Protokoll:
4172

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 4

  • date_rangeSitzungsnummer: 172

  • date_rangeDatum: 12. März 1965

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:02 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 13:49 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 172. Sitzung Bonn, den 12. März 1965 Inhalt: Wahl des Abg. Merten als Mitglied des Europäischen Parlamentes 8615 A Erweiterung der Tagesordnung . 8615 A, 8628 B Fragestunde (Drucksachen IV/3152, IV/3155) Fragen des Abg. Dr. Gleissner: Entlastung des Raumes München Dr. Claussen, Staatssekretär . . . 8616 A, 8617 B Dr. Gleissner (CDU/CSU) . . . . 8616 B Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 8616 C Frau Dr. Kiep-Altenloh (FDP) . . 8617 A Spies (CDU/CSU) 8617 A Fragen des Abg. Dr. Müller-Hermann: Zeitgerechte Vorlage der gemeinsamen Berichte der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr und des Kraftfahrtbundesamtes Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 8617 C Frage des Abg. Dr. Gleissner: Verlegung der Bundesbahndirektion München nach Augsburg Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 8618 B Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 8618 C Dr. Gleissner (CDU/CSU) . . . . 8619 A Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Zebrastreifen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 8619 B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 8619 C Rademacher (FDP) 8620 A Fragen des Abg. Regling: Lotsengeld für das Traverevier . . . 8620 A Fragen des Abg. Dr. Stecker: Zunahme der schweren Verkehrsunfälle in Grenzgebieten . . . . . . 8620 B Fragen des Abg. Seifriz: Kühlmotorschiff „Polarlicht" — Bestimmungen für die Besetzung von Seeschiffen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 8620 C Fragen des Abg. Rehs: Elektrifizierung von Bundesbahnstrecken Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 8621 A Rehs (SPD) . . . . . . . . . 8621 B Wendelborn (CDU/CSU) . . . . . 8621 D II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. März 1965 Fragen des Abg. Werner: Weiterer Ausbau der BundesbahnRegiebetriebe — Leistungsfähigkeit der privaten Industrie Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 8622 A Wendelborn (CDU/CSU) . . . . . 8622 C Dr. Frede (SPD) 8622 D Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Verbilligte Familienheimfahrt für Doktoranden Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 8623 A Mertes (FDP) . . . . . . . . . 8623 A Frage des Abg. Dröscher: Unzulänglichkeiten in der Flugsicherung — Personalpolitik Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 8623 B Dröscher (SPD) . . . . . . . . 8623 C Rademacher (FDP) . . . . . . . 8623 D Spies (CDU/CSU) . . . . . . . 8624 A Frage des Abg. Lautenschlager: Bundesbahndirektion Regensburg Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 8624 B Lautenschlager (SPD) . . . . . . 8624 D Frage des Abg. Lautenschlager: Ausbau des Rhein-Main-Donau-Kanals Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 8625 B Lautenschlager (SPD) 8625.0 Frage des Abg. Lemper: Haltestelle der Deutschen Bundesbahn in Kaster (Strecke Düren—Neuß) . . 8626 A Frage des Abg. Dr. Müller-Emmert: Einführung der „Als-ob"-Tarife für die Pfalz an Stelle eines Saar-Pfalz-Kanals Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 8626 B Dr. Müller-Emmert (SPD) . . . . 8626 C Dröscher (SPD) . . . . . . . 8627 A Drachsler (CDU/CSU) 8627 B Rademacher (FDP) 8627 C Jacobs (SPD) 8627 D Frage des Abg. Felder: Beirat für Psychologie Gumbel, Staatssekretär 8628 A Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Sechzehnten Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache IV/3182) Dr. Dr. h. c. Toussaint (CDU/CSU) . 8628 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Haager Übereinkommen vom 5. 10. 1961 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation (Drucksache IV/2787) ; Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache IV/3075) — Zweite und dritte Beratung 8629 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 1. 12. 1964 mit dem Königreich der Niederlande über die seitliche Abgrenzung des Festlandsockels in Küstennähe (Drucksache IV/3087) — Erste Beratung — 8629 D Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche des ehemaligen Flugplatzes Köln-Ostheim (Drucksache IV/3085) 8630 A Beratung der Zehnten` Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 (Drucksache IV/3098) in Verbindung mit Beratung der Zwölften Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 (Drucksache IV/3144) mit Beratung der Vierzehnten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 (Drucksache IV/3145) und mit Beratung der Verordnung über Änderung von Zollkontingenten für das Kalenderjahr 1964 (Drucksache IV/3146) . . . . 8630 A Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen über den Trag der Abg. Dr. Tamblé, Frau Dr. Heuser, Dr. Jungmann u. Gen. betr. Eintragung der niedergelassenen Ärzte in den Amtlichen Fernsprechbüchern (Drucksachen IV/1969, IV/3096) 8630 B Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft über den Vorschlag der Kommission der Europäischen Atomgemeinschaft zur Änderung der Bestimmungen des Zweiten Titels Kapitel VI des Vertrages zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (Versorgung) (Drucksachen IV/2886, VI/3121) 8630 C Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über die Vorschläge der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rats auf Anwendung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über landwirt- Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. März 1965 III schaftliche Pachtverträge auf die Landwirte, die Angehörige anderer Mitgliedstaaten sind, sowie für eine Richtlinie des Rats auf Anerkennung des Rechts der Landwirte, die Angehörige eines Mitgliedstaates und in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind, auf Betriebswechsel (Drucksachen IV/3021, IV/3022, IV/3131) 8630 D Mündlicher Bericht des Außenhandelsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über eine gemeinsame Begriffsbestimmung des Warenursprungs (Drucksachen IV/2994, IV/3159) van Delden (CDU/CSU) . . . . . 8631 A Große Anfrage betr. Preissteigerungen im Berufsverkehr (SPD) (Drucksache IV/2518) in Verbindung mit Antrag betr. Notstand auf den Straßen und im Straßenbau (SPD) (Drucksache IV/2517), mit Antrag betr. Schutz von Taxifahrern gegen Überfälle (SPD) (Drucksache IV/2592), mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßengesetzes (Abg. Dr. Burgbacher, Rauhaus, Dr. Aschoff u. Gen., Abg. Jacobi [Köln] u. Fraktion der SPD) (Drucksache IV/2751) — Erste Beratung —, mit Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen über den Antrag der Abg. Lemmrich, Dr. Müller-Hermann, Drachsler, Eisenmann u. Gen. betr. Änderung der vorläufigen Richtlinien für die Gewährung von Bundeszuwendungen zu Straßenbaumaßnahmen von Gemeinden und Gemeindeverbänden (Drucksachen IV/1978, IV/2794); Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 GO (Drucksache IV/3122), mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (Abg. Drachsler, Dr. Sinn, Dr. Höchst, Adorno, Lemmrich, Wagner u. Gen. und Fraktion der CDU/CSU, Abg. Ramms u. Gen.) (Drucksache IV/2417) ; Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 GO (Drucksache IV/3123) ; Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (Drucksache IV/2792) — Zweite und dritte Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes über eine Untersuchung der wirtschaftlichen Lage der Deutschen Bundesbahn, der Binnenschifffahrt und des gewerblichen Kraftverkehrs (Abg. Dr. Löbe, Dr. Imle und Fraktion der FDP) (Drucksache IV/3083) — Erste Beratung —, mit Antrag betr. Mannheimer Akte (Abg. Dr. Löbe, Dr. Imle und Fraktion der FDP) (Drucksache IV/3084), mit Antrag betr. Errichtung eines Bundesamtes für Transportkosten (Abg. Dr. Löbe, Rademacher u. Gen.) (Drucksache IV/3095), mit Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Umstellung der Abgaben auf Mineralöl (Drucksache IV/2793, Umdruck 358 [neu]), mit Entwurf eines Gesetzes zum Schiffssicherheitsvertrag vom 17. 6. 1960 (Drucksache IV/2542) ; Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (Drucksache IV/3097) — Zweite und dritte Beratung —, mit Entwurf eines Zweiten Gesetzes über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschiffahrt (Drucksache IV/2549) ; Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 GO (Drucksache IV/3180) ; Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (Drucksache IV/3133) —Zweite und dritte Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnnenschiffahrt (Drucksache IV/2548) ; Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (Drucksache IV/3134) — Zweite und dritte Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 20. 3. 1958 über die Annahme einheitlicher Bedingungen für die Genehmigung der Ausrüstungsgegenstände und Teile von Kraftfahrzeugen und über die gegenseitige Anerkennung der Genehmigung (Drucksache IV/2852) ; Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (Drucksache IV/3136) — Zweite und dritte Beratung —, mit Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses über den Entschließungsantrag der Abg. Adorno, Bauknecht, Maucher, u. Gen. zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964 betr. Fernschnellstraße Ulm—Lindau (Drucksache IV/3135, Umdruck 437), mit Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag der Abg. Josten, Buchstaller, Dr. Danz u. Gen. betr. Verbesserung der Fahrwasserverhältnisse auf dem Rhein, der verkehrsreichsten Wasserstraße Europas (Drucksachen IV/2020, IV/3137) und mit Antrag betr. Erstversorgung für Unfallverletzte (Abg. Dr. Pohlenz u. Fraktion der SPD) (Drucksache IV/3163) Seibert (SPD) 8632 C Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 8634 D, 8642 C, 8646 A, 8656 A IV Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. März 1965 Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 8636 C, 8659 C Dr. Bleiß (SPD) . . . . 8638 B, 8645 C Rademacher (FDP) . . . 8640 C, 8655 C Seifriz (SPD) . . . . . . . . . 8646 D Drachsler (CDU/CSU) . . 8650 B, 8661 C Lemmrich (CDU/CSU) . . 8653 B, 8660 C, 8661 A Ertl (FDP) . . . . . . . . . . 8654 D Müller (Nordenham) (SPD) 8655 B, 8660 A, 8660 D Schmidt (Braunschweig) (SPD) . . . 8658 A Jacobi (Köln) (SPD) . . 8659 D, 8661 B Mengelkamp (CDU/CSU) 8660 B, 8662 B Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats zur zweiten Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung Nr. 85/63/EWG über die Festsetzung der Einschleusungspreise und der Zusatzbeträge sowie der Übergangsbestimmungen für Teilstücke von Schweinen sowie Schweinefleisch enthaltende Zubereitungen und Konserven (Drucksachen IV/3158, IV/3176) 8663 A Mündlicher Bericht des Innenausschusses über die Vorschläge der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats zur Änderung der Berichtigungskoeffizienten für die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten, für Verordnungen der Räte der EWG/EAG zur Änderung des Statuts der Beamten und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der EAG und der EWG; zur Bestimmung der Höhe und des Umfangs der in Art. 3 a des Anhangs VII des Statuts vorgesehenen Pauschalzulage; zur Änderung der Berichtigungskoeffizienten für die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten sowie zur Änderung der Bestimmungen und des Verfahrens für die Erhebung der in Art. 12 Abs. 1 der Protokolle über die Vorrechte und Befreiungen der EAG und der EWG vorgesehenen Steuer zugunsten der Gemeinschaft (Drucksachen IV/2748, IV/3148, IV/3149, IV/3177) . . 8663 B Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die Festsetzung der Abschöpfungsbeträge gegenüber dritten Ländern für Schweine, Schweinefleisch und Schweinefleisch enthaltende Erzeugnisse für Einfuhren, die vom 1. 4. bis zum 30. 6. 1965 getätigt werden (Drucksachen IV/3157, IV/3179) . . . . . . . . 8663 C Nächste Sitzung 8663 D Berichtigung 8663 Anlagen 8665 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. März 1965 8615 172. Sitzung Bonn, den 12. März 1965 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 170. Sitzung Seite 8571 C Zeile 6 statt „Punkte b), c) und d) " : Punkte a) , b), c) und d) ; Zeile 9 statt „drei": vier. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Adorno 12. 3. Frau Albertz 12. 3. Dr. Aschoff 12. 3. Bading * 12. 3. Dr.-Ing. Balke 31. 3. Bauer (Wasserburg) 12. 3. Bäumer 3. 4. Bazille 12. 3. Dr. Bechert 12. 3. Bergmann * 12. 3. Berlin 19. 3. Berkhan 12. 3. Biechele 15. 3. Dr. Bieringer 12. 3. Blachstein 10. 4. Busse 12. 3. Deringer 12. 3. Diekmann 12. 3. Dr. Dörinkel 12. 3. Dr. Dr. h. c. Dresbach 15. 3. Ehnes 12. 3. Dr. Eckhardt 12. 3. Etzel 12. 3. Faller 12. 3. Felder 12. 3. Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) 12. 3. Dr. Franz 12. 3. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 12. 3. Gaßmann 12. 3. Gscheidle 12. 3. Haage (München) 12. 3. Gräfin vom Hagen 12. 3. Hammersen 12. 3. Dr. Dr. Heinemann 26. 3. Herold 12. 3. Dr. Hesberg 12. 3. Hesemann 12. 3. Hufnagel 12. 3. Illerhaus * 12. 3. Dr. Imle 12. 3. Kalbitzer 12. 3. Dr. Kempfler 12. 3. Dr. Kliesing (Honnef) * 12. 3. Kohlberger 12. 3. Dr. Kreyssig * 12. 3. Kriedemann * 12. 3. Dr. Krümmer - 12. 3. Kulawig 15. 4. Kuntscher 12. 3. Lenz (Bremerhaven) 29. 3. Lenz (Brühl) ** 12. 3. Leukert 12. 3. Dr. Löbe 12. 3. Lücker (München) * 12. 3. Dr. Martin 12. 3. Maier (Mannheim) 12. 3. Marx 26. 3. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Mattick 12. 3. Mauk * 12. 3. Dr. Menne (Frankfurt) 12. 3. Metzger 31. 3. Michels * 12. 3. Mick 12. 3. Murr 12. 3. Müller (Worms) 12. 3. Reichmann 12. 3. Richarts * 12. 3. Ritzel 23. 3. Rollmann 12. 3. Schlee 12. 3. Schlick 12. 3. Dr. Schmid (Franfkurt) 12. 3. Dr. Schneider (Saarbrücken) 21. 3. Frau Schroeder (Detmold) 12. 3. Schulhoff 12. 3. Dr. Schwörer 12. 3. Seidl (München) 12. 3. Seuffert 12. 3. Sühler 12. 3. Spitzmüller 27. 3. Dr. Starke 12. 3. Dr. Stoltenberg 15. 3. Storch * 12. 3. Strauß 12. 3. Strohmayer 12. 3. Unertl 12. 3. Verhoeven 12. 3. Wehner 20. 3. Weinkamm 12. 3. Wienand 12. 3. Wilhelm 10. 4. Dr. Zimmermann (München) 12. 3. b) Urlaubsanträge Deneke 19. 3. Dr. Jungmann 12. 4. *) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlamentes **) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Beratenden Versammlung des Europarates Anlage 2 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Jacobi (Köln) zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßengesetzes (Drucksache IV/2751). Aus technischen Gründen läßt es sich nicht vermeiden, daß die Versorgungsunternehmen - darunter sind die Elektrizitätswerke, die Gaswerke und nicht zuletzt auch die Wasserwerke zu verstehen - die öffentlichen Straßen mit ihren Leitungen kreuzen oder diese Straßen zur Verlegung der Leitungen benutzen. Die Rechtsgrundlage für diese unerläßliche Straßenbenutzung bilden bürgerlich-recht- 8666 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. März 1965 liche Verträge, die sogenannten Gestattungsverträge oder bei den Gemeinden die Konzessionsverträge. Für den Bereich der Bundesfernstraßen, der uns heute hier beschäftigt, ist maßgebend § 8 Abs. 10 des Bundesfernstraßengesetzes. Er bestimmt, daß sich die Einräumung von Rechten zur Benutzung des Eigentums der Bundesfernstraßen nach bürgerlichem Recht richtet, wenn sie den Gemeingebrauch nicht beinträchtigt. Dabei bleibt eine Beeinträchtigung von nur kurzer Dauer für Zwecke der öffentlichen Versorgung außer Betracht. Damit ist die seit jeher übliche Praxis der bürgerlichrechtlichen Regelung dieser Frage durch Verträge zwischen der Straßenbauverwaltung und den Versorgungsunternehmen ausdrücklich gesetztlich sanktioniert worden. In den Verträgen ist ausnahmslos vereinbart, daß das Versorgungsunternehmen, wenn die Straße geändert oder verlegt wird, seine Anlagen ebenfalls entsprechend verändern oder verlegen muß. Diese Verpflichtung nennt man die „Folgepflicht". Sie ist natürlich unabdingbar; denn es liegt auf der Hand, daß ein notwendiger Umbau oder eine notwendige Verbreiterung der Straße nicht an dem Vorhandensein von Versorgungsleitungen scheitern darf. Die Kosten, die sich für das zur Folge verpflichtete Versorgungsunternehmen ergeben, nennt man „Folgekosten". Um diese Folgekosten geht es hier. Die Tatsache, daß die Benutzung der Straßen sich nach bürgerlichem Recht richtet, hat zur Folge, daß die Eigentümer des Sraßenraumes auf Grund ihres bürgerlich-rechtlichen Eigentums in der Lage sind, die Bedingungen für die Straßenbenutzung in den Verträgen festzulegen. Dazu gehört auch die Regelung der Frage, wer die Folgekosten zu tragen hat bzw. wie die Folgekosten gegebenenfalls zwischen den beiden Vertragspartnern aufzuteilen sind. Nach der bisherigen Praxis wurde — mit verhältnismäßig wenigen Ausnahmen — die Frage so geregelt, daß das Versorgungsunternehmen alle Folgekosten zu übernehmen hat, und zwar ganz gleich, ob es sich um eine alte Leitung handelt, die vor vielen Jahren verlegt wurde, oder ob der Rohr- bzw. Kabelgraben erst vor einem Jahr zugeschüttet wurde. Für die Bundesstraßen dürften Ausnahmen von diesem Prinzip bisher nicht gemacht worden sein. Der Antrag, der Ihnen vorgelegt wird, bezweckt, bestimmte Modalitäten der über .die Benutzung von Buadesstraßen abzuschließenden Gestattungsverträge gesetzlich neu festzulegen. Ich möchte hier auf diejenigen Bestimmungen ides Antrages nicht naher eingehen, 'die im wesentlichen mit !der bisherigen Vertragspraxis übereinstimmen und die diese lediglich nur noch einmal gesetzlich fixieren. Den Kern des Antrags bildet Abs. 3 Nr. 2 des vorgeschlagenen neuen § 8 a des Bundesfernstraßengesetzes, der im Gegensatz zu der soeben geschilderten, heute üblichen Praxis vorsieht, daß im Fall der Änderung oder Beseitigung einer Anlage eines Beteiligten — in der Regel dürfte dies wohl die Straße sein, da von Änderungen der Straße im allgemeinen der Anstoß für die Änderungen der anderen Anlagen ausgeht — die Kosten für die Änderung oder Beseitigung der Versorgungsleitungen in den ersten 10 Jahren von dem Veranlasser der Maßnahme, später von den Beteiligten je zur Hälfte zu tragen sind. Sind mehrere Veranlasser vorhanden, so sollen die Kosten nach Maßgabe der Veranlassung verhältnismäßig geteilt werden. Hier wird also eine Regelung vorgeschlagen, die von der bisherigen Praxis abweicht und die Organe des Bundes, d. h. die Straßenbauverwaltung, veranlassen soll, den bereits abgeschlossenen und den neu abzuschließenden Gestattungsverträgen in diesem Punkt einen anderen Inhalt 'zu geben. Auf die rechtlicheSeite des Problems werde ich in meinen weiteren Ausführungen noch kurz zu sprechen kommen. Rechtliche Gesichtspunkte mögen wichtig sein, sie können jedoch nicht den Ausschlag geben. Ausschlaggebend sind vielmehr volkswirtschaftliche, energiepolitische und verkehrspolitische Gesichtspunkte, mit denen sich der 'Bundestag in diesem Zusammenhang zu befassen hat. Die bisherige Regelung dürfte auf die Tatsache zurückzuführen sein, daß der Eigentümer kraft bürgerlichen Rechts die Möglichkeit hatte, die Benutzung seines Eigentums nach eigenem Belieben vertraglich zu regeln, zum anderen darauf, daß auch sachlich durchaus etwas für die Erwägung sprach, daß die Versorgungsunternehmen die Bundesstraßen unentgeltlich benutzten und infolgedessen, falls an den Straßen eine Änderung vorgenommen werden mußte, auch auf ihre Kosten zu weichen hatten. Die Herren des Bundesverkehrsministeriums pflegen auf diese Ratio der bestehenden Regelung immer wieder hinzuweisen. Zur Zeit, als die Straßen nur von Fußgängern und Pferden und Pferdefuhrwerken benutzt wurden, mag diese Regelung auch durchaus vernünftig gewesen sein. Die Versorgungsunternehmen haben sie demgemäß ohne Widerstand hingenommen. Straßenänderungen waren in dieser Zeit verhältnismäßig selten, sie hielten sich in relativ bescheidenen Grenzen, und sie dienten ohne Ausnahme dem Wohl der Allgemeinheit im eigentlichen Sinn dieses Wortes. Es wäre nicht richtig gewesen, der Allgemeinheit Kosten für die Benutzung der Straßen etwa durch ein Elektrizitätswerk oder durch ein Wasserwerk aufzubürden, vielmehr war es richtig, daß diese Kosten der Elektrizitätsverbraucher, der Wasserverbraucher oder der Gasverbraucher trug. Im übrigen waren die Kosten für die Unternehmen zwar gelegentlich unangenehm, aber im ganzen gesehen jedoch so geringfügig, daß sie nicht nennenswert für die Preiskalkulation ins Gewicht fielen. An diesem Zustand hat sich — und darauf möchten die Antragsteller besonders Gewicht legen - Entscheidendes geändert. Der zur Zeit durchgeführte und für die Zukunft noch geplante Um- und Ausbau des deutschen Straßennetzes — der von Jahr zu Jahr in beschleunigtem Tempo durchgeführt werden muß — erfolgt nicht mehr wie in früheren Zeiten im Interesse der Allgemeinheit im weitesten Sinne des Wortes, sondern ausschließlich im Interesse und unter dem Zwang des ständig anwachsenden Kraftverkehrs. Er wird durch einen ganz bestimmten Verkehrsteilnehmer verursacht. Die Kosten für diese Straßenbauten müssen daher auch, wie in der öffentlichen Diskussion wohl heute allgemein anerkannt Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. März 1965 8667 wird, vom Kraftverkehr aufgebracht werden. In der Tat bringt er, wie allgemein bekannt ist, diese Kosten auch auf, ja er bringt sogar mehr auf, als für den Straßenbau tatsächlich verwendet wird. Die hierin liegende Problematik ist Ihnen aus anderen Zusammenhängen bekannt. Der Kraftverkehr ist es, der Verlegung, Umbau und Verbreiterung der Straßen erzwingt und damit auch zugleich die außerordentlich kostspielige Verlegung der Versorgungsleitungen. Es ist daher volkswirtschaftlich richtig, auch die Kosten für diese Änderungen an den Versorgungsleitungen dem Kraftverkehr anzulasten. Denn wenn man dies nicht tut und die Kosten die Versorgungsunternehmen tragen läßt, dann müssen diese Kosten auf die Preise der Versorgungsgüter abgewälzt und letztlich von den Verbrauchern der Versorgungsgüter getragen werden. Die Fragestellung ist, ob dies unter den heutigen Verhältnissen dem Erfordernis der Gerechtigkeit entspricht, und vor allem, ob es volkswirtschaftlich unter dem Gesichtspunkt einer sauberen Zurechnung der volkswirtschaftlichen Kosten richtig ist. Dabei wird man zu bedenken haben, daß auch die Versorgungsunternehmen eine öffentliche Aufgabe erfüllen, woraus sich ja übrigens erklärt, daß sie im Gegensatz zu anderen Wirtschaftszweigen einer besonderen öffentlichen Kontrolle unterliegen. Sie gehören zur Infrastruktur eines Gebiets und sind durch ihre Energieleitungen dem öffentlichen Straßennetz, von der Aufgabenstellung und von der Funktion für das Gemeinschaftsleben aus gesehen, verbunden. Ferner sind sie in der Regel gar nicht in der Lage, etwa die Benutzung der öffentlichen Straßen zu vermeiden. Von diesen Erwägungen muß man, so glaube ich, ausgehen, wenn man sich über die Berechtigung des vorliegenden Antrags ein Bild machen will. Juristische Prinzipien, wie z. B. das so häufig genannte „Veranlassungsprinzip", sind eine gute Kurzformel für die angestrebte Regelung, sie geben aber natürlich als solche keine Begründung. Diese Begründung muß vielmehr aus den soeben nur ganz knapp skizzierten volkswirtschaftlichen Erwägungen entnommen werden. Ein kurzer Hinweis zur Frage nach der Höhe der Folgekostenbelastung. Statistische Berechnungen ergeben, daß in den Jahren 1960 bis 1966 im Durchschnitt etwa 33 Millionen DM Folgekostenbelastung bei den Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgungsunternehmen angefallen sind bzw. nach sorgfältiger Vorausschätzung anfallen werden. Diese Kosten würden bei der vorgesehenen Regelung natürlich nicht im vollen Umfang den Bund belasten, da man davon ausgehen kann, daß wohl in der Masse der Fälle die Leitungen wenigstens 10 Jahre lang unverändert im Boden liegen bleiben werden und der Umbau in die Periode der hälftigen Kostentragung der beiden Vertragspartner fallen wird. Die Belastung des Bundes dürfte also etwa bei 16 bis 18 Millionen DM im Jahr liegen. Der Betrag mag im absoluten Betrag zunächst nicht sehr groß erscheinen; es muß aber bedacht werden, daß die Folgekosten nicht etwa alle Versorgungsunternehmen gleichmäßig belasten — dann könnte man das Problem überhaupt zu den Akten legen —, sondern daß der Anfall äußerst unregelmäßig ist und auch keinerlei Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit des betroffenen Unternehmens nimmt. Die Leidtragenden sind die Unternehmen, die im Bereich der jeweils für den Ausbau vorgesehenen Bundesstraßen liegen. Dabei kann es vorkommen, daß ein relativ kleines Wasserwerk mit sehr großem Kostenaufwand Hauptleitungen verlegen muß und damit Kosten aufzuwenden hat, die ihm keinerlei wirtschaftlichen Nutzen bringen, aber so beträchtlich sind, daß sie die Tarifhöhe empfindlich beeinflussen können. Zahllose Fälle solcher ungewöhnlichen, rein von äußeren Umständen abhängigen Kostenbelastungen einzelner Unternehmen sind in den letzten Jahren bekanntgeworden. Hier muß unter allen Umständen Abhilfe geschaffen werden. Der Antrag sieht vor, daß innerhalb der ersten 10 Jahre nach Herstellung der Kreuzung derjenige Beteiligte die entstehenden Kosten einer Änderung tragen soll, der sie veranlaßt hat. Dem liegt die Überlegung zugrunde, daß eine Zeitspanne von 10 Jahren sich in der Regel entwicklungsmäßig und planerisch übersehen läßt, so daß bereits bei der Herstellung der Kreuzung die Belange der Beteiligten aufeinander abgestimmt und die sich anbahnenden Entwicklungen berücksichtigt werden. Andererseits muß derjenige, der eine neue Anlage erstellt, darauf vertrauen dürfen, daß ihr unveränderter Fortbestand während der ersten 10 Jahre nach Herstellung zumindest gesichert ist. Sind seit Herstellung der Kreuzung mehr als 10 Jahre vergangen, dann solllen die Kosten für eine erforderlich werdende Änderung oder Beseitigung der Anlage, die durch den Vertragspartner verursacht ist, von den beiden Beteiligten je zur Hälfte getragen werden. Wenn man sich nicht an das formale Recht hält, sondern die von mir skizzierte volkswirtschaftliche und verkehrstechnische Entwicklung berücksichtigt, so kann gegen den Antrag nicht eingewendet werden, die Versorgungsunternehmen benutzten die Straßen unentgeltlich, sie genössen die Vorteile dieser Straßen und müßten daher auch die Kosten für die Folgepflicht übernehmen. Dem liegt gewissermaßen die Vorstellung zugrunde, der Straßeneigentümer könne diese Straßenbenutzung auch untersagen. Eine solche Untersagung mag rechtlich vielleicht denkbar und auch im einen oder anderen Falle durchführbar sein, im großen und ganzen aber muß man sich der Tatsache bewußt sein, daß die Versorgungsunternehmen, die die Aufgabe der öffentlichen Versorgung durchzuführen haben, auf die Benutzung der Straßen schlechterdings angewiesen sind. Das heißt aber nichts anderes, als daß die Allgemeinheit auf die Benutzung der Straßen für Zwecke der öffentlichen Versorgung angewiesen ist. Ich wies schon darauf hin, daß der Antrag eine Reihe von Rechtsfragen aufwirft, die bei den Ausschußberatungen gründlich geprüft werden müssen. Über einige rechtliche Aspekte der Wegebenutzungsverträge halbe ich mich eingangs schon geäußert. Ich möchte mich an dieser Stelle nur mit einem möglichen Einwand auseinandersetzen, nämlich dem, die Benutzung von Bundesstraßen für 8668 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. März 1965 Zwecke der Versorgungsunternehmen beruhe auf privatrechtlichen Verträgen, die ihrerseits wieder ein Ausfluß des Eigentumsrechtes des Straßeneigentümers seien. Ein Eingriff in dieses Recht würde einer Enteignung gleichkommen. Ein solcher Eingriff in das Eigentum ohne eine Entschädigung sei dem Gesetzgeber versagt. Ich will hier auf lange juristische Ausführungen verzichten. Nur soviel sei gesagt, daß in keiner Weise einzusehen ist, daß es dem Bund rechtlich versagt sein soll, für seine eigenen Straßen eine bestimmte Regelung zu treffen und sich dabei selbst zu binden. Der Einwand könnte doch nur dann allenfalls eine gewisse Berechtigung haben, wenn in das Eigentum anderer Straßeneigentümer eingegriffen würde. Im Kreuzungsrecht ist ja eine solche Selbstbindung in ,bestimmter Weise schon vorhanden. Aber auch das Bundesfernstraßengesetz selbst hat bestimmte Aspekte des Straßeneigentums bereits geregelt. So hat der Gesetzgeber in diesem Gesetz in der Frage der Zuordnung der Benutzungsrechte der Versorgungsunternehmen zum bürgerlichen Recht eine Bindung ausgesprochen. Ebenso ist dies in der Frage der Einschränkung des Gemeingebrauchs durch die Bestimmung geschehen, daß eine Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs von nur kurzer Dauer im Zusammenhang mit der Verlegung von Versorgungsleitungen außer Betracht bleiben soll. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß das Eigentum bereits durch den Vorgang der Widmung für den öffentlichen Verkehr beschränkt ist. Auch darin ist schließlich ein Vorgang der Selbstbindung des Eigentümers zu sehen, denn durch den Akt der Widmung wird die Straße dem Gemeingebrauch geöffnet. Der Gesetzgeber hat sich auch nicht gescheut, in § 6 des Bundesfernstraßengesetzes einen gesetzlichen Eigentumsübergang festzulegen, sobald der Träger der Straßenbaulast wechselt, und hier sogar einen entschädigungslosen Übergang des Eigentums auf den neuen Träger der Straßenbaulast vorgeschrieben. Aus alledem geht hervor, daß Idas Eigentum ohnehin bei Straßenflächen einer besonderen Bindung unterliegt, eine Tatsache, auf die der Bundesgerichtshof in einem Urteil bereits 1954 aufmerksam gemacht hat. Der Gesetzesantrag führt diese Linie weiter, und zwar zugunsten der Benutzung der Straße durch bestimmte Anlagen, die zweifellos ebenfalls im öffentlichen Interesse unterhalten werden. Er bezweckt nichts anderes, als für einen bestimmten Sachverhalt die Modalitäten festzulegen, unter denen der Bund die Benutzungsrechte an seinen Straßen für versorgungsrechtliche Zwecke einräumen soll, und zwar keinesfalls nur zu Lasten, sondern in gleichem Maße auch zugunsten des Bundes. Im übrigen sei bemerkt, daß man bei bösem Willen über rechtliche Zwirnsfäden stolpern und daß man bei gutem Willen — ohne das Recht zu verletzen — vernünftige Regelungen verwirklichen kann. Abschließend darf ich noch auf folgendes aufmerksam machen. Der Gesetzesantrag begünstigt keineswegs nur kommunale Versorgungsunternehmen, obwohl er besonders für die kommunalen Wasserversorgungsunternehmen von erheblicher praktischer, finanzieller Bedeutung ist, zumal im Hinblick auf die ohnehin schwierige Lage der Wasserversorgung. Bei den Erörterungen über die Aufhebung der Umsatz- und Vermögensteuerfreiheit der Unternehmen der öffentlichen Hand ist sowohl im Wirtschaftsausschuß als auch im kommunalpolitischen Ausschuß die Zustimmung zu dieser Gesetzesänderung ausdrücklich mit der Forderung verknüpft worden, daß für die Versorgungsunternehmen in der Folgekostenfrage eine für sie befriedigende Lösung gefunden werde, so daß auch den Gemeinden für die sie auf diesem Gebiet treffenden besonderen Lasten ein gewisser Ausgleich entstehen würde. Ich glaube, heute an diese Beschlüsse erinnern zu sollen. Der Aufwand für den Bundeshaushalt ist nicht sonderlich groß, die Entlastung für die einzelnen betroffenen Versorgungsunternehmen kann jedoch von ganz entscheidender Bedeutung sein. Alle diese Erwägungen sollten bei den Ausschußberatungen unter dem Gesichtspunkt der Gemeininteressen geprüft werden — wie die Antragsteller hoffen, mit einem positiven Ergebnis. Anlage 3 Umdruck 599 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen (23. Ausschuß) über den Antrag der Abgeordneten Lemmrich, Dr. Müller-Hermann, Drachsler, Eisenmann und Genossen betreffend Änderung der vorläufigen Richtlinien für die Gewährung von Bundeszuwendungen zu Straßenbaumaßnahmen von Gemeinden und Gemeindeverbänden (Drucksachen IV/2794, IV/1978). Der Bundestag wolle beschließen: Im Antrag des Ausschusses — Drucksache IV/2794 — wird unter 1. I. die Nummer 2 gestrichen. Bonn, den 12. März 1965 Brand und Fraktion Anlage 4 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Dr. Pohlenz zu dem Antrag der Fraktion der SPD betreffend Erstversorgung für Unfallverletzte (Drucksache IV/3163). Es hieße Eulen nach Athen tragen, würde ich in aller Breite die Bedeutung des vorliegenden Antrages behandeln. Wohl alle Mitglieder dieses Hohen Hauses wissen ebenso wie jeder Bürger um die erschreckenden Unfallzahlen und die Zahl der Verkehrsopfer. Trotz vielerlei Bemühungen, trotz Verkehrssicherheitskonferenzen und Vorschlägen steigt von Jahr zu Jahr die Zahl der Verkehrstoten. Was aber leider nicht genügend bekannt ist, ist die Tatsache, daß viele der Unfallopfer nicht zu sterben Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. März 1965 8669 brauchten, wenn ihnen rechtzeitig sachgemäße Hilfe zuteil geworden wäre. Es ist nicht meine Erkenntnis, daß im letzten Jahr allein annähernd 2000 Menschen am Leben geblieben wären, wenn am Unfallort die ersten, lebensrettenden Maßnahmen eingeleitet worden wären. Und das allein bei Straßenverkehrsunfällen. Dies ist der Grund dafür, daß meine Fraktion den Antrag betreffend die Erstversorgung für Unfallverletzte eingebracht hat. Wir befinden uns dabei mit unserer Zielsetzung, die im Antrag zum Ausdruck kommt, in Übereinstimmung mit dem DRK, das erst in der letzten Woche zum Großeinsatz gegen den Unfalltod aufgerufen hat. Wir können uns nicht dieser verpflichtenden Aufgabe entziehen, wir können auch nicht warten, bis andere Organisationen und Gremien das beginnen, worauf unsere Bürger seit Jahren warten und worauf sie ein Recht haben. Es ist mir unfaßbar, daß es trotz der Bemühungen des Herrn Bundesverkehrsministers, wie ich einem mit ihm geführten Briefwechsel entnehmen konnte, nicht möglich war, auch nur einen Anfangsbetrag für diesen Zweck bereitzustellen. Wir verkennen durchaus nicht, daß die Schaffung eines Unfallrettungs- und Krankenhilfsdienstes in erster Linie eine Aufgabe der Länder ist; auch nicht, daß das Problem dadurch erschwert wird, daß sich zwei verschiedene Gebiete, nämlich die des Verkehrs und der Medizin, überschneiden. Wir meinen aber, daß die Bundesregierung durch Verhandlungen mit den Ländern und durch Bereitstellung von Mitteln im nächsten Jahr — dann liegen ja die Wahlen hinter uns — eine Initialzündung schaffen sollte, um einen überregionalen Unfalldienst aufzubauen. Ohne die Kompetenz der Länder zu bestreiten, hat der Bund ja auch für andere Zwecke Mittel bereitgestellt, wie beim Honnefer Modell oder bei den Zuschüssen zur Förderung des Blutspendewesens. Die Zurverfügungstellung von Bundesmitteln wird uns um so leichter fallen, als große Organisationen wie das DRK, der ADAC und der Verband der Haftpflicht-, Unfall- und Kraftversicherer zu erkennen gegeben haben, daß auch sie sich finanziell an einem solchen Unfallrettungsdienst beteiligen würden, wenn eine Grundfinanzierung aus öffentlichen Mitteln aufgebracht würde. Meine Fraktion hat bewußt bei der diesjährigen Haushaltsplandebatte darauf verzichtet, einen Entschließungsantrag einzubringen, der darauf abzielt, den Titel Parteienfinanzierung um ein paar Millionen zu kürzen und sie für einen Unfallrettungsdienst einzusetzen. Die Sache, um die es hier geht, ist uns aber zu ernst, als daß wir sie durch politische Überlegungen gefährdet sehen wollten, wenngleich ich persönlich der Auffassung bin, daß der Bürger, den wir ja hier schließlich vertreten, nicht einen Augenblick bei der Beantwortung der Frage zögern würde, für welchen Verwendungszweck er mehr Verständnis aufbringt, für Parteienfinanzierung oder für Unfallrettungsdienst. Ich will hier nicht auf Einzelheiten des Unfallrettungs- und Krankenhilfsdienstes eingehen, dessen tragendes Element sogenannte Notfallarztwagen sind und auf dessen überregionale Schaffung unser Antrag letztlich hinausläuft. Ich möchte Ihnen nur sagen, daß nach einhelliger Auffassung der Unfallchirurgen, der Wissenschaft und der mit diesem Gebiet befaßten Organisationen nur auf diesem Wege vielen Menschen das Leben gerettet werden kann. Hierfür sollten wir Klinomobile nicht nur in die Entwicklungsländer schicken, sondern sie auch zum Wohle unserer eigenen Bevölkerung einsetzen. Ich bitte, den Antrag dem Ausschuß für Verkehr — federführend — und dem Ausschuß für Gesundheitswesen — mitberatend — zu überweisen. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Claussen vom 11. März 1965 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Folger (Drucksache IV/3152, Frage XI/2) : Welche Konsequenzen wird die Bundesregierung aus der Empfehlung des Rats der OECD über die Arbeitskräftepolitik als Mittel zur Förderung des Wirtschaftswachstums (angenommen in seiner 67. Sitzung am 21. Mai 1964) in nächster Zeit ziehen? Der größte Teil der empfohlenen Maßnahmen ist seit langen Jahren in der Bundesrepublik verwirklicht, insbesondere durch das Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung und die durch dieses Gesetz geschaffene Arbeitsverwaltung. Insoweit richtet sich die Ratsempfehlung der OECD in erster Linie an die Länder, die nicht über eine Organisation wie die deutsche Arbeitsverwaltung verfügen. Die Bundesregierung überprüft dem Geist und dem Wortlaut der Empfehlung entsprechend ihre Maßnahmen auf dein Gebiet der Arbeitskräftepolitik. Hierbei hält sie enge Verbindung mit den Organisationen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber, mit der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung und dem Rationalisierungskuratorium der Deutschen Wirtschaft. Wir haben diese Organisationen und Stellen gebeten, uns mitzuteilen, inwieweit die Empfehlung in ihrem Arbeitsbereich bereits praktisch durchgeführt wird, und uns gegebenenfalls Anregungen zu geben. Welche Konsequenzen die Bundesregierung im einzelnen ziehen wird, kann ich daher heute noch nicht sagen. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 12. März 1965 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Stecker (Drucksache IV/3152, Fragen XIII/8 und XIII/9) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Grenzbevölkerung in den letzten Monaten zunehmend über schwere Verkehrsunfälle klagt, die durch vorschriftswidrig ausgerüstete und rücksichtslos fahrende ausländische Fahrzeuge verursacht werden? 8670 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. März 1965 Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten der Abhilfe für die in Frage X1II/8 genannten Mißstände durch Fühlungnahme mit den Verkehrsministern der Nachbarländer und Einschaltung der Zoll- und Polizeidienststellen im Grenzgebiet? Daß ausländische Kraftfahrzeuge in letzter Zeit in zunehmendem und auffälligem Maße an Verkehrsunfällen in der Bundesrepublik beteiligt gewesen seien, ist nicht bekannt. Auch die Verkehrs- und Innenministerien der Länder Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, bei denen ich habe nachfragen lassen, haben in dieser Hinsicht keine Feststellungen getroffen. Das Innenministerium von Niedersachsen hat mir insbesondere bestätigt, daß in den an die Niederlande angrenzenden Gebieten Niedersachsens, also Ostfrieslands und des Emslandes, in den letzten Monaten keinerlei Häufung von Fällen rücksichtslosen Verhaltens niederländischer Fahrer oder von technischen Mängeln niederländischer Kraftfahrzeuge zu verzeichnen gewesen sei. So bedauerlich auch Einzelfälle des Versagens ausländischer Fahrer sind, so glaube ich doch, daß wir ausländische Fahrer und Fahrzeuge in der Bundesrepublik über das normale Maß der Verkehrsüberwachung hinaus auf Fahrweise und Beschaffenheit nicht besonders überprüfen sollten. Wir beobachten die Entwicklung, und sollte jedoch künftig die Beteiligung ausländischer Kraftfahrzeuge an Verkehrsunfällen in der Bundesrepublik über Gebühr zunehmen, so wird die Bundesregierung selbstverständlich alle geeigneten Mittel ergreifen, eine solche Entwicklung einzudämmen. In Verhandlungen der letzten Zeit haben wir die Niederlande gebeten, Genehmigungen für den Grenzüberschreitenden Verkehr nur an solche Unternehmer zu erteilen, die nachweisen, daß ihre Fahrzeuge während des letzten Jahres auf verkehrssicheren Zustand überprüft worden sind. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 12. März 1965 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Börner (Drucksache IV/3155, Frage II/1): Ist der Bundesregierung bekannt, daß durch das Fehlen von Fahrtrichtungsanzeigern an älteren Truppenfahrzeugen der amerikanischen Stationierungs-Streitkräfte die Straßenverkehrssicherheit beeinträchtigt wird? Die amerikanischen Stationierungsstreitkräfte haben sich auf entsprechende Vorstellungen des Bundesministers für Verkehr durch die amerikanische Botschaft bereit erklärt, ihren Fahrzeugpark mit Fahrtrichtungsanzeigern auszurüsten, soweit dies noch nicht geschehen ist. Sie haben aber um Verständnis dafür gebeten, daß eine solche Umrüstung einige Zeit erfordert. Es läßt sich daher nicht ausschließen, daß bei einigen Kraftfahrzeugen der amerikanischen Stationierungsstreitkräfte die Umrüstung noch nicht durchgeführt ist. Ich werde deshalb in dieser Frage erneut an die amerikanische Botschaft herantreten mit der Bitte, die Umrüstungsaktion beschleunigt abzuschließen. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 12. März 1965 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Peiter (Drucksache IV/3155, Frage 1I/2): Veranlaßt der bedauerliche Unfall an der höhengleichen Kreuzung Lahntalbahn /B 260 in Nassau (Lahn) das Bundesverkehrsministerium, darauf hinzuwirken, daß das seit 1962 auf der Lahnstrecke zur - besseren Zugsicherung vorgesehene „Frankfurter System" nunmehr eingeführt wird? Zum Zeitpunkt des von Ihnen angeführten Unfalles — ich nehme an, Sie beziehen sich auf den Zusammenprall am 26. Juni 1964 auf dem Bahnübergang im Bahnhof Nassau (Lahn), wo der Schrankenwärter die ortsbediente Schranke nicht geschlossen hatte, — war das Mithören der Zugmeldungen durch den Schrankenwärter (früher als „Frankfurter Verfahren" bezeichnet) bereits seit mehreren Jahren eingeführt. In diesem besonderen Fall ist aber darüber hinaus noch zusätzlich sichergestellt, daß der Schrankenwärter über jede Zugfahrt unterrichtet wird. Er ist in die Fahrwegprüfung einbezogen und somit unmittelbar an jeder Zugfahrt beteiligt. Das bedeutet, daß er auf besondere Anforderung des Fahrdienstleiters den ihm zugeteilten Gleisbereich überprüfen muß, ob die angekündigte Zugfahrt stattfinden kann. Der Schrankenwärter erfährt hierbei auch, um welchen Zug es sich handelt und in welches Gleis der Zug fährt. Erst wenn er blockelektrisch seine Zustimmung gegeben hat, kann der Fahrdienstleiter die jeweilige Zugfahrt ermöglichen und die Signale stellen. Der Schrankenwärter wußte also damals genau, wann die Zugfahrt stattfand und um welchen Zug es sich handelte.
Gesamtes Protokol
Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417200000
Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich einige Mitteilungen zu machen.
Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 11. März 1965 für den aus dem Europäischen Parlament ausscheidenden Abgeordneten Wischnewski als Nachfolger den Abgeordneten Merten benannt.
Das Haus ist damit einverstanden. Damit ist der Abg. Merten als Mitglied des Europäischen Parlaments gewählt.
Die heutige Tagesordnung soll um folgende Punkte ergänzt werden:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats zur zweiten Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung Nr. 85/63/EWG über die Festsetzung der Einschleusungspreise und der Zusatzbeträge sowie der Übergangsbestimmungen für Teilstücke von Schweinen sowie Schweinefleisch enthaltende Zubereitungen und Konserven (Drucksachen IV/3158, IV/3176)
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Pflaumbaum;
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Inneres (6. Ausschuß) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der EWG für eine
Verordnung des Rats zur Änderung der Berichtigungskoeffizienten für die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten,
Verordnung der Räte der EWG/EAG zur Änderung des Statuts der Beamten und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Atomgemeinschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft,
Verordnung der Räte der EWG/EAG zur Bestimmung der Höhe und des Umfangs der in Artikel 3 a des Anhangs VII des Statuts vorgesehenen Pauschalzulage,
Verordnung der Räte der EWG/EAG zur Änderung der Berichtigungskoeffizienten für die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten,
Verordnung der Räte der EWG/EAG zur Änderung der Bestimmungen und des Verfahrens für die Erhebung der in Artikel 12 Absatz 1 der Protokolle über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Atomgemeinschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vorgesehenen Steuer zugunsten der Gemeinschaft

