Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Meine sehr geehrten Damen und Herren, am 9. Juni 1970 hat der Herr Kollege Langebeck seinen 60. Geburtstag gefeiert. Ich darf ihm nachträglich im Namen des Hauses die besten Glückwünsche aussprechen.
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 5. Juni 1970 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt:Verwaltungskostengesetz
Gesetz zur Änderung von Kostenermächtigungen, sozialversicherungsrechtlichen und anderen Vorschriften
Gesetz zu dem Assoziierungsabkommen vom 29. Juli 1969 zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und den mit dieser Gemeinschaf assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar sowie zu den mit diesem Abkommen in Zusammenhang stehenden AbkommenNeuntes Gesetz zur Änderung des SoldatengesetzesGesetz zur Änderung des Berlinhilfegesetzes und anderer VorschriftenDurchführungsgesetz zum Gesetz über einen Ausgleich für Folgen der Aufwertung der Deutschen Mark auf dem Gebiet der LandwirtschaftZum Durchführungsgesetz zum Gesetz über einen Ausgleich für Folgen der Aufwertung der Deutschen Mark auf dem Gebiet der Landwirtschaft hat der Bundesrat ferner eine Entschließung gefaßt, die als Anlage 2 diesem Protokoll beigefügt ist.Der Präsident des Bundesrates hat mitgeteilt, daß der Bundesrat in seiner Sitzung am 5. Juni 1970 gemäß Artikel 94 Abs. 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit § 5 Abs. 3, § 7 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht als Nachfolger für den auf 8 Jahre ernannten und vorzeitig ausscheidenden Bundesverfassungsrichter Dr. Wolfgang Zeidler für den Rest der Amtszeit den Bundesrichter beim Bundesgerichtshof Dr. Helmut Simon zum Bundesverfassungsrichter in den Ersten Senat gewählt hat.Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen hat am 3. Juni 1970 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen, Kleinert, Kirst und Genossen betr. Liquidation der STEG — Drucksache VI1806 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache VI/916 verteilt.Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit hat am 3. Juni 1970 die Kleine Anfrage der Fraktionen der SPD, FDP betr. Ärzte im öffentlichen Gesundheitswesen — Drucksache VI/661 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache VI/923 verteilt.Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung hat am 8. Juni 1970 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Riedl , Dr. Kraske, Dr. Evers, Frau Griesinger, Hussing, Spilker, Windelen und Genossen betr. Hilfsdienste der Bundeswehr bei der Durchführung der Spiele der XX. Olympiade München 1972 — Drucksache VI/853 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache VI924 verteilt.Der Bundesminister für Wirtschaft hat am 9. Juni 1970 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Pieroth, Dr. Burgbacher, Katzer, Frau Griesinger, Dr. Pinger, Vogt, Dr. von Bismarck und Genossen betr. Angaben zur Bildung und Verteilung von Einkommen und Vermögen in der Bundesrepublik Deutschland — Drucksache VI/735 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache VI1930 verteilt.Der Bundesminister des Innern hut am 3. Juni 1970 die Kleine Anfrage der Fraktionen der SPD, FDP betr. Hilfsorganisationen in Katastrophenfällen Drucksache VI 742 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache VI/931 verteilt.Der Bundesminister für Arbeit noch Sozialordnung hat am 10. Juni 1970 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Orgaß, Dr. Martin, Zink, Rollmann, Härzschel, Burger und Genossen betr. soziale Absicherung der sogenannten „ständigen freien Mitarbeiter" bei den deutschen Rundfunk- und Fernsehanstalten sowie Filmstudios — Drucksache VI/455 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache VI/934 verteilt.Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft hat am 11. Juni 1970 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Springorum, Dr. Burgbacher, Russe und der Fraktion der CDU/CSU betr. Energiepolitik — Drucksache VI 819 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache VI/941 verteilt.Der Bundesminister der Verteidigung hat am 11. .Juni 1970 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Marx , Dr. Müller (München), Schmidt (Kempten), Dr. Probst, Dr. Riedl (München) Geisenhofer und Genossen betr. Standortübungsplatz mit Standortschießanlage und Munitionsdepot in den Gemeinden Eching und Garching (Landkreise Freising und München) — Drucksache VI/870 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache VI/942 verteilt.EWG-Vorlagen
— Drucksache VI/906 -überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte umVorlage des Berichts. rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 204/69 zur Festlegung der allgemeinen Regeln für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen und der Kriterien zur Festsetzung des Erstattungsbetrages für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse, die in Form von nicht unter Anhang II des Vertrages fallenden Waren ausgeführt werdenDrucksache V1/921überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Ratesüber die Regelung für Mais mit Ursprung in den assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar oder den überseeischen Ländern und Gebieten
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3188 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 16. Juni 1970
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausenüber die Ausdehnung der für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse mit Ursprung in den assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar und den überseeischen Ländern und Gebieten geltenden Regelungen auf die gleichen Erzeugnisse mit Ursprung in der Vereinigten Republik Tansania, der Republik Uganda und der Republik Kenia— Drucksache VI/922 —überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft , Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates zur Änderung der Regelung der Bezüge und der sozialen Sicherheit der Atomanlagenbediensteten der Gemeinsamen Kernforschungsstelle, die in Belgien dienstlich verwendet werden— Drucksache VI/932 —überwiesen an den Innenausschuß , Haushaltsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnungen Nr. 958/70 und 959'70 des Rates vom 26. Mai 1970 zur Festlegung der Voraussetzungen für die Anwendung der Schutzmaßnahmen auf dem Weinsektorzur Genehmigung des Verschnitts deutscher Rotweine mit eingeführten Rotweinenüberwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Vorschläge erhoben werdenWir treten in die Tagesordnung ein: Fragestunde— Drucksache VI/940Ich rufe als ersten Bereich den Geschäftsbereich des Bundesministers für Städtebau und Wohnungswesen auf, und zwar die Frage i des Herrn Abgeordneten Dr. Hauff:Hält die Bundesregierung es für notwendig, daß die Einkommensgrenze des Zweiten Wohngeldgesetzes und des Zweiten Wohnungsbaugesetzes einander angeglichen werden?Zur Beantwortung der eingebrachten Frage steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Ravens zur Verfügung.Herr Staatssekretär!
Herr Präsident! Herr Kollege! In dem Entwurf eines Zweiten Wohngeldgesetzes der Bundesregierung ist bereits eine Erhöhung der Einkommensgrenze vorgesehen, durch die in einem vertretbaren Ausmaß eine Anpassung an die bisherige Einkommensentwicklung erreicht werden soll.
Die Bundesregierung ist auch, wie schon wiederholt angekündigt, der Auffassung, daß die Einkommensgrenze für den sozialen Wohnungsbau reformbedürftig ist. Eine neue Abgrenzung des wohnberechtigten Personenkreises ist allerdings auch von einer ausreichenden Mittelbereitstellung abhängig und bedingt eine Neugestaltung des Förderungskonzeptes. Der gesamte Fragenbereich ist deshalb ein Teilproblem des von mir bereits vorbereiteten langfristigen Wohnungsbauprogramms. Hierbei wird auch geprüft werden, inwieweit eine Angleichung der Einkommensgrenzen beider Gesetze sachdienlich ist.
Keine Zusatzfrage.
Meine Damen und Herren, ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen auf. --- Ich bedauere, daß das Finanzministerium noch nicht vertreten ist.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Logemann zur Verfügung. Die Frage 37 hat der Herr Abgeordnete Spilker gestellt. Ist der Herr Kollege im Saal? — Nein, er ist nicht im Saal.
— Herr Staatssekretär, ich habe gerade ausdrücklich mein Bedauern über das Fehlen Ihres Hauses zum Ausdruck gebracht.
Ich kehre unter diesen Umständen zu dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen zurück. Herr Staatssekretär Logemann, ich bedauere das und bitte um Verständnis, daß ich, im Hinblick auf den Zeitplan, jetzt zunächst den Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen aufrufen werde.
Ich rufe die Frage 21 der Abgeordneten Frau Dr. Diemer-Nicolaus auf:
Warum werden verwitwete Frauen mit unterhaltspflichtigen Kindern in die Steuergruppe III, geschiedene und ledige Frauen in der gleichen Situation in Gruppe II in der Lohnsteuergesetzgebung eingestuft?
Es sind zwei Fragen gestellt, Herr Staatssekretär.
Ich wäre dankbar, wenn ich die beiden Fragen im Zusammenhang beantworten dürfte.
Dann rufe ich noch die Frage 22 der Abgeordneten Frau Dr. Diemer-Nicolaus auf:
Ist die Bundesregierung bereit, eine gleiche steuerliche Behandlung dieser Frauen vorzunehmen?
Die Steuerklasse III der Lohnsteuertabelle entspricht dem sogenannten Splittingverfahren bei der Einkommensteuerveranlagung. Es handelt sich dabei um eine Besteuerungsform, die im Grundsatz auf die Besteuerung zusammenlebender Ehegatten angelegt ist. Das Gesetz läßt deshalb seine Anwendung auf eine andere Personengruppe nur ausnahmsweise in beschränktem Umfang zu, und zwar bei verwitweten Personen. Diese Sondermaßnahme stellt eine Billigkeitsregelung dar, die die Überleitung auf die Besteuerung nach den Tarifvorschriften für Alleinstehende erst nach einer gewissen Übergangszeit eintreten läßt.
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 16. Juni 1970 3189
Parlamentarischer Staatssekretär Dr. ReischlEine Anwendung des Splittingverfahrens auch auf geschiedene und ledige Frauen mit Kindern, die wegen des Gleichheitssatzes eine Anwendung auf alle unverheirateten Personen mit Kindern erforderlich machen würde, würde demnach dem Sinn und Zweck dieser für Ehegatten geschaffenen Besteuerungsart zuwiderlaufen. Gegen die Ausdehnung auf bestimmte unverheiratete Personen bestehen im übrigen auch verfassungsrechtliche Bedenken, weil dann diese unverheirateten Personen steuerlich durch die Eheschließung schlechter gestellt würden. Vom Gesetzgeber ist indessen nicht verkannt worden, daß bei unverheirateten Personen mit Kindern die steuerliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird. Deshalb erhalten unverheiratete Personen, bei denen ein Kinderfreibetrag abgezogen wird, einen Sonderfreibetrag von 1200 DM im Kalenderjahr.Im Rahmen der eingeleiteten Vorarbeiten zu der umfassenden Reform des Einkommensteuerrechts wird auch die Frage der Besteuerung von Alleinstehenden mit Kindern einer Prüfung unterzogen werden. Die Bundesregierung hält es für zweckmäßig, vor einer Entscheidung dieser Frage das Ergebnis der Überprüfung abzuwarten.
Bitte, Frau Kollegin, eine Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit mir darin überein, daß im Falle einer alleinstehenden Frau mit einem unterhaltspflichtigen Kind der Sachverhalt der gleiche ist? Es ist lediglich insofern ein Unterschied, als die Frau verwitwet, geschieden oder ledig ist. Ist es bei diesem Sachverhalt nicht verfassungsrechtlich bedenklich, dies verschieden zu regeln? Das Splitting ist doch hier nicht entscheidend. Für die betreffenden Frauen stellt sich der Sachverhalt doch gleich dar.
Frau Kollegin, das Splitting ist nun einmal bezogen auf Verheiratete eingeführt worden.
Frau Kollegin, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie dem Herrn Staatssekretär zunächst einmal Gelegenheit gäben, Ihre Frage zu beantworten.
Bei verwitweten Frauen ist es doch so, daß diese Regelung nur für eine Übergangszeit gilt und nur, um den Übergang in eine andere Besteuerung zu ermöglichen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das damals, wie Sie auch wissen, zu der Gesetzesänderung führte, stellte ausschließlich auf die Förderung der Familie ab. Und unter Familie ist nun einmal — ich glaube, ich habe das hier im Rahmen einer Fragestunde auch schon einmal gesagt — die intakte, bestehende, also beieinanderlebende Familie zu verstehen. Diese Familie wird dann auch zusammen veranlagt; für sie ist das Splittingverfahren geschaffen. Für alle anderen gilt es eben nicht. Außerdem müßten wir — das ist nämlich der entscheidende Punkt —, wenn wir die geschiedenen Frauen so behandeln, natürlich auch die unverheirateten Frauen mit unehelichen Kindern so behandeln, d. h. also alle unverheirateten Frauen. Das geht unter gar keinen Umständen. Auf jeden Fall ist hier der Sachverhalt nicht der gleiche wie im Falle einer Ehe mit Kindern.
Eine weitere Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Diemer-Nicolaus.
Herr Staatssekretär, ist es nicht vollkommen gleichgültig, daß es sich hier nicht um vollständige Familien, sondern um Halbfamilien handelt, nämlich um Mütter mit unterhaltspflichtigen Kindern? Ist es nicht eine Forderung der Gerechtigkeit, daß diese Mütter, seien sie nun unverheiratet, verwitwet oder geschieden, steuerlich gleichbehandelt werden?
Es ist im Prinzip sicher richtig, daß eine steuerliche Benachteiligung nach Möglichkeit nicht erfolgen soll. Aber ich muß noch einmal darauf hinweisen, daß die Steuerklasse III auf das Splittingverfahren angelegt ist. Das Splittingverfahren ist für Ehegatten, also für die intakte Familie vorgesehen. Hierfür gibt es keine Halbfamilien, sondern nur ganze Familien oder gar keine. Wenn eine Frau mehrere Kinder hat, so kann allein deshalb noch nicht von einer Familie gesprochen werden.
— Aber nicht im Sinne des Gesetzes, gnädige Frau.
Frau Kollegin, Sie wissen, die Fragestunde hat ein strenges Reglement. Ich bitte um Verständnis dafür, daß ich versuchen muß, dieses hier einzuhalten.
Dann rufe ich die Fragen 23 und 24 des Herrn Abgeordneten Alber auf:
Treffen Pressemeldungen zu — vgl. FAZ vom 10. Juni 1970, Nr. 131, S. 17 — wonach deutsche Bundesländer über öffentlichrechtliche Kreditinstitute Gelder zur Einzahlung ihrer Konjunkturausgleichsrücklage am Eurodollarmarkt über britische und schweizerische Finanzinstitute aufnehmen?
Wenn ja, um welche Länder handelt es sich, und in welcher Höhe werden diese Kredite aufgenommen?
