Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren! Am 24. Januar 1956 wurden in einem Schau- und Propagandaprozeß vor dem obersten Gericht der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands vier Angeklagte verurteilt, nämlich der Konstrukteur im Ostberliner Ingenieurbüro Chemie Max Held, der zweite Vorsitzende der Betriebsgewerkschaft im Funkwerk Erfurt Werner Rudert, die Stenotypistin Eva Halm aus Potsdam und der Hollerithspezialist Joachim Sachse aus Chemnitz. Die Verurteilten waren angeklagt, sieben technische Fachkräfte aus dem Elektromotorenwerk Dessau, dem Funkwerk Erfurt und dem Fettchemie- und Fewa-Werk in Chemnitz zur Flucht aus der Sowjetzone veranlaßt zu haben. Die Angeklagten standen in keiner Verbindung miteinander. Sie wurden aber gemeinsam vor Gericht gestellt, um unter anderem wegen eines bislang auch in der Strafjustiz der sowjetisch besetzten Zone unbekannten Staatsverbrechens, nämlich der Abwerbung, verurteilt zu werden. Am 27. Januar 1956 hat der oberste Gerichtshof der sowjetisch besetzten Zone unter dem Vorsitz seines Vizepräsidenten Ziegler entsprechend den Strafanträgen des Generalstaatsanwalts Melsheimer die Todesstrafe ausgesprochen gegen Max Held und Werner Rudert.
Eva Halm wurde zu lebenslangem Zuchthaus, Joachim Sachse zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. Der Deutsche Bundestag, die Bundesregierung und mit ihnen — dessen bin ich gewiß — alle rechtlich gesinnten Deutschen in Ost und West erheben heute mit uns ihre Stimme gegen dieses Urteil des Unrechts und des verblendeten Terrors.
Wir wissen zwar seit Jahr und Tag, meine Damen und Herren, daß sich die Strafjustiz in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands hinwegsetzt über die Rechtsnormen und die anerkannten Verfahrensweisen der Staaten und Völker, die das Recht lieben und sich dem Recht verpflichtet wissen. Zum erstenmal aber erscheint in diesen Urteilen das bis jetzt in der zivilisierten Welt unbekannte Delikt der Abwerbung als ein todeswürdiges Verbrechen. Die Willkür dieser Urteile erinnert das deutsche Volk mit Schaudern an die Rechtsbeugungen und die kaum getarnten Mordtaten der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.
Aber was diesem Urteil seine Besonderheit gibt, ist dies, daß der Generalstaatsanwalt Melsheimer den Übergang von einem Teil Deutschlands in den anderen einen Verrat an Deutschland zu nennen die Stirn hat
und daß er dafür das Leben und die Freiheit von Männern und Frauen fordert, die nichts anderes getan haben, als ihr verbrieftes Recht der Freizügigkeit in Anspruch zu nehmen. Was in allen zivilisierten Staaten der Welt, was in der Charta der Vereinten Nationen, ja, was sogar in den Gesetzen, deren Anwendung Generalstaatsanwalt Melsheimer fordert, jedem Bewohner der sowjetisch besetzten Zone verfassungsrechtlich garantiert ist, das wurde in diesem Schauprozeß mit Füßen getreten.
Im Bereich eines Regimes, das keine Gelegenheit ungenutzt läßt, von Einheit, Freiheit und Menschenwürde zu reden, droht jedem Deutschen hinfort der Tod, der innerhalb seines Vaterlandes Arbeit und Brot dort sucht, wo er sie in Frieden und Freiheit findet. Die Leute, die das zu einem todeswürdigen Verbrechen erklären, sind die gleichen, die uns an einen Tisch rufen, die uns zu Dichtertagungen und Wirtschaftskonferenzen einladen,
die uns Nichtangriffspakte antragen und die vorgeben, vor allem der Einigung Deutschlands zu dienen.
Zwischen uns und ihnen standen bis jetzt fundamentale politische Meinungsverschiedenheiten, vielleicht ein anderer Glaube, gewiß ein grundlegend anderes Verhältnis zur Freiheit und zum Recht des einzelnen im Staat. Nun aber sind die Machthaber der Zone im Begriff, zwischen uns und sich den nackten Mord zu stellen;
denn das, was in diesem Schauprozeß geplant und vorbereitet wurde, das nennen wir Mord,
weil es Mord sein wird, wenn die Urteile vollstreckt werden.
