Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung spreche ich die Glückwünsche des Hauses aus dem Herrn Abgeordneten Lemmer zum 60. Geburtstag
und dem Herrn Abgeordneten Demmelmeier zum 71. Geburtstag.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 3. Mai 1958 gemäß § 33 Abs. 1 der Reichshaushaltsordnung eine Übersicht über die über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben im dritten Vierteljahr des Rechnungsjahrs 1957 — Drucksache 360 — übersandt, die nach Vereinbarung im Ältestenrat dem Haushaltsausschuß überwiesen wird. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Präsident des Bundesrechnungshofs als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung hat unter dem 28. April 1958 ein Gutachten über die Frage der Ressortierung der Forschungsfinanzierung erstattet, das im Archiv zur Einsichtnahme ausliegt.
Die Fraktion der FDP hat unter dem 30. April 1958 ihren Antrag betreffend Anwendung der Richtlinien über Ausweise für Schwerbeschädigte und Schwererwerbsbeschränkte auf Geschädigte im Sinne des Häftlingshilfegesetzes — Drucksache 331 — zurückgezogen.
Zur Tagesordnung gebe ich das Wort dem Herrn Abgeordneten Mommer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, auf die Tagesordnung von morgen, Donnerstag, als Punkt 1 die zweite und dritte Lesung des Gesetzentwurfs meiner Fraktion zur Volksbefragung wegen einer atomaren Ausrüstung der Bundeswehr zu nehmen. Wir haben diesen Antrag auch im Ältestenrat gestellt. Die Mitglieder der CDU im Ältestenrat haben sich unserem Antrag ohne Angabe von Gründen widersetzt. Wir sind neugierig, heute die Begründung dafür zu hören, warum dem Wunsche der antragstellenden Fraktion nicht entsprochen wurde.Dieses Vorgehen ist ungewöhnlich. Es wird völlig unverständlich, wenn man bedenkt, daß die Mehrheitsfraktion dieses Hauses bei der großen Aussprache in der ersten Lesung dieses Gestzentwurfs mit so viel Phatos die Verfassungswidrigkeit unseres Gesetzentwurfs behauptet hat. Die Logik der von dem Argument der Verfassungswidrigkeit Überzeugten geht ja dahin — sie ging auch in der CDU dahin —, daß man einen verfassungswidrigen Gesetzentwurf so schnell wie möglich töten müsse, daß man ihn nicht dem Ausschuß überweisen dürfe, sondern so schnell wie möglich in zweiter Beratung ablehnen müsse.Die Logik der innen- und außenpolitischen Machtpolitiker in der CDU-Fraktion war anders. Sie haben keinen Glauben an den Wert der verfassungsrechtlichen Argumente. Sie hatten gleich die Idee, die Fragen, die in aller Sachlichkeit und zu dem Punkt gestellt waren, um den es wirklich geht, nämlich die atomare Ausrüstung der Bundeswehr, nicht so zu lassen, sondern sie wollten den sozialdemokratischen Gesetzentwurf benutzen, um andere Fragen zu stellen, in denen das, worum es geht, die atomare Ausrüstung in der Bundesrepublik, völlig entfiele, um dafür eine demagogische Frage zu stellen etwa in dem Sinne, wie sie Herr Euler in der ersten Lesung hier vorgebracht hat
Dieser Plan ist gescheitert.Man hatte aber einen zweiten Plan. Er ging dahin, den Entwurf in den Ausschuß zu schicken, dann abzuwarten und, wenn das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsmäßigkeit solcher Befragungen feststellen sollte, die Umkehrung der Frage vorzunehmen.
Inzwischen hat sich die Bundesexekutive schon in Bewegung gesetzt. In Bayern läßt man die bayerische Polizei Haussuchungen gegen die Volksbefragung durchführen.
Der Herr Bundeskanzler hat ultimative Briefe an die Länderchefs von Hessen, Bremen und Hamburg geschrieben.
Und wir wissen, daß voraussichtlich am 15. Mai das Bundesverfassungsgericht angerufen werden wird.
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1516 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958
Dr. MommerNun, das Vertrauen in den Erfolg des Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht ist nicht sehr groß. Man muß die Behandlung unseres Wunsches, jetzt möglichst schnell eine Entscheidung über unseren Gesetzentwurf zu fällen, in diesem Zusammenhang sehen: wenn das anders ausgehen sollte, als es die Gläubigen in Ihrer Fraktion — gläubig in die verfassungsrechtlichen Argumente — annehmen, nun, dann könnte man ja den SPD-Entwurf zweckdienlich, CDU-dienlich zurechtstutzen.Die Antragsteller möchten, daß wir schnell zur Verabschiedung dieses Gesetzes kommen. Der Gegenstand Ihres Protestes an die Länderregierungen würde ja sogar entfallen, wenn wir hier zu einem positiven Beschluß über unseren Antrag kämen.Die Argumente, die Sie gegen die Verfassungsmäßigkeit unseres Entwurfs vorbringen, sind in jedem Falle falsch, und Sie glauben selbst nicht an sie!
Ich darf Ihnen ein inzwischen noch bekanntgewordenes Argument vor Augen führen. Hören Sie zu! Norwegen ist eine alte, repräsentative Demokratie. Auch dort sind Volksbegehren und Volksentscheid nicht in der Verfassung vorgesehen, und doch gibt es in diesem Land seit 1905 konsultative Volksbefragungen. Viermal in dieser Zeit hat sich das Storting dieses Recht genommen — und es ist verfassungsrechtlich anerkannt —, dem Volke Fragen in wichtigen Angelegenheiten zu stellen. Was dort möglich ist, ist genauso im Rahmen unseres Grundgesetzes möglich.Die Frage der atomaren Bewaffnung bewegt unser Volk, wie kaum je zuvor eine Frage es bewegt hat. Wir möchten, daß Sie sich mit uns dazu bereit finden, hier, wo die Kompetenz zur Befragung ohne Zweifel gegeben ist, das Volk zu befragen. Hier geht es wirklich nicht um irgend etwas, sondern, wie die Zukunft erweisen könnte, um die Frage von Sein oder Nichtsein.
Das Wort zur Geschäftsordnung. hat der Herr Abgeordnete Hoogen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst, Herr Kollege Mommer, zwei Bemerkungen. Nach welchen Verfahrensvorschriften wir unsere Gesetze verabschieden, richtet sich nicht nach norwegischem Recht, wie Sie uns soeben beispielhaft vorhalten zu müssen glaubten, sondern nach den Vorschriften unseres Grundgesetzes. Zum andern bin ich durchaus in der Lage, Ihre Neugierde zu befriedigen und Ihnen zu sagen, welche Argumente wir Ihren Argumenten und Ihrem Wunsch entgegenzusetzen haben, in diesen Tagen die zweite und dritte Beratung Ihres Gesetzentwurfes vorzunehmen.Am 18. April versuchte der Herr Abgeordnete und Kollege Professor Carlo Schmid, uns hier darzutun, daß die Verabschiedung des Gesetzentwurfes sehr eilig sei. Er sagte, die Tragweite des sozialdemokratischen Gesetzentwurfs gebiete eine unverzügliche Behandlung. Dasselbe haben Sie, Herr Kollege Mommer, heute gesagt. Man solle deshalb, so hat damals Herr Professor Schmid verlangt, den Entwurf noch am gleichen Tag, also am 18. April, behandeln und verabschieden, und er forderte uns emphatisch auf: Zögern Sie' nicht, handeln Sie rasch, handeln Sie noch heute! Wir haben Ihren Entwurf dann nicht ganz eine Woche später beraten, und zwar am 24. und am 25. April, und haben unsere verfassungsrechtlichen Bedenken vorgebracht.Einer aus Ihren Reihen war es, meine Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, der uns attestierte, daß man über die verfassungsrechtlichen Fragen durchaus verschiedener Meinung sein könne. Denn Herr Kollege Dr. Greve sagte damals wörtlich — ich zitiere aus dem Stenographischen Bericht —:Ich räume auch ein, daß man darüber verschiedene Rechtsauffassungen haben kann, ob der Entwurf verfassungsmäßig oder verfassungswidrig ist.Genau das ist es doch, was wir gesagt haben. Sie halten ihn für verfassungsgemäß, wir halten ihn für verfassungswidrig.Wir sind ferner der Meinung, daß wir mit diesem Gesetzentwurf völliges Neuland betreten. Auch dieser Ausdruck stammt nicht von mir, sondern von Herrn Kollegen Dr. Greve. Er hat nämlich hier gesagt — ich habe es mir hier in der ersten Bank angehört —:Ich gebe zu, es handelt sich hier für uns um staatsrechtliches Neuland.Meine Damen und Herren, was uns Herr Greve damals gesagt hat, das wußten wir schon vorher. Deswegen hatten wir uns in unserer Fraktion darauf geeinigt, daß wir einem Antrag auf Überweisung an den Rechtsausschuß zustimmen würden. Die Meinung war bei uns zunächst nicht ganz einheitlich, das haben Sie selbst vorgetragen, Herr Mommer; aber die Mehrheit unserer Fraktion — und der hat sich dann die ganze Fraktion angeschlossen — war der Auffassung, daß man sich angesichts der Schwierigkeit — der von Herrn Greve bescheinigten Schwierigkeit - der Materie im Ausschuß darüber unterhalten müsse. Am Schluß seiner Rede bat uns Herr Greve noch beschwörend — auch das habe ich mir angehört —, wir möchten doch zu der Erkenntnis kommen, daß das ein gutes Gesetz sei, spätestens bei den Beratungen im Rechtsausschuß, die diese Materie ja wohl erforderlich mache; so ungefähr drückte er sich aus.Wir konnten also davon ausgehen, daß Sie den Antrag stellen würden; das sagte Herr Greve am Schluß seiner Ausführungen. Einige Stunden später trat Herr Mommer hier auf und sagte: Wir gestatten uns, den Antrag nicht zu stellen. Ja, meine
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958 1517
HoogenDamen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion und Herr Kollege Mommer — insbesondere an Sie geht meine Frage —, ich gestatte mir, um mit Ihren eigenen Worten zu reden, Sie zu fragen, was Sie denn nun überhaupt wollen. Ist es eilig oder ist es nicht eilig?
— Nein, ich tue nicht nur so, Herr Mommer, ich habe Ihnen die Fakten entgegengehalten. Es wäre mir sehr angenehm, von Ihnen zu erfahren, welche Meinung Ihre Fraktion einheitlich oder jedenfalls mehrheitlich hat. Heute ist es wieder eilig. Sie hätten doch die Angelegenheit fördern können, wenn Sie den Ausschußüberweisungsantrag, von dem Herr Greve selber hier gesprochen hatte, gestellt hätten.
— Nein, das ist nicht unwahrhaftig, Herr Kollege Arndt. Das ist nicht unwahrhaftig.
— Was ich weiß, werde ich Ihnen gleich sagen, Herr Mommer. Die meiner Fraktion angehörenden Mitglieder des Rechtsausschusses wären bereit gewesen, Herr Kollege Arndt, die Sache in der vergangenen sitzungsfreien Woche im Rechtsausschuß zu behandeln. Wir hätten dann die Vorbereitungsarbeit geleistet gehabt, um in aller Gründlichkeit heute oder morgen hier die zweite Lesung durchführen zu können. Das ist das, was ich weiß, das, was wir wollen.
Meine Damen und Herren, angesichts der von Herrn Greve konzedierten Schwierigkeit werden Sie uns doch nicht übelnehmen, daß wir diese Vorarbeit im Rechtsausschuß leisten zu müssen glaubten.Jetzt werden wir die zweite Beratung — nicht heute oder morgen, denn Ihren Antrag lehnen wir ab —, die Einzelberatung, hier im Plenum ohne vorangegangene Beratung im Rechtsausschuß durchführen müssen.
Sie werden uns doch wohl einräumen, daß wir diese Verhandlungen vorbereiten wollen, und zwar wollen wir sie sehr gründlich vorbereiten.
Aber auch noch aus einem politischen Grunde lehnen wir die zweite Beratung in der Sitzung morgen ab. In der Debatte ist uns insbesondere von Herrn Professor Schmid gesagt worden, daß die Volksbefragung keine rechtlich verbindliche Wirkung, aber eine moralische Bedeutung haben solle. Das verstehen wir. Die Verantwortung — haben Sie weiter gesagt — liege nach wie vor beim Parlament, Also — das ist doch wohl die Konsequenz aus Ihrer Argumentation — äußere sich die Wählerschaft ohne Übernahme der Verantwortung. Die Wählerschaft wird also aufgefordert, ihre Meinung zu sagen, und es wird ihr dabei gesagt: Eine Verbindlichkeit hat diese deine Entscheidung nicht; du kannst ohne Verantwortung entscheiden, denn die Verantwortung liegt beim Bundestag.
Meine Damen und Herren, diesen Appell an die Verantwortungslosigkeit machen wir nicht mit.
Deshalb lehnen wir Ihren heutigen Antrag ab.
Herr Abgeordneter Hoogen, wenn ich Sie recht verstanden habe, widersprechen Sie dem Antrag des Abgeordneten Mommer.
Ich lasse abstimmen über den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Mommer, die zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Volksbefragung auf die Tagesordnung der morgigen Sitzung zu nehmen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zur Tagesordnung.Ich möchte das Haus bitten, den Punkt 9 vorzuziehen und als Punkt 3 der Tagesordnung zu behandeln. Ich bin gezwungen, nachher den Vorsitz abzugeben, weil ich als Präsident des Bundestags den türkischen Staatspräsidenten mit empfangen soll, und ich würde gern bei der Beratung dieser von mir eingebrachten und vertretenen Vorlage auch präsidieren. Ich nehme an, das Haus ist einverstanden. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.Punkt 1 der Tagesordnung: Fragestunde
Frage 1 — des Abgeordneten Priebe — betreffend Jugendorganisation „Jungsturm" und vormilitärische Ausbildung:Ist der Bundesregierung bekannt, daß unter der Bezeichnung „Jungsturm" in gewissen Gegenden, vor allem wohl in Niedersachsen, eine Jugendorganisation aufgebaut wird, die sich mit vormilitärischer Ausbildung und militärischen Geländespielen befaßt, wobei z. B. in Wieren, Kr. Uelzen, in den Ostertagen als Lage angenommen war, daß sich deutsche Truppen gegen englische Soldaten und brandschatzende zivile Ausländer zu wehren hätten?Billigt die Bundesregierung die Entstehung eines „werwolf"-artigen Jugendverbandes?Trifft es zu, daß dieser Verband von der Bundeswehr oder von Angehörigen der Bundeswehr gefördert wird?Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundesministerium des Innern.
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1518 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Frage 1 beantworte ich namens der Bundesregierung wie folgt:
Die Jugendorganisation „Jungsturm" wurde 1897 gegründet, 1933 aufgelöst und 1954 wieder errichtet. Sie will nach ihrer Satzung der Körperertüchtigung der deutschen Jugend dienen und die im Jahre 1933 unterbundene Jugendpflegearbeit wieder aufnehmen, ohne parteipolitische oder religiöse Ziele zu verfolgen.
Im Jahre 1956 hat sich der „Jungsturm" korporativ dem „Deutschen Jugendbund Kyffhäuser" im Kyffhäuserbund e. V. angeschlossen. Ideologisch dürfte der „Jungsturm" dem „Stahlhelm" nahestehen. Er ist bisher kaum in Erscheinung getreten und zählt im ganzen Bundesgebiet etwa 200 Mitglieder.
Wegen der Betätigung der Gruppe Wieren des „Jungsturm", die etwa 20 Mitglieder haben soll, bitte ich Sie, Herr Abgeordneter, sich an die hierfür zuständige niedersächsische Landesregierung zu wenden.
Der „Jungsturm" wird weder vom Bundesministerium für Verteidigung noch von Stellen der Bundeswehr gefördert. Von einer Unterstützung der Organisation durch Angehörige der Bundeswehr ist nichts bekannt. Das Bundesministerium für Verteidigung ist an vormilitärischer Ausbildung nicht interessiert.
Daß die Bundesregierung die Entstehung von „werwolfartigen" Jugendverbänden in keiner Weise billigen würde, bedarf keiner Betonung.
Keine Zusatzfrage. — Frage 2 ist zurückgezogen.
Frage 3 — des Herrn Abgeordneten Ritzel — betreffend den Schutz des weißen Storches.
Ich verstehe nicht, meine Damen und Herren, was da zu lachen ist; entschuldigen Sie. Das ist eine todernste Sache, es handelt sich um eine Frage des Naturschutzes. Der Präsident dieses Hauses ist dem Abgeordneten dankbar, der diese Frage hier aufwirft.
Ist die Bundesregierung bereit, im Interesse der Erhaltung des weißen Storches und zur Verhinderung eines weiteren Rückgangs der Zahl der Störche
a) ein internationales Verbot des Abschusses von Störchen anzustreben,
c) im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und in Verbindung mit den einzelnen Bundesländern Maßnahmen zu ergreifen bzw. zu fördern, die geeignet sind, das Leben der noch in der Bundesrepublik festzustellenden Brutbestände der Störche durch Schaffung geeigneter Brutstätten, soweit hiernach Bedarf besteht, und durch möglichste Erhaltung der Ernährungsgrundlage der Störche zu sichern?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage 3 darf ich wie folgt beantworten.
Die Deutsche Sektion des Internationalen Komitees für Vogelschutz wird bei der Konferenz dieses Komitees im Sommer 1958 in Helsinki folgende Empfehlung geben, die an die Staatsregierungen in Europa und Afrika weitergeleitet werden soll: „Der Abschuß des weißen Storchs in Europa und, soweit überhaupt zu erreichen, auch in Afrika ist durch internationalen Beschluß ab sofort ausnahmslos zu verbieten." Gleichzeitig ist geplant, von deutscher Seite im Internationalen Jagdrat und in der Internationalen Naturschutzvereinigung konkrete Vorschläge für Schutzmaßnahmen zur Erhaltung des weißen Storches zur Diskussion zu stellen.
Die Deutsche Sektion wird auf der genannten Konferenz dem Internationalen Komitee für Vogelschutz folgenden Vorschlag unterbreiten: „Die Weltorganisation des Internationalen Komitees für Vogelschutz sollte unverzüglich mit den einschlägigen Forschungsstellen Verbindung aufnehmen mit dem Ziel, die chemischen Pflanzenschutzmaßnahmen durch geeignete biologische Bekämpfungsverfahren gegen Schadinsekten zu ersetzen. Weiterhin sollte die chemische Industrie selektive Insektenbekämpfungsmittel zusammenstellen, die für warmblütige Tiere, in der Hauptsache für die in Betracht kommenden Vögel, ungefährlich sind." In der Bundesrepublik arbeitet an dieser spezifischen Aufgabe bereits die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft.
Bei der Internationalen Vogelschutzkonferenz in Südafrika im Juli 1957 wurde dem Antrag des Delegierten der deutschen Sektion stattgegeben, in allen Brutgebieten des weißen Storchs im Jahre 1958 eine Bestandsaufnahme zu machen. Diese Bestandsaufnahme ist in der Bundesrepublik Deutschland bereits eingeleitet worden.
