Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Vor Eintritt in die Tagesordnung bringe ich dem Hause folgendes zur Kenntnis.Erstens. Die Bundesregierung hat am 17. Februar einen Fünfjahresplan zur weiteren Eingliederung von Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlingen in die Landwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland übersandt, der Ihnen als Drucksache 863 vorliegt. Da nach Mitteilung der Bundesregierung der Bundesernährungsminister in seinem Bericht auf diesen Plan eingehend wird, nehme ich das Einverständnis des Hauses dazu an, daß Punkt 19 der Tagesordnung entsprechend erweitert wird. — Das Haus ist damit einverstanden.Zweitens wird die heutige Tagesordnung nach einer interfraktionellen Vereinbarung erweitert um den Schriftlichen Bericht des Außenhandelsausschusses über den Entwurf einer Zweiten Verordnung zur Änderung des deutschen Zolltarifs 1959
— Drucksachen 872 und 844 — und um die erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Vereinigten Königsreichs von Großbritannien und Nordirland über eine Devisenhilfe an Großbritannien — Drucksache 857 —. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.Nach einer interfraktionellen Vereinbarung wird die Tagesordnung wie folgt abgewickelt: Punkt 18— Wahl des Wehrbeauftragten —, Punkt 19 — Grüner Bericht —, Punkt 20 — Landwirtschaftszählung —, Punkt 21 — Abkommen Deutschland— Sowjetrußland —, Punkte 5 bis 17 — verschiedene Gesetzentwürfe in zweiter und dritter Beratung — und die zusätzlichen Punkte: Zweite Verordnung zur Änderung des Zolltarifs und erste Beratung des Gesetzentwurfs über die Devisenhilfe an Großbritannien; daran schließt sich die Fortsetzung der Beratung über die Bundesrechtsanwaltsordnung an.Eine amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:Mit Wirkung vom heutigen Tage hat der Abgeordnete Kiesinger sein Mandat niedergelegt.Damit treten wir in die Tagesordnung ein. Ich rufe Punkt 18 auf:Wahl des Wehrbeauftragten des Bundestages .Nach § 13 des Gesetzes über den Wehrbeauftragten des Bundestages vom 26. Juni 1957 wählt der Bundestag in geheimer Wahl mit der Mehrheit seiner Mitglieder den Wehrbeauftragten. Eine Aussprache findet nicht statt. Die Berliner Mitglieder des Hauses sind stimmberechtigt.Vorschlagsberechtigt sind der Bundestagsausschuß für Verteidigung, die Fraktionen und so viele Abgeordnete, wie nach der Geschäftsordnung der Stärke einer Fraktion entsprechen, d. h. 15 Mitglieder des Hauses.Nach § 14 Abs. 1 des Gesetzes über den Wehrbeauftragten des Bundestages ist zum Wehrbeauftragten jeder Deutsche wählbar, der das Wahlrecht zum Bundestag besitzt und das 35. Lebensjahr vollendet hat. Er muß mindestens ein Jahr Wehrdienst geleistet haben.Es liegt dem Hause ein Wahlvorschlag des Ausschusses für Verteidigung auf Drucksache 837 vor, in dem der General a. D. Helmuth von Grolman vorgeschlagen wird. Er besitzt das Wahlrecht zum Bundestag und ist 60 Jahre alt.Weitere Vorschläge, meine Damen und Herren, liegen mir bis jetzt nicht vor. Ich frage das Haus, ob weitere Vorschläge eingereicht werden. — Es meldet sich niemand; weitere Vorschläge werden nicht eingereicht. Gewählt werden kann also nur der vorgeschlagene Kandidat. Es hat keinen Zweck, irgendwelche anderen Namen auf die Stimmkarte zu schreiben. Stimmkarten, die andere Namen tragen, sind ungültig, weil nur ein Vorgeschlagener gewählt werden kann.Ich eröffne die Wahl. Ich bitte Sie, die weißen unbedruckten Stimmkarten zu benutzen und die Stimmkarten in die bereitliegenden Umschläge zu stecken. Zur Vereinfachung des Wahlvorganges schlage ich vor, wie folgt abzustimmen: Wer für den Vorschlag Grolman ist, schreibt „Ja", wer dagegen ist, schreibt „Nein" ; wer sich der Stimme enthalten will, schreibt „Enthalte mich" oder „Ent-
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Präsident D. Dr. Gerstenmaierhaltung". — Das Haus ist mit diesem Modus einverstanden; dann wird so verfahren.Die Schriftführer werden die Namen nach dem Alphabet aufrufen. Ich bitte, sich für den Namensaufruf bereitzuhalten.Der Namensaufruf beginnt. —Die Abstimmung ist geschlossen. Die Auszählung beginnt. —Meine Damen und Herren, ich unterbreche die Sitzung, bis die Auszählung beendet ist.
Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.Ich gebe das Ergebnis der Auszählung bekannt. Mit Ja, also für den Wahlvorschlag des Verteidigungsausschusses, haben 366 Mitglieder des Hauses gestimmt, mit Nein 16 Mitglieder des Hauses; enthalten haben sich 32 Mitglieder des Hauses. Eine Stimme war ungültig. Nach § 13 des Gesetzes über den Wehrbeauftragten des Bundestages ist gewählt, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages — das sind mindestens 260 Stimmen — auf sich vereint. Ich stelle fest, daß der vom Ausschuß für Verteidigung vorgeschlagene Kandidat, General a. D. Helmuth von Grolman, mit 366 Stimmen und somit mit den Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages heute als erster Wehrbeauftragter der Bundesrepublik Deutschland gewählt worden ist. Herr von Grolman hat mich ermächtigt, Ihnen mitzuteilen, daß er die Wahl annimmt. Ich stelle hiermit die Annahme der Wahl zum Wehrbeauftragten durch Herrn von Grolman ausdrücklich fest. Die Vereidigung wird im Laufe der nächsten Woche vor dem Plenum erfolgen.Ich rufe Punkt 19 der Tagesordnung auf:Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes , verbunden mit dem Fünfjahresplan der Bundesregierung zur weiteren Eingliederung von Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlingen in die Landwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 863).Das Wort hat der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe heute im Rundfunk gehört — von verschiedenen anderen Seiten wurde mir das bestätigt —, daß die Angaben des Grünen Berichtes weitgehend bekannt seien. Deshalb könnte ich mir eigentlich die Arbeit sehr leicht machen. Unwesentliches pflegt keiner zu erzählen. Jedenfalls beabsichtigt das niemand. Da aber zu dem Bericht für das vergangene und für das laufende Wirtschaftsjahr einige Besonderheiten anzumerken sind und sich im Grünen Plan Veränderungen vollzogen haben, ist es notwendig, auch wenn die agrarpolitische Linie der Bundesregierung unverändert bleibt, eine eingehende Studie vor Ihnen zu entwickeln.Im Jahre 1959 ist der im Vertrage von Rom vorgesehene Zoll- und Kontingentabbau angelaufen. Es ist deshalb erforderlich, daß wir uns nicht nur mit den Ergebnissen des Wirtschaftsjahres 1957/58 oder mit dem laufenden Wirtschaftsjahr beschäftigen, sondern darüber hinaus einen Ausblick auf die Möglichkeiten und Veränderungen tun, die sich für die deutsche Landwirtschaft durch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft ergeben.Eine gute Ernte, eine stabile gesamtwirtschaftliche Entwicklung ohne die Erscheinungen einer überhitzten Konjunktur, eine beachtliche Steigerung des Masseneinkommens, verbunden mit den agrarpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung, haben eine fühlbare Verbesserung der Ertrags- und Einkommenslage der in der Landwirtschaft tätigen Menschen bewirkt. Die Verkaufserlöse des letzten abgeschlossenen Wirtschaftsjahres erhöhten sich, wie Sie aus dem Bericht ersehen haben werden, von 15,6 Milliarden DM auf 17,4 Milliarden DM. Das ist eine Umsatzsteigerung von rund 1,7 Milliarden in einem Jahr. Damit haben wir die größte Umsatzsteigerung seit 1951/52 zu verzeichnen.Die Erhöhung der Betriebs- und Investitionsausgaben betrug 937 Millionen DM. Die Gesamtdifferenz zwischen Einnahmen und Ausgaben belief sich auf 4260 Millionen DM. In den Ausgaben sind allerdings die Ausgaben für Nettoinvestitionen wie auch die für Ersatzbeschaffungen enthalten. Da die Nettoinvestitionen, wie wir festgestellt haben, 45 % und die Ersatzinvestitionen etwa 55 % der Bruttoinvestitionen ausmachen, so kann man als laufende Betriebsausgaben nur 55 %, das sind 1,3 Milliarden DM einsetzen. Von den Bruttoinvestitionen waren 1,73 Milliarden DM Ausgaben für Maschinen und Geräte und etwa 620 Millionen DM Ausgaben für Neu- und Umbauten von Wirtschaftsgebäuden. Das macht insgesamt 2,350 Milliarden DM. Der Nettoinvestition von 1,3 Milliarden DM steht eine Neuverschuldung, die nicht ganz 1 Milliarde DM beträgt, gegenüber.Aus den genannten Investitionen für Maschinen und Geräte ergibt sich, daß das Tempo der Technisierung außerordentlich stark ist; es ist in den letzten Jahren ständig gewachsen und hat nun bei einer Investition von 1,730 Milliarden DM eine Steigerung von 14 % gegenüber dem Vorjahr erreicht. Bei den Bauten macht die Steigerung 7 % aus. Während das Tempo im ersten Falle als außerordentlich stark bezeichnet werden kann, ist es bei den Neu- und Unibauten ohne Zweifel als mäßig anzusehen. Wer die vielen unmodernen Wirtschaftsgebäude in den Dörfern kennt, wird mir zustimmen, wenn ich sage, daß wir in den nächsten Jahrzehnten wahrscheinlich ungefähr ein Drittel bis zur Hälfte der Bauten ersetzen müssen. Deshalb sollte man in den kommenden Jahren versuchen, in der Erneuerung der Wirtschaftsgebäude so viel wie möglich zu tun.Die Landwirtschaft der Bundesrepublik hat in dem Zeitraum von 1951 bis 1958 aus Eigenmitteln und aus Krediten 12 Milliarden DM investiert, davon in
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Bundesernährungsminister Dr. h. c. Lübkeden letzten beiden Jahren allein 4,5 Milliarden DM. Diese starke Investitionstätigkeit wurde durch die höheren Einnahmen ermöglicht, die sich einmal aus den größeren Produktions- und Verkaufsmengen. zum andern aus den höheren Preisen bzw. Förderungsbeträgen ergaben. Von der Steigerung in Höhe von 1,70 Milliarden DM entfallen 69 % mit einer absoluten Summe von 1,2 Milliarden DM auf größere Mengen und 500 Millionen DM auf höhere Preise und Förderungsbeträge. Ein bedeutender Teil dieser Mehreinnahmen entfällt auf die Milchprämie, so daß der Verbraucher nicht beängstigend belastet wurde.Die Belastung durch Kredite betrug am 1. Juli 1958 10,2 Milliarden DM und war damit gegenüber dem Vorjahr um 934 Millionen DM gewachsen. Das Vorjahr hatte etwa den gleichen Mehrbetrag gebracht, während wir vor drei und vier Jahren etwas über eine Milliarde Mehrverschuldung hatten bei niedrigeren Investitionen als in diesem und im vorigen Jahr. Auch das ist ein gewisses Zeichen für die Verbesserung. Von den 10,2 Milliarden DM entfallen 37 % auf kurzfristige Kredite und 63 % auf lang- und mittelfristige Kredite. Die gesamte Zinslast beträgt 613 Millionen DM gegenüber 273 Millionen RM im letzten Vorkriegsjahr 1938. Sie werden sich vorstellen können, daß diese 613 Millionen DM jährlich eine recht beachtliche Belastung für die bäuerlichen Betriebe darstellen. Die Verschuldung ist aber im ganzen bei dem vorhandenen Aktivkapital durchaus nicht beängstigend, obwohl man sicherlich schon schwere Sorgen haben kann, wenn man im Einzelfalle eine hohe Verschuldung feststellt.Das Gesamtanlagevermögen ohne Boden, ohne Wohngebäude und ohne umlaufendes Kapital beträgt 46 Milliarden DM. Wenn ich den Boden, die Wohngebäude und das umlaufende Kapital dazu-nehme, sind es rund 90 Milliarden DM. Demgegenüber ist eine effektive Verschuldung von 10,2 Milliarden DM sicherlich nicht beängstigend. Wir hatten im Jahre 1938 eine Verschuldung von 6,2 Milliarden RM bei einem Umsatz von 5,2 Milliarden. Wir haben heute eine Verschuldung von 10,2 Milliarden bei einem Umsatz von 17,4 Milliarden und im laufenden Jahr von 18 Milliarden.Das Gesamtanlagevermögen ohne Boden, ohne umlaufendes Kapital und ohne Wohngebäude beträgt je Arbeitskraft in der Landwirtschaft 16 000 DM, in der Industrie 12 000 DM. Sie sehen, daß die Landwirtschaft eine höhere Kapitalausstattung je Arbeitskraft benötigt als die Industrie.Die Zahl der Vollarbeitskräfte in der Landwirtschaft betrug in dem hier behandelten Jahr 2,7 Millionen. Davon sind 614 000 familienfremde und 2,1 Millionen familieneigene Arbeitskräfte. Die Zahl der in der Landwirtschaft tätigen Vollarbeitskräfte nahm von 3,7 Millionen vor dem Kriege auf 2,7 Millionen im Jahre 1957/58 ab. Das bedeutet gegenüber der Zeit vor dem Kriege eine Abnahme um eine volle Million oder 27 %. Im Berichtsjahr sind 97 000 familieneigene und 33 000 familienfremde Arbeitskräfte abgewandert, insgesamt also 130 000 Arbeitskräfte. Das entspricht einer Abnahme von nicht ganz 5 %.Der Rückgang der Zahl der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte hat einen wesentlichen Anteil an der Erhöhung der Arbeitsproduktivität und damit an der Verbesserung des Einkommens für die in der Landwirtschaft Tätigen. Sie werden sich erinnern, wie lange die sogenannte Landflucht beklagt worden ist. Natürlich ist auch heute noch in vielen Fällen ein Grund zur Klage da, weil die Arbeitskräfte oft gerade dort, wo sie notwendig wären, schwer zu bekommen sind. Die Arbeitskräfte müssen aus der Arbeitsproduktivität bezahlt werden. Die Abwanderung vom Lande ist eine wesentliche Vorbedingung dafür gewesen, daß heute höhere Einkommen an die Arbeitskräfte gezahlt werden können. Infolge dieser von zwei Seiten kommenden Entwicklung — erstens von der sehr beachtlichen Mehrproduktion und zweitens von der Abwanderung der Arbeitskräfte her — ist die Arbeitsproduktivität im landwirtschaftlichen Raum stärker gestiegen als in den übrigen Wirtschaftszweigen. Wenn Sie die Zahlen interessieren: in der Landwirtschaft ist die Arbeitsproduktivität von 1953/54 — 1950 gleich hundert gesetzt — bis 1957/58 von 132 auf 159, in der übrigen Wirtschaft von 113 auf 128 gestiegen.Der Verdienst gewerblicher Arbeitskräfte in ländlichen Gemeinden betrug im Jahre 1956/57 376 DM, im Jahre 1957/58 402 DM je Monat. Der Verdienst der männlichen landwirtschaftlichen Arbeitnehmer der Leistungsgruppe II betrug 1957 282 DM und im letzten Jahr 320 DM im Monat. Die Differenz hat sich damit von 33 % im Wirtschaftsjahr 1956/57 auf 26 % im Wirtschaftsjahr 1957/58 veringert — eine ganz beachtliche Verbesserung.Die Angleichung der landwirtschaftlichen Löhne und landwirtschaftlichen Einkommen würde beschleunigt werden können, wenn Preise und Löhne künftig weitgehend stabil blieben wie etwa im Jahre 1958. Eine besonders günstige Prognose hat in dieser Beziehung das Arbeitsministerium vor wenigen Tagen an die Presse gegeben, indem es darauf hinweist, daß gerade der jetzige Moment in unserer wirschaftlichen Entwicklung besonders geeignet sei, die gegebenenfalls möglichen Preissenkungen zu verwirklichen. Es würde sicherlich für alle Wirtschaftszweige in Deutschland recht günstig sein, wenn wie im Jahr 1958 ohne die überhitzte Konjunktur eine ruhige Entwicklung auf dem Preis- und Lohngebiet sich durchhalten ließe.Infolge des Anstiegs der Arbeitsproduktivität hat sich das landwirtschaftliche Arbeitseinkommen erhöht. Im Durchschnitt der untersuchten Testbetriebe nahm es von 1954/55 bis 1956/57 im gleichen Maße zu wie der Vergleichslohn. Das Arbeitseinkommen in der Landwirtschaft hat in den Jahren 1954/55, 1955/56 und 1956/57 immer um 32 % unter dem gewerblichen Lohn gelegen. Wir haben in diesen Jahren durch den Grünen Plan nur erreicht, daß wir gerade mitkamen, trotz der schweren Arbeit, die in der Landwirtschaft geleistet wurde. Was der gewerbliche Arbeiter mit verkürzter Arbeitszeit in
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Bundesernährungsminister Dr. h. c. Lübkeseinem Lebensstandard erreichen konnte, blieb dem Arbeiter in der Landwirtschaft trotz harter Anstrengung versagt.Das hat sich nun in diesem Jahre zum ersten Male gebessert, und wir sind von den 32 v. H. auf 22 v. H. heruntergekommen. Mit einem Sprung ist eine Vorwärtsentwicklung eingetreten, die die Steigerung des gewerblichen Einkommens überstiegen hat.Wenn sich also — wir führen immer eine Vergleichsrechnung an — der Lohn der übrigen Wirtschaftsbereiche entsprechend ruhig entwickelt, ist in günstigen Jahren in der Landwirtschaft leichter die Möglichkeit gegeben, das landwirtschaftliche Einkommen dem übrigen Einkommen anzupassen und damit das Ziel des Landwirtschaftsgesetzes früher zu erreichen.Wenn die Prognose des Bundesarbeitsministeriums sich erfüllen würde, so würde praktisch der Preisindex der gewerblichen Güter, der immer über dem Preisindex der landwirtschaftlichen Produkte gelegen hat, sich dem Index der landwirtschaftlichen Güter nähern.Wir haben uns in dieser Beziehung in einer stetigen Anstrengung bemüht, die Preise für gewerbliche Güter zu erreichen. Sie finden in dem Ihnen vorliegenden Bericht auf Seite 25 rechts unten eine Zusammenstellung. Daraus können Sie ersehen, daß seit 1952/53, also von der Koreakrise an, bis heute ständig der Preisindex für gewerbliche Erzeugnisse über dem Preisindex für landwirtschaftliche Erzeugnisse gelegen hat. Setzen wir den Preisindex für landwirtschaftliche Erzeugnisse in Prozenten des Preisindex industrieller Produkte an, so ergeben sich — wenn Sie das bitte einmal genau beachten wollen — in den Jahren von 1952/53 bis 1957/58 folgende Zahlen: 84, 85, 88, 91, 92, 94. Wir sind also in einem sechsjährigen stetigen Bemühen von 16 % unterhalb des gewerblichen Preisindex bis auf 6 % an diese herangekommen. Obwohl es manche Rückschläge gegeben hat, hat sich doch in keinem einzigen Jahr eine Rückwärtsentwicklung angebahnt. Ich glaube, diese stetige Entwicklung ist ein Ergebnis der Agrarpolitik, die mit Geduld und Zähigkeit geführt wurde.
