen Staatsvertrag mit Österreich getroffen werden.
Und nun zum einschlägigen Abs. 3, der im Zusammenhang mit der Beantwortung der ersten Frage steht, wo ich auf den „ordre public" Bezug nahm, den zu prüfen die Gerichte nicht in der Lage sind, da solchen Klagen schon die Zulässigkeit fehlt. Ich zitiere Art. 3 Abs. 3:
Ansprüche und Klagen gegen Personen, die auf Grund der in Absatz (1) und (2) dieses Artikels bezeichneten Maßnahmen Eigentum erworben oder übertragen haben, sowie Ansprüche und Klagen gegen internationale Organisationen, ausländische Regierungen oder Personen, die auf Anweisung dieser Organisationen oder Regierungen gehandelt haben, werden nicht zugelassen.
Man kommt hier also nicht zur materiellen Prüfung, weil die Nichtzulassung geboten ist.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713812800
Noch eine Zusatzfrage.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0713812900
Herr Staatssekretär, würden Sie mir noch einmal die Frage beantworten, wieso sich das Überleitungsgesetz, das auf einen Vertrag zwischen der Bundesrepublik und den Westmächten zurückzuführen ist, auf Tatbestände in den Oder-Neiße-Gebieten und insbesondere — in den zitierten Paragraphen — auf ziviles Vermögen, das doch nicht für Reparationen in Anspruch genommen worden ist, bezieht?

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0713813000
Es heißt erstens nicht nur „Reparationen", sondern hier heißt es: „oder sonstige Vermögen". Zweitens gibt es keine räumliche Abgrenzung. Drittens ist das durch Urteile bestätigt. Ich glaube, mehr kann man hier nicht angeben.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713813100
Das Wort zu einer Zusatzfrage hat Herr Abgeordneter Dr. Hupka.
9536 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0713813200
Herr Staatssekretär, Sie haben mit Recht immer auf „Auslandsvermögen" angehoben. Können Sie mir darin zustimmen, daß Eigentum in Breslau oder Gleiwitz nicht unter das Rubrum „Auslandsvermögen" fallen kann? Denn das gehört zum Deutschen Reich in den Grenzen von 1937.

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0713813300
Ich habe zitiert: „deutsche Auslands- oder sonstige Vermögen durchgeführt worden sind". Das umfaßt der Vertrag, und das ist nun einmal der Wortlaut, gegen den wir uns nicht wenden können.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713813400
Ich rufe die Frage 15 des Abgeordneten Dr. Penner auf:
Ist es zutreffend, daß die Justizverwaltungen der Länder im Anhörungsverfahren der Bundesregierung gegenüber keine Einwendungen gegen die Anhebung der Streitwertgrenze auf 3000 DM für Rechtsstreitigkeiten vor den Amtsgerichten erhoben haben?
Herr Staassekretär!

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0713813500
Herr Kollege, gegen die vorgesehene Anhebung der für die Zuständigkeit der Amtsgerichte in vermögensrechtlichen Streitigkeiten maßgeblichen Wertgrenze hatten zunächst im Rechtsausschuß des Bundesrats drei Länder — Berlin, Bremen und Hessen Bedenken geltend gemacht. Die Justizminister der Länder haben sich jedoch später in ihrer Konferenz im Mai dieses Jahres einmütig für eine alsbaldige Anhebung der Wertgrenze ausgesprochen.
Das Bundesministerium der Justiz hat die Landesjustizverwaltungen Ende Oktober dieses Jahres, nachdem der Deutsche Richterbund Bedenken erhoben hatte, noch einmal um Mitteilung gebeten, ob einer alsbaldigen Änderung der Wertgrenzen organisatorische und/oder personelle Schwierigkeiten in den Ländern entgegenstehen. Nach den darauf eingegangenen Äußerungen der Landesjustizverwaltungen stehen der vorgesehenen Anhebung der Wertgrenze mit Wirkung vom 1. Januar 1975 in der ganz überwiegenden Zahl der Länder keine organisatorischen oder personellen Schwierigkeiten entgegen.
Nur zwei Landesjustizverwaltungen Berlin und
Hessen — haben sich abweichend geäußert. Auch sie haben jedoch deutlich gemacht, daß sie sich der Erhöhung der Wertgrenzen mit Wirkung vom i . Januar 1975 trotz gewisser, aber überwindbarer Schwierigkeiten nicht widersetzen wollen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713813600
Die Frage 16 des Herrn Abgeordneten Dr. Schneider wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 17 des Herrn Abgeordneten Spranger auf:
Teilt die Bundesregierung die Meinung des Präsidiums des Deutschen Ärztetages, das am 7. Dezember 1974 einstimmig die Zwangsernährung dort ablehnte, wo ein eindeutiger, auf freier Willensbildung beruhender Entschluß des einzelnen Menschen
vorliegt, die ärztliche Behandlung abzulehnen oder sich ihr sogar zu widersetzen, oder aus welchen Gründen lehnt die Bundesregierung diese Stellungnahme des Deutschen Ärztetages ab?
Herr Staatssekretär!

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0713813700
Zur Formulierung Ihrer Frage, Herr Kollege, erlauben Sie mir zunächst den Hinweis, daß nach den mir vorliegenden Pressemeldungen das Präsidium des Deutschen Ärztetages die Zwangsernährung in den von Ihnen angesprochenen Fällen nicht „abgelehnt" hat. Es hat vielmehr lediglich ausgesprochen, kein Arzt dürfe zu einer „derartigen Zwangsbehandlung verpflichtet werden". Dies ist etwas anderes.
In der Sache ist, wie Sie wissen, die Bundesregierung der Auffassung, daß die öffentlich-rechtliche Pflicht zur ärztlichen Versorgung eines im staatlichen Gewahrsam befindlichen Gefangenen die zwangsweise künstliche Ernährung eines in den Hungerstreik getretenen Häftlings einschließt, wenn Lebensgefahr nicht auszuschließen ist. Dabei sind die zuständigen Behörden, wie ich in meiner schriftlichen Antwort vom 13. Dezember 1974 auf Ihre Frage vom 3. Dezember 1974 ausgeführt habe, verpflichtet, alle zumutbaren und vertretbaren Mittel einzusetzen, um zu verhindern, daß sich ein Gefangener in einen lebensbedrohenden Zustand versetzt. An dieser Auffassung hält die Bundesregierung fest.
Ich verstehe die Stellungnahme des Präsidiums des Deutschen Ärztetages so, daß dort eben die Frage der Zumutbarkeit für den Arzt angesprochen wird. Hier bedarf es meines Ermessens klärender Kontakte zwischen den zuständigen Behörden und der Ärzteschaft auf der Ebene der Länder, in deren Zuständigkeit die Justizvollzugsanstalten fallen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713813800
Zusatzfrage.

Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID0713813900
Herr Staatssekretär, hält die Bundesregierung die Zwangsernährung für den Staat oder für den behandelnden Arzt auch dann für zumutbar, wenn der Gefangene im Bewußtsein sämtlicher Gefahren im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte und aus sittlich nicht zu billigenden Gründen sich haft- und verhandlungsunfähig machen will?

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0713814000
Ich habe diese Frage mit der bereits angesprochenen Frage in der letzten Woche eindeutig beantwortet. Man muß unterscheiden zwischen der Zulässigkeit und den jeweiligen Stadien. Es gibt zunächst das Stadium, in dem jemand im Vollbesitz seiner Kräfte ist und Lebensgefahr absolut ausgeschlossen werden kann. Es gibt das Stadium, in dem jemand im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist und Lebensgefahr nicht ausgeschlossen werden kann. Es gibt das Stadium, in dem jemand nicht mehr im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist und Lebensgefahr besteht oder nicht ausgeschlossen werden kann.
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9537
Parl. Staatssekretär Dr. de With
Ich habe die Frage eindeutig dahin gehend beantwortet, daß eine Zwangsernährung unserer Meinung nach erforderlich ist, wenn der Betroffene sich noch im Besitz seiner geistigen Kräfte befindet, aber Lebensgefahr nicht ausgeschlossen werden kann. Da ist der Strich zu ziehen.
Dabei muß angemerkt werden, daß man generell sehr schwierig eine klare Antwort zum jeweiligen Zustand geben kann. Hier muß jeder Fall gesondert beurteilt werden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713814100
Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID0713814200
Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Bundesregierung die Auffassung des britischen Innenministers Roy Jenkins, die Ihnen sicherlich bekannt ist, wonach die freie Willensentscheidung des im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte stehenden Gefangenen zu respektieren sei und welche grundgesetzlichen Bestimmungen stehen nach Ihrer Auffassung der nach englischem Recht offenbar verfassungsrechtlich unbedenklichen Ansicht hier in der Bundesrepublik Deutschland entgegen?

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0713814300
Herr Kollege Spranger, Sie verstehen sicherlich, daß es nicht Aufgabe der Bundesregierung sein kann, Meinungen eines Innenministers eines anderen Staates zu beurteilen, noch dazu wo dort andere verfassungsrechtliche Bestimmungen gelten als bei uns.

(Beifall bei der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713814400
Ich rufe die Frage 18 des Herrn Abgeordneten Engelsberger auf:
Wie ist nach Meinung der Bundesregierung die einstimmig gefaßte Stellungnahme des Präsidiums des Deutschen Ärztetages, daß die Verpflichtung des Arztes, mit allen ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten das menschliche Leben zu erhalten und zu retten, „dort ihre Grenzen finden" müsse, „wo ein eindeutiger, auf freier Willensbildung beruhender Beschluß des einzelnen Menschen vorliegt, die ärztliche Behandlung abzulehnen und sich ihr sogar aktiv zu widersetzen", in Einklang zu bringen mit der Erklärung des Mainzer Experten für öffentliches Recht, Joachim Linck, „daß ein Recht auf Selbstmord grundsätzlich hinter das öffentliche Recht zu dessen Verhinderung zurückzutreten hat" und die Zwangsernährung deshalb auch unter Anwendung physischer Gewalt durchzuführen sei, und welcher dieser beiden Standpunkte deckt sich mit dem der Bundesregierung?