Der Fragesteller hat soeben mitgeteilt, daß er damit einverstanden ist, daß die beiden Fragen gemeinsam aufgerufen werden.
Bitte, Herr Staatssekretär!
Die Fragen sind zu verneinen. Nach Auskunft der Länder haben letztere keine Kredite am Eurodollarmarkt zur Finan-
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3190 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 16. Juni 1970
Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Reischlzierung ihrer Konjunkturausgleichsrücklagen aufgenommen oder durch Kreditinstitute aufnehmen lassen.Da die Länder durchweg liquide sind — der Kassenbestand betrug Ende Mai insgesamt 2,7 Milliarden DM — und nur vereinzelt Kassenkredite in Anspruch genommen haben, haben die Länder überdies auch keinen Grund, zu ungünstigen Bedingungen am Eurodollarmarkt Kredite aufzunehmen.
Eine Zusatzfrage.
Könnte es sein, daß der Bund — statt der Länder — solche Mittel aufgenommen hat?
Nein, der Bund hat das, als diese Meldung auftauchte, bereits mit großem Nachdruck dementiert. Ich erkläre noch einmal, der Bund hat das nicht getan.
Wie erklären Sie sich dann die sehr detaillierten Pressemeldungen? Ich erwähne in diesem Zusammenhang eine Meldung des „Mannheimer Morgen" vom 10. Juni, in der von einer Anleihe in Höhe von 1 Milliarde DM zu einem Ausgabekurs von 98,5 % mit einer Laufzeit von vier Jahren bei einjähriger Kündigung, so daß sich eine Rendite von 10,5 % ergibt, gesprochen wird?
Herr Kollege, Sie wissen doch selbst, wie es mit solchen Meldungen manchmal ist. Ich kann Ihnen nur erklären, der Bund hat derartige Mittel nicht aufgenommen, und die Länder haben es nach der ausdrücklichen Auskunft, die uns alle gegeben haben, auch nicht getan.
Könnte es sein, daß es damit zusammenhängt, daß einige Länder — so lauten wenigstens Auskünfte — zu Jahresbeginn der Bundeskasse etwas ausgeholfen haben und daß sie diese Gelder sich jetzt anderweitig besorgen?
Nein, das halte ich bei dem Kassenüberschuß, den die Länder haben, für ausgeschlossen. Ich sagte ja: 2,7 Milliarden DM Ende Mai. Das ist weit über dem, was die Länder brauchen; sie nehmen selbst gar keine Kassenkredite, an sich die billigste Form, in Anspruch. Sie wären also sicherlich schlecht beraten, wenn sie diese teuren Kredite in Anspruch nähmen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 25 des Abgordneten Härzschel auf:
Ist die Bundesregierung bereit, den seit Jahren unveränderten steuerfreien Betrag von 1,50 DM für den Zuschuß zum Kantinenessen zu erhöhen angesichts der Tatsache, daß dieser Satz durch die auch beim Kantinenessen inzwischen eingetretenen Preiserhöhungen längst überholt ist?
Der Abgeordnete ist im Saal. Herr Staatssekretär!
Nach den geltenden Bestimmungen bleiben der geldwerte Vorteil, der in der unentgeltlichen oder verbilligten Abgabe von Mahlzeiten zu erblicken ist, oder ein Essenszuschuß lohnsteuerfrei, soweit sie 1,50 DM arbeitstäglich nicht übersteigen. Es handelt sich hierbei um eine Vereinfachungsmaßnahme, die den Zweck hat, ins einzelne gehende Feststellungen über den tatsächlichen Wert einer unentgeltlichen oder verbilligten Mahlzeit zu vermeiden. Der geltende Freibetrag wird seinem Charakter als Vereinfachungsmaßnahme auch unter den heutigen Verhältnissen noch gerecht, weil ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Vereinfachungsbetrag und den gegenwärtigen Preisverhältnissen nicht besteht. Eine Erhöhung des Freibetrags würde zudem die bereits bestehenden Wettbewerbsverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt zum Nachteil der kleinen und mittelständischen Unternehmen noch verschärfen. Ich darf noch anfügen, daß der Bundesfinanzhof bereits gegen die Steuerfreiheit der Essenszuschüsse rechtliche Bedenken erhoben hat.
Bei der jetzt in Angriff genommenen Steuerreform wird jedoch auch dieses Problem überprüft werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Meinung, daß in der Zwischenzeit auch die Preise für Kantinenessen erheblich gestiegen sind und daß, da dieser Satz ja schon mehrere Jahre in gleicher Höhe besteht, um eine Aktualisierung zu erreichen, doch eine Anhebung notwendig wäre?
Herr Kollege, ich sagte ja schon, daß an sich der Vereinfachungsbetrag, der ein Pauschbetrag ist, mit dem Preis oder mit der Preisentwicklung nicht zusammenhängt. Solche Pauschbeträge werden in sehr langen Fristen immer wieder verändert, und ich sagte ja schon, daß ich annehme, daß im Rahmen der Steuerreform hier eine Veränderung erfolgt, wenn nicht überhaupt eine andere Regelung als die derzeitige, die im übrigen nicht sehr einfach, sondern zum Teil durch Bezugnahme auf andere Regelungen kompliziert ist, gefunden wird.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie dann so verstehen, daß Sie der Meinung sind, daß die jetzt eintretenden oder schon eingetretenen Preissteigerungen allein von den Arbeitnehmern getragen werden sollen?
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 16. Juni 1970 3191
Davon ist doch gar keine Rede. Ich sagte doch schon, daß der Betrag von 1,50 DM seit einiger Zeit als Pauschbetrag festliegt. Dieser ist aber immer völlig unabhängig von den Preisen gewährt worden. Er wird ja auch gewährt, ganz gleich, was das Essen in Wirklichkeit kostet. Hier kann man also nicht davon reden, daß das von den Arbeitnehmern getragen werden soll. Solche Dinge kann man nicht jedes Jahr anpassen, sondern eben nur in bestimmten Abständen.
Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf. Die erste Frage, Frage 37, ist von Herrn Abgeordneten Spilker gestellt. Ich frage, ob Herr Abgeordneter Spilker im Saal ist. — Das ist nicht der Fall. Herr Staatssekretär, die Frage wird schriftlich beantwortet.
Die Frage 38 ist von dem Herrn Abgeordneten Peters gestellt. Ist der Abgeordnete im Saal? Das ist nicht der Fall. Dann werden die Fragen 38 und 39 des Herrn Abgeordneten Peters (Poppenbüll) schriftlich beantwortet.
Ich rufe die Frage 40 des Abgeordneten Dr. Aigner auf. Ich sehe den Herrn Abgeordneten Dr. Aigner nicht im Saal. Herr Staatssekretär, dann bitte ich, auch die Fragen 40 und 41 schriftlich zu beantworten.
Die nächste Frage ist die Frage 42 des Herrn Abgeordneten Unertl:
Trifft es zu, daß das sogenannte Bäuerinnenprogramm in Zukunft nur mehr in benachteiligten Gebieten eingesetzt werden soll?
Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär Logemann.
Nach den derzeit geltenden Bedingungen der Zuwendungsbescheide an die Länder für die Durchführung des sogenannten Bäuerinnenprogramms können nicht nur Betriebe in von Natur benachteiligten Gebieten, sondern auch Betriebe in den von den Ländern anerkannten Erholungsgebieten Zuschüsse erhalten. Diese Einschränkung der Förderung auf bestimmte Gebiete wurde mit Zustimmung der Länder wegen des zunächst geringeren Mitteleinsatzes in der Haushaltsplanung vorgenommen. Nunmehr stehen jedoch in dem vom Hohen Hause noch zu verabschiedenden Einzelplan 10 mit 24 Millionen DM wieder die gleichen Mittel wie im Vorjahr für das sogenannte Bäuerinnenprogramm zur Verfügung. Sobald der Haushalt in Kraft gesetzt ist, kann die Begrenzung der Maßnahme auf bestimmte Gebiete wieder aufgehoben werden.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Unertl.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihre Antwort so verstehen, daß im Zusammenhang mit dieser Förderungsmaßnahme Bäuerinnenprogramm auch für das jetzt zu erwartende sogenannte Ertl-Programm neue Richtlinien nicht zu erwarten sind?
Im Rahmen des sogenannten Ertl-Programms, wie Sie es hier bezeichnen, bemühen wir uns um ein mittelfristiges Förderprogramm. Hier gibt es natürlich neue Richtlinien.
Eine weitere Zusatzfrage.
Wäre dann nicht vielleicht daran zu denken, Herr Staatssekretär, auf Grund der gestiegenen Baukosten die Grenze, bis zu der Zuschüsse gegeben werden, generell anzuheben?
Herr Kollege Unertl, wir sind hier ja an die im Rahmen des Haushalts gefaßten Beschlüsse und an die haushaltsrechtlichen Bestimmungen gebunden. Ich kann Ihnen nur sagen, daß wir diese Entwicklung durchaus beobachten.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dasch.
Herr Staatssekretär, ist vorgesehen, daß in dieses Bäuerinnenprogramm in den betreffenden Gebieten — Bundesausbaugebiete, Erholungsgebiete usw. nicht nur die Vollerwerbsbetriebe, sondern auch die bäuerlichen Zu- und Nebenerwerbsbetriebe einbezogen werden?
Wir haben ja in unserem mittelfristigen Förderungsprogramm, auf das ich in diesem Zusammenhang verweisen darf, auch eine Förderung von Zu- und Nebenerwerbsbetrieben vorgesehen, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Ich rufe die Frage 43 des Abgeordneten Mertes auf. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal, nachdem ich ihn soeben noch gesehen hatte. Die Frage muß daher schriftlich beantwortet werden.Ich komme zu den Fragen 44 und 45 des Abgeordneten Schmidt . — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die beiden Fragen werden schriftlich beantwortet.Ich rufe die Frage 46 des Abgeordneten Dasch auf:Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, bzw. über die EG-Kommission vorschlagen, urn die existenzbedrohende Situation der Legehennenhalter zu überwinden und den Eiermarkt zu stabilisieren?
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3192 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 16. Juni 1970
Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenDas Wort zur Beantwortung hat der Herr Staatssekretär.
Ursache des gegenwärtigen Preiszusammenbruchs auf dem Eiermarkt ist die überstarke Ausweitung der Produktion in der gesamten Gemeinschaft infolge der Bestandsaufstockungen 1969.
Die EWG-Marktordnung für Eier sieht keine Möglichkeit einer direkten Einflußnahme auf das Marktgeschehen durch Interventionen oder ähnliche Maßnahmen vor. Die Schutzinstrumente der Marktordnung sind, wie bereits in den Berichten der Bundesregierung über die Auswirkungen der EWG-Marktorganisation mehrfach gesagt, nicht geeignet, Marktstörungen zu beheben, die durch eine Überproduktion in der Gemeinschaft verursacht sind. Angesichts der sich abzeichnenden Produktionsentwicklung hat die Bundesregierung bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf die Gefahr einer Überproduktion hingewiesen.
Da die augenblickliche Marktlage vorherzusehen war, hat sich die Bundesregierung schon vor Monaten bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaft mit Erfolg um eine Verbesserung der Exportmöglichkeiten für Eiprodukte durch Erhöhung der Exporterstattungen bemüht und ist, allerdings erfolglos, für eine höhere Erstattung auch bei der Ausfuhr von Schaleneiern eingetreten. Ferner hat sich die Bundesregierung für eine zeitweilige Aussetzung des Veredelungsverkehrs bei Eiprodukten ausgesprochen. Durch eine solche Maßnahme würden Verarbeitungskapazitäten frei, die eine zusätzliche Verarbeitung von Schaleneiern aus der Gemeinschaft und somit eine entsprechende Entlastung des Marktes ermöglichen. Die Erörterung dieser Frage in den hierfür zuständigen Gremien in Brüssel ist noch im Gange.
Im nationalen Bereich wird die Bundesregierung die in diesem Jahr notwendige Wälzung von Eiprodukten der Berlin-Reserve zur Entlastung des Schaleneiermarktes nutzen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie sprachen eingangs davon, daß diese Überproduktion durch eine Erhöhung der Bestände im Jahre 1969 verursacht worden sei. Darf ich Sie fragen: Liegt nicht die Schuld vor allen Dingen bei bäuerlichen Produzenten, die neu in das Eiergeschäft eingestiegen sind, oder bei außerlandwirtschaftlichen Produzenten, die ihre Bestände über 20 000 Stück Legehennen hinaus ausgeweitet haben?
Beide Bereiche dürften für die augenblickliche Situation am Eiermarkt verantwortlich sein. Ich bin auch der Meinung, daß hier die großbäuerlichen Veredler, die einen sehr hohen Marktanteil haben, mit eine Rolle spielen. Wie gesagt, Produzenten aus beiden Bereichen dürften gleichermaßen das Problem verursacht haben.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist sich die Bundesregierung darüber im klaren, daß gerade die jetzt existenzbedrohten Eiererzeugungsbetriebe zu den hochrationalisierten Betrieben gehören, die nach Meinung aller den Erfordernissen der zukünftigen Landwirtschaft entsprechen?
Durchaus. Das geht ja auch aus unserer Einstellung hervor, die wir laufend zu dem Problem der Veredelungswirtschaft mitteilen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Unertl.
Herr Staatssekretär, wann können die Eierproduzenten damit rechnen, daß der seit längerer Zeit in Aussicht gestellte Schutz der bäuerlichen Veredelung in Brüssel endgültig durchgesetzt wird und der Preismisere, die sich zur Zeit bei den Eierproduzenten bemerkbar macht, begegnet wird?
Herr Kollege Unertl, wenn Sie einverstanden sind, möchte ich zunächst noch die zweite Frage des Kollegen Dasch beantworten; daraus ergibt sich dann nämlich eine Stellungnahme.
Herr Staatssekretärs bevor ich die nächste Frage des Abgeordneten Dasch aufrufe, wollen wir noch die Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Niegel hören. Herr Abgeordneter Unertl, nachher haben Sie die Möglichkeit, gegebenenfalls eine Zusatzfrage zu stellen, die der Herr Staatssekretär dann im Sachzusammenhang beantwortet.