Nun kommen wir zu der sehr differenzierten Lage innerhalb der Landwirtschaft. Ich schlage jetzt in dem Bericht die Seite 55 auf. Sie wissen, daß in den vergangenen Jahren immer betrübt zugegeben werden mußte, daß ein großer Teil der Betriebe eine Verzinsung oder einen entsprechenden Arbeitsertrag nicht zu verzeichnen hatte. Sehen wir uns das Jahr 1956/57, also das vorletzte Jahr, einmal an! In diesem Jahr betrug der Flächenanteil der Betriebe, die eine volle Deckung des Vergleichslohns einschließlich des Betriebsleiterzuschlages sowie eine Verzinsung des Betriebskapitals von über 3 1/3 v. H. zu verzeichnen hatten, ganze 2,8 %. Im Jahre 1957/58 betrug dieser Anteil 6,4 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Im Jahre 1956/57 betrug der Anteil derjenigen Betriebe, die eine volle Deckung des Vergleichslohns einschließlich des Betriebsleiterzuschlages, aber nur eine Kapitalverzinsung von 0,1 bis 3 1/3 v. H. zu verzeichnen hatten, 15,2 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Im Jahre 1957/58 betrug der Anteil dieser Betriebe 22,9 %. Dieser in Ordnung befindliche Teil der Landwirtschaft hat sich also von 18% auf etwa 29 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche vergrößert.Der Anteil derjenigen Betriebe, die eine Deckung des Vergleichlohns einschließlich des Betriebsleiterzuschlages in Höhe von 80 bis 100 v. H., aber keine Kapitalverzinsung aufzuweisen hatten, betrug im Jahre 1957/58 56,4 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche gegenüber 52,9% im Jahre 1956/57.Im Jahre 1957/58 blieb demnach ein Rest von 14,3% der landwirtschaftlichen Nutzfläche, die auf Betriebe entfielen, die eine Deckung des Vergleichslohns einschließlich des Betriebsleiterzuschlages zu unter 80 v. H. sowie keine Kapitalverzinsung zu verzeichnen hatten. Der entsprechende Prozentsatz betrug im Jahre 1956/57 noch rund 30 v. H. Sie sehen daraus, daß hier eine gewaltige Verbesserung festzustellen ist. Die verbliebenen 14 %verteilen sich im wesentlichen auf Bezirke, die sehr ungünstige Produktionsbedingungen haben. Ihnen kann man nur sehr schwer, wahrscheinlich überhaupt nicht, mit agrarpolitischen Mitteln zu einem Lebensstandard verhelfen, der dem der gewerblichen Wirtschaft entspricht. Man wird in diesen Fällen mit anderen Mitteln, insbesondere mit einer Durchsetzung der ländlichen Räume mit Industrie, arbeiten müssen, um dort zu helfen.Nun kommen wir zum Gartenbau mit allen seinen Sparten: Gemüsebau, Obstbau, Blumen- und Zierpflanzenbau, Baumschulen und Weinbau. Diese Gebiete haben in dem in Rede stehenden Jahr eine verhältnismäßig günstige Entwicklung gehabt. Die hier genannten Berufssparten haben es, handelspolitisch gesehen, in den vergangenen Jahren verhältnismäßig schwer gehabt. Die handelspolitische Ordnung, die sie im Rahmen des Europäischen Wirtschaftsrates in Deutschland hatten, war praktisch eine Liberalisierung. Gerade aber weil sich diese Berufssparten unter der harten Konkurrenz des Auslandes befanden, haben sie sich sehr modern entwickelt und haben es jetzt, wo sie in den gemeinsamen Markt einrücken, natürlich besser als andere Berufssparten.Bis auf die kleinen sogenannten Gemischtbetriebe, die also Gemüse-, Blumen- und Zierpflanzenbau, vielfach auch noch Obstbau haben, können sie alle über gestiegene Einnahmen berichten. Sie haben auch industriegleiche Löhne. Ihr Arbeitseinkommen ist, wiederum bis auf die kleinen Betriebe, die einen hohen Arbeitsbesatz und ungenügenden Umsatz haben, absolut zufriedenstellend. Sie haben im Durchschnitt eine Zunahme des Arbeitseinkommens von 20 bis 40 %. Die Umsatzwerte im Erwerbsgartenbau stiegen von 1950/51 bis heute von 605 Millionen auf 1,1 Milliarden DM.Nun zum Weinbau! Der Weinbau hat es in den Jahren 1955, 1956 und 1957 außerordentlich schwer gehabt. Im Jahre 1956/57 betrug der Wert der Wein-
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Bundesernährungsminister Dr. h. c. Lübkemosternte 184 Millionen DM; 1957/58 waren es 287 Millionen DM, 1958/59 393 Millionen DM. Dazu möchte ich Ihnen die Weinmosternte in Hektolitern nennen. Im Jahre 1956/57 waren es 929 000 hl, im Jahre 1957/58 2 264 000 hl und im Jahre 1958/59 4 800 000 hl. Davon waren 12 % als sehr gut zu bezeichnen und 43% als gut. Wir haben also jetzt die Möglichkeit, für den Weinbau etwas zu tun, wenn uns an seinem Wohlergehen liegt, und ich glaube, das Haus sollte auch in diesem Fall ein gutes Vorbild sein.
Man kann heute gute Weine, die noch jung sind, sehr preiswert erhalten. Wenn der Umsatz der Gesamtlandwirtschaft des Jahres 1958/59 nochmals um 700 Millionen DM gestiegen ist, dann sind die Wein-und die Obsternte wesentlich mit dafür verantwortlich. Bei dem normalen landwirtschaftlichen Umsatz wäre eine solche neue Erhöhung gar nicht erzielt worden.Gestatten Sie mir, Ihnen nun einen kurzen Überblick über die Ansiedlung von Vertriebenen und über den Fünfjahresplan für die Ansiedlung von Flüchtlingen und Vertriebenen, der Ihnen als Drucksache 863 vorliegt, zu geben. Sie wissen alle, daß unsere Siedlungsarbeit nach dem Kriege maßgeblich von der Ansiedlung von Vertriebenen und Flüchtlingen beeinflußt war. Das war gerade deswegen der Fall, weil eine Unsumme von Bauern -man schätzte sie damals auf über 300 000 — aus dem Osten vertrieben wurden und hier im Westen nur schwer eine neue Heimat bzw. einen neuen Bauernhof finden konnten. Wegen der dichten Besiedlung des westdeutschen Gebiets gestaltete sich diese Aufgabe außerordentlich schwierig. Es sind aber bis heute, wenn ich die Nebenerwerbsstellen mitrechne, 110 000 Stellen geschaffen bzw. 110 000 bäuerliche Familien aus dem Osten eingegliedert worden. Diese Zahl wird sich vielleicht so zusammensetzen: nicht ganz 50 000 sind bäuerliche Betriebe, der Rest sind Nebenerwerbsstellen oder so kleine Betriebe, daß man sie nicht als Vollerwerbsstellen rechnen kann. Für die Eingliederung und für die Neusiedlung sind in dieser Zeit 3 Milliarden DM aufgewandt worden, von denen der Bund allein aus Haushaltsmitteln über 500 Millionen DM gegeben hat.Nun wird die Frage aufgeworfen: Hat sich die Ansiedlung von ostdeutschen Bauern, hat sich die Eingliederung bewährt? Vor allem nenne ich die Eingliederung durch Einheirat, die anscheinend am beliebtesten gewesen ist, die immerhin eine Zahl von über 6000 ausmacht. Hier ist auch die Fläche am befriedigendsten ausgefallen; ich glaube, es sind etwa 12 ha auf die Bauerntochter entfallen. Abgesehen von der Eingliederung auf vielfach zu kleine Pachtstellen, deren Prüfungsergebnisse aber auch besser sind, als wir angenommen hatten, kann man die Frage, ob sich die Siedlung und Eingliederung bewährt hat, mit einer kleinen Einschränkung bejahen.Wenn man das Material über die laufende Berichterstattung kritisch betrachtet, kann man folgende drei bemerkenswerte Feststellungen machen.Erstens: Zahlreiche Vertriebenen haben durch sinnvolle Betriebsaufstockungen in wesentlichem Umfang eine Entwicklung im Sinne der Verbesserung der Agrarstruktur selber eingeleitet und durchgeführt. Zweitens: Fast die Hälfte der von einer Untersuchung in Niedersachsen erfaßten Betriebe hat die Anbaufläche für Hackfrüchte erweitert und damit eine Intensivierung der Bewirtschaftung eingeleitet. Drittens: Nach den Ergebnissen von Erhebungen in Teilgebieten Niedersachsens und Hessens kann auch die Mehrzahl der Pachtbetriebe als dauerhaft eingegliedert angesehen werden, die aber zum Teil wegen hoher Pachtpreise und ungenügender Ausstattung Anfangsschwierigkeiten zu überwinden hatten.Die Berichte der Landwirtschaftskammern und der Kulturämter besagen, daß in erster Linie die Vertriebenen selber an einem derartigen Gelingen der Eingliederung und der Ansiedlung das Hauptverdienst haben und daß viele von ihnen unter Verzicht auf persönliche Wünsche beispielhaft gewirtschaftet haben. Ich möchte nicht versäumen, gerade diese positive Seite der Eingliederungs- und Ansiedlungsergebnisse hier gebührend hervorzuheben; denn dieser Tatbestand kann uns alle ermutigen, auf dem beschrittenen Wege weiter forfzufahren. Dort, wo Mängel aufgetreten sind, wo etwa eine Konsolidierung kurzfristiger Schuldverbindlichkeiten notwendig ist, sind Mittel bereitgestellt, um in diesen Fällen zu helfen.Zu der Drucksache 863, die Ihnen heute nachmittag zugegangen ist, möchte ich noch folgendes sagen. Der Fünfjahresplan, der im ganzen Aufwendungen von etwa 2,5 Milliarden vorsieht, an denen der Bundeshaushalt mit etwa 1,4 Milliarden beteiligt ist, wird deshalb für notwendig gehalten, weil eine größere Stetigkeit in der Siedlungsplanung und -durchführung erreicht werden soll, weiterhin weil in die Finanzierung der Eingliederung und der Siedlung eine Sicherheit hineingebracht werden soll, die für langfristige Maßnahmen unbedingt geboten ist. Ferner soll eine bessere Ausnutzung der sich im Laufe der Zeit ergebenden Möglichkeiten der Landbeschaffung herbeigeführt werden. Schließlich werden — das bedeutet einen wichtigen psychologischen Grund — die ostdeutschen Bauern nunmehr die Gewißheit haben, daß etwa jede zweite Familie der jetzt noch wartenden 100 000 in diesen fünf Jahren mit einer Eingliederung rechnen kann. Hinter dieser Planung steht der gute Wille derer, die an ihrer Verwirklichung mitzuarbeiten haben. Wir wollen hoffen, daß die Zusammenarbeit aller Beteiligten befriedigend sein wird.Nun zur Frage der strukturellen Entwicklung in der Landwirtschaft. Sie ersehen sie aus folgenden Zahlen. Die Zahl der Betriebe von 0,5 bis 10 ha verminderte sich in der Zeit von 1949 his 1958 um 191300. Das ist, wenn Sie es so ansehen, eine schreckliche Zahl. Jeder von Ihnen wird denken: Die verschwinden vom Lande. Das ist aber ein Irrtum. Das sehen Sie gleich an den Hektarzahlen für das Land, das diese Betriebe behalten haben. Diese 191 300 Betriebseinheiten sind hauptsächlich nebenberuflich bewirtschaftet worden. Ihre Inhaber
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3350 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1959
Bundesernährungsminister Dr. h. c. Lübkesind zum größten Teil auch heute noch nebenerwerblich auf kleineren Flächen tätig. Die Zahl der Betriebe von 10 bis 100 ha hat sich um 26 000 vermehrt, wovon allein 19 000 — das sind 74 % —auf die Größenklasse von 10 bis 20 ha entfallen.Die genannte Gruppe von rund 191 000 Betrieben umfaßte früher 620 000 ha. Die Betriebe der aufnehmenden Größenklassen nahmen 470 000 ha auf. Den Rest von 150 000 ha behielten diese ca. 191 000 Familien. Das sind für jede Familie im Durchschnitt noch 3/4 ha, also 3 preußische Morgen. Das bedeutet, daß sie noch eine ganz gute Nebenerwerbsstelle behalten haben, auch Platz, Bauplätze für ihre Kinder usw., und daß die Familien in der Regel auf dem Lande geblieben sind. Es handelt sich also um keine Entvölkerung des platten Landes, sondern eine Entwicklung, die ganz planmäßig einfach deshalb einsetzt, weil für die Betriebe dieser Größenklassen unter den vielfach ungünstigen Produktionsvoraussetzungen keine Möglichkeit besteht, sich den Lebensstandard zu erarbeiten, der, wie ich vorhin schon sagte, im gewerblichen Bereich ganz selbstverständlich ist.Ganz kurz zu der Frage der Zusammenlegung! In den letzten Jahren wurden jährlich 200 000 ha zusammengelegt. In diesem Jahre wird die Zusammenlegung von etwa 218 000 ha erwartet. Seit 1956 wurden gewisse beschleunigte Verfahren neu ausgearbeitet. Danach sind im Jahre 1956 — das ist in den oben genannten Zahlen enthalten —11 120 ha umgelegt worden, im Jahre 1957 27 900 ha, und im Jahre 1958 wird die Zusammenlegung von rund 30 000 ha im Wege dieser vereinfachten Umlegung, die uns eine Beschleunigung der Arbeit ermöglicht, erwartet.Der Wirtschaftswegebau, der im Grünen Plan ebenfalls wieder vorgesehen ist, ist eine der beliebtesten Maßnahmen draußen in der Landwirtschaft, weil er eine wesentliche Rentabilitätserhöhung bringt. Denn die zahlreichen schweren Maschinen stecken heute auf weichem Boden bei schlechtem Wetter bis an die Achsen im Schlamm. Deshalb ist dies so wichtig. Im Jahre 1957/58 sind 8700 km befestigte Wege und 6200 km unbefestigte Wege gebaut worden.Hier ein Beispiel, das ich, glaube ich, schon einmal gebracht habe, an dem Sie sehen, daß hier der Plan wirklich eine Hilfe zur Selbsthilfe darstellt. An allen Bereichen der Wasserwirtschaft ist der Bauer sehr interessiert, weil, wenn er das Wasser nicht in der Hand behält, dieses den Hof regiert und nicht er selbst. Der Bund hat für alle Sparten der Wasserwirtschaft im letzten Jahr 300 Millionen DM ausgegeben, die Länder haben 250 Millionen DM und die Bauern 500 Millionen DM ausgegeben: das sind zusammen 1050 Millionen DM. Das bedeutet, daß zu der Hilfe von Bund und Ländern in Höhe von rund einer halben Milliarde DM von den beteiligten Landwirten rund eine halbe Milliarde DM dazugegeben worden sind. Das ist eine ungeheure Leistung. Im übrigen werden Sie in den Gebieten Schleswig-Holsteins, im Süderdithmarschen, in Steinburg oder an der Wesermündung oder in ähnlichen Gebieten, wo in den letzten Jahren auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft sehr viel gearbeitet worden ist, in der Regel zufriedene Menschen finden, obwohl schlechte Ernten vier bis fünf Jahre lang hintereinander sie gequält haben.Die Aussiedlungen und Aufstockungen ersehen Sie aus den Unterlagen, die Sie vor sich liegen haben. Im Vorjahr waren es 2051 Aussiedlungen mit gleichzeitigen Aufstockungen, an reinen Aufstockungen waren es 7223. Die Zahlen für das laufende Wirtschaftsjahr kann ich Ihnen noch nicht nennen.Zu den Leistungen der Landwirtschaft darf man sagen, daß sich die Produktion in den letzten Jahren ganz ungewöhnlich erhöht hat. Die Produktionsreserven sind in einem großen Umfang in Anspruch genommen worden. Man unterhält sich heute auch im Rahmen der Landwirtschaft darüber, ob es nicht besser wäre, die Produktionssteigerung einzustellen. Denn je mehr wir produzieren, um so weniger ist es möglich, unsere Preise zu halten.Meine Damen und Herren, wir gehen in den Gemeinsamen Markt. Wir haben ganz andere Erwägungen anzustellen. Bei uns fehlt immer noch ein beachtlicher Teil zur vollen Bedarfsdeckung. Wenn wir unsere Bedarfsdeckung mit in den Gemeinsamen Markt hineinrechnen, kommen wir bei vielen Produkten zu einer Selbstversorgung von 94 und 100 bzw. zwischen 102 und 104%. Das heißt, wenn wir uns hier in Deutschland, wo noch ein Zuwachs möglich wäre, etwa darauf einstellen, nicht mehr zu produzieren und z. B. die Handelsdüngerverbilligung möglichst abzubauen, damit keine Mehrproduktion herauskommt, dann entgeht uns die Chance, in einem bestimmten optimalen Punkt der Produktion die Kostendegression wahrzunehmen. Wir müssen doch darauf sehen, daß wir genauso gut rechnen wie die anderen.
Wir täten falsch daran, wenn wir uns etwa mit der Getreideernte, die wir heute in Deutschland haben, zufriedengeben wollten, während Belgien, Holland und Dänemark, ich glaube, mindestens um ein Drittel höhere Ernten haben als wir. Denn wenn wir eine europäische Marktordnung und damit natürlich auch eine kontingentierte Futter- und Brotgetreideeinfuhr bekommen, würden wir den anderen in der Beschaffung der eigenen Futtergetreidemengen den Vorzug lassen. Wer also die Gefahr der Produktionsausweitung z. B. dafür ins Feld führt, daß keine Handelsdüngerverbilligungen mehr gegeben werden dürfen, liegt im ganzen, glaube ich, nicht richtig.Zur Darlegung der sonstigen Leistungen der Landwirtschaft kam mir ein besonderes Beispiel aus Bayern sehr gelegen. Ich will es Ihnen in seinen Einzelheiten erzählen, damit Sie sehen, was Rationalisierung wert ist. Wenn man früher in Bauernversammlungen über Rationalisierung sprach, also über etwas, was nicht ohne weiteres Geld brachte, war das Interesse nicht übermäßig groß. Jeder Bauer dachte: Das ist doch nicht deine Sache, sondern meine; darüber muß ich nachdenken, du kennst
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1959 3351
Bundesernährungsminister Dr. h. c. Lübkemeinen Hof nicht; und was ist mit Hilfen, was bringst du mir dazu?Nun haben wir im Jahre 1954 in Bayern darauf gedrängt der Ernährungsausschuß wird sich an die Fahrt erinnern, die wir damals durch Bayern und Württemberg gemacht haben -, daß die Molkereiwirtschaft rationalisiert wird. Nunmehr liegt der Bericht vor. Die Anzahl der bayrischen Molkereibetriebe und Käsereien betrug am 31. Dezember 1954 1245 Betriebe, davon 850 mit überwiegender Käseherstellung. Geplant waren damals 655 Stilllegungen, erfolgt sind bis 15. Juli 1958 239 Stilllegungen. Darüber hinaus wurden 168 Nebenbetriebe mit den dazugehörigen Hauptbetrieben zusammengefaßt. Der Anteil des Allgäus an den Stilllegungen betrug 162 Betriebe. Das Allgäu hat also allein 70 % von den 239 Betriebsstillegungen bestritten. Es ist dort am nötigsten; das muß man zugeben. Aber es wäre zweifellos richtig gewesen, auch in den übrigen Gebieten Bayerns — und das trifft auf alle anderen Länder zu — solche Betriebsstillegungen und Bereinigungen vorzunehmen.Das Ergebnis: Den Lieferanten der 239 stillgelegten Betriebe konnte sofort nach der Umleitung der Milch an die benachbarten Betriebe durchschnittlich ein um dreiviertel Pfennig je Kilogramm höheres Milchgeld ausgezahlt werden, weil nämlich die anderen, größeren Betriebe diese dreiviertel Pfennig schon mehr bezahlen. Darüber hinaus haben die Rationalisierungsmaßnahmen bewirkt, daß die 98 aufnehmenden Betriebe ihre Auszahlungsleistungen an ihre alten und die neuen Lieferanten um weitere anderthalb Pfennig erhöht haben. Die Gesamtmehrleistung der 98 Betriebe betrug demnach im Kalenderjahr 1957 zweieinviertel Pfennig je Liter Milch. Der größere Teil der Mehrauszahlung ist auf die entstandene Kostensenkung zurückzuführen. Bund und Land zusammen hatten dazu 11,5 Millionen DM gegeben. Dem stehen allein in diesem Kalenderjahr 13 Millionen DM Mehrumsatz gegenüber.Durch die Stillegung von 239 Betrieben ist die Herstellung von Käse und Butter zweiter Qualität in diesen Betrieben entfallen. An ihrer Stelle wurden Markenware oder Erzeugnisse mit besseren Verwertungserlösen hergestellt. Das Verschwinden vieler kleiner Molkereibetriebe mit geringen Produktionsmengen wirkte sich stabilisierend und preisverbessernd auf den Markt aus.Ich weiß genau, wie schwer es ist, eine Genossenschaft oder einen Ort dazu zu bringen, seine Molkerei aufzugeben und sich mit anderen Molkereien zusammenzutun, um rationeller wirtschaften zu können. In meiner Heimat gibt es in einem Kreis drei Molkereien. Ich hatte die einen schließlich so weit, daß sie darauf verzichteten, neu zu bauen. Sie hatten sich aber vorgenommen: Sobald der hier verschwindet — mein Weggang aus Nordrhein-Westfalen stand damals kurz bevor —, werden wir die Sache nochmals aufnehmen. Nachdem ich Ende 1952 aus Nordrhein-Westfalen weggegangen war und ein halbes Jahr später durch diese Gemeinde fuhr, war der Rohbau der neuen Molkerei bereits fertig. So schwer ist es, die Rationalisierung auf diesem Gebiet durchzusetzen! Aber an den Beispielen ausBayern sehen Sie, wie notwendig sie ist und wie sehr es erforderlich ist, beim Beginn zu helfen, weil es ohne Mittel von außen nicht geht.Bei der Verbesserung von Qualität und Absatz von Obst und Gemüse sind ähnliche Feststellungen zu treffen. Für eine marktgerechte Aufmachung und Lagerung von Kernobst wurden aus Mitteln des Grünen Planes und aus eigenen Mitteln der Beteiligten Normallager für 65 000 t Obst geschaffen, dazu Kühllager für 40 000 t frisches Obst und Gemüse. Ferner wurden für die Verbesserung von Sortiermaschinen und für sonstige Maßnahmen —Absatzeinrichtungen — Mittel bereitgestellt. Die Kernobsternte des Jahres 1958 hätte uns einen ruinösen Preisverfall gebracht, wenn diese Einrichtungen, die zur Zeit noch gar nicht genügen, nicht geschaffen worden wären. Es ist deshalb vorgesehen, daß insbesondere für die Schaffung von leistungsfähigen Vorratslagern in größerem Umfang Mittel in die absatzfördernden Maßnahmen des Grünen Plans einbezogen werden.Hinsichtlich der Rentabilität des Maschineneinsatzes haben wir eine Sonderuntersuchung durch die landwirtschaftliche Fakultät der Universität Bonn durchführen lassen. Die Untersuchung ist in den folgenden Jahren erweitert worden und bestätigt die bisherigen Ergebnisse. Aus ihr ergab sich, daß die gesamten Arbeitskosten nach der Mechanisierung 100 DM je Hektar niedriger gewesen sind, als wenn keine Mechanisierung erfolgt wäre. Diese Ersparnis ergibt sich aus der Differenz zwischen den ersparten Lohnkosten einerseits und den laufenden Betriebskosten der als Ersatz für die menschlichen Arbeitskräfte eingesetzten Maschinen andererseits.Allerdings beschränkt sich die Untersuchung im wesentlichen auf Betriebe über 20 ha. In den kleineren Betrieben werden sich wegen des geringen Ausnutzungsgrades dieselben günstigen Ergebnisse nicht erzielen lassen. Die Forderungen, die jedes Jahr neu erhoben wurden, wir sollten für die Anschaffung von Maschinen Kredite und Zuschüsse geben, habe ich deshalb jedesmal abgelehnt. Dann kauft sich nämlich jeder Hof Maschinen, auch dann, wenn sie nicht rationell einzusetzen sind.Ich habe allen Betrieben, den kleinen, mittleren und großen Betrieben, geraten, wo sie Gemeinschaftsmaschinen benutzen könnten, sollten sie es tun. Den Rat geben auch die Wirtschaftsberater draußen; jedenfalls sind sie so angewiesen. Das tun auch die Genossenschaften, die sich der Sache annehmen, oder die Unternehmer, die Gemeinschaftsmaschinen benutzen, um die Arbeit bei den Bauern zu verbilligen. Es ist aber unmöglich, mit einem entsprechenden Maschinenbestand jeden kleinen Hof auszustatten, der die Maschinen gar nicht in dem Umfang benutzen kann, daß sie rationell und rentabel eingesetzt werden.Ein sehr heißes Eisen sind unsere sogenannten Subventionen. Ich habe diese Benennung noch nie durchgehen lassen. Aber sie ist hier im Hause mit streng erhobenem Zeigefinger gebraucht worden. Ich werde von mir aus einiges darauf zu erwidern
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3352 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1959
Bundesernährungsminister Dr. h. c. Lübkehaben, nicht deswegen, weil zwischen meinem Kollegen Etzel und mir etwas zu bereinigen wäre. Das ist längst geschehen; wir sind uns schon einig. Aber auch das Haus sollte sich darüber einig sein, daß hierfür in erster Linie folgende Fragen maßgebend sind: Wie sind die Bedingungen, unter denen wir in den Gemeinsamen Markt gehen? Passen die Handelsdünger-Verbilligungsmaßnahmen und die Milchprämien noch in den Gemeinsamen Markt?In dem Vertrag sind in den Artikeln 39, 40, 41 und 42, wie jeder nachlesen kann, Bestimmungen enthalten, die es uns gestatten, zu derartigen Mitteln zu greifen, wenn wir die Höhe der Arbeitseinkommen, die wir erstreben, nicht erreichen können. Die Kommission selber behält sich in Artikel 42 das Recht dazu vor. Was aber die Kommission selbst tun will, dürfen wir in der Vorbereitung auf die Kommission wohl auch tun. Außerdem steht in Artikel 42 Absatz 2:Der Rat kann insbesondere genehmigen, daß Beihilfen gewährt werdena) zum Schutz von Betrieben, die durch strukturelle oder naturgegebene Bedingungen benachteiligt sind, oderb) im Rahmen wirtschaftlicher Entwicklungsprogramme.Das sind praktisch die gleichen Wege und Ziele, die auch wir verfolgen.Ich darf Ihnen noch die Worte vorlesen, die der Herr Bundesfinanzminister am Schluß der Haushaltsrede sprach; sie decken sich auch damit. Er sprach von den Grundsätzen der Marktwirtschaft und fuhr fort:Vereinbar mit ihr sind aber auch nach meiner Meinung solche Staatshilfen, die als Start- und Anpassungshilfen zur Erleichterung struktureller Umstellungen in den Erzeugungs- und Absatzbedingungen oder auch als Überbrükkungshilfe bei akuten Notständen gewährt werden.Nun, etwas anderes als Anpassungshilfen haben wir nie verlangt, und etwas anderes als Entwicklungshilfen gibt es bei uns gar nicht. Es ist gar nicht so gedacht, daß diese Hilfen auf ewige Zeiten bestehen bleiben sollen. Wir haben z. B. auch, als wir die Handelsdüngerverbilligung einführten, die Geltungsdauer dieser Maßnahme auf drei Jahre begrenzt. Als wir nun nach zwei oder drei Jahren sahen, daß draußen zwar die Anwendung von Handelsdünger stieg, sich aber die erwünschten Folgen, nämlich die Verbesserungen der ganzen Situation, nicht ausreichend einstellten und wir nach drei Grünen Plänen immer noch sagen mußten: was wir fertig bekommen haben, besteht gerade darin, daß wir mit den gewerblichen Löhnen mitkommen, — da wird es uns, glaube ich, niemand verübeln, daß wir diese Verbilligungen weiterführen mußten. Wie wir es nun weiter machen werden, habe ich Ihnen nachher in meinem Plan auseinanderzusetzen. Das wird sich im wesentlichen danach richten, wie die Situation der Landwirtschaft jeweils bei der Beratung des Grünen Plans aussieht.Nun zur Milchprämie! Sie hatte vom Anfang an den klarausgesprochenen Zweck der Erziehung zur Qualitätssteigerung und kommt damit nicht nur den Bauern, sondern im wesentlichen den Verbrauchern zugute.