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0713814500
Herr Kollege Engelsberger, ich sehe es nicht als eine Aufgabe der Bundesregierung an, Erklärungen von Gremien oder Einzelpersonen, die möglicherweise zu Erklärungen anderer Gremien oder Einzelpersonen in Widerspruch stehen, danach zu beurteilen, ob oder wie etwaige unterschiedliche Bewertungen eines Problems — ich zitiere — „in Einklang zu bringen" sind.
Der Standpunkt der Bundesregierung zur zwangsweisen künstlichen Ernährung von Untersuchungshäftlingen, die sich zum Hungerstreik entschlossen haben, ergibt sich aus meiner Antwort auf die Frage des Herrn Kollegen Dr. Hirsch in der Fragestunde am 5. Dezember 1974 ebenso wie aus der Antwort,
die ich heute Herrn Kollegen Spranger gegeben habe. Ich darf mir erlauben, auf das entsprechende Protokoll zu verweisen, um Wiederholungen auszuschließen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713814600
Eine Zusatzfrage.

Matthias Engelsberger (CSU):
Rede ID: ID0713814700
Herr Staatssekretär, ist der Rechtsstaat nicht überfordert, wenn möglicherweise zahlreiche Häftlinge, die zur Erreichung eines politischen Zieles auch Selbstmord einkalkulieren, über einen längeren Zeitraum hinweg durch künstliche Ernährung am Leben erhalten werden sollen, wenn man in Betracht zieht, daß allein in Berlin von 26 Ärzten zwei um ihre Entlassung gebeten haben, weil sie diese Zwangsernährung nicht mehr mitmachen können, und wobei — —

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713814800
Herr Kollege, Zusatzfragen müssen natürlich kurz und knapp sein. Ich habe Verständnis, daß Sie mehrere Fragen in eine Zusatzfrage packen wollen. Aber damit ist Ihre Zusatzfrage jetzt abgeschlossen.
Bitte, Herr Staatssekretär!

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0713814900
Sie fragen, ob der Rechtsstaat überfordert ist. Ich meine, in einem Rechtsstaat muß deutlich gemacht werden, daß Grundsätze nach Menschenmöglichkeit eingehalten werden müssen. Diese Grundsätze, zu denen sich die Bundesregierung bekennt, habe ich dargelegt.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713815000
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.

Matthias Engelsberger (CSU):
Rede ID: ID0713815100
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß allein die Bewachung von zwei Anarchisten der Baader-Meinhof-Bande auf der Intensivstation in Mainz über einen Zeitraum von vier Wochen 300 000 DM Bewachungskosten erfordert hat, und glauben Sie, daß ein so hoher Aufwand gerechtfertigt ist, wenn man berücksichtigt, daß eine größere Zahl — wie sie ja im Bundesgebiet in verschiedenen Haftanstalten bewacht werden muß — unter solchen Umständen zu entsprechenden finanziellen Belastungen führen würde?

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0713815200
Ich bin nicht ganz sicher, ob diese Frage noch im Zusammenhang mit der eingebrachten steht. Aber ich bin gerne bereit, auch diese zu beantworten, wiewohl ich meinte, daß die Antwort indirekt aus meiner vorangegangenen Antwort hervorging. Da das Recht auf Leben und der Schutz des Lebens einer der obersten Prinzipien der Verfassung ist, muß daneben die Frage nach Geld schweigen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713815300
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spranger.
9538 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974

Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID0713815400
Herr Staatssekretär, teilen Sie die Auffassung, daß bei einem Hungerstreik von nur 2 bis 5 °/o der einsitzenden Häftlinge der Strafvollzug in der Bundesrepublik zusammenbräche, und was täte die Bundesregierung in einem solchen Fall?

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713815500
Herr Abgeordneter Spranger, ich habe mir noch einmal die Ausgangsfrage des Herrn Abgeordneten Engelsberger angesehen. Ich muß den in den Richtlinien für die Fragestunde geforderten unmittelbaren Zusammenhang hier verneinen.
Damit ist der Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz abgeschlossen. Ich danke dem Herrn Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen auf und erkläre zu diesem Geschäftsbereich: Wegen dringender Termine hat das Bundesministerium der Finanzen gebeten, die Fragen aus seinem Geschäftsbereich erst am Donnerstag aufzurufen. Diesem Wunsch wird entsprochen, nachdem sich auch die Fragesteller damit einverstanden erklärt haben. Ich danke den Fragestellern.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Grüner zur Verfügung.
Die Fragen 22 und 23 des Herrn Abgeordneten Schmidhuber sowie 24 und 25 des Herrn Abgeordneten Milz werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die Frage 26 ist von Herrn Abgeordneten Engelsberger eingebracht:
Sieht die Bundesregierung durch die arabischen Ankäufe deutscher Firmen und Industriebeteiligungen eine Gefahr durch Überfremdung für die deutsche Wirtschaft, und welche Maßnahmen erwägt die Bundesregierung bejahendenfalls zu ergreifen?
Herr Staatssekretär!

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0713815600
Bisher liegen keine Anhaltspunkte für eine Überfremdung der deutschen Wirtschaft durch Industriebeteiligungen arabischer Länder vor. Spektakuläre Einzelfälle sollten weder verallgemeinert noch dramatisiert werden. Von den gesamten Auslandsinvestitionen in der Bundesrepublik entfallen unter Einschluß der Kuwait-Beteiligungen an Daimler-Benz nur etwa 5 °/o auf arabische und Entwicklungsländer.
Die Bundesregierung hält wie bisher an ihrer positiven Beurteilung einer intensiven internationalen Kapitalverflechtung und eines möglichst freizügigen Kapitalverkehrs fest. Indessen prüfen Bundesregierung, Bundesbank und Wirtschaft gemeinsam, wie die Erfassung von ausländischen Investitionen in der Bundesrepublik verbessert, insbesondere beschleunigt werden kann, um die Transparenz von Kapitalbewegungen zu erhöhen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713815700
Zusatzfrage.

Matthias Engelsberger (CSU):
Rede ID: ID0713815800
Herr Staatssekretär, muß, da die OPEC-Länder in den nächsten zehn Jahren eine Summe von zirka 2 000 Milliarden DM zur Verfügung haben werden, um bei uns, in den westeuropäischen Staaten, und in den amerikanischen Staaten zu investieren, nicht befürchtet werden, daß mit derartigen Summen die bisherigen Gepflogenheiten des Außenhandels nicht aufrechterhalten werden können? Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, wenn bei uns ein gewisser Schwellenwert ausländischer Investitionen erreicht ist?

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0713815900
Die Bundesregierung will vor allem nicht über zukünftige Maßnahmen sprechen, wenn solche Schwellenwerte erreicht würden, weil damit tatsächlich eine Beeinträchtigung des internationalen Investitionsklimas eintreten würde. Wichtig ist, daß wir in kürzester Frist Maßnahmen ergreifen könnten, wenn solche Befürchtungen, wie Sie sie andeuteten, Realität würden. Allerdings betone ich, daß das dann international Gültigkeit haben müßte und diese Regelungen dann nicht etwa gegenüber einzelnen Ländern allein gelten dürften.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713816000
Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Matthias Engelsberger (CSU):
Rede ID: ID0713816100
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die Vereinigten Staaten wie auch Frankreich gewisse Investitionen der arabischen Länder mit der Begründung abgelehnt haben, daß es zu einer Überfremdung insbesondere bei Industrien, die sich mit Rüstungstechnik befassen, kommen könnte? Wäre die Bundesregierung bereit, ebenfalls derartige Maßnahmen zu ergreifen?

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0713816200
Selbstverständlich ist es denkbar. daß es in der Wirtschaft Bereiche gibt, etwa Bereiche der Rüstungsindustrie, wo Auslandsbeteiligungen, und zwar unabhängig, von welcher Seite sie kommen, unerwünscht sind. Die Bundesregierung würde in einem solchen Falle selbstverständlich auch Maßnahmen ergreifen. Aber wir halten daran fest, daß sich der freie Kapitalverkehr in unserem Lande besonders bewährt hat und daß es für uns wichtig ist, daß dieser freie Kapitalverkehr, solange sich das vertreten läßt, auch aufrechterhalten bleibt.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713816300
Ich rufe die Frage 27 des Herrn Abgeordneten Peter auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die vom Saarland zuletzt eingebrachten Anträge zur Veränderung der Förderschwerpunkte im Saarland, und welche Mittel — nach Bund und Land getrennt - sind in den Jahren 1972, 1973 und 1974 in saarländische Förderschwerpunkte geflossen?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0713816400
Eine Beurteilung der saarländischen Anträge zur Veränderung der Förderschwerpunkte ist noch nicht möglich. Diese Anträge sind in der
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9539
Parl. Staatssekretär Grüner
Anmeldung zum 4. Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" enthalten. Die Bundesregierung kann sich erst dann eine abschließende Meinung zu einzelnen Punkten bilden, wenn die Anmeldungen aller Länder offiziell vorliegen, was bisher noch nicht der Fall ist.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage, Herr Kollege, ist zu bemerken: In die saarländischen Schwerpunktorte sind im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" vom 1. Januar 1972 bis 30. Juni 1974 neben der Förderung nach dem Investitionszulagengesetz 16,7 Millionen DM aus Haushaltsmitteln des Bundes und des Saarlandes geflossen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713816500
Keine Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 28 des Herrn Abgeordneten Peter auf:
Für welche konkreten Maßnahmen wurden sie in welcher Höhe eingesetzt?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0713816600
Herr Kollege, die Durchführung dieser gerade eben angesprochenen Maßnahmen ist im Rahmen der Gemeinschaftsaufgaben eine Angelegenheit der Länder. Nur diese können daher Auskünfte über die konkreten Maßnahmen erteilen, die mit diesen Mitteln durchgeführt worden sind.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713816700
Zusatzfrage.

Helwin Peter (SPD):
Rede ID: ID0713816800
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung nicht zumindest eine informative Übersicht über die Vergabe der Mittel in den .Jahren 1972 und 1973?