Beabsichtigt die Bundesregierung, zum Schutz der bäuerlichen Veredelungsproduktion — wie ich aus Ihrer Antwort entnehmen kann, sind die gewerblichen Veredelungsbetriebe mit an der Überproduktion schuld — irgendwelche gesetzlichen Initiativen in der Bundesrepublik und in der EWG voranzutreiben.
Ich möchte dann doch jetzt schon die Frage 47 beantworten.
Ich rufe die Frage 47 des Abgeordneten Dasch auf:Welche Vorschläge will die Bundesregierung noch in diesem Jahr der EG-Kommission übermitteln, um zu verhindern, daß
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 16. Juni 1970 3193
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausendie Veredlungsproduktion von Schweinen und Geflügel in der Bundesrepublik Deutschland und in der EWG noch stärker in außerlandwirtschaftliche Produktionsunternehmen abwandert?
Hier sind schon die verschiedensten Überlegungen angestellt worden. Dem Bundestag lagen auch entsprechende Anträge vor. Ich darf darauf hinweisen, daß der erste Antrag zur Förderung der bäuerlichen Veredelungswirtschaft schon im Jahre 1964 kam. Dann kam ein Antrag in der 5. Legislaturperiode, und zwar wurde versucht, durch den Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der bäuerlichen Veredelungswirtschaft im Bundesgebiet die Bestandsgrößen zu beschränken. Wegen der vertassungsrechtlichen Bedenken, die vom Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages erhoben wurden, konnte dieser Entwurf keine Gesetzeskraft erreichen.
Das Zweite ist, daß sich die Bundesregierung bemüht hat, durch ein Investitionshilfeprogramm in vielen bäuerlichen Betrieben die Produktion zu rationalisieren und die Produktionskosten zu verringern. Wir haben weiter ein Marktstruktur- und Absatzfondsgesetz verabschiedet, das ebenfalls dazu beitragen könnte, die Wettbewerbsposition der bäuerlichen Veredeler weiterhin zu verbessern.
Letzten Endes wird zur Zeit überlegt, zum Schutz der Gesundheit von Tier und Mensch sowie zur Wahrung wirtschaftlicher Interessen der Allgemeinheit, die durch die Massentierhaltung zum Teil gefährdet ist, besondere Auflagen zu erteilen. Auch das darf ich in diesem Zusammenhang sagen. Das sind also Überlegungen, die laufend angestellt werden. Alles hat aber nur dann einen Sinn, wenn es uns gelingt, hier wirklich EWG-einheitliche Maßnahmen durchzuführen.
Herr Abgeordneter Dasch zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie die Frage 47 dahin beantworten — wie ich es klar fragte —, ob noch in diesem Jahr, 1970, eine Initiative der Bundesregierung bei der EWG zu erwarten ist?
Ich darf dazu sagen: Die Bundesregierung verfolgt aufmerksam die Entwicklung auf dem Gebiet der gewerblichen Massentierhaltung und ist nach wie vor der Meinung, daß geeignete Schritte unternommen werden müssen, um die tierische Veredelungsproduktion den landwirtschaftlichen Betrieben zu erhalten. Dabei wird eine entsprechende Regelung, wie ich es eben schon ausführte, nur sinnvoll sein, wenn auf der EWG-Ebene etwas erfolgt.
Auf Antrag meines Ministers — das darf ich hinzufügen — beauftragte der Ministerrat die Kornmission, an Hand der in den Mitgliedsstaaten eingeholten Informationen einen Bericht vorzulegen. Er wird sich in Brüssel weiter für eine baldmöglichste Behandlung dieses Problems in der Gruppe „Wettbewerbsbedingungen in der Landwirtschaft" und im „Ständigen Agrarstrukturausschuß" sowie in anderen zuständigen Gremien einsetzen.
Die Vorstellungen der Bundesregierung werden sich dabei maßgebend an dem Ergebnis dieser Arbeiten orientieren. Wichtigstes Ziel muß es vorerst sein, möglichst rasch, wie ich schon betonte, eine EWG-einheitliche Regelung zu finden.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihren Ausführungen entnehmen, daß die Zielsetzung eigentlich klar ist, daß die bäuerliche Veredelungsproduktion, besonders die Schweinemast und die Geflügelhaltung — sowohl Eier- als auch Geflügelproduktion —, die ungefähr 36 bis 38 % der Verkaufserlöse der deutschen Landwirtschaft erbringt, insofern des besonderen Schutzes bedürfte und eine einheitliche EWG-Regelung den Übergang von der bäuerlichen Veredelungsproduktion zur großgewerblichen Veredelungsproduktion verhindern sollte?
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Dazu kann ich sagen, daß sich die Bundesregierung eigentlich schon seit Jahren bemüht, den bäuerlichen Veredelungsbetrieben Produktionschancen zu sichern.
Eine letzte Zusatzfrage des Abgeordneten Unertl.
Herr Staatssekretär, ist Ihren Antworten zu entnehmen, daß wegen der derzeitigen Eierpreise, die beim Erzeuger ungefähr auf der Höhe der des ehemaligen deutschen Kaiserreichs liegen, den Produzenten, die unverschuldet hohe Schulden eingegangen sind, im Rahmen der Investitionshilfe unter Umständen mit Zinsverbilligungsmöglichkeiten geholfen werden kann?
Herr Kollege Unertl, diese Frage kann ich nicht bejahen. Ich habe schon darauf hingewiesen, welche Möglichkeiten wir im Augenblick sehen, und die sind ausgenutzt worden. Wir haben, wie gesagt, schon gut ein Jahr vor dieser Entwicklung gewarnt, die jetzt eingetreten ist.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich rufe die Frage 48 des Abgeordneten Dr. von Nordenskjöld auf:Ist der Bundesregierung bekannt, daß einige Länder auch im Jahre 1970 genötigt sind, bewilligungsreife Anträge auf Eingliederungskredite mangels ausreichender Siedlungsmittel zurückzustellen oder auch abzulehnen, während andere Länder wesentliche Teile der ihnen zugewiesenen Bundessiedlungsmittel für andere Maßnahmen als die der Eingliederung verwenden?Das Wort hat der Herr Staatssekretär zur Beantwortung.
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3194 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 16. Juni 1970
Vielleicht darf ich des inneren Zusammenhangs wegen die beiden Fragen zusammen beantworten.
Wenn der Fragesteller einverstanden ist, bitte schön. Dann rufe ich auch die Frage 49 des Abgeordneten Dr. von Nordenskjöld auf:
Ist die Bundesregierung bereit, die vom Bund bereitgestellten Siedlungsmittel unabhängig von der Finanzkraft der Länder schwerpunktmäßig denjenigen Ländern zuzuteilen, die die größten Eingliederungschancen den noch antragsberechtigten vertriebenen und gefüchteten Landwirten zu bieten haben, damit auf diese Weise das Abschlußprogramm, das der Deutsche Bundestag mit seiner Entschließung vom 26. Juni 1969 einmütig gefordert hat, eingehalten werden kann?
Es ist der Bundesregierung bekannt, daß die Länder wie schon immer so auch jetzt nicht alle bewilligungsreifen Anträge auf finanzielle Förderung der Eingliederung sofort bewilligen können. Es ist ihr gleichfalls bekannt, daß die Länder die ihnen nach Maßgabe des jährlich aufgestellten Siedlungsprogramms zugeteilten Bundesmittel in unterschiedlichem Maße für die Eingliederung vertriebener und geflüchteter Landwirte einerseits und die Förderung einheimischer Landwirte andererseits einsetzen. Die Bundesregierung hält es aber nicht für angebracht, den Ländern über die Aufteilung Vorschriften zu machen, da die Aufteilung der Mittel auf die vielfältigen Maßnahmen des Siedlungsprogramms den Ländern entsprechend den regionalen Verschiedenheiten und Prioritäten überlassen bleiben muß. Die Länder haben der Eingliederung insgesamt jedoch stets Vorrang eingeräumt. So sind von den im Jahre 1969 bereitgestellten rund 225 Millionen DM Bundesmitteln nur weniger als 20 °/o für die Förderung Einheimischer, und zwar insbesondere für die agrarstrukturell wichtige flächenmäßige Vergrößerung bestehender Betriebe, eingesetzt worden.
Die Bundesregierung hält auch im Einvernehmen mit den Ländern die zur Zeit praktizierte Methode der Aufteilung der Bundesmittel auf die Länder entsprechend den Eigenleistungen der Länder für gut und wirksam, da sie diese anspornt, nach besten Kräften auch eigene Mittel einzusetzen und damit in der gemeinsamen Verantwortung für die Eingliederung zu bleiben. Diese finanzielle Beteiligung der Länder ist für die Durchführung der Eingliederung insbesondere angesichts der relativ geringen Ausstattung des entsprechenden Titels des Bundeshaushalts unumgänglich. Die geschilderte Methode hat auch dazu geführt, daß die Länder mit der wahrscheinlich höchsten Zahl an noch Einzugliedernden, nämlich Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, die meisten Bundesmittel erhalten haben, 1969 zum Beispiel 77,8 Millionen DM — das sind rund 35 % — und 44,4 Millionen DM — das sind rund 20 % —, so daß mir der von Ihnen angestrebte Zweck erfüllt zu sein scheint.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, im Haushaltsvoranschlag für das Haushaltsjahr 1971 und in der mehrjährigen Finanzplanung des Bundes im Einzelplan 10 den Haushaltsansatz für die ländliche Siedlung angemessen zu erhöhen und die zu Lasten des Zweckvermögens bei der Deutschen Siedlungs- und Landesrentenbank in den kommenden Jahren aufzunehmenden Kapitalmarktmittel stärker als bisher zu erhöhen, damit das Abschlußprogramm, das bis 1974 befristet ist, endgültig durchgeführt werden kann?
Herr Kollege Dr. von Nordenskjöld, die Bundesregierung wird auch in Zukunft wie bisher ihr möglichstes tun, um hinreichende Mittel für die Vollendung der Eingliederung bereitzustellen. Dies gilt sowohl für die eben erwähnten Haushaltsansätze als auch für die aufzunehmenden Kapitalmarktmittel. Im einzelnen wird dies sehr von der gesamten Haushaltslage und der Lage des Kapitalmarkts abhängen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Bittelmann.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, wieviel Bundessiedlungsmittel im Jahre 1969 nicht in Anspruch genommen worden sind und welche Länder ihre Quote nicht ausgenutzt haben?
Die genaue Zahl habe ich nicht hier. Ich könnte Ihnen lediglich sagen, welche Mittel an die einzelnen Länder ausgezahlt worden sind: die Reste kann ich Ihnen nicht angeben.
Danke schön.
Wir kommen nunmehr zum Geschäftsbereich des Bundesministers der .Justiz. Ich rufe zunächst die Frage 14 des Abgeordneten Wende auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, im Zusammenhang mit der Reform über die Strafbestimmung der Abtreibung einen Entwurf einzubringen, wonach die eugenische Indikation als Rechtfertigungsgrund anerkannt wird?
Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Bayerl zur Verfügung. Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.
Herr Kollege Wende, im Zuge der Reform des Besonderen Teils des Strafgesetzbuchs bereitet die Bundesregierung den Entwurf eines Strafrechtsreformgesetzes vor, in dem die Vorschriften des Strafgesetzbuchs über Straftaten gegen das Leben, gegen das werdende Leben und gegen die körperliche Unversehrtheit — also auch § 218 StGB — reformiert werden sollen. Dieser Entwurf soll dem Deutschen Bundestag im
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 16. Juni 1970 3195
Parlamentarischer Staatssekretär Dr. BayerlAnschluß an den Entwurf eines Vierten Strafrechtsreformgesetzes über die Reform der Straftaten gegen Ehe und Familie und der Sexualstraftaten zugeleitet werden.Die Vorschriften des in Aussicht genommenen Reformgesetzes über die Straftaten gegen das Leben und auch gegen das werdende Leben bedürfen, bevor der Entwurf dem Deutschen Bundestag vorgelegt werden kann, eingehender Erörterungen innerhalb der beteiligten Bundesressorts und mit den Ländern. Es wird sich darüber hinaus auch empfehlen, vorab ärztliche und andere Sachverständige zu hören. Im Rahmen dieser für die Meinungsbildung der Bundesregierung erforderlichen Erörterungen wird auch die Frage erörtert werden, ob und unter welchen Umständen bei Schwangerschaftsunterbrechungen aus eugenischer Indikation Straffreiheit vorgesehen werden sollte.Über den Ausgang der Erörterungen kann natürlich vor Abschluß der Meinungsbildung der Bundesregierung Näheres noch nicht gesagt werden.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sehe ich es richtig, daß es die Auffassung der Bundesregierung ist, nicht, wie es in der juristischen Fachliteratur gelegentlich vorgeschlagen wird, den genannten Problemkreis der Indikationen aus dem Strafgesetzbuch herauszunehmen und möglicherweise durch ein Sondergesetz zu regeln, das sowohl die zusätzlichen Indikationen und Maßnahmen als auch die Regelung des Verfahrens aufzunehmen hätte?
Sie Sehen das richtig, Herr Kollege.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Wende.
Wird die Bundesregierung bei ihren Reformberatungen über das neue Gesetz auch berücksichtigen, daß in nordeuropäischen Ländern, in England, in der DDR, in sozialistischen Ländern, in Amerika und auch in asiatischen Staaten der eugenisch indizierte Schwangerschaftsabbruch vielfach schon seit längerer Zeit gesetzlich zugelassen ist und daß in vielen Fällen deutsche Frauen in solche Länder reisen, um dort einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen?
Die Bundesregierung wird bei ihren Beratungen selbstverständlich auch das ausländische Recht berücksichtigen.
Wir kommen dann zur Frage 15 des Abgeordneten Dr. Rutschke. Der Fragesteller ist nicht anwesend. Die Frage wird schriftlich beantwortet.
Ich rufe die Frage 16 des Abgeordneten von Thadden auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, sich zu der demnächst vor dem Bundesverfassungsgericht zur Verhandlung anstehenden Verfassungsbeschwerde der Gewerkschaft Textil und Bekleidung gegen den Beschluß des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 29. November 1967 zu äußern?
Der Herr Abgeordnete ist im Saal. Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr von Thadden, der Bundesregierung ist nichts davon bekannt, daß die Verfassungsbeschwerde der Gewerkschaft Textil und Bekleidung schon demnächst vor dem Bundesverfassungsgericht zur Verhandlung ansteht.
Vielleicht gestatten Sie mir, daß ich im Zusammenhang mit der ersten Frage die zweite Frage gleich mitbeantworte.
