Gesamtes Protokol
Ich eröffne die Sitzung.
Die Tagesordnung ist heute kurz. Wir haben nur noch den Punkt 1 zu Ende zu bringen:
Fragestunde .
Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr.
Frage VII/ 1 — des Abgeordneten Dr. Rutschke —:
Weshalb wird wochenlang an der Autobahnausfahrt Pforzheim-West, die bereits seit über einem halben Jahr gesperrt ist, nicht gearbeitet, obwohl diese Ausfahrt im Interesse der notwendigen Verteilung des starken Verkehrs dringend benötigt wird?
An der vorübergehenden Einstellung der Arbeiten sind unerwartet aufgetretene bauliche Schwierigkeiten schuld, die die Ausführung so verzögerten, daß die Arbeiten infolge des Winterwetters zusätzlich erheblich behindert wurden. Der Umbau der Autobahnausfahrt aus Richtung Karlsruhe an der Anschlußstelle Pforzheim-West war aus Gründen der Verkehrssicherheit wegen der ungenügenden Sichtverhältnisse erforderlich. Mit den Arbeiten wurde, nicht zuletzt auf Drängen der Wirtschaft im Raume Pforzheim, noch im Oktober vergangenen Jahres begonnen. Bei normalem Arbeitsablauf war damit zu rechnen, daß der Umbau bis Jahresende abgeschlossen werden konnte.
Bei der Durchführung der Erdarbeiten stieß die Auftragsverwaltung jedoch unerwartet auf massive Kalksteinbänke, die nur durch umfangreiche Sprengarbeiten zu lösen waren. Statt etwa 1000 cbm Fels, wie erwartet, mußten 5000 cbm Fels gelöst werden. Dadurch ergaben sich zwangsläufig erhebliche Verzögerungen, so daß der Umbau nicht mehr vor Wintereinbruch abgeschlossen werden konnte. Die Arbeiten wurden im Februar wieder aufgenommen. Sie mußten jedoch wegen des erneuten Kälteeinbruchs leider wiederum eingestellt werden.
Ich bitte Verständnis dafür zu haben, daß sich aus den angeführten Gründen die Durchführung der Maßnahme verzögert hat. Unter normalen Verhältnissen hätte der Umbau längst fertiggestellt werden können. Die Straßenbauverwaltung des Landes Baden-Württemberg wird darum bemüht sein, daß noch vor Ostern die Ausfahrt aus Richtung Karlsruhe wieder für den Verkehr freigegeben werden kann.
Frage VII/ 2 — des Abgeordneten Dr. Bechert —:
Wann wird mit dem Ausbau der Bundesstraße 83 nördlich der Stadt Grebenstein begonnen?
Die Bundesstraße 83 konnte seinerzeit bei der Auswahl der Bundesfernstraßen für das bevorzugt auszubauende sogenannte blaue Netz, das gesetzlich festgelegt ist, nicht berücksichtig werden. Der endgültige Ausbau des Straßenzuges von der Einmündung in die Bundesstraße 7 nordwestlich von Kassel bis nach Karlshafen muß deshalb noch zurückgestellt bleiben. Dafür ist jedoch im Rahmen des zweiten Vierjahresplanes für die Bundesstraße 83 zwischen Grebenstein und Hofgeismar ein Zwischenausbau vorgesehen. Die Bundesstraße 83 soll dadurch in diesem Abschnitt so instand gesetzt werden, daß sie bis zu ihrem endgültigen Ausbau den Verkehrsanforderungen genügt.
Eine Zusatzfrage!
Herr Minister, darf ich Ihre Antwort so verstehen, daß es richtig ist, wie mir berichtet worden ist, daß bei Westuffeln nördlich von Grebenstein der Ausbau dieser Bundesstraße 83 bereits beginnt?
Ja, aber erst im zweiten Vierjahresplan, also erst 1963.
Frage VII/ 3 — des Abgeordneten Riegel —:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in den Ruhestand tretenden Bediensteten der Deutschen Bundespost und der Deutschen Bundesbahn, wenn sie eine Dienstwohnung bewohnen, diese gekündigt wird und gegebenenfalls Zwangsräumungen durchgeführt werden?
Dienstwohnungen werden den Inhabern bestimmter Dienstposten zugewiesen, die jederzeit erreichbar sein müssen, z. B. den Leitern von Betriebsdienststellen. Diese Wohnungen erfüllen ihren Zweck nur, wenn sie auch bei einem Wechsel des Dienstposteninhabers von dessen Nachfolger schnell
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Dr. -Ing. Seebohmbezogen werden können. Deshalb endet dié Berechtigung zum Bewohnen solcher Wohnungen im allgemeinen spätestens mit dem Ablauf des Monats, in dem der Inhaber aus dem bisherigen Dienstposten ausscheidet. Den Beamten, die innerhalb der ihnen gesetzten Frist die Dienstwohnung räumen, wird Umzugskostenentschädigung nach den Bestimmungen des Umzugskostengesetzes gewährt.Ein Mietvertrag wird über Dienstwohnungen nicht abgeschlossen. Daher entfällt auch eine förmliche Kündigung.Ich kann diese Erklärung auf Grund einer Mitteilung des Herrn Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen gleichzeitig auch für den Bereich der Bundespost abgeben.
Eine Zusatzfrage?
Herr Bundesminister, glauben Sie nicht, daß die Fürsorgepflicht seitens der Bundesbahn und der Bundespost auch für im Ruhestand befindliche Bedienstete bestehen bleibt? Es müßte doch berücksichtigt werden, daß sie nach der Pensionierung ein geringeres Einkommen haben, dann aber durch eine höhere Miete größere Ausgaben haben. Glauben Sie nicht, daß das Vorgehen mit Zwangsräumungen dieser Fürsorgepflicht entgegensteht?
Herr Kollege, Sie haben soeben drei Fragen gestellt, von denen die eine vielleicht auch von dem Herrn Vertreter des Bundesministers für das Post-und Fernmeldewesen beantwortet wird.