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0713816900
Nein! Wir haben einen Überblick über die Größenordnungen, aber wir können Ihnen keine konkrete Auskunft darüber geben, welche einzelnen Projekte gefördert worden sind.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713817000
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Logemann zur Verfügung.
Die Fragen 29 und 30 des Herrn Abgeordneten von Alten-Nordheim werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 31 des Herrn Abgeordneten Sauter (Epfendorf) auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, Landwirten in Berggebieten, die auf benzingetriebene Maschinen zur Landbewirtschaftung angewiesen sind, die Mineralölsteuer ganz oder teilweise zu erlassen, oder sind sonstige Maßnahmen von der Bundesregierung vorgesehen, um diese Benachteiligung gegenüber den Landwirten, die an der Gasölverbilligung teilhaben, auszugleichen?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0713817100
Herr Kollege Sauter, die Bundesregierung beabsichtigt nicht, eine gesonderte und neue Maßnahme zur Verbilligung von in der Landwirtschaft verbrauchten Vergaserkraftstoffen einzuführen. Als Grund ist insbesondere die Gefahr der mißbräuchlichen Verwendung des gegebenenfalls verbilligten Vergaserkraftstoffs zu nennen. Ein weiterer Grund ist die aus einer solchen Maßnahme entstehende, nicht vertretbare Haushaltsbelastung.
In diesem Zusammenhang ist noch auf die national vorgezogene Regelung für die Landwirtschaft in Berggebieten und bestimmten benachteiligten Gebieten, die auf der entsprechenden, noch nicht verabschiedeten EG-Richtlinie fußt, hinzuweisen. Hier ist zwar für die landwirtschaftlichen Betriebe in Berggebieten eine Kraftstoffverbilligung ebenfalls nicht vorgesehen; diese Betriebe erhalten jedoch ab 1. Oktober 1974 jährlich eine Ausgleichszulage zum Ausgleich ständiger natürlicher Nachteile.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713817200
Zusatzfrage!

Franz Sauter (CDU):
Rede ID: ID0713817300
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß es sich hier um Betriebe handelt, die sich in einer besonderen Notlage, in einer besonders schwierigen Situation befinden, und daß es daher schon, abgesehen von der Ausgleichszulage, in besonderer Weise gerechtfertigt wäre, solche Steuervergünstigungen zu gewähren, und könnten sie mir gleichzeitig sagen, wie hoch die ungefähren Kosten für eine solche Steuervergünstigung wären?

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713817400
Herr Kollege, ich muß Sie bitten, nicht den Versuch zu machen, mehrere Zusatzfragen in eine Zusatzfrage zu kleiden. Herr Staatssekretär!

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0713817500
Die Kosten kann ich Ihnen natürlich nicht sagen. Ich kann aber darauf verweisen, daß wir uns in diesem Hohen Hause und auch in den Ausschüssen schon in den vergangenen Jahren sehr oft mit dem Problem einer Verbilligung von Vergaserkraftstoffen befaßt haben. Ich habe eben mit meiner Aussage ausdrücklich anerkannt, wie schwierig die Situation in den Berggebieten ist, und darauf verwiesen, daß hier Sondermaßnahmen eingeleitet werden.
Das zweite: Es ist doch so: Herr Kollege Sauter, daß es jetzt schon für kleinere landwirtschaftliche Maschinen Dieselmotoren als Antrieb gibt. Ich meine also, daß auch in diese Richtung ausgewichen werden könnte.
9540 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713817600
Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Franz Sauter (CDU):
Rede ID: ID0713817700
Herr Staatssekretär, teilen Sie nicht meine Auffassung, daß die Befürchtung, es könnte Mißbrauch getrieben werden, auch anderwärts berechtigt wäre, und daß von daher gesehen kein Grund vorhanden ist, diese Steuerverbilligung für benzingetriebene Motoren abzulehnen?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0713817800
Ich glaube schon, daß der Versuch zum Mißbrauch bei Vergaserkraftstoffen größer ist als bei Diesel. Außerdem haben wir bei der Gasölverbilligung besondere Richtlinien erlassen, die eingehalten werden müssen, wenn man eine solche Verbilligung in Anspruch nimmt. In diesem Bereich würde das sehr viel schwieriger sein.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713817900
Ich rufe die Frage 32 des Herrn Abgeordneten Hammans auf:
Trifft es zu, daß die Bundesregierung den Unterglasbetrieben, die in der Europäischen Gemeinschaft von den energiebedingten Wettbewerbsunterschieden am stärksten betroffen sind, nicht die Beihilfen in der vollen Höhe gewährt wie sie von der EG-Kommission eingeräumt worden sind?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0713818000
Herr Kollege, die EG-Kommission hält Beihilfen bis zu 50 °/o der Energiekostensteigerungen mit den EG-rechtlichen Bestimmungen für vereinbar. Von der Möglichkeit von Beihilfen für die Energiekostensteigerung haben bisher auch die übrigen Mitgliedstaaten der EG nur teilweise Gebrauch gemacht.
Über die vom Ernährungsausschuß und vom Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages für 1975 vorgesehene Beihilfe in Höhe von 25 Millionen DM hinaus stehen der Bundesregierung keine zusätzliche Mittel zur Verfügung. Der Anteil der Beihilfen an der Energiekostensteigerung in der Bundesrepublik Deutschland kann erst dann abschließend beurteilt werden, wenn bekannt ist, in welchem Umfang die Bundesländer Maßnahmen ergreifen werden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713818100
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hammans.

Dr. Hugo Hammans (CDU):
Rede ID: ID0713818200
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, wenn ich feststelle, daß vor allem die deutschen Unterglasgärtner den Niederländern gegenüber besonders benachteiligt sind, insbesondere weil die Niederländer zum großen Teil mit Erdgas heizen und die noch mit Öl beheizten Unterglasbetriebe erheblich höhere Zuschüsse bekommen als die Unterglasbetriebe in der Bundesrepublik?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0713818300
Ich würde diese Frage bejahen und Ihnen hier zustimmen, Die Bundesregierung hat gerade deshalb wie im letzten Jahr so auch in diesem für einen einzigen Berufszweig, die Unterglasbetriebe, Hilfsmaßnahmen eingeleitet. Ich habe auch schon die 25 Millionen DM finanzieller Unterstützung erwähnt. Die Bundesregierung hat sich aber weiter bemüht — auch das dürfte Ihnen bekannt sein —, sich für gleiche Wettbewerbschancen innerhalb der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzusetzen. Ich verweise auf die Entschließung aller Mitgliedstaaten vom 3. Oktober 1974. Minister Ertl hat im Ministerrat besonders dieses Problem, das Sie eben erwähnt haben, mit aller Deutlichkeit angesprochen. Letztlich hat sich die Bundesregierung bemüht, durch „flankierende Maßnahmen", wie ich das nennen möchte, den betroffenen Betrieben über wirtschaftliche Schwierigkeiten hinwegzuhelfen. Ich erwähne hier nur einen 20 °/oigen Zuschuß für Investitionen zur Wärmedämmung und die Freistellung für ein weiteres Jahr von Zins- und Tilgungslasten bei den Betrieben, die nach dem einzelbetrieblichen Förderungsprogramm gefördert worden sind.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713818400
Sie haben noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Dr. Hugo Hammans (CDU):
Rede ID: ID0713818500
Herr Staatssekretär, im Hinblick darauf, daß es sich hier um kleine mittelständische Betriebe, meist Familienbetriebe, handelt, möchte ich Sie doch noch einmal fragen: Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, in Zukunft hier den gesamten Rahmen auszuschöpfen, den die EWG bietet und anbietet?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0713818600
Wir werden uns zumindest wie bisher darum bemühen. Wie gesagt, hier muß die Unterstützung an Förderungsmitteln durch die Länder mit eingerechnet werden. Wir wissen noch nicht, welchen Rahmen diese Unterstützung erreichen wird. Aber unser Anliegen ist es durchaus, gerade die Existenz dieser wirklich gefährdeten Betriebe besonders entlang der holländischen Grenze zu gewährleisten.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713818700
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Stahl.

Erwin Stahl (SPD):
Rede ID: ID0713818800
Herr Staatssekretär, nach den Aussagen von Herrn Dr. Hammans hat man den Eindruck

(Maucher [CDU/CSU]: Frage!)

— den Eindruck, habe ich gesagt, Herr Kollege —, als wenn die Bundesregierung bei der EG-Kommission die bereitgestellten Mittel nicht ausschöpfe. Können Sie, Herr Staatssekretär, dem widersprechen und darüber diesem Hause jetzt etwas sagen?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0713818900
Es geht darum, Herr Kollege — ich darf das wiederholen —, daß von der EWG her nun genehmigt worden ist, bis zu 50 °/o an Beihilfen zu gewähren.
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9541

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713819000
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Eigen.

Karl Eigen (CDU):
Rede ID: ID0713819100
Herr Staatssekretär, wie hoch beläuft sich denn die Kostensteigerung bei Heizöl für die Gartenbaubetriebe, damit man übersehen kann, was es ausmachen würde, falls die Bundesregierung den Rahmen von 50 %, den Herr Lardinois von der Kommission genannt hat, ausschöpfen würde?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0713819200
Wir haben dazu oftmals Berechnungen vorgelegt. Ich will Ihnen hier aus dem Kopf keine falschen Zahlen nennen. Ich bin gern bereit, sie Ihnen schriftlich zu nennen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713819300
Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Löffler.

Lothar Löffler (SPD):
Rede ID: ID0713819400
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß aus dem Haushalt der EG für diese Maßnahmen keine Mittel zur Verfügung gestellt werden? Und können Sie weiterhin vielleicht bestätigen, daß das zuständige Kommissionsmitglied in Brüssel sich weniger um nationale Fragen der deutschen Agrarpolitik kümmern sollte, sondern mehr um die generelle Frage der europäischen Wettbewerbsverzerrungen innerhalb des gemeinsamen Agrarmarktes?