Den Verbrauchern kann es doch nicht einerlei sein, daß wir uns bei der Anlieferung der Trinkmilch praktisch allmählich der Lieferung einer gewissen Vorzugsmilch nähern. Wir werden in einem Jahr so weit sein und sind schon heute in verschiedenen Ländern so weit, daß als Trinkmilch nur noch Tbcfreie Milch geliefert wird. Bis spätestens in einem Jahr werden wir so weit sein, daß nur noch Tbc- und Bang-freie Milch der Qualitätsstufe I geliefert wird. Ich hatte vor, dieses Ziel schon am 1. April 1959 zu erreichen und nur noch an Erzeuger solcher Milch die Prämie zu bezahlen. Die Einsprüche von draußen, insbesondere von den Landwirtschaftsministern, waren aber sehr stark. Eis wurde gesagt, es sei unmöglich, dieses Vorhaben durchzuführen. Ich glaube allerdings, daß man es auf diesem Gebiet gelegentlich an einer gewissen Härte nicht fehlen lassen sollte. Ich spreche das ganz offen aus.Ich kenne Genossenschaften in Deutschland — genau wie in Schweden und Dänemark —, die es bei der Erziehung zur Lieferung Tbc- und Bang-freier Milch fertiggebracht haben, denjenigen, die solche Milch noch nicht liefern konnten, 8 Pf pro Liter abzuziehen und diesen Betrag den Lieferanten Tbc- und Bang-freier Milch zu geben. Natürlich kann man das nur mit einem geringen Prozentsatz machen; aber der Prozentsatz, der noch nicht Tbc-und Bang-frei ist, ist nicht groß. Meiner Schätzung nach werden wir am 1. April dieses Jahres nahezu 80 % Tbc- und Bang-freier Tiere haben, und am 1. Oktober dieses Jahres werden wir mindestens 85 % überschritten haben.Ich glaube daher, dieser Fortschritt könnte es uns erlauben, schon ab 1. April 1959 nur noch an Erzeuger Tbc- und Bang-freier Milch die Prämie zu zahlen. Man kann aber genauso gut die Verzögerung von einem halben Jahr einführen und einen etwas weicheren Weg wählen, indem man am 1. April dieses Jahres eine Minderbezahlung für alle diejenigen Bestände, die noch nicht seuchenfrei sind, und die höhere Bezahlung für solche, die erstklassige Milch liefern, einführt.Wie es mit der Milchprämie späterhin werden soll, ob sie z. B. in der Richtung umgebaut werden soll, daß sie im wesentlichen den kleinen und mittleren Betrieben zugute kommt, damit werden wir uns des weiteren noch beschäftigen müssen. Es sind Beispiele aus Schweden angeführt worden. Meines Erachtens passen sie für die deutschen Verhältnisse nicht. Es mag aber notwendig sein, bei einem Anlaufen auf diesem Gebiet eine Änderung vorzunehmen. Wir werden das rechtzeitig prüfen.Zu der Handelspolitik ist zu sagen, daß über die sogenannte restriktive Handelspolitik von außen und von innen geklagt wird. Es wird von den Verbrauchern, von den Bauern, von dein außereuropäischen und von den europäischen Staaten geklagt. Wenn man genau hinsehen würde, dann könnte
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1959 3353
Bundesernährungsminister Dr. h. c. Lübkeman sagen, daß ich mit meinen Mitarbeitern allein auf weiter Flur stehe und daß wir die einzigen sind, die bereit sind, die restriktive agrarische Handelspolitik noch zu verteidigen. Ich hatte aber immerhin die Freude, im GATT bei den Kämpfen im Oktober die gesamten europäischen Länder gegen die außereuropäischen Länder auf meiner Seite zu finden. Denjenigen aus der gewerblichen Wirtschaft, die behaupten, die agrarische Handelspolitik stünde der Handelspolitik im Wege — ich habe das jetzt wieder, bevor ich hierher kam, hören müssen —, darf ich sagen, daß noch kein einziger Handelsvertrag an den Forderungen der agrarischen Seite gescheitert ist.
Denjenigen, die behaupten, wir hätten zuviel eingeführt, werde ich gleich die Prozentzahlen und die Zahlen über die Preisentwicklung vorlesen; dann werden auch sie zufrieden sein.Wegen der Verbraucher hatte ich in Bonn und in Berlin im Bundesrat einen Kampf. Ich war dort sozusagen vor Gericht gezogen worden. Man sagte, die Einfuhr- und Vorratsstellen nähmen nicht die Interessen der Verbraucher, sondern nur die der Erzeuger wahr; sie arbeiteten also — entgegen den gesetzlichen Vorschriften einseitig. Es hat zweier Sitzungen und eingehender Beratungen bedurft, um die große Mehrheit der Länder von dem Gegenteil zu überzeugen. Aber es ist mir gelungen. In Berlin wurde gegen zwei Stimmen beschlossen, den Antrag des Landes Baden-Württemberg — glaube ich — nicht anzunehmen, weil das Gegenteil nachgewiesen war.
Ich glaube also, daß unsere Handelspolitik einen Weg gefunden hat, der der gewerblichen Seite, der Verbraucherseite und der landwirtschaftlichen Seite gerecht geworden ist.Der Anteil der Einfuhren seit 1953/54 entwickelte sich folgendermaßen. Butter: 1953/54 2 %, 1954/55 8 %, 1955/56 7 %, 1956/57 12 %, 1957/58 8 %. Für die Einfuhr an Schweinen betragen die Zahlen für die eben genannten Jahre: 5 %, 3 %, 3 %, 6 %, 4 %. Bei dem letzten Punkt wird ja die Hauptbeschwerde geführt. Die entsprechenden Zahlen für Rinder: 7 %, 10 %, 6 %, 20 %, 13 %.Die Entwicklung der Preise in dieser Zeit zeigt folgendes Bild. Auszahlung für Milchprodukte: 25,8; 27,6; 29,5; 31,9; 34,9; jetzt ungefähr 33. Die Rinderdurchschnittspreise entwickelten sich von 78,6 bis 108. Die Preise für Schweine entwickelten sich von 134 auf 120 auf 127 auf 117 auf 134. Im Durchschnitt lagen sie bei 124 pro Pfund Lebendgewicht. Der Durchschnitt sollte von Anfang an bei 125 liegen. Die Großhandelspreise für Butter waren 5,55 DM, 5,94 DM, 6,20 DM, 6,27 DM, 6,23 DM und jetzt wieder 6,23 DM. Die Preisgestaltung hätte in manchen Jahren sicherlich ein wenig besser sein können; aber es muß berücksichtigt werden, daß wir bei einem stärkeren Druck der übrigen Länder auf unsere Handelspolitik erstens nicht durchgestanden und zweitens wahrscheinlich eine geringere Ausfuhr gehabt hätten. Die Ausfuhr, die im letzten Jahr einen Wert von 36 Milliarden DM hatte, ernährt bei uns Millionen von Menschen, was ins Gewicht fällt bei der Kaufkraft, die unsere Preise sichert.Die Ausrichtung auf den Markt ist für die Zukunft das Wesentliche. Zwischen Produktion und Absatz muß ein Gleichgewicht gefunden werden. In der Entschließung von Stresa ist gesagt: Die Bemühungen zur Produktivitätssteigerung sollen die Durchführung einer Preispolitik zulassen, die die Überproduktion vermeidet und zugleich ermöglicht, wettbewerbsfähig zu bleiben oder zu werden.Es ist gleichzeitig beschlossen worden, kein Produkt zu fördern, das keinen Markt hat. Man darf also nicht am Markt vorbeiproduzieren. Das gilt nicht nur für Getreide und nicht nur für Veredelungsprodukte, sondern das gilt für alle Sparten. Die gemeinsame europäische Marktordnung, meine Damen und Herren, muß so gestaltet werden, daß Produkte, die keinen Markt haben, auch nicht erzeugt oder auf dem eigenen Hof, im eigenen Betrieb verbraucht werden. Jedenfalls ist der Erzeuger maßgeblich dafür verantwortlich, was mit seinen Produkten geschieht. Man hat in Frankreich z. B. die Vorstellung: Wenn sich der Getreidepreis gegenüber dem heutigen französischen Getreidepreis bessert, dann haben wir eine große Ausfuhr in Weizen oder in Gerste nach Deutschland. In Gerste ist ein Fehlbedarf von 8,5 Millionen t vorhanden; da ist also noch viel Platz. Aber in Weizen wäre sehr wenig Platz. Infolgedessen dürfte der Weizen nicht erzeugt werden. Schon jetzt muß man bei den Beratungen über die künftige Marktordnungspolitik daran denken, daß keine amerikanischen Verhältnisse geschaffen werden dürfen. Das hält nämlich nur ein paar Jahre an; dann ist die Sache vorbei, dann liegt sehr viel Getreide auf Lager, das niemand haben will. Es besteht die Gefahr, daß dann die gesamte Marktordnung zusammenbricht. Für die Veredelungsprodukte gilt das genauso.Ich glaube, an diesen Grundsätzen sollten wir festhalten. Ich bleibe dabei auch fest bei meiner Forderung, daß die pflanzliche Bodenproduktion rentabel sein muß, weil auf ihr alles übrige aufbaut.Es besteht keinerlei Aussicht auf einen höheren Verzehr an Brotgetreide und Kartoffeln im gemeinsamen Markt, weil der Verzehr in allen Ländern rückläufig ist. Die Ausgaben für den Fleischverbrauch haben jedoch einigermaßen zügig mit der Entwicklung des Einkommens Schritt gehalten. Die Einkommenselastizität der mengenmäßigen Nachfrage nach Fleisch innerhalb der EWG betrug 0,8 bis 1, d. h. bei einer Steigerung des Einkommens um 10 % stieg der Fleischkonsum etwa im gleichen Maße. Der Verbrauch an Rindfleisch stieg jedoch stärker als der an Schweinefleisch. Ähnliches gilt für Eier und Geflügelfleisch, während die Einkommenselastizität der Nachfrage nach Butter wesentlich geringer ist. Wir haben in der Bundesrepublik einen Fleischverzehr von 52 kg pro Jahr, in Belgien ebenfalls von 52 kg, in Frankreich von 77 kg, in Italien von 22 kg und in den Niederlanden von 37 kg. Sie sehen daraus, daß hier noch enorme Entwicklungsmöglichkeiten bestehen.
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3354 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1959
Bundesernährungsminister Dr. h. c. LübkeDer Butterverbrauch beträgt in Deutschland 7,4 kg pro Person und Jahr, in Belgien 9,4 kg, in Frankreich 5,8 kg, in Italien 1,3 kg — wie Sie wissen, wird in Italien mehr Öl verzehrt — und in den Niederlanden, geschätzt, vielleicht 3 kg, während er nur mit 2,3 kg angegeben wird.Was kann man hieraus folgern? Daß nicht unbedingt der Preis ein Regulator des Verzehrs von Veredlungsprodukten ist! In den Niederlanden z. B. betrug der Preis für Butter im vorigen Jahr 4,64 DM und in diesem Jahr 3,71 DM nach der künstlichen Herabsetzung auf Kosten des Staates. Aber gerade dort hat man nur einen geringen Butterverzehr, nämlich noch viel weniger als die Hälfte unseres Verbrauchs. Man kann also sagen, daß dort jedenfalls der niedrigere Preis nicht viel bewirkt hat. In Italien betrug der Butterpreis 5,05 DM und in diesem Jahr 5,53 DM. Auch da ist der Verzehr nicht gestiegen. In Luxemburg und Frankreich ist der Butterpreis höher als bei uns, und trotzdem ist dort der Verzehr höher als bei uns und wesentlich höher als in Ländern mit niedrigeren Preisen. Ich will nun nicht etwa volkswirtschaftliche Erkenntnisse auf den Kopf stellen; aber ich wiederhole: der Preis ist nicht der alleinige Regulator, sonst wären diese Ergebnisse, die aus dem Statistischen Bundesamt stammen, tatsächlich nicht zu erklären.Ich habe diese Zusammenstellung machen lassen, um Ihnen zu zeigen, daß wir bei einem hohen Futtergerstenpreis mit den Preisen unserer Veredlungsprodukte ungefähr im Preisrahmen der übrigen Länder liegen, die im Vergleich zu uns eine Preisdifferenz von 6 bis 12 DM pro Doppelzentner haben. Auch das ist verwunderlich. Ich glaube deshalb, daß unsere Bauern in ihren Mastbetrieben sehr scharf zu rechnen verstehen. Sie liegen z. B. in der Herstellung von Schweinefleisch aus Gerste günstiger als die Holländer.Ich will Ihnen die übrigen Zahlen nicht vorlesen; ich habe sie hier. Sie können sie bekommen, dann-können Sie sie verfolgen. Sie werden daraus erkennen, daß wir für unsere Bauern selbst bei diesen hohen Gerstenpreisen, die sich wahrscheinlich im Gemeinsamen Markt ermäßigen werden, für die Zukunft praktisch kaum irgendwelche großen Bedenken zu haben brauchen. Natürlich werden sich diese und jene Schwierigkeiten einstellen; aber das wird man nie ganz abstellen.Die Grundlinien der bisherigen Agrarpolitik sind Ihnen bekannt. Die Grundlinien der zukünftigen Agrarpolitik sind hauptsächlich darauf gerichtet, konkurrenzfähig zu bleiben.Als erstes nenne ich hier die Senkung der Unkosten, und zwar die Senkung von Preisen für Betriebsmittel, Dünger, Landmaschinen, Brenn- und Treibstoffe und Inventarunterhaltung. Ich erwähne besonders die Inventarunterhaltung — sie liegt zum Teil draußen, zum Teil im Hof —, weil das eine der höchsten Positionen in den Ausgaben ist.Die Futtermittel habe ich mit einem Fragezeichen versehen. Auch dann, wenn es gelingt, den europäischen Preis für Getreide, also für Weizen, weitgehend an den deutschen Preis heranzuziehen, werden die Futtergetreidepreise niedriger sein als jetzt. Das darf man, glaube ich, mit Sicherheit sagen. Gegen die Heranziehung des Getreidepreises an den deutschen Preis bestehen erhebliche Bedenken, und zwar, wie ich nicht erwartet hatte, am meisten in Frankreich, weil man sagt, daß natürlich sofort ein gewaltiger Weizenanbau einsetzen würde, wenn man etwa den deutschen Preis erreichen sollte. Andere Länder, wie Italien, liegen über dem deutschen Preis, das kleine Luxemburg, Belgien liegt nicht weit davon usw., die Schweiz hat höhere Preise, andere, Österreich und Norwegen, ebenfalls. Es sind also eine ganze Reihe von europäischen Ländern, die noch über uns liegen. Es ist also nicht so etwas Ungewöhnliches. Aber die Angst vor der Mehrproduktion schwächt den Willen, Einsicht in die Zusammenhänge zu nehmen. Wir müssen vorher allen Beteiligten zunächst einmal klargemacht haben, daß es notwendig sein wird, eine Marktordnung mit Bestimmungen, mit einer Technik zu haben, die eine Produktion solcher Produkte, die keinen Markt haben, nicht zulassen.Die Marktpflege ist das Wesentliche. Eine strikte Einhaltung aller Handelsklassenbestimmungen ist notwendig, und zwar mit einer scharfen Überwachung. Wir haben an verschiedenen Stellen in Deutschland auf diesem Gebiet erfreuliche Erfolge. Wir haben besonders im Absatz der diesjährigen Obsternte Erfolge erlebt. Die diesjährige Obsternte wäre nicht ohne einen völligen Ruin der Preise abzusetzen gewesen, wenn die Standardisierungs- und Handelsklassenverordnung von den Obstbauern nicht innegehalten worden wäre. Es ist auch dem Einzelhandel bei dieser Unterbringung der Obsternte sehr klar geworden, wie wichtig es ist, wenn vom Erzeuger bis zum Verbraucher die Kette der Standardisierung läuft und die Handelsklassenverordnung durchgehalten wird. Dies gilt vor allem für das gleichbleibende Qualitätsangebot an Handel und Verbraucher. Das setzt voraus erstklassige Standardisierung, Sortierung und Verpackung, ferner die Bildung und Förderung regionaler Standards in Bezirken, die sich für eine verstärkte Erzeugung qualitativ hochstehender Produkte interessieren und ihr Vorhaben auch durchführen, damit sie denjenigen Großkaufleuten, die im In- mid Ausland großzügig einzukaufen gewohnt sind, die Möglichkeit geben, die Ernten ganzer Gebiete vom Schreibtisch aus aufzukaufen. Das geht nur, wenn man ganz zuverlässig in der Qualität und in der Verpackung bleibt. Beispiele dafür haben wir in Deutschland in den Trinkmilchlieferungsgenossenschaften im Emsland und in Oldenburg, die die beste Trinkmilch in der gesamten Bundesrepublik liefern, deren Preise durch die Holländer — auf Staatskosten — unterlaufen wurden und deren Qualität dazu beigetragen hat, daß die Amerikaner neue Angebote der Deutschen erbeten haben. Dann ein Beispiel aus Italien: Da sind große Orangenanbaugebiete, deren Ernten von einzelnen deutschen Großhändlern zusammen gekauft und nach Deutschland geschickt werden. Dreimal werden die Erzeugnisse hinsichtlich ihrer Qualität überprüft.