Bei Dienstwohnungen — das ist schon immer so gewesen — weiß der Beamte genau, daß er sie zu räumen hat, wenn er den Dienstposten aufgibt oder wenn er versetzt wird. Die Fürsorgepflicht endet selbstverständlich nicht damit, daß er aus seinem Dienstposten ausscheidet. Das kann dem aktiven Beamten genauso passieren wie dem, der in Pension geht. Aber wer eine Dienstwohnung innehat, ganz gleichgültig, in welcher Stellung er sich befindet, weiß, daß er diese Dienstwohnung nur so lange innehat, als er den Dienstposten bekleidet. Das ist ihm vorher genau bekannt. Infolgedessen besteht für ihn keine Möglichkeit, in dieser Wohnung zu verbleiben. Ich spreche hier von Dienst wohnungen, Herr Kollege, denn nach denen haben Sie gefragt.
Herr Präsident, darf ich mich für die Deutsche Bundespost anschließen. Herr Abgeordneter, Sie haben von der Fürsorgepflicht gesprochen. Ich darf Ihnen für den Bereich der Deutschen Bundespost sagen, daß die in den Ruhestand tretenden Bediensteten und ihre versorgungsberechtigten Hinterbliebenen in den Postvertragswohnungen aus sozialen Gründen belassen werden. In den wenigen Ausnahmefällen, in denen eine Postvertragswohnung für einen aktiven Beamten dringend benötigt wird, wird in jedem Falle eine angemessene Ersatzwohnung zur Verfügung gestellt.
Ich rufe auf die Frage VII/ 4 — des Abgeordneten Höhmann
Welche Vorstellungen hat der Herr ,Bundesverkehrsminister über die Verlegung und Fertigstellung der Bundesstraße 80 zwischen Hedemünden und Gertenbach sowie in der Ortslage Witzenhausen?
Der Ausbauplan für die Bundesfernstraßen sieht vor, daß die Bundesstraße 80 auf ihre gesamte Länge zwischen der Einmündung in die Bundesstraße 83 bei Karlshafen und der Einmündung in die Bundesstraße 27 bei Witzenhausen als Fremdenverkehrsstraße ausgebaut wird. Bei der Aufstellung des Programmes für den zweiten Vierjahresplan wurde diese Strecke in das sogenannte erweiterte blaue Netz aufgenommen. Das blaue Netz umfaßt jene Bundesstraßen, deren Ausbau — mit Vorrang — beabsichtigt ist. Während der Laufzeit des zweiten Vierjahresplanes von 1963 bis 1966 ist zunächst eine Verlegung der Bundesstraße 80 zwischen Hedemünden und Gertenbach auf eine Länge von 2,1 km bei einem Kostenaufwand von 3 Millionen DM vorgesehen.
In der Ortsdurchfahrt Witzenhausen verlaufen bisher die Bundesstraßen 80 und 27 gemeinsam. Für die Bundesstraße 27 wird zur Zeit eine Umgehungsstraße gebaut, durch die der erhebliche Durchgangsverkehr im Zuge der Bundesstraße 27 aus der Ortsdurchfahrt Witzenhausen herausgenommen wird. Die Ortsdurchfahrt der Bundesstraße 80 wird dadurch, soweit sie mit der Bundesstraße 27 gemeinsam verläuft, innerhalb der Ortslage erheblich entlastet. Aus diesem Grunde ist für den zweiten Vierjahresplan keine Baumaßnahme im Zuge der Ortsdurchfahrt der Bundesstraße 80 in Witzenhausen vorgesehen, die sich ja auch in der Baulast des Bundes befindet.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, ist Ihnen von Ihrem Referenten bei der Bearbeitung dieser Antwort nicht auch mitgeteilt worden, daß die B 80 in der Ortslage Witzenhausen schon im ersten Vierjahresplan des Ausbaus als Fremdenverkehrsstraße eingezeichnet und eingetragen worden ist?
Ich glaube, dazu brauche ich nicht meinen Referenten zu fragen, Herr Kollege; das weiß ich selbst.
Im übrigen ist damit, daß diese Bundesstraße eingetragen ist, nicht festgelegt, daß sie ausgebaut wird. Das ist nur dann der Fall, wenn sie in der Textur des ersten Vierjahresplans aufgenommen war; aber dort steht 'sie nicht.
Eine letzte Zusatzfrage.
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Darf ich dann feststellen, daß die Textur im ersten Vierjahresplan mit der Zeichnung im ersten Vierjahresplan nicht übereinstimmt und daß das bisher offensichtlich noch nicht aufgefallen ist?
Sie wissen so gut wie ich, Herr Kollege, daß der erste Vierjahresplan, für den insgesamt 8,2 Milliarden DM angesetzt waren, durch die Verschiebung des Haushaltsjahrs auf das Kalenderjahr und durch die verspätete Verabschiedung des Straßenbaufinanzierungsgesetzes um 700 Millionen DM gekürzt worden ist.
Frage VII/ 5 — Herr Abgeordneter Welslau —:
Hält die Bundesregierung es für erforderlich, daß an Straßeneinmündungen, wo ein Verkehrsteilnehmer seine Fahrtrichtung nicht verändert und der von rechts kommende Verkehrsteilnehmer auf diese Straße einmündet, Verkehrszeichen nach Bild 30 bzw. 30 a und nach Bild 52 der Anlage zur StraßenverkehrsOrdnung aufgestellt werden?
In der von Ihnen geschilderten Verkehrssituation, verehrter Herr Kollege, hat grundsätzlich der aus der einmündenden Straße von rechts Kommende die Vorfahrt. Das ist in § 13 der StraßenverkehrsOrdnung bestimmt. Verkehrszeichen der von Ihnen erwähnten Art sind daher nur aufzustellen, wenn die Vorfahrt abweichend vom Gesetz geregelt werden soll, Ob das zweckmäßig ist, können nur die für
3) die Verkehrssicherheit an Ort und Stelle zuständigen Landes- oder Kommunalbehörden beurteilen, Der Bundesverkehrsminister hat auf diese örtliche Verkehrsregelung keinen Einfluß.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, können Sie sagen, wieviel Verkehrsunfälle sich infolge Nichtbeachtens der Vorfahrt im Jahr 1961 bzw. 1960 ereignet haben?