(Dr. Hammans [CDU/CSU] : Kein Zusammenhang!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713819500
Herr Kollege Löffler, ich muß gestehen, ich habe nicht den Eindruck, daß Sie sich hier noch in vollem Umfange im Rahmen der Richtlinien der Fragestunde halten. Aber wenn der Herr Staatssekretär die Fragen wegen der politischen Bedeutung beantworten will, so stelle ich anheim.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0713819600
Herr Präsident, darf ich vielleicht nur den ersten Teil der Anmerkung des Kollegen Löffler beantworten. Ich habe, meine ich, deutlich herausgestellt, daß es hier von der EWG her gesehen keine finanziellen Mittel gibt, sondern daß lediglich vereinbart worden ist, eine fünfzigprozentige Beihilfe nicht zu beanstanden, wenn ich es so nennen darf.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713819700
Meine Damen und Herren, nach dem Gemüse kommen wir zu den Butterdampfern, zu der Frage 33 des Herrn Abgeordneten Dr. Hammans:
Trifft es zu, daß polnische Butter, die nicht den deutschen Qualitätsanforderungen entspricht, in Schleswig-Holstein ausgeformt und vermarktet wird, zum Teil auch auf den sogenannten „Butterdampfern"?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0713819800
Es trifft zu, Herr Kollege Hammans, daß Butter aus
Polen im Rahmen des Veredlungsverkehrs eingeführt, unter zollamtlicher Überwachung verarbeitet und danach wieder ausgeführt wurde. Die im Veredlungsverkehr eingeführten Waren unterliegen im Hinblick auf die Wiederausfuhr nicht den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden lebensmittelrechtlichen Bestimmungen. Beim Veredlungsverkehr haben sich bisher keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die Butter den deutschen Qualitätsbestimmungen, wären sie anwendbar, nicht entsprochen hätte. Die polnische Butter ist bei dem Veredlungsverkehr auch an Schiffsausrüster geliefert worden. Es ist nicht ausgeschlossen und ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß ein Teil dieser Butter auf dem Wege der Belieferung der sogenannten Butterdampfer von Reisenden eingeführt wird. Allerdings ist die Einfuhrmenge im Reiseverkehr bei Einkauf auf den sogenannten Butterdampfern auf 2 kg je Person begrenzt.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713819900
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hammans.

Dr. Hugo Hammans (CDU):
Rede ID: ID0713820000
Staatssekretär, sehen Sie, daß sich in dieser sehr schwierigen Frage der Kontrolle von Einfuhren nach dem Inkrafttreten der Reform des Lebensmittelrechts nach dem 1. Januar 1975 eine Änderung im Sinne einer Verbesserung ergeben wird?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0713820100
Wir können nur verstärkt darauf achten, daß auch diese Butter, die über diesen Verkehr, also über Butterdampfer, eingeschleust wird, den lebensmittelrechtlichen Vorstellungen, wie wir sie haben, entspricht.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713820200
Keine weiteren Zusatzfragen.

(Abg. Eigen [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zusatzfrage)

— Herr Kollege Eigen, Sie müssen sich schon rechtzeitig melden. Ihre Fragen kommen jetzt ohnehin an die Reihe.
Ich rufe die Frage 34 des Herrn Abgeordneten Eigen auf:
Kann die Bundesregierung angehen, warum das Kommuniqué nach Abschluß des Treffens der Regierungschefs der EG-Staaten in Paris" überhaupt keine Aussage zur EG-Agrarpolitik enthält?
Das Wort hat der Herr Staatssekretär.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0713820300
Herr Kollege Eigen, die EG-Agrarpolitik war für das Gipfeltreffen nicht als Tagesordnungspunkt vorgesehen, da die weitere Behandlung agrarpolitischer Themen — Preise, Bestandsaufnahme — vom Rat verfahrensmäßig bereits festgelegt ist und wichtige andere Fragen — z. B. Energie, Konjunktur, Regionalfonds — im Vordergrund des politischen Interesses standen.
9542 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713820400
Eine Zusatzfrage.

Karl Eigen (CDU):
Rede ID: ID0713820500
Herr Staatssekretär, wie bringen Sie diese Ihre Auskunft damit in Einklang, daß die Bundesregierung ihren Kabinettsbeschluß, die Preisverhandlungen in Brüssel zumindest hinauszuschieben, damit begründete, daß es dabei um Wettbewerbsverzerrungen in der Agrarpolitik gehe?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0713820600
Was dies angeht, so war es notwendig, zunächst einmal die Vorschläge des Ministerrats und der Kommission abzuwarten. Ich beziehe diese Hinauszögerung oder unsere Antworten in einer bestimmten Richtung, die auf Hinauszögerung deuten können, nicht auf das Gipfeltreffen, das ich eben erwähnt habe.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713820700
Herr Kollege Eigen, Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Karl Eigen (CDU):
Rede ID: ID0713820800
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Meinung, daß die Agrarpolitik im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft eine so hervorragende Rolle spielt, daß sie auch bei einem Gipfeltreffen behandelt werden müßte?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0713820900
Herr Kollege Eigen, ich glaube, diese Frage habe ich aus der Sicht der Bundesregierung so oft positiv beantwortet, daß ich es heute nicht noch einmal tun möchte. Es ist ja wirklich bekannt, welche Initiativen in agrarpolitischer Hinsicht von der Bundesregierung entwickelt worden sind.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713821000
Ich rufe die Frage 35 des Herrn Abgeordneten Eigen auf:
Welche Anstrengungen hat die Bundesregierung während der Beratung beim EG-Gipfeltreffen in Paris gemacht, das Problem der nationalen Wettbewerbsverzerrung in der EG-Agrarpolitik mit dem Ziel der Besserung zu diskutieren?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0713821100
Für das Treffen der Regierungschefs in Paris war es in Anbetracht der durch Ratsbeschluß vom 2. Oktober 1974 eingeleiteten Entwicklung nicht notwendig, das Thema der Wettbewerbsverzerrungen im Agrarsektor erneut zu behandeln. Herr Kollege Eigen, der Rat hat nämlich auf deutsches Drängen am 2. Oktober 1974 eine Entschließung verabschiedet, in der zum Ausdruck gebracht wird, daß die einschlägigen Regeln des EWG-Vertrages — dies sind bekanntlich Art. 92 und Art. 93 — in bezug auf derzeitige und zukünftige Beihilfen streng eingehalten werden. Ferner verpflichteten sich die Regierungen darin, der Kommission vor dem 1. Januar 1975 eine vollständige Aufstellung aller 1974 bestehenden Beihilfen zu übermitteln. Diese Arbeiten sind angelaufen. Auf Grund der Ergebnisse wird es möglich sein, die Voraussetzungen zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen in der Landwirtschaft zu schaffen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713821200
Eine Zusatzfrage.

Karl Eigen (CDU):
Rede ID: ID0713821300
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß die Tatsache, daß die französische Regierung klar erklärt hat, sie wolle ihre produktgebundenen zusätzlichen Beihilfen nicht abschaffen, der von Ihnen eben gegebenen Antwort entgegensteht?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0713821400
Ich kenne diese Äußerungen von französischer Seite. Hier wird von der Kommission genau zu prüfen sein — das ist ja der Auftrag, den die Kommission durch Beschluß des Ministerrates bekommen hat —, ob die Franzosen mit ihrer Aussage tatsächlich recht behalten.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713821500
Herr Kollege Eigen, Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Karl Eigen (CDU):
Rede ID: ID0713821600
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß dem, was Sie eben sagten, auch die Aussage der holländischen Regierung entgegensteht, die gar nicht daran denkt, die Wettbewerbsvorteile für den holländischen Gartenbau — wir kamen in der Fragestunde eben schon auf das Problem der Wettbewerbsverzerrungen beim Heizöl zu sprechen - abzubauen?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0713821700
Ich gehe nicht davon aus, daß die holländische Regierung eine so starre Haltung einnehmen wird. Ich habe auch vorhin schon bei der Beantwortung einer Frage darauf hingewiesen, daß sich gerade Minister Ertl immer wieder bemüht hat, zu EWG-einheitlichen Lösungen, d. h. Lösungen unter Einschluß Hollands, zu kommen. Ich meine, es muß auch künftig unser Bestreben sein, diese Wettbewerbsverzerrungen zu beseitigen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713821800
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kiechle.

Ignaz Kiechle (CSU):
Rede ID: ID0713821900
Herr Staatssekretär, was wird die Bundesregierung tun, wenn die holländische Regierung entgegen Ihrer Annahme diese starre Haltung nun doch beibehält?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0713822000
Dann werden wir zu überlegen haben, wie wir in anderer Form diese Wettbewerbsverzerrungen beseitigen bzw. mildern können.
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen Die von dem Herrn Abgeordneten Niegel eingereich-
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9543
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
ten Fragen 36 und 37 werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beantwortet. Herr Staatssekretär Logemann, ich danke Ihnen!
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Zur Beantwortung der eingereichten Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Buschfort zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 38 des Herrn Abgeordneten Maucher auf:
Ist die Bundesregierung der Meinung, daß Pressemitteilungen im Laufe des Monats Oktober richtig waren, in denen es hieß, alle Kriegsopfer erhalten eine Rentenerhöhung von 11,4 Prozent?
Herr Staatssekretär!

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0713822100
Wenn Sie gestatten, Herr Kollege, möchte ich gerne die Fragen 38 und 39 zusammen beantworten.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713822200
Herr Kollege Maucher, sind Sie damit einverstanden? — Dann rufe ich auch die Frage 39 des Abgeordneten Maucher auf:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die ungleichmäßigen prozentualen Erhöhungen insbesondere bei Kriegerwitwen, die Schadensausgleich erhalten, zu vermeiden?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0713822300
Herr Kollege Maucher, es trifft zu, daß alle der Rentenanpassung nach § 56 des Bundesversorgungsgesetzes unterliegenden Rentenleistungen auf Grund der Anpassungsgesetze zum 1. Januar 1974 um 11,4 v. H. und zum 1. Oktober 1974 um 11,2 v. H. erhöht wurden. Dazu gehören mit Ausnahme der Berufsschadenausgleiche für Beschädigte und der Schadensausgleich für Witwen alle regelmäßig monatlich wiederkehrenden Versorgungsbezüge.
Zu Ihrer zweiten Frage bemerke ich folgendes: Im Gegensatz zu den übrigen Versorgungsbezügen, die jährlich wie die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung erhöht werden, richtet sich der Berufsschadens- und der Schadensausgleich nach anderen Grundsätzen. Diese Leistungen errechnen sich durch einen Vergleich der gegenwärtig erzielten Einkommen mit denen, die ohne die Schädigung erzielt würden. Die Anpassung der Berufsschadens-und Schadensausgleiche vollzieht sich nach der aktuellen Verdienstentwicklung innerhalb der einzelnen Berufs- oder Wirtschaftsgruppen. Daher können die jeweiligen Angleichungen der Berufsschadens-und Schadensausgleiche nicht mit den Anpassungen der übrigen Leistungen übereinstimmen. Abweichungen sind sowohl zugunsten als auch zuungunsten des Versorgungsberechtigten möglich.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713822400
Herr Kollege Maucher, bitte!

