Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet. Vor Eintritt in die Tagesordnung gratuliere ich dem Herrn Kollegen Dr. Krone zu seinem heutigen 72. Geburtstag.
Dann, meine Damen und Herren, möchte ich ein Versäumnis nachholen. Als unser früherer Kollege Hans Lenz aus dem Bundestag ausschied, tat er das, was ich ihm nachfühlen kann, nur höchst ungern und unter dem Eindruck einer schweren Krankheit, mit der er sich schon jahrelang herumquälte. Er hat mir einen so noblen Abschiedsbrief geschrieben, daß ich ihm geantwortet habe:
Ich möchte Ihnen den Dank des Hauses für Ihre treue Mitarbeit aussprechen und werde das in der nächsten Sitzung auch öffentlich tun.
Das ist durch eine Erkrankung meiner eigenen Person dann unterblieben. Ich möchte das hiermit feierlich nachgeholt haben.
Dann möchte ich noch sagen, daß nach einer Vereinbarung im Ältestenrat am 29. November 1967 die heutige Tagesordnung ergänzt werden soll um die Ihnen in der vorliegenden Liste bezeichneten Vorlagen. Das Haus ist einverstanden. Die Erweiterung der Tagesordnung ist damit beschlossen.
Im übrigen, meine Damen und Herren, muß ich nachher noch einige Bemerkungen machen. Ich muß dem Hause noch mitteilen, daß wir uns im Ältestenrat auf einen neuen Sitzungsturnus geeinigt haben und daß ich noch einige Bemerkungen zur Handhabung der Geschäftsordnung machen muß. Ich glaube aber, es ist zweckmäßiger, wir machen das nach der Beendigung der Fragestunde.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde
— Drucksachen V/2299, zu V/2299, V/2323 —
Trifft es zu, daß die Bundesregierung auch nach der neuerlichen Zurückweisung des Beitrittsverlangens Großbritanniens in die EWG durch den französischen Staatspräsidenten weiterhin an der Auffassung festhält, es müßten nunmehr alle denkbaren Lösungsmöglichkeiten geprüft werden?
Schließt die Bundesregierung auch eine etwaige Assoziierung Großbritanniens in den Katalog aller denkbaren Lösungsmöglichkeiten ein?
Ist die Bundesregierung sich der Tatsache bewußt, daß eine Assoziierung bisher grundsätzlich nur den Staaten vorbehalten war, denen es völkerrechtliche Verpflichtungen oder mangelnde wirtschaftliche Entwicklung versagten, eine Vollmitgliedschaft in einer sich stufenweise integrierenden Wirtschaftsgemeinschaft anzustreben?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich beantworte die drei Fragen zusammen. Die Bundesregierung hat von der Erklärung des französischen Staatspräsidenten vor der Presse am 27. November Kenntnis genommen. Die Haltung der Bundesregierung zu dem Beitritt Großbritanniens ist bekannt und unverändert. Auf die Anträge Großbritanniens auf Beitritt zu den drei europäischen Gemeinschaften ist das in Art. 237 des EWG-Vertrags vorgesehene Verfahren eingeleitet worden. Daher prüft der Rat der europäischen Gemeinschaften zur Zeit ausschließlich die mit einem Beitritt Großbritanniens verbundenen Probleme. Die Bundesregierung hat deshalb bisher andere Lösungsmöglichkeiten als den Beitritt nicht geprüft.
Großbritannien hat eine Assoziierung nicht beantragt. Es ist in der Gemeinschaft nicht üblich, auf einen eindeutigen Antrag auf Beitritt mit dem Gegenvorschlag einer Assoziierung zu reagieren. Überlegungen der Bundesregierung über andere Lösungsmöglichkeiten wären daher verfrüht. Der die Assoziierung mit der EWG regelnde Art. 238 des Vertrags regelt die in der Anfrage aufgezeigten Voraussetzungen für eine Assoziierung nicht. Somit ist auch grundsätzlich der Kreis der für eine Assoziierung in Frage kommenden Staaten durch den Vertrag nicht beschränkt.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie erwähnten, die Bundesregierung halte eine Überlegung über andere Lösungsmöglichkeiten für verfrüht. Schließt das ein, daß nach der derzeitigen
7008 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967
Dr. Schulz
Lage der Dinge die Bundesregierung solche Möglichkeiten sieht?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich habe Ihre Frage zum Schluß akustisch nicht ganz verstanden.
Schließt das ein — wenn die Dinge bis jetzt noch nicht geprüft sind —, daß in einem künftigen Stadium die Bundesregierung irgendwelche Kompromißmöglichkeiten sieht?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das wird das Ergebnis der Prüfung sein, Herr Kollege Schulz. Das kann ich schlecht vorwegnehmen.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Auffassung — das schließt kein Werturteil ein, sondern ist nur eine sachliche Feststellung —, daß die Stellungnahme des französischen Staatspräsidenten in seiner letzten Pressekonferenz durch eine wünschenswerte Klarheit und Eindeutigkeit gekennzeichnet war und daß daraus zu schließen ist, daß er den Beitritt Großbritanniens nicht wünscht und auch keine Beitrittsverhandlungen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Man wird die Erklärung des französischen Staatspräsidenten als eine eindeutige Haltung insofern ansehen müssen, als er im gegenwärtigen Zeitpunkt — im gegenwärtigen Zeitpunkt! — den Beitritt für nicht möglich hält. Ich glaube, daß darüber hinausgehende allzu negative Interpretationen für die weiteren Bemühungen, zu sachlichen Verhandlungen über das Beitrittsgesuch Großbritanniens zu kommen, nicht hilfreich sein würden.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist es aber nicht notwendig, um praktische Schwierigkeiten klar ins Auge zu fassen mit dem Willen, sie zu lösen, daß sobald wie möglich in sachliche Verhandlungen in aller Nüchternheit Zug um Zug und Position um Position eingetreten wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Entschuldigen Sie, ich habe die letzten Worte Ihrer Frage wieder akustisch nicht verstanden, Herr Schulz.
Herr Staatssekretär, würde diese Überlegung, die Sie soeben vorgetragen haben, nicht einschließen, daß man, um Klarheit über den Verhandlungsgegenstand und auch über seine Schwierigkeiten zu gewinnen, Zug um Zug und Position um Position in konkrete Verhandlungen eintritt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das strebt die Bundesregierung an.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie sich der Tatsache bewußt, daß in dem zweifellos gegebenen und von den Völkern mit Unruhe registrierten Dilemma des Augenblicks im internationalen Konzert der Sechs oder der Fünf gegen einen — oder wie immer Sie die arithmetischen Verhältnisse bestimmen wollen — die Öffentlichkeit weit über unsere Grenzen hinaus erwartet, daß die Position der Bundesregierung in dieser Frage klarer und entschiedener zum Ausdruck kommt, als das bisher der Fall gewesen ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es mag sicherlich sehr vielfältige, möglicherweise auch temperament-bedingte Erwartungen geben. Die Bundesregierung hat keine Gelegenheit ausgelassen, unmißverständlich und klar zu sagen, was ihre Absicht und ihre Entscheidung in dieser Frage ist. Sie ist für die Aufnahme von Verhandlungen und damit für den Beitritt Großbritanniens. Das ist ihre Entscheidung; der gibt sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit nach außen hin unmißverständlich Ausdruck. Ich glaube, mehr sollte der Bundesregierung in diesem Zusammenhang nicht abgefordert werden.
Eine fünfte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist sich die Bundesregierung darüber im klaren, daß nach den ermittelbaren Möglichkeiten in demokratischen Staaten die überwiegende Mehrheit der öffentlichen Meinung der Völker Europas den Beitritt Großbritanniens wünscht und daß sich daraus für die Volksvertretungen und für die demokratischen Regierungen Verpflichtungen ergeben, die in der gegenwärtigen Situation weit über Bekundungen von Grundsatzerklärungen und Grundsatzabsichten hinausgehen müssen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Schulz, ich empfinde eine solche Frage nicht als hilfreich. Die Bundesregierung hat sich in gar keiner Situation auf Bekundung von Grundsatzerklärungen beschränkt, sondern sie hat dort, wo es notwendig ist, nämlich insbesondere in den Beratungen des europäischen Ministerrats und seiner sonstigen Gremien, klar und präzise gesagt, was sie will.
Das ist die letzte Zusatzfrage.
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967 7009
Das ist die letzte, Herr Präsident.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ja, da werden wir die Geschäftsordnung auch noch einmal ändern. Es gibt nämlich auch noch einige andere Kollegen, die dazu Fragen zu stellen wünschen. Also die letzte Frage des Fragestellers.
— Es gibt noch andere, die auch eine Frage dazu stellen möchten. — Aber bitte sehr, letzte Zusatzfrage!
Herr Präsident, ich darf nach den bisherigen Voraussetzungen der Geschäftsordnung auf der letzten Zusatzfrage bestehen.
Das ist Ihr Recht!
Herr Staatssekretär, meinen Sie nicht, daß die durch das Ergebnis der Pressekonferenz des französischen Staatspräsidenten am 27. November geschaffene neue Lage ein weit stärkeres Höchstmaß an Klarheit und Eindeutigkeit im Lager der Fünf erfordert, als es die bisherige Runde der Vordiskussionen erforderlich gemacht hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich glaube nicht, daß die bisherige Haltung der übrigen Beteiligten an den Europäischen Gemeinschaften es an der notwendigen Klarheit hat fehlen lassen. Die Frage ist doch, ob man die Auseinandersetzung nun ebenfalls in solcher Form in der Öffentlichkeit führen soll, ob man hier einen gleichen Stil anwenden soll, ob man das als hilfreich ansehen kann oder ob man sich mit Ruhe und Überlegung und mit der festen Absicht, zu Ergebnissen zu kommen, in den Gremien um eine Lösung bemüht, in denen allein eine Lösung gefunden werden kann. Ich glaube nicht, daß eine öffentliche Diskussion, in der Weise aufgegriffen, wie Sie das in Ihrer Frage jetzt zum Ausdruck bringen, uns helfen würde, der Lösung näherzukommen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Moersch.
Herr Staatssekretär, ist die merkwürdig diffuse Art der Bundesregierung, auf die Pressekonferenz des Staatspräsidenten de Gaulle zu antworten, nicht in erster Linie darauf zurückzuführen, daß starke Kräfte innerhalb der Bundesregierung eine etwas klarere Stellungnahme verhindert haben?
Einen Augenblick, Herr Staatssekretär, Sie brauchen diese Frage deshalb nicht zu beantworten, weil sie eine
Wertung enthält, die nach der Geschäftsordnung nicht zugelassen ist.
Zwei Vokabeln, Herr Kollege Moersch, müssen Sie streichen; dann ist die Frage zugelassen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich möchte mir das Vergnügen, diese Frage zu beantworten, nicht entgehen lassen, Herr Präsident.
Bitte sehr!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Mir sind solche Kräfte nicht bekannt, Herr Moersch.
Hängt ,das damit zusammen, daß Sie nicht genügend informiert sind, Herr Staatssekretär?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Moersch, jetzt würde ich fast sagen, der Herr Präsident möge entscheiden, ob diese Frage zugelassen ist.
Ja, die Frage ist zugelassen, Herr Staatssekretär.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Sehr schön! —Ich kann Sie aber trösten: das ist nicht eine Frage mangelnder Information, sondern das Ergebnis genauen Wissens.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Mommer.
Herr Staatssekretär, wie wird sich die Bundesregierung verhalten, wenn Italien und die Benelux-Staaten der Bundesregierung vorschlagen, durch gemeinsames Vorgehen die Politik des französischen Staatschefs zu durchkreuzen, die darauf ausgeht, neun Länder daran zu hindern, in einer größeren europäischen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 'beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich bin mir nicht ganz sicher, Herr Kollege Mommer, ob Vorstellungen, die in der Weise formuliert werden, daß eine Politik des Durchkreuzens angestrebt werden müsse, in dieser Auseinandersetzung hilfreich sind. Bekanntlich kommt es darauf an, daß im Bereich der Europäischen Gemeinschaft, d. h. also unter den Sechs, Einigung erzielt wird. Einigung können Sie aber nicht dadurch erreichen, daß Sie etwas durchkreuzen. Sie müssen vielmehr versuchen, zu dieser Einigung zu gelangen und dazu alle erforderlichen Anstrengungen zu unternehmen. Das wird die Bundesregierung tun.
7010 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie sich bewußt, in welch schwieriger Lage sich die Bundesregierung in diesem Hause befinden würde, wenn etwa in einer Verfahrensabstimmung über die Eröffnung der eigentlichen Verhandlungen mit Großbritannien die Bundesregierung mit einem Abstimmungsverhältnis 4 zu 2 nach Hause käme?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung wird nach alledem, was ich hier zum Ausdruck gebracht habe, Herr Kollege Mommer, unverändert an ihrer Haltung festhalten, sich nicht nur in Grundsatzerklärungen für den Beitritt Großbritanniens auszusprechen, sondern die notwendigen Entscheidungen auch in den europäischen Gremien zu treffen.
Das bedeutet doch auch, daß eine solche hypothetische Situation, wie Sie sie hier beschreiben, kaum würde eintreten können.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Borm.
Herr Staatssekretär, sehen Sie eine Möglichkeit, dien offenbar bestehenden Antagonismus zu beseitigen, der darin besteht, daß man einesteils von Großbritannien verlangt, seine Wirtschaft in Ordnung zu bringen, daß man es aber andererseits im unklaren darüber läßt, ob es später in die EWG aufgenommen wird oder nicht. Das ist doch eine Grundlage, die Großbritannien kennen muß, wenn die Wirtschaft in Ordnung gebracht werden soll.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Deshalb meint die Bundesregierung ja auch, daß es notwendig ist, mit Großbritannien in Gespräche und Verhandlungen einzutreten.
Zweite Zusatzfrage.
Darf ich daraus schließen, daß die Politik der Bundesregierung darauf gerichtet ist, das möglichst bald durchzusetzen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Borm, das brauchen Sie gar nicht zu schließen.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller-Hermann.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Meinung, daß angesichts der im Grundsatz völlig klaren und eindeutigen Haltung der Bundesregierung das weitere richtige taktische Vorgehen besser im Auswärtigen Ausschuß als im Plenum des Bundestages behandelt wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich möchte hier keine Zensuren verteilen, Herr Kollege Müller-Hermann.
Das Recht des Hauses, solche Fragen aufzugreifen und hier auch in der Fragestunde zu behandeln, kann und will die Bundesregierung nicht bestreiten. Natürlich kann es gewisse Phasen und gewisse Überlegungen geben, deren Erörterung im Ausschuß hilfreicher wäre als im Plenum des Bundestages.
— Nein, Herr Kollege Moersch, nicht für die Bundesregierung, sondern für die Sache. Nur darum geht es. Ich bin sicher, daß die Kollegen, die diese Fragen hier aufgeworfen haben, das auch wissen und Verständnis dafür hätten, wenn ich sie bitten müßte, die eine oder andere Frage nicht hier zu erörtern.
Ich lasse alle Zusatzfragen in dieser Sache zu, in der Hoffnung, daß wir dann auch noch zu einigen anderen Ressorts kommen. Ich habe diese Frage als Dringlichkeitsfrage zugelassen, weil es sich natürlich um eine Sache von eminenter Bedeutung und von großem öffentlichen Interesse handelt.
Aber, Herr Staatssekretär, im Blick auf Ihre letzte Bemerkung muß ich daran erinnern, daß es natürlich völlig in der Hand der Bundesregierung ist, Fragen auch einmal nicht zu beantworten, wenn sie das aus übergeordneten zwingenden Gründen für richtig hält; dann wird dieses Haus respektieren, wenn eine Frage nicht beantwortet wird. Aber es muß ,das Recht des Hauses sein, Fragen zu stellen. Also jetzt Zusatzfragen!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung ist sich dieses Rechts durchaus bewußt. Aber ich lege doch Wert auf die Feststellung: sie selber wünscht von diesem Recht höchst sparsam Gebrauch zu machen.
Das ist sehr schön;
aber es kann ja sein, daß übergeordnete staatliche
Interessen sie dazu zwingen, dem Haus auch einmal
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967 7011
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
eine Antwort zu verweigern, und dann wird dieses Haus, ohne wehleidig zu sein, das hinnehmen.
Aber jetzt Herr Kollege Apel zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß es nach der völlig eindeutigen Erklärung des Staatspräsidenten de Gaulle vor dem üblichen mittelalterlichen Dekor an der Zeit ist, daß auch die Bundesregierung die Grundlinien der Europapolitik, die sie zu verfolgen gedenkt, 'darlegt und daß hier der Ort dafür ist; nicht unbedingt jetzt in der Fragestunde, aber daß in absehbarer Zeit auch hier eine Erklärung zu diesen Fragen abgegeben werden muß?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Apel, das ist ja erst vor wenigen Wochen — ich habe das Datum im Moment nicht im Kopf, es war wohl Mitte Oktober — hier eindeutig geschehen. Sollte in den nächsten Wochen eine Situation entstehen, die der Bundesregierung Anlaß gibt, vor das Haus zu treten und ihre Auffassung erneut darzulegen, wird sie davon sicher Gebrauch machen.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Meinung, daß die Zeiten der Seelenmassage vorbei sind und daß nach der deutlichen Äußerung des Staatspräsidenten eine ebenso deutliche und klare Äußerung der Bundesregierung vonnöten ist, und zwar jetzt und nicht in einigen Wochen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Apel, ich habe einige Schwierigkeiten, jetzt klar zu verstehen, was Sie unter „Seelenmassage" verstehen.
Entschuldigen Sie, ich habe etwas 'den Eindruck, daß, wenn die Forderung erhoben wird, es solle nun in gleicher Weise hier reagiert werden, damit so eine Art Seelenmassage verbunden ist.
Die Bundesregierung hat doch in dieser Frage präzise und klar — innerhalb der europäischen Gremien, vor diesem Hause und an anderen Orten — gesagt, was sie will. Werden die Dinge dadurch glaubhafter und überzeugender, daß man das nun permanent wiederholt und ständig Gelegenheiten sucht, in neuer Form gleicherweise Treuebekenntnisse zur eigenen Sache abzugeben? Ich glaube das nicht.
Keine weiteren Zusatzfragen. Ich komme zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Frage Nr. 6, Herr Abgeordneter Borm:
Wie hoch sind die veranschlagten Kosten für die Werbebeilage zum einjährigen Bestehen der neuen Regierung?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Bundeskanzleramtes.
Ich darf die Frage des Herrn Abgeordneten Borm wie folgt beantworten:
Die Zeitungsbeilage zum einjährigen Bestehen der jetzigen Bundesregierung wird Gesamtkosten in Höhe von etwa 1,2 Millionen DM verursachen. Genaue Zahlen können erst nach Vorliegen der Schlußabrechnung genannt werden.
Herr Abgeordneter Moersch, Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, glauben Sie, daß Aufwand und Ertrag bei dieser Art der Werbung in einem guten Verhältnis stehen?
Ich bin der Meinung, daß es so ist.
— Das ist eine Feststellung und keine Frage.
Ich rufe dann die Frage 7 des Abgeordneten Freiherr von Gemmingen auf:
Darf aus der wiederholten Versendung von gedruckten Proto- ' kollen des Kuratoriums Unteilbares Deutschland durch den Neuen Vorwärts-Verlag Nau & Co. geschlossen werden, daß neuerdings eine regelmäßige Geschäftsbezviehung zwischen dem Kuratorium und seinen Geldgebern auf der einen und der Druckerei Neuer Vorwärts-Verlag Nau & Co. auf der anderen Seite besteht?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Ich darf die Frage des Herrn Kollegen Freiherr von Gemmingen wie folgt beantworten: Nein, dieser Schluß kann nicht gezogen werden.
Es folgt die Frage 8 des Abgeordneten Moersch:
Was hat die Bundesregierung veranlaßt, die Steyler-Mission mit der Herausgabe eines Bildbandes „Die deutsche Bundesregierung" zu beauftragen und diesen Bildband dann zu vernichten?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Ich beantworte die Frage des Herrn Abgeordneten Moersch wie folgt: Die Steyler-Mission hat im Frühjahr dieses Jahres dem Presse- und Informationsamt den Vorschlag gemacht, von einem von ihr herauszugebenden Bildband über die Bundesregierung 500 Exemplare aufzukaufen. Das Presse- und Informationsamt hat sich am 13. September 1967 hierzu bereit erklärt.
Von einer Vernichtung des Bildbandes kann keine Rede sein. Das Presse- und Informationsamt hat die
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Parl. Staatssekretär Freiherr von und zu Guttenberg Steyler-Mission am 16. November dieses Jahres gebeten, von der vereinbarungsgemäß mit dem Presse- und Informationsamt abzusprechenden Verteilung vorerst abzusehen. Es sind vor einer Entscheidung über Ankauf und Verteilung Sachverhalts- und Rechtsfragen zu klären.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Moersch.
Herr Staatssekretär, besteht dieser zu klärende Sachverhalt u. a. darin, daß dem Bundesminister der Verteidigung der Beitrag, der über ihn in dem Bildband steht, im Gegensatz zu allen anderen Bundesministern nicht zur Korrektur vorgelegt worden war und daß nun in diesem Porträt des Bundesministers der Verteidigung Dinge enthalten sind, die nicht den Beifall des Herrn Ministers gefunden haben — vielleicht aber seiner Kabinettskollegen?
Es handelt sich in der Tat darum, daß der Text des abgedruckten Lebenslaufs des Herrn Bundesministers der Verteidigung der Anlaß dieser Auseinandersetzung ist. Es ist das Recht eines jeden Ministers, den ihn betreffenden Text eines Lebenslaufes, der in einer vom Presse- und Informationsamt mitfinanzierten Publikation veröffentlicht werden soll, vorher zu sehen und eventuell zu korrigieren. Der Herr Bundesminister der Verteidigung hat seinen Lebenslauf vor Drucklegung und Fertigstellung des Bandes nicht gesehen und hat sich — und dies ist die Antwort auf den letzten Teil Ihrer Frage — deshalb dazu auch nicht geäußert.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Moersch.
Herr Staatssekretär, wer ist für die Unkorrektheit verantwortlich, daß ausgerechnet dem Bundesminister der Verteidigung diese Korrektur nicht vorgelegt worden war?
Eben um diese Frage handelt es sich, wenn ich vorhin sagte, daß noch Sachverhaltsfragen zu klären sind.
Das möchten wir hinnehmen.
Dies war eine Feststellung und keine Frage.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 9 des Abgeordneten Borm auf:
Teilt die Bundesregierung die kürzlich vom Berlin-Beauftragten des Bundeskanzlers, Ernst Lemmer, geäußerte Ansicht, er halte ein Beharren auf dem Alleinvertretungsanspruch für falsch?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Zur Frage des Herrn Abgeordneten Borm darf ich folgendes sagen: Der Berlin-Beauftragte des Bundeskanzlers, der Herr Abgeordnete Ernst Lemmer, hat nicht behauptet, er halte das Beharren der Bundesregierung auf dem Alleinvertretungsanspruch für falsch. Er hat vielmehr auf eine diesbezügliche Frage geantwortet, daß der Begriff „Alleinvertretungsanspruch" nach seiner Ansicht nicht gut gewählt sei und daß er es für besser halte, das Selbstbestimmungsrecht für alle Deutschen zu verlangen. Der Herr Abgeordnete Lemmer befindet sich mit dieser Meinung in Übereinstimmung mit dem Herrn Bundeskanzler, der am 18. November dieses Jahres in Berlin sagte — ich zitiere —:
Unser Rechtsstandpunkt — Alleinvertretungsrecht. Wir nehmen das Wort nicht mehr oft in den Mund. Aber es bleibt dabei: Solange die anderen drüben nicht frei reden und handeln können, müssen wir es für sie tun.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Borm.
Herr Staatssekretär, würden Sie auf die Angelegenheit zurückkommen, wenn ich Ihnen eine Gegendarstellung unter Angabe von Zeugen über den Vorfall geben würde?
Ich habe dem, was ich gesagt habe, nichts hinzuzusetzen. Meine Äußerung beruht auf dem, was Herr Abgeordneter Lemmer mir erklärt hat.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Lemmer.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Meinung, daß der -Weg sehr kompliziert ist, wenn ein Berliner Abgeordneter hier an die Regierungsbank eine Frage richtet, statt sich kurzerhand mit mir telefonisch in Berlin zu unterhalten?
Ich bin der Meinung, daß der von Ihnen vorgeschlagene Weg wahrscheinlich der einfachere gewesen wäre.
Der Herr Abgeordnete Lemmer steht nach dem Verständnis des Präsidenten des Hauses hier nicht zur Debatte, sondern zur Debatte steht der Berlin-Beauftragte des Bundeskanzlers. Nur deshalb habe ich die Frage zugelassen. Wir lassen nach der ständigen Übung des Hauses das sogenannte Dreieckschießen nicht zu, d. h. daß Abgeordnete gegen Abgeordnete über die Regierung gegeneinandergehen. Sie müssen direkt gegeneinandergehen, und dazu ist ja im Zweifelsfalle das Rednerpult des Hauses da. Hier steht aber wirklich die Frage zur Debatte, was der Berlin-Beauftragte des Bundeskanzlers verlautet hat.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Genscher.
Nach Ihrer .dankenswerten Stellungnahme, Herr Präsident, erübrigt sich meine Zusatzfrage.
Ich rufe die Fragen 38 und 39 des Herrn Abgeordneten Dr. Tamblé auf:
In welchem Umfang hatte das Land Schleswig-Holstein Anteil an den beiden Investitionshaushalten dieses Jahres?
Welche Schwerpunktprogramme sind mit den Mitteln der Investitionshaushalte in Schleswig-Holstein gefördert worden?
Die Fragen werden mit Zustimmung des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort des Bundesministers Dr. h. c. Strauß vom 29. November 1967 lautet:
1. Erstes Investitionsprogramm in Mio DM
Anteil des Landes Schleswig-Holstein am 1. Investitionshaushalt 126,8
Folgende Schwerpunktprogramme sind in Schleswig-Holstein mit den Mitteln des 1. Investitionshaushalts gefördert worden:
Deutsche Bundesbahn 6,5
Bundesfernstraßenbau 14,5
Deutsche Bundespost 5,8
Verteidigungshaushalt 30,0
Sozialer Wohnungsbau 9,4
Landwirtschaft, insbes. Landkulturbau 29,8
Bundeswasserstraßenbau 26,8
Hochbaumaßnahmen des Bundes 1,5
Bau von Studentenwohnheimen 2,5
2. Zweites Investitionsprogramm
in Mio DM
Anteil des Landes Schleswig-Holstein am 2. Investitionsprogramm 157,6
davon Bindungsermächtigungen 55,3
Folgende Schwerpunktprogramme 'werden in Schleswig-Holstein mit den Bundesmitteln des 2. Investitionsprogramms gefördert:
in Mio DM
Turn- und Sportstätten, Beschaffung von Seefahrzeugen für den Bundesgrenzschutz 6,0
Landwirtschaft 9,9
Kapitalabfindungen Kriegsopferversorgung 2,4
Verkehr 5,2
Verteidigungshaushalt 22,5
Schulbauten in Grenzgebieten 1,8
Wissenschaftliche Forschung 1,0
Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätten 1,8
Regionale Hilfsmaßnahmen zur Steigerung der
Wirtschaftskraft 6,2
Sonstige im Rahmen des 850 Mio DM-Programms 1,2
Wohnungsbau 14,0
Finanzierungshilfen für die Verbesserung der
kommunalen Infrastruktur aus ERP-Mitteln 27,4
Umstellungs- und Rationalisierungshilfen für Unternehmen in Strukturgebieten, an denen der Bund beteiligt ist 2,9
Bindungsermächtigungen
im Rahmen des 2. Investitionsprogramms 55,3
und zwar:
Verteidigungshaushalt 15,0
Regionale Hilfsmaßnahmen zur Förderung der Wirtschaftskraft 12,4
Kapitalabfindungen Kriegsopferversorgung 1,2
Wasserbau einschl. Seezeichenbetrieb 12,7
Ausbau bestehender Hochschulen 5,0
Verbesserung der Agrarstruktur 1,0
Küstenschutz 8,0
Ich rufe die Frage 40 des Herrn Abgeordneten Mertes auf:
Wie gedenkt die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Bundesländern die Anregung von Bundesfinanzminister Strauß zu verwirklichen, daß jedes Finanzamt in der Bundesrepublik 20 Angestellte einsparen könne?
Die Frage wird von Herrn Kollegen Moersch übernommen.
Ich muß bei der Beantwortung dieser Frage davon ausgehen, daß der Herr Kollege Mertes sich auf Äußerungen von Herrn Minister Strauß im Zusammenhang mit Personaleinsparungen beim Anschluß Berliner Finanzämter an eine elektronische Datenverarbeitungsanlage bezieht. Dazu darf ich im einzelnen folgendes bemerken.
In gemeinsamen Versuchen von Bund und Ländern zur Rationalisierung der Steuerverwaltung wird z. Z. ein maschinelles Steuererhebungsverfahren unter Einsatz elektronischer Datenverarbeitungsanlagen entwickelt, bei dem die ebenfalls maschinell festgesetzte Steuerschuld automatisch zum Soll gestellt und abgerechnet werden kann. Bei der Übernahme des ersten Versuchsfinanzamtes in dieses Verfahren konnten 20 Bedienstete - das sind zirka 44 % des Kassenpersonals - zur anderweitigen Verwendung freigesetzt werden. Es darf damit gerechnet werden, daß im weiteren Verlauf des Versuchs noch einige weitere Bedienstete freigesetzt werden können. Nach Abschluß der Versuche sollen über das Ergebnis von einem aus Vertretern meines Hauses, der Finanzministerien bzw. Finanzsenatoren der Länder, der Rechnungshöfe und des Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung gebildeten Gremium ein Gutachten erstellt und den Ländern dann entsprechende Empfehlungen gegeben werden. Bei Übernahme des entwickelten Verfahrens durch die Länder würden sich entsprechende Personaleinsparungen ergeben, deren absolute Höhe aber- von der Größe der Ämter und dem bisher von ihnen angewandten Buchungsverfahren abhängig sein dürfte. Hierbei darf aber nicht übersehen werden - auch das muß man bei dieser Frage hinzusetzen - daß in anderen Dienststellen der Finanzämter zum Teil noch erheblicher Personalbedarf besteht.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 41 der Frau Abgeordneten Funcke auf:
War der Bundesregierung bewußt, daß sie mit der kurz vor Einführung der Mehrwertsteuer in Kraft gesetzten Zwölften Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1967 kurzfristig und unerwartet die Sätze für die Entlastung der Altvorräte bei den Herstellern von Tempergußfittings und den zahlreichen Sanitär- und Eisengroßhändlern und Installateuren ermäßigt hat?
Die Frage wird von Herrn Abgeordneten Dr. Staratzke übernommen.
Ich darf die Fragen der Kolllegin Frau Funcke zusammen beantworten, weil sie in einem sachlichen Zusammenhang stehen.
Dann rufe ich auch die Frage 42 der Frau Abgeordneten Funcke auf:
7014 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Ist die Bundesregierung bereit, die Zwölfte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1967 erst am 2. Januar 1968 in Kraft zu setzen, um die unerwünschte Rückwirkung auf die Entlastung der Altvorräte bei Einführung der Mehrwertsteuer zu vermeiden?
Die Gestaltung des Zolltarifs folgt zwangsläufig aus den Verträgen über die Europäischen Gemeinschaften und den darauf beruhenden Entscheidungen der Gemeinschaftsorgane. Die Zwölfte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1967 mußte auf Grund der Verpflichtungen der Bundesrepublik zur Angleichung an den Gemeinsamen Zolltarif der EWG sofort erlassen werden, weil der deutsche Zolltarif insoweit dem Recht der Gemeinschaften nicht entsprach und diese Abweichung in Gemeinschaftsgremien festgestellt worden war. Ein Ermessensspielraum — auch hinsichtlich des Zeitpunkts der Änderung — bestand nicht. Die Änderung konnte daher nicht im Hinblick auf Übergangsvorschriften des Mehrwertsteuergesetzes bis zum Jahreswechsel 1967/68 hinausgezögert werden.
Die Folgen dieser Tarifänderung auf die Entlastung der Altvorräte von der alten Umsatzsteuer sind aber bereits vom Bundesfinanzministerium im Rahmen der Umsatzsteuerbestimmungen überprüft worden. Es wird eine Regelung getroffen werden, die sicherstellt, daß für Waren aus Temperguß kein geringerer Entlastungssatz zur Anwendung kommt, als er sich aus der Rechtslage vor Inkrafttreten der Zwölften Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1967 ergab.
Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, der zweite Teil der Antwort beruhigt natürlich diese Industrie. Ich darf aber fragen, ob die Bundesregierung darüber unterrichtet ist, daß die Anpassung des Textes dieser Position 7320 des Gemeinsamen Zolltarifs der EWG zu diesem Zeitpunkt nicht nötig war, weil weder der Gemeinsame Zolltarif der EWG noch die Zolltarife der übrigen Partnerländer die durch diese Zwölfte Verordnung geschaffene Fassung bisher zeigen, so daß der Zeitpunkt etwas früh gewählt war und man auch einen Zeitpunkt im nächsten Jahr hätte wählen können.
Wir sind der Meinung, Herr Kollege, daß das, was ich vorhin ausführte, zutrifft und daß wir gezwungen waren, so zu verfahren. Im übrigen möchte ich noch darauf hinweisen, daß wir uns bemühen, noch in diesen Tagen, im Dezember, die Dinge in Ordnung zu bringen.
Ich rufe die Frage 43 des Herrn Abgeordneten Opitz auf:
Welche Gründe sind dafür maßgebend, daß — wie der Hamburger Senator Heinsen am 21. November bekanntgab — der Zeitplan für die Finanzreform nicht eingehalten und der Regierungsentwurf dem Bundestag wahrscheinlich nicht einmal bis zu den Parlamentsferien zugeleitet werden kann?
Ich darf die Frage des Herrn Kollegen Opitz wie folgt beantworten: Die Bundesregierung hat wiederholt erklärt, daß es ihr Ziel ist, die Arbeiten an der Finanzreform so zügig durchzuführen, daß die Gesetze zur Reform der Finanzverfassung noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden können. An diesem Zeitplan hat sich nichts geändert.
Ich habe vor wenigen Wochen dem Kollegen Mertes zu einer ähnlichen Frage geantwortet und habe damals darauf hingewiesen, daß das Finanzreformprogramm der Bundesregierung zur Zeit in einem Arbeitsausschuß der Bund-Länder-Arbeitsgruppe für die Finanzreform beraten wird. In diesem Arbeitsausschuß werden die Auffassungen der Länder zu den Überlegungen des Bundes zur Finanzreform soweit wie möglich abgestimmt. Das wird später sicherlich auch die Verabschiedung erleichtern. Wir hoffen nach wie vor, daß bis zum Beginn des Jahres 1968 die Beratungen in dieser Arbeitsgruppe abgeschlossen sind und die Bundesregierung dann dem Bundestag ihre Vorschläge unter- breiten kann.
Ich rufe ,die Frage 44 des Herrn Abgeordneten Dr. Schmidt auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung den soeben veröffentlichten Plan der Arbeitsgemeinschaft selbständiger Unternehmer, die Förderung der Vermögensbildung breiter Schichten durch Umwandlung eines Teils der Einkommensteuer in Staatsanleihen mit der Stärkung der Investitionsfähigkeit der Unternehmen zu verbinden?
Die Frage wird von Herrn Abgeordneten Köppler übernommen.
Bitte, Herr Staatssekretär!
Ich darf die Frage des Kollegen Schmidt wie folgt beantworten: Die Bundesregierung hält den Vorschlag der Arbeitsgemeinschaft selbständiger Unternehmer nicht für einen erfolgversprechenden Weg zur Vermögensbildung breiter Schichten und zur Stärkung der Investitionsfähigkeit der Unternehmer. Eine Förderung der Vermögensbildung breiter Schichten wird durch diesen Plan nicht erreicht, da die große Zahl der nicht Steuerbelasteten und die von der Begünstigung ausgeschlossenen Steuerzahler mit einer Einkommensteuerschuld von weniger als 100 DM nicht berücksichtigt werden und aus verwaltungsmäßigen Gründen auch nicht berücksichtigt werden könnten.
Auch dürfte die Investitionsfähigkeit der Unternehmer nicht entscheidend beeinflußt werden, weil den Unternehmern außer einer geringfügigen Verbesserung der Eigenkapitalbasis unmittelbar keine Mittel für zusätzliche Investitionen zufließen.
Schließlich muß ich noch darauf hinweisen, daß im Laufe der Jahre eine kumulierte Verschuldung des Bundes eintreten würde, deren Verzinsung und Tilgung zwangsläufig zu einer schweren, höchst bedenklichen Belastung der künftigen Haushalte von Bund und Ländern führen müßte.
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967 7015
Ich rufe die Fragen 45 und 46 des Herrn Abgeordneten Matthöfer auf:
Warum darf nach § 5 Abs. 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung ein Jubiläumsgeschenk des Arbeitgebers steuerfrei gegeben werden, wenn es anläßlich des zehnjährigen Arbeitsjubiläums, nicht jedoch, wenn es erst anläßlich des fünfzehnjährigen Arbeitsjubiläums erfolgt, obwohl doch der Arbeitnehmer dann fünf Jahre länger auf dieses Geschenk warten mußte?
Wäre es in Anbetracht der dadurch entstehenden Ungerechtigkeit nicht zweckmäßig, die in Frage 45 erwähnten Vorschriften entsprechend zu ändern?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Ich erlaube mir, die Fragen des Herrn Kollegen Matthöfer zusammen zu beantworten.
Nach dem geltenden Lohnsteuerrecht sind Jubiläumsgeschenke, die Arbeitnehmern gewährt werden, soweit sie bestimmte Beträge nicht übersteigen, nur steuerfrei, wenn sie anläßlich eines 10-, 25-, 40-, 50- oder 60jährigen Jubiläums gewährt werden. Hierbei handelt es sich um eine abschließende Regelung mit der Folge, daß Geschenke, die anläßlich einer anderen Zeitdauer der Betriebszugehörigkeit gegeben werden, nicht steuerfrei sind.
In der Vergangenheit ist wiederholt geprüft worden, ob Jubiläumsgeschenke, die anläßlich einer 15jährigen oder 20jährigen oder auch einer anderen langjährigen Betriebszugehörigkeit gewährt werden, auch steuerfrei gestellt werden sollten. Die Prüfung hat jedoch zu dem Ergebnis geführt, daß es allgemein nicht üblich ist, dem Arbeitnehmer aus Anlaß insbesondere auch einer 15jährigen Betriebszugehörigkeit Zuwendungen zu machen. Aus diesem Grunde ist bisher von einer entsprechenden Ausdehnung der Vorschrift abgesehen worden. Das Finanzministerium wird bei einer Novellierung der Vorschrift über die Steuerfreiheit von Jubiläumsgeschenken auch künftig prüfen — wie das in der Vergangenheit immer wieder geschehen ist —, ob für die Einbeziehung von Jubiläumsgeschenken anläßlich einer 15jährigen Betriebszugehörigkeit ein praktisches Bedürfnis besteht. Ein solches Bedürfnis könnte jedoch nur dann anerkannt werden, wenn die Gewährung eines Jubiläumsgeschenks anläßlich einer 15jährigen Betriebszugehörigkeit einer allgemeinen Übung entspräche.
Zusatzfrage!
Herr .Staatssekretär, finden Sie es nicht unbillig, daß jemand, der zehn Jahre in einem Betrieb beschäftigt ist und bis zu 600 DM dafür als Geschenk erhält, diesen Betrag steuerfrei bekommt, während jemand, der durch Umstände, die außerhalb seines Einflußbereichs liegen, fünf Jahre länger auf dieses Geschenk warten muß, dafür auch noch bestraft wird, indem er es nicht von der Steuer abziehen kann?
Ich habe darauf hingewiesen, Herr Kollege Matthöfer, daß es sich hier um eine allgemeine Übung handeln sollte. Wenn ein nicht in der betreffenden Person liegender Umstand vorhanden ist, der dazu führt, daß diese Person erst fünf Jahre später in den Genuß einer Zuwendung kommt, dann können wir keine Ausnahme machen, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes die Jubiläumsgeschenke nur steuerfrei sind, wenn sie in zeitlichem Zusammenhang mit dem begünstigten Jubiläum gewährt werden. Da die Vorschrift, daß 10-, 25- und sonstigjährige Jubiläen steuerfrei gestellt werden können, für uns bindend ist, können wir hier keine Ausnahme machen. Im übrigen weise ich darauf hin, daß dann natürlich auch bei anders-jährigen Jubiläen — wenn ich mich so ausdrücken darf -- Ausnahmen gemacht werden müßten, begonnen beim fünfjährigen Jubiläum.
Zweite Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, der Grund für derartige Begünstigungen liegt doch wohl darin, daß man den Arbeitnehmer, der länger an seinem Arbeitsplatz bleibt, deshalb begünstigen will, weil durch den Arbeitsplatzwechsel der Volkswirtschaft bestimmte Kosten entstehen, die man vermeiden will. Deshalb gibt man Steuerbegünstigungen und nach einer gewissen Zeit sogar Orden. Ich frage Sie: Soll denn nun der Arbeitnehmer, der noch länger als zehn Jahre an seinem Arbeitsplatz gewesen ist und zu diesem Zeitpunkt kein Jubiläumsgeschenk bekommen hat, dafür bestraft werden?
Herr Kollege Matthöfer, ich glaube, Sie gehen von falschen Voraussetzungen aus. Ich darf mir vielleicht erlauben, Ihnen vorzulesen, wie die Vorschrift, auf der die Ermächtigung der Bundesregierung beruht, lautet. Danach können besondere Zuwendungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer nach näherer Maßgabe einer Rechtsverordnung steuerfrei sein, soweit es aus sozialen Gründen oder zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens geboten erscheint, die Zuwendungen ganz oder teilweise steuerfrei zu belassen. Wenn man die Begründung nimmt, ist das etwas anders als das, was Sie vorgetragen haben.
Dritte Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, Sie sagten in Ihrer Antwort auf die vorletzte Frage, Sie seien durch eine Vorschrift gebunden. Können Sie mir sagen, wer diese Vorschrift erlassen hat, die Sie bindet?
Diese Vorschrift ist innerhalb der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung erlassen worden. Sie ist schon öfter geprüft worden. Sie war auch schon Gegenstand von Erörterungen in diesem Hause in Fragestunden, wenn ich mich recht erinnere. Man ist immer wieder zu dem Ergebnis
7016 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967
Parlamentarischer Staatssekretär Leicht
gekommen, daß speziell die Frage des 15jährigen Jubiläums, die Sie angesprochen haben, nicht in den Rahmen hineinpaßt, der für diese Verordnung Gültigkeit hat.
Letzte Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, wäre es nicht zweckmäßiger, in die Lohnsteuer-Durchführungsverordnung, die Sie selbst erlassen, eine Vorschrift aufzunehmen, die einen gewissen Zeitraum zwischen Jubiläen vorsieht, damit kein Mißbrauch getrieben werden kann, anstatt eine willkürliche Festlegung auf bestimmte Jahre zu treffen, die unter Umständen nach den Gebieten oder Industrien der Bundesrepublik vielleicht unterschiedlich sein können?
Herr Kollege Matthöfer, dann dürften wir überhaupt keine Beschränkung auf Jahre oder auf Zugehörigkeit oder auf sonstige Dinge nehmen. Das würde wahrscheinlich zu Folgerungen führen, die wir nicht vertreten können.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Gscheidle!