(Drucksachen IV/2748, IV/3148, IV/3149, IV/3177)

Berichterstatter: Abgeordneter Schmitt-Vokkenhausen;
Beratung des Schriftlichen Berichts des Außenhandelsausschusses (17. Ausschuß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die Festsetzung der Abschöpfungsbeträge gegenüber dritten Ländern für Schweine, Schweinefleisch und Schweinefleisch enthaltende Erzeugnisse für Einfuhren, die vom 30. Juni 1965 getätigt werden (Drucksachen
IV/3157, IV/3179)
Berichterstatter: Abgeordneter Krug.
Ist das Haus mit dieser Ergänzung der Tagesordnung einverstanden? — Es ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, wir treten in die Tagesordnung ein. Wir beginnen mit der
Fragestunde (Drucksachen IV/3152, IV/3155).



Vizepräsident Schoettle
Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung. Die erste Frage — IV/1 — stellt der Abgeordnete Dr. Gleissner:
Ist die Bundesregierung bereit, angesichts der wachsenden Folgelasten und der Verschlechterung der Lebenssituation der Bevölkerung im Raum München, vor allem auch im Hinblick auf die Wohnungsnot, die wegen der hektischen Entwicklung trotz sehr hoher Wohnungsbauleistungen anhält, alle Planungen des Bundes zu überprüfen, die weitere Belastungen des Raumes München — insbesondere der Landkreise im Naherholungsbereich und in den Fremdenverkehrsgebieten — durch neue Behörden, technische, militärische Projekte usw. zur Folge haben?
Bitte!

(Staatssekretär Dr. Claussen: In geschäftsordnungsmäßiger Vertretung des Wohnungsbauministers!)

— Dais Wort zur Beantwortung hat Herr Staatssekretär Dr. Claussen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0417200100
Die Bundesregierung beachtet, Herr Abgeordneter, die Gesichtspunkte der Raumordnung bei allen Planungen und Maßnahmen, die Grund und Boden beanspruchen oder die räumliche Entwicklung eines Gebietes beeinflussen. Das ist u. a. in dem Kabinettsbeschluß der Bundesregierung am 19. Juni 1962 über die Grundsätze für die raumbedeutsamen Maßnahmen des Bundes festgelegt worden. Für die Zukunft ergibt sich dies aus den gesetzlichen Grundlagen des Raumordnungsgesetzes.
Die Beachtung der räumlichen Entwicklung gilt infolgedessen auch für Planungen des Bundes im Raume München. Die Bundesregierung ist daher selbstverständlich bereit, alle ihre künftigen Pläne im Raume München zu überprüfen, um weitere Belastungen dieses Raumes zu vermeiden.
Es muß aber darauf hingewiesen werden, daß die weitere Entwicklung des Münchner Raumes nicht vom Bund allein und nicht einmal von ihm in erster Linie beeinflußt wird. Bedeutsamer als die Maßnahmen des Bundes sind diejenigen des Landes Bayern und der Stadt München selbst. Hierzu muß ich darauf hinweisen, daß auf Grund des nunmehr verabschiedeten Raumordnungsgesetzes die Fachplanungen des Bundes an die von den Ländern aufzustellenden Raumordnungsprogramme oder -pläne gebunden sind. Das bedeutet, daß auch der Bund verpflichtet ist, sich an die von der bayerischen Landesplanung für den Raum München vorgelegten landesplanerischen Zielsetzungen zu halten.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417200200
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Gleissner.

Dr. Franz Gleissner (CSU):
Rede ID: ID0417200300
Ich möchte die Frage stellen, Herr Staatssekretär — soweit sie jetzt beantwortet werden kann —: Welche neuen raumbedeutsamen und raumwirksamen Planungen des Bundes im Raum München und den umgebenden Landkreisen sind vorgesehen und zur Zeit bekannt?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0417200400
Zur Zeit, Herr Abgeordneter, sind lediglich bekannt die Verlegung der Bundesanstalt für Fleischforschung von Kulmbach nach München und eine Planung des Bundesverteidigungsministeriums für die Errichtung eines Lazaretts im Raume Grailing — Gauting. Beide Vorlagen werden aber zur Zeit noch von der bayerischen Staatsregierung geprüft.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417200500
Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Gleissner!

Dr. Franz Gleissner (CSU):
Rede ID: ID0417200600
Würde für den Fall, daß die bayerische Staatsregierung einen anderen, ebenfalls den Anforderungen entsprechenden Standort für das Bundeswehrlazarett vorschlägt, die Bundesregierung dem Rechnung tragen, einmal um die Waldgürtel von München zu schonen und zum anderen um das bereits stark übersiedelte Naherholungsgebiet im Wurmtal nicht noch mehr zu belasten?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0417200700
Dazu wird die Bundesregierung im Einvernehmen mit der Landesregierung und den planerischen Stellen in Bayern sicherlich bereit sein, Herr Abgeordneter.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417200800
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Althammer!

Dr. Walter Althammer (CSU):
Rede ID: ID0417200900
Ist der Bundesregierung bekannt, daß im Raum Bayerisch-Schwaben in der letzten Zeit lebhaft darüber Klage geführt worden ist, daß der Raum Bayerisch-Schwaben, besonders der Raum Augsburg, zugunsten Münchens auch bei der Neuschaffung oder Umorganisation von Bundesbehörden benachteiligt worden ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0417201000
Diese Planungen sind, Herr Abgeordneter, der Bundesregierung bekannt. Aber wie ich schon sagte, kommt es bei planerischen Maßnahmen hauptsächlich darauf an, daß das Einvernehmen mit den bayerischen Landesbehörden herbeigeführt wird, die ja in erster Linie die Planungen aufzustellen haben, an die dann, wie ich schon erwähnte, die Bundesregierung bei ihren Planungen gebunden ist.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417201100
Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Althammer!

Dr. Walter Althammer (CSU):
Rede ID: ID0417201200
Ist die Bundesregierung bereit, bei einer zukünftigen Umorganisation oder Neuschaffung von Bundesbehörden im bayerischen Raum wenigstens den sehr nahegelegenen Raum Augsburg und .Schwaben zu berücksichtigen zugunsten einer Entballung Münchens?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0417201300
Dazu ist die Bundesregierung sicher bereit.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417201400
Frau Senator Dr Kiep-Altenloh zu einer Frage!




Dr. Emilie Kiep-Altenloh (FDP):
Rede ID: ID0417201500
Hat die Bundesregierung feststellen können, daß bei den in letzter Zeit vorgelegten Planungen die Richtlinien des Raumordnungsgesetzes berücksichtigt worden sind?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0417201600
Soweit ich weiß,
Frau Abgeordnete, ist das Gegenteil nicht bekannt.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417201700
Noch eine Frage, Frau Abgeordnete!

Dr. Emilie Kiep-Altenloh (FDP):
Rede ID: ID0417201800
Stehen die vorhin gebrachten Beispiele im Einklang mit den Richtlinien der Raumordnung?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0417201900
Soweit ich darüber unterrichtet bin, ist das der Fall. Wenn das Gegenteil der Fall sein sollte, Frau Albgeordnete, würde ich vorschlagen, daß der Herr Wohnungsbauminister Ihnen ;direkt eine Antwort erteilt.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417202000
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Spies.

Josef Spies (CSU):
Rede ID: ID0417202100
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß der Raum südlich von Augsburg nicht nur vernachlässigt worden ist, sondern daß sich dort für solche Planungen ein Raum geradezu anbietet und daß dort bereits ein Raum von mehr als 100 ha angeboten worden ist, der von der Bundesregierung bis jetzt nicht berücksichtigt worden ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0417202200
Herr Abgeordneter, dazu kann ich leider nichts sagen, weil ich in Vertretung des Wohnungsbauministers natürlich auf die Beantwortung der Frage nicht vorbereitet bin. Ich bin aber gerne bereit, die Frage dem Herrn Wohnungsbauminister zu übermitteln, damit er sich mit Ihnen unmittelbar in Verbindung setzt.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417202300
Ich rufe auf die Frage IV/2 — des Abgeordneten Dr. Gleissner —:
Ist die Bundesregierung bereit, umgehend zu prüfen, inwieweit von ihrer Seite der Raum München dadurch entlastet werden kann, daß bereits vorhandene Einrichtungen des Bundes, Verwaltungen usw., ganz oder teilweise in andere Orte verlagert werden?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0417202400
Darauf darf ich wie folgt antworten. Diese Frage hat der Bundesminister für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung bereits vor einiger Zeit geprüft, Die Prüfung hat ergeben, daß der Bund nur in einem geringen Ausmaße zu einer Entlastung des Raumes München beitragen könnte. München zählt nicht zu den Städten, die in außerordentlich hohem Maße mit Bundesbehörden belegt sind. Die Bundesbehörden im Raume München zählen höchstens 10 000 bis 15 000 Beschäftigte, das sind rund 1 % der Einwohnerzahl. Ein überwiegender Teil dieser Bundesbediensteten gehört unmittelbar standortgebundenen Stellen an, die sich in jeder Großstadt befinden und deren Verlegung nicht möglich ist. Es handelt sich hier um das Personal der Bundespost, der Eisenbahn und der Finanzverwaltungen.
Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß einseitige Maßnahmen des Bundes auch kaum getroffen werden könnten. Auch hier bedürfte es in jedem Einzelfall einer Abstimmung mit der Stadt München und dem Land Bayern.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417202500
Eine weitere Frage? — Keine.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Frage XIII/1 — des Herrn Abgeordneten Dr. MüllerHermann —:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß der gemeinsame Bericht der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr und des Kraftfahrtbundesamtes Der grenzüberschreitende Fernverkehr ausländischer Lastkraftwagen im Jahr 1960" erst im Juni 1964 herausgegeben wurde?
Ist Herr Dr. Müller-Hermann im Saal? — Das scheint nicht der Fall zu sein. Die Fragen werden nicht übernommen?

(Abg. Dr. Althammer: Ich übernnehme die Frage!)

— Herr Dr. Althammer übernimmt die Frage. Bitte, Herr Bundesminister.

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417202600
Herr Präsident, ich bitte, falls Herr Dr. MüllerHermann oder sein Vertreter einverstanden ist, seine drei Fragen wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantworten zu dürfen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417202700
Dann rufe ich weiter auf die Fragen XIII/2 und XIII/3 — des Herrn Abgeordneten Dr. Müller-Hermann —:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß der gemeinsame Bericht der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr und des Kraftfahrtbundesamtes „Der Fernverkehr mit Lastkraftfahrzeugen im Jahre 1961" erst in diesen Tagen herauskommt?
Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, Berichte der in Fragen XIII/1, 2 genannten Art zeitlich so vorzulegen, daß sie noch einen Aussagewert haben, der im vernünftigen Verhältnis zu den Aufwendungen für die Herstellung steht?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417202800
Der Bundesregierung ist bekannt, daß der Bericht „Der grenzüberschreitende Fernverkehr ausländischer Lastkraftfahrzeuge im Jahre 1960" erst im Juli 1964 herausgegeben werden konnte und daß der Bericht „Der Fernverkehr mit Lastkraftfahrzeugen im Jahre 1961" vollständig erst im Januar 1965 ausgeliefert worden ist. Das späte Erscheinen dieser Veröffentlichungen ist auf die umfangreiche textliche Kommentierung und auf Personalschwierigkeiten zurückzuführen. Die Bundesregierung strebt bei diesen und allen anderen verkehrsstatistischen Jahresberichten die Veröffentlichung innerhalb eines Jahres nach Ende des Berichtsjahrs an. Sie hofft, daß dieses Ziel insbesondere nach der Beendigung der Umstellung auf elektronische Datenverarbeitung auch erreicht werden kann.



Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm
Die Einhaltung der erstrebten Frist wird es allerdings erforderlich machen, von einer textlichen Kommentierung des Materials weitgehend Abstand zu nehmen." Der Aussagewert des umfangreichen Zahlenmaterials wird dadurch aber nicht beeinträchtigt.
Im übrigen erlaube ich mir, darauf hinzuweisen, daß neben diesen sehr ausführlichen Jahresberichten monatlich „Statistische Mitteilungen des KraftfahrtBundesamtes und der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr" erscheinen. Diese monatlichen Berichte bringen die wichtigsten statistischen Angaben über den nationalen und über den internationalen Güterfernverkehr in der Bundesrepublik Deutschland. Sie erscheinen bereits drei Monate nach dem Berichtsmonat. Neben den erwähnten monatlichen Veröffentlichungen geben die Bundesanstalt für den Güterfernverkehr und das KraftfahrtBundesamt auch noch Jahreskurzkommentare heraus, die innerhalb von sechs Monaten nach dem Berichtsjahr erscheinen, so daß man sich über die wichtigsten Zahlen rechtzeitig zu unterrichten vermag.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417202900
Keine weiteren Fragen.
Wir kommen zur Frage XIII/4 — des Herrn Abgeordneten Dr. Gleissner —:
Ist die Bundesregierung bereit, an Stelle des bekanntgewordenen Planes, die Bundesbahndirektion Augsburg nach München zu verlegen, umgekehrt die Bundesbahndirektion München nach Augsburg zu verlagern und — angesichts der geringen Bevölkerungsentwicklung dieser Stadt gegenüber der extremen Entwicklung im Raum München — dort zu einer gemeinsamen Verwaltung zusammenzulegen?
Bitte, Herr Bundesminister.

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417203000
Herr Kollege Gleissner, der Vorstand der Deutschen Bundesbahn hat in seinem bekannten Bericht vom 1. September 1964 auch die Frage der Neugliederung der Bezirke der Bundesbahndirektionen allgemein, als organisatorische Maßnahme der inneren Rationalisierung, angesprochen. Es sind von ihm jedoch bisher keine konkreten, abschließenden Vorstellungen zu diesem Thema, insbesondere auch nicht hinsichtlich der Bundesbahndirektion Augsburg, entwickelt worden. Er hat vielmehr eine Kommission eingesetzt, die die ganze Frage noch einmal zu überprüfen hat.
In der Fragestunde des Hohen Hauses am 11. November 1964 habe ich anläßlich der Fragen der Herren Kollegen Dr. Althammer und Strohmayr schon zur Frage einer etwaigen Auflösung der Bundesbahndirektion Augsburg Stellung genommen. Ich habe schon damals darauf hingewiesen, daß die Auflösung einer Bundesbahndirektion nicht nur der Willensbildung im Vorstand der Deutschen Bundesbahn bedarf, sondern eines ausdrücklichen Beschlusses des Verwaltungsrates der Deutschen Bundesbahn und einer ausdrücklichen Genehmigung des Bundesministers für Verkehr gemäß §§ 12 und 14 des Bundesbahngesetzes. Außerdem ist der Vorstand der Deutschen Bundesbahn nach § 44 des Bundesbahngesetzes gehalten, vorher die zuständige oberste Landesverkehrsbehörde zu hören und ihr somit Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In dem von Ihnen angesprochenen Fall Augsburg wird also der Herr Bayerische Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr rechtzeitig und ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Ich bin sicher, daß die zuständigen Regierungsstellen des Landes Bayern bei dieser Stellungnahme auch auf die besondere Entwicklung im Ballungsraum München und im Bereich Augsburg eingehen werden, aber auch die Chancen nicht zu versäumen wissen, die beiden Zentralämter der Deutschen Bundesbahn im Raum München—Augsburg zu vereinigen. Die Bundesregierung kann nach dem Bundesbahngesetz die von Ihnen, sehr verehrter Herr Kollege, gewünschte Initiative leider nicht ergreifen, sondern muß diese Initiative den Organen der Bundesbahn überlassen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417203100
Herr Dr. Gleissner, keine Frage mehr? — Aber Herr Dr. Althammer, eine Zusatzfrage, bitte!

Dr. Walter Althammer (CSU):
Rede ID: ID0417203200
Herr Minister, trifft es nicht zu, daß bei dem letzten Gutachten, in dem von der Auflösung zweier kleinster Bundesbahndirektionen die Rede war, die aber nicht namentlich genannt waren, doch die Bundesbahndirektion Augsburg gemeint war?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417203300
Was in pectore des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn bei diesen Überlegungen vorgegangen ist, vermag ich Ihnen nicht zu sagen. Ich habe aber, weil mir diese Behandlung nur von zwei Direktionen nicht geeignet erschien, das Problem zu lösen, den Vorstand der Bundesbahn gebeten, eine besondere Kornmission einzusetzen, die die gesamte Verwaltungsorganisation der Bundesbahn nicht nur bezüglich der Bundesbahndirektionen, sondern auch bezüglich der sogenannten Ämteretage zu überprüfen und Vorschläge zu machen hat. Diese Kommission unter Vorsitz von Herrn Präsidenten Logemann ist an der Arbeit. Ich nehme an, daß sich dann nicht die Frage stellt, ob zwei kleine Direktionen aufgelöst werden, sondern wie das Gesamtproblem gelöst werden kann. Ich bin nämlich der Auffassung, daß man einen solchen großen Komplex wie die Bundesbahn nicht nach Methoden zu verwalten vermag, die aus dem Jahre 1925 stammen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417203400
Noch eine Frage, Herr Abgeordneter Dr. Althammer.

Dr. Walter Althammer (CSU):
Rede ID: ID0417203500
Herr Minister, darf ich aus dieser Ihrer Antwort entnehmen, daß bis jetzt noch keinerlei konkrete Maßnahmen getroffen oder beabsichtigt sind, um Behörden von München nach Augsburg zu verlagern?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417203600
Zur Zeit ist der Stand der Erörterungen über diese Fragen so. Wieweit sich die Untersuchungen der Kommission damit beschäftigen, kann ich Ihnen nicht sagen, weil ich deren Bericht erst erhalten muß, um dann Stellung nehmen zu können. Hier ist jedenfalls bisher von einem Antrag des Bundesbahnvorstandes auch an den Verwaltungsrat noch nichts be-



Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm
kennt. Vorher könnte der Vorstand irgendwelche Maßnahmen eigentlich auch nicht treffen, allenfalls in Form eines Sandkastenspiels.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417203700
Ihre Fragen sind nun erschöpft, Herr Kollege Althammer. Aber Herr Dr. Gleissner hat noch eine Zusatzfrage.

Dr. Franz Gleissner (CSU):
Rede ID: ID0417203800
Herr Bundesminister, darf ich zu der letzten Bemerkung noch eine Frage stellen: Können Sie mir sagen, welche Stelle zuständig und in der Lage ist, die Bundesbahn wirksam zu veranlassen, ihre Maßnahmen ebenfalls nach raumordnungs- und regionalpolitischen Gesichtspunkten auszurichten, auch im Hinblick auf die Drohung, Nebenstrecken in Förderungsgebieten und im Nahausflugsverkehr, wie z. B. im Falle Isartalbahn, stillzulegen?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417203900
Ich würde glauben, Herr Kollege, daß in erster Linie der Bayerische Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr dazu berufen ist, die Gesichtspunkte der Raumordnung und Verkehrsplanung in seinem Land bei diesen Problemen der Bundesbahn mit Nachdruck darzulegen.

Dr. Franz Gleissner (CSU):
Rede ID: ID0417204000
Ich hoffe, daß das gehört wird.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417204100
Keine weitere Frage mehr.
Die Frage XIII/5 stellt der Abgeordnete SchmittVockenhausen:
Wird der Bundesverkehrsminister nach den Erfahrungen dieses Winters prüfen, welche Maßnahmen notwendig sind, damit die Zebrastreifen auch bei Schnee und Matsch für die Verkehrsteilnehmer zu erkennen sind?
Bitte, Herr Minister.

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417204200
Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, ich beantworte die Frage dahin: Ja, aber gemeinsam mit den Ländern; denn die Durchführung von Maßnahmen, die notwendig sind, damit die Zebrastreifen auch bei Schnee, Matsch und Regen für alle Verkehrsteilnehmer zu erkennen sind, obliegen den Ländern. Diese sind nach dem Grundgesetz zur Durchführung der bundesrechtlichen Verkehrsvorschriften berufen.
Wiederholt ist deshalb dieses Problem mit den obersten Behörden der Länder erörtert worden. Dazu gehört insbesondere die Frage, ob es zweckmäßig ist, die Zebrastreifen vertikal zu kennzeichnen. Hierfür kommt bisher das in der Anlage zur Straßenverkehrsordnung vorgesehene dreieckige Warnzeichen mit dem Symbol des die Straße überquerenden Fußgängers in Betracht; damit kann nach den Vorschriften ein gelbes Blinklicht verbunden werden, wenn das die örtlichen Behörden wünschen.
Im Rahmen der Beratungen der Europäischen Verkehrsministerkonferenz, die über die Vereinheitlichung der europäischen Straßenverkehrsregeln und -zeichen laufen, ist beschlossen worden, für diese
Fußgängerüberwege ein neues europäisches Hinweiszeichen einzuführen. Dieses Zeichen soll direkt am Fußgängerüberweg aufgestellt werden; es ist viereckig und enthält ein weißes Dreieck, in dem das Sinnbild eines Fußgängers gezeigt wird, der über einen Zebrastreifen geht, auf blauem Grund. Dieses europäische Zeichen wird für die neue Straßenverkehrsordnung vorgeschlagen werden und sollte überall da aufgestellt werden, wo eine besondere vertikale Kennzeichnung der Zebrastreifen notwendig ist. Zusätzlich kann dann zur Vorwarnung der Autofahrer noch das erwähnte dreieckige Warnzeichen in einer entsprechenden Entfernung vor dem Zebrastreifen aufgestellt werden, damit die Autofahrer die Verkehrsgeschwindigkeit auf der Fahrbahn entsprechend regeln, soweit dies den örtlichen Behörden erforderlich erscheint.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417204300
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0417204400
Herr Minister, ist Ihnen klar, daß angesichts des innerstädtischen Schilderwaldes, in dem vor allem diese Zebrastreifen vorhanden sind, mit den zusätzlichen Beschilderungen nicht alles gelöst werden kann und daß es besonders darauf ankommt, daß die Zebrastreifen sichtbar gemacht werden? Sehen Sie eine Möglichkeit, Forschungsaufträge für eine Wetterfestmachung zu vergeben?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417204500
Es handelt sich hier um zwei Dinge, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen. Der Autofahrer, der auf einer Straße entlangfährt und eventuell vor sich andere Fahrzeuge sieht, könnte — auch wenn dieser Zebrastreifen sehr gut sichtbar ist — ihn wegen der den Zebrastreifen verdeckenden anderen Fahrzeuge zu spät erkennen. Für ihn wäre also eine senkrechte Kennzeichnung an der Straßenseite besser sichtbar. Die Gefahr, bei einer Überschreitung des Zebrastreifens mit einem Auto in Berührung zu kommen, entsteht in erster Linie dadurch, daß der Autofahrer den Zebrastreifen nicht richtig erkennt — nicht der Fußgänger —. Es scheint mir trotz meiner Abneigung gegen die vielen Schilder hier doch eine solche Kennzeichnung notwendig zu sein, weil der Autofahrer sonst nicht mit Sicherheit, und zwar auch nicht bei klaren Farbtönen auf der Straße, erkennen kann, wo ein Zebrastreifen ist, insbesondere wenn er die Stadt nicht kennt.
Ich bin also der Meinung, daß wir beide Wege gehen müssen, nämlich auf der einen Seite alle Möglichkeiten zu erforschen, um die Zebrastreifen dauerhaft und sichtbar auf der Straßenoberfläche in Erscheinung treten zu lassen, auf der anderen Seite aber den Autofahrer, der in seiner Sicht auf die Fahrbahn unter Umständen durch andere Fahrzeuge behindert wird, auf den Zebrastreifen aufmerksam zu machen.

(Zuruf von der FDP: Durch Zebra-Blinklichter!)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417204600
Zusatzfrage!




Willy Max Rademacher (FDP):
Rede ID: ID0417204700
Herr Minister, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß wir viel zuviel Zebrastreifen in den Großstädten haben und daß dadurch der flüssige Verkehr auf dem Fahrdamm außerordentlich behindert wird? Glauben Sie nicht, daß es auch im Interesse des Fußgängers läge, wenn es weniger Zebrastreifen gäbe, die aber besser gekennzeichnet wären?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417204800
Ich bin vollkommen Ihrer Auffassung, Herr Kollege Rademacher, und habe das auch den Ländern immer wieder dargetan. Die Entscheidung aber über die Frage, ob und wo Zebrastreifen angelegt werden, obliegt den örtlichen Behörden, und denen kann ich in dieser Hinsicht leider nur allgemeine Hinweise, aber nicht im einzelnen Vorschriften machen. Ich persönlich bin der Meinung, daß wir zuviel Zebrastreifen haben und daß dem Fußgänger wohl zugemutet werden kann, gewisse Umwege 211 gehen, um sich mit den wenigen Zebrastreifen 211 behelfen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417204900
Ich rufe auf die Frage XIII/6 — des Abgeordneten Regling —:
Beabsichtigt die Bundesregierung, das Lotsengeld für das Traverevier zu erhöhen?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417205000

Ja. Der Lotsgebührentarif für das Seelotsrevier Trave soll um 10 v. H. angehoben werden.
Ich rufe auf die Frage XIII/7 — des Abgeordneten Regling —:
Wie haben sich die Einnahmen und Ausgaben in den Lotsenrevieren der Nord- und Ostseehäfen während der letzten Jahre entwickelt?
Der Fragesteller hat ,sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 12. März 1965 lautet:
Von 1957 bis 1964 wurden auf allen Seelotsrevieren der Nord- und Ostsee DM 87,5 Mio Lotsgebühren eingenommen und DM 81,2 Mio ausgegeben. Das entspricht einer mittleren Jahreseinnahme von DM 10,9 Mio und einer mittleren Jahresausgabe von DM 10,2 Mio. Der verbleibende Überschuß ist durch bereits fest veranschlagte, aber bis Ende 1964 noch nicht völlig abgewickelte Maßnahmen für Betrieb und Unterhaltung der Lotseinrichtungen verwendet oder gebunden.
Ich rufe dann die Frage XIII/8 — des Abgeordneten Dr. Stecker — auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Grenzbevolkerung in den letzten Monaten zunehmend über schwere Verkehrsunfälle klagt, die durch vorschriftswidrig ausgerüstete und rücksichtslos fahrende ausländische Fahrzeuge verursacht werden?
Ist der Abgeordnete Stecker im. Saal? — Das ist nicht der Fall. Dann wird die Frage schriftlich beantwortet.
Ich rufe die Frage XIII/9 — des Abgeordneten Dr. Stecker - auf:
Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten der Abhilfe für die in Frage XIII/8 genannten Mißstände durch Fühlungnahme mit den Verkehrsministern der Nachbarländer und Einschaltung der Zoll- und Polizeidienststellen im Grenzgebiet?
Auch diese Frage wird schriftlich beantwortet.
Frage XIII/10 — des Abgeordneten Seifriz —:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß das bei Blohm & Voß (AEG) erbaute und vor vier Monaten in Dienst gestellte Kühlmotorschiff „Polarlicht" inzwischen alle Erwartungen hinsichtlich des Rationalisierungseffektes dieses im Decks- und Maschinenbetrieb weitgehend automatisierten Schiffstyps erfüllt hat, wobei ein wesentlicher Erfolg in der Erhöhung der Sicherheit des Schiffsbetriebes bestehen soll?
Bitte, Herr Bundesminister.

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417205100
Herr Präsident, ich bitte darum, die drei Fragen gemeinsam beantworten zu dürfen, wenn der Herr Kollege Seifriz damit einverstanden ist.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417205200
Dann rufe ich noch die Fragen XIII/11 und XIII/12 — des Abgeordneten Seifriz — auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Reedereien, daß die heute gültigen Bestimmungen für die Besetzung von Seeschiffen einer alsbaldigen Revision bedürfen, damit die Reeder nicht gezwungen werden, mit einer zu großen Besatzung zu fahren, wodurch die hohen Investitionen größtenteils nutzlos sind und die Vorteile der sich aus der Automation ergebenden Rationalisierung nicht voll genutzt werden können?
Welches sind die sozialpolitischen Konsequenzen, die sich aus einer Reduzierung der Besatzungen und einer höheren Qualifizierung der verbleibenden Besatzungen auf Schiffen wie dem MS „Polarlicht" ergeben?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417205300
Die Reederei Hamburg-Südamerikanische Dampfschiffahrtsgesellschaft Eggert & Amsingk hat vor kurzer Zeit eine positive Notiz über die Erfahrungen mit dem Motorschiff „Polarlicht" und dem Motorschiff „Polarstern" veröffentlicht. Ein weiterer und eingehenderer Erfahrungsbericht liegt aber noch nicht vor.
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die sich aus einer Teilautomatisierung und Teilrationalisierung ergebenden Möglichkeiten nur insoweit zu einer Personaleinsparung an Bord ausgenutzt werden können, als es mit der Sicherheit des Schiffs und der Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften vereinbar ist. Das geschieht auch bereits. Auf dem Motorschiff „Polarlicht" werden insgesamt zehn Besatzungsmitglieder, davon ein Schiffsingenieur und drei Schiffsleute in der Maschine, weniger gefahren als z. B. auf der kleineren „San Domingo" der gleichen Reederei.
Die Besetzung mit Patentinhabern hält sich im Rahmen der Schiffsbesetzungsordnung; bei den Schiffsleuten hat die Seeberufsgenossenschaft für zwei Mann Ausnahmen von den Bemannungsrichtlinien zugelassen. Ob eine von der Reederei angestrebte weitere Verminderung der Zahl der Patentinhaber möglich ist, bedarf noch eingehender Untersuchungen, bei denen vor allem die Sicherheit des menschlichen Lebens auf See, daneben aber auch die sozialpolitischen Konsequenzen zu berücksichtigen sein werden.
Bei der kurzen Zeit der Erprobung und der geringen Zahl der Schiffe mit teilautomatisierten Anlagen — es sind bisher nur fünf von insgesamt 505 Schiffen über 3000 BRT — ist es für eine Änderung der gesetzlichen Vorschriften nach unserer Ansicht noch viel zu früh. Der Entwicklung sollte viel-



Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm
mehr mit nach der Schiffsbesetzungsordnung möglichen Ausnahmeregelungen mit leichter Hand Rechnung getragen werden. Dabei sollten auch Erfahrungen mit der sich noch weiter entwickelnden Automation gesammelt werden.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417205400
Keine Zusatzfragen.
Wir kommen zu den von dem Abgeordneten Rehs gestellten Fragen XIII/13 und XIII/14, die, wenn der Fragesteller einverstanden ist, gemeinsam beantwortet werden können:
Welche Vorbereitungen sind für die Elektrifizierung der Bundesbahnstrecken Hamburg—Kiel, Hamburg—Flensburg und Hamburg—Lübeck im Anschluß an die Elektrifizierung der Strecke bis Hamburg getroffen?
Wann ist mit dem Beginn und mit der Beendigung der Elektrifizierung der in Frage XIII/13 genannten Strecken zu rechnen?
Bitte, Herr Bundesminister.

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417205500
Die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn hat auf Anregung der Landesregierung Schleswig-Holstein die Frage der Elektrifizierung der Strecken Hamburg–Neumünster–Kiel/Flensburg und Hamburg–Lübeck–Puttgarden 1961 eingehend untersuchen lassen. Sie hat der Landesregierung als Ergebnis mitgeteilt, daß die im allgemeinen nicht sehr hohe Belastung dieser beiden Strecken einen eindeutigen Vorteil der Elektrifizierung gegenüber anderen Traktionsarten noch nicht erwarten lasse und daß sie daher beabsichtige, die Zugförderung auf Dieseltraktion umzustellen.
Die Landesregierung Schleswig-Holstein ist nun im Jahre 1964 erneut an die Deutsche Bundesbahn mit dem Wunsch herangetreten, das damalige Ergebnis zu überprüfen, nachdem ja die Elektrifizierung der Nordstrecke bis Bremen im Jahre 1964 abgeschlossen ist und im April 1965 bis Hamburg durchgeführt sein wird. Die neuen Untersuchungen der Deutschen Bundesbahn werden voraussichtlich im Sommer 1965 abgeschlossen sein. Erst danach kann über die weiteren Maßnahmen, über die Fragen der Finanzierung und über entsprechende Termine eine Entscheidung getroffen werden.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417205600
Zu einer Zusatzfrage Abgeordneter Rehs.

Reinhold Rehs (SPD):
Rede ID: ID0417205700
Herr Minister Seebohm, räumen Sie mir nicht ein, daß gerade mit Rücksicht auf die Rand-und Zonenrandlage in Schleswig-Holstein die Verbesserung der Verkehrsbedingungen, u. a. eben auch die Elektrifizierung, ein ganz wesentliches Mittel darstellt, die dortige Situation günstiger zu gestalten?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417205800
Ja, Herr Kollege Rehs, das ist eines der Mittel. Aber so entscheidend scheint es mir nicht zu sein, da wir mit den neuen Dieselmaschinen beim Personenverkehr mindestens die gleichen Geschwindigkeiten erreichen können wie mit der Elektrifizierung. Die
Elektrifizierung würde vielleicht eine etwas stärkere Verkürzung der Fahrzeiten bei der Frachtbedienung herbeiführen. Aber das würde dort nicht so sehr ins Gewicht fallen, weil die relativ geringen Ersparnisse, die sich nach Minuten bemessen, auf den sehr langen Strecken wieder aufgezehrt würden.
Natürlich würde eine grundsätzliche Elektrifizierung der Hauptstrecken, auch z. B. der Strecken an der Westküste Schleswig-Holsteins, noch mehr zu einer Verkürzung der Fahrtzeiten auch auf den Strecken nach Flensburg, Kiel und Puttgarden, beitragen, wo wir durch den Einsatz der Dieselmaschinen schon wirklich gute Erfolge erzielt haben.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417205900
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Rehs.

Reinhold Rehs (SPD):
Rede ID: ID0417206000
Darf ich aus Ihren Worten vorhin entnehmen, daß eine Überprüfung der Möglichkeiten und der Planungen im Gange ist?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417206100
Jawohl, sie ist im Gange. Das Entscheidende ist aber dabei letzten Endes immer die Lösung der Finanzierungsfrage. Sie wissen, daß die Elektrifizierung immer eine finanzielle Mitwirkung des Landes voraussetzt und daß es für das Land Schleswig-Holstein nicht einfach ist, dafür noch zusätzliche Mittel aufzubringen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417206200
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wendelborn.

Helmut Wendelborn (CDU):
Rede ID: ID0417206300
Herr Minister, ist damit zu rechnen, daß bei der angekündigten Untersuchung auch die Tatsache berücksichtigt wird, daß in Lübeck/Travemünde ein ganz neuer Verkehrsschwerpunkt hinsichtlich der Fährschifflinien entstanden ist?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417206400
Herr Kollege Wendelborn, natürlich hat die Bundesbahn im Hinblick auf den Verkehr in Richtung Skandinavien an der Strecke Hamburg—Lübeck, sowohl in Richtung Travemünde als auch in Richtung Puttgarden, ein größeres Interesse, während die Landesregierung eine Aufschließung des gesamten Landes durch Elektrifizierung stärker in den Vordergrund stellt. Jedenfalls muß dieser neue Schwerpunkt, der sich in Travemünde für den Transitverkehr nach den skandinavischen Ländern gebildet hat, entsprechend Berücksichtigung finden.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417206500
Wir kommen zu der Frage des Abgeordneten Werner. Wird sie übernommen? — Herr Abgeordneter Wendelborn übernimmt sie.

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417206600
Herr Präsident, ich bitte, die beiden Fragen des Herrn Kollegen Werner gemeinsam beantworten zu dürfen.




Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417206700
Ich rufe auf die Fragen XIII/15 und XIII/16 — des Herrn Abgeordneten Werner—:
Ist es richtig, daß die Deutsche Bundesbahn trotz der Kürzung ihres Beschaffungsprogramms auf Grund der angestrengten Liquiditätslage gleichzeilig ihre Regiebetriebe weiter ausbaut?
Ist die private Industrie, besonders im Bereich der Aufarbeitungsbetriebe, nicht in der Lage, Aufträge der Deutschen Bundesbahn im notwendigen Umfang zu erfüllen?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417206800
Wie mir die Deutsche Bundesbahn mitteilt, trifft es nicht 211, daß sie ihre Regiebetriebe weiter ausbaut. Es werden im Gegenteil die anlagenmäßigen und personellen Kapazitäten für die Unterhaltung der Fahrzeuge und für den Oberbau verringert. Diese Entwicklung wird sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen.
Ob man die bei einer Eisenbahn aufkommenden Aufarbeitungsaufträge tin Regiebetrieben oder bei Privatfirmen durchführen soll, ist in vielen Ländern strittig und auch in diesem Hohen Hause bereits wiederholt behandelt worden. Für die Deutsche Bundesbahn ist diese Frage sehr gründlich vor einigen Jahren von der sogenannten Brand-Kommission untersucht worden. In ihrem Bericht kam die Kommission zu dem Ergebnis, daß es am wirtschaftlichsten sei, wenn die Neufertigung bei der Industrie und wenn die Reparatur bei den Ausbesserungswerken der Bundesbahn liege. Sie hat damit einen Grundsatz bestätigt, nach dem bei uns seit 1951 verfahren wird, und zwar auf Grund einer Verhandlung, die damals mit der Waggonindustrie und den Vertretern der beiden Gewerkschaften, der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands — Vertreter war damals unser verstorbener Kollege Hans Jahn — und der Metallarbeitergewerkschaft, geführt worden sind.
Soweit Ausnahmen vorkommen, handelt es sich fast regelmäßig um vorübergehende Maßnahmen, die im wesentlichen dazu dienen, an Ort und Stelle überschüssig gewordene Werkstättenarbeiter so lange wirtschaftlich zu beschäftigen, bis sie umgesetzt werden können. Dies ist also meist aus sozialen Gründen geschehen. Die Zahl der Ausbesserungswerke der Deutschen Bundesbahn ist, wie dem Hohen Haus bekannt ist, seit 1953 um 18 auf 35 verringert worden. Gleichzeitig wurde die personelle Kapazität von 64 500 Arbeitern in den Ausbesserungswerkstätten auf 42 300, d. h. um 34 %, vermindert. Im Endzustand sollen von jetzt 35 Werken nur 25 erhalten bleiben. Das beweist, daß sich die Regiearbeit weiter vermindert.
Bei den Oberbauarbeiten muß allerdings daraut Rücksicht genommen werden, daß stets ein angemessener Teil von betriebseigenen Leuten zur Verfügung steht, um auf diese Weise eine entsprechende, jederzeit sofort verfügbare Personalreserve für den im Eisenbahnbetrieb unvermeidlichen Spitzenbedarf, z. B. bei Schneefall, Vereisung, Unfällen usw., einsetzen zu können. 1965 wird die Deutsche Bundesbahn 3350 eigene Oberbauarbeiter weniger als im Vorjahr beschäftigen. Sie hat eine weitere
Senkung der eigenen Kräfte um rund 2000 noch für dieses Jahr in Aussicht genommen, um den Oberbaubetrieben eine bessere Beschäftigungsmöglichkeit zu gewährleisten. Bei den nicht mehr Beschäftigten handelt es sich in erster Linie um Gastarbeiter, die entlassen werden können. Deutsche Oberbauarbeiter werden erforderlichenfalls umgesetzt.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417206900
Eine Zusatzfrage!

Helmut Wendelborn (CDU):
Rede ID: ID0417207000
Herr Minister, darf ich fragen, ob es zutrifft, daß die privaten Firmen im Gleisoberbau in ihrer Kapazität nicht voll ausgelastet sind.

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417207100
Das trifft unbedingt zu, Herr Kollege Wendelborn. Wie Sie wissen, haben wir ja in diesem Jahr bei der Bundesbahn die Investitionszahlen von 3 Milliarden auf 2,1 Milliarden, also um fast 900 Millionen vermindert. In diesen Investitionen stecken natürlich auch Oberbauarbeiten. Wir können uns das leisten, weil der Zustand des Oberbaus bei unserer Bundesbahn wesentlich besser ist als der Zustand, der nach den allgemeinen Regeln gefordert wird, und auch wesentlich besser als bei den benachbarten Eisenbahnen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417207200
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Frede.

Dr. Günter Frede (SPD):
Rede ID: ID0417207300
Herr Bundesminister, darf ich Ihren Ausführungen entnehmen, daß die Zuweisung von Ausbesserungsarbeiten für Waggons an Bundesbahnausbesserungsstätten nur eine vorübergehende Maßnahme ist, wenn eben, wie Sie sagten, bei der Verminderung anderer Arbeiten ein zu starker Besatz da ist?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417207400
Sie wissen, daß die Grenze zwischen Ausbesserung und Erneuerung im Zuge von Ausbesserungsarbeiten schwer zu ziehen ist. Wo ein Ausbesserungswerk auf die Dauer geschlossen werden soll, ergeben sich vorübergehend natürlich noch Spitzen, die eine wirtschaftliche Beschäftigung der anwesenden Leute erfordern. Handelt es sich dabei um ein Ausbesserungswerk, das Waggonarbeiten ausführt, so wird versucht, diese Spanne zu überbrücken, weil es nicht sinnvoll wäre, die Leute etwa mit unnützen Arbeiten zu beschäftigen, bis sie umgesetzt werden können.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417207500
Ich rufe die Frage XIII/17 — des Abgeordneten Schmidt (Kempten) — auf :
Hält es die Bundesregierung für vertretbar, daß Doktoranden, die infolge des speziellen Charakters ihrer Doktorarbeit für diese mehr als 1 1/2 Jahre benötigen, weder Antrag auf Schülerfahrkarten noch auf Arbeiterrückfahrkarten für eine verbilligte Familienheimfahrt stellen können, obwohl sie ohne Einkommen sind?
Wird diese Frage übernommen? — Sie wird übernommen von Herrn Mertes.




Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417207600
Herr Kollege, grundsätzlich ist es nicht möglich, Doktoranden über die im Tarif vorgesehene Zeit von anderthalb Jahren hinaus Schülerfahrkarten zur Verfügung zu stellen. Ob es im Einzelfall möglich ist, solchen Doktoranden, falls sie keine eigenen Einnahmen haben, eine andere Fahrpreisvergünstigung zu gewähren, will ich gern noch einmal zusammen mit der Deutschen Bundesbahn prüfen. Wie mir die Deutsche Bundesbahn mitteilt, sind bei ihr Anträge entsprechender Personen in dieser Richtung bisher nicht vorgelegt worden.
Im übrigen erscheint es mir doch immerhin erstaunlich, daß es Doktoranden gibt, die eine so lange Zeit für ihre Doktorarbeit benötigen, ohne gleichzeitig eigene Einnahmen zu haben. Meist pflegt man die Doktorarbeit dann anzufertigen, wenn man schon eine gewisse Tätigkeit in der Praxis aufgenommen hat, ich habe es auch so gemacht.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417207700
Herr Mertes zu einer Zusatzfrage.

Dr. Werner Mertes (FDP):
Rede ID: ID0417207800
Herr Minister, wären Sie bereit, dem Kollegen Schmidt das Ergebnis Ihrer Prüfung mitzuteilen?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417207900
Ja, sehr gern. Ich glaube, es kann sich nur um Einzelfälle handeln. Ich bitte, Herrn Kollegen Schmidt doch zu sagen, daß sich die Herren, die er etwa im Auge hat, mit Sonderanträgen an die zuständigen Stellen der Bundesbahn wenden mögen und mir eine Abschrift davon zu geben, damit ich mich weiter dafür einsetzen kann.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417208000
Ich rufe die Frage XIII/18 — des Herrn Abgeordneten Dröscher — auf:
Gibt es einen Zusammenhang zwischen den in dem Artikel „Ist Fliegen Glückssache?" in Nr. 4 der Zeitschrift „Kristall" behaupteten Unzulänglichkeiten in der Flugsicherung über der Bundesrepublik und der bereits mehrfach im Bundestag kritisierten Personalpolitik der Anstalt für Flugsicherung?
Herr Bundesminister, bitte.

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417208100
Zu den in der Zeitschrift „Kristall" behaupteten Unzulänglichkeiten in der Flugsicherung und der den sachlichen Aussagewert dieses Artikels deutlich kennzeichnenden Aufmachung der ihn einleitenden Bildseite verweise ich auf meine schriftliche Antwort an den Herrn Kollegen Börner auf seine Fragen vom 24. Februar 1965 zu diesem Artikel, die inzwischen gedruckt erschienen ist. Daraus ergibt sich, daß echte personelle Schwierigkeiten heute bei der Flugsicherung erfreulicherweise nicht mehr bestehen, da sich die Verbeamtung des Kontrollpersonals und der technischen Kräfte beruhigend ausgewirkt hat und die Nachwuchsfrage heute kein Problem mehr darstellt. Die Personalpolitik in der Flugsicherung in den letzten beiden Jahren hat sich bewährt.
Es gibt daher auch keinen Zusammenhang zwischen ihr und den in der Zeitschrift „Kristall" behaupteten Unzulänglichkeiten in der Flugsicherung.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417208200
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dröscher.

Wilhelm Dröscher (SPD):
Rede ID: ID0417208300
Herr Bundesminister, könnten nicht doch Spannungsverhältnisse unter dem Personal vorliegen, wenn behauptet wird, daß seit Beginn der Verbeamtungsaktion im Jahre 1962 kein einziger der verbliebenen Angestellten mehr die Weiterbildungslehrgänge hat besuchen können?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417208400
Herr Kollege, wir haben uns über diese Frage hier im Hohen Hause sehr eingehend unterhalten, und von mir sind ausreichende Antworten hierzu erteilt worden. Ich glaube, es ist nicht nötig, daß man sie immer wiederholt.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417208500
Noch eine Zusatzfrage.

Wilhelm Dröscher (SPD):
Rede ID: ID0417208600
Herr Bundesminister, unter der Voraussetzung, daß offensichtlich doch kein Zustand vorhanden ist, der jeglicher Kritik entzogen werden kann, möchte ich einmal ein konkretes Beispiel fragend hier geklärt wissen.

(Heiterkeit.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417208700
Das mit dem „fragend" war sehr geschickt.

Wilhelm Dröscher (SPD):
Rede ID: ID0417208800
Trifft es zu, daß entgegen der bei der Flugleitung früher üblichen Lösung, daß immer der Mann mit der höchsten Qualifikation die Vertretung des Wachleiters machte, heute für die Vertretung nicht die höchste Qualifikation, sondern das höchste Pensionsdienstalter — etwa auch aus Vordienstzeiten bei der Post oder Bahn oder ähnlichen Zweigen — maßgebend ist?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417208900
Generell trifft das bestimmt nicht zu. Im Einzelfall kann sich das nach den Persönlichkeiten richten.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417209000
Noch eine Frage, Herr Abgeordneter Rademacher.

Willy Max Rademacher (FDP):
Rede ID: ID0417209100
Ohne daß ich mich auf die Ausführungen in „Kristall" stützen will, darf ich in diesem Zusammenhang noch einmal fragen: Ist Ihnen bekannt, daß Sportflieger und auch Vertreter von privaten Fluggesellschaften immer noch die allergrößten Bedenken hinsichtlich der Flugsicherung haben und behaupten, es sei ein reiner Zufall, daß nicht mehr Unglücksfälle einträten — durch sogenannte Beinahe-Unfälle —, und es bestünde keine vollendete Kooperation zwischen der zivilen und der militärischen Luftfahrt? Darf ich Sie, um in dieser Sache wirklich einmal zu einer Klarheit zu kommen, an der die Öffentlichkeit ein Interesse hat, fragen: wären Sie damit einverstanden, daß wir im Verkehrsausschuß des Bundestages unter Hinzuziehung von Fachleuten, die wirklich von den Dingen etwas verstehen, einmal eine eingehende Vernehmung und Untersuchung vornehmen?




Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417209200
Ich bin gern damit einverstanden. Ich glaube aber, daß sich die Herren, die behaupten, das beweisen zu können, im Irrtum befinden. Es ist hier ungefähr so, wie wenn jemand, der nur mit dem Kinderwagen auf der Straße fährt, Fahrregeln, die für Autos gelten, für seinen Kinderwagen nicht unbedingt für erforderlich hält.

(Heiterkeit.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417209300
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spies.

Josef Spies (CSU):
Rede ID: ID0417209400
Herr Bundesminister, treffen Gerüchte zu, wonach bei den Flugbenzinarten die Brandgefahr unterschiedlich sein soll, daß die Fluggesellschaften wegen der Verteuerung der Flugkosten aber nicht das geeignete Benzin nehmen?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417209500
Das hängt nicht mit der Flugsicherung zusammen. Die Fluggesellschaften sind bezüglich der Frage, welchen Brennstoff sie benutzen, nicht irgendwelchen staatlichen Weisungen unterworfen. Sie müssen bestimmte Vorschriften über die Art des Brennstoffes einhalten. Aber dafür sorgen nicht so sehr die Fluggesellschaften als vielmehr die Gesellschaften, die die Fluggesellschaften mit dem Treibstoff beliefern.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417209600
Herr Spies, noch eine Frage? — Bitte.

Josef Spies (CSU):
Rede ID: ID0417209700
Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, daß es hier nicht in erster Linie um die Flugsicherung als solche, sondern um die Erhaltung des Lebens geht?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417209800
Herr Kollege, die Flugsicherung wird im wesentlichen eingesetzt, um das Leben der mit den Flugkörpern beförderten Menschen zu schützen und zu wahren. Infolgedessen gibt es auch Vorschriften darüber, welche Treibstoffe zur Benutzung im Flugzeug zugelassen sind, und diese Treibstoffe sollen auch ausschließlich benutzt werden. Es geht nicht darum, daß Treibstoffe bestimmter Firmen verwendet werden, sondern die Treibstoffe müssen bestimmte Oktanzahlen haben und ähnliche Eigenschaften aufweisen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417209900
Keine weitere Frage mehr. Die Frage XIII/19 stellt der Abgeordnete Lautenschlager:
Beabsichtigt die Deutsche Bundesbahn, die Bundesbahndirektion Regensburg im Zuge von Rationalisierungsmaßnahmen aufzuheben?
Bitte, Herr Bundesminister zur Beantwortung.

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417210000
Der Vorstand der Deutschen Bundesbahn hat in dem Bericht vom 1. September 1964, wie ich schon vorhin bei der Angelegenheit Augsburg sagte, auch die Frage der Neugliederung der Bezirke der Bundesbahndirektionen im allgemeinen als organisatorische Maßnahme der inneren Rationalisierung angesprochen. Es sind von ihm aber bisher noch keine konkreten abschließenden Vorstellungen zu diesem Thema, insbesondere 'auch nicht hinsichtlich der Bundesbahndirektion Regensburg, entwickelt worden. Der Vorstand der Deutschen Bundesbahn prüft zur Zeit durch einen besonderen Organisationsausschuß die Frage, ob durch eine Neugliederung der Bundesbahndirektionen im gesamten Bundesgebiet eine wesentliche Verringerung und Vereinfachung des Verwaltungsaufwandes erzielt werden kann. Eine endgültige Entscheidung wird erst dann getroffen werden können, wenn der Bericht des Organisationsausschusses geprüft werden kann.
Zur Auflösung einer Bundesbahndirektion bedarf eis, wie gesagt, neben der Willensbildung im Vorstand der Deutschen Bundesbahn eines Beschlusses des Verwaltungsrates nach § 12 des Bundesbahngesetzes und einer erst danach möglichen ausdrücklichen Genehmigung des Bundesministers für Verkehr nach § 14 dieses Gesetzes. Eine Initiative des Bundesministers für Verkehr ist dabei nach den gesetzlichen Vorschriften nicht möglich.
Vor allem ist auch zu berücksichtigen, wie ich vorhin schon gesagt habe, daß nach § 44 des Bundesbahngesetzes der Vorstand gehalten ist, vor seiner Entscheidung und vor Anrufung des Verwaltungsrates der zuständigen obersten Landesverkehrsbehörde ,Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In dem von Ihnen, Herr Kollege, angesprochenen Fall wird das Land Bayern rechtzeitig und ausreichend Gelegenheit erhalten, seine Auffassung darzulegen, und zwar durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr. Außerdem wird die Lage Regensburgs im Zonenrandgebiet bei diesen Überlegungen natürlich mit besonderer Sorgfalt zu würdigen sein.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417210100
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Lautenschlager.

Hans Lautenschlager (SPD):
Rede ID: ID0417210200
Herr Minister, können aus der Tatsache, daß die beiden Vorsitzenden der Rationalisierungs- bzw. Organisationskommission, Dr. Völker und Dr. Logemann, am 7. Januar Ihnen vorgestellt wurden und daß am 13. Januar 1965 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ein Hinweis auf die in naher Zukunft beabsichtigte Reduzierung der Zahl der Bundesbahndirektionen von 18 auf 11 — unter Nennung der Direktionen Augsburg, Münster und Regensburg — ,erschienen ist, Rückschlüsse auf eine entsprechende Zustimmung von Ihrer Seite gezogen werden?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417210300
Herr Kollege, Sie wissen, der Phantasie der Journalisten sind Grenzen nicht gesetzt, und die Druckerschwärze ist auch jederzeit in der Lage, dieser Phantasie wirksam Ausdruck .zu geben. Namen sind bisher nicht genannt, und als wir die Kommission an dem genannten Tage bildeten, ist von Namen auch nicht gesprochen worden. Was da so veröffentlicht ist, hat keine Grundlage in den bisherigen Überle-



Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm
gungen, die ja erst angefangen haben und sich erst, wenn der Bericht vorliegt, in einigen Monaten zu Vorschlägen verdichten können.
Ich bin allerdings der Meinung, daß diese Vorschläge dann auch mit allem Ernst geprüft werden müssen. Wir können uns nicht mehr darauf verlassen, daß Organisationsformen, wie sie seit langer Zeit bestehen, bei einem sich wandelnden technischen Unternehmen auch in Zukunft aufrechterhalten werden müssen; man muß vielmehr versuchen, durch Einsatz von Automation, von Elektronik und allen anderen Maßnahmen zu einer schärferen Zusammenfassung zu kommen.
Ich kann es den Mitarbeitern bei der Bundesbahn, die oftmals durch Elektrifizierung und in anderer Weise — Zusammenlegung von Ausbesserungswerkstätten usw. — unten spüren, daß sie die Rationalisierung mit zu tragen haben, nicht zumuten, festzustellen, daß nicht auch oben, bei den oberen Beamtenstellen, diese Rationalisierung mit getragen wird.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417210400
Noch eine Zusatzfrage, Herr Albgeordneter Lautenschlager.

Hans Lautenschlager (SPD):
Rede ID: ID0417210500
Herr Minister, können Sie mir in diesem Zusammenhang sagen: beabsichtigt die Deutsche Bundesbahn im Zuge der Fahrplanumstellung im Mai dieses Jahres, Nebenbahnstrecken, besonders im Grenzland oder im bayerischen Ostraum, stillzulegen?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417210600
Herr Kollege, Sie kennen doch den Beschluß der Bundesregierung vom 16. Dezember. Durch diesen Beschluß ist das der Bundesbahn nicht möglich. Sie kann natürlich den Fahrplan gestalten — das liegt in ihrer eigenen Zuständigkeit —, aber Stillegungen kann sie im Grenzland nicht vornehmen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417210700
Die nächste Frage, Frage XIII/20, stammt ebenfalls vom Abgeordneten Lautenschlager:
Wann beabsichtigt die Bundesregierung ihren vertraglichen Verpflichtungen, zusammen mit dem Land Bayern den Ausbau des Rhein-Main-Donaukanals besonders im Abschnitt Nürnberg—Regensburg vorwartszutreiben, nachzukommen?
Bitte, Herr Bundesminister.

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417210800
Herr Kollege, Grundlage für den Bau der RheinMain-Donau-Großschiffahrtsstraße ist der zwischen dem Deutschen Reich und Bayern im Jahre 1921 abgeschlossene Main-Donau-Vertrag, der ja auch als Bestandteil in das Grundgesetz übergegangen ist und der neben dem Ausbau der Donau zwischen Kelheim und Passau als erstes Ziel die Kanalisierung des Mains bis Bamberg und sodann die jetzt im Bau befindliche Kanalverbindung Bamberg–Nürnberg vorsieht, danach aber auch bereits die Verbindung zwischen Nürnberg und der Donau umfaßt.
Bekanntlich wird angestrebt, mit dem Kanal Nürnberg 1969 anzuschließen. Der Main-Donau-Vertrag enthält keine zwingenden Terminfestlegungen. Vielmehr verpflichtet er das Reich — jetzt den Bund — und den Freistaat Bayern allgemein, die RheinMain-Donau-Wasserstraße so bald zu verwirklichen, wie es die Finanzlage den beiden Vertragspartnern ermöglicht. Während sich die Bauarbeiten der Rhein-Main-Donau AG zur Zeit also auf die Kanalstrecke Bamberg–Nürnberg konzentrieren, die bis 1969 fertiggestellt werden soll, laufen andererseits seitens der Rhein-Main-Donau AG die technischen Vorbereitungen für den Weiterbau über Nürnberg hinaus und sind schon weit gefördert. Über den Baubeginn dieser Reststrecke werden rechtzeitig zwischen dem Bund, dem Freistaat Bayern und der Rhein-Main-Donau AG die notwendigen Abmachungen zu treffen sein. Die Verhandlungen darüber dürften im nächsten Jahr beginnen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417210900
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Lautenschlager.

Hans Lautenschlager (SPD):
Rede ID: ID0417211000
Herr Minister, teilen Sie die Ansicht, daß es im Hinblick auf die Anstrengungen des Comecon-Blocks, den Oder-Donau-Kanal zu bauen, und im Hinblick auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der verkehrsfernen ostbayerischen Gebiete, die durch gewisse Diskriminierungen in der außerdeutschen Donauschiffahrt noch verschärft werden, im Interesse des Südostraums der Bundesrepublik liegen würde, den Rhein-Main-DonauKanal beschleunigt auszubauen?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417211100
Natürlich halten wir grundsätzlich an der großen Verkehrslinie fest, wie sie im Jahre 1921 geplant wurde. Das tun wir unabhängig von dem, was sich in den Comecon-Staaten ergibt; denn Sie wissen ja, Herr Kollege, daß die Planungen einer Verbindung der Oder mit der Donau und auch der Elbe mit der Donau schon zu Zeiten erfolgt sind, wo diese Planungen ausschließlich noch in unserer Hand lagen. Diese Planungen, die wir früher selbst für richtig und zur Erschließung des gesamten Raums für notwendig gehalten haben, werden also hier aufgenommen. Für uns ist natürlich, solange die Wiedervereinigung nicht durchgeführt werden kann und weitere Entscheidungen über einen europäischen Großraum noch nicht getroffen werden können, die Verbindung über den Rhein und den Main zur Donau im Hinblick auf die Südostverbindungen bis zum Schwarzen Meer von außerordentlicher Bedeutung. Sie wird von der Bundesregierung, soweit es ihr finanziell möglich ist, auch weiterhin, wie schon in den letzten Jahren, gefördert werden.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417211200
Noch eine Frage, Herr Abgeordneter Lautenschlager.

Hans Lautenschlager (SPD):
Rede ID: ID0417211300
Herr Minister, nehmen Sie an, daß bei einem durchgehenden Rhein-MainDonau-Schiffsverkehr die Bilanz der Berg- und Talfrachten annähernd ausgeglichen werden könnte?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417211400
Herr Kollege, wie wollen Sie in diesem Fall von Berg- und Talfrachten sprechen? Die Bergfrachten



Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm
auf dem Rhein und dem Main werden auf der Donau zu Talfrachten, und die Bergfrachten auf der Donau werden auf dem Rhein und dem Main zu Talfrachten. Hier kann man, glaube ich, diesen Begriff, der sonst für einen Fluß richtig ist, nicht mehr anwenden.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417211500
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe auf die Frage XIII/21 — des Abgeordneten Lemper —:
Ist die Bundesregierung bereit, die jahrelangen Verhandlungen zwischen der Stadt Kaster und der Deutschen Bundesbahn zu unterstützen, damit die dringend notwendige Haltestelle der Deutschen Bundesbahn in Kaster (Strecke Düren—Neuß) eingerichtet wird?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 12. März 1964 lautet:
Wie mir die Deutsche Bundesbahn mitteilt, trifft es zu, daß bereits seit einigen Jahren Verhandlungen zwischen der Bundesbahndirektion Köln und der Stadt Kaster mit dem Ziele geführt werden, an der Strecke Düren—Neuß—Düsseldorf einen neuen Haltepunkt Kaster einzurichten. Im Augenblick ist Kaster durch Bushaltestellen der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Bundespost angeschlossen. Ausgelöst wurden diese Gespräche durch die im Laufe der nächsten Jahre beabsichtigte Umsiedlung der von dem Braunkohlenabbau betroffenen Bewohner der drei Gemeinden Königshofen, Morken und Harff nach Kaster.
Die Deutsche Bundesbahn beurteilt die Einrichtung dieses Haltepunktes positiv. Allerdings kann die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn ihre Entscheidung erst dann treffen, wenn ihr ein entsprechender Antrag vorliegt. Die Bundesbahndirektion Köln will diesen Antrag für den Jahresfahrplanwechsel 1966 stellen, da zu diesem Zeitpunkt damit gerechnet werden kann, daß eine größere Zahl von Bewohnern bereits umgesiedelt ist. Als Zwischenzustand würden dann bis zum Wegfall des Bahnhofs Harff vorübergehend 2 Halte eingerichtet sein.
Über die Finanzierung des Vorhabens verhandelt die Bundesbahndirektion Köln zur Zeit noch mit der Veranlasserin, die Firma Rheinische Braunkohlenwerke AG. Es wäre erfreulich, wenn auch hier rechtzeitig ein positiver Abschluß erzielt werden könnte, da er die Voraussetzung für den Antrag darstellt.
Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, daß diese Angelegenheit in den Zuständigkeitsbereich der Deutschen Bundesbahn fällt; leider hat der Bundesminister für Verkehr im Rahmen des Bundesbahngesetzes keine Möglichkeit, initiativ zu werden.
Ich rufe die Frage XIII/22 — des Abgeordneten Dr. Müller-Emmert — auf:
Bis wann ist mit dem Abschluß eines Vertrages der Bundesregierung, der Deutschen Bundesbahn und des Landes RheinlandPfalz zu rechnen, der die Einführung der „Als-ob"-Tarife für die Pfalz an Stelle eines Saar-Pfalz-Kanals zum Gegenstand hat?
Herr Bundesminister, bitte.

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417211600
Nach dem letzten Stand der Verhandlungen war damit zu rechnen, daß ein Vertrag zwischen der Bundesbahn und dem Land Rheinland-Pfalz über die Einführung von Als-ob-Tarifen im potentiellen Wettbewerb gegen den geplanten Bau eines SaarPfalz-Kanals in aller Kürze abschlußreif sein würde. Die geplanten Tarifmaßnahmen sollen bekanntlich überwiegend für Güter gelten, die dem EWG-Vertrag unterliegen, so daß die EWG-Kommission in Brüssel ihre Zustimmung zur Einführung geben muß. Ohne diese Zustimmung dürfen derartige Tarife auf die Dauer nicht angewendet werden.
In den letzten Tagen sind nun unerwartete Schwierigkeiten aufgetaucht. Aus Brüssel verlautete am 5. März, daß die Kommission in einer internen Beratung Bedenken gehabt habe, diesen potentiellen Wettbewerb anzuerkennen. Eine schriftliche Bestätigung dieser Nachricht und vor allem die Begründung dazu liegen der Bundesregierung bisher noch nicht vor. Vielmehr hat die EWG-Kommission angedeutet, daß sie über die ganze Frage noch weiter verhandeln will. Es läßt sich daher heute noch nicht übersehen, ob und wann bei dieser Stellungnahme der Kommission der gewünschte Vertragsabschluß zwischen dem Lande Rheinland-Pfalz und der Bundesbahn möglich sein wird. Jedenfalls werden wir uns weiterhin in Brüssel mit allem Nachdruck um eine gute Lösung dieser Frage bemühen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417211700
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller-Emmert!

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0417211800
Herr Minister, halten Sie den derzeitigen Tarifzustand für richtig, der der pfälzischen Wirtschaft und Industrie erhebliche Nachteile deshalb bringt, weil im Saarland bereits ab 1. Juni 1964 die sogenannten Als-ob-Tarife angewendet werden?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417211900
Herr Kollege, ich glaube, daß zwischen der pfälzischen Industrie und der saarländischen Industrie in der Beziehung keine so große Konkurrenz besteht und daß, jedenfalls in Richtung auf Süddeutschland, die Tariflage der pfälzischen Industrie noch nicht so schlecht ist, daß erhebliche Bedenken in dieser Richtung geäußert werden könnten. Wenn wir nicht beabsichtigten, den Kanal zu bauen, würde doch die Frage einer tarifarischen Änderung dort überhaupt nicht zur Diskussion stehen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417212000
Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller-Emmert!

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0417212100
Herr Minister, noch eine Frage bitte: Werden Sie, sofern die Als-ob-Tarife von der EWG-Kommission in Brüssel und von der Hohen Behörde in Luxemburg als unzulässige Unterstützungstarife angesehen werden sollten, sich dann dafür einsetzen, daß der Saar-Pfalz-Kanal wirklich gebaut wird?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417212200
Herr Kollege, wir müssen hier doch die Begriffe einmal klarstellen. Die Als-ob-Tarife sind Wettbewerbstarife gegen den potentiellen Wettbewerb des zum Bau vorgesehenen Saar-Pfalz-Kanals. Unterstützungstarife werden dagegen mit Zustimmung der Hohen Behörde für die Montangüter, mit Zustimmung der EWG-Kommission für die Nichtmontangüter dann gewährt, wenn eine besondere Notlage in diesen betreffenden Gebieten anerkannt wird. Es sind also zwei ganz verschiedene Fragen. Wenn die Als-ob-Tarife als Wettbewerbstarife nicht anerkannt werden sollten — aber wir sind der Meinung, sie müßten nach Entscheidungen, die der Europäische Gerichtshof in anderen Fällen getroffen hat, mindestens im Montanbereich anerkannt werden —, dann ist natürlich der Bau des Saar-Pfalz-Kanals auf der Tagesordnung.




Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417212300
Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dröscher!

Wilhelm Dröscher (SPD):
Rede ID: ID0417212400
Herr Bundesminister, werden Sie sich nicht in jedem Falle für den Bau des SaarPfalz-Kanals einsetzen?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417212500
Herr Kollege, die Frage des Saar-Pfalz-Kanals ist ja nur wichtig und wesentlich, wenn dadurch der Wirtschaft des Raumes insbesondere an der Saar entsprechende Vorteile für ihre wirtschaftliche Entwicklung durch besseren verkehrsmäßigen Anschluß gegeben werden. Wenn es möglich ist, durch Als-ob-Tarife den Bau des Kanals und die Investition, die dafür notwendig ist, hinauszuschieben oder vielleicht auf lange Zeit überhaupt nicht notwendig zu machen, ohne daß dadurch der Wirtschaft an der Saar irgendwelche Nachteile erwachsen, dann ist das natürlich eine wesentlich wirtschaftlichere Methode, als wenn man die großen Investitionen eines Kanalbaus auf sich nimmt, der ja zu seiner Fertigstellung viele Jahre benötigt, während ich mit den Tarifen, sofern der potentielle Wettbewerb anerkannt wird, sofort helfen kann. Es ist also hier eine Frage, die sich rein aus der Diskussion darüber ergibt, ob diese Als-obTarife wirklich zugelassen werden und ob man einen potentiellen Wettbewerb sowohl nach den Regeln des Montanvertrages wie nach denen des Römischen Vertrages anerkennt. Wir werden, weil das Gerichtsurteil vorliegt, diese Frage selbstverständlich auch wieder vor den Europäischen Gerichtshof tragen, damit in dieser Frage endgültig einmal eine klare Entscheidung getroffen wird. Wenn auch mit Hilfe des Gerichts die Als-ob-Tarife nicht durchzusetzen sind, ist, wie ich sage, der Bau des SaarPfalz-Kanal auf der Tagesordnung.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417212600
Noch eine Frage, Herr Abgeordneter Dröscher!

Wilhelm Dröscher (SPD):
Rede ID: ID0417212700
Herr Bundesminister, darf ich Ihre Stellungnahme so verstehen, daß Sie in jedem Fall, da der Schwebezustand für die Beteiligten doch unerträglich ist, für eine beschleunigte Entscheidung der zuständigen Stellen eintreten werden?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417212800
Herr Kollege, ich bin manchmal der Ansicht, daß, wenn man nach manchen Dingen — die Gegenstand schwieriger Verhandlungen sind — nicht so fragen würde wie hier, der Erfolg unserer Bemühungen leichter zu erreichen wäre.

(Beifall in der Mitte.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417212900
Herr Abgeordneter Drachsler, noch eine Frage!

Hans Drachsler (CSU):
Rede ID: ID0417213000
Herr Minister, sind Sie bereit, auch anderen Wirtschaftsregionen, die ebenfalls nach „nassen" Standorten auf diesem Gebiet streben, auf diesem Wege zu helfen, wenn dadurch ihre Wettbewerbssituation verstärkt wird? Muß nicht auch berücksichtigt werden, daß ihre Konkurrenzlage verschlechtert wird, wenn anderen Gebieten solche Tarife gewährt werden?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417213100
Herr Kollege Drachsler, ich würde die Bundesbahn sehr herzlich bitten, sich mit diesen Fragen zu beschäftigen. Sie wissen, ich kann diese Tarife ja nicht festsetzen. Aber wenn ein potentieller Wettbewerb gegeben ist, besteht natürlich auch die Möglichkeit, mit der Bahn darüber zu verhandeln, ob sie etwa den Bau einer neuen Wasserstraße im Interesse der Verkehrserhaltung verhindern will, indem sie entsprechend günstigere Tarife anbietet. Ich würde mich immer dafür einsetzen, daß hier eine gleichmäßige Behandlung der verschiedenen Reviere erfolgt.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417213200
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Rademacher!

Willy Max Rademacher (FDP):
Rede ID: ID0417213300
Herr Minister, glauben Sie, daß durch die durchaus berechtigten Wünsche anderer Kanalprojekte, besonders im süddeutschen Raum, der Zehnjahresplan im nordwestdeutschen Raum, einschließlich des Baues des Nordsüdkanals, gefährdet werden könnte?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417213400
Nein, Herr Kollege Rademacher. Man muß ja hier folgendes unterscheiden. Wir haben einen Ausbauplan über Wasserstraßen entworfen, der grundsätzlich von uns für notwendig erachtet wird. Wir bemühen uns auf den verschiedensten Wegen, die Finanzierung dieser notwendigen Maßnahmen durchzusetzen. Wir haben im nordwestdeutschen Raum mit Einverständnis der Länder erreicht, daß sie bereit sind, wie im süddeutschen Raum, auch ein Drittel der Kosten, die der Bund aufbringt, zu übernehmen, und damit die Finanzierung sicherzustellen. Im süddeutschen Raum ist die Entscheidunig in dieser Richtung noch nicht endgültig ausgehandelt, weil wir ja dort bisher vor der Frage stehen, ob der Wunsch — der Wille, möchte ich nicht sagen —, den Kanal zu bauen, im Hinblick auf Als-ob-Tarife vorläufig zurückgestellt werden kann.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417213500
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jacobs.

Peter Jacobs (SPD):
Rede ID: ID0417213600
Herr Minister, gilt Ihr Bekenntnis zu den Als-ob-Tarifen auch für den Fall, daß durch ihre Verwendung ein bereits bestehendes Kanalprojekt in seiner Kapazität erheblich beeinflußt wird, wie es bei der Mosel ja der Fall ist?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417213700
Ich kann mir nicht vorstellen — bei allen Überlegungen, die wir angestellt haben —, daß die Frachten auf der Mosel durch den Bau eines SaarPfalz-Kanals in ihrer Menge entscheidend beeinflußt werden. Die Frachten auf der Mosel könnten sogar noch eine Verstärkung erhalten, wenn neben dem Saar-Pfalz-Kanal auch noch die untere Saar kanalisiert wird. Im großen und ganzen also können



Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm
Sie sagen, die Wasserstraßen nehmen sich gegenseitig nichts weg.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417213800
Keine weitere Zusatzfrage.
Wir kommen nun zu den Fragen auf der Drucksache IV/3155, zunächst die Frage — des Abgeordneten Felder — aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung:
Welche Haltung nimmt der Bundesverteidigungsminister zu dem Vorschlag der Deutschen Gesellschaft für Psychologie ein, entsprechend dem Muster des „Beirates für Medizin" nun auch einen „Beirat für Psychologie" zu bilden?
Ist Herr Abgeordneter Felder im Saal? — Die Frage wird von Herrn Abgeordneten Dröscher übernommen.
Bitte, Herr Staatssekretär Gumbel.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0417213900
Der Bundesminister der Verteidigung hat der Deutschen Gesellschaft für Psychologie schriftlich geantwortet, daß er eine enge Zusammenarbeit zwischen Universitäts- und Bundeswehrpsychologen sehr begrüßt, sei ,es in Form von gemeinschaftlichen Besprechungen, sei es durch Sachverständigengutachten, sei es durch Übernahme von Forschungsaufträgen. Eine solche Zusammenarbeit ist bereits früher angestrebt worden.
Dagegen ist er nicht der Auffassung, daß diese Zusammenarbeit nur über einen besonderen Beirat für Psychologie herbeigeführt werden kann. Es ist zudem auch nicht möglich, für jedes Arbeitsgebiet einen Beirat einzurichten. Sie haben sich in Ihrer Anfrage, Herr Abgeordneter, auf den Beirat für Medizin bezogen. Ich meine allerdings, daß Bedeutung und Größenordnung zu unterschiedlich sind, als daß daraus der Wunsch nach der Berufung eines Beirats für Psychologie begründet werden könnte. Das hat nichts mit dem Rang der psychologischen Wissenschaft zu tun. Ich schätze sie nicht geringer ein als etwa die Medizin oder eine andere Disziplin. Aber für die Bundeswehr sind Umfang und Bedeutung der Medizin ungleich größer. Das kommt auch dadurch zum Ausdruck, daß für das Sanitäts- und Gesundheitswesen eine eigene Abteilung und Inspektion im Ministerium eingerichtet worden ist. Im übrigen ist die Psychologie im Beirat Innere Führung vertreten. Auf Grund einer früheren Empfehlung des ersten Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Psychologie sind in den Beirat zwei Diplom-Psychologen berufen worden.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417214000
Meine Damen und Herren, die Zeit für die Fragestunde ist leider vorüber; ich muß sie abschließen. Die übrigen Fragen werden schriftlich beantwortet.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die heutige Tagesordnung weiterhin ergänzt werden um die
Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zu dem sechzehnten Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache IV/3182).
Das Haus ist damit einverstanden? Es wird nicht widersprochen? — Es ist so beschlossen.
Ich schlage vor, daß wir diesen Punkt gleich behandeln. — Das Haus ist einverstanden. Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Toussaint. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.

Dr. Hans Toussaint (CDU):
Rede ID: ID0417214100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Vermittlungsausschuß hat in seiner gestrigen Sitzung den Antrag des Bundesrates auf Streichung der in Art. 1 Nr. 20 Buchstabe c vorgesehenen Neufassung des sogenannten Mischfutterprivilegs im Sechzehnten Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes beraten. Ich bin leider gehalten, Ihnen den Bericht mündlich zu geben, da die Sitzung des Vermittlungsausschusses erst gestern abend stattgefunden hat und die Erstellung eines Schriftlichen Berichts nicht mehr möglich war.
Meine Damen und Herren, nach geltendem Recht hat das in der Freiliste 3 Ziffer 10 geregelte Mischfutterprivileg folgende Fassung:
Begünstigt sind Mischfuttermittel, die den ernährungswirtschaftlich vorgeschriebenen Normen entsprechen und vorschriftsmäßig registriert, verpackt und gekennzeichnet sind, soweit sie zur Fütterung von Rindern, Pferden, Schweinen, Schafen, Ziegen und Geflügel bestimmt sind.
Das vom Bundestag verabschiedete Sechzehnte Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes gibt in Art. 1 Nr. 20 Buchstabe c dieser Vorschrift folgende Neufassung:
Begünstigt sind Mischfuttermittel, die zur Fütterung von Rindern, Pferden, Schweinen, Schafen, Ziegen, Geflügel, Kaninchen oder Nutzfischen bestimmt sind, wenn
— und .hier kommt es auf die entscheidende Fassung an —
durch eine Bescheinigung der zuständigen obersten Landesbehörde oder einer von dieser beauftragten Stelle nachgewiesen wird, daß die Mischfuttermittel unter Beachtung der futtermittelrechtlichen Vorschriften hergestellt und geliefert worden sind.
Wie kam es zur Neufassung dieser Bestimmung? Dem Finanzausschuß des Bundestages wurde dargelegt, daß eine Prüfung der Einhaltung der futtermittelrechtlichen Vorschriften durch die Finanzverwaltung, wie sie geschieht, entbehrlich sei, weil bereits eine laufende und sachgerechte Prüfung seitens der Landesernährungsbehörden erfolge. Der Bundestag hat diesem Vorbingen Rechnung getragen und die nach dem geltenden Recht der Finanzverwaltung obliegende Verpflichtung, bei den im Großhandel gelieferten Mischfuttermitteln die Einhaltung der futtermittelrechtlichen Vorschriften zu prüfen, mit der Neufassung beseitigt.
Hiergegen hat nun der Bundesrat in seiner 278. Sitzung vom 12. Februar 1965 die Anrufung des Vermittlungsausschusses mit dem Ziel der Strei-



Dr. Dr. h. c. Toussaint
chung dieser Neufassung beschlossen. Der Bundesrat begründete seinen Antrag wie folgt: Nach dem geltenden Recht könne sich die Ernährungsverwaltung auf Stichprobenkontrollen der Mischfuttermittelproduktion beschränken, was sich als ausreichend erwiesen habe. Die Neufassung erfordere infolge der von den Landesernährungsbehörden zu erteilenden Bescheinigung über die Einhaltung der Vorschriften eine ständige Kontrolle der gesamten Produktion. Dies sei technisch undurchführbar und würde personelle und sachliche Kosten in einer Höhe verlangen, die in keinem Verhältnis zum angestrebten Erfolge stände.
Gleichzeitig hat der Bundesrat darauf hingewiesen, daß, falls diese Neufassung nicht gestrichen werden würde, die Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes festgestellt werden müßte. Der Bundesrat ist der Auffassung, daß die Neufassung des sogenannten Mischfutterprivilegs das Verfahren von Landesbehörden regle und daher der Zustimmung nach Art. 84 Abs. 1 des Grundgesetzes bedürfe.
Die gesamte mit der Neufassung des Mischfutterprivilegs aufgetauchte Problematik würde durch die Annahme des Antrags des Vermittlungsausschusses behoben werden können. Ziffer 10 soll danach folgende Fassung erhalten — die Drucksache liegt Ihnen vor —:
Mischfuttermittel, die unter einer nach den futtermittelrechtlichen Vorschriften registrierten Bezeichnung geliefert werden, soweit sie zur Fütterung von Rindern, Pferden, Schweinen, Schafen, Ziegen, Geflügel, Kaninchen oder Nutzfischen bestimmt sind.
Durch diese Formulierung würde den Bedenken des Bundesrates Rechnung getragen werden, ohne das Anliegen des Bundestages wesentlich zu beeinträchtigen. Bei dieser Fassung würde das Bescheinigungsverfahren, wie vom Bundesrat gefordert, wegfallen und wäre auch die vom Bundesrat aufgeworfene Frage der Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes beseitigt. Auf der anderen Seite hätte die Finanzverwaltung lediglich noch zu prüfen, ob Registrierungsbescheide für die gelieferten Mischfuttermittel vorliegen und ob die Mischfuttermittel unter registrierter Bezeichnung geliefert worden sind. Die Prüfung, ob die futtermittelrechtlichen Bestimmungen beachtet worden sind, obliegt den Ernährungsbehörden wie bisher. Diese Prüfung wird auch nach den Ausführungen des Bundesrates in seinem Anrufungsbeschluß als ausreichend bezeichnet.
Der Vermittlungsausschuß empfiehlt Ihnen die Annahme des auf Drucksache IV/3182 vorgelegten Antrags des Vermittlungsausschusses.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417214200
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wird das Wort zu Erklärungen gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Ich rufe auf den Punkt 4 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Haager Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation (Drucksache IV/2787). Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (12. Ausschuß) (Drucksache IV/3075).