Nein. Diese Zahlen werden in der Statistik nicht genau erfaßt. Die Landesbehörden tragen Unfälle auf Landkarten ein. Deshalb könnte Ihnen diese Frage wahrscheinlich von den Landesbehörden in den einzelnen Ländern beantwortet werden. Eine Bundesstatistik darüber besteht nicht.
Eine letzte Zusatzfrage.
Herr Minister, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß Sie nicht der Meinung sind, daß zur Erhöhung der Verkehrssicherheit die Straßenverkehrs-Ordnung dahingehend zu ändern ist, daß grundsätzlich der Verkehrsteilnehmer aus der einmündenden Straße die Vorfahrt zu beachten hat und nur dort Schilder aufgestellt werden, wo sich Zweifelsfälle ergeben, um endlich einmal dem Schilderwald zu begegnen?
Die Frage, 'wie der Schilderwald aufgestellt wird oder ob er nicht aufgestellt wird, Herr Kollege, entscheiden die örtlichen Behörden. Wir geben in der Straßenverkehrs-Ordnung nur an, wie die Verhältnisse zu regeln sind. Ob an den entsprechenden Stellen Schilder aufgestellt werden müssen, muß örtlich beurteilt werden, das kann nicht in einer allgemein geltenden Verordnung für alle Fälle geregelt werden.
Frage VII/6 — Abgeordneter Peiter —:
Trifft es zu, daß die Deutsche Bundesbahn beabsichtigt, die eingleisige Bahnstrecke Westerburg-Herborn stillzulegen?
Untersuchungen im Rahmen des verkehrspolitischen Programms der Bundesregierung zur Gesundung der Deutschen Bundesbahn, um durch Vereinfachung ,der Betriebsweise die Wirtschaftlichkeit ihrer unrentablen Nebenbahnen zu steigern, werden zur Zeit von den Bundesbahndirektionen Frankfurt und Mainz u. a. auch für die eingleisige Bahnstrecke Westerburg-Herborn angestellt. Da die Ermittlungen über ein Vorstadium hinaus noch nicht gediehen sind, bin ich zu meinem Bedauern nicht in der Lage, im jetzigen Zeitpunkt schon etwas über den Ausgang der Untersuchungen zu sagen, Ich bin jedoch, falls Sie, Herr Kollege, es wünschen, gern bereit, mich zu gegebener Zeit schriftlich über das Untersuchungsergebnis Ihnen gegenüber zu äußern. Bevor die Einleitung der Stilllegung einer Bundesbahnstrecke erfolgt, wird, wie bekannt, auch ,die zuständige Landesregierung gehört. Erst danach beschließt darüber der Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn. Erst wenn sich alle diese Instanzen geäußert haben, kann der Vorstand den Antrag auf Stillegung bei der Bundesregierung stellen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, ist der Bundesregierung bekannt, daß es sich bei diesem Gebiet um ein anerkanntes Notstandsgebiet handelt, in dem mit erheblichem Aufwand neue Industrien angesiedelt wurden?
Herr Kollege, ,das ist leider fast überall dort der Fall, wo Eisenbahnstrecken unrentabel sind; sie sind ja deswegen unrentabel, weil es sich um ein Notstandsgebiet handelt. Auf der anderen Seite hat das Hohe Haus durch Gesetz der Bundesbahn auferlegt, ihren Betrieb nach kaufmännischen Gesichtspunkten zu führen, und hat die frühere, sehr viel weitergehende Gemeinwirtschaftlichkeit ausdrücklich ausgeschlossen.
Zweite Zusatzfrage!
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Herr Minister, ist sich die Bundesregierung darüber im klaren, daß bei einer Stilllegung oder auch nur Einschränkung des Betriebs auf dieser Bahnlinie die mit erheblichen Mitteln angesiedelten Industriezweige in ihrer Existenz gefährdet sind und daß darüber hinaus die Garnisonplanung der Bundeswehr in diesem Raum berührt würde?
Herr Kollege, ich habe Ihnen doch gesagt, daß die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind. All diese Tatbestände werden bei der Untersuchung zu erheben sein. Es ist keineswegs sicher, daß überhaupt ein Antrag auf Einstellung dieser Strecke gestellt wird. Ich kann nur ganz allgemein dazu sagen, daß selbstverständlich alle diese Momente genau geprüft werden. Da auch die Landesbehörden eingeschaltet werden, können Sie sicher sein, daß alle diese Momente eingehend vorgetragen und diskutiert werden.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Abgeordneter Jacobs!
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß die Bundesbahn beispielsweise im Raum Trier Güterabfertigungsbahnhöfe stillegt, obwohl das Frachtaufkommen dort zur Zeit noch das Mehrfache des Volumens beträgt, bei dessen Nichterreichen nach dem Brand-Gutachten die Schließung veranlaßt werden sollte?
Sie wissen, Herr Kollege Jacobs, daß dies ausschließlich in der Zuständigkeit der Leitung der Bundesbahn liegt. Der Bundesminister für Verkehr hat darauf keinen Einfluß.
Ich rufe die von dem Abgeordneten Neumann gestellte Frage VII/ 7 auf:
Ist der Herr Bundesverkehrsminister der Auffassung, daß eine Ausweitung der Zahl der Verkehrszeichen im Interesse der Stärkung der Verkehrssicherheit vermieden werden muß und insbesondere nichtzugelassene Verkehrsschilder entfernt werden sollten?
Ich bin mit Ihnen, sehr verehrter Herr Kollege, der Auffassung, daß eine Ausweitung ,der Zahl der Verkehrszeichen im Interesse der Verkehrssicherheit vermieden werden muß und daß insbesondere nicht zugelassene Verkehrsschilder von den Straßen zu verschwinden haben. Dies ist, wie ich soeben schon bemerkte, in Ausführung der Bundesgesetze Aufgabe ,der Straßenverkehrsbehörden in den Ländern.