Herr Staatssekretär, kann der Sinn solcher Vorschriften nur damit begründet werden, zu verhindern, daß jemand durch die Festlegung solcher Jubiläumszeiten sich sozusagen willkürlich Vorteile verschafft, indem er neben dem 10jährigen Jubiläum und den weiteren Jubiläen noch andere Jahre nimmt?
Herr Kollege Gscheidle, wenn wir keine bestimmten Zahlen festlegen, die draußen in der Wirtschaft Übung geworden sind, dann können wir überhaupt keine Grenzen finden, und insofern würde dann praktisch freie Bahn geschaffen.
Herr Staatssekretär, sind Sie, nachdem Sie mir in meiner ersten Frage zugestimmt haben, nicht der Meinung, daß es unbillig ist, auf das Allgemeinübliche dann abzustellen, wenn im konkreten Einzelfall eine Betriebsregelung besagt, daß es vor dem 15. Jahr überhaupt keine Jubiläumszuwendung gibt? In diesem Falle ist doch die Jubiläumsgabe nach 15 Jahren der gleichzustellen, die üblicherweise nach dem 10jährigen Jubiläum gegeben wird.
Ich will diese Frage nochmal eingehend prüfen lassen unter Hinweis auf das, was sich heute in dieser Fragestunde abgespielt hat.
Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Frage 82 des Herrn Abgeordneten Geldner:
Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag des Deutschen Reisebüroverbandes, dem Fremdenverkehr in Deutschland vom Bund aus neue Impulse zu geben?
Zur Beantwortung der Herr Bundesverkehrsminister.
Herr Präsident, im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister für Wirtschaft beantworte ich die Frage wie folgt.
Nach der Auffassung der Bundesregierung ist es in erster Linie Sache der Unternehmen und der Verbände, eigene Initiativen zur Regelung ihrer Belange zu entwickeln. Das trifft auch auf die Verkehrs- und Wirtschaftsunternehmen aller Art innerhalb des deutschen Fremdenverkehrs zu. Wenn bei der Tagung des Deutschen Reisebüro-Verbandes in Baden-Baden von neuen Impulsen gesprochen wurde, die der deutsche Fremdenverkehr brauche, so wertet die Bundesregierung das als eine Anregung an alle am Fremdenverkehr interessierten Kreise, durch geeignete Zusammenarbeit neue Wege zu finden, um mit dem deutschen Fremdenverkehrsangebot modernen Anforderungen zu entsprechen. Soweit die Bundesregierung aus übergeordneten Gesichtspunkten dabei helfen kann, wird das gern geschehen.
Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, welche Rolle spielt der Fremdenverkehr bei der struktur-
und raumpolitischen Überlegung des Bundes?
Er spielt eine große Rolle. Ich bin der Auffassung, er muß künftig noch mehr in diese Gesichtspunkte eingeordnet werden.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, sind Sie in der Lage, mir Näheres über wesentliche Bereiche der vorgesehenen Förderungsmaßnahmen zu sagen?
Nun, es wäre sehr wichtig, wenn es in der Zukunft gelänge — ich hoffe, daß das geschieht —, daß alle mit Fremdenverkehr befaßten Institutionen, Vereinigungen und Verbände, auch staatliche Einrichtungen künftig ihre Arbeit etwas mehr koordinieren, als das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Das trifft auch für das Verhältnis Bund, Länder und Gemeinden zu. Ich hoffe, daß das geschieht, besonders auch weil die Geschäftsführung der Deutschen Zentrale für Fremdenverkehr neu besetzt wird und von daher schon die Hoffnung begründet ist, daß eine bessere Koordinierung möglich ist.
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967 7017
Frage 83 des Herrn Abgeordneten Jung:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die Wettbewerbsverzerrungen, durch die das Pfälzer Gebiet jetzt schon stark benachteiligt ist, nicht durch die beabsichtigte Verkehrsgesetzgebung noch zugunsten unserer EWG-Nachbarländer zu vergrößern?
Die im Verkehrspolitischen Programm für die Jahre 1968 bis 1972 enthaltenen Gesetzentwürfe, nämlich der Entwurf eines Gesetzes über die Besteuerung des Straßengüterverkehrs, der Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes, der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr, der Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes enthalten keine Bestimmungen, die speziell das Pfälzer Gebiet gegenüber seinen EWG-Nachbarländern benachteiligen. Von den Maßnahmen zur Beschränkung des Straßengüterfernverkehrs sind sowohl inländische als auch ausländische Fahrzeuge betroffen, so daß sich hieraus keine Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil deutscher Unternehmer ergeben können. Ich darf hinzufügen: das sind Fragen, die insbesondere dann, wenn die Gesetze dem Bundestag vorliegen, wahrscheinlich in großer Breite auch im Ausschuß für Verkehr erörtert werden.
Zusatzfrage.
Herr Minister, sehen Sie nicht durch die vorgesehene Beförderungsteuer doch Belastungen für das pfälzische Obst- und Gemüseanbaugebiet, das sehr weite Anmarschwege zu den großen Ballungszentren hat, wodurch heute schon Wettbewerbsverzerrungen auftreten?
Sofern es sich um die Beförderung von Obst und Gemüse im Fernverkehr handelt, haben wir bis zum 31. Dezember 1967, also jetzt noch, eine Beförderungsteuer, die 3 Pf pro Tonnenkilometer beträgt. Hinzu kommt lediglich durch die neuen Entwürfe, die dem Bundestag erst noch vorgelegt werden, eine Modifizierung dieser Steuer im Werkfernverkehr und im übrigen die Einführung einer neuen Steuer für den gewerblichen Güterfernverkehr in Höhe von 1 Pf pro Tonnenkilometer, also ein Drittel dessen, was jetzt der Werkfernverkehr zahlt. Von diesen Steuern werden alle Nutzlastgrößen bis zu 4 t Gesamtgewicht freigestellt.
Im übrigen ist in dem Entwurf auch vorgesehen, daß für solche Grenzbereiche, wie sie sicher auch für eine ganze Reihe von der Pfalz ähnlichen Gebieten gegeben sind, Ausnahmemöglichkeiten zugelassen werden. Das Ganze befindet sich aber noch vor dem Stadium der Diskussion im Verkehrsausschuß. Ich bitte daher um Verständnis, Herr Kollege, wenn ich mir vorbehalten möchte, das dort in der ganzen Breite darzustellen.
Frage 84 des Herrn Abgeordneten Ramms:
Gibt es keine technischen Möglichkeiten, um beim Bau vor allem neuer Stahlbrücken von vornherein etwas gegen die gefährliche Glatteisbildung zu unternehmen, wie sie beispielsweise bei der Bonner Reuterbrücke im Zuge der EB 9 immer wieder zu beobachten ist?
Theoretisch besteht die Möglichkeit, die Glatteisbildung auf Brücken durch Beheizung der Fahrbahnanlage zu bekämpfen und eine rasche Unterkühlung der Fahrbahntafel durch Aufbringen von Schaumstoff an der Unterseite der Konstruktion zu verzögern. Praktische Versuche mit Fahrbahnheizungen haben aber ergeben, daß ein Beheizen der Brückenbeläge wegen des außerordentlich hohen Bedarfs an teurer Spitzenenergie aus Kostengründen in absehbarer Zeit nicht in Betracht kommen kann, zumal durch Unterschiede zwischen beheizter Brücke und unbeheizter Strecke neue Gefahrenquellen entstehen können.
Keine Zusatzfrage? — Frage 85 des Herrn Abgeordneten Ramms:
Welche Unfallursachen sind nach der Statistik häufiger als Alkoholeinfluß?
Herr Präsident, nach Feststellungen des Statistischen Bundesamtes waren unter 100 tödlichen Umfällen im Jahre 1966 zurückzuführen auf die Unfallursache zu schnelles Fahren 42 Unfälle, falsches Verhalten der Fußgänger 30 Unfälle und Alkoholeinfluß 25 Unfälle. Hieraus darf allerdings nicht etwa gefolgert werden, daß auf alle übrigen Unfallursachen nur 3 % entfallen. Denn bei einem Unfall wirken meist mehrere Ursachen mit. Die Statistik spricht von 1,6 Unfallursachen. Das ist also die hauptsächliche Unfallursache.
Zusatzfrage!
Herr Minister, stimmen Sie mit mir darin überein, daß für Unfallfolgen und Unfallursachen nicht immer der gleiche Prozentsatz gelten muß?
Ja, das kann ,der Fall sein.
Ich hatte nämlich nach den Unfallursachen gefragt.
Fragen 86, 87 und 88 dies Herrn Abgeordneten Richter:
In welchem Stadium befinden sich die Planungen für die Verlegung der Bundesstraßen 27, 37 und 292 im Raum NeckarelzDiedesheim und Obrigheim?
Wird das Planfeststellungsverfahren in dem in Frage 86 genannten Raum jetzt eingeleitet, nachdem das Ergebnis der Untersuchungen der Bundesanstalt für Gewässerkunde jetzt vorliegt?
Ist die Deutsche Bundesbahn bereit, umgehend die Pfeiler und Brückenwiderlager der ehemaligen Eisenbahnbrücke bei Obrigheim zu beseitigen, da vor allem das Brückenwiderlager auf der Obrigheimer Seite den Ausbau der Landstraße 588 erheblich hemmt?
7018 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antworten des Bundesministers Leber vom 1. Dezember 1967 lauten:
Die Auftragsverwaltung des Landes Baden-Württemberg hat für die parallel zum Neckar verlaufende Ortsumgehung von Neckarelz und Diedesheim im Zuge der Bundesstraße 27/37 bereits einen baureifen Entwurf ausgearbeitet, der mir vor kurzem zur Zustimmung vorgelegen hat. Darüber hinaus sind auch die Planungen für die Neutrassierung der Bundesstraßen 27 und 292 zwischen Mosbach und Aglasterhausen schon sehr weit gediehen. Die Entwurfsbearbeitung für den Planungsabschnitt der Bundesstraße 27 von Mosbach bis zur Kreuzung mit der künftigen Neckartalstraße steht kurz vor dem Abschluß. Dieser Entwurf soll mir nach Auskunft der Auftragsverwaltung im kommenden Frühjahr zugeleitet werden. Ebenso liegt auch die Planung für die Ortsumgehung von Obrigheim im Zuge der Bundesstraße 292 schon nahezu baureif vor. Hinsichtlich dieser Teilplanung müssen jedoch noch weitere Verhandlungen mit der Deutschen Bundesbahn geführt werden.
Das erwähnte Gutachten der Bundesanstalt für Gewässerkunde ist bei der Ausarbeitung der Pläne für die parallel zum Neckar verlaufende neue Bundesstraße 27/37 bereits berücksichtigt worden. Daher hat jetzt die Abteilung Straßenbau des Regierungspräsidiums Nordbaden die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens für diesen Planungsabschnitt beantragt. Die Offenlegung der Pläne in den berührten Gemarkungsgemeinden wird schon in Kürze erfolgen.
Die Deutsche Bundesbahn wird aller Voraussicht nach bereit sein, dem Abbruch der hinderlichen Pfeiler und Widerlager der früheren Eisenbahnbrücke bei Obrigheim zuzustimmen. Hierüber wird zu gegebener Zeit im Planfeststellungsverfahren zu befinden sein.
Die Durchführung dieser Arbeiten ist jedoch Sache des jeweiligen Veranlassers, der auch die dafür anfallenden Kosten zu übernehmen hat.
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß laut Presseberichten in Rheinland-Pfalz .die Bundesbahndirektion in Mainz aufgelöst werden soll und damit die einzige Bundesbahndirektion im Lande Rheinland-Pfalz wegfallen würde?
Herr Präsident, die Neugliederung ,des Netzes der Deutschen Bundesbahn sowie eine damit verbundene neue Abgrenzung und Verringerung der heute bestehenden 16 Bundesbahndirektionsbezirke ist nach dem Bundesbahngesetz der Initiative der Unternehmensleitung — das ist der Vorstand der Deutschen Bundesbahn — anvertraut.
Der Vorstand der Deutschen Bundesbahn muß in allen Fällen zunächst also das zuständige Landesministerium hören und, falls die Auflösung oder Umgliederung einer Bundesbahndirektion in Erwägung gezogen wird, einen zustimmenden Beschluß des Verwaltungsrats der Deutschen Bundesbahn herbeiführen. Dann erst ist es Aufgabe des Bundesministers für Verkehr, einen solchen Antrag nach allen in Frage kommenden Gesichtspunkten zu prüfen, um ihn entweder zu genehmigen oder abzulehnen. Ein solcher Antrag liegt mir gegenwärtig nicht vor. Welche Entscheidung ich bei der Vorlage eines solchen Antrages treffen werde, kann ich selbstverständlich heute, nachdem weder ein Antrag noch eine dazugehörige Begründung vorliegt, noch nicht voraussagen.
Zusatzfrage!
Herr Bundesminister, hält es die Bundseregierung für sehr vernünftig, die Bundesbahndirektion in einem Land wie Rheinland-Pfalz, das in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ziemlich in der Mitte liegt, aufzulösen und den Bereich demnächst von fünf anderen Bundesbahndirektionen mitverwalten zu lassen?
Herr Kollege, ich habe viel Verständnis für diese Frage, bitte Sie aber meinerseits um Verständnis dafür, daß ich sie jetzt nicht beantworten kann. Ich sage aber dem Hohen Hause zu, daß ich im Januar oder Februar dem Deutschen Bundestag als erstem Informationen hier von diesem Platz aus dazu geben werde, wie das künftige Gesicht der Bundesbahn, auch die Regulierung der Verwaltungen, gedacht ist.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, sind Sie bereit, bis Januar oder Februar zu prüfen, ob es nicht aus strukturellen Gründen sinnvoll wäre, eine Bundesbahndirektion eventuell, wenn es schon notwendig ist, von Frankfurt wegzunehmen und sie in Mainz zu lassen, weil in Frankfurt sowieso .schon so viele Oberbehörden sind?
Wir werden alles zu prüfen haben, was der Gesundung der Deutschen Bundesbahn und der Ordnung auch nach regionalen Gesichtspunkten dient.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Friderichs.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß von informierten Stellen behauptet wird, das Zahlenmaterial, das für die Auflösung der Bundesbahndirektion Mainz angeführt werde, entspreche nicht den wahren Tatsachen?
Wissen Sie, Herr Kollege, wenn eine solche Maßnahme auch nur erörtert wird, dann wird von fünfzig verschiedenen Positionen und vielleicht noch mehr aus mit statistischem Material gearbeitet. Ich zweifle nicht daran, daß das im einzelnen gut gemeint ist. Am Ende muß sich die politische Entscheidung auch noch auf andere Fakten als auf solche Angaben stützen.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, sind Sie bereit, mir darin zuzustimmen, daß es uns selbst die Argumentation für oder gegen die Auflösung erleichtern würde, wenn wir wenigstens von einheitlich beurteiltem Zahlenmaterial ausgehen könnten, und sind Sie bereit, in Ihrem Hause dafür zu sorgen, daß insoweit eine gewisse Klarheit eintritt?
Ich sage Ihnen zu, daß in dem Augenblick, in dem die Angelegenheit für den Bundesminister für Verkehr politisch auf den Tisch kommt, der Deutsche Bundestag mit allem Zahlenmaterial, das für die Beurteilung des Tatbestandes erforderlich ist, informiert wird.
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung, Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967 7019
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Klepsch.
Herr Bundesminister, sind Sie bereit, in Ihre Überlegungen mit einzubeziehen, daß in Frankfurt neben der Hauptverwaltung, dem Bundesbahnsozialamt, dem Hauptwagenamt, der DSG und vielen anderen Institutionen eine Bundesbahndirektion besteht, während es sich in Mainz um die einzige entsprechende Stelle handelt?
Ich kenne diese Überlegungen. Nur bitte ich Sie um Verständnis dafür — deshalb lege ich mich hier nicht fest —: das ganze deutsche Volk erwartet, daß die Bundesbahn künftig ein nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten geführtes Unternehmen wird, und dann kann man nicht allzuviel andere Gesichtspunkte noch hineinbringen, weil das wahrscheinlich den wirtschaftlichen Effekt gefährden würde. Ich muß abwarten, welche Vorstellungen die Deutsche Bundesbahn für ihre eigene künftige Neuordnung mir mitteilt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Matthöfer.
Herr Minister, sind Sie nicht auch der Meinung, daß durch die Tatsache, daß sich gerade in Frankfurt so viele andere Behörden befinden, sich der Verkehr unter diesen Behörden besonders ökonomisch gestaltet?
Das halte ich durchaus für sinnvoll. Aber ich hüte mich auch, hier Stichworte für das Verhältnis zwischen Frankfurt und Mainz zu geben. Ich möchte mir meine Unbefangenheit für eine Entscheidung nicht nehmen lassen.
Die Fragen des Herrn Abgeordneten Dr. Häfele — Numern 90, 91 und 92 — werden im Einvernehmen mit dem Fragesteller schriftlich beantwortet.
Trifft es zu, daß die Deutsche Bundesbahn die Einstellung des Personenverkehrs auf der Strecke Stockach—Meßkirch beabsichtigt, obwohl sich die Landesregierung von Baden-Württemberg dagegen ausgesprochen hat?
Falls Frage 90 bejaht wird: Wird der Bundesverkehrsminister die Einstellung genehmigen oder einspruchslos hinnehmen, obwohl ein Fördergebiet betroffen ist?
Wird die Bundesregierung im Falle der Einstellung des Personenverkehrs auf der Strecke Stockach—Meßkirch dafür sorgen, daß durch einen verstärkten Straßenbau der für das Fördergebiet notwendige Ausgleich geschaffen wird?
Die Antwort des Bundesministers Leber vom 1. Dezember 1967 lautet:
Nach Auskunft der Deutschen Bundesbahn beabsichtigt sie, auf der Strecke Sigmaringen—Stanringen und damit auch auf dem Teilabschnitt Stockach—Meßkirch den Personenzugverkehr einzustellen. Ein Antrag des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn auf Genehmigung dieser Maßnahme liegt dem Bundesminister für Verkehr noch nicht vor. Dem etwaigen Antrag wird auch die Stellungnahme der obersten Landesverkehrsbehörde beigefügt sein.
Der Vorstand der Deutschen Bundesbahn und der Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn gehen bei ihren Entscheidungen von betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten aus. Der Bundesminister für Verkehr bezieht jedoch in seine abschließende Beurteilung übergeordnete Gesichtspunkte, wie z. B. Gesichtspunkte der Raumordnung, Rückwirkungen auf Industrie und Wirtschaft, künftige Verkehrsbedienung, ein. In diesem Rahmen werden auch die Ausführungen der zuständigen obersten Landesverkehrsbehörde gewürdigt.
Im Falle der Einstellung des Reisezugverkehrs auf dem Abschnitt Stockach—Sigmaringen würden die Bundesstraßen 311 und 313 nur wenige zusätzliche Omnibusfahrten aufzunehmen haben. Diese Straßen sind in den vergangenen Jahren im Zwischenausbau wesentlich verbessert worden. Einige Ausbaumaßnahmen, so z. B. bei Rohrdorf, sind gegenwärtig noch im Gange und werden vermutlich 1968 zum Abschluß gebracht.
Im Bereich der besonders hinderlichen Ortsdurchfahrt von Meßkirch ist der Ausbau einer zweiten Richtungsfahrbahn im Zuge der Grabenstraße vorgesehen. Darüber hinaus ist zur endgültigen Bereinigung des Verkehrsengpasses von Meßkirch der Neubau einer großen Ortsumgehung in Aussicht genommen. Die Planungen hierfür sind nahezu fertiggestellt.
Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß der Bund in den kommenden Jahren ganz erhebliche Mittel für den Ausbau der Bundesstraße 32 sowie für die Verlegung der Bundesstraße 313 bei Sigmaringen aufwenden wird. Alle diese Maßnahmen werden der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in dem von Ihnen angesprochenen Fördergebiet zugute kommen.
Nun rufe ich die Frage 93 des Herrn Abgeordneten Ramms auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, in welchem Umfang einzelne Länder ihre Zuweisungen für den gemeindlichen Straßenbau in diesem Jahr gekürzt haben wegen der vom Bund zur Verfügung gestellten 660 Millionen DM aus dem Mineralölsteueraufkommen?
Bitte, Herr Minister!
Der Bundesregierung ist im einzelnen nicht bekannt, in welchem Umfang die Länder ihre diesjährigen Zuweisungen für den kommunalen Straßenbau gekürzt haben. Dagegen konnte festgestellt werden, daß sich in diesem Rechnungsjahr nicht alle Länder an den kommunalen Straßenbaumaßnahmen finanziell beteiligen. So haben sich die Länder Bremen und Niedersachsen wegen ihrer schwierigen Finanzlage nicht imstande gesehen, Landesmittel für diesen Zweck bereitzustellen. Die Beteiligung der übrigen Länder schwankt zwischen 20 und 35 %. Die Stadtstaaten Berlin und Hamburg beteiligen sich mit 50 %; hierin ist allerdings der gemeindliche Kostenanteil mit enthalten.
Eine Zusatzfrage.
Werden dadurch nicht die vorgesehenen Erfolge der 3 Pf Mineralölsteuer zunichte gemacht?
De facto kann das geschehen. Das liegt aber dann nicht daran, daß die Länder ihre Mittel nicht zur Verfügung stellen, weil es eine Mineralölsteuer gibt, sondern daran, daß ihre finanzielle Situation in der Zwischenzeit so geworden ist, daß sie aus eigenem Vermögen nicht dazu in der Lage sind.
Zweite Zusatzfrage.
Werden trotz Nichtbeteiligung der Länder dann die Mittel des Bundes für diese Länder ausgegeben?
7020 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967
Die Mittel des Bundes werden in allen Fällen nur dann zur Verfügung gestellt, wenn die komplementären Mittel vom Land oder von der Gemeinde aufgebracht werden. Das sind im Straßenbau 50 %, bei öffentlichen Personennahverkehrsmitteln 40 %.
Frage 94 des Herrn Abgeordneten Kubitza:
In welcher Länge ist das deutsche Autobahnnetz von annähernd 3600 Kilometern zur Zeit überholungsbedürftig?
Bitte, Herr Minister!
Die Bundesautobahnen sind zur Zeit auf eine Länge von rund 1340 km erneuerungsbedürftig. Das sind rund 37 % der derzeitigen Gesamtlänge oder rund 63,5% der Strecken aus der Zeit vor 1945, um deren Erneuerung es sich ausschließlich handelt.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, wieviel Jahre wird es dauern, ehe diese Strecken repariert sind?
Bei den derzeitigen Kostenansätzen — und wenn wir die Finanzplanung nicht änderten — würden wir zwanzig Jahre nötig haben, um das Streckennetz von Grund auf zu erneuern. Wir setzen bisher pro Jahr 100 Millionen DM für die Streckenerneuerung ein und werden künftig zwischen 125 und 150 Millionen DM für die Streckenerneuerung einsetzen. Das wird bei einem Streckennetz, das bezüglich der Erneuerung immerhin mit 2100 km zu beziffern ist, eine Zeit von 20 Jahren in Anspruch nehmen. Wir kämpfen da zwischen der Verpflichtung — oder der Forderung — neue Autobahnen zu bauen, und der Aufgabe, bestehende Strecken zu erneuern.
Ich rufe die Frage 95 des Abgeordneten Peiter auf:
Wie steht das Bundesverkehrsministerium zu der Frage, ausländische Kraftfahrer mit einem Handzettel über die wichtigsten innerdeutschen Verkehrsregeln, insbesondere über die Regelung bei den Baustellen der Autobahnen, zu informieren?
Der Bundesminister für Verkehr hat bereits seit dem Jahre 1959 5 Millionen Merkblätter für einreisende ausländische Kraftfahrer in sieben Sprachen durch das Zollpersonal an den Grenzübergangsstellen, im Jahre 1967 500 000 solcher Merkblätter in neun Sprachen über die Deutsche Zentrale für Fremdenverkehr e. V. durch Agenturen und Reisebüros im Ausland verteilen lassen. Diese Aktion wird weitergeführt. Die Merkblätter weisen auf die Besonderheiten der Verkehrsregelung in der Bundesrepublik Deutschland hin.
Da sich die Verkehrsregelung an Baustellen der Bundesautobahnen nach den allgemein üblichen Verkehrszeichen richtet, konnte man — auch mit Rücksicht auf den möglichst kurz zu fassenden Text — auf eine bessere Erwähnung der Baustellen verzichten.
Herr Bundesminister, ich bitte um Nachsicht. Es ist mir entgangen, daß der Abgeordnete Peiter gar nicht im Saal ist. Sie hätten die Frage sonst nicht zu beantworten brauchen.
Ich rufe die Frage 96 des Herrn Abgeordneten Ollesch auf:
Welchen konkreten Hintergrund haben Veröffentlichungen, wonach der Bundesverkehrsminister vorgeschlagen hat, 40 000 bis 60 000 von Zechenstillegungen betroffene Bergleute sollten etwa 20 Jahre lang Straßen und Unterpflasterbahnen im Ruhrgebiet bauen?
Herr Abgeordneter Ollesch ist zugegen. — Bitte sehr!
Herr Abgeordneter, ich habe mit den in einigen Zeitungen veröffentlichten Nachrichten einen Diskussionsbeitrag zu einem sicher sehr wichtigen und großen Thema leisten wollen. Daß ich ihn geleistet habe, bedeutet auch, daß ich darum weiß, daß ich von Ressort wegen nicht dafür zuständig bin, mich zuerst mit einer solchen Frage — der Kohlesanierung oder dem Ruhrgebiet — zu befassen. Auf der anderen Seite fasse ich meine Tätigkeit als Angehöriger des Bundeskabinetts auch nicht so auf, daß ich nicht nachzudenken habe oder mit nachzudenken habe auch über solche Fragen, die über mein Ressort hinausgehen.
Meine Gedanken — wenn ich sie wiederholen darf — hatten folgende Basis: Erstens: Es muß zu einer baldigen Sanierung des Bergbaus kommen, und es muß möglich gemacht werden, daß eine baldige Sanierung des Bergbaus geschehen kann. Zweitens: Entlassungen im Bergbau sollten wegen der damit verbundenen politischen Wirkungen nach Möglichkeit vermieden werden. Drittens habe ich die Vermutung, daß es nicht leicht sein wird, so viele Bergleute, wie im Rahmen einer Sanierung der Kohle freigesetzt werden müssen, in andere Arbeitsplätze rasch umzusetzen. Viertens bin ich der Ansicht, daß auch hohe Unterstützungen nicht davor schützen, daß sich vor Arbeitsämtern unerwünschte Entwicklungen anbahnen.
Ich habe deshalb vorgeschlagen, so viele Bergleute, wie im Zuge einer Anpassung des Bergbaus an eine nicht manipulierbare Nachfrage im Augenblick nicht gebraucht werden, vom Bergbau zu beurlauben. Das würde bedeuten, sie würden ihre alten Bindungen zum Bergbau behalten — Knappschaftsversicherungen usw. —, würden keine Arbeitslosenunterstützung erhalten und würden in diesem Zustand nach meiner Schätzung maximal für die Dauer von sechs Jahren sein. Der im Bergbau verbleibende Teil würde an einer vollen und produktiven Beschäftigung teilnehmen. Von diesem verbleibenden Teil würden jährlich nach Berech-
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967 7021
Bundesminister Leber
nungen von Leuten, die davon noch mehr verstehen als ich, etwa 10- bis 12 000 durch Alter und Fluktuation abgehen. Diese etwa 10- bis 12 000 abgehenden Personen aus dem tätigen Bestand des Bergbaus könnten aus dem Beurlaubtenstand ersetzt werden. Die Bergleute, die beurlaubt sind, sollten — das war mein Gedanke — zusätzliche Aufgaben übernehmen, die gegenwärtig nicht wahrgenommen werden, z. B. die Aufgabe, die Infrastruktur des Ruhrgebiets, die meiner Auffassung nach in vielfacher Hinsicht nicht in Ordnung ist, auf die Zukunft — vielleicht auf das Jahr 1980 oder später — vorzubereiten. Es handelt sich dabei um lohnintensive Aufgaben, die nicht in jeder Weise denselben Effekt wie Ersatzinvestitionen, die kapitalintensive Beschäftigungen auslösen, haben und nicht gleichermaßen zu bewerten sind. Ich dachte dabei unter anderem auch an Verkehrsbauten. Nach meiner Auffassung wäre es eine glückliche Sache für das Ruhrgebiet, wenn man eine durchgehende Untergrundstraße zwischen Düsseldorf /Duisburg und Dortmund herrichten würde; das ist aber nur ein Beispiel dafür. Auf diese Weise würde man den nagativen Charakter der Kohlesanierung beseitigen und das ganze ins Positive umkehren, indem man dem Ruhrgebiet und dem Bergmann ein Ziel 'setzt. Die Finanzierung halte ich für möglich, wenn alle Beteiligten wollen. Ich wäre auch der Auffassung, daß das keine schlechte Lösung dieses Problems wäre.
Das zu dem Thema. Einen Hintergrund dafür gibt es nicht. Das war ein Beitrag des Bundesministers für Verkehr, den er als Abgeordneter dieses Hauses genauso wie jedes andere Mitglied auch leisten kann.
Eine Zusatzfrage.
Herr Bundesverkehrsminister, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß zu erwarten war, daß ein solcher Diskussionsbeitrag in den betroffenen Gebieten und über die betroffenen Gebiete hinaus großes Aufsehen erregen würde, und sind Sie nicht der Auffassung, daß, nachdem ein solcher Beitrag geleistet worden ist, Sie versuchen müßten — da die Fragen des Verkehrs in Ihr Aufgabengebiet fallen —, durch Verhandlungen mit den zuständigen Behörden auf eine Realisierung dieses Planes zu drängen?
Das ist nicht zuerst eine Aufgabe des Bundesministers für Verkehr, sondern eine politische Entscheidung von weittragender Bedeutung, ob man das will. Sosehr ich bereit bin zu diskutieren, so wenig bin ich bereit, rasch solche Schlußfolgerungen daraus zu ziehen.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Bundesverkehrsminister, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß dem betroffenen Gebiet wenig damit gedient ist, daß Diskussionsbeiträge geleistet werden — diese wurden in der Vergangenheit zur Genüge geleistet —, sondern daß Maßnahmen eingeleitet werden müßten,
die dem Ziel der Umstrukturierung näherkommen?
Ich habe gehört, daß der Herr Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen diesen Gedanken für durchaus diskutabel hält. Ich habe dagegen auch andere Stimmen aus dem Lande Nordrhein-Westfalen gehört. Ich meine, man sollte sich einmal zusammensetzen und überlegen, ob es nicht Wege gibt, auch solche Vorstellungen in die Praxis zu übersetzen.
Frage 97 des Abgeordneten Dr. Frerichs:
Bis zu welchem Zeitpunkt wird der Neubau der Bundesautobahnstrecke Krefeld—Ludwigshafen im Streckenabschnitt Kreuz Köln-West bis Grenze Nordrhein-Westfalen/ Rheinland-Pfalz fertiggestellt sein?
Von der Bundesautobahn Krefeld—Ludwigshafen wird der Abschnitt zwischen dem Kreuz Köln-West und der Grenze Nordrhein-Westfalen/ Rheinland-Pfalz bei Gelsdorf frühestens Mitte des nächsten Vierjahresplanes, also 1972/73 fertiggestellt sein.
Eine Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, sind Sie nicht mit mir der Auffassung, daß gerade der Ausbau dieses Streckenabschnitts eine sehr wesentliche Entlastung des bundeshauptstädtischen Raumes — insbesondere vom Schwerlastverkehr — bringen würde, und teilen Sie mit mir die Meinung, daß man alles tun sollte, um diese Entlastungsstrecke möglichst bald fertigzustellen?
Ich teile Ihre Auffassung vollkommen. Nur weiß ich nicht, wo wir angesetzte Mittel wegnehmen könnten, um sie an diesen Platz fließen zu lassen, ohne daß dort entsprechende Löcher auftreten. Ich habe aber in all solchen Fällen die Hoffnung, daß es vielleicht doch irgendwann in den nächsten Jahren die Möglichkeit gibt, die Aufgabe etwas früher zu besorgen, als es gegenwärtig nach der Planung aussieht.
Keine weitere Zusatzfrage.
Meine Damen und Herren, ich muß die Fragestunde abbrechen. Die nicht erledigten Fragen werden schriftlich beantwortet, soweit sie nicht zurückgezogen sind.
Ehe ich den Punkt 2 der Tagesordnung aufrufe, mache ich dem Haus folgende Mitteilungen:
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen nach längeren Erörterungen im Ältestenrat heute eine amtliche Mitteilung zugehen lassen, die den Zeitplan bzw. den Arbeitsrhythmus des Hauses betrifft. Ich 'könnte mir vorstellen, daß dieser neue Arbeitsrhythmus nicht jedes Mitglied dieses Hauses bis
7022 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
zum letzten beglückt. Infolgedessen und dem Rechnung tragend hat der Ältestenrat insoweit wirklich wie ein Ältestenrat gehandelt und hat gesagt: Dann wollen wir ,das doch erst einmal versuchsweise einführen. Auch dabei rechne ich auf die milde Zustimmung des Hauses; ich unterstelle diese Zustimmung des Hauses.
— Dann 'muß ich abstimmen lassen, meine Damen und Herren! Der Ältestenrat ist natürlich in der letzten Runde davon ausgegangen, daß er mit diesem Kompromiß die Zustimmung des Hauses finden werde. Ich muß jetzt den Fraktionsgeschäftsführer der SPD fragen: Bleibt es dabei, oder muß abgestimmt werden? — Meine Damen und Herren, wenn Uneinigkeit besteht, muß ich abstimmen lassen. Der Ältestenrat ist davon ausgegangen, daß ein Einvernehmen zwischen den Fraktionen in dieser Sache erzielt sei.
— Überlegen Sie sich das noch einen Augenblick, und lassen Sie mich erst einmal mein Sprüchlein vortragen.
Ich weiß nicht, ob Sie im Besitz .dieser Vorlage sind. — Sie sind es; dann lese ich sie nicht vor, damit es nicht noch langweiliger wird.
Nach der ersten und zweiten Tagungswoche eine sitzungsfreie Woche. Im übrigen hat diese Vorlage den Sinn, mehr Zeit, vor allem für die Ausschüsse, zu finden. Der Präsident dieses Hauses ist in einem unzumutbaren Zustand. In den letzten Monaten haben wir festgestellt, daß während des Plenums etwa 100 teils genehmigte, teils nicht genehmigte Ausschußberatungen stattgefunden haben. Sie sind natürlich nicht einfach aus lauter Lust und Liebe so neben dem Plenum hergelaufen, sondern auf einen Sach- und Zeitzwang zurückzuführen, den man respektieren muß. Um aus dieser unleidlichen Situation herauszukommen, daß neben dem Plenum eine Reihe anderer Verhandlungen geführt werden müssen, haben wir uns diesen Arbeitsrhythmus überlegt, vor allem mit dem Ziel, mehr Zeit und Raum für die Ausschüsse und auch für die Fraktionen zu schaffen. Aber wenn keine Einmütigkeit besteht, muß ich darüber abstimmen lassen. Wir können es natürlich auch so machen, daß wir diese Sache auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Hauses setzen. Dann muß es in Gestalt eines formellen Antrags auf die Tagesordnung kommen, und dann wird darüber abgestimmt. Ich bitte also, das einstweilen nur als eine Ankündigung zu verstehen, die unter der Voraussetzung gültig ist, daß ihr das Haus mit Mehrheit zustimmt. Die Abstimmung wird dann am nächsten Mittwoch stattfinden. — Meine Herren Fraktionsgeschäftsführer, ich bitte das jetzt nach Lage der Dinge festzuhalten: Abstimmung darüber — das ist ein einstweilige Ankündigung — in der Plenarsitzung am Mittwoch nächster Woche.
— Zu diesem Punkt zur Geschäftsordnung? — Bitte sehr, Herr Abgeordneter Genscher!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage unseres Arbeitsrhythmus im nächsten Jahr ist seit Monaten auch im Ältestenrat diskutiert worden. Wir haben eine Übereinstimmung im Ältestenrat erzielt. Die Kollegen aller Fraktionen müssen für das nächste Jahr planen. Wir müssen wissen, wie der Arbeitsrhythmus aussehen soll. Wenn Sie eine Entscheidung für notwendig halten, bitte ich Sie, sie heute und hier ergehen zu lassen.
Herr Kollege Genscher, das geht wegen formaler Bestimmungen nicht. Wenn darüber abgestimmt werden soll, muß ein Antrag an das Haus vorgelegt werden und dieser muß auf die Tagesordnung gesetzt werden. Wir haben diese Sache nicht auf der Tagesordnung, sondern wir sind davon ausgegangen, daß das Haus auf Grund des Einvernehmens im Ältestenrat dieser Sache, wie das sonst so üblich ist, stillschweigend zustimmt. Wenn dagegen Einspruch erhoben wird, muß die Sache ganz formell nach den Vorschriften der Geschäftsordnung abgewickelt, d. h. ein Antrag auf die Tagesordnung gesetzt und darüber abgestimmt werden. — Zur Geschäftsordnung, bitte sehr! Mit Fristen, Herr Kollege!
Ich beantrage, 'diesen Antrag auf die Tagesordnung zu setzen.
Aber ich muß doch die Frist einhalten. Der Antrag muß gedruckt und verteilt werden. Da kann doch sofort Fristeinrede geltend gemacht werden.
— Nein, das ist kein Antrag. Man kann alles Mögliche machen, wenn sich das Haus im großen und ganzen einig ist. Aber wenn dagegen formell Ein- spruch erhoben wird, muß der Präsident natürlich nach den Vorschriften der Geschäftsordnung verfahren, und dann geht es nicht; dann muß das auf die Tagesordnung gesetzt und müssen die Fristen eingehalten werden. Also nächsten Mittwoch. Ich kann deshalb diese Abstimmung jetzt nicht zulassen; es sei denn, fünf Mitglieder werden nicht widersprechen. Aber ich habe hier einen viel stärkeren Widerspruch.
— Eine Sekunde, meine Damen und Herren! Wird dem Antrag, diese amtliche Mitteilung, gewissermaßen ohne daß vorher eine formelle Drucksache vorliegt, jetzt auf die Tagesordnung zu nehmen, zugestimmt oder wird dem widersprochen? Ich mache darauf aufmerksam, daß die Sache heute mit fünf Stimmen verhindert werden kann. Wer widerspricht? — Das sind mehr als fünf. Mittwoch nächster Woche ist frühester Termin! Damit, meine Damen und Herren, ist die Entscheidung über diese Sache bis zum Mittwoch vertagt.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch etwas über die weiteren Bemühungen des Ältesten-
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Präsident D. Dr. Gerstenmaier
rates sagen, denen hoffentlich ein glücklicheres Los beschert ist. Der Ältestenrat hat sich lange den Kopf zerbrochen, was man machen kann, um den § 37 unserer Geschäftsordnung wirklich wieder zu Kraft und Geltung zu bringen. Ich muß gestehen, daß diese Versuche in diesem Hause öfter gemacht worden sind und daß ihnen bis jetzt nie ein sonderlicher Erfolg beschert war. Wenn Sie den alten guten Kommentar Ritzel-Koch zur Hand nehmen, sehen Sie, wie sich seit dem September 1949 bis zum Jahre 1951 die Präsidenten und Vizepräsidenten dieses Hauses immer wieder bemüht haben, mit Hilfe dieses § 37 alle Mitglieder des Hauses zum freien Sprechen zu bringen. Diesen Bemühungen ist — na, ich will einmal so sagen: — ein sehr zurückhaltender Erfolg beschert gewesen.
Ich habe mir überlegt: Was kann eigentlich geschehen, damit das in Zukunft anders wird? Denn der Bundestagspräsident ist natürlich nicht gerade in einer beneidenswerten Lage, wenn er immer wieder solche moralischen Appelle an das Haus richten soll, die dann übermorgen wieder vergessen sind. Zur Abwechslung will ich Ihnen heute einmal aus dem autonomen Reichstagsrecht von 1903 folgende Bestimmung vorlesen. § 45 — das ist die Substanz unseres jetzigen § 37 —:
Die Redner sprechen von der Rednerbühne oder vom Platze.
— Dann geht es weiter:
Den Mitgliedern des Reichstages ist das Vorlesen schriftlich abgefaßter Reden nur dann gestattet, wenn sie der deutschen Sprache nicht mächtig sind.
— Ich habe nur zitiert, meine Damen und Herren, alle weiteren Schlußfolgerungen liegen mir fern.
Nun komme ich zum Problem, und hier erbitte ich mir die stillschweigende Zustimmung des Hauses: Dieser § 37 unserer jetzigen Geschäftsordnung enthält drei Vorschriften. Da wird nämlich schlicht gesagt: „Die Redner sprechen grundsätzlich in freiem Vortrag." Das ist schön! Dann kommt eine Soll-Bestimmung: „Im Wortlaut vorbereitete Reden sollen eine Ausnahme sein ..." Dann kommt allein die Bestimmung, auf die der Ältestenrat in seinen Verhandlungen mit Nachdruck zurückgekommen ist: „... Reden ... dürfen nur mit Genehmigung des Präsidenten vorgelesen werden." Das ist eigentlich eine Muß-Vorschrift. Bis jetzt aber, meine Damen und Herren, gibt es nicht nur im Deutschen Bundestag, sondern im gesamten deutschen Parlamentsrecht
— das muß ich dem Haus, ob es nun dem einen oder anderen gefällt oder nicht, ausdrücklich sagen — keine Verbindung dieser Muß-Vorschrift mit einer Strafbestimmung. Das heißt, der Bundestagspräsident kann auch eine solche Muß-Vorschrift immer nur wieder in das Bewußtsein der Mitglieder des Hauses bringen. Er hat bis jetzt keine Rechtsmittel, diese Muß-Vorschrift auch durchzusetzen. Deshalb erhebt sich die Frage, ob das Haus bereit ist oder bereit wäre, zu erwägen — wir brauchen heute darüber keine Entscheidung zu treffen —, ob sich diese Muß-Vorschrift nicht auf andere Weise durch-
setzen läßt, und zwar so, daß sie in Zukunft in Verbindung mit den Vorschriften der §§ 40 und 41 gelesen wird.
Das heißt, daß, wer nicht folgt, mit dem Sach- bzw. Ordnungsruf des Präsidenten nach § 40 rechnen muß und damit, daß ihm nach § 41, wenn .er dreimal zur Ordnung gerufen wird — d. h. in diesem Falle, weil er liest —, das Wort entzogen wird.
Darüber also muß sich das Haus ins klare kommen, ob wir das machen sollen. Ich habe ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß es das bis jetzt im deutschen Parlamentsrecht nicht gegeben hat. Im selben „Autonomen Reichstagsrecht" von 1903 steht z. B. folgendes:
An einer rechtlichen Gebundenheit fehlt es, soweit ein Nachsuchen der Erlaubnis des Präsidenten bei beabsichtigten Verlesungen stattfindet. Solches Nachsuchen ist ein der parlamentarischen Courtoisie entsprechender Brauch.
Das ist so ähnlich, wie wenn bei uns die Floskel auftaucht: „Mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitiere ich." Im wohlvorbereiteten Manuskript kommt dann meist für eine belanglos kleine Passage das Nachsuchen an den Präsidenten. Ich hätte schon oft gern gesagt: „Herr Kollege, schenken Sie sich diese Mühe."