Der Herr Fragesteller ist einverstanden. Ich rufe deshalb auch die Frage 17 des Abgeordneten von Thadden auf:
Hat sieh die Bundesregierung zu der Verfassungsbeschwerde der Gewerkschaft Textil und Bekleidung, in der Fragen der Koalitionsfreiheit von grundlegender Bedeutung aufgeworfen werden, eine Meinung gebildet?
Im Kabinett hat aus Anlaß dieser Verfassungsbeschwerde zu der Frage der Koalitionsfreiheit im Sinne des Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes eine der Meinungsbildung dienende Diskussion stattgefunden. Die Bundesregierung kam bei dieser Aussprache zu dem Ergebnis, sich gegenüber dem Bundesverfassungsgericht nicht zu äußern.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten von Thadden.
Herr Staatssekretär, beabsichtigt die Bundesregierung, Erkenntnisse, die sie bei dem kommenden Verfahren gewinnen könnte, bei der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes zu berücksichtigen?
Die Bundesregierung wird das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bei den Beratungen, die mit der Mitbestimmung im Zusammenhang stehen, selbstverständlich berücksichtigen.
Keine weiteren Zusatzfragen.Die Fragen 18 und 19 der Abgeordneten Frau Griesinger werden schriftlich beantwortet, da die Frau Abgeordnete nicht anwesend ist.Ich rufe nunmehr die Frage 20 des Abgeordneten Dr. Marx auf:Wann und wie oft hat die Bundesregierung den Bundesminister der Justiz beauftragt, gegen diejenigen, die Fahnen von
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3196 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 16. Juni 1970
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausenverbündeten und befreundeten Nationen heruntergerissen, zerrissen oder verbrannt haben, durch Strafanzeige vorzugehen?Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort zur Beantwortung.
Herr Dr. Marx, der Bundesregierung ist kein Fall bekannt, in dem der Bundesjustizminister von der Bundesregierung beauftragt worden ist, gegen diejenigen, die Fahnen von verbündeten und befreundeten Nationen heruntergegerissen, zerrissen oder verbrannt haben, mittels Strafantrages wegen Sachbeschädigung vorzugehen. Hierzu dürfte deshalb keine Veranlassung bestanden haben, weil die Flaggen verbündeter oder befreundeter Staaten, wenn die Gegenseitigkeit verbürgt ist, als fremde Staatssymbole nach § 104 StGB geschützt sind, so daß eine gesonderte Strafverfolgung wegen Sachbeschädigung ausscheidet.
Für ein Strafverfahren nach § 104 StGB ist unter anderem Voraussetzung, daß die Bundesrepublik zu dem anderen Staat diplomatische Beziehungen unterhält, daß ein Strafverlangen der ausländischen Regierung vorliegt und die Bundesregierung — so § 104 a StGB — die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt.
Im Bundesjustizministerium ließ sich bei der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit kein Fall feststellen, in dem eine ausländische Regierung wegen einer sogenannten Flaggenschändung einen Strafantrag gestellt hat.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Marx.
Herr Staatssekretär, glauben Sie, selbst wenn ausländische Regierungen ein solches Begehren nicht vorgebracht haben, denn nicht im Hinblick auf die Vorgänge, die sich um und nach Kassel entwickelt haben, daß die Bundesregierung in einer gewissen Parallele — so möchte ich zumindest sagen — sich ebenfalls hätte veranlaßt sehen müssen, ihren Justizminister zu beauftragen, gegen Schänder von Flaggen befreundeter und verbündeter Staaten vorzugehen?
Ich möchte dazu sagen, daß uns bisher nicht bekanntgeworden ist, daß ausländische Botschaften Wert darauf gelegt hätten, wegen solcher Vorkommnisse Strafverfahren einzuleiten. Im Gegenteil, in einem ähnlich gelagerten Fall, als der Herr Präsident der Vereinigten Staaten in Deutschland bei Demonstrationen sehr nachdrücklich beleidigt wurde, hat dieser uns wissen lassen, daß auf eine Strafverfolgung kein Wert gelegt würde.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Marx.
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß es — auch was das Ansehen der Bundesregierung im Ausland anbelangt — doch zumindest zweckmäßig wäre, daß die Bundesregierung dann, wenn andere Regierungen ein solches Begehren nicht vorbringen, aus eigenem Interesse und unter Wahrung der Würde unseres Landes von sich aus solche Strafverfolgungen einleiten sollte?
Das hängt sicherlich vom Einzelfall ab, Herr Kollege Marx. Die Bundesregierung wird die einzelnen Sachverhalte auch in Zukunft sehr sorgfältig prüfen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie uns mitteilen, wer hier besonderen Wert darauf gelegt hat, daß die Kasseler Vorfälle jetzt vor Gericht behandelt werden?
Die Bundesregierung.
Herr Kollege, das Reglement der Fragestunde ist eindeutig. — Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller.
Herr Staatssekretär, da Sie eben sagten, daß die Bundesregierung besonderen Wert darauf gelegt hat, möchte ich Sie fragen: Warum legt denn die Bundesregierung nicht besonderen Wert auf eine Strafverfolgung bei der Schändung der Flagge eines befreundeten Staates?
Ich sagte Ihnen bereits, daß dies in solchen Fällen davon abhängt, ob der befreundete Staat auf eine Strafverfolgung in der Bundesrepublik Deutschland Wert legt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dasch.
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß in diesem Falle die von der Mehrheit dieses Hauses beschlossene Amnestie für Demonstrationstäter zutrifft?
Hier handelt es sich um eine Sachbeschädigung, Herr Kollege Dasch.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Damm.
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Herr Staatssekretär, ist die Tatsache, daß die Bundesregierung diese Kasseler Angelegenheit wegen Sachbeschädigung verfolgt oder verfolgen will, darauf zurückzuführen, daß die Regierung der DDR Wert darauf legt, daß eine Strafverfolgung wegen Sachbeschädigung durchgeführt wird?
Die Bundesregierung hält es für geboten, eine Strafverfolgung durchzuführen.
Jetzt die letzte Zusatzfrage, und zwar von Herrn Abgeordneten Niegel.
Welchen besonderen Anlaß sieht die Bundesregierung, daß sie es für geboten hält, eine Strafverfolgung einzuleiten?
Es ist nicht angängig, daß ausländische Symbole oder auch die der DDR in unserem Lande zerstört oder zerrissen werden.
Es gilt für alle, Herr Kollege Marx. Ich sagte Ihnen bereits, wir haben mit sehr vielen ausländischen Staaten Vereinbarungen. Dabei kommt es auf die Gegenseitigkeit an, und wenn ein ausländischer Staat Wert darauf legt, dann hat er das Strafantragsrecht.
Meine Damen und Herren, wir stehen damit am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministers der Justiz.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Rohde zur Verfügung. Ich rufe Frage 50 der Frau Abgeordneten Huber auf:
Mit Rücksicht auf die steigende Anzahl von Studierwilligen, die trotz der Unsicherheit künftiger Entwicklung sicherlich eine Orientierungshilfe für die Berufswahl begrüßen würden, frage ich die Bundesregierung, ob sie übel eine fortgeschriebene Beschäftigtenstatistik für die Berufe verfügt, die ein abgeschlossenes Studium voraussetzen , damit sie den nach Fachbereichen geordneten Studentenzahlen gegenübergestellt werden kann?
Herr Staatssekretär!
Statistische Daten über die berufliche Gliederung der Erwerbstätigen im Bundesgebiet sind zur Zeit nur über die im zehnjährigen Turnus stattfindenden
Volks- und Berufszählungen zu erhalten. Das gilt auch für diejenigen Berufe, die ein abgeschlossenes Studium voraussetzen. Eine laufende Fortschreibung dieser Berufszählungsergebnisse gibt es zur Zeit nicht. Neue Daten über die Berufsstruktur wird daher nach der Volks- und Berufszählung 1961 erst wieder die im vergangenen Monat durchgeführte Volks- und Berufszählung 1970 bringen.
Zu der von Ihnen angesprochenen Frage der offenen Stellen für die einzelnen akademischen Berufe ist zu sagen, daß die bei der Bundesanstalt für Arbeit gemeldeten offenen Stellen für diese Berufe nur einen Ausschnitt des gesamten Bedarfs darstellen, da der Bundesanstalt nicht alle offenen Stellen bekannt werden.
Ich darf in diesm Zusammenhang aber noch folgendes hinzufügen: Die Bundesregierung ist bestrebt, die bestehenden Statistiken den gewachsenen Anforderungen anzupassen. Mein Haus ist bemüht, in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Arbeit die Beschäftigtenstatistik auf Grund der Unterlagen der gesetzlichen Rentenversicherung aufzubauen, die eine laufende Information auch über die berufliche Gliederung der abhängig Beschäftigten zuläßt und somit berufliche Entwicklungstendenzen besser als bisher erkennen läßt.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin.
Herr Staatssekretär, gibt es irgendeine Form von Berufsberatung für Abiturienten, und wenn ja, halten Sie diese für ausreichend?
Mein Haus ist zusammen mit der Bundesanstalt für Arbeit bemüht, Frau Kollegin, die Beratungsdienste der Arbeitsverwaltung für Schüler und Hochschüler im Einvernehmen mit den an den Hochschulen vorgesehenen Studienberatungsstellen zu erweitern. Das bei der Bundesanstalt für Arbeit eingerichtete Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung arbeitet im Rahmen seiner Forschungsvorhaben an der Erstellung von Prognosen, um Aussagen über künftige Entwicklungen auch hinsichtlich der akademischen Berufe zu ermöglichen.- Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Meine Damen und Herren, ich bitte, einen Augenblick die Fragestunde unterbrechen zu dürfen. Wir haben die große Freude, daß der Präsident der Abgeordnetenkammer von Ecuador, Herr Professor Dr. Huerta, die Bundesrepublik besucht. Er befindet sich im Augenblick auf der Besuchertribüne. Ich darf ihn im Namen des ganzen Hauses sehr herzlich hier begrüßen.
Ich darf nunmehr in der Fragestunde fortfahren und die Frage 51 der Frau Abgeordneten Huber aufrufen:Im Hinblick auf die in der Bevölkerung immer größer werdende Angst vor beruflichen Schwierigkeiten im fortgeschrittenen Lebensalter frage ich die Bundesregierung, ob sie bereits
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Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausenirgendeinen Versuch unternommen hat, durch wissenschaftliche Institute feststellen zu lassen, wieweit die Behauptung von der geminderten Leistungsfähigkeit älterer Berufstätiger objektiv richtig und wieweit sie übertrieben oder gar völlig haltlos ist?Herr Staatssekretär!
Frau Kollegin, die Bundesregierung ist mit Ihnen der Auffassung, daß den Problemen älter werdender Arbeitnehmer mit dem Blick auf die Zukunft besondere Aufmerksamkeit gelten muß. Die bei der jetzigen Nachfrage nach Arbeitskräften vielfach überdeckten Schwierigkeiten dieser Arbeitnehmergruppe beruhen in der Tat weitgehend auf Vorurteilen über einen altersbedingten Abbau des beruflichen Leistungsvermögens. Derartige Annahmen werden durch neuere wissenschaftliche Untersuchungen widerlegt. Danach ist der älter werdende Arbeitnehmer grundsätzlich nicht weniger, sondern anders leistungsfähig. Das gilt auch für die Fähigkeit, sich neue berufliche Kenntnisse anzueignen. Hierzu sind auch älter werdende Arbeitnehmer in der Lage, wenn ihre besondere Lern- und Lebenssituation bei der beruflichen Anpassung hinreichend berücksichtigt wird.
Dementsprechend ist der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung im Zusammenwirken mit den Tarifvertragsparteien bemüht, noch bestehende Vorurteile gegenüber älteren Arbeitnehmern abzubauen. Er wird diesen Problemkreis in Kürze auch mit den sozialen Gruppen in der „Sozialpolitischen Gesprächsrunde" behandeln. Hier soll u. a. erörtert ) werden, wie die einzelnen Betriebe dem besonderen Leistungsvermögen der älteren Arbeitnehmer stärker Rechnung tragen können als bisher. Dazu bedarf es vor allem verstärkter Anstrengungen auf dem Gebiet der betrieblichen Personalplanung. Entsprechende Modelle sollen mit finanzieller Förderung der Bundesregierung entwickelt werden.
Daraus, sehr verehrte Frau Kollegin, daß sich schon die nächste „Sozialpolitische Gesprächsrunde" am 8. Juli dieses Jahres mit diesem Fragenkreis ausführlich befassen soll, können Sie den besonderen Rang ersehen, den die Bundesregierung den Problemen älter werdender Arbeitnehmer in der Sozialpolitik beimißt.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Huber.
Herr Staatssekretär, was tut die Bundesregierung, um Informationen dieses Inhalts stärker an die Öffentlichkeit zu bringen, damit das Image des nicht mehr voll berufstüchtigen Fünfundvierzigjährigen verschwindet?
Das wird einen besonderen Raum in unserer Informationsarbeit einnehmen. Die Darstellung dieser besonderen Problematik hat in dem Sozialbericht der Bundesregierung und in einer Reihe anderer Veröffentlichungen über die zukünftige Sozialpolitik begonnen. Auch das Echo, das die „Sozialpolitische Gesprächsrunde" mit der Ankündigung dieses Themas in der Presse gefunden hat, weist in die von Ihnen genannte Richtung.
Unsere besondere Aufmerksamkeit wird im übrigen auch der Frage zu gelten haben, wie die Forschungsvorhaben auf diesem Felde noch besser für die Öffentlichkeit ausgewertet werden können.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Härzschel.
Herr Staatssekretär, würden Sie bei Ihren Überlegungen auch besonders die Klein-, Mittel- und Handwerksbetriebe einbeziehen?
Ja, wir haben ein Forschungsvorhaben in Auftrag gegeben, das vorsieht, Personalplanungsmodelle für Klein-, Mittel- und Großbetriebe zu ermitteln. Ich denke, daß die Ergebnisse im Laufe des Jahres 1971 vorliegen. Dann werden wir sie der betrieblichen Praxis unverzüglich nutzbar machen.