Eugen Maucher (CDU):
Rede ID: ID0713822500
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, daß Ihre jetzige Auslegung und Darlegung zwar den nackten gesetzlichen Bestimmungen entspricht, aber sich in Wirklichkeit völlig anders auswirkt, nämlich daß durch die Anrechnung der Erhöhung der Grundrente beim Schadensausgleich in der Tat andere Prozentsätze herauskommen, als es gesetzlich vorgeschrieben ist?

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0713822600
Herr Kollege Maucher, wenn eine Rente prozentual erhöht wird, dann ist das Ergebnis klar. Wenn ein Berufsschaden ausgeglichen werden soll, so kann man diesen Vorgang nicht unbedingt zu einer Rentenerhöhung in Bezug setzen. Vielmehr muß ein Berufsschadensausgleich oder ein Schadensausgleich in ein Verhältnis gesetzt werden zu dem entstandenen Schaden im Beruf, der anzunehmen ist, wenn die Schädigung nicht eingetreten wäre. Der von Ihnen angegebene Vergleichsmaßstab ist also insofern nicht gegeben.
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege.

Eugen Maucher (CDU):
Rede ID: ID0713822700
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zugeben, daß diese Ihre Auslegung zwar vom Berufsschadens- und Schadensausgleich her nicht zu bestreiten ist, aber die betreffenden Kriegsopfer nicht danach fragen, wie sich das zusammensetzt, sondern danach was sie in der Tat bekommen, und daß es viele sind, die nicht 11,4 °/o, sondern nur 2 bis 3 °/o mehr bekommen haben, insbesondere Kriegerwitwen?

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0713822800
Herr Kollege, dann ist das auf die Entwicklung in dem entsprechenden Wirtschaftszweig zurückzuführen. Ich darf noch einmal wiederholen: Die Anpassungen beim Berufsschadensausgleich und beim Schadensausgleich sind nicht im Sinne einer Rentenerhöhung, die prozentual nach dem Durchschnittseinkommen aller geregelt wird, zu verstehen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713822900
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.

Eugen Maucher (CDU):
Rede ID: ID0713823000
Herr Staatssekretär, würden Sie dann aber bereit sein, auf Grund der praktischen Auswirkung, insbesondere bei dem Schadensausgleich bei den Witwen und bei dem Berufsschadensausgleich, wo das Vergleichseinkommen die maßgebende Grundlage ist, hier eine gesetzliche Änderung vorzuschlagen, daß sich diese zum Teil katastrophalen Auswirkungen wie am 1. Oktober 1974 nicht wieder wiederholen?

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0713823100
Herr Kollege Maucher, die Bundesregierung sieht zur Zeit keine
9544 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974
Parl. Staatssekretär Buschfort
Veranlassung, den Rechtsstandpunkt, den Sie hier vertreten, einzunehmen. Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß es bei diesen Berechnungsformen sowohl Vorteile als auch Nachteile gibt. Wenn es zur Zeit in einem größeren Umfange Nachteile gegeben hat, so hängt das damit zusammen, daß wir es jetzt mit zwei vorgezogenen Rentenanpassungszeiträumen zu tun haben und daß die Vergleichsmaßstäbe natürlich in diesem Jahr ein wenig ins Rutschen gekommen sind. Das wird sich aber im nächsten Jahr wieder normalisieren.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713823200
Eine letzte Zusatzfrage des Abgeordneten Maucher.

Eugen Maucher (CDU):
Rede ID: ID0713823300
Herr Staatssekretär, würden Sie mir aber dann zugeben, daß das, was Sie jetzt mit Recht angeführt haben, nur dann in das richtige Gleis gebracht werden kann, wenn dafür die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden?

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0713823400
Herr Kollege Maucher, ich bin der Auffassung, daß die gesetzlichen Gegebenheiten in Ordnung sind.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713823500
Ich rufe die Frage 40 des Herrn Abgeordneten Sauter (Epfendorf) auf:
Nach welchen Kriterien werden die Bundeszuschüsse zur Ausländerbetreuung an die einzelnen Wohlfahrtsverbände vergeben, wie hoch sind die Prozentsätze der Eigenleistungen der Wohlfahrtsverbände auf diesem Gebiet, und wie hoch sind die Bundeszuschüsse pro in der Ausländerarbeit beschäftigten Sozialarbeiter für die verschiedenen Wohlfahrtsverbände?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0713823600
Im laufenden Haushaltsjahr wurden den verschiedenen Trägern der Betreuungs- und Beratungstätigkeit für ausländische Arbeitnehmer Zuwendungen von insgesamt etwa 14,9 Millionen DM aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung gewährt. Diese Zuschüsse sind vor allem für die Beschäftigung, Schulung und Fortbildung von Mitarbeitern derjenigen Organisationen bestimmt, denen die allgemeine soziale Betreuung und die arbeits- und sozialrechtliche Beratung ausländischer Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen obliegt. Die Mittel werden nach eingehenden Vorgesprächen mit den einzelnen Verbänden auf der Grundlage von Anträgen und Finanzierungsplänen der Verbände verteilt.
Allgemeine Kriterien für die Verteilung der Mittel an die Träger lassen sich wegen der unterschiedlichen Gegebenheiten bei den Verbänden, insbesondere wegen der verschiedenartigen Aufgabenstellungen, nicht anwenden. Zahlen oder Prozentsätze zur Eigenleistung der Verbände anzugeben wäre problematisch, zumal die Gesamtheit der Eigenleistungen kaum erschöpfend zu erfassen und zutreffend zu beziffern ist. Eine Zurechnung der aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung oder von anderen Stellen gewährten Zuwendungen pro Kopf des für ausländische Arbeitnehmer tätigen Sozialarbeiters für jeden einzelnen Wohlfahrtsverband ist nicht möglich. Den Verbänden bleibt es überlassen, in welcher Weise sie im Rahmen der von ihnen vorgelegten Finanzierungspläne die Zuwendungen auf die verschiedenen Kostenarten verteilen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713823700
Zusatzfrage!

Franz Sauter (CDU):
Rede ID: ID0713823800
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die einzelnen Wohlfahrtsverbände Zuschüsse in verschiedener Höhe erhalten, so daß beispielsweise die kirchlichen Wohlfahrtsverbände hinsichtlich der Zuschüsse wesentlich schlechter gestellt sind als andere, und worauf führen Sie das zurück?

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0713823900
Herr Kollege, ich gehe davon aus, daß diese, wie Sie sagen, ungerechte Verteilung durchaus verständlich ist. Wenn eine Organisation über erhöhtes Eigenkapital verfügt, z. B. auf Kirchensteuer zurückgreifen kann, ist es durchaus zumutbar, daß vielleicht ein anderer Wohlfahrtsverband, der diese Möglichkeit nicht hat, eben besser bedient wird.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713824000
Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Franz Sauter (CDU):
Rede ID: ID0713824100
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt — obwohl das, was Sie in bezug auf die Kirchen sagen, insgesamt problematisch ist , daß auch die Kirchensteuern rückläufig sind, und würden Sie daraus entsprechende — —

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713824200
Herr Kollege, ich bitte um Verständnis, die Richtlinien für die Fragestunde müssen wir hier beachten.

(Sauter [Epfendorf] [CDU/CSU] : Ich antworte dem Herrn Staatssekretär!)

— Herr Kollege, das geht eben nicht. Sie können nicht antworten, Sie können nur Zusatzfragen stellen. Das ist genau der Punkt.

Franz Sauter (CDU):
Rede ID: ID0713824300
Dann darf ich fragen, ob Sie in Zukunft bei der Bezuschussung berücksichtigen wollen, daß die Kirchensteuer rückläufig ist, und entsprechend höhere Zuschüsse für die kirchlichen Träger der Ausländerbetreuung gewähren wollen.

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0713824400
Herr Kollege, selbstverständlich wird sich die Bundesregierung auch danach orientieren, welche Eigenleistung der einzelne Verband erbringen kann. Ich darf noch einmal sagen: Wir achten auch in Beratungen mit den Verbänden hierauf und führen selbstverständlich auch, soweit das möglich ist, ein Einvernehmen herbei. Im übrigen legen uns auch die Verbände selber Finanzierungspläne vor. Wir können eigentlich nur
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Parl. Staatssekretär Buschfort
feststellen, daß das bisher sehr einvernehmlich vor sich gegangen ist.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713824500
Ich rufe die Frage 41 des Herrn Abgeordneten Löffler auf:
Hat die Bundesregierung einen Überblick darüber, wie viele in der Arbeitsmedizin qualifizierte Ärzte nach dem Betriebsärztegesetz eingesetzt werden?
Ich weiß nicht, Herr Staatssekretär, ob diese Frage mit der nächsten Frage gemeinsam beantwortet werden soll; das müßten Sie gegebenenfalls aus Ihrer Sicht vorschlagen. Wollen Sie sie gemeinsam beantworten?

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0713824600
Gern.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713824700
Herr Kollege, sind Sie damit einverstanden?

(Zustimmung)

— Dann rufe ich die Frage 42 mit auf:
Sicht die Bundesregierung eine Möglichkeit, durch geeignete Maßnahmen die Ausbildung von Arbeitsmedizinern zu unterstützen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0713824800
Nach der jährlichen Erhebung 1974 sind zur Zeit über 2100 haupt-
und nebenberufliche Betriebsärzte tätig. Bei diesen Ärzten ist davon auszugehen, daß sie auf Grund ihrer bisherigen betriebsärztlichen Tätigkeit oder einer zusätzlichen arbeitsmedizinischen Weiterbildung, die sie zur Führung der Zusatzbezeichnung „Arbeitsmedizin" berechtigt, über die erforderliche arbeitsmedizinische Fachkunde verfügen. Die Zusatzbezeichnung „Arbeitsmedizin" haben bisher 1070 Ärzte erworben.
Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich bemerken: Die Bundesregierung sieht es als besonders vordringlich an, mehr Ärzte als bisher für Aufgaben nach dem Arbeitssicherheitsgesetz zu interessieren, da die Zahl der tätigen Betriebsärzte nicht ausreicht. Nach eingehenden Beratungen mit der Bundesärztekammer und den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung ist in der das Gesetz ausführenden Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte" festgelegt worden, daß außer Ärzten mit der Zusatzbezeichnung „Arbeitsmedizin" und schon tätigen Betriebsärzten auch solche Ärzte haupt- oder nebenberuflich als Betriebsärzte eingestellt werden, die ein Jahr klinisch oder poliklinisch tätig gewesen sind, an einem arbeitsmedizinischen Enführungslehrgang teilgenommen haben und eine entsprechende Bescheinigung der zuständigen Ärztekammer vorlegen können.
Eine so gesetzte Eingangsschwelle entspricht auch der mehrfach geäußerten Auffassung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung, daß es in einer Übergangszeit möglichst vielen Ärzten ermöglicht werden sollte, sich als Betriebsärzte zu betätigen.
Die neue Approbationsordnung für Ärzte, der bereits weit geförderte Ausbau von Lehrstühlen und
Lehraufträgen für Arbeitsmedizin und nicht zuletzt das Arbeitssicherheitsgesetz selbst werden nach Auffassung der Bundesregierung das Interesse an der Arbeitsmedizin verstärken. So wurden an den Akademien für Arbeitsmedizin in Berlin und in München im Jahre 1967 insgesamt etwa 160 Teilnehmer gezählt, während nach neuesten Mitteilungen die Teilnehmerzahlen etwa 500 bis 600 je Akademie und Jahr betragen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713824900
Herr Kollege Löffler, eine Zusatzfrage.