Nun, in diesem Kommentar wird also die Meinung vertreten, daß weder dem Erbitten noch dem Erteilen der Genehmigung zu Verlesungen eine rechtliche Bedeutung zukommt. Leider ist das so, und deshalb haben auch alle unsere Appelle bis jetzt, wie gesagt, nur eine sehr zurückhaltende Beachtung gefunden und nicht allzu viel Wirkung gehabt. Das könnte anders werden, wenn sich das Haus entschlösse, den Schlußsatz des § 37 in ein Junktim mit den Ordnungsbestimmungen der §§ 40 und 41 zu bringen.
Aber einstweilen, meine Damen und Herren, möchte ich es noch einmal mit der alten Tour versuchen. Wenn das gar keinen Zweck hat, dann müssen Sie mir schon erlauben, eines Tages das Haus zu fragen, ob § 40 und § 41 angewendet werden sollen.
Das ist das eine. — Herr Kollege Luda, darüber wollen wir jetzt nicht eine Debatte eröffnen, sondern darüber wollen wir nachdenken. Es wird dann wahrscheinlich sehr bald der Zeitpunkt kommen, wo dazu geredet werden kann.
Ein letzter Vorschlag, den ich eigentlich gern aufnehmen würde. Man hat im Ältestenrat auf die Praxis im Europarat hingewiesen, wonach die Redner, die sich zu Wort melden, mitteilen sollen, wie lange sie zu sprechen wünschen. Das hat bei uns wahrscheinlich weniger Bedeutung als im Europarat, weil die Art unserer Diskussion eine etwas andere ist und weil man, wie ich glaube, überhaupt nichts tun sollte, was die Spontaneität der Diskussion schwächen könnte. Dennoch halte ich dafür, daß es einen Sinn hat, wenn die Redner, die sich hier zu Wort
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melden, dem Schriftführer zu meiner Rechten mitteilen, wie lange sie zu sprechen gedenken. Ich glaube, das hat einen Sinn; dann können wir zumindest den Ablauf der Debatten besser übersehen. Mir ist der Gedanke gekommen im Zusammenhang mit den Diskussionen über die Begrenzung der Redezeit, wobei nicht die Gesamtrededauer für die Beratung eines Gegenstandes, sondern die Rededauer des einzelnen Sprechers gemeint ist, die heute offenbar bei einem Tagesordnungspunkt beantragt wird.
Ich würde also vorschlagen und darum bitten, daß sich die Mitglieder des Hauses, die das Wort zu nehmen wünschen und sich hier melden, sagen, wie lange sie ungefähr zu reden wünschen. Eine Zwangsvorschrift ist auch das einstweilen nicht. Aber wir müssen jetzt einige Erfahrungen sammeln, und dann werden wir unter Umständen zu Beschlüssen des Hauses kommen müssen, die dann auch strikt durchgeführt werden müssen.
So weit, meine Damen und Herren, für heute. Am nächsten Mittwoch also zunächst einmal Abstimmung über diesen dann in einen Antrag sich verwandelt habenden Vorschlag zur Neugestaltung des Arbeitsrhythmus des Hauses.
Meine Damen und Herren, wir kommen zu Punkt 2 der Tagesordnung:
Beratung der Sammelübersicht 24 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen
— Drucksache V/2279 —
Ich frage, ob dazu das Wort gewünscht wird. — Keine Wortmeldungen. Wer dem Antrage des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Diesem Antrage wird entsprochen.
Wir kommen dann zu Punkt 3 der Tagesordnung.
a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Schlußtermins für den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über weitere Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts
— Drucksache V/2074 —
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen
— Drucksache V/2227 —Berichterstatter: Abgeordneter Erpenbeck
b) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften
— Drucksache V/1743 —
Berichterstatter: Abgeordneter Busse (Erste Beratung: 116. Sitzung)
Hierzu ist mir mitgeteilt worden, daß der Punkt 3 a offenbar für sich behandelt werden muß. Der
Punkt 3 b soll nach einem Einvernehmen der Fraktionen heute abgesetzt und am Mittwoch der kommenden Woche auf die Tagesordnung gebracht werden.
Besteht über die Absetzung des Punktes 3 b Einvernehmen? — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich frage nun den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort zu Punkt 3 a zu nehmen wünscht. — Das Wort hat Herr Abgeordneter Erpenbeck.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen zum Bericht noch vorzuschlagen, den Antrag des 9. Ausschusses in Art. II § 2 letzter Satz wie folgt zu ändern:
Der Vermieter kann die auf ,die Mieterhöhung gerichtete Erklärung vom 1. Januar 1968 an abgeben.
Die Notwendigkeit dieser Änderung ergibt sich aus dem heutigen Datum: 1. Dezember. Die Erklärung kann also erst vom 1. Januar 1968 an abgegeben werden.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich rufe den Art. I auf. Hierzu liegen Änderungsanträge nicht vor. Wird zu Art. I das Wort gewünscht? — Keine Wortmeldungen.
Ich lasse abstimmen. Wer dem Art. I in zweiter Lesung zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe ! — Enthaltungen? — Bei einer Anzahl von Gegenstimmen ist Art. I angenommen.
Ich rufe Art. II auf. Hierzu liegt der Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 306 *) vor.
Das Wort zur Begründung des Änderungsantrages hat der Herr Abgeordnete Porsch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokratischen Partei hat diesen Änderungsantrag eingebracht, weil sie auch für die wahrscheinlich noch schwarz bleibenden Kreise die' kostendeckende Miete als gerecht empfindet und eingeführt sehen möchte.
Meine Damen und Herren, Sie haben die Begründung des Antrages gehört. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Erpenbeck — als Berichterstatter?
— Ich möchte wissen, ob Sie jetzt als Abgeordneter oder als Berichterstatter sprechen.
— Der Berichterstatter hat immer das Recht, das zu sagen, was er als Berichterstatter für richtig hält.
*) Siehe Anlage 2
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum Änderungsantrag der FDP habe ich als Berichterstatter zu bemerken, daß sich der 9. Ausschuß mit der in dem Änderungsantrag behandelten Materie befaßt hat und zu dem Ergebnis gekommen ist, diese Materie im Zuge der Beratung des Gesetzes zur Änderung wohnungsrechtlicher Vorschriften zu behandeln und gegebenenfalls dort zu verankern. Dieses Gesetz befindet sich in zügiger Beratung, und es ist damit zu rechnen, daß es bald ,dem Hause vorliegen wird.
Wird dazu weiter das Wort gewünscht? — Keine weiteren Wortmeldungen.
Wir stimmen über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP Umdruck 306 *) ab. Wer ihm zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Der Änderungsantrag Umdruck 306 ist abgelehnt.
Wird sonst noch zu dem Art. II das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Dann stimmen wir über den Art. II ab. Wer ihm zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einer Reihe von Gegenstimmen ist der Art. II angenommen.
Art. III, Einleitung und Überschrift! Dazu liegen keine Änderungsanträge vor. Wird dazu das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei derselben Anzahl Gegenstimmen sind auch Art. III, Einleitung und Überschrift angenommen. Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Lesung angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Das Wort hat Herr Abgeordneter Porsch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Gesetz sieht vor, daß der Schlußtermin für die Städte Bonn, Freiburg, Freie und Hansestadt Hamburg und München sowie für die Landkreise Bonn, Göttingen und München um ein Jahr, und zwar vom 31. Dezember 1967 bis zum 31. Dezember 1968, hinausgeschoben wird. Meine Freunde von der Freien Demokratischen Partei und ich haben dagegen sowohl verfassungsrechtliche als auch grundsätzliche Bedenken. Wir sind der Meinung, daß die Hinausschiebung des Schlußtermins die Probleme nicht löst. Wir sind auch der Überzeugung, daß es nun an der Zeit wäre, auch auf dem Gebiete der Wohnungswirtschaft die Liberalisierung zu Ende zu führen.
Nach dem Vierten Bundesmietengesetz sollen die Mieten für Wohnungen, die bis zum 20. Juni 1948 bezugsfertig geworden sind, vom 1. Januar 1968 an
*) Siehe Anlage 2 um 10 % angehoben werden. Das reicht nach unserer Meinung nicht aus. Das Hinausschieben des Endtermins betrifft nur einen kleinen Teil der Wohnungseigentümer und verlangt von diesen besondere Opfer. Deshalb hat die FDP die Meinung vertreten, daß auch hier die kostendeckende Miete das Richtige wäre.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle einige Sätze zur Aufhebung — oder wie Sie wahrscheinlich wollen: zur teilweisen Fortsetzung — der Wohnungszwangswirtschaft sagen. Erlauben Sie mir also ein Wort zur Wohnungspolitik. In bestimmten Ballungsräumen — als Bayer darf ich dafür stellvertretend den Großraum München nennen — werden Sie weder durch Hinausschiebung des Schlußtermins um ein Jahr noch durch laufende Wohnungsbaumittel des Bundes wie des Landes das Wohnungsproblem lösen. Denn aus all diesen Ballungsräumen wissen wir: Ohne daß in einer von Bund und Ländern gemeinsam verwirklichten Raumordnung und Landesplanung, und zwar in einer langfristigen Raumordnung und Landesplanung, Wandel geschaffen wird, kann die Zuwanderung in die Ballungsräume nicht gestoppt werden. Laufend siedeln sich in den Ballungsräumen neue Betriebe an. Erst jetzt ist bekanntgeworden, daß sich in München wieder ein Betrieb mit 2000 neuen Arbeitsplätzen ansiedelt. Die dafür notwendigen Arbeitskräfte sind natürlich nicht vorhanden. Was geschieht also? Aus dem bayerischen Grenzland, aus dem Zonenrandgebiet, aus strukturell unterentwickelten Teilen des Landes werden neue Arbeitskräfte angezogen. Sie ziehen zunächst in Behelfswohnungen. Die Abwanderung in Richtung Großraum München hört also nicht auf, ebenso nicht der ständig wiederkehrende Wohnungsbedarf.
In der gestrigen Fragestunde hat ein Kollege das Beispiel der Glaswerke von Dingolfing gebracht. Von dort kam in den letzten Wochen die Mitteilung, daß die Arbeiter, die dort beschäftigt waren, bei BMW in München beschäftigt werden können. Das bedeutet erneut, daß einige Jahre gependelt wird, und dann entsteht der Wohnungsbedarf. Sie können das nur ändern, indem Sie, die Sie doch in jeder Landesregierung vertreten sind, im engen Einvernehmen mit den Ländern gleichzeitig die Raumordnung ändern.
Auch durch Förderung des Eigenheim- und des Eigentumswohnungsbaus werden die Probleme der Ballungsräume gelöst, und zwar deshalb, weil ein Großteil der Bauwilligen bis jetzt in sozial geförderten Wohnungen lebt. Die Verbesserungen des Nahverkehrs und des innerstädtischen Verkehrs — die großen Kostenüberschreitungen in München lassen ja hoffen, daß die großzügig gebauten Linien auch entsprechend schnelle Verbindungen schaffen — werden den Eigenheimbau am Rande der Ballungsgebiete ermöglichen, sofern dort noch Baugrund zu einem erträglichen Preis zu haben ist.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Müller?
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Bitte schön.
Herr Abgeordneter, Sie haben von großen Kostenüberschreitungen in München. gesprochen. Ist Ihnen bekannt, daß z. B. beim U-Bahn-Bau gegenüber den Voranschlägen bisher 18 Millionen DM eingespart worden sind?
Mir ist nur bekannt, daß der Umbau des Stachus wesentliche Kostenüberschreitungen gebracht hat. Ich weiß nicht, weshalb es im Stadtrat in München eine solche 'Empörung gegeben hat!
— Ich habe das nur am Rande erwähnt.
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?
Bitte schön.
Herr Abgeordneter, ist Ihnen bekannt, daß am Stachus gebaut wird, daß also der nicht abgeschlossene Umbau überhaupt noch nicht zu Kostenüberschreitungen ge-. führt haben kann? Ist Ihnen bekannt, daß gerade auch Angehörige Ihrer Fraktion zusätzliche Maßnahmen, die notwendig sind, begrüßt haben?
Ich möchte ausdrücklich feststellen, daß, soweit mir bekannt ist, unsere Fraktion erstaunlicherweise mit einem Großteil der CSU-Fraktion in München gegen die Überschreitungen Stellung genommen hat. Aber das steht wirklich nur am Rande; ich gebe das ganz ehrlich zu.
Ich habe auch nur gesagt, daß die so großzügig gebaute Linie hoffentlich auch eine ebenso schnelle und gute Verbindung schaffen wird.
Ich darf zum Schluß noch folgendes erwähnen: Wir sind der Überzeugung, daß im Rahmen des Ausbaus der Randgebiete mit Hilfe einer weiteren Förderung des Baus von Eigentumswohnungen und Eigenheimen gleichzeitig die Möglichkeit gegeben wird, innerstädtische Sozialwohnungen freizubekommen. Wir hoffen, es gelingt uns, zu erreichen, daß die Wohnungsbaumittel in Zukunft nicht weiterhin so stark gekürzt werden. Die Vorschläge, die augenblicklich beraten werden — dazu werden wir noch einmal gesondert Stellung nehmen —, lassen uns hier für die Zukunft keine große Hoffnung schöpfen.
Wenn dieser Punkt in der nächsten Woche beraten wird, werde ich dazu noch Stellung nehmen.
Herr Abgeordneter Hauffe zur allgemeinen Aussprache, bitte sehr!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was der Kollege Porsch eben gesagt hat, kann nicht unwidersprochen bleiben. Wenn er darauf hinwies, daß z. B. in München mehr und mehr Betriebe angesiedelt werden und daß man, um die Ballung in München sich nicht noch mehr ausweiten zu lassen, dort in der Wohnungsbeschaffung nichts tun dürfe, dann geht er von einer völlig falschen Basis aus. Wir dürfen doch nicht Raumordnung mit Mitteln machen, die völlig unangebracht sind. Wenn wir die Ballung verhindern wollen, müssen wir dafür sorgen, daß genügend Mittel zur Industrieansiedlung in anderen Gebieten zur Verfügung gestellt werden. Wenn in irgendeinem Gebiet Menschen in großer Zahl ohne Wohnung sind, weil die Raumordnung versagt, können wir den Menschen nicht die notwendige Fürsorge versagen.
Meine Damen und Herren, ich möchte daran erinnern, daß die evangelische Kirche zur Zeit die Aktion „Brot für die Welt" durchführt. Man kann die Überbevölkerung in Ländern auch nicht damit lösen, daß man die Menschen verhungern läßt. Diese Methode ist verkehrt, und deshalb bitte ich, das vom Kollegen Porsch Gesagte nicht als sachliche Argumentation zu werten.
Keine weiteren Wortmeldungen zur allgemeinen Aussprache.
Zur Begründung des Änderungsantrages der Fraktion der SPD auf Umdruck 307 *) hat der Herr Abgeordnete Könen das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schriftführer, ich habe die Absicht, in drei bis vier Minuten fertig zu sein.
— Der Herr Präsident hatte doch darum gebeten, die Redezeit anzugeben!
Danke vielmals, Herr Abgeordneter! Irgendwann muß man ja einmal sichtbar damit anfangen.
Übrigens möchte ich zu dem Thema, das vorhin eine Rolle gespielt hat, ergänzend noch etwas vorschlagen: Wie wäre es, wenn man es unmöglich machte, vorbereitete Reden zu Protokoll zu geben? Damit wäre hier schon manches zu ändern.
Das hat seine Vor- und Nachteile. Parlament kommt von parlare gleich sprechen.
*) Siehe Anlage 3
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Eben, sprechen und nicht zu Protokoll geben!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Antrag auf Umdruck 307 zu begründen. Dieser Antrag mit seinen fünf Abschnitten besagt nichts anderes, als daß die Städte Köln und Düsseldorf in den Kreis derjenigen einbegriffen werden sollen, die nicht weiße Kreise werden, für die eine Schonfrist angesetzt worden ist. Sie brauchen nicht zu befürchten, daß ich hier noch einmal — im Ausschuß haben wir das ja getan — den Streit darum entfachen werde, welche Zahlen falsch und welche Zahlen richtig sind, ob sie zur richtigen Zeit richtig aufgestellt worden sind oder ob der eine oder andere darin irgendwelche Entwicklungstendenzen gesehen hat. Das alles will ich hier nicht zur Sprache bringen. Ich will auch nicht die Briefe vorlesen, die ich mittlerweile bekommen habe. Alles das will ich nicht tun.
Ich möchte Sie nur herzlich darum bitten, daran zu denken, daß die Praxis einfach anders aussieht. Ich möchte gerade meine Kolleginnen und Kollegen von der CDU, von der Fraktion, mit der wir in einer Koalition sind, bitten, daran zu denken, was sich in Köln getan hat, wo Ihre Partei, die CDU, auf zwei Konferenzen erbittert darum gekämpft hat, daß Köln schwarzer Kreis bleibt. Sie hatte ihre Entscheidung auch nicht von Zahlen, sondern von der Praxis aus gesehen. Meine Damen und Herren, ich bitte Sie herzlich: Stimmen Sie diesem Antrag zu!
Ich möchte dazu noch eine Bemerkung machen. Es geht bei diesem Antrag nicht darum, Vermietern ihre Rechte zu schmälern, Mietern unausgegorene und nicht vertretbare Forderungen zu erfüllen, sondern es geht einfach darum, den großen Städten, die mit ihrer Wohnungsnot immer noch zu tun haben, eine Schonfrist zu geben. Bitte, stimmen Sie zu!
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Erpenbeck.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Zuge des Abbaus der Wohnungszwangswirtschaft hat sich jeweils zu den Stichtagen so etwas wie eine Schlußterminpsychose entwickelt. Nun haben bereits über 530 Städte und Kreise in der Bundesrepublik die Zwangswirtschaft abgeschüttelt und sind dadurch nicht in größere Wohnungsschwierigkeiten geraten. Heute liegt eine Reihe gesicherter Unterlagen vor, bei deren Betrachtung und Prüfung man feststellt, daß der durch die Abbaugesetzgebung beschrittene Weg durchaus richtig gewesen ist. Entgegen lautstarken Kassandrarufen hat sich der Abbau viel reibungsloser und viel lautloser vollzogen. Die Entwicklung hat jenen Recht gegeben, die vor Jahren mutig den Weg zum Abbau der Zwangswirtschaft eingeleitet haben. Das voran, meine Damen und Herren.
Nun zum Umdruck 307! Der Antrag, der gerade vom Kollegen Könen begründet worden ist, wurde hier schon in der ersten Lesung gestellt. Er hat auch im Ausschuß eine entsprechende Rolle gespielt. Der
Ausschuß ist zu der Überzeugung gekommen, daß man diesem Antrage nicht stattgeben könne. Die Gründe, die für die Mehrheit des Ausschusses eine Rolle gespielt haben und für die Ablehnung bestimmend waren, möchte ich auch im Plenum vortragen.
Die Änderung des Schlußtermins für den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft ist nicht nur eine Frage des guten Willens, die eine oder die andere Stadt noch in den Katalog der Ausnahmebestimmungen hineinzunehmen, sondern — das möchte ich mit Nachdruck betonen — ist vor allen Dingen eine Frage der verfassungsrechtlichen Möglichkeit. Ich habe im Ausschuß darauf hingewiesen und möchte das auch hier ausdrücklich tun, daß bei der Anwendung der im Gesetz verankerten Grundprinzipien keine Veranlassung für ein zweites Gesetz zur Änderung des Schlußtermins bestanden hätte, wenn die Kriterien die gleichen geblieben wären. Der Gesetzgeber hat für das Abbaugesetz zur Gesamtregelung das Grundprinzip der Defizitberechnung gewählt. Über 500 Kreise in der Bundesrepublik mußten sich diesem Prinzip unterwerfen und sind danach verfahren. Deshalb gibt sich zwangsläufig die verfassungsrechtlich relevante Frage, ob man für einen Rest von sieben Städten und Kreisen plötzlich ein anderes Prinzip wählen kann.
Professor Dr. Otto Kimminich, der Mitherausgeber der Bonner Kommentare zum Grundgesetz, kommt in einem von ihm zu dieser Frage erstellten Gutachten zu dein Ergebnis, daß die Herausnahme einiger Kreise und Städte einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht standhielte. Ich fühle mich dadurch in meiner Einstellung durchaus bestärkt. Wir sind zu der Überzeugung gekommen, daß für {die sieben in diesem Gesetz genannten Kreise und Städte eine Sonderregelung Platz greifen könne, die auf tatsächliche, durch besondere Umstände bedingte Ungleichheiten Rücksicht nimmt.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Wenn ich den Satz zu Ende gesprochen habe, Herr Präsident. — Das trifft für die Städte Köln und Düsseldorf nachweislich nicht zu. — Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Kollege, ich wäre Ihnen — ich spreche in diesem Augenblick für das ganze Haus — dankbar, wenn Sie klarstellten, ob Sie diese Ausführungen als Berichterstatter oder als Sprecher einer Fraktion machen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter Jacobi! Der Abgeordnete Erpenbeck ist in diesem Fall als Abgeordneter, nicht als Berichterstatter aufgerufen.
Ich spreche nicht als Berichterstatter.
7028 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967
In diesem Augenblick spricht er als Abgeordneter.
Herr Kollege Jacobi, ich glaube, ich habe im ersten Teil meiner Ausführungen schon deutlich zum Ausdruck gebracht, daß ich hier zu dem Antrag auf Umdruck 307 Stellung nehme und nicht als Berichterstatter spreche.
Wir müssen uns mit allem Nachdruck gegen eine Ausdehnung der Zahl der in der Vorlage genannten Städte und Kreise wehren, da bei nüchterner Prüfung der Voraussetzungen eine Sonderbehandlung für Köln und Düsseldorf nicht gerechtfertigt ist. Wenn man einen großen Teil der bisher weiß gewordenen 500 Städte und Kreise gleichbehandelt hätte, wären wir hinsichtlich des Abbaus der Wohnungszwangswirtschaft längst nicht so weit, wie wir heute sind.
Ich meine, daß es sehr gut war, daß wir so weit gekommen sind.
Meine Damen und Herren, durch die Hinausschiebung des Schlußtermins für Köln und für Düsseldorf —lassen Sie mich das auch einmal deutlich sagen — erhalten Sie nicht eine einzige Wohnung zusätzlich, durch die dem hier immer wieder vorgetragenen dringlichen Wohnungsbedarf abgeholfen werden könnte.
Viel notwendiger, viel dringlicher und des Fleißes und Einsatzes aller hier im Hause durchaus wert wäre es, gezielte Baumaßnahmen durchzuführen. Ich möchte mir die Empfehlung erlauben, daß man die Möglichkeiten des Zweiten Konjunkturhaushalts zusammen mit den regulären Mitteln für den Wohnungsbau einsetzen sollte, um hier fühlbare Hilfe zu schaffen.
Nun eine letzte Bemerkung zu dem angeführten Druck, dem die Mieter immer wieder ausgesetzt sind. Mir scheinen die Verbesserungen des § 556 a BGB und das in der nächsten Woche hier zur Beschlußfassung anstehende Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften ein viel besserer Schutz und eine wirkliche Hilfe in Härtefällen zu sein, besser jedenfalls als die Hinausschiebung eines Termins, der für Köln und. für Düsseldorf bereits fällig gewesen wäre, wenn man die gleichen Kriterien zur Anwendung gebracht hätte.
Deswegen lehnen wir den Änderungsantrag, Herr Kollege Jacobi, ab.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Meermann?
Bitte!
Herr Kollege Erpenbeck, wissen Sie nicht, daß die Mittel des Zweiten Konjunkturhaushalts längst verplant sind, und würden Sie insofern wenigstens Ihre Begründung revidieren?
Ich gebe mich der angenehmen Hoffnung hin, Frau Kollegin Meermann, daß die Landesregierung, wenn all das oder nur ein Teil von dem stimmt, was uns in Sachen Köln und Düsseldorf vorgetragen worden ist — ich unterstelle, daß das alles so ist —, auf die Notlage Rücksicht nimmt und die Mittel gezielt einsetzt.
Wir lehnen den Änderungsantrag nicht deswegen ab, weil wir kein Verständnis für die Situation der Städte Köln und Düsseldorf aufbringen wollten; dafür sind uns beide Städte viel zu wichtig, zu liebenswert und zu nahestehend.
Wir sind aber der Meinung, daß wir mit der Herausschiebung des Termins für diese Städte den Menschen in diesen Städten nicht gerade dienen. Die wichtigste Aussage sollte sein — es wäre gut, wenn das ganze Haus damit einverstanden wäre — und als Maxime sollte gelten, daß weitergebaut wird und daß auch mit öffentlichen Mittel weitergebaut wird, bis wir das Ziel erreicht haben, daß jede Familie und jeder Bürger in der Bundesrepublik zu einer wirklich menschenwürdigen Wohnung, zu einem seinem Einkommen angemessenen Heim kommt. Jedenfalls wollen wir als GDU/CSU-
Fraktion — da hoffe ich auf die Unterstützung der Fraktion dieses Hauses — alles tun, um das zu erreichen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Mick.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sagte bereits in der ersten Lesung zu diesem Gesetzentwurf, daß es sich nicht um 'eine Weltanschauungsfrage handelt. Ich mache auch ausdrücklich darauf aufmerksam, daß ich nicht für irgendein Kölner Lokalblättchen hier ein Soll erfülle, sondern daß ich ganz einfach Wert darauf lege, meine Meinung zu diesem Problem zu sagen.
Grundlage für den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft ist bekanntlich die Statistik, die mit Recht angegriffen wird, weil sie unvollkommen ist, wie alles im Leben unvollkommen ist und Statistiken ganz besonders. Wenn Sie die Städte und Kreise einmal überprüfen, für die der Termin hinausgeschoben werden soll, werden Sie feststellen, daß es sich durchweg um Städte und Kreise erstens mit einem besonders hohen Anteil an Dienstleistungs- und Verwaltungsberufen und zweitens durchweg um Universitätsstädte bzw. um das Einzugsgebiet von Universitätsstädten handelt. Hier liegt der Schlüssel für unrichtige Defizitzahlen. Er liegt ganz einfach
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Mick
darin, daß wir in diesen Städten die Einpersonenhaushalte nur zu 60 % als Wohnhaushalte im Sinne des Gesetzes anerkannt haben, in den hier vertretenen Landkreisen sogar nur zu 50 %. Dabei ist ganz offensichtlich, daß hier die Einpersonenhaushalte — ich denke insbesondere an die ledigen Frauen, die sich in diesen Bereichen besonders stark zusammenziehen, weil sie hier ihre Existenzgrundlage haben — in einem wesentlich größeren Umfang auf den Wohnungsmarkt drängen, als das in normalen Wohngebieten der Fall ist. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Statistik also mit sehr großer Vorsicht zu genießen, sowohl in Köln als auch in Düsseldorf, von den übrigen Städten und Landkreisen gar nicht zu reden. Es handelt sich um eine Erfahrungstatsache, die wir z. B. im Falle Berlin genügend berücksichtigt haben, indem wir gerade auf Grund dieser Erfahrungen für Berlin den Termin hinausgeschoben haben. Ich meine also, daß wir den offensichtlichen Unrichtigkeiten in der Statistik wegen der Einpersonenhaushalte Rechnung tragen und zu den im Gesetzentwurf vorgesehenen Städten Köln und Düsseldorf hinzunehmen sollten.
Lassen Sie mich noch etwas sagen! Parteipolitische Blümchen sind mit dieser Sache nicht zu pflücken. Denn der Antrag besagt, daß die Städte, die wir heute in die Verlängerung .einbeziehen, ausgerechnet kurz vor den Bundestagswahlen des Jahres 1969 frei werden. Wenn man das also vom parteipolitischen Kalkül aus beurteilen wollte, müßte man sagen: lassen Sie uns das heute tun, damit wir 1969 in den Wahlen nicht damit belastet werden. Ich darf Sie also bitten, die bewährte Abbaugesetzgebung — hierin stimme ich meinem verehrten Kollegen Erpenbeck hundertprozentig zu — in der Schlußphase nicht mit Fehlerquellen zu belasten, vielmehr in der Schlußphase Fehlerquellen abzustellen. Darum also: stimmen Sie dem Antrag Umdruck 307 zu.
Das Wort hat der Abgeordnete Porsch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind ebenfalls der Meinung, daß die Wohnungszwangswirtschaft in diesen beiden Städten aufgehoben werden sollte. Lassen Sie mich noch ein einziges Wort dazu sagen. In jedem Kreis, der weiß geworden ist, ist klar und deutlich eine Aktivierung der privaten Initiative zu merken.
Es wird also, nachdem ein Kreis weiß wird, ganz automatisch der private Wohnungsbau angeregt und damit die Beseitigung der Wohnungsnot kommen.
Herr Kollege Hauffe, lassen Sie mich noch ein Wort auf Ihren Einwurf hin sagen. Landesplanung und Raumordnung — diese beiden Worte, Herr Jacobi, zieren ja auch den Namen unseres Ausschusses — sind, wie ich meine, natürlich nicht denkbar ohne die Schaffung von Arbeitsplätzen, also ohne die Industrieansiedlung.
Keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Änderungsantrag.
Ich unterstelle, da es sich immer um das gleiche Problem handelt, daß über die Ziffern 1 bis 5 gemeinsam abgestimmt werden kann.
Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 307 *) zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Meine Damen und Herren, diese Abstimmung muß wiederholt werden. Bei diesen Lücken — obwohl das Plenum heute, am Freitag, endlich einmal anständig besetzt ist — ist nicht ohne weiteres zu erkennen, welches die Mehrheit ist. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Zweifel im Sitzungsvorstand. Hammelsprung!
Meine Damen und Herren, wir kommen also zur Abstimmung durch Auszählung über den Änderungsantrag der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei auf Umdruck 307. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich, durch die Ja-Tür zu gehen, wer ihn ablehnen sollte, den bitte ich, durch die Nein-Tür zu gehen. Es können nur die voll stimmberechtigten Mitglieder des Hauses abstimmen. Die Abstimmung ist eröffnet.
Wir müssen die Abstimmung von neuem beginnen, weil ein technisches Versagen eingetreten ist. Ich darf bitten, den Saal nochmals zu verlassen.
— Meine Damen und Herren, die Leuchtaufschriften über den Türen funktionieren nicht. Es wird sicherlich, nachdem Sie alle diesem Haus mindestens zwei Jahre angehören, auch ohne Leuchtaufschriften gehen. Die mittlere Tür ist die Ja-Tür, die Tür auf der Seite der Sozialdemokratischen Fraktion ist die Nein-Tür, und auf der anderen Seite ist die Enthaltungs-Tür. Die Aufschriften sind auch zu lesen, wenn man genau hinschaut. Die Abstimmung ist wieder eröffnet.
Meine Damen und Herren, ich darf das Ergebnis der Abstimmung durch Auszählung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 307 *) bekanntgegeben. Mit Ja haben gestimmt 126 Mitglieder des Hauses, mit Nein 143. Enthalten hat sich niemand. Der Antrag ist abgelehnt.
Meine Damen und Herren, wir stehen in der dritten Beratung. Die Einzelberatung ist erledigt. Wird noch das Wort zur allgemeinen Aussprache gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
`) Siehe Anlage 3
7030 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967
Vizepräsident Dr. Jaeger
Wir kommen damit zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei wenigen Enthaltungen mit großer Mehrheit beschlossen.
Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Toussaint, Dr. Lohmar, Dorn und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films
— Drucksache V/1545 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache V/2293 —
Berichterstatter: Abgeordneter Westphal
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik
— Drucksache V/2290 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. Huys, Abgeordneter Dr. Meinecke
Ich danke den Berichterstattern für ihren schriftlichen Bericht. Ist eine Ergänzung notwendig? — Bitte sehr, Herr Abgeordneter Meinecke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren. Folgende kurz zusammengefaßte Erläuterung scheint mir wichtig zu sein!
Die drei beteiligten Ausschüsse haben dem Gesetzentwurf in der jetzt vorliegenden veränderten Fassung einstimmig zugestimmt. Dieses Werk hat jetzt eine Laufzeit von ungefähr neun Monaten, dem eine fast dreijährige Leidensgeschichte des Versuchs im vorigen Deutschen Bundestag gegenübersteht. Heute kann es beschlossen werden.
Während der Beratung dieses Gesetzentwurfs sind alle Beteiligten und Interessierten aus dem großen Bereich der Filmwirtschaft gehört worden, erstmalig im Mai in einem großen Hearing, und aus diesem großen Anhörverfahren ist für die Mitglieder des Ausschusses ein permanentes Hearing bis zum heutigen Tage geworden. Der letzte Eilbrief hat mich soeben erreicht. Dennoch haben alle Beteiligten aus der Filmwirtschaft im Grunde genommen diesem Versuch zugestimmt, wenn sie auch zugeben, daß in vielen Einzelfragen nicht alle Wünsche berücksichtigt werden konnten.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, daß fast jeder Paragraph geändert worden ist. Dahinter steckt eine ungeheuer mühevolle Arbeit. Wir haben insgesamt 250 Eingaben und Änderungsvorschläge erhalten und versucht zu berücksichtigen.
Sie können dieses Gesetz — das muß einmal zusammenfassend gesagt werden — nur begreifen, wenn Sie es ausschließlich als Wirtschaftsförderungsgesetz begreifen, ein Wirtschaftsförderungsgesetz, welches zwar kulturelle Impulse geben soll und geben kann, in dem es aber nicht möglich war, gewissermaßen in Paragraphen mehr als bisher kulturpolitische Akzente zu setzen. Was hier nicht verankert werden konnte, finden Sie deshalb in dem gemeinsamen Entschließungsantrag der CDU/CSU und der SPD, dem wir zuzustimmen bitten.
Meine Damen und Herren, mehr möchte ich heute nicht sagen. Ich bitte Sie herzlich, jetzt zuzustimmen, damit die Anstalt am 1. Januar 1968 mit ihrer Arbeit beginnen kann.
Damit ist die Ergänzung des Berichts erfolgt, und wir können nunmehr in die zweite Beratung eintreten. Ich rufe die §§ 1, 2, 3, 4 und 5 auf. Das Wort wird hierzu nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Ich komme zu § 6 und erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Müller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte beantragen, in § 6 den Abschnitt i , daß dem Verwaltungsrat fünf Mitglieder des Deutschen Bundestages angehören sollen, zu streichen. Ich habe zwei Gründe dafür. Erstens glaube ich, daß der Verwaltungsrat mit 29 Mitgliedern stark kopflastig ist und eine neue Filmbürokratie mit entstehen lassen kann, zweitens glaube ich, daß der Verwaltungsrat Funktionen hat, die in die Exekutive gehen. Ich bin aus grundsätzlichen verfassungspolitischen Gründen für eine klare Trennung von Exekutive und Legislative. Daher würde ich es begrüßen, wenn die fünf Mitglieder des Deutschen Bundestages nicht dem Verwaltungsrat angehörten.
Meine Damen und Herren, der Änderungsantrag liegt zwar nicht schriftlich vor, aber er ist so einfach, daß sicherlich darüber abgestimmt werden kann. Wer wünscht dazu noch das Wort? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Antrag des Abgeordneten Dr. Müller, die Ziffer 1 im Absatz 1 des § 6 — fünf Mitglieder des Deutschen Bundestages — zu streichen, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen.
— Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen?
— Das zweite war die Mehrheit, folglich ist der Antrag abgelehnt.
Wer dem § 6 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen.
— Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; § 6 ist angenommen.
Ich rufe § 7 auf. Dazu liegt der Änderungsantrag der Fraktion der Freien Demokraten Umdruck 309 *) vor. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Mühlhan.
*) Siehe Anlage 4
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967 7031
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokraten stimmt dem Filmförderungsgesetz und der Beschleunigung seiner Inkraftsetzung zu. Eine Stelle dieses Gesetzes, im § 7 Abs. 5, erscheint uns bedenklich, und zwar aus folgenden Gründen.
Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes bestimmt, daß
Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre frei sind, daß die Freiheit der Lehre nicht von der Treue zur Verfassung entbindet. Der Film ist eine Kunstform der modernen Geistesgeschichte, und die Filmschöpfung ist mehr und mehr eine künstlerische Ausdrucksform unseres Zeitgeistes geworden. Damit steht das Filmschaffen unter den Geboten des angeführten Artikels des Grundgesetzes. Das Filmförderungsgesetz sollte daher eine Filmförderung betreiben, die dem Geiste dieses Grundgesetzartikels, soweit er sich auf das künstlerische Schaffen bezieht, dem Sinn und Zweck nach genügen kann.
Nach der Auffassung der Fraktion der Freien Demokraten bedeutet der § 7 Abs. 5 des Filmförderungsgesetzes, in dem die Forderung erhoben wird, daß solche Filme nicht zu fördern sind, die gegen die Verfassung oder die Gesetze verstoßen oder das sittliche und religiöse Gefühl verletzen, eine Einschränkung der Allgemeingültigkeit des angeführten Grundgesetzartikels.
Deshalb beantragen wir, die Worte „oder das sittliche und religiöse Gefühl verletzen" zu streichen.
Wir sind im übrigen der Auffassung, daß dieser sittliche und religiöse Vorbehalt überflüssig ist. Die sittlichen und religiösen Gefühle, die hier. geschützt werden sollen, basieren auf dem Christentum und dem Humanismus. Ihre Macht über den Zeitgeist entfaltet sich unserer Ansicht nach wirkungsvoller und kräftiger in einer freien Auseinandersetzung mit den Elementen unserer pluralistischen Gesellschaft. Sie bedürfen keiner gesetzlichen Krücke und keines Schutzes durch den Staat, den sie sich aus eigener Kraft im Kampf freier Geister selber und wirksamer verschaffen können. Auch aus dieser Überzeugung müssen wir eine Streichung der oben erwähnten Formulierung beantragen.
Ich komme zur Begründung des Änderungsantrages der Abgeordneten Dr. Arndt, Dr. Müller und Genossen, Umdruck 304 *). Das Wort hat der Abgeordnete Müller.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Antrag Dr. Arndt, Dr. Müller und Genossen zu § 7 Abs. 5 des Filmförderungsgesetzes geht noch weiter als der Antrag der Kollegen von der Freien Demokratischen Partei. Wir sind der Meinung, daß der gesamte Abs. 5 gestrichen werden sollte. Wir halten den ersten Teil für überflüssig. Verfassungsfeindliche Filme können durch das geltende Polizeirecht verhindert werden.
*) Siehe Anlage 5 Es besteht auch kein Anlaß, zu glauben, daß die Freiwillige Filmselbstkontrolle bisher nicht funktioniert hat. Es ist schlicht nicht glaubhaft — vom Problem der Förderung her —, daß etwa ein verfassungsfeindlicher Film 500 000 DM einspielt und dann bei der Entscheidung über die Förderung eine Entscheidung getroffen werden soll, ob der Film verfassungsfeindlich ist oder nicht.
Für verfassungsrechtlich und verfassungspolitisch bedenklich halten wir dagegen den zweiten Teil des Absatzes, wo es um das sittliche und religiöse Gefühl geht. Wir erkennen an, daß die Freiheit der Kunst, wie sie in Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes niedergeschrieben ist, selbstverständlich nicht für jeden Film gilt und daß nicht jeder Film ein Kunstwerk ist. Aber die gegenwärtige Formulierung dieses Paragraphen erweckt den Eindruck, daß zum mindesten die Gefahr einer Zensur bestehen könnte, da über das sittliche und religiöse Gefühl in einer pluralistischen Gesellschaft immer nur nach einem persönlichen Werturteil entschieden werden kann.
Es ist auch nicht verständlich, daß die Berichterstatter von einer festen Spruchpraxis des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts sprechen. Auf Grund welchen Gesetzes sollte eine solche feste Spruchpraxis zustande kommen? Ich erinnere nur an das Urteil in dem berühmten Sünderin-Verfahren, in dem Erzeugnisse als Kunst bezeichnet wurden, „die erdachte Handlungen zum Gegenstand haben, ohne zugleich erkennbar eine bestimmte Stellungnahme zu irgendwelchen Problemen zu beziehen". Sollte sich etwa eine solche Meinung durchsetzen, dann ist der Begriff der Kunst derartig eng ausgelegt, daß Sie weder Dokumentarfilme noch einen Film gegen die Todesstrafe, einen Antikriegsfilm, einen Film gegen die Abtreibung als Kunstwerk drehen könnten.
Die Gefahr ist außerdem, daß die Beibehaltung dieser Klausel zu einem Rattenschwanz von Prozessen führen würde, die für die Gerichte außerordentliche Schwierigkeiten bringen würden. Würden sich die Gerichte dann etwa auf eine Generalklausel für den Verwaltungsrat einigen, dann besteht die Gefahr, daß die Beeinflussung des Verwaltungsrats für einen Filmproduzenten das Entscheidende ist, wie über seinen Film, wenn er vielleicht umstritten ist, dann abgestimmt wird.
Ich darf zusammenfassend sagen: für den ersten Teil gilt, daß schon das geltende Recht verhindern kann, daß Filme, die gegen die Verfassung und gegen die Gesetze verstoßen, gefördert werden. Für den zweiten Teil gilt, daß, wenn — und das wäre die Gefahr — allgemeine Entscheidungen über Qualität und weitere Arbeit von Filmproduzenten vom Verwaltungsrat getroffen werden müßten, was eindeutig verfassungswidrig wäre. Wir beantragen deswegen ersatzlose Streichung von § 7 Abs. 5.
Die beiden Änderungsanträge sind begründet. Wir treten in die Aussprache darüber ein. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Lohmar.
7032 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, beiden Änderungsanträgen, sowohl dem der Fraktion der Freien Demokraten wie auch dem von Mitgliedern meiner eigenen Fraktion, zu widersprechen. Ich möchte die Begründung für meinen Widerspruch in der gebotenen Kürze in wenigen Thesen zusammenfassen.
Erstens. Das Petitum beider Anträge, eine irgendwie geartete Zensur bei der praktischen Handhabung der Filmförderungsanstalt zu vermeiden, teilen alle drei Ausschüsse, die sich mit der Frage beschäftigt und einstimmig die Ihnen vorliegende Fassung angenommen haben. Es handelt sich hier — wenn ich das als- meine eigene Feststellung anfügen darf — nicht um den Versuch, die Aktion „Saubere Leinwand" auf einem neuen Wege in die Diskussion zu bringen, sondern alle Fraktionen sind in den Ausschußberatungen einmütig davon ausgegangen, daß hier keinerlei künstlerische oder sonstige Zensur eingeführt werden soll.
Zweitens. Wenn dennoch die jetzt vorgesehene Fassung in der Ausschußvorlage enthalten ist, dann aus dem Grunde, weil wir mit dieser Fassung auf eine lange Praxis, die bisher zu keinerlei Beanstandungen geführt hat, zurückblicken können. Wir haben sie aus der hessischen Rundfunkregelung übernommen. Sie gilt bei den Rundfunk- und Fernsehanstalten und hat in diesem Zusammenhang auch einen praktischen Wert. Sie wissen, daß die Filmförderungsanstalt die Übernahme der produzierten Filme durch die Rundfunk- und Fernsehanstalten vorsieht. Dies setzt voraus, daß man bei der Bewertung von gleichen Maßstäben ausgeht.