Wenn das Blut dieser Unschuldigen fließt, dann bedarf es auch für den Letzten im deutschen Volk und in der Welt keines Beweises mehr, daß der Ruf „Deutsche an einen Tisch" nur eine plumpe Täuschung, nur eine Parole ist, die das deutsche Volk in die Unfreiheit und in das Unglück locken will. Mit wem sollen wir uns denn zusammensetzen? Mit jenen, denen das Blut unschuldiger Deutscher von den Händen tropft? Wir, die wir unter schweren Leiden das Recht neu zu lieben und neu zu ehren gelernt haben — wir sollen tun, als ob nichts gewesen wäre? Sollen wir eines kommenden Tages über Frevel, Schreckensherrschaft und blutbefleckte Hände einfach so hinwegsehen?
Die Vollstreckung dieser Bluturteile wäre für die ganze sich zum Recht bekennende Welt ein Signal dafür, daß sich die großen Mächte in der Welt vergebliche Mühe geben um die Entspannung und den inneren und äußeren Frieden in der Welt. Es wäre ein Beweis dafür, daß diese Bemühungen auf tönernen Füßen stehen und ungestraft von jedem Schergen in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands mißachtet werden können.
Dieses Haus hat einmütig dem Antrag der Bundesregierung auf Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der Regierung der Sowjetunion zugestimmt. Dieses Haus bemüht sich seit Jahr und Tag, redlich seinen Beitrag für die Entspannung und den Frieden in der Welt zu leisten. Dieses Haus hat unablässig der Abrüstung das Wort geredet, und es ist willens, alles dafür zu tun, was billigerweise dafür von ihm erwartet werden kann,
In einer Nation trifft das Unrecht, das einem geschieht, alle , nicht die Zahl, nein, die Tat, die Untat wiegt, ihre Gesinnung des Zynismus und die
nackte Gefahr, die darin für uns und für die freie Welt von neuem sichtbar wird. Wenn das Wort von 'der Entspannung in der Welt kein leeres Wort sein und nicht als ein blutiger Hohn deklariert werden soll, dann darf dieses Urteil nicht vollstreckt werden.
Wir aber werden auch den letzten Deutschen und das letzte Volk in der freien Welt nicht dar-
über im unklaren lassen, daß sie demselben Schicksal, daß sie 'derselben blutigen Gefahr ausgesetzt sind, wenn sie sich nicht in allem, was sie sind und vermögen, vereinen im Widerstand der freien Welt.
Uns und der Welt tritt in diesen Bluturteilen aber auch von neuem vor Augen, daß die Zonengrenze eine Grenze der Willkür und des Unrechts, ja eine blutende Grenze ist, gezogen durch das Herz unseres Vaterlandes. Das Urteil von Pankow besagt, daß sterben muß, wer über sie weggeht, wer als Deutscher aus dem einen Teil des Vaterlandes in den anderen, von dem einen Teil seiner Familie zu dem anderen gehen will. Wahrlich, diese Last ist unerträglich geworden. Denn das deutsche Volk ist ein Leib. Wer an ihm frevelt, der schneidet in den unteilbaren Leib des ganzen deutschen Volkes.
Der Deutsche Bundestag bekennt sich in dieser Stunde erneut zur einen und unteilbaren deutschen Nation. Er verficht das Recht aller Deutschen in Ost und West auf Menschenwürde, auf Freiheit, auf Freizügigkeit und Arbeit.
Der Deutsche Bundestag spricht den Opfern ) auch dieses Gewaltaktes und ihren Angehörigen seine Anteilnahme aus. Wir versichern. sie unseres festen Willens, zu tun, was wir für die Rettung ihres Lebens und ihrer Freiheit zu tun vermögen. Möchten die gegen Recht und Gewissen von diesen Bluturteilen Getroffenen in ihrer einsamen Zelle der Macht der Fürbitte und der Verbundenheit innewerden, mit der das deutsche Volk ihrer gedenkt.
Meine Damen und Herren! Ich darf dem Hause bekanntgeben, daß ich für das ganze Haus dem Herrn Bundespräsidenten die herzlichen Glückwünsche zu seinem 72. Geburtstag ausgesprochen habe.
Ich darf weiter heute dem Herrn Kollegen Raestrup zu seinem 76. Geburtstag die Glückwünsche des Hauses aussprechen.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 20. Januar 1956 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht gestellt:
Gesetz über das Vorläufige Europäische Abkommen vom 11. Dezember 1953 über Soziale Sicherheit unter Ausschluß der Systeme für den Fall des Alters, der Invalidität und zugunsten der Hinterbliebenen und
über das Vorläufige Europäische Abkommen vom 11. Dezember 1953 über die Systeme der Sozialen Sicherheit für den Fall des Alters, der Invalidität und zugunsten der Hinterbliebenen;
Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt;
Gesetz zur nderung des Zündwarensteuergesetzes;
Gesetz über das deutsch-österreichische Protokoll vom 25. März 1955 über die Verlängerung des deutschen Zollzugeständnisses für Loden.