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1959 3355
Bundesernährungsminister Dr. h. c. LübkeNur eine derartige Marktpflege kann uns für die Zukunft davor bewahren, am Markt vorbei zu produzieren.Die schwierige Situation innerhalb der deutschen Landwirtschaft, aber auch der übrigen EWG-Länder wird uns noch auf lange Sicht beschäftigen, weil die Struktur der deutschen und europäischen Landwirtschaft durch den Familienbetrieb gekennzeichnet wird und gerade die Umstellung der Familienbetriebe mit ihrem vielfach überhöhten Arbeitskräftebesatz besondere Schwierigkeiten bietet, die nur durch eine stärkere Durchsetzung dichtbevölkerter ländlicher Räume mit kleinen und mittleren Industriebetrieben zu beheben sind. Nur diese Regelung bietet den landwirtschaftlichen Grenzbetrieben, die mit den Mitteln der Agrarpolitik nicht rentabel gestaltet werden können, eine entsprechende Verdienstmöglichkeit.Für die Lösung all dieser schwierigen Probleme steht erfreulicherweise eine lange Übergangszeit zur Verfügung. Je schneller sich die Landwirtschaft der Bundesrepublik auf die veränderten Bedingungen einstellt, um so leichter wird es ihr sein, sich im Wettbewerb des größeren Marktes zu bewähren.Die geistige Umstellung ist die Voraussetzung für die wirtschaftliche Veränderung, und sie ist, wie man aus vielen Anzeichen erkennt, in erfreulichem Maße im Wachsen. Denken in europäischen Zusammenhängen, mehr Geduld mit sich und mit anderen, gegenseitiges Vertrauen und eine Wirtschafts- und Agrarpolitik, die die Kaufkraft der Verbraucher schützt und die Einsicht in die hohe Bedeutung der Landwirtschaft erhält und vertieft, werden die Vorbedingungen für die Lösung der gestellten Aufgaben sein.Ich darf Ihnen nun kurz den Grünen Plan bekanntgeben. Er liegt Ihnen allen vor. Ich habe nur eine kleine Anmerkung zu I zu machen. Ich bitte Sie, die Seite 21 der Drucksache zu 850 aufzuschlagen. Dort ist für das Jahr 1959 in einer dritten Spalte — Erläuterungen — gesagt, daß für die Ziffern 1 und 2, also für Flurbereinigung sowie für Aufstockung und Aussiedlung, zusammen weitere 130 Millionen DM als zentral zinsverbilligte Kapitalmarktkredite beschafft werden. Weiter wird in dieser Spalte gesagt, daß die Kredite für die Ziffern 3 bis 5, also für Wasserwirtschaft, Wirtschaftswege sowie Wasserversorgung usw., zinsverbilligt aus dem Kapitalmarkt beschafft werden. Hinzu kommen noch 50 Millionen DM, die ebenfalls zinsverbilligt aus Kapitalmarktmitteln besorgt werden. Bis jetzt können also schon 180 Millionen DM zu den 573 Millionen DM hinzugerechnet werden. Dazu kommen dann 45 Millionen DM Kredite aus dem ERP-Sondervermögen. Das bedeutet, daß wir die Endsumme von 573 Millionen DM um 225 Millionen DM niedrig verzinsliche Kredite erhöhen können. Ich bitte Sie, diese Zahl dazu zu notieren. Insgesamt ergibt das 798 Millionen DM, also rund 800 Millionen DM, gegenüber 403 Millionen DM Haushaltsmittel im Jahre 1958.Nun noch ein Wort zur rationelleren Gestaltung der Erzeugung. Hier sind für den Handelsdünger 230 Millionen DM vorgesehen. Sie wissen, daß dafür im letzten Jahre 316 Millionen DM vorgesehen waren. Hier ist also eine Verminderung um 86 Millionen DM eingetreten. Während früher eine Verbilligung von etwa 20 % angesetzt war — sie ist, wie ich höre, je nach den Sorten zum Teil auf 17 und 18 % heruntergegangen —, wird mit der jetzt vorgesehenen Summe eine Verbilligung um etwa 13 1/2, vielleicht 14 % erreicht werden können.Die Summe für den Obst- und Gartenbau ist um 1 Million DM vermindert worden, weil die im Jahre 1958 angesetzten 3 Millionen DM nicht ganz angefordert worden sind.Die Mittel für technische Anlagen, insbesondere in Futterbaubetrieben, also vor allem für Silos und für Unterdach-Trocknungsanlagen, sind von 25 Millionen auf 15 Millionen DM ermäßigt worden, weil weniger als 15 Millionen DM angefordert worden waren.Für Gemeinschaftsmaschinen wurden 10 Millionen DM angesetzt. Diese reichen nach den Erfahrungen des letzten Jahres aus.Nun zur Förderung von Qualität und Absatz. Für die Qualitätsverbesserung der Milch sind statt 400 Millionen DM 376 Millionen DM vorgesehen. Der Grund hierfür ist darin zu erblicken, daß für die Verteilung strengere Maßstäbe angelegt werden sollen.Die übrigen Summen decken sich bis auf die Mittel für Schulmilchspeisungen mit den Ansätzen des letzten Jahres. Die Mittel für Schulmilchspeisungen sind von 6 auf 10 Millionen DM erhöht worden. Dagegen sind die Mittel für die Verbesserung der Molkereiwirtschaft von 15 auf 10 Millionen DM heruntergesetzt worden. Auch die Mittel für andere landwirtschaftliche Erzeugnisse wurden von 72 auf 50 Millionen DM heruntergesetzt.Die Kreditverbilligung ist von 35 Millionen DM auf 20 Millionen DM ermäßigt worden, weil wir glauben, mit diesen 20 Millionen DM auskommen zu können. Der gesamte Plan schließt nunmehr ohne die oben genannten Kredite wie im vorigen Jahr mit einem Endbetrag von 1 341 000 000 DM ab.Die Landwirtschaft hat bei dieser Entwicklung des Grünen Plans etwa die gleichen Möglichkeiten wie im Vorjahr. Es muß aber berücksichtigt werden, daß im normalen Etat und für die Alterssicherung Gelder freigemacht werden sollen. Außerdem sind für die Flurbereinigung und für die Wasserwirtschaft weitere Mittel freigemacht worden, die auf die Milchprämie und die Handelsdüngerverbilligung angerechnet werden mußten.Ich hoffe, daß die Durchführung des Grünen Plans zeigt, daß wir damit den Bedingungen gerecht werden, denen die deutsche Landwirtschaft bei ihrem Marsch in den gemeinsamen Markt entgegengeht, und daß wir ihr damit die Wege in dem Maße zu
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3356 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1959
Bundesernährungsminister Dr. h. c. Lübkebereiten verstehen, wie es von der deutschen Landwirtschaft gewünscht wird.
Meine Damen und Herren, es besteht eine Vereinbarung zwischen den Fraktionen, daß die Diskussion über den Grünen Bericht auf nächste Woche verschoben werden soll. Wir werden also jetzt nicht in die allgemeine Aussprache eintreten und Punkt 19 der Tagesordnung insoweit für heute für erledigt erklären.
Ich rufe auf Punkt 20 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Betriebszählung in der Land- und Forstwirtschaft (Drucksache 687) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Drucksache 848).
Den Schriftlichen Bericht finden Sie auf Drucksache 848. Berichterstatter ist der Abgeordnete Seither. Herr Abgeordneter Seither, Sie haben das Wort als Berichterstatter.
— Es wird auf Berichterstattung verzichtet. Ist das Haus einverstanden? — Dann treten wir unmittelbar in die zweite Beratung ein.
Änderungsanträge scheinen nicht vorzuliegen. Ich rufe auf § 1,—§2,—§3,—§4,—§5,—§6,§ 7, — § 8, — § 9, — § 10, — § 11, — § 12, —Einleitung und Überschrift. Wer diesen Bestimmungen — es ist die Fassung des Ausschußantrages — zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest und schließe die zweite Beratung.
Ich rufe zur
dritten Beratung
auf und eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die allgemeine Aussprache.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, der möge sich erheben. — Ich stelle einstimmige Annahme fest. Punkt 20 der Tagesordnung ist erledigt.
Ich rufe Punkt 21 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 25. April 1958 über Allgemeine Fragen des Handels und der Seeschiffahrt zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Konsularvertrag vom 25. April 1958 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken ; Mündlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (17. Ausschuß) und des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (3. Ausschuß) (Drucksache 686)
.
Berichterstatter ist der Abgeordnete Kalbitzer.
— Der Abgeordnete Kalbitzer verzichtet auf mündliche Berichterstattung. Ist das Haus einverstanden?
Ich rufe auf Art. 1, — Art. 2, — Einleitung und Überschrift. — Wird das Wort gewünscht? — Keine Wortmeldungen.
Wer diesen Bestimmungen zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer diesem Gesetz zustimmen will, möge sich erheben. — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe nunmehr Punkt 5 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes ;
Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache 795)
.
Berichterstatterin ist Frau Abgeordnete Dr. Diemer-Nicolaus. Wird ein mündlicher Bericht gewünscht?
Ich erteile Ihnen das Wort.
Meine sehr verehrten Abgeordneten! In der Drucksache 795 ist auf der Rückseite bei dem Antrag des Ausschusses ein Fehler enthalten. Es heißt dort unter Ziffer 1 a):
Absatz 1 ist nicht im Verhältnis zu einem ausländischen Staat, mit dem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht, anzuwenden.
Hier fehlt vor „Abkommen" das Wort „ein". Es muß also heißen:
Absatz 1 ist nicht im Verhältnis zu einem ausländischen Staat, mit dem ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht, anzuwenden.
Im übrigen beziehe ich mich auf meinen Schriftlichen Bericht.
Ich danke Ihnen für die Berichterstattung. — Meine Damen und Herren, Sie wissen also jetzt Bescheid, welchen Wort-
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1959 3357
Vizepräsident Dr. Schmidlaut die Vorlage, über die wir abstimmen, in Wirklichkeit hat.Ich rufe zur zweiten Beratung auf Art. 1, — keine Wortmeldungen, Art. 2, — Art. 3, — Art. 4, — Art. 5, — Art. 6, — Einleitung und Überschrift. — Wer zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest. Ich schließe die zweite Beratung.Ich rufe auf zurdritten Beratung.Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die allgemeine Aussprache.Wir kommen damit unmittelbar zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, der möge sich erheben. — Ich stelle einstimmige Annahme fest.Der Ausschuß legt dem Hause ferner folgenden Entschließungsantrag vor:Die Bundesregierung wird ersucht,die Möglichkeiten für eine Gleichbehandlung von privaten Alters- und Hinterbliebenenversicherungen mit der Sozialversicherung zu prüfen und dem Bundestag Vorschläge zu machen, die diese Gleichbehandlung sicherstellen.Wird hierzu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich die Mitglieder des Hauses, die diesem Antrag zustimmen wollen, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle auch hier einstimmige Annahme fest.Ich rufe auf Punkt 6 der Tagesordnung:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Übereinkommen Nr. 105 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 25. Juni 1957 über die Abschaffung der Zwangsarbeit ;Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 807).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Varelmann. Wird auf Berichterstattung verzichtet? — Das ist der Fall.Ich rufe auf zur zweiten Beratung Art. 1, — 2, — 3, — Einleitung und Überschrift. — Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest und schließe die zweite Beratung.Ich rufe auf zurdritten Beratung.Allgemeine Aussprache. — Keine Wortmeldungen. Dann kommen wir zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, der möge sich von seinem Sitz erheben. — Ich stelle einstimmige Annahme fest. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.Punkt 7 der Tagesordnung:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs einesGesetzes zu der Vierten Zusatzvereinbarung vom 21. Dezember 1956 zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über Sozialversicherung ;Mündlicher Bericht des Ausschusses fürSozialpolitik (Drucksache 820).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Büttner. — Sie verzichten auf Berichterstattung. Verzichtet das Haus auf Entgegennahme eines mündlichen Berichts? — Dann treten wir in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf Art. 1, — 2, — 3, — 4, —5, — Einleitung und Überschrift. — Wer zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe ! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest. Damit ist die zweite Beratung geschlossen.Ich rufe auf zurdritten Beratung.Das Wort wird offenbar nicht gewünscht. Wir kommen dann zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz zustimmen will, der möge sich erheben. — Ich stelle einstimmige Annahme fest. Punkt 7 ist erledigt.Punkt 8 der Tagesordnung:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Fünften Zusatzvereinbarung vom 21. Dezember 1956 zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über Sozialversicherung ;Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (Drucksache 821). (Erste Beratung 51. Sitzung.)Das ist die Fünfte Zusatzvereinbarung; wir haben soeben über die Vierte abgestimmt. Auch hier ist Berichterstatter der Abgeordnete Büttner. Sie verzichten auch hier? — Das Haus verzichtet auch in diesem Fall auf Entgegennahme des mündlichen Berichts.Ich rufe auf zur zweiten Beratung Art. 1, — 2, —3, — Einleitung und Überschrift. — Wer zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest. Die zweite Beratung ist abgeschlossen.Ich rufe auf zurdritten Beratung.Hierzu wird, wie ich sehe, das Wort nicht gewünscht. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer ' dem Gesetz im ganzen zustimmen will, der möge sich erheben. — Ich stelle einstimmige Annahme fest. Punkt 8 der Tagesordnung ist erledigt.Punkt 9:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Übereinkommen zur Vereinheitlichung der Methoden zur Untersuchung und Beurteilung von Wein ;
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3358 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1959
Vizepräsident Dr. SchmidSchriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksache 827)
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Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Gibbert. — Sie verweisen auf den Schriftlichen Bericht. Das Haus verzichtet auf Entgegennahme des mündlichen Berichts.Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf Art. 1, — 2, — 3, — sowie Einleitung und Überschrift. — Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest. Ich schließe die zweite Beratung.Ich rufe auf zurdritten Beratung.Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer diesem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. Ich stelle einstimmige Annahme fest. Punkt 9 der Tagesordnung ist erledigt.Punkt 10:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die gegenseitige Auswirkung des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung und der Krankenversicherung der Rentner im Saarland und im übrigen Bundesgebiet einschließlich des Landes Berlin (Drucksache 607) ;Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (Drucksache 841)
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Was sich bei diesem Gesetz „auswirken" soll, geht aus dem abgekürzten Titel nicht so recht hervor. Auch ich bin in der Gesetzestechnik für Einfachheit, aber irgendeine Konkretisierung sollte in abgekürzten Gesetzesbezeichnungen doch enthalten sein.Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Baldauf.
— Er verzichtet offenbar. Sie handeln mit Ihrem Zwischenruf in Geschäftsführung ohne Auftrag, so nehme ich an; denn der Berichterstatter ist, wie ich sehe, nicht im Saal.
Das Haus verzichtet jedenfalls auf Entgegennahme des mündlichen Berichts.Ich rufe auf zur zweiten Beratung die §§ 1, —2, — 3, — 4, — 5, — 5 a, — 6, — 7, — 8, — 9 — sowie Einleitung und Überschrift. Wer diesen Bestimmungen zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.Wir kommen zurdritten Beratung.Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, mögesich erheben. — Ich stelle auch hier einstimmigeAnnahme fest. Punkt 10 der Tagesordnung ist erledigt.Punkt 11 der Tagesordnung:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen aus Lebens- und Rentenversicherungen .Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat soll auf Aussprache verzichtet werden.Ich rufe zur ersten Beratung auf. — Das Wort wird nicht gewünscht. Im Ältestenrat ist eine Vereinbarung dahin getroffen worden, daß die Vorlage an den Wirtschaftsausschuß — federführend — und gemäß § 96 der Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß zu verweisen ist. Wer einverstanden ist, den bitte ich, die 'Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Überweisung an die beiden genannten Ausschüsse fest.Punkt 12 der Tagesordnung:Erste Beratung des von den Abgeordneten Diebäcker, Dr. Schmidt , Lenz (Brühl), Ruf, Dr. Dittrich und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des nordrhein-westfälischen Hausarbeitstagsgesetzes (Drucksache 784).Auch hier haben die Fraktionen im Ältestenrat vereinbart, daß in erster Lesung auf die allgemeine Aussprache verzichtet werden soll. Die Begründung ist von den Antragstellern schriftlich übergeben worden; sie wird zu Protokoll genommen. Die allgemeine Presse und die Heimatpresse werden also ausgiebig zitieren können. — Herr Abgeordneter Mommer!
— Sie liegt hier; sie wird ebenfalls zu Protokoll genommen.Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, diesen Antrag an den Ausschuß für Arbeit als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Familien- und Jugendfragen als mitberatenden Ausschuß zu überweisen. Ist das Haus einverstanden? — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.Punkt 13 der Tagesordnung:Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers für wirtschaftlichen Besitz des Bundes betr. Verkauf eines bundeseigenen Schulgrundstücks in KoblenzPfaffendorf an die Stadt Koblenz (Drucksachen 623, 780).Berichterstatter ist der Abgeordnete Hilbert. Wird auf die Entgegennahme des mündlichen Berichts verzichtet? — Das ist der Fall.Der Ausschuß schlägt vor, dem Antrag Drucksache 623 zuzustimmen. Wer diese Zustimmung erteilen will, der möge die Hand erheben. Gegen-
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1959 3359
Vizepräsident Dr. Schmidprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.Punkt 14 der Tagesordnung:Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers für wirtschaftlichen Besitz des Bundes betr. Veräußerung bundeseigener Grundstücke im Bereich Alter Postplatz, Rotebühl- und Fritz-Elsas-Straße in Stuttgart an die Stadt Stuttgart— heimatliche Erinnerungen tauchen dabei in mir auf —
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Berichterstatter ist der Abgeordnete Hilbert. Auch hier wird wohl auf mündlichen Bericht verzichtet.Der Ausschuß schlägt vor, dem Antrag zuzustimmen. Wer dem zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.Punkt 15 der Tagesordnung:Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Zustimmung zur Überlassung junger Anteile an gesellschaftlichen Unternehmungen an andere Bezieher als den Bund, hier: Kapitalbeteiligung des Landes Berlin an der Gemeinnützigen Wohnungsbau-AG Groß-Berlin (Drucksache 804).Wir wissen also nunmehr, was „Gewobag" heißt. Das zumindest ist ein Vorteil der heutigen Sitzung; ohne sie wüßten wir das nicht.Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, auch hier auf allgemeine Aussprache zu verzichten und die Vorlage an den Haushaltsausschuß zu überweisen. Ist das Haus einverstanden? — Das ist der Fall; es ist so beschlosen.Punkt 16 der Tagesordnung:Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs einer Neunzehnten Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl .Auch hier hat der Ältestenrat Ihnen den Vorschlag gemacht, auf allgemeine Aussprache zu verzichten und die Vorlage an den Außenhandelsausschuß zu überweisen. Ist das Haus einverstanden? - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.Punkt 17 der Tagesordnung:Beratung der vom Rat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft erlassenen Verordnung Nr. 6 zur vorläufigen Regelung der Verantwortung der Anweisungsbefugten und Rechnungsführer der Mittel des Entwicklungsfonds für die überseeischen Länder und Hoheitsgebiete vom 3. Dezember 1958 .Auch hier schlägt der Ältestenrat vor, in dieser Lesung auf die allgemeine Aussprache zu verzichten und die Vorlage an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten als federführenden Ausschuß sowie an den Haushaltsausschuß gemäß der allgemeinen Regel und an den Wirtschaftsausschuß - die beiden letzteren Ausschüsse als mitberatende Ausschüsse — zu überweisen. Ist das Haus einverstanden? — Kein Widerspruch? — Keine Enthaltung? — Dann ist so beschlossen.Damit sind die Punkte der Tagesordnung, die heute beraten werden sollten, erledigt.Wir haben jetzt noch die Bundesrechtsanwaltsordnung, die von gestern übriggeblieben ist, unter Punkt 4 der Tagesordnung:Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs einer Bundesrechtsanwaltsordnung ;Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache 778)
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Bei § 37 ist die Abstimmung über den Antrag Umdruck 215 Ziffer 7 unterblieben aus Gründen, die Sie kennen. Gemäß § 51 Satz 2 der Geschäftsordnung haben wir die Abstimmung über den Antrag Umdruck 215 Ziffer 7 zu wiederholen. Alle anderen Anträge zu § 37 sind erledigt. Besteht Klarheit darüber, worüber jetzt abgestimmt wird? Wir stimmen über Ziffer 7 des Umdrucks 215 ab. Ich bitte Sie, Ihre Vorlagen zur Hand zu nehmen, damit kein Zweifel besteht, worüber Sie nunmehr ja oder nein sagen werden. Damit volle Klarheit herrscht: Es soll ein neuer Absatz 2 folgenden Wortlauts eingefügt werden:Der bei einem Oberlandesgericht zugelassene Rechtsanwalt darf sich mit dem bei einem Amtsoder Landgericht zugelassenen Rechtsanwalt nicht zur gemeinsamen Berufsausübung oder zu einer Bürogemeinschaft zusammenschließen.Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich sehe mich außerstande, festzustellen, wo die Mehrheit liegt. Darf ich bitten, noch einmal abzustimmen, und zwar durch Erheben. Wer zustimmen will, der möge sich erheben. — Gegenprobe! — Es besteht kein Einverständnis im Präsidium; wir müssen durch Hammelsprung entscheiden. —Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Zunächst darf ich feststellen, daß das Haus beschlußfähig ist; es haben nämlich insgesamt 292 Abgeordnete ihre Stimme abgegeben. Davon haben 151 mit Ja und 141 mit Nein gestimmt; enthalten hat sich in dieser wichtigen Frage niemand. Damit ist der Antrag angenommen.Wir stimmen nunmehr über den § 37 in der geänderten Fassung ab. Wer diesem Paragraphen zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenstimmen? — Enthaltungen? — Das erste war eindeutig die Mehrheit; damit ist § 37 in der geänderten Fassung angenommen.Zu § 38 liegt kein Änderungsantrag vor. Wer dem Paragraphen zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle fest, daß der Paragraph einstimmig angenommen ist.