Drittens. Wenn wir den beiden Änderungsanträgen folgen würden, wäre die praktische Folge eine Finanzierung auch der Filme, die man in die Crimeand-sex-Reihe einreihen kann, und zwar an deren äußerstem Rand. Wir wollen uns nicht gegen diese Filme aussprechen. Aber wir möchten nicht so weit gehen, diesen Streifen, die ohnehin ihr Geld einspielen, auch noch eine zusätzliche Förderung angedeihen zu lassen.
Wenn wir die beiden Änderungsanträge annähmen, wäre die. Folge, daß die Filmförderungsanstalt alle, auch die übelsten Filme dieser Sorte fördern müßte. Die danach eintretende Folge wäre, daß die Produzenten sich auf diese Art von Filmen konzentrierten, weil sie auf diese Weise die höchsten Anteile von der Filmförderungsanstalt bekommen würden.
Das, was mit dem für mich nicht nur verständlichen, sondern von mir geteilten Anliegen in beiden Änderungsanträgen zum Ausdruck gebracht wird, würde also in der praktischen Wirkung genau zum Gegenteil führen. Deswegen muß ich Ihnen empfehlen, bei der Ausschußfassung zu bleiben.
Lassen Sie mich die Gelegenheit benutzen, eine Bemerkung zu machen über die Art und Weise, wie dieses Gesetz in den Ausschüssen beraten worden ist. Es hat in den letzten Tagen einige Stellungnahmen zu diesem Modus procedendi gegeben, zum Teil von einzelnen Mitgliedern des Bundestages, zum Teil von den sogenannten „Jungfilmern". Beide stimmen in der Kritik überein, dieses Gesetz sei überhastet beraten und verabschiedet worden. Ich muß diese Kritik mit allem Nachdruck und mit aller Bestimmtheit zurückweisen.
Dieses Gesetz ist in seiner Thematik nicht nur neun Monate, wie der Herr Berichterstatter zu dieser Fassung gesagt hat, im Parlament beraten worden, sondern schon im letzten Bundestag Gegenstand ausführlicher Beratungen gewesen. Diejenigen, die behaupten, sie seien als Sachverständige nicht in die Beratungen einbezogen worden, darf ich daran erinnern, daß wir im vergangenen und in diesem Bundestag je ein ausführliches Hearing mit allen Beteiligten gemacht haben und daß alle Argumente dabei und danach diskutiert worden sind. Aber manchmal ist es notwendig, meine Damen und Herren, die Teilnehmer an Informationssitzungen des Bundestages daran zu erinnern, daß eine gemeinsame Beratung solcher Themen nicht an der Tatsache rüttelt, daß der Bundestag die letzte Entscheidung und die Absicht hat, sie zu behalten.
Weitere Wortmeldungen? — Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor.
Meine Damen und Herren, von den Änderungsanträgen geht zweifellos der der Abgeordneten Dr. Arndt, Dr. Müller und Genossen am weitesten, weil er die ersatzlose Streichung vorsieht. Ich muß also hierüber zuerst abstimmen lassen.
Wer dem Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Arndt, Dr. Müller und Genossen auf Umdruck 304 *) -- damit soll der Absatz 5 gestrichen werden — zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe! — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
— Stimmenthaltungen? — Bei Enthaltungen rechts ist der Änderungsantrag mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ich komme nun zum Änderungsantrag der Fraktion der Freien Demokraten auf Umdruck 309 **), der Ihnen vorliegt. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Wenige Enthaltungen. Das zweite war die Mehrheit; der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Ich komme damit zu § 7 in der Ausschußfassung. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe! — Enthaltungen? — § 7 ist mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe auf die §§ 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14 — § 15 entfällt —, 16, 17, 17 a, 18, 19, 20, 20 a, 21, 22, Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe! — Das ist so beschlossen.
*) Siehe Anlage 5 **) Siehe Anlage 4
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967 7033
Vizepräsident Dr. Jaeger Ich komme zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht?
Zur allgemeinen Aussprache wird das Wort nicht gewünscht. Dann komme ich zur Schlußabstimmung und gebe das Wort dem Abgeordneten Genscher zu einer Erklärung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist wiederholt gerügt worden, daß das Haus am Freitag bei der Beratung wichtigster Gegenstände nicht voll besetzt sei. Wir haben heute nicht nur bei diesem Gesetz, sondern auch bei der nachfolgenden Sportdebatte Gegenstände von hoher Bedeutung zu beraten. Ich bezweifle deshalb die Beschlußfähigkeit, um Gelegenheit zu geben, die Stärke der Vertretung festzustellen. Die Unterstützung für diesen Antrag reicht aus, Herr Präsident.
Meine Damen und Herren! Wer unterstützt den Antrag auf Feststellung der Beschlußfähigkeit? — Ja, das sind mehr als fünf Mitglieder des Hauses.
Es wird üblicherweise in Form der Auszählung abgestimmt, es sei denn, daß Antrag auf namentliche Abstimmung gestellt ist. Dieser Antrag ist bis jetzt nicht gestellt worden.
— Er ist bisher nicht gestellt!
— Der Antrag ist jedenfalls bisher nicht gestellt, und er wird offenbar auch nicht gestellt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion der SPD beantrage ich namentliche Abstimmung.
Wer den. Antrag unterstützt, den bitte ich um das Handzeichen. — Das sind mehr als 30 Mitglieder des Hauses. Es wird also namentlich abgestimmt.
Meine Damen und Herren, ich eröffne die namentliche Abstimmung zur Schlußabstimmung über den Gesetzentwurf. Wer dem Gesetzentwurf als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, eine blaue Ja-Karte abzugeben; wer ihn abzulehnen wünscht, den bitte ich, eine rote Nein-Karte abzugeben; wer sich der Stimme enthalten will, den bitte ich, eine weiße Karte abzugeben.
Ja CDU/CSU
Dr. Abelein
Adorno
Dr. Althammer
Dr. Arnold
Baier Balkenhol
Prinz von Bayern
Dr. Becher Becker
Berberich
Berendsen
Berger Bewerunge
Biechele
Blank
Frau Blohm
Brand
Frau Brauksiepe
Brese
Brück
Bühler
Dr. Burgbacher Burgemeister
Dr. Conring
Dr. Czaja
Damm
van Delden
Draeger
von Eckardt
Ehnes
Dr. Elbrächter
Ernesti Erpenbeck
Exner Falke
Franke Franzen
Dr. Freiwald
Dr. Frerichs
Fritz
Frau Geisendörfer Geisenhofer
D. Dr. Gerstenmaier
Dr. Gleissner
Dr. Götz
Gottesleben
Frau Griesinger Härzschel
Dr. Hammans
Hanz
Hauser Dr. Hauser (Sasbach) Dr. Heck
Dr. Hellige
Hörnemann Hösl
Dr. Hofmann Horstmeier
Dr. Hudak
Dr. Huys
Illerhaus
Frau Jacobi
Dr. Jaeger
Josten
Frau Klee
Klein
Dr. Kliesing Klinker
Köppler
Dr. Kopf
Krampe
Dr. Kraske
Dr. Krone
Krug
Frau Dr. Kuchtner Lampersbach
Leicht Lenze Leukert
Dr. Luda
Lücke
Dr. Martin
Meis
Meister
Dr. von Merkatz
Mick
Müller
Dr. Müller-Hermann Müser
Niederalt Picard
Frau Pitz-Savelsberg Porten
Dr. Prassler
Rawe
Richarts
Dr. Rinsche
Dr. Ritgen
Dr. Ritz Rösing Rollmann
Rommerskirchen
Ruf
Russe
Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein
Schlager
Dr. Schmid-Burgk Schmidhuber
Dr. Schmidt Frau Schroeder (Detmold) Schröder (Sellstedt)
Frau Dr. Schwarzhaupt Dr. Schwörer
Dr. Serres
Stahlberg
Dr. Stark Dr. Stecker
Dr. Steinmetz
Frau Stommel
Stooß
Stücklen
Dr. Süsterhenn
Teriete
Dr. Dr. h. c. Toussaint Vogt
Wagner Dr. Wahl
Weiland
Weimer
Frau Dr. Wex
Windelen
Winkelheide
Dr. Wörner
Frau Dr. Wolf Wullenhaupt
Ziegler Zink
Berliner Abgeordnete
Benda
Dr. Gradl
Frau Dr. Maxsein Müller
Stingl
SPD
Adams
Ahrens
Dr. Apel
Bäuerle Barche Berkhan Blume Böhm
7034 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967
Vizepräsident Dr. Jaeger Büttner
Buschfort
Eckerland
Frau Eilers
Dr. Eppler
Eschmann
Feuring Flämig Folger
Franke Frehsee
Frau Freyh
Fritz Geiger
Haehser Hamacher
Hansing Hauck
Dr. Dr. Heinemann Hermsdorf
Herold Höhmann
Hörauf
Frau Dr. Hubert
Hübner Hufnagel
Iven
.Jacobi
Jaschke Junghans
Junker Kaffka Kahn-Ackermann
Dr. Koch
Dr. Kreutzmann
Lange Langebeck Lautenschlager
Lemp
Lemper Lenders Löbbert Dr. Lohmar
Maibaum
Marquardt
Marx Matthöfer
Frau Meermann
Dr. Meinecke
Dr. Mommer
Müller
Dr. Müthling
Raffert Ravens Regling Rehs
Reitz
Frau Renger
Dr. Rinderspacher
Rohde Roß
Frau Rudoll
Sänger Saxowski
Frau Schanzenbach
Frau Schimschok
Dr. Schmid Schmidt (Braunschweig) Schmidt (Hamburg)
Dr. Schmidt Schmidt (Würgendorf) Schmitt-Vockenhausen Schoettle
Schulte Schwabe
Seifriz Seither Frau Seppi
Spillecke
Stephan
Dr. Tamblé
Tönjes Welslau Frau Wessel
Westphal
Wiefel Wilhelm
Wolf
Wuwer
Berliner Abgeordnete
Dr. Arndt Bartsch
Frau Krappe
Liehr
Frau Lösche
Neumann Dr. Schellenberg Urban
Wellmann
FDP
Busse
Dr. Dahlgrün
Dorn
Dr. Emde
Dr. Friderichs
Freiherr von Gemmingen Genscher
Dr. Haas Jung
Kubitza Logemann Dr. Mende
Dr. h. c. Menne Moersch
Dr. Mühlhan
Opitz
Peters Ramms
Dr. Rutschke
Scheel
Schmidt
Schultz Spitzmüller
Wächter Zoglmann
Berliner Abgeordnete Borm
Nein
CDU/CSU
Dr. Lenz SPD
Brück
Brünen
Haase Hörmann (Freiburg) Jürgensen
Kern
Könen Koenen (Lippstadt) Müller (Mülheim)
Dr. Müller Dr. Rau
Berliner Abgeordnete
Frau Berger-Heise
Dr. Schulz
Enthalten SPD
Dr. Bardens Dr. Bayerl Biermann Collet Fellermaier Hauffe Hirsch
Killat
Kohlberger Nellen
Dr. Reischl
Berliner Abgeordnete Bühling
FDP
Mischnick
Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung — Schlußabstimmung, dritte Beratung — bekannt. Mit Ja haben 258 uneingeschränkt stimmberechtigte und 15 Berliner Abgeordnete gestimmt, mit Nein 12 der uneingeschränkt stimmberechtigten Abgeordneten und 2 Berliner Abgeordnete, enthalten haben sich 12 uneingeschränkt stimmberechtigte und 1 Berliner Abgeordneter. Demnach ist der Gesetzentwurf Nr. 2290 bei einer Beteiligung von 282 uneingeschränkt stimmberechtigten und 18 Berliner Abgeordneten angenommen. Mit 300 Mitgliedern ist das Haus am Freitagmittag wesentlich besser besetzt, als man gelegentlich der Presse entnehmen kann.
Meine Damen und Herren, ich komme nunmehr nach der Schlußabstimmung zum Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD auf Umdruck 305*). Die Antragsteller verzichten auf Begründung, um den Fortgang der Verhandlungen zu erleichtern; wir haben ja noch wichtige Punkte auf der Tagesordnung. Wird das Wort sonst gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wer dem Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD auf Umdruck 305 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen! Enthaltungen? — Keine Enthaltungen! Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Weinwirtschaft
— Drucksache V/1208 —
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
— Drucksache V/2289 —
Berichterstatter: Abgeordneter Richarts
Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht. Es ist keine Ergänzung erforderlich.
Ich rufe in zweiter Beratung die Art. 1 bis 4, Einleitung und Überschrift auf. Das Wort wird nicht gewünscht.
*) Siehe Anlage 6
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967 7035
Vizepräsident Dr. Jaeger
Wer den aufgerufenen Bestimmungen sowie der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Wird das Wort in der allgemeinen Aussprache gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen! Enthaltungen? — Auch keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen!
Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 30. Oktober 1964 und zu dem Zweiten Protokoll vom 17. November 1966 zur Verlängerung der Erklärung vom 13. November 1962 über den vorläufigen Beitritt der Vereinigten Arabischen Republik zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen
— Drucksache V/2027 —
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen — Drucksache V/2294 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Serres
Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht.
Ich rufe in zweiter Beratung die Art. 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift auf. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen sowie der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Das Wort wird in der allgemeinen Aussprache nicht begehrt. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen! Enthaltungen? — Keine Enthaltungen! Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes
— Drucksache V/2076 —
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesundheitswesen
— Drucksache V/2288 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Dittrich
Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht.
b) Schriftlicher Bericht des Verteidigungsausschusses
— Drucksache V/1831 —
Berichterstatter: Abgeordneter Neumann
Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht. Ist mündliche Ergänzung notwendig? — Das ist nicht der Fall.
Wir kommen in zweiter Beratung zur Abstimmung über die Art. 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. -- Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Wird das Wort in der allgemeinen Aussprache begehrt? — Das ist nicht der Fall. Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich vom Platze zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Eine Gegenstimme. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Bei einer Gegenstimme angenommen.
Ich komme nun zur Abstimmung über den Ausschußantrag Ziffer 2, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären.
7036 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967
Vizepräsident Dr. Jaeger
Erhebt sich Widerspruch? — Das ist nicht der Fall. Dann ist so beschlossen.
Wir kommen nunmehr zu dem ersten Zusatzpunkt:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Rationalisierung im Steinkohlenbergbau
— Drucksache V/2232 —
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen
— Drucksache V/2314 —Berichterstatter: Abgeordneter Russe
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht.
Wir kommen in der zweiten Beratung zur Abstimmung. Ich rufe auf Art. 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift. —Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die allgemeine Aussprache. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Sind das Gegenstimmen? — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Ich rufe den zweiten Zusatzpunkt auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Bergmannsprämien
— Drucksache V/2014 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache V/2331 —Berichterstatter: Abgeordneter Seidel
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen
— Drucksache V/2315 —
Berichterstatter: Abgeordneter Russe
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht. Ist Ergänzung erforderlich? — Das ist nicht der Fall.
Wir kommen in der zweiten Lesung zur Abstimmung. Ich rufe die Art. 1, 2, 3, Einleitung und
Überschrift auf. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen, der Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Das Wort wird in der allgemeinen Aussprache nicht begehrt. Wer in der Schlußabstimmung dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich vom Platze zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Wir kommen zum dritten Zusatzpunkt:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Zollkontingent für feste Brennstoffe 1968, 1969 und 1970
— Drucksache V/2233 —
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen
— Drucksache V/2318 —Berichterstatter: Abgeordneter Russe
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht.
Wir kommen zur zweiten Beratung. Ich rufe auf die §§ 1 bis 13, Einleitung und Überschrift. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte 'ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritte Beratung.
Das Wort zur allgemeinen Aussprache wird nicht begehrt. Ich komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. — Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Damit sind die Zusatzpunkte erledigt.
Wir kommen nunmehr zu Punkt 9 der Tagesordnung:
a) Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Sportpolitik
— Drucksache V/1860 —
b) Große Anfrage der Fraktion der FDP betr. Sportpolitik
— Drucksache V/2264 —
c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Müller , Müller (Mülheim), Dr. Müller-Emmert, Frau Renger, Collet und Genossen und der Fraktion der SPD
betr. Sportförderung
— Drucksache V/1980 —
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967 7037.
Vizepräsident Dr. Jaeger
Zur Geschäftsordnung wird das Wort gewünscht durch den Abgeordneten Wagner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieses Haus lebt vom Austausch der Argumente. Hier kann nur mit der Kraft des Wortes gefochten werden, und dazu gehört auch, daß möglichst vielen Mitgliedern des Hauses Gelegenheit gegeben wird, ihre Meinung zu den einzelnen Punkten vorzutragen.
Wir stehen heute unter einem gewissen Zeitdruck. Ich beantrage deshalb zu diesem Tagesordnungspunkt, daß ,die Redezeit im Einzelfall, mit Ausnahme der Begründung, auf 15 Minuten begrenzt wird. Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen.
Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Genscher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tat lebt dieses Haus vom Austausch der Argumente. Deshalb ist Zeitdruck ein böses Argument für die Einschränkung der Möglichkeiten, hier die Auffassungen darzulegen. Auch wir von der Freien Demokratischen Partei sind der Meinung, daß diese Diskussion lebendig sein soll. Deshalb hätten wir es begrüßt, wenn die Vereinbarung ,des Ältestenrates bestätigt worden wäre, daß derjenige, der vom Manuskript ablesen will, vorher hier von diesem Rednerpult aus die Erlaubnis des Präsidenten einholt. Leider ist das in einer Regierungsfraktion nicht bestätigt worden. Wir sollten aber .den Kollegen, die in freier Rede zu wichtigen Gegenständen länger sprechen wollen, diese Möglichkeit auch erhalten.
Wir werden uns heute bei der Debatte durchaus in diesem Rahmen halten. Nachdem aber bei einer sehr wichtigen Aussprache des Deutschen Bundestages einmal auch aus dem Regierungslager die Drohung gekommen ist, man könne ja der Opposition mit Stimmenmehrheit die Redezeit abschneiden, sagen wir: Wehret den Anfängen! Wir sind deshalb aus grundsätzlichen Erwägungen gegen diesen Antrag.
Noch eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung? — Das ist nicht der Fall.
Es ist also abzustimmen über den Antrag des Abgeordneten Wagner, nach dem nur die Mitglieder des Hauses, die begründen — von jeder Fraktion einer —, eine normale Redezeit von einer Stunde haben sollen, für alle übrigen Abgeordneten die Redezeit auf 15 Minuten begrenzt werden soll. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die große Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Zur Geschäftsordnung Herr Genscher.
Herr Präsident, auf Grund der Feststellungen im Ältestenrat bitte ich, nicht nur festzustellen, ob es die Mehrheit war, sondern, ob es — da es sich um eine Abweichung von der Geschäftsordnung handelt — die Zweidrittelmehrheit war.
Es handelt sich um eine einmalige Abweichung von der Geschäftsordnung, und insoweit ist eine Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder des Hauses erforderlich.
— Ich war bisher der Meinung, daß es eben eine Zweidrittelmehrheit war. Ich frage aber meine Kollegen noch einmal ausdrücklich. — Der Sitzungsvorstand ist sich einig, daß es eine Zweidrittelmehrheit war. Damit ist die Angelegenheit rechtlich klargestellt.
Wir kommen nunmehr zur Begründung der Anfrage der Fraktion der CDU/CSU. Wer wünscht das Wort? — Herr Abgeordneter Dr. Wörner.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Entsprechend den durch Präsident Gerstenmaier angeregten Änderungen in der Gepflogenheit dieses Hauses kündige ich hiermit an, daß ich die Redezeit nicht über 30 Minuten ausdehnen werde.
Sie fragen sich vielleicht, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wozu diese Große Anfrage zur Sportpolitik? Warum hat die CDU/CSU-Fraktion diese Initiative ergriffen? Ist der Sport so wichtig — das ist eine Frage, die mir hin und wieder gestellt wird —, ist es dieser Gegenstand wert, daß man sich auf Grund einer Großen Anfrage darüber unterhält? Steht es denn nicht mit unserem Sport zum Besten? Haben wir nicht jedes Wochenende Millionen von Zuschauern, hat nicht der Deutsche Sportbund inzwischen über 8 Millionen Mitglieder? Sind nicht soeben stolze Zahlen in der Bilanz des Goldenen Planes verkündet worden? Sind nicht unsere Zeitungen voll von Schlagzeilen über den Sport? Sind das nicht Beweise, daß es um den Sport in der Bundesrepublik hervorragend bestellt ist?
Sicher haben wir in der Nachkriegszeit auch hinsichtlich der Förderung des Sports einiges getan. Bund, Länder und Gemeinden haben sehr viel getan. Auch der Deutsche Sportbund kann stolz auf die Erfolge sein, die er erzielt hat. Unsere Sportler können auf die Erfolge stolz sein, die sie — sei es bei internationalen Leistungsvergleichen, sei es bei Olympiaden — erzielt haben.
Aber ich sage: dennoch haben wir keinen Anlaß, uns auf Lorbeeren auszuruhen. Wir sollten uns nichts vormachen; um den Sport ist es auch in der Bundesrepublik Deutschland noch lange nicht so gut bestellt, wie man das nach all diesen Zahlen annehmen sollte. Wir sind weit davon entfernt, ein Volk von Sportlern zu sein; wir sind weit eher ein Volk von Zuschauern. 80% der Menschen der Bundesrepublik treiben nach einer Umfrage überhaupt keinen Sport. Für 8 von 10 Menschen in der Bundes-
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Dr. Wörner
republik ist der Sport viel eher ein sonntägliches Nachmittagsvergnügen als etwa die Möglichkeit, sich zur Leistung anzuspornen, sich gesund zu erhalten.
Ich frage mich deswegen — und wir sollten uns das fragen —: was muß eigentlich noch geschehen, bis jeder einzelne in unserem Volk, bis wir mit der Einsicht ernst machen, daß Sport die beste Gesundheitsvorsorge ist, die es geben kann? Wann endlich begreifen wir, daß Sport und Sportstättenbau wesentlich billiger ist als der Bau von Krankenhäusern und auch wesentlich billiger als die vorzeitigen Renten, die wir bezahlen müssen?
Wenn wir begriffen hätten, wie wichtig der Sport für die Gesunderhaltung, für die biologische Grundsubstanz unseres Volkes, für die Leistungskraft unseres Volkes ist, könnte es dann sein, daß wir immer wieder von neuem über Haltungsschäden bei Kindern und Jugendlichen lesen, könnte es dann sein, daß die Bundeswehr fortlaufend große Teile jedes Jahrganges ausmustern muß, könnte es dann sein, daß die Frühinvalidität so rapide zunimmt, könnte es dann sein — meine Damen und Herren, gestatten Sie mir diesen Hinweis —, daß eine Debatte über Sportfragen in diesem Hause in dieser Besetzung und zu dieser Zeit stattfindet, und könnte es dann sein — lassen Sie mich auch das einmal sagen —, daß man uns auf unsere Frage, wo denn im neuen Hochhaus der Abgeordneten der Sportraum bleibe, gesagt hat, der sei nun leider nicht vorgesehen, ganz abgesehen vom Schwimmbad, von dem wir überhaupt nicht zu träumen wagen? Wir müssen uns darüber im klaren sein: die Zukunft wird gerade an die Leistungskraft und die Spannkraft unseres Volkes enorme Anforderungen stellen. Wir werden nur dann imstande sein, die Aufgaben zu meistern, wenn wir den einzelnen Menschen und unser Volk gesund und leistungskräftig erhalten. Darum ist die Sportförderung kein Luxus, über den man debattieren kann, sondern absolute bitterste Notwendigkeit.
Haben wir uns schon einmal Gedanken darüber gemacht, welchen Wert der Sport auch für die Freizeitbetätigung hat? Wir erleben es, wie sich der Tatendrang und die Energien junger Menschen auf alle mögliche Weise austoben, manchmal in etwas ziellosen Aktionen. Wir könnten wohl darin übereinstimmen, daß es sehr viel besser wäre, diese Energien im sportlichen Wettbewerb zu kanalisieren und sich dort zielgerichtet ausdrücken zu lassen.
Noch etwas. Wie steht es denn um das Ansehen des Sports in unserem Volk? Ist es wirklich so hoch? Wie steht es um das Ansehen des Sports in den Schulen, an den Hochschulen, im öffentlichen Leben, auch bei manchen Politikern? Wird nicht der Sport noch vielfach als überflüssige Nebenbeschäftigung angesehen? Wird er nicht gern als Freizeitbeschäftigung für solche abgetan, bei denen es zu geistiger Betätigung in den freien Stunden nicht reicht? Haben wir nicht noch vielfach das Zerrbild vom Sport, daß das so eine Übung für geistlose Muskelprotze sein müßte? Das mag jetzt vielleicht sehr komisch klingen. Aber denken Sie einmal darüber nach: hier liegt wahrscheinlich die eigentliche Misere des Schulsports beschlossen. Sonst wäre es kaum denkbar, daß der Sportlehrer vielfach das fünfte Rad am Wagen des Lehrerkollegiums ist und es auch noch für einige Zeit bleiben wird, wenn man nichts dagegen unternimmt.
Die Richtlinien der Kultusministerkonferenz aus dem Jahre 1955 klingen sehr schön. Dort heißt es — ich darf mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident, zitieren —:
Bildung und Erziehung sind insgesamt in Frage gestellt, wenn die Leibeserziehung nicht oder nur unzureichend gepflegt wird.
Wie sieht es damit in der Praxis aus? Fragen Sie einmal, wieviel Lehrer begriffen haben, daß die Leibeserziehung ein Bestandteil der Erziehung ist! Fragen Sie einmal, wieviel Direktoren begriffen haben, daß es um die Bildung der gesamten Persönlichkeit in dem Augenblick schlecht bestellt ist, in dem sie den Körper und die körperliche Übung ausschließen. Es gibt keine geistige Disziplin ohne ein Mindestmaß von körperlicher Disziplin, wie umgekehrt körperliche Disziplin auch die geistige Disziplin voraussetzt. Die Leibeserziehung ist eben nicht nur ein Beitrag zur Entwicklung von Muskeln, sondern darin liegt sehr wohl eine Chance für die Heranziehung einer Persönlichkeit in Selbstzucht und in Leistung.
Wir müssen endlich einmal diesen unseligen Dualismus zwischen Körper hier und Geist da überwinden. Wir müssen Schluß machen mit dieser intellektuellen Einseitigkeit unserer Bildungsvorstellungen. Ich sage Ihnen: der Schulsport darf nicht das Stiefkind und der Lückenbüßer in den Schulen bleiben; denn hier im Schulsport entscheidet es sich, welchen Rang der Sport in der Zukunft in unserer Gesellschaft einnehmen wird. Darum der dringliche Appell an die Länder. Der Schulsport muß endlich heraus aus dieser Misere. Es muß ernst gemacht werden mit den Forderungen, die der Deutsche Sportbund im Jahre 1965 mit dem Memorandum aufgestellt hat und die akzeptiert worden sind: tägliche Bewegungszeit im ersten und zweiten Schuljahr, drei Wochenstunden in den darauffolgenden Schuljahren. Auch an den Pädagogischen Hochschulen — denn da fängt es an — muß die Leibeserziehung gleichwertiges Pflicht- und Prüfungsfach sein.
Die Frage, welchen Rang der Sport einnehmen und welches Ansehen er genießen wird, hängt entscheidend davon ab, ob es uns gelingen wird, das zu überwinden, was der Dichter Rudolf Hagelstange einmal den geistigen Hochmut der Wissenschaften gegenüber den Leibeserziehern genannt hat.
Das ist die Ursache, weswegen wir kaum Lehrstühle
für Leibeserziehung an unseren Hochschulen haben.
Wir müssen diese Leibeserziehung auch an den
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967 7039
Dr. Wörner
Hochschulen etablieren; wir müssen vor allem auch die Sportmedizin etablieren.
Mir ist gestern ein Memorandum auf den Tisch geflattert. Ich hatte ursprünglich vor, es zu zitieren; aber die Zeit reicht nicht. Aus diesem Memorandum über Sportmedizin geht hervor: kein einziger Lehrstuhl für Sportmedizin in der Bundesrepublik Deutschland. Ein eklatanter Mangel, und hier muß Abhilfe geschaffen werden.
Ich glaube, wir sollten nicht warten, bis ein schlechtes Abschneiden bei den Olympischen Spielen uns den nötigen Dampf dahinter macht; denn dann garantiere ich Ihnen, daß die Öffentlichkeit aufwachen wird. Dann wird bei uns auch einmal das Wort von der „nationalen Schande" fallen, und dann wird es vorangehen. So lange sollten wir nicht warten. Wie sollten Ernst machen mit der Einsicht
— so wie es in der Charta des deutschen Sports heißt —, daß der Sport erzieherische, gesundheitliche und soziale Aufgaben hat, und sollten dann auch Entsprechendes dafür tun.
Wir von der CDU-Fraktion lassen uns bei der Sportförderung — —
— CDU/CSU-Fraktion!
Ich bedanke mich für diese Korrektur, Herr stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Landesgruppenchef der CSU; Sie mögen mir verzeihen, daß ich „entglitten" bin .Es ist im Eifer des Gefechts geschehen.
Folgende Grundsätze leiten uns bei der CDU/CSU- Fraktion. Zunächst einmal haben wir — und dafür können wir dankbar sein — eine mitgliederstarke, tatkräftige und ideenreiche deutsche Sportbewegung. Sie hat gezeigt, daß sie Initiative hat; die Vereine draußen haben gezeigt, daß sie aus eigener Initiative etwas schaffen können. Wir sollten sie weder gängeln noch verwalten. Darum sind wir jedem Dirigismus abhold, und wir glauben auch nicht, daß wir ein Sportministerium brauchen. Solange und soweit die deutsche Sportbewegung die ihr gestellten Aufgaben frei und aus eigener Initiative bewältigen kann, werden wir sie dabei unterstützen.
Das heißt nicht; meine Damen und Herren, daß wir auf eigene Vorstellungen verzichten. Diese muß der Staat haben, aber er wird sie in enger Verbindung mit der deutschen Sportbewegung entwickeln.
Noch ein Wort! Die Sportförderung ist mit aller Sicherheit eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden.
Das war sie schon in der Vergangenheit; die Ministerpräsidenten haben das anerkannt. Ich verzichte
auch hier auf ein Zitat aus der Empfehlung zum Goldenen Plan vom Oktober 1964. Wie in der Vergangenheit, so hat es auch in der Zukunft zu bleiben. Der Sport ist eine nationale Aufgabe; man kann den Bund nicht davon ausschließen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Sportler draußen hat kein Ohr und auch keine Empfindung für Tauziehen um Zuständigkeiten. Ich will hier ganz klar sagen: wir sollten uns nicht darüber streiten, in welcher verfassungsrechtlichen oder sonstigen Form das vor sich geht. Entscheidend ist, daß vernünftig und effektiv kooperiert wird; das müssen wir zustande bringen.
Schließlich darf man den Sport nicht nur isoliert sehen. Man hat bei allen Maßnahmen staatlichen Handelns die Sportförderung zu berücksichtigen. Also darf kein Neubaugebiet ohne Sportstätte erstellt werden. Wir haben bei den Fragen der Raumordnung und der Landesplanung daran zu denken, so wie wir es hier in den Fragen 3 und 4 ausgeführt haben.
Das gleiche gilt für die Urlaubsregelung für unsere Übungsleiter im Sport. Diese muß mindestens so gut sein wie meinetwegen die für Gewerkschaftler oder Leute ,der Parteien. Es ist nicht einzusehen, warum sie schlechter gestellt werden sollen, wie sie es noch in einzelnen Ländern sind.
Ich spare jetzt Verschiedenes aus, was mir auf der Seele liegt. Ich will nur eines sagen: wenn man die Zahlen in der mittelfristigen Finanzplanung mit dem vergleicht, was wir hier als Forderung vor uns haben, dann müssen wir uns überlegen, ob wir die Prioritäten nicht .entschiedener und nicht anders setzen müssen.
Lassen Sie mich noch etwas zum Leistungssport sagen. Was wir für den Leistungssport in der Bundesrepublik tun, reicht nicht aus. Ich will es gar nicht vergleichen mit den enormen Anstrengungen, die der Ostblock unternimmt, ich will es auch nicht vergleichen mit dem, was Frankreich hier unternommen hat. Ich möchte Ihnen sagen, daß es jedenfalls falsch ist, wenn man in unserem Volk gelegentlich einen Gegensatz herauskristallisieren will — sogar in Kreisen der Sportpädagogen findet man das gelegentlich —: hier Breitensport, hier Leistungsport. Es gibt diesen Gegensatz nicht. Es gibt keine Spitze ohne eine hinreichende Breite und es gibt auch keine Breite ohne eine Spitze. Wir brauchen Leitbilder für die jungen Menschen, und der Spitzensportler ist das Leitbild, das sie haben. Ganz abgesehen davon: den Sport können Sie nicht der Idee des Kampfes, des Wettbewerbs, der Leistung berauben; davon leibt ,er schließlich.
Und noch etwas anderes, meine Damen und Herren; ich will das ganz offen hier ansprechen. Wir sollten auch nicht in Gefahr kommen, in Heuchelei oder in Schizophrenie zu verfallen. Wollen wir doch zugeben: wir lassen unsere Spitzensportler in internationalen Wettbewerben auftreten, dort konkurrieren sie mit den Sportlern anderer Länder, da spielt
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der Gedanke dier nationale Repräsentanz eine Rolle, ob wir das wollen oder nicht, ob uns das gefällt oder nicht. Wenn aber dieser Gedanken eine Rolle spielt — und keiner kann das bestreiten —, dann müssen wir, wenn wir unsere Sportler in diese Konkurrenzen schicken, ihnen die gleichen Startbedingungen bieten. Das heißt nicht, daß wir alles mitmachen können, was im Osten gemacht wird. Es gibt für uns gewisse Grenzen. Der Mensch steht für uns eben höher als der Rekord. Aber diese Grenzen sind noch nicht erreicht, noch lange nicht. Darum meine ich, müssen wir, angefangen von der Talentsuche — Bundesjugendspiele! — über Sportgymnasien und Trainingszentren bis hin zu dem vorgeschlagenen Zentrum für Leistungssport einiges mehr tun. Es ist mir beispielsweise unverständlich, daß die Deutsche Schwimmschule in Köln immer noch nicht gebaut ist. Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß wir eine gewisse Verpflichtung auch gegenüber dem Leistungssportler haben, der häufig seine berufliche Ausbildung vernachlässigen muß. Wir haben eine Verpflichtung, ihm bei der Lösung seiner sozialen Probleme und in seiner beruflichen Ausbildung zu helfen. Wir sind dankbar, daß es da die Deutsche Sporthilfe gibt, und wir wollen versuchen, ihr, wo es sein muß, unter 'die Arme zu greifen.
Ein kurzes Wort noch zum Sport in der Bundeswehr, und hier ein Wort des Dankes an das Bundesverteidigungsministerium. Die Bundeswehr arbeitet sehr gut mit der deutschen Sportbewegung zusammen, und in der Bundeswehr ist schon viel für den Sport geschehen.
Wir wünschen uns allerdings, daß etwas mehr noch für den Leistungssport in der Bundeswehr geschähe. Ich glaube nicht, daß es richtig wäre, ein Sportbataillon einzurichten, wie es die Franzosen haben; ich meine aber, daß enorm viel geholfen wäre, wenn wir Leistungsgruppen schaffen und an entsprechenden Standorten, die sich dafür anbieten, placieren und konzentrieren könnten. Der Deutsche Sportbund und das Bundesinnenministerium sind bei der Auswahl der Standorte gern behilflich.
Noch zur Frage 8: Olympiafahrt der deutschen Jugend. Diese Olympiafahrt ist eine sehr gute Sache. Sie ist eine hervorragende Werbung für den olympischen Gedanken und für die Völkerverständigung, auch eine Werbung für den Sport schlechthin. Die deutsche Sportjugend hat sich bei der Organisation dieser Fahrt Verdienste und Erfahrungen erworben. Wir von der CDU/CSU-Fraktion erwarten, daß die Trägerschaft dieser Fahrten auch in der Zukunft bei der deutschen Sportjugend verbleibt.
Und nun zur letzten Frage. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Politik und Sport sind für uns zwei verschiedene Dinge.
Wir treiben in der Bundesrepublik Sport um des Sports willen, wir treiben Sport nicht um der Politik willen. Darum, meine Damen und Herren — ich glaube, da gibt es in diesem Hause keine unterschiedliche Auffassung —, treten wir für eine Ausweitung der sportlichen Begegnung auch im innerdeutschen Bereich ein.
Ich sage hier — und ich glaube, wie gesagt, es für alle sagen zu können —: jeder Sportler mehr, der aus dem anderen Teil Deutschlands zu sportlicher menschlicher Begegnung zu uns kommt, ist uns willkommen, und wir sind dankbar für jeden Sportler der Bundesrepublik, der sich drüben im sportlichen Wettkampf messen kann.
Als letztes — die Zeit läuft ab —: Der Sport ist Dienst an der Volksgesundheit, und er ist völlig unentbehrlich, wenn wir die Leistungskraft unseres Volkes für die großen Aufgaben der Zukunft erhalten wollen. Darum muß der Sport einen festen Platz in unserer Gesellschaft haben. Ob wir das erreichen, hängt davon ab, ob wir die entsprechende innere Einstellung in unserem Volke, an unseren Schulen, bei unseren Lehrern, aber auch bei den Politikern erreichen können. Ich wünsche mir, daß diese Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU uns in diesem Bemühen einen kleinen Schritt weiterbringen wird. Dann hätte sie ihren Zweck vollauf erfüllt.
Das Wort zur Begründung der Großen Anfrage der Fraktion der FDP hat der Abgeordnete Kubitza.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann nur einen begrenzten Beitrag zur Klärung dessen geben, was Spiel, Sport und Leibeserziehung in unserem gesellschaftlichen Leben und in unserem Bildungswesen bedeuten können. Die Bedeutung, die die Länder dem Sport zumessen, zeigt allerdings die' Besetzung der Bundesratsbank.
Ich bin dem Herrn Staatssekretär aus Bayern dankbar dafür, daß wenigstens er gekommen ist.
Meine Damen und Herren, man kann dabei traditionell argumentieren, oder man geht aus von den Bedürfnissen der modernen Gesellschaft mit ihrer Notwendigkeit, mit den Aufgaben eines technisch bestimmten Zeitalters fertigzuwerden. Ich habe den Eindruck, daß unsere Vorstellungen und Maßstäbe noch weitgehend an der Agrargesellschaft orientiert sind. Die Industriegesellschaft muß vorrangig die Gesundheit vorbeugend fördern und nicht erst die Krankheit bekämpfen. Eine Gesamtrechnung der Ausgaben für das Gesundheitswesen im Jahre 1961 weist die Summe von knapp 35 Milliarden DM aus. Dazu kommen die fiktiven volkswirtschaftlichen Verluste durch Krankheit, Unfall, Frühinvalidität und vorzeitigen Tod in Höhe von etwa 86,5 Milliarden DM. Verschlechtert sich das Verhältnis zwischen Gesundheit und Krankheit, so wird das sehr harte Folgen für unsere Volkswirtschaft haben. Denn die Gesamtleistung unseres Volkes, wie sie sich im Bruttosozialprodukt nieder-
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schlägt, ist in hohem Maße abhängig von der Lebenskraft, der Vitalität der schaffenden Bevölkerung. Vitalität aber bedeutet in erster Linie volle Funktionstüchtigkeit unseres Körpers, wobei die Ungestörtheit der körperlichen Prozesse zugleich das Fundament für die psychischen Abläufe bildet. Meine Damen und Herren, es wäre reizvoll, einmal zu untersuchen, inwieweit körperliche Mängel und Indisponiertheiten Ursachen politischer Fehlentscheidungen waren.
Ich darf das, was ich soeben gesagt habe, — nicht den letzten Satz, sondern das Vorangegangene — durch ein Wort von Professor Dr. Mellerowicz unterstreichen. Er sagt:
Die Wohlstands- und Bewegungsmangelkrankheiten sind zur größten Bedrohung unserer Volksgesundheit geworden. Die Erfolge der modernen Medizin bleiben von fragwürdiger Art, wenn überwiegend ungesunde, morbide und mehr oder weniger geschädigte Menschen länger am Leben erhalten werden, wenn zwei Drittel der Erwerbstätigen vor Erreichen der Altersgrenze invalide werden, die vorhandenen mehr als 500 000 Krankenhausbetten immer noch nicht ausreichen, die Krankenversicherungsbelastung des einzelnen seit Jahrzehnten ansteigt, in jedem Jahr mehr als 10 Milliarden für zum größten Teil vermeidbare Krankheiten und Leistungsminderungen aufgewandt werden müssen.
Er fährt fort:
Es gibt eine vorzügliche Arbeitsgesetzgebung,
die gegen berufliche Überanstrengung schützt.
Aber es gibt keine oder nur unzureichende Gesetze gegen das viel größere Ausmaß an Schädigungen, an passiven Verstümmelungen, die durch ein zu wenig, durch Mangel an körperlicher Arbeit und Übung entstehen.
Soweit Professor Mellerowicz.
Und da die Bewegungsarmut auch die Fettleibigkeit fördert, will ich Ihnen ein Wort Nietzsches nicht vorenthalten, das da lautet:
Ein wenig fetter, ein wenig magerer — wieviel Schicksal liegt in so wenigem!
Der Sport hat eine fundamentale Bedeutung für die Volksgesundheit, für Bildung und Erziehung. In diesem Sinne nimmt die deutsche Turn- und Sportbewegung dem Staate Aufgaben ab, die finanziell und in ihrer Wirkung auf das Zusammenleben dies Volkes nicht annähernd einzuschätzen sind. Dafür danken wir dem Deutschen Sportbund, den in ihm zusammengeschlossenen 36 000 Vereinen mit ihren 400 000 ehrenamtlichen Helfern. Davon wird zwar viel gesprochen, aber in der Gesetzgebung hat sich diese Auffassung, wie z. B. die Ablehnung des FDP-Antrags zur dritten Lesung der Mehrwertsteuer auf Steuerbefreiung der Sportorganisationen untereinander und mit ihren Mitgliedern zeigte, noch nicht durchgesetzt.
Die FDP-Fraktion fragt deshalb, was die Bundesregierung zu tun gedenkt, um dem Sport den gleichen Rang wie anderen gesellschaftlichen Bereichen in der gesamten Gesetzgebung und insbesondere in der Beurteilung der Gemeinnützigkeit zu sichern. Meine Damen und Herren, für die Überarbeitung der steuerlichen Gemeinnützigkeitsbestimmungen liegen zwei Vorschläge vor, einer vom Bundesfinanzministerium und ein zweiter des bekannten Steuerrechtlers Professor Dr. Riewald. Nach beiden Vorschlägen sollen die sogenannten Zweckverwirklichungsbetriebe, wie seither die steuerunschädlichen Hilfsbetriebe, den Charakter der Gemeinnützigkeit nicht stören. Erstmals soll nach dem Vorschlag Riewalds auch aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb keine Steuerpflicht entstehen, wenn der in diesem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erzielte Überschuß zur Deckung der Unkosten im 'gemeinnützigen Bereich der Körperschaft verwendet wird. In Stellungnahmen zu den Entwürfen haben Finanzämter aus der Praxis heraus vorgeschlagen, diese Überschußverrechnung mit den Unkosten im gemeinnützigen Bereich auf zwei oder drei Jahre zuzulassen.