(Erste Beratung 151. Sitzung)

Wünscht der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Dr. Wahl, das Wort? — Das ist nicht der Fall.
Wir treten in die Beratung ein. Ich eröffne die Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe auf Art. 1 und 2. Wer den aufgerufenen Artikeln zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Keine Enthaltungen, keine 'Gegenstimmen.
Bei Art. 3 müssen wir zunächst über einen Antrag des Ausschusses abstimmen, wonach Art. 3 durch den Satz ergänzt werden soll:
Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1),
Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ohne Gegenstimmen und Enthaltungen ist dieser Antrag des Ausschusses einstimmig angenommen.
Wir stimmen nun ab über Art. 3 in der neuen Fassung. Wer diesem Art. 3 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Weder Gegenstimmen noch Enthaltungen.
Einleitung und Überschrift. — Wer stimmt dem zu? Handzeichen bitte! — Meine Damen und Herren, ich muß die Morgenmüdigkeit durch Abstimmungen etwas überwinden.

(Zuruf von der CDU/CSU: Aufstehen! Hinsetzen!)

— Nein, soweit sind wir noch nicht. Das kommt aber auch noch. — Damit ist das Gesetz in zweiter Beratung verabschiedet.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Ich eröffne die Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. — Danke. Die Gegenprobe!
— Ich nehme an, daß die Herren, die stehen, nicht mit Nein stimmen wollen. — Danke. Enthaltungen?
— Keine Gegenstimmen, keine Enthaltungen. Das Gesetz ist verabschiedet.
Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem



Vizepräsident Schoettle
Vertrag vom 1. Dezember 1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die seitliche Abgrenzung des Festlandsockels in Küstennähe (Drucksache IV/3087).
Wird von seiten der Bundesregierung das Wort zur Begründung dieses Entwurfs gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache in der ersten Beratung. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Die Aussprache ist geschlossen.
Es ist vorgeschlagen, die Vorlage dem Auswärtigen Ausschuß zu überweisen. — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche des ehemaligen Flugplatzes Köln-Ostheim an die Firma Dr. Madaus & Co. in Köln (Drucksache IV/3085).
Die Vorlage soll an den Ausschuß für wirtschaftlichen Besitz des Bundes überwiesen werden. Wird diesem Vorschlag widersprochen? - Das ist nicht der Fall; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 7 a, b, c und d auf:
a) Beratung der von der Bundesregierung beschlossenen Zehnten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 (Zollaussetzungen) (Drucksache IV/3098),
b) Beratung der von der Bundesregierung beschlossenen Zwölften Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 (Zollkontingente 1965 — gewerbliche Waren — II. Teil) (Drucksache IV/3144),
c) Beratung der von der Bundesregierung beschlossenen Vierzehnten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 (Zollkontingente 1965 — Agrarwaren — III. Teil) (Drucksache IV/3145),
d) Beratung der von der Bundesregierung beschlossenen Verordnung über Änderung von Zollkontingenten für das Kalenderjahr 1964 (Drucksache IV/3146).
Das Wort wird zu diesen Vorlagen nicht gewünscht. Es ist vorgeschlagen, alle vier Vorlagen an den Außenhandelsausschuß zu überweisen. — Ich höre gegen diesen Vorschlag keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen (23. Ausschuß) über den Antrag der Abgeordneten Dr. Tamblé, Frau Dr. Heuser, Dr. Jungmann und Genossen betreffend Eintragung der niedergelassenen Ärzte in den Amtlichen Fernsprechbüchern (Drucksachen IV/1969, IV/3096).
Wünscht der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Cramer, das Wort? — Das ist nicht der Fall. Wir müssen über den Ausschußantrag abstimmen. Der
Antrag des Ausschusses lautet, den Antrag unverändert anzunehmen. Wir stimmen ab. Wer stimmt dem Antrag des Ausschusses zu? Ich bitte um ein Handzeichen. — Danke. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag des Ausschusses ist angenommen.
Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft (26. Ausschuß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der Europäischen Atomgemeinschaft zur Änderung der Bestimmungen des Zweiten Titels Kapitel VI des Vertrages zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (Versorgung) (Drucksachen IV/2886, IV/3121).
Wünscht der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Flämig, das Wort?

(Abg. Flämig: Ich verweise auf den Schriftlichen Bericht!)

— Sie verweisen auf den Schriftlichen Bericht, ich danke Ihnen. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses. Sie finden ihn auf Seite 3 der Drucksache IV/3121.
Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke! Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ohne Gegenstimmen und Enthaltungen ist der Antrag des Ausschusses angenommen.
Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der EWG
für eine Richtlinie des Rats auf Anwendung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über landwirtschaftliche Pachtverträge auf die Landwirte, die Angehörige anderer Mitgliedstaaten sind
für eine Richtlinie des Rats auf Anerkennung des Rechts der Landwirte, die Angehörige eines Mitgliedstaates und in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind, auf Betriebwechsel (Drucksachen IV/3021, IV/3022, IV/3131).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Walter. Wünscht der Herr Abgeordnete Walter das Wort? — Das ist nicht der Fall; ich danke ihm für seinen Bericht.
Es ist beantragt, das Haus wolle Kenntnis nehmen. — Diesem Antrag wird nicht widersprochen.
Ich rufe Punkt 111 der Tagesordnung auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Außenhandelsausschusses (17. Ausschuß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der



Vizepräsident Schoettle
EWG für eine Verordnung des Rats über eine gemeinsame Begriffsbestimmung des Warenursprungs (Drucksachen IV/2994, IV/3159).
Berichterstatter ist der Abgeordnete van Delden. Das Wort hat der Herr Berichterstatter.

Rembert van Delden (CDU):
Rede ID: ID0417214300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die im Außenhandelsausschuß behandelte Drucksache IV/2994 verdient es, entgegen der üblichen Prozedur bei Vorlagen des Außenhandelsausschusses mit einigen Worten gewürdigt zu werden. Bei dem Vorschlag der Verordnung des Rats über eine gemeinsame Begriffsbestimmung des Warenursprungs handelt es sich um eine Verordnung, welche von allen Teilen der Wirtschaft begrüßt wird. Auch der Außenhandelsausschuß ist der Meinung, daß dadurch endlich die Grundlage für eine gemeinsame Regelung der Nationalisierungsbestimmungen innerhalb der EWG für Erzeugnisse nicht allein der gewerblichen Wirtschaft geschaffen wird.
Nicht zuletzt sind die in vielen Teilen der Wirtschaft zu beklagenden Wettbewerbsverzerrungen mit auf die Unterschiedlichkeit bei der Ausstellung von Ursprungszeugnissen zurückzuführen. Durch eine solche Vereinheitlichung würde ferner verhindert werden, daß die Begriffsbestimmungen des Warenursprungs je nach der konjunkturellen Lage eines Gewerbezweiges in einem Mitgliedstaat von letzterem manipuliert und damit unzulässigerweise zu einem Mittel der Handelspolitik würden. Die Begriffsbestimmungen sind im wesentlichen von denjenigen übernommen worden, die wir im deutschen Recht bisher kennen.
Neu ist, daß ein Ausschuß bei der EWG gebildet werden soll, welcher die Kommission bei der Beratung unterstützt und auch Kriterien für besonders empfindliche Zweige bzw. Artikel der gewerblichen Wirtschaft herausarbeiten soll. Diesem Ausschuß kommt später besondere Bedeutung zu, nämlich dann, wenn durch Mehrheitsbeschluß solche Kriterien angenommen werden können; denn es kann durchaus sein, daß nachher, wenn erst einmal die Gemeinschaft funktioniert, in einem Lande ein Artikel ein kritisches Erzeugnis darstellt, während die anderen Länder eine großzügigere Handhabung angewandt wissen wollen, um damit vielleicht eine Veredelungsindustrie zu Lasten einer Industrie in einem anderen Lande aufzubauen.
Der Ausschuß hat einmütig von dieser Vorlage Kenntnis genommen und bittet das Hohe Haus, das gleiche zu tun.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417214400
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall; die Aussprache ist geschlossen.
Es ist vorgeschlagen, der Bundestag wolle den Vorschlag der Kommission der EWG zur Kenntnis zu nehmen. Ich nehme an, daß ich darüber nicht abstimmen zu lassen brauche. — Da kein Widerspruch gegen diesen Vorschlag erfolgt, ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 12 der Tagesordnung:
a) Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Preissteigerungen im Berufsverkehr (Drucksache IV/2518),
b) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Notstand auf den Straßen und im Straßenbau (Drucksache IV/2517),
c) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Schutz von Taxifahrern gegen Überfälle (Drucksache IV/2592),
d) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Burgbacher, Rauhaus, Dr. Aschoff und Genossen, dem Abgeordneten Jacobi (Köln) und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßengesetzes (Drucksache IV/2751),
e) Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen (23. Ausschuß) über den Antrag der Abgeordneten Lemmrich, Dr. Müller-Hermann, Drachsler, Eisenmann und Genossen betr. Änderung der vorläufigen Richtlinien für die Gewährung von Bundeszuwendungen zu Straßenbaumaßnahmen von Gemeinden und Gemeindeverbänden (Drucksachen IV/1978, IV/2794 in Verbindung mit dem Bericht des Haushaltsausschusses (13. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache IV/3122),
f) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Drachsler, Dr. Sinn, Dr. Höchst, Adorno, Lemmrich, Wagner und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU, den Abgeordneten Ramms und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (Drucksache IV/2417)


(13. Ausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung b)


(Erste Beratung 138. Sitzung)

g) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Löbe, Dr. Imle und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Untersuchung der wirtschaftlichen Lage der Deutschen Bundesbahn, der Binnenschifffahrt und des gewerblichen Kraftverkehrs (Drucksache IV/3083),
h) Beratung ,des Antrags der Abgeordneten Dr. Löbe, Dr. Imle und der Fraktion der FDP betr. Mannheimer Akte (Drucksache IV/3084),
i) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Löbe, Rademacher und Genossen betr. Errichtung eines Bundesamtes für Transportkosten (Drucksache IV/3095),
j) Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen (23. Ausschuß) über den Entschlie-



Vizepräsident Schoettle
ßungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Umstellung der Abgaben auf Mineralöl (Drucksache IV/2793, Umdruck 358 [neu]),
k) Zweite und dritte Beratung .des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schiffssicherheitsvertrag vom 17. Juni 1960 (Drucksache IV/2542) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen (23. Ausschuß) (Drucksache IV/3097),

(Erste Beratung 138. Sitzung)

l) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschiffahrt (Drucksache IV/2549) ;
a) Bericht des Haushaltsausschusses (13. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache IV/3180),
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen (23. Ausschuß) (Drucksache IV/3133),

(Erste Beratung 139. Sitzung)

m) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt (Drucksache IV/2548) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen (23. Ausschuß) (Drucksache IV/3134),

(Erste Beratung 138. Sitzung)

n) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 20. März 1958 über die Annahme einheitlicher Bedingungen für die Genehmigung der Ausrüstungsgegenstände und Teile von Kraftfahrzeugen und über die gegenseitige Anerkennung der Genehmigung (Drucksache IV/2852) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen (23. Ausschuß) (Drucksache IV/3136),

(Erste Beratung 158. Sitzung)

o) Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen (23. Ausschuß) über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Adorno, Bauknecht, Maucher und Genossen zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964 betr. Fernschnellstraße Ulm—Lindau (Drucksache IV/3135, Umdruck 437),
p) Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen (23. Ausschuß) über den Antrag der Abgeordneten Josten, Buchstaller, Dr. Danz und Genossen betr. Verbesserung der Fahrwasserverhältnisse auf dem Rhein, der verkehrsreichsten Wasserstraße Europas (Drucksachen IV/2020, IV/3137),
q) Beratung des Antrags ides Abgeordneten Dr. Pohlenz und der Fraktion der SPD betr. Erstversorgung für Unfallverletzte (Drucksache IV/3163).
Wir beginnen zunächst mit der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Preissteigerungen im Berufsverkehr. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Seibert.

Philipp Seibert (SPD):
Rede ID: ID0417214500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem während der Parlamentsferien, am 12. August, die sozialdemokratische Fraktion ihre Große Anfrage betreffend Preissteigerungen im Berufsverkehr vorgelegt hatte, fand acht Tage später, am 20. August 1964, im Bundeskanzleramt ein Spitzengespräch über die finanzielle Lage der Deutschen Bundesbahn statt. Das Ergebnis war: Erstens, die Regierung will sich um eine Sicherung 'der Liquidität der Bundesbahn bemühen; zweitens die Tarife im Berufs-, Schüler- und Sozialverkehr sollen nicht erhöht werden. Wir haben heute keinen Überblick mehr darüber, ob man sich auf diese Zusage verlassen kann; denn aus anderen Gründen als aus dem Anlaß für unsere Große Anfrage sind in der Zwischenzeit Erklärungen über die Abdeckung von Verlusten des Berufs- und Schülerverkehrs abgegeben worden. Deshalb wäre die Bundesregierung nicht gut beraten, wenn sie heute hier etwa den Standpunkt vertreten wollte, unsere Fragen seien durch die Entwicklung und die Verabschiedung des Haushalts 1965 überholt.
Nun liegt uns zwar noch immer nicht die Stellungnahme der Bundesregierung zu dem BundesbahnBericht vom 1. September 1964 vor. Aber wir haben die Ausführungen des Herrn Bundesverkehrsministers in der Verkehrsdebatte vom 10. Juni 1964, wonach er die rechnungsmäßige Trennung des Güterund Personenverkehrs billigte, ohne daß er allerdings die Bereitschaft der Bundesregierung erklären konnte, das Defizit des Personenverkehrs unter Aufrechterhaltung der Sozialtarife voll auszugleichen.
Aus dieser Formulierung kann nun gewiß nicht geschlossen werden, daß die Bundesregierung allgemein eine Tariferhöhung im Berufs- und Schülerverkehr ablehnen werde.
Natürlich übersehen wir nicht die Ausführungen, die der Herr Bundesverkehrsminister kürzlich unter der Überschrift „ Zur Lage der Deutschen Bundesbahn" vom Presse- und Informationsamt hat veröffentlichen lassen.
Ich muß ausdrücklich betonen, daß wir Sozialdemokraten die klaren Worte sehr begrüßt haben, nach denen die sogenannte „negative Rationalisierung" — d. h. Einschränkung von Verkehrsdiensten — trotz erheblicher Ausdehnung keine nennenswerten Erträge geliefert hat.
Der Herr Bundesverkehrsminister hat ferner betont, daß vielfach ein Verlustausgleich an Stelle „negativer Rationalisierung" volkswirtschaftlich wesentlich sinnvoller und sparsamer sei als die Durchführung des Verkehrs „in anderer Weise".



Seibert
Speziell zur Frage des Personenverkehrs wurde gesagt, die Abwanderung im Personennahverkehr auf die Straße zwinge zu Investitionen, die wesentlich höher sein könnten als die Deckung der Verluste der Massenverkehrsmittel. Es wird darauf verwiesen, daß in unseren Nachbarländern den Eisenbahnen für vom Staat gewünschte, die Selbstkosten nicht deckende Tarife höhere Ausgleichszahlungen als bei uns gewährt werden.
Der Herr Bundesverkehrsminister führt ferner aus, nach den Beschlüssen der Europäischen Verkehrsministerkonferenz, der sogenannten CEMT, über die Normalisierung der Konten müsse der Bundesbahn ab 1966 aus öffentlichen Mitteln die Differenz zwischen Einnahmen und Selbstkosten im Schüler-, Berufs- und Sozialverkehr erstattet werden.
Meine Damen und Herren, wir sind gespannt darauf, ob die Stellungnahme der Bundesregierung in ihrer Gesamtheit zu dem Bundesbahnbericht vom 1. September 1964 in diesem Punkt diese klare Haltung einnehmen wird.
Nur eines davon mißfällt uns. Wenn diese Überlegungen der CEMT „in den letzten 10 Jahren" angestellt wurden, dann verstehen wir nicht, warum die Bundesregierung diese Frage erst jetzt in dieser Weise anpackt, obwohl doch spätestens seit 1960 klar ist, welche entscheidende Rolle die Verluste im Personenverkehr der Eisenbahnen und der Bundesbahn spielen.
Alle Gutachten über die Deutsche Bundesbahn —davon gibt es nunmehr wohl ein gutes Dutzend — einschließlich des sogenannten Brand-Gutachtens und des am 29. Oktober 1964 dem Bundestag zugeleiteten Berichtes des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn vom 1. September 1964 haben immer wieder den Personenverkehr, insbesondere den Nahverkehr und innerhalb dessen wiederum den Berufs-, Schüler- und Sozialverkehr, als die größte Verlustquelle der Deutschen Bundesbahn herausgestellt.
Schon in dem am 10. Februar 1960 dem Deutschen Bundestag vorgelegten „Bericht über die Deutsche Bundesbahn", dem Brand-Gutachten, hieß eis, der Verlust des Personenverkehrs betrage 847 Millionen DM, wovon mehr als 600 Millionen dem Berufs- und Schülerverkehr zuzurechnen seien.
In diesem Bericht hieß es ferner, daß die Einnahmen des Personenzugverkehrs seinerzeit nur 41 % der Selbstkosten deckten. Im Berufsverkehr sei die Kostendeckung nur zu 33%, im Schülerverkehr nur zu 14% gelungen.
Welche Vorschläge hatte die Brand-Kommission daran geknüpft? Sie hatte empfohlen, statt der Tarifbegünstigungen im Berufs-, Schüler- und Sozialverkehr einen allgemeinen Rabatt von 33 1/3% auf den Normaltarif für alle Dauerbenutzer der Deutschen Bundesbahn zu gewähren. Der Normaltarif betrug damals 7,5 Pf je Kilometer, so daß also die Reisenden im Schüler-, Berufs- und Sozialverkehr 5 Pf je Kilometer hätten zahlen müssen.
Um aber derart drastische Tariferhöhungen zu vermeiden, hat der Herr Bundesfinanzminister der
Deutschen Bundesbahn am 11. Mai 1960 eine Ausgleichszahlung von 150 Millionen DM zugesichert. Gegenüber dem Brand-Vorschlag, rund 305 Millionen DM durch Tariferhöhungen hereinzubringen, war demnach nur eine Mehreinnahme von 155 Millionen DM anzustreben. Die Deutsche Bundesbahn beantragte daher eine Tariferhöhung von 46,5 %.
Die Bundesregierung genehmigte ab 1. November 1960 eine Erhöhung um 25% im Berufsverkehr und versagte eine Erhöhung der Schülertarife völlig.
Die Deutsche Bundesbahn erzielte auf diese Weise Mehrerlöse auf Grund der 25%igen Erhöhung der Tarife im Berufsverkehr von etwa 70 Millionen DM. Unter Hinzurechnen der Ausgleichszahlung in Höhe von 150 Millionen DM ergeben sich insgesamt rund 220 Millionen DM. Sie blieb also auf Grund der ablehnenden Haltung der Bundesregierung mit ihren Einnahmen um rund 85 Millionen DM hinter dem Brand-Vorschlag zurück. Wäre die Bundesregierung seinerzeit konsequent gewesen, hätte sie eine Ausgleichszahlung von 150 Millionen plus 85 Millionen DM, insgesamt 235 Millionen DM, gewähren müssen.
Diese effektive Leistung des Bundes war aber nicht nur dem Betrag nach unzureichend, sondern auch unter dem Gesichtspunkt einer sauberen Abgrenzung und der Haushaltsklarheit und -wahrheit nicht eindeutig im Bundeshaushalt deklariert.
Schon im Sofortprogramm der Bundesregierung vom 20. Juni 1960 war nicht mehr von einer „Ausgleichszahlung" die Rede, sondern es hieß dort:
Da nicht anzunehmen ist, daß die Deutsche Bundesbahn aus den zu erwartenden Mehreinnahmen und ihrem eigenen gewinnbringenden Verkehr die Verluste vor allem aus dem BerufsSchüler- und sonstigen Sozialverkehr ausgleichen kann, ist der Deutschen Bundesbahn im Rahmen des Sofortprogramms eine Anpassungshilfe zur Erleichterung der Rationalisierung in diesen Verkehren in Höhe von 150 Millionen DM jährlich zu gewähren.
Der entsprechende Ansatz im Einzelplan 12 des Bundeshaushalts wird jeweils, wie auch die Erläuterungen zu Kap. 12 02 Tit. 510 Buchstabe e Ziffer 2 im Bundeshaushaltsplan 1965 zeigen, als „Anpassungshilfe zur Erleichterung der Rationalisierung im Personenzugverkehr" bezeichnet. Diese Deklarierung läßt nach Auffassung der sozialdemokratischen Fraktion jede Kennzeichnung der heute unveränderten Zweckbestimmung dieses Ansatzes — nämlich Verhinderung von Tariferhöhungen vor allem im Berufs-, Schüler- und Sozialverkehr — vermissen.
Wir fragen deshalb die Bundesregierung unter Punkt 1: Welche Gründe hatte die Bundesregierung, um die der Deutschen Bundesbahn ab 1960 gewährte Abgeltung für nicht genehmigte Tarifanträge im Berufsverkehr als „Anpassungshilfe" für die Rationalisierung im Personenverkehr zu deklarieren?
Nach dem bereits erwähnten Sofortprogramm der Bundesregierung für die Deutsche Bundesbahn vom



Seibert
20. Juni 1960 sollte diese Zahlung — und das hat nun eigentlich mit der Deklarierung im Haushalt nichts mehr zu tun — jährlich geleistet werden.
Die Bundesregierung mußte sich doch, als sie die Zusage des Bundesministers der Finanzen vom 11. Mai 1960 billigte, der Deutschen Bundesbahn eine Ausgleichszahlung von 150 Millionen DM zu gewähren, darüber im klaren sein, daß eine Kürzung dieser Zuwendung des Bundes nichts anderes zur Folge haben konnte als einen Antrag des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn, die seinerzeit zum Teil zurückgestellte Tariferhöhung, soweit sie-nicht durch die Ausgleichszahlung abgedeckt war, nachzuholen. Die Bundesregierung hatte im übrigen diesen Ausgleichsbetrag für den Berufs-, Schüler- und Sozialverkehr 1962 auf 170 Millionen DM erhöht und auch in den Jahren 1963 und 1964 dieselbe Summe angesetzt. Sie tat dies wohl im Hinblick darauf, daß auf Grund eines immer schlechteren Verhältnisses zwischen Aufwand und Ertrag in diesen Verkehren infolge der zunehmenden Motorisierung die Verluste immer stärker ansteigen, weil die Deutsche Bundesbahn wegen der zwingenden Vorschrift des § 4 des allgemeinen Eisenbahngesetzes, ihr Netz entsprechend den Anforderungen des Verkehrs auszubauen und zum Wohle der Allgemeinheit zu ergänzen, ihr Verkehrsangebot im Personenverkehr nicht einfach entsprechend dem Rückgang des Berufsverkehrs einschränken konnte.
Nach Angaben der Deutschen Bundesbahn hatten 1963 die ungedeckten Kasten im Personennahverkehr den Betrag von 928 Millionen DM erreicht, weil jeder Personenkilometer im Durchschnitt die Deutsche Bundesbahn 11,86 Pf kostete bei einer Einnahme von 5,46 Pf. Im Berufsverkehr ist natürlich das Verhältnis noch viel ungünstiger. Es heißt, mehr als die Hälfte des Fehlbetrages von 928 Millionen DM im Personennahverkehr sei auf den Berufsverkehr entfallen. Die Ergebnisse für 1964 sind keineswegs günstiger.
Es darf nicht verkannt werden, daß eine Tariferhöhung im Berufsverkehr nicht nur sozialen Bedenken begegnet; sie stünde auch dem entgegen, was verkehrspolitisch notwendig ist und auch gerade von der Enquete-Kommission zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden betont worden ist, nämlich der Schaffung eines besseren Verhältnisses von Individualverkehr und Massenverkehrsmitteln durch vergrößerte Attraktivität der Linienverkehrsmittel. Es wäre unmöglich, dieses Ziel zu erreichen, wenn der Berufsverkehr. der Bundesbahn auch noch verteuert würde.
Wir fragen deshalb die Bundesregierung unter Ziffer 2:
Aus welchen Gründen ist die Bundesregierung im Jahre 1965 nicht bereit, die 1960 übernommenen Verpflichtungen voll zu erfüllen, indem sie den Ansatz für Anpassungshilfe für die Rationalisierung im Personenverkehr um 50 Millionen DM gekürzt hat?
Und unter Ziffer 3 fragen wir:
Will die Bundesregierung durch diese Kürzung
die Deutsche Bundesbahn zwingen, Anträge zur
Erhöhung der Fahrpreise im Berufsverkehr zu stellen, wie dies 'bereits angekündigt worden ist?

(Abg. Dr. Müller-Hermann: Wo denn?)

— Damals, als die Kürzung im Haushalt bekannt wurde, Herr Kollege Müller-Hermann. Ich darf Sie daran erinnern, wie die Reaktion dann war.

(Zuruf des Abg. Dr. Müller-Hermann.)

Abgesehen von diesen verkehrspolitischen Überlegungen darf nach Auffassung der SPD nach dem mehrmaligen Hin und Her bei den Telefongebühren und der unglücklichen Hand, welche die Bundesregierung bei der Gestaltung behördlich geregelter Preise in dieser Frage hatte, nicht auch noch eine Erhöhung der Tarife im Berufsverkehr der Bundesbahn treten.
Wir fragen daher die Bundesregierung unter Ziffer 4:
Ist die Bundesregierung nicht der Meinung, daß angesichts der durch ihre bisherige Politik schon erhöhten Preise auf verschiedenen Gebieten schon die Erörterung von Tariferhöhungen bei der Deutschen Bundesbahn wegen ihrer psychologischen Auswirkungen auf die allgemeine Preisentwicklung die Maßhalteappelle des Bundeskanzlers noch unwirksamer machen könnte?
Und unter Ziffer 5 fragen wir:
Wird die Bundesregierung alle eventuellen Anträge auf eine Erhöhung von Fahrpsreisen im Berufsverkehr ablehnen?
Meine Damen und Herren! Die am 12. August vergangenen Jahres gestellte Große Anfrage der SPD gilt heute um so mehr, als im Zusammenhang mit der Sicherstellung der Liquidität der Deutschen Bundesbahn für das Jahr 1965 solche Diskussionen über Tariferhöhungen abermals aufgetaucht sind. In letzter Zeit ist das Gerede um Tariferhöhungen besonders stark geworden. Der 1. Präsident der Deutschen Bundesbahn, Professor Oeftering, sah sich auch gestern bei einer Pressekonferenz veranlaßt, zu erklären, daß Tariferhöhungen im Berufsverkehr vorerst bzw. in absehbarer Zeit nicht erfolgen würden.
Die Fraktion der SPD ist sehr daran interessiert, zu erfahren, welche Vorstellungen die Bundesregierung zu den aufgeworfenen Fragen hat. Sie erwartet von der Bundesregierung auf die Große Anfrage eine Antwort, die geeignet ist, die aufgetretenen Bedenken auszuräumen.

(Beifall bei der SPD.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417214600
Das Wort zur Beantwortung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD hat der Herr Bundesminister für Verkehr.

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417214700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der Bundesregierung beantworte ich die Große Anfrage der Fraktion der Sozialdemo-



Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm
kratischen Partei Deutschlands vom 12. August 1964, die soeben der Herr Kollege Seibert begründet hat, wie folgt.
Zu Frage 1. Mit der Zahlung einer sogenannten Anpassungshilfe für die Rationalisierung im Personenverkehr wurde an das Brand-Gutachten, den Bericht über die Deutsche Bundesbahn vom 30. Januar 1960 angeknüpft, auf das sich auch Herr Kollege Seibert vorhin bezogen hat. In diesem Gutachten war als wesentlichste Quelle des Defizits der Deutschen Bundesbahn der Personenzugverkehr und hier insbesondere der Personennahverkehr aufgeführt. Benutzer der Personenzüge der Deutschen Bundesbahn sind etwa zur Hälfte die Reisenden des Berufsverkehrs, im übrigen dienen diese Züge teils dem Schülerverkehr, teils Reisen zu sonstigen Zwecken einschließlich der Anschlußfahrten von und zu Ferienreisezügen.
1960 wurde angenommen, daß durch wirtschaftlichere Gestaltung des Reisezugverkehrs, unter anderem durch Elektrifizierung größerer Teile des Streckennetzes, die Rentabilität dieses Verkehrszweiges besonders auch im Personennahverkehr langsam gebessert werden könne. Demgemäß wurden die Zahlungen aus dem Bundeshaushalt zu dem ausdrücklichen Zweck einer Rationalisierung des Personenverkehrs bereitgestellt und nicht in der Form einer Ausgleichszahlung. Falls diese Kennzeichen, über die im Haushaltsausschuß damals gesprochen wurde, dem Wunsch des Hohen Hauses nicht entsprochen haben, hätten sie bei den Haushaltsberatungen seit 1960 auf Grund eines entsprechenden Antrages geändert werden können. Anträge dieser Art wurden aber meines Wissens in diesem Hohen Hause nicht gestellt.
Zu Frage 2. Die Bundesregierung hat im Jahre 1960 keinerlei Verpflichtung übernommen, auch in Zukunft jährlich bestimmte Beträge aus dem Bundeshaushalt für den Zweck einer Rationalisierung des Personenverkehrs beizusteuern. Ob und welche Zahlungen geleistet werden, entscheidet sich vielmehr jeweils nach der Haushaltslage. Für das Jahr 1965 wurde der Bundeshaushalt aus den allgemeinen Gründen auf 63,9 Milliarden DM begrenzt. Dies machte es erforderlich, die Leistungen des Bundes für die Deutsche Bundesbahn bei Aufstellung des Haushaltsentwurfs auf 926,5 Millionen DM zu beschränken, d. h. die ursprünglichen Ansätze im Bundeshaushalt um 50 Millionen DM zu kürzen. Die Kürzung mußte damals bei der in Rede stehenden Position durchgeführt werden, weil die erhöhten Zahlungen zum Ausgleich betriebsfremder Lasten und zur Abnahme der Versorgungslasten nicht beeinträchtigt werden sollten. Die entstandene Lücke — soweit man in diesem Zusammenhang überhaupt von einer Lücke sprechen kann — wird schon dadurch ausgefüllt werden, daß weitere Zuschüsse zur Aufrechterhaltung des Berufs- und sonstigen zu Sozialtarifen abgewickelten Nahverkehrs, der aus übergeordneten Gründen auf der Schiene verbleiben muß, in Aussicht genommen sind.
Im übrigen darf ich auf die wesentliche Verstärkung der Leistungen des Bundes zugunsten der Deutschen Bundesbahn in den Jahren 1964 und 1965 hinweisen. So wurden 1965, wie Ihnen bekannt, 400 Millionen DM zusätzlich in den Bundeshaushalt eingestellt, die unter anderem dazu dienen, der Bundesbahn einen Teil der Versorgungslasten abzunehmen. Im Haushaltsgesetz 1965 ist die weitere Möglichkeit geschaffen, der Bundesbahn weitere Liquiditätshilfen bis zum Betrage von 750 Millionen DM zu gewähren. Der Deutschen Bundesbahn können im Jahre 1965 auch Öffa-Kredite in Höhe von 100 Millionen DM zur Finanzierung von Rationalisierungsinvestitionen zugeführt werden. Die Bundesregierung kommt also auch im Jahre 1965 wie bisher ihren finanziellen Verpflichtungen gegenüber der Bundesbahn in weitestmöglichem Umfang nach. Sie tut dies vor allen Dingen auch deshalb, um den Bediensteten der Bundesbahn die ihnen zustehenden Bezüge, auch wenn sie noch kurz vor Weihnachten erhöht wurden, rechtzeitig und in vollem Umfang zukommen zu lassen, obwohl auch erhebliche Bedenken erhoben worden sind, ob dies hätte durchgeführt werden können. Es ist geschehen.
Zu Frage 3: Nein. Die erwähnte „Anpassungshilfe für die Rationalisierung im Personenzugverkehr" ist nämlich nur eine Position im Rahmen der verlustmindernden Leistungen des Bundes an die Bundesbahn. Ob Tariferhöhungen notwendig oder möglich sind, um die Einnahmen der Bundesbahn ihrem Finanzbedarf anzugleichen, ist im gegebenen Fall nur auf Grund der jeweiligen finanziellen Gesamtlage der Bundesbahn und der gesamten Wirtschaftslage zu beurteilen. Nach Ansicht der Bundesregierung ist es zudem fraglich, ob bei einer etwaigen Erhöhung der Tarife im Berufsverkehr angesichts der gegenwärtigen Wettbewerbslage überhaupt Mehreinnahmen erzielt werden könnten oder ob die rechnerisch zu erwartenden Mehreinnahmen durch verstärkte Abwanderung vermindert werden würden.
Zu Frage 4. Die Bundesregierung teilt die im August 1964 dargelegte Ansicht der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, daß eine Erhöhung der Personentarife und insbesondere der Sozialtarife der Deutschen Bundesbahn nicht in Aussicht genommen werden sollte. Sie hat ihre Auffassung unverändert beibehalten. Entsprechende Anträge der Deutschen Bundesbahn wurden bisher nicht gestellt. Bekanntlich ist die Deutsche Bundesbahn für das Stellen von Tarifanträgen allein zuständig. Diese Tarifanträge bedürfen dann noch der Zustimmung des Verwaltungsrats der Bundesbahn. Irgendwelche Ankündigungen des Vorsitzenden des Vorstandes der Bundesbahn in vagen Ausführungen bei Pressekonferenzen sind also wirklich nicht geeignet, Grundlage einer Diskussion in diesem Hohen Hause zu sein.
Zu Frage 5. Die Deutsche Bundesbahn beabsichtigt nach Auskunft ihres Vorstandes, die dieser mir gegeben hat, nicht, Anträge auf Genehmigung einer Erhöhung der Fahrpreise im Berufsverkehr zu stellen. Die Bundesregierung betrachtet es ihrerseits nicht als angebracht, gerade bei dem Berufsverkehr und den anderen Sozialtarifen der Deutschen Bundesbahn Änderungen eintreten zu lassen, zumal diese nicht zu einer entscheidenden Besserung der



Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm
Ertragslage der Deutschen Bundesbahn führen dürften.
Zur Sanierung der Bundesbahnfinanzen wird es einer Vielzahl von Maßnahmen bedürfen, die aufeinander abgestimmt sein müssen. Ein solcher Gesamtvorschlag, der sorgfältiger Überlegung bedarf, liegt der Bundesregierung zur Verabschiedung vor. Ich habe dazu in dem von Herrn Kollegen Seibert zitierten Aufsatz zur Lage der Deutschen Bundesbahn Gedanken entwickelt, die diesem Vorschlag zugrunde gelegt worden sind. Daß er noch nicht verabschiedet werden konnte, liegt an den Schwierigkeiten in den Beratungen über außenpolitische Fragen, die das Kabinett in der letzten Zeit so in Anspruch nahmen, daß die von mir gewünschte Verabschiedung der Kabinettsvorlage, die seit dem Oktober eine mehrfache Umarbeitung wegen der sich ändernden Verhältnisse bei der Bundesbahn erfahren hat, bis zu dieser Debatte leider noch nicht möglich gewesen ist.
Dies ist die Antwort, die ich zu erteilen habe.
Ich möchte noch folgendes hinzufügen. Es ist allen Mitgliedern des Hohen Hauses auch aus der Debatte anläßlich der zweiten Lesung des Bundeshaushalts für das Jahr 1965 sowie aus den Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers über die Fragen der Deutschen Bundesbahn bei der dritten Lesung dieses Haushalts 1965 bekannt, daß in gewissen Fragen eben sozusagen eherne Gesetze gelten. Es gilt als unbestreitbarer Grundsatz, daß kein Dienstleistungsbetrieb es bei steigenden Kosten für Personal und Betriebsstoffe und bei gleichbleibenden Einnahmen vermeiden kann, in immer größere Defizite abzugleiten. Alle Dienstleistungsbetriebe weisen einen sehr hohen Anteil der Personalkosten an ihren Betriebskosten auf. Dieser Anteil liegt bei der Bundesbahn erheblich über zwei Dritteln ihrer Selbstkosten. Kein 'derartiger Dienstleistungsbetrieb vermag die notwendigen Personalkostenerhöhungen durch positive oder negative Rationalisierung auszugleichen. Es ist, wie der Vorsitzende des Verwaltungsrats der Deutschen Bundesbahn, Herr Hermann Josef Abs, in einer Rede in Bremen ausgeführt hat, dann die Entscheidung zu treffen, ob die dadurch entstehenden Defizite, für die das Personal der Deutschen Bundesbahn keine Verantwortung trägt, weil es in absolut guter und zuverlässiger Weise die gestellten Aufgaben erfüllt, entweder über Haushaltsleistungen oder über Leistungen der Verkehrsnutzer auszugleichen sind. Diese Frage bedarf natürlich einer im wesentlichen politischen Entscheidung. Diese politische Entscheidung ist bezüglich der Zonenrandgebiete getroffen worden; sie ist auch bezüglich der Sozialtarife getroffen worden, und deshalb, glaube ich, braucht über diese Frage nicht weiter gesprochen zu werden. Daß ähnliche Probleme auch an anderen Stellen auftreten, beweisen ja 2. B. die Erhöhungen der Nahverkehrstarife in verschiedenen Städten. Mir liegt gerade ein Ausschnitt aus der „Rhein-Neckar-Zeitung" vom 24. Februar 1965 vor, in dem gesagt wird, daß die Heidelberger Studenten gegen die von der dortigen Stadtverwaltung verfügte Erhöhung der Straßenbahnfahrpreise für Studenten von 10 auf 19 DM pro Monat — also um fast 100% — Einspruch erhoben haben. Sie wissen, wer in Heidelberg die Stadtverwaltung politisch zu vertreten hat, und ich brauche dem nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417214800
Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort hat der Abgeordnete Müller-Hermann.

Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0417214900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind der Opposition im Grunde sehr dankbar, daß sie das Thema Berufsverkehr und Preise im Berufsverkehr hier zur Diskussion gestellt hat, ganz gleich, aus welchen Motiven das geschehen sein mag.

(Zuruf von der SPD: Nur aus edelsten!)