Ich rufe die Frage 52 des Abgeordneten Müller auf:
Hat die Bundesregierung die in der Beantwortung der Kleinen Antrage betr. wirtschaftliche Situation der Rentner vorn 23. Februar 1970 angekündigten „Maßnahmen zur Schaffung der erforderlichen Rechtsgrundlagen, die es ermöglichen, das statistische Material zur Schließung noch vorhandener Informationslücken zu vervollständigen", inzwischen in die Wege geleitet bzw. ggf. die Ausarbeitung eines entsprechenden Gesetzentwurfs in Angriff genommen?
Herr Staatssekretär!
Herr Präsident, ich bitte, die Fragen 52, 53, 54 und 55, die sich im Grunde auf gleiche Sachverhalte beziehen, gemeinsam beantworten zu dürfen.
Sind die Fragesteller damit einverstanden? — Allgemeines Einverständnis.
Dann rufe ich auch die Frage 53 der Abgeordneten Müller und die Fragen 54 und 55 des Abgeordneten Geisenhofer auf:
Wird ein derartiger Gesetzentwurf vorsehen, daß damit die Rechtsgrundlagen geschaffen werden, die erforderlich sind, damit alle in der Kleinen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU vom 21. Januar 1970 aufgeführten Tatbestände erfaßt werden und darüber hinaus insbesondere auch die Statistik über die Zahl der laufenden Renten nach der Zahl der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre im Zeitablauf Berücksichtigung findet?
Ist aus dem von der Bundesregierung angekündigten statistischen Material über die wirtschaftliche Situation der Rentner auch zu entnehmen, wie viele Rentner gleichzeitig Sozialhilfeempfänger sind und wie viele davon 25 Jahre und mehr anrechnungsfähige Pflichtversicherungsjahre nachweisen können?
Wie hoch ist deren persönliche Bemessungsgrundlage?
Herr Staatssekretär!
Die
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Parlamentarischer Staatssekretär Rohde Bundesregierung hat inzwischen geprüft, wie die noch vorhandenen statistischen Informationslücken geschlossen werden können, von denen in der Beantwortung der Kleinen Anfrage betreffend wirtschaftliche Situation der Rentner vom 23. Februar 1970 die Rede war. Sofern die damaligen Fragen nur wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht beantwortet werden konnten, bedarf es zusätzlicher statistischer Erhebungen. Das gilt insbesondere für Fragen — wie sie auch Herr Kollege Geisenhofer erneut gestellt hat — über die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse von Rentnern, die zusätzlich Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch nehmen. Als einzige Informationsquelle für derartige Angaben käme die alljährlich vom Statistischen Bundesamt auf Grund gesetzlicher Vorschriften durchgeführte Repräsentativstatistik der Bevölkerung in Betracht, die, wie Sie wissen, als Mikrozensus bezeichnet wird.Allerdings sind die hier zur Erörterung stehenden Fragen nach den besonderen Renteneigenschaften von Sozialhilfeempfängern im Grundprogramm des Mikrozensus nicht enthalten. Es wäre daher eine Zusatzbefragung erforderlich. Inzwischen ist sichergestellt, daß es dazu keiner Gesetzesänderung bedarf, sondern einer Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates. Ich muß dazu jedoch bemerken, daß das Befragungsprogramm für den Mikrozensus 1971 bereits am 24. Juni 1969, also zur Zeit des Amtsvorgängers im Arbeitsministerium, durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt worden ist. Eine Ergänzung der Zusatzbefragung, die insbesondere der Beantwortung der Fragen von Herrn Kollegen Geisenhofer dienen könnte, käme daher frühestens für den Mikrozensus 1972 in Betracht. Über die Möglichkeit, die gestellten Fragen in eine Zusatzbefragung zum Mikrozensus 1972 aufzunehmen, laufen zur Zeit Verhandlungen mit den zuständigen Stellen.Herr Kollege Müller fragt ferner nach einem Gesetzentwurf für eine Statistik auch über die Zahl laufender Renten nach der Zahl anrechnungsfähiger Versicherungsjahre. Dazu möchte ich bemerken, daß ein besonderes Gesetz für diesen Zweck nicht erforderlich ist, weil die Zahlen der laufenden Renten nach der Zahl anrechnungsfähiger Versicherungsjahre im Zugang vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger und im Bestand vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung erfaßt und in den jährlichen Statistiken beider Stellen veröffentlicht werden. Eine Darstellung der Rentenschichtung nach der durchschnittlichen Rentenhöhe in Abhängigkeit von der Anzahl anrechnungsfähiger Versicherungsjahre und von der Rentenart enthält, Herr Kollege Müller, der diesjährige Rentenanpassungsbericht der Bundesregierung, der auch Ihnen vorliegt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller .
Herr Staatssekretär, treffen die Ausführungen, die Sie jetzt gemacht haben, auch für die alten Bestandsrenten zu, und gibt es da auch eine Gliederung, die nicht nur die Durchschnittsbeträge, sondern auch die Schichtung eindeutig kennzeichnet?
Ja, soweit ich das im Augenblick beantworten kann, trifft das zu.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller .
Würden Sie das noch einmal genau überprüfen?
Ich bin gern bereit, das sicherheitshalber überprüfen zu lassen.
Sie haben noch eine dritte Zusatzfrage.
Trifft Ihre Antwort auch für all die Fragen zu, die wir seinerzeit in der Kleinen Anfrage bezüglich der Kumulierung der Einkünfte usw. gestellt haben?
Herr Kollege, was andere Fragen in der Kleinen Anfrage angeht, so haben wir sie seinerzeit beantwortet. Ich denke, das brauche ich an dieser Stelle nicht zu wiederholen.
Eine letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller.
Ich habe im Augenblick den Wortlaut nicht hier; aber soweit er mir bekannt ist, Herr Staatssekretär, haben Sie selber gesagt, daß Sie nur einen Teil der Fragen beantworten konnten und die anderen nicht.
Das habe ich heute mit dem Blick auf die Frage von Herrn Kollegen Geisenhofer auch ausgeführt, Herr Kollege. Ich habe darauf aufmerksam gemacht, daß auf diesem Felde noch Erhebungen stattfinden müssen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Geisenhofer.
Herr Staatssekretär, Sie sagten, daß die Zusatzerhebung zur Beantwortung meiner Frage erst im Jahre 1972 durchgeführt werden könne. Gibt es denn gar keine Möglichkeit,
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3200 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 16. Juni 1970
Geisenhofernoch im Jahre 1970 diese dringenden Angaben durch Reihum-Fragen beizubringen?
Herr Kollege, auf Bundesebene im vollständigen Sinne — sicherlich nicht. Aber ich habe die Prüfung der Frage eingeleitet, ob man nicht Ausschnittsprüfungen für einen bestimmten Kreis, vielleicht mit repräsentativem Charakter, vornehmen kann.
Ich will an dieser Stelle jedoch offen hinzufügen: hier muß aufgearbeitet werden. Wir fanden, als wir in das Arbeitsministerium eintraten, keine Untersuchungen vor, die uns schon Antworten auf all die von Ihnen gestellten Fragen ermöglicht hätten. Das ist auch kein Zufall. Sie wissen sehr genau, daß z. B. in den 50er Jahren unter den von der CDU/ CSU-Fraktion gestellten Arbeitsministern Fragen nach Mindestbemessungsgrundlagen für Rentner ablehnend beantwortet worden sind und daß in Verfolg dieser Haltung auch keine Untersuchungen angestellt wurden. Das müssen wir jetzt nachholen.
Herr Kollege Geisenhofer, haben Sie noch eine Zusatzfrage?
Herr Staatssekretär, mir ging es in erster Linie nicht um die Bemessungsgrundlage, sondern um die Zahl der Rentner, die 25 Jahre und mehr versicherungspflichtig tätig waren und Sozialhilfe empfangen.
Herr Kollege, ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie die Frage so stellten, wie sie nach den Richtlinien für die Fragestunde gestellt werden muß. — Danke.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Böhme.
Herr Staatssekretär, hier steht die Frage der verschiedenartigen Ausweisung für die Renten im Jahre 1969 und für die Jahre vorher an. Für 1969 sind die anrechnungsfähigen Versicherungsjahre in der Tabelle enthalten, für die früheren Jahre nicht. Soweit der Tatbestand.
Herr Kollege, ich darf noch einmal sagen: nach den Bestimmungen für die Fragestunde sind kurze und knappe Zusatzfragen zulässig, aber keine umfangreichen Einleitungen. Ich hoffe, daß jetzt die Frage kommt.
Ist die Ausweisung der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre, die für 1969 ja ermöglicht wurde, für die vorangegangenen Bestandsrenten jetzt oder erst ab 1972 möglich?
Herr
Kollege, wir haben in den Rentenanpassungsbericht für dieses Jahr eigentlich zum erstenmal eine tiefer gestaffelte Rentenstatistik aufgenommen. Ehe ich nun gleichsam aus dem Handgelenk hier eine Antwort zu dem erfragten sehr speziellen Punkt gebe, die sich vielleicht bei näherer Prüfung als nicht vollständig erweisen könnte, möchte ich Sie bitten, mir zu gestatten, das im einzelnen überprüfen zu lassen und Ihnen eine schriftliche Antwort zu geben.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Varelmann.
Herr Staatssekretär, ist dem Bundesministerium für Arbeit bekannt, daß in einem Teil der Rentenversicherung der Arbeiter der Eindruck vorhanden ist, daß bei 25 Versicherungspflichtjahren 25% der Frauen nur eine Bemessungsgrundlage erreichen, die unter 85 % liegt, während es bei den Männern 9% sind?
Herr Kollege, das hängt mit der Frage von Herrn Geisenhofer über die Beziehung von Bemessungsgrundlage und Versicherungsjahren zusammen. Ich muß Ihnen sagen: das ist bekannt. Das ist eine Auswirkung der von Ihnen so beschlossenen Rentenformel und der Haltung, die Sie insbesondere im Jahre 1957 als CDU/CSU-Abgeordnete eingenommen haben.
Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dasch.
Herr Staatssekretär, halten Sie unter dem Gesichtspunkt, daß die Sozialhilfeträger sich an die 5,5%ige dynamische Rentenanpassung am 1. Januar 1971 orientieren werden, diese noch für genügend, wenn bei den Lebenshaltungskosten mit Preiserhöhungen von 6 °/o und bei den Mieten mit noch größeren zu rechnen ist?
Herr Kollege, Sie meinen den Rentenanpassungssatz für das kommende Jahr. Dieser Rentenanpassungssatz ergibt sich aus dem geltenden Recht. Es regelt die Anpassung nach bestimmten Kriterien, die beispielsweise auch zu der vollen Rentenanpassung in den Jahren der Rezession 1967 und 1968 geführt haben. Soweit es die Lage der Rentner angeht, darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß sie de facto durch die Aufhebung des Rentnerkrankenversicherungsbeitrages von 2 % verbessert worden ist. Sie wissen selbst aus Ihren Fraktionsberatungen, wie schwer es sich die CDU/CSU zunächst gemacht hat, dieser Aufhebung der Belastung der Rentner zuzustimmen.
Ich rufe als nächste Frage die Frage 56 des Herrn Abgeordneten Franke auf:
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 16. Juni 1970 3201
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausenin welchen Gesetzesvorhaben hat die neue Bundesregierung einen unmittelbaren Anspruch der Ehetran aus den Beiträgen des Ehemannes in der gesetzlicher Rentenversicherung verankert?Herr Staatssekretär, bitte!
Herr Kollege Franke, zur Zeit gibt es keinen Gesetzentwurf, in dem die Bundesregierung einen unmittelbaren Anspruch der Ehefrau aus Beiträgen des Ehemannes verankert hat. Ich möchte aber annehmen, daß Sie mit Ihrer Frage die von verschiedenen Seiten befürwortete Einführung des sogenannten Splittingverfahrens ansprechen wollen, durch das die während der Ehe der beiden Eheleuten erworbenen Rentenanwartschaften im Falle der Ehescheidung auf Mann und Frau je zur Hälfte aufgeteilt werden sollen. Damit weisen Sie auf das Problem der Verbesserung der sozialen Sicherheit der nicht berufstätigen Frau — insbesondere in der gesetzlichen Rentenversicherung -- hin, das zur Zeit in meinem Hause eingehend geprüft wird. Neben verschiedenen anderen Lösungsmöglichkeiten werden in diesem Zusammenhang auch die Möglichkeiten zur Einführung eines Splittingverfahrens erörtert. Dem Ergebnis dieser Erörterung — darum bitte ich um Verständnis — kann ich im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vorgreifen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Franke.
Herr Staatssekretär, demnach stimmen die Meldungen, die, glaube ich, in der Freien Demokratischen Korrespondenz gestanden haben, nicht, daß das schon verankert sei, sondern es sind lediglich Absichtserklärungen der Bundesregierung?
Herr Kollege, ich kenne die von Ihnen zitierten Meldungen nicht und lasse mich auch ungern in die Situation bringen, Pressemeldungen oder -artikel von dieser Stelle aus zu zensieren. Ich möchte annehmen, daß in der Freien Demokratischen Korrespondenz darauf hingewiesen worden ist, daß die Bundesregierung Überlegungen in der von mir genannten Richtung anstellt.
Keine Zusatzfrage? — Dann rufe ich die Fragen 57 und 58 des Herrn Abgeordneten Vogt auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Technische Überwachungsverein Rheinland bereit ist, seine technischen Einrichtungen und fachwissenschaftliches Personal zur Verfügung zu stellen, wenn das Bundesinstitut für Arbeitsschutz entsprechend den bereits von der Regierung Kiesinger entwickelten Vorstellungen zu einer Bundesanstalt für Unfallforschung ausgebaut wird?
Ist die Bundesregierung bereit, dieses Angebot, das auch die auf dem Sektor Unfallforschung geleistete Vorarbeit und gewonnenen Erkenntnisse des Technischen Überwachungsvereins Rheinland umfaßt, anzunehmen?
Herr Staatssekretär!
Während früher nur Vorstellungen entwickelt wurden, auf die Sie in Ihrer Frage hinweisen, hat diese Bundesregierung nunmehr konkrete Schritte eingeleitet, um die seit langem fällige Errichtung einer Bundesanstalt für Unfallforschung und Arbeitsschutz zu realisieren. Die Haushaltsmittel hierfür sind erstmals in dem von dieser Bundesregierung eingebrachten Haushaltsplan 1970 ausgewiesen.