Die FDP-Fraktion bittet Sie deshalb, im Rahmen der in Vorbereitung befindlichen allgemeinen Reform der Abgabenordnung unserem Antrag auf Umdruck 310 zuzustimmen. Durch diese Änderung soll in erster Linie eine Besteuerung von Überschüssen vermieden werden, die dadurch entsteht, daß Mitglieder im Rahmen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs eines Vereins ihre Arbeit kostenlos zur Verfügung stellen. Diese Mitglieder wollen doch ihre freiwillige Arbeitsleistung dem gemeinnützigen Bereich ihres Vereins zugute kommen lassen. Es ist eine unbillige Härte, diese unechten Überschüsse zu besteuern. Die vorgeschlagene Regelung würde den Vereinen eine Rücklagenbildung für den Sportstättenbau ermöglichen, da ja in jedem Falle eine nicht unbedeutende Eigenleistung von ihnen verlangt wird.
Es ist im ganzen festzustellen, daß die Besteuerung der Amateurturn- und -sportvereine als sogenannte Idealvereine gegenüber der Besteuerung von wirtschaftlichen Personenvereinigungen stark benachteilig ist. Der Gesetzgeber sollte deshalb dafür sorgen, daß diese Benachteiligung beseitigt wird.
Der zweite Ihnen vorliegende Antrag auf Umdruck 308 fordert die Bundesregierung auf, die Verordnung über den Sonderurlaub für sportliche Zwecke den veränderten Verhältnissen anzupassen und den Sport nicht besser, aber auch nicht schlechter als andere gesellschaftliche Bereiche zu behandeln.
Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion bekennt sich nach wie vor zum Goldenen Plan und wird alles dransetzen, daß dieser Goldene Plan auch eine „goldene Wirklichkeit" wird. Unser besonderer
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Dank gilt der Deutschen Olympischen Gesellschaft, die 1960 mit ihrem ersten Memorandum die Initialzündung gegeben und mit ihrem zweiten Memorandum das Erreichte und das noch zu Leistende der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht hat.
Um zu einer besseren Klarheit der Zuständigkeiten von Bund, Ländern und Gemeinden zu kommen, schlagen wir folgende Aufgabenteilung vor.
Erstens. Der Bund trägt allein die Kosten für die Errichtung der Leistungs- und Forschungszentren und kommt auch für die Unterhaltung und personelle Besetzung der Zentren auf. Er beteiligt sich auch weiterhin am Bau der überörtlichen Anlagen und gibt die Mittel gezielter als bisher in die finanzschwachen Länder, um die recht oft unterschiedlichen Entwicklungen des Übunsstättenbaus in den einzelnen Ländern auszugleichen.
Zweitens. Die Länder finanzieren gemeinsam mit den Gemeinden die örtlichen Sport-, Spiel- und Freizeitanlagen und sind mit dem Bund an der Errichtung von überörtlichen Sportstätten beteiligt.
Drittens. Der Bund sorgt gemeinsam mit den Ländern für die fortlaufende Anpassung des Goldenen Plans an die strukturellen Entwicklungen und die fortlaufende Modernisierung der einschlägigen Gesetze, Verordnungen, Bestimmungen, Richtlinien usw.
Viertens. Der Bund fördert die Beratung und Forschung auf dem Gebiet des Sportstättenbaus und unterhält dazu das Institut für Sportstättenbau des Deutschen Sporbundes, das gleichzeitig zentrale Beratungsstelle der kommunalen Spitzenverbände ist.
Wir bedauern es sehr, daß es in diesem Jahrhundert in Deutschland noch nicht gelungen ist, durch gesetzgeberische Maßnahmen die Errichtung von Erholungs-, Spiel- und Sportanlagen in den Gemeinden zu sichern.
An Versuchen dazu hat es nicht gefehlt. Ich erinnere an die Entwürfe zu einem Reichsspielplatzgesetz der Jahre 1912 und 1920.
Wir haben zwar gesetzliche Vorschriften, die bei jedem Neubau vorschreiben, wie viele Quadratmeter zum Parken der Autos bereitgestellt werden müssen, Spielplätze für das Kind sind dagegen kaum vorgesehen.
Ich habe nicht den Eindruck, daß unsere Kultus- und Finanzgewaltigen wissen, welche Bedeutung Spiel und Sport für die menschliche Existenz haben, und daß gerade das Kind das Spiel und den Ort dazu braucht, wenn man seinen Gegebenheiten gerecht werden will. Zu Hause darf es nicht spielen, weil der Vater, die Untermieter oder die Nachbarn ge. stört werden. Das Spielen im Treppenhaus verbietet die Hausordnung. Das Spielen auf der Straße verbietet die Polizei oder zumindest die Gefährdung durch den Verkehr. Das Betreten der Grünflächen in den Anlagen ist verboten. Ich fordere alle Gemeinden und Städte auf, dem Beispiel Kölns, Frankfurts und weniger anderer Städte zu folgen, wo es
— insbesondere in Köln — keine Grünanlagen mehr gibt, die nicht betreten werden dürfen.
Wir können uns den Luxus von Grünanlagen allein um der Schönheit willen nicht mehr leisten,
wenn damit immer mehr den Kindern jeder Bewegungs- und Lebensraum genommen wird. Wer sich über die wachsende Aggressivität jugendlicher Banden wundert, sollte sich genau fragen, wo denn ihr Bewegungsdrang als Kinder gestillt werden konnte.
Erfahrene Kriminalisten sagen, daß die Triebfeder jugendlicher Bankräuber in einem starken Abenteuerdrang zu suchen sei, den die Heranwachsenden nicht auf eine harmlose Art austoben konnten. Es genügt heute nicht mehr, den 08/15-Spielplatz mit Sandkasten und Schaukel zu bauen, sondern das Angebot muß differenzierter sein, z. B. mit Robinson-Spielplätzen, die allen Altersstufen das ihnen gemäße Austoben sichern. Leider gilt für viele das Spiel immer noch als unnötig und überflüssig. Es hat sich noch nicht herumgesprochen, daß man ohne Schaden für die Entwicklung des Kindes nicht darauf verzichten kann.
Meine Damen und Herren! Die Bemühungen, unseren Spitzensportlern durch Schaffung von Forschungs-, Leistungs- und Trainingszentren optimale Vorbereitungsmöglichkeiten zu geben, sind um einiges vorangekommen. Zehn Trainingszentren der Verbände sind fertiggestellt oder befinden sich wenigstens im Bau, acht weitere werden geplant. Die Gesamtkosten bewegen sich zwischen 55 und 60 Millionen DM. Sie werden durchweg von Bund, Land und Gemeinde zu gleichen Teilen getragen. Die Frage der Unterhaltungskosten ist in den meisten Fällen ungeklärt. Um aber den höchsten Effekt aus der Leistungsförderung zu ziehen, sollte das bisherige Programm, das entscheidend von der Arbeit in den einzelnen Fachverbänden bestimmt ist, in zwei Richtungen überprüft bzw. ergänzt werden.
Erstens. Ist die Mitbenutzung bestehender Sportschulen der Landessportbünde und Landesfußballverbände sowie die Koordinierung zwischen den Universitätsinstituten für Leibesübungen und den neuen Anlagen gewährleistet, um zur rationellsten Ausschöpfung des bereits Vorhandenen zu kommen?
Zweitens. Ist sichergestellt, daß die Trainer, auch die Heimtrainer, eine kontinuierliche Fortbildung nach den modernsten Erkenntnissen erfahren und junge Kräfte nach Möglichkeit aus den Reihen der Spitzensportler speziell für die Tätigkeit als Bundestrainer herangebildet werden?
Meine Damen und Herren! Erst aus der Zentralisation aller fördernden Maßnahmen für den Spitzensport, aus der Kooperation der Fachverbände auf dem Gebiet der Forschungs- und Lehrarbeit und aus der Konzentration der Tätigkeit der Bundes-
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Kubitza
trainer wird jene Höchstleistung erwachsen, die wir dringend benötigen, um in der Spitze des Weltsports zu bleiben.
Gerade weil die deutsche Turn- und Sportbewegung föderalistisch aufgebaut ist und dezentralisiert arbeitet, ist ein Höchstmaß an Koordination über den Deutschen Sportbund geboten.
Die in dezentralisierter Arbeit zum Tragen kommende Vielfalt kann sich nur dann für das Ganze auswirken, wenn an einer Stelle die Kräfte gebündelt wirksam werden. Diese aus modernen wirtschaftlichen Prinzipien gewonnene Erfahrung muß auch im Sport Eingang finden. Wir fordern deshalb die Bundesregierung auf, im Einvernehmen mit dem Deutschen Sportbund ein allgemeines Zentrum für Leistungsförderung zu errichten. Über die Aufgaben und die organisatorische Form wird man sich sicherlich verständigen können.
Meine Damen und Herren! Vor dem ersten Weltkrieg soll im Bayerischen Landtag folgendes Wort gefallen sein:
Gesunde Völker sind meist dumme Völker. Wir wollen ein gesundes Landvolk.
Nun, meine Damen und Herrn, es wäre sehr reizvoll, diese zwei Sätze insgesamt zu untersuchen. Ich beschränke mich auf den ersten Satz, der etwas widerspiegelt, was auch heute noch in weiten Kreisen geteilt wird, nämlich Sport als Hobby der geistigen Kleingärtner.
Es hat sich an den deutschen Schulen und Hochschulen noch nicht herumgesprochen, daß ihr Bildungsauftrag die leibliche Bildung mit einzuschließen hat. Wir können uns zwar nicht genug tun, uns immer auf die Griechen zu beziehen.
-- Mit ihrem Ideal der Kalokagathia waren sie uns jedenfalls weit voraus. Unverbunden standen und stehen sich Leibliches und Geistiges, Sport und Lernfächer, körperliches Training und intellektuelle Bildung gegenüber. Unsere Bildung ist intellektuell wasserköpfig, und wir haben eine Stillhalteschule mit einer Überbewertung der Kopf- und einer Unterbewertung der körperlichen Leistung. Die einseitige Kopflastigkeit unserer Erziehung begünstigt ein unterschiedliches Maß an Prestige, mit dem die einzelnen Fächer ausgestattet sind, worauf auch schon Kollege Wörner hingewiesen hat, und schafft sogar ein unnötiges und entbehrliches Prestigegefälle zwischen den Lehrern, die diese Fächer unterrichten.
Zwar haben die Kultusminister der deutschen Länder im Jahre 1956 einstimmig eine Empfehlung zur Förderung der Leibeserziehung in den Schulen beschlossen, die da lautet — man kann das nicht oft genug wiederholen, auch wenn der Kollege Wörner den zweiten Satz schon zitiert hat —:
Die Leibeserziehung gehört zur Gesamterziehung der Jugend. Bildung und Erziehung sind insgesamt in Frage gestellt, wenn sie nicht oder nur unzureichend gepflegt werden.
Das Nahziel, das möglichst schnell verbindlich erreicht werden sollte, sah folgendermaßen aus: im
ersten und zweiten Grundschuljahr die tägliche Bewegungszeit, für alle allgemeinbildenden Schulen vom 3. Schuljahr an drei Wochenstunden Leibesübungen und zusätzlich ein Spielnachmittag mit zwei Wochenstunden.
Die Beantwortung meiner Mündlichen Anfrage vom 11. Oktober dieses Jahres zeigt, daß dieses selbst von den Kultusministern als Minimalziel Erklärte im Laufe von elf Jahren allenfalls bis zu 30% verwirklicht worden ist. Wenn es in diesem Tempo weitergeht, werden unsere Kinder bis zum Jahre 2000 warten müssen, ehe das Nahziel erreicht ist, von der täglichen Stunde in Leibesübungen ganz zu schweigen. Dieser Ansatz vom Jahre 1956 hat nicht nur nicht zum Ziele geführt, sondern ist eine einmalige Deklamation geblieben, da in den danach veröffentlichten Plänen zur Bildungskonzeption und Schulreform die Leibeserziehung, wenn überhaupt, so nur in Nebensätzen erwähnt wird.
Eine weitere Forderung dieser Empfehlung war, daß jeder Studierende während der gesamten Studiendauer an der Pädagogischen Hochschule an der praktischen Ausbildung in den Leibesübungen teilzunehmen hat. Eine sehr vernünftige Forderung! Was nützen uns die Turnhallen und Schulsportplätze in den Landgemeinden, wenn der Lehrer oder die Lehrerin keine Ausbildung in Sport hat! Mit der universitätsmäßigen Bildung unserer Lehrer und der damit verbundenen freien Fächerwahl ist allerdings dieser Forderung die Grundlage entzogen. Da nur etwa 10% der Studierenden an den Pädagogischen Hochschulen das Wahlfach Leibeserziehung belegen, wächst der ohnehin schon bedrohliche Lehrermangel für die Leibeserziehung ins Unerträgliche.
Meine Damen und Herren, höhere Schulen und Hochschulen haben eine Schlüsselstellung für die Einschätzung des Stellenwertes von Sport und Leibeserziehung in der Gesellschaft, und sie sind mit verantwortlich für das, was aus einem sich selbst überlassenen Sport werden könnte. Unsere Blindheit für das Notwendige wird nur noch durch unsere Selbstgefälligkeit übertroffen, wonach ja alles so schön, so gut sei.
Wir fordern die Bundesregierung auf, ihren ganzen Einfluß geltend zu machen, daß bei der vorgesehenen Studienreform zeitlich noch genügend Raum für den Breitensport verbleibt und auch der notwendige Bewegungsraum in Form der Universitätssportanlagen bereitgestellt wird. Leistungssportlern müssen gegebenenfalls zusätzliche Semester zugebilligt werden, um mit der angestrebten Verkürzung der Studienzeit nicht die falsche Nebenwirkung zu erreichen, daß diese entweder das Studium aufgeben oder ihrem Sport entsagen müssen.
Meine Damen • und Herren, die Bundeswehr hat den Auftrag, im Rahmen des NATO-Bündnisses die äußere Freiheit der Bundesrepublik zu schützen. Die ungeheuren finanziellen Opfer, die wir für diese Verpflichtung leisten, werden am Ende sinnlos gewesen sein, wenn wir die Verteidigung über das stellen, was zu verteidigen ist. Was nützt uns eine mit den modernsten Waffen ausgerüstete Armee, wenn wir feststellen müssen, daß die körperliche Leistungsfähigkeit zunehmend zurückgeht? Nach neuesten Untersuchungen sind etwa 25 % der Gemuster-
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Kubitza
ten der Tauglichkeitsgrade vier bis sechs für den Wehrdienst untauglich. Bei rund 75 % der Gemusterten sind Haltungsschäden und Deformitäten des Bewegungsapparates festzustellen. Zwischen den Haltungsschäden und den heute vielbesprochenen vegetativen Störungen bestehen enge Zusammenhänge. Es zeigt sich, daß Jugendliche mit schlankem Hochwuchs und schlechter Haltung zu neurozirkulatorischen Störungen bis zur Kreislauflabilität neigen. Dabei handelt es sich überwiegend um junge Männer, die keinerlei sportliche Betätigung vor ihrer Wehrpflicht aufweisen können.
Die körperliche Belastbarkeit der Zwanzigjährigen ist so eingeschränkt, daß bei einem Marsch über 6 km 15 0/o nicht in der Lage sind, diese Strecke ohne Ausfälle zu überstehen. In den meisten Fällen ist es nicht mehr möglich, die festgestellten Schäden im Alter von 20 Jahren zu beseitigen. Nur im Schulalter betriebene Leibesübungen können dem zunehmenden körperlichen Verfall Einhalt gebieten. Da aber im Schulsport keine Änderung in Sicht ist, könnte die Bundeswehr versuchen, wenigstens teilweise diese Mängel auszugleichen. Dazu ist die lange Zeit nach der Grundausbildung besonders angetan.
Ziel müßte es sein, in jeder Kompanie einen im Sport voll ausgebildeten Offizier oder Unteroffizier zu haben, dem verantwortlich der gesamte Sport der Kompanie untersteht und der gegenüber dem Kompaniechef dafür sorgt, daß die Sportstunden nicht für andere dienstliche Zwecke verwendet werden, wie das so oft in der Schule geschieht.
Meine Damen und Herren, wir haben bisher viel zuwenig die Möglichkeiten wahrgenommen, Sportlehrer und Sporthelfer im Rahmen des Entwicklungsdienstes einzusetzen. Das amerikanische Peace Corps tut das seit Jahren mit Erfolg und hat einen eigenen Sachverständigen dafür. Über den Sport sind gerade die Entwicklungsländer leicht anzusprechen und könnten nicht nur zu besserer körperlicher Leistung gebracht, sondern auch vom Wert einer besseren Hygiene überzeugt werden. Zwei Ziele könnte man sich dabei stecken, erstens: die Verbreitung der Leibesübungen, von Spiel und Sport überhaupt, ihre Anwendung in breiten Schichten im Rahmen der Gesamtbildung und der Freizeit, zweitens: die Förderung des schon vorhandenen Spitzensports, der sich international bereits bewährt hat. Gerade für die Verbreitung der Leibesübungen an den Schulen stellen sich wichtige pädagogische Aufgaben wie Zielgerichtetheit und Systematik im methodischen Aufbau, Einfachheit und Natürlichkeit in der Übungsweise, Spontaneität im Unterricht sowie gegenseitige Hilfe und Mitverantwortung im Handeln. Die Erfahrungen der Deutschen Sporthochschule zeigen, daß einige Unterrichtskurse, wie z. B. in Südamerika, etwa 3- bis 4000 Lehrer erfaßten und sich damit auf Hunderttausende von Schülern auswirkten. Die Kosten hierfür betragen nur ein Zehntel von dem, was z. B. die Entsendung von guten Fußballmannschaften kostet, haben aber eine größere Wirkung für die Erziehung dieser Völker.
Der Sport kann in der Tat die Entwicklung eines Gemeinwesens erleichtern und beschleunigen. In einigen Gemeinwesen ist er die einzige Möglichkeit, die Menschen zusammen- und einander näherzubringen. Dies ist besonders in vielrassigen, in ethnisch differenzierten Gemeinwesen der Fall, wo jahrhundertealte Tabus und Traditionen Barrieren errichtet haben, die über den Sport in diesen Ländern abgebaut werden können.
Obwohl der deutsche Sport selbst noch der Entwicklungshilfe bedarf, meine ich, daß parallel zu den eigenen Problemen auch die Maßnahmen zur Unterstützung der Entwicklungsländer laufen müssen. Sie sollten in personeller und technischer Hilfe bestehen sowie im Austausch von Mannschaften. Voraussetzung ist allerdings, daß die bisherige wahllose und zufällige Entsendung von Sportlehrern oder Übungsleitern zentral von sozialpädagogischen und kulturpolitischen Gesichtspunkten aus gesteuert wird und daß eine entsprechende sachgerechte Vorbereitung dieser Entwicklungshelfer vorangeht.
Ich fasse zusammen. Wenn wir in dem jetzigen Tempo fortfahren, werden vielleicht in einem Jahrzehnt die notwendigen Sportstätten zur Verfügung stehen. Generationen wird es dauern, ehe die soziale Prestigestellung des Sports angehoben ist. Das Wort „Je höher ein Engländer sozial steht, um so enger sind seine Beziehungen zum Sport" läßt sich vorerst nicht auf unsere bundesrepublikanische Wirklichkeit anwenden. Solange Schule und Hochschule noch so wenig bewußt ist, daß das Kind oder der junge Mensch nicht ein auf ein Fahrgestell angewiesener Geist ist, sondern springlebendiger Leib ist und einen Leib hat, können alle Versuche der Legislative nur Stückwerk bleiben. Die Zeiten, da man den Sport als die herrlichste Nebensache der Welt bezeichnen konnte, sind vorbei. Es geht auch um Wichtigeres als nur um den Bizeps. Der Sport ist ein Bildungsfaktor eigener Art. Seine vorbeugende gesundheitliche Wirkung ist unbestritten.
Viele der von gedankenlosen Kritikern dem Sport angekreideten Verfallserscheinungen wurzeln nicht in der spezifisch sportlichen Sphäre, sondern sind häufig Ausdruck einer in ihren ethischen Fundamenten erschütterten Gesellschaft. Wir müssen darum dem modernen Menschen die Gefahren verdeutlichen, die ihn von der Zivilisation her bedrohen, und vor den scheinbaren Erleichterungen und vor einem Leben in Passivität warnen. Wenn die heutige Debatte hierzu einen Teil beitragen kann, hat sie ihre Wirkung nicht verfehlt.
Meine Damen und Herren, zur Vermeidung von Zweifeln darf ich darauf hinweisen, daß Zwischenfragen sowohl bei der Begründung als auch bei der Beantwortung der Großen Anfrage nicht möglich sind, sondern erst im Laufe der Aussprache.
Zur Begründung des Antrags unter Buchstabe c hat der Herr Abgeordnete Müller das Wort.
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten begrüßen außerordentlich, daß nach 18 Jahren zum erstenmal eine Sportdebatte hier in diesem Hause stattfindet. Wir glauben, daß sie eine gute Debatte sein wird, weil sie keinen aktuellen Anlaß hat wie Sportdebatten, die in anderen Ländern gelegentlich stattfinden. Ich erinnere mich noch sehr genau, daß es z. B. in Italien wegen des Abschneidens der Fußballmannschaft bei der Fußballweltmeisterschaft beinahe eine Kabinetts- und Regierungskrise gegeben hätte. Ich glaube, daß auch die nationalen Probleme hier nicht im nationalistischen Sinne erörtert werden sollten. Ein falsch angesetzter Doppelnelson oder eine schlecht geschlagene linke Gerade, die gelegentlich die Meinungen draußen erregen können, sollten hier keine Rolle spielen. Auch das Bein eines Franzl Beckenbauer oder eines Uwe Seeler sollte uns hier nicht bewegen, wie es oft draußen die Leidenschaften der Sportfreunde bewegt. Trotzdem, möchte ich sagen, ist es bedauerlich, daß der Kreis derjenigen, die sich hier in diesem Hohen Hause mit den Fragen des Sports beschäftigen, verhältnismäßig klein ist.
Ich darf nur, von mir persönlich aus gesehen, sagen: Mein Vorredner von der FDP war mein früherer Turnlehrer am Gymnasium, und mein Vorredner von der CDU/CSU ist mein Kollege aus der Fußballmannschaft. Wir sind also ziemlich unter uns.
Wenn auch heute schon viel von der objektiven Bedeutung des Sports gesprochen wurde, so darf ich ganz kurz noch einmal darauf hinweisen, daß Automatisierung, Technisierung und der gewisse körperliche Pazifismus, der bei uns durch Fernsehen, Auto, Lift und Telefon weit verbreitet ist, einen ganz entscheidenden Beitrag dazu geleistet haben, daß Haltungsschäden, Bewegungsarmut und all die vielen Zivilisationskrankheiten, die zum Teil schon aufgezählt worden sind, eine sehr bedeutende Rolle bei der Verschlechterung des Gesundheitszustandes unseres Volkes gespielt haben.
Ich darf auch einer Meinung entgegentreten, die gelegentlich vertreten wird, nämlich der, daß die Landbevölkerung, die noch nicht so viel Autos hat und die noch in der frischen Luft draußen leben kann, etwa gesünder 'ist. Wir wissen aus den Musterungsergebnissen bei der Bundeswehr, daß gerade unter den Rekruten aus ländlichen Gebieten besonders viele mit Haltungsschäden 'sind. Ich glaube, daß das ganz entscheidend darauf zurückzuführen ist, daß gerade der Schulsport auf dem flachen Land draußen viel mehr vernachlässigt wird als in den großen Städten.
Wenn wir heute hier im Bundestag über Sport sprechen, dann darf 'ich vielleicht auch ganz kurz eine Bemerkung an uns selbst einflechten. Es wäre gut, bei den Neubauten, die hier zur Zeit für den Deutschen Bundestag entstehen, daran zu denken, eine kleine Gymnastikhalle, ein kleines Schwimmbad oder eine Sauna einzubauen, damit auch wir hier persönlich einen Beitrag zur Sportförderung leisten können.
Ich glaube, daß der Sport nicht den Sinn haben kann, ein krankes Volk wieder zu einem gesunden zu machen. Der Sport kann nur die Aufgabe haben, vorbeugend zu wirken. In diesem Zusammenhang möchte ich gleich das Vorurteil abbauen — es ist von meinen Vorrednern schon erwähnt worden —, daß nämlich Leistungssportler, Sportstars, von vornherein „muskelbepackte Dummköpfe" sein müssen. Eine Untersuchung des Soziologen Dr. Luschen aus dem Jahre 1963 zeigt, daß eher das Gegenteil der Fall ist: daß Menschen, die auf der Schule große Leistungen im Sport vollbringen, meistens die besseren und nicht die schlechteren Schüler sind. Ich will nur zwei Namen stellvertretend für andere nennen — es sollen keine deutschen Namen sein: Ich erinnere an den Dichter Saint-Exupéry und an den Friedensnobelpreisträger Noel Baker, die beide große Sportler waren und auch sonst ihren Mann gestanden haben.
Wir sollten uns auch darüber im klaren sein, daß das Jagen von 22 Leuten nach dem Ball an einem Samstag in einem Stadion vor 50- oder 60 000 Zuschauern mit Sport nicht gleichzusetzen ist. Sport kann nur dann einen Sinn haben, wenn er auf breiter Basis getrieben wird. Hier hat das zweite Memorandum der Deutschen Olympischen Gesellschaft etwas Erfreuliches berichtet. Heute haben die Sportvereine in der Bundesrepublik 8,2 Millionen Mitglieder. Diese Vereine leisten viel, und es muß an dieser Stelle einmal den Funktionären in den Vereinen, aber vor allem dem kleinen Übungsleiter, der sich vielleicht mit einer Kinder- und Jugendgruppe Woche für Woche abmüht, für ihre Leistung gedankt werden.
Diese Übungsleiter erfüllen Funktionen, die leider in der Schule und auf anderer Ebene vernachlässigt werden.
Damit ein Wort zum Schulsport. Im Jahre 1929 gab es in Deutschland bereits einen Erlaß, daß für die Prüfung für das höhere Lehramt die Hausarbeit auch aus dem Fach Leibesübungen gewählt werden kann. Dieser Erlaß ist nicht mehr gültig. Wir haben insofern einen Rückschritt zu verzeichnen.
Ich stelle, wenn man über 'die Einschätzung des Sportlehrers in den höheren Schulen spricht, einmal die rhetorische Frage: wieviel Oberstudiendirektoren als Schulleiter gibt es, die Sport als Lehrfach haben? An diesem einen Beispiel sieht man, wie die Einschätzung ist. Ich will von meinen eigenen Erfahrungen sprechen. Ich selber habe Sport studiert und habe mein Examen gemacht. Ich habe mich aber gehütet — möchte ich fast sagen —, in das höhere Lehrfach zu gehen; ich habe einen anderen beruflichen Weg gewählt. Vielleicht habe ich das aus dem Grund getan, daß der Sport gerade an unseren Gymnasien — und die Altphilologen wissen, daß Gymnasium eigentlich Turhalle heißt —, daß diese sportliche Betätigung, dieses Lehrfach Sport — es ist heute bei den Turnphilologen immer noch mit einem wissenschaftlichen Fach verbunden — an unseren Gymnasien nicht voll genommen wird.
Lassen Sie mich an dieser Stelle ein Wort zur täglichen Turnstunde sagen. Es wäre eine Illusion,
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Dr. Müller
zu glauben, ,daß wir diese tägliche Turnstunde sehr rasch und sehr schnell erreichen könnten, so wünschenswert sie wäre. Ich wäre schon zufrieden, wenn man wenigstens zu den Turnstunden käme, die heute bereits vorgeschrieben sind. Es ist leider so, daß, wenn Stunden ausfallen müssen, weil irgendwelche Schulfeierlichkeiten oder ähnliche Dinge stattfinden, die Turnstunden ausfallen und nicht etwa andere Fächer.
Noch ein Wort zu den Bundesjugendspielen. Die Bundesjugendspiele sind ein guter Beitrag, das breite Interesse der jungen Generation am Sport zu fördern. Sie fördern den sportlichen Ehrgeiz, sie fördern ,das Wettbewerbsdenken. Bedauerlich ist aber, daß die Berufsschulen im allgemeinen in diese Bundesjugendspiele nicht einbezogen sind, weil es an diesen Berufsschulen keinen Sportunterricht gibt. War wissen alle, daß gerade unter den Lehrlingen — das zeigen die Musterungsergebnisse — Haltungsschäden weit, weit verbreitet sind.
Hier eine Anregung an die Kultusminister. Leider sitzt — ich kann es wieder sagen — nur ein Staatssekretär aus einem Bundesland hier.
— Ich wollte das, weil ich selber aus Bayern komme, nicht so deutlich sagen,
sonst heißt es, wir machten immer so viel Reklame mit unserem eigenen Land.
Ich wollte die Anregung geben — ich hoffe, daß 'die Herren Kultusminister das Protokoll nachlesen —, die Kultusminister sollten sich gerade einmal mit der Frage des Sports an den Berufsschulen beschäftigen. Über die Sportausbildung an den Berufsschulen und über die Bundesjugendspiele ist nämlich die Chance gegeben, die Talentsuche auf eine viel breitere Basis zu bringen.
Lassen Sie mich noch ein Wort zu dem Problem Sport und Schule sagen. Der Zug der modernen Schule geht — gerade auch in den großen Städten — 'zur Ganztagsschule. Ich glaube, daß man in das Konzept der Ganztagsschule auch den Sport einbeziehen sollte. Damit ist auch die Frage von Sportgymnasien oder von Sportzügen an höheren Schulen angesprochen. Ich glaube, .daß über solche Maßnahmen die Möglichkeit besteht, von der Talentsuche zu einer Talentförderung zu gelangen.
Ein Wort zum Goldenen Plan! Es ist ohne Zweifel, 'daß mit diesem Goldenen Plan viel geleistet wurde. Aber ich betone — der Herr Bundesinnenminister wird ja in seiner Antwort sicher darauf eingehen —: der Bund hat leider nicht die Gelder, die nach 'dem Goldenen Plan als Anteil des Bundes notwendig gewesen wären, in dem Umfang zur Verfügung gestellt, wie das wünschenswert gewesen wäre.
Das zweite Memorandum begründet das auch. Im Hinblick auf die Zukunft müssen wir uns ernsthaft Gedanken darüber machen, wie der Goldene Plan weiter verwirklicht werden kann. Wir wissen, daß die Gemeinden und die Länder, die in den letzten Jahren sehr viel für den Goldenen Plan getan haben, auf Grund ihrer finanziellen Situation heute weitgehend an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angelangt sind. Es wird also nicht mehr etwa eine Vernachlässigung bei den Ländern oder beim Bund durch eine Übererfüllung des Goldenen Plans durch die Gemeinden ausgeglichen werden.
Vorhin ist davon gesprochen worden, daß es sich im Bereich der Sportförderung und des Sportstättenbaus um eine faktische Gemeinschaftsaufgabe handle. Die Ministerpräsidenten haben sich zweimal, 1962 und 1964, sehr positiv zu einer solchen Gemeinschaftsaufgabe geäußert. Leider wissen wir, daß die Verhandlungen in bezug auf die Anerkennung des Sports und der Errichtung von Sportstätten als einer Gemeinschaftsaufgabe nicht sehr günstig aussehen. Ich möchte an die Ministerpräsidenten der Länder appellieren, diesen Problemkreis noch einmal zu durchdenken.
Da ich nun schon einmal von den Ländern spreche: ich habe Bayern ein Lob ausgesprochen, weil es hier vertreten ist. Ich will auch Nordrhein-Westfalen ein Lob aussprechen, weil es vor wenigen Tagen einen Förderungsplan für den Leistungssport vorgelegt hat. Dieser Förderungsplan zeigt nach meiner Ansicht beispielhaft auch für andere Bundesländer, wie eine Konzeption für die Leistungssportförderung entwickelt werden kann.
Noch eine Bemerkung zu den Sportstätten, die gebaut werden. Wir glauben, daß Sportstätten, die aus dem Goldenen Plan gefördert werden, auch weitgehend den Vereinen kostenlos für das Training zu Verfügung gestellt werden sollten. Es geht nicht an, wie es gelegentlich der Fall ist, daß man die Vereine durch hohe Mieten daran hindert, diese Sportstätten zu nutzen.
Auch sollte das Antragsverfahren für die Gewährung von Mitteln vereinfacht werden. Nebenbei bemerkt: im Hinblick auf die Fragen der Raumordnung und des Bundesbaugesetzes sollten einmal neue Überlegungen darüber angestellt werden, wie die Frage der interkommunalen Zusammenarbeit besser als bisher gelöst werden kann.
Aber auch ein kritisches Wort an die Bauherren von solchen Sportstätten. Die finanzielle Lage in Bund, Ländern und Gemeinden zwingt uns dazu, bei den dringend notwendigen Sportstätten so einfach wie möglich zu bauen. „Schwimmopern" haben keinen Sinn, um das einmal ganz klar und deutlich zu sagen.
Einfache Bauweise, Fertigbau und Normierung bringen auch eine Verringerung der Folgelasten mit
sich. Ich würde es begrüßen, wenn man hier durch
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Dr. Müller
Koordination die Möglichkeit schaffen könnte, Gelder einzusparen, die man bisher vielleicht nicht eingespart hat.
Besonderen Wert lege ich auf den Bau von Schwimmbädern. Man hat nicht umsonst im alten Griechenland gesagt — ich will es nicht griechisch zitieren —, daß er weder lesen noch schwimmen kann. Die Tatsache, daß mehr als 50 % unserer Bevölkerung nicht schwimmen können, müßte uns als verantwortliche Volksvertreter etwas Sorgen machen.
Noch eine Bemerkung, die mit den Erholungsmaßnahmen zusammenhängt. Wir wissen, daß eine Reihe von sozialen Einrichtungen, Krankenkassen usw., eine Fülle von Erholungsmaßnahmen für Leute durchführen, deren Gesundheit gefährdet ist, und daß bei diesen Erholungsmaßnahmen leider in den wenigsten Fällen Sportanlagen oder Gymnastiklehrer zur Verfügung stehen. Deshalb hier ein Wort an die Verantwortlichen, dafür zu sorgen, daß ein Gymnastiklehrer vorhanden ist, der mit diesen Leuten, die sich erholen sollen, etwas körperliche Übung treibt.
Auch ein Wort zur Sportmedizin. Wir haben heute keinen ordentlichen Lehrstuhl für Sportmedizin in. der Bundesrepublik. Wir haben zwei Institute, eins in Freiburg und eins in Münster. Wir haben aber nicht in dem Ausmaße Einrichtungen in der Forschung und in der Umsetzung aus der Forschung in den praktischen Sport. Die Sportmedizin hat für den Jugendsport große Bedeutung als vorbeugende Gesundheitsfürsorge. Sie hat für den Alterssport große Bedeutung, weil sie den Altersvorgang bremsen und auch hier sehr positiv einwirken kann. Wir brauchen mehr Institute für Sportmedizin in enger Zusammenarbeit mit den Hochschulinstituten für Leibesübungen, und wir brauchen darüber hinaus eine sportmedizinische Ausbildung auch der Ärzte, die mit jungen Menschen zu tun haben, etwa der Schulärzte, damit sie etwas Ahnung von Fragen der Sportmedizin haben.
Ein Wort zu unseren Hochschulinstituten für Leibesübungen. Leider steht es auch hier nicht zum besten. Wenn man die Vorschläge des Wissenschaftsrats und ihre Erfüllung vergleicht, dann stellt man leider fest, daß gerade auch bei Hochschulinstituten für Leibesübungen immer der Rotstift der Streichung angesetzt wird. Hier muß mehr getan werden. Diese Hochschulinstitute für Leibesübungen sollten aber zugleich in Zusammenarbeit mit den Vereinen und mit den Sportorganisationen als Zentren der Leistungssportförderung zur Verfügung stehen. Leistungszentren werden heute von allen verlangt. Ich stelle auch die Frage an den Herrn Bundesinnenminister, ob wirklich bereits für alle Sportarten Leistungszentren vorgesehen sind.
Diese Leistungszentren allein genügen nicht, wenn nicht entsprechende Trainer vorhanden sind. Hier stellen sich die Fragen der Folgelasten — wer bezahlt diese Trainer? —, und hier möchte ich sagen, daß die öffentliche Hand mithelfen muß, solche Trainer zu unterhalten.
Zu den Übungsleitern hier eine Bemerkung. Ich habe Ihnen vorhin gedankt. Ich glaube aber, daß
Dank allein nicht genügt, um das Problem der Übungsleiter draußen in den Vereinen zu lösen. Wir müssen versuchen, mehr Übungsleiter zu bekommen; wir müssen versuchen, dafür Anreize zu finden. Anreiz dafür könnte sein, daß man in einen einzuführenden Bildungsurlaub die Ausbildung zum Übungsleiter in einem Sportverein mit einbezieht, genauso wie andere Ausbildungen. Anreiz könnte vielleicht auch sein, daß man gewisse steuerliche Vorteile gewährt.
Lassen Sie mich zur Frage der Koordinierung der ganzen Sportpolitik kommen. Auch hier haben meine Vorredner bereits etwas ausgesagt. Ich würde es für gefährlich halten, wenn man auf die Idee käme, daß etwas besonders koordiniert werden müßte, auf die Idee käme, ein Bundesamt für Sport oder ein Sportministerium zu schaffen. Ich glaube aber, daß auf der Ebene der Bundesregierung eine Stelle geschaffen werden müßte, wo all die Erfahrungen aus Sportmedizin, Pädagogik, Soziologie, Psychologie usw. zusammengefaßt werden, um diese Erkenntnisse im Wert nach dem Subsidiaritätsprinzip den Vereinen und den einzelnen Organisationen zugute kommen zu lassen. Dazu gehören selbstverständlich auch ein Dokumentationszentrum und ähnliche Dinge. Ich glaube, daß eine solche Koordinierung auch von den Vereinen draußen, die. mit Recht auf ihre Selbständigkeit sehen, begrüßt würde.
Ein Wort zur Bundeswehr. Es wird oft soviel davon gesprochen, daß die Wehrpflichtigen in 18 Monaten zuviel Gammeldienst leisten müßten. Ich glaube, hier übertreibt man draußen etwas. Es steht nicht schlecht um den Sport in der Bundeswehr, aber es könnte mehr getan werden, vor allem auf einem Gebiet, nämlich dem des Leistungssports. Lassen Sie hier keine Mißverständnisse aufkommen. Ich bin auch nicht für Sportbataillone oder Sportkompanien, in denen die Leistungssportler zusammengezogen werden. Man sollte aber dafür sorgen, daß Leistungssportler der gleichen Sportart möglichst in die gleiche Einheit oder in die gleichen Standorte kommen, damit sie außerhalb ihrer Dienstzeit bei der Bundeswehr ihr Training für den Leistungssport durchführen können. Es ist ein schlechtes Beispiel, wie es einmal vor Jahren passiert ist, wenn eine sehr gute deutsche Rudermannschaft auseinandergerissen wird, weil der eine nach Norddeutschland und der andere nach Süddeutschland eingezogen wurde. Hier hat die Bundeswehr eine Möglichkeit, helfend einzugreifen, um auch in der Bundeswehr den Leistungssport zu fördern. Die Trainingsmöglichkeiten, die in der Bundeswehr vorhanden sind, sollten genutzt werden, die Sportstätten, soweit es möglich ist, auch den Vereinen zur Verfügung gestellt werden.
Meine Damen und Herren, es liegt nahe, daß ich — als Bayer und als Münchener — ein paar Worte zur Olympiade 1972 sage. Ich darf daran erinnern, daß das Wort „Olympiade" ursprünglich den Zeitraum von vier Jahren bedeutet, der zwischen zwei Olympischen Spielen liegt. Ich glaube, man sollte das ganze Problem der Olympiade nach dem ursprünglichen Sinn des Wortes betrachten. Olympiade hat nicht Bedeutung wegen der vierzehn Tage,
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Dr. Müller
in denen sie stattfindet, und wegen der Leistungen, die dort erzielt werden. Die vier Jahre zwischen zwei Olympiaden sind der Zeitraum, wo eine breite Sportförderung mit Leistungsspitzen abzulaufen hat; alle vier Jahre findet dann sozusagen der Generaltest statt, wie weit man nun mit der leistungssportmäßigen Betätigung in den einzelnen Ländern ist. In diesem Sinne erhoffe ich eine Begeisterung für die Olympiade hier in der Bundesrepublik. Nicht nur, daß man 1972 zu Hunderttausenden nach München kommt — die Verkehrsverhältnisse sind ja jetzt schon schlimm genug —, sondern auch in dem Sinne, daß die Olympischen Spiele von 1972 dazu beitragen, vorher bereits die Begeisterung für den Sport in der Bundesrepublik zu wecken und eine Verbreiterung der Schicht derjenigen zu schaffen, die sich für Sport interessieren und selber aktiv Sport treiben.
Es ist eine große Chance für uns, daß diese Olympischen Spiele in der Bundesrepublik stattfinden, eine einmalige Chance in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts für den Leistungssport, für den Breitensport und für das Verständnis für den Sport auch unter den Politikern; um es einmal ganz deutlich zu sagen: Wir sollten uns diese Chance nicht entgehen lassen.
Ich glaube, daß der Bund hier entsprechende Beiträge leisten muß, die — ich sage es ausdrücklich —nicht nur in den Sportstättenbau gehen dürfen, sondern auch darüber hinausgehen müssen.
Für uns im Parlament ist es notwendig, nicht alle 18 Jahre eine Sportdebatte zu führen; wir sollten uns ständig mit dem Sportproblem — nicht in Plenardebatten, aber vielleicht in den Ausschüssen — auseinandersetzen. Aus diesem Grunde hat meine Fraktion auch einen Antrag gestellt, der an Ausschüsse überwiesen werden soll, damit wir in den Ausschüssen einmal gründlich über die Probleme des Sports reden können. Wer Sportler ist, weiß, daß Intervalltraining modern ist. Für die Politik und die Beschäftigung der Politiker mit dem Sport wäre aber Intervalltraining schädlich. Wir sollten nicht gelegentlich, so alle paar Jahre, eine große Debatte machen, sondern uns lieber ständig mit diesem Problem beschäftigen. Das Leistungsprinzip — das möchte ich deutlich sagen — sollten wir dabei nicht fallenlassen. Es schadet dem Sport nicht und es schadet dem Parlament nicht, wenn die Abgeordneten und die Fraktionen in einem Wettkampf untereinander, einem Leistungswettbewerb, in einem Wettbewerb für den Sport ihre Meinung zeigen; nicht so deutlich, Herr Hammans, wie Sie das gerade mit dem Ärmelaufkrempeln gezeigt haben, sondern in der sachlichen Auseinandersetzung für die Interessen des Sports.
Ich bitte, unseren Antrag auf Überweisung anzunehmen.
Das Wort hat der Herr Bundesinnenminister.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Die Bundesregierung begrüßt die Gelegenheit, aus Anlaß der Großen Anfragen der CDU/CSU-Fraktion vom 9. Juni 1967 und der FDP-Fraktion vom 8. November 1967 und des Antrages der sozialdemokratischen Fraktion ihre Vorstellungen zum Sport darzulegen. Es ist, wie ausgeführt wurde, das erstemal, daß der Bundestag in dieser Ausführlichkeit Probleme des Sports erörtert.