— Sicher, aus edelsten Motiven, ich habe das gar nicht anders erwartet. Wir meinen nur — und der Bundesverkehrsminister hat das in seiner Antwort ja auch bereits angedeutet —, daß man das Thema nicht allzusehr — nicht nur auf die Bundesbahn — einengen darf.
Das Thema Preise im öffentlichen Verkehr ist ein generelles Problem, das nicht nur die Bundesbahn betrifft, sondern natürlich auch die öffentlichen Verkehrsbetriebe und auch die privaten Verkehrsunternehmen, soweit sie Linienverkehr betreiben. Ich kann die Ausführungen des Herrn Bundesverkehrsministers nur ergänzen: Es gibt eine ganze Reihe von Städten, die unter Verwaltung unserer sozialdemokratischen Freunde stehen, die in den letzten Jahren ganz erhebliche Preiserhöhungen haben vornehmen müssen, zu einer Zeit, als bei der Bundesbahn im Berufsverkehr und Sozialverkehr von Preissteigerungen gar keine Rede gewesen ist. Ich darf vielleicht auch die Aufmerksamkeit des Kollegen Seibert darauf hinlenken, daß z. B. die niedersächsische Landesregierung, die auch von der SPD geführt wird, mehreren Privatbahnen wie z. B. der Osthannoverschen Eisenbahn AG eine Erhöhung der Schülertarife um 50% genehmigt hat. Die Erhöhung ist am 1. Januar 1965 in Kraft getreten, und vielleicht sollten sich Ihre Freunde auch einmal an die Adresse der niedersächsischen Landesregierung mit den gleichen Anliegen, die Sie uns hier vorgetragen haben, wenden.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir wären unehrlich gegenüber der Öffentlichkeit, wenn wir nicht deutlich machten, daß sich bei unseren Erwägungen bezüglich der Preispolitik im Berufsverkehr zwei Komponenten gegenüberstehen und gegeneinander abgewogen werden müssen. Die eine ist, daß Dienstleistungen bezahlt werden müssen. Aus den Dienstleistungen entstehen ja Kosten, und wenn sie nicht der Nutzer der Dienstleistungen bezahlt, müssen sie eben auf dem Wege über die Haushalte von den Steuerzahlern gezahlt werden. Ich habe darauf hingewiesen — und der Herr Bundesverkehrsminister hat das ausdrücklich unterstrichen —, daß außer dieser Überlegung, daß Dienstleistungen bezahlt werden müssen, auch sozialpolitische und andere allgemeinpolitische Erwägungen berücksichtigt werden müssen. Wir müssen



Dr. Müller-Hermann
z. B. aus Gründen der Familienpolitik, der Förderung der Bildung, aus sozialpolitischen Überlegungen, verteidigungspolitischen Überlegungen bereit sein, von dem Prinzip der vollen Bezahlung von Dienstleistungen abzuweichen. Ich darf aber — gerade an die Adresse der Opposition — Ihnen einmal ein Zahlenbeispiel vor Augen halten. Ein Vier-Personen-Arbeitnehmerhaushalt hat im Jahre 1958 für den öffentlichen Verkehr 2,1 % des Einkommens, im Jahre 1963 1,7 % aufgewandt, während für den privaten Verkehrssektor — Beschaffung von Pkws und Betriebskosten — der Aufwand in einem Vier-Personen-Arbeitnehmerhaushalt im Jahre 1958 1,7 %, im Jahre 1963 6,1% betragen hat.

(Zurufe von der SPD.)

— Ich stelle das auch nur fest, ohne daran Kritik
zu üben. Aber ich glaube, die Sorgen, die aus Ihrer
Anfrage sprechen, sind nicht ganz gerechtfertigt.
Ich komme zurück auf die zweite Überlegung, die wir anstellen müssen und die meines Erachtens gerade bei der Beurteilung der Preispolitik der öffentlichen Verkehrsmittel, einschließlich der Bundesbahn, heute das durchschlagendste Argument ist, nämlich die Gefahr, daß bei Anhebung, auch bei an sich angemessener Anhebung der Preise im Berufsverkehr, der Trend zur Abwanderung auf die Straße übermäßig gefördert würde. Damit stellt sich uns dann die Frage, ob nicht der zusätzliche Trend, die Straße mit privaten Verkehrsmitteln zu benutzen, in der volkswirtschaftlichen Gesamtwirkung teurer ist, als wenn wir durch niedrig gehaltene Sozialtarife die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel zu fördern versuchen. Wir bekennen uns ganz eindeutig zu dieser zweiten Überlegung. Aus diesem Grunde sind für uns auch Überlegungen über eine Anhebung der Preise im Berufsverkehr und öffentlichem Verkehr nicht akut. — Bitte, Herr Kollege!

Hans Stefan Seifriz (SPD):
Rede ID: ID0417215000
Herr Kollege Müller-Hermann, sind Sie denn auch bereit, dafür einzutreten, daß die Abgeltungsbeträge, die Ausgleichszahlungen des Bundes in voller Höhe dafür gezahlt werden und nicht — wie ich es kritisiert habe — von Fall zu Fall, wie der Herr Bundesverkehrsminister gesagt hat, nach Haushaltslage abgegolten werden? Wer die Musik bezahlt, der hat sie auch bestellt, und wer sie bestellt hat, bezahlt sie.

Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0417215100
Ich weiß, Ihre Ungeduld ist unbezähmbar, und ich wäre sofort darauf gekommen. Meine Freunde und ich vertreten den Standpunkt, daß die Lasten, die den Verkehrsunternehmen aus zu niedrig gehaltenen Tarifen erwachsen, generell abgenommen werden müssen. Das betrifft aber nicht nur die Bundesbahn, sondern dieses Prinzip sollte bei allen Betrieben angewandt werden, die öffentlichen Verkehr betreiben. Insoweit begegnen wir uns in unserer Grundforderung durchaus — und Sie wissen, wir haben sie immer wieder nachdrücklich vertreten —, daß auch der Bundesbahn das an Lasten abgenommen werden muß, was einem kaufmännisch arbeitenden Unternehmen nicht zugemutet werden kann. Ich wiederhole hier auch im Namen meiner politischen Freunde den Appell an die Bundesregierung, insbesondere an den Herrn Bundesfinanzminister, sich dazu durchzuringen, daß die Verantwortlichkeiten zwischen dem Eigentümer Bund und der Bundesbahn eindeutig geregelt und der Bahn, wenn nicht auf einen Schlag, dann schrittweise, so abgenommen werden, daß die Bundesbahn angemessen entlastet wird.
Ich bitte auch die Bundesregierung, zu erwägen, ob nicht das ganze Thema Beförderungsteuer, das wir im Zusammenhang mit der Neuregelung der Mehrwertsteuer neu geregelt wissen wollten, in bezug auf die Unternehmen, die öffentlichen Verkehr betreiben, vorweg einer Überprüfung, einer Neuregelung unterzogen werden könnte. Hier bietet sich ein Weg zur Entlastung der Unternehmen an. Ich bitte den Herrn Bundesfinanzminister, diese Anregung zu prüfen.
Meine Damen und Herren, ich darf noch zwei grundsätzliche Bemerkungen anfügen. Die Notwendigkeit, den öffentlichen Personenverkehr mit allen Mitteln zu fördern, ergibt sich auch aus dem Bericht der schon vom Kollegen Seibert zitierten Enquete-Kommission, die auf unser Betreiben von der Bundesregierung eingesetzt worden ist. Wir wollen unter keinen Umständen die freie Wahl des Verkehrsmittels durch den Verkehrsnutzer behindern, aber wir wollen und müssen meines Erachtens erhöhte Anstrengungen machen — und zwar sowohl der Bund als auch die Länder und die Gemeinden —, daß die öffentlichen Verkehrsmittel eine größere Attraktivität gewinnen und damit der Anreiz, auf den Personenkraftwagen vor allem in den Ballungsgebieten zu verzichten, verstärkt wird. Wir werden uns diesem Problem mit besonderer Sorgfalt weiter widmen und glauben, daß für den Anreiz, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, neben sozial kalkulierten Preisen zwei Faktoren von noch größerer Bedeutung sind: zum einen der Faktor SchnelligkeitZeitersparnis und zum anderen die Bequemlichkeit anstatt dieses nervenaufreibenden — schrittweise, muß man beinahe sagen — Vorwärtsdrängens 'in den Stadt- und Ballungsgebieten.
Ein Punkt muß bei diesen Überlegungen mit aller Deutlichkeit noch zur Sprache gebracht werden, und damit will ich meine Ausführungen abschließen. Wir sind uns darüber im klaren, daß trotz aller großen Leistungen, die die Bundesregierung auf dem Gebiet des Straßenbaus vorzuweisen hat und die auch die Länder und die Gemeinden auf dem Gebiet des Straßenbaus vorzuweisen haben, wir die Folgen, die sich aus der Motorisierungswelle ergeben, noch nicht in vollem Umfang gemeistert haben. Gerade die Tatsache, daß der Verkehrsraum begrenzt ist, wird uns zwingen, vor allem in den Gebieten der Städte und in den Ballungsgebieten in zunehmendem Maße den Raum über oder unter der Erde in Anspruch zu nehmen. Ich weiß, daß gerade bei der Opposition, aber auch in breiten Kreisen der Öffentlichkeit und, glauben Sie mir, auch bei uns selbst der Wunsch besteht, daß man auf diesem Gebiet noch rascher vorankommt, um mit den Verkehrsnotständen fertig zu werden. Wir müssen uns aber auch darüber im



Dr. Müller-Hermann
klaren sein, daß wir nicht nur wunderbare technische Lösungen für diese Probleme anbieten dürfen. Wir werden nicht daran vorbeikommen, diese Vorhaben auch zu finanzieren, und welcher Finanzierungsaufwand hier auf uns zukommt, hat uns schon die Enquetekommission zu berichten gewußt. Sie hat darauf hingewiesen, daß in den nächsten 25 bis 30 Jahren ein Finanzbedarf von etwa 250 Milliarden DM entsteht, eine Zahl, die sicher an der unteren Grenze dessen liegt, was tatsächlich gebraucht werden wird. In dem Bericht der Enquetekommission wird auch nachgewiesen, daß der Finanzbedarf, der für die Modernisierung der öffentlichen Verkehrsmittel entsteht, nur etwa 15 % des gesamten Finanzbedarfs ausmacht. Wir können also davon ausgehen, daß wir bei der Modernisierung, der Rationalisierung, der Verstärkung der Attraktivität der öffentlichen Verkehrsmittel mit einem verhältnismäßig geringen Aufwand einen verhältnismäßig großen Nutzeffekt erreichen können.
Aus 'diesem Grund mögen Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, überzeugt sein, daß wir in den Reichen der Koalitionsfraktionen der Förderung des Berufsverkehrs und der Preiswürdigkeit des Berufsverkehrs auch in Zukunft unser ganz besonderes Augenmerk widmen werden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417215200
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bleiß.

Dr. Paul Bleiß (SPD):
Rede ID: ID0417215300
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei .nahezu jeder Verkehrsdebatte, die wir hier im Bundestag führen, werden seitens der CDU insbesondere die öffentlichen Verkehrsbetriebe erwähnt. Mir ist, offen gestanden, nicht so ganz klar, warum Sie gerade diese Tatbestände immer so bewußt heranziehen. Für solche Tatbestände ist der Bundestag nicht zuständig. Die Tarifregelung im öffentlichen Nahverkehr ist eine Angelegenheit der gemeindlichen Parlamente. In diesen gemeindlichen Parlamenten sind Sie genauso gut vertreten wie wir, und im allgemeinen werden die Tarife dort einstimmig verabschiedet.
Aber wenn wir schon über Tariferhöhungen im öffentlichen Nahverkehr sprechen, dann darf ich darauf verweisen — und das wurde früher hier schon wiederholt erwähnt —, daß in puncto Tariferhöhung doch gerade Bonn mit seinen öffentlichen Nahverkehrsmitteln an der Spitze steht, eine Stadt also, auf die wir keinen entscheidenden Einfluß haben. Ich habe den Eindruck, daß Sie mit einer Heranziehung der öffentlichen Nahverkehrsmittel nur von ,der eigentlichen Problematik ablenken wollen, die auch heute wieder im Bundestag ansteht.

(Sehr richtig! bei der SPD.)

Nun, meine Damen und Herren, wir haben mit einiger Befriedigung zur Kenntnis genommen, daß die Bundesregierung nicht die Absicht hat, die Tarife des Berufsverkehrs zu erhöhen. Jede Erhöhung würde automatisch zu einer weiteren Abwanderung auf die Straße führen und die Straße weiter verstopfen. Insoweit stimmen wir mit der Ansicht des
Herrn Bundesverkehrsministers überein. Im Gegenteil, wir würden es sogar für richtiger halten, ernsthaft zu prüfen, ob man Iden Personennahverkehr der Bundesbahn nicht preisgünstiger und nicht attraktiver gestalten kann, um auf diesem Wege eine Entlastung des Straßennetzes zu erreichen. Das erscheint mir wichtiger als eine im Gesetz verankerte Vorrangigkeit der Bundesbahn im Personennahverkehr.
Aber, meine Damen und Herren, wir wollten im Rahmen der heutigen Großen Anfrage ein anderes wesentliches Problem diskutieren, das auch in engem Zusammenhang mit dieser Großen Anfrage steht. Wir wollten über die Beschlüsse der Bundesregierung zur Sanierung der Bundesbahn und zur Tilgung der erheblichen Verluste diskutieren, die sich insbesondere aus dem Personennahverkehr ergeben. Die Kabinettsvorlage sollte heute zur Debatte stehen. Der Herr Bundesverkehrsminister hat erwähnt, daß die Vorlage dem Kabinett seit dem Oktober vorliegt, daß aber ihre Behandlung immer wieder verschoben wurde. Wir haben diese Stellungnahme wiederholt angemahnt, und wir tun das auch heute wieder. Wir wünschen eine schnelle und gründliche Behandlung dieser Frage hier vor diesem Hohen Hause, nicht zuletzt deswegen, weil sich die Wirtschaftslage der Bundesbahn in einer bedrohlichen Weise verschlechtert hat und weil wir es einfach für unerträglich halten, daß diese Entscheidung weiter von Monat zu Monat verschoben wird.

(Beifall bei der SPD.)

Wenn sich die Ressorts nicht einigen können — das ist auch gestern im Verkehrsausschuß angeklungen —, dann wäre es eine vordringliche Aufgabe des Herrn Bundeskanzlers, endlich die Entscheidung des Kabinetts herbeizuführen. Denn die Situation der Bundesbahn ist nicht nur ein wirtschaftliches Problem. Sie wird immer stärker auch zu einer sozialpolitischen Angelegenheit.
Meine Damen und Herren, wir beklagen die mangelhafte Initiative des Bundeskanzlers auf dem Gebiet der Verkehrspolitik. Wenn die Bruttozuwendungen aus dem Haushalt an die Bundesbahn in diesem Jahr die 3-Milliarden-Grenze erreichen, dann halten wir es wirklich für geboten, daß sich der Herr Bundeskanzler um diese Angelegenheit etwas mehr als bisher kümmert,

(Beifall bei der SPD)

daß er seine Entscheidung trifft und das Schicksal der Bundesbahn nicht dem Streit der Ressorts überläßt.
Herr Bundesverkehrsminister, Sie haben gestern im Ausschuß mit Recht darauf hingewiesen, daß über 450 000 Bedienstete bei der Deutschen Bundesbahn ihren Dienst häufig unter erschwerten Umständen tun und daß wir eine sozialpolitische Verpflichtung gegenüber diesen Beschäftigten haben. Darin stimmen wir Ihnen voll zu. Aber wenn Sie mit uns dieser Meinung sind, warum machen Sie dann nicht endlich reinen Tisch und warum legen Sie dem Bundestag kein durchgreifendes Sanierungsprogramm vor? Die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung sind nach unserer Auffassung weiter



Dr. Bleib
nichts als ein Provisorium, um in diesem Jahr über die Runden zu kommen und die Zahlungsbereitschaft der Bundesbahn einigermaßen aufrechtzuerhalten.
Die Frage der Verlustdeckung bleibt völlig ungeklärt, obwohl es für jedermann klar ist — das ist doch auch bei meinen Herren Vorrednern zum Ausdruck gekommen —, daß die Bundesbahn weder heute noch in einer überschaubaren Zukunft in der Lage sein wird, die Verluste aus dem Personennahverkehr zu erwirtschaften. Die Einnahme im Personennahverkehr liegt im Durchschnitt bei 4,5 Dpf je Personenkilometer, die Kosten bewegen sich aber um 14 DPf. Es ist einfach unmöglich, einen Ausgleich zu erreichen. Hier hat der Bund die Verpflichtung, aus Haushaltsmitteln für den Ausgleich zu sorgen. Die Bundesbahn kann das nicht erwirtschaften, besonders wenn man weiß, daß auch der Güterverkehr mit einem Verlust von 500 Millionen DM arbeitet.
Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang gestatten Sie mir eine weitere Anmerkung. Herr Bundesverkehrsminister, Sie schreiben im Bulletin, da es notwendig sei, das Eigenkapital der Bundesbahn zu erhöhen, daß es notwendig sei, die Fremdverschuldung in angemessenen Grenzen zu halten, und daß es auch notwendig sei, die Zinslast zu mildern. Das ist richtig. Der Meinung sind wir auch. Aber ich möchte Sie fragen: Was sagt der Bundesfinanzminister dazu? Mußte nicht unter seiner Stabführung die Bundesbahn den umgekehrten Weg gehen? Hat sich nicht unter Stabführung des Herrn Bundesfinanzministers ergeben, daß sich in den letzten fünf Jahren die Fremdverschuldung bei der Bundesbahn von 6 Milliarden DM auf 14 Milliarden DM erhöht hat, daß die Zinslast von 325 Millionen DM auf 700 Millionen DM gestiegen ist?
Man kann doch auch nicht von einer Stärkung des Eigenkapitals bei der Bundesbahn sprechen, wenn der Verlust des Vorjahres in Höhe von 1 Milliarde DM durch Fremdmittel finanziert werden mußte und die Bundesbahn gehalten ist, den nicht gedeckten Verlust dieses Jahres auch durch Anleihen zu finanzieren! Herr Bundesverkehrsminister, Ihre Ausführungen im Bulletin werden nur dann glaubwürdig, wenn Sie ganz konkrete Zahlen vorlegen. Hier kommt es uns auf das an, was sofort geschieht. Mit Vertröstungen auf die Zukunft ist der Bundesbahn wenig geholfen.
Wir haben häufig genug die Forderung gehört, daß die Bundesbahn rationalisieren solle, daß sie modernisieren müsse, um auch ihren Nahverkehr attraktiver zu machen. Wenn man das aber ernsthaft will, dann kann man doch nicht gleichzeitig der Bundesbahn, und zwar mit drastischen Mitteln, die Verpflichtung auferlegen, ihre Investitionen um 800 Millionen DM zu kürzen. Das entbehrt jeder Logik. Die Kürzung der Investitionen geht soweit, daß die Bundesbahn gezwungen ist, einen großen Teil von Zulieferbetrieben mit einer sehr weitgehenden Auftragssperre zu bedenken. Viele Betriebe des gewerblichen Eisenbahnoberbaues, der Lokomotivindustrie, der Waggonindustrie, der Motorenindustrie und einer ganzen Reihe anderer Industriezweige kommen in erhebliche Schwierigkeiten. Es wäre doch gerade eine Aufgabe der Bundesbahn, hier tunlichst für eine gleichmäßige Beschäftigung zu sorgen, um auch bei diesen Betrieben ein rationelles Arbeiten zu ermöglichen.
Ich gebe zu, daß die rapide Verschlechterung der Wirtschaftlichkeit der Bundesbahn für uns alle etwas überraschend kommt. Es ist aber unverkennbar, daß die neue und große Verlustwelle wesentlich bestimmt. wurde — lassen Sie mich das noch einmal ausdrücklich sagen — durch die Aufstockung der Kontingente und durch die Vermehrung der Zahl der Lastzüge im Werkfernverkehr sowie durch den dadurch bedingten Angebotsdruck, der die Bundesbahn gezwungen hat, ohne Rücksicht auf die Wirtschaftlichkeit mit Verkehrserhaltungstarifen zu arbeiten.
Herr Bundesverkehrsminister, Sie haben sich vorhin kurz zu der Tarifpolitik der Bundesbahn geäußert. Es ist mir, offen gestanden, nicht ganz verständlich, daß Sie im Bulletin von Tariferhöhungen sprechen, während sich die Deutsche Bundesbahn mitten in einer Tarifsenkungsaktion mit teilweise sehr erheblichen Ausmaßen befindet. Darin liegt mir auch hinsichtlich der Tarifpolitik doch ein wesentlicher Unterschied begründet.
Meine Damen und Herren, es zeigt sich für uns erneut, daß durch die von Ihnen betriebene Politik einer überstürzten Lockerung der Wettbewerbsregelung die Wirtschaftlichkeit der Verkehrsträger nicht gestärkt, sondern geschwächt wird und daß sie geschwächt in den europäischen Wettbewerbsmarkt hineingehen. Wenn man versuchen will, die Verhältnisse auf dem deutschen Verkehrsmarkt zu stabilisieren, dann ist nach unserer Auffassung die erste und wichtigste Voraussetzung dafür in der Sanierung der Deutschen Bundesbahn zu sehen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417215400
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Frage?

Dr. Paul Bleiß (SPD):
Rede ID: ID0417215500
Aber gern!

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417215600
Bitte, Herr Abgeordneter Müller-Hermann!

Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0417215700
Herr Kollege Dr. Bleiß, haben Sie die Ausführungen, die der Herr Bundesverkehrsminister gestern über das, was aus der gemeinsamen Verkehrspolitik auf uns zukommt, schon wieder vergessen?

Dr. Paul Bleiß (SPD):
Rede ID: ID0417215800
Herr Kollege Müller-Hermann, ich habe sie nicht vergessen; aber ich bin der Meinung, daß die heutige defizitäre Lage nicht durch Europa, sondern durch Ihre Politik verschuldet wurde.

(Beifall bei der SPD.)

Ich bin weiter der Meinung, daß es heute unsere Aufgabe ist, zunächst einmal für klare und vernünftige Verhältnisse zu sorgen und nicht immer nur — wie das Kaninchen auf die Schlange — auf Europa zu starren.




Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417215900
Herr Abgeordneter Bleiß, gestatten Sie eine weitere Frage?

Karl Heinz Lemmrich (CSU):
Rede ID: ID0417216000
Herr Dr. Bleiß, ist Ihnen bekannt — auch im Zusammenhang mit Europa —, daß z. B. die Tarife A bis E bei ,den niederländischen Bahnen um etwa 50 % niedriger gewesen sind als bei uns und daß bei allen Bahnen in der EWG in dieser Tarifgruppe die Tarife wesentlich niedriger sind als bei uns?

Dr. Paul Bleiß (SPD):
Rede ID: ID0417216100
Selbstverständlich, Herr Kollege Lemmrich, ist mir das bekannt. Ich pflege die Unterlagen immer sehr genau zu studieren. Ich möchte Ihnen .aber dazu sagen: gerade aus diesem Grund verlangen wir eben so schnell wie möglich eine Sanierung der Bundesbahn, damit wir eine ausgeglichene Rechnung 'bekommen. Das sind ja .gerade die Argumente, die uns immer wieder dazu bewegen, hier doch endlich einmal reinen Tisch zu machen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417216200
Wollen Sie noch eine Frage gestatten, Herr Bleiß?

Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0417216300
Herr Kollege Dr. Bleiß, sind Sie sich nicht auch darüber im klaren, daß angesichts der unausweichlichen Tatsache, daß die EWG-Verkehrspolitik einen wesentlich verstärkten Wettbewerb im Bereich des Verkehrs fordert und uns notwendigerweise abgerungen hat, sich auch unsere Verkehrswirtschaft rechtzeitig — wir haben das 1961 eingeleitet — auf diesen verstärkten Wettbewerb im Bereich der Verkehrspolitik vorzubereiten hatte?

Dr. Paul Bleiß (SPD):
Rede ID: ID0417216400
Herr Kollege Müller-Hermann, ich möchte Ihnen darauf antworten, daß uns die Wettbewerbslage in Europa bekannt ist. Uns kommt es aber gerade darauf an, zunächst einmal unsere Verkehrsträger gesund Zu machen, und zwar durch eine vernünftige Regelung des Zugangs zum Markt. Es kommt uns darauf an, den Wettbewerbsüberdruck im Markt zu beseitigen, damit wir eine Beruhigung auf dem Verkehrsmarkt erreichen.
Meine Herren Kollegen, lassen Sie mich abschließend noch auf einen Tatbestand zurückkommen, der während der Haushaltsdebatte nicht mehr völlig geklärt werden konnte. Herr Bundesverkehrsminister, Sie haben .sich während Ihrer Haushaltsrede darüber beklagt, ,daß Berichte nicht auf die Tagesordnung des Verkehrsausschusses gesetzt wurden, und hierbei den Brand-Bericht erwähnt. Im Interesse einer sachlichen Diskussion darf ich hierzu folgendes feststellen.
Der Bericht ist dem Ausschuß am 21. Juni 1960 überwiesen worden. In verschiedenen Sitzungen wurde der Bericht ausführlich beraten und am 21. Juni 1961 im Zusammenhang mit dem Sofortprogramm der Bundesregierung vom Plenum dieses Bundestages definitiv verabschiedet. Berichterstatter war seinerzeit der Kollege Dr. Hoeck. Eine erneute Zuweisung ,an .den Ausschuß ist nicht erfolgt.
Das zur Klarstellung. Ich treffe diese Klarstellung im Interesse einer sachlichen Ausschußarbeit, und ich treffe diese Klarstellung, um zu verhindern, daß halbe Wahrheiten durch die Briefe zur Verkehrspolitik verbreitet werden, halbe Wahrheiten, die manchmal ohne sachliche Prüfung auch von namhaften Tageszeitungen übernommen werden.

(Beifall bei der SPD.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417216500
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Rademacher.

Willy Max Rademacher (FDP):
Rede ID: ID0417216600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem letzten Diskussionsbeitrag — des verehrten Kollegen Dr. Bleiß — muß man sagen, es ist erstaunlich, was man alles aus einer Großen Anfrage machen kann. Die Überschrift heißt doch „Preissteigerungen im Berufsverkehr". Darauf hat der Herr Minister konkret geanwortet, und soweit ich zugehört habe, hat sich auch Herr Müller-Hermann an dieses Thema gehalten.

(Zurufe von der SPD.)

Herr Dr. Bleiß hat aus dieser Anfrage eine große Verkehrsdebatte entwickelt, wie wir sie schon bei der Beratung des Einzelplans 12 hatten.
Ich möchte damit nur darauf aufmerksam machen, wo wir hinkommen, wenn wir uns nicht selber diszipliniert verhalten und die vielen Anträge, die noch auf den Tischen liegen, Stück für Stück behandeln. Ich jedenfalls werde mich an das Thema der Großen Anfrage halten, das lautet „Preissteigerungen im Berufsverkehr".
Zu den Ziffern 1 und 2 dieser Anfrage möchte ich an die Herren der Opposition die Frage stellen: Wie haben sich die Kollegen der SPD bei der Behandlung der Anpassungshilfe für die Bundesbahn zur Rationalisierung im Personenverkehr im Haushaltsausschuß verhalten? Soweit ich unterrichtet bin, haben sie eingesehen, daß im Rahmen eines auf 63,9 Milliarden DM begrenzten Etats trotz der Berechtigung der in diese Richtung gehenden Wünsche leider nicht mehr zu machen war. — Bitte, Herr Seibert!

Philipp Seibert (SPD):
Rede ID: ID0417216700
Herr Kollege Rademacher, glauben Sie nicht auch, daß, wenn es so ist, wie Sie sagen, es mit das Ergebnis der falschen Deklaration im Haushaltsplan ist, wo ja „Anpassungshilfe" steht? Über die Höhe der Hilfe kann man reden. Aber wenn es sich um einen festen Abgeltungsbetrag handelt, der auf Grund einer Entscheidung im Jahre 1960 angefallen ist, ist es falsch, den Abgeltungsbetrag zu kürzen. Deswegen haben wir auch diese falsche Deklaration angegriffen. Ist Ihnen bekannt, Herr Kollege Rademacher, daß auch der Rechnungshof diese falsche Deklarierung bemängelt hat?

Willy Max Rademacher (FDP):
Rede ID: ID0417216800
Ja, aber es ändert leider nichts an der Tatsache, daß Sie sich im Haushaltsausschuß nicht mit aller Deutlichkeit dafür eingesetzt haben — wie es Ihrer Absicht entspräche —, daß eine Anpassungshilfe zum vollen Ausgleich der



Rademacher
Unterschiede zwischen Einnahmen und Ausgaben im Berufsverkehr vorgesehen wird.

(Abg. Dr. Müller-Hermann: Das ist der Unterschied zwischen Wunschdenken und Realität!)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417216900
Gestatten Sie noch eine Frage?

Willy Max Rademacher (FDP):
Rede ID: ID0417217000
Gern, wir haben ja so viel Zeit!

Dr. Paul Bleiß (SPD):
Rede ID: ID0417217100
Herr Kollege Rademacher, ist Ihnen nicht bekannt, daß der Bundesfinanzminister wiederholt erklärt hat, alle Anträge, die über das vorgesehene Volumen des Haushalts hinausgingen, würden von vornherein der Ablehnung verfallen?

Willy Max Rademacher (FDP):
Rede ID: ID0417217200
Ja, sicher, darauf habe ich ja hingewiesen. Aber ich glaube, dieser Auffassung des Bundesfinanzministers hat sich dann auch die Opposition im Haushalt gefügt, indem sie einsah, daß nichts anderes zu erreichen war. Ich will ja nur den Unterschied demonstrieren zwischen Ihrem Verhalten im Haushaltsausschuß und dem Inhalt der Ziffern 1 und 2 Ihrer vorliegenden Großen Anfrage.
Ziffer 3 Ihrer Anfrage lautet:
Will die Bundesregierung durch diese Kürzung die Deutsche Bundesbahn zwingen, Anträge zur Erhöhung der Fahrpreise im Berufsverkehr zu stellen, wie dies bereits angekündigt worden ist?
Obgleich der Herr Bundesverkehrsminister schon sehr deutlich darauf geantwortet hat, möchte ich dazu aus meiner Mitarbeit im Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn etwas sagen. Der 1. Präsident der Deutschen Bundesbahn hat in seinen allgemeinen Betrachtungen über die Lage der Bundesbahn gesagt — Herr Seibert weiß das ganz genau —, wenn man nicht einen Ausgleich über den Etat des Bundes finde, dann müsse man auch einmal überlegen, ob man nicht an die Berufsverkehrs- und Schülertarife herangehen müsse. Das war eine leise, vage Anregung. Ich glaube, daß man sich im Kreise des Vorstands der Deutschen Bundesbahn im Grunde genommen schon immer gedacht hat, daß es — insbesondere im Wahljahr — völlig ausgeschlossen sei, eine Anpassung zu erreichen. Infolgedessen wollen wir eigentlich dadurch die Bundesregierung nur zwingen, auf Kosten des Gesamtetats eine entsprechende Unterstützung vorzunehmen.
Meine Einstellung zu den Dingen kennen Sie. Ich habe sie beim Einzelplan 12 hier dargelegt und auf das Beispiel der berühmten Schülerkarte von 3 Mark im Jahre 1911 und von 3,80 DM im Jahre 1963 hingewiesen. Angesichts der gestiegenen Reallöhne ist also eine gewisse Erhöhung durchaus berechtigt. Aber das ist meine persönliche Auffassung. Sogar im Wahljahr müßte man solche Dinge ernstlich behandeln. So habe ich gesagt, und so ist es ja auch umfangreich durch die Presse gegangen.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Dehler.)

Aber jetzt möchte ich etwas ganz Politisches sagen, und zwar im Auftrag der Koalition. Sie wird natürlich — und dafür habe ich sogar Verständnis — nicht so dumm sein, diese Frage im Wahljahr in dem Sinne zu entscheiden,

(Lachen bei der SPD)

um Ihnen die notwendige Munition zu geben. Das können Sie von der Koalition nicht verlangen, obgleich ich persönlich der Meinung bin, man sollte auf Wahljahre keine Rücksicht nehmen. Aber das wollte ich hier einmal gesagt haben.

(Abg. Börner: Das wirft weitgehend ein Licht auf Wahrheit und Klarheit! — Zuruf rechts: Nehmen Sie denn auf Wahljahre keine Rücksicht?!)

– Aber meine Herren — ich bin ganz humorvoll veranlagt, besonders heute morgen —, was werden Sie denn machen, wenn Sie in der Verantwortung sind? Mehr brauche ich nicht zu sagen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417217300
Herr Abgeordneter Müller-Hermann wollte eine Zwischenfrage stellen.

Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0417217400
Herr Kollege Rademacher, würden Sie mir bitte darin zustimmen, daß Sie im Augenblick nur im Namen der FDP gesprochen haben, nicht im Namen der Koalition?

(Lachen bei der SPD.)


Willy Max Rademacher (FDP):
Rede ID: ID0417217500
Ich muß das leider auch wieder korrigieren. Herr Müller-Hermann, über diese Punkte habe ich nicht einmal im Namen der FDP gesprochen, sondern nur meine persönliche Meinung geäußert.

(Abg. Dr. Müller-Hermann: Sie haben aber soeben in dem Zusammenhang etwas von Koalition gesagt!)

— Ja, für die Koalition — das halte ich auch aufrecht — habe ich gesagt, daß es eine Riesendummheit wäre, wenn die Koalition heute sagte: Wir müssen jetzt — im Wahljahr — die Berufs- und Schülerfahrkartenpreise erhöhen.

(Beifall bei der SPD.) Das werden Sie doch nicht bestreiten.

Meine Damen und Herren, die Frage 4 ist leider auch etwas demagogisch gestellt, was ich außerordentlich bedaure. Glauben Sie denn wirklich, Herr Seibert, daß eine bestimmte Anhöhung — ich will jetzt nicht vom Schülerverkehr sprechen, sondern ich spreche vom Nahverkehr — überhaupt irgendwelche Auswirkungen auf die Preise hätte? Ich glaube das nicht. Das ist immer so eine billige Aussage, die ich Ihnen und denjenigen, die etwas Derartiges behaupten, nicht abnehme. Hat etwa die Ermäßigung der Gütertarife der höheren Klassen um 150 Millionen DM irgendeine Auswirkung auf die



Rademacher
Preise gehabt? Hat sie etwa bewirkt, daß die Preise heruntergegangen sind? Genauso wenig wird es bei einer Erhöhung der Frachttarife zu echten Preissteigerungen kommen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417217600
Eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Seibert!

Philipp Seibert (SPD):
Rede ID: ID0417217700
Herr Kollege Rademacher, haben Sie übersehen, daß wir unter Punkt 4 nicht von tatsächlichen, ,sondern von psychologischen Auswirkungen sprechen? Die psychologische Auswirkung ist manchmal gerade der Ansatz, den wir verhindern wollen.

Willy Max Rademacher (FDP):
Rede ID: ID0417217800
Ja, aber psychologische Auswirkungen können doch immer nur eine praktische Bedeutung haben, wenn ihnen praktische Auswirkungen folgen.

(Zurufe von der SPD.)

Lassen Sie mich noch einmal auf die Frage der Tarife ganz allgemein eingehen. Die deutsche Wirtschaft behauptet immer wieder: Man muß in erster Linie an die Gütertarife herangehen und die defizitären Personentarife völlig außer acht lassen. Ich meine, daß die verladende Wirtschaft ein Recht hat, so etwas zu sagen. Man kann auf die Dauer an den Personentarifen aller Art nicht vorbeigehen.
Ich bin fest überzeugt, daß wir uns, wenn die Wahlen vorbei sind, sehr ernsthaft mit dieser Angelegenheit werden beschäftigen müssen, und ich finde es sehr gut, daß hier darauf hingewiesen worden ist, daß man sich in den Kommunalbetrieben, ganz gleich wer in den Kommunen regiert — sei es CDU mit FDP oder SPD mit FDP —, um diese Dinge nicht kümmert. Dort hat man das gemacht, was man von der Bundesbahn immer fordert und dessen Unterlassung man ihr vorwirft: kaufmännisch zu denken und zu handeln. Da werden keine Bedenken geäußert.
Aber vielleicht kann man in der Zukunft noch einmal die Frage ventilieren: Warum gibt es eigentlich nur eine Begünstigung der Doppelkilometer von 50 Pf beim Autoverkehr? Könnte man sich nicht einmal gemeinsam eingehend überlegen, ob der Bundesfinanzminister aus Gründen der Gleichheit und zur Entlastung dem Arbeitnehmer diese Erleichterungen nicht gerade beim Berufsnahverkehr und dem Schüler im Schülerverkehr geben sollte? Wenn wir das erreicht haben, werden Sie, meine Herren, wahrscheinlich auch geneigter sein, den völlig unter Selbstkosten liegenden Tarifen im Berufs- und Schülerverkehr eine vernünftige und sachliche Betrachtung zu schenken mit dem Ziel, auch hier einen Ausgleich zu den gewachsenen Reallöhnen herbeizuführen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, Sie werden mir bestätigen, daß ich mich genau an die Große Anfrage gehalten habe.

(Abg. Dr. Bleiß: Die einzige Ausnahme bisher! — Abg. Schmitt-Vockenhausen: Also Auskunft nach den Wahlen! — Abg. Rademacher: Ja!)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417217900
Herr Abgeordneter Seifriz will jetzt den Antrag unter Punkt 12 b begründen. — Einen Augenblick! Herr Minister, wollen Sie zuerst sprechen?

(Bundesverkehrsminister Dr.-Ing. Seebohm: Herr Präsident, die Aussprache bezieht sich jetzt nur auf den Punkt a, die Große Anfrage. Ich wollte mir erlauben, in dieser Sache noch einmal das Wort zu nehmen!)

— Bitte sehr! Das Wort hat der Herr Bundesminister für Verkehr.

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417218000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, richtig verstanden zu haben, daß wir nun sozusagen am Ende der Aussprache über die Antwort auf die Große Anfrage stehen. Herr Kollege Bleiß hat das Recht, zu erwarten, daß ich ihm noch einige Auskünfte zu den Fragen gebe, die er angeschnitten hat.
Ich darf folgendes bemerken. Herr Kollege Bleiß, Sie sprachen von der Notwendigkeit — von der auch die Bundesregierung durchdrungen ist —, für die Bundesbahn ein Programm vorzulegen. Ich möchte es nicht ein Sanierungsprogramm nennen; denn hier ergibt sich, was ich vorhin schon gesagt habe: daß man eben für bestimmte Teile des Bundesbahnbetriebs, insbesondere für die Personenverkehre, nicht in der Lage ist, von einer Sanierung zu sprechen. Man kann nur von einem Verlustausgleich durch Haushaltsmittel reden. Man muß sich natürlich überlegen, in welcher Form das geschehen soll. Bisher sind die Verluste der Bundesbahn regelmäßig durch den Bundeshaushalt übernommen worden, und zwar in der Folge, wie ich es schon bei der Haushaltsdebatte dargelegt habe: nach Vortrag der vom Bundesrechnungshof genehmigten Abschlüsse und mit Vorfinanzierung durch entsprechende Darlehen. Das wird in diesem Jahr genauso geschehen, wie es im Bundeshaushalt 1965 ja auch vorgesehen ist. Es ist auch im vorigen Jahr geschehen, daß diese Verluste, nachdem sie im Laufe der Jahre zunächst einmal von dem Unternehmen selbst vorfinanziert werden mußten, zum Abschluß des Jahres oder zu Beginn des neuen Jahres in dieser Weise übernommen wurden und so zum Ausgleich kamen, daß die Liquidität der Bundesbahn nicht erschüttert wurde.
Ich darf noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, Herr Kollege Bleiß, daß ich es nicht in der Öffentlichkeit stehenlassen kann, wenn Sie davon sprachen, daß der Verlust durch Anleihen finanziert werde. Dabei ist natürlich ,die Frage, was man unter Anleihen versteht. Man kann den Begriff sehr weit ziehen. Ein solches Wort könnte leicht dahin verstanden werden, daß die Bundesbahn Anleihen in der Öffentlichkeit auflegt, um ihre Verluste zu finanzieren. Das ist nicht der Fall.
Ich habe schon kürzlich darauf hingewiesen, daß es nicht möglich ist, eine solche Methode anzuwenden, durch Anleihen die entstehenden Einnahmeminderungen auszugleichen. Wir können Anleihen der Bundesbahn der Öffentlichkeit nur vorlegen, wenn diese davon überzeugt sein darf, daß sich jeder



Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm
Pfennig der Anleihen in erfolgswirksamen Investitionen niederschlägt. Das können Sie jederzeit in den Wirtschaftsplänen und in den Abrechnungen der Bundesbahn feststellen. Herr Kollege Seibert als Vizepräsident des Verwaltungsrates kann Ihnen das ja im einzelnen bis in die Nuancen erläutern; er kann Ihnen auch sagen, was darüber im Verwaltungsrat der Bundesbahn gesprochen worden isst.
Ich möchte ausdrücklich feststellen: eine Finanzierung von Verlusten der Bundesbahn durch Anleihen — auch eine Vorfinanzierung — erfolgt nicht. Die Anleihen, die öffentlich aufgelegt werden, werden für erfolgwirksame Investitionen benötigt. Es ist gerade unser Elend in diesem Jahr, daß wir wegen der Schwierigkeiten auf dem Anleihemarkt in besonderer Sorge sind — ich habe das auch das letzte Mal schon dargelegt —, wie wir den Anleihebetrag aufbringen können, der für die Investitionen notwendig ist, und wie wir entsprechende Möglichkeiten des Anleihemarktes ausnutzen können.
Sie haben genauso wie wir beklagt, daß die Bundesbahn Investitionskürzungen vornehmen mußte. Das liegt natürlich auch daran, daß der Anleihemarkt diese Möglichkeiten zur Finanzierung der Investitionen in diesem Jahr nur in bescheidenerem Maße bietet; hoffentlich bietet er sie aber so weit, daß wir wenigstens das vorhandene Programm auszunutzen vermögen. Es geht der Bundesbahn nicht anders als irgendeinem anderen Unternehmen, das sich fremdfinanzieren muß; und das ist doch bei den meisten unserer Großunternehmungen der Fall. Bei wachsenden Anforderungen hat die Eigenkapitalbildung nicht den Umsätzen folgen können. Deshalb müssen die Investitionen der Großunternehmungen, zu denen auch die Bundesbahn gehört, über den Anleiheweg erfolgen. Bei Beschreiten des Anleiheweges muß man natürlich sorgfältig vorgehen. Es darf nicht eine übermäßige Verschuldung eintreten. Deswegen hat die Bundesregierung sich bereit erklärt, der Bundesbahn eine Verstärkung ihres Eigenkapitals dadurch zu ermöglichen, daß sie in den letzten Jahren jedes Jahr eine Anleihe von 500 Millionen DM sozusagen durch die Bundesbahn hat begeben lassen, daß sie aber die Amortisation und Verzinsung übernommen hat, so daß der Anleihebetrag dem Eigenkapital der Bundesbahn zuwächst.
Nun möchte ich aber noch folgendes zu Ihren Bemerkungen sagen. Wir haben die Bundesbahn als Unternehmen durch die Gesetze von 1961 mindestens bezüglich ihres Güterverkehrs in den Wettbewerb gestellt. Herr Kollege Müller-Hermann hat mit Recht gesagt, daß wir damit einen Weg beschritten haben, der uns nach Annahme der Römischen Verträge durch dieses Hohe Haus gar nicht erspart blieb. Wir wußten, daß wir in die gemeinsame Verkehrspolitik hineinwachsen müssen, aber dennoch keinen Absturz erleben dürfen. So mußten wir versuchen, eine wenn auch unangenehme Entwicklung wenigstens schrittweise zu vollziehen und zu erleichtern. Da ist es natürlich, daß ein solches Unternehmen als Auftraggeber für die übrige Wirtschaft nicht mehr in dem Maße ein Stabilisierungsfaktor sein kann, wie es die Bundesbahn bisher und früher die Reichsbahn gewesen ist. Jedes Unternehmen muß sich auch bezüglich der Investitionen nach seiner Ertragslage richten.
Die Investitionen der Bundesbahn konnten dank der Hilfe der Bundesregierung in den letzten ,12 Jahren von 500 Millionen DM im Jahre auf 3 Milliarden DM gesteigert werden; sie konnten also versechsfacht werden. Dabei verzeichnen wir auch dankbar eine Hilfe der Länder. Selbstverständlich ist hier — wie auch bei anderen Unternehmen — eine gewisse Schwankung in der Höhe der Investitionen gegeben. Wenn dann in einem Jahr diese Investitionen etwas reduziert werden müssen, so erinnert das vielleicht die Unternehmensleitung auch daran, daß sie sich bei der Art ihrer Investitionen in dem Rahmen halten soll, den die alte Reichsbahn in ihrer Bescheidenheit gehabt hat. Wenn ich heute manchmal die neuen Bahnhöfe und Gebäude sehe, habe ich das Gefühl, daß diese Methoden und Prinzipien, die früher die alte Reichsbahn gehabt hat, im Zuge einer neuen Entwicklung und einer architektonischen Großgestaltung, wie man sie sonst überall sieht, etwas übertrieben werden.