Wir unterscheiden amtliche Verkehrszeichen, die in der Anlage zur Straßenverkehrs-Ordnung verzeichnet sind, und nichtamtliche, aber behördlich zugelassene Hinweiszeichen wie z. B. die Wegweiser zu innerörtlichen Zielen, Hinweise auf Schülerlotsen, Zeltplätze und auf Gottesdienste. Das sind jene Zeichen, die auch in Zukunft bestehenbleiben sollen. Wandtafeln und Wandschilder privater Unternehmungen und Institutionen müssen unseres Erachtens verschwinden. Aber wie gesagt, dies ist eine Angelegenheit der örtlich zuständigen Behörden.
Zusatzfrage?
Herr Bundesverkehrsminister, Sie zitieren richtig die StraßenverkehrsOrdnung. Da ich annehmen darf, daß Ihnen die Bestimmung des § 3 der Straßenverkehrs-Ordnung bekannt ist, wonach amtliche Verkehrszeichen nur solche sind, ,die in ,der Anlage zu der Verordnung abgebildet sind, darf ich Sie fragen, ob Ihnen noch nicht aufgefallen ist, daß an der Zufahrt zum Bundeshaus bei der Kreuzung Görresstraße/ Siebengebirgsstraße /Hermann-Ehlers-Straße Schilder aufgestellt sind, die nicht diesen Vorschriften entsprechen.
Das ist leider nicht der einzige Fall in der Bundesrepublik. Aber dem föderalen Prinzip und dem gemeindlichen Selbstbestimmungsrecht kann man eben in der Beziehung nicht entgegentreten. Ich versuche, bei einer Neufassung der Straßenverkehrs-Ordnung ein ausdrückliches Verbot der Aufstellung 'derartiger nicht zugelassener Schilder durchzusetzen. Das ist bisher nicht gelungen.
Nächste Zusatzfrage!
Würden Sie nicht den Versuch machen, daß wenigstens hier vor dem Bundeshaus an der einzigen Anfahrt für ausländische und inländische Autobenutzer Verkehrszeichen aufgestellt werden, die .der vom Bund erlassenen Straßenverkehrs-Ordnung entsprechen?
Ich will gern die zuständigen Behörden noch einmal bitten, sich nach den bestehenden Verordnungen zu richten. Aber Sie wissen ja, Herr Kollege, die Selbstverwaltung geht manchmal ihre eigenen Wege.
Ich rufe die von dem Abgeordneten Ritzel gestellte und von dem Abgeordneten Schwabe aufgenommene Frage VII/ 8 auf:
Nach welchen Gesichtspunkten erfolgen die Eintragungen in die sogenannte Verkehrssünderkartei?
Zweck der Eintragungen im Verkehrszentralregister ist u. a. die Sammlung von Material für die Beurteilung der Eignung der betroffenen Personen als Straßenverkehrsteilnehmer. Ohne solches Material können Maßnahmen zum Schutze der Allgemeinheit vor ungeeigneten Verkehrsteilnehmern nicht im erforderlichen Maße getroffen werden. Derartiges Material wird in fast allen europäischen Staaten gesammelt.
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Dr.-Ing. SeebohmEingetragen werden Verwaltungsmaßnahmen und strafgerichtliche Maßnahmen. Als Verwaltungsmaßnahmen kommen nur Versagungen und Entziehungen der Fahrerlaubnis und Verbote, Fahrzeuge zu führen, in Betracht; sie wurden auch schon früher beim Kraftfahrt-Bundesamt karteimäßig erfaßt. Als strafgerichtliche Maßnahmen kommen Bestrafungen wegen verkehrswidrigen Verhaltens, Entziehungen der Fahrerlaubnis und Anordnungen über Sperrfristen für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis in Betracht. Die Einzelheiten dazu ergeben sich aus § 13 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung; Rechtsgrundlagen für den Erlaß dieser Bestimmung waren die §§ 6, 6 a und 27 des Straßenverkehrsgesetzes. Gebührenfreie und gebührenpflichtige Verwarnungen werden nicht eingetragen. Die Strafgerichte können bei bestimmten Verurteilungen anordnen, daß die Eintragung unterbleibt. Dem unterschiedlichen Gewicht der Eintragungen wird durch eine Staffelung der Tilgungsfristen — bei Übertretungen Löschung nach zwei Jahren, bei Vergehen je nach der Schwere Löschung während einer Zeit von zwei bis zehn Jahren — Rechnung getragen.
Zusatzfragel
Ist es richtig, Herr Minister, daß diese Eintragungen je nach Höhe der Geldstrafen unterschiedlich sein können, wie es ja aus Ihrer Antwort hervorgeht, und daß damit eine unterschiedliche Bewertung denkbar ist, weil die Geldstrafen nach dem Ermessen des Gerichts auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des betreffenden Angeklagten abgestellt sind?
Die Geldstrafen halten sich nach den jetzt geltenden Bestimmungen in so engen Grenzen, daß da tatsächlich keine großen Differenzen bestehen. Die höchstzulässige Geldstrafe ist so gering, daß dies für die Eintragung keine sehr bedeutende Rolle spielt. Außerdem liegt es im Ermessen des Gerichts, ob es überhaupt beantragt, daß eine Geldstrafe eingetragen wird. Vielfach nimmt das Gericht davon Abstand.
Frage VII/ 9 — dies Herrn Abgeordneten Ritzel —:
Auf welche Überlegungen soll sich das sogenannte Punktsystem in der Verkehrssünderkartei stützen?
Bitte, Herr Bundesverkehrsminister!
Herr Kollege, für die Eintragungen in das Verkehrszentralregister besteht kein Punktsystem. Das Verkehrszentralregister wurde nach § 6 a Abs, 5 des Straßenverkehrsgesetzes unter anderem deshalb geschaffen, um den Verwaltungsbehörden der Länder die erforderlichen Unterlagen für das Einschreiten gegen ungeeignete Fahrzeugführer zu geben. Zu diesem Zweck teilt das Kraftfahrtbundesamt jede dritte und weitere Eintragung —die also auf Grund einer richterlichen Entscheidung erfolgt — der zuständigen Verwaltungsbehörde mit. Diese muß entscheiden, was zu geschehen hat, z. B. ob eine Verwarnung oder eine Vorladung zum Verkehrsunterricht notwendig ist oder ob der Betroffene auf Grund der eingetragenen Verstöße als ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen, insbesondere von Kraftfahrzeugen, angesehen werden muß.
Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen und das im Interesse der Gerechtigkeit gebotene Gleichmaß können nach Ansicht der zuständigen obersten Landesbehörden nur gewährleistet werden, wenn den Hunderten von Verwaltungsbehörden eine allen Ländern möglichst gemeinsame Richtlinie an die Hand gegeben wird, an die sie sich im wesentlichen halten können. Deshalb hat der Straßenverkehrssicherheitsausschuß die „Richtlinien für die Behandlung von Mehrfachtätern" empfohlen. Den Ländern ist es überlassen, ob sie diese Richtlinien einführen wollen, die z. B. in Baden-Württemberg schon seit Jahr und Tag mit Erfolg angewendet werden und zu deren Anwendung sich inzwischen weitere Länder entschlossen haben. Auch im Ausland, z. B. in den Vereinigten Staaten, werden ähnliche Systeme angewendet. Jede Verwaltungsbehörde ist berechtigt, in besonders gelagerten Fällen von den Richtlinien, auch von 'der sogenannten Punktbewertung, abzuweichen.
Im übrigen steht es jedem Betroffenen frei, durch ein unabhängiges, an die Richtlinien nicht gebundenes Verwaltungsgericht nachprüfen zu lassen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die verwaltungsmäßig gegen ihn getroffenen Maßnahmen gegeben sind. Der Verkehrsausschuß .des Bundestages hat, wie Sie, Herr Kollege, wissen, die Richtlinien am 1. Februar 1962 eingehend besprochen. Auf Grund dieser Erörterung habe ich angeregt, daß Problem erneut auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Straßenverkehrssicherheitsausschusses der Länder zu setzen, der am 17. Mai 1962 zusammentritt.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß die Einführung 'dieses Punktsystems jetzt in Bayern in der Bevölkerung vielfach sehr großen Unwillen und auch Sorge verursacht hat, weil man wegen dieses Mechanismus in Händen 'der Polizei und der Verwaltungsbehörden — ohne richterliche Entscheidung! — Schikanen fürchtet?
Herr Kollege, „ohne richterliche Entscheidung" ist absolut falsch; denn es werden ja nur Eintragungen in dem Verkehrsregister vorgenommen, die auf richterlicher Entscheidung beruhen. Eine Mitteilung an die Landesverwaltungsbehörde erfolgt auch nur dann, wenn der Betreffende mindestens dreimal innerhalb von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist. Diese dreimalige rechtskräftige Verurteilung wird die Landesverwaltungsbehörde niemals dazu veranlassen, gegen den Betreffenden anders als mit einer Verwarnung oder einer Vorladung zum Verkehrsunterricht vorzugehen. Erst wenn er mindestens neunmal oder mehr im Zeitraum von zwei Jahren gerichtlich verurteilt worden ist und diese
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Dr.-Ing. Seebohmneun bis zehn Gerichtsurteile der Verwaltungsbehörde vorliegen, wird sie sich pflichtgemäß veranlaßt sehen, zu weiteren Maßnahmen zu schreiten. Ich bin nicht der Auffassung, daß jemand, der innerhalb von ein bis zwei Jahren neunmal und mehr durch ein Gericht rechtskräftig verurteilt worden ist, es als eine Schikane empfinden kann, wenn ihm schließlich und endlich dann die entsprechende Mahnung seiner Verwaltungsbehörde zukommt.
Meine Damen. und Herren, es ist der Wunsch ausgesprochen worden, die Fragen unter IX — Geschäftsbereich des Bundesschatzministers —, XI — Geschäftsbereich der Frau Bundesministerin für Gesundheitswesen — und schließlich VIII — Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — vorzuziehen.
Ich rufe die Frage des Abgeordneten Höhmann aus dem Geschäftsbereich des Bundesschatzministers auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, die im Besitz der bundeseigenen Industrieverwaltungsgesellschaft mbH befindliche Siedlung in Fürstenhagen zu veräußern?
Lenz, Bundesschatzminister: Die bundeseigene Industrieverwaltungsgesellschaft mbH beabsichtigt nicht, das ihr gehörige Siedlungsgelände Fürstenhagen bei Hessisch Lichtenau zu verkaufen. Sie benötigt es für eigene Zwecke.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Gesundheitswesen auf, zunächst die Frage XI/1 — des Abgeordneten Dr. Mommer —:
Ist die Bundesregierung bereit, den Mitgliedern des Bundestages den Bericht des Königlichen Medizinischen Instituts Großbritanniens über den Zusammenhang zwischen Tabakkonsum und Lungenkrebs zur Kentnnis zu bringen?
Die Bundesregierung ist bereit, den Mitgliedern des Bundestages den Bericht des Englischen Königlichen Ärztekollegiums über den Zusammenhang zwischen Tabakkonsum und Gesundheitsschäden zur Kenntnis zu bringen.
Keine Zusatzfrage. Dann Frage XI/ 2 — des Abgeordneten Altmaier —:
Ist die Bundesregierung bereit — dem Beispiel der Britischen Regierung folgend —, durch eine medizinisch-wissenschaftliche Untersuchungskommission prüfen zu lassen, wieweit die Entstehung von Lungenkrebs auf den Genuß von Nikotin und Zigarettenrauchen zurückzuführen ist?
Die Frage wird von Herrn Abgeordneten Mommer übernommen.
Die Bundesregierung ist bereit, durch eine medizinisch-wissenschaftliche Untersuchungskommission prüfen zu lassen, wieweit die Entstehung von Lungenkrebs auf den Genuß von Nikotin und Zigarettenrauchen zurückzuführen ist. Die Bundesregierung beabsichtigt, das Bundesgesundheitsamt mit dieser Aufgabe zu betrauen. Dies setzt allerdings voraus, daß dieses Amt personell und finanziell hinreichend ausgestattet wird.
Zusatzfrage?
Frau Minister, wann, glauben Sie, kann der Bundestag mit der Vorlage der Übersetzung der englischen Denkschrift rechnen?
Das wird nicht lange dauern. Ich denke, daß es in zwei Monaten möglich ist.