Auf Grund des Ergebnisses dieser Bestandsaufnahme sollen in Gebieten, wo ein Rückgang der Zahl der Störche festgestellt ist, die für seine Vermehrung oder Wiederansiedlung geeigneten Maßnahmen entwickelt werden. Beabsichtigt sind Aufrufe an die Bevölkerung, neue Brutgelegenheiten einzurichten und die vorhandenen Brutgelegenheiten instand zu halten. Die Vogelwarten Helgoland und Radolfzell werden außerdem Aufrufe an die Verbände der ornithologischen Wissenschaft und des Naturschutzes erlassen, um zweckentsprechende Maßnahmen zu fördern und die Brutvorkommen bis zum Ausfliegen der Jungstörche zu beaufsichtigen.
Die Bundesregierung wird auf allen ihr zugänglichen Wegen für die Erhaltung des weißen Storches eintreten.
Eine Zusatzfrage!
Ist es richtig, Herr Staatssekretär, daß weiße Störche auch in europäischen Ländern abgeschossen werden, und kann gesagt werden, ob die Regierungen dieser Länder, die ich nicht mit Namen nennen möchte, um ihr Ansehen in der öffentlichen Meinung zu schonen, ihrerseits gesetzgeberische Maßnahmen oder mindestens Maßnahmen auf dem Verordnungswege eingeleitet haben, um dieser Seuche, dem Abschuß von weißen Störchen, zu begegnen?
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958 1519
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir haben spärliche, schwer nachprüfbare Nachrichten, und diese Nachrichten veranlassen uns — ich darf es wiederholen —, auf der Konferenz des Internationalen Komitees für Vogelschutz zu beantragen, daß der Abschuß des weißen Storchs in Europa und, soweit das erreichbar ist, in Afrika unter Verbot gestellt wird.
Eine zweite Zusatzfrage!
Darf ich das so verstehen, Herr Staatssekretär, daß bis jetzt in den Ländern, die im Verdacht stehen, daß auf ihrem Gebiet weiße Störche abgeschossen werden, Regierungsmaßnahmen und gesetzgeberische Maßnahmen diesem Abschuß nicht entgegenstehen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das ist mir im einzelnen nicht bekannt; aber wir hoffen, durch diesen Antrag eine Klärung zu erreichen, und zwar in dem Sinne, daß ein Verbot da erlassen wird, wo es bisher nicht besteht.
Danke sehr!
Frage 4 — Herr Abgeordneter Diel — betreffend Entschädigung der Reparations- und Restitutionsgeschädigten durch den Bund:
Wann gedenkt der Herr Bundesfinanzminister berechtigte Ansprüche der Reparations- und Restitutionsgeschädigten auf Schadloshaltung durch den Bund hinsichtlich der Entziehung von rechtmäßigem oder gutgläubig nach Treu und Glauben erworbenem Besitz zu erfüllen?
Kann der Herr Bundesfinanzminister einen Zeitpunkt der Befriedigung solcher „Reparations- und Restitutionsansprüche" bezeichnen?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Regelung der von Herrn Abgeordneten Diel gestellten Frage, in welcher Form eine Abgeltung der hier erwähnten Schäden erfolgen soll, ist nach § 3 des Allgemeinen Kriegsfolgenschlußgesetzes dem Gesetzgeber vorbehalten worden.
Der Abgeordnete Diel will wissen — so verstehe ich jedenfalls die vorgelegte Frage —, wann mit einer Einbringung der entsprechenden Gesetze durch die Bundesregierung zu rechnen ist. Lassen Sie mich hierzu offen folgendes sagen.
Ich bin mir der Bedeutung des von Herrn Abgeordneten Diel aufgeworfenen Problems in vollem Umfange bewußt. In meinem Hause finden zur Zeit Untersuchungen darüber statt, wie und in welchem Umfange die vorerwähnte Gesetzgebung eingeleitet werden kann. Die Arbeiten befinden sich aber im Anfangsstadium. Wie ich hier offen bemerken möchte, war ich durch Aufgaben, die bei der Übernahme meines Amies auf mich zukamen, insbesondere durch die Steuerreform und den Bundeshaushalt, stark in Anspruch genommen und mußte mich zunächst diesen Aufgaben zuwenden. Ich kann mich daher erst jetzt mit der Problematik befassen, auf die Herr Abgeordneter Diel hingewiesen hat.
Ich hoffe, Herr Abgeordneter Diel, daß ich die Frage in Kürze unmittelbar beantworten kann.
Zusatzfrage? — Keine Zusatzfrage.
Frage 5 — des Herrn Abgeordneten Dr. Görgen — betreffend nichtbefriedigte Ansprüche auf Grund des Bundesentschädigungsgesetzes:
Wie viele Antragsteller nach dein Bundesentschädigungsgesetz sind seit Inkrafttreten dieses Gesetzes verstorben, ohne daß ihre Ansprüche befriedigt werden konnten?
Wie hoch belaufen sich diese nicht befriedigten Ansprüche nach den Schätzungen des Bundesfinanzministeriums?
Wie groß ist der Prozentsatz der nach dem BEG gestellten Anträge, die durchschnittlich abgelehnt werden,
a) insgesamt
b) in den einzelnen Ländern?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister der Finanzen.
Das Bundesentschädigungsgesetz wird von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt. Die Bundesregierung verfügt daher über statistische Angaben über die Durchführung des Gesetzes nur insoweit, als ihr diese von den Ländern zur Verfügung gestellt werden. Die von den Ländern vierteljährlich vorgelegten Statistiken enthalten keine Angaben darüber, wie viele Verfolgte seit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Oktober 1953 verstorben sind, ohne daß ihre Ansprüche befriedigt werden konnten. Die Länder selbst führen eine derartige Statistik nicht. Es kann daher auch nicht schätzungsweise angegeben werden, wie hoch insgesamt die infolge des Todes von Verfolgten nicht befriedigten Ansprüche sind. Für den Bund und die Länder entsteht dadurch übrigens keine Entlastung, da die Ansprüche nach dem BEG, wenn der Verfolgte nach dem Inkrafttreten des Gesetzes verstorben ist, grundsätzlich frei vererblich sind.
Aus der Vierteljahresstatistik der Länder ergibt sich, daß in der Zeit vom 1. Juli 1956, dem Zeitpunkt der Verkündung der Novelle zum BEG, bis zum 31. Dezember 1957 im Bundesdurchschnitt auf etwa 270 000 zuerkannte Ansprüche rund 75 000 Ablehnungen = rund 22 % entfallen. Bei den einzelnen Ländern stellt sich dieses Verhältnis wie folgt dar: Baden-Württemberg 26 % Bayern 28 %, Bremen 6 %, Hamburg 13%, Hessen 16%, Niedersachsen 38 %, Nordrhein-Westfalen 25 %, Rheinland-Pfalz 8 %, Schleswig-Holstein 54 % und Berlin 13 %.
.Keine Zusatzfrage.Meine Damen und Herren, ich ziehe die Frage 15 vor, weil der Herr Abgeordnete Ritzel im Haushaltsausschuß; der leider tagen muß, benötigt wird.
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1520 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958
Präsident D. Dr. GerstenmaierFrage 15 des Herrn Abgeordneten Ritzel betreffend Ersatz des Schienenverkehrs durch Omnibusse bei der Bundesbahn:Billigt die Bundesregierung die teilweise recht rücksichtslose Art, mit der die Deutsche Bundesbahn in wirtschaftlich wichtigen Gebieten den bisherigen Schienenverkehr durch Einsatz von Omnibussen auf die Straße verlegt?Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, uma) der damit zum Nachteil der Verkehrsteilnehmer verbundenen Verteuerung des Verkehrs entgegenzuwirken,b) der drohenden weiteren Steigerung der Unfallgefahren zu begegnen,c) die wirtschaftliche Schädigung der Fahrgäste durch Verkehrsverzögerungen im Winter zu vermeiden?Billigt die Bundesregierung die Verlegung des Verkehrs von der Schiene auf die Straße beispielsweise auf der Strecke Weinheim—Worms trotz der durchaus ungenügenden Straßenverhältnisse?Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Verkehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf die Frage wie folgt beantworten.
Die Bundesregierung wird niemals Fälle billigen können, in denen seitens der Deutschen Bundesbahn bei Ersatz des Schienen-Personen-Verkehrs durch Omnibusverkehr etwa rücksichtslos verfahren wird. Ich kann mir aber nicht denken, daß überhaupt eine Möglichkeit zu einem solch rücksichtslosen Vorgehen der Bundesbahn gegeben wäre, weil in jedem solchen Fall die Deutsche Bundesbahn entsprechend einer Vereinbarung, die 1948 mit den Länderregierungen getroffen worden ist, zuerst die Zustimmung der obersten Landesverkehrsbehörde einzuholen hat. Das Land muß aber noch die beteiligten örtlichen Stellen einschließlich der Träger der Straßenbaulast anhören, bevor es seinerseits das Einvernehmen mit der Umstellung erklärt. Mir ist bisher kein Fall bekanntgeworden, in dem die Bundesbahn auf diese ausdrückliche Zustimmung der Landesbehörde verzichtet und einen Schienenersatzverkehr auf der Straße ohne Einvernehmen mit der Landesbehörde eingerichtet hätte.
Die Einrichtung eines Schienenersatzverkehrs bringt gegenwärtig keine wesentliche Verteuerung der Fahrpreise mit sich. Der Regelfahrpreis beläuft sich bei beiden Verkehrsmitteln auf 7,5 Pf je km. Die Zeitkartenpreise liegen seit dem 1. April 1958 nur noch etwa 10 % über den vergleichbaren Preisen der Schiene. Der Preisunterschied wird aber häufig durch einen etwas kürzeren Fahrweg der Omnibusse wettgemacht. Dazu kommt noch eine meist bessere Verkehrsbedienung; denn es wird bei der Omnibusbedienung neuzeitliches Wagenmaterial eingesetzt. Die Haltestellen sind zahlreicher und liegen im allgemeinen günstiger zu den Mittelpunkten der Ortschaften.
Im Omnibuslinienverkehr der Bundesbahn haben sich bisher erfreulicherweise wenig Unfälle ereignet. Für die Omnibusreisenden sehe ich daher in einem solchen Omnibusverkehr keine besonderen zusätzlichen Gefahren. Allerdings wird durch den Omnibusverkehr der Verkehr auf den befahrenen Straßen dichter, und damit wird indirekt die Unfallgefahr für die übrigen Verkehrsteilnehmer erhöht.
Im Winter sind bei starkem Schneefall oder Glatteis alle Verkehrsmittel mehr oder minder behindert.
Sollte im Einzelfall, z. B. bei einer Vereisung der Straßen, der Omnibusverkehr zum Erliegen kommen, werden Ersatzfahrten auf der Schiene durchgeführt werden.
Die Strecke von Weinheim nach Worms weist einen sehr schwachen Verkehr auf. Im Abschnitt Lampertheim—Weinheim sind die Züge so schwach besetzt, daß der Verkehr mit einem oder zwei Omnibussen bewältigt werden kann. Nur ein einzelner Zug weist eine Durchschnittsbesetzung von 110 Personen auf. Die Verluste dieser Strecke betragen jährlich 174 000 DM. Sie könnten durch die Umstellung auf Omnibusverkehr um rund 100 000 DM gemindert werden. Außerdem werden aber gleichzeitig verschiedene abseits der Schiene gelegene Orte neu an das Netz der Bundesbahn angeschlossen werden können. In Worms, Viernheim und Lampertheim, wo die Bahnhöfe ungünstig zu den Ortschaften liegen, werden mehrere gut erreichbare Omnibushaltestellen eingerichtet werden können. Die zu befahrende Straße ist eine Landstraße I. Ordnung. Es ist mir mitgeteilt worden, daß sie sich in gutem Zustand befindet. Eine wesentliche Mehrbelastung dieser Straße tritt nicht ein, zumal ein Teil der geplanten acht Hin- und Rückfahrten in den verkehrsschwachen Zeiten durchgeführt wird.
Die oberste Landesverkehrsbehörde hat zu dem Ansuchen der Deutschen Bundesbahn bisher noch nicht Stellung genommen. Sollte sie dem Antrag der Deutschen Bundesbahn zustimmen, werde ich auch meinerseits keine Bedenken gegen das Vorhaben der Deutschen Bundesbahn haben.
Im übrigen habe ich den Präsidenten der Bundesbahndirektion Frankfurt, Herrn Unverzagt, gebeten, daß er sich mit Ihnen in Verbindung setzen möge, um all die Fragen, die hier vielleicht nicht beantwortet werden können, direkt zu erledigen.
Eine Zusatzfrage!
Ist Ihnen bekannt, Herr Bundesverkehrsminister, daß die Bundesbahndirektion Frankfurt beabsichtigt, den Bahnbetrieb auf dieser Strecke für den Güterverkehr aufrechtzuerhalten? Ist Ihnen bekannt, daß mit der Verlegung des Personenverkehrs von der Schiene auf die Straße eine weitere Belastung der Straße entsteht, die sich auch in diesem Abschnitt unerträglich auszuwirken beginnt? Und ist Ihnen bekannt, Herr Minister, daß im ganzen gesehen die Bevölkerung der betroffenen Orte — ich nenne Ihnen die Arbeiterwohnsitzgemeinden Lampertheim und Viernheim — mit dieser Regelung durchaus nicht einverstanden und noch weniger zufrieden ist?
Ich hoffe, Herr Kollege Ritzel, daß die Bevölkerung diese Auffassungen der Landesregierung mitteilt und daß dann die oberste Landesverkehrsbehörde entsprechend Stellung nimmt. Auch würde es Angelegenheit der obersten Landesverkehrsbehörde sein, zu prüfen, ob auf dieser Landstraße T. Ordnung der
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958 1521
Bundesverkehrsminister Dr.-Ing. Seebohmzusätzliche Verkehr mit den Bahnomnibussen noch aufgenommen werden könnte. Naturgemäß gibt es viele Fälle, in denen wir den Personenverkehr durch Omnibusse auf die Straße verlegen, aber den Güterverkehr mit Rücksicht auf bestimmte Betriebe aufrechterhalten und trotzdem sehr erhebliche Einsparungen erzielen. Das liegt im Sinne der Rationalisierungsmaßnahmen bei der Bahn ganz allgemein. Ich habe aber bei der Bundesbahn darum gebeten, das ganze Netz erneut durchzuprüfen und alle Fälle zusammenzustellen, in denen sie solche Vorhaben hat, damit wir uns einmal ein Gesamtbild über diese Probleme machen können. Wir müssen das prüfen; denn wir werden ja immer wieder dazu aufgefordert, für eine stärkere Rationalisierung und damit einen besseren Verkehrsertrag der Deutschen Bundesbahn zu sorgen. Aus diesem Grunde allein werden ja solche Überlegungen angestellt.
Eine weitere Zusatzfrage!
Würden Sie bereit sein, Herr Bundesverkehrsminister, bei der Prüfung dieser Frage auch die Tatsache zu berücksichtigen, daß eine Ersparnismaßnahme zugunsten der Bundesbahn zu einer Verteuerung auf dem Gebiete der Unterhaltung der bestehenden Landstraßen I. Ordnung und der Bundesstraßen führt?
Das ist durchaus möglich. Deswegen wird ja die oberste Landesverkehrsbehörde ausdrücklich gefragt. Ihr würde es obliegen, diese Grundsätze bei der Auseinandersetzung mit der Bundesbahn vorzuklären und darauf aufmerksam zu machen. Das müßte aber naturlich im einzelnen geprüft werden. Sie wissen, Herr Kollege Ritzel, daß ich immer darauf hingewiesen habe, daß es nicht zweckmäßig ist, Schienenverkehr stillzulegen, um dadurch in verstärktem Maße Ausbaukosten auf der Straße hervorzurufen.
Frage 6 — Herr Abgeordneter Döring — betreffend Beschädigtenausweise für geh- und stehbehinderte Beschädigte:
Ist der Herr Bundesinnenminister bereit, durch Ergänzung der Richtlinien über Ausweise für Schwerbeschädigte und Schwererwerbsbeschränkte vorn 3. August 1957 die Ausgabe von Beschädigtenausweisen an geh- und stehbehinderte Beschädigte, deren Beschädigungs- oder Erwerbsbeschränkungsgrad geringer als 50 % ist, zu ermöglichen, damit auch Angehörige dieses Personenkreises in den öffentlichen Verkehrsmitteln und hei Behörden sich ausweisen können, um bevorzugt Sitzplätze zu erhalten oder bevorzugt abgefertigt zu werden?
Ist der Herr Bundesminister bereit, für die Bundesbehörden anzuordnen und bei den Behörden der Länder und Gemeinden und den öffentlichen Verkehrsmitteln darauf hinzuwirken, daß die Inhaber der neuzuschaffenden Ausweise entsprechend bevorzugt werden?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundesministerium des Innern.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Antwort lautet: Da die Richtlinien über Ausweise für Schwerbeschädigte und Schwererwerbsbeschränkte nicht vom Bundesministerium des Innern erlassen, sondern auf Grund einer Vereinbarung zwischen den zuständigen obersten Landesbehörden zustande gekommen sind, kann auch eine etwaige Änderung und Ergänzung nur auf dem gleichen Wege erfolgen.
Bei den seinerzeit geführten Besprechungen mit den Ländern glaubte man auf die Einführung eines Ausweises für Minderbeschädigte verzichten zu sollen, weil zu befürchten wäre, daß die Vielzahl der dann vorhandenen Ausweise die vor allem den schwerer Beschädigten zugedachte Hilfe beeinträchtigen würde. Ich bin aber bereit, die aufgeworfene Frage bei nächster Gelegenheit nochmals mit den Ländern und den Verkehrsträgern, die besondere Sitzplätze und Abteile dann auch für geh- und stehbehinderte Minderbeschädigte bereithalten müßten, zu erörtern. Sollte ein Ausweis auch für bestimmte Gruppen Minderbeschädigter für erforderlich gehalten werden, würde die Empfehlung, Schwerbeschädigte und Schwererwerbsbeschränkte vor Amtsstellen bevorzugt abzufertigen, auch auf die Inhaber der neu zu schaffenden Ausweise erstreckt werden.
Keine Zusatzfrage. Frage 7 ist zurückgestellt.
Frage 8 — Herr Abgeordneter Wienand — betreffend eine Zusatzvereinbarung zu dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik und den Niederlanden über Sozialversicherung:
Wann ist damit zu rechnen, daß die Fünfte Zusatzvereinbarung zu dein Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über Sozialversicherung vom 29. März 1951, unterzeichnet am 21. Dezember 1956, dem Parlament zur Zustimmung vorgelegt wird?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.
Nach der Fünften Zusatzvereinbarung vom 21. Dezember 1956 zum deutsch-niederländischen Abkommen über Sozialversicherung sind Renten aus den Unfallversicherungen und Rentenversicherungen der beiden Staaten, die für Zeiten zwischen dem 31. Januar 1946 und dem 1. September 1949 geschuldet werden, an die beiderseitigen Staatsangehörigen nachzuzahlen, die sich in den beiden Vertragsstaaten aufhalten. Diese Regelung kommt in erster Linie Deutschen zugute, die sich nach dem Zusammenbruch aus den Niederlanden in die Bundesrepublik begeben haben.Ebenfalls am 21. Dezember 1956 wurde eine Vierte Zusatzvereinbarung zum deutsch-niederländischen Abkommen über Sozialversicherung unterzeichnet. Sie betrifft die Versicherungszeiten, die während des zweiten Weltkrieges von niederländischen Staatsangehörigen in den deutschen Rentenversicherungen zurückgelegt worden sind. Diese Zeiten sind nach der Vereinbarung so zu behandeln, als wären sie in der niederländischen Rentenversicherung zurückgelegt worden, und damit von den niederländischen Versicherungsträgern zu übernehmen. Zum Ausgleich ist von deutscher Seite ein Pauschbetrag in Höhe des DM-Gegenwertes von 20 Millionen holländischen Gulden zugunsten der niederländischen Rentenversicherung zu zahlen.