(Abg. Börner: Meinen Sie Braunschweig, Herr Minister?)

— Ich meine nicht nur Braunschweig, sondern ich meine auch Essen und verschiedenes andere, Herr Kollege Börner; vielleicht auch Kassel.

(Abg. Börner: Das können Sie nicht meinen!)

— Aber verzeihen Sie, wenn wir mal berechnen, was wir dort früher für einen Raumbedarf hatten und was wir heute für einen Raumbedarf 'haben, dann kommt da schon manches heraus. Wir untereinander, Herr Kollege Börner, können wohl das eine feststellen: wenn sich alle Behörden bezüglich ihres Raumbedarfs so beschränkten wie die Abgeordneten dieses Hohen Hauses, würden wir zu ganz anderen Ausgaben und ganz anderen Abmessungen der Gebäude kommen, wie sie überall dastehen.

(Beifall.)

Diese Programme für die Bundesbahn werden sehr ernsthaft behandelt. Ich muß Ihnen, Herr Kollege Bleiß, sagen, daß gerade der Herr Bundeskanzler sich dieser Sache persönlich sehr angenommen hat. Wir haben schon im November eine Sitzung des Wirtschaftskabinetts unter seinem Vorsitz gehabt, die über sechs Stunden gedauert hat und in der wir die Grundlagen für dieses Programm durchgesprochen haben. Auf seine Veranlassung hat im Januar eine weitere Sitzung im Bundeskanzleramt stattgefunden, die die Grundlage für die jetzt vorliegende Kabinettsvorlage erbracht hat. Wenn es noch nicht möglich war, sie zu verabschieden, so liegt das daran, daß gewisse Differenzen in den Auffassungen, insbesondere seitens des Wirtschaftsministeriums, noch nicht voll ausgebügelt werden konnten. Infolgedessen bin ich leider nicht in der Lage — ich bedauere das sehr, denn ich hatte es darauf abgestellt —, Ihnen schon heute darüber Endgültiges zu berichten. Aber das ist in der Sache noch nicht eine solche Panne, Herr Kollege Bleiß. Denn der Herr Bundesminister der Finanzen hat mit Recht gesagt: „Ich muß zunächst einmal den Haushalt 1965 verabschiedet haben, ich muß außerdem in diesem



Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm
Haushalt die Möglichkeit schaffen, daß die Liquidität der Bundesbahn in diesem Jahr erhalten bleibt, und die Frage, wie man im Zuge des Programms der Normalisierung der Konten die Bundesbahn in der Zukunft behandelt, ist eine Aufgabe für die Aufstellung des Haushalts 1966."
Sie haben mit Recht darauf hingewiesen, daß wir durch die Steigerung der Defizite bei der Bundesbahn etwas überrascht wurden. Aber diese Defizite liegen einmal u. a. in gewissen Strukturänderungen der Wirtschaft begründet. Ich will nicht wiederholen, was ich bereits bei der zweiten Lesung des Haushalts gesagt habe: Energie, Kohle, Öl, Erzzufuhr und was damit zusammenhängt. Gerade die Massengutverkehrsträger sind von dieser Umstrukturierung der Wirtschaft natürlich besonders betroffen. Sie liegen weiterhin auch in gewissen technischen Umstrukturierungen begründet. Der Einfluß des Lastkraftwagens ist unabhängig von der Steigerung — in Prozenten des gesamten Transportvolumens — laufend von Jahr zu Jahr gestiegen, wie Sie wissen, und er wird auch im europäischen Raum zweifellos weiter steigen.
Aber wenn Sie meinen, daß der Verlust, der im letzten Jahr besonders hoch geworden ist und in diesem Jahr noch höher ansteigt, etwa darauf zurückzuführen sei, daß die Werkfernverkehrsteuer im vorigen Jahr erlassen wurde, oder darauf, daß eine gewisse Erhöhung der Konzessionen eintrat, dann muß ich Ihnen sagen: das 'können Sie nur zu einem sehr geringen Teil auf dieses Konto verrechnen. Im wesentlichen sind es die von mir in ihrer Berechtigung durchaus nicht bestrittenen Erhöhungen der Ausgaben für Löhne und Gehälter, also für die Versorgung unserer Mitarbeiter. Wegen ihrer Arbeit, die oftmals schwieriger ist und größere Opfer von ihnen verlangt, als sie von anderen Arbeitern verlangt werden, müssen sie unter allen Umständen mit den übrigen Bundesbediensteten gleichgestellt werden. Ich habe das immer vertreten, genauso wie ich es vertreten habe, daß es unmöglich ist, gerade innerhalb der Bundesbahn die Betriebstreue, die unsere Leute gegenüber ihrem Unternehmen aufbringen, nicht mit der gleichen Treueverpflichtung des Staates zu belohnen und infolgedessen dafür zu sorgen, daß ein Eisenbahner seinen Arbeitsplatz und seine Aufstiegsmöglichkeiten nicht verliert. Es soll vielmehr höchstens einmal, wenn er nach langjährigem Dienst in Pension geht, die durch seinen natürlichen Abgang entstehende Lücke nicht wieder besetzt werden, wenn die Lücke inzwischen durch technische Maßnahmen ausgeglichen werden konnte.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417218100
Herr Abgeordneter Brück möchte eine Zwischenfrage stellen.

Valentin Brück (CDU):
Rede ID: ID0417218200
Herr Bundesminister, da Sie im Augenblick über die sozialen Belange der Bediensteten .gesprochen haben, möchte ich Sie an dieser Stelle fragen, ob Sie in den kommenden Wochen und Monaten, wo Verhandlungen über ein großes Anliegen der bei der Bundesbahn Beschäftigten einsetzen — nämlich Verbesserung der Stellenplanverhältnisse —, Ihre 'ganze Kraft dafür einsetzen werden, daß noch in diesem Jahr eine wirksame Verbesserung eintritt?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417218300
Herr Kollege Brück, ich darf Ihnen auf diese Frage antworten, daß mir die Verbesserung der Stellenpläne bei der Bundesbahn in all diesen Jahren sehr am Herzen gelegen hat und daß es für mich eine große Freude und Genugtuung wäre, wenn ich erreichen könnte, daß auch diese berechtigten Wünsche erfüllt werden. Ich werde mich dafür mit allen Nachdruck einsetzen. Naturgemäß liegt aber die Entscheidung in diesen Fragen nicht bei mir allein, und auch diejenigen, die die Erfüllung dieser Wünsche vielleicht versagen könnten, würden das nicht deshalb tun, weil sie sie versagen möchten, vielmehr deshalb, weil es ihnen vielleicht zur Erfüllung dieser Dinge an gewissen Voraussetzungen fehlen könnte. Seien Sie aber überzeugt, ich werde mich wie bisher — das wissen auch die Bundesbahner sehr genau — für eine weitere Verbesserung der Stellenpläne einsetzen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417218400
Herr Abgeordneter Müller-Hermann möchte eine Frage stellen.

Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0417218500
Herr Bundesverkehrsminister, darf ich Ihre Ausführungen so verstehen, daß Personaleinsparungen, wo immer sie sich bei der Bundesbahn als zweckmäßig oder richtig erweisen sollten, nur im Zuge eines natürlichen Abgangs und unter Vermeidung sozialer Härten vor sich gehen werden?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417218600
Ja.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich kann diese Frage so beantworten. Wir haben dass immer so gehalten, wir werden das auch in Zukunft so halten. Bei einem Personalkörper von 470 000 Menschen ist der natürliche Abgang so groß, daß sich dies durchaus in Einklang bringen läßt mit den Einsparungen, die die Rationalisierung ermöglicht. Ich möchte sogar so weit gehen, zu sagen: Wir können gar nicht so viel rationalisieren, daß wir den gesamten natürlichen Abgang in jedem Jahr ausgleichen. Auf der anderen Seite bedeutet das wieder, daß durch Einstellung von jungen Leuten auch für einen geeigneten Altersaufbau der verbleibenden Belegschaft in genügender Weise gesorgt werden kann. Man kann also diese Dinge durchaus gut auspendeln, ohne daß irgend jemand, der nicht vielleicht aus Familiengründen ausscheiden will, genötigt wäre, aus der Bundesbahn auszuscheiden. Was naturgemäß — das habe ich auch immer gesagt — nicht gesichert werden kann, ist, daß jeder Mitarbeiter für alle Zeiten an dem gleichen Ort und dem gleichen Arbeitsplatz bleibt. Gerade aber, weil wir diese großen Aufstiegsmöglichkeiten in der Bundesbahn bieten, muß man eben als Ausgleich dafür die Ortsveränderung in Kauf nehmen.




Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417218700
Herr Abgeordneter Seibert möchte eine Zwischenfrage stellen.

Philipp Seibert (SPD):
Rede ID: ID0417218800
Herr Minister, ich möchte die von Ihnen verbreitete soziale Atmosphäre ausnutzen und Sie fragen: Sind Sie auch bereit, die Bestrebungen der Eisenbahner hinsichtlich der Arbeitszeitverkürzung künftig positiv zu unterstützen?

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417218900
Herr Kollege Seibert, das ist eine ganz generelle Frage; ich kann sie nicht für die Eisenbahner allein beantworten. Ich habe Ihnen aber schon immer gesagt, daß ich danach strebe, wenn die Gesamtwirtschaft es erlaubt, uns auf die Fünftagewoche zu konzentrieren. Die Konzentration auf die Fünftagewoche ist etwas, was uns in der Bundesbahn viel Beschwer macht, weil wir nämlich immer noch weitgehend die Sechstagewoche haben. Über diesen Weg sollten wir auch den Bundesbahnern die Möglichkeit geben, in gleicher Weise Freizeit zu haben wie die anderen. Ich spreche hier nicht von Arbeitszeitverkürzung, ich spreche von Freizeit, und ich hoffe, daß Sie das richtig verstehen. Es ist andererseits notwendig, einmal zu unseren französischen Nachbarn hinüberzuschauen und zu fragen, wie es denn dort ist. Wir wollen doch im Rahmen der EWG zu einheitlichen Arbeitsbedingungen in den Verkehrsbetrieben kommen. Wir sind da manchen anderen Eisenbahnverwaltungen glücklicherweise schon voraus.

(Abg. Seibert: Darf ich widersprechen?)

Aus der Tatsache, daß wir ihnen voraus sind, Herr Kollege Seibert, sehen Sie ja auch, daß der Bundesverkehrsminister dabei zumindest nicht an der Bremse gesessen hat.

(Abg. Brück: Sondern auf der Lokomotive!)

Ich will die Debatte angesichts der vielen Fragen, die jetzt schon gestellt sind, nicht weiter aufhalten. Ich möchte nur etwas zu dem sagen, was Herr Kollege Bleiß über den Brand-Bericht ausgeführt hat. Es tut mir leid, es tun zu müssen, Herr Kollege Bleiß, aber ich muß Sie korrigieren. Mir liegt die Drucksache 840 aus der 4. Wahlperiode vor. Dort heißt es:
Der dritte Deutsche Bundestag hat in seiner 165. Sitzung am 29. Juni 1961 beschlossen, die Bundesregierung zu ersuchen, den Bericht der Prüfungskommission für die Deutsche Bundesbahn unter Berücksichtigung der neuesten wirtschaftlichen Ergebnisse der Deutschen Bundesbahn dem Deutschen Bundestag in der kommenden Wahlperiode
— also in unserer —
erneut vorzulegen.
In der Anlage überreiche ich nunmehr dem Hohen Hause
— unter dem Datum des 12. Dezember 1962 —
a) den Bericht der Prüfungskommission für die Deutsche Bundesbahn vom 30. Januar 1960 — Drucksache 1602 der 3. Wahlperiode — ,
b) die Stellungnahme der Bundesregierung zu diesem Bericht ...,
c) die neuesten Wirtschaftsergebnisse der Deutschen Bundesbahn und ein Verzeichnis der Aufstellungen und Tabellen hierzu (Anlage III).
Das war das, war wir neulich, wie ich meinte, im Verkehrsausschuß noch nicht besprochen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417219000
Herr Abgeordneter Bleiß hat das Wort.

Dr. Paul Bleiß (SPD):
Rede ID: ID0417219100
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu zwei Fragen Stellung nehmen. Die erste Frage betrifft die Finanzierung der Bundesbahn. Hierzu möchte ich drei Aspekte herausstellen.
Das erste, was wir, glaube ich, zu berücksichtigen haben, ist doch, daß — wenn ich recht unterrichtet bin — der Verlust des Jahres 1964 in einer Höhe von 1 Milliarde DM bisher von der Bundesbahn ohne eine entsprechende Hilfe des Bundes getragen wurde. Das zweite, was wir zu berücksichtigen haben und was uns große Sorgen bereitet, ist, daß wir auch heute noch einen finanziell noch nicht abgedeckten Verlustbetrag von 600 Millionen DM des Betriebsverlustes 1965 bei der Bundesbahn haben. Uns fehlt dafür noch der Deckungsvorschlag. Er ist im Haushalt nicht enthalten. Wenn Sie eine Erklärung abgeben, daß uns ein Deckungsvorschlag zugeleitet wird, werden wir darüber debattieren.
Das dritte aber, was uns mit großer Sorge erfüllt, ist der Turmbau der Fremdverschuldung der Bundesbahn. Ich habe das letztemal den Herrn Bundesfinanzminister gefragt, wieweit er diesen Turmbau der Verschuldung der Bundesbahn noch aufzustocken gedenkt und wie hoch nach seiner Meinung die finanzielle Belastbarkeit der Bundesbahn überhaupt ist. Die Bundesbahn hat heute schon eine Zinslast von nahezu 700 Millionen DM zu tragen. Ich habe früher darauf hingewiesen, daß die Zinsen mehr als 11% aller Frachteinnahmen der Bundesbahn ausmachen. Meine Frage an Sie lautet: wie weit soll das mit der Verschuldung gehen? Wenn wir uns im Rahmen des Gesundungsprogramms oder, sagen wir, des Zuschuß- oder Verlustausgleichsprogramms ausführlich darüber unterhalten können, bin ich bereit, diese Frage bis dahin zurückzustellen.
Lassen Sie mich zu dem Brand-Bericht noch folgendes sagen. Als Ausschußvorsitzender kann ich im Ausschuß nur Berichte offiziell auf die Tagesordnung setzen, die mir von den Herren Präsidenten des Bundestages überwiesen worden sind. Dieser erste Bericht war überwiesen worden; das ist auch ordnungsgemäß erfolgt. Wir haben den Bericht abschließend in seiner gesamten Problematik behandelt. Seitdem hat sich innerhalb der Brand-Kommission und im Zusammenhang mit dieser Problematik kein neuer Tatbestand ergeben. Die Drucksache IV/840 ist dem Bundestag generell zur Kenntnis



Dr. Bleiß
gebracht worden, ohne daß eine spezielle Überweisung an den Ausschuß erfolgt ist.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Damit bestand auch keine Möglichkeit, ihn in der Beratung besonders zu berücksichtigen. Jedem Mitglied des Ausschusses ist es unbenommen, einen solchen Bericht mit seinem Tatsachenmaterial in einer allgemeinen Aussprache zur Debatte zu stellen; aber wir können doch einen Bericht im Ausschuß nicht zweimal offiziell verabschieden.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Müller-Hermann: Sie haben ihn aber doch gestern auf die Tagesordnung gesetzt!)

— Im Zusammenhang mit den anderen Dingen als Material.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417219200
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Verkehr.

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417219300
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Bleiß, auf der gestrigen Tagesordnung des Verkehrsausschusses hat ja der Brand-Bericht gestanden. Ich bin also jetzt wirklich nicht gern bereit, mich mit Ihnen über diese Finessen der Überweisungen des Bundestages auseinanderzusetzen. Die Bundesregierung kann nur einen Bericht vorlegen. Ob der Bundestag diesen Bericht dann nur zur Kenntnis nimmt oder ihn dem Ausschuß zur Beratung überweist, ist selbstverständlich dem Bundestag überlassen. Aber Sie hatten auf der Tagesordnung der gestrigen Sitzung unseres Verkehrsausschusses den Brand-Bericht stehen, und infolgedessen haben Sie sich auch darüber unterhalten. Sie haben ja selbst den Vorstand der Bundesbahn darüber gehört, was nun alles aus diesem Brand-Bericht ausgeführt sei oder nicht. Infolgedessen haben wir den Brand-Bericht doch im Ausschuß behandelt, gestern erst und nicht vor der Sitzung, die wir das letzte Mal hatten.
Dann möchte ich noch eines bemerken. Die Fremdverschuldung der Bundesbahn ist natürlich sehr hoch, und die Zinslasten machen uns natürlich auch Sorge. Wenn Sie aber die Fremdverschuldung einmal im Vergleich zu der anderer großer Industrieunternehmen und im Verhältnis zum Eigenkapital sehen, so stellen Sie fest, daß hier mindestens noch ein durchaus vernünftiges Verhältnis besteht, zumal wenn Sie sich gleichzeitig mit der Konsolidierung dieser Fremdverschuldung beschäftigen. Ich möchte wissen, welches andere große Unternehmen seine Fremdschulden so gut konsolidiert hat wie die Bundesbahn.
Nachdem Sie schließlich die Frage der Deckung des Verlustes des vorigen Jahres angeschnitten haben, darf ich nochmals darauf hinweisen — damit das klar ist —, daß die Bundesregierung eine Deckung des Verlustes ja erst beschließen kann, wenn ihr der Abschluß, und zwar der vom Bundesrechnungshof geprüfte Abschluß, vorliegt. Der Abschluß für das vorige Jahr liegt uns überhaupt noch nicht vor, nicht einmal von der Bundesbahn, und ist noch nicht einmal vom Hauptprüfungsamt geprüft. Wie kann ich einen Verlust decken, dessen Abschluß ich noch gar nicht kenne? Das geschieht nirgends. Ich kann die Deckung aber vorfinanzieren. Darüber laufen die Verhandlungen mit dem Herrn Bundesminister der Finanzen, und ich hoffe, daß es gelingt, zu einem Ergebnis zu kommen.

(Abg. Dr. Bleiß: Um diese Vorfinanzierung geht es!)

— Ja, aber doch nicht um die Deckung des Verlustes. Ich habe ja vorhin dargelegt, daß wir in allen früheren Jahren — Sie wissen es doch genau — immer wieder nur zu einer Vorfinanzierung über Darlehen gekommen sind und daß dieses Problem uns natürlich beschäftigt. Sie haben von einer Lücke von 600 Millionen DM gesprochen, die sich im Laufe dieses Jahres ergibt. Schön; sie ist rechnerisch da. Ich sehe sie auch. Keinesfalls bin ich bereit, mir jetzt den Kopf darüber zu zerbrechen, wie ich bestimmte Leistungen des Bundes, die im vierten Quartal dieses Jahres notwendig sind, bereits jetzt vorausnehmen soll, wenn ich sie doch in der Eindeutigkeit wie sonst bei Haushaltsansätzen nicht zu übersehen vermag. Letzten Endes ist der Ablauf des Wirtschaftsplanes der Deutschen Bundesbahn sehr oft — in positiver und auch in negativer Richtung — überraschend gewesen, so daß man nicht vorher Mittel reservieren kann, die man unter Umständen hinterher gar nicht braucht. Beim Straßenbau ist das etwas anderes. Die Mittel, die da zur Verfügung gestellt werden, werden verbraucht; das wissen wir. Aber bei der Bundesbahn hoffen wir eben noch, daß es idem Ingenium des Vorstandes und den unterstützenden Leistungen unserer Mitarbeiter und auf Grund der Entwicklung der gesamten Wirtschaftslage gelingen wird, die Verhältnisse besser zu gestalten, als wir es heute befürchten müssen. In pectore bereiten wir uns aber natürlich darauf vor, diese Dinge zu überwinden; und wenn das soweit ist, werden wir gemeinsam darüber sprechen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417219400
Damit ist die Aussprache über die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Preissteigerungen im Berufsverkehr beendet.
Wir kommen zu Punkt 12 b betreffend Notstand auf den Straßen und im Straßenbau. Der Antrag der Fraktion der SPD (Drucksache IV/2517) wird von Herrn Abgeordneten Seifriz begründet. Ich gebe ihm das Wort.

Hans Stefan Seifriz (SPD):
Rede ID: ID0417219500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte 'ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen, die nicht dem Verkehrsausschuß angehören, sehr herzlich dafür bedanken, daß sie um diese Zeit noch so treu und tapfer hier mit uns zusammen aushalten.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wir bedanken uns bei Ihnen, wenn Sie es kurz machen!)

Erlauben Sie mir auch noch die zusätzliche Bemerkung, daß das vielleicht ein ganz zarter Hinweis in Richtung Ältestenrat .sein könnte, bei künftigen Überlegungen bei Ansetzung von Debatten, die sich mit den öffentlichen Verkehrsproblemen beschäfti-



Seifriz
gen, nicht immer dafür zu sorgen, daß die Verkehrsprobleme zu den ungünstigsten Zeiten, die dem Plenum zur Verfügung stehen, hier debattiert werden müssen.

(Zustimmung.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417219600
Herr Kollege, einmal beklagen sich die Bauern, ein andermal beklagen sich die Sozialpolitiker. Ich meine, wir können im Ältestenrat nur nach besten Möglichkeiten die Dinge ordnen.

Hans Stefan Seifriz (SPD):
Rede ID: ID0417219700
Recht schönen Dank, Herr Präsident! Ich nehme an, das nächstemal werden wir vielleicht mehr Glück haben.
Meine Damen und Herren, wir haben uns angesichts der fortgeschrittenen Zeit heute der notwendigen Kürze zu befleißigen. Das haben bisher fast alle getan, auch ich möchte mich daran halten.
Die Debatte über die Behebung der Verkehrsnot in den Großstädten und Gemeinden ist, wie Sie alle wissen, schon lange fällig. Der Bericht der Sachverständigenkommission liegt schon seit einigen Monaten vor. Wir hatten eigentlich .die Hoffnung, wir würden in einer Verkehrsdebatte wie der heutigen schon über die Schlußfolgerungen debattieren können, die die Regierung aus diesem Sachverständigengutachten gezogen hat, zumal wir doch wohl davon ausgehen können, daß das Sachverständigengutachten, mit suhr vielen guten Zahlen gespickt, weithin das bestätigt hat, was wir zum großen Teil alle wußten von den Relationen, von den Schwerpunkten dessen, was hier zu geschehen hat. Ich glaube, daß unsere Auffassungen darüber, was geschehen muß, gar nicht so weit auseinandergehen.
Aber in gut dreieinhalb Monaten wird der Bundesrag auseinandergehen mit der negativen Bilanz der unerledigten Gemeinschaftsaufgaben und damit auch der unerledigten Gemeinschaftsaufgabe „Regelung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden".

(Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. MüllerHermann: Wie kommen Sie 'zu dieser Feststellung?)

Wer wollte bestreiten, daß die Behebung der Verkehrsnot in den Großstädten und Gemeinden eine der bedeutendsten Gemeinschaftsaufgaben unserer Zeit ist! Daß wir heute feststellen können, daß diese Verkehrsnot besonders in vielen unserer deutschen Großstädte nicht zu einem unentwirrbaren Chaos ausgeartet ist, verdanken wir vorläufig allein der Tatsache, daß die Länder die von ihnen eingenommenen spezifischen Verkehrsabgaben so gut wie ausschließlich für den Straßenbau verwendet haben, während der Bund noch 50 % seiner Einnahmen aus der Mineralölsteuer zweckentfremdet.
Schließlich müssen wir mit Hochachtung anerkennen, daß die Gemeinden selber enorme Anstrengungen gemacht haben, um der Verkehrsmisere wenigstens einigermaßen Herr zu werden. Sie halben, glaube ich, gegeben, was sie konnten, obwohl der
Bund ihnen als den lebendigsten Zellen unseres demokratischen Staatswesens die wesentliche Hilfe einer gemeindefreundlichen Finanzreform auch in dieser Legislaturperiode wieder versagt hat.

(Abg. Jacobi [Köln] : Sehr richtig!)

Es wird also halt weitergewurstelt, selbst dann, wenn wir vielleicht in den nächsten Monaten noch einige Erleuchtungen von der Regierung zu hören bekommen werden, was alles an guten Dingen geschehen soll. Es ist ja nicht die erste Legislaturperiode, die von der CDU/CSU und FDP verantwortet wird. Sie haben schon einige Perioden mehr hinter sich, und die Misere auf den Straßen und der Notstand im Verkehr sind daher von Ihnen zu verantworten; denn die Entwicklung, die sich heute da abspielt, ist auch für Sie nicht überraschend gekommen.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. MüllerHermann: Dem verdanken wir zunächst einmal die Motorisierung!)

Daran ändern auch die „Scherenschnitte" des Herrn Bundesverkehrsministers nichts. Der Bau neuer Autobahnen hat gewiß gute Fortschritte gemacht. Wir sind gewiß die letzten, die das nicht anerkennen wollen. Aber dafür gleichen viele ältere Strecken eher Schüttelrosten, die unsere Bandscheiben quälen. Das ist ein Problem, das bis heute nicht gelöst ist.

(Abg. Brück: Kaufen Sie sich ein neues Auto! — Heiterkeit. — Abg. Dr. MüllerHermann: Öffentliche Verkehrsmittel benutzen!)

- Sie können ruhig meinen Wagen benutzen. Er ist aus einem hervorragenden Werk der deutschen Automobilindustrie. Ich glaube, daran liegt es nicht. Es liegt mehr an unseren Straßen.
Wichtige Teile von Autobahnen haben die Aufgabe von städtischen Nahverkehrsverbindungen übernommen, weil die Gemeinden und damit auch die Länder vielfach aus den geschilderten Gründen außerstande sind, das eigene Straßennetz genügend auszubauen. Das Ergebnis: Viele stadtnahe Autobahnen sind in den Verkehrsspitzenzeiten hoffnungslos verstopft. Ich will Ihnen hier keinen Katalog aller Nöte und Unzulänglichkeiten auf unseren Straßen geben. Jeder Verkehrsteilnehmer kann davon ein Lied singen.
Meine Damen und Herren, was Ihnen bevorstehen kann, sagt eine sachverständige Schätzung des ADAC, nach der im Jahre 1970 unser Straßennetz um 15% größer ist als 1961 — immer gemessen an dem, was zur Zeit geschieht —, der Verkehr aber um 80% angestiegen sein wird.
Wie sollen diese düsteren Aussichten in hoffnungsvolle Perspektiven umgewandelt werden angesichts der Tatsache, daß die Bundesregierung nach der drohenden Stillegung unseres Straßenbaus im Herbst 1964 nur auf Grund einer Initiative der SPD- Bundestagsfraktion und der dadurch ausgelösten öffentlichen Empörung über soviel regierungsamtliches Versagen die finanziellen Voraussetzungen



Seifriz
dafür schuf, daß überhaupt weitergebaut werden konnte?

(Beifall bei der SPD. — Abg. Lemmrich: Sie haben die Anregungen des Verkehrsministers aufgenommen! Das ist Ihre „Initiative" gewesen! Etwas ehrlicher, Herr Kollege Seifriz!)

Sie erinnern sich doch wohl noch an die Debatte, die wir im Sommer und im Herbst geführt haben.

(Abg. Lemmrich: Genau! Genau! Etwas ehrlicher! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU.)

— Ja, das bin ich auch. Meine Damen und Herren, Sie können es nachlesen. Auch unser Antrag Drucksache IV/2517 betreffend Notstand auf den Straßen und im Straßenbau vom 12. August 1964 war als Warnung zu verstehen. Er ist erledigt, nicht nur deshalb, weil der Haushalt, auf den er sich bezog, bereits verabschiedet ist, sondern auch deshalb, weil die Regierung und die Koalition in dieser Frage offensichtlich uneinsichtig bleiben.

(Zuruf von der CDU/CSU: Er hat das falsche Manuskript! — Abg. Dr. MüllerHermann: Herr Seifriz, Sie machen sich ja lächerlich!)

— Herr Müller-Hermann, wenn Sie sagen, daß ich mich lächerlich mache, möchte ich darauf aufmerksam machen, daß sich offenbar die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung lächerlich macht, die von diesen Tatbeständen ausgeht, von Tatbeständen, die wir nicht das erstemal kritisieren müssen, weil Sie nicht in der Lage waren, das Problem ernsthaft aufzugreifen.

(Beifall bei der SPD.)

Sie wollen doch nicht bestreiten, daß die Verkehrsenquete für Sie keine grundsätzlich neuen Erkenntnisse auf jeder Seite gebracht hat. Sie wollen doch nicht bestreiten, daß Sie für dieses Problem längst hätten Lösungen vorschlagen können. Sie wollen doch auch nicht bestreiten, daß die Finanzreform längst überfällig ist, eine Finanzreform, die die Voraussetzung ist, wenn man eine solche Gemeinschaftsaufgabe in der erforderlichen Größenordnung wirklich ernsthaft in Angriff nehmen will.

(Beifall bei der SPD. — Zuruf des Abg. Dr. Müller-Hermann.)

Auch die Sozialdemokraten, meine Damen und Herren, können kein Geld zaubern.

(Zurufe von der CDU/CSU: Aha!)

Aber auch der Herr Bundesfinanzminister kann nicht im Ernst bestreiten, daß die SPD ihr 1961 verkündetes Regierungsprogramm der Lösung von Gemeinschaftsaufgaben angesichts der richtig geschätzten Steuereinnahmen hätte mehr als erfüllen können, ohne eingegangene Bundesverpflichtigungen zu vernachlässigen. Sie können ja die Zahlen, die damals von uns kamen, mit denen vergleichen, die das Statistische Bundesamt oder die Bundesfinanzverwaltung dazu mitgeteilt hat, um festzustellen, ob ich recht habe oder nicht.

(Abg. Lemmrich: Fangen Sie doch mal an in den Ländern, wo Sie regieren!)

— Sie können sich darauf verlassen, Herr Lemmrich, daß unser Programm für die kommende Legislaturperiode finanziell ebenso gut abgesichert sein wird.

(Abg. Dr. Müller-Hermann: Kümmern Sie sich mal um den Straßenbau in Bremen!)

Das werden Sie noch vor dem Wahltag erfahren. — Wenn Sie von dem Straßenbau in Bremen sprechen, Herr Müller-Hermann: Sie wissen sehr genau, daß Bremen mit dem Neubau von Wohnungen an der Spitze im ganzen Bundesgebiet liegt. All diese Wohnbaugebiete haben die modernsten Straßen bekommen, die man diesem Viertel überhaupt nur geben kann.

(Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

Rechnen Sie doch einmal zusammen, was hier -an Straßenbauleistung allein von einer Stadtgemeinde geleistet wurde! Ich glaube, mancher andere könnte sich eine Scheibe davon abschneiden.

(Abg. Dr. Müller-Hermann: Die Zahlen gehen abwärts in Bremen, Herr Seifriz!)

— Darüber können wir uns in Bremen unterhalten.

(Abg. Dr. Müller-Hermann: Nein, darüber werden wir uns hier unterhalten!)

— Ja, natürlich, wir werden uns dann hier darüber unterhalten, wenn es darum geht, die Gemeinden bei ihren Aufgaben, mehr und bessere Straßen zu bauen, endlich so zu unterstützen, wie das erforderlich ist, damit sie ihre Aufgaben auch erfüllen können. Aber das wissen Sie im Grunde genommen selber gut genug.

(Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU.)

Unser Programm wird ein Versprechen enthalten, das wir erfüllen werden, das Versprechen, der Verkehrsnot in den Städten, Gemeinden und anderen Ballungszentren in Kooperation mit den Ländern und den Gemeinden energisch zu Leibe zu rücken. Wir haben in den Gemeinden und in den Ländern bisher bewiesen, daß wir im Rahmen der dort gegebenen Möglichkeiten an dieser großen Aufgabe arbeiten. Wir werden, wenn wir die Verantwortung im Bund mehr als bisher mittragen können, dafür sorgen, daß das, was von Ihnen bisher über Jahre in schönen Worten immer angekündigt wurde, dann endlich Wirklichkeit wird.

(Beifall bei der SPD.)

In einem solchen Programm, meine Damen und Herren, wird der Bau von U-Bahnen, von Unterpflasterbahnen und von Hochbahnen natürlich ein besonderes Schwergewicht bekommen müssen. Auch die Enquete-Kommission ist eindeutig zu der Feststellung gekommen, daß auch die Probleme der städtischen Verkehrsverhältnisse nicht anders zu lösen sind als durch einen stärkeren Ausbau der öffentlichen Nahverkehrswege. Darüber gibt es keinen Zweifel. Das bedeutet aber nicht etwa, daß wir die Initiative im reinen Straßenbau zu vernachlässigen hätten. Dabei denken wir vor allem auch an die Entflechtung wichtiger Innenstadtkreuzungen durch die zweite Ebene. Dabei denken wir an den



Seifriz
Bau von Hoch- und Tiefstraßen, die den Verkehr flüssiger machen sollen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das Denken allein genügt aber nicht, Herr Seifriz!)

Das sind Aufgaben, die solche finanziellen Größenordnungen haben, daß die Gemeindesteuern allein nicht ausreichen, um sie erfüllen zu können.
Auf gar keinen Fall denken wir dabei an die Verödung unserer Städte dadurch, daß wir etwa alle Autos in ihre Randzonen verbannen. Das pulsierende Leben in unseren Citys ist Voraussetzung dafür, daß uns die Städte als bedeutende gesellschaftliche, wirtschaftliche und geistige Kraftquellen der Nation erhalten bleiben. Meine Damen und Herren, das schließt natürlich, wenn wir das technisch sehen wollen, — —(Lebhafte Zurufe von der CDU/CSU.) - Wie bitte?

(Zuruf von der CDU/CSU: Doppelt, dreifach, möglichst alles vorgestern! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

— Meine Damen und Herren, Sie kennen viele der Patentlösungen, die uns heute angeboten werden und die davon ausgehen, daß man die Innenstädte einfach generell absperrt, Autos nicht mehr hinein-läßt und wo man meint, man macht eine ganze Innenstadt zur Fußgängerzone. Sie wissen alle, daß diese Probleme nicht nur bei uns, sondern auch im Ausland diskutiert werden. Sie wissen auch, daß beispielsweise in den Vereinigten Staaten ein wichtiges Problem ist, daß die Städte infolge einer falschen Verkehrspolitik zu veröden drohen. Ich glaube, es ist ernst genug, so daß also auch wir uns damit zu beschäftigen haben.
Wir treten für ein Sofortprogramm ein, das der dringendsten, der allerdringendsten Verkehrsnöte Herr werden soll, und für ein längerfristiges Programm zur Behebung der Verkehrsnöte der Gemeinden. Für ein Sofortprogramm liegen mir aus 14 deutschen Großstädten mit jeweils über 300 000 Einwohnern neueste Zahlen vor, wonach für dringende bis spätestens Ende 1965 baureife Verkehrsprojekte rund 5 Milliarden DM aufgebracht werden müßten. Das sind nur die Baukosten für die allerdringendsten Projekte, die das alsbaldige Verkehrschaos in diesen 14 größten Städten verhindern sollen. Ganz anders — Herr Müller-Hermann hat wohl schon darauf hingewiesen — sieht die finanzielle Größenordnung für den Verkehrsausbau in der Bundesrepublik insgesamt aus. Die Sachverständigenkommission kommt auf einen Betrag von nahezu 100 Milliarden DM allein bis zum Jahre 1975. Ich meine, vor solchen Anforderungen dürfen wir nicht den Kopf in den Sand stecken. Wir müssen vielmehr das Nötige und Mögliche tun. Dazu gehört — das habe ich schon angeführt — die beschleunigte Inangriffnahme der Finanzreform und die stufenweise Überführung aller spezifischen Verkehrsabgaben in einen Straßenbaufonds, wie wir ihn beharrlich seit Jahren fordern. Es hat schon mehrere Vorlagen der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion dazu gegeben, die Sie bisher jedesmal abgelehnt haben. Ein solcher Fonds ermöglicht die zweckmäßige Verteilung der Mittel aus Bund, Ländern und Gemeinden, ermöglicht aber zudem auch die Bildung einer Schwerpunktreserve für besonders vordringliche und aufwendige Verkehrsbauten.

(Abg. Dr. Müller-Hermann: Kennen Sie auch die verfassungsrechtlichen Schwierigkeiten?)

Er macht außerdem eine den besonderen Verhältnissen im Verkehrsraum entsprechende Finanzierungspolitik möglich, zu der wir unsere eigenen Vorstellungen entwickeln. Dabei sind wir ganz besonders froh darüber, daß Herr Müller-Hermann kürzlich auf einer Veranstaltung des Deutschen Städtetages ebenfalls so etwas wie eine Schwerpunktreserve aus einem solchen Fonds gefordert und damit unsere langjährigen Vorstellungen übernommen hat.

(Zuruf des Abg. Dr. Müller-Hermann.)

Ich glaube, das sind die Perspektiven einer vorausschauenden Verkehrspolitik, einer vorausschauenden Verkehrspolitik, von der, meine Damen und Herren, zu sagen ist, daß auch in anderen Fraktionen viele in diesem Hause durchaus wissen, was geschehen muß. Unser Angriff gegen Sie besagt nicht mehr und nicht weniger als die Tatsache, daß die wesentlichen Tatbestände dessen, was wir heute auf unseren Straßen erleben, Ihnen seit Jahren bekannt sind und daß Sie bisher nicht in der Lage waren und auch nicht die genügenden Ansätze dazu gemacht haben, mit diesen Problemen fertig zu werden. Die Verkehrsnot ist für uns kein unabwendbares Naturereignis, aber ihre Überwindung erfordert Willen und Können. Die guten Dienste vieler sachverständiger Helfer sind längst angeboten. Der Städtetag, der Gemeindetag, der Landkreistag, die Automobilklubs, Presse, Funk und Fernsehen und viele andere wollen mittun. Vor allem ist es die Sachverständigenkommission, der wir für ihre wertvolle Unterstützung der Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden unseren herzlichen Dank abzustatten haben. Ihr Bericht bestätigt im wesentlichen unsere eigenen Erkenntnisse auf unseren sozialdemokratischen Verkehrskongressen, auf denen jedesmal die Fachleute zusammen mit den Politikern die Verkehrsprobleme behandelten, so daß diese mit klaren Vorstellungen antreten können, wenn, was wir zuversichtlich hoffen, der Wähler uns im Herbst die Gelegenheit gibt.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417219800
Herr Abgeordneter Ramms möchte noch eine Frage an Sie stellen.

Hans Stefan Seifriz (SPD):
Rede ID: ID0417219900
Bitte schön, Herr Ramms!

Egon Wilhelm Theodor Ramms (FDP):
Rede ID: ID0417220000
Herr Kollege, sind Sie wirklich innerlich der Überzeugung, daß der Bau von Straßen mit dem Bau von Automobilen — sowohl materiell als auch finanziell — Schritt halten kann?

Hans Stefan Seifriz (SPD):
Rede ID: ID0417220100
Ich bin der Auffassung, Herr Ramms, daß dies auf die Dauer gesehen möglich ist. Wenn ich dieser Auffassung nicht wäre, könnten



Seifriz
wir heute ja schon vorweg die Kapitulation anmelden.

(Abg. Ramms: Ich habe auf den Moment abgestellt!)

Dann müßten wir uns die Frage stellen, was wir mit der Automobilproduktion in der Zukunft machen.