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3360 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1959
Vizepräsident Dr. SchmidZu § 39 liegt auf Umdruck 221 Ziffer 3 ein Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Winter, Höcherl und Genossen vor, Danach soll der Absatz 1 gestrichen werden, und in Absatz 2 Satz 2 sollen nach den Worten „am Ort des Landgerichts" die Worte „in den Fällen des § 37 bei dem Amts- bzw. Landgericht" eingefügt werden.Das Wort zur Begründung des Änderungsantrags hat der Abgeordnete Dr. Winter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf zunächst erklären, daß wir die Ziffer 3 b des Änderungsantrags zurücknehmen; denn dieser Teil des Antrags hat sich dadurch erledigt, daß der § 37 in einer anderen Fassung angenommen worden ist, als wir ihn beantragt hatten. Mit der Ziffer 3 b sollte der § 39 der veränderten Formulierung des § 37 angepaßt werden. Das ist jetzt überflüssig geworden.
Bei dem Absatz 1 des § 39, der nach unserem Antrag gestrichen werden soll, handelt es sich um die Frage der Residenzpflicht. Nach dem Entwurf muß der Anwalt — im Gegensatz zu der bisherigen Regelung — seinen Wohnsitz im Bereich des Oberlandesgerichtsbezirks haben. Das ist aber gegenüber dem bisherigen Zustand eine so erhebliche Ausweitung, daß wir glauben, daß dann eine Bestimmung über den Wohnsitz des Anwalts völlig überflüssig ist.
Der übrige Teil des § 39, der die Verpflichtung enthält, am Sitze des Zulassungsgerichts eine Kanzlei zu unterhalten, soll bestehenbleiben. Abs. 1 soll aber wegfallen. Es würde dadurch kein Schaden entstehen.
Keine Wortmeldung dagegen? — Dann können wir über diesen Antrag auf Umdruck 221 Ziffer 3 a abstimmen; der Antrag unter 3 b ist zurückgezogen. Wer dem Antrag zustimmen will, möge die Hand erheben. —Gegenprobe! — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen nunmehr über § 39 ab. Wer der Fassung der Ausschußvorlage zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Zu § 40 liegen auf Umdruck 221 zwei Änderungsanträge vor, und zwar unter Ziffer 4 und Ziffer 5.
Zur Begründung beider Anträge hat der Abgeordnete Dr. Dittrich das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht uns mit diesem Antrag auf Umdruck 221 Ziffern 4 und 5 um eine Stärkung der Selbstverwaltung. Gestatten Sie mir, dazu einige wenige Bemerkungen zu machen.
Die Freiheit der Rechtsanwaltschaft ist ein altes Anliegen. Auch die Begründung zum Regierungsentwurf spricht davon, daß die Selbständigkeit der Rechtsanwaltskammer gegenüber der Regelung in der Rechtsanwaltsordnung vom 1. Juli 1878 verstärkt werden' soll. In diesem Sinne beantragen wir, bei den Fragen der Errichtung von Zweigstellen und der Abhaltung von Sprechtagen die Anwaltskammer an Stelle der Landesjustizverwaltung entscheiden zu lassen. Nach unserer Ansicht sind das doch so untergeordnete Dinge, daß dazu nicht unbedingt die Landesjustizverwaltung ihr Ja und Amen soll geben müssen. Wir sollten mehr Wert auf die Selbstverwaltung legen, dies um so mehr, als wir immer von Vereinfachung der Staatsverwaltung sprechen. Die Erlaubnis zur Errichtung einer Zweigstelle und zur Abhaltung von Sprechtagen ist eine rein interne Angelegenheit der Anwaltskammer. Man sollte ihr deshalb auch in diesem Gesetz die Zuständigkeit dafür geben und nicht nach dem Staat rufen. In einer der früheren Lesungen zur Rechtsanwaltsordnung hat einmal ein Sprecher einer Fraktion — ich weiß nicht mehr, von welcher Fraktion — gesagt: Wir wollen doch eine Rechtsanwaltsordnung schaffen und nicht eine Rechtsanwaltsunterordnung. Deshalb der Antrag, die Aufgabe, von der ich soeben gesprochen habe, den Rechtsanwaltskammern zu übertragen und sie von der Landesjustizverwaltung wegzunehmen und diese zu entlasten.
Wird das Wort hierzu gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung.
Zunächst der Änderungsantrag auf Umdruck 221 Ziffer 4. Wer dieser Bestimmung zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Nunmehr stimmen wir ab über den Änderungsantrag Umdruck 221 Ziffer 5. Wer zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Wir stimmen nunmehr ab über § 40 in der geänderten Fassung. Wer zustimmen will, der möge das Handzeichen geben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle die einstimmige Annahme fest.
Zu § 41 liegen drei Änderungsanträge vor, und zwar auf Umdruck 221 unter den Ziffern 6, 7 und 8. Sollen die Anträge begründet werden? — Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Dr. Dittrich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hätte an und für sich schon vorhin die Anregung geben können, daß wir die Änderungsanträge zu § 41 gleich mitbegründen. Es handelt sich hier um die Ausnahmen von der Residenzpflicht. Auch hier gilt dasselbe. Wir wollen eine Stärkung der Selbstverwaltung, eine Stärkung der Entscheidungsmöglichkeit der Anwaltskammer. Wir beantragen, die Ausnahmebewilligung von der Residenzpflicht aus den gleichen Gründen wie beim Änderungsantrag Umdruck 221 Ziffer 4 und 5 den Anwaltskammern zu übertragen.
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1959 3361
Wird das Wort dazu noch gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Dann stimmen wir ab, und zwar zunächst über den Änderungsantrag Umdruck 221 Ziffer 6. Wer zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 221 Ziffer 7. Wer zustimmen will, möge die Hand erheben.— Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Nunmehr stimmen wir ab über den Änderungsantrag Umdruck 221 Ziffer 8. Wer zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Wir stimmen nunmehr ab über § 41 in der geänderten Fassung. Wer dieser Fassung zustimmen will, der gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Gegen einige Stimmen angenommen.
§ 42! Kein Änderungsantrag! Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer dem § 42 in der Ausschußfassung zustimmen will, der gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen?
— Einstimmig angenommen.
Zu § 43 liegen mehrere Änderungsanträge vor, und zwar auf Umdruck 215 Ziffer 8 und auf Umdruck 221 Ziffer 9.
Der Änderungsantrag Umdruck 215 Ziffer 8 lautet:
In § 43 Abs. 1 und in § 45 Abs. 1 werden hinter dem Wort „Gericht" die Worte „der ordentlichen Gerichtsbarkeit" eingefügt.
Der Änderungsantrag Umdruck 221 Ziffer 9 lautet:
In § 43 Abs. 5 sind die Worte „der Landesjustizverwaltung und" zu streichen.
Ich kann nicht aus dem Stegreif übersehen, inwieweit die beiden Anträge einander widersprechen oder einander bedingen
oder ob sie nebeneinander möglich sind.
— Gut. — Sie wollen das begründen? — Herr Abgeordneter Winter, bitte!
Bei dem Antrag Umdruck 221 Ziffer 9 handelt es sich nur darum, daß eine Meldepflicht, die dem Anwalt obliegt, ihm nicht doppelt auferlegt zu werden braucht. Er muß dem Gericht ohnehin melden. Ich bin der Meinung, daß das Gericht bereits gewissermaßen eine Instanz der Justizverwaltung ist. Warum also nochmals eine Meldung bei der Justizverwaltung? Er hat dem Gericht gemeldet, und das genügt.
Weitere Wortmeldungen? — Wir stimmen ab; wobei ich bekanntgeben möchte, daß, wenn der Antrag Umdruck 215 Ziffer 8 angenommen wird, gleichzeitig ein korrespondierender Antrag zu § 45 angenommen ist, im Ablehnungsfalle umgekehrt.
Wir stimmen also ab über den Änderungsantrag Umdruck 215 Ziffer 8. Wer ihm zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich sehe einige Hände sich nur zögernd erheben. Können die Herren Stimmführer nicht vielleicht die Hand ein bißchen höher halten, damit die Mitglieder des Hauses, die weiter hinten sitzen, es auch sehen?
— Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; der Änderungsantrag ist angenommen.
Nunmehr Änderungsantrag Umdruck 221 Ziffer 9. Wer ihn annehmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Darf ich bitten, die Abstimmung zu wiederholen durch Erheben von den Sitzen. Wer dem Änderungsantrag zustimmen will, der möge sich erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Präsidium ist sich darüber einig, daß das zweite die Mehrheit war, der Antrag also abgelehnt worden ist. — Die linke Seite des Hauses, meine Damen und Herren, ist dichter besetzt als die rechte. Das führt manchmal bei Abstimmungen zu Überraschungen.
Wir stimmen nunmehr ab über § 43 in der geänderten Fassung. Wer dieser Fassung zustimmen will, der gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
§ 44. Kein Änderungsantrag.
§ 45. Ist erledigt durch die Annahme von Umdruck 215 Ziffer 8.
§§ 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52. Zu diesen Paragraphen liegen keine Änderungsanträge vor. Darum lasse ich darüber im ganzen abstimmen.
— Sind erledigt. — Wer den von mir verlesenen Bestimmungen des Ausschußantrages zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Nunmehr § 53. Hierzu liegt ein Änderungsantrag vor auf Umdruck 221 Ziffer 10. — Herr Abgeordneter Dr. Winter, bitte, zur Begründung!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß diesen Antrag leider etwas ausführlicher begründen, damit Sie erkennen, um was es sich dabei handelt.In § 53 Abs. 4 des Entwurfs ist das Verfahren geregelt, wenn die Landesjustizverwaltung einem Antragsteller, der zugelassen werden will, nach drei Monaten noch keinen Bescheid erteilt hat. Das in Abs. 4 vorgesehene Verfahren soll — natürlich nachdem es ordnungsgemäß durch alle Instanzen
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3362 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1959
Dr. Wintergelaufen ist — damit enden, daß die Justizverwaltung angewiesen wird, einen Bescheid zu erteilen. Dieser Bescheid würde natürlich nach der neuen Regelung wieder anfechtbar sein, so daß das Verfahren unter Umständen zum zweitenmal abrollen könnte.Wir sind der Meinung, daß das Verfahren, welches in Abs. 3 für den Fall vorgesehen ist, daß ein ablehnender Bescheid erteilt wird, auch in diesem Fall der Nichterteilung eines Bescheids Anwendung finden könnte, damit wenigstens in den dafür geeigneten Fällen ein nochmaliges Ablaufen des Instanzenzuges vermieden wird und in der Sache selbst entschieden werden kann.Dementsprechend haben wir den Antrag zu formulieren versucht und bitten Sie, ihn anzunehmen.
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag auf Umdruck 221 Ziffer 10 zustimmen will, der möge das Handzeichen geben. — Gegenprobe! — Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmmung über den § 53 selbst, die ich verbinden möchte mit der Abstimmung über die §§ 54, 55 und 56, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen. Wer diesen Bestimmungen zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Zu § 57 liegt ein Änderungsantrag vor. Sie finden ihn auf Umdruck 215 unter Ziffer 11. — Zur Begründung hat das Wort der Abgeordnete Jahn .
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit unserem Änderungsantrag zu § 57 möchten wir uns für die unserer Auffassung nach dringend notwendige Ausfüllung einer Lücke in unseren bisherigen gesetzlichen Bestimmungen einsetzen. Diese Lücke wird übrigens endgültig erst durch die Einfügung des von uns auf Umdruck 215 Ziffer 24 beantragten § 164 a geschlossen. Ich darf diese beiden Punkte miteinander verbinden und zur Sache folgendes sagen.Was geschieht eigentlich mit einem Anwalt, der aus irgendwelchen Gründen in einen Konflikt mit dem Gericht kommt? Der klassische und nächstliegende, aber nicht einzige Fall ist der, daß ein Strafverteidiger im Rahmen der von ihm als notwendig erachteten Art der Verteidigung das Maß dessen überschreitet, was das Gericht als zulässig ansieht. Gesetzliche Bestimmungen darüber, wie diese Auseinandersetzung zwischen Anwalt und Gericht stattzufinden hat, in welchen Formen sie sich regelt, fehlen bis heute. Weder das Gerichtsverfassungsgesetz noch die Strafprozeßordnung gibt auf diese Frage eine eindeutige Auskunft.Auf Grund der Fälle, in denen es zu einer solchen Auseinandersetzung gekommen ist, hat sich in Lehre und Rechtsprechung bisher die Auffassung durchgesetzt, daß das Gericht, das an dieser Auseinandersetzung beteiligt ist, gleichzeitig auch darüber zu befinden habe, ob ein Rechtsanwalt in seiner Eigenschaft als Verteidiger oder Prozeßbevollmächtigter von der weiteren Vertretung seines Mandanten oder seiner Partei auszuschließen sei. Die Gründe dafür können vielfältig sein. Es kann sein, daß von dem Gericht durchaus zu Recht gesagt wird: Die Art der Verhandlungsführung durch den betreffenden Anwalt führt zu einer Störung oder gar einer Sabotage der Verhandlung. Es kann auch sein, daß der Anwalt sich der Teilnahme oder Begünstigung in einer Strafsache verdächtig macht oder gemacht hat, ein bekanntes Problem, das für einen Strafverteidiger sehr leicht einmal auftreten kann. Es gibt noch verschiedene andere Möglichkeiten, die ich im einzelnen hier nicht aufzählen möchte. Ich glaube, die beiden Beispiele genügen.Wir sind der Auffassung, daß der übliche Weg, dieses Problem zu lösen, wie er in Rechtsprechung und Lehre anerkannt ist, schlecht ist. Denn im Grunde befindet sich der Verteidiger immer in einer schwierigen Situation. Er soll im Interesse seines Mandanten alles tun. Das bringt es zwangsläufig mit sich, daß er in eine Lage geraten kann, die ihn dazu zwingt, auch dem Gericht einmal sehr scharf und eindeutig gegenüberzutreten. Nun sitzen auf der anderen Seite, also auf der Richterbank, unter Umständen sehr empfindliche Leute, denen das, was der Anwalt sagt, nicht behagt und die dann subjektiv der Meinung sind, hier liege eine Übertretung der Grenzen vor, die dem Verteidiger, dem Anwalt gezogen sind, und er sei deshalb auszuschließen. Nach unserer bisherigen Regelung ist also das Gericht in diesem Verfahren selber Partei, hat aber zugleich das Recht und die Möglichkeit, über die Frage zu urteilen, ob die andere Partei, um die es hierbei geht, weiterhin tätig sein darf.Das ist — ich glaube, darüber brauche ich keine weiteren Worte zu verlieren — eine schlechte Lösung. Wir meinen deshalb, daß dann, wenn es zweifelhaft ist, ob ein Anwalt in einem konkreten Einzelfall eine Vertretung führen darf, nicht das beteiligte Gericht darüber entscheiden soll, sondern daß ,es notwendig ist, das Berufsgericht der Anwälte als eine unabhängige, an diesem Verfahren nicht beteiligte Instanz anzusprechen und um eine Entscheidung darüber zu bitten, ob der Anwalt in diesem bestimmten Fall weiterhin auftreten darf.Bisher ist dem eigentlich als einziges Argument entgegengehalten worden, daß das Verfahren dadurch erheblich verschleppt würde und es zu einer wesentlichen Verlängerung und Erschwerung des Prozesses käme. Aus diesem Grunde könne man den Weg nicht gehen. Ich glaube, wenn es um eine so wesentliche Frage geht, ob nämlich ein Verteidiger, den der Mandant gewählt hat, auf dessen Arbeit er vertraut, dessen Unterstützung er sich gerade ausgesucht hat, weiterhin tätig werden darf, so kann man es nicht nur, sondern man muß es in Kauf nehmen, daß dann eine Unterbrechung des Verfahrens notfalls um zwei, drei oder vielleicht auch vier Wochen eintritt. Dieser geringe Schaden, wenn man ihn überhaupt als Schaden bezeichnen will, fällt gegenüber der Notwendigkeit, alles zu
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1959 3363
Jahn
tun, um die wirkliche Unabhängigkeit des Anwalts vor dem Gericht zu gewährleisten und Sicherheiten dafür einzubauen, daß der Anwalt durch die eine Partei in diesem Verfahren, eben das Gericht, nicht an der Ausübung seiner und des Mandanten Rechte gehindert wird, wenig ins Gewicht.Wir bitten Sie deshalb, diesem Antrag zuzustimmen, weil wir glauben, daß damit auch ein Ja-Wort zu einem der Grundsätze verbunden ist, die uns dazu bestimmt haben, diese Bundesrechtsanwaltsordnung zu machen, um nämlich die Freiheit der anwaltlichen Betätigung zu gewährleisten.
Das Wort hat der Abgeordnete Benda.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Jahn, wenn Sie mit diesem Antrag die Freiheit der anwaltlichen Berufstätigkeit sichern wollen, dann gehen Sie nach unserer Überzeugung einen bedenklichen, ich möchte sagen, einen gefährlichen Weg. Sie haben die typische Konfliktsituation ganz richtig geschildert, die Situation eines Rechtsanwalts, der vor Gericht - vor einem Strafgericht - auftritt und der zu Differenzen mit dem Richter kommt. Ich gebe Ihnen vollkommen zu, daß es ein außerordentlich schlechter Weg ist — darüber besteht völlige Einigkeit zwischen uns —, dem Strafrichter eine Möglichkeit zu geben, diesen Anwalt dann von der Vertretung auszuschließen. Ich glaube aber. Kollege Jahn, das ist kein Problem der Anwaltsordnung, sondern das ist ein Problem der Strafprozeßordnung. Wo die Rechtsprechung bisher solche Möglichkeiten glaubte finden zu können, hat sie sie aus der Strafprozeßordnung heraus gefunden. Diese Möglichkeit auszuräumen — in dem Ziel werden wir übereinstimmen —, kann nicht Sache dieses Gesetzes, sondern nur der Strafprozeßordnung sein.
Sie setzen nun zusätzlich eine weitere Möglichkeit, die nach unserer Überzeugung auch nicht ungefährlich ist. Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, daß wir schon in der Rechtsanwaltsordnung — in der Fassung des Rechtsausschusses — die Möglichkeit haben, im Wege des Vertretungsverbots bei Einleitung eines ehrengerichtlichen Verfahrens den gleichen Effekt zu erreichen, wahrscheinlich nicht einmal langsamer als in dem von Ihnen vorgeschlagenen Verfahren. Der Unterschied ist nur: was Sie hier wollen, ist eine Art einstweiliger Verfügung des Ehrengerichtshofs ohne die Möglichkeit, dagegen irgend etwas zu unternehmen. Wenn das Prozeßgericht einmal einen solchen Beschluß hat erwirken können, steht dieser Beschluß doch zunächst einmal da. Ich sehe jedenfalls aus Ihren Vorschlägen nicht, was der Anwalt dagegen machen soll. Bis auf weiteres ist der Beschluß bindend. Niemand kann dein Anwalt die Möglichkeit verschaffen, in dem Prozeß weiter tätig zu sein, auch wenn sich herausstellt, daß der gegen ihn ergangene Beschluß aus völlig unzutreffenden Gründen ergangen ist.
Anders ist es doch bei dem Vertretungsverbot und dem anschließenden ehrengerichtlichen Verfahren. Hier besteht wirklich die Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung, und sie muß vorhanden sein, aber mit der weiteren Möglichkeit, daß in dem anschließenden ehrengerichtlichen Verfahren die Sache überprüft und notfalls ausgebessert wird.
Wir sehen in Ihrem Vorschlag also keinen Fortschritt gegenüber dem geltenden Recht, — wenn ich die Fassung des Rechtsausschusses schon einmal als geltendes Recht ansprechen darf; darüber scheinen wir uns ja einig zu ein. Wir sehen vielmehr eine gefährliche und bedenkliche Entwicklung, wenn dieser Beschluß hier gefaßt würde, und möchten Sie dringend bitten, von diesem Beschluß Abstand zu nehmen.
Von den praktischen Schwierigkeiten will ich gar nicht reden, die notwendigerweise auftreten müssen, wenn das Prozeßgericht ein Verfahren wenn nicht aussetzen, so doch vertagen muß, um das Ehrengericht anzurufen. Dieses muß dann zusammentreten und die von ihm für nötig gehaltenen Maßnahmen ergreifen. Das sind praktische Bedenken, die ich aber für weniger durchschlagend halte als die vorgebrachten grundsätzlichen Bedenken. Ich glaube, diese grundsätzlichen Bedenken sind wirklich durchschlagend.
Herr Abgeordneter Jahn, Sie haben das Wort!