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1522 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958
Bundesarbeitsminister BlankDie beiden Vereinbarungen stehen miteinander naturgemäß in engem politischem und psychologischem Zusammenhang. Diesen hat die niederländische Seite vor und nach der Unterzeichnung der beiden Vereinbarungen immer wieder unterstrichen. Dabei hat sie stets erkennen lassen, daß sie die Fünfte Zusatzvereinbarung als niederländische Leistung und die Vierte Zusatzvereinbarung als deutsche Gegenleistung ansieht. Die Fünfte Zusatzvereinbarung wird daher, obwohl die Frage ihrer Erstreckung auf das Saarland inzwischen geklärt werden konnte, den gesetzgebenden Körperschaften zusammen mit der Vierten Zusatzvereinbarung vorgelegt werden müssen.In bezug auf diese Vierte Zusatzvereinbarung ergab sich eine Verzögerung dadurch, daß die im Zustimmungsgesetz festzulegende Verteilung des an die Niederlande zu zahlenden Pauschbetrages zwischen Bund und Versicherungsträgern Schwierigkeiten bereitete, weil statistisches Material über die Zusammensetzung der während des Krieges in Deutschland beschäftigt gewesenen niederländischen Arbeitnehmer — aufgegliedert nach der Zugehörigkeit zu den verschiedenen Versicherungszweigen - nicht beschafft werden konnte.Nachdem für die zu treffenden Regelungen nunmehr eine Lösung gefunden ist, werden die beiden Vereinbarungen in wenigen Wochen gemeinsam dem Parlament vorgelegt werden können.
Zusatzfrage? — Keine Zusatzfrage.
Frage 9 — Herr Abgeordneter Conrad — betreffend Einbeziehung des Saarlandes in die Unternehmungen des Statistischen Bundesamtes:
Ist die Bundesregierung bereit, zur statistischen Durchleuchtung der Eingliederungsprobleme das Saarland in die Unternehmungen des Statistischen Bundesamts einzubeziehen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Innenministerium.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Antwort lautet:
Die im Saarland laufenden statistischen Erhebungen werden sachlich und methodisch den entsprechenden Bundesstatistisken angepaßt. Die Anpassung ist so weit fortgeschritten, daß bereits ein großer Teil der in den übrigen Bundesländern erhobenen Bundesstatistiken auch im Saarland durchgeführt wird.
Die weitere Rechtsangleichung hängt davon ab, daß das Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke vom 3. September 1953 im Saarland eingeführt wird. Hierfür ist wegen der im Saarland geltenden Frankenwährung ein Gesetz notwendig; es wird zur Zeit vorbereitet. Nach der Einführung des Bundesgesetzes sollen alle die Bundesstatistiken auf das Saarland erstreckt werden, die mit dem während der Übergangszeit nach Art. 3 des Saarvertrages geltenden Recht vereinbar sind.
Aus diesen Statistiken werden sich die notwendigen Erkenntnisse für die Bewertung der Eingliederungsprobleme ergeben.
Eine vollständige Übersicht der im Saarland durchgeführten Bundesstatistiken mit ihren Ergebnissen wird dem im Juli 1958 erscheinenden Statistischen Jahrbuch zu entnehmen sein.
Eine Zusatzfrage?
Wird das von Ihnen, Herr Staatssekretär, angezogene, in Vorbereitung befindliche Gesetz dem Saarländischen Landtag zur Verabschiedung vorgelegt, oder werden Sie es hier im Bundestag vorlegen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Dieses Gesetz wird dem Bundestag vorgelegt werden.
Danke schön!
Frage 10 — Herr Abgeordneter Meyer — betreffend Altersversorgung der Bezirksschornsteinfegermeister:
Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung getroffen oder vorbereitet. um den mit Schreiben vom 25. November 1957 an den Herrn Bundeskanzler zum Ausdruck gebrachten Wünschen des ,,Rentnerschutzbundes der ehemaligen Bezirksschornsteinfegermeister" in bezug auf die Verbesserung der Altersversorgung dieses Berufsstandes nachzukommen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Rentnerschutzbund ist durch seinen Vorsitzenden und mehrere seiner Mitglieder wiederholt mit dem Wunsch an die Bundesregierung herangetreten, die Versorgung der früheren Bezirksschornsteinfegermeister zu verbessern. Diesem Wunsche konnte aber in dem begehrten Ausmaße nicht entsprochen werden.Art und Höhe der Versorgungsleistungen bestimmen sich nach der Satzung der Versorgungsanstalt deutscher Bezirksschornsteinfegermeister, und Satzungsänderungen werden von dem aus Mitgliedervertretern zusammengesetzten Verwaltungsrat der Versorgungsanstalt beschlossen. Der Bundesminister für Wirtschaft kann die Satzung nur im Rahmen von Gesundungsmaßnahmen ändern, wenn sich bei der Prüfung der Geschäftsführung und Vermögenslage der Versorgungsanstalt ergeben sollte, daß diese auf die Dauer nicht imstande ist; ihre Verpflichtungen zu erfüllen.Rentenerhöhungen müßten bei der augenblicklichen angespannten finanziellen Lage der Anstalt erhöhte Aufwendungen der aktiven Bezirksschornsteinfegermeister mit sich bringen. Das Ruhegehalt eines Bezirksschornsteinfegermeisters beläuft sich nach wiederholten Erhöhungen zur Zeit jährlich auf 4200 DM, während das satzungsgemäße Ruhegeld von 1937 bis 1951 jährlich 2000 Mark — Reichsmark bzw. D-Mark — betrug. Witwen- und Waisengeld sind in den letzten Jahren prozentual noch stärker erhöht worden. Die Alters- und Hinterbliebenenver-
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958 1523
Dr. Westricksorgung der Bezirksschornsteinfegermeister liegt damit wesentlich höher als die Altersversorgungsleistung, die die übrigen Handwerker erhalten.Ich habe gleichwohl den Zentralinnungsverband des Schornsteinfegerhandwerks als den berufenen Fürsprecher dieses Handwerks um eine Stellungnahme zu den vom Rentnerschutzbund angestrebten weiteren Rentenverbesserungen ersucht. Eine Antwort steht noch aus.
Keine Zusatzfrage.
Frage 11 — Herr Abgeordneter Rohde — betreffend Tagung des Beirats für die Neuordnung der sozialen Leistungen:
Wann hat der Beirat für die Neuordnung der sozialen Leistungen, der bei dem Bundesarbeitsministerium besteht, zum letztenmal getagt?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Beirat hat zuletzt am 8. April 1957 in Bonn getagt. Im Gegensatz zum Beirat haben die drei Arbeitsausschüsse für Fragen der Fürsorge, für Fragen der Krankheitsbekämpfung und für Grundsatzfragen regelmäßig alle vier bis sechs Wochen getagt.
Eine Zusatzfrage? — Bitte!
Herr Minister, besteht die Absicht, den Beirat in absehbarer Zeit einzuberufen, damit er die Arbeitsergebnisse der Ausschüsse behandeln kann und, wenn sie im Plenum des Beirats geprüft worden sind, der Bundestag sowie die interessierte Öffentlichkeit von den Beratungen dieser Arbeitsausschüsse unterrichtet werden können?
Der Zeitpunkt künftiger Sitzungen des Beirats hängt von dem Abschluß der Arbeiten in den Ausschüssen für Fürsorgefragen und für Fragen der Krankheitsbekämpfung ab.
Frage 12 -Herr Abgeordneter Dr. Dittrich — betreffend § 65 des Arbeitslosenversicherungsgesetzens:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Neuregelung der Versicherungsfreiheit bei einer Beschäftigung von Abkömmlingen, Stief- und Pflegekindern oder deren Ehegatten gemäß I 65 AVAVG insbesondere im Baugewerbe zu großen Härten geführt hat?
Beabsichtigt die Bundesregierung, ein Änderungsgesetz zum AVAVG in dieser Hinsicht einzubringen?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Ausdehnung der seit 1931 bestehenden Arbeitlosenversicherungsfreiheit von Beschäftigungen bei Abkömmlingen auf Versicherungen von Abkömmlingen durch die Einfügung des § 65 Abs. 2 AVAVG zu einer Reihe von Beschwerden, insbesondere aus dem Baugewerbe, geführt hat. Mit solchen Beschwerden war selbstverständlich von vornherein insoweit zu rechnen, als bisher Eltern, Voreltern usw. ihre bei ihnen beschäftigten Abkömmlinge regelmäßig nach Saisonende zu entlassen pflegten, urn sie nach Bezug von Arbeitslosengeld wieder in ihren Betrieb aufzunehmen.
Folgende meines Erachtens richtigen Erwägungen bildeten die Grundlage für die Freistellung der Beschäftigungen von Abkömmlingen von der Arbeitslosenversicherungspflicht: 1. Das Vorliegen echter Arbeitslosigkeit ist bei familienhaften Bindungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in aller Regel nicht mit Sicherheit festzustellen. 2. Ein Arbeitsverhältnis zwischen Eltern, Voreltern usw. und Abkömmlingen sollte aus familienethischen Grundsätzen so gesichert sein, daß es eines Versicherungsschutzes für den Fall der Arbeitslosigkeit hier nicht bedarf.
Außerhalb der Wirtschaftszweige mit saisonüblicher Arbeitslosigkeit ist die Versicherungsfreiheit von Abkömmlingen offenbar gutgeheißen worden.
Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, einen Antrag auf Änderung des § 65 Abs. 2 AVAVG einzubringen.
Von Ausnahmen abgesehen, haben in Saisonbetrieben beschäftigte Abkömmlinge bei Bedürftigkeit zur Zeit noch wegen Vorbezuges von Arbeitslosengeld auf Grund der früheren Versicherungspflicht bis auf weiteres nach § 145 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a AVAVG einen Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenhilfe.
Wenn sich aber herausstellen sollte, daß der § 65 Abs. 2 AVAVG in einer größeren Zahl von Fällen bei Bedürftigkeit künftig zu Härten führen kann, würde zu prüfen sein, ob eine Änderung des § 145 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b AVAVG angezeigt erscheint, damit Beschäftigungen bei Eltern und Voreltern als Voraussetzung für einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe ausnahmslos anerkannt werden
können.
Keine Zusatzfrage.Ich rufe auf Frage 13 — Herr Abgeordneter Dr. Brecht —, betreffend Aktion „Besser und schöner wohnen":Sind die Mitteilungen in der Presse richtig, daß das Bundeswohnungsbauministerium beabsichtigt, die Mittel in Höhe von 20 Millionen DM zur Förderung der Aktion ,,Besser und schöner wohnen" nur solchen Personen zukommen zu lassen, die Eigenheime erstellen und ihre mit öffentlichen Mitteln geförderten billigen sozialen Wohnungen aufgeben?Liegt eine in gleicher Weise förderungswürdige Umsetzung nicht auch dann vor, wenn der Inhaber einer billigen sozialen Wohnung diese aufgibt und statt dessen in eine größere, besser ausgestattete und teurere Mief- oder Genossenschaftswohnung umwechselt? Warum sollen diese wohnungswirtschaftlich gleichwertigen Umsetzungen verschiedenartig öffentlich gefördert werden?Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Wohnungsbau.
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1524 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beantworte die Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Brecht wie folgt. Die von meinem Ministerium mit der Bereitstellung von 20 Millionen DM aus Wohnungsbaurückflüssen geförderte Umsetzungsaktion „Besser und schöner wohnen" bezweckt die Freimachung von vorhandenem, billigem Altwohnraum und während der Geltung des Ersten Wohnungsbaugesetzes neuerrichteten Sozialwohnungen zugunsten von Personen, die bis heute mit Wohnraum noch nicht versorgt sind, also sogenannter Wohnungsamtsfälle. Dieser Zweck soll dadurch erreicht werden, daß dem ausziehenden Mieter mittelfristige Darlehen bis zu 4000 DM aus Bundesmitteln zur Verfügung gestellt werden.
Gleichzeitig bezweckt diese Maßnahme eine Förderung der Eigentumsbildung. Deshalb sollen die Darlehen nur bewilligt werden beim Bau von Familienheimen oder Eigentumswohnungen. Eine Ausnahme hiervon ist vorgesehen für die drei Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg, wo, soweit dort die Durchführung von Eigentumsmaßnahmen nicht möglich ist, auch der Mietwohnungsbau gefördert werden kann.
Die Mittel werden für 12 Jahre zur Verfügung gestellt und sind entsprechend der kurzen Laufzeit mit 8 v. H. zu tilgen. Schon auf Grund dieser verhältnismäßig hohen Tilgung sind sie praktisch zum allgemeinen Einsatz im Mietwohnungsbau wenig geeignet; denn eine Tilgung in dieser Höhe kann in der Wirtschaftlichkeitsberechnung nur unter erheblicher Belastung der Mieter untergebracht werden. Im Familienheim- und Eigentumswohnungsbau erscheint die hohe Tilgung jedoch zumutbar, zumal es erfahrungsgemäß das Bestreben der Eigentümer ist, ihr Eigentum möglichst schnell zu entschulden. 1m übrigen werden in einzelnen Ländern Umsetzungsaktionen ähnlicher Art bereits durchgeführt; dabei kommt auch der Mietwohnungsbau zum Zuge. Diese Länderaktionen bleiben durch die zusätzliche Bundesaktion unberührt.
Eine Zusatzfrage!
Glauben Sie nicht, Herr Minister, daß außer in den Ländern Hamburg, Bremen und Berlin, wo ja Ausnahmen zugelassen sind, auch in anderen Großstädten, in denen die Wohnungen, wenn man auf die Bevölkerungsschichtung sieht, sehr oft falsch belegt sind, eine solche Umsetzungsaktion zweckmäßig und sozial gerecht wäre?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die anderen Länder haben innerhalb ihres Gebietes eine bessere Ausweichmöglichkeit. Diese Bestimmungen sind erlassen worden in Übereinkunft mit allen Landesministern, die für den Wohnungsbau zuständig sind.
Im übrigen ist diese Aktion ein Versuch. Sobald Erfahrungen vorliegen, wird die Aktion entsprechend erweitert oder umgebaut werden.
Eine zweite Zusatzfrage!
Kann es dann ermöglicht werden, daß auch der Bau von Mietwohnungen aus den allgemeinen Wohnungsbauförderungsmitteln bei solchen Umsetzungsaktionen gefördert wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich verstehe nicht, was Sie mit „allgemeinen Wohnungsbaumitteln" meinen.
Die 630 Millionen DM.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die 630 Millionen DM sind nach dem Wohnungsbau- und Familienheimgesetz gebunden. Aus diesen Mitteln kann die Aktion nicht gefördert werden.
Danke!
Frage 14 — Herr Abgeordneter Dr. Brecht — betreffend Novelle zur Neubaumietenverordnung:
Beabsichtigt die Bundesregierung, dem Bundesrat eine Novelle zur Neubaumietenverordnung vorzuschlagen, durch die § 5 dieser Verordnung aufgehoben oder wesentlich geändert wird, nachdem sich in der Praxis und aus der Stellungnahme einiger Länder eindeutig ergehen hat, daß der jetzige § 5 zu unhaltbaren Ergebnissen führt? Wie wird die Neuregelung voraussichtlich sein, und his wann ist sie zu erwarten?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Wohnungsbau.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich darf die Frage wie folgt beantworten. § 5 der Neubaumietenverordnung vom 17. Oktober 1957 bezweckt, dem Mieter, von dem oder zu dessen Gunsten Mieterleistungen zur Finanzierung einer steuerbegünstigten Wohnung oder einer nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz öffentlich geförderten Wohnung entrichtet sind, diese Leistungen auch bei der Bemessung der Miete zugute kommen zu lassen. Dadurch soll verhindert werden, daß sie zu einer Verringerung der Miete bei den nicht begünstigten Mietern führen. Eine dem Grundgedanken dieser Vorschrift entsprechende Regelung ist in dem vom Bundestag in seiner ersten Fassung beschlossenen Zweiten Wohnungsbaugesetz enthalten gewesen. Der Bundesrat hatte sich dann gegen diese Regelung ausgesprochen, aber zum Ausdruck gebracht, daß sie erforderlichenfalls durch eine Rechtsverordnung getroffen werden könne. Eine solche Regelung ist nunmehr in der von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats erlassenen Neubaumietenverordnung enthalten.Gegen diese Vorschrift sind vom Gesamtverband der gemeinnützigen Wohnungsunternehmungen und seitens einiger Länder Bedenken erhoben worden. Daß diese Vorschrift eindeutig zu unhaltbaren Ergebnissen geführt habe, lassen die bisherigen Berichte nicht erkennen. Richtig ist wohl, daß sich die praktische Durchführung der Mietpreisberechnung als schwierig erwiesen hat und daß bei der bisherigen Fassung der Verordnung einige Fragen offengeblieben sind. Die Verhandlungen über diese Fra-
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958 1525
Bundesminister Lückegen mit den Ländern laufen. Dabei wird versucht werden, eine brauchbarere und praktikablere Lösung zu finden.
Eine Zusatzfrage? — Bitte sehr!
Aber es ist Ihnen wohl bekannt, Herr Minister, daß durch diese Regelung in zahlreichen Fällen bei Wohnungen gleicher Art und Größe Mietdifferenzen bis zu 40 Pf je qm Wohnfläche entstanden sind?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich habe es bedauert, daß die entsprechende Vorschrift aus dem Wohnungsbau- und Familienheimgesetz herausgenommen worden ist, und hoffe, daß wir diese Frage nunmehr regeln können.
Danke.
Frage 15 ist erledigt.
Frage 16 - Herr Abgeordneter Dürr — betreffend Beherrschung des Schwimmens durch die Wehrpflichtigen:
Ist dem Herrn Bundesverteidigungsminister bekannt, wie viele der Wehrpflichtigen und länger dienenden Freiwilligen am Tage ihres Eintritts in die Bundeswehr das Schwimmen beherrschten?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Verteidigung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantworte die Frage des Abgeordneten Dürr mit Nein.
Eine Zusatzfrage? — Bitte sehr! -
Ist die Bundesregierung bereit, den Bau von Frei- und Hallenbädern in der Umgebung bestehender oder neu zu errichtender Kasernen mitzufördern, um dadurch einen Beitrag dazu zu leisten, daß manche der zweifellos vorhandenen, wenn auch zahlenmäßig nicht erfaßten Nichtschwimmer beim Ausscheiden aus der Bundeswehr Schwimmen gelernt haben?
Schwimmen ist für Soldaten innerhalb der Bundeswehr im Rahmen des gesamten Sportunterrichts eine obligatorische Übung. Soweit die Anlagen der Bundeswehr selbst nicht ausreichen und deshalb vermehrte Bedürfnisse bzw. vermehrte finanzielle Anforderungen bei bestehenden zivilen Anlagen auftreten, ist die Bundesregierung bereit — wie es nach den Bestimmungen vorgesehen und möglich ist —, einen Zuschuß für solche Anlagen zu leisten, weil diese Kosten wohl als Folgekosten zu bezeichnen sind.
Keine weitere Zusatzfrage.