Egon Wilhelm Theodor Ramms (FDP):
Rede ID: ID0417220200
Also sind Sie der Auffassung, daß das über mehrere Jahre hingeht?

Hans Stefan Seifriz (SPD):
Rede ID: ID0417220300
Daß wir das nicht heute oder in diesem Jahr lösen können, darüber sind wir uns und ist sich das Haus doch wohl einig, und das ist sicher keine ernsthafte Frage.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417220400
Herr Kollege Seifriz, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage ides Abgeordneten Ertl?

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0417220500
Herr Kollege Seifriz, können Sie mir dann sagen, warum die Vereinigten Staaten nicht mit idem Problem fertig geworden sind, obwohl sie ein viel reicheres Land sind als wir?

Hans Stefan Seifriz (SPD):
Rede ID: ID0417220600
Das kann ich Ihnen sagen. Auch Präsident Kennedy hat darauf eine Antwort gegeben: weil die Vereinigten Staaten dieses Problem sehr viel später, als es erforderlich gewesen wäre, in Angriff genommen haben. Erst die demokratische Regierung der Vereinigten Staaten hat das Problem mit der erforderlichen Energie und mit idem nötigen Sachverstand in Angriff genommen.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Lemmrich: Aber Herr Truman war doch auch ein demokratischer Präsident, Herr Seifriz! Billiger geht's nicht! Um Gottes willen!)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417220700
So wenig Abgeordnete und so viel Leidenschaft!
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Drachsler.

Hans Drachsler (CSU):
Rede ID: ID0417220800
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Seifriz, wenn Sie Ihr soeben vorgetragenes Programm zur Behebung der Verkehrsnot in den Städten und Gemeinden mit diesen Riesensummen bewältigen wollen, falls Sie an die Regierung kommen, dann frage ich mich, was dann wohl noch für die „arme Bundesbahn" übrigbleibt. — Herr Kollege Seifriz ist aber — wie ich sehe — gerade nicht da.
Ich möchte aber zunächst verbindlich anfangen, wie Sie auch verbindlich begonnen haben. Ich darf Ihnen versichern, daß wir von der CDU/CSU — und wohl auch von der FDP — es sehr bedauern, daß wir dann, wenn die großen Verkehrsanliegen unserer Zeit in diesem Hause besprochen werden, immer unter chronischem Zeitdruck leiden. Das wird dann aber wieder aufgeholt; das wissen Sie ja. Der Wissensdurst vieler Kollegen, die jetzt nicht da sind, wind dann durch die Anfragen an den Bundesverkehrsminister während der Fragestunde gestillt,

(Heiterkeit in der Mitte)

und in dieser Hinsicht hält der Herr Bundesverkehrsminister zweifellos den Rekord. Dadurch kommen wir wieder nicht zu den Fragen, die wir bewältigen müssen.

(Zuruf von der SPD: Er wird auch am schnellsten damit fertig!)

Gerade dadurch wird ersichtlich, wie wichtig die Verkehrspolitik ist. Nur ist es bedauerlich, daß eine Verkehrsdebatte — man sprach schon lange davon — heute wieder nicht stattgefunden hat, nicht mangels Masse, sondern mangels Zeit. Das bedauere ich auch sehr. Es ist aber auch zu bedauern, daß es angesichts der Abwicklung, wie sie heute gehandhabt wird, keine Verkehrsdebatte gibt. Es werden vielmehr in einem Schnellverfahren plenarreife Vorlagen abgewickelt, wobei sich der eine oder andere Redner daran hält der auch nicht.
Ich möchte kurz etwas zur Vorlage der Drucksache IV/2517 sagen, über die Kollege Seifriz nicht gern gesprochen hat, weil sie sich von selbst erledigt hat und weil diese Drucksache genauso wie die Drucksache betreffend die Große Anfrage ein ferialler Fehlalarm war, der anscheinend vom Jour-Dienst der Opposition in den Ferien — 12. August — entwickelt wurde, um die Öffentlichkeit politisch in Trab zu halten.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

Es war damals bekanntlich die Zeit der Erhöhung der Postgebühren und die Debatte darüber. Die Opposition hat sehr viel davon erwartet, was aber nicht eingetreten ist, und so sagte sie sich: Dann müssen wir die Öffentlichkeit wenigstens damit beunruhigen, daß die „böse Bundesregierung" — und die Öffentlichkeit soll das wissen —, solange wir, die SPD, nicht regieren, das so weitergehen lassen wird und daß es neben Preissteigerungen auf anderen Sektoren auch Preissteigerungen im Berufsverkehr geben wird. Und dann wird noch ein Antrag gestellt, um die Öffentlichkeit auf diesen „fürchterlichen Notstand" auf unseren Straßen und im Straßenbau hinzuweisen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0417220900
Herr Abgeordneter Börner möchte eine Frage stellen.

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0417221000
Herr Kollege Drachsler, wenn die Sorge der Opposition im vergangenen Sommer nun also nur eine ausgesprochene „Saure-GurkenSorge" gewesen wäre, wie Sie es soeben dargestellt haben, warum, glauben Sie, hat der Herr Bundesfinanzminister denn dann mit so verdächtiger Eile reagiert und die entsprechenden Mittel im September freigegeben?

Hans Drachsler (CSU):
Rede ID: ID0417221100
Das kann ich Ihnen sagen. Der Herr Bundesfinanzminister hat nicht in verdächtiger Eile reagiert, sondern der Herr Bundesfinanzminister und der Herr Bundesverkehrsminister haben zusammen im Kabinett auf eine Interpellation der CDU/CSU — —

(Lachen bei der SPD.)




Drachsler
— Das ist nachgewiesen. Der Herr Bundesverkehrsminister — —

(Zurufe von der SPD.)

— Herr Kollege Höhne, ich gehöre nicht zu den Leuten, die sich mit fremden Federn schmücken. Sie haben doch gefragt und werden erlauben, daß ich darauf anworte. Es ist zu bestätigen, daß in dieser Zeit auf eine Interpellation der CDU/CSU hin das Kabinett beschlossen hat, die für einen flüssigen Weiterbau der Straßen notwendigen Finanzmittel im Vorgriff zur Verfügung zu stellen, weil das Bauwetter in dieser Zeit so günstig war. Das ist meine Antwort. Wenn Sie mir das Gegenteil beweisen können, bin ich gern bereit, das zu akzeptieren. Aber ich kann Ihnen das, was ich gesagt habe, mit Unterlagen belegen.

(Zurufe von der SPD.)

— Meine Herren, an sich wollte ich in diesem Tone nicht fortfahren. Wenn Sie aber glauben, Herr Kollege Höhne, daß eine weiche Antwort auf eine harte Frage nicht angebracht ist, dann muß ich Ihnen meinerseits sagen — es ist gut, wenn man das einmal ausspricht —: man sollte mit der Formulierung Notstand auf unseren Straßen und im Straßenbau nicht hausieren gehen. Die SPD hat schlechte Erfahrungen damit gemacht, immer von Notstand und Katastrophen zu sprechen. Seit dem Jahre 1949 sprach sie immer wieder davon, es kämen Katastrophen auf uns zu, wenn die Regierung so fortfahre, Wirtschaftskrisen, Arbeitslosigkeit, soziale Notstände, Bildungsnotstand. Und nun auch noch Notstand auf den Straßen! Wir sind in der glücklichen Lage, es hier nicht mit einem Notstand zu tun zu haben, sondern mit Erscheinungen einer Superkonjunktur, nämlich mit einer Motorisierungswelle, die wir überhaupt nicht voraussehen konnten.

(Zuruf von der SPD: 16 000 Verkehrstote!)

— Sehr richtig, der Zwischenruf kommt sehr gelegen. Es wird unserer Verkehrspolitik und dem Verkehrsminister immer vorgeworfen, daß es Autoschlangen, verstopfte Straßen und Verkehrstote gibt; man sagt, der Verkehrsminister habe keine Konzeption. Verehrte Freunde, wer so argumentiert, daß diejenige Regierung keine Verkehrskonzeption habe, in deren Staat es Autoschlangen, verstopfte Straßen und Verkehrstote gibt, der behauptet damit gleichzeitig, daß kein zivilisierter Staat eine Verkehrskonzeption hat, weil nämlich überall, wo die Entwicklung ähnlich verläuft, diese Symptome auftreten.
Der Zwischenruf hätte nicht kommen sollen. Es ist in diesem Hause schon einmal gesagt worden, man sollte die Verkehrstoten nicht in diese Auseinandersetzung hineinziehen. Es ist unser Anliegen, die Verkehrssicherheit mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu heben. Es wurde hier auch schon einmal gesagt, ,daß auf einem Verkehrskongreß der SPD Töne der Art angeschlagen worden sind: Dieser Seebohm ist an allem schuld, auch an den Verkehrstoten! — Meine Freunde — —

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417221200
„Freunde" ist eine schöne Anrede! — Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Hans Drachsler (CSU):
Rede ID: ID0417221300
Bitte sehr!

Werner Figgen (SPD):
Rede ID: ID0417221400
Herr Kollege Drachsler, Sie haben doch sicher mitbekommen, daß mein Zwischenruf sich auf Ihre Behauptung bezog, es gebe keinen Notstand. Sind Sie nicht der Meinung, daß 16 000 Verkehrstote einen Notstand demonstrieren?

Hans Drachsler (CSU):
Rede ID: ID0417221500
Das hat doch mit dem Straßenbau nichts zu tun! Die Verkehrstoten wären auch durch den intensivsten Straßenbau nicht zu vermeiden,

(Abg. Brück: Jawohl, das war eine völlig falsche Darstellung!)

weil in dem Wettlauf zwischen Straßenbau und Motorisierung der Straßenbau unmöglich Schritt halten kann.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417221600
Der Abgeordnete Börner möchte eine Frage stellen.

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0417221700
Herr Kollege Drachsler, wollen Sie wirklich bestreiten, daß das Urteil vieler Straßenbaufachleute, vieler Verkehrsjournalisten und Verkehrsjuristen falsch ist, daß eine erhebliche Anzahl der von uns allen zu beklagenden schweren Unfälle auf die Tatsache zurückzuführen ist, daß unser Straßenbau mit der Motorisierung nicht Schritt hält? Wollen Sie bestreiten, daß .deshalb der Gesetzgeber alles tun muß, um nicht nur strengere Verkehrsvorschriften zu schaffen, sondern auch durch besseren Straßenbau die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen?

(Beifall bei der SPD.)


Hans Drachsler (CSU):
Rede ID: ID0417221800
Herr Kollege, Sie wissen, daß das unser gemeinsames Bestreben ist, das der Opposition wie auch von unserer Seite. Aber ich sagte schon: den Wettlauf zwischen Motorisierung und Straßenbau zugunsten ,des Straßenbaus zu entscheiden, das werden auch Sie nicht schaffen, wenn Sie wirklich einmal das Glück oder das Pech haben sollten, die Regierung zu stellen.
Der Kollege Seifriz hat versucht, nachzuweisen — weniger in sachlicher Form als im Stile einer Wahlrede —, daß die Regierung sich große Versäumnisse auf dem Gebiet der Verkehrspolitik, namentlich auf dem Gebiet des Straßenbaus, habe zuschulden kommen lassen. Herr Kollege Seifriz, Zahlen beruhigen immer wieder, und ich möchte Ihnen einige davon nennen. Es ist Ihnen bekannt, daß wir wegen der Automatik der Vierjahrespläne in der glücklichen Lage sind, den Straßenbauetat alle vier Jahre erhöhen zu können. Während der erste Vierjahresplan etwa 8 Milliarden DM umfaßte, sah der zweite Vierjahresplan 13 Milliarden DM vor. Ihre Sorge war, daß dieser Plan nicht erfüllt wird. Der dritte Vierjahresplan wird wahrscheinlich 18 Milliarden DM umfassen und der vierte sogar 25 Milliarden DM. Sie sehen, daß wir in der Ver-



Drachsler
antwortung für das Ganze — das ist ja die Aufgabe der Regierungspartei, und das zeigt sich auch in der hohen Summe, die in der Enquete über die Verkehrsnot in den Gemeinden und Städten genannt worden ist, nämlich 250 Milliarden DM in 30 Jahren — dem Ziel sehr nahe kommen. Wir brauchen uns nicht zu schämen, auch nicht im Hinblick auf die Leistungen, die in den letzten Jahren gerade für den gemeindlichen Bereich mit Mitteln des Bundeshaushalts trotz der verfassungsrechtlichen Abgrenzung der Zuständigkeit von Bund, Ländern und Gemeinden geleistet worden sind. Bedenken Sie doch nur, daß ein großer Teil der Summe des zweiten Vierjahresplans für den gemeindlichen Bereich gegeben worden ist, nämlich insgesamt fast 4,5 Milliarden DM von 13 Milliarden DM. Wir wissen, daß das dennoch zu wenig ist. Es ist unser großes Anliegen, hier noch mehr zu tun und Zug um Zug dem Gutachten über die Bewältigung der Verkehrsnot in den Städten und Gemeinden gerecht zu werden.
680 Millionen DM sind für Zuschüsse an die unteren Baulastträger vorgesehen, davon 450 Millionen DM nur über die Maßnahmen des Gemeindepfennigs. 118 Millionen DM sind allein für die Beseitigung schienengleicher Übergänge vorgesehen, 1,15 Milliarden DM für Ortsdurchfahrten in großen und kleinen Städten und 2,2 Milliarden DM für die Bereinigungen im Vorfeld der Großstädte, für den Bau der verlängerten Ortsdurchfahrten.
Natürlich fehlt noch — leider Gottes — ein Betrag für die Schaffung der attraktiven Massenverkehrsmittel, die wir vorgesehen haben. Sie wissen ganz genau, daß ich jederzeit dafür plädiere. Ich bedaure, daß es uns nicht gelungen ist, den Anteil an der Mineralölsteuer zu erhöhen. Ich erinnere nur an das damalige Umstellungsgesetz. Ich bedaure das, aber ich habe den Mut, das auch zu sagen.

(Zurufe von der SPD.)

— Selbstverständlich. Warum denn nicht? Sie waren nicht im Ausschuß. Wir haben hart darum gerungen. Wir wollten .55% haben. Erst neulich habe ich in einem Gespräch mit dem Herrn Bundesfinanzminister festgestellt, daß die Überlegungen im Bundesfinanzministerium weitergehen als unsere Vorstellungen darüber, wie man diese Riesensumme von 250 Milliarden DM für die nächsten 30 Jahre aufzubringen gedenkt. Ich bin froh darüber, daß man nicht stur — wie die Opposition behauptet — von vornherein sagt: Nein, das machen wir nicht. Wir machen uns schon rechtzeitig Gedanken.
Da wir nun gerade einmal bei diesem Punkt sind: während der zweiten Beratung des Haushalts hat der Kollege Erler so mit einem Unterton der Schadenfreude — er ist nicht hier; vielleicht tue ich ihm unrecht; wenn das so ist, nehme ich das Wort gleich zurück; aber ich habe es so gefühlt — leider Gottes gesagt: „Was wollt ihr denn? Diese Regierung hat doch für die Verkehrsnot der Städte nichts übrig! Denken Sie nur an den Fall München. In München plant man seit Jahren ein attraktives Massenverkehrsmittel, nämlich eine Kombination zwischen einer U-Bahn, die die Stadt und der Freie Staat
Bayern bauen, und der V-Bahn, der unterirdischen Verbindung zwischen Hauptbahnhof und Ostbahnhof. Die Bundesregierung hat sogar den Ersten Präsidenten der Deutschen Bundesbahn, Professor Oeftering, zurückgepfiffen, als er damals nach München kommen wollte, um ein Abkommen zu unterzeichnen." — Da wird aber nichts ab- und zurückgepfiffen. Ich habe es zunächst ebenfalls sehr bedauert, daß wir nicht vorwärtsgekommen sind. Aber ein so großes umfassendes Projekt muß natürlich zunächst finanziell geprüft werden. Der Herr Präsident der Deutschen Bundesbahn wurde nicht zurückgepfiffen, sondern ihm wurde gesagt: Fahren Sie ruhig hin! Dann wurde sogar noch ein offizieller Vertreter des Verkehrsministeriums hingeschickt, um die Bedeutung dieses verkehrspolitischen Aktes durch die Anwesenheit des Verkehrsministeriums zu unterstreichen.

(Abg. Dr. Schäfer: Wer hat ihm denn den Rat gegeben, hinzufahren?)

— Das Verkehrsministerium. In Abwesenheit des Herrn Verkehrsministers hat der Herr Staatssekretär gesagt: Herr Bundesbahnpräsident, es ist nicht wahr, daß Sie nicht hinfahren dürfen, wie ein Teil der oppositionellen Presse versucht hat zu verlautbaren, sondern Sie fahren hin; aber Sie können noch nicht unterschreiben,

(Zurufe von der SPD: Na also!)

bevor nicht im Kabinett die Finanzierungsgrundlagen beraten worden sind.
Herr Kollege Schäfer, ich bedauere das auch, weil ich hier Befangener bin. Ich wäre sehr glücklich darüber, wenn die Finanzierungsgrundlagen schon geregelt wären, wenn wir in München mit Sicherheit wüßten, welcher Betrag von seiten des Bundes für die Schaffung dieses attraktiven Massenverkehrsmittels gegeben wird. Aber ich darf Sie beruhigen; wir sind sicher, daß das in allernächster Zeit geschieht. — Bitte!

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0417221900
Herr Kollege, hatten Sie nicht bemerkt, daß es echte Besorgnis beim Herrn Kollegen Erler war und keine Spur von Schadenfreude?

Hans Drachsler (CSU):
Rede ID: ID0417222000
Ich habe das nicht bemerkt. Aber wenn Sie glauben, es bemerkt zu haben, dann nehme ich es Ihnen ab. Jedenfalls hatte ich das Empfinden, daß im Unterton eine kleine Schadenfreude vorhanden war. Er sagte auch: „Seht die Regierung an! Die tut nichts für die Großstädte."
Sie wissen, daß das Gutachten über die Verkehrsnot in den Städten und Gemeinden auf unsere Initiative zurückgeht. Vielleicht paßt Ihnen das auch wieder nicht. Aber es ist unleugbar. Es braucht seine Zeit, das durchzustudieren. Es ging damals in das Kabinett. Nun wird es in den Ausschüssen dieses Hauses beraten, und dann wird die Sache erledigt, und zwar positiv erledigt.
Wir danken an dieser Stelle dem Herrn Verkehrsminister, daß er so großes Verständnis in der Vorbereitung, Planung und Durchführung dieses Münchener Projekts zeigt, das ein Demonstrativ-



Drachsler
programm in der Schaffung attraktiver und leistungsfähiger Massenverkehrsmittel für die ganze Bundesrepublik sein wird. Ich bin davon überzeugt, daß auch der Bundesfinanzminister, wenn die entsprechenden Finanzvorlagen von seiten der Bundesbahn im Kabinett eingehen, Verständnis dafür haben wird.
Wir sind vor allem dankbar dafür, daß wir schon in diesem Monat, im Frühlingsmonat März, in München auf dem verkehrsreichsten Platz Europas, nämlich auf dem Stachus, Vorbereitungen treffen können, urn die ersten Bauteile für die V-Bahn unter die Erde zu legen. Das ist der nach außen hin sichtbare Ausdruck dafür, daß wir nicht nur gewillt sind, ein solches Projekt durchzuführen, sondern daß wir mit Recht auf die Unterstützung auch des Bundes warten können. Wir sind überzeugt, daß wir wie in den vergangenen Jahren mit den anstehenden Verkehrsproblemen fertig werden.
Liebe Freunde, ich darf ihnen noch sagen, daß es überall billig und gut ankommt, wenn man über die Verkehrsnot loszieht und schimpft; denn das ist unser aller Leiden. Wir alle wissen, worin das Ärgernis auf der Straße besteht. Wir alle wissen, was es heißt, keinen Parkplatz zu bekommen. Wir alle wissen, was es heißt, früh zur Arbeit fahren und abends zurückfahren zu müssen; und wir alle wissen, wie zäh und wie breit sich die Autoschlangen in den Großstädten dahinziehen.
Aber eines verstehen wir nicht: daß immer nur auf „die in Bonn" geschimpft wird. Man überlegt nicht, daß in den Städten selbst, besonders in den großen Ballungsräumen, verantwortliche Oberbürgermeister und Bürgermeister sitzen, die ein gewisses Maß an Schuld tragen. Die verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten erlauben solche Kritik an der Bundesregierung gar nicht, wenn es in den Städten nicht funktioniert. Einfach billig zu schimpfen, das ist gut, das bringt Beifall. Die Verantwortung zu tragen und angesichts der Verantwortung für das Ganze auch diese verkehrspolitischen Probleme zu lösen ist wesentlich schwerer.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417222100
Im werde demnächst im Ältestenrat die Frage zur Debatte stellen, ob wir nicht die Anrede „liebe Freunde" einführen sollten.

(Heiterkeit.)

Ich finde, sie verbreitet eine so friedliche Atmosphäre.
Das Wort hat der Abgeordnete Lemmrich.

Karl Heinz Lemmrich (CSU):
Rede ID: ID0417222200
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das klassifizierte Straßennetz der Bundesrepublik Deutschland hat eine Länge von 144 000 km. Hiervon sind 22 % Bundesfernstraßen, 44 % Staatsstraßen und 34 %
Kreisstraßen.
Die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei spricht in ihrem Antrag vom Notstand auf den Straßen. Ich vermisse, daß in den Landtagen ähnliche Anträge eingebracht worden sind. Das hätte man tun müssen, wenn man den angeblichen Notstand auf den Straßen und beim Straßenbau selbst ernst nehmen würde. In der Tat — das muß immer wieder festgestellt werden — besteht das Straßennetz eben nicht nur aus Bundesfernstraßen. Ich möchte allerdings nicht verhehlen, daß nicht nur der Bund sehr große Anstrengungen gemacht hat, ,sondern daß die Länder ebenso außerordentliche Anstrengungen zur Bewältigung ihrer Aufgaben im Straßenbau unternehmen.
Im Jahre 1964 haben die Länder für den Straßenbau — einschließlich der Zuschüsse an Gemeinden — einen Betrag von 2305 Millionen DM ausgegeben. Dieser Betrag wurde 1965 um 477 Millionen DM auf 2782 Millionen DM gesteigert. Ich darf vielleicht kurz die Zahlen des Bundes nennen. Der Bund beabsichtigte, 1964 2,9 Milliarden DM für den Bundesfernstraßenbau aufzuwenden. Bei der Bereisung des Bundesfernstraßennetzes durch den Herrn Bundesverkehrsminister wurde deutlich, daß auf Grund der guten Wettersituation die Bauaufträge schneller abgewickelt wurden, als vorauszusehen war. Die Bundesregierung hat nicht im Vorgriff, sondern zusätzlich 180 Millionen DM zur Verfügung gestellt, die dann im Nachtragshaushalt ausgewiesen wurden. Der Bund hat also im Jahre 1964 3096 Millionen DM ausgegeben. Für dieses Haushaltsjahr ist ein Betrag von 3446 Millionen DM vorgesehen.
Die Anstrengungen der einzelnen Länder sind wesentlich gestiegen; man muß das anerkennen. Der Herr Kollege Seifriz sprach vorhin davon, als der Zuruf mit Bremen kam, daß Bremen im Wohnungsbau große Aufgaben bewältigt habe. Man muß feststellen, daß die Länder auch andere große Aufgaben zu bewältigen haben wie Wohnungsbau, Abwasserbeseitigung, Wasserleitungsbau usw. Das sind große Aufgaben, die in ihrer Bedeutung bestimmt nicht hinter dem Straßenbau zurückstehen. Danach haben die Länder ihre Schwerpunkte unterschiedlich gebildet. Wenn man die aufgewendeten Gelder für den Straßenbau lauf die Einwohner umlegt, dann kann festgestellt werden, daß fast in jedem Land Steigerungen vorgenommen wurden. Der Freistaat Bayern hat den Betrag pro Einwohner von 1964 auf 1965 von 56,80 DM auf 63,30 DM erhöht, das Land Hessen von 42,60 DM auf 51,50 DM, Rheinland-Pfalz von 51 DM auf 55 DM, Schleswig-Holstein von 36,90 DM auf 49,80 DM. Diese Zahlen machen die unterschiedliche Situation der einzelnen Länder deutlich. Man sollte nicht den Eindruck erwecken, als liege es hier ausgesprochen am guten Willen. Es wird auch da, wo die Sozialdemokratie in der Verantwortung steht, nur mit Wasser gekocht.
Der Herr Kollege Seifriz hat besonders die Aufgaben bei den Gemeinden in den Mittelpunkt gestellt. Man kann nun einmal an der im Grundgesetz festgelegten Aufgabenverteilung nicht vorbeigehen. Es ist und bleibt nach dem bisherigen Stand Aufgabe der Länder, die Kommunen und die Kreise mit dem Finanzmitteln auszustatten, die sie benötigen.

(Abg. Dr. Müller-Hermann: Vergessen Sie nicht die Zahlen von Bremen!)

Bei uns hat man das gesamte Kraftfahrzeugsteueraufkommen den Gemeinden übergeben. Das ist für



Lemmrich
die Gemeinden und Landkreise eine gewaltige Hilfe. Auf diese Weise kann das Straßennetz bis in jedes Dorf ausgebaut werden.
Der Herr Kollege Seifriz hat gesagt, daß jeder das Seine tun solle. Herr Kollege Seifriz, Sie kommen aus Bremen. Deswegen ist es vielleicht interessant, einmal zu hören, was Ihre Freunde von der SPD — und Sie selber können ja auch etwas dazu tun — im Straßenbau und zur Beseitigung des angeblichen Notstandes auf der Straße getan haben. Im Jahre 1964 waren im Haushaltsplan der Hansestadt Bremen für den Straßenbau 35,4 Millionen DM ausgewiesen. In diesem Jahr sind es nur 34,3 Millionen DM; also sogar eine kleine Reduktion. Ich meine, bei dieser Lage der Dinge sollte man mit seinen Ausführungen hier doch nicht so gewaltig auf die Pauke hauen. Es entzieht sich meiner Kenntnis, warum dies so ist, aber daß es in Verantwortlichkeit geschehen ist, nehme ich an.
Herr Kollege Seifriz hat sich insbesondere mit den großstädtischen Verkehrsproblemen befaßt und gesagt, die Stadtzentren sollten nicht veröden. Selbstverständlich nicht. Aber wir wollen auch eines nicht — und darüber sind wir uns z. B. in München in allen Parteien einig —, wir wollen auch nicht, daß unser Stadtbild, unser alter Stadtkern zerstört wird. Herr Kollege Seifriz, Sie waren vielleicht auch schon einmal in den Vereinigten Staaten und haben das Problem studiert. Dort besteht nicht mehr die Absicht, große Stadtautobahnen zu bauen, sondern das Problem besteht in den fehlenden Parkplätzen. Deswegen wird die von den Demokraten seit vielen Jahren regierte Stadt Chicago ihr gesamtes U- und S-Bahnnetz wesentlich erweitern, damit weit draußen vor der Stadt die Fahrzeuge abgestellt werden können. Die Berufstätigen benutzen dann die öffentlichen Verkehrsmittel, um in die Stadt zu kommen. Dies wird wesentliche Änderungen im ganzen Verkehrsablauf zur Folge haben. Z. B. wird sich herausstellen, daß die Taxen ein wesentlicher Verkehrsträger in den Großstädten werden und daß sie hier Aufgaben in einem Ausmaße übernehmen müssen, an die man im Moment noch gar nicht denkt. Ich und meine Freunde — wir sind uns in München auf jeden Fall einig —, wir wollen nicht, daß das Stadtbild unserer schönen Stadt durch Verkehrsbänder, die sehr breit sein müßten, zerstört wird. Wir wollen die Tradition und die Schönheit unserer Stadt, wo sie noch vorhanden sind, auch in Zukunft erhalten.
Eines muß jedoch festgestellt werden: Die Bundesregierung und wir haben die Bedeutung des Schwerpunktes Straßenbau erkannt. Das Wort vom „Chaos auf den Straßen" sollte man nicht mehr gebrauchen.
Herr Kollege Börner sprach vorhin von den vielen Verkehrstoten. Dieses Problem erfüllt uns alle mit größter Besorgnis. Es gibt uns natürlich zu denken, warum in Großbritannien, wo das Straßennetz nicht so gut ist wie bei uns, die Zahl der Verkehrstoten nur ein Drittel so groß ist wie bei uns. In einer großen Münchener Zeitung — ich weiß nicht, ob so etwas auch bei Ihnen veröffentlicht wird — stand ein Bericht über Ratschläge an englische Autofahrer, die nach Deutschland reisen wollen. Da war die Rede davon, in Deutschland gebe es das beste Straßennetz ganz Europas. So sehen andere unser Land.

(Abg. Brück: Herr Lemmrich, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß — leider, muß man sagen — die schwersten Unfälle, die wir zu verzeichnen haben in der Regel auf sehr guten Straßen eintreten? — Gegenruf von der SPD.)

— Ja, Herr Kollege, das liegt natürlich daran, daß
man darauf schnell fährt, und nach dem physikalischen Gesetz mv2/2 ist die Wucht größer und sind
damit die Unfälle schwerer.
Wir wollen nicht in Abrede stellen, daß es auf manchen Straßen Gefahrenstellen gibt. Seit Jahren werden sie jedoch systematisch beseitigt. Wir wollen den Autofahrern das Leben nicht erschweren, sondern wollen, wo es eben nur geht, Gefahrenquellen beseitigen und die Sicherheit erhöhen. Der Vergleich zwischen Großbritannien und Deutschland macht es deutlich, daß es an den Straßen allein nicht liegen kann. Das wollte ich nur gesagt haben, nicht mehr und auch nicht weniger.
Die Bundesregierung hat langfristige Straßenbaupläne, wie es die Vierjahrespläne sind, eingeführt. Dieses Vorbild der Bundesregierung und unseres Verkehrsministers Dr. Seebohm hat Schule gemacht in den Ländern der Bundesrepublik wie Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, die nun ebenso langfristige Ausbaupläne entwickelt haben. Ich möchte meinen, die Gerechtigkeit gegenüber dem Bundesverkehrsminister und seiner Straßenbauverwaltung verlangt es, daß die großen Leistungen, die hier vollbracht wurden, gewürdigt werden. Daß wir in Zukunft weitere große Anstrengungen machen müssen, steht außer Frage.
Es wären noch verschiedene Probleme anzusprechen, z. B. die Frage, warum bei uns der Straßenbau erst im Jahre 1955 richtig eingesetzt hat. Ich will das Gespräch aber heute nicht ausdehnen. Sie, meine verehrten Kollegen, wissen selbst genau, daß wir zwei Kriege verloren haben und zweimal erst mit Verspätung anfangen konnten nach dem ersten und auch nach dem zweiten Weltkrieg. Um so größer ist die Leistung, die vollbracht worden ist. Es kann keine Rede davon sein, daß es einen Notstand oder ein Chaos auf unseren Straßen gibt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417222300
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ertl.

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0417222400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gehört zwar nicht ganz zu dem Antrag Drucksache IV/2517, daß man über den innerstädtischen Verkehr spricht, aber nachdem beide Fraktionen von sich aus speziell auch zu dem Problem der V-Bahn München eine Erklärung abgegeben haben, möchte ich namens der Freien Demokraten feststellen, daß wir uns über den hoffnungsvollen Schimmer freuen, der sich bei der Bundesregierung abzeichnet und es möglich erscheinen läßt, zu einer



Ertl
baldigen Einigung und somit vielleicht auch zu einem intensiven Ausbau zu kommen. Wir sollten aber nicht nur der Bundesregierung den Vorwurf machen, sondern auch bedenken, daß langes Zögern und wenig vorausschauende Planung auch bei den Kommunen die Ursache für das innerstädtische Verkehrsproblem sind. Dafür trägt aber nun nicht die Bundesregierung die Verantwortung.
In manchen Dingen dürfte das auch für die Stadt München zutreffen. Es hat sehr lange gedauert, bis es zu einer einheitlichen Konzeption kam. Wir hoffen und wünschen, verehrter Herr Verkehrsminister, daß nun aber im Rahmen Ihrer Möglichkeiten und in Zusammenarbeit mit dem Finanzminister eine Möglichkeit gefunden wird, die V-Bahn im Zusammenhang mit der U-Bahn in München möglichst rasch auszubauen.
Das bedarf allerdings auch wieder einer neuen Rücksichtnahme anderer Städte auf die Bundesregierung. Wir wissen, daß auch andere Städte, weil die Bundesregierung mit der V-Bahn ein spezifisches Bundesbahnprojekt durchführen will, an die Bundesregierung herangetreten sind und kommunale Bahnen ebenfalls bezuschußt haben wollen. Ich glaube, der Unterschied muß einmal deutlich gemacht werden. Wir verlangen von der Bundesregierung, daß sie ein 'Bundesbahnprojekt in Koppelung mit einem städtischen U-Bahn-Projekt durchzieht. Wir verlangen aber nicht einen Zuschuß für eine kommunale U-Bahn. Das, glaube ich, muß nochmals in aller Deutlichkeit herausgestellt werden, weil das in der Öffentlichkeit immer wieder mißverständlich behandelt worden ist.
Die Befreiung des Kerns unserer Städte vom Kraftverkehr ist, glaube ich, keine Verödung. Hier teile ich die Meinung des Kollegen Lemmrich. Es kann dem Geschäftsleben und dem städtischen Leben nur von Nutzen sein, wenn die verstopften Innenstädte wieder befreit werden. Insoweit ist natürlich der innerstädtische Verkehr das Problem unserer Zeit, mehr als vielleicht manches Fernstraßenproblem. In dem Sinne hoffen wir, verehrter Herr Verkehrsminister, daß Sie auch im Kabinett eine günstige Lösung für die innerstädtischen Verkehrsprobleme finden werden, speziell auch für die V- Bahn in München.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417222500
Das Wort hat der Abgeordnete Müller (Nordenham).

Heinrich Müller (SPD):
Rede ID: ID0417222600
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz kurz! Die Behauptung des Kollegen Drachsler, daß die Gemeinden aus dem 13-Milliarden-Programm des zweiten Vierjahresplans 4,5 Milliarden DM bekämen, ist doch nicht aufrechtzuerhalten. Wenn Sie das sagen, Herr Drachsler, dann frage ich mich: Warum sagen Sie nicht, die gesamten 13 Milliarden DM flössen in die Gemeinden? Denn alle Straßen, die ausgebaut werden, liegen ja in einer Gemeinde. Tatsache ist — und daran kommen Sie nicht vorbei —, daß die kommunalen Straßenbaulastträger insgesamt 290 000 km Straßen haben —das sind 78 % des Straßennetzes in der Bundesrepublik —, daß sie dafür aber nur 680 Millionen DM erhalten und keinen Pfennig mehr. Das wollte ich zur Klarstellung gesagt haben.

(Abg. Lemmrich: Es gibt auch noch etwas für Bundesstraßen!)

— Nehmen Sie doch die gesamten 13 Milliarden in den Gemeinden!

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417222700
Das Wort hat der Abgeordnete Rademacher.

Willy Max Rademacher (FDP):
Rede ID: ID0417222800
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erinnern uns so mancher Debatte in diesem Hause über den Straßenbau, und niemand — auch nicht die Regierungsparteien — ist mit der Entwicklung zufrieden gewesen. Ich habe in der Vergangenheit wiederholt darauf hinweisen können, daß das in erster Linie auch daran liegt, daß man dem Verkehr insgesamt und dem Straßenverkehr speziell von der Geburt unserer Bundesrepublik an — wenn ich mich so ausdrücken darf — nicht die genügende und gebührende Aufmerksamkeit geschenkt hat. Ich weiß, es hat immer andere schwerwiegende Aufgaben gegeben, aber ich glaube, einer der Gründe dafür, daß wir uns im Straßenbau insgesamt — besonders in den Gemeinden — doch noch in einer ziemlichen Misere befinden, ist, daß diesem, einer der größten gesellschaftspolitischen Aufgaben dieser Zeit — nicht nur in der Bundesrepublik, sondern in der ganzen Welt — von Anfang an nicht die notwendige Aufmerksamkeit gewidmet worden ist.
Aber eines, meine Damen und Herren von der Opposition, können auch Sie nicht leugnen: In den letzten Jahren sind wirklich erhebliche Anstrengungen gemacht worden, um den Engpaß zu überwinden. Das möchte ich doch mit aller Deutlichkeit betonen. Unter Hinweis auf das von mir vorher Gesagte möchte ich hier auch wiederholen, daß Unterlassungssünden in der Infrastruktur und insbesondere im Straßenbau angesichts der Entwicklung der Motorisierung einfach nicht wiedergutzumachen sind. Ich glaube, wir müssen in dieser Frage, die keine Weltanschauungsfrage und keine parteipolitische Angelegenheit ist, in Zukunft in diesem Hause wirklich zusammenstehen, um diese Engpässe aus rein menschlichen Gründen zu überwinden. Wir müssen auch mehr Mittel bereitstellen, wie das von dem Kollegen Drachsler hier gesagt worden ist.
Zum Schluß möchte ich nur noch ganz allgemein auf eine Bemerkung des Kollegen Drachsler eingehen. Er hat gesagt, die 14 000, 15 000 oder 16 000 Toten und die schweren Unfälle könnten keine Angelegenheit der Debatte sein. Ja, meine Damen und Herren, das ist mir schon verschiedene Male gesagt worden. Darf ich daran erinnern, daß die Bundesregierung das Zweite Verkehrssicherheitsgesetz ganz besonders mit dieser Tatsache begründet hat, und was der Regierung recht ist, muß diesem Hause billig sein.

(Beifall bei der FDP und bei der SPD.)





Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417222900
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Verkehr.

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0417223000
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ganz interessant gewesen, daß Herr Kollege Bleiß vorhin gesagt hat, wir sollten doch nicht auf die innerstädtischen Verkehrstarife abheben, weil hier die Zuständigkeiten andere sind. Dann ist der Herr Kollege Seifriz gekommen und hat gesagt, gerade das sei eine Schande, daß sich die Bundesregierung um die innerstädtischen Verkehrsverhältnisse so wenig kümmere.

(Zuruf von der SPD: Straßenbau ist etwas anderes!)

— Natürlich, das eine ist etwas anderes. In beiden Fällen aber handelt es sich um Geld. Insofern ist die Grundlage doch gegeben. Leider hatten wir damals — nicht aus Gründen, die Ihre Freunde und ich gewollt haben, sondern aus Gründen, die andere gewollt haben — nicht die Möglichkeit, die Gemeinden im Grundgesetz richtig zu verankern. Dann soll man aber auch nicht immer sagen, es liege daran, daß wir den Finanzausgleich nicht richtig gestaltet hätten. Wir wissen ja ganz genau, daß diese Geburtsfehler, die unsere Bundesrepublik nun in dieser Beziehung hat, nicht von den Vätern des Parlamentarischen Rates zu vertreten sind, sondern von anderen, und daß man Geburtsfehler oftmals nur sehr schwer zu beheben vermag. Die Frage eines neuen Finanzausgleichs ist ein so vielschichtiges und schwieriges Problem, daß man über diese Frage wirklich sehr genau nachdenken sollte, bis man sie endgültig einer Klärung zuführt, auch gerade in einem bestimmten Interesse — das möchte ich hier einmal ganz klar sagen —, nämlich wegen des bei uns herrschenden Prinzips der Selbstverwaltung unserer Gemeinden und Gemeindekörperschaften, die dann in einer ganz erheblichen Weise eingeengt werden würde. Wer für diese Selbstverwaltung eintritt, muß sich das auch bei der Frage des Finanzausgleichs sehr überlegen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Diesen Gedanken muß man hier noch einmal mit hineinstellen; denn natürlich spielen diese Sachen in der ganzen Frage eine erhebliche Rolle.
Es ist hier gerade auch das Problem der sogenannten V-Bahn in München von den Herren Kollegen wiederholt angesprochen worden. Nicht nur München wünscht eine solche Eisenbahnverbindung zur Verbesserung der städtischen Verkehrsverhältnisse, das wünscht auch Frankfurt, das wünscht Hamburg, das wünscht Stuttgart. Hier ist an vielen Stellen die Bundesbahn angesprochen; durch entsprechende Leistungen und Anlagen der Bundesbahn soll eine Verbesserung der städtischen Verkehrsverhältnisse geschaffen werden. Man muß sich darüber klar sein, daß eine Vorortstrecke oder eine durch die Stadt führende Strecke im Netz der Bundesbahn auch eine Aufgabe der Bundesbahn darstellt und sein soll.
Das ist aber gar nicht einfach. Ich habe hier ein kleines Papier, das mir zeigt, wie die Angelegenheit der V-Bahn München sich entwickelt hat. Das beginnt im Jahre 1954 mit einer Besprechung zwischen dem — inzwischen leider verstorbenen — damaligen Oberbürgermeister Thomas Wimmer und mir, und das endet am 1. Februar 1965 mit der Gründung der Tunnel-Gesellschaft. Das sind elf Jahre. Diese elf Jahre liegen, das wissen unsere Freunde in Bayern ganz genau, im wesentlichen an dem Hickhack innerhalb des Münchener Stadtrats; und da haben wir nicht die Mehrheit gehabt; leider!
Das möchte ich doch einmal ganz ruhig darstellen, gerade weil solche Dinge immer wieder verschoben werden, wenn dann zum Schluß der Segen des Bundes nicht sofort vom Himmel herunterfährt, sobald die sich endlich einmal geeinigt haben; wobei man noch gar nicht weiß, ob die Einigung bestehen bleibt. Wieviele Einigungen haben wir schon erlebt, und nachher wurde doch wieder geändert. Dann ist natürlich hinterher gleich der Kuckuck los.
Ich muß ganz offen sagen: Wir müssen uns 'diese Dinge erst einmal sorgfältig überlegen, damit die Sachen dann auch in der richtigen Form durchgeführt werden können. Solche Projekte in den Städten, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind planerisch nicht so leicht durchzuführen wie etwa der Bau einer Straße durch die Lüneburger Heide.
Wir haben in dieser Beziehung ganz erhebliche Erfahrungen gesammelt. Warum sind denn die Mittel, die wir im Bundeshaushalt zur Unterstützung der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Großgemeinden zur Verfügung gestellt haben, Jahr für Jahr nicht abgerufen worden? Warum sind denn meine Uberhänge immer gerade dort liegengeblieben und nicht dort, wo ich das Geld ausgeben konnte?