Der Herr Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat am 19. Januar 1956 unter Bezugnahme auf § 19 Abs. 6 des Postverwaltungsgesetzes den Geschäftsbericht der Deutschen Bundespost über das Rechnungsjahr 1954 vorgelegt, der als Sonderdruck verteilt ist.
Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zur Tagesordnung. Ich rufe auf Punkt 1:
Wahl des Abgeordneten Paul zum Delegierten und des Abgeordneten Metzger zum stellvertretenden Delegierten bei der Beratenden Versammlung des Europarates.
Ich nehme an, daß dem Hause bekannt ist, daß die beiden Herren vorgeschlagen sind als Nachfolger des verstorbenen Herrn Kollegen Dr. Lütkens. Darf ich fragen, ob dieser Wahl des Abgeordneten Paul zum Delegierten und des Abgeordneten Metzger zu dessen Stellvertreter zugestimmt wird? Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Landbeschaffung für Aufgaben der
Verteidigung (Drucksache 1977).
Ich frage, ob das Wort zur Einbringung gewünscht wird. — Das Wort zur Einbringung hat der Herr Bundesminister des Innern.
Dr. Schröder, Bundesminister 'des Innern: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Landbeschaffungsgesetz, dessen Entwurf heute in erster Lesung beraten wird, hat die Aufgabe, die Maßnahmen zu regeln, die zur Deckung des Landbedarfs der deutschen Streitkräfte und der Stationierungskräfte notwendig werden. Die Deckung dieses Landbedarfs ist in einem so dicht besiedelten Land wie der Bundesrepublik schwierig. Jede größere Landbeschaffungsmaßnahme schränkt die Ernährungsgrundlage der Bundesrepublik ein und trifft unsere Landwirtschaft empfindlich. -
Die Bundesregierung, meine Damen und Herren, ist sich der Tragweite dieses Gesetzes bewußt. Sie hat sich bemüht, den Interessen und den begründeten Forderungen der Landwirtschaft, soweit es möglich war, Rechnung zu tragen.
Die Vorlage dieses Gesetzentwurfs ist durch drei Gründe veranlaßt worden.
Erstens. Der Bundestag hat durch Beschluß vom 3./4. April 1952 'die Bundesregierung ersucht, ein Gesetz zur Durchführung der Beschlagnahme von Grund und Boden durch die Besatzungsmächte einzubringen.
Zweitens. Die Bundesrepublik hat sich in Art. 37 des Truppenvertrages verpflichtet, zur Befriedigung des Liegenschaftsbedarfs der im Bundesgebiet stationierten Streitkräfte ein Landbeschaffungsgesetz zu erlassen. Am 5. Mai 1956 entfällt die bisher noch übergangsweise geltende Rechtsgrundlage der Landrequisition für die Stationierungsstreitkräfte. Von diesem Zeitpunkt an gilt auch bei den Landbeschaffungsmaßnahmen für die Stationierungsstreitkräfte nur noch deutsches Recht. Soweit alte Landbeschaffungsmaßnahmen
aufrechterhalten bleiben sollen, können auch in diesen Fällen, die bisher nur nach besatzungsrechtlichen Vorschriften abgefunden wurden, gerechte Entschädigungen nach deutschem Recht gewährt werden. Außerdem können diese Maßnahmen einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden, was bisher nicht möglich war, jedoch nach rechtsstaatlichen Grundsätzen unabdingbar ist.
Drittens. Dieses Gesetz, meine Damen und Herren, ist ferner unerläßlich für die Verteidigungsvorbereitungen der deutschen Streitkräfte.
— Meine Damen und Herren, vielleicht ist für einen Teil der Anwesenden diese Materie, die ich für höchst bedeutsam halte, nicht ganz so wichtig. Trotzdem wäre ich dankbar, wenn die Aufmerksamkeit derjenigen nicht gestört würde, die diese Sache für so wichtig halten, wie sie ist. Dieses Gesetz — ich wiederhole das — ist unerläßlich für die Verteidigungsvorbereitungen der deutschen Streitkräfte. Die Weiteranwendung des früheren Gesetzes über die Landbeschaffung für Zwecke der Wehrmacht von 1935 ist nicht mehr möglich, da seine Geltungsdauer abgelaufen ist. Zudem entspricht das alte Landbeschaffungsgesetz weder den staatsrechtlichen Verhältnissen in der Bundesrepublik noch den rechtsstaatlichen Anforderungen, die das Grundgesetz stellt.