Frage 17 — Herr Abgeordneter Dr. Stammberger — betreffend überhöhte Anwaltsgebühren in Entschädigungsverfahren nach dem Bundesentschädigungsgesetz:
Welche Prüfung des Einzelfalles hat der Herr Bundesfinanzminister vorgenommen, bevor er in seinem Rundschreiben an die obersten Landesentschädigungsbehörden vom 29. Januar 1958 diesen Behörden Namen von Anwälten bekanntgab, die in Entschädigungsverfahren wirklich oder angeblich überhöhte Gebühren gefordert haben?
Warum hat er im Falle festgestellter Verstöße gegen das anwaltliche Standesrecht zu ihrer Ahndung an Stelle Schwarzer Listen" nicht das für solche Fälle vorgesehene Verfahren nach rechtsstaatlichen Grundsätzen veranlaßt, wie es auch die Bundesregierung in dem von ihr vorgelegten Entwurf einer Bundesrechtsanwaltsordnung vorgesehen hat?
Zur Beantwortung der Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 29. Januar 1958 an die obersten Landesentschädigungsbehörden handelt es sich um die rein informatorische Weiterleitung von Material an die für die Durchführung des Bundesentschädigungsgesetzes zuständigen Landesbehörden. Es hat sich also nicht um eine sogenannte Schwarze Liste gehandelt, sondern um die verwaltungsmäßige Unterrichtung von Behörden, denen nach dem Grundgesetz die Ausführung des Bundesentschädigungsgesetzes als eigene Angelegenheit obliegt. Das Schreiben war ausdrücklich als „nur für den Dienstgebrauch bestimmt" gekennzeichnet.
Das Bundesministerium der Finanzen ist für die Ahndung von Verstößen gegen das anwaltschaftliche Standesrecht nicht zuständig. Es hat deshalb nach der informatorischen Mitteilung an die obersten Landesentschädigungsbehörden das gesamte Material an den hierfür zuständigen Herrn Bundesminister der Justiz weitergeleitet. Dieser hat in einem Schreiben vom 11. Februar 1958 den Landesjustizverwaltungen die Namen der im Bundesgebiet ansässigen Rechtsanwälte, die nach den vorliegenden Unterlagen Erfolgshonorare vereinbart haben sollen, mit dem Anheimgeben weiterer Veranlassung mitgeteilt. Die Landesjustizverwaltungen dürften nunmehr im Benehmen mit den zuständigen Anwaltskammern die einzelnen Fälle im Rahmen des gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrens eingeleitet haben.
Zusatzfrage? — Bitte sehr!
Darf ich darauf hinweisen, Herr Minister, daß ich auch gefragt habe, auf Grund welcher Unterlagen Sie einzelne Namen von Anwälten in diese Liste oder in diese Information aufgenommen haben? Welche Prüfungen sind vorher erfolgt?
Das ist Material gewesen, das uns vom Auswärtigen Amt und von Landesentschädigungsbehörden weitergegeben worden ist.
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1526 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958
Damit, meine Damen und Herren, ist die Fragestunde beendet.
Die nächste Fragestunde ist am Mittwoch, dem 11. Juni, Sperrfrist für eingehende Fragen ist Freitag, der 6. Juni, 12 Uhr.
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Beratung der Sammelübersicht 5 des Ausschusses für Petitionen über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen (Drucksache 352).
Wird das Wort zu dem Antrag des Ausschusses gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Der Antrag des Ausschusses ist angenommen.
Ich rufe nunmehr Punkt 9 der heutigen Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestags ;
Schriftlicher Bericht des Vorstandes des Deutschen Bundestags .
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? —Das ist nicht der Fall.
Ich rufe den § 1 der Vorlage auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag des Herrn Abgeordneten Brese auf Umdruck 52 vor. Ich frage Herrn Abgeordneten Brese, ob er den Antrag zu begründen wünscht. — Herr Abgeordneter Brese verzichtet auf Begründung. Wird das Wort zu § 1 gewünscht? — Keine Wortmeldungen.
Wer dem Änderungsantrag des Herrn Abgeordneten Brese — Umdruck 52 Ziffer 1 - zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Eine Stimme. Gegenprobe! — Der Antrag ist abgelehnt.
Wer dem § 1 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der § 1 ist angenommen.
§ 2! Auch hier liegt ein Änderungsantrag des Herrn Abgeordneten Brese auf Umdruck 52 vor. Auf Begründung wird verzichtet. Wird zu § 2 das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer dem aufgerufenen :Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Eine Stimme. Gegenprobe!-Abgelehnt.
Wer § 2 in der vorliegenden Fassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Gegen eine Stimme angenommen.
§ 3! Hier liegt wiederum ein Änderungsantrag des Herrn Abgeordneten Brese vor. Auf Begründung wird verzichtet. Wird das Wort gewünscht? —Das ist nicht der Fall. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? - Mit allen Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über § 3 in der vom Bundestagsvorstand vorgeschlagenen Fassung. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung angenommen.
Ich rufe auf die §§ 4, — 5, — 6, - 7, — 8, — 9,
10, — 11,-12, — die Einleitung und die Überschrift.-Wird das Wort gewünscht? — Das Wort
wird nicht gewünscht. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Dritte Beratung.
Allgemeine Aussprache! Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich stelle das Gesetz im ganzen in dritter Lesung zur Abstimmung. Wer dem Gesetz zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Auch die Berliner Abgeordneten sind stimmberechtigt.
Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zwei Enthaltungen ist dieses Gesetz angenommen.
Ich rufe nun Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Beförderungsteuergesetzes ;
Schriftlicher Bericht des Finanzauschusses (Drucksache 308).
Wünscht der Berichterstatter, Abgeordneter Krammig, das Wort? — Der Herr Berichterstatter verzichtet auf einen mündlichen Bericht und verweist auf den Schriftlichen Bericht.
Ich rufe den § 1 auf. Hierzu liegen Änderungsanträge auf den Umdrucken 49 und 50 vor. Wird zur Begründung des Änderungsantrags Umdruck 49 (neu) das Wort gewünscht? — Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Vehar.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, daß ich kurz den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU begründe.Bei den kleinen Fahrzeugen, die wir von der Erhöhung ausnehmen wollen, handelt es sich um solche, die vornehmlich in kleineren und mittelständischen Betrieben Verwendung finden. Es entspricht dem Prinzip der Bundesregierung, die mittelständischen Betriebe zu fördern und zu unterstützen, wenn wir darum bitten, diese Betriebe von der Erhöhung der Beförderungsteuer auszunehmen. Zum zweiten darf ich darauf hinweisen, daß diese kleinen Fahrzeuge nur für Transporte in einem Umkreis bis zu 100 km eingesetzt werden. Das läßt sich sowohl aus der Aufstellung von Rentabilitätsrechnungen als auch aus der Beobachtung des tatsächlichen Verkehrsablaufs nachweisen. Die Transporte auf diese relativ kurze Entfernung sind für die übrigen Verkehrsträger, nämlich für die Bahn
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958 1527
Veharund für den gewerblichen Straßenverkehr, unrentabel. Aus diesem Grunde kann der Werkfernverkehr diese Transporte nicht auf die Verkehrsträger verlagern, wie es das Verkehrsfinanzgesetz vorsah. Sie sind für den gewerblichen Verkehrsunternehmer unrentabel; bei diesen Transporten kommt er praktisch überhaupt nicht auf seine Rechnung. Er wäre bei Durchführung solcher Transporte gezwungen, dem Frachtzahler erhebliche Mehrkosten, wie sie im RKT Ziffer 12 vorgesehen sind, in Rechnung zu stellen. Eine Verlagerung solcher kleineren Transporte im Bereich des Nahverkehrs — praktisch im Bereiche von etwa 100 km — auf die Bahn würde auch dem verkehrspolitischen Ziel der Bundesregierung widersprechen; denn die verkehrspolitische Zielsetzung, wie sie in der Erklärung der Bundesregierung dargelegt ist, geht ja dahin: Transporte im Umkreis bis etwa 100 oder 150 km — das ist der sogenannte Flächenverkehr — gehören auf die Straße.Die Anhebung der Beförderungsteuer im Werkfernverkehr stellt ein verkehrspolitisches Ziel dar und bezweckt eine weitgehende Verlagerung des ungesunden Werkfernverkehrs auf die Verkehrsträger Straße und Schiene. Auf der anderen Seite muß man feststellen, daß diese Transporte mit einer Nutzlast bis zu 4 t, die wir ja ausnehmen wollen, für die Zukunft nicht weiter auf den gewerblichen Verkehrsträger Straße und auch nicht auf die Schiene verlagert werden können. Deshalb sehe ich keine Berechtigung, die Beförderungsteuer für diese kleineren Beförderungen weiter anzuheben.Diesem Argument hat die Fraktion der CDU/CSU zugestimmt und deshalb diesen Änderungsantrag vorgelegt. Das einzige Argument, das gegen diesen Vorschlag sprechen könnte, wäre das Argument der Steuervereinfachung. Ich glaube aber, daß die übrigen von mir angeführten Argumente stärker sind.Ich darf Sie deshalb bitten, meine sehr geehrten Damen und Herren, dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU, der Ihnen auf Umdruck 49 vorliegt, Ihre Zustimmung zu geben.
Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth!
Meine Damen und Herren, bei der Beratung dieses Gesetzes ist der § 1 entscheidend. Deshalb muß man bei dieser Gelegenheit auf die ganze Materie zu sprechen kommen.Ich darf an die Entwicklung erinnern. Im Jahre 1955 ist der Herr Bundesverkehrsminister ausgezogen, um den Werkfernverkehr zu vernichten. In einer großen Vernichtungsschlacht wollte er dieses Ungeheuer beseitigen. Es haben sich aber schon recht bald Zeichen ergeben, die an dieser Zielsetzung doch etwas zweifeln lassen mußten. Schon im vergangenen Jahr haben wir den Antrag gestellt, den Kampf gegen den Werkfernverkehr zu stoppen und die damals zum 1. April vorgesehene Erhöhung der Sondersteuer fallenzulassen. Unser Antrag ist zwar abgelehnt worden. Aber die Mehrheit dieses Hauses war damals von unseren Argumenten immerhin so beeindruckt, daß Sie einmütig dem Bundesverkehrsministerium den Auftrag gegeben haben, uns bis zum 31. Dezember 1957 die statistischen Unterlagen darüber vorzulegen, ob weitere Steuererhöhungen noch notwendig sind. Diesen vom Bundestag einmütig erteilten Auftrag hat das Bundesverkehrsministerium nicht erfüllt. Am 31. Dezember lag kein solches Gutachten vor, obwohl das technisch durchaus möglich gewesen wäre, mindestens in dem Umfang der Zahlen, die im Jahre 1957 zur Verfügung standen; sie hätten ausgereicht, ein allgemeines Bild über die Lage des Werkfernverkehrs zu geben. Das ist bedauerlich, und das ist einer der Hauptgründe, weshalb wir uns in dieser großen Verzögerung befinden. Wir wollen ein Gesetz ändern, das am 1. April schon eine bestimmte Formulierung — von der alten Gesetzgebung her - hatte.
— Es war schon im Jahr 1955 in Kraft.
Wer diesen Bericht, den wir dann 14 Tage vor dem 1. April bekommen haben, gelesen hat, der wird daraus ersehen haben, daß man versucht hat, den Standpunkt des Ministeriums noch irgendwie mit Zahlen zu untermauern, daß dieser Versuch aber praktisch fehlgeschlagen ist. Es ist bedauerlich — und das muß ich den Mitgliedern dieses Hauses klar und deutlich sagen daß sich der Finanzausschuß, der federführende Ausschuß, dieses Gutachten wohl hat geben lassen, sich aber nicht mit ihm auseinandergesetzt hat. Sich mit einem Gutachten auseinandersetzen heißt auch die Gegenseite hören. Der Verkehrsausschuß hat das getan. Der Finanzausschuß hat die Sachverständigen nicht gehört. Er hat jedenfalls niemanden gehört, der zu dem Gutachten als Fachmann hätte Stellung nehmen können. Ich führe den ablehnenden Beschluß des Finanzausschusses darauf zurück, daß er eben nicht beide Seiten genügend gehört hat. Wenn er das getan hätte, wäre nämlich vieles von den Argumenten des Verkehrsministeriums zerpflückt worden.Was will der Minister mit dem Werkfernverkehr? Er will ihn auf ein, wie er sagt, angemessenes Maß zurückdrängen. Der Werkfernverkehr ist zurückgedrängt. Er beträgt heute nur noch 3,9 % des gesamten Verkehrsvolumens, er ist also nur noch ein ganz bescheidener Teil des gesamten Verkehrsaufkommens.Ein zweites Argument: der Werkfernverkehr solle auch teilhaben an den sozialen Lasten, die dem gesamten Verkehr auferlegt werden. Auch das ist mit dem Pfennig aus dem Jahre 1957 voll und ganz erfüllt. Überlegen Sie bitte, daß die gesamte soziale Belastung der Bundesbahn auch nur 1 Pfennig pro Tonnenkilometer ausmacht; das sind die Größenordnungen, um die es sich hier handelt.Unser Anliegen, nun endlich von dem letzten Sprung von 4 auf 5 Pfennig Abstand zu nehmen, ist
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1528 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958
Dr. Atzenrothnach den Ausführungen, die wir im Verkehrsausschuß von beiden Seiten gehört haben, durchaus berechtigt. Unser Antrag geht dahin, den Antrag des Finanzausschusses, unseren Gesetzentwurf abzulehnen, abzulehnen und unseren Gesetzentwurf in der ursprünglichen Formulierung anzunehmen.Die Mitglieder der CDU im Verkehrsausschuß haben einen, sagen wir, Vermittlungsvorschlag gemacht. Selbstverständlich werden wir, wenn unser Antrag abgelehnt werden sollte, diesem Vermittlungsvorschlag zustimmen; denn der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach, das muß ich Ihnen ganz offen und ehrlich zugeben. Aber wir sehen in dem Antrag der CDU nur eine halbe Regelung der Angelegenheit. Denn was den dort erfaßten Gruppen recht ist, ist den anderen billig und müßte ihnen billig sein; alle diese Argumente treffen auch auf die anderen Gruppen zu.Nun noch ein Wort zu dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU Umdruck 49 . Darin haben Sie gegenüber dem Antrag Umdruck 49 die Worte eingefügt: „vorausgesetzt, daß kein Anhänger mitgeführt wird". Es ist gegen Ihren ursprünglichen Antrag eingewandt worden — zunächst auch von den Ministerien —, daß man zwischen den beiden Gruppen, derjenigen, für die 4 Pfennig je Tonnenkilometer, und derjenigen, für die 5 Pfennig je Tonnenkilometer gelten soll, schwer unterscheiden könne, daß die Kontrolle schwer möglich wäre. Dieser Einwand wurde schnell widerlegt. Aber bei der Formulierung: „vorausgesetzt, daß kein Anhänger mitgeführt wird" ist die Kontrolle in der Tat kaum möglich. Wie wollen Sie dasselbe Fahrzeug besteuern, wenn es einmal mit Anhänger und das andere Mal ohne Anhänger gefahren wird? Das zu kontrollieren, wird allerdings wirklich sehr schwer sein. Wir würden Ihrem Änderungsantrag, auch wenn Sie ihn in der Fassung von Umdruck 49 (neu) bringen würden, zustimmen, weil wir darin wenigstens einen Fortschritt sehen. Aber ich würde Sie doch bitten, zu überlegen, ob Sie nicht bei der ursprünglichen Formulierung Ihres Antrags bleiben sollten, weil eben die Kontrolle sehr schwierig ist, wenn ein Fahrzeug unterschiedlich besteuert wird, je nachdem, ob es mit Anhänger oder ohne Anhänger gefahren wird.Ich wiederhole, der Kampf gegen den Werkfernverkehr ist geführt worden. Er ist bis zu einem bestimmten Grade erfolgreich gewesen. Aber jetzt sollte es genug sein. Deswegen sollten Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen, den Antrag des Finanzausschusses ablehnen und es bei der Besteuerung in Höhe von 4 Pfennig pro Tonnenkilometer belassen.
Herr Abgeordneter Stenger!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe, bevor ich mich mit dieser Materie beschäftigt habe, noch einmal die Sitzungsberichte des 2. Bundestages durchgelesen und dort feststellen können, daß die Besteuerung des Werkfernverkehrs als ein Eckpfeiler des Verkehrsfinanzgesetzes bezeichnet worden ist. Damals, also vor drei Jahren, vertrat die Mehrheit in diesem Hause die Auffassung, daß der Werkfernverkehr zwar nicht sofort, aber stufenweise zu einer Besteuerung herangezogen werden muß, die am Ende 5 Pf betragen sollte. Diese Besteuerung wurde deswegen für erforderlich gehalten — so wurde sie begründet; auch das ist in den Berichten nachzulesen —, weil sie einen Ausgleich schaffen sollte einmal für die Betriebs- und Beförderungspflicht der Bundesbahn und zum andern für die größeren Risiken, die der gesamte Güterverkehr auf sich zu nehmen hat. Ich sagte schon, daß dieser Tatbestand von der Mehrheit — von der großen Mehrheit - dieses Hauses damals festgestellt worden ist.
Es war aber noch ein weiterer Grund, warum man den Werkfernverkehr steuerlich mehr belasten wollte. Aus den Niederschriften vom März 1955 ergibt sich, daß man mit dieser Besteuerung auch bezweckt hat, daß das Volumen des Werkfernverkehrs mindestens um die Hälfte reduziert wird. Herr Kollege Dr. Atzenroth hat soeben von einer Kürzung des Volumens gesprochen. Er hat aber von der Kürzung des Volumens des Gesamtverkehrs gesprochen, während beabsichtigt war, das Volumen des Werkfernverkehrs auf die Hälfte zu reduzieren. Ein Nachweis ist bis heute aber noch nicht erbracht. Es liegt noch keine Statistik vor, die bestätigt, daß der Werkfernverkehr um die Hälfte reduziert worden ist. Auf Grund der vorliegenden Zahlen kann man feststellen, daß wohl die Beteiligung des Baugewerbes am Werkfernverkehr zurückgegangen ist, daß aber gerade der Nahrungs- und Genußmittelverkehr sehr stark zugenommen hat. Es besteht die Gefahr, daß die am 1. Februar dieses Jahres erhöhten Tarife im Güterverkehr, wenn wir dem Gesetzesbeschluß vom März 1955 untreu würden, dazu führen, daß eben dieser Werkfernverkehr in Zukunft noch viel stärker in Anspruch genommen wird. Diese Feststellung gilt nicht allein für den Werkfernverkehr, sondern auch für den gesamten Verkehr mit Lastwagen im Gesamtgewicht bis zu 4 t.
Die Fraktion der SPD sieht sich daher nicht in der Lage, dem Antrag der FDP und dem Antrag der CDU zuzustimmen. Dem Antrag Umdruck 50, der sich mit der Beförderung leichtverderblicher Nahrungsmittel befaßt, wollen wir allerdings zustimmen. Ich bitte Sie, die Fassung des Beförderungsteuergesetzes vorn 13. Juni 1955 unverändert zu lassen und den § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b wie vorgesehen in Kraft zu setzen.