Die Frage nach der Bedeutung des Sports in unserer Zeit beschäftigt mehr oder weniger die Regierungen aller Kulturstaaten. Ich glaube, daß in der allgemeinen Antwort, daß dem Sport in der modernen Gesellschaft eine überragende Funktion zukommt, Übereinstimmung besteht. Gemeinsam ist allen die Erkenntnis, daß dem Sport eine starke erzieherische und persönlichkeitsbildende Kraft innewohnt. Allgemein wird darüber hinaus anerkannt, daß die moderne Industriegesellschaft dem Sport zusätzlich eine gesundheiterhaltende und soziologische Aufgabe von großer Bedeutung zuweist. Der Aufschwung des Sports in den vergangenen hundert Jahren parallel der industriellen Entwicklung ist kein Zufall. Es waren und sind drei Faktoren, die den Menschen der modernen Zeit den Sport in einem besonderen Licht erscheinen lassen: die Bewegungsarmut, die Zunahme an freier Zeit, aber, so meine ich, auch etwas die Vereinsamung der einzelnen Menschen in unserer Gesellschaft.
Wir alle kennen die Zivilisationsschäden durch die zunehmende Bewegungsarmut. Die Möglichkeit, sich im Bereich der Arbeitsstätte Ausgleich zu verschaffen, fehlt leider weithin. Das gilt auch für die Freizeit in der nächsten Umgebung der Wohnung. Für unsere Jugend, die zur gesunden körperlichen Entwicklung einen besonders großen Bedarf an Bewegung hat, kann die Schule allein diesen Ausgleich nicht bieten. Zur Verdeutlichung der Situation nur eine Zahl: Die von 1960 bis 1965 durchgeführten Musterungsuntersuchungen ergaben, das 25 % der Untersuchten für den Wehrdienst untauglich waren.
Dabei wurden vor allem Haltungsfehler, Herz- und Kreislauferkrankungen und vegetative Dystonien festgestellt. Alle Krankheits- und Todesstatistiken zeigen, daß diese Erkrankungen weit häufiger sind als Krebs und Infektionskrankheiten. Es besteht also kein Zweifel, daß durch unsere derzeitige Lebensweise ein gefährlicher, folgenschwerer Degenerationsprozeß eingesetzt hat.
Eine weitere Folgeerscheinung der Technisierung und der Rationalisierung der Arbeitsvorgänge ist eine zunehmende Arbeitszeitverkürzung. Die Freizeit ist seit 1910 von 1000 Stunden auf 3000 Stunden jährlich gestiegen. Diese Entwicklung ist sicherlich zu begrüßen. Fehlen jedoch die Möglichkeiten für eine sinnvolle Entspannung, kann sich die vermehrte Freizeit leicht ins Negative verkehren.
Schließlich hat die Industrialisierung zu einer Verstädterung und damit zu einer Zusammenballung der Menschen auf engem Raum geführt. Alte und natürliche Sozialstrukturen haben sich zwangsläufig aufgelöst. Das Zusammenrücken unserer Menschen auf engem Raum hat eine Vereinsamung vieler einzelner bewirkt.
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Bundesminister Lücke
Für diese Folgeerscheinungen der modernen Industriegesellschaft stellt meines Erachtens der Sport ein geradezu ideales Gegenmittel dar. Er verschaft dem Körper die notwendige Bewegung, er bietet die Möglichkeit sinnvoller und nutzbringender Freizeitgestaltung.
Meine Damen und Herren, der Sport ist heute nicht mehr eine Angelegenheit einiger weniger, etwa aus Freude am Spiel und aus dem Streben einer Elite nach Höchstleistungen. Der Sport ist heute eine Notwendigkeit für Menschen aller Berufsgruppen und Altersklassen. Damit wird der Sport zu einem bedeutsamen Faktor in unserer Gesellschaft. Der Sport ist keine Staatsaufgabe, ist jedoch fein Gegenstand staatlicher Förderung und
Unterstützung.
Zu den tragenden Grundsätzen unserer Verfassung gehört das Subsidiaritätsprinzip. Das heißt, die ideelle und materielle Unterstützung des Staates soll und darf nur dort einsetzen, wo die ieigenen Kräfte des Sports nicht mehr ausreichen, die ihm zukommende gesellschaftliche Aufgabe zu erfüllen. Nur aus dieser Sicht ist es gerechtfertigt, und hierin stimmten alle Redner, die vor mir gesprochen haben, überein —, von einer Sportpolitik unseres Staates zu sprechen. Um jedes Mißverständnis auszuschließen: das Ziel jeder Sportpolitik ist die freie Entfaltung der Persönlichkeit des einzelnen, die gesunde Entwicklung seiner körperlichen und seiner geistigen Kräfte. Dort aber, wo der Sport Selbstzweck wird, wo nationale und ideologische Interessen über die Person des Sportlers gestellt werden, verliert der Sport seinen Wesensgehalt.
Meine Damen und Herren, die Bundesregierung lehnt daher in Übereinstimmung mit den Sportorganisationen in der Bundesrepublik einen Staatssport oder einen staatlich gelenkten Sport ab.
Wir wollen ,ein Höchstmaß an Freiheit für den Sport. Zugleich wollen wir sicherstellen, daß die Möglichkeiten des Sports in vollem Umfang möglichst allen unseren Staatsbürgern zugute kommen. Nur so bleibt die Bereitschaft freiwilliger Mitarbeit vieler Tausender ehrenamtlicher Helfer im Bereich des Sports erhalten.
Durch diese Erkenntnis und das Bekenntnis, daß der Sport allein dem Menschen zu dienen hat, unterscheiden wir uns von kommunistisch regierten Ländern. Für diese Staaten ist der Sport gleichzeitig ein Mittel der Politik. Sportliche Erfolge auf internationaler Ebene bedeuten dort leider allzu oft Gütezeichen der eigenen Ideologie.
Keineswegs verschließe ich mich der Einsicht, daß heute der Sport im internationalen Raum auch ein Mittel nationaler Repräsentanz ist. Das dokumentiert sich in zahlreichen Sportbegegnungen von Nationalmannschaften bei internationalen und bei unseren Weltmeisterschaften, nicht zuletzt aber auch bei den Olympischen Spielen. Man mag diese Entwicklung bedauern oder auch nicht, das steht hier nicht zur Diskussion. Sie wird sowohl im Bereich des Sports als auch der Sportpolitik Berücksichtigung finden müssen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine der wichtigsten Aufgaben sehe ich darin, den Breitensport zu fördern und ihn mit allem Nachdruck zu unterstützen. Der Breitensport dient in erster Linie der Steigerung und der Erhaltung der Leistungskraft möglichst vieler, und es sollte unser Ziel sein: möglichst allen in unserem Volke die Gelegenheit dazu zu geben.
Es ist vielleicht angebracht, von dieser Stelle ein Wort des Dankes zu sagen der deutschen Turn- und Sportbewegung, ihrem Präsidium und Ihrem Präsidenten Willi Daume.
Dank auch den 8 Millionen — die Zahl wurde hier auf 8,2 Millionen erweitert — Mitgliedern in 36 000 Vereinen und nicht zuletzt Dank den 400 000 ehrenamtlichen Mitarbeitern im deutschen Sport.
Diesen ehrenamtlichen Mitarbeitern ist es in erster Linie zu verdanken, daß wir heute zu den führenden Sportnationen der Welt zählen. Mit diesem Dank verbinde ich meine Bitte an die deutsche Turn-und Sportbewegung — auch an die Länder —, noch mehr zur Aktivierung des Breitensports beizutragen.
In einem Wunschkatalog, den nun einmal der für den Sport zuständige Bundesminister zu vertreten hat — die Aufgabe gehört zu meinem Ressort —, möchte ich folgende Wünsche äußern: ausreichende Zahl von Übungsstätten an richtiger Stelle, weitere Neugründungen von Turn- und Sportvereinen, Ausweitung der Sportarten in den bestehenden Vereinen, Ausbildung und Bereitstellung einer ausreichenden Zahl von Übungsleitern, Aktivierung der sportlichen Betätigung des einzelnen im privaten Bereich durch eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit, weiterer Ausbau des betrieblichen Ausgleichssports.
Meine Damen und Herren, es kann nicht die Aufgabe des Bundes sein, den Breitensport auf allen Ebenen zu organisieren. Ich werde jedoch noch mehr als bisher die methodische Entwicklung des Breitensports fördern. Hier stehe ich in enger Zusammenarbeit mit dem Deutschen Sportbund. Hierzu bedarf es der Durchführung von Forschungen, Modellversuchen, Modellanlagen und auch eines gewissen Werbeaufwands. Darüber hinaus benötigen wir vermehrt Lehrkräfte, die, nach einheitlichen Richtlinien ausgebildet, in den Sportverbänden Übungs- und Freizeitleiter heranbilden. Nicht zuletzt brauchen wir die sportmedizinische Förderung im Bereich des Breitensports.
Neben diesem Breitensport stehen der Leistungs- und der Hochleistungssport. Ich betone noch einmal, daß ich den Sport als eine Einheit sehe. Der Hochleistungssport ist eine gesunde Weiterentwicklung des Breiten- und des Leistungssports. Ich meine, daß beide einander bedingen und ergänzen. Aus dieser Auffassung leitet sich unsere Feststellung ab,
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daß bei uns der Sport dem Menschen zu dienen hat. Kein nationales Prestigegedenken kann und sollte uns von diesem Grundsatz abbringen.
Ist die gezeigte Höchstleistung nur noch ein Produkt von medizinischen und psychologischen Manipulationen, so müssen wir und sollten wir das energisch als Mißbrauch des Sports bezeichnen.
Die sportliche Höchstleistung darf nicht chemisch und medizinisch konstruiert werden. Sportmediziner, Sportpädagogen und Soziologen tragen hier die Verantwortung, daß die Grenze zwischen ,der zulässigen Hilfe und unzulässiger Manipulation beachtet wird. Ich bin mit dem Deutschen Sportbund, darin einig, daß unsere Hochleistungssportler durch laufende ärztliche Kontrolluntersuchungen in fachlich gut geleiteten und technisch gut ausgerüsteten Untersuchungsstellen betreut werden. Der Hochleistungssport als Mittel ,der Erziehung und des Ansporns für alle Leistungsklassen verdient .die volle Unterstützung des Staates.
Vor einer Fehlbeurteilung, meine Damen und Herren, sollten wir uns allerdings hüten. Ich meine, daß die positive Entwicklung des Hochleistungssports nicht allein vom Geld abhängt.
Wir brauchen eine Reihe von gezielten, langfristigen Maßnahmen sicherlich in allen Bereichen ,des Sports. Ich meine, daß sich erst im Zusammenwirken 'der von uns erstrebte Erfolg erwarten und erhoffen läßt. Die Bemühungen um den Leistungssport vollziehen sich auf vier Ebenen.
Erstens: die Talentsuche. Sie ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine starke Spitze. Deshalb sollte die Talentsuche breit angelegt sein. Ich meine, .den zukünftigen Olympiasieger sollten wir bereits in der Volksschule und im kleinsten Verein suchen; sonst wird es ihm schwer, Olympiasieger zu werden. Ein hervorragendes Mittel dazu sind die hier 'wiederholt mit Recht herausgestellten Bundesjugendspiele. Sie sollten in ihrer jetzigen Form weiterentwickelt und auf die Berufsschulen erstreckt werden. Die Länder Bremen, Niedersachsen und Baden-Württemberg haben bereits interessante Versuche einer gezielten Auslese sportlicher Begabungen vorgenommen.
Die Basis der Begabtenreserve läßt sich auch dadurch erweitern, daß der Sportstättenbau — gerade in ländlichen Gegenden, wie hier mit Recht festgestellt worden ist — vielseitiger gestaltet wird. Dort, wo es keine 400-Meter-Bahn oder keine Hammerwurfanlage gibt, wird es auch keine 400Meter-Läufer und auch keine Hammerwerfer geben. Ich habe deshalb ganz bewußt für eine zukünftige Förderung des Sportstättenbaus den Begriff der Mehrzwecksportanlage in Orten mit zentraler Bedeutung vorgesehen, um diesem Anliegen besonders Rechnung zu tragen.
Zweitens. Die zweite Stufe besteht in der Weiterförderung .der bereits entdeckten Talente auf regionaler Basis in Trainingsgemeinschaften, die vom Verband organisiert werden öder in Vereinen, in denen talentierte Sportler zusammengefaßt werden. In diesem Zusammenhang möchte ich das große Entgegenkommen der Bundeswehr und des Bundesgrenzschutzes erwähnen, die es den Wehrpflichtigen Leistungssportlern ermöglichen, an dem Vereins- und Verbandstraining teilzunehmen.
Drittens. Die Vorbereitung der Hochleistungssportler auf Bundesebene. Hier gibt es seit einigen Jahren eine Reihe von gezielten Maßnahmen, die die Bundesregierung gemeinsam mit den Sportverbänden durchführt. Als die wichtigsten nenne ich die Durchführung von Trainingslehrgängen, die Anstellung von 32 hauptamtlichen und 8 nebenamtlichen Bundestrainern für die einzelnen Sportarten, die Förderung des Baus von Trainingslagern und -zentren auf Bundesebene. Ich freue mich, Ihnen hier berichten zu können, daß bereits 8 Trainingszentren funktionsfähig sind: in Stuttgart, Mainz und Dortmund für den Deutschen Leichtathletik-Verband, in Hennef für den Deutschen Athleten-Bund, in Herzogenhorn bei Freiburg für den Deutschen Skiverband, in Königsee für Rennrodeln, in Wiesbaden für den Deutschen Schützenbund und in Inzell für den Eisschnell- und Rollschuhschnellauf. Eine Reihe weiterer Trainingszentren ist im Bau und in der Planung begriffen.
Die Aufgabe der Bundestrainer ist es, an den Bundestrainingszentren den hochtalentierten Nachwuchs und die Spitzensportler auszubilden und auf die großen Aufgaben — Europa- und Weltmeisterschaften, Olympische Spiele — vorzubereiten. Eine weitere Aufgabe der Bundestrainer sehe ich in diesem Zusammenhang darin, gemeinsam mit den übrigen Verbandstrainern und den Vereinstrainern einheitliche Richtlinien für das Training zu erarbeiten.
Meine Damen und Herren! Was wir darüber hinaus brauchen, ist eine Institution, die Praxis und Theorie miteinander verbindet. Die drei Redner, die vor mir gesprochen haben, haben dies ebenfalls übereinstimmend gefordert. Wir können auf einen solchen Kristallisationspunkt um so weniger verzichten, als das moderne Training beim Breiten- und beim Hochleistungssport weitgehend von den Erkenntnissen der Sportwissenschaft bestimmt wird. Die Bundesregierung prüft die Möglichkeit zur Schaffung einer solchen zentralen Stelle, in der die angewandte Sportwissenschaft ebenso wie die Praxis beheimatet sein sollen. Ich sehe die Aufgabe dieser Einrichtung, die ich zunächst einmal mit einem Arbeitstitel „Bundeszentrale für Sport" nennen möchte, in fünf Komplexen: angewandte Sportwissenschaft und ihre Übertragung in eine praktisch-methodische Trainingskonzeption für Leistungs- und Breitensport; Erarbeitung von gemeinsamen Schulungsrichtlinien für die einzelnen Trainingszentren; Dokumentation über die weltweiten Erkenntnisse der Sportwissenschaft für Leistungs- und Breitensport;
Trainerschulung; Mitwirkung bei der methodischen Entwicklung und Planung des Sportstättenbaus. Diese Einrichtung, meine Damen und Herren, die eine wirksame Hilfe für den deutschen Sport darstellen wird, sollte gemeinsam — ich glaube, auch hier stim-
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men wir überein — von den Spitzenorganisationen des deutschen Sports und dem Bund getragen werden. Ich würde es von mir aus sehr begrüßen, wenn sich darüber hinaus auch die Länder beteiligten.
Ich sage das nicht, um die finanzielle Belastung des Bundes zu verringern. Mir geht es vielmehr um eine partnerschaftliche Zusammenarbeit von Bund, Ländern und den Spitzenorganisationen des Sports in unserem Lande.
Meine Damen und Herren! Der Sport entzieht sich, wie ich bereits andeutete, weitgehend staatsrechtlicher Zuständigkeitsverteilung. Alle Förderungsmaßnahmen können sich nur voll auswirken, wenn sie auf einer geschlossenen methodischen Konzeption beruhen. Die Trainingszentren und die von mir vorgeschlagene Bundeszentrale für Sport können und sollen nicht die wissenschaftliche Grundlagenforschung übernehmen. Das ist und muß Aufgabe der Hochschulen bleiben.
Die bisher geschaffenen organisatorischen Voraussetzungen zur Förderung der sportwissenschaftlichen Forschung an Hochschulen und Universitäten erscheinen der Bundesregierung jedoch noch nicht voll ausreichend. Nur in wenigen wissenschaftlichen Disziplinen haben sich eigene Forschungseinrichtungen entwickeln können. Eine Ausnahme davon bildet am ehesten noch die von meinem Hause geförderte Sportmedizin.
In das verbleibende Vakuum strömen die politisch verformten Forschungsergebnisse der mitteldeutschen Hochschulen oder die Erkenntnisse des Auslandes, die in vielen Fällen gar nicht auf die deutschen Verhältnisse übertragbar sind.
Die Forderung nach einer angemessenen Einordnung und Einbeziehung der Leibeserziehung und des Sports in die akademische Lehre und Forschung wird vom Deutschen Sportbund und von hervorrandenden Fachgelehrten seit über zehn Jahren gestellt. Der Bundesminister für wissenschaftliche Forschung, mein Kollege Stoltenberg, hat mir zugesagt, den Wissenschaftsrat auf diese Probleme hinzuweisen und ihn zu bitten, die Förderung und Entwicklung der Sportwissenschaft in den Gesamtplan für die Förderung der Wissenschaften aufzunehmen.
Grundlegende Voraussetzung für die Sportausübung — ich sagte es bereits — sind die Sportstätten. In eingehenden Ermittlungen hat die Deutsche Olympische Gesellschaft einen erheblichen Fehlbestand an Übungs- und Erholungsstätten festgestellt. Die Folgerungen sind zunächst im Goldenen Plan, der 1960 verkündet wurde, zusammengefaßt worden. Danach sollte im Laufe von 15 Jahren der Fehlbestand an Sport-, Spiel- und Erholungsstätten behoben werden. Einen Zwischenbericht über den Erfolg dieses Plans in den ersten vier Jahren habe ich Ihnen am 30. Juli 1967 mit der Drucksache V/2009 zugeleitet.
Die Bundesregierung hat wiederholt ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Förderung des Goldenen Plans zum Ausdruck gebracht. Sie hat dementsprechend in den vergangenen Jahren hierfür neben Ländern und Gemeinden beträchtliche Mittel bereitgestellt. Ich möchte ausdrücklich an dieser Stelle noch einmal betonen, daß die Bundesregierung voll und ganz hinter dem Goldenen Plan steht.
Meine Damen und Herren, wie Sie wissen, gehört der Sportstättenbau zu den Sachgebieten, die von der Finanzreform berührt werden. Die Bundesregierung hat vorgeschlagen, die Förderung der Errichtung von Turn- und Sportstätten als Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz zu verankern. Die Beteiligung des Bundes am Sportstättenbau ist eine wesentliche Voraussetzung für die gesamte zentrale Sportförderung des Bundes. Der Sportstättenbau als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern wäre eine organische Ergänzung unserer Bemühungen um eine gesunde Raumordnung.
Bei dem erheblichen Kostenaufwand, den dieses Programm verursacht — zuletzt ist ein Betrag von 5 623 000 000 DM genannt worden —, wäre das Ziel des Goldenen Planes ohne Mitwirkung des Bundes schwer zu erreichen. Das hat mit sehr eindringlichen Worten Georg von Opel, der Präsident der Deutschen Olympischen Gesellschaft, am 9. November dieses Jahres in Hannover uns allen deutlich vor Augen geführt. Bereits heute sind besorgte Stimmen aus dem Kreis der Gemeinden und des Sports zu hören, die von einem Rückschritt oder von einem Scheitern des Goldenen Plans sprechen, wenn der Sportstättenbau nicht als Gemeinschaftsaufgabe anerkannt und damit der Bund die Mitfinanzierung und die Mitplanung von Sportanlagen einstellen würde. Bei der gemeinsamen Verwirklichung des Goldenen Plans sollten wir aus Gründen der Konzentration der Mittel, aber auch der Verwaltungsvereinfachung zu einer Arbeitsteilung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden kommen. Nach meinen Vorstellungen sollte sich der Bund an folgenden Vorhaben beteiligen: 1: am Bau von überregionalen Trainings- und Forschungseinrichtungen, die für das gesamte Bundesgebiet bestimmt sind, 2. am Bau von regionalen und überörtlichen Mehrzwecksportanlagen und 3. an der Beratung und Forschung zum Sportstättenbau.
Meine Damen und Herren, es wurde auf den Zusammenhang des Sportstättenbaus mit der Raumordnung, der Landesplanung und dem Städtebau hingewiesen. Jede geplante Sport- und Freizeitanlage — und dazu zähle ich auch die hier mit Recht nachdrücklich geforderten Kinderspielplätze — stellt angewandte Landesplanung, angewandten Städtebau dar.
Andererseits sollte nun aber auch jeder Ort, jede Region eine ihrer Funktion entsprechende Sportanlage erhalten. Die Bedarfszahlen hierfür sind im Zusammenwirken zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und den Vertretern des deutschen Sports errechnet worden. Sie sind Bestandteil des Goldenen Plans.
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Meine Damen und Herren, das genügt noch nicht. Darüber hinaus müssen im Rahmen der regionalen und örtlichen Gesamtplanung die Belange des Sports von Beginn an — von Beginn an! — berücksichtigt werden. Das gesetzgeberische Instrumentarium — danach ist auch gefragt worden — ist dafür im Bundesraumordnungsgesetz und in den entsprechenden Landesplanungsgesetzen vorhanden. § 2 des Bundesraumordnungsgesetzes nennt als Ziel für raumbedeutsame Planungen des Bundes und der Landesplanung eine räumliche Struktur mit gesunden Lebens- und Arbeitsbedingungen. Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß die Ausstattung mit Sportstätten ein Mittel dazu ist, diese gesunden Lebens- und Arbeitsbedingungen zu schaffen.
Wie aus dem Raumordnungsbericht der Bundesregierung von 1966 hervorgeht, stellen die Länder in immer größerer Zahl Programme für die Landesplanung auf. Aus diesen Plänen ergeben sich nach Abstimmung mit allen Beteiligten die verbindlichen Ziele der Entwicklung der einzelnen Räume. In diesem Zusammenhang wird es darauf ankommen, raumordnerische Grundsätze für den Sportstättenbau zu entwickeln. Ich habe darauf hingewirkt, daß sich der Beirat für Raumordnung dieser Fragen annimmt und daß die von Bund und Ländern gemeinsam getragene Ministerkonferenz für Raumordnung diesen Themenkreis berät. Ich bin davon überzeugt, daß ohne Mehrkosten — hier geht es nicht um Geld, hier geht es um Zusammenarbeit — Bund und Länder zu einer guten, gemeinsamen Konzeption kommen.
Wie auch in anderen Fällen ist es weitgehend Aufgabe der Gemeinden, die Ziele der Raumordnung und der Landesplanung im Gemeindegebiet vollziehbar zu machen und zu verwirklichen. Die Rechtsgrundlage hierfür enthält das Bundesbaugesetz. § 1 dieses Gesetzes, der die wesentlichen Ordnungsgrundsätze enthält, bestimmt, daß sich die Bauleitpläne nach den sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung, ihrer Sicherheit und ihrer Gesundheit zu richten haben. Hierzu gehört auch die Ausstattung des Gemeindegebietes mit Sportstätten. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 8 sind im Bebauungsplan, soweit er erforderlich ist, Sport- und Spielplätze festzusetzen.
Meine Damen und Herren, es gehört daher nach dem Bundesbaugesetz zu einer geordneten städtebaulichen Entwicklung, daß für die einzelnen Baugebiete die erforderlichen Sport- und Freizeitanlagen bis hin zu den Kinderspielplätzen geschaffen werden.
Das Gesetz bietet Möglichkeiten, die Gemeinden in die Lage zu versetzen, erforderliche Flächen für Sport- und Erholungsanlagen in neuen Wohn- und Siedlungsgebieten auszuweisen.
Für eine sinnvolle Sportstättenplanung kommt — das müssen wir hier sehen — der interkommunalen Zusammenarbeit eine ganz große Bedeutung zu. Auch insoweit enthält das Bundesbaugesetz mit seinen Vorschriften über die gemeinsamen Flächennutzungspläne und den Planungsverband die erforderlichen Rechtsgrundlagen.
Die sehr wichtige Frage, die hier angesprochen wurde, ob für eine Verwirklichung dieser Planungen — der rechtzeitigen Einplanung von Sportstätten und Kinderspielplätzen bei der Landesplanung, bei Städtebau und Dorferneuerung — die gesetzlichen Grundlagen vorhanden sind, kann ich mit einem vollen Ja beantworten. Ich kann nur bitten, daß die bedeutsamen Bestimmungen, die ich deshalb so ausführlich zitiert habe, noch mehr beachtet werden, als das bisher der Fall gewesen ist.
Zusammenfassend darf ich wiederholen: die Bundesregierung bejaht die Notwendigkeit und erklärt die Bereitschaft des Staates zur Förderung des Sports. Bereits im Jahre 1950 sind zentrale Maßnahmen der Spitzenorganisationen des deutschen Sports von meinem Hause unterstützt worden. Die Beträge wurden jährlich aufgestockt. Im Hinblick tauf die Olympischen Spiele in Mexiko habe ich 'im Haushaltsplan 1968 10 Millionen DM vorgesehen, die für zentrale Sportförderungsmaßnahmen bestimmt sind. Für den Sportstättenbau sind in den Jahren von 1958 bis 1967 vom Bund 210 Millionen DM zur Verfügung gestellt worden. Die Länder stellten von 1961 bis 1967 den sehr großen Betrag von 1,8 Milliarden DM zur Verfügung.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit den Ländern dafür sehr herzlich von dieser Stelle aus Dank sagen. Das ist eine große Leistung: 1,8 Milliarden für den Sportstättenbau von 1961 bis 1967 bereitzustellen.
Es war daher — damit möchte ich fortfahren — selbstverständlich, daß ich die Bedürfnisse des Sports auch bei der mittelfristigen Finanzplanung in dem meinem Hause zur Verfügung stehenden Rahmen angemessen berücksichtigt habe. Wenn Sie mich fragen, ob das, was ich zugebilligt bekam bzw. im Rahmen der mittelfristigen Planung durchsetzen konnte, den Ressortminister zu einem uneingeschränkten Ja veranlassen könnte, muß ich sagen daß Sie das von mir nicht erwarten können. Aber ich vertrete die mittelfristige Finanzplanung, weil wir ja nicht nur Sport zu treiben haben, sondern die gesamte Politik vertreten müssen. Ich bin sicher, daß der deutsche Sport dafür Verständnis aufbringt, wenn nicht alle Pläne, die wünschenswert sind, sich so schnell und voll realisieren lassen.
Meine Damen und Herren, unser Vaterland — Deutschland — ist seit jeher ein glühender Verfechter der olympischen Idee gewesen. Wir werden 1972 die Sportjugend der Welt in der Bundesrepublik zu Gast haben, zu Gast in einem freien deutschen Land. Wir freuen uns darauf, und wir werden alles tun, damit sich die Jugend der Welt bei uns wohlfühlen und ihre Wettkämpfe harmonisch und im sportlichen Geiste abwickeln kann. Ebenso haben wir stets die Bemühungen unterstützt, bei den Olympischen Spielen internationale Jugendlager — auch danach wurde gefragt — durchzuführen. Die Erfahrungen, welche die Bundesregierung mit der Entsendung ausgewählter deutscher Jugendlicher zum Besuch der Olympischen Spiele in Helsinki 1952, in
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Rom 1960 und in Tokio 1964 und zur Teilnahme an den damit verbundenen internationalen Jugendlagern gemacht hat, sind gut. Ich beabsichtige, ähnliche Veranstaltungen auch in Zukunft mit der deutschen Sportjugend durchzuführen und zu fördern.
Die Jugendlichen der Delegation sollen die ganze Jugend der Bundesrepublik repräsentieren. Sie werden in einem Wettbewerb ausgewählt, in dem sportliche Leistungen und Kenntnisse, musische und politische Bildung sowie charakterliche Eignung entscheidend sind.
Meine Damen und Herren, der erste Präsident der Bundesrepublik Deutschland, Professor Theodor Heuss, hat die Bedeutung des Sports in einer Demokratie und für die Demokratie einmal treffend so formuliert — lassen Sie mit bitte meine allgemeinen Ausführungen mit dem Zitat des verstorbenen Bundespräsidenten Theodor Heuss schließen —:
Wir wissen, daß der Sport eine öffentliche Funktion geworden ist. Er hat eine gemeinschaftsbildende Kraft, und der Staat muß das wissen. Wir brauchen die menschlichen Beziehungen im freien Vertrauen.
Meine Damen und Herren, ich komme nun zur Beantwortung der einzelnen Fragen und bitte um Verständnis dafür, daß ich — wenn Sie einverstanden sind; sonst wird es schwierig — die Fragen verlese und möglichst kurze, zusammenfassende Antworten gebe. — Sie sind einverstanden.
Die erste Frage der Großen Anfrage der CDU/ CSU-Fraktion lautet:
Welche Bedeutung mißt die Bundesregierung dem Sport und der Leibeserziehung bei, und welchen Rang gedenkt sie der Förderung des Sports im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung einzuräumen?
Antwort: Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß der Sport in der modernen Gesellschaft unentbehrliche erzieherische, gesundheitliche und soziale Aufgaben erfüllt. Der Sportförderung sollte der gleiche Rang wie der Sozial-, Gesundheits- und Bildungspolitik eingeräumt werden. Die Bundesregierung ist bemüht, den Sport im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung entsprechend dieser Bedeutung zu berücksichtigen.
Die Frage 2 der Anfrage der CDU/CSU-Fraktion lautet:
Ist die Bundesregierung bereit, die Bemühungen um eine Weiterentwicklung des Goldenen Planes zu unterstützen und die erforderlichen Schritte einzuleiten, um den neu errechneten Bedarf an Sportstätten für die schulische Leibeserziehung, den Vereinssport und die aktive Freizeitbetätigung der Gesamtbevölkerung durch ein gemeinsames Förderprogramm von
Bund und Ländern zu decken?
Antwort: Die Bundesregierung bekennt sich zum Goldenen Plan. Sie strebt an, im Rahmen der Finanzreform die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für eine weitere Beteiligung des Bundes an der Förderung des Sportstättenbaus als Gemeinschaftsaufgabe sicherzustellen.
Frage 3 lautet:
Wie denkt sich die Bundesregierung die künftige Zuständigkeitsabgrenzung von Bund, Ländern und Gemeinden für die Förderung des Sportstättenbaus?
Antwort — ergänzend zu dem, was ich bereits sagte —: Die Bundesregierung hält es für sinnvoll, die Förderung des Bundes auf a) den Bau von überregionalen Trainings- und Leistungszentren, b) den Bau von regionalen und überörtlichen Mehrzwecksportanlagen zu konzentrieren, während Länder und Gemeinden den Bau der übrigen Sportanlagen ohne Beteiligung des Bundes fördern sollten.
Frage 4:
Hält die Bundesregierung die stärkere Berücksichtigung der Belange des Sports bei Raumordnung, Landesplanung und Städtebau für notwendig, und will sie die gesetzlichen Bestimmungen ergänzen?
Ich habe darauf geantwortet. Frage 5:
Ist die Bundesregierung bereit, eine Ergänzung des Bundesbaugesetzes vorzubereiten, wonach in neuen Wohn- und Siedlungsgebieten ausreichend Sport-, Spiel- und Freizeitanlagen eingeplant werden müssen?
Auch hier verweise ich auf meine Ausführungen, die ich allgemein machen durfte.
Frage 6:
Was gedenkt die Bundesregierung zur langfristigen Förderung des Leistungssports im Bundesgebiet zu unternehmen?
Antwort: Meine eingehenden Ausführungen zu dieser Frage fasse ich wie folgt zusammen: Das Programm der Errichtung von Trainingszentren, die mit ausreichendem Schulungs- und Betreuungspersonal zu versehen sind, wird fortgeführt. Daneben prüft die Bundesregierung gemeinsam mit den Spitzenorganisationen des Sports die Möglichkeit der Errichtung einer zentralen Einrichtung, die dem deutschen Sport die erforderlichen wissenschaftlich-methodischen Hilfen geben soll.
Frage 7:
Was kann zur Förderung des Sports in der Bundeswehr geschehen?
Sie haben es bereits in Ihren Begründungen anerkennend festgestellt, daß die Bundeswehr das Äußerste auf diesem Gebiet tut, ebenso, wie es beim Bundesgrenzschutz der Fall ist.
Die Frage 8 lautet:
Ist die Bundesregierung bereit, die Entsendung
einer Gruppe sorgfältig ausgewählter Jugend-
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Bundesminister Lücke
licher der deutschen Sportjugend zum Besuch der Olympischen Spiele zu einer ständigen Einrichtung zu machen?
Ich habe dazu eine positive Antwort gegeben. Frage 9:
Wie stellt sich die Bundesregierung die Abwicklung des gesamtdeutschen Sportverkehrs in der Zukunft vor?
Die Bundesregierung unterstützt die Bemühungen dies deutschen Sports um vermehrte sportliche Begegnungen zwischen einzelnen Sportlern, Mannschaften und Vereinen aus beiden Teilen Deutschlands. Sie hofft, daß die in jüngster Zeit in diesem Zusammenhang gemachten Vorschläge dies Präsidenten des Deutschen Sportbundes zu einer Verbesserung der sportlichen Beziehungen führen. In Übereinstimmung mit allen Sportlern und mit der gesamten Bevölkerung lehnt die Bundesregierung jedoch den Mißbrauch des Sports zu politischen Zwecken ab.
Ich darf nun die Große Anfrage der Freien Demokraten beantworten. Ich bitte um Verständnis, daß sich die einzelnen Fragen überschneiden.
Die erste Frage lautet:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um dem Sport den gleichen Rang wie anderen gesellschaftlichen Bereichen in der gesamten Gesetzgebung und insbesondere in der Beurteilung der Gemeinnützigkeit zu sichern?
Ich beziehe mich zunächst auf meine Antwort auf die Fragen 1, 2, 4 und 5 der CDU-Fraktion. Ergänzend dazu darf ich sagen, daß ich mich bei der Vorbereitung von Gesetzen rechtzeitig einschalten werde, um eine angemessene Berücksichtigung des Sports in allen einschlägigen Fachbereichen — auch bei der Steuergesetzgebung — zu erreichen. Die Gemeinnützigkeit der Sportvereine und -verbände wird bereits allgemein anerkannt.
Frage 2:
Hält die Bundesregierung nach der ersten Ablehnung durch die Ministerpräsidenten der Länder daran fest, daß der Sportstättenbau als Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden beizubehalten ist?
Die Antwort habe ich mit meinen allgemeinen Ausführungen und bei der Beantwortung der Fragen 2 und 3 der CDU/CSU-Fraktion gegeben.
Die dritte Frage lautet:
Beabsichtigt die Bundesregierung, neben den entstehenden und geplanten Leistungszentren zusammen mit diem Deutschen Sportbund ein umfassendes allgemeines Zentrum für Leistungsförderung zu errichten, das vor allem auch als Koordinationsstelle von Forschung und Lehre auf diesem Gebiet dienen soll?
Hier darf ich mich auf meinen Vorschlag zur Schaffung einer Bundeszentrale für Sport beziehen.
Frage 4:
Ist die Bundesregierung bereit, im Rahmen der geplanten Studienreform sicherzustellen, daß
a) dem Breitensport an den Universitäten noch genügend Raum verbleibt,
b) den Spitzensportlern keine Nachteile entstehen und
c) auch an den Pädagogischen Hochschulen dem Fach Leibeserziehung lein gleichwertiger Rang mit den anderen Fächern eingeräumt wird?
Antwort: Die Bundesregierung wird im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen Zuständigkeiten alles tun, diesen als berechtigt anzuerkennenden Forderungen Geltung zu verschaffen.
Die Frage 5:
Ist ,die Bundesregierung bereit, dafür zu sorgen, daß den Leibesübungen in ,der Bundeswehr auch über die Zeit der Grundausbildung hinaus eine entsprechende Aufmerksamkeit gewidmet wird?
Die Antwort: Die Dienstvorschriften der Bundeswehr, die eine wöchentliche Sportausbildung von zwei mal neunzig Minuten vorsehen, erstrecken sich auf die gesamte Dienstzeit. In der Zeit der Grundausbildung wird die Anzahl der Sportstunden zur Verbesserung der körperlichen Verfassung der Rekruten vielfach noch erhöht.
Die sechste Frage der Freien Demokraten:
Welche Rolle gedenkt die Bundesregierung idem Sport im Rahmen der Entwicklungshilfe zuzuweisen?
Zu dieser Frage darf ich zunächst klarstellen., daß die Maßnahmen zur Förderung des Sports im Ausland keine eigentlichen entwicklungspolitischen Aufgaben sind. Die gesamte technische Hilfe —die sogenannte Entwicklungshilfe — verfolgt das Ziel, die wirtschaftliche Selbständigkeit der Entwicklungsländer zu erreichen. Außerhalb der Entwicklungshilfe kommt der Zusammenarbeit mit diesen Ländern im Bereich des Sports besondere Bedeutung zu. Es ist leicht einzusehen, daß der Sport in seinen vielfältigen Erscheinungsformen für die Jugend gerade der Entwicklungsländer einen außerordentlichen erzieherischen Wert hat und geeignet ist, bestehende Vorurteile abzubauen und zur Verbesserung der internationalen Solidarität beizutragen.
Damit hoffe ich, die Großen Anfragen beantwortet zu haben. Zu dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion bitte ich, daß er an den Ausschuß verwiesen wird. Ich glaube, ,die Bundesregierung hätte dort zu dieser wichtigen Frage noch weitere Ausführungen zu machen.
Das Wort hat der Abgeordnete Josten.
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mehrere Kollegen wollten heute sicher noch einiges zum Thema Sportpolitik sagen; einige werden das auch noch tun. Nun, die Besetzung des Hauses ist am Freitagnachmittag immer gleich schlecht. Wir kennen die Verpflichtungen zum Wochenende und können nur bitten, daß auch die heute hier anwesenden Damen und Herren der Sportpresse davon Kenntnis nehmen.
Ich möchte daher meine Ausführungen zum Thema Sport, insbesondere zum Thema Sport bei der Bundeswehr zu Protokoll geben. Gerade die Bundeswehr hat im Rahmen des Sportstättenbaus Beachtliches geleistet. Sie mögen das aus meinen Aufzeichnungen ersehen. Im übrigen besteht ja die Möglichkeit zu weiteren Stellungnahmen nachher in unseren Arbeitskreisen, in der Fraktion und im Ausschuß.
Das Wort hat der Abgeordnete Prinz von Bayern.
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Erlauben Sie mir in der gebotenen Kürze noch einige ergänzende Hinweise.
Zuerst einmal darf ich für meine Partei, die CSU, sprechen. Das, was uns heute mit tiefer Befriedigung erfüllt, ist die Feststellung — und wohl jeder Zuhörer und Zuschauer mußte diesen Eindruck bekommen —, daß das Anliegen Sport gemeinsam von den Parteien des Hauses getragen wird, daß es also kein parteipolitisches Gefälle in dieser Angelegenheit gibt.
— Sehr schön, die Abwandlung eines historischen Zitats.
Als Sprecher der CSU — wir gelten natürlicherweise als Gralshüter des Föderalismus — stelle ich fest, daß es hier kleine Nuancen gibt. Der Minister sprach von der Gemeinschaftsaufgabe; Herr Kollege Wörner sprach von der gemeinsamen Aufgabe. Lassen Sie mich eines versichern: wie immer letztlich die Definition hier ausfallen wird, meine Partei wird ihre parlamentarischen Mittel voll dafür einsetzen, daß der Sport bekommt, was des Sportes ist, ohne daß es deshalb zu einer Verringerung der Eigenverantwortlichkeit des Sports oder zu einer Einengung in ein Paragraphenkorsett kommt, das jedenfalls nicht im Interesse des Sports wäre.
Herr Kollege Kubitza, wenn ich recht verstanden habe, haben Sie den Bund erwähnt und gesagt, zentrale Sportstätten sollten so gelegt werden, daß sie finanzschwächeren Ländern zugute kämen. — Habe ich Sie da nicht richtig verstanden? Ich hielte das an sich für einen sehr wünschenswerten Gedankengang, nicht nur aus bayerischen Gesichtspunkten heraus, sondern einfach deshalb, weil es ein solches Gefälle tatsächlich gibt. Dafür haben wir Zahlen und Unterlagen, in denen das sehr genau festgestellt wird. Ich glaube, daß Anlagen für Sport, Spiel und Freizeit einigermaßen gleichmäßig verteilt und angeordnet werden sollten. Das gilt vor allem für den Schwimmsport. Dort ist eine besondere Verzerrung der Anlagemöglichkeiten im Bundesgebiet festzustellen.
Lassen Sie mich noch eins herausarbeiten. Es ist ganz einfach eine zentrale Forderung — jetzt nicht der CSU, sondern der CDU/CSU-Fraktion — nach einem Sportstättenbauprogramm, das gemeinsam von Bund, Ländern und Gemeinden getragen werden muß und auf den Bedarfplan aufbauen muß, wie er für den Goldenen Plan erarbeitet worden ist.
In diesem Zusammenhang darf ich sagen, Herr Kollege Dr. Müller: wir haben eine gemeinsame Sorge. Wir wissen, daß es Städte gibt, die vorbildliche Bezirkssportanlagen haben, daß diese Anlagen aber aus Gründen, die mir nicht ohne weiteres erklärlich sind, nicht so genützt werden, wie es im Interesse des Sports notwendig wäre. Ich glaube, wir sollten uns, vor allem was den Münchener Bereich betrifft, hier einmal gemeinsam darüber unterhalten und die Ursachen feststellen. Wenn ich von diesem Programm eines Sportstättenbaus spreche, meine ich, daß wir vorrangig jene Anlagen fördern sollten, die vielleicht kleine Anlagen sind, die aber kostenlos den Schulen, den Vereinen, der Bevölkerung gemeinsam zugute kommen, und daß wir nicht — jedenfalls nicht vorrangig — Anlagen fördern sollten, die vielleicht einen gewissen Wert als Statussymbol haben, die aber hohe Beträge an Steuergeldern repräsentieren und nur verhältnismäßig wenige Stunden für den praktizierenden Sport zur Verfügung stehen.
Als Sprecher der CDU/CSU-Fraktion möchte ich noch folgendes zum Thema gesamtdeutscher Sportverkehr sagen. Wir begrüßen grundsätzlich die Absicht, diesen gesamtdeutschen oder wenn Sie wollen, innerdeutschen Sportverkehr so flüssig wie möglich zu halten. Wir sind durchaus der Meinung, 'daß bestehende bürokratische Hindernisse großzügig behandelt werden sollten. Wenn Sie mich fragen, ob es eine Regel gibt oder geben kann, was politisch vertretbar ist, dann würde ich sagen: im sportlichen Bereich ist alles politisch vertretbar, was nicht der Selbstachtung, der Würde des deutschen Volkes widerspricht.
Lassen Sie mich noch einige Bemerkungen in meiner anderen Eigenschaft als Olympiabeauftragter der CDU/CSU-Fraktion machen. Ich möchte erst einmal hier dem Sportbeauftragten des Innenministeriums, Herrn Dr. von Hovora, danken.