Frage XI/3 — der Abgeordneten Frau Dr. Flitz —:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die wirtschaftliche Lage der Hebammen in keiner Weise der Verantwortung entspricht, die ihnen die Ausübung ihres Berufs auferlegt?
Die Frage wird von der Frau Abgeordneten Diemer-Nicolaus übernommen.
Das Einkommen der Hebammen beruht auf den geltenden Gebührenordnungen, und Hebammen mit Niederlassungserlaubnis wird ein Mindesteinkommen garantiert. Das Mindesteinkommen ist in den vergangenen Jahren von fast allen Bundesländern erhöht worden; aber es liegt im Interesse der Gesundheitspflege, daß die wirtschaftliche Lage des Hebammenstandes der gleichartiger Berufe entspricht. Nach den Erhebungen des Bundes Deutscher Hebammen ist dies zur Zeit vielfach nicht der Fall. Soweit die Hebammen infolge einer zu geringen Zahl von Geburten darauf angewiesen sind, ihren Lebensunterhalt vorwiegend aus dem Zuschuß zum Mindesteinkommen zu bestreiten, können sehr schwierige wirtschaftliche Situationen entstehen.
Vielleicht darf ich die Frage XI/3 und die Frage XI/4 gleich mitbeantworten.
Ich rufe noch die Fragen XI/4 und XI/ 5 — der Abgeordneten Frau Dr. Flitz — auf:
Glaubt die Bundesregierung, daß der berufliche Nachwuchs von Hebammen bei dem derzeitigen durchschnittlichen Monatseinkommen hinreichend gesichert werden kann?
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die wirtschaftliche Lage der Hebammen zu verbessern?
Die Frage des Nachwuchses kann nicht nur unter dem Gesichtspunkt des durchschnittlichen Einkommens betrachtet werden. In allen Berufen, auch solchen mit guter wirtschaftlicher Situation, besteht zur Zeit ein Nachwuchsmangel. Es ist die Aufgabe der Länder, durch Schaffung günstiger Voraussetzungen für den Besuch der Hebammenlehranstalten und eine entsprechende Einkommenssicherung den Hebammenberuf anziehend zu gestalten.Zu Frage XI/ 5: Wir sind überzeugt, daß das derzeitige Einkommen vieler Hebammen unzureichend ist. Deshalb prüft das Bundesministerium für Gesundheitswesen zur Zeit in Verbindung mit den Ländern, inwieweit und auf welche Weise die wirtschaftliche Lage der Hebammen verbessert werden kann.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 22. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. März 1962 789
Eine Zusatzfrage? — Frau Dr. Diemer-Nicolaus!
Frau Ministerin, ist Ihnen die Statistik der Berufsgenossenschaften für Gesundheitswesen und Wohlfahrtspflege für 1960 über das Berufseinkommen der Hebammen bekannt, aus der sich ergibt, daß 43,4 % der Hebammen nur ein Nettoeinkommen bis 155 DM monatlich haben, und ist beabsichtigt — Sie haben ja selber darauf hingewiesen, daß das Einkommen teilweise unzulänglich ist —, eine Änderung des § 14 des Hebammengesetzes vorzunehmen?
Über alle diese Fragen wird zur Zeit, wie ich schon sagte, mit den Ländern verhandelt. Ich kann zu der Frage, auf welchem Wege die Verbesserung des Einkommens herbeizuführen ist, ob durch eine Änderung der Bestimmungen über das Mindesteinkommen, durch eine Erhöhung der Gebühren oder auf anderem Wege, im Augenblick keine verbindliche Erklärung abgeben, solange die Verhandlungen mit den Ländern noch laufen. Ich bin mit Ihnen der Meinung, daß das derzeitige Einkommen der Hebammen in sehr vielen Fällen unzureichend ist.
Die letzte Zusatzfrage!
Darf ich Ihre Antwort so auffassen, Frau Ministerin, daß Sie das als ein vordringliches Problem Ihres Ministeriums ansehen?
Ja, durchaus.
Ich rufe auf Frage VIII/ 1 — ,des Abgeordneten Dr. Kohut —:
Sollen Bürger, die das umfangreiche Verzeichnis der Postleitzahlen nicht zur Hand haben, künftig durch Erhebung eines zusätzlichen Portos bestraft werden?
Herr Präsident, darf ich die zweite Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut vorziehen?
Vielleicht beantworten Sie beide Fragen gemeinsam.
— Dann rufe ich auch die Frage VIII/ 2 — des Abgeordneten Dr. Kohut — auf:
Ist es nicht Sache der Deutschen Bundespost, die geographischen Kenntnisse ihrer Bediensteten zu erweitern, anstatt es jedermann zur Pflicht zu machen, die postalischen Anschriften mit Leitzahlen zu versehen?
Stehen mir, wenn beide Fragen gemeinsam beantwortet werden, auch je zwei Zusatzfragen zu?
Ihnen will ich das Privileg geben.
Die Deutsche Bundespost hat täglich 30 Millionen Briefsendungen anzunehmen, zu verteilen und zuzustellen. Allein 15 Millionen Briefsendungen müssen zwischen 17 und 21 Uhr bearbeitet werden. Dies ist vor allem in den Verkehrsbrennpunkten in Zukunft nur mit automatischen Verteilmaschinen und unter dem Einsatz von meist weiblichen Teilkräften möglich. Zudem ist gerade da ,der ständige Wechsel der Arbeitskräfte besonders hoch. Während man von ,den seit Jahren eingearbeiteten und beamteten Verteilern beispielsweise in Frankfurt die Kenntnis von 5000 Orten mit geographischer Lage und von 2- bis 3000 Straßen erwarten darf, kann man dies von den nur stundenweise arbeitenden Frauen nicht verlangen.
Im übrigen hat der Herr Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen das Anbringen der Leitzahlen keineswegs zur Pflicht gemacht. In allseitigem Interesse bittet er die Postkunden darum. In diesem Ersuchen wird er von den sachverständigen Verbänden und Organisationen weitestgehend unterstützt.
Sie haben vier Zusatzfragen.
Herr Präsident, ich habe erst die eine Frage beantwortet, um es dem Herrn Abgeordneten leichter zu machen.