Der Entwurf des neuen Landbeschaffungsgesetzes, der Ihnen jetzt vorliegt, wird von drei Grundsätzen bestimmt. Sie unterscheiden unseren Entwurf wesentlich von dem alten Landbeschaffungsgesetz.
Erstens. Bei allen Landbeschaffungsmaßnahmen ist zunächst stets ein freihändiger Erwerb anzustreben, wie Sie aus § 2 entnehmen können. Der freiwillige Landankauf soll der Regelfall sein. Nur dann, wenn ein freihändiger Erwerb nicht zustande kommt, kann die Form der Enteignung angewandt werden. Die Enteignungsvorschriften stehen somit praktisch nur subsidiär zur Verfügung. Dieser Grundsatz ist im § 12 des Entwurfs, wie er in der Fassung der Vorlage der Bundesregierung vorliegt, ausdrücklich niedergelegt.
Zweitens. Der Entwurf strebt an, das Eigentum tunlichst zu schonen und gesetzliche Eingriffe in das Eigentum nur unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zuzulassen. Die Entziehung des Eigentums soll erst dann möglich sein, wenn der erstrebte Erfolg nicht bereits auf andere Weise, etwa durch Begründung eines Rechts an dem Grundstück, erreicht werden kann, wie sich aus § 14 Abs. 2 ergibt.
Drittens. Für die Durchführung des Gesetzes sind keine neuen Behörden vorgesehen; insbesondere wurde von der Errichtung eines Bundesamtes für Landbeschaffung abgesehen. Die Ausführung des Gesetzes obliegt daher grundsätzlich den Ländern. In den Ländern wird die Enteignung von den be-bereits bestehenden Behörden durchgeführt.
Im einzelnen enthält der Entwurf folgende wesentliche Regelung. Die Beschaffung von Land ist nur möglich für Zwecke der Verteidigung, zur Erfüllung von Verpflichtungen aus den zwischenstaatlichen Verträgen und für Folgemaßnahmen der genannten Fälle. Diese Zweckbestimmung ist abschließend. Landbeschaffungen aus anderen Gründen sind nach diesem Entwurf nicht zulässig. Bei allen Landbeschaffungen sind die Regierungen der Länder, in deren Gebiet das zu beschaffende Land liegt, zu hören. Sie prüfen die Vorhaben unter Berücksichtigung vor allem der Erf ordernisse der Raumordnung und nehmen dazu Stellung. Nach dieser Prüfung bestimmt der zuständige Bundesminister im Einvernehmen mit den beteiligten Ressorts die Vorhaben, für die Land zu beschaffen ist. Er sorgt durch geeignete Bekanntmachung für die rechtzeitige Unterrichtung der Beteiligten. Bei den sodann primär durchzuführenden Kaufverhandlungen ist jeder Eigentümer darauf hinzuweisen, daß er unter bestimmten Umständen statt einer Barvergütung auch Ersatzland oder eine andere, seine Existenz sichernde Gegenleistung, z. B. auch für die Gründung eines neuen Erwerbsgeschäfts und anderes, erhalten kann. Diese Regelung soll vermeiden, daß sich der Eigentümer durch die Gefahr einer möglichen Enteignung beeinflußt fühlt.
Ist eine Enteignung aber unvermeidlich, stellt der zuständige Bundesminister namens des Bundes bei der zuständigen Enteignungsbehörde des Landes den Antrag, das Enteignungsverfahren einzuleiten. Die Enteignungsbehörde, die, wie ich nochmals betone, eine Landesbehörde ist, führt zuerst ein Planprüfungsverfahren durch, in dem Einwendungen der Beteiligten zu berücksichtigen sind. Auf Grund der Ergebnisse dieses Verfahrens erläßt die Enteignungsbehörde den Enteignungsbeschluß. In Fällen besonderer Dringlichkeit kann der Erwerber entsprechend einer auch in den landesrechtlichen Enteignungsgesetzen vorgesehenen Regelung vorzeitig durch Beschluß fin den Besitz des Grundstücks eingewiesen werden. Der Besitzeinweisung hat auf jeden Fall eine Verhandlung mit dem Eigentümer voranzugehen.