Herr von Hovora, ich weiß, Sie haben manchmal Ihre liebe Mühe mit uns und mit unseren — ich möchte sagen — legitim-penetranten Anliegen, die wir Ihnen vortragen. Ich glaube aber, Ihre Geduld wird wirklich ihren fruchtbaren Niederschlag finden. Wir werden uns bemühen, uns in unseren olympischen und Münchener Belangen etwas zu zügeln.
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Prinz von Bayern
Ich bin durchaus der Meinung meines Kollegen Dr. Müller: diese Olympiade München ist nicht der Anlaß, jetzt in vermehrtem Maße in der Bundesrepublik über den Sport nachzudenken und zu reden, sondern wir befassen uns mit dem Thema Sport um des Sportes willen. Es ist aber völlig legitim, ja es ist durchaus begrüßenswert, daß man die Woge einer Olympiabegeisterung, die mit der Nähe der Spiele zunehmen wird, sozusagen reitet, um das beschleunigt zu erreichen, was an sportgerechten Zuständen eben verlangt werden kann.
Darf ich nun zuletzt noch als Münchener Abgeordneter etwas sagen. Wir sprechen in München immer wieder von Sport und Kunst, davon ausgehend, daß Sport wie Kunst zum kulturellen Bereich gehört. Ich glaube, das entspricht ganz einfach dem Wesen dieser unserer Stadt. Wir haben das Anliegen, und es ist unser Wollen, sportgerechte Spiele in einem besonderen kulturellen Rahmen auszurichten. Das beinhaltet die Absage an — scheußliches Wort, aber man kann sich genau darunter vorstellen, was gemeint ist — einen Gigantismus, an eine Super-sportshow, und das beinhaltet den Wunsch, in München zu dem ursprünglichen, klassischen Vorbild der „Wagen und Gesänge" zurückzukehren, also den zwei Seiten einer olympischen Medaille, dem sportlichen Wettkampf und dem kulturellen Wettkampf.
Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang möchte ich rechtzeitig einem eventuell da und dort aufkommenden Mißtrauen vorbeugen: es ist gewiß nicht so, daß von München aus gezielt der Versuch gemacht wird, Mittel des Sports mit in diesem Falle der Ausrede der Olympiade bevorzugt für München abzuschöpfen. Ich glaube, wir haben da genug Selbstdisziplin, und wir haben da auch die Möglichkeit der Selbstkontrolle, um so etwas zu verhindern. Ich bitte Sie aber um Verständnis dafür, daß diese Spiele in München eben eine Aufgabe sind, die über München hinausgeht, die schließlich auch eine deutsche Aufgabe ist. Wir möchten Sie deshalb bitten, sich auch Ihrerseits in Ihrer Zuordnung, mit Ihren Mitteln und Beihilfen nicht allzu kleinherzig zu verhalten.
Noch ein Wort zu München. Ich habe in der letzen Zeit immer wieder erlebt, daß man gefragt wird: „Wie richtet Ihr denn diese Spiele nun aus? Sollen das mehr Münchener Spiele werden, mehr bayerische Spiele werden? Das sind doch schließlich deutsche Spiele!" Meine Damen und Herren, eines werden sie ganz gewiß nicht sein — das sage ich für den Fall, daß hinter solchen Fragen dieser Verdacht stehen sollte —: sie werden nicht sein eine „Weißwurschtolympiade". Das sollte sich also niemand einbilden.
— Weiß-blau — ja, sehen Sie, dieses München hat doch ein gewisses Kolorit, es hat sein gewisses Milieu. Die Mittel dieses Kolorits soll man ganz gezielt einsetzen dort, wo sie in der Welt München und damit uns, Deutschland, der Olympiade zugute kommen. Ich glaube, das ist das ganz gesunde Maß des
Münchener Anteils bei der Vorbereitung und Ausrichtung dieser Olympischen Spiele.
— Ich würde sagen, bei jeder Olympiade gibt es die Möglichkeit, eine bestimmte Disziplin besonders einzuführen. Ich möchte mich nicht dahin festlegen, daß es Fingerhakeln sein muß; es könnte Bergsteigen sein, es könnte Segelfliegen sein; es gibt noch andere Möglichkeiten.
Zu der Frage nach der Formel für diese Münchener Spiele habe ich mir erlaubt, neulich zu formulieren — und ich glaube, das entspricht dem, was wir alle möchten, was wir alle ersehnen und erhoffen —: Die Stadt München wird der Hausmeister dieser Spiele sein, das bayerische Oberland ist gewissermaßen der Gärtner bei diesen Spielen, Gastgeber ist natürlich das deutsche Volk, und Gast ist die Jugend der Welt.
Wenn wir die Spiele so ausrichten, wie sie auf der Basis des sportlichen Geistes, der sich heute hier im politischen Raum manifestiert hat, sich ausrichten lassen, dann werden es erfolgreiche Spiele sein in München für Deutschland.
Das Wort hat der Abgeordnete Collet.
Keine Dauerrede meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Dies hier sind die Akten über den Vorgang, das ist nicht meine Rede. Ich muß Ihnen leider die Enttäuschung bereiten, meine Ausführungen nicht zu Protokoll geben zu können, ich habe nämlich keine schriftlichen Ausführungen vor mir liegen, sondern nur Stichworte.
Ich habe bei einem kurzen Gespräch draußen soeben festgestellt, daß der eine oder andere fragt: „Na, wie sieht es denn mit dem Interesse der Abgeordneten am Sport aus? Das ist doch recht schlecht!" Der Kollege Josten hat diese Frage schon angesprochen. Nun, ich glaube, die höheren Erkenntnisse des Ältestenrates haben uns da auch ein bißchen geschadet, indem er diese Veranstaltung ursprünglich für Mittwoch angesetzt hatte und wir Zusagen für Veranstaltungen im Wahlkreis noch einmal absagen mußten.
Wenn man heute hier den Ausführungen gelauscht hat und mit Interesse gefolgt ist, könnte man eigentlich zu dem Ergebnis kommen — ob es sich nun um die Sprecher der Fraktionen oder um den Herrn Minister handelt —: mit jedem Wort werden hier nur noch offene Türen eingerannt, es gibt kaum Meinungsverschiedenheiten unter den Fraktionen. Und doch wissen wir alle, wieviel auf dem Sektor Sport noch geschehen muß. Ich habe immer wieder den Eindruck — das gilt sicher auch für Politiker und viele andere —, daß mehr aus Anlaß großer Sportveranstaltungen — mit mehr Zuschauern als Sportlern — dieses Interesse am Sport bekundet wird. Ich möchte, selbst wenn das eine Wiederholung ist,
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nachdrücklich die Bedeutung des Sports für die Gesundheit unterstreichen. Ich möchte ganz besonders darauf hinweisen, daß der Mangel an Sport, der Mangel an Bewegung bei Herz- und Kreislaufstörungen — sicherlich auch in einer Anzahl von Fällen, die wir hier in den letzten zwei Jahren zu beklagen hatten —, mit eine Rolle gespielt hat.
So mutet mich eine vor noch gar nicht langer Zeit getroffene Entscheidung einer Krankenkasse doch recht seltsam an — sie liegt zwei Jahre zurück, aber das ist ja in der heutigen Zeit nicht als lang anzusehen —, in der festgestellt wurde, daß jemand, der infolge eines Sportunfalls arbeitsunfähig war, kein Krankengeld bekomme, weil er die Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet habe.
ln einem Sozialgerichtsverfahren wurde dann diese Entscheidung zwar korrigiert; aber sie läßt doch darauf schließen, wie man teilweise zu diesen Dingen eingestellt ist. Ich hatte immer noch die Hoffnung, zu einer Zeit, als unsere Rentenversicherungsträger und unsere Krankenkassen noch etwas besser bei Kasse waren, daß einmal der Zeitpunkt kommen würde, wo sie sagen: Wir geben für den Sport als vorbeugende Gesundheitsmaßnahme bestimmte Mittel aus. Das sieht natürlich bei der heutigen Kassenlage nicht mehr ganz so aus und ist doch recht schwierig geworden.
Ich möchte noch einen Punkt der Gesundheitsförderung, allerdings der Wiederherstellung oder Besserung des Zustandes eines kranken Menschen, ansprechen, der heute noch nicht angesprochen wurde. Ich meine den Versehrtensport. Ich hatte die Freude, miterleben zu dürfen, wie viele Menschen aller Altersklassen sich durch den Versehrtensport wieder in die Gesellschatf einordnen konnten, wieder einen Weg zu dieser Gesellschaft gefunden haben, vor allen Dingen dann, wenn es sich um Mißbildungen handelte oder um irgendwelche Dinge, die nicht von der übrigen Bevölkerung so gewertet werden wie beispielsweise eine Kriegsbeschädigung, sondern an denen man möglichst vorbeisieht. Gerade solche Menschen bedürfen unserer Hilfe, und ich darf vielleicht, weil dies von dem Herrn Minister nicht angesprochen wurde, sein Augenmerk ganz besonders auf diesen Punkt lenken.
Darf ich noch eine Bemerkung zu unserem Antrag machen. Ich hatte erwartet, obwohl der Antrag formell erst auf dem Weg über den Ausschuß an die Regierung kommt, daß in der einen oder anderen Frage der Herr Minister schon diesem Beschluß vorgreifen würde.
Ich darf vielleicht einen Punkt unterstreichen: vor allen Dingen in kleineren Gemeinden, in denen es Vereine gibt, die nur ehrenamtlich geleitet werden, in vielen Fällen von Personen, die im Ausfüllen von Anträgen nicht allzu gewandt sind, könnte man vielleicht diesen Personen die Arbeit dadurch erleichtern, daß man die Anregung gibt, daß die Gemeinden selbst bei der Ausfüllung solcher Anträge
Amtshilfe leisten, damit es nicht schon von daher zu einer Unterscheidung in der Bewilligung der Mittel kommt.
Dann wäre es sicher auch sinnvoll, einmal zu überprüfen, ob Einzelfälle, die mir bekannt sind, allgemein zutreffen, daß nämlich allein nach dem Antragsdatum bei den Bezirksregierungen die Bewilligung der Mittel zum Sportstättenbau erfolgt, selbst wenn in einer solchen Gemeinde schon zwei solcher Sportstätten sind. Man darf nicht nur auf das Eingangsdatum solcher Anträge sehen, sondern muß auch die Notwendigkeit überprüfen. Ich weiß nicht, ob ich das generalisieren kann — mir sind Einzelbeispiele bekannt —; man sollte es aber überprüfen.
Noch ein Wort zur Frage des Ansehens des Sports! Ich bin nicht der Meinung, daß durch diese geringe Zahl von Teilnehmern an der Debatte hier etwas Negatives zum Ausdruck kommt.
— Wenn ich davon ausgehe, könnten wir, glaube ich, heute jedes Gesetz beschließen, das im Interesse des Sports ist. Wir Sportförderer sind hier wahrscheinlich unter uns.
Wenn ich aber zum Ansehen des Sports noch einmal etwas sagen darf: es wurden hier Schule und Elternhaus angesprochen. Dabei denke ich auch immer wieder an die Frage der Benotung. Wieviele Väter oder Mütter unterhalten sich mit ihrem Kind etwas strenger oder genauer darüber, wenn es in den Leibesübungen eine schlechte Note hat? Das mag jeder einmal in seinem Bekanntenkreis prüfen. Nun gut, das mag nicht so wichtig sein. Dasselbe sehen wir aber auch in der Lehrerschaft. Wenn sich eine Klasse einmal schlecht benommen hat, irgendwie aufsässig war oder Dummejungenstreiche gemacht hat und bestraft werden soll, dann heißt es häufig: Heute fällt die Sportstunde aus, dafür machen wir Mathematik. Auch solche Beispiele gibt es leider noch. Ich will nicht verallgemeinern, aber Sie alle kennen ja derartige Fälle. Was wir von den Sportstunden und von den Sportlehrern verlangen, gilt doch sicher auch für alle allgemeinbildenden Schulen. Ich erlebe es nach meinem täglichen Sport immer wieder, wie die erste Klasse anrückt und der Lehrer in Hosenträgern kommandiert, was zu tun ist. Er ist einfach für einen jungen Menschen kein Vorbild, wenn er sich so hinstellt und meint, auf diesem Wege könne er als Pädagoge anerkannt werden. Er wird dann akzeptiert, wenn er Vorbild ist. Wir können sicher nicht von jedem erwarten, daß er diese Voraussetzungen mitbringt. Dafür müssen wir an jeder Volksschule die ausreichende Zahl von Sportlehrern haben.
Sehen wir uns, von diesem Ansehen des Sports allgemein ausgehend, und davon, daß der Betriebssport gefördert werden muß, wie der Herr Minister gesagt hat, einen Betrieb an, der rund 1400 Beschäftigte und noch einige Filialbetriebe oder Parallelbetriebe hat, in denen einige tausend Beschäftigte sind, die überwiegend sitzende Tätigkeit ausüben und zwischendurch noch mit dem Fahrzeug unterwegs sind. Dieser Betrieb — von ihm wurde heute
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schon gesprochen — geht nicht mit gutem Beispiel voran. Ich frage mich: Hat es hier an den besseren Erkenntnissen gefehlt, oder lag es etwa daran, daß man auch hier bei uns nicht überzeugt war, daß in der gesamten Bundesrepublik die Bedeutung des Sports so gewertet wird, daß man eine solche Entscheidung nicht falsch verstanden hätte? Wenn wir so etwas verlangen, müssen wir mit gutem Beispiel vorangehen. Ich will nicht noch einmal erwähnen, was ich vor dem Hintergrund der Ereignisse der letzten zwei Jahre hier schon über den Gesundheitszustand von Abgeordneten und Beschäftigten gesagt habe.
Nun noch einige Bemerkungen über die Vereine und die ehrenamtlichen Helfer. Ihnen ist hier schon vielfach gedankt worden; auch ich will es an dieser Stelle noch ieinmal tun.
Wenn sie alle nicht wären, hätten wir diese Aufgaben zu übernehmen.
In diesem Zusamenhang noch eine andere Erwägung, die manchmal auch Politiker oder solche, die nicht unbedingt dem Sport geneigt sind, anspricht: Der Sportverein ist für viele Bürger die einzige Begegnung mit der praktischen Demokratie, abgesehen von der alle vier Jahre stattfindenden Wahl zum Bundestag oder Landtag. Der Bürger nimmt hier an der Generalversammlung teil, wählt seinen Vereinsvorstand und muß erkennen, daß aus vielen Einzelmeinungen auf dem Weg über den Kompromiß das Gesamtziel angestrebt werden muß.
Es wurde schon gesagt, daß unsere Jugend in manchen Fällen nicht unser aller Beifall für ihr Verhalten findet und daß wir Auswüchse feststellen. Hierzu muß auch ich noch einmal unterstreichen, daß wir ihr gar zu wenig Möglichkeiten bieten. Ich meine nicht nur das Turnen, das Schwimmen, die Leichtathletik und andere Arten des Sporttreibens. Wir geben ihr zu wenig Möglichkeiten für Kämpfe, für Wettkämpfe, an denen man sich begeistern und als Zuschauer noch „mitkämpfen" kann, Sich daran im Für und Wider zu beteiligen, dafür sind doch recht wenige Möglichkeiten geboten. Ich siehe davon ab, daß für besondere Veranstaltungen zwei oder drei der Spitze ausgesucht werden, die dann mitwirken können. Wir müssen die Basis für größere Breite —, für mehr Möglichkeiten des Engagements schaffen, das sich sonst auf andere Sektoren verlagert, wie wir in manchen Fällen mit Bedauern feststellen konnten. Ich meine also, bei Mannschaftsmeisterschaften, bei denen jetzt drei, vier Sportler beteiligt sind, in manchen Fällen sechs, müßte die Teilnehmerzahl auf zehn, zwölf und vierzehn ausgedehnt werden. Weiterhin sollte es dazu kommen, daß bei solchen Sportveranstaltungen, die große Zuschauermengen anlocken, vor allem bei Fußballspielen, vor Beginn und in der Pause eine Menge Jugendlicher sich mit Einlagen, ob Staffel- oder sonstigen Wettkämpfen, beteiligen kann.
Das Wort hat der Abgeordnete Mischnick.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Freien Demokraten bedauern es, daß die vorgesehene Mittwochsitzung ausgefallen ist, weil Ausschußsitzungen erforderlich waren. Diese Ausschußsitzungen mußten deshalb an diesem Tage stattfinden, weil die Bundesregierung nicht rechtzeitig die Gesetze eingebracht hatte, die termingemäß bis zum Ende des Jahres verabschiedet werden sollen. Das war der tiefere Grund, weshalb wir am Mittwoch nicht in der Lage waren, die Sportdebatte so zu führen, wie wir es vorgesehen hatten. Ich bedaure auch die Regelung, die 'angestrebt worden war, die Debatte heute zu vertagen, nachdem sichtbar wurde, daß ihr nicht mehr der Umfang eingeräumt werden konnte, wie man sich das ursprünglich vorgestellt hat.
Hier ist viel davon gesprochen worden, daß die Stellung des Sports aufgewertet werden soll. Es ist sehr gut, daß eine solche Debatte endlich einmal stattfindet. Erfreulicherweise hat sich deutlich gezeigt, daß die Sorge, die mancher hatte, hier solle nun eine allgemeine Politisierung des Sports stattfinden, unberechtigt war. Denn bei dem Kreis der Freunde des Sports, die diese Sportdebatte wollten, war von vornherein klar, daß sie damit keine Politisierung des Sports erreichen wollten.
Ich darf als Vertreter der Opposition hier noch etwas zusätzlich sagen. Manche haben erwartet, daß über einige Punkte gesprochen würde, die vielleicht strittig sein könnten. Wir haben sie bewußt heute nicht behandelt, weil wir dem Sport dienlich sein wollen und weil wir nicht von dieser Stelle Erschwerungen in den Sport hineinbringen wollen. Das war der Grund, weshalb manche Punkte ausgeklammert worden sind.
Wen es darum geht, den Sport aufzuwerten, muß ich daran denken, daß es auch bei uns manchen Prominenten an den Schaltstellen von Politik und Wirtschaft gibt, der den Sport nach wie vor als eine Nebensache betrachtet, ja als gesellschaftlich nicht so ganz gleichberechtigt ansieht. Merkwürdigerweise sind das die gleichen Leute, die unmittelbar vor Olympischen Spielen, über die sie dreieinhalb Jahre lang die Nase gerümpft haben, in eine Angst verfallen, es könnte vielleicht nicht so gut laufen, wie wir es uns vorgestellt haben, die dann aber nach den Olympischen Spielen oder nach Weltmeisterschaften Zeter und Mordio schreien, daß das nationale Prestige über den Sport nicht so erreicht worden ist, wie sie es sich vorgestellt haben.
Diesen Damen und Herren müssen wir sagen, sie sollten dreieinhalb Jahre vorher dafür sorgen, daß der Sport seine Stellung erhält; das sollte ihnen nicht erst dann einfallen, wenn dieser oder jener Sieg nicht errungen wurde, den sie sich eingebildet hatten, der aber nicht möglich war nach der Stellung, die man dem Sport beigemessen hat.
Ich weiß, daß das hier in diesem Kreise für die hier Anwesenden die falsche Stelle ist, aber viel-
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leicht wird dafür gesorgt, daß man es auf diesem Wege denjenigen zu Gehör bringt, die es eigentlich hören müßten.
Ich möchte wegen der fortgeschrittenen Zeit jetzt vermeiden, noch über die Fragen zu sprechen, die zum Teil schon angerührt worden sind. Ich denke insbesondere an die Frage, wieweit durch intensive Leibesübungen unseren sozialpolitischen Kollegen manches erspart bleiben könnte. Wenn es um finanzielle Dinge geht, die für den Sport nötig sind. wäre es gut, wenn es eine Kooperation der Gesundheitspolitiker, der Sozialpolitiker und der Haushaltspolitiker mit den Freunden des Sports gäbe. Denn was wir jetzt mit wenigen Mitteln erreichen könnten, wäre auf die Dauer gesehen ohne Zweifel billiger als das, was später in vielen Dingen nachträglich getan werden muß. Aber das ist erfreulicherweise von allen Rednern erkannt und hier auch entsprechend behandelt worden.
Meine Freunde haben einen Antrag eingebracht, und Kollege Kubitza hat das aus Zeitgründen sofort mit begründet. Dieser Antrag befaßt sich mit gewissen steuerlichen Nachteilen der Gemeinnützigkeitsverordnung. Wir hoffen, daß es gelingt, hier zu einer gemeinsamen Haltung zu kommen.
Ich möchte darüber hinaus sagen, daß wir überprüfen sollten, ob die Vergnügungssteuer, so wie sie heute noch besteht, für manche Bereiche auf die Dauer noch sinnvoll ist. Ich weiß, daß der Amateursport ausgenommen ist; aber das, was man den Lizenzspielervereinen als Vergnügungssteuer abverlangt, ist letzten Endes auch eine Schmälerung der Mittel, die zur Förderung des Amateursports in den betreffenden Vereinen übrigbleiben. Auch hier sollte man einmal nachprüfen, ob man die Dinge in Zukunft nicht noch etwas besser machen könnte als bisher.
Der Herr Bundesinnenminister hat davon gesprochen, daß er an eine Bundeszentrale für Sport denkt. Wir wollen das unvoreingenommen prüfen. Aber wir haben die Sorge, daß mit der Einrichtung einer Bundeszentrale für Sport eine Verbürokratisierung entsteht, die nicht der Art entsprechen würde, wie wir den Sport betrachten, nämlich selbständig, frei organisiert. Man muß hier sehr vorsichtig vorgehen, damit nicht die gute Idee, Leistungszentren zu errichten und all das auszuwerten, durch eine falsche Organisation auf Gleise führt, die wir alle, die wir uns mit dem Sport verbunden fühlen, nicht wollen.
Mein Kollege Kubitza hat davon gesprochen, man sollte die Mittel konzentrieren. Dabei ging es ihm auch darum, die vielen Verwaltungswege, die wir heute noch haben, wenn Bund, Länder und Gemeinden an der Sportförderung beteiligt sind, soweit wie möglich abzubauen und auch dafür zu sorgen, daß die selbstverständlich notwendige Prüfung bei der Vergabe der öffentlichen Mittel für den Sport nicht immer nur unter dem fiskalischen. Gesichtspunkt erfolgt, sondern auch unter Berücksichtigung der Wirkung, die diese Mittel in den betreffenden Verbänden erreichen sollen. An diese Arbeit kann man nicht mit dem gleichen Maßstab herangehen wie bei einer Verwaltungsdienststelle, die nach einem ganz bestimmten Schema ablaufen soll und ablaufen muß. Hier wäre ich dankbar, wenn man sehr gründlich überlegte, ob manches an Prüfungsmethode und an Prüfungsmöglichkeiten noch in der Form notwendig ist, wie das in der Vergangenheit der Fall war.
Über den Leistungssport sind hier eine ganze Reihe interessanter Ausführungen gemacht worden. Ich kann nur zustimmen: Wir sollten uns gemeinsam entschließen, den Leistungssportler nicht nur so lange als ein Idol anzusehen, als er seine Leistung erbringt, und es vermeiden, ihn, wie es oft passiert ist, gesellschaftlich als nicht mehr vorhanden zu betrachten, wenn er sie nicht mehr erbringt. Das hat zu manchem seelischen Knick bei den Betreffenden geführt, wenn sie spürten, daß sie völlig vergessen waren, daß man sie nicht mehr beachtete. Hier über die deutsche Sporthilfe nicht nur die materielle Seite zu sehen, die dort angepackt wird, sondern auch die seelische Seite des Menschen zu sehen, scheint mir eine wesentliche Aufgabe für die Zukunft zu sein, an der wir alle mitwirken sollten.
Es ist heute schon dreimal davon gesprochen worden, daß es natürlich nicht die entscheidende Aufgabe sei, daß 50 000 in einem Stadion sitzen und 22 spielen. Das sagt sich immer so schnell hin, meine sehr verehrten Damen und Herren. Lassen Sie mich hier ganz offen sagen: die 2000 Lizenz- und Vertragsspieler im Fußball sind eine wesentliche Voraussetzung dafür, daß Hunderttausende lupenreine Amateure samstags und sonntags und auch in der Woche auf den Spielfeldern spielen. Ohne diese Lizenzspieler gäbe es auch nicht die Begeisterung bei den jungen Menschen, ihnen nacheifern zu wollen. Deshalb wäre ich doch dankbar dafür, wenn man diese Gruppe von Halbberufssportlern und
Vollberufssportlern nicht manchmal so etwas abwertete und damit negative Reaktionen hervorriefe, die nicht notwendig sind. Ich bin sicher, daß es darunter auch eine ganze Reihe gibt, die ihren Fußball genauso spielen würden, wenn sie nicht dafür bezahlt würden.
Daß man über Gagen manchmal so laut schreit, wenn sie im Fußball gezahlt werden, sie aber nicht mit den Gagen vergleicht, die in anderen Bereichen — Film und Fernsehen — gezahlt werden, ist eigentlich verwunderlich. Trainergagen allein sind nicht das entscheidende Kriterium, um zu sagen: Das ist schlecht oder gut.
— Völlig richtig, Herr Kollege Stücklen. Aber zu
solchen Beträgen wird im Fußball niemand kommen.
Eines sollten wir allerdings auch ganz deutlich sehen: wenn wir dafür sorgen wollen, daß der Leistungssport entsprechend gefördert wird, wenn wir Leistungszentren ausbauen wollen, wenn daran gedacht ist, eine zentrale Auswertungsstelle zu schaffen, müssen wir natürlich auch dafür sorgen, daß unsere Sporthochschule in Köln wirklich ein entsprechendes Instrument ist. Aus eigener Kraft ist getan worden, was möglich war. Es ist schon darauf hingewiesen worden, daß wir noch kein Hallenbad für die Sporthochschule in Köln haben. Das ist ein Witz angesichts der Tatsache, daß das die Sport-
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hochschule der Bundesrepublik ist! Darüber hinaus gibt es in Köln kein Promotionsrecht. Mancher wäre auch bereit, dorthin zu gehen, wenn er seine Sportlehrerprüfung auch in einer anderen als der deutschen Sprache ablegen könnte; das ist aber nicht möglich, und das führt zu dem Ergebnis, daß die Betreffenden sagen: Dann gehen wir eben nach Leipzig, weil wir dort in allen Sprachen, die für uns in Betracht kommen, das Sportlehrerexamen ablegen dürfen. Das ist ein Mangel, den wir uns vorzuwerfen haben, und der darin begründet liegt, daß wir die Dinge nicht mit angepackt und nicht manches für die Ausbildungsstätten getan haben, was hätte sein können, wenn wir die Dinge richtig betrachtet hätten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluß zu dieser Debatte noch folgendes sagen. Wir haben zwei Anträge gestellt, die den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden. Wir hoffen, daß sie angenommen werden. Es wäre aber gut, wenn wir nun nicht meinen: 18 Jahre hat es gedauert, bis die erste Sportdebatte war; das gibt uns Zeit, wieder 18 Jahre zu warten, um über diese Fragen hier zu diskutieren. Wir sollten es uns zum Anlaß nehmen, uns über diese Frage nicht in jedem Jahre, aber doch in regelmäßigen Abständen auseinanderzusetzen. Der Sport ist es wert, daß ihm auch der Deutsche Bundestag mehr Aufmerksamkeit widmet als bisher.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Griesinger.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich glaube, vor allem die Herren in diesem Hohen Hause wären nicht unglücklich, wenn nicht nur die Uhr schon auf drei ginge, sondern dieser Tag vor hundert Jahren stattgefunden hätte. Dann müßten sie nicht noch die Rede einer Frau anhören, was sie damals nicht nötig hatten.
Ich bin nicht unglücklich, daß ich mit Ihnen zusammen in dieser Zeit lebe. Ich will mich deshalb auch doppelt anstrengen und möglichst rasch und kurz das sagen, was ich gern noch sagen wollte. Dankenswerterweise haben viele der Vorredner bereits die wesentlichen Probleme des Spitzen- und Breitensports behandelt. Einige Punkte scheinen mir aber doch noch wichtig zu sein, so daß wir kurz darüber sprechen sollten.
Herr Professor Mellerowicz wurde heute schon so schön zitiert. Er hat auch etwas für uns alle Neues gesagt. Ich will es Ihnen weitergeben. Er sprach kürzlich bei dem Kongreß für Arbeitsmedizin und Arbeitsschutz in Düsseldorf. Er hat dabei geäußert, wir Menschen in diesem 20. Jahrhundert hätten — ich meine, wir Abgeordneten, zumindest solange wir uns in Bonn aufhalten, gehören auch dazu — auf Grund unserer sitzenden Lebensweise mehr und mehr ein kleiner werdendes Büroherz bekommen, das gestählt werden müsse, damit wir in unserem langen Leben einigermaßen über die Runden kämen und als ältere Menschen nicht zu früh alt und krank seien. Ich möchte besonders den Kollegen hier im Hohen Hause empfehlen, die man beim Frühsport selten antrifft,
die Regel, die Herr Professor Mellerowicz auf diesem Kongreß gegeben hat, ernst zu nehmen. Er meinte nämlich, daß allein schon ein tägliches Training von 6 Minuten am Tage genüge, um die Kräfte anzuspornen,
die bei uns im Verkümmern begriffen sind.
Ich wollte das deshalb sagen, weil wir mehr und mehr feststellen, das solche Haltungsschäden schon bei Kindern im vorschulpflichtigen Alter zu erkennen sind und nicht erst in der Schule auftreten. Ich bin sehr dankbar, daß heute schon deutlich zum Ausdruck gekommen ist ,daß Sport und Spiel stärker in den Vordergrund gestellt werden müßten, und zwar bereits im Kindergarten und besonders auch in der Familie, wo bereits die Mütter darauf vorbereitet werden sollten, mit ihren Säuglingen Gymnastik zu treiben. Es ist keine Sensation, wenn wir davon lesen, daß diese schon in den Schwimmbädern anzutreffen sind und sich da besser zurechtfinden als die Erwachsenen.
Warum sage ich das? Ich greife auf ein Wort zurück, das Herr Minister Lücke einmal gebraucht hat. Ich bin der Meinung ,daß wir mehr und mehr neben dem Sport für den gesunden Menschen, den jungen und den älteren Menschen, auch ein Angebot an Sport und Leibeserziehung den von der Natur benachteiligten Menschen geben müssen, egal, ob das der Säugling, der junge oder der ältere Mensch ist. Ich zitiere hier Herrn Minister Lücke, der einmal gesagt hat:
Wir müssen nicht nur im Straßenverkehr eine Kriechspur schaffen, wo die langsamer fahrenden Fahrzeuge, die den Berg hinauffahren, mitkommen, um die schnellen an sich vorbeizulassen, aber nachher, wenn sie oben auf der Spitze sind, dann auch wieder etwas schneller fortkommen zu können, sondern wir müssen das auch in unserer Familienpolitik tun.
Dazu gehört auch die besondere Berücksichtigung der sportlichen Seite, um den jungen Menschen zu der Leistung zu bringen, die er wirklich vollbringen kann.
Ich habe das gerade erst kürzlich erlebt. Es gibt einige Betriebe, vor allem Großbetriebe — das muß man hier doch einmal feststellen —, die sich dankenswerterweise sehr stark um den Lehrlingssport den Betriebssport kümmern. Diese Betriebe haben in Zusammenarbeit mit dem Leiter der Sport- und Jugendleiterschule in Ruit bei Stuttgart, Herrn Dr. Gabler, die leistungsschwächeren Lehrlinge in Kursen zusammengefaßt. Unter Führung des Herrn Dr.
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Gabler und unter ärztlicher Aufsicht konnte ihnen schon in kurzen Lehrgängen Hilfestellung gegeben werden. Sie konnten zum Sporttreiben animiert werden und haben Selbstvertrauen und Mut gewonnen.
Meine Herren und Damen, ich glaube, daß es das A und O gerade bei den Jugendlichen ist, daß sie mehr Vertrauen zu sich selbst bekommen, um im Wettbewerb mit den anderen Jugendlichen eher bestehen und sich damit auch in ihren gesamten Leistungen verbessern zu können. Das erstaunliche Ergebnis ist ,daß gerade über die Leibeserziehung die gesamten Leistungen dieser Jugendlichen so verbessert worden sind, daß, als sie zurückkamen, die Ausblidungsleiter der Firmen immer wieder gefragt haben: Ist das tatsächlich noch derselbe Jugendliche?
Wir haben diese „Kriechspur" heute aber auch für die körperbehinderten Kinder zu schaffen. Dazu haben sich dankenswerterweise die Vereine und die Gemeinden mit ihren Sportstätten teilweise schon bereit erklärt. Hier geht es vor allem um die Schwimmbäder. Vereine und Gemeinden haben sich bereit erklärt, Zeit und Raum und auch Hilfskräfte zur Verfügung zu stellen, damit den Kindern — es sind die Contergan-Kinder, geistig behinderte Kinder und die spastisch gelähmten Kinder — das dringend erforderliche Training zuteil werden kann. Man sollte den Vereinen und allen Organen, die dieses tun, deshalb dafür danken; denn sie leisten hier einen wichtigen sozialen Dienst für die Gemeinschaft, für uns alle.
Wir müssen in diesem Zusammenhang auch noch ein Wort zu einem anderen Gebiet sagen — auch der Bund hat diese Aufgabe inzwischen erkannt, und wir müssen ihm dafür danken, daß er sich vorbildlich dafür einsetzt —, nämlich zu dem Gebiet des Versehrtensports. Wir haben heute noch nicht darüber gesprochen.
— Entschuldigen Sie vielmals; dann habe ich das überhört. Ich darf mich in diesem Fall Ihren Gedanken, Herr Kollege Collet, anschließen.
Welche Bedeutung der Sport für Körperbehinderte hat, zeigen die 900 Versehrtensportvereine im Bun desgebiet. Diese 900 Vereine haben 50 000 Mitglieder. In ihnen werden von Männern und Frauen sportliche Leistungen vollbracht, die sich der gesunde Durchschnittsbürger selbst bei weitem nicht zutrauen würde. Der Bund hat deshalb auch diesen Sport nachhaltig gefördert und fördert ihn weiterhin. Mit Hilfe des Bundes wird zur Zeit ein Bundeszentrum für den Versehrtensport gebaut. Man sollte besonders dafür dankbar sein, daß diese zentrale Aufgabe so ernst genommen wird.
Damit aber der Sport für alle möglich ist, brauchen wir — das wurde heute schon mehrfach gesagt — Sportstätten, die in der Nähe der Wohngebiete liegen. Nur so kann die ganze Familie, also auch die oft schwer abkömmliche Hausfrau, zur Sportstunde gehen. Wir brauchen auch eine größere Zahl von Übungsleitern. Die vorhandenen bringen viel Idealismus auf und opfern viel von ihrer Freizeit; aber es sind zu wenige. Doch ist dem Deutschen Sportbund, der vor acht Jahren in Zusammenarbeit mit den vielen Vereinen den „Zweiten Weg" geschaffen hat, ein besonderes Wort des Dankes zu sagen. Denn über den zweiten Weg ist es überhaupt erst möglich, aus dem spezialisierten Vereinssport heraus neue Möglichkeiten von Vereinsseite zu schaffen und nicht nur den Männersport, sondern auch den Frauensport stärker zu berücksichtigen. Ohne daß man nun einem Verein ständig angehören muß, hat man jetzt die Möglichkeit, an den Kursen teilzunehmen, die er anzubieten hat. Wir haben hier einen ganz großen Zulauf festzustellen, besonders dort, wo für Frauen und Mädchen Gymnastik, Spiel und Leichtathletik angeboten wird und wo vor allem für die Kinder mehr sportliche Möglichkeiten angeboten werden. Die Kurse „Mutter und Kind" erfreuen sich in diesen Vereinen besonderer Beliebtheit. Ich kann nur bitten, daß diese Vereine und die Gemeinden und alle diese Organisationen auf diesem Wege weitermachen. Denn mir scheint es die einzige Möglichkeit zu sein, einen großen Teil unserer Bevölkerung zu sportlicher Betätigung zu bringen. Wenn keine Möglichkeit in erreichbarer Nähe ist und wenn keine Menschen dazu da sind, tun sie es einfach nicht. Darum sollten wir von Bund, Land und Gemeinden uns mehr um diesen „Zweiten Weg" bemühen und Möglichkeiten zu einer Hilfe zur Selbsthilfe schaffen. Denn dieses Wort „Hilfe zur Selbsthilfe" sollte auch in dieser Sportdebatte einmal fallen. Diejenigen, die es können, sollten ihre Leistungen steigern und ihre Gesundheit erhalten, soweit es ihnen möglich ist. Wir können nur das Angebot machen. Ergreifen müssen es diese jungen und älteren Menschen dann von sich aus.
Zum Schluß, Herr Minister, möchte ich noch eine Bitte an 'Sie richten. Wir sollten — in Angleichung an die Schweiz, die über „Pro Juventute" Sport-, Freizeiteinrichtungen und Spielstätten in vorbildlicher Weise geschaffen hat; Herr Dr. Ledermann ist der Leiter dieser Einrichtung; vor allem in Zürich ist eine solche Stätte — an Hand solcher ausländischen Modelle mehr Möglichkeiten 'geben, daß Modelleinrichtungen in unserem Bundesgebiet geschaffen werden. Nur wenn solche Modelleinrichtungen geschaffen sind, können wir die Länder und die Gemeinden stärker bitten, ,die Forderungen des Goldenen Planes zu erfüllen. Ich darf dabei auf die Bemühungen des Deutschen Sportbundes verweisen.
Neue Spielformen sind dazu notwendig, nicht nur Kinderspielplätze — das wird in der Diskussion über die Große Anfrage der CDU/CSU über die Situation des Kindes zum Ausdruck kommen —, sondern ebenso Jugendspielplätze und Anlagen für Erwachsene und Freizeitzentren. Sie spielen mehr und mehr eine bedeutende Rolle in unserer heutigen Gesellschaft.
Daß .die Freude an all diesen sportlichen Betätigungen wachsen kann, wenn wir uns um gute Angebote 'bemühen, hat einstens unser Altbundeskanzler Konrad Adenauer bewiesen, als er nach dem ersten Weltkrieg als Oberbürgermeister der Stadt Köln das große Sportstadion schuf, auf dessen
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Gelände heute ,die Sporthochschule steht. Er sagte damals: „Der Sport ist der beste Arzt des Volkes." Ich glaube, das trifft auch in unserer Zeit auf uns alle noch zu.
Das Wort hat jetzt Herr Staatssekretär Lauerbach.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist nun einmal der Unterschied zwischen den Akteuren in einem Stadion oder einer Sportarena und den Abgeordneten in einem Parlament, ganz gleich wo: im ersten Falle wird der Wettkampf abgebrochen, wenn mehr und mehr ausfallen.
Im Parlament, wo die geistige Auseinandersetzung geführt wird, wird bis zum Schluß gerungen bzw. .die Auseinandersetzung geführt. Ich sage das mehr für die Gäste, die bei dieser Sportdebatte anwesend sind, weil ich es auch von dem Landesparlament her weiß, wie der angesetzte Termin und der Zeitpunkt für die Teilnehmerzahl einer solchen Debatte eine Rolle spielen. Wenn ich aber hier als Einzelkämpfer für den Bundesrat auftrete, so bitte ich um Verständnis und Nachsicht dafür, daß ich nicht den ganzen Hintergrund der Meinungen, Anschauungen und Gegebenheiten der Länder vortragen und zeichnen kann. Es hat auch einen Vorteil, daß nun außer mir nicht noch mehrere den Standpunkt der Länder vortragen und damit den Ablauf noch weiter verzögern.
Zum anderen aber glaube ich, sagen zu müssen, daß diese Debatte vielleicht auch für die Vertreter ,der Länder — ich sage das ganz offen —, für die für den Sport in den Ländern der Bundesrepublik Verantwortlichen, für die Kultusminister, eine nächst größere oder höhere Gangart nach sich ziehen wird, d. h. den Übergang in eine bessere Bewegung.
Ich bin persönlich immer einer von denen, die sich in dieser schnelleren Bewegung wohlfühlen.
Mir fällt jetzt, weil an diesem Tag von den verschiedensten Rednern die Aufgaben des Parlaments, die Aufgaben der Politik für den Sport, verschiedentlich vorgetragen worden sind, ein Wort ein, das Konfuzius zuzuschreiben ist. Er hat einmal dargelegt, daß es verschiedene Wege gibt, Aufgaben zu lösen. Dabei sei der edelste jener des Nachdenkens. Ich nehme an, daß eine Reihe von denen, die nicht mehr hier sind, diesen Weg gewählt hat. Der zweite Weg sei der der Nachahmung. Das sei der leichteste — wenn es auf sportlichem Gebiet geschähe, wäre es wiederum zu entschuldigen. Der dritte Weg -- und das sei der bitterste — sei der Weg der Erfahrung. Ich glaube, von daher ist der Inhalt dieser Debatte im wesentlichen zu überprüfen, festzuhalten und zu beurteilen.
Es steht außer Zweifel, daß Leibeserziehung und Sport in unserer Zeit und in unserem Land bei dieser Generation für heute und morgen eine Bedeutung für alle Sparten der Gesellschaft, ja fast für alle Sparten der Politik erlangt haben, nicht nur gesundheitspolitische, soziologische und sozialpolitische, sondern auch diplomatische und vor allen Dingen kulturpolitische Bedeutung.
Weil Kulturpolitik in unseren Tagen dominiert wird von der Wissenschafts- und Forschungspolitik und von der Erziehungspolitik, meine ich sagen zu können, daß man, um den Gesamtkomplex „Sport in Deutschland" richtig erfassen zu können, natürlich auch jene Plattform, auf der diese Politik betrieben wird, in die der Sport mit integriert ist, mit zum Vortrag bringen müßte. Das wäre nun die Aufgabe eines Vertreters des Bundesrates. Aber um 15 Uhr diese breiten und vielschichtigen Bereiche auch nur abzutasten, würde zu viel Anforderungen an Ihre Geduld mit sich bringen. Eben deshalb möchte ich auch nur einige Gedanken in dieser Debatte vorbringen, vor allen Dingen deshalb, weil der Sport, die Leibeserziehung, der ganze Bereich dieser gesundheitsfördernden Maßnahmen Presse, Rundfunk, Fernsehen, die Öffentlichkeit, die Kirchen und die verschiedensten Verbände erfaßt hat. Ich glaube, daß deshalb auch die Bewertung des Sports durch den Staat, durch die Politik, in der entsprechenden Rangfolge, mit den rechten Maßstäben, wichtig und notwendig ist. Es ist notwendig, daß man sich in den Parlamenten, auch im Bundestag mit dem Sport beschäftigt. Allerdings kann ich auf Grund meiner Herkunft aus einem Bundesland nicht alle Antworten des Herrn Bundesinnenministers unterstreichen. Ich möchte gleich noch auf zwei Probleme eingehen, die mehr oder weniger diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund angehören. Ich wollte damit sagen, daß wir unser Bild von der Leibeserziehung und dem Sport ständig neu formen müssen und daß wir laufend Stellung beziehen müssen. Viele von denen, die in der Politik tätig sind und Verantwortung tragen, müssen ihre Vorstellungen aber nicht nur korrigieren, sie sollten sie vielmehr dann auch verwirklichen.