Zunächst darf ich noch ergänzend auf eines hinweisen. In den Abs. 2 gehört noch ein Komma; es muß nicht nur aus grammatikalischen Gründen, sondern auch des richtigen Sinnes wegen eingefügt werden. Ich bitte, es in die drittletzte Zeile zwischen die Worte „hat" und „und" einzusetzen:daß er in der derselben Rechtssache seine Berufspflichten verletzt hat, und ...Zu den Argumenten des Herrn Kollegen Benda! Herr Kollege Benda, glauben Sie denn im Ernst, daß die jetzige Regelung besser ist?
— Es besteht keine Regelung, aber es ist ständige Rechtsprechung, Herr Kollege Weber.
— Ich setze etwas an deren Stelle, was wir bisher nicht haben.
— Nein, ich füge nichts hinzu, sondern ich lege jetzt für die Zukunft mit einer solchen Regelung fest, daß, wenn ein Anwalt aus irgendwelchen Gründen nicht vertreten darf, dieses Vertretungsverbot nicht mehr, wie nach der bisherigen Rechtspraxis, durch das beteiligte Gericht, sondern durch das Berufs- oder Ehrengericht, wie Sie sagen wollen, ausgesprochen wird. Darin liegt der wesentliche Unterschied, daß hier eine neutrale Instanz eingeschaltet wird, die sich darüber klarwerden muß, ob tatsächlich eine Überschreitung der Ver-
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Jahn
teidigerbefugnisse vorliegt oder ob der Anwalt aus sonstigen Gründen gehindert ist.Sie können nicht nur auf die Strafprozeßordnung verweisen, Herr Kollege Benda. In der Erwägung, daß wir solche Dinge in erster Linie im Strafprozeß erleben, können wir es nicht in die Strafprozeßordnung hineinnehmen, Ich habe vorhin gesagt, daß das zwar der typische Fall, der klassische Fall ist, an dem ich es einmal aufhängen möchte, daß das aber auch in jedem anderen Verfahren eintreten kann. Denken Sie bitte an den Fall, daß ein Anwalt — das sind Fälle, die wir aus unserer Berufsgerichtsbarkeit kennen — zu einer Mandantin, für die er einen Eheprozeß führt, selber unerlaubte Beziehungen unterhält. Das ist nach der ständigen Rechtsprechung der Berufsgerichtsbarkeit sogar ein Grund zum Ausschluß aus der Anwaltschaft. Wenn so etwas aber schon im Verfahren offenkundig wird, darf der Anwalt doch schon im Verfahren diese Partei nicht mehr vertreten. Das hat mit der Strafprozeßordnung nichts zu tun; das ist eine generelle Frage außerhalb der Strafprozeßordnung.
— Das verstößt gegen die Standespflichten, Herr Kollege Weber, das ist völlig richtig. Aber wie wollen Sie ihm denn beikommen? Sie können es nach der bisherigen Rechtspraxis nur so machen, daß Sie einen Beschluß des Gerichts herbeiführen. Gerade diesen Beschluß des Gerichts wollen wir vermeiden, weil wir der Meinung sind, daß die Aufklärung eines solchen Sachverhalts nur durch eine Instanz der Berufsgerichtsbarkeit geschehen kann, eben auf dem Wege des von uns vorgeschlagenen § 164 a.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter?
Bitte sehr!
Herr Kollege Jahn, wie würden Sie nach Ihren Ausführungen den Fall entscheiden, daß ein Anwalt eine Partei in einem Ehebruchsverfahren vertritt und, um in der Formulierung Ihres Vorschlags zu bleiben, die dringende Besorgnis besteht, daß unerlaubte Beziehungen vorliegen, mit anderen Worten, wenn zwar der Verdacht vorhanden ist, aber man es nicht genau weiß? Auch nach Ihrem Vorschlag besteht doch keine Möglichkeit, darüber irgendeinen Beweis zu erheben. Wie würden Sie diesen Fall entscheiden, wenn Ihr Vorschlag Gesetz würde?
Dann wird das Gericht oder derjenige, der den entsprechenden Antrag zu stellen hat, durch das Berufsgericht feststellen lassen müssen, ob wirklich ein genügender Grund zur Besorgnis vorliegt. Natürlich geht das nicht, ohne daß dem Gericht wenigstens gewisse Tatsachen vorgelegt werden, natürlich geht das nicht so freihändig, sondern da muß schon Material vorhanden sein. Unter Umständen muß eine dem Verfahren angemessene Beweisaufnahme erfolgen. Nur: Wie wollen Sie den Fall denn anders regeln, Herr Kollege Benda? Diese Gegenfrage möchte ich jetzt stellen.
—Warum so nicht? Wenn Sie diese Möglichkeit, einen Beschluß des Ehrengerichts oder Berufsgerichts herbeizuführen, nicht schaffen, haben Sie gar keine Möglichkeit zu einem entsprechenden Beschluß, es sei denn, Sie wollen es generell weiterhin den unmittelbar beteiligten Gerichten überlassen. Das mag in dem Fall, den Sie jetzt als Beispiel herausgegriffen haben, unschädlich sein, obwohl ich es auch für problematisch halte, ob das in der Sache erkennende Gericht die geeignete Instanz ist, darüber zu entscheiden, ob ein Anwalt weiterhin die Vertretung ausüben kann oder nicht. — Aber denken Sie bitte noch einmal an die sehr viel gravierenderen Fälle zurück. Da gibt es, glaube ich, gar keinen anderen Ausweg in der echten Konfliktssituation zwischen Verteidiger oder Anwalt und Gericht, als eine neutrale Stelle einzubauen, die in diesen Fällen zu entscheiden hat.
Das Wort hat der Abgeordnete Bucher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedaure, Herr Kollege Jahn, Ihrem Vorschlag trotz der Verbesserung durch das Komma nicht zustimmen zu können. Schon die Formulierung „dringende Besorgnis" gefällt uns nicht.
Das ist — Herr Kollege Benda hat darauf hingewiesen — eine Formulierung, die sonst gerade von Ihrer Seite und auch von uns nicht gern gesehen wird.
— Ich wollte gerade auf § 19 Nr. 6 hinweisen. Diese Formulierung haben wir im Rechtsausschuß wegen der „begründeten Besorgnis" herausgestrichen. Das Beispiel, das hier in der Zwischenfrage gegeben wurde, war ja sehr treffend.
Dann paßt doch Ihre Bestimmung auch systematisch nicht hierher. Es ist der dritte Teil mit der Überschrift „Die Rechte und Pflichten des Rechtsanwalts". Sie fügen hier eine Bestimmung ein und wiederholen sie fast wörtlich in § 164 a. Schon das zeigt, daß Sie selber empfinden: es paßt nicht hierher. Sie sagen nun: Es gehört nicht ins Strafverfahren. Vielleicht könnte man die Materie im Gerichtsverfassungsgesetz regeln, das ja für alle Verfahren anwendbar ist. Hierher paßt sie aber jedenfalls nicht, und wir können deshalb Ihrem Antrag nicht zustimmen.
Herr Abgeordneter Dr. Schneider!
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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Jahn, Sie wollen hier einen neuen Gedanken in das Gesetz bringen. Gut! Aber er scheint mir viel zu gefährlich zu sein. Ich bin jetzt 30 Jahre Rechtsanwalt; Sie haben erst angefangen. Ich habe schon oft Konfliktsituationen namentlich als Verteidiger mit den Vorsitzenden von Strafkammern gehabt. Wenn ich einmal wieder sehr entschieden meine Pflicht tue und der Richter eine solche Bestimmung hat, auf Grund deren er sagen kann: „Es besteht der dringende Verdacht, daß Herr Schneider da vielleicht beteiligt ist, indem er Ratschläge verbotener Art gegeben hat", dann sagt er: „Ich sehe den Fall für gegeben und unterbreche die Verhandlung; Sie können hier nicht weiter verteidigen."
Also das ist viel zu gefährlich. Damit gefährden Sie gerade das, was Sie schützen wollen, nämlich die Freiheit des Anwalts.
Ich möchte mich dem anschließen, was Herr Kollege Bucher gesagt hat: Rechtssystematisch gehört diese Bestimmung unter keinen Umständen an diese Stelle. Mag dem sein, wie ihm will, wir sehen uns außerstande. Ihrem Änderungsantrag zuzustimmen, und können damit auch Ihrer Ergänzung bei § 164 a nicht zustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Weber.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich schließe mich den Ausführungen der Herren Kollegen Benda, Bucher und Schneider an und möchte nur noch auf zwei Gesichtspunkte hinweisen.
Wenn ein Anwalt in derselben Rechtssache seine Berufspflichten dadurch verletzt, daß er pflichtwidrig beiden Parteien dient, macht er sich strafbar. Wenn er pflichtwidrig in derselben Rechtssache seine Berufspflichten verletzt, begeht er ein Standesvergehen und wird dann durch das Ehrengericht zur Ordnung gerufen und eventuell bestraft, je nach der Schwere seines Vergehens. Also ist in den bestehenden Bestimmungen bereits genügend Vorsorge getroffen, um diese Dinge in Ordnung zu halten.
Das Wort hat der Abgeordnete Jahn.
Ich habe leider das Gefühl, Herr Kollege Weber, daß wir in einigen wesentlichen Fragen aneinander vorbeireden. Natürlich kommen diese Konsequenzen letzten Endes dabei heraus. Aber es geht doch um die Frage einer Regelung im konkreten Verfahren und darüber hinaus um den Schutz des Verteidigers im Strafverfahren.
Herr Kollege Schneider mit seiner sehr viel längeren Erfahrung hat gesagt, daß in Zukunft eine Gefahr bestehe. Verehrter Herr Kollege Schneider, die Gefahr hat auch bisher bestanden. Vielleicht sind Sie dem Gericht gegenüber noch nicht scharf genug gewesen, so daß der Vorsitzende Ihnen noch nicht hat sagen können: „Ich muß überlegen, ob ich den Rechtsanwalt Schneider von der Verteidigung ausschließe."
— Das konnte er und das kann er leider, ja! Bitte, sehen Sie sich einmal die entsprechende Rechtsprechung an. Wir haben doch erst vor kurzer Zeit eine solche Sache vor dem Bundesgerichtshof gehabt, die sogar durch eine weit breitere Presse als nur die juristische Fachpresse gegangen ist.
Ich glaube also, diese Gefahr wird nicht hierdurch heraufbeschworen, wir haben sie schon bisher gehabt. Uns geht es mit diesem Antrag darum, diese Gefahr, von der Sie sprechen, auszuräumen und eine Sicherung für den Anwalt herbeizuführen.
Noch ein Wort zu den Überlegungen des Herrn Kollegen Bucher. Er meinte, systematisch gehöre das nicht hier hinein. Herr Kollege Bucher, schauen Sie sich einmal die Überschrift des § 57 an! Da steht ausdrücklich „Versagung der Berufstätigkeit". Dort sind im einzelnen die Gründe aufgeführt, wann die Berufstätigkeit untersagt werden muß. Wenn wir die beantragte Sonderregelung schaffen wollen, so gehört sie logisch und konsequenterweise an diese Stelle, weil es hier um einen Unterfall, nämlich eine Versagung der Berufstätigkeit im Einzelfall, geht. Dazu muß natürlich die Bestimmung des § 164 a treten, die die rein verfahrensmäßige Behandlung regelt.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte!
Herr Kollege Jahn, haben Sie nicht festgestellt, daß in dem jetzigen § 57 die Überschrift „Versagung" bedeutet, daß in diesen Fällen der Rechtsanwalt sich selber die Tätigkeit versagen muß, während es in der von Ihnen beantragten Bestimmung heißt, „sie ist ihm zu untersagen"?
Es geht auch bei dieser Regelung darum, daß der Anwalt in sehr vielen Fällen eigentlich von selber das Mandat niederlegen müßte.Ich habe vorhin ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Fall, den ich hier besonders herausgestellt habe, um das Problem deutlich zu machen, einer von vielen möglichen ist, und zu diesen vielen möglichen Fällen gehört selbstverständlich auch der, auf den Sie eben anspielten, daß unter Umständen die Notwendigkeit einer Ausschließung vom Mandat im konkreten Fall so stark sein kann, daß der Anwalt ein Standesvergehen begeht, wenn er sein Mandat weiter ausübt. Das ändert aber nichts daran, daß auch das im Einzelfall in einem ordnungsgemäßen Verfahren geregelt werden muß, wenn der Anwalt nicht selber von einem Tätigwerden Abstand nimmt. Vor allen Dingen soll, wenn der Vorwurf dem Anwalt vom Gericht ge-
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Jahn
macht wird, nicht das erkennende Gericht, sondern eine neutrale, unbeteiligte Instanz über die Ausschließung entscheiden.
Ich stelle fest, daß keine weiteren Wortmeldungen vorliegen.
— Wieso? Es steht jedem Abgeordneten frei, sich zu Wort zu melden. Das gehört zu den elementaren Rechten eines Parlaments. Wir sind glücklich darüber, daß wir das dürfen.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über Nr. 11 des Antrags Umdruck 215. Ich nehme an, daß wir jetzt alle wissen, worüber abgestimmt wird. Wer für diesen Antrag ist, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen nunmehr ab über § 57 und § 58, zu denen kein Änderungsantrag vorliegt. Wer zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Zu § 59 liegt der Änderungsantrag Umdruck 215 Nr. 12 vor. Herr Abgeordneter Jahn, wollen Sie ihn begründen?
— Der Antrag wird nicht begründet. Dann stimmen wir ab, wenn keine Gegenstimme laut wird. Wer diesem Antrag zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen ab über § 59. Wer der Ausschußfassung zustimmen will, der möge das Handzeichen geben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Zu § 60 liegt der Änderungsantrag Umdruck 221 Nr. 11 vor. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Winter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dem Antrag zu § 60 handelt es sich um eine Klarstellung dessen, was mit dem Gesetz gewollt ist. Der § 57, den wir soeben beschlossen haben, zählt eine Reihe von Gründen auf, aus denen der Anwalt das Tätigwerden unterlassen muß, wo ihm das Tätigwerden verboten ist.
In § 60, um den es jetzt geht, sind eine Reihe von Fällen aufgezählt, wo der Anwalt tätig werden muß, wo er also seine Tätigkeit nicht versagen darf. Durch unseren Antrag möchten wir sichergestellt haben, daß die Gründe, die der § 57 für die Verpflichtung aufstellt, das Tätigwerden zu versagen, den Vorrang vor der Verpflichtung des § 60 haben.
— Wir halten das nicht für selbstverständlich.
Wird weiter das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Das letzte war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen nunmehr über § 60 und die nachfolgenden Paragraphen, zu denen kein Änderungsantrag angekündigt ist, ab, d. h. über §§ 60 bis 66. Wer der Ausschußfassung zustimmen will, der gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Zu § 67 liegt ein Änderungsantrag vor, den Sie auf Umdruck 221 Ziffer 12 finden.
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Dr. Dittrich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In § 67 ist die Bestellung eines Abwicklers der Kanzlei geregelt, und zwar heißt es in Abs. 1 Satz 1:
Ist ein Rechtsanwalt gestorben, so kann die Landesjustizverwaltung einen Rechtsanwalt oder eine andere Person, welche die Fähigkeit zum Richteramt erlangt hat, zum Abwickler der Kanzlei bestellen.
Wir meinen aus den vorhin von mir dargelegten Gründen, daß das nicht unbedingt die Landesjustizverwaltung machen sollte, sondern daß das eine interne Angelegenheit der Anwaltschaft selbst ist. Wir möchten deshalb an die Stelle der Landesjustizverwaltung den Vorstand der Rechtsanwaltskammer gesetzt wissen.
— Herr Kanka, Sie sind so voreilig. Ich wollte das ja gerade tun.
Wenn Sie dem zustimmen, müßte selbstverständlich der Satz 2 des § 67 Abs. 1: „Vor der Bestellung ist der Präsident der Rechtsanwaltskammer zu hören," gestrichen werden. Das wollte ich hiermit vorgetragen haben.
Ich würde also bitten, daß Sie dem Antrag Umdruck 221 Ziffer 12 Ihre Zustimmung geben.
Wird weiter das Wort gewünscht? —Das Wort „Abwickler" war mir bisher im deutschen Sprachschatz fremd. Aber man wird sich auch daran gewöhnen.
— Ich meine das nicht im Sinne des Purismus, ich meine es nur im Sinne gewisser Vorstellungen über' die Schönheit einer Sprache.Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Umruck 221 Ziffer 12.
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Vizepräsident Dr. Schmid— Wir wollen es genau machen, damit wir uns nicht täuschen.
Wer zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Gegen einige wenige Gegenstimmen und Enthaltungen angenommen.Nunmehr stimmen wir über § 67 in der veränderten Fassung und gleichzeitig über § 68, zu dem kein Änderungsantrag vorliegt, ab. Wer zustimmen will, der möge die Hand erheben, — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmige Annahme.Zu § 69 lag ein Änderungsantrag auf Umdruck 215 Ziffer 13 vor. Herr Jahn, Sie ziehen den Antrag wohl zurück. Er ist durch die Abstimmung bezüglich des Begriffes „Ehrengerichtshof" erledigt worden.
— Dann liegt also kein Änderungsantrag mehr vor.§§ 69, — 70, — 71, — 72, — 73. — Wer diesen Paragraphen zustimmen will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmige Annahme.Zu § 74 lag unter Ziffer 13 des Umdrucks 221 ein Änderungsantrag vor. Der Antrag ist zurückgezogen. Wer § 74 in der Ausschußfassung annehmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmige Annahme.Zu § 75 liegt in Ziffer 14 des Umdrucks 221 ein Änderungsantrag vor. Zur Begründung Herr Dr. Winter!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mit einiger Mühe festgestellt, daß in dem ganzen Gesetz nirgends etwas davon steht, daß die Rechtsanwaltskammer ein Recht hätte, sich eine Satzung zu geben. Auch wenn man davon ausginge, daß sie das als Körperschaft des öffentlichen Rechts tun könnte, so ist das Gesetz doch so vollständig und genau, daß ich mir nicht mehr vorstellen kann, was noch in einer solchen Satzung stehen könnte. Bei den verschiedenen Erörterungen waren wir uns im übrigen darin einig, daß mit dem Wort „Satzung" in § 75 nicht die Geschäftsordnung gemeint sein kann; denn es handelt sich ja hier um die staatsaufsichtliche Nachprüfung der Rechtmäßigkeit des Handelns einer Anwaltskammer. Es kann sich also nur um die Nachprüfung der Gesetzmäßigkeit handeln; denn die Nachprüfung einer Satzung, die es nicht gibt, ist wohl ziemlich sinnlos.
Ich darf gleich anfügen, daß sich nachher bei § 103 Abs. 1 die gleiche Lage ergibt, und ich bitte, die dort notwendig werdende Änderung auch gleich als begründet ansehen zu wollen.
Herr Abgeordneter Kanka!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Gesetz wird nicht besser, wenn es folgenden Satz erhält:
Die Aufsicht erstreckt sich darauf, daß Gesetz beachtet, . . .
Damit, daß wir die Worte „und Satzung" streichen, machen wir den Wortlaut des Gesetzes nicht wesentlich schöner. Auf der anderen Seite sind wir uns im Rechtsausschuß darüber klargeworden, daß die Satzung als ein Teil der Geschäftsordnung anzusehen ist. Das, was das Leben der Rechtsanwaltskammer nach seiner statischen Seite hin regelt — die Verfassung —, nennt man die Satzung, und das andere nennt man die Geschäftsordnung. Ich meine also, wir sollten die Regierungsvorlage und die Ausschußvorlage bestehen lassen.
Das Ergebnis dieses Streichungsvorschlages zeigt, wohin wir kommen, wenn wir in einer Plenarsitzung mit etwa — ich weiß es nicht genau — 90 Anträgen juristische Feinmechanik treiben wollen.
So geht es nicht, meine Damen und Herren. Was wir Rechtsanwälte hier in diesem Plenum produzieren, ist, ich möchte das sagen, nicht sonderlich rühmlich.
Wir haben uns im Rechtsausschuß ein Jahr lang redlich Mühe gegeben, ein halbwegs ordentliches Gesetz hinzulegen.
Daß jedes Gesetz — weil es Menschenwerk ist —, auch wenn man zwei Jahre daran gearbeitet hat, noch den einen oder anderen kleinen Schönheitsfehler hat, ist einfach nicht zu vermeiden. Aber irgendwann sollte in solchen Sachen, die wirklich nicht vor das Plenum gehören, mit den Debatten Schluß gemacht werden, und wir sollten endlich einmal zu klaren Abstimmungen kommen.
Damit kommen wir zur Abstimmung über Ziffer 14 des Umdrucks 221. Wer dafür ist, daß in § 75 Abs. 2 die Worte „und Satzung" zu streichen sind, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist eindeutig die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wer den § 75 in der Ausschußfassung anzunehmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die überwältigende Mehrheit.
Zu § 76 liegt kein Änderungsantrag vor. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit.