Lothar Löffler (SPD):
Rede ID: ID0713825000
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß das Angebot an Ausbildungsplätzen für die Arbeitsmediziner ausreichen wird, um zukünftig nur die Mediziner nach dem Betriebsärztegesetz einsetzen zu können, die eine Zusatzausbildung in Arbeitsmedizin erfahren haben?

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0713825100
Herr Kollege Löffler, wir wissen sehr wohl, daß nach diesem neuen Gesetz der Bedarf an Arbeitsmedizinern sehr groß ist. Ich kann Ihnen jetzt im Moment nicht die konkrete Zahl der zur Zeit zur Verfügung stehenden Plätze für Arbeitsmedizin mitteilen. Ich bin aber gern bereit, das einmal prüfen zu lassen und dann auch prognostisch zu sagen, welcher Bedarf in den nächsten Jahren besteht.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713825200
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Stahl.

Erwin Stahl (SPD):
Rede ID: ID0713825300
Herr Staatssekretär, wird es künftig nicht möglich sein, im Rahmen eines normalen Medizinstudiums durch Besuch von Zusatzvorlesungen das Problem des Bedarfs an Arbeitsmedizinern zu lösen?

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0713825400
Herr Kollege Stahl, soweit ich informiert bin, werden zur Zeit Gespräche geführt, um besondere Lehrgänge für Arbeitsmedizin — möglicherweise auch angegliedert an die Universitäten — durchzuführen. Ich weiß, daß hier insbesondere die Gewerkschaften ein sehr großes Interesse zeigen, um den derzeitigen Bedarf decken zu können, aber auch um den Medizinern die Möglichkeit zu geben, in dieses neue Fachgebiet einzusteigen. Ich darf Ihnen also versichern, daß hier ein großes Interesse sowohl der Regierung als auch der Organisationen, die mit diesen Fragen zu tun haben, vorhanden ist.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713825500
Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein.

Prinz Botho zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (CDU):
Rede ID: ID0713825600
Herr Staatssekretär, hält die Bundesregierung einen vierzehntägigen Einführungslehrgang für ausreichend, um das entsprechende arbeitsmedizinische Wissen zu vermitteln, um den Forde-
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Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein
rungen des Gesetzgebers überhaupt Rechnung zu tragen?

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0713825700
Herr Kollege, diese kurzfristigen Lehrgänge sind nur als eine vorübergehende Phase zu bezeichnen. Wir sind uns selbstverständlich darüber im klaren, daß wir es lieber mit ausgebildeten Arbeitsmedizinern in den Betrieben zu tun hätten. Da aber mit diesem Gesetz plötzlich ein großer Bedarf vorhanden ist, sind 14 Tage Ausbildung besser, als nur auf Mediziner zurückzugreifen, die überhaupt keine arbeitsmedizinische Ausbildung haben.
Ich weise aber darauf hin, daß es noch Gespräche zwischen den Berufsgenossenschaften und den Gewerkschaften gibt, und es gibt auch, soviel ich weiß, unterschiedliche Vereinbarungen. Hier ist gegenwärtig wohl die Frage, in welcher Zeit man diesem Gesetz Genüge tun kann, im Vordergrund.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713825800
Ich rufe die nächste Frage, Frage 43 des Abgeordneten Schäfer (Appenweier), auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, ob das Bundesamt für Zivildienst sozialen Hilfsorganisationen androht, die Anerkennung als Beschäftigungsstelle für Zivildienstleistende zurückzunehmen, weil die Organisation keinen hauptamtlichen Mitarbeiter bestellt hat, obwohl die Arbeit der Organisation und der bei ihr Zivildienstleistenden keinen Anlaß zur Beanstandung gibt, und was gedenkt die Bundesregierung dagegen zu unternehmen?

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0713825900
Das Bundesamt für Zivildienst hat bei der Anerkennung von Beschäftigungsstellen des Zivildienstes die Vorschriften des Zivildienstgesetzes zu beachten. Danach muß die anzuerkennende Beschäftigungsstelle die Gewähr dafür bieten, daß die Leitung, die Betreuung und die Beschäftigung der Dienstleistenden dem Wesen des Zivildienstes entsprechen. Die Zivildienstleistenden müssen daher während ihres Dienstes ständig angeleitet und beaufsichtigt werden. Dies kann nur durch hauptberufliche Mitarbeiter der Beschäftigungsstellen gewährleistet werden.
Der Bundesregierung ist bisher ein Fall bekannt, bei dem das Bundesamt für den Zivildienst mit dem Widerruf der Anerkennung als Beschäftigungsstelle gedroht hat, weil kein hauptberuflicher Mitarbeiter vorhanden ist. Bei dieser Beschäftigungsstelle wurden daneben Unregelmäßigkeiten in der Durchführung des Zivildienstes bekannt, die auf das Fehlen hauptberuflicher Kräfte zurückzuführen sind. Ich gehe davon aus, daß sich Ihre Anfrage auf diesen Einzelfall bezieht.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713826000
Zusatzfrage!

Harald B. Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0713826100
Sehen Sie eine Möglichkeit, Herr Staatssekretär, in den Fällen, in denen eine ordnungsgemäße Abwicklung des Zivildienstes entsprechend dem Zivildienstgesetz möglich ist, von einer Einstellung eines hauptberuflichen Mitarbeiters abzusehen, wenn ansonsten dem Willen des Gesetzgebers Rechnung getragen wird?

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0713826200
Herr Kollege, die Beaufsichtigung der Zivildienstleistenden ist nach Auffassung der Bundesregierung eben nicht möglich, wenn kein hauptberuflicher Betreuer vorhanden ist. Die Erfahrungen in Ihrem Einzelfall, aber auch Überprüfungen in anderen Fällen lassen es uns ratsam erscheinen, von einer solchen Möglichkeit Abstand zu nehmen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713826300
Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage.

Harald B. Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0713826400
Ist die Bundesregierung, wenn ihr nachgewiesen werden kann, daß auch ohne die Beschäftigung eines hauptamtlichen Mitarbeiters die Erfüllung der Intention des Gesetzes möglich ist, gegebenenfalls bereit, ihre Haltung zu überprüfen?

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0713826500
Ich kann Ihnen das hier nicht zugestehen. Ich bin aber gern bereit, Ihre hier jetzt vorgetragene Frage beim Bundesamt noch einmal eingehend prüfen zu lassen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713826600
Die Fragen 44 und 45 der Frau Abgeordneten Dr. Lepsius werden auf Wunsch der Fragestellerin schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Das gleiche gilt für die Fragen 46 und 47 des Herrn Abgeordneten Dr. Schäuble.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär zur Verfügung.
Die Frage 48 ist von dem Herrn Abgeordneten Dr. Weber (Köln) eingebracht. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal, Herr Staatssekretär. Die Frage wird daher schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Der Herr Abgeordnete Dr. Schwencke hat vor wenigen Minuten wegen einer Ausschußsitzung den Saal verlassen und mich noch um schriftliche Beantwortung seiner Fragen gebeten. Seine Fragen 49 und 50 werden daher schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Die Fragen 51 und 52 des Herrn Abgeordneten Biehle werden ebenfalls schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Damit sind wir am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministers der Verteidigung angelangt. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit auf. Herr Staatssekretär Zander steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung.
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 1. Dezember 1974 9547
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
Ich rufe zunächst die Frage 53 der Frau Abgeordneten Grützmann auf:
Wie groß ist die Bereitschaft der Touristikunternehmen, diejenigen, die eine Reise in exotische Länder buchen, über dort verbreitete Krankheiten aufzuklären, und was kann die Bundesregierung unternehmen, diese Bereitschaft zu fördern und hier vorbeugend tätig zu werden?