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Das muß man doch einmal mit aller Deutlichkeit sagen. Wer daran die Schuld trägt, will ich hier nicht im einzelnen untersuchen.

(Zurufe von der SPD.)

Ich sage Ihnen, daß es sehr viel schwieriger ist, ein solches Projekt in einer Stadt zur Baureife zu führen als in einem anderen Falle, und daß man manchmal natürlich mit der Notwendigkeit der Lösung des Problems sehr viel früher als mit der Möglichkeit der Lösung konfrontiert wird.
Dort, wo wir diese Lösungen finden konnten, im Randgebiet und im Vorfeld der Städte, haben wir das gemeinsam getan und haben auch beträchtliche Erfolge erzielt. Deswegen ist es richtig, wenn Herr Kollege Drachsler sagt, daß erhebliche Teile dieser Mittel, auch wenn sie im Vorfeld der Städte und für Ortsumgehungen, aufgewendet worden sind, in erster Linie doch der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Städten gedient haben. Herr Kollege Müller, das bleibt so. Ich will mich auf die Zahlen, die er genannt hat, nicht festlegen. Daß aber Entscheidendes dadurch geschehen ist, das wissen wir beide.

(Abg. Müller [Nordenham]: Herr Minister, sind Ihnen die enormen 'Schwierigkeiten beim Grunderwerb überhaupt nicht bekannt? Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm — Verzeihen Sie gütigst: glauben Sie nicht, Herr Müller, daß die mir besser bekannt sind als Ihnen? Das möchte ich bestimmt sagen! Denken Sie einmal daran — ich erwähne es, weil Herr Seifriz es angesprochen hat —, was wir zum Beispiel in Bremen vom Bund aus getan haben: der Neubau der Autobahn im Süden, die Zubringerstraße zur Autobahn, die Zuschüsse zur alten Weserbrücke, die Zuschüsse zur Stefaniebrücke und alle diese Dinge. Das ist „nichts", das wird hier nicht erwähnt. Dalür bedankt sich Herr Kaisen bei mir; aber Herr Seifriz spricht diesen Dank hier nicht aus. Ich meine, man sollte dieses Thema auf ein ruhiges Niveau bringen. Ich stimme Herrn Kollegen Rademacher zu: Selbstverständlich haben wir uns auch hier mit der Zahl der Toten und Verletzten auf den Straßen zu beschäftigen, aber nicht in dem Sinne, daß wir sie zum Gegenstand einer parteipolitischen Auseinandersetzung machen. Wir alle lin jeder Partei sind gemeinsam verpflichtet, das Beste zu leisten — und wir tun es auch —, um diese Gefahren der Straße einzudämmen. Wenn Sie sich die Statistiken ansehen, dann stellen Sie fest, daß es leider — ich sage ganz deutlich: leider; denn sonst könnte man etwas dagegen machen — nicht der Zustand der Straßen ist, der die Unfälle herbeiführt, sondern daß dies — und das ist communis opinio — im wesentlichen bei den Menschen liegt, die auf der Straße im Verkehr stehen. Das ist nicht eine Angelegenheit, die wir uns heute erst sagen müssen, sondern das wissen wir allgemein. Die Fälle, wo die Straße an dem Unfall schuld ist, sind verhältnismäßig selten, und diese Fälle haben wir immer wieder, gewissermaßen als Objekt, herausgenommen, um den Zustand da zu verbessern. Das alles haben wir ja gemeinsam gemacht, meine Damen und Herren, und deswegen sollten wir uns darüber hier nicht gegenseitig an die 'Köpfe kommen. Ihre Unterstützung ist dabei genauso wichtig wie die Unterstützung irgendeines anderen im Hause. Sie halben das ja auch Überall an Ort und Stelle bewiesen. Wir stehen aber gemeinsam der Tatsache gegenüber — es ist wichtig, das noch einanal zu sagen —, daß das Ausland — nicht wir — uns sagt: Die Zahl der Verkehrsunfälle in der Bundesrepublik liegt an der Art und Weise, wie die Deutschen fahren. Die Art und Weise, wie die Deutschen fahren, ist, wie bei jedem Volk, in gewissen charakterlichen Grundzügen verankert, die wir bei uns zu verbessern haben. Hier liegt eine Angelegenheit vor, die tief ins Soziologische und ins Menschliche geht und die man nicht mit einer Debatte über den Straßenbau verbinden sollte. Ich bin sehr für diese Debatte, aber ich bin auch dafür, daß für ,die Debatte dann die Tiefen, die dazu gehören, fussgelotet werden. Im übrigen habe ich bis zum vorigen Jahr immer meine Straßenbereisungen gemacht. Es gibt zahlreiche Herren des Hauses, die mich zu meiner Freude in ihren Bezirken bei der Bereisung begleitet und dann auch gesehen haben, welche Schwierigkeiten es gibt. Wir haben damals gemeinsam festgestellt, daß wir mit den Mitteln wegen des guten Bauwetters nicht auskommen werden. Ich habe im Juli — dort sitzt mein Zeuge — dem Herrn Bundesfinanzminister ein Telegramm geschickt — und darüber war er mir sogar böse —, in dem ich schrieb: Wir kommen nicht aus; überlege dir bitte, wie neues Geld beschafft werden kann! Im Juli! Als ich Ende Juli zurückkam, haben wir zusammen telefoniert, und die Herren des Finanzministeriums haben mir gesagt: Wir werden dir helfen, daß du diese 183 Millionen DM bekommst; wir müssen sie allerdings über den Nachtragshaushalt hineinbringen. Diese Frage war also behandelt — verzeihen Sie, meine Herren —, bevor Sie Ihren Antrag gestellt hatten, den wir trotzdem als eine Unterstützung der Opposition für unser gemeinsames Anliegen begrüßen. Ich bin immer, wenn die Opposition Anträge stellt, mit denen die gemeinsamen Anliegen gefördert werden, dankbar dafür und darf das hier noch einmal sagen. Auf der anderen Seite möchte ich folgendes sagen. In unserem Land schreitet die Motorisierung natürlich in einem größeren Tempo voran, weil wir ja auch einen großen Nachholbedarf hatten. Wir haben jetzt ungefähr halb so viele Pkws, wie wir im Endzustand haben werden. Vor zehn Jahren hatten wir einen Pkw auf 35 Leute, heute haben wir einen Pkw auf sieben Leute, und Anfang der 70er Jahre werden wir einen Pkw auf dreieinhalb Leute haben. Ich habe schon immer gesagt, warum es dreieinhalb sein werden: Einer fährt, einer ist Opa, einer ist Kleinkind, und die Frau bleibt zu Hause. Dreieinhalb sind also notwendig. Das bedeutet also eine Verdoppelung. Das ist eine ganz einfache Situation; dafür brauche ich gar kein Gutachten des ADAC, das kann ich mir an meinen fünf Fingern abzählen. Dieser Tatsache müssen wir ins Auge sehen, und danach müssen wir unsere Maßnahmen ausrichten. Es kommt ein anderes hinzu. Nicht jeder Pkw, der hinzu kommt, hat dieselbe Fahrleistung wie die Pkws, die da sind, sondern eine geringere Fahrleistung. Als wir auf 35 Einwohner ein Auto hatten, da hatten wir eine Durchschnittsfahrleistung von 32 000 km im Jahr. Heute ist sie auf 16 000 km gefallen. Wenn wir weiterkommen, fällt sie auf 10 000 km. Das heißt, die Straßenbelastung durch fahrende Fahrzeuge wird nicht proportional ansteigen. Aber der ruhende Verkehr wird steigen, und dieser ruhende Verkehr ist es, an dem unsere Städte ersticken. Herr Kollege Seifriz, Sie als Bremer kennen sozusagen den Prototyp einer solchen Entwicklung. Die Böttcherstraße ist die erste Straße in einer Stadt, die ich in meinem Leben kennengelernt habe, in der man nicht fahren, sondern nur zu Fuß gehen durfte. Sie ist mir immer sehr sympathisch gewesen, und ich habe .sie immer sehr schön gefunden. Die Stadt Bremen hat auch weiter in diesem Sinne gearbeitet. Diese Dinge muß man vernünftig gegeneinander abwägen. Oder nehmen Sie das, was Kassel unter Lauritzen gemacht hat! Auch das sind sehr vernünftige Dinge. Ich habe das sehr begrüßt. Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm Man sollte diese Sachen sehr, sehr klar und ruhig gegeneinander abwägen. Dann geht es auch gut. Zum Schluß vergessen Sie bitte eines nicht. Wir haben die Mittel des Bundes zum Ausbau unseres Straßennetzes von 1950 bis 1966 verachtzehnfacht. Die Länder und die Gemeinden insgesamt haben ihre Mittel versiebenfacht. Nun möchte ich doch fragen: Wer ist hier zu tadeln? Natürlich die Bundesregierung! Dann kann ich die Aussprache über Punkt 12 b schließen. Der Antrag der Fraktion der SPD soll dem Ausschuß für Verkehr, Postund Fernmeldewesen als federführendem Ausschuß und dem Haushaltsausschuß zur Mitberatung überwiesen werden. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen. Wir kommen dann zu Punkt 12 c betreffend Schutz von Taxifahrern gegen Überfälle. Zur Begründung des Antrags der Fraktion der SPD Drucksache IV/2592 hat der Herr Abgeordnete Schmidt Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion fordert die Bundesregierung mit dem vorliegenden Antrag auf, dem Bundestag zur Frage des Schutzes der Taxifahrer vor Überfällen eine entsprechende Novelle zum Personenbeförderungsgesetz vorzulegen, weil in den letzten Jahren wiederholt Taxifahrer in Ausübung ihres Berufs überfallen und dabei sehr häufig schwer verletzt und sogar getötet wurden. Diese Verbrechen erregen die Bevölkerung immer wieder außerordentlich und erfordern einen besseren Schutz der Taxifahrer. Nach jedem dieser Verbrechen setzte eine Diskussion über den Schutz der Taxifahrer ein. Wenig später, wenn die Überfälle nicht mehr die Schlagzeilen der Zeitungen füllten, wurden sie kaum noch beachtet, bis dann der nächste Überfall geschah. Dieser Zustand dauert schon seit Jahren an, ohne daß bislang etwas Entscheidendes zum unmittelbaren Schutz der Taxifahrer unternommen wurde. Die bereits im Sommer 1960 erlassene Neufassung der Verordnung über den Betrieb von Kraftfuhrunternehmen im Personenverkehr, kurz BOKraft, nach der nur Kraftdroschken mit vier Türen zuzulassen sind, wurde seitens der Taxiunternehmen in bezug auf die Möglichkeit eines freiwilligen Einbaus von kugelsicheren Trennwänden leider nicht genutzt. Auch die Aufforderungen seitens der Polizei sowie der Gewerkschaften an die Unternehmen, zum Schutz der Fahrer im Wege der Selbsthilfe geeignete Schutzvorrichtungen zu verwenden, fanden nur teilweise Gehör. Eine der Erklärungen für dieses Verhalten dürfte sein, daß erst in den letzten Jahren wirklich ausreichende Schutzvorschriften wie Trennwände mit Scheiben aus Verbundglas usw. zur heutigen Zweckmäßigkeit entwickelt wurden. Nachdem uns die Erfahrungen aber gezeigt haben, daß auf freiwilliger Grundlage die Einführung von ausreichenden Schutzmaßnahmen nicht zu erreichen ist, hält es meine Fraktion für dringend erforderlich, daß geeignete Schutzvorrichtungen nunmehr gesetzlich vorgeschrieben werden. Zur Notwendigkeit geeigneter Schutzeinrichtungen in Taxis gestatten Sie mir bitte eine kurze Bemerkung. Von 1955 bis 1964 sind von den beim Bundeskriminalamt ausgewerteten Taxiüberfällen mehr als 450 im Innern der Taxe verübt worden, und zwar vorwiegend mittels Schuß-, Hieboder Stichwaffen oder Würgens. Nur in etwa 50 Fällen griff der Täter den Fahrer von außen an. Ich gebe dem Hohen Hause diese Zahlen bewußt detailliert, weil vorgestern laut Pressemeldungen seitens einer Organisation behauptet wurde, daß zwei Drittel der Taxiüberfälle von außen verübt würden und deshalb eine Trennwand im Fahrzeug zum Schutz der Fahrer nicht geeignet sei, Überfälle auf Taxifahrer zu verhindern. Ich meine, man sollte zahlenmäßige Größenordnungen vor ihrer Bekanntgabe auf ihre Richtigkeit prüfen, besonders aber dann, wenn es, wie in diesem Falle, um das Leben von Menschen geht. Fast alle im Innern eines Taxis verübten Überfälle werden im Rücken des Fahrers gestartet, d. h. ohne schützende Trennwand ist der Fahrer plötzlichen Überfällen wie Würgen, Stechen und Beschuß mehr oder weniger schutzlos preisgegeben, während er gegenüber von außen erfolgenden Überfällen größere Abwehrmöglichkeiten hat. Unser Antrag auf Drucksache IV/2592 vom Oktober 1964 bezweckt, daß die Bundesregierung dem Bundestag umgehend einen Gesetzentwurf vorlegt, wonach die aufgeführten Auflagen zur Voraussetzung für die Erteilung einer 'Genehmigung für den Verkehr mit Kraftdroschken gemäß § 47 Abs. 2 des Personenbeförderungsgesetzes gemacht werden. Sollte eine entsprechende Novelle zum Personenbeförderungsgesetz zu schwierig sein oder es bis zu ihrem Erlaß zu lange dauern, könnte gegebenenfalls die Schutzbestimmung auch in der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrzeugunternehmen im Personenverkehr oder in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vorgeschrieben werden. Hauptsache, so meine ich, sollte sein, daß recht bald etwas geschieht. Zu unserem Vorschlag, kugelsichere Glaswände einzubauen, möchte ich darauf hinweisen, daß in der letzten Zeit Panzerglasscheiben aus Verbundglas entwickelt worden sind, die als Trennwände nachträglich in alle als Taxen zugelassenen Fahrzeugtypen eingebaut werden können und dem Taxifahrer ein Höchstmaß an Schutz vor Überfällen gewähren. Alle Argumente, die bisher gegen den Einbau von Trennwänden vorgebracht wurden, sind durch die technische Entwicklung auf diesem Gebiet gegenstandslos geworden. Die bekannten Konstruktionen haben folgende Vorteile: Beschußsicherheit gegen Faustfeuerwaffen, nachträglicher Einbau in alle Fahrzeugtypen und keine Veränderung oder Beschädigung der Karosserie, nach Ausbau dieser Trennwände keine Wertminderung der Wagen, und — das dürfte auch interessant sein — das Gewicht dieser Trennwände beträgt ungefähr 40 kg bis 45 kg. Schmidt Zur Erhöhung der Sicherheit des Fahrers müßte mit dem Einbau der Trennwand der Einbau eines Zahlschalters zwischen Fahrersitz und Fahrgastraum verbunden werden. Darüber hinaus ist der Fahrersitz nach hinten mit einer schußsicheren Abdeckung zu versehen. Die Kosten für den Einbau von kompletten Trennwänden mit den erforderlichen Haltegriffen für die Fahrgäste werden mit ungefähr 500 DM bis 550 DM angegeben. Wir sind auch der Auffassung, daß durch den Einbau eines geeigneten und bewährten Funkwarnsystems — solche werden übrigens bereits in vielen Städten verwendet — die Sicherheit des Taxifahrers vor Überfällen noch erhöht wird. Mit Recht wird seitens der Taxifahrer und der Gewerkschaften die Auffassung vertreten, daß der Schutz von Menschenleben, das heißt hier der Taxifahrer, nicht an den Kosten für diese Schutzeinrichtungen scheitern darf. Aus diesem Grunde haben wir unter Punkt 2 unseres Antrags gebeten, für die Verwirklichung der Vorschläge zu Punkt 1 geeignete Finanzierungsmöglichkeiten vorzuschlagen. Meine Damen und Herren, wir sind der Überzeugung, daß Trennwände ohne Zweifel einen weitgehenden Schutz bieten. Aus dieser Erkenntnis heraus hat auch die niedersächsische Kriminalpolizei unlängst ein Merkblatt an Taxiunternehmen und Taxifahrer herausgegeben und darin zum Ausdruck gebracht, daß Überfälle nur wirksam verhindert werden können, wenn alle Kraftdroschken eine Schußund schlagsichere Trennwand zwischen Fahrer und Fahrgastraum besitzen. Wenn unser Antrag außer den Trennwänden einige weitere Schutzmaßnahmen vorsieht, dann aus dem Grunde, weil wir der Meinung sind, daß eine Summierung von wirtschaftlich vertretbaren Sicherungsmaßnahmen geeignet ist, dem Taxifahrer erhöhten Schutz zu gewähren. Da technische Möglichkeiten zur Durchführung von Sicherungsmaßnahmen nicht mehr bestehen und andererseits die Vergangenheit gezeigt hat, daß beim freiwilligen Einbau solcher Maßnahmen nur geringe Teilerfolge zu erwarten sind, liegt es nunmehr beim Gesetzgeber, zum Schutz der Taxifahrer entsprechende gesetzliche Vorschriften zu erlassen. Eine der Initiativen hierfür soll der von uns vorgelegte Antrag sein. Um des Lebens und der Gesundheit der Taxifahrer willen hoffen wir, daß baldigst positive Maßnahmen ergriffen werden. Ich empfehle die Überweisung unseres Antrages an den Verkehrsausschuß. Herr Abgeordneter Drachsler möchte noch eine Frage stellen. Ist Ihnen bekannt, Herr Kollege, daß die Taxiunternehmen einen solchen Segen gar nicht wollen? Die wollen gar keine Trennwände, sondern sie wünschen, daß es ihnen überlassen wird, wie sie sich gegen eventuelle Überfälle schützen. Ich möchte die Frage beantworten. Mir ist bekannt, daß die Taxifahrer also solche durchweg für den Einbau von Trennwänden eintreten. Es gibt nur gewisse Taxiunternehmungen, die ihrerseits, und zwar höchstwahrscheinlich im Hinblick auf die Kosten, Bedenken haben. Ich meine aber, Herr Kollege Drachsler, daß es hier nicht um die Kosten geht, sondern um die Sicherheit der Fahrer. Ich erinnere auch noch einmal an die mehr als 500 Überfälle in verhältnismäßig kurzer Zeit. Das sollte uns zu denken geben. Das Wort hat Herr Abgeordneter Müller-Hermann. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es scheint mir hier nicht der Ort und auch nicht die Zeit dafür zu sein, daß wir uns im Detail darüber unterhalten, auf welche Weise wir unser gemeinsames Anliegen durchsetzen können, das Leben der Taxifahrer nach der menschlichen Seite zu sichern. Deshalb bitte ich darum, daß dieser Antrag dem Verkehrsausschuß zur weiteren Prüfung überwiesen wird. Naturgemäß haben auch wir uns — ebenso wie die Bundesregierung — mit der Frage beschäftigt. Wir haben uns mit den Organisationen, dem Mietund Taxifahrergewerbe und der Arbeitsgemeinschaft „Personenverkehr" eingehend unterhalten und dabei den Eindruck gewonnen, daß die zwangsweise Einführung von Trennwänden eher ein Danaer-Geschenk für die Menschen sein könnte als ein echter Schutz. Wir werden uns im Ausschuß mit dem ganzen Fragenkomplex jedenfalls sehr eingehend beschäftigen und bitten daher um Überweisung. Ich darf die Aussprache über den Tagesordnungspunkt 12 c schließen. Vorgesehen ist Überweisung an den Ausschuß für Verkehr, Postund Fernmeldewesen — federführend — und an den Haushaltsausschuß — zur Mitberatung. — Es ist so beschlossen. Ich rufe zu dem Tagesordnungspunkt 12 d — dem interfraktionellen Antrag Drucksache IV/2751 — auf. Zur Begründung Herr Abgeordneter Jacobi, bitte. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beschränke mich auf drei Sätze. Satz 1: Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßengesetzes, der eine Neuregelung der Folgekosten für die Versorgung der Verkehrsunternehmen anstrebt, bedarf zu Vorbereitung der Ausschußberatungen einer eingehenden Begründung. Satz 2: Dieser Zweck kann auch dadurch erreicht werden, daß diese Begründung zu Protokoll gegeben wird. Satz 3: Dies geschieht hiermit. *)





(Beifall bei der CDU/CSU.)


(Beifall bei der CDU/CSU.)


(Heiterkeit.)





(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417223100
Walter Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0417223200




(Beifall bei der SPD.)

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417223300
Hans Drachsler (CSU):
Rede ID: ID0417223400
Walter Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0417223500
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417223600
Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0417223700
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417223800
Werner Jacobi (SPD):
Rede ID: ID0417223900

(Sehr gut! in der Mitte.)





Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417224000
Eine Aussprache wird nicht gewünscht.
Es ist vorgesehen Überweisung an den Ausschuß für Kommunalpolitik und Sozialhilfe sowie zur Mitberatung gemäß § 96 der Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß. — Ich stelle fest, daß so beschlossen ist.
Wir kommen zur Beratung des Antrags unter e betreffend Änderung der vorläufigen Richtlinien für die Gewährung von Bundeszuwendungen zu Straßenbaumaßnahmen von Gemeinden und Gemeindeverbänden, Drucksachen IV/1978 und IV/2794. Dazu liegt der Bericht des Herrn Abgeordneten Müller (Nordenham) vor. Ich danke ihm für seinen Schriftlichen Bericht und erteile ihm das Wort zu einer mündlichen Ergänzung.

Heinrich Müller (SPD):
Rede ID: ID0417224100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich verweise selbstverständlich auf den Schriftlichen Bericht. Ich bitte jedoch, in dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache IV/2794 folgende mit den Fraktionen abgesprochene Änderung vorzunehmen: Unter Nr. 1 Ziffer IV ist der Termin, bis zu dem die Bundesregierung einen Bericht vorlegen soll, zu ändern in „31. Mai 1965", da der ursprünglich vorgesehene Termin des 31. Januar 1965 inzwischen abgelaufen ist.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417224200
Als Berichterstatter des Haushaltsausschusses hat Herr Abgeordneter Mengelkamp das Wort.

Theodor Mengelkamp (CDU):
Rede ID: ID0417224300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da der Haushaltsausschuß nur nach § 96 der Geschäftsordnung beteiligt ist, bin ich mir darüber klar, daß hier eine schwierige Situation besteht, die wohl auch protokollarisch nicht ganz einfach zu handhaben ist.
Der gemäß § 96 beteiligte Haushaltsausschuß hat eindeutig festgestellt, daß die anfallenden Kosten durch den vorliegenden Haushalt gedeckt werden. Darüber hinaus hat der Haushaltsausschuß mit Mehrheit beschlossen, zu bedenken zu geben, daß durch die Einfügung einer neuen Ziffer 2 unter Nr. 1 Abschnitt I eine besondere Situation entstanden ist. Auf Empfehlung des Ausschusses für Kommunalpolitik hat nämlich der federführende Ausschuß beschlossen, Abschnitt I Nr. 4 der Richtlinien durch die Einfügung eines Buchstaben aa wie folgt zu ergänzen:
die Kosten der durch den Straßenbau verursachten Veränderungen von Versorgungsanlagen wie auch von Anlagen des öffentlichen Nahverkehrs, soweit diese nicht durch Buchstabe a jährlich ausgeschöpft werden;
Diese Hinzufügung erscheint der Mehrheit des Haushaltsausschusses nicht praktikabel. Auch der anwesende Vertreter des Bundesverkehrsministeriums hat darauf aufmerksam gemacht, daß bei der Durchführung einer derartigen Richtlinie Schwierigkeiten entstehen würden.
Die Formulierung enthält ja den ausdrücklichen Zusatz: „soweit diese nicht durch Buchstabe a jährlich ausgeschöpft werden" . In der Praxis werden also die zur Verfügung stehenden Mittel zunächst nach Buchstabe a aufgeteilt und zur Verausgabung vorgesehen. Ob Mittel übrigbleiben, kann erst nach Ablauf des Haushaltsjahres festgestellt werden. Dann erst würde nach der zitierten Vorschrift unter Buchstabe aa zu verfahren sein. Ein solches Verfahren erscheint aber nicht praktikabel. Deshalb möchte ich hier namens des Haushaltsausschusses Bedenken anmelden.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417224400
Das Wort hat der Abgeordnete Lemmrich.

Karl Heinz Lemmrich (CSU):
Rede ID: ID0417224500
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben auf Umdruck 599 *) den Antrag gestellt, unter Nr. 1 Abschnitt I die Ziffer 2 mit dem Buchstaben aa zu streichen. Die Gründe hat mein Kollege Mengelkamp schon dargelegt.
Es handelt sich bei dem hier zu fassenden Beschluß um eine Empfehlung an die Bundesregierung. Sicherlich ist es sinnvoll, wenn wir der Bundesregierung nur das empfehlen, was praktikabel ist. Das unter der angeführten Ziffer vorgesehene Verfahren ist jedoch nach Auffassung des Haushaltsausschusses als nicht praktikabel anzusehen. Da wir Wert darauf legen, daß diese Empfehlung an die Bundesregierung möglichst bald berücksichtigt wird, damit insbesondere die Bezuschussung beim Grunderwerb, der das Hauptproblem darstellt, verbessert werden kann, bitte ich, unserem Antrag zuzustimmen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417224600
Das Wort hat der Abgeordnete Müller (Nordenham).

Heinrich Müller (SPD):
Rede ID: ID0417224700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vorweg darf ich sagen, daß wir den Gemeinden helfen wollen und im Interesse der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden beantragen werden, diesen Antrag und auch die Drucksachen IV/2794 und IV/1978 an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen zurückzuverweisen. Dann kann sich der Ausschuß damit eingehend befassen.
Aber ich erinnere jetzt an das, was der Herr Bundesverkehrsminister soeben gesagt hat; denn das steht in Widerspruch zu dem, was Sie, Herr Kollege Mengelkamp, hier unterstellen. Der Herr Bundesverkehrsminister Dr. Seebohm hat hier behauptet: Es sind erhebliche Reste aus diesem Fonds von 680 Millionen DM vorhanden, so daß das, was wir im Ausschuß erreicht haben und was hier als Antrag vorliegt, doch finanziert werden könnte. Sie, Herr Kollege Mengelkamp, haben vorhin gesagt, Sie könnten den Unfug nicht mitmachen, den der Ausschuß mit Mehrheit beschlossen hat. Daß die Einrichtungen der öffentlichen Nahverkehrsbetriebe mit bezuschußt werden, besagen auch die Richt-
*) Siehe Anlage 3



Müller (Nordenham)

linien des Landes Nordrhein-Westfalen, und auch der Sachverständigenbericht — Drucksache IV/2661 — unterstützt uns in dem Bemühen, den Gemeinden zu helfen.
Damit wir hier nicht auseinandergehen, ohne den Gemeinden die Hilfe zu geben, auf die sie einen Anspruch haben, beantrage ich nochmals Rückverweisung an den Ausschuß.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417224800
Dazu Herr Abgeordneter Lemmrich!

Karl Heinz Lemmrich (CSU):
Rede ID: ID0417224900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Materie, die in diesem Absatz angesprochen ist — Verlegung von Versorgungsleitungen —, befaßt sich ganz detailliert der Antrag der Kollegen Professor Dr. Burgbacher, Rauhaus, Dr. Aschoff und Genossen und der Fraktion der SPD. Diese Materie wird also ohnedies im Verkehrsausschuß beraten werden. Wir sollten deshalb doch dem Antrag, diesen Absatz herauszunehmen, zustimmen. Dann kann die Richtlinie in dieser Richtung geändert werden.
Es muß festgestellt werden, daß es sich bei der Bezuschussung im Zusammenhang mit der Verlegung von Versorgungsleitungen um eine sehr diffizile Rechtsfrage handelt. Das ist auch in den Beratungen des Haushaltsausschusses sehr deutlich geworden. Nur um die Sache nicht zu verzögern und um heute schneller voranzukommen, haben wir davon Abstand genommen, die Überweisung des Antrags von Professor Dr. Burgbacher an den Rechtsausschuß zu beantragen.
Damit das, was nunmehr beschlossen und nicht mehr umstritten ist, jetzt zum Tragen kommen kann, möchte ich Sie bitten, den Antrag nicht noch einmal an den Verkehrsausschuß zurückzuverweisen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417225000
Das Wort hat der Abgeordnete Jacobi.

Werner Jacobi (SPD):
Rede ID: ID0417225100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe vorhin das Haus nicht überfordern wollen; ich bitte aber auch, das Haus nicht mit diesem Antrag zu überfordern; denn ein Überblick und ein Einblick in die vielschichtige Problematik wird in diesem Augenblick nicht möglch sein.
Nur das dine ,möchte ich sagen: der vom Kollegen Lemmrich vorhin erwähnte, dem Ausschuß überwiesene Gesetzesantrag behandelt zwar in der Sache dasselbe, hat aber mit den Richtlinien nichts zu tun. Alle Fragen, die offen sind, müssen noch einmal gründlich überlegt werden, und zwar unabhängig davon, ob der vorhin eingebrachte Gesetzentwurf irgendwann einmal zur zweiten und dritten Beratung in dieses Haus zurückkommt. Ich glaube, wir sollten hier — entschuldigen Sie — keine Tricks versuchen, sondern die Dinge beim Namen nennen. Hier ist eine Entweder-oder-Entscheidung zu treffen, und der Antrag auf Rücküberweisung gibt allen die Möglichkeit, das Für und Wider in sachlicher und rechtlicher Hinsicht zu überprüfen.
Ich bitte deshalb, dem Antrag meiner Freunde zu entsprechen.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417225200
Wir stimmen dann über den Antrag Müller (Nordenham) auf Zurückverweisung an den Verkehrsausschuß und — gemäß § 96 der Geschäftsordnung — an den Haushaltsausschuß ab. Wer zustimmt, gebe bitte ein Zeichen. — Gegenprobe! — Wir müssen die Abstimmung durch Erheben wiederholen. Wer zustimmt, erhebe sich. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Es ist also beschlossen. Die Vorlagen Drucksachen IV/1978 und 2794 sind an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen sowie — nach § 96 der Geschäftsordnung — an den Haushaltsausschuß zurückverwiesen.
Wir kommen zu Punkt 12 f, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes. Wird das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Drachsler.

Hans Drachsler (CSU):
Rede ID: ID0417225300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur eine kurze Bemerkung. Mit Anweisung des Finanzministeriums vom 18. März 1963 an den Bundesverkehrsminister wurde bekanntlich erklärt, daß wegen eines Einspruchs des Rechnungshofs weitere Zuschüsse für den Ausbau von Verkehrssignalanlagen unterbleiben müssen. Nun werden wir heute — ich glaube, es gibt keinen Zweifel daran — die Vorlage annehmen.
Jetzt möchte ich nur an den Finanzminister appellieren, eine Regelung zu finden, nach der die Gemeinden und Städte, die in der unsicheren Lage inzwischen trotzdem weiter Signalanlagen gebaut haben, die entsprechenden Zuschüsse bekommen, weil sie in dem Glauben handelten, daß diese Vorlage sinnvoll gehandhabt werde. Wir wollen uns die Zeit ersparen und keinen solchen Antrag stellen, sondern nur an den Bundesfinanzminister den Appell richten. Wir sind sicher, daß eine Regelung gefunden werden kann.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417225400
Ich danke dem Berichterstatter.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe auf Art. 1, — 2, — 3 sowie Einleitung und Überschrift, und zwar in der Fassung der Drucksache IV/2792. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Angenommen.
Ich schließe die zweite und eröffne die
dritte Beratung.
Wer zustimmt, erhebe sich. — Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Wir kommen zu Punkt 12 g, dem Entwurf eines Gesetzes über eine Untersuchung der wirtschaftlichen Lage der Deutschen Bundesbahn, der Binnenschiffahrt und des gewerblichen Kraftverkehrs. — Das Wort wird nicht gewünscht. Der Entwurf soll an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen — federführend —und an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung überwiesen werden. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.



Vizepräsident Dr. Dehler
Punkt 12 h, Antrag betreffend Mannheimer Akte. Der Antrag soll an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen überwiesen werden. — Es ist so beschlossen.
Punkt 12 i, Antrag betreffend Errichtung eines Bundesamtes für Transportkosten. Keine Begründung, keine Aussprache. Es ist Überweisung an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen
— federführend —, an den Wirtschaftsausschuß und an den Haushaltsausschuß vorgesehen. Der Ausschuß für Inneres kann gutachtlich gehört werden; wir wollen grundsätzlich nicht an mehr als drei Ausschüsse überweisen.

(Abg. Dr. Schäfer: Es ist nichts zu verstehen, Herr Präsident!)

— Es ist von Überweisung an vier Ausschüsse gesprochen worden. Das wollen wir grundsätzlich nicht. Mein Vorschlag: Überweisung an den Verkehrs-, den Wirtschafts- und den Haushaltsausschuß, und der Ausschuß für Inneres soll gutachtlich gehört werden. Besteht Einverständnis? — Es ist so beschlossen.
Punkt 12 j: Entschließungsantrag betreffend Entwurf eines Gesetzes über Umstellung der Abgaben auf Mineralöl. Soll der Entschließungsantrag der SPD Umdruck 358 (neu) nicht zurückgezogen werden? — Nein, er wird aufrechterhalten; der ursprüngliche Entschließungsantrag wird für erledigt erklärt. Soll der Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur Abstimmung gestellt werden? — Keine Bedenken. Wer ihm zustimmt, gebe bitte Zeichen. —Gegenprobe! — Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.
Wir kommen dann zu Punkt 12 k, zu dem Schiffssicherheitsvertrag vom 17. Juni 1960. Hierzu liegt der Bericht des Herrn Abgeordneten Dr. Löbe vor.
— Keine Wortmeldungen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe auf Art. 1, Art. 2, Einleitung und Überschrift. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! — Einstimmige Annahme.
Ich schließe die zweite und eröffne die
dritte Beratung.
Wer zustimmt, erhebe sich. — Einstimmige Annahme des Gesetzes.
Wir kommen nun weiter zu Punkt 121, zu dem Zweiten Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschiffahrt. Hier sind die Abgeordneten Mengelkamp und Wendelborn Berichterstatter.
Als Berichterstatter hat der Herr Abgeordnete Mengelkamp das Wort.

Theodor Mengelkamp (CDU):
Rede ID: ID0417225500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst darf ich namens des Haushaltsausschusses feststellen, daß wir sehr glücklich darüber sind, daß hier eine erfreuliche Gesetzesbereinigung hat vorgenommen werden können und daß die Klärung der Kompetenzen von Bund und Ländern in diesem Gesetzgebungswerk so ausgezeichnete Fortschritte gemacht hat. Besonderen
Wert legen wir auf die Feststellung, daß der Bund nicht verpflichtet ist, den Ländern und Gemeinden als Hafenträgern finanzielle Zuschüsse zu leisten. Das ist ja in dem ausgezeichneten Bericht des Herrn Abgeordneten Wendelborn festgehalten worden.
Dann habe ich im Einvernehmen mit dem Herrn Kollegen Wendelborn insgesamt vier Druckfehler zu berichtigen, die sich in seinen Bericht auf Drucksache IV/3133 eingeschlichen haben. Auf der ersten Seite muß es im zweiten Absatz in der 13. Zeile der linken Spalte statt „Staatssicherheitsvorschriften" heißen „Schiffssicherheitsvorschriften". Auf der zweiten Seite des Schriftlichen Berichts muß es in der achtletzten Zeile der linken Seite statt „die eigenen Schiffahrtswege" heißen „die eigentlichen Schiffahrtswege" . In Ziffer 4 auf der rechten Spalte der gleichen Seite muß es heißen „Der Erlaß von Verordnungen über die Abgaben" ; also Plural und nicht Singular. In der 16. und 17. Zeile nach dieser Ziffer 4 muß es heißen „andere Aufgaben wahrzunehmen haben" und nicht „wahrgenommen haben". Ich bitte, diese Druckfehler zu berichtigen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0417225600
Die Berichtigungen werden festgehalten.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe auf § 1, § 1 a, § 2, § 4, § 4 a, § 4 b, § 4 c, § 5, § 6, § 6 a, § 6 b, § 7, § 8, § 9, § 10, § 11, § 12, § 13, § 14, § 15, § 16, § 17, die Einleitung und die Überschrift. Wer zustimmt, gebe bitte Handzeichen. — Gegenprobe! — Einstimmige Annahme.
Ich schließe die zweite Beratung und eröffne die
dritte Beratung.
Keine Wortmeldungen. Wer zustimmt, erhebe sich. — Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Wir kommen zu Punkt 12 m, zur Änderung des Gesetzes über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt. Es liegt hier ein Bericht des Herrn Abgeordneten Eisenmann vor; ich danke ihm dafür. — Keine Wortmeldungen.
Wir treten in die Einzelberatung ein: Art. 1 mit den vorgenommenen Änderungen, — Art. 2, — Art. 3, — Einleitung und Überschrift. — Wer zustimmt, gebe bitte Handzeichen. — Gegenprobe! — Einstimmige Annahme. Ich schließe die zweite und eröffne die
dritte Beratung.
Wer zustimmt, erhebe sich vom Platz. — Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Unter Punkt 12 n steht der Gesetzentwurf zu dem Übereinkommen betreffend einheitliche Bedingungen für die Genehmigung der Ausrüstungsgegenstände und Teile von Kraftfahrzeugen und über die gegenseitige Anerkennung der Genehmigung zur Abstimmung. Es liegt der Bericht des Herrn Abgeordneten Höhne vor, dem ich dafür danke. Eine Aussprache wird nicht gewünscht.
Wir kommen zur Abstimmung. Art. 1, — Art. 2, — Art. 3, — Art. 4, — Einleitung und Überschrift. Wer zustimmt, gebe bitte das Handzeichen. — Einstim-



Vizepräsident Dr. Dehler
mige Annahme. Ich schließe die zweite und eröffne die
dritte Beratung.
Wer zustimmt, erhebe sich vom Platz. — Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Tagesordnungspunkt 12 o, Entschließungsantrag zum Haushaltsgesetz 1964. Der Ausschuß schlägt vor, den Entschließungsantrag für erledigt zu erklären. — Ich nehme Thr Einverständnis an.
Punkt 12 p betrifft die Verbesserung der Fahrwasserverbältnisse auf dem Rhein. — Ich stelle fest, daß Sie dem Ausschußantrag zustimmen.
Der Antrag unter 12 q betreffend Erstversorgung für Unfallverletzte ist noch zu erledigen. Die schriftliche Begründung des Abgeordneten Dr. Pohlenz nehmen wir zu Protokoll *) . Der Antrag ist zu überweisen an den Ausschuß für Gesundheitswesen — federführend - und zur Mitberatung an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen und an den Haushaltsausschuß. - Ich stelle Ihr Einverständnis fest; es ist so beschlossen.
Wir kommen nun zu den Zusatzpunkten auf der Ihnen vorliegende Liste. Ich rufe auf:
1. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats zur zweiten Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung Nr. 85/63/EWG über die Festsetzung der Einschleusungspreise und der Zusatzbeträge sowie der Übergangsbestimmungen für Teilstücke von Schweinen sowie Schweinefleisch enthaltende Zubereitungen und Konserven (Drucksachen IV/3158, IV/3176) ;
2. Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Inneres (6. Ausschuß) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der EWG für eine
Verordnung des Rats zur Änderung der Berichtigungskoeffizienten für die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten
Verordnung der Räte der EWG/EAG zur Änderung. des Statuts der Beamten und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Atomgemein-
*) Siehe Anlage 4
schaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
Verordnung der Räte der EWG/EAG zur Bestimmung der Höhe und des Umfangs der in Artikel 3 a des Anhangs VII des Statuts vorgesehenen Pauschalzulage
Verordnung der Räte der EWG/EAG zur Änderung der Berichtigungskoeffizienten für die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten
Verordnung der Räte der EWG/EAG zur Änderung der Bestimmungen und des Verfahrens für die Erhebung der in Artikel 12 Absatz 1 der Protokolle über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Atomgemeinschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vorgesehenen Steuer zugunsten der Gemeinschaft

(Drucksachen IV/2748, IV/3148, IV/3149, IV/ 3177);

3. Beratung des Schriftlichen Berichts des Außenhandelsausschusses (17. AusschUß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die Festsetzung der Abschöpfungsbeträge gegenüber dritten Ländern für Schweine, Schweinefleisch und Schweinefleisch enthaltende Erzeugnisse für Einfuhren, die vom 1. April bis zum 30. Juni 1965 getätigt werden (Drucksache IV/3157, IV/3179).
Die Ausschüsse empfehlen in zwei Fällen — zu den Punkten 1 und 3 —, den Vorschlag der EWG- Kommission zur Kenntnis zu nehmen. In dem zweiten Zusatzpunkt macht der Ausschuß Änderungsvorschläge und empfiehlt im übrigen, die Vorschläge und Entwürfe der Kommission der EWG/ EAG zustimmend zur Kenntnis zu nehmen.
Wünscht einer der Herren Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall. — Wir kommen dann zur Abstimmung über die Ausschußanträge auf den Drucksachen IV/3176, IV/3177, IV/3179. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Wir stehen am Schluß der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, 18. März, 14.00 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.