Herr Abgeordneter Krammig!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach den Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Atzenroth bin ich versucht, zu sagen, es sollte in Zukunft eigentlich kein Schriftlicher Bericht mehr vorgelegt werden, sondern der Berichterstatter sollte mündlich vor dem Plenum des Hauses Bericht erstatten, da-
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Krammigmit es nicht notwendig ist, daß er als Sprecher seiner Fraktion die Grundzüge wiederholt, die bereits im Schriftlichen Bericht festgelegt worden sind.Herr Dr. Atzenroth hat davon gesprochen, daß der Herr Bundesminister für Verkehr bei der Vorlage des Entwurfs eines Verkehrsfinanzgesetzes ausgezogen sei in der Absicht, den Werkfernverkehr zu vernichten. Meine Damen und Herren, wenn Sie sich den Bericht einmal ansehen, werden Sie feststellen, daß aus den Ausführungen des Herrn Bundesministers für Verkehr am 9. Juli 1954 die grundlegenden Gedanken, die er diesem Hause vorgetragen hat, zitiert sind. Daraus ergibt sich einwandfrei, daß es das Hauptziel der verkehrspolitischen Gesamtkonzeption der Bundesregierung gewesen ist, eine Eindämmung des Werkfernverkehrs vorzunehmen. Von einer Vernichtung kann gar keine Rede sein. Außerdem hat sich dieses Haus sowohl in seinen Ausschüssen als auch im Plenum sehr eingehend mit dieser Frage beschäftigt. Dabei ist von keiner Seite von einer Vernichtung des Werkfernverkehrs gesprochen oder eine solche Vernichtung ins Auge gefaßt worden. Ich weise das mit aller Entschiedenheit zurück, weil es eine Verdrehung der Tatsachen darstellt.
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter! „Verdrehung der Tatsachen" gefällt mir gar nicht. Für einen Ordnungsruf reicht das zwar nicht aus, aber ich rüge den Ausdruck.
Es lag mir völlig fern, Herrn Kollegen Dr. Atzenroth damit irgendwie persönlich angreifen zu wollen. Ich glaube nur, daß man, wenn der Bundesverkehrsminister vom „Hauptziel der Eindämmung" spricht, nicht von der „Vernichtung des Werkfernverkehrs" reden kann.
Herr Abgeordneter, ich will Ihnen sagen, warum ich rüge. Der Ausdruck „Verdrehung der Tatsachen" beinhaltet unter Umständen eine Absicht.
Herr Kollege Dr. Atzenroth hat auch davon gesprochen, der Finanzausschuß habe sich mit der vorgelegten Denkschrift gar nicht befaßt, jedenfalls habe er die Denkschrift und die darin aufgeführten Gründe nicht gewürdigt. Herr Dr. Atzenroth, in dem Bericht zum Verkehrsfinanzgesetz ist damals ausdrücklich erwähnt worden, daß der stufenweise Übergang auf den 5-Pfennig-Satz beschlossen worden ist, um erstens den betroffenen Wirtschaftskreisen die Möglichkeit des Übergangs zu geben und zweitens um Zeit zu gewinnen und festzustellen, ob die vorgesehenen Sätze nicht zu einer Gefährdung des Werkfernverkehrs führen könnten. Die uns vorgelegte Denkschrift weist eindeutig nach, daß das verkehrspolitische Ziel des Verkehrsfinanzgesetzes im Hinblick auf den Werkfernverkehr an sich noch nicht erreicht ist. Das, was wir besonders wünschten, nämlich daß die Transporte von Baumaterial mit Lastwagen und alle diese Dinge, die wahrhaftig nur zur Verkehrsgefährdung auf der Landstraße führen können, völlig verschwinden, ist heute noch nicht eingetreten. Sie wissen, daß wir damals das Straßenentlastungsgesetz und alles, was damit zusammenhängt, im Hinblick auf das Verkehrsfinanzgesetz aufgegeben haben. Der Finanzausschuß hat sich sehr wohl mit dieser Denkschrift befaßt. Er hat sogar die Zusammenfassung aus dieser Denkschrift in seinem Bericht zitiert. Auch das ergibt sich aus dem Schriftlichen Bericht.Nun sagen Sie, der Verkehrsausschuß sei vom Finanzausschuß nicht gehört worden. Ich darf darauf verweisen, daß im Schriftlichen Bericht auch die Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses wiedergegeben ist. Aus dieser Stellungnahme ergibt sich einwandfrei, daß der Verkehrsausschuß, der sich sehr eingehend mit der Denkschrift befaßt hat, praktisch zu keinem anderen Ergebnis gekommen ist als der Finanzausschuß. Er hat nämlich von der Streichung des 5-Pfennig-Satzes abgesehen und lediglich eine Milderung für kleinere Unternehmer vorgeschlagen, die Züge bis zu 4 t Gesamtnutzlast fahren lassen. Ich glaube, wenn der Verkehrsausschuß als Fachausschuß im Endeffekt zu keinem anderen Ergebnis kommt als der Finanzausschuß, kann man dem Finanzausschuß nicht vorwerfen, er habe sich mit der Sache nicht eingehend genug befaßt.
— Herr Dr. Atzenroth, wenn es sich um Steuerfragen im Zusammenhang mit verkehrspolitischen Überlegungen handelt, halten sich die Mitglieder des Finanzausschusses einschließlich der Regierungsvertreter für sachverständig genug, eine Entscheidung zu fällen.
Man sollte also auf dem Boden der Tatsachen bleiben.Im übrigen ist es doch immerhin interessant, Herr Dr. Atzenroth, daß Sie Ihren eigenen Antrag zugunsten des Änderungsantrages der CDU vor der Abstimmung im Verkehrsausschuß zurückgezogen haben, damit der Änderungsantrag der CDU mit Ihrer Stimme zur Annahme kommt. Ich verstehe also nicht ganz Ihre Argumentation vor dem Plenum des Hauses.
Ich meine sogar, daß man, wenn man sich Ihre Ausführungen noch einmal vor Augen hält, beinahe zu der Auffassung des Herrn Kollegen Stenger kommen müßte, daß dieser Antrag nicht angenommen werden sollte. Denn was Sie hinsichtlich der Anhänger gesagt haben, läßt mich wieder zu den Bedenken zurückkehren, die ich von vornherein gegen diesen Änderungsantrag gehabt habe, daß es näm-
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1530 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958
Krammiglieh nur zu Verwaltungskomplikationen und zu unnötigen Kontrollen führt, wenn man diese Maßnahme durchführt.
Trotz allem wollen wir ja die Konsequenz aus der Denkschrift ziehen. Nach der Denkschrift könnte man zu dem Ergebnis kommen, daß bei diesen Gewerbetreibenden im Steuersatz nachgelassen werden sollte. Das ist auch der Grund, warum die Fraktion der CDU/CSU diesen Änderungsantrag vorgelegt hat, um dessen Annahme ich Sie bitte.
Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 49 ! Wer dem Änderungsantrag Umdruck 49 (neu) der Fraktion der CDU/CSU zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; der Änderungsantrag Umdruck 49 (neu) ist angenommen.
Ich komme zu dem Änderungsantrag Umdruck 50. Wird zur Begründung das Wort gewünscht? — Auf Begründung wird verzichtet. Wird sonst das Wort gewünscht? — Der Herr Bundesminister der Finanzen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, den Ergänzungsantrag Umdruck 50 abzulehnen, und zwar aus grundsätzlichen Erwägungen. Hier soll eine Ausnahme von der Tarifierung zugunsten der Krusten- und Weichtiere gemacht werden. Ich kann nicht annehmen — das ist sicher nicht der Inhalt dieses Antrags —, daß damit Hummern, Langusten, Krebse, Austern besonders bevorzugt werden sollen. Aber sie würden selbstverständlich unter diesen Antrag fallen. Ganz offensichtlich ist es bei dem Antrag auf andere Posten abgestellt, wie auf Krabben, die als Viehfutter verwendet werden. Aber das ist nicht der Sinn der wenigen Ausnahmebestimmungen. Vielmehr hat man diese Ausnahmebestimmungen damals geschaffen, um einige verderbliche Volksnahrungsmittel — darum hat es sich gehandelt — von der höheren Tarifierung auszunehmen. Schon damals war ein sehr breiter Katalog vor uns aufgetaucht. Der Bundestag hat diesen Katalog damals sehr reduziert. Wenn man jetzt ein Viehfuttermittel in den Katalog aufnähme, wäre damit die Tür für eine große Anzahl neuer Wünsche aufgestoßen. Schon damals wurden Wünsche auf Ausnahme von der besonderen Tarifierung für Nahrungsfette, Schlachtvieh, Fleisch, Inlandsgetreide, Bier, Mehl, Mühlenprodukte usw. geäußert. Wenn man jetzt die Krabben in den Katalog hineinnähme, wäre kein Grund gegeben, diese anderen Artikel nicht auch in den Katalog aufzunehmen. Damit würden die Ausnahmen praktisch zur Regel.
Wird dazu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktion der Deutschen Partei auf Umdruck 50. Werihm zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Bei dieser Besetzung des Hauses ist schwer festzustellen, welches die Mehrheit ist. Die Abstimmung muß wiederholt werden.Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der Deutschen Partei auf Umdruck 50 zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe!
— Meine Damen und Herren, ich kann nichts machen, wenn das Präsidium nicht völlig einig ist. Wir kommen also zum Hammelsprung. Die Auszählung beginnt. —Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Ich erlaube mir, zu bemerken, daß die Vorsicht des Vorstandes denkbar begründet war; bei der Auszählung sind abgegeben worden — ohne Schriftführer und Präsidium — 151 Stimmen mit Ja, 151 Stimmen mit Nein.
Insgesamt — Präsidium und Schriftführer eingeschlossen — wurden abgegeben: 154 Ja-Stimmen, 157 Nein-Stimmen; 3 haben sich enthalten.
Damit ist der Änderungsantrag Umdruck 50 abgelehnt.Wir kommen zur Abstimmung über § 1 in der durch die Annahme des Änderungsantrags auf Umdruck 49 veränderten Fassung. Wer § 1 in der den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste ist die Mehrheit; das Gesetz ist angenommen.§§ 2, — 3, — 4, — keine Änderungsanträge —, Einleitung und Überschrift. — Wird dazu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! Angenommen.Auf der Tagesordnung steht nur die zweite Beratung. Ich kann die dritte Beratung ansetzen, wenn nicht zehn Mitglieder des Hauses widersprechen. Wird Widerspruch eingelegt? — Das ist nicht der Fall.Dritte Beratung.Wird dazu das Wort gewünscht? — Allgemeine Aussprache! — Keine Wortmeldungen.Wer dem Gesetz in der in der zweiten Lesung verabschiedeten Fassung im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste ist die Mehrheit; das Gesetz ist angenommen.Punkt 4 der Tagesordnung:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Kriegsopferversorgung ;Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wiedergutmachung (Drucksache 340). (Erste Beratung: 6. Sitzung.)
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958 1531
Präsident D. Dr. GerstenmaierAls Berichterstatter hat das Wort der Herr Abgeordnete Krammig.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich auf den Schriftlichen Bericht auf Drucksache 340 beziehen, muß Sie aber davon unterrichten, daß der Ausschuß für Wiedergutmachung noch zwei redaktionelle Änderungen beschlossen hat; sie sind also im Bericht noch nicht berücksichtigt worden.
Im § 1 Abs. 1 sind in der 13. Zeile die Worte „in der Bundesrepublik oder im Lande Berlin" zu ersetzen durch die Worte „im Geltungsbereich dieses Gesetzes". In § 7 sind in der fünften Zeile die Worte „in den Ländern der Bundesrepublik und im Lande Berlin" zu ersetzen durch die Worte „im Geltungsbereich dieses Gesetzes".
Diese beiden redaktionellen Änderungen sind auf Wunsch des Landes Berlin vorgenommen worden. Aus § 9 ergibt sich, daß, wenn das Land Berlin gemäß dem Dritten Überleitungsgesetz dieses Gesetz auch für sich als gültig erklärt, der Geltungsbereich dieses Gesetzes die Bundesrepublik einschließlich des Landes Berlin sein wird.
Ich bitte Sie, auch diese redaktionellen Änderungen bei Ihren Beschlüssen zu berücksichtigen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten in die zweite Lesung ein. Von den redaktionellen Änderungen hat das Haus Kenntnis genommen.
Ich rufe auf § 1 unter Berücksichtigung der von dem Herrn Berichterstatter vorgetragenen redaktionellen Änderung. Wird dazu das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer § 1 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — § 1 ist angenommen.
Ich rufe auf die §§ 2, - 3, - 4, — 5, — 6,
7 - unter Berücksichtigung der von dem Herrn
Berichterstatter vorgetragenen redaktionellen
Änderung -, 8, — 8 a, — 9, — 10, — 11, — Einleitung und Überschrift. — Änderungsanträge dazu
liegen nicht vor. Wird das Wort dazu gewünscht?
Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und Überschrift zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Dritte Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist angenommen.
Wer dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache 340 Seite 2 zustimmen will, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.
Punkt 5:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Kriegsopferversorgung für Berechtigte im Ausland (Drucksache 40) ;
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wiedergutmachung (Drucksache 341).
In Vertretung des Herrn Abgeordneten Hamacher hat das Wort als Berichterstatter Herr Abgeordneter Krammig.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf mich auf meine vorherigen Ausführungen beziehen und Sie bitten, auch in diesem Gesetzentwurf zwei redaktionelle Änderungen in Artikel I zu berücksichtigen, und zwar in § 12 Abs. 2 anstatt der Worte „in den Ländern der Bundesrepublik und im Land Berlin" „im Geltungsbereich dieses Gesetzes" zu setzen und in § 14 Abs. 1 die Worte „in die Bundesrepublik oder das Land Berlin" durch die Worte „in den Geltungsbereich dieses Gesetzes" zu ersetzen.
Ich darf mich auf die Begründung beziehen, die ich Ihnen soeben bei meinem Bericht Drucksache 340 vorgetragen habe.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. — Das Haus hat von den redaktionellen Änderungen zustimmend Kenntnis genommen.Ich rufe auf den Art. I mit den §§ 1 bis 16; der § 16 soll nach dem Antrag des Ausschusses entfallen. Wird dazu das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.Wer den aufgerufenen Paragraphen des Art. I zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die Paragraphen sind angenommen.Ich rufe auf Art. II, — Art. III, - Art. IV, —Art. V, — Einleitung und Überschrift. — Änderungsanträge liegen nicht vor. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht.Wer den aufgerufenen Art. II bis V, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
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1532 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958
Präsident D. Dr. Gerstenmaier Wir kommen zurdritten Beratung.Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.Wer dem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist einstimmig angenommen.Ich rufe auf Punkt 6 der Tagesordnung:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung desSozialgerichtsgesetzes ; Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (12. Ausschuß) (Drucksache 338).
Berichterstatter ist der Herr Abgeordnete Wittrock. Ich frage ihn, ob er verzichtet.
— Keine Bemerkungen.Ich rufe auf den § 1. Wird das Wort dazu gewünscht? — Das Wort dazu wird nicht gewünscht.Hier mache ich auf eine Druckfehlerberichtigung aufmerksam. In Nr. 01 heißt es nicht „rechtshändigen Streitsachen", sondern „rechtshängigen Streitsachen".Wer § 1 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? —§ 1 ist angenommen.Ich rufe auf § 2, — § 3, — Einleitung und Überschrift. — Änderungsanträge liegen nicht vor.Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.Wir kommen zurdritten Beratung.Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth!
Meine Damen und Herren, dieses Gesetz soll eine Entlastung der Sozialgerichte bringen, und in gewissem Umfange wird es dieses Ziel auch erreichen. Aber es bleibt doch ein erheblicher Mißstand übrig, der noch beseitigt werden muß. Wir haben jetzt davon abgesehen, zu diesem Gesetzentwurf Anträge zu stellen.
Ich habe mich in der dritten Lesung zum Wort gemeldet, um die Regierung zu bitten, dieser Frage ihre Aufmerksamkeit zu schenken und uns zu gegebener Zeit, d. h. möglichst bald, Vorschläge zur Behebung auch dieser Fehlerquellen zu machen. Eine vollkommene Entlastung der Sozialgerichte kann nicht erreicht werden, wenn auf die Dauer die Kostenfreiheit des Verfahrens in der jetzigen Form beibehalten wird.
— Ja, Herr Professor Schellenberg, Sie werden zwar die Verhältnisse kennen, aber ich darf doch einige konkrete Zahlen dazu nennen. Ich bitte Sie, meine Ausführungen als so sachlich zu betrachten, wie es diese Zahlen sind. Anderes sollte hier gar nicht vorgetragen werden. Wenn ich eine andere Absicht hätte, hätte ich einen Antrag gestellt. Ich habe das nicht getan, sondern ich wiederhole, daß ich an die Bundesregierung die Aufforderung richte, diese Dinge ernsthaft zu überprüfen.
Allein im Bereich der gewerblichen Unfallversicherung sind im ersten Halbjahr 1956 von den anhängigen Berufungen über 4000 durch die Versicherten oder Hinterbliebenen eingelegt worden, ein Fünftel, etwa 1000, von den Versicherungsträgern. Bei den Revisionen, also in der nächsten Instanz, entfiel nur noch ein Achtel der Anträge auf die Sozialversicherungsträger, während sieben Achtel auf die Versicherten entfielen. Der Erfolg dieses Rechtsmittels stand im umgekehrten Verhältnis dazu: In 628 Fällen entschieden die Berufungsgerichte zugunsten der Sozialversicherungsträger und nur in 125 Fällen zugunsten der Versicherten. In 495 Fällen nahmen die Versicherten die Berufung zurück, in 74 Fällen die Sozialversicherungsträger. Diese Zahlen könnte ich noch beliebig vermehren aus anderen Zweigen der Sozialversicherung.
Ich bitte noch einmal, diese meine Ausführungen nicht als Vorwurf aufzufassen. Es läge gerade uns fern, etwa den Versicherten auch nur die Chance des Rechts zu nehmen, in die Berufung zu gehen. Aber diese Dinge müssen sich in einer gewissen Grenze halten, die vertretbar ist, vor allem im Interesse der anderen Versicherten, denn eine unbegründete Inanspruchnahme der nächsten Instanz kostet ja das Geld der anderen Kollegen, der Versicherten in erster Linie, und das sollte doch im gemeinsamen Interesse aller Versicherten nach Möglichkeit vermieden oder wenigstens eingedämmt werden.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Schellenberg?
Gern.
Herr Kollege Dr. Atzenroth, ist Ihnen bekannt, daß die Sachverständigen, die im Ausschuß gehört wurden, sich dagegen ausgesprochen haben, und zwar deshalb, weil die Mehrzahl der Betroffenen in sozial bedrängter Lage leben und weil dann im Wege des Armenrechtsverfahrens nur weitere Komplizierungen eintreten würden?
Herr Kollege Schellenberg, ich habe die Erklärungen der Sachverständigen in den Protokollen, die ich ja von Ihnen zugeschickt bekomme, gelesen, sogar eingehend gelesen. Aber damit ist das Anliegen ja nicht bereinigt; das Anliegen besteht nach wie vor. Über die richtige Lösung wollen wir uns unterhalten, und ich bin
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958 1533
Dr. Atzenrothgern bereit, mich gerade mit Ihnen persönlich darüber zu unterhalten, welchen geeigneten Weg wir vielleicht gemeinsam, Herr Schellenberg, der Regierung vorschlagen können. Wenn wir ihn nicht finden sollten, dann hoffe ich, daß die Regierung uns einen Weg vorschlagen wird.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Döhring.