Karl Fred Zander (SPD):
Rede ID: ID0713826700
Frau Kollegin Grützmann, die Bereitschaft der Touristikunternehmen, Reisende über Krankheiten in solchen Ländern aufzuklären, ist, soweit die Bundesregierung das aus einzelnen Vorgängen beurteilen kann, unterschiedlich. Die Bundesregierung bemüht sich, Informationen, die ihr zur Verfügung stehen, umgehend an die Touristikunternehmen weiterzuleiten.
Wie auf eine gleichlautende Frage der Frau Abgeordneten Berger am 19. Dezember 1973 ausgeführt, hat die Bundesregierung schon vor längerer Zeit sichergestellt, daß Reisebüros und andere Stellen sofort von Nachrichten und Erkenntnissen unterrichtet werden, die der Bundesregierung oder dem Bundesgesundheitsamt über Seuchensituationen in anderen Ländern vorliegen. Das Bundesgesundheitsamt leitet in solchen Fällen regelmäßig seine Rundfernschreiben auch dem Deutschen Reisebüro-Verband in Frankfurt am Main zu.
Aus einzelnen Anfragen von Reiseveranstaltern und Reisebüros ist mir bekannt, daß die dem Dachverband der Reisebüros und Reiseunternehmen angeschlossenen Betriebe offensichtlich noch nicht generell über die Informationsmöglichkeit beim Deutschen Reisebüro-Verband unterrichtet sind oder keinen Gebrauch davon machen.
Die erste Auflage von 200 000 Stück des in der Antwort am 19. Dezember 1973 erwähnten Merkblattes für Reisende in warme Länder, in dem Ratschläge über hygienisches Verhalten und andere Ratschläge hinsichtlich Ernährung und Kleidung und Angaben über die erforderlichen oder zweckmäßigen Impfungen enthalten sind, ist inzwischen restlos vergriffen. Das Erscheinen dieser Broschüre „Gesundheitstips für Globetrotter" ist sowohl von den Reiseunternehmen als auch von den Reisenden selbst lebhaft begrüßt worden. Demzufolge und wegen der weiter gestiegenen Zahl von Fernreisen wurde eine auf den neuesten Stand gebrachte zweite Auflage gedruckt, die sich zur Zeit in der Auslieferung an Reiseveranstalter und Reisebüros befindet.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713826800
Keine Zusatzfrage, Frau Kollegin?
Dann rufe ich Ihre nächste Frage, die Frage 54, auf:
Welche Möglichkeit sieht die Bundesregierung, den jugendlichen Heimbewohnern, die zum 1. Januar 1975 das neue Volljährigkeitsalter erreicht haben, zu helfen, insbesondere die Träger solcher Einrichtungen in ihrem Bemühen zu unterstützen, den Übergang vom Heimleben in die Gesellschaft fließend zu gestalten?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Karl Fred Zander (SPD):
Rede ID: ID0713826900
Frau Kollegin Grützmann, jugendlichen Heimbewohnern können bereits nach geltendem Recht gezielte Hilfen über das Volljährigkeitsalter hinaus gewährt werden. Hieran ändert sich ab 1. Januar 1975 nichts. Im Gegenteil, der im gleichen Zeitpunkt in Kraft tretende neue § 75 a des Jugendwohlfahrtsgesetzes sieht weitere Hilfen für diesen Personenkreis vor. Hiernach können im Rahmen der freiwilligen Erziehungshilfe oder der Fürsorgeerziehung Maßnahmen zur schulischen oder beruflichen Bildung einschließlich der Berufsvorbereitung über den Zeitpunkt des Eintritts der Volljährigkeit hinaus fortgesetzt werden, wenn der Volljährige dies beantragt und bereit ist, am Erfolg der Maßnahme mitzuwirken.
Eine gezielte Einflußnahme auf die Ausführung der gesetzlichen Bestimmungen ist der Bundesregierung aus verfassungsrechtlichen Gründen versagt. Das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit hat im Interesse einer einheitlichen Interpretation der Rechtslage ab 1. Januar 1975 aber ein empfehlendes Rundschreiben an alle obersten Jugendbehörden der Länder gerichtet.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713827000
Eine Zusatzfrage!

Angela Grützmann (SPD):
Rede ID: ID0713827100
Herr Staatssekretär, ist damit gewährleistet, daß sowohl die Betroffenen als auch die Träger voll informiert werden, und wer gibt diese Information innerhalb der Organisation weiter?

Karl Fred Zander (SPD):
Rede ID: ID0713827200
Frau Kollegin, das ist eine Frage nach allgemeiner Information der Bürger über neu geschaffene und zustehende Rechte. Ich kann nur hoffen, daß alle Möglichkeiten der Unterrichtung der einzelnen genutzt werden. Ich gehe davon aus, daß die Träger der jeweiligen Organisation über die in Frage kommenden Rechte informiert sind.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713827300
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 55 des Herrn Abgeordneten Gallus auf:
Kann die Bundesregierung mitteilen, wie hoch sich die volkswirtschaftlichen Kosten für die in der zweiten EG-Richtlinie zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten vorgesehenen präklinischen und klinischen Prüfungen belaufen und in welcher Höhe sich diese auf die Sozialversicherungsbeiträge niederschlagen könnten?
Herr Staatssekretär.

Karl Fred Zander (SPD):
Rede ID: ID0713827400
Herr Kollege Gallus, eine klinische Prüfung als Voraussetzung für die Zulassung einer Arzneispezialität ist in dem Entwurf einer Zweiten Pharmazeutischen Richtlinie nicht vorgesehen. Sie wird mit verpflichtender Wirkung für die Bundesrepublik in der Ersten Pharmazeutischen Richtlinie vom 26. Januar 1965 gefordert. Die Erste Pharmazeutische Richtlinie enthält bereits zahlreiche Ausnahmen von dem Erfordernis der klinischen Prüfung. Diese gelten vor allem für Arzneispezialitäten, die sich bereits im Verkehr be-
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Parl. Staatssekretär Zander
finden. Es ist der Bundesregierung in schwierigen Verhandlungen gelungen, weitere vertretbare Ausnahmen von der klinischen Prüfung zu erreichen, die besonders den homöopathischen Arzneispezialitäten und anderen Naturheilmitteln zugute kommen werden. Die Situation in der EG hat ihren Niederschlag in dem Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts gefunden. Danach bleibt die eigentliche klinische Prüfung primär auf Arzneimittel beschränkt, die neu in die Medizin eingeführt werden oder bei denen Bedenken aus Gründen der Arzneimittelsicherheit bestehen. Es handelt sich also um Fälle, bei denen auch ein eigenverantwortlicher pharmazeutischer Unternehmer im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht klinische Prüfungen durchführen muß.
Unter diesen Umständen rechnet die Bundesregierung nur mit einer verhältnismäßig geringfügigen Erhöhung der Kosten, die sie allerdings im Interesse der Arzneimittelsicherheit für unerläßlich hält. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe sich diese Kosten auf die Sozialversicherungsbeiträge auswirken werden, läßt sich im gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht übersehen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713827500
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spitzmüller.

Kurt Spitzmüller (FDP):
Rede ID: ID0713827600
Herr Staatssekretär, ist davon auszugehen, daß die homöopathischen Mittel auf Dauer gesichert bleiben und nicht eventuell durch EG-Verordnungen in einigen Jahren vom Markt verschwinden, nachdem im Vorspruch zur EG-Verordnung von „vorübergehend" oder „im jetzigen Zeitpunkt" die Rede ist?

Karl Fred Zander (SPD):
Rede ID: ID0713827700
Herr Kollege Spitzmüller, soweit man dies überschauen kann — wir sind ja keine Propheten — möchte ich Ihre Frage bejahen. Im übrigen wird der Deutsche Bundestag in Kürze anläßlich der ersten Lesung und der anschließenden Beratung des Arzneimittelgesetzes in den Fachausschüssen Gelegenheit haben, diese Frage zu behandeln und zu diskutieren.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713827800
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Fiebig.

Udo Fiebig (SPD):
Rede ID: ID0713827900
Herr Staatssekretär, welche Kosten werden, wenn das geplante Arzneimittelgesetz in Kraft getreten sein wird, in bezug auf die Forderung des Wirksamkeitsnachweises, der sicherlich den Arzneimittelherstellern sehr hohe Kosten verursachen wird, auf die Krankenkassen zukommen?

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713828000
Herr Kollege, es war hier nach den volkswirtschaftlichen Kosten gefragt, Ob der unmittelbare Zusammenhang noch gewährleistet bleibt, wenn Sie jetzt nach den für die Krankenkassen entstehenden Kosten fragen, kann ich nicht ohne weiteres übersehen. Aber vielleicht kann der Herr Staatssekretär das aus seinen Unterlagen ersehen. Sonst müßte die Frage neu eingebracht werden.

Karl Fred Zander (SPD):
Rede ID: ID0713828100
Herr Präsident, Herr Kollege Fiebig, diese Frage läßt sich erst beantworten, wenn der Deutsche Bundestag dieses Gesetz abschließend beraten und verabschiedet hat.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713828200
Ich rufe die Frage 56 des Herrn Abgeordneten Gallus auf:
Kann die Bundesregierung mitteilen, inwieweit durch solche Prüfungen die in der Bundesrepublik Deutschland vorhandenen Forschungs- und Investitionskapazitäten — auch der mittleren Firmen — ausgelastet würden und wieviel Forschungskapazitäten für die Neuentwicklung von Arzneimitteln noch frei blieben?
Bitte!

Karl Fred Zander (SPD):
Rede ID: ID0713828300
Herr Kollege Gallus, wie sich aus der Beantwortung der vorhergehenden Frage ergibt, werden Forschungs- und Investitionskapazitäten durch die vorgesehene Neuordnung des Arzneimittelrechts nur insoweit zusätzlich gebunden, als sie ohnehin im Rahmen der Sorgfaltspflicht des pharmazeutischen Unternehmers ausgelastet würden. Die bestehende Forschungskapazität für die Neuentwicklung von Arzneimitteln wird nach Auffassung der Bundesregierung nicht wesentlich beeinträchtigt.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713828400
Zusatzfrage? — Bitte, Herr Kollege!

Georg Gallus (FDP):
Rede ID: ID0713828500
Herr Staatssekretär, können Sie Angaben darüber machen, wie sich die Kosten für Arzneimittel insbesondere bei Betrieben mit relativ kleinem Umsatz entwickeln werden?

Karl Fred Zander (SPD):
Rede ID: ID0713828600
Herr Kollege Gallus, ich nehme an, daß unser Haus über solche Unterlagen verfügt, aber ich bin im Augenblick nicht imstande, da ich auf diese Frage nicht vorbereitet bin, sie Ihnen jetzt hier zu beantworten. Ich will das aber gerne prüfen und die Beantwortung schriftlich nachholen, wenn Sie es wünschen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713828700
Ich rufe die Frage 57 des Herrn Abgeordneten Spitzmüller auf:
Hat die Bundesregierung bei den Verhandlungen über die Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die analytischen, toxikologischpharmakologischen und ärztlichen oder klinischen Vorschriften und Protokolle über Versuche mit Arzneispezialitäten den Standpunkt des Deutschen Bundestages, wie er im Beschluß vom 4. November 1971 durch die Annahme eines entsprechenden Aussdiußantrags zum Ausdruck gekommen ist, vertreten und in welchen Punkten durchgesetzt?