Herr Dr. Kohut hat dazu zwei Zusatzfragen.
Ist ,es nicht so, Herr Staatssekretär, daß es ursprünglich in den Pressemeldungen über die Äußerung Ihres Herrn Ministers hieß, daß man, um eine erzieherische Wirkung auf die Bevölkerung auszuüben, ,die Postleitzahlen auch anzuwenden, gleichzeitig mit den Postleitzahlen verschiedene Tarife einführen wird?
Herr Abgeordneter, der Herr Bundespostminister und wir haben das auch gelesen. Aber bei der uneingeschränkten Pressefreiheit kann man dies nicht verhindern.
Zweite Zusatzfrage!
Ist es nicht so, Herr Staatssekretär, daß sich nicht nur alle Wirtschaftszweige, sondern auch die Post in der Bewältigung dieses Aufgabenkreises seit ,den seligen Zeiten des Generalpostmeisters von Stephan ins Unermeßliche entwickelt haben? Müßte nun nicht eben versucht werden, mit den Schwierigkeiten bei der Post fertigzu-
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Dr. Kohutwerden, aber nicht auf Kosten der Kundschaft, denn die Post hat ja ein Monopol in der Durchführung ihrer wahren Aufgabe? Muß man nicht auch an 'die Leute denken, die ein solches Buch nicht immer mit sich führen, und müssen nicht gerade diese Leute etwa auf einer Wanderfahrt oder einem Spaziergang im 'Spessart in der Lage sein, eine Postkarte zu schreiben, ohne daß sie die Postleitzahlen im Gedächtnis oder das 'Buch zur Hand haben?
Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich stimme Ihnen darin zu, daß die Post die Verpflichtung hat, ihren Betrieb in seiner großen Ausweitung pflichtgemäß von sich aus in Ordnung zu halten und alle Aufgaben zu bewältigen. Ich habe Ihnen aber gerade vorgetragen, daß es Grenzen gibt. Im übrigen werden die vielfach befürchteten Schwierigkeiten bei der Anwendung der neuen Postleitzahlen vielfach weit überschätzt. Wenn jeder Bürger — wie sicherlich auch Sie, Herr Abgeordneter Dr. Kohut — in der Absenderangabe oder im Briefkopf die Postleitzahl seines Wohnorts — sollten Sie die Ihrige noch nicht wissen, sie ist 607 — angäbe, könnte der Adressat seine Antwort ohne Mühe erteilen.
Nun kommt die nächste Frage.
Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministerium für das Post- und 'Fernmeldewesen: Der 1 Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat nicht die Absicht, den Postverwaltungsrat als zuständigem Organ einen solchen Vorschlag zur Beschlußfassung zu unterbreiten.
Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, ich habe nicht verstanden, welchen Vorschlag Sie meinen.
Sie haben gefragt, ob die Bürger künftig durch Erhebung eines zusätzlichen Portos bestraft werden sollen.
Darf ich sagen, daß ich darunter die Erhöhung Ides Portos verstanden habe. Ich darf präzise fragen: Es ist also nicht daran gedacht, in naher oder übersehbarer Zukunft die Postgebühren zu erhöhen, um auf diese Weise die Aufgaben der Post zu bewältigen?
Ich habe meiner bereits erteilten Antwort nichts hinzuzufügen.
Befriedigt Sie diese Antwort, Herr Abgeordneter?
Nein, die letzte Antwort war nicht präzise.
Sie haben eine Zusatzfrage.
Mir steht keine mehr zu.
Doch, Sie haben eine Zusatzfrage.
Dann bitte ich doch, die Frage ganz genau zu beantworten, ob in absehbarer Zeit mit einer Erhähung der Postgebühren zu rechnen ist.
Herr Abgeordneter Dr. Kohut, ich kann nur wiederholen, daß der Herr Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen zur Zeit nicht die Absicht hat, dem Postverwaltungsrat als dem dafür zuständigen Organ einen entsprechenden Vorschlag zur Beschlußfassung vorzulegen.
Sie betonen das zur Zeit, Herr Staatssekretär. Ich danke Ihnen.
Wir kommen zur Frage VIII/ 3 — des Abgeordneten Dr. Bechert —:
Bis wann wird in der Stadt Korbach, die im ländlichen Gebiet Nordhessens ein Industrieschwerpunkt ist, das Telefonamt auf automatischen Wählbetrieb umgestellt sein?
In Korbach ist der Ortsverkehr bereits seit 1931 und der ankommende Fernverkehr seit 1957 automatisiert. Die Automatisierung des abgehenden Fernverkehrs ist geplant. Sie erfordert die Errichtung eines Neubaus mit einem Kostenaufwand von rund 1,2 Millionen DM und den Aufbau von technischen Einrichtungen mit einem Kostenaufwand von 1,3 Millionen DM. Die Durchführung dieser umfangreichen Arbeit wird mehrere Jahre in Anspruch nehmen.
Zusatzfrage?
Ist es richtig, Herr Staatssekretär, daß in der Stadt Bad Wildungen demnächst eine solche automatische Wähleinrichtung gebaut oder fertig werden wird?
Ich bitte um Verständnis dafür, Herr Abgeordneter, daß ich Ihnen im Augenblick darauf keine konkrete Antwort geben kann. Ich kann es Ihnen aber gern schriftlich nach Rückfrage bei der Oberpostdirektion Frankfurt mitteilen.
Letzte Zusatzfrage!
Darf ich fragen: wie viele solcher automatischen Selbstwähleinrichtungen gibt es — der Größenordnung nach — im Bundesgebiet?
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 22. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. März 1962 791
Es ist sehr schwer, auf Anhieb die Zahl der Ämter zu nennen. Aber ich kann Sie Ihnen schriftlich nachreichen.
Eine weitere Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, stellt das Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen beim Ausbau des automatischen Wählbetriebes in erster Linie auf die Wirtschaftlichkeit oder auf den Wunsch des einzelnen ab?
Es besteht kein Zweifel, daß primär auf die Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit und der Betriebsnotwendigkeiten abgestellt werden muß.