Herr Präsident! Meinen Herren und Damen! Die Problematik dieses Gesetzentwurfes, den wir jetzt verabschieden wollen, ist schon durch die schriftlichen Ausführungen des Herrn Berichterstatters deutlich geworden. Es handelt sich hierbei um zwei Anliegen. Es geht erstens darum, daß das Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit vereinfacht und beschleunigt werden soll. Das ist unbedingt erforderlich und richtig. Das Hais konnte nicht länger untätig zusehen, wie Tausende von Menschen in der Bundesrepublik bei den verschiedenen Instanzen der Gerichtsbarkeit jahrelang auf eine Entscheidung und damit auf ihr Recht warten müssen. Nach den letzten statistischen Erhebungen waren insgesamt 320 000 Klagen noch unerledigt.
In dieser Zahl drückt sich auch das schwere Erbe aus, das die Sozialgerichtsbarkeit infolge des komplizierten Sozialrechts in der Bundesrepublik zu tragen hat. Hier dart ich dem Herrn Kollegen Atzenroth auch meinerseits entgegenhalten, daß die Kostenbeteiligung in der Sozialgerichtsbarkeit ebenfalls zu einer Komplizierung des Verfahrens führen würde, da häufig das Armenrecht beansprucht werden würde.
Die Beschleunigung des Sozialgerichtsverfahrens, die mit diesem Gesetzentwurf angestrebt wird, wird auch von meiner Fraktion begrüßt. Aber das ist, wie ein Blick in den Gesetzentwurf zeigt, nur die eine Seite der Sache. Die andere .Seite ist die, daß die Beschleunigung durch weitgehende Eingriffe in die Grundlagen der Sozialgerichtsbarkeit — ich muß das Wort sagen — erkauft werden soll. Denn zu den Grundlagen der Sozialgerichtsbarkeit gehört das Zusammenwirken von Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richtern.
Durch dieses Gesetz wird aber die Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter an so manchen entscheidenden Stellen ausgeschaltet. Hiergegen sind in den Beratungen des Ausschusses von meiner Fraktion schwerwiegende, nach unserer Auffassung berechtigte Bedenken geäußert worden, denen sich die Herren Sachverständigen nicht verschlossen haben; ich will sie hier nicht im einzelnen wiederholen. Ich weise nur auf den § 216 hin, in dem es heißt, daß der Vorsitzende, d. h. der Berufsrichter, ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Beisitzer Vorbescheide bzw. Beschlüsse erlassen kann und daß das Landessozialgericht ohne Hinzuziehung der Landessozialrichter, also ohne die ehrenamtlichen Richter, eine Revision oder Berufung zurückweisen kann, wenn sie „offenbar unbegründet" ist. In diesem dehnbaren Begriff wird die ganze Problematik offenkundig. Aber im Ausschuß wurde der sozialdemokratische Antrag, den Begriff „offenbar unbegründet" im Gesetz genau zu definieren, bedauerlicherweise ebenso wie einige unserer anderen Anträge abgelehnt.
Nur der Umstand, daß die Möglichkeit besteht, die Vorbescheide und die Beschlüsse in einem weiteren Rechtszug vor einem vollständigen, also auch mit den ehrenamtlichen Richtern besetzten Gericht überprüfen zu lassen, ermöglicht es der sozialdemokratischen Fraktion, diesem Gesetz zuzustimmen. Die Zustimmung wird uns insbesondere auch deshalb eher möglich, weil es sich lediglich um eine Übergangsregelung bis zum 31. Dezember 1960 handeln soll.
Wir sprechen aber die Erwartung aus, daß die Bundesregierung ihrerseits alles tut, um die zuständigen Stellen, insbesondere die Versorgungsbehörden, entsprechend anzuhalten, damit sie im Einzelfall sorgfältiger als bisher prüfen, ob es unbedingt erforderlich ist, ein Rechtsmittel einzulegen. Auf diese Weise würde ebenfalls mit zu der notwendigen Entlastung der Sozialgerichtsbarkeit beigetragen werden können.
Ein weiteres wichtiges Anliegen meiner Fraktion ist, daß die Bundesregierung, soweit es sich um das Bundessozialgericht mit seinen Senaten handelt, eine ausreichende Besetzung des Gerichts vornimmt, wie ihr dies nach dem Gesetzentwurf ermöglicht wird.
Im übrigen wird es eine dringende Aufgabe des Hauses sein, hei den Beratungen der weiteren sozialpolitischen Gesetze dafür zu sorgen, daß das gesamte Sozialrecht klar und übersichtlich gestaltet wird, damit nicht durch ein kompliziertes Recht die Inanspruchnahme der Sozialgerichte geradezu provoziert wird.
Weitere Wortmeldungen? - Die allgemeine Aussprache ist geschlossen.Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist bei einer Enthaltung angenommen.Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 10. März 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über die Regelung gewisser Forderungen aus der Sozialversicherung ;Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (Drucksache 339).
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. — Bitte sehr, Herr Abgeordneter Büttner als Berichterstatter!
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1534 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Drucksache 37 vom 30. November 1957 ist der Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 10. März 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über die Regelung gewisser Forderungen aus der Sozialversicherung vorgelegt worden. Ich darf für den Sozialpolitischen Ausschuß wie folgt berichten:Der Vertrag vom 10. März 1956 bezieht sich erstens nur auf die Ansprüche, die vor dem 1. Januar 1956 in den gesetzlichen Unfallversicherungen und den gesetzlichen Rentenversicherungen der beiden Länder erworben worden sind.Zweitens gilt er für alle deutschen und jugoslawischen Staatsangehörigen, die am 1. Januar 1956 im Bundesgebiet oder im Land Berlin oder in Jugoslawien ihren ständigen Wohnsitz gehabt haben.Drittens regelt er die beiderseitigen Ansprüche in der Weise, daß die Ansprüche Deutscher gegen jugoslawische Versicherungsträger von der deutschen Sozialversicherung und die Ansprüche jugoslawischer Staatsangehöriger gegen deutsche Versicherungsträger von der jugoslawischen Sozialversicherung befriedigt werden und die Bundesrepublik die jugoslawischen Ansprüche, soweit sie die auf die deutsche Sozialversicherung zu übernehmenden jugoslawischen Verbindlichkeiten übersteigen, durch Zahlung von 26 Millionen DM abgilt.Zur Regelung der Ansprüche aus der Vergangenheit, die von dem Vertrag nicht erfaßt werden, sowie der künftigen Beziehungen auf dem Gebiet der Sozialversicherung sieht der Vertrag den Abschluß eines Gegenseitigkeitsabkommens vor.Der Vertrag und das Zustimmungsgesetz regeln u. a. die sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche der Insassen jugoslawischer Zwangsarbeitslager, soweit sich die Personen oder im Fall ihres Todes die rentenberechtigten Hinterbliebenen am Stichtag in der Bundesrepublik befunden haben. Dabei bietet bereits das Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz die Möglichkeit, die Zeit der Zwangsarbeit bei der Rente zu berücksichtigen. Soweit die Insassen der Zwangsarbeitslager ohne rentenberechtigte Hinterbliebene verstorben sind, liegt der Fall ebenso, wie wenn der Versicherte in der Bundesrepublik ohne Hinterlassung rentenberechtigter Hinterbliebener verstorben wäre, d. h. eine Leistung aus der Sozialversicherung kommt hier nicht in Betracht.Der Vertrag gilt nicht für Deutsche, die nach dem 1. Januar 1956 in die Bundesrepublik gekommen sind oder noch kommen, sowie für Deutsche, die vor diesem Tage die Bundesrepublik verlassen haben. Diese Personen erhalten vielmehr Leistungen nach Maßgabe des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes. Es würde Sache des im Art. 4 des Vertrages vorgesehenen künftigen deutschjugoslawischen Gegenseitigkeitsabkommens über Sozialversicherung sein, die sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche dieser Personen endgültig zu regeln.Um sicherzustellen, daß die zur Durchführung des Vertrags benötigten Versicherungsunterlagen von den beiderseitigen Trägern und Behörden möglichst rasch und vollständig zur Verfügung gestellt werden, wurde durch Vermittlung der französischen Botschaft als der Schutzmachtvertretung der deutschen Interessen in Belgrad inzwischen ein bereits von der früheren deutschen Botschaft vorbereitetes Übereinkommen mit dem jugoslawischen Staatssekretariat für auswärtige Angelegenheiten abgeschlossen. Danach besteht Einverständnis zwischen den deutschen und jugoslawischen Stellen, daß künftig die beiderseitigen Versicherungsträger bei Anforderungen von Unterlagen und Auskünften über Versicherungsverhältnisse unmittelbar miteinander verkehren können. Dadurch werden hoffentlich große Verzögerungen vermieden, wenn sich auch gezeigt hat, daß in verschiedenen Fällen bereits Auskünfte und Unterlagen auf diesem Wege verhältnismäßig rasch eingegangen sind. Die deutschen Versicherungsträger sind von dieser Vereinbarung unterrichtet und mit einem Verzeichnis der jugoslawischen Versicherungsträger versehen worden.Darüber hinaus sieht das entsprechend anzuwendende Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz vor, daß bei Geltendmachen der Ansprüche die Glaubhaftmachung zugelassen wird. Sie kann auch durch eidesstattliche Erklärung des Antragstellers oder anderer Personen erfolgen, so daß ein Berechtigter nicht deshalb abgewiesen oder hingehalten werden kann, weil die Beibringung der Versicherungsunterlagen nicht möglich ist.Ich darf die Bitte des Ausschusses an die Regierung zu diesem Punkte, der, wie die Vergangenheit in gleichgelagerten Fällen bewiesen hat, versicherungsrechtlich recht schwierig ist, wiederholen, daß die Notwendigkeit der gegenseitigen amtlichen Hilfe besonders unterstrichen wird. Alle beteiligten amtlichen Stellen müssen von sich aus die im Rentenverfahren erbetenen Auskünfte umgehend erteilen und notwendige Unterlagen so schnell wie möglich erstellen und weiterleiten. Auf diese Weise soll erreicht werden, daß eidesstattliche Erklärungen in eigener Sache nach Möglichkeit vermieden werden.Ich darf auf die im Ausschuß beschlossene Änderung der Artikel 5 Abs. 1 und 12 hinweisen. Art. 5 Abs. 1 soll lauten:Zeiten, die von den in Artikel 1 Abs. 1 Buchstabe a des Vertrages genannten Deutschen vor dem 1. Januar 1956 in einer jugoslawischen gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt worden sind oder als zurückgelegt gelten und nach jugoslawischem Recht Versicherungszeiten oder ihnen gleichgestellte Zeiten sind oder wären, wenn diese Personen bis zum genannten Tage im Gebiet der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien beschäftigt gewesen wären, werden wie Versicherungszeiten angerechnet, die in einer deutschen gesetzlichen Rentenversicherung im Bundesgebiet zurückgelegt worden sind.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958 1535
BüttnerArt. 12 soll folgende Fassung erhalten:Dieses Gesetz gilt auch im Land Berlin, sofern das Land Berlin die Anwendung dieses Gesetzes feststellt. Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 .In diesem Zusammenhang ist weiter noch darauf hinzuweisen, daß die Frage, ob eine Verbesserung des Umrechnungskurses und der Tabellen nach dem auch insoweit entsprechend geltenden Fremd- und Auslandsrentengesetz möglich ist, in Zusammenhang mit den Plänen zur Neuordnung des Fremdrentengesetzes eingehend geprüft werden muß.Bei den Verhandlungen und dem Abschluß des Vertrags wurde übereinstimmend davon ausgegangen, daß sich der Vertrag, wie sich auch aus seiner Überschrift ergibt, ausschließlich mit der Regelung der beiderseitigen Forderungen auf dem Gebiet der Sozialversicherung befaßt. Es erscheint daher weder notwendig noch nützlich, von deutscher Seite aus ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß der Vertrag die außerhalb der Sozialversicherung bestehenden Ansprüche der Heimatvertriebenen aus Jugoslawien nicht berührt.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten in die zweite Lesung ein, Ich rufe auf Art. 1 his 14, Einleitung und Überschrift. Wird das Wort gewünscht? Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! —Angenommen.
Dritte Beratung,
allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dein Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. — Gegenprobe!-Enthaltungen? — Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 8 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Zusatzübereinkommen vom 7. September 1956 über die Abschaffung der Sklaverei, des Sklavenhandels und sklavereiähnlicher Einrichtungen und Praktiken ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (Drucksache 334).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Euler. - Verzichtet das Hans auf Berichterstattung? — Das ist der Fall.
Ich rufe auf in zweiter Beratung Art. 1, Art. 2,1 Art. 3, Einleitung und Überschrift. Vier einverstanden ist, der möge das Handzeichen geben. — Gegenprobe! — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich schließe die zweite Beratung und rufe auf zur
dritten Beratung.
Ich rufe auf zur allgemeinen Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich rufe auf Art. 1 bis 3, Einleitung und Überschrift. Wer für das Gesetz als Ganzes ist, der möge sich erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Punkt 9 ist schon erledigt. Punkt 10:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Preisstatistik ;
Mündlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksache 343).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Dr. Seume.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf eines Gesetzes über die Preisstatistik ist bereits am 14. Mai 1957, also vor fast einem Jahr, dem 2. Deutschen Bundestag als Drucksache 3515 zugeleitet, jedoch nicht mehr in erster Lesung behandelt worden. Die Bundesregierung hat nunmehr diesen Entwurf unverändert am 30. November 1957 als Drucksache 44 erneut beim Bundestag eingebracht. Er wurde in der 6. Sitzung vom 12. Dezember 1957 in erster Lesung dem Wirtschaftsausschuß überwiesen und von diesem eingehend am 12. Februar und am 17. April 1958 beraten. Das Bundesministerium für Wirtschaft und das Statistische Bundesamt haben alle erforderlichen Auskünfte erteilt und die notwendigen Unterlagen zur Verfügung gestellt.Nach Abschnitt III des am 3. September 1953 vom Bundestag beschlossenen grundlegenden Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke sind Bundesstatistiken an bestimmte Rechtsvoraussetzungen gebunden. Diese Voraussetzungen müssen für Statistiken des Bundes, die schon vor Inkrafttreten des Gesetzes vom September 1953 zu laufen begonnen haben, — auf Grund entsprechender Beschlüsse des Bundestages vom 8. August 1955 und vom 15. Juli 1957 — bis Mitte September des Jahres 1959 geschaffen werden.Der vorliegende Gesetzentwurf - Drucksache 44 — schafft nun die erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen für die bisher laufenden Preisstatistiken und gleichzeitig für die Einrichtung von drei neuen Preisstatistiken, nämlich erstens eine Statistik in vierteljährlicher Erhebungsperiode für Mieten und Pachten für die Gebrauchsüberlassung von Räumen und Grundstücken, zweitens eine Statistik für Preise von Grundstücken — der mit der Lockerung bestehender Preisbindungen besondere Bedeutung beigemessen wird — und drittens eine Statistik in viertel-
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1536 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958