Karl Fred Zander (SPD):
Rede ID: ID0713828800
Herr Kollege Spitzmüller, die Bundesregierung hat bei den Verhandlungen in Brüssel dem Beschluß des Deutschen Bundestages vom 4. November 1971 voll Rechnung getragen und erreicht, daß die im Beschluß aufge-
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung, Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974 9549
Parl. Staatssekretär Zander
stellten Forderungen Bestandteile des Entwurfs einer Zweiten Pharmazeutischen Richtlinie und des Entwurfs einer Prüfrichtlinie für Arzneispezialitäten geworden sind. Soweit die Forderungen nicht Gegenstand der beiden Entwürfe sind, sollen sie durch entsprechende Erklärungen des EG-Ministerrates abgesichert werden. Die Bundesregierung wird den beiden erwähnten EG-Richtlinien nur zustimmen, wenn die im Beschluß des Bundestages vom 4. November 1971 unter Punkt 2 erhobenen Forderungen gewahrt bleiben. Ich bin gern bereit, Ihnen im einzelnen darzulegen, wie dies geschieht.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713828900
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 58 des Herrn Abgeordneten Spitzmüller auf:
Ist der vorgesehene kontrollierte klinische Versuch am Menschen, wie ihn die EG-Richtlinie zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die analytischen, toxikologischpharmakologischen und ärztlichen oder klinischen Vorschriften und Protokolle über Versuche mit Arzneispezialitäten vorsieht, unzweifelhaft mit dem Grundgesetz vereinbar?

Karl Fred Zander (SPD):
Rede ID: ID0713829000
Die Bundesregierung hält die Durchführung klinischer Prüfungen dann mit dem Grundgesetz für vereinbar, wenn dabei die Voraussetzungen erfüllt sind, die in Art. 1 §§ 38 und 39 des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts vorgesehen sind.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713829100
Keine Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 59 des Abgeordneten Rollmann auf:
In welcher Weise ist Bundeskanzler Schmidt bei seinen häufigen Kontakten mit dem Präsidenten der französischen Republik darum bemüht, daß der jährliche Finanzbeitrag Frankreichs für das deutsch-französische Jugendwerk wenigstens wieder jenen tatsächlichen Umfang erreicht, wie er bereits in den ersten Jahren des deutsch-französischen Jugendwerks erreicht war?
Herr Staatssekretär!

Karl Fred Zander (SPD):
Rede ID: ID0713829200
Herr Kollege Rollmann, über di-e Frage der Regierungsbeiträge an das Deutsch-Französische Jugendwerk bin ich mit dem französischen Staatssekretär für Jugend und Sport beim Minister für Lebensqualität in laufendem Kontakt. Diese Frage war auch Gegenstand der deutsch-französischen Konsultationen am 9. Juli 1974. Eine Notwendigkeit für eine Einschaltung der Regierungschefs bestand und besteht nicht.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713829300
Zusatzfrage.

Dietrich-Wilhelm Rollmann (CDU):
Rede ID: ID0713829400
Herr Staatssekretär, sind Sie angesichts der Tatsache, daß der Beitrag Frankreichs zum Deutsch-Französischen Jugendwerk laufend zurückgeht, nicht der Auffassung, daß in einer solchen Situation die Staats- und Regierungschefs selber in diese Frage eingeschaltet werden müßten?

Karl Fred Zander (SPD):
Rede ID: ID0713829500
Herr Kollege Rollmann, es ist nicht so, wie Sie sagen, daß der französische Beitrag zurückgeht. Die Mittel, die dem Deutsch-Französischen Jugendwerk insgesamt zur Verfügung stehen, werden dadurch geringer, daß durch die Wechselkursveränderungen, die die Deutsche Mark in den letzten Jahren gegenüber dem französischen Franc höher bewertet haben, deutsche Zahlungen dem niedriger bewerteten französischen Franc angeglichen werden. Dadurch steht insgesamt weniger Geld zur Verfügung.
Ich würde aber angesichts der finanz- und wirtschaftspolitischen Situation in allen Ländern der europäischen Gemeinschaft, also auch in Frankreich und der Bundesrepublik dies auch im Interesse der Fortentwicklung des Deutsch-Französischen Jugendwerks nicht für eine Frage halten, die man zum jetzigen Zeitpunkt zum Gegenstand von Gesprächen auf so hoher Ebene machen sollte.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713829600
Eine weitere Zusatzfrage.

Dietrich-Wilhelm Rollmann (CDU):
Rede ID: ID0713829700
Sie stimmen mir aber doch darin zu, Herr Staatssekretär, daß eben tatsächlich, nicht nominell dem Deutsch-Französischen Jugendwerk heute bedeutend weniger an Geldern zur Verfügung steht und es damit weniger Aktivitäten geben kann als zu dem Zeitpunkt vor mehr als zehn Jahren, wo das Deutsch-Französische Jugendwerk gegründet wurde?

Karl Fred Zander (SPD):
Rede ID: ID0713829800
Herr Kollege Rollmann, es ist in der Tat so, daß insgesamt weniger Geld zur Verfügung steht aus den Gründen, die ich Ihnen genannt habe. Aber inzwischen ist natürlich auch die Institution des Deutsch-Französischen Jugendwerks weitaus bekannter. Die Kommunikation mit Jugendlichen, freien Trägern und Verbänden ist einfacher, d. h. die Effektivität der geleisteten Arbeit hat in den letzten Jahren zugenommen. Auch die vor wenigen Tagen in Paris beschlossenen Haushalte und neuen Schwerpunktsetzungen im Rahmen des Deutsch-Französischen Jugendwerks zeigen, daß hier durch Konzentration und neue Schwerpunktsetzung durchaus effektive Arbeit geleistet werden kann. Aber es bleibt in der Tat nicht zu bestreiten, daß für diesen Zweck insgesamt weniger Geld als in früheren Jahren zur Verfügung steht.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713829900
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Jäger.

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0713830000
Herr Staatssekretär, nachdem die Regierungschefs der Bundesrepublik Deutschland und Frankreichs in ihren Gesprächen in diesem Jahr nahezu alle wichtige Fragen behandelt haben, frage ich, ob ich aus Ihrer Antwort an Herrn Kollegen Rollmann schließen darf, daß es sich bei dem Deutsch-Französischen Jugendwerk nach Auffassung der Bundesregierung um eine völlig unwichtige Angelegenheit handelt.
9550 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Dezember 1974

Karl Fred Zander (SPD):
Rede ID: ID0713830100
Dies wäre eine völlig abwegige Schlußfolgerung. Ich meine, daß es gerade für alle diejenigen, die die Bedeutung des Deutsch-Französischen Jugendwerks erkennen und seine Fortentwicklung auch finanziell sichern möchten, darauf ankommt, welchen Zeitpunkt man für Gespräche auf einer solchen Ebene für diesen Zweck sucht. Mir scheint, eine Situation, in der in allen Ländern der wirtschafts- und finanzpolitische Spielraum so ist, wie wir ihn vorfinden, ist ungünstig. Gerade wer es mit der Entwicklung des Deutsch-Französischen Jugendwerks gut meint, sollte einen solchen Zeitpunkt nicht wählen. Im übrigen bestehen natürlich laufend Kontakte, allerdings nicht auf dieser Ebene.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713830200
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Fiebig.

Udo Fiebig (SPD):
Rede ID: ID0713830300
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Auffassung, daß die vom Kollegen Rollmann angeschnittenen Fragen vor ein paar Wochen in einem Gespräch von Abgeordneten mit dem DeutschFranzösischen Jugendwerk — dem Generalsekretariat — in aller Ausführlichkeit besprochen und dort auch konkrete Antworten gegeben worden sind?

Karl Fred Zander (SPD):
Rede ID: ID0713830400
Herr Kollege Fiebig, ich bin nicht nur dieser Meinung mit Ihnen, sondern ich war bei diesem Gespräch zugegen. Dies ersetzt allerdings nicht die Antwort der Bundesregierung auf Fragen in der Fragestunde des Deutschen Bundestages.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713830500
Ich rufe die Frage 60 des Abgeordneten Kiechle auf:
Welche Kosten in welchen Zeiträumen entstehen künftig landwirtschaftlichen Betrieben durch die vorgeschriebenen Untersuchungen für Trinkwasser, wenn die unter Drucksache 695/74 des Bundesrates vorgesehenen Anforderungen unverändert in Kraft treten?
Bitte!

Karl Fred Zander (SPD):
Rede ID: ID0713830600
Die in der
Trinkwasser-Verordnung vorgesehenen bakteriologischen Untersuchungen kosten 25 DM. Da aus den Wasserversorgungsanlagen in landwirtschaftlichen Betrieben weniger als 1 000 Kubikmeter im Jahr entnommen werden, sind diese Untersuchungen einmal im Jahr fällig.
Die chemischen Untersuchungen kosten knapp 400 DM, wenn auf alle im Anhang 1 der Trinkwasser-Verordnung genannten Stoffe untersucht werden muß. Dies wird jedoch in der Regel nicht der Fall sein, da die Trinkwasser-Verordnung für den chemischen Bereich Ausnahmen zuläßt; wenn die ermittelten Werte weniger als die Hälfte der Grenzwerte der Anlage 1 betragen.
Die Untersuchungen sind einmal jährlich vorzunehmen. Dieses gilt für alle Anlagen. Für die obengenannten kleinen Anlagen kann die zuständige Behörde aber ganz generell zulassen, daß die Untersuchungen in größeren als jährlichen Abständen vorgenommen werden. Es ist also dafür Sorge getragen, daß nicht häufiger untersucht wird, als es aus Gründen des Gesundheitsschutzes erforderlich ist. Die genannten Beträge sind daher Höchstbeträge, die nur bei ganz ungünstigen und dann allerdings auch dringend überwachungsbedürftigen Anlagen in voller Höhe anfallen werden. Sie sind auf Grund der Preise eines staatlichen Hygieneinstituts ermittelt. Sie können bei anderen Laboratorien bis zu 30 % höher liegen.

(Kiechle [CDU/CSU] : Noch eine Frage!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0713830700
Herr Kollege, es tut mir sehr leid, die Fragestunde ist abgelaufen. Ich halte mich an die Richtlinien für die Fragestunde. Ich danke dem Herrn Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen.
Wir stehen am Ende der heutigen Plenarsitzung. Ich berufe die nächste Sitzung auf Donnerstag, den 19. Dezember 1974, 8 Uhr ein. Ich weise ausdrücklich auf die Vorverlegung des Sitzungsbeginns um eine Stunde hin.
Die Sitzung ist geschlossen.