Frage VIII/ 4 — des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen, vertreten durch den Abgeordneten Gscheidle —:
Welche Gründe sind dafür maßgebend, daß der neue Verwaltungsrat der Deutschen Bundespost noch nicht gebildet wurde, obwohl die Vorschläge der zuständigen Gremien — auch die des Deutschen Bundestages — schon vor längerer Zeit gemacht wurden?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Die letzten Ernennungsvorschläge für den neuen Verwaltungsrat der Deutschen Bundespost datieren vom 20. Januar und 2. Februar 1962. Es waren dies die Vorschläge des Deutschen Bundestages und des Bundesrates. Der Zeitraum von vier Monaten zwischen der Bitte, die Vorschläge einzureichen, und dem Eingang der letzten Vorschläge zeigt, daß die vorschlagsberechtigten Organe ihre Vorschläge erst nach gründlicher Überprüfung und sorgfältiger Auswahl abgegeben haben. Nach den Vorschriften des Postverwaltungsgesetzes hat die Bundesregierung nunmehr die Aufgabe, für 12 Mitglieder und die gleiche Anzahl von Stellvertretern eine Auswahl aus 48 Persönlichkeiten zu treffen. Bei dieser Auswahl ist sie zu gleicher Gründlichkeit und Sorgfalt verpflichtet wie die vorschlagsberechtigten Stellen. Die Vorbereitung der Ernennung erfordert daher auch auf seiten der Bundesregierung eine gewisse Zeit. Die unverzügliche Ernennung wird mit aller Intensität vorbereitet und die Bildung des neuen, des 3. Verwaltungsrates der Deutschen Bundespost nicht verzögert.
Herr Staatssekretär, dann ist die Verzögerung also nicht darauf zurückzuführen, daß eine Unstimmigkeit zwischen der Post und dem Finanzministerium in der Benennung des Finanzsachverständigen entstanden ist?
Das trifft in diesem Maße nicht zu. Wenn über eine
Reihe von Personen entschieden werden muß, ist es ganz selbstverständlich, natürlich und eine gute Übung, daß über alle gesprochen wird.
Hat das Bundespostministerium in der Vergangenheit nicht im allgemeinen die Rangfolge berücksichtigt, welche die vorschlagsberechtigten Gremien eingehalten haben?
Ich glaube, ich kann sagen: nicht immer.
Wir kommen zur Frage VIII/ 5 — des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen, vertreten durch den Abgeordneten Gscheidle —:
Warum ist die Sondermarke Brot für die Welt nicht ausgegeben worden?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Während des Drucks des vorgenannten Motivs verdichtete sich allgemein die Sorge, daß die Gefühle der Betroffenen möglicherweise verletzt werden. Im Einvernehmen aller Beteiligten wurde deshalb auf die Ausgabe zunächst verzichtet.
Nunmehr wird im Einverständnis mit dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland die Sondermarke „Brot für die Welt" im November 1962 erscheinen.
Wir kommen zur Frage VIII/ 6 — des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen, vertreten durch den Abgeordneten Gscheidle —:
Ist es richtig, daß der Ortstarif für Briefe in Wegfall kommen soll?
Wie ich bereits bei der Beantwortung der Frage des Herrn Abgeordneten Keller in der letzten Fragestunde ausgeführt habe, wird der gesamte Fragenkomplex ,der Ortsgebühren im Brief- und Fernsprechdienst zur Zeit geprüft. Dabei wird auch untersucht werden müssen, ob die ermäßigte Ortsgebühr für Briefe und Postkarten, die in allen westlichen Ländern -- soweit sie überhaupt bestanden hat — abgeschafft worden ist, bei uns beibehalten werden soll. Nach Abschluß der Untersuchungen wird der Verwaltungsrat der Deutschen Bundespost im Rahmen der ihm durch das Postverwaltungsgesetz übertragenen Aufgaben auch diese Frage zu entscheiden haben.
Herr Staatssekretär, können Sie ungefähr den Zeitpunkt nennen, zu dem diese Überprüfungen abgeschlossen sein werden?
Ich kann Ihnen das nicht genau sagen. Ich hoffe aber, .daß die Prüfungen bis zum Ende dieses Jahres abgeschlossen sein werden.
Metadaten/Kopzeile:
792 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 22. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. März 1962
Letzte Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, besteht nicht in Ihrer jetzigen Antwort ein gewisser Widerspruch zu der Antwort an den Abgeordneten Dr. Kohut, daß das Bundespostministerium in absehbarer Zeit nicht beabsichtige, dem Verwaltungsrat eine Gebührenerhöhung vorzuschlagen.
Ich sehe in meinen Ausführungen keinen Widerspruch, Herr Abgeordneter; denn ich habe keine Erklärung darüber abgegeben, ob der Bundespostminister einen Antrag auf Wegfall ,der Ortsgebühren stellen wird.
Wir kommen zur Frage VIII!? — des Herrn Abgeordneten Müller —.
Wann ist damit zu rechnen, daß die Bevölkerung der Oberpfalz durch Aufstellung eines Fernsehsenders in den Genuß kommt, das Zweite Fernsehprogramm empfangen zu können?
Etwa 50 % der Bevölkerung der Oberpfalz werden bereits jetzt durch die Sender Regensburg und Nürnberg mit dem Zweiten Fernsehprogramm versorgt. Eine Verbesserung und Erweiterung der Versorgung wird durch eine Erhöhung der Leistung des Senders Regensburg und durch den Aufbau weiterer leistungsstarker Sender auf dem Rotbühl bei Amberg und auf dem Hohen Bogen erreicht werden. Darüber hinaus sind für die Oberpfalz eine Reihe von Fernseh-Frequenzumsetzern vorgesehen.
Bine Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, können Sie etwa einen Zeitpunkt angeben, zu dem der Sender bei Amberg fertiggestellt sein wird?
Mit den umfangreichen baulichen Maßnahmen wird voraussichtlich zu Beginn des Jahres 1963 begonnen werden.
Meine Damen und Herren, damit sind die Fragen auf Drucksache IV/ 267 beantwortet. Wir haben keine weiteren Verhandlungsthemen mehr.
Ich berufe die nächste Sitzung ein auf Mittwoch, den 4. April 1962, 9 Uhr.
Ich schließe die heutige Sitzung.