Dr. Seumejährlicher Erhebungsperiode für die Preise von Bauleistungen und Baunebenleistungen. Wie das Bundeswirtschaftsministerium in der Ausschußberatung mitgeteilt hat, sind mit diesem Gesetzentwurf über die Preisstatistik alle in seinem Geschäftsbereich laufend durchgeführten Bundesstatistiken an die nach dem Gesetz vorn September 1953 vorgeschriebene Rechtsform angepaßt, ausgenommen die Statistik der Wirtschaftsrechnungen privater Haushaltungen, über die noch eine Gesetzesvorlage innerhalb der Mitte September 1959 ablaufenden Übergangsfrist zu erwarten ist. Wie sich aus einer Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes vom November 1957 ergibt, ist auf den übrigen Gebieten der laufenden Bundesstatistik diese Anpassungsgesetzgebung bis auf wenige Ausnahmen abgeschlossen.Die amtliche Preisstatistik in der Bundesrepublik ist in der Nachkriegszeit in Anlehnung an die frühere Reichsstatistik aus Gründen des öffentlichen Interesses wiederaufgebaut worden, und zwar als ein System statistischer Erhebungen, mit denen die Preise für Güter und Dienstleistungen der verschiedenen Wirtschaftsbereiche auf den einzelnen Stufen des volkswirtschaftlichen Güterkreislaufs erfaßt und beobachtet werden. Dabei werden die Preise für die einzelnen Waren- und Dienstleistungsarten nicht bei allen Unternehmen und Betrieben, bei denen sich Marktpreise bilden, erfaßt, sondern nur bei einer für die jeweilige Branche typischen repräsentativen Auswahl von Betrieben sowie von Waren und Dienstleistungen. In der Öffentlichkeit stark beachtete Preisindexberechnungen des Statistischen Bundesamtes sind, um aus einer größeren Anzahl nur einige wenige zu nennen, der Index der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise, der Index der industriellen Erzeugerpreise, der Index der Preise für Einfuhrgüter, der Index der Einzelhandelspreise, der Mietpreisindex und der Preisindex der Lebenshaltung. Die Verfügbarkeit solcher und anderer Indizes ist besonders für Berechnungen im Rahmen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung unerläßlich, wobei die Aufstellung volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen eine dem Statistischen Bundesamt vom Gesetzgeber im Statistischen Gesetz vom September 1953 ausdrücklich zugewiesene Aufgabe ist.Aufbau und Inhalt des vorgelegten Gesetzentwurfs sind klar und entsprechen den Vorschriften des Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke vom September 1953. § 1 des vorliegenden Gesetzentwurfs — Drucksache 44 — ordnet die Preisstatistik als Bundesstatistik an. § 2 beschreibt das Erhebungsprogramm dieser Preisstatistik. In den §§ 3 bis 7 werden die Preisstatistiken in den einzelnen Sachbereichen hinsichtlich der zu erfassenden Tatbestände und des Kreises der Auskunftspflichtigen im einzelnen geregelt. § 8 regelt die Periodizität der Preisstatistik, die im allgemeinen einen monatlichen Turnus vorsieht. § 9 enthält Sondervorschriften über ein zentrales Durchführungsverfahren bei der Statistik auf dem Gebiete der Preise für Verkehrsleistungen. Die §§ 10 und 11 enthalten die übliche Berlin-Klausel und die Schlußvorschrift.Die in den §§ 3 bis 7 festgelegte Auskunftspflicht ist im § 10 des Gesetzes vom September 1953 grundlegend geregelt. Der Wirtschaftsausschuß hat sich mit der Frage befaßt, ob die amtlichen Preisstatistiken auch auf freiwilliger Grundlage durchgeführt werden könnten. Er hat diese Frage klar verneint und festgestellt, daß gerade bei der Preisstatistik auch schon bisher nach den alten Rechtsgrundlagen eine Auskunftsverpflichtung bestanden hat.Der Bundesrat war der Meinung, daß der vorliegende Gesetzentwurf zustimmungsbedürftig sei, weil er in § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 8 das Verwaltungsverfahren der Landesbehörden gemäß Art. 84 Abs. 1 des Grundgesetzes regele. Der Wirtschaftsausschuß hat sich nach eingehender Beratung der Auffassung der Bundesregierung angeschlossen, daß es sich bei der Mitwirkung der Landesbehörden nicht um eine Regelung des Verwaltungsverfahrens, sondern um die in § 10 des Gesetzes vom September 1953 bereits gesetzlich geregelte Auskunftspflicht handelt. Der Ausschuß hält somit eine Zustimmungsbedürftigkeit für nicht gegeben.Auch für die im § 8 Abs. 4 vorgesehenen Rechtsverordnungen, mit denen die Bundesregierung erforderlichenfalls von den grundsätzlich vorgeschriebenen monatlichen Erhebungszeiträumen abweichen kann, sieht der Wirtschaftsausschuß — mit einer Stimmenthaltung — im Gegensatz zur Auffassung des Bundesrats keine Zustimmungsbedürftigkeit. Der mit diesen Rechtsverordnungen der Bundesregierung verfolgte Zweck einer schnellen Anpassung der Preisstatistik an Preisbewegungen gerade bei lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen durch den Übergang z. B. auf eine kürzere Periodizität würde sich aus zeitlichen Gründen nicht verwirklichen lassen, wenn die erforderlichen Rechtsverordnungen erst noch der Zustimmung des Bundesrats bedürften. Die Auffassung des Wirtschaftsausschusses und der Bundesregierung ist im übrigen durch Art. 80 Abs. 2 des Grundgesetzes gedeckt.Der Bundesrat hatte weiter den Wunsch, abweichend von den im § 8 Abs. 1 des Gesetzentwurfs vorgesehenen monatlichen Erhebungen insbesondere die Einkaufspreise für landwirtschaftliche Betriebsmittel, die Preise für wichtige Baustoffe und Bauleistungen, die Mieten für Wohnungen sowie die Preise für Handwerkerleistungen in nicht kürzeren als vierteljährlichen Abständen zu erheben. Der Wirtschaftsausschuß konnte einer derart gesetzlich verankerten Festlegung längerer Erhebungszeiträume nicht folgen, weil dann im Falle von Preisbewegungen notwendig werdende kürzere Erhebungszeiträume erst auf Grund zeitraubender Gesetzesänderungen möglich sein würden.Schließlich wünschte der Bundesrat, bei der neu einzuführenden Statistik für Grundstückspreise die im § 7 Abs. 2 des vorgelegten Gesetzes verankerte Auskunftspflicht der Grundbuchämter mit Rücksicht auf ihre außerordentlich starke Geschäftsbelastung zu streichen. Eine derart ersatzlose Streichung jedoch würde gegen die Vorschriften des § 7 des Gesetzes vom September 1953 verstoßen, wonach der Kreis der Befragten festgelegt sein muß. Der Wirtschaftsausschuß lehnte auch einen Kompromißvorschlag der Bundesregierung wegen zusätzlicher Komplizierung des Verfahrens ab und beschloß — bei einer Stimmenthaltung — vorzuschlagen, den
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958 1537
Dr. Seume§ 7 in der ursprünglichen Fassung der Regierungsvorlage beizubehalten, zumal da das Statistische Bundesamt die Grundbuchämter mit wichtigen Vorarbeiten unterstützt.Im übrigen findet sich in der Stellungnahme des Bundesrats — Drucksache 44, Anlage 2, Seite 6, rechte Spalte unter II — eine „Entschließung", in der die Bundesregierung aufgefordert wird, mehrere Rundschreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft mit dem Inkrafttreten des vorgelegten Gesetzes aufzuheben. Das Bundesministerium für Wirtschaft hat hierzu mitgeteilt, daß diese Erlasse, soweit sie sich auf preisstatistische Berichterstattung beziehen, inzwischen im Januar dieses Jahres aufgehoben worden sind.Die Bundesregierung hat in der Ausschußberatung darauf hingewiesen, daß nach der vorliegenden Fassung des § 5 Abs. 2 die Frachtbelastungen in Fällen der Einfuhr von Gütern auf fremdländischen Transportmitteln nicht erfaßt werden können, weil eine Auskunftspflicht derjenigen, die in solchen Fällen Verkehrsleistungen in Anspruch nehmen, nicht statuiert ist. Die Bundesregierung hat deshalb den Wunsch geäußert, zur Festlegung einer entsprechenden Auskunftspflicht den § 5 Abs. 2 in der gemäß Drucksache 343 unter Ziffer 1 vorgelegten Form zu ändern. Der Wirtschaftsausschuß hat die Gründe anerkannt und dementsprechend beschlossen. Er legt diese Änderung dem Bundestag mit der Drucksache 343 zur Beschlußfassung vor.Der Ausschuß hatte sich außerdem mit den Einwänden des Verbandes der Reeder vom 4. Januar dieses Jahres auseinanderzusetzen, der u. a. offenbar eine Ausweitung der gegenwärtig vorn Bundesministerium für Verkehr geführten Statistik der Seefrachtraten durch das Statistische Bundesamt befürchtet. Aus den mündlichen und schriftlichen Auskünften der Bundesregierung ergibt sich außer dem dringenden öffentlichen Interesse an einer solchen Statistik, daß sie auch künftig beim Bundesministerium für Verkehr und nicht beim Statistischen Bundesamt geführt werden wird und daß nicht beabsichtigt ist, ihren Umfang auszudehnen. Die Befragung bleibt wie bisher auf eine kleine Anzahl von Reedern beschränkt, wobei im Wirtschaftsausschuß darüber Übereinstimmung bestand, daß die Zahl der befragten Reedereien im Interesse des Aussagewertes der Statistik variabel bleiben muß.Der Wirtschaftsausschuß hat schließlich die Aufnahme einer Saarklausel für notwendig gehalten. Hierbei war zu berücksichtigen, daß die Saarregierung statistische Erhebungen auf der Grundlage des mit der Drucksache 44 vorgelegten Gesetzentwurfes auf dem Wege des Erlasses durchzuführen beabsichtigt, auch ohne daß das grundlegende Gesetz vom September 1953 vorerst auf das Saarland erstreckt ist. Dieses Verfahren soll unter keinen Umständen beeinträchtigt werden. Aus diesem Grunde legt der Ausschuß dem Bundestag in der Drucksache 343 unter Ziffer 2 in einem neuen § 10a eine Saarklausel zur Beschlußfassung vor, die folgenden Wortlaut hat:Dieses Gesetz gilt im Saarland von dem Zeitpunkt an, an dem das Gesetz über die Statistikfür Bundeszwecke vom 3. September 1953 (Bundesgesetzblatt I S. 1314) im Saarland in Kraft tritt.Ein weiterer, dem Bundestag mit der Drucksache 343 unter Ziffer 3 vom Wirtschaftsausschuß vorgelegter Antrag befaßt sich mit dem Inkrafttreten des Gesetzes und schlägt vor, den § 11 des Regierungsentwurfs so zu fassen, daß dieses Gesetz am Tage nach seiner Verkündung in Kraft tritt.Im übrigen beantragt der Wirtschaftsausschuß, dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes über die Preisstatistik — Drucksache 44 — unverändert nach der Vorlage zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf §§ 1,-2,-3,-4,-5,-6,-7,-8,— 9, — 10, — 10 a, — 11, — Einleitung und Überschrift. - Wer diesen Bestimmungen zustimmen will, möge das Handzeichen geben. — Gegenprobe! — Ich stelle einstimmige Annahme fest.Wir kommen zurdritten Beratung.Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. — Gegenprobe! — Ich stelle einstimmige Annahme fest.Ich rufe Punkt 11 auf:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anwendung der mit den Gesetzen über das Zweite bis Fünfte Berichtigungs- und Änderungsprotokoll zu den Zollzugeständnislisten des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens veröffentlichten Listen XXXIII (Anwendungsgesetz) (Drucksache 232) ;Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksache 297).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Diebäcker.
— Es ist ein Schriftlicher Bericht vorgelegt. Verzichtet das Haus auf mündliche Berichterstattung?— Kein Widerspruch; das Haus verzichtet.Dann treten wir in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf §§ 1, — 2, — 3, — 4, — Einleitung und Überschrift. — Wer mit diesen Bestimmungen einverstanden ist, möge das Handzeichen geben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.Wir kommen zurdritten Beratung.Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben, — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
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1538 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958
Vizepräsident Dr. Schmid Ich rufe auf Punkt 12:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Südafrikanischen Union zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Einkünften aus dem Betrieb der Seeschiffahrt und der Luftfahrt ;Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache 295).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Königswarter.
— Sie verweisen auf Ihren Schriftlichen Bericht. — Verzichtet das Haus auf Entgegennahme des mündlichen Berichts? — Das ist der Fall.Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf Art. 1, — 2, — 3, — Einleitung und Überschrift.— Wer diesen Bestimmungen zustimmen will, der möge das Handzeichen geben. — Gegenprobe! — Keine Gegenstimme; ich stelle einstimmige Annahme fest. Ich schließe die zweite Beratung.Wir treten ein in diedritte Beratung.Wortmeldungen liegen nicht vor. Wer dem Gesetzim ganzen zustimmen will, der möge sich erheben.— Gegenprobe! — Ich stelle einstimmige Annahme fest.Punkt 13:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Protokoll zur Verlängerung der Geltungsdauer der Konvention der Vereinten Nationen vom 6. April 1950 über die Todeserklärung Verschollener ;Mündlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache 345).
Berichterstatterin ist Frau Abgeordnete Dr. Schwarzhaupt. — Sie verweisen auf den Schriftlichen Bericht. — Das Haus ist einverstanden? — Kein Widerspruch.Dann treten wir in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf Art. 1, — 2, — 3, — Einleitung und Überschrift. — Wer diesen Bestimmungen zustimmen will, der möge ein Handzeichen geben. — Gegenprobe! — Keine Gegenstimme; einstimmig angenommen. Ich schließe die zweite Beratung.Ich rufe auf zurdritten Beratung.Wortmeldungen liegen nicht vor. Wer dem Gesetzim ganzen zustimmen will, der möge sich erheben.— Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme lest.Ich rufe auf Punkt 14:Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung landwirtschaftlicher Investitionsvorhaben zum Zwecke der Vorbereitung auf die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
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Zur Begründung hat das Wort der Abgeordnete Mauk.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die Ehre, im Namen meiner Fraktion einen Gesetzentwurf zu begründen, der der Landwirtschaft insbesondere angesichts der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft helfen soll. Sie wissen, daß die Urproduktionszweige der Volkswirtschaft anderen Wirtschaftsbedingungen unterliegen als etwa die verarbeitende Industrie. Die gewerbliche Urproduktion ist an das Vorkommen gebunden, die landwirtschaftliche Urproduktion — und es handelt sich auch bei der Landwirtschaft um nichts anderes — ist an den Boden gebunden. Beide sind aber für eine Volkswirtschaft gleich wichtig. So wichtig Erdöl, Erze und Kohle für die gewerbliche Wirtschaft sind, so wichtig ist die Nahrung für den Menschen.
Wir haben nach der Währungsreform unseren Wirtschaftszweigen verschiedentlich geholfen. Wir haben der Urproduktion des gewerblichen Sektors mit einem Investitionshilfegesetz geholfen. Wir haben auch der anderen Wirtschaft geholfen. Wir haben dem darniederliegenden Wohnungsbau geholfen. Wir sind nun der Meinung, daß es an der Zeit ist, auch dem Zweig der Wirtschaft zu helfen, der bisher als Stiefkind behandelt worden ist.
— Sie verweisen auf das, was wir im Bundestag schon getan haben. Ich darf Sie, sehr verehrter Herr Kollege, an das erinnern, was der Herr Bundesernährungsminister Dr. Lübke in dem Grünen Bericht Anfang Februar mitgeteilt hat. Er hat festgestellt, daß sich die Lage der Landwirtschaft trotz des Landwirtschaftsgesetzes und trotz der Hilfen, die ihr durch den Grünen Plan gewährt worden sind, in den letzten Jahren nicht verbessert hat. Herr Minister Dr. Lübke hat bis heute meines Wissens noch nichts getan, um der Behauptung des Deutschen Bauernverbandes entgegenzutreten, daß die Disparität zwischen Landwirtschaft und gewerblicher Wirtschaft auch im abgelaufenen Wirtschaftsjahr rund 3,5 Milliarden DM betragen hat.
— Ich habe es schon gesehen. Ich bedauere das außerordentlich, Herr Kollege. Trotzdem bin ich verpflichtet, diese Dinge hier vorzutragen. Ich hoffe, daß die Regierung dann wenigstens das Protokoll zu Gesicht bekommt und das nachliest, was ich gesagt habe.
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958 1539
MaukIch darf dazu noch folgendes feststellen. Auch die verhältnismäßig optimistischen Ausführungen in der Vorschau auf die Lage der Landwirtschaft im laufenden Wirtschaftsjahr, die Herr Minister Lübke gemacht hat, haben sich durch die Entwicklung insbesondere der letzten Monate inzwischen als zumindest sehr fragwürdig erwiesen. Ich glaube, der Optimismus war nicht berechtigt. Ich erinnere nur an die Lage auf dem Fleisch- und Buttermarkt und in einigen anderen Zweigen der Landwirtschaft.Als erschreckend erweist sich aber die Lage der Landwirtschaft, wenn man sich mit dem auseinandersetzt, was durch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft auf uns zukommt. Wenn wir die deutsche Landwirtschaft mit den Landwirtschaften der übrigen fünf beteiligten Länder vergleichen, dann müssen wir uns schon sagen, daß die Startbedingungen für die deutsche Landwirtschaft ungleich schlechter als die für die Landwirtschaften unserer Vertragspartner sind. Wenn man dann sieht, wie wenig Konzeption bei den amtlichen Stellen unserer Bundesregierung bis heute vorhanden ist, die sich damit befassen müssen, wie die deutsche Landwirtschaft in den Gemeinsamen Markt eingegliedert werden soll, dann entsteht bei all denen, die sich damit beschäftigen, wirklich ein unangenehmes Gefühl. Der deutschen Landwirtschaft fehlt es einfach am Polster, um das, was in einem solchen Wettbewerb auf sie zukommt, ohne weiteres aushalten zu können.Wenn der deutschen Landwirtschaft heute da und dort vorgeworfen wird, sie sei rückständig, sie habe nicht genügend technisiert, dann darf ich dazu sagen, daß diese Vorwürfe nicht zu Recht erhoben werden können. Ich möchte Sie nicht mit Zahlen belästigen. Wenn Sie aber berücksichtigen, welche Mittel gerade in den Jahren seit der Währungsreform für die Technisierung in der Landwirtschaft eingesetzt worden sind, wie die Zahl der Schlepper und der landwirtschaftlichen Maschinen zugenommen hat, und wenn Sie dann die Situation der Landwirtschaft bei der jetzigen Finanzlage betrachten, dann muß man sagen: sie hat in den letzten Jahren alles getan, was auf Grund ihrer eigenen Kraft irgendwie möglich gewesen ist; sie hat alles, was sie an technischen Fortschritten aus eigener Kraft erreichen konnte, auch wirklich getan.Vielen, besonders den Vertretern der gewerblichen Wirtschaft, ist gar nicht bekannt, daß es der Landwirtschaft ungleich schwerer ist, sich technisch auszurüsten. Wenn wir einen Vergleich pro Jahresumsatz und Betrieb zwischen einem landwirtschaftlichen und einem gewerblichen Betrieb ziehen, ergibt sich, daß die Landwirtschaft, um in gleichem Maße zu technisieren, in der Regel, wenn ich vom Umsatz ausgehe, das Zwei-, Drei- und Vierfache an Werten einzusetzen hat. Denn die Maschinen, die bei uns eingesetzt werden müssen, sind in der Regel nur kurze Zeit, manchmal nur wenige Tage im Jahre arbeitsmäßig im Einsatz; die meisten Maschinen liegen die längste Zeit des Jahres still. Trotzdem ist die Technisierung vorangekommen, und es ist ungerecht, wenn man der Landwirtschaft einen Vorwurf daraus macht, daß sie heute noch nicht ganz so — —
— Er wird immer wieder gemacht.
— Ich darf daran erinnern, daß Herr Bundeswirtschaftsminister Erhard vor noch nicht einem Dreivierteljahr gesagt hat: Der Landwirtschaft ist nicht zu helfen, wenn sie nach mittelalterlichen Methoden arbeitet.