Unserem Haus ist bekannt, daß sich neben einer Reihe anderer Institutionen auch der Technische Überwachungsverein Rheinland bereit erklärt hat, auf dem Gebiet der Unfallforschung mit der Bundesanstalt zusammenzuarbeiten und dabei seine Erfahrungen einzubringen. Inwieweit sich dieses Angebot in die Gesamtplanung der Arbeiten der Bundesanstalt einordnen läßt, wird eingehend geprüft werden. Die Bundesregierung geht selbstverständlich davon aus, daß die künftige Bundesanstalt im engen Kontakt mit den Stellen arbeiten wird, die qualifizierte fachliche Beiträge leisten können.
Her Staatssekretär, praktisch sind damit beide Fragen beantwortet?
— Danke!
Meine Damen und Herren, wir stehen damit am Ende der heutigen Fragestunde. Wir fahren in der Tagesordnung fort. Ich rufe den Punkt 2 auf:
a) Mündlicher Bericht des Petitionsausschusses über seine Tätigkeit gemäß § 113 Abs. 1 der Geschäftsordnung
Berichterstatter: Abgeordnete Frau Jacobi
b) Beratung der Sammelübersicht 5 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen und systematische Übersicht über die beim Deutschen Bundestag in der Zeit vom 20. Oktober 1969 bis 31. Mai 1970 eingegangenen Petitionen
— Drucksache VI/808 -
c) Beratung der Sammelübersicht 6 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen
— Drucksache VI/929 —
Das Wort zu Punkt 2 a) hat die Abgeordnete Frau Jacobi .
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach § 113 der Geschäftsordnung des Bundestages soll der Petitionsausschuß einmal im Vierteljahr einen. Bericht über seine Arbeit geben. Diesen Bericht zu geben, und zwar in nur zehn Minuten, ist mir in dieser Legislaturperiode zum erstenmal gestattet. Ich werde versuchen, mit der Zeit auszukommen.
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3202 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 16. Juni 1970
Frau Jacobi
Eine hohe Zahl von Petitionen auf Freistellung und Zurückstellung vom Grundwehrdienst im Hinblick auf eine beabsichtigte oder begonnene Fachhochschulausbildung haben wir immer noch. Es besteht Unklarheit über die von der Kultusministerkonferenz vereinbarten Übergangsbestimmungen. Die Fachhochschulreife wird ab 1971 für den Besuch einer Fachhochschule gebraucht. Bei denjenigen aber, die jetzt ihren Grundwehrdienst ableisten, wird diese Bestimmung hinausgeschoben; sie können nach den alten Voraussetzungen beginnen. Diese Empfehlung der Kultusministerkonferenz müßte sich aber tatsächlich in der entsprechenden Ländergesetzgebung niederschlagen. Das scheint nicht überall der Fall zu sein.Verständlich und gerechtfertigt erscheinen Wohnungssorgen speziell noch in Hamburg und München. Leider können wir die Petenten immer nur mit dem Wohngeldgesetz trösten, weil wir selber nicht eingreifen können.Unter den Bitten und Vorschlägen zu einer Verbesserung des Wohngeldgesetzes selbst erscheint eine Petition bemerkenswert, mit der die Streichung des § 33 Abs. 3 Satz 2 des derzeit gültigen Wohngeldgesetzes verlangt wird. Dieser Satz bestimmt, daß Monatsbeträge unter 3 DM nicht bewilligt werden. Eine 70jährige Kriegerwitwe schreibt dazu:Hinter jedem Pfennigbetrag wird bei uns Rentnern hergejagt. Keine Haussammlung geht an unserer Tür vorbei. Alle, auch der Staat und die Stadt, wollen von uns jeden Betrag, und sei er noch so klein, so schnell wir möglich haben. Aber wenn es dem Staat zuviel Mühe macht, uns Beträge unter 3 DM monatlich, und sei es es auch nur in einer Summe im Jahr, auszuzahlen, dann werden wir betrogen.
Wir schlagen vor, die genannte Vorschrift im Zuge der Novellierung des Wohngeldgesetzes ersatzlos zu streichen.Im Zusammenhang mit den Wohnungsfragen stehen die vielen Petitionen, die sich mit dem Erbbauzins beschäftigen. Dieser Erbbauzins kann nach dem geltenden Recht erhöht werden. Er wird jetzt häufig erhöht, weil die Bodenpreise so stark angestiegen sind. Wir sind aber der Auffassung, daß der Erbbauzins nicht in gleicher Weise wie die Bodenpreise steigen dürfte. In einem Fall ist der Erbbauzins um 1300 % erhöht worden. Die Erhöhung des Erbbauzinses müßte sich nach den allgemeinen Lebenshaltungskosten und nicht nach diesem teuersten Gut schlechthin richten.
In verstärktem Maße melden sich alte Soldaten oder Rentner, die wünschen, daß bei der Berechnung ihrer Rente die Zeiten freiwilligen Wehrdienstes vor 1935 bei der Reichswehr und bei der Schutzpolizei Berücksichtigung finden. Die Frage der Anrechnung der Kriegsdienstzeit ist, glaube ich, von uns überhaupt noch einmal neu zu durchdenken.
Wir hören immer wieder, daß es in dieser Hinsicht noch Wünsche gibt.Ich erinnere weiter an die Wünsche, die auch nach dem Gesetz auf Grund von Art. 131 des Grundgesetzes offengeblieben sind. Dieser Bundestag sollte auch diese Wünsche noch einmal zum Gegenstand der Beratung machen. Um diese beiden Komplexe geht es immer wieder, und die Allgemeinheit fordert hier mit einer gewissen Berechtigung eine gesetzliche Regelung.Meine Damen und Herren, ich möchte Ihre Aufmerksamkeit jetzt auf zwei Vorhaben lenken, mit denen wir uns im Petitionsausschuß schon seit längerer Zeit befaßt haben. Wir wollten einmal die Arbeit des Petitionsausschusses erfolgreicher gestalten und zum andern auf Grund einer Eingabe klar erkennbare Härten und Notfälle lindern. Ich spreche von dem Entwurf eines Gesetzes zur Erweiterung der Befugnisse des Petitionsausschusses. Wir haben schon im 5. Deutschen Bundestag daran gearbeitet. Nur wegen der Geschäftslage, der vielen Arbeit am Ende der Legislaturperiode ist dieser Gesetzentwurf damals zurückgestellt worden. Es hat geheißen, daß dieses Thema im 6. Deutschen Bundestag wieder aufgegriffen werden sollte. Wenn wir unsere damalige Gesetzesinitiative — wir geben die Vorlage in den nächsten Tagen in Druck — nicht jetzt aufnehmen, sehe ich kommen, daß wir wieder bis zum Ende der Legislaturperiode warten müssen und dann erneut nicht zum Zuge kommen.
Meine Damen und Herren, ich möchte Sie schon heute bitten, diesem Anliegen, den Rechtsschutz des Bürgers zu verbessern und die Kontrollfunktion des Parlaments gegenüber Regierung und Verwaltung zu stärken, Ihre Unterstützung zu geben. Ich glaube Ihrer Zustimmung gewiß zu sein, wenn ich sage, daß wir mit diesem Gesetz auf dem Wege zur Verbesserung des Ansehens dieses Hauses in der Öffentlichkeit einen wesentlichen Schritt weiterkommen werden.Unser zweiter Wunsch ist die Gestaltung einer Stiftung für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegssachgeschädigte in außergewöhnlichen Härtefällen. Nach den Feststellungen der Mitglieder des Petitionsausschusses beinhalten die Vorschriften des Lastenausgleichsgesetzes und anderer Kriegsfolgengesetze in einzelnen Fällen oder zahlenmäßig kleinen Gruppen von Fällen große Härten. Schnelle Hilfe ist wegen des vorgeschrittenen Alters der Betroffenen geboten. Es handelt sich ausnahmslos um Leute, die nach 1945 hier nicht mehr in den Arbeitsprozeß hineingekommen sind, weil sie damals schon zu alt waren, und die heute so ungefähr 70 bis 85 Jahre alt sind. Eine entsprechende Änderung der einschlägigen Gesetze wäre zu aufwendig und würde wahrscheinlich auch höhere Kosten verursachen. Aus Mitteln der Stiftung sollen deshalb in den festgestellten Härtefällen Vertriebenen, Flüchtlingen und Kriegssachgeschädigten Unterstützungen
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Frau Jacobi
oder Darlehen gewährt werden. In den Stiftungsgremien sollen vorzugsweise Mitglieder des Petitionsausschusses mitwirken. Ich hoffe, meine Damen und Herren, daß auch dieser Gesetzentwurf bald im Bundestag eingebracht werden kann und daß wir ihn noch vor Weihnachten beraten können und Sie ihm Ihre Unterstützung gewähren werden.Abschließend bitte ich Sie, meine Damen und Herren, nunmehr den in den Sammelübersichten 5 und 6 enthaltenen Anträgen zu Petitionen zuzustimmen. Ich darf darauf hinweisen, daß die Drucksache VI/808 wiederum eine systematische Ubersicht über die insgesamt in der Zeit vom 20. Oktober 1969 bis zum 31. Mai 1970 eingegangenen Petitionen zusammen mit einer Aufgliederung und einer Ubersicht über die Art der Erledigung der Petitionen enthält, die Ihnen einen gewissen Einblick in unsere Arbeit gewährt.Ich hoffe, ich habe die Zeit nicht überschritten; ich danke Ihnen.
Meine Damen und Herren, ich darf Frau Kollegin Jacobi sehr herzlich für ihre Hinweise, vor allem für den Hinweis auf die Fragen der Erweiterung der Rechte des Petitionsausschusses, danken. Sie wissen, wie sehr uns das hier am Herzen liegt, und ich hoffe, daß vor allem der entscheidende Entwurf nach den Parlamentsferien recht bald behandelt werden kann.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schlage vor, daß wir die Abstimmung über die Punkte 2 b und 2 c verbinden. Wer die in den Sammelübersichten 5 und 6 enthaltenen Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen annehmen will, den bitte ich um das Zeichen. — Ich danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest.
Ich rufe nunmehr Punkt 3 der heutigen Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung einer nationalen Stiftung „Hilfswerk für das behinderte Kind"
— Drucksache VI/926 —
Das Wort zur Begründung der Vorlage hat der Herr Bundesjustizminister.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung legt Ihnen den Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer nationalen Stiftung „Hilfswerk für das behinderte Kind" vor. Zu diesem damit angegangenen Problemkreis heißt es in der Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969:Wir werden . . . besonders für die Mitbürger sorgen, die trotz Hochkonjunktur und Vollbeschäftigung im Schatten leben müssen, die durch Alter, durch Krankheit oder durch strukturelle Veränderungen gefährdet sind. Die Bundesregierung wird um verstärkte Maßnahmen bemüht sein, die den Benachteiligten und Behinderten in Beruf und Gesellschaft, wo immer dies möglich ist, Chancen eröffnen.Schon bisher hat die Bundesregierung bereits mehrfach unter Beweis gestellt, daß sie der Bewältigung dieser bedeutsamen gesellschaftspolitischen Aufgabe eine besonders große Bedeutung beimißt. So hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung im April dieses Jahres ein Aktionsprogramm der Bundesregierung zur Förderung der Rehabilitation der Behinderten verkündet. Dieses soll gewährleisten, daß allen Behinderten die gebotenen medizinischen, technischen, beruflichen und sozialen Hilfen schnell und unbürokratisch erreichbar sind.Ferner hat die Bundesregierung am 2. Juni 1970 in ihrer Antwort auf eine Große Anfrage der Opposition zur Rehabilitation Behinderter ausführlich ihre Vorstellungen dargelegt.Diese Bundesregierung kann und will vor den Sorgen und Nöten dieser benachteiligten Gruppe von Menschen nicht die Augen verschließen; sie sieht es vielmehr als eine ihrer vornehmsten Pflichten an, den Behinderten zu helfen und ihnen in jeder Hinsicht das Bewußtsein zu vermitteln, daß sie von uns nicht vergessen und links liegengelassen werden, sondern die Förderung erhalten, die sie auf Grund ihrer Behinderung brauchen. Die Behinderten müssen nach Möglichkeit die gleichen Chancen für ein menschenwürdiges Dasein erhalten wie gesunde Menschen. Dies entspricht der fundamentalen Grundentscheidung unserer Verfassung, die die innerhalb der sozialen Gemeinschaft sich frei entfaltende Persönlichkeit und ihre Würde in den Mittelpunkt ihres Wertsystems und des gesamten Rechts stellt.Das Gesetz zur Errichtung einer nationalen Stiftung „Hilfswerk für das behinderte Kind" soll ein weiterer Schritt auf dem Wege sein, das in der Regierungserklärung gegebene Versprechen einzulösen. Durch dieses Gesetz soll eine Stiftung des öffentlichen Rechts ins Leben gerufen werden, deren Zweck es sein soll, behinderten Kindern über die in anderen Gesetzen vorgesehenen Leistungen hinaus zusätzliche Hilfe zu gewähren und ihre Eingliederung in die Gesellschaft zu fördern. Der Entwurf greift damit eine Gruppe von Behinderten heraus, die in besonderem Maße unsere Anteilnahme verdient und unsere Hilfe nötig hat.Jährlich werden mehr als 60 000 Kinder geboren, die wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Schäden der besonderen Betreuung bedürfen. Von den schulpflichtigen Kindern bedürfen rund 500 000 besonderer Unterstützung.Dem Gesetzentwurf liegt die Erkenntnis zugrunde, daß — bei aller Anerkennung dessen, was bisher, insbesondere auch von den Bundesländern, für behinderte Kinder getan worden ist und getan wird — die vorhandenen Möglichkeiten den tatsächlichen Bedürfnissen noch nicht voll gerecht werden.Zur Verwirklichung ihres Zieles hat die Bundesregierung einen unkonventionellen Weg beschritten