Zu § 77 liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 215 Ziffer 14 vor. Zur Begründung hat Herr Abgeordneter Jahn das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht hierbei um die Frage, ob bei den Wahlen zu den Kammervorständen die
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Jahn
Möglichkeit der Briefwahl vorgesehen werden soll oder nicht. Wir haben uns darüber im Ausschuß bereits länger und ausführlich unterhalten, und es sind Gründe dafür und dagegen geltend gemacht worden.Wir sind der Meinung, daß man die Stimmen derjenigen nicht überhören sollte, die in besonders abgelegenen Gebieten ihres Kammerbezirks wohnen. Für sie wäre es eine unzumutbare Belastung, wenn man ihnen unter Umständen zwei volle Arbeitstage nähme und ihnen einen besonders hohen Aufwand für die An- und Abreise auferlegte, wenn sie die Möglichkeit haben wollen, bei der Vorstandswahl — eine mit Rücksicht auf all die Funktionen, die die Kammer hat, nicht ganz unerhebliche Entscheidung — ihre Stimme abzugeben. Wer die Briefwahl ablehnt, schließt damit automatisch einen großen Teil von Anwälten von der Möglichkeit der Teilnahme an der Vorstandswahl aus. Wenn wir schon die ansonsten von uns nicht gerade sehr begrüßte Briefwahl überhaupt eingeführt haben
— was heißt „Aha"? —, dann sollten Sie wenigstens auch da die Briefwahl einführen und sich nicht dagegen sträuben, wo Sie jemandem Gerechtigkeit widerfahren lassen, verehrter Herr Kollege Kanka.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Weber.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Jahn hat bereits dargelegt, wie sich die Fronten manchmal merkwürdig verschieben und daß die, die die Briefwahl sonst ablehnen, sie hier an einem Platze haben wollen, wo sie absolut nicht hinpaßt. Das würde zu Parteiungen innerhalb der Anwaltschaft führen. Es müßten Wahlvorschlagslisten vorgelegt werden. Das ist etwas, was wir nicht wollen. Wir haben uns im Ausschuß sehr eingehend mit der Frage befaßt, ob die Vertretung in der Kammerversammlung auf Grund von Vollmachten möglich sein und eingeführt werden soll. Wir haben das nach eingehenden Erörterungen abgelehnt. Wir bitten deshalb, auch diesen Antrag abzulehnen.
Frau Abgeordnete Diemer-Nicolaus!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir können dem von Herrn Abgeordneten Jahn begründeten Antrag unsere Zustimmung nicht geben. Es ist uns aber jetzt verständlich geworden, warum Herr Kollege Jahn so sehr für die Singularzulassung und nicht für die Simultanzulassung war. Er ist nämlich der Auffassung, daß ein Anwalt, der nicht am Ort des Oberlandesgerichts seinen Wohnsitz hat, noch im Zeitalter der Postkutsche lebt und nicht so schnell dorthin kann, wo das Oberlandesgericht seinen Sitz hat.
Wir sind der Meinung, daß es heutzutage durchaus möglich ist, zu einer Kammersitzung in den Kammerort zu kommen und an den Wahlen teilzunehmen. Es würde zu unerträglichen Verhältnissen führen, wenn man hier eine Briefwahl vorsähe. Man kann diesen Fall nicht mit politischen Wahlen vergleichen, und selbst dort ist die Briefwahl ein umstrittenes Kapitel. Wenn jemand einen Vorstand wählen will, den er gern haben möchte, dann soll er zu der Wahl hinfahren, soll den Mann vorschlagen und soll sich für ihn einsetzen.
Meine Damen und Herren, dann stimmen wir jetzt über den Antrag auf Umdruck 215 Ziffer 14 ab. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.Wer dem § 77 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die große Mehrheit; er ist angenommen.Zu den §§ 78, — 79, — 80, — 81, — 82, — 83,— 84 und 85 liegen keine Änderungsanträge vor. Wer diesen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; sie sind angenommen.Ich rufe § 86 auf. Dazu liegt der interfraktionelle Änderungsantrag Umdruck 218 Ziffer 10 vor, eine Nr. 5 a einzufügen. Soll das noch begründet werden? — Das ist nicht der Fall. Wer dieser Einfügung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; die Einfügung ist beschlossen.Wer dem § 86 in der so geänderten Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die gleiche Mehrheit; er ist angenommen.§ § 87, — 88, — 89, — 90, — 91, — 92, — 93,— 94, — 95, — 96, — 97, — 98, — 99 und 100. —Keine Änderungsanträge Wer den §§ 87 bis 100 in der vom Ausschuß vorgeschlagenen Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen.— Das ist die große Mehrheit; sie sind angenommen.Zu § 101 liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 215 Ziffer 16 vor. Das hängt mit der Briefwahl zusammen.
— Dann können wir über § 101 in der vom Ausschuß vorgeschlagenen Fassung abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die große Mehrheit; er ist angenommen.§ 102. — Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist ebenfalls die Mehrheit.
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Vizepräsident Dr. PreuskerZu § 103 liegt wieder ein Änderungsantrag vor.
— Wer dann dem § 103, ferner dem § 104 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; sie sind angenommen.Zu § 105 liegt der Änderungsantrag auf Umdruck 221 Ziffer 16 vor. Soll er begründet werden?— Bitte, Herr Abgeordneter Dittrich.
Ich hätte mich zu dem Antrag auf Umdruck 221 Ziffer 16 nicht zu Wort gemeldet, wenn nicht in ihm eine Änderung erfolgen müßte. Ich bitte, die Worte „der geschäftsführende Vorstand" durch „der geschäftsführende Vorsitzende" zu ersetzen.
Die sachliche Begründung dieses Antrags ist die gleiche wie bei den früheren diesbezüglichen Anträgen. Wir sehen nicht ein, daß in der Frage der Bildung mehrerer Kammern unbedingt die Justizverwaltung das Wort haben soll. Wir sind der Ansicht, daß das der geschäftsführende Vorsitzende tun kann. Ich bitte, unseren Antrag anzunehmen.
Herr Abgeordneter Kanka!
Wenn wir das überhaupt ändern wollten, müßte es schon „geschäftsleitender Vorsitzender" heißen; aber wir sind der Meinung, daß im vorliegenden Fall die Landesjustizverwaltung die Entscheidung treffen muß, und sind deshalb gegen den Antrag.
Herr Staatssekretär Dr. Strauß!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte namens der Bundesregierung mit Nachdruck, diesem Antrag Ihre Zustimmung zu versagen. Wir haben bei der Ausgestaltung der Rechtsanwaltsordnung Wert darauf gelegt, dem Ehrengericht und dem Ehrengerichtshof den Charakter eines echten, wenn auch eines besonderen Gerichts zu verleihen. Die Aufsicht über ein solches Gericht kann auch nur die Justizverwaltung führen.
Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich lasse über den Änderungsantrag Ziffer 16 auf Umdruck 221 abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Soweit ich sehe, drei Stimmen. Ich bitte um die Gegenprobe. — Das ist die überwältigende Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen dann ab über die §§ 105 und 106. Wer diesen beiden Paragraphen in der Fassung des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; sie sind angenommen.
Zu § 107 liegt ein weiterer Änderungsantrag auf Umdruck 221 unter Ziffer 17 vor.
— Wird zurückgenommen; hat sich also erledigt. — Ich bitte diejenigen Damen und Herren, die dem § 107 in der Ausschußfassung und ebenso den §§ 108, 109, 110, 111, 112 und 113 zuzustimmen wünschen, um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Zu § 114 liegt auf Umdruck 221 unter Ziffer 18 ein weiterer Antrag vor.
— Auch zurückgenommen. — Wir können dann über die §§ 114 und 115 in der Ausschußfassung abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist wiederum die große Mehrheit; angenommen.
Zu § 116 liegt auf Umdruck 221 unter Ziffer 19 ein Änderungsantrag vor. Soll der Antrag begründet werden? — Herr Abgeordneter Dr. Winter, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich nur um eine Ergänzung, die wegen des Abs. 2 von § 113 nötig scheint, um sonst gar nichts. Das gleiche gilt — das darf ich jetzt schon sagen, damit ich mich nachher nicht noch einmal zum Wort melden muß — für den Änderungsantrag Ziffer 21 zu § 158 für die Staatsanwaltschaft.
Sie haben die Begründung gehört. Wer dem Antrag auf Umdruck 221 Ziffer 19 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; der Antrag ist damit angenommen.
Wer dem § 116 in der so geänderten Fassungzuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist ebenfalls die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe die §§ 117 und 118 in der Ausschußfassung auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. Auch diese Bestimmungen sind — soweit ich sehe, einstimmig — angenommen.
Zu § 119 liegt ein Änderungsantrag unter Ziffer 4 des interfraktionellen Antrags Umdruck 218 vor. Der Antrag lautet:
Der § 119 Abs. 2 Satz 1 wird wie folgt gefaßt: Der Senat besteht aus dem Präsidenten des Bundesgerichtshofs sowie drei Mitgliedern des Bundesgerichtshofs und drei Rechtsanwälten als Beisitzer.
Auf Begründung wird wahrscheinlich verzichtet. — Wer diesem interfraktionellen Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Angenommen.
Wer dem so geänderten § 119 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Mit der gleichen Mehrheit angenommen.
Vizepräsident Dr. Preusker
Zu § 120 liegen auf dem interfraktionellen Antrag Umdruck 218 die Änderungsanträge unter Ziffer 5 und Ziffer 11 vor. Diese Anträge werden wohl ebenfalls nicht begründet? — Wer den interfraktionellen Änderungsanträgen unter Ziffer 5 und Ziffer 11 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Sie sind angenommen.
— Herr Abgeordneter Wittrock hat das Wort zu § 120.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion legt zu § 120 Wert auf eine Feststellung. § 120 regelt die Berufung der anwaltlichen Beisitzer für den Senat für Anwaltssachen. Wir sind der Auffassung — ich sage das hier um der Klarstellung willen —, daß diese anwaltlichen Beisitzer Bundesrichter im Sinne des Grundgesetzes und im Sinne des Richterwahlgesetzes sind. Gemäß Art. 96 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 95 des Grundgesetzes entscheidet ein Richterwahlausschuß über die Wahl der Bundesrichter. Für die Wahl der Bundesrichter bestimmt das Richterwahlgesetz das Nähere. Dieses Richterwahlgesetz gilt für alle Richter, einerlei, ob sie hauptberuflich oder nebenberuflich, ob sie hauptamtlich oder nebenamtlich als Richter tätig sind. Denn alle diese Richter üben in gleicher Weise richterliche Gewalt aus. Alle Richter, auch die ehrenamtlichen Richter, sind Träger dessen, was man als die „dritte Gewalt" in unserem Verfassungsleben bezeichnet.
Der wesentliche Kerngedanke des Richterwahlgesetzes, der seinerzeit von dem Berichterstatter, dem Abgeordneten Dr. von Merkatz, zum Ausdruck gebracht worden ist, muß auch für die ehrenamtlichen Richter und in diesem Falle für die anwaltlichen Beisitzer des Senats für Anwaltssachen gelten. Dieser entscheidende Kerngedanke ist seinerzeit von dem Kollegen Dr. von Merkatz wie folgt zum Ausdruck gebracht worden: Es ist der Kerngedanke des Gesetzes, daß die Richter — und ich zitiere nun wörtlich —
vor parteipolitischer oder standesmäßiger Einseitigkeit bewahrt und so in ihrer demokratischen Autorität und Legitimation gestärkt werden.
Meine Damen und Herren! Wir sind der Meinung, daß dieser ganz entscheidende Rechtsgedanke für alle Richter gilt, auch für die ehrenamtlichen Richter, somit auch für die anwaltschaftlichen Beisitzer in dem zuständigen Senat des Bundesgerichtshofs.
Daraus ergibt sich, daß die Berufung dieser anwaltlichen Beisitzer nicht ohne die Mitwirkung des Richterwahlausschusses erfolgen kann.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat auf diese Feststellung bei dieser Gelegenheit und von dieser Stelle aus Wert gelegt.
Herr Abgeordneter Kanka!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage, die Herr Kollege Wittrock hier behandelt hat, liegt bereits dem Bundesverfassungsgericht vor. Wir sehen keinen Anlaß, uns hier zu dieser Frage zu äußern. Meine persönliche Meinung ist eine andere als die des Kollegen Wittrock.
Herr Staatssekretär Strauß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen, möchte ich die Erklärung abgeben, daß die Bundesregierung eine andere Auffassung vertritt, also die hier vorgetragene Auffassung nicht teilt. Es ist von jeher so gewesen. Ich darf als einer der Miturheber der Bestimmungen im Grundgesetz ergänzend dazu bemerken: wir haben bei der Richterwahl natürlich nur an diejenigen Richter gedacht, die ihr Richteramt auf Lebenszeit und hauptberuflich ausüben.
Herr Abgeordneter Wagner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Staatssekretär hat das Wort ergriffen, um seiner Auffassung Geltung zu verschaffen und einer anderen Auffassung, die vorgetragen worden ist, zu widersprechen. Ich ergreife das Wort, um seiner Auffassung in einem Punkt zu widersprechen. Er hat gesagt: Wir haben im Parlamentarischen Rat, der das Grundgesetz gemacht hat, darunter nur die Berufsrichter verstanden. — Zu den „wir" würde — wenn er nicht im majestätischen Plural gesprochen haben sollte, was mir nicht ganz klar ist — auch ich gehören. Ich habe eine andere Vorstellung gehabt, Herr Staatssekretär. Ich gestatte mir, das hier festzustellen.
Damit kommen wir zur Abstimmung über den § 120 in der durch die soeben angenommenen Anträge auf Umdruck 218 Ziffern 11 und 5 geänderten Fassung. Wer dem § 120 in dieser Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die große Mehrheit; er ist so angenommen.Zu den §§ 121, 122 und 123 liegen keine Änderungsanträge vor. Wer ihnen in der vom Ausschuß vorgeschlagenen Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die große Mehrheit; sie sind so angenommen.Zu § 124 liegt ein interfraktioneller Ergänzungsantrag auf Umdruck 218 Ziffer 6 vor. Ich nehme an, daß auch er nicht begründet werden soll. —
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Vizepräsident Dr. PreuskerWer diesem Ergänzungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Er ist angenommen.Ich bitte diejenigen, die dem so geänderten § 124 zuzustimmen wünschen, um das Handzeichen. — Auch das ist, soweit ich sehe, die große Mehrheit; angenommen.Zu den §§ 125, 126 und 127 sind keine Änderungsanträge gestellt. Wer ihnen in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist wiederum die große Mehrheit; angenommen.Zu § 128 liegt auf dem Umdruck 221 unter Ziffer 20 ein Streichungsantrag für den Abs. 2 vor, Soll er begründet werden? — Herr Abgeordneter Winter, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hier handelt es sich um einen wirklich strittigen Punkt. In § 87 ist dem Vorstand der Anwaltskammer das Recht eingeräumt, gegen einen Anwalt eine Rüge auszusprechen, wenn er sich nicht richtig verhalten hat. Dort ist das Verfahren geregelt, das auf eine solche Rüge folgt. Der Anwalt ist gegen diese Rüge geschützt. Dieser Schutz scheint uns aber nicht vollständig zu sein, weil in § 128 Abs. 2 bestimmt wird, daß eine solche Rüge, auch wenn sie dem Betroffenen gegenüber längst rechtskräftig geworden ist, die Einleitung eines ehrengerichtlichen Verfahrens wegen des gleichen Sachverhalts nicht hindert.
Wir sind der Meinung, daß diese Folge nur schwer erträglich ist. In jedem Strafrecht gilt der allgemeine Grundsatz, daß man wegen derselben Sache nicht zweimal bestraft werden darf. Man könnte nun sagen, die Rüge durch den Vorstand sei keine Strafe. Sie erscheint jedoch, mindestens nachdem sie so wie jetzt ausgestaltet ist — mit den Kautelen, mit den Sicherungen gegen ihre mißbräuchliche Verhängung —, doch als eine Art Strafe. Sonst — wenn sie nicht einmal eine Strafe wäre — wäre sie überhaupt überflüssig.
Ich kann mir daher den Antrag — und Ihnen die Abstimmung darüber — nicht ersparen, den Abs. 2 des § 128 zu streichen. Dabei möchte ich ausdrücklich sagen: ich bin mir darüber klar, daß damit die Frage, die ich soeben aufgeworfen habe, nicht entschieden ist. Was ich beantragt habe, ist aber das mindeste. Wir hatten uns vorher auch schon überlegt, ob wir nicht das ganze Institut durch einen Änderungsantrag umbauen sollten. Wir haben uns dann jedoch dazu entschlossen, uns darauf zu beschränken, die Lösung dieser Frage durch die Streichung des Abs. 2 von § 128 wenigstens offenzulassen und es der Rechtsprechung zu überlassen, mit der Frage fertig zu werden.
Ich möchte Sie herzlich bitten, diesem Antrag zuzustimmen.
Herr Abgeordneter Weber, bitte!
Meine Damen und Herren, um es kurz zu machen: ich bitte, den Antrag abzulehnen. Was in § 128 Abs. 2 steht, ist bereits in soundsoviel Entscheidungen des Ehrengerichtshofs ausgesprochen. Es besteht kein Grund, davon abzuweichen. Eine Rüge ist keine Strafe.
Meine Damen und Herren, Sie haben das Pro und Kontra gehört. Wer also dem Streichungsantrag auf Umdruck 221 unter Ziffer 20 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Die Gegenprobe! — Mit großer Mehrheit abgelehnt.Wer dem § 128 in der ursprünglichen Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; der Paragraph ist so angenommen.§ 129 entfällt.Siebenter Teil. § 130, — § 131, — § 132, — § 133. Keine Änderungsanträge. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; angenommen.Zu § 134 liegt auf Umdruck 219 ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP vor, und zwar unter Ziffer 1 ein Änderungsantrag auf Neufassung. Ebenso liegt auf Umdruck 215 unter Ziffer 19 ein gleicher Antrag vor.
— Wie ist es mit dem Umdruck 219 Ziffer 1?
— Er soll offenbar nicht mehr begründet werden. Wer also diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. - Soweit ich sehe, einstimmig angenommen.Wer also dem § 134 in der soeben entsprechend Umdruck 219 Ziffer 1 geänderten Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; angenommen.Dann rufe ich auf § 135, — § 136, — § 137, —§ 138, — § 139, — § 140, — § 141 bis § 156 in der Ausschußfassung. Wer diesen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Soweit ich sehe, einstimmig angenommen.Zu § 157 haben wir in dem interfraktionellen Antrag auf Umdruck 218 Ziffer 7 einen Antrag auf Neufassung des Abs. 3. Er wird wahrscheinlich auch nicht begründet? — Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Soweit ich sehe, ist das die Mehrheit.Wer dem § 157 in der so geänderten Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die gleiche Mehrheit; angenommen.Jetzt sind wohl die Anträge auf den Umdrucken 219 und 215 zu § 158 erledigt. Auf Umdruck 221 liegt aber noch in Ziffer 21 ein Antrag vor, der nicht mehr besonders begründet werden soll. Er
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3372 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1959
Vizepräsident Dr. Preuskerlautet dahin, nach den Worten „Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht" die Worte „bzw. bei dem Obersten Landesgericht" einzufügen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. —
— Ja, ich kann hier nicht im Wege der Diskussion verfahren, Herr Abgeordneter Weber.
— Also, Herr Abgeordneter Winter zum Vortrag der schöneren Fassung.
Ich erfahre soeben davon und bin bereit, den Paragraphen in der Fassung zu beantragen, wie ich ihn gleich dem Herrn Präsidenten übergeben werde. Der Paragraph würde dann lauten:
Die Aufgaben der Staatsanwaltschaft in dem Verfahren vor dem Ehrengerichtshof werden von der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht oder dem Obersten Landesgericht wahrgenommen, bei dem der Ehrengerichtshof errichtet ist.
Ich sehe eben, daß der Antrag auf Umdruck 219 Ziffer 2 noch nicht erledigt ist. Das ist ja noch eine andere Fassung. Umdruck 219 ist der Gemeinschaftsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP, und da findet sich folgende Fassung:
Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht, bei dem der Ehrengerichtshof errichtet ist, nimmt in dem Verfahren vor dem Ehrengerichtshof die Aufgaben der Staatsanwaltschaft wahr.
Die von Herrn Kollegen Winter vorgetragene Fassung ist, soweit ich sehe, nur stilistisch etwas anders gefaßt. Welches ist denn nun, Herr Kollege Weber, die schönste Fassung?
— Die Fassung Umdruck 219 Ziffer 2 wird demnach auch von Ihnen, Herr Abgeordneter Dr. Winter, vorgezogen?
— Ja! Darüber besteht offenbar interfraktionell Einmütigkeit.
Wir stimmen also ab. Wer dem Antrag Umdruck 219 Ziffer 2 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Soweit ich sehe, in dieser Fassung einstimmig angenommen.
Wer dem § 158 in dieser geänderten Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die gleiche Mehrheit; also angenommen.
Der Antrag Umdruck 221 Ziffer 21 hat sich damit gleichfalls erledigt, Herr Abgeordneter Dr. Winter?
— Danke!
Zu § 159 liegen Änderungsanträge auf Umdruck 219 — Änderungsantrag der CDU/CSU, FDP und DP — unter den Ziffern 3 und 4 vor. Gleichfalls liegen Änderungsanträge auf dem Antrag der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei unter den Ziffern 21, 22 und 23 vor.
Wird zur Begründung der Anträge Umdruck 219 Ziffern 3 und 4 das Wort gewünscht? — Dazu wird von den Antragstellern das Wort nicht gewünscht.
Nun Umdruck 215, Ziffern 21, 22 und 23. — Wird dazu das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Wagner!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat auf Umdruck 215 beantragt, daß der Abs. 2 wie folgt gefaßt wird — mit der neuen Formulierung —:
Der Ehrengerichtshof darf die Revision nur zulassen, wenn er über Rechtsfragen — einschließlich Fragen der anwaltlichen Berufspflichten — entschieden hat, die von grundsätzlicher Bedeutung sind.
Es sollen neu die Absätze 3 bis 5 hinzugefügt werden; es dreht sich hier um die Nichtzulassung der Revision. Der Antrag Ziffer 23 lautet:
Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Berufsobergericht einzulegen. In der Beschwerdeschrift muß die grundsätzliche Rechtsfrage ausdrücklich bezeichnet werden.