Das weise ich zurück.Nun gibt es gewisse Hemmnisse, die einer Technisierung in dem notwendigen Umfang entgegenstehen — Herr Richarts, das wissen Sie so gut wie ich —, und einige der Hemmnisse sind in der heutigen Lage der Landwirtschaft selbst begründet. Wir können z. B. deshalb noch nicht in dem erforderlichen Ausmaß technisieren, weil die landwirtschaftliche Struktur das noch nicht überall zuläßt. Sie kennen die Probleme der Strukturwandlung. Aus ähnlichen Gründen kann in Haus und Hof noch nicht so technisiert werden, wie es notwendig wäre. Der Einbau z. B. einer Entmistungsanlage — die eine der rentabelsten Maschinen ist, weil sie während des ganzen Jahres eingesetzt werden kann — macht es in der Regel erforderlich, den Stall umzubauen oder einen ganz neuen Stall oder gar eine neue Hofstelle zu errichten.Um diese Dinge geht es uns mit unserem Antrag. Die Landwirtschaft soll in die Lage versetzt werden, den Anforderungen, die die Nutzbarmachung des technischen Fortschritts an sie stellt, gerecht zu werden.Sie wissen, daß der Grüne Plan in dieser Richtung manche Hilfe gebracht hat. Das wird auch von mir dankbar anerkannt; ich möchte gar nicht verkleinern, was hier in den letzten Jahren getan worden ist. Wir müssen aber auch daran denken, daß die deutsche Landwirtschaft in 10 bis 12 Jahren, allerspätestens in 15 Jahren in den gemeinsamen europäischen Markt einbezogen sein wird, ohne mengenmäßige Beschränkungen und ohne Zollschutz. Auf dem bisherigen Weg wird sie bis dahin nicht die Voraussetzungen schaffen können, um auf diesem europäischen Markt zu bestehen. Mein Kollege Köhler hat bei der Diskussion über den Grünen Bericht gesagt, man könne die Mittel des Grünen Plans angesichts der Anforderungen, die künftig an die Landwirtschaft gestellt werden, nur mit Heilmitteln in homöopathischen Dosierungen vergleichen, wo doch ein operativer Eingriff ernster Art angebracht wäre. Wir sind also der Meinung, daß ganz andere Mittel als bisher eingesetzt werden müssen.Mit unserem Gesetzentwurf wird in erster Linie die Selbsthilfe angesprochen. Sie soll in noch viel stärkerem Umfang als bisher eingesetzt werden. Der Landwirt soll dazu angehalten werden, für be-
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1540 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958
Maukstimmte Vorhaben zuerst einmal selbst etwas zu sparen. Die Spartätigkeit soll angeregt werden, wie dies auch auf anderen Gebieten geschieht. Wir schlagen vor, daß Investitionssparverträge für landwirtschaftliche Zwecke in ähnlicher Weise begünstigt werden wie etwa Bausparverträge oder Sparverträge nach dem jetzt vorgesehenen Prämienspargesetz, also sowohl in der steuerlichen Behandlung als auch bezüglich der Gewährung einer Sparprämie. Dies ist einer der wichtigsten Punkte unseres Gesetzentwurfs.Andere Bestimmungen unseres Gesetzentwurfs betreffen den Einsatz öffentlicher Mittel des Kapitalmarkts bzw. die Zinsverbilligung. Auch hier werden Regelungen vorgeschlagen, wie sie für den Wohnungsbau längst üblich sind und sich dort als wirkungsvoll erwiesen haben.Ein weiterer wesentlicher Punkt betrifft die Investitionsforderung der Landwirtschaft als öffentliche Aufgabe. Ich habe vorhin daran erinnert, daß zwei Anliegen der deutschen Wirtschaft mit der Hilfe des Gesetzgebers Rechnung getragen werden konnte: das Problem der gewerblichen Urproduktion und das Problem des Wohnungsbaues konnten gelöst werden, das letzte zwar noch nicht hundertprozentig, aber immerhin haben wir heute schon ganz erhebliche Erleichterungen. Genauso wie dort erhebliche Mittel eingesetzt werden mußten, um eine radikale Hilfe zu gewähren, ist es unseres Erachtens auch für die Landwirtschaft notwendig. Wenn hier von den Ländern und vorn Bund ein Programm aufgestellt wird, dann ist es notwendig, die ganzen Maßnahmen zu einem Gesamtprogramm zusammenzuführen, um die Mittel an den Schwerpunkten einsetzen zu können, wo sie am dringendsten erforderlich sind.Ich bin wiederholt gefragt worden, welche Mittel notwendig seien, um die Aufgaben, die wir uns mit diesem Gesetzentwurf gestellt haben, durchzuführen. Wir haben von Experten ausrechnen lassen, haben auch frühere Unterlagen zur Hilfe herangezogen und sind nach dem heutigen Index zu der Überzeugung gekommen, daß, um der Landwirtschaft die wirklich wirksame Hilfe zu geben, der Gesamtbetrag von ungefähr 60 Milliarden DM nötig ist. Sie werden über diesen Riesenbetrag vielleicht erschrecken. Aber ich glaube, er erscheint gar nicht so hoch, wenn man ihn näher untersucht.Wir sind uns darüber klar, daß eine Operation, wie wir sie vorhaben, nicht in einem Jahr und nicht in wenigen Jahren durchgeführt werden kann, sondern daß eine ganze Reihe von Jahren darüber hingehen. Wir selbst haben als Ziel angegeben, das Programm in 15 Jahren durchzuführen. Wenn Sie die angegebene Summe auf 15 Jahre verteilen, bleiben pro Rechnungsjahr nur noch 4 Milliarden DM. Auf der anderen Seite wissen wir, daß die Landwirtschaft in den letzten Jahren schon bei ihrem jetzigen Stand alljährlich etwa 1 bis 1,5 Milliarden DM investiert hat. Wir glauben, daß durchaus die Möglichkeit gegeben ist, die notwendige Finanzierung zu finden, wie uns andererseits bekannt ist, daß beispielsweise im Wohnungsbau im vorigen Jahr, wie auch Sie wissen, meine sehr verehrten Damen und Herren, also allein in einem Jahr, rund 12 Milliarden DM umgesetzt worden sind bei einem Aufwand der beteiligten Bauherren an Eigenkapital von nur knapp 24 %, wenn ich in einer Abhandlung richtig gelesen habe. Wenn wir davon ausgehen, daß hier ähnliche Verhältnisse geschaffen werden können, d. h. daß das Eigenaufkommen aus der Landwirtschaft etwa ein Viertel betragen soll, dann ist es selbst bei der heutigen Lage der Landwirtschaft möglich, die notwendige Finanzierung für dieses Programm sicherzustellen. Es ist dann auch möglich, in zehn bis fünfzehn Jahren — vielleicht geht es noch schneller als in fünfzehn Jahren; wir würden das sehr begrüßen -ein solches Programm durchzuführen.Unser Antrag hat in den letzten Wochen von verschiedenen Seiten Kritik gefunden, insbesondere wegen des § 4, in dem der Einsatz von Mitteln des Kapitalmarktes vorgesehen ist. Es wurde gesagt: Ausgerechnet die Freien Demokraten begehen den verhängnisvollen Weg des Dirigismus. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie alle wissen so gut wie ich, daß es auf dem Kapitalmarkt leider Gottes noch keine echte freie Marktwirtschaft gibt. Wenn es sie gäbe, hätten wir überhaupt nicht daran gedacht, einen solchen Paragraphen in diesem Gesetz vorzusehen. Aber auch in den USA beispielsweise — und man kann bestimmt nicht sagen, daß es dort eine dirigistische Wirtschaftslenkung gibt — ist es notwendig, daß ein bestimmter Teil des Geldes der Banken bestimmten Wirtschaftszweigen vorbehalten bleibt. Vielleicht kennt der eine oder andere das sogenannte Small-business-Gesetz in den USA, wonach die Banken verpflichtet sind, einen gewissen Teil ihrer Einlagen der kleineren Wirtschaft usw. zur Verfügung zu stellen. Nur an einen solchen Dirigismus haben wir gedacht und an gar nichts anderes. Alles andere würde unserer eigenen Auffassung von der Wirtschaftspolitik widersprechen. Wir wären herzlich dankbar und froh, wenn sich unser Kapitalmarkt so entwickelte, daß ein solches Eingreifen überhaupt nicht notwendig wird. Aber selbst wenn der Kapitalmarkt .flüssig sein sollte und wenn weniger Bewirtschaftung dabei wäre als heute, dann könnte ich mir denken, daß man, da die Landwirtschaft immer noch der letzte im gesamten Wirtschaftsgeschehen ist, das Geld für solche Zwecke zur Verfügung stellt. Deshalb ist es, glaube ich, richtig, daß eine solche Regelung in diesem Gesetz vorgesehen ist.Damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, habe ich die wichtigsten Punkte dieses Gesetzentwurfes dargelegt. Es wäre natürlich zu den einzelnen Dingen noch manches zu sagen. Ich will Sie aber nicht unnötig hinhalten, und ich glaube, Sie sind mir dankbar, wenn ich meine Begründung so kurz wie möglich fasse. Ich darf Sie nur bitten, nachdem wir der gewerblichen Urproduktion, nachdem wir auch dem Wohnungsbau und anderen Zweigen der Wirtschaft geholfen haben: Unterstützen Sie uns in dem Bemühen, auch der Landwirtschaft nun den richtigen Start zu geben, damit sie ohne Angst in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft eintreten kann.
Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27, Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958 1541
Ich eröffne die Aussprache und bitte um Wortmeldungen. — Das Wort hat der Abgeordnete Siemer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Mauk von der FDP hat uns den Gesetzentwurf Drucksache 193 kurz begründet und dargelegt, warum die FDP einen Gesetzentwurf einbringt „zur Förderung landwirtschaftlicher Investitionsvorhaben zum Zwecke der Vorbereitung auf die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft". Sie selber nennt das Gesetz in Klammern kurz „Landwirtschaftliches Investitionsgesetz"; man könnte auch sagen „Landwirtschaftliches Investitionshilfegesetz".
Wäre dieser Gesetzentwurf der FDP fünf Jahre früher gekommen, so wäre er wahrscheinlich auch bei uns nicht nur auf fruchtbaren Boden gefallen, sondern er wäre als solcher etwas Neues gewesen und hätte bestimmt auch in der Landwirtschaft nachhaltigsten Widerhall gefunden. Nachdem aber die letzten fünf Jahre nicht ohne Ergebnis für die Landwirtschaft verstrichen sind, sondern wir einiges für die landwirtschaftliche Entwicklung getan haben — so glauben wir wenigstens —, bin ich skeptisch gegenüber diesem Entwurf. Ich möchte mir deswegen die Frage erlauben: Was will die FDP eigentlich mit diesem Gesetzentwurf?
Wenn man die Anliegen des Entwurfs kurz konkretisiert, so kann man sie in fünf Gruppen zusammenfassen. Zunächst soll der Einsatz öffentlicher Mittel für Investitionen in der Landwirtschaft verstärkt werden. Wenn Sie sich die in dem Text angesprochenen einzelnen Vorhaben ansehen, werden Sie feststellen, daß diese Vorhaben bereits in irgendeinem unserer landwirtschaftlichen Gesetze, z. B. in den Grünen Plänen, enthalten sind. Insofern ist also Ihr Wollen, meine Herren von der FDP, nichts Neues, sondern durch die Gesetzgebung schon längst vorweggenommen.
Öffentliche Mittel für Investitionen! Nun, wenn man Mittel ausgeben will, müssen diese Mittel zuerst bewilligt sein. Ich vermisse deshalb in dem Gesetzentwurf der FDP zunächst den Vorschlag, woher sie die zusätzlichen Mittel nehmen will. Offenbar sollen die Mittel, die bisher schon in den Grünen Plänen vorgesehen sind — wir haben vorhin gehört: 1,2 bis 1,5 Milliarden —, erhöht werden. Anscheinend halten Sie diese Mittel nicht für ausreichend, sonst wäre der Sinn des Entwurfs gar nicht zu verstehen.
Zweitens wünscht die FDP die Übernahme von Bürgschaftsverpflichtungen zugunsten der Landwirtschaft, und zwar gleich in einer Höhe von 5 Milliarden. Natürlich ist eine Bürgschaft ein Mittel, um Kredit zu bekommen. Wir dürfen daran erinnern, daß der im Ersten und — wenn ich nicht irre — Vierten Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen durch den Bund eingeräumte Bürgschaftsplafond bisher nie ausgeschöpft worden ist. Ich vermag deshalb wirklich nicht zu verstehen, was Sie mit einer zusätzlichen Bürgschaftsübernahme für die Landwirtschaft in Höhe von 5 Milliarden D-Mark noch erreichen wollen.
Dart ich Sie im übrigen an folgendes erinnern. Wenn Sie als Landwirt die Dinge in der Kreditwirtschaft kennen, wissen Sie genau, daß in der Landwirtschaft mit Bürgschaften selten etwas zu machen ist. Der Landwirt arbeitet mit Grund und Boden und hat insofern eine bestimmte Basis, auf der er Kredit bekommen könnte. Es geht also im gewöhnlichen Leben bei der Erlangung von Krediten nicht darum, Bürgschaften zu stellen, sondern gewöhnlich handelt es sich darum, daß die kreditmäßigen Voraussetzungen für den Kreditsuchenden in der Landwirtschaft nicht gegeben sind. Hier, Herr Kollege Mauk, wäre meines Erachtens das Messer anzusetzen, wenn wir den mittleren und kleineren Landwirten helfen wollen.
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958 1543
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1544 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958
— Nein, das soll damit auch nicht geschehen.
Äußerst wichtig ist auch § 4. Er ist angesprochen worden. Es wird darin eine Ermächtigung für die Bundesregierung verlangt, ähnlich wie beim Wohnungsbaugesetz, durch Rechtsverordnung den Kapitalsammelstellen die Verpflichtung aufzuerlegen, Investitionsmittel für die Landwirtschaft bereitzustellen. Ich glaube, auch über diesen Paragraphen wird im Ausschuß noch besonders gesprochen werden müssen.Abschließend möchte ich der Meinung Ausdruck geben, daß dieser Gesetzentwurf einer sehr gründlichen Beratung im Ausschuß bedarf. Wir sollten uns bemühen, alle Anregungen, die zur Bildung von mehr Kapital für die Landwirtschaft führen können, aufzunehmen. Der Herr Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung gesagt: Die Landwirtschaft braucht Kapital. Ich möchte das ganz besonders unterstreichen. Wir sollten uns bemühen, im Ausschuß festzustellen, wieweit uns dieser Entwurf hier tatsächlich weiterhelfen kann.
Das Wort hat der Abgeordnete Mauk.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will Sie nicht mehr lange aufhalten; ich muß nur, so leid es mir tut, Herrn Kollegen Dr. Siemer in einigem berichtigen. Er scheint manches vergessen zu haben. Ich darf Sie, Herr Dr. Siemer, daran erinnern, daß es jetzt gerade viereinhalb Jahre her ist, daß die FDP-Fraktion im Bundestag einen Antrag eingebracht hat, der diese Dinge in ungefähr 10 Punkten im Prinzip schon enthalten hat. Die wesentlichen Momente dieses Antrags sind später als sogenanntes Lübke-Programm bekanntgeworden. Ich kann Ihnen schwarz auf weiß beweisen, daß die Strukturwandlung in unserem Antrag bereits zu Beginn der zweiten Legislaturperiode enthalten war. Aber streiten wir nicht darum, ob das Lübke- oder FDP-Programm ist!
Ich darf Sie weiter daran erinnern, daß wir am 9. Mai 1956, also gerade vor zwei Jahren, diesem Hause den Antrag Drucksache 2377 vorgelegt haben, der alle Grundsätze enthält, die jetzt in dem vorliegenden Gesetzentwurf festgelegt sind. Damals hätte die Regierung, die aufgefordert worden ist, einen Gesetzentwurf vorzulegen, Zeit dazu gehabt. Weil sie es nicht getan hat, haben wir es getan.
Ich muß Ihnen sagen, Herr Kollege Siemer: Wer die Arbeit kennt, die wir alle gemeinsam schon geleistet haben, der hat sich über manches Ihrer Argumente wundern müssen. Jedenfalls haben Sie die Fachleute nicht überzeugen können.
Wird weiter das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall; dann schließe ich die allgemeine Aussprache.Es ist der Antrag gestellt worden, die Vorlage zu überweisen an den Wirtschaftsausschuß als federführenden Ausschuß und zur Mitberatung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie gemäß § 96 der Geschäftsordnung, weil es sich um eine Finanzvorlage handelt, an den Haushaltsausschuß. Weiter wurde ich darauf hingewiesen, daß der Entwurf auch das Einkommensteuergesetz betrifft; es soll geändert werden. Ich halte es daher trotz unseres guten Willens, nicht mehr als zwei Ausschüsse in Anspruch zu nehmen, für nötig, auch den Finanzausschuß an der Mitberatung zu beteiligen. Ist das Haus einverstanden? — Dann ist so beschlossen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.Ich rufe auf Punkt 15:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Tuberkulosehilfe .Verzichtet das Haus auf Entgegennahme einer mündlichen Begründung? — Das ist der Fall.Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht; dann schließe ich die Aussprache.Der Ältestenrat schlägt vor, die Vorlage zu überweisen an den Ausschuß für Kommunalpolitik und
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958 1545
Vizepräsident Dr. Schmidöffentliche Fürsorge als federführenden Ausschuß und den Ausschuß für Gesundheitswesen als mitberatenden Ausschuß. Ist das Haus einverstanden? — Dann ist so beschlossen. Damit ist der Punkt 15 erledigt.Punkt 16:Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes .Hier wird wohl ebenfalls auf Begründung verzichtet. — Auch auf Wortmeldungen wird verzichtet; dann schließe ich die allgemeine Aussprache.Der Ältestenrat schlägt vor, diesen Entwurf an den Ausschuß für Verteidigung zu überweisen. Ist das Haus einverstanden? — Es ist so beschlossen. Punkt 16 ist erledigt.Ich rufe auf Punkt 17 der Tagesordnung:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Haager Übereinkommen vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß .Das Haus verzichtet wohl auf Entgegennahme einer mündlichen Begründung. — Wortmeldungen liegen nicht vor.Der Ältestenrat meint, der Entwurf solle dem Rechtsausschuß überwiesen werden. Ist das Haus einverstanden? — Es ist so beschlossen. Punkt 17 ist erledigt.Punkt 18 der Tagesordnung:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß .Auch hier ist vorgeschlagen, die Vorlage an den Rechtsausschuß zu überweisen. Das Haus ist damit einverstanden; dann ist so beschlossen.Ich rufe auf Punkt 19 der Tagesordnung:Beratung des Schriftlichen Berichts des Außenhandelsausschusses über den Entwurf einer Sechzehnten Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Überleitung in den Deutschen Zolltarif 1958) (Drucksachen 207, 296).Das Wort zur Berichterstattung hat der Herr Abgeordnete Bäumer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die zur Beratung stehende Verordnung wurde notwendig durch den Vertrag über die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Der Vertrag geht davon aus, daß mit dem gemeinsamen Außenzolltarif auch der deutsche Zolltarif auf dem Brüsseler Zolltarifschema 1955 aufbaut. Um diesen Verpflichtungen zu entsprechen, hat die Bundesrepublik ihren Zolltarif von 1951 nach dem
Stand vom 1. Dezember 1956 auf das Brüsseler Zolltarifschema 1955 umgestellt. Der Deutsche Bundestag hat mit dem Zolltarifgesetz vom 27. Juli 1957 den neuen „Deutschen Zolltarif 1958" beschlossen, der am 1. Januar 1958 in Kraft getreten ist.
Nach dem 1. Dezember 1956 ist auf Grund von Beschlüssen des Ministerrats der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl der Zolltarif 1951 mehrmals geändert worden. Diese Änderungen treten für die Bundesregierung am 31. Dezember 1957 außer Kraft. Die einheitliche Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl muß jedoch weiterhin gewährleistet sein. Darum ist es notwendig, daß alle nach dem 1. Dezember 1956 durchgeführten Zolltarifänderungen in den Deutschen Zolltarif 1958 übergeleitet werden.
Die vorliegende Überleitungsverordnung für Waren der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl erfaßt deshalb grundsätzlich alle nach dem 1. Dezember 1956 verordneten Zolltarifänderungen, und zwar die Dreizehnte Verordnung vom 19. Juli 1957, die Vierzehnte Verordnung vom 8. August 1957 und die Fünfzehnte Verordnung vom 11. Dezember 1957.
Den Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl in der Dreizehnten und Vierzehnten Verordnung hat der Deutsche Bundestag bereits zugestimmt. Die parlamentarische Behandlung der Fünfzehnten Verordnung über Zolltarifänderungen steht noch aus.
Ferner enthält die Vorlage eine Neuregelung für Elektrobleche mit einem Ummagnetisierungsverlust von 0,75 Watt oder weniger je Kilogramm. Die für die Bundesrepublik erforderliche Menge dieser Bleche konnte bisher von den Mitgliedsländern der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl nicht gedeckt werden und wurde aus anderen Ländern zollfrei bezogen. Inzwischen hat in den Montanunionsländern die Produktion dieser Bleche nach Menge und Güte zugenommen; jedoch reicht diese Menge nicht aus.
Aus diesem Grunde hat der Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl beschlossen, die allgemeine Zollfreiheit für die erwähnten Bleche zum 1. Januar 1958 aufzuheben. Statt dessen werden für die einzelnen Montanunionsländer zollfreie Kontingente zum Bezug aus anderen Ländern festgesetzt. Das Zollkontingent für die Bundesrepublik beträgt 5000 t für das erste Halbjahr 1958. Eine spätere Änderung dieses Kontingents hängt von der Entwicklung der Produktion dieser Bleche in den Montanunionsländern ab.
Im übrigen verweise ich auf den Schriftlichen Bericht und auf den Antrag des Außenhandelsausschusses. Der Ausschuß empfiehlt einstimmig, der Vorlage entsprechend seinem Antrag Drucksache 296 zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
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1546 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Mai 1958
Vizepräsident Dr. SchmidWer der Verordnung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.Ich rufe auf Punkt 20 der Tagesordnung: Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betreffend Zustimmung zur Überlassung junger Anteile an andere Bezieher als den Bundhier: Kapitalbeteiligung des Landes Berlin an der Gemeinnützigen Wohnungsbau-AG Groß-Berlin (Drucksache 326).Auf Entgegenahme einer mündlichen Begründung durch den Herrn Finanzminister wird wohl verzichtet. — Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.Die Vorlage muß noch den Haushaltsausschuß passieren. Wer der Überweisung an den Haushaltsausschuß zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die Überweisung ist einstimmig beschlossen.Meine Damen und Herren, damit ist die Tagesordnung erledigt. Ich berufe die nächste Sitzung des Bundestags ein auf Donnerstag, den 8. Mai, 14 Uhr, und schließe die Sitzung.