Hier ist der Ansatzpunkt, der heute von allen Rednern viele Male erwähnt worden ist. Ich meine die Kooperation, das Zusammenwirken von Bund, Ländern und Kommunen. Der Sport als Institution ist ein verbindendes Element in unserem Land geworden. Als Träger ist hier eine Gemeinschaft von Millionen Menschen zu sehen, die sich als Turner, als Athleten, als Rasenspieler usw. betätigen. Der Sport ist ein Aktivposten in unserem Staat. In der Vielschichtigkeit des Aufbaus hat er seinen Rang erhalten. Er ist nicht mehr wegzudenken, weil er am Bild und am Profil unserer Gesellschaft mitgestaltet. Er prägt weitgehend die Konturen unserer modernen Gesellschaft mit.
Auch ich möchte den Vertretern des Sports und der freien Sportbewegung — vom Präsidenten bis herunter zum letzten Mitglied und Verantwortlichen in den Vereinen — an dieser Stelle danken. Der Sport bestimmt weitgehend die Substanz der inneren Kräfte in unserem Lande. Er trägt dazu bei, sie zu erhalten und zu mehren. Er ist aber auch eine Repräsentanz unseres Volkes im Ausland, auf der inter-
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nationalen Ebene, in der Begegnung mit Menschen anderer Nationen. Deshalb ist er eine tragende Größe in unserer Zeit.
Die Förderung des Sports — das darf ich auch noch sagen — ist keine Erfindung der Länder oder des Bundes oder der Kommunen oder der Parteien; weder links noch rechts noch in der Mitte kann man das für sich beanspruchen. Es handelt sich vielmehr um eine Gesamtaufgabe, auf die heute hingewiesen worden ist. Man kann froh darüber sein, daß das geschehen ist.
Die großen noch vor uns liegenden Probleme und Aufgaben auf dem Gebiet der Leibeserziehung und des Sports können nur dann bewältigt werden, wenn auf allen politischen Ebenen die erforderlichen Maßnahmen getroffen werden. Nicht Proklamationen, sondern Aktionen müssen die entsprechende Konsequenz sein.
Die Länder stehen ohne Zweifel auf dieser Ebene. Ich freue mich, daß der Bundestag — ich mußte hören: nach 18 Jahren — diese Debatte führte und sich hier mit einschließt. Diese Gemeinsamkeit darf auch im Hinblick auf das laute Ja zur Charta des deutschen Sports Erwähnung finden, die im letzten Jahr herausgegeben worden ist. Darin ist ja ein Bekenntnis zur Einheit der sportlichen Idee und zu der gleich wichtigen Förderung der schulischen Leibeserziehung, des Breitensports und des Leistungssports enthalten. Ein solches Bekenntnis ist auch von Ihnen, Herr Minister, abgelegt worden, und es ist in dieser Debatte ohne irgendwelche Diskrepanzen aufgeklungen. Damit ist eine weit angelegte Aufwertung des Sports zum Ausdruck gebracht worden.
Am Anfang sind die Schulen genannt worden, die eine grundlegende Formung im Bereich der Leibeserziehung zu erfüllen haben. Was dort versäumt oder vernachlässigt wird, kann, dessen sind wir uns bewußt, nur sehr schwer wieder nachgeholt werden.
Aber auch hier ist in unserer Zeit ein Wandel vor sich gegangen. Ich darf das an dieser Stelle sagen, weil wir etwas näher am Puls der Schule, etwas näher am Puls der Kommunen — das Wort findet sich ja nicht im Grundgesetz — und auf Grund des übertragenen Wirkungsbereichs etwas näher am Puls dieser von Ihnen genannten und von uns gleigermaßen respektierten Verbände, Vereine und Organisationen sitzen. Der Grundsatz, daß Leibeserziehung ein wesentlicher Bestandteil der Gesamterziehung ist, ist ebenso in die Bereiche der Kultusverwaltungen eingedrungen wie das Bestreben, diesen Grundsatz konsequent in die Praxis umzusetzen. Es wäre ungerecht, wenn man das nur so ganz am Rande erwähnen wollte. Eine vorbildliche Leibeserziehung in allen Schulen — auch in den Berufsschulen, wo noch viel geschehen muß, weil es sich dort um Schüler im Alter von 14 bis 18 Jahren handelt, die in erster Linie eine sportliche Betätigung nötig haben — ist die Grundlage für eine regelmäßige Sportausübung. Da sehen wir die Nahtstelle zwischen Erziehung in der Leibeserziehung und sportlicher Betätigung in den Vereinen. Hier liegt wirklich die Grundlage für die regelmäßige
Sportausübung als gute Lebensgewohnheit, aber auch als eine erfolgversprechende Arbeit der Turn-und Sportvereine.
Ich muß jetzt wenigstens andeuten, daß sich die Länder Mühe geben, — das eine Land mehr, das andere Land weniger. Wir haben einen Landessportplan, der auch den Schulsport, die Ausbildung der Lehrer für Leibeserziehung und die Fortbildung dieser Lehrer in allen schulischen Bereichen miteinbezieht und auch die Hochschulen berücksichtigt. Es sind also viele Grundlagen vorhanden. Ich darf an dieser Stelle erwähnen, daß es nicht nur zwei Institute für Sportmedizin gibt. Wir haben auch in Erlangen ein neues Institut errichtet. Wir haben in Würzburg eine Professur für Sportpädagogik eingerichtet und werden sie besetzen. Im Wissenschaftsrat haben wir diese Probleme in den Empfehlungen berücksichtigt. Es war nicht ganz einfach, sich gegenüber den Hochschullehrern, die damit noch keine Berührung haben, durchzusetzen. Die Schwierigkeit, solche Lehrstühle für Sportpädagogik und Sportmedizin an unserer Hochschulen zu errichten, ist nicht gering. Da wird der Aufruf dieses Hohen Hauses sicher eine ,starke Hilfe sein. Es gibt noch manche Vorurteile und noch manche überkommene Philosophie, die zwar die Zweiheit von Geist und Seele kennt, aber den dritten Faktor, den Körper, nicht berücksichtigt.
Hinzu kommen natürlich auch die Maßnahmen zur Ausbildung der Lehrkräfte für die sportlichen Institutionen. Die Studienförderung ist eine Sache, die weder von den Ländern noch vom Bund allein in bezug auf die Sportpädagogik mitbestimmt werden kann. Da handelt es sich um Empfehlungen an die selbständigen Hochschulen, die dann in. ihren Bereichen im Rahmen der Studienreform größeres Gewicht auf den Sport legen müssen. Ich hoffe, daß das auch gerade diese Adressen erreicht; denn es ist notwendig, daß man in diesem Raum die Initiativen ergreifte und daß durch Errichtung von Lehrstühlen die Voraussetzungen geschaffen werden. Die notwendige Orientierung, Bewertung und Akzentuierung ist Sache dieser hohen Schulen; die Studienreform bezieht sich ja dann auch auf die Bewertung des Faches Leibeserziehung in wissenschaftlicher Hinsicht. Inwieweit, Herr Minister, - sich dieses von Ihnen angekündigte Sportzentrum mit diesen wissenschaftlichen Fragen befassen wird, natürlich — so nehme ich an — in enger Anlehnung an die Pädagogischen Hochschulen, an die Hochschulen, bleibt abzuwarten. Ich neige mehr oder weniger zu der Meinung des Herrn Abgeordneten Mischnick, hier vorsichtig zu sein und die entsprechende Initiative der Sportbewegung noch einmal als im Grunde vordringlich zu sehen.
Was den Breitensport angeht, so sind natürlich die Mittel zur Förderung, zur Schaffung von Turnhallen und Sportstätten in erster Linie anzusprechen. An dieser Stelle sind die 1,8 Milliarden DM erwähnt worden, die die Länder in den letzten Jahren für die Förderung dieser großen Arbeit für den Breitensport gegeben haben. Es ist mir nicht nachzutragen, wenn ich darauf hinweise, daß in diesem Zeitraum die Zu-
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schüsse des Bundes mit rund 210 Millionen DM das dem Bund zugedachte Soll nicht ganz erfüllt haben. Es wäre wiederum sehr erfreulich,
wenn im Rahmen dieser De-facto-Gemeinschaftsaufgabe hier aufgestockt würde. Daß die Hilfe des Bundes in allen Breiten besonders begrüßt würde, vor allen Dingen auch von den Ländern, ist selbstredend. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich eine Zahl nennen: Allein in Bayern sind in den letzten fünf Jahren für die Förderung der Leibeserziehung und
- des Sports durch den Staat mehr als 200 Millionen DM zur Verfügung gestellt worden. Daß das nicht genügt, darüber sind wir uns einig. Daß bei der Erwähnung dieser Frage der Begriff „mittelfristige Planung" natürlich kein Zauberwort sein kann, ebensowenig wie „Gemeinschaftsaufgaben", ein solches steht, glaube ich, außer Zweifel. Ganz gleich, wie man umschichtet, es ist nie ein Pfennig mehr da, wenn man nicht bereit ist, zu sagen: Für die Förderung des Sports wird in den Haushalten mehr angesetzt und gegeben. Die Sportbewegung erwartet — ich sage das noch einmal — die Fakten und nicht die notwendige Umschichtung bzw. die Kompetenzverteilung.
Was den Leistungssport angeht, so sind wir von den Ländern natürlich bereit, die Leistungszentren mit zu gestalten. Eine ganze Reihe von solchen Zentren ist ja inzwischen geschaffen worden, und wir freuen uns, daß dort die notwendige und die zweckmäßige Ausbildung der Leistungssportler im Hinblick auf — was heute des längeren ausgeführt worden ist — internationales Bestehen, auf besondere Vorbilder dann auch durchgeführt werden kann.
Die einzelnen Punkte, die mit den Empfehlungen der verschiedenen Fraktionen vorgelegt worden sind, jetzt zu behandeln, würde aus der Sicht des Bundesrates zu weit führen. Es sind dabei immer wieder manche Überlegungen mit zu berücksichtigen, die eben den föderalistischen Aufbau der Bundesrepublik im Auge behalten. Ich darf dazu am Schluß noch ein Wort sagen: es ist notwendig, daß man manchmal über bestimmte Wegstrecken hinweg auch über bestimmte Schranken hinwegsteigt, um — wenn ich dieser Debatte noch einmal die entsprechende Bedeutung beimessen darf —, dann zu besseren Ergebnissen zu kommen. Diejenigen, die es betrifft, kümmern sich nicht darum, ob da und dort bestimmte Schranken, Kompetenzen für die Verzögerung ursächlich sind, sondern nur darum, ob es so klappt, wie es klappen sollte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir können natürlich auch andernorts noch manches dazu beitragen. Es ist vorhin hervorgehoben worden, daß Nordrhein-Westfalen in den letzten Tagen oder Wochen eine eigene Institution zur Förderung des Leistungssports errichtet hat. Andere Länder haben parlamentarische Sportbeiräte und wieder andere haben entsprechende Ausschüsse. Wir lehnen ebenfalls ein Sportministerium ab. Wir lehnen bei uns eigene, speziell für Sportfragen eingesetze Ausschüsse ab. Der Sport soll immer integrierender Bestandteil im Bereich der Erziehung, im Bereich des Unterrichts, im Bereich der kulturellen Fragen insgesamt sein. Ich glaube, da eingebettet ist der Sport in unserer Zeit am besten aufgehoben,
Im Verlauf der Debatte ist auch darauf hingewiesen worden, daß die Sportunterrichtsstunden in unseren Schulen, den Pflichtschulen genauso wie den weiterführenden Schulen, noch nicht in der Anzahl angesetzt seien, wie es sein sollte.
Auch hier sind manche Entscheidungen getroffen worden; aber die Antwort auf die Frage, inwieweit es in Zukunft eine Verstärkung des Sportunterrichts, solange wir die entsprechenden Lehrkräfte nicht haben, geben kann, diese Antwort gibt dann eben die Praxis.
Es ist ein Aufgabenfeld, das breit vor uns liegt. Es ist ein Aufgabenfeld, auf dem umfassende und vielschichtige Maßnahmen zu treffen sind.
Deshalb sind wir froh, an diesem Tage auch gehört zu haben, daß Sport nicht politisch reglementiert wird, daß der Sport und die Sportbewegung nicht politisch bevormundet werden sollen. Das ist auch die Einstellung in den Ländern. Jeglicher Mißbrauch des Sports — wir haben Beispiele genug in den Ländern des Ostens — ist abzulehnen, alle Kunstkniffe und Kunstgriffe in dieser Hinsicht sind zu verurteilen, Ideologisierung genauso wie strengste Konfessionalisierung. Meine Damen und Herren, Leibeserziehung und Sport sind ein Betätigungsfeld, auf dem sich Menschen aller Anschauungen, aller Rassen und aller Parteien treffen müssen. Das ist so zu verstehen, daß Leibeserziehung und Sport — wie erfreulicherweise von einem Vorredner festgestellt wurde — eine hervorragende Vorschule für echtes demokratisches Verhalten sind.
Deshalb darf, darin sind wir uns wiederum einig, in dem Bemühen nicht nachgelassen werden, auf allen Ebenen in der Öffentlichkeit aufklärend zu wirken, mit Überzeugung die Bedeutung des Sports und der Leibeserziehung für den Menschen klarzumachen. Eltern, Lehrer, Ärzte, Kirchen und Verwaltungsbehörden sind hier aufgerufen.
Ein weiteres. Die große deutsche Sportbewegung darf nicht Schaden leiden, nur weil man sich im staatlichen Bereich nicht über die Zuständigkeiten einig werden kann. Wir alle sind aufgerufen, dafür zu sorgen, daß die Sportler in Schulen und Vereinen nicht zwischen die Mahlsteine von Kompetenzschwierigkeiten geraten. Da kann man viel erreichen. Mehr Vertrauen in die echte Eigeninitiative des Sports ist möglich und ist notwendig, denn der Sport kann nur in Freiheit wirklich gedeihen.
Lassen Sie mich zum Schluß noch ein Wort zur Olympiade sagen, nicht etwa weil auch ich jetzt München herausstreichen will, sondern weil ich genau das Gegenteil von dem sagen will, was mein Freund Prinz Konstantin sagte. Die Münchener Olympischen Spiele sind wirklich ein Anliegen des ganzen deutschen Volkes. Sie sind für den deut-
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schen Sport eine große Chance. Man kann den Gästen aus allen Ländern, den Besuchern aus aller Welt ganz klar, eindeutig und unmißverständlich die erfolgreiche Arbeit einer unabhängigen deutschen Sportbewegung in einer freiheitlichen Demokratie vorführen. Die Olympischen Spiele sind nicht als kleine Spiele abzutun. Bund — und dafür ist man dankbar —, Länder und die Stadt München und alles, was sich helfend mit eingeschaltet hat, sind verpflichtet, nachdem A gesagt worden ist, B zu sagen und diese Olympischen Spiele in München als einen großen, einen besonderen Auftrag anzusehen, eingebettet in ein Kulturprogramm, eingebettet in eine große, lebendige Atmosphäre. Das Olympische Komitee trägt seinen Teil dazu bei; das Olympische Komitee, das sich wiederum aus Vertretern des Sports und der Politik zusammensetzt, hat hier die Kontakte mit der Politik, mit dem Bund und mit den Ländern aufzunehmen und zu pflegen. Deshalb, meine Damen und Herren, müssen wir es, meine ich, als eine Selbstverständlichkeit betrachten, daß die laufenden und die geplanten Maßnahmen zur Förderung des Sports und der Leibeserziehung sowie zur Vorbereitung der Olympiade keine Beeinträchtigung erfahren dürfen, nicht in den Gemeinden, nicht in den Ländern und vor allen Dingen auch nicht beim Bund.
Das Wort hat der Herr Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich, wie es das Recht jedes Abgeordneten des Deutschen Bundestages ist, in derselben Lage wäre wie diejenigen von diesen Abgeordneten, die hier noch sitzen, dann würde ich jetzt, gerade jetzt die Gelegenheit ergreifen, einiges zu sagen — von der Leber weg. Ich hoffe, Sie verstehen wenigstens diesen meinen Seufzer. Ich werde der Versuchung widerstehen und hier nicht über Kompetenzen und nicht über Zuständigkeiten reden. Ich muß in meiner Eigenschaft als Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen, weil ich diese Debatte nicht durch ein Kapitel zu bereichern habe und weil ich auch keine Schlußpräambel anzubringen habe, ganz kurz einiges sagen.
Ich bin nämlich von einigen Abgeordneten, also Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses, darauf hingewiesen worden, daß es Pressemeldungen gibt, aus denen hervorgeht, daß der Dritte Strafsenat des Bundesgerichtshofs am 6. Dezember in- einer Revisionsverhandlung sich mit der Frage befassen werde, ob Kontakte zum Deutschen Turn- und Sportbund, dem DTSB, der Sportorganisation im anderen Teile Deutschlands, strafbar sind. Ich habe die Pressemeldungen ebenfalls gesehen, und ich bin froh, daß einige Mitglieder dieses Hauses mich fragen, was sie denn nun sagen sollten, wie es mit dem innerdeutschen Sportverkehr im gespaltenen 'Deutschland gehandhabt werden soll, wenn — — es könnte ja sein. Ich habe hier weder an die Adresse des Bundesgerichtshofs zu sprechen, noch habe ich hier anstelle des Herrn Bundesministers der Justiz oder eines der Länderminister der Justiz zu sprechen; ich habe nur auf die Fragen einiger Damen und Herren dieses Hauses nach bestem Wissen und Gewissen und nach Aktenkenntnis dieser Seite unseres Sportverkehrs meine Meinung zu sagen, und das will ich tun.
Ich erspare es mir deshalb, das, was in diesen Pressemeldungen steht und was anmutet, als sei es vor zehn Jahren geschrieben, hier noch einmal zu klassifizieren oder zu sondieren. Nein, ich wende mich einfach an Sie, meine Damen und Herren, weil ich von Abgeordneten gefragt worden bin, was sie denn sagen oder gegebenenfalls tun sollten, was es mit diesem Sportverkehr auf sich habe, wenn sich eines unserer hohen Gerichte jetzt mit der Revision von Urteilen befaßt, 'bei denen es um mehrere Monate Gefängnis für Sportverkehr — weil er unter Umständen ausgeübt worden ist, die besonderer Art sind — geht. Aus diesem Grunde gebe ich meine Antwort an Sie, meine Damen und Herren. In anderen Zusammenhängen ist soviel über Zuständigkeiten, über Kompetenzen gesprochen worden in einer Sache, in der 'Sie allein kompetent sind, nämlich als Gesetzgeber in der Frage des Staatsschutzes und des politischen Strafrechts. Wenn hier nicht endlich aufgepaßt wird, können wir noch lange über vieles reden. Nur, dann werden die Schlußpunkte und die Ausrufungszeichen auf Grund des geltenden Rechts von ganz anderen Stellen gesetzt. Sie, die Sie hier über Dinge reden, von denen die anderen, die aus Landtagen oder aus Kanzleien kommen, wieder der Meinung sind, Sie seien dafür gar nicht zuständig, wollen doch wohl nicht bestreiten lassen, daß es bei allen tiefgründigen Auffassungsverschiedenheiten über verfassungsrechtliche Zuständigkeiten keinem Zweifel unterliegen kann, daß in Fragen ,des Staatsschutzes und des politischen Strafrechts der 'Deutsche Bundestag kompetent ist.
— Sicher! Ich wollte Sie nur bitten. Es kann ja rationalisiert werden, Herr Dr. Klepsch. Sonst wird das Vergnügen sich fortsetzen, 'daß ich in der nächsten und übernächsten Fragestunde gefragt werde, wie unsere Intentionen im innerdeutschen Sportverkehr sind. Hier ist ganz richtig gesagt worden, daß wir ihn nicht mit politischen Auflagen versehen wollen, daß wir ihn frei schaufeln wollen und daß es nicht unsere Schuld ist, sondern wenn, dann anderer Leute Schuld.
Dann muß aber diese Seite der 'Fahrbahn auch wirklich sauber gemacht werden, und das liegt allein in der Kompetenz des Gesetzgebers. Das muß in Ordnung gebracht werden. Sonst erleben wir immer wieder schrille Dissonanzen zwischen den eigenen Wünschen und Vorstellungen und den Bestimmungen, die gelten, solange sie nicht geändert werden können. Dann frage ich mich: Welche Rolle spielen wir dann eigentlich?
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Bundesminister Wehner
Hier hat das eine Rolle gespielt in einer 'der Großen Anfragen einer ,der Fraktionen. Deswegen mußte ich den Damen und Herren, die mich auf die Verhandlungen vor dem Bundesgerichtshof am 6. Dezember hingewiesen haben — ich verkneife es mir, zu sagen, um wie viele Monate es ,dabei geht und um welche Leute es dabei geht; das gehört nicht hierher —, ,das sagen. Es ist unvermeidlich, will ich damit sagen, in strafgesetzlicher Beziehung zu entrümpeln.
Dazu gehört ein Wort mehr. Der Deutsche Sportbund hier, von dem heute mit Recht rühmend gesprochen worden ist, und eine Organisation auf der anderen Seite, der Deutsche Turn- und Sportbund, abgekürzt DTSB, verstehen sich sehr verschieden hinsichtlich dessen, was sie sind, was sie darstellen und was sie für Aufgaben, Rechte und Pflichten haben.
Der sportliche Verkehr des Deutschen Sportbundes mit den Vereinen oder Angehörigen oder Gliederungen des Deutschen Turn- und Sportbundes soll sich — das ist doch wohl die Auffassung, die es bei uns gibt — nach den im Sport geltenden Regeln vollziehen. Das muß man festhalten, danach kann man sich richten, und dafür müssen wir klare Verhältnisse schaffen.
Das darf man natürlich nicht unterschlagen. Bei politischen Demonstrationen und Handlungen von Angehörigen des Deutschen Turn- und Sportbundes in der Bundesrepublik Deutschland vertraut die Bundesregierung auf die Loyalität der Angehörigen des Deutschen Sportbundes gegenüber unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
Das muß doch wohl die Basis sein, auf der wir miteinander auskommen.
Das heißt für den Sportverkehr in Deutschland praktisch: Wir wünschen ungehinderten Sportverkehr und versuchen unsererseits — weil das unserer Anschauung entspricht —, in dem Bereich, den Sport und Politik gemeinsam haben, Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Das habe ich heute hier mit großem Interesse verfolgt. Im Bereich der Politik —das sind Gemeinden, Länder und Bund — muß dabei viel getan werden, damit der Sport seine Rolle voll spielten kann. Aber das ist doch die allgemeine Auffassung, und der will ich auch nur Ausdruck geben: Die Politik soll, ja die Politik darf dem Sport keine Auflagen machen. Das ist unsere gemeinsame Auffassung. Sie kommt zum Ausdruck in unserem Bemühen hier, dem Sport zu helfen mit den Möglichkeiten, die es im Bereich der Politik gibt, nämlich mit der Möglichkeit, das Seine zu tun, seinem Wesen gemäß zu dienen und sich zu entfalten. Aber da das in Zusammenhang steht mit dem Sichaneinanderreiben von Sportorganisationen in der Realität des gespaltenen Deutschlands, wollte ich darauf aufmerksam machen: Denken Sie an diese Dinge und auch an diese Debatte heute. Wenn Sie irgendwo ein Nachwort hören, das ganz woanders und auf Grund von Bestimmungen, die eben auch noch gelten, gesprochen werden wird, dann denken Sie daran, daß Sie ein Recht und daß Sie eine Pflicht haben als Gesetzgeber — wie wir alle zusammen —, in diesen Fragen ,ein wenig mitzuhelfen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Koenen .
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einleitend möchte ich hier richtigstellen, was vorhin ein jüngerer Kollege dieses Hauses erklärt hat. Ich meine die Aussage, daß hier in diesem Hause 18 Jahre lang über Fragen des Sports nicht gesprochen worden sei. Das, meine Damen und Herren, stimmt einfach nicht, vielmehr sind alljährlich bei der Haushaltsberatung die Positionen des Innenministeriums, die nun einmal dazu bestimmt sind, Ansprüche und Anliegen der Sportseite zu befriedigen, in diesem Hause, vor allem aber sowohl im Innenausschuß als auch im Haushalts- und Finanzausschuß, gründlich durchberaten und immer mit viel Wohlwollen behandelt worden. Ich fürchte, wenn das hier nicht gesagt und nicht beachtet wird, könnte durch die Presse, durch die Zuhörer und damit in der gesamten Öffentlichkeit in dieser Frage ein völlig falscher Eindruck erzeugt sein.
Wenn heute hier in diesem Hause und in dieser Debatte die Sprecher aller Fraktionen und auch der Herr Minister mehrfach darauf hinweisen konnten, daß die Initiativen des Bundes, der Länder und der Gemeinden zur Förderung des Sportstättenbaus in der Vergangenheit erfreulich groß gewesen sind und auch zum Erfolg geführt haben, dann verdanken wir das zu einem großen Teil einem Werkzeug, das uns die Deutsche Olympische Gesellschaft und der Deutsche Sportbund mit dem Goldenen Plan in die Hand gegeben haben. In mühevoller Ermittlungsarbeit haben damals der Deutsche Sportbund und die Olympische Gesellschaft eine Bestandsaufnahme vorgenommen und bei dieser Bestandsaufnahme ermittelt, welche Sporteinrichtungen und Sportstätten bereits vorhanden und noch brauchbar sind. Außerdem wurde durchgeplant, was heute und für die Zukunft auf Jahre hinaus in der Bundesrepublik auf diesem Gebiet geschehen muß. Ich sehe nicht deshalb auf die Bundesratsbank, weil sie schwach besetzt ist,
sondern weil uns in diesem Hause bekannt ist, daß Länder und Gemeinden ihren Anteil am Sportstättenbau in besserer Weise und zu einem höheren Prozentsatz erbracht haben, als es dem Bund möglich gewesen ist. Ich drücke mich so vorsichtig aus und sage „möglich gewesen ist", weil wir ja alle die Haushaltslage des Bundes in den vergangenen Jahren genau kennen und einem solchen Umstand auch Rechnung tragen müssen.
Herr Minister, Sie haben in den vergangenen Jahren und auch heute wieder darauf hingewiesen, daß ein Teilbereich des Sportstättenbaus gar nicht Sache des Bundes sei. Sie meinen damit alle diejenigen Sportstätten, die im Zusammenhang mit
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Koenen
dem Schulwesen nun einmal erforderlich sind und von den Ländern und Gemeinden als Teil einer Schuleinrichtung finanziert werden müssen.
Dann haben Sie, Herr Minister, heute in Ihren Ausführungen deutlich gemacht, daß die Bundesregierung es als ihre Aufgabe ansieht, überregionale und regionale Einrichtungen zu fördern. Damit haben ,Sie sicherlich den Beifall des größten Teiles dieses Hauses gefunden. Wenn ich trotzdem einige kritische Bemerkungen aus meiner Kenntnis aus großen Sportverbänden heraus mache, dann hoffe ich, daß dies 'der Debatte keinen Schaden zufügt.
Sie werden sicherlich zugeben, Herr Minister, daß Einrichtungen von überregionaler Bedeutung z. B. die Sportkrankenhäuser im Stuttgarter Raum und auch das Krankenhaus für Sportverletzte im Bereich Lüdenscheid-Hellersen sind. Der Träger dieser Einrichtung im nordrhein-westfälischen Bereich ist die Sporthilfe. Sie sagten, diese überregionalen Einrichtungen müsse der Bund in besonderer Weise fördern. Wir haben seitens der Sporthilfe dem Bundesgesundheitsministerium von Herzen zu danken. Es ist nämlich zum Mitfinanzierer dieses Krankenhauses für Sportverletzte in Lüdenscheid-Hellersen geworden. Zu einem Kostenpunkt von etwas mehr als 20 Millionen DM wird dort ein hervorragendes, modernes Krankenhaus für Sportverletzte errichtet, und das Bundesgesundheitsministerium — ich sage das mit Betonung; die Sportseite bedankt sich von Herzen dafür — hat 2,6 Millionen DM verlorenen Zuschuß zu dieser Einrichtung gegeben. Das ist ein Achtel der Kostensumme. Nachdem Sie, Herr Minister, vorhin deutlich gemacht haben, daß es Aufgabe des Bundes sei, zu solchen überregionalen Einrichtungen entsprechende Zuschüsse zu geben, diese Einrichtungen zu fördern und ihnen zu helfen -das sage ich jetzt als Abgeordneter; das sagt jetzt nicht die Sportseite, die sehr dankbar für die Hilfe ist —, muß sich dieses Haus und muß sich die Bundesregierung da nicht die Frage vorlegen, ob dieses Achtel als Mithilfe für eine so wichtige und so wirkungsvolle Einrichtung nicht doch ein bißchen wenig ist?
Herr Minister, ich erwähne das in bester Absicht, weil es — das muß ich nun auch gleich sagen — einen Katalog von Trainingszentren gibt, deren Bau geplant ist. Ich erkenne an, daß dafür die Mitbeteiligung des Bundes zu einem weitaus höheren Prozentsatz vorgesehen ist. Auch dafür hat sich der Sport sicherlich zu bedanken.
Der Schatzmeister des Deutschen Fußballbundes, eines nicht gerade finanzschwachen Sportbundes in unserer Bundesrepublik, muß trotz alledem rechnen. Wenn ich die Liste mit den geplanten zusätzlichen Trainingszentren zur Hand nehme und die Finanzplanung durchlese, dann stelle ich fest, 'daß in der Gesamtplanung zwar den Baukosten, den Erstellungskosten, Bedeutung beigemessen wurde und daß die Finanzierung mit hervorragender Hilfe des Bundes 'wahrscheinlich sichergestellt ist. Ich befürchte aber mit den Fachverbänden und mit dem Präsidium des Deutschen Sportbundes, daß bei der Planung den Folgekosten nicht die erforderliche Bedeutung beigemessen worden ist. Als Mitarbeiter in großen Sportverbänden habe ich mich laufend mit den Haushalten von drei Sportschulen zu beschäftigen. Ich mache deutlich, daß es in der Bundesrepublik keine einzige Sportschule gibt, die ohne erhebliche Zuschüsse entweder des finanzstarken oder nicht gerade finanzschwachen Trägers betrieben werden kann oder aber ohne erhebliche Zuschüsse des Landes oder eventuell einer mittragenden Gemeinde.
Mit einiger Sorge, Herr Minister, habe ich heute während Ihrer Ausführungen und in der gesamten Debatte nichts von diesen Folgekosten gehört. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie heute oder meinetwegen, wenn Sie darauf nicht vorbereitet sind, schriftlich oder in einer der nächsten Sitzungen dazu entsprechende Ausführungen machten. Es gibt nur wenige Sportverbände, die in der Lage wären, solche Folgekosten 'in der Tat auf die Dauer zu übernehmen. Man müßte bundesseitig dann auch die Folgerung ziehen, daß man auf die Dauer die Folgekosten mitfinanziert.
Noch eine andere 'kritische Anmerkung, Herr Bundesminister. Am 15. April 1966 — 1966! — habe ich das Bundesministerium des Innern angeschrieben. Das war zu einem Zeitpunkt, an dem man erkennen konnte, 'daß sich der große Wunsch des Deutschen Sportbundes, einige wenige ganz große leistungsfähige Trainingszentren zu bekommen, offenbar auf Grund des erfolgreichen Wirkens von Fachverbandsvorsitzenden oder Fachverbänden nicht erfüllen ließ. Ich habe damals geschrieben, wenn das nun schon einmal so weit sei, müsse ich bitten, daß überlegt werde, ob solche Trainingszentren an hervorragende bereits bestehende, aber nicht voll ausgelastete Sportschulen angelehnt werden sollten. Ich habe meinetwegen mit Blick auf ein Zentrum für Ruderer oder Kanuten auf die Sportschule Duisburg-Wedau hingewiesen, eine Schule, die über hundert Betten hat, eine Schule, die über viele Lehrräume, über eine große Aula, über mehrere Turnhallen und über viele Sportplätze verfügt und die vor der Tür die Regattastrecke Berthasee hat, also eigentlich für Kanuten und Ruderer alle Voraussetzungen mitbrachte. Wenn etwa ein Mangel sein sollte, daß kein Flußlauf zur Verfügung steht, dann ist zu sagen, daß man mit einem Lkw seine Boote sehr schnell auf den Rhein oder auf die Duisburger Kanäle bringen könnte, um schließlich noch längere Strecken im Training zur Verfügung zu haben.
Es ist dann anders entschieden worden. Ich habe ein Antwortschreiben bekommen, unterschrieben von Herrn Höfling, der folgendes zum Ausdruck brachte:
Die seit eineinhalb Jahren geplanten Zentren werden zum Teil in Anlehnung an vorhandene Institute für Leibesübungen o. ä. errichtet,
— zum Teil! —
wie zum Beispiel das Ruderzentrum in Ratzeburg und das Eisschnellaufzentrum in Innzell. Hier ist eine Koppelung an vorhandene Sportschulen wegen der Besonderheit dieser Anlagen nicht zweckmäßig.
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Koenen
Gerade aus Zweckmäßigkeitsgründen habe ich seinerzeit diesen meinen Vorschlag gemacht. Mich hat es überrascht, daß ich eine solche Antwort bekam. Ich nehme an, daß die Planung damals schon so weit fortgeschritten war, daß man nicht mehr gut zurückkonnte.
Der Schatzmeister eines, wie man immer sagt, nicht finanzschwachen Sportbundes rechnet. Auch der Deutsche Sportbund in seiner Gesamtheit sieht mit Sorge die Gefahr, daß nun jede neue Einrichtung, die laufend Folgekosten hat, auf die Dauer vielleicht die an sich schon knappen Mittel zur Förderung der Arbeit in den Verbänden noch mehr beschneiden wird. Ich betone noch einmal: keine Sportschule ist ohne erhebliche Zuschüsse bestreitbar. Alles, was neu geschaffen wird, wird neue Zuschüsse benötigen. Ich weiß nicht, ob wir auf dem richtigen Wege sind, wenn wir dort nicht versuchen, bis zum letzten versuchen, in Anlehnung an Vorhandenes mehreren Sportarten gerecht zu werden. Ich glaube jedenfalls, daß dieser Weg kaufmännisch und wirtschaftlich richtiger wäre.
— Ich danke für den Hinweis. Ich lese gerade, ich solle mich nicht nur mit dem Herrn Minister unterhalten, sondern solle auch ein bißchen zum Hause hin sprechen.
Herr Minister, auf der anderen Seite muß anerkannt werden, daß in dem, was Ihr Haus nun plant, viel drinsteckt und daß damit den Sportlern eine wirkliche Hilfe zuteil wird. Es bleibt aber, meine Damen. und Herren, der unerläßlich notwendige Hinweis, daß der Minister, das Ministerium, ein Wort zu den Folgekosten sagt, ein Bekenntnis zu den Folgekosten ablegt.
Verehrter Herr Kollege, obgleich Sie Ihre Darlegungen sehr lebensnah gestalten und wir alle interessiert sind, muß ich Sie leider darauf aufmerksam machen, daß die vereinbarte Redezeit abgelaufen ist. Sie haben aber noch eine kleine Schonfrist, Herr Kollege.
Gestatten Sie mir einen Schlußsatz, Herr Präsident! Ich will mich ganz kurz fassen, um von diesem Platz herunterzukommen.
Zu den Folgekosten muß also ein Bekenntnis abgelegt werden. Wenn da eine Beruhigung eintritt, müssen die jetzigen Träger solcher Sportschulen die neuen Einrichtungen als Konkurrenz erkennen, und dort werden höhere Zuschüsse als bisher fällig werden.
Meine Damen und Herren, ich habe niemanden mehr auf meiner Rednerliste. Wir haben jetzt — und ich hoffe dabei auf Ihre Mitwirkung — die Tagesordnung bis zum Schluß abzuwickeln.
Nach dem Vorschlag des Ältestenrates soll zunächst der Antrag des Abgeordneten Dr. Müller und Genossen an den Innenausschuß — federführend — und an den Haushaltsausschuß überwiesen werden. Wer für diese Überweisung ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Es ist so beschlossen.
Ich rufe dann die Punkte 10 bis 17 der Tagesordnung auf:
10. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung von Kostengesetzen an das Umsatzsteuergesetz vom 29. Mai 1967
— Drucksache V/2300 —11. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 29. November 1966 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Uganda über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen
— Drucksache V/2241 —12. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 21. März 1967 zur Änderung und Ergänzung des Abkommens vom 25. April 1961 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland über Soziale Sicherheit und zur Ergänzung der Zusatzvereinbarung vom 28. März 1962 zu dem Abkommen über Soziale Sicherheit
— Drucksache V/2252 —13. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 6. November 1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Portugiesischen Republik über Soziale Sicherheit
— Drucksache V/2262 —14. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher und besoldungsrechtlicher Vorschriften
— Drucksache V/2251 —15. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Schiffsbankgesetzes
— Drucksache V/2276 —16. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 11. April 1967 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Tschad über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen
— Drucksache V/2283 —17. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes und des Gesetzes über das LuftfahrtBundesamt (1. Änderung)
— Drucksache V/2296 —
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Vizepräsident Scheel
Änderungen zu den Ihnen vorliegenden Überweisungsvorschlägen des Ältestenrates haben sich nur bei den Punkten 11 und 16 ergeben.
— Wir erledigen zunächst einmal die Punkte 10 bis 17; das geht schnell. Die beiden Anträge, die mir nicht vorliegen, können wir dann behandeln.
Nach den Vorschlägen des Ältestenrates sollen überwiesen werden Punkt 10 an den Rechtsausschuß — federführend — und an den Finanzausschuß, Punkt 11 — hier ergibt sich die bereits erwähnte Änderung des Ihnen vorliegenden Überweisungsvorschlags — an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen — federführend — und an den Auswärtigen Ausschuß — mitberatend —, Punkt 12 an den Ausschuß für Sozialpolitik
— federführend — und an den Ausschuß für Familien- und Jugendfragen, Punkt 13 and den Ausschuß für Sozialpolitik, Punkt 14 an den Innenausschuß — federführend — und an den Verteidigungsausschuß, Punkt 15 an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen, Punkt 16 — in Abwandlung des Ihnen vorliegenden Vorschlags — ebenfalls an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen — federführend — und an den Auswärtigen Ausschuß und Punkt 17 an den Verkehrsausschuß.
Wenn Sie mit den Vorschlägen des Ältestenrates einverstanden sind, bitte ich Sie um das Handzeichen. — Das ist der Fall. Damit sind die Gesetzentwürfe der Tagesordnungspunkte 10 bis 17 überwiesen.
Ich darf jetzt auf Punkt 9 zurückkommen. Es liegen noch die Anträge der Fraktion der FDP auf Umdruck 308 *) und Umdruck 310 **) vor. Es ist vorgeschlagen worden, den Antrag Umdruck 308 dem Innenausschuß und den Antrag Umdruck 310 dem Finanzausschuß zu überweisen. Wenn Sie mit dem Vorschlag einverstanden sind, bitte ich um. das Handzeichen. — Es ist so beschlossen.
Jetzt kommen wir zu Punkt 18:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung — Immunitätsangelegenheiten —
betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abgeordneten Orgaß gemäß Schreiben des Rechtsanwalts und Notars Jürgen Graul, Berlin, vom 5. Juni 1967
— Drucksache V/2254 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. MüllerEmmert
Der Bericht des Abgeordneten Dr. Müller-Emmert liegt Ihnen vor. Wenn Sie dem Antrag des Ausschusses zustimmen, bitte ich um das Handzeichen.
*) Siehe Anlage 7 **) Siehe Anlage 8 — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einer Enthaltung ist der Ausschußantrag angenommen.
Punkt 19:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung — Immunitätsangelegenheiten —
betr. Genehmigung zur Durchführung strafrechtlicher Ermittlungen gegen den Abgeordneten Bäuerle gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 6. Juli 1967
hier: Vernehmung von Zeugen zum Zweck der Beweissicherung
— Drucksache V/2255 —
Berichterstatter: Abgeordneter Genscher
Der Bericht des Abgeordneten Genscher liegt Ihnen vor. Wenn Sie dem Antrag des Ausschusses zustimmen, bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Punkt 20:
Beratung der Übersicht 16 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht
Drucksache V/2286 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Wilhelmi
Der Antrag des Ausschusses liegt Ihnen vor. Ich bitte diejenigen, die ihm zustimmen, um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Punkt 21:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr.: Veräußerung der ehemaligen Wörth-Kaserne in Göttingen an die Stadt Göttingen
— Drucksache V/2275 —
Der Ältestenrat schlägt vor, diesen Antrag dem Ausschuß für das Bundesvermögen zu überweisen. Wer dem Vorschlag zustimmt, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Eine Gegenstimme. Enthaltungen? — Keine. Gegen eine Stimme angenommen.
Punkt 22:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats zur Änderung der Anhänge I und II der Verordnung Nr. 83/67/ EWG betreffend Schokolade und andere kakaohaltige Lebensmittelzubereitungen
— Drucksachen V/2200, V/2278 —Berichterstatter: Abgeordneter Lange
Der Bericht des Abgeordneten Lange liegt Ihnen vor. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmt, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Keine. Einstimmig angenommen.
7070 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1967
Vizepräsident Scheel Punkt 23:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft
eine Richtlinie des Rats betreffend die Verwaltungsverfahren und -praktiken für Aufnahme, Beschäftigung und Aufenthalt der Arbeitnehmer eines Mitgliedstaates und ihrer Familienangehörigen in den anderen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft
— Drucksachen V/1647, V/2298 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Friderichs
Der Bericht des Abgeordneten Dr. Friderichs liegt Ihnen vor. Wer dem Ausschußantrag zustimmt, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Keine. Einstimmig angenommen.
Die Punkte 24 bis 30 rufe ich gemeinsam auf — es handelt sich in allen Fällen um Berichte des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen betreffend Änderungen des Deutschen Zolltarifs —:
24. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Fünfte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1967 (Agrarzölle — Binnenzollsenkung)
— Drucksachen V/2057, V/2256 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Preiß
25. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Fünfzehnte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1967 (Erhöhung des Zollkontingents für Bananen)
— Drucksachen V/2095, V/2257 —
Berichterstatter: Abgeordneter Lange
26. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Dreizehnte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1967 (Zollaussetzung für Tomaten usw.)
— Drucksachen V/2097, V2258 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Staratzke
27. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Einhundertfünfzehnte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollkontingent für Melasse — 1967)
— Drucksachen V/2118, V/2259 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Preiß 28. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Vierte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1967 (Zollkontingente für Rohaluminium usw.)
— Drucksachen V/2119, V/2260 —
Berichterstatter: Abgeordneter Lange
29. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Siebzehnte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1967 (Cermischmetall und Rohmagnesium)
— Drucksachen V/2171, V/2261 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Staratzke
30. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Sechzehnte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1967 (Zollkontingente für Fische — 1967)
— Drucksachen V/2096, V/2265 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Serres
Ich geben Ihnen die Berichte des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen zur Kenntnis. Eine Beschlußfassung ist nicht nötig. Ich stelle fest, daß Sie diese Berichte zur Kenntnis genommen haben.
Letzter Punkt, Punkt 31:
Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene
Zweiunddreißigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz —
Vierzehnte Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage zur Außenwirtschaftsverordnung -
- Drucksachen V/2113, V/2112, V/2266 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Serres
Auch hier ist keine Beschlußfassung erforderlich. Ich gebe Ihnen den Bericht zur Kenntnis. — Ich stelle fest, daß Sie ihn zur Kenntnis genommen haben.
Damit ist die Tagesordnung erledigt.
Die nächste Plenarsitzung findet am Mittwoch, dem 6. Dezember, 9 Uhr, statt.
Die Sitzung ist geschlossen.