Die Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.
Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, so entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluß. Der Beschluß bedarf keiner Begründung, wenn die Beschwerde einstimmig verworfen oder zurückgewiesen wird. Mit Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesgerichtshof wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit Zustellung des Beschwerdebescheides die Revisionsfrist.
Meine Damen und Herren, das ist im Prinzip nichts Neues, sondern das ist eine Bestimmung, wie wir sie bereits in einzelnen Verwaltungsgerichtsgesetzen der Länder haben, z. B. im Verwaltungsgerichtsgesetz des Landes Rheinland-Pfalz, und es ist die gleiche Bestimmung, wie sie für die Verwaltungsgerichtsordnung des Bundes vorgesehen ist. Diese Bestimmung hat sich, ich spreche jetzt auf Grund meiner eigenen Erfahrung, bei uns in Rheinland-Pfalz für meine Begriffe bewährt. Sie wirkt schon von vornherein etwas erzieherisch auf das Gericht. Die Frage, ob irgendein bestimmtes Problem so wichtig ist, daß das höchste Bundesgericht darüber entscheiden soll, wird leichter genommen werden und man kann sie bequemer handhaben;
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Wagner
— auch die Richter sollen ja Menschen sein —, wenn die Möglichkeit gegeben ist, gegen die Verweigerung der Zulassung der Revision ein Rechtsmittel einzulegen, und, falls nicht abgeholfen wird, der Bundesgerichtshof die Frage zu entscheiden hat, ob die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision berechtigt ist oder nicht. Das hat eine gewisse erzieherische Bedeutung. Herr Kollege Kanka, ich habe aus meiner Gerichtserfahrung den Eindruck, daß das wirklich so ist. Ich räume ein, daß die Revisionsbeschwerde in manchen Fällen unbegründet eingelegt wird. Das hat sie mit allen anderen Rechtsmitteln gemeinsam; das stimmt bei allen überein. Aber es gibt eben Fragen, die die höchste Instanz entscheiden sollte. Wenn das Gericht das nicht will, aus welchen Motiven und Gründen immer, die betreffende Partei aber davon überzeugt ist, daß eine Grundsatzentscheidung herbeigeführt werden muß — —
- Ich höre ein erfreuliches Wort. Ich habe Ihr Nicken, sehr geehrter Herr Kanka, nicht verstanden, nachdem in diesem Saal gestern abend nur Kopfschütteln festgestellt worden ist.
— Noch besser. — Ich bitte also, dem Antrag zuzustimmen.
Herr Abgeordneter Weber!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da in allen Verwaltungsgerichtsgesetzen, insbesondere auch in der neuen Bundesverwaltungsgerichtsordnung, die Zulassungsbeschwerde vorgesehen ist, sollte man schon der Einheitlichkeit halber auch in diesem Gesetz, in der Bundesrechtsanwaltsordnung, diese Möglichkeit zugestehen, obschon das Institut hier eine sehr geringe Bedeutung hat; deswegen hatten wir im Ausschuß davon abgesehen.
Ich habe auch gegen die Fassung noch einige Bedenken. Heute morgen haben wir das gerade im Rechtsausschuß erörtert. Ich bin im allgemeinen dagegen, daß ein Rechtsmittel ohne Begründung durch einstimmigen Beschluß verworfen werden kann. Wir werden das in der Bundesverwaltungsgerichtsordnung voraussichtlich etwas anders regeln. Hier ist es unschädlich, weil dieses Institut hier sehr wenig Bedeutung hat. Es kommt zwar eine weitere Belastung auf den Bundesgerichtshof zu; aber in dem hier vorgesehenen Umfang ist das erträglich.
Meine Damen und Herren, Sie haben die Begründungen und Stellungnahmen gehört. Soweit ich sehe, unterscheiden sich der Antrag Umdruck 219 Ziffern 3 und 4 und der Antrag Umdruck 215 Ziffern 21 und 22 nur dadurch, daß in dem einen Antrag „Ehrengerichtshof" und in dem anderen „Berufsobergericht" steht. Nachdem gestern bereits die grundsätzliche Entscheidung zugunsten des Wortes „Ehrengerichtshof" gefallen ist, können wir praktisch über beide Änderungsanträge zugleich abstimmen. Wer also diesen Änderungsanträgen in dieser Form zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Einstimmig angenommen.
Jetzt müssen wir über den zusätzlichen Antrag Umdruck 215 Ziffer 23 abstimmen, die Absätze 3, 4 und 5 anzufügen. Dabei darf ich wohl auch unterstellen, daß das Wort „Berufsobergericht" durch das Wort „Ehrengerichtshof" zu ersetzen ist.
Wer also diesem Änderungsantrag Umdruck 215 Ziffer 23 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist ebenfalls, soweit ich sehe, einstimmig.
Wer nun dem so geänderten § 159 im ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. Er ist gleichfalls einstimmig angenommen.
Ich rufe dann auf § 160. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ebenfalls angenommen.
Zu § 161 Herr Abgeordneter Weber bitte.
Meine Damen und Herren! An verschiedenen Stellen heißt es: „die Verrichtungen der Staatsanwaltschaft". An anderen Stellen haben wir das in den besseren Ausdruck „die Aufgaben der Staatsanwaltschaft" umgewandelt. Ich beantrage infolgedessen, in § 161 das Wort „Verrichtungen" zu streichen und durch „Aufgaben" zu ersetzen.
Sie haben ,den Antrag gehört, das Wort „Verrichtungen" in der ersten Zeile durch „Aufgaben" zu ersetzen. Darüber scheint allgemeine Übereinstimmung zu bestehen. Wer dem § 161 in dieser Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Er ist einstimmig angenommenDann rufe ich die §§ 162, 163 und 164 in der Ausschußfassung auf. Wer zuzustimmen wünscht, den darf ich um das Handzeichen bitten. — Das ist die große Mehrheit; die Paragraphen sind so angenommen.Auf Umdruck 215 liegt unter Ziffer 24 ein Antrag auf Einfügung eines § 164 a vor. Soll er begründet werden?
— Der Antrag ist erledigt und zurückgezogen.Wir kommen zu § 165. Dazu liegt auf Umdruck 215 Ziffer 25 der Antrag vor, den Abs. 4 zu streichen. Soll er begründet werden? — Das ist nicht notwendig. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.Wer dem § 165 in der Ursprungsfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen.
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3374 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1959
Vizepräsident Dr. Preusker— Danke. Das ist die große Mehrheit; er ist so angenommen.Zu den §§ 166, 167 und 168 liegen keine Änderungsanträge vor. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Diese Paragraphen sind offenbar einstimmig angenommen.Zu § 169 liegt ein Antrag vor, der wohl, Herr Abgeordneter Jahn, nach der Ablehnung des § 164 a gegenstandslos ist; denn in Ihrem Antrag Ziffer 26 wird ja auf den § 164 a Bezug genommen. — Er ist also gegenstandslos.Wir können abstimmen über die §§ 169, 170, 171, 172 und 173 in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die große Mehrheit; angenommen.Dasselbe, was ich zu dem Antrag Ziffer 26 gesagt habe, gilt auch für Ihren Antrag Ziffer 27, Herr Abgeordneter Jahn. Auch er ist wohl gegenstandslos.
Also können wir nunmehr auch über § 174 in der Ausschußfassung abstimmen, ebenso über die §§ 175 und 176. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die große Mehrheit; so angenommen.Auf dem interfraktionellen Antrag Umdruck 218 liegt unter Ziffer 8 ein Änderungsantrag zu § 177 vor, der die Fassung des Satzes 3 betrifft. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den darf ich um das Handzeichen bitten. — Das ist die große Mehrheit; dann ist die Änderung so beschlossen.Wer dem § 177 mit der soeben beschlossenen Änderung zuzustimmen wünscht, den darf ich um das Handzeichen bitten. — Das ist die gleiche Mehrheit; es ist so beschlossen.Zu den §§ 178, 179, 180 und 181 liegen keine Änderungsanträge vor. Wer ihnen zuzustimmen wünscht, den darf ich um das Handzeichen bitten. — Das ist die große Mehrheit; die Paragraphen sind so angenommen.Auf Umdruck 215 liegt unter Ziffer 28 der Änderungsantrag vor, § 182 Abs. 2 zu streichen. Soll der Antrag begründet werden? — Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich diejenigen, die Umdruck 215 Ziffer 28 zuzustimmen wünschen, um das Handzeichen. — Ich darf um die Gegenprobe bitten. — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.Wer § 182 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die große Mehrheit; angenommen.Zu § 183 liegt kein Änderungsantrag vor. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; angenommen.Zu § 184 liegt der interfraktionelle Antrag Umdruck 218 Ziffer 12 auf Änderung des Abs. 4 vor. Ich nehme an, daß er nicht begründet werden soll. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; angenommen.Wer dem so geänderten § 184 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; angenommen.Ich rufe auf §§ 185 bis 205, — § 206 entfällt, §§ 207 bis 229, — § 230 entfällt, §§ 231 bis 239. — Wer diesen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist eine sehr große Mehrheit; angenommen.Zu § 240 liegt eine Reihe von Änderungsanträgen vor. Ich rufe zunächst auf den Antrag Umdruck 216 der Abgeordneten Wagner und Genossen, der lautet:Im Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck 215 — werden unter Nr. 29 in dem neu anzufügenden Absatz 8 des § 240 zwischen den Worten „zugelassene Rechtsanwalt" und „als bei dem Oberlandesgericht zugelassen" die Worte „solange dieser das 60. Lebensjahr nicht erreicht hat" eingefügt.Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Wagner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das muß ich kurz begründen, weil ein Antrag wie dieser, zwischen diesem und jenem etwas einzufügen, für den, der nicht mit der Materie vertraut ist, nicht recht verständlich erscheint.Ich gehe von dem Änderungsantrag zu § 240 auf Umdruck 215 unter Nr. 29 aus. Er lautet:Dem § 240 wird als Absatz 8 neu angefügt:
Hat der bei einem Oberlandesgericht zugelassene Rechtsanwalt sich mit einem bei einem Amts- oder Landgericht zugelassenen Rechtsanwalt zur gemeinsamen Berufsausübung oder zu einer Bürogemeinschaft zusammengeschlossen, so können diese Rechtsanwälte ihre bestehende Zusammenarbeit fortführen. Im übrigen gilt der gleichzeitig bei einem Oberlandesgericht und bei einem Landgericht zugelassene Rechtsanwalt als bei dem Oberlandesgericht zugelassen.
Dieser Antrag bedeutet also in seiner ursprünglichen Form, daß eine bestehende Sozietät zwischen einem simultan zugelassenen Rechtsanwalt — also einem Anwalt, der gleichzeitig beim Oberlandesgericht und bei einem Landgericht zugelassen ist — und einem nur bei einem Landgericht zugelassenen Anwalt fortgeführt werden kann, daß aber beispielsweise beim Ausscheiden des Sozius, der beim Landgericht allein zugelassen ist, der gleichzeitig beim Oberlandesgericht zugelassene Rechtsanwalt einen anderen, nur beim Landgericht zugelassenen Rechtsanwalt nicht in seine Praxis aufnehmen kann. Das ist der ganz klare Wortlaut. Einer eigenen Stellungnahme dazu will ich mich enthalten.In Satz 2 heißt es gemäß dem ursprünglichen Antrag auf Umdruck 215, daß im übrigen der gleichzeitig bei einem Oberlandesgericht und bei einem Landgericht zugelassene Rechtsanwalt als bei dem Oberlandesgericht zugelassen gilt. Das bedeutet
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Wagneralso, daß er beim Ausscheiden seines beim Landgericht zugelassenen Sozius keinen anderen mehr aufnehmen kann. Das ist in der ursprünglichen Fassung eine sehr gefährliche Bestimmung, eine insbesondere für ältere Anwälte gefährliche Bestimmung. Die älteren Anwälte können auf diese Weise vor den Tatbestand gestellt werden, daß sie gerade in ihrem Alter einen Sozius ausscheiden sehen und keinen neuen mehr aufnehmen können, in einer Zeit also, wo sie mit ihrer Arbeitskraft nicht mehr so auf der Höhe sind.Das bedeutet aber für den älteren Anwalt eine große Gefahr für seine künftige äußere Sicherung. Es ist in Laienkreisen nicht bekannt, daß für die Anwälte eine Altersversorgung nicht besteht. Wenn ein Anwalt nicht früh in eine private Lebensversicherung aufgenommen worden ist oder wenn er aufgenommen war und sie, etwa durch das Nazi-Regime, verloren hat, ist er also unversorgt.Seine Versorgung - wenn ich das so ausdrücken darf — besteht dann darin, daß er sich einen jüngeren Sozius nimmt, der erwarten darf und erwarten kann, daß er beim Tod des älteren Anwalts diese Praxis weiterführt, zu Lebzeiten seines älteren Kollegen ihn erheblich entlastet und als Gegenleistung für diese Entlastung einen entsprechenden Prozentsatz der Beteiligung hat. Es ist auch bis zu einem gewissen Grade eine Sicherung für die Hinterbliebenen; denn die Anwaltschaft kennt auch keine Hinterbliebenensicherung.Deswegen soll der Satz eingefügt werden, daß im übrigen der gleichzeitig bei einem Oberlandesgericht und bei einem Landgericht zugelassene Anwalt, solange er das 60. Lebensjahr nicht erreicht hat, als bei dem Oberlandesgericht zugelassen gilt. Das heißt mit anderen, einfacheren Worten: Wenn ein Anwalt das 60. Lebensjahr erreicht hat, dann soll er nicht diesen Hemmschuh angelegt bekommen, der für ihn besonders gefährlich und nachteilig wäre.Die Einfügung soll sein ein Schutz für den älteren, simultan zugelassenen Anwalt und gleichzeitig ein Nutzen für die jüngeren Anwälte, die auf diese Weise die Möglichkeit haben, in eingeführte Kanzleien aufgenommen zu werden und dabei auch an ihrer Zukunft mitzubauen.
Meine Damen und Herren, ich war davon ausgegangen, daß gleichzeitig mit der Begründung zu Umdruck 216 — der ja ein Änderungsantrag zu Umdruck 215 Ziffer 29 ist — die Begründung zu Umdruck 215 Ziffer 29 gegeben werden sollte. Das ist nun nicht ganz geschehen. Ich muß noch einmal fragen: Wird noch gesondert das Wort zu Ziffer 29 des Umdrucks 215 gewünscht?
— Einstweilen nicht. Dann darf ich Herrn Abgeordneten Weber das Wort geben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das, was Herr Kollege Wagner ausgeführt hat, hätte in richtiger Konsequenz bei § 37 Abs. 2 ausgeführt werden müssen und hätte konsequenterweise zur Ablehnung des Abs. 2 führen müssen. Wir waren gegen diese Bestimmung des Abs. 2. Wir werden deswegen auch in der zweiten Lesung gegen diese Ergänzung des § 240 stimmen. Aber wir behalten uns vor, in der dritten Lesung, wo wir die Streichung des § 37 Abs. 2 beantragen werden, unsere Stellungnahme zu revidieren, und zwar je nachdem, wie dann endgültig über § 37 Abs. 2 entschieden wird.
Dann darf ich jetzt über den Änderungsantrag Umdruck 215 Ziffer 29 in der durch Umdruck 216 — Änderungsantrag der Abgeordneten Wagner und Genossen — gewünschten Form abstimmen lassen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das ist abgelehnt.
Wer nun der Aufnahme eines neuen Abs. 8 in den § 240 in der auf Umdruck 215 Ziffer 29 gewünschten Form zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das ist sehr zweifelhaft. Darf ich noch einmal um die Abstimmung bitten. Wer der Aufnahme dieses Abs. 8 in § 240 entsprechend Ziffer 29 Umdruck 215 — ohne die Einfügung, wohlgemerkt! — zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ich muß leider feststellen, daß im Präsidium keine Einmütigkeit über das Abstimmungsergebnis herrscht. Ich darf um Auszählung bitten:
Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Die Abstimmung war wenigstens nicht umsonst, denn wir sind immerhin mit drei Abgeordneten über die Zahl hinausgekommen, die für die Beschlußfähigkeit notwendig ist. Von den 252 Stimmen waren 134 Ja-Stimmen und 114 Nein-Stimmen; 4 Abgeordnete haben sich enthalten. Damit ist der Antrag Umdruck 215 Ziffer 29 auf Einfügung eines Abs. 8 in den § 240 in zweiter Beratung angenommen.
Ich rufe nunmehr den Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Winter und Genossen auf Umdruck 226 auf, nach dem zu § 240 Abs. 3 die Regierungsvorlage unter Streichung der beiden Nebensätze wiederhergestellt werden soll.
Zur Begründung Herr Abgeordneter Dr. Winter!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben den auf Umdruck 226 gestellten Antrag neu formuliert. Die abweichenden Vorschläge befinden sich jetzt auf Umdruck 223. Der Antrag auf Umdruck 226 wird zurückgezogen. Wir halten also nur den Antrag auf Umdruck 223 auf Änderung des § 240 Abs. 6 aufrecht. Es handelt sich hier wie schon im Regierungsentwurf um die regionalen Verschiedenheiten bei der Zulassung.
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3376 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1959
Meine Damen und Herren, Sie haben die Begründung des Antrags auf Umdruck 223 gehört.
Zu demselben Abs. 6 liegt noch ein Änderungsantrag auf Umdruck 225 vor. Soweit ich das übersehe, ist der Antrag auf Umdruck 223 der weitergehende. Wer dem soeben begründeten Antrag auf Umdruck 223 zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit; dieser Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wird der Antrag Umdruck 225 zurückgezogen? — Nicht. Wer dem Antrag Umdruck 225 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist eindeutig die Mehrheit. Auch dieser Änderungsantrag ist abgelehnt. Weitere Änderungsanträge liegen zu § 240 nicht vor.
Wer dem § 240 in der geänderten Fassung zuzustimmen wünscht — die Anträge zu Abs. 6 sind abgelehnt, aber entsprechend dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 215 Ziffer 29 ist ein neuer Abs. 8 angefügt —, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Mit wesentlich größerer Mehrheit angenommen.
Dann rufe ich auf die §§ 241, 242 und 243 in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Einstimmig angenommen.
Ich rufe dann den § 244 auf. Hierzu liegt ein interfraktioneller Änderungsantrag auf Umdruck 218 Ziffer 9 vor. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die große Mehrheit; angenommen.
Wer dem so geänderten § 244 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Offenbar einstimmig angenommen.
Dann rufe ich auf die §§ 244 a, — 245, — 246, —247, — 248 — und 249. — Wer den soeben aufgerufenen Paragraphen 244 a bis 249 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Diese Bestimmungen sind — wohl einstimmig — angenommen.
Ich rufe auf § 250. Hierzu hat Herr Abgeordneter Dr. Weber das Wort.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als der Ausschuß im November seine Arbeiten abschloß, war er der Meinung, daß das Gesetz so frühzeitig verabschiedet werden könne, daß es am 1. April 1959 in Kraft treten würde. Nachdem das aber nicht der Fall ist, wird es sich empfehlen, den Zeitpunkt des Inkrafttretens nunmehr um drei Monate zu verschieben. Ich beantrage deshalb, den Abs. 1 wie folgt zu ändern:
Dieses Gesetz tritt am 1. Juli 1959 in Kraft.
Herr Abgeordneter Weber, ich unterstelle, daß ich diesen Antrag sogleich noch schriftlich von Ihnen bekomme.
Ich stelle den Antrag zur Abstimmung, in § 250 Abs. 1 statt „1. April 1959" zu setzen „1. Juli 1959". Wer für diesen Änderungsantrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die. Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Antrag ist — offenbar einstimmig — angenommen.
Wer dem § 250 in der geänderten Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Mit großer Mehrheit angenommen.
Ich rufe auf Einleitung und Überschrift. — Wer der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Mit der gleichen Mehrheit angenommen.
Damit haben wir die Einzelberatung in zweiter Lesung abgeschlossen. Ich bin darauf aufmerksam gemacht worden, daß eine interfraktionelle Vereinbarung vorliegt, die dritte Lesung des Entwurfs einer Bundesrechtsanwaltsordnung heute nicht mehr vorzunehmen, sondern ihre Anberaumung der Vereinbarung im Ältestenrat zu überlassen. Ich nehme an, daß das Haus damit einverstanden ist. — Damit ist die dritte Lesung heute abgesetzt.
Ich bitte Sie, den Saal noch nicht zu verlassen; ich habe auf Grund einer interfraktionellen Vereinbarung noch zwei Zusatzpunkte aufzurufen; zunächst:
Entwurf einer Zweiten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1959 (Drucksache 844) ;
Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksache 872).
Der Ausschuß beantragt, dem Entwurf unverändert nach der Vorlage zuzustimmen. Wer diese Zustimmung erteilen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.
Ich rufe den zweiten Zusatzpunkt auf:
Entwurf eines Gesetzes zu der Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland über eine Devisenhilfe an Großbritannien (Drucksache 857).
Auf eine Begründung sowie eine Debatte in der ersten Lesung ist interfraktionell verzichtet worden. Ich darf Ihre Zustimmung dazu feststellen. — Es ist beantragt Überweisung an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten — federführend — und an den Ausschuß für Verteidigung und den Haushaltsausschuß — mitberatend —. Wer der Überweisung des Gesetzentwurfs an diese Ausschüsse zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das ist so beschlossen.
Damit, meine Damen und Herren, sind wir am Ende der heutigen Bundestagssitzung angelangt. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Freitag, den 20. Februar 1959, 9.00 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.