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Bundesminister Jahnund mit ihrem Vorschlag, eine Stiftung des öffentlichen Rechts zu errichten, eine neuartige gesellschaftspolitische Konzeption entwickelt. Die Hilfen, die durch die Stiftung gewährt werden sollen, sollen echte Zusatzleistungen sein und Förderungsmaßnahmen nach anderen Gesetzen, insbesondere dem Bundessozialhilfegesetz, dem Jugendwohlfahrtsgesetz und dem Arbeitsförderungsgesetz, sowie Unterhaltspflichten unberührt lassen.Über die im Vordergrund stehende zusätzliche Rehabilitationshilfe hinaus soll die Stiftung die Möglichkeit haben, auch solchen behinderten Kindern, die nicht rehabilitationsfähig sind, das Leben zu erleichtern und ihnen etwas Lebensfreude zu vermitteln, etwa durch Erholungsaufenthalte in speziellen Ferienheimen.Selbstverständlich soll die Stiftung kein isoliertes Eigenleben führen. Sie soll vielmehr mit allen öffentlichen und privaten Trägern einschlägiger Hilfsmaßnahmen zusammenarbeiten und die zu treffenden Maßnahmen abstimmen. Nicht Konkurrenz, sondern Kooperation ist unser Ziel. Alle, die es angeht, sind hierzu aufgerufen. Der Kreis der Aufgaben und die Bedürfnisse sind so mannigfaltig und so umfangreich, daß mit Sicherheit wegen der nationalen Stiftung des Bundes keine der bestehenden Hilfsorganisationen überflüssig wird, daß für ihre Hilfsmaßnahmen kein Raum mehr sein kann. Die Privatinitiative auf diesem Gebiet soll keine Einbuße erleiden.Unmittelbarer Anstoß für die Gesetzesvorlage sind die zwischen 1958 und 1962 geborenen sogenannten „Contergan-Kinder". Damals hat der Umstand, daß in einem geradezu katastrophalen Ausmaß fehlgebildete Kinder zur Welt kamen, in der Öffentlichkeit allgemein Bestürzung und Erschütterung ausgelöst. Es kam auch die Frage auf, in welchem Umfang der Staat durch eine mangelhafte Arzneimittelgesetzgebung hierfür eine Verantwortung trage. Diese Frage ist insbesondere in den Jahren 1961 bis 1963 Gegenstand eingehender Erörterungen in diesem Hohen Hause gewesen. Anlaß dieser Debatten war u. a. ein von der Fraktion der SPD eingebrachter Antrag, der das Ziel hatte, die Bundesregierung zu ersuchen, baldmöglichst den Entwurf eines Gesetzes über Bundeshilfe bei Mißbildungen durch Arzneimittel vorzulegen. Die Mehrheit des Hauses hatte dieses Anliegen damals in den wesentlichen Punkten nicht unterstützt.Inzwischen laufen seit Jahren die Prozesse, die klären sollen, ob die Firma Chemie Grünenthal, die das Schlafmittel Contergan hergestellt hat, für die Fehlbildungen der Kinder strafrechtlich und zivilrechtlich verantwortlich gemacht werden kann. Die Dauer der Verfahren und die Schwierigkeiten, die bei ihrer Durchführung aufgetreten sind, haben in der Öffentlichkeit das allgemeine Unbehagen darüber, daß den geschädigten Kindern bisher noch nicht wirksam geholfen worden ist, verstärkt.Aus diesem Grunde wurde es allgemein begrüßt, daß sich die Firma Chemie Grünenthal gegenüber Vertretern der behinderten Kinder verpflichtet hat, zur Abgeltung aller etwaigen Ansprüche dieser Kinder und ihrer Eltern gegen sie einen Betrag von 100 Millionen DM zu zahlen. Die Durchführung dieses Vergleichs, mit der die Vertragspartner bereits begonnen haben, führt jedoch zu Schwierigkeiten, die voraussichtlich ohne staatliche Hilfe nicht überwunden werden können. Die Bundesregierung hat es deshalb als ihre moralische Pflicht angesehen, im Interesse der geschädigten Kinder ihre Hilfe durch eine Gesetzesinitiative zur Verfügung zu stellenDer genannte Betrag von 100 Millionen DM ist den Kindern nur dann sicher, wenn die Firma Chemie Grünenthal von dem Risiko, wegen des Contergan-Komplexes weiterhin in Anspruch genommen zu werden, freigestellt wird. Es muß also sichergestellt werden, daß weder Geschädigte noch Dritte, auf die etwaige Ansprüche der Geschädigten übergegangen sein können, insbesondere die Sozialversicherungs- und die Sozialhilfeträger, die Möglichkeit haben, die Firma in Anspruch zu nehmen.Diesem Ziel, dem nur durch eine gesetzliche Lösung in befriedigender Weise Rechnung getragen werden kann, dient § 20 des Entwurfs, der bestimmt, daß etwaige Ansprüche der Geschädigten gegen die Firma Chemie Grünenthal, auch soweit sie auf Dritte übergegangen sind, erlöschen. Nur durch eine gesetzliche Regelung kann ferner rechtswirksam sichergestellt werden, daß der von der Firma Chemie Grünenthal zur Verfügung gestellte Betrag eine echte Hilfe für die Kinder bedeutet und nicht dazu führt, daß andere Leistungsverpflichtete, in erster Linie die Träger der Sozialhilfe, mit Rücksicht hierauf ihre Zahlungen einstellen. Dieses unerwünschte Ergebnis wird durch die §§ 4 und 5 des Entwurfs verhindert.Um dabei zu helfen, der besonderen gesellschaftlichen Verantwortung für die geschädigten Kinder gerecht zu werden, hat sich die Bundesregierung darüber hinaus entschlossen, zu dem von der Firma Chemie Grünenthal zur Verfügung gestellten Betrag weitere 50 Millionen DM zur Verfügung zu stellen. Dem sozialpolitischen Charakter der Regelung entspricht es, daß der Gesetzentwurf nicht, wie es die Vertragspartner vorgesehen haben, das Hauptgewicht auf eine einmalige Kapitalentschädigung legt. Den geschädigten Kindern soll vielmehr in der Regel kumulativ eine Kapitalentschädigung bis zu 40 000 DM und eine lebenslängliche Rente his zu 400 DM monatlich zustehen. Außerdem sollen sie nach Maßgabe der vorhandenen Mittel Beihilfen zu Aufwendungen erhalten, die die zumutbare Belastung übersteigen. Derartige Beihilfen sollen auch Eltern verstorbener Kinder zugebilligt werden. Nach vorläufigen Berechnungen sollen rund 50 Millionen DM für Kapitalentschädigungen verwendet werden, während etwa 80 Millionen DM für Renten und rund 20 Millionen DM für Beihilfen ausgegeben werden sollen.Trotz der voneinander abweichenden Grundkonzeptionen der vorgesehenen Leistungssysteme bin ich mit den unmittelbar Beteiligten einig, daß die von der Firma Chemie Grünenthal zu zahlenden 100 Millionen DM von den in dem Vergleich vorgesehenen Treuhändern in die Stiftung eingebracht wer-
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Bundesminister Jahnden. Voraussetzung ist lediglich, daß der Wert der Leistungen der Stiftung an die Kinder jeweils höher ist als der Wert der Leistungen aus dem Vertrag.
Herr Minister, darf ich Sie einen Augenblick unterbrechen.
Wir haben die große Ehre und Freude, meine Damen und Herren, eine Delegation der Verteidigungsausschüsse des italienischen Senats und der Deputiertenkammer unter der Leitung von Herrn Senator Emilio Battista hier im Hohen Hause begrüßen zu können. Meine Herren, ich darf Sie sehr herzlich willkommen heißen.
Bitte schön.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Für den Teil I des Gesetzes, der alle behinderten Kinder betrifft, stehen zunächst 50 Millionen DM des Bundes zur Verfügung. Doch geht es nicht nur um Anstrengungen des Staates. Es soll mit dem vorgeschlagenen Weg auch die Möglichkeit zu weiteren Initiativen der verschiedensten gesellschaftlichen Kräfte verstärkt eröffnet werden. Ich kann mit besonderer Dankbarkeit vermerken, daß die beiden großen Kirchen in Aussicht gestellt haben, je einen namhaften Betrag beizusteuern. Ich bin sicher, daß damit ein Zeichen gegeben ist, und ich bin sicher, daß weitere Beiträge zu erwarten sind. Ich bin auch zuversichtlich, daß wir bis zur nächsten Beratung des Gesetzentwurfs in diesem Hohen Hause verbindliche Verpflichtungserklärungen vorliegen haben werden, so daß spätestens dann die Pünktchen, die in § 6 Abs. 1 des Entwurfs jetzt noch zu finden sind, durch klare Zahlen ersetzt werden können.
Meine Damen und Herren, nachdem viele Jahre hindurch Ungewißheit bestanden hat, sollte jetzt bald eine Entscheidung fallen. Ich bitte das Hohe Haus deshalb, die Notwendigkeit schneller Hilfe anzuerkennen und bei seinen Beratungen zu berücksichtigen.
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Herr Abgeordnete Burger.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU/CSU-Fraktion begrüßt den Entwurf des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für das behinderte Kind". Sie bejaht die Grundtendenz dieses Gesetzentwurfs, den contergangeschädigten Kindern wirksam zu helfen. Die Hilfe für die Behinderten, insbesondere für die behinderten Kinder, ist ein wesentliches Anliegen meiner Fraktion. Das Bemühen, aus unserer Sozialverantwortung heraus in die schwebenden Prozesse um die contergangeschädigten Kinder durch eine Sonderaktion zum Wohle der Kinder und der Eltern einzugreifen, ist ohne Einschränkung zu begrüßen.Über eine Reihe von Problemen jedoch sollte im Ausschuß gesprochen werden. Nach dem Gesetzentwurf soll die Stiftung zunächst mit folgendem Vermögen ausgestattet werden: 100 Millionen DM wird der Bund zur Verfügung stellen und 100 Millionen DM die Firma Grünenthal. Für die contergangeschädigten Kinder muß ein Betrag von mindestens 150 Millionen DM verwendet werden. Nur diese Kinder haben einen Rechtsanspruch auf eine Kapitalentschädigung von mindestens 1000 DM und höchstens 40 000 DM und eine monatliche Rente von mindestens 50 DM und höchstens 400 DM. Diese Leistungen bleiben bei der Ermittlung von Einkommen und Vermögen nach anderen Gesetzen außer Betracht.Daneben sollen im Rahmen der Stiftung außer an diese etwa 2000 contergangeschädigten Kinder an die unbestimmt große Gruppe von rund 500 000 behinderten Kindern — die Zahlenangaben sind unbestimmt, wir haben keine konkreten Zahlen; die Zahl wird sich allerdings ständig durch Geburt von weiteren 50 000 behinderten Kindern jährlich erhöhen — Leistungen bewirkt werden, die primär sozial begründet sind.Diese völlig verschiedenen Ausgangspunkte in einem Gesetzgebungswerk und in einer Stiftung zu vereinen, bringt zwangsläufig eine Reihe von Problemen mit sich, die nicht leicht genommen werden können. Diese Probleme, meine Damen und Herren, die insbesondere auch von den Wohlfahrtsverbänden diskutiert werden, sollten im Ausschuß sorgfältig beraten werden. Die Stiftung sieht auch die Förderung von Einrichtungen, die zur ärztlichen Behandlung, zur pflegerischen oder pädagogischen Betreuung vorgesehen sind, vor. Auch darüber sollte noch einmal gründlich nachgedacht werden.Die große Zahl der staatlichen Stellen, Körperschaften und Anstalten, die für die institutionelle Förderung von Rehabilitationseinrichtungen bereits Vorbildliches geleistet haben, sollte nicht ohne Not vergrößert werden. Der Mangel an Einrichtungen zur Habilitation und Rehabilitation behinderter Kinder sollte allerdings zielstrebig beseitigt werden. Die CDU/CSU-Fraktion schlägt deshalb vor, daß Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam mit den freien Wohlfahrtsverbänden einen Zehnjahresplan für die Errichtung derartiger Einrichtungen aufstellen. Dieser Goldene Plan für die behinderten Kinder müßte dann für alle Behinderten mit dem gleichen Erfolg wie der Goldene Plan der Olympischen Gesellschaft in bezug auf den Bau von Sportstätten die notwendigen Einrichtungen für diese Kinder bringen.Ein Weiteres erscheint uns wichtig. Zur optimalen Eingliederung der behinderten Kinder in die Gesellschaft und in den Beruf müssen alle erforderlichen Hilfen frühzeitig einsetzen.
Nach Auffassung der CDU/CSU-Fraktion wäre deshalb zu überprüfen, ob die Möglichkeiten des Arbeitsförderungsgesetzes hinsichtlich der Berufsförderung Behinderter auch schon für Kinder eröffnet werden können. Die Leistungen des Arbeits-
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Burgerförderungsgesetzes setzen nämlich für Jugendliche erst nach Beendigung der normalen Schulpflicht ein. Wertvolle Zeit geht verloren. Da die rechtzeitige Hilfe für den Erfolg und die Eingliederung von wesentlicher Bedeutung ist, werden wir im Ausschuß auch dieses Problem zur Diskussion stellen und, wie ich hoffe, einer sorgfältigen Beratung unterziehen.Ferner — damit komme ich zum Schluß — sollte auch die Frage der Zweckbestimmung der Spenden noch einmal geprüft werden. Viele Vereinigungen der Lebenshilfe und Einrichtungen der freien Wohlfahrtsverbände sind auf Spenden angewiesen. Sie fürchten nunmehr, daß durch die dominierende Wirkung dieser Stiftung die bisherigen Bereiche der Förderung vielleicht vergessen werden können.Die CDU/CSU-Fraktion ist überzeugt, daß alle diese Fragen, die in den Reihen der Sachverständigen und der Verbände zur Zeit diskutiert werden, einer befriedigenden Lösung zugeführt werden können, und zwar so, daß den contergangeschädigten Kindern in vollem Umfang geholfen und auch die große Zahl hunderttausender behinderter Kinder berücksichtigt werden kann.
Das Wort hat der Abgeordnete Koenig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der SPD-Fraktion gebe ich folgende Erklärung ab. Der Bundestag befaßt sich heute mit einem Problem, dessen Tragweite in der öffentlichen politischen Diskussion bisher nur unzureichend erkannt worden ist. Man kann hoffen, daß wir damit am Anfang einer neuen sozialpolitischen Aufgabenbewältigung stehen. Die Zahl der betroffenen Kinder und Jugendlichen verdeutlicht dies: über 2000 Kinder, deren körperliche Fehlbildungen mit der Einnahme des Präparats Contergan in Verbindung gebracht werden können, mehr als 60 000 Kinder, die jährlich in der Bundesrepublik mit körperlichen Schäden geboren werden und einer besonderen Betreuung bedürfen, mehr als 250 000 erheblich behinderte Kinder und über 500 000 Kinder insgesamt im volksschulpflichtigen Alter, die in irgendeiner Weise behindert sind.
In teilweiser Fehlinterpretation der altgriechischen Hoffnung, daß in einem gesunden Körper auch ein gesunder Geist sei, ist es in der abendländischen Kulturtradition zu einer Überbewertung körperlicher Unversehrtheit gekommen. Spätestens die Contergantragödie hat das Bewußtsein der Öffentlichkeit in zweierlei Hinsicht diesbezüglich verändert. Erstens. Sie hat verdeutlicht, daß angeborene Mißbildung nicht auf eine sogenannte minderwertige Erbmasse zurückzuführen sein müssen, sondern daß jede Geburt durch Einflüsse von außen körperlich mißgebildet werden könnte und daß man sich endgültig vor Aussagen über mindere Erbanlagen hüten muß. Zweitens ist das Bewußtsein der Öffentlichkeit gewachsen, daß man sich mit dem Schicksal der Betroffenen mehr solidarisiert, als dies jemals der Fall gewesen ist. So ist es begrüßenswert, daß die Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom 28. Oktober 1969 die staatliche Pflicht zur Hilfe auch für diejenigen betont, die bisher im Schatten der Gesellschaft leben.
Mit welchem neuen Phänomen haben wir es eigentlich hier zu tun? Mit der Erkenntnis, daß Anfang der sechziger Jahre durch das Auftreten der Contergan-Fälle Medizin und Pharmazie in einen völlig neuen Zusammenhang mit dem Leben getreten sind, in einen Zusammenhang, der ihnen die Fähigkeit gibt, Leben nicht nur heilen zu können, sondern auch Leben mißbilden zu können. Auch die Genetik-Forschung am Anfang der siebziger Jahre stellt sich so dar, daß der Eingriff in die Erbmasse nicht nur positive, sondern auch negative Auswirkungen zustande bringen kann.
Das bedeutet, daß die Gesetzgebung in diesem Bereich auf Grund der sprunghaften wissenschaftlichen Entwicklung immer häufiger dem neuesten Stand angepaßt werden muß und daß immer stärker auch die Folgen von Fehlentwicklungen eingeplant werden müssen. Die Frage ist, ob die derzeitigen Regelungen zur Kontrolle der Arzneimittelherstellung, die nach dem Gesetz auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen muß, allein noch ausreichend sind. In diesem Zusammenhang begrüßen wir die durch das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit eingesetzte Kommission zur Sicherheit für das Arzneimittel, die alte Richtlinien zu überarbeiten hat und sie um Kriterien aus dem EWG-Bereich ergänzen wird.
Als zweiter verantwortlicher Partner neben dem Gesetzgeber ist selbstverständlich die pharmazeutisch-chemische Industrie an dem Bemühen beteiligt, Katastrophen ähnlicher Art zu vermeiden. Ohne die Diskussion über diesen Bereich zu vertiefen, möchten wir von dieser Stelle aus an die Industrie appellieren, verstärkt zu überlegen, in welcher Weise sie einen Beitrag zur Behebung und Vermeidung körperlicher und geistiger Schäden an Neugeborenen leisten kann.
Hilfen für diesen hier geschilderten Sachverhalt bedürfen neuer Methoden in der Rehabilitation; dies vor allem, wenn wir uns die Frage stellen: Worin liegt die Hoffnung dieser Kinder? Denn unsere Aufgabe ist es, dazu beizutragen, daß sich ihre Hoffnungen erfüllen können. Die Hoffnung, meine Damen und Herren, ist die, daß wir nicht in einer Zeit leben, in der der Wille des Stärkern, sondern der stärkere Wille bestimmend ist. Es ist unsere Aufgabe, diese Kinder in die Lage zu versetzen, ihrem Willen und ihren Fähigkeiten entsprechend leben zu können, und zwar durch medizinische und orthopädische Hilfen, durch Ausbildungshilfen, durch Beschaffung oder Erstellung entsprechender Arbeitsplätze.
Der Unterschied dieser Rehabilitationsmaßnahmen zur Rehabilitation der Körperversehrten der beiden Weltkriege liegt darin, daß es sich dort um die Wiedereingliederung Erwachsener handelte, während hier Kinder und Jugendliche neu in die Gesellschaft
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eingeführt werden müssen. Die Bemühungen nicht nur um Anpassung an Vorhandenes, sondern gleichzeitig auch um Schaffung neuer Umweltbedingungen sind hier noch stärker zu berücksichtigen als bei der Eingliederung erwachsener Versehrter in die Gesellschaft.
All diese mannigfaltigen Aufgaben und Hilfen für behinderte Kinder und ihre Eingliederung in ein ihnen gemäßes gesellschaftliches Leben sind von einer im vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehenen nationalen Stiftung „Hilfswerk für das behinderte Kind" anzuregen, zu koordinieren oder selbst zu leisten. Die Form einer Stiftung ermöglicht es, staatliche und private Initiativen in einem Höchstmaß zu entwickeln. Der Ort der Stiftung im Rechtssystem ist dabei stärker vom öffentlichen als vom privaten Recht geprägt. Im Steuerrecht ist ein besonderes staatliches Werturteil über die Stiftung abgegeben.
In Teil 2 des Gesetzentwurfes ist als eine Aufgabe der Stiftung die Hilfeleistung für die sogenannten Contergan-Kinder vorgesehen. Es ist begrüßenswert, daß die Treuhänder der privatrechtlichen Übereinkunft zwischen der Firma Chemie-Grünenthal und den Geschädigtenvertretern ihr grundsätzliches Einverständnis zur Einbringung des zur Verfügung gestellten Kapitals in die Stiftung gegeben haben. Dies ist ein gutes Omen für eine weitere fruchtbare Zusammenarbeit zwischen staatlicher und privater Initiative in diesem Bereich. Wir versichern, daß die Stiftung zusätzliche Vorteile für Contergan-Kinder bringen wird und gleichzeitig dem Ziel dienen wird, I allen behinderten Kindern zu helfen.
Meine Damen und Herren, diese Stiftung muß als Modellfall für den gesamten Behindertenbereich angesehen werden. Fehler, die gemacht werden, werden schwer wiegen, weil ihre Folgen sich erst nach Jahren herausstellen. Andererseits wird alles, was richtig formuliert wird, weit über den Bereich dieser Stiftung hinaus gültig werden, nicht zuletzt deshalb, weil ein solcher „Fall Contergan", der zufällig im Jahre 1961 in der Bundesrepublik auftrat, sich künftig in jedem forschungtreibenden Land dieser Welt leider wiederholen könnte, hoffentlich nicht im gleichen Ausmaß. Der Fall Contergan hat gezeigt, wie gefährlich die Furt ist, durch die die Fahrt auch der Medizin zu neuen Ufern geht.
Die Ausschußberatungen über den vorliegenden Gesetzentwurf werden sich mit vielen Problemen zu beschäftigen haben. So wird zu prüfen sein, in welcher Weise eine optimale Koordinierung aller schon bestehenden gesetzlichen Hilfsmaßnahmen mit der Stiftung gewährleistet werden kann, wie z. B. des Bundessozialhilfegesetzes oder, wie Herr Kollege Burger ausgeführt hat, des Arbeitsförderungsgesetzes oder der Schulgesetzgebungen der Länder und anderer Gesetze. Man wird diskutieren müssen, in welchem Verhältnis die Kapitalausschüttung und die Rentenregelung für die Contergan-Kinder am sinnvollsten sein werden.
Der Ausschuß wird zu überlegen haben, ob er schon Empfehlungen für die Aufstellung der Satzung und der Richtlinien geben will. Ein wesentliches Problem wird es auch sein, die in dem Gesetzentwurf ausgesprochene Hoffnung zu realisieren, weitere Kapitalgeber an der Stiftung interessieren zu können.
Ich halte in diesem Zusammenhang auch den Dialog zwischen dem Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit, der pharmazeutischen Industrie und allen Betroffenen insgesamt hier für sehr nützlich, eventuell auch in Form eines Hearings. Innerhalb der vom Gesetz geforderten Hilfsmaßnahmen könnten die Ausschußberatungen auch Anregungen geben zur Formulierung von Forschungsaufträgen, z. B. zur Entwicklung neuer orthopädisch-technischer Hilfen, auch städteplanerischer und architektonischer Richtlinien zur Verbesserung der Umweltsituation der Behinderten und zur Planung beschützender Werkstätten.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich mit der allgemeinen Bemerkung schließen, daß der Wert eines Staates und einer Gesellschaft sich künftig nicht zuletzt darin zeigt, in welchem Maße sie bereit sind, ihren Behinderten Hilfe zu leisten.
Wir werden nur dann zur Lösung der anstehenden Problem beitragen können, wenn es gelingt, Forderungen und Anstrengungen aller Beteiligten zusammenzufassen und gemeinsam tätig zu werden. Bundesregierung und Parlament wissen sich hier in Übereinstimmung mit der großen Mehrheit der Öffentlichkeit in der Bundesrepublik; denn es handelt sich hierbei um eine Gemeinschaftsaufgabe ersten Ranges.
Die Fraktion der SPD begrüßt diese Initiative der Bundesregierung und bittet um Überweisung an die Ausschüsse gemäß dem Vorschlag des Ältestenrates.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Krall. — Sie verzichten? Danke schön.Meine Damen und Herren, damit kommen wir zur Überweisung an die Ausschüsse. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor Überweisung an den Ausschuß für Jugend, Familie, und Gesundheit als federführenden Ausschuß, an den Rechtsausschuß sowie an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung als mitberatende Ausschüsse und an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung. — Änderungsvorschläge werden nicht gemacht. Es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ersten Gesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung
— Drucksache VI/760 —Das Wort wird dazu nicht gewünscht.Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit als federführendem Ausschuß, dem Ausschuß für
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3208 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 16. Juni 1970
Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenBildung und Wissenschaft als mitberatendem Ausschuß sowie dem Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu überweisen. — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:Erste Beratung des von den Abgeordneten Krammig, Brück, Porzner, Dr. Slotta, Frau Funcke und den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964- Drucksache VI/908 —Das Wort wird nicht gewünscht.Der Überweisungsvorschlag des Ältestenrates geht dahin, den Gesetzentwurf dem Finanzausschuß als federführendem Ausschuß, dem Ausschuß für Wirtschaft als mitberatendem Ausschuß und dem Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu überweisen. — Das Haus ist einverstanden; es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Zollkontingent für feste Brennstoffe 1971, 1972, 1973, 1974 und 1975- Drucksache VI/933 Das Wort wird nicht gewünscht.Der Ältestenrat schlägt die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Wirtschaft vor.— Es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1970
— Drucksache VI/912 —Das Wort wird nicht gewünscht.Der Vorschlag des Ältestenrates lautet, den Gesetzentwurf dem Ausschuß für Wirtschaft als federführendem Ausschuß sowie dem Haushaltsauschuß als mitberatendem Ausschuß zu überweisen. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. November 1969 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Französischen Republik über die steuerliche Behandlung von Straßenfahrzeugen im internationalen VerkehrDrucksache 1/1/927Das Wort wird nicht gewünscht.Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf dem Finanzausschuß als federführendem Ausschuß sowie dem Ausschuß für Verkehr und für das Post-und Fernmeldewesen als mitberatendem Ausschuß zu überweisen. — Das Haus beschließt entsprechend.Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 18. November 1969 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über die steuerliche Behandlung von Kraftfahrzeugen im grenzüberschreitenden Verkehr— Drucksache VI/928 —Das Wort wird nicht gewünscht.Nach dem Überweisungsvorschlag des Altestenrates soll der Gesetzentwurf dem Finanzausschuß als federführendem Ausschuß sowie dem Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen als mitberatendem Ausschuß überwiesen werden. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 15. November 1968 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bolivien über den Luftverkehr— Drucksache VI/935 —Das Wort wird nicht gewünscht.Der Überweisungsvorschlag des Altestenrates lautet: Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen. — Es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Statistik der Straßen in den Gemeinden 1971— Drucksache VI/937 —Das Wort wird nicht gewünscht.Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen als federführendem Ausschuß sowie dem Innenausschuß als mitberatendem Ausschuß zu überweisen. — Das Haus ist einverstanden; es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes— Drucksache VI/936 —Das Wort wird nicht gewünscht.Nach dem Vorschlag des Ältestenrates soll der Gesetzentwurf dem Verteidigungsausschuß als federführendem Ausschuß, dem Innenausschuß als mitberatendem Ausschuß und dem Haushaltsaus-
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 16. Juni 1970 3209
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausenschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung überwiesen werden. — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes— Drucksache VI/938Das Wort wird nicht gewünscht.Der Überweisungsvorschlag des Ältestenrates geht dahin, den Gesetzentwurf dem Verteidigungsausschuß sowie dem Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu überweisen. — Das Haus ist einverstanden; es ist so bechlossen.Meine Damen und Herren, ich rufe nunmehr Punkt 14 der heutigen Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Rechtspflegergesetzes— Drucksache VI/289 —Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses
— Drucksache VI/874 —
Abgeordneter Dr. Arndt
Wünschen die Herren Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall.Wir kommen zunächst zur zweiten Beratung. Ich rufe auf Art. 1, — Art. 1 a, — Art. 1 b, — Art. 2,— Art. 3, — Einleitung und Überschrift. — Ich stelledie Zustimmung fest.Wir treten in diedritte Beratungein. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer demGesetz in dritter Beratung zustimmen will, den bitteich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? — Das Gesetz ist einstimmig angenommen.Der Ausschuß beantragt ferner, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. — Es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 15 der Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung bewertungsrechtlicher Vorschriften und des Einkommensteuergesetzes— Drucksachen VI/244, VI/491 —Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses
— Drucksache VI/914 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Weber
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob das Wort gewünscht wird. — Das Wort wird nicht gewünscht.Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe Art. 1, 2, 3, 4, 5, 6, Einleitung und Überschrift auf. — Ich stelle Zustimmung fest.Wir kommen zurdritten Beratung.Änderungsanträge liegen nicht vor. Wer dem Gesetz in dritter Beratung zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe. — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Zustimmung fest.Damit stehen wir am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Plenarsitzung des Deutschen Bundestages für Mittwoch, 17. Juni 1970, 9. Uhr, ein.Die Sitzung ist geschlossen.