Der Enteignungsbeschluß enthält zugleich auch die Entscheidung über die Entschädigung. Verpflichtet zur Zahlung der Entschädigung ist der Antragsteller, also der Bund. Die Entschädigung soll dem Umfang nach alle durch die Enteignung eintretenden Rechtsverluste und Vermögensnachteile ausgleichen. Sie bemißt sich nach dem gemeinen Wert des enteigneten Gegenstandes. Wirtschaftserschwernisse, Wertminderung und entgangener Gewinn sind gleichfalls angemessen zu entschädigen. Die Entschädigung wird im allgemeinen in Geld gewährt. Entschädigung in Land kommt in Betracht, wenn der Eigentümer zur Sicherung seiner Existenz oder, wenn es sich um eine juristische Person, z. B. um Stiftungen und dergleichen, handelt, zur Erfüllung der ihm wesensgemäß obliegenden Aufgaben auf Ersatzland angewiesen ist.
Sind nun infolge der Landbeschaffung auf Nachbargrundstücken Vorkehrungen zur Sicherung gegen Gefahren und Nachteile erforderlich, so hat sie der Erwerber durchzuführen. Bei Änderungen von Verkehrs- und Versorgungseinrichtungen, bei der Neuregelung von Gemeinde-, Schul- oder Kirchenverhältnissen und bei anderen Folgewirkungen der Landbeschaffung hat der Erwerber entsprechend den im Geltungsbereich des ehemaligen preußischen Rechts bestehenden Vorschriften zu den entstehenden Kasten einen Beitrag zu leisten.
Schließlich wird den rechtsstaatlichen Grundsätzen bei der Durchführung des Landbeschaffungsgesetzes Rechnung getragen; denn sämtliche Entscheidungen der Enteignungsbehörden sind vor den Gerichten anfechtbar. Verwaltungsakte, die auf Grund des Gesetzes erlassen werden, können nach
den allgemeinen Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung bei den Verwaltungsgerichten angefochten werden. Soweit der Entwurf bisher vorsah, daß die Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung haben und die Berufung ausgeschlossen werden sollte, wird es dem weiteren Gang des Gesetzgebungsverfahrens vorbehalten bleiben, eine Neuregelung vorzusehen, die die Vorschläge des Bundesrats und die Stellungnahme der Bundesregierung zu dieser Empfehlung zu berücksichtigen haben wird.
Hinsichtlich der Entschädigung ist der Rechtsweg vor den Zivilgerichten gegeben. Kommt eine Einigung über Art und Höhe der Entschädigung nicht zustande und findet sich der enteignete Eigentümer mit der Festsetzung der Entschädigung durch die Enteignungsbehörde nicht ab, kann er vor den ordentlichen Gerichten Klage erheben. Für diese Klagen sind die Landgerichte ausschließlich zuständig.
Die Vorschriften des Entwurfs über die Bemessung der Entschädigung stimmen weitgehend mit der Regelung überein, die in dem Entwurf eines Bundesentschädigungsgesetzes, Drucksache 1426, enthalten ist. Im übrigen kann, wie mir scheint, in den kommenden Beratungen der Ausschüsse die Regelung noch stärker als bisher den Grundsätzen der künftigen Entschädigungsgesetzgebung angepaßt werden.
Der Bundesrat hat dem Entwurf im wesentlichen zugestimmt. Dem größten Teil seiner Änderungsvorschläge konnte die Bundesregierung beitreten. Soweit ihnen widersprochen werden mußte, handelte es sich überwiegend um Fragen, denen keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und von denen erwartet werden kann, daß sie im weiteren Verlauf I des Gesetzgebungsverfahrens einer befriedigenden Lösung zugeführt werden. Ich denke hierbei an die Frage, ob durch eine gesetzliche Vorschrift geregelt werden soll, daß für die Beschaffung von Ersatzland in bestimmten Fällen zunächst auf den Besitz der öffentlichen Hand zurückzugreifen ist, oder ob dieses Sachgebiet durch entsprechende Verwaltungsvorschriften geregelt werden sollte oder geregelt werden kann. Die Bundesregierung hat sich für die Regelung durch Verwaltungsvorschriften ausgesprochen, da nach ihrer Ansicht nur auf diese Weise rechtliche und praktische Schwierigkeiten bei der Handhabung des Gesetzes vermieden werden können.
Ferner wird noch die Frage geklärt werden müssen, ob die Vergünstigung aus § 17 — die Ausnahme von der Enteigung für besondere Grundstücke — auf dem Gebiet der Denkmals- und Naturschutzpflege der verantwortungsbewußten Verwaltungsführung überlassen oder ob sie durch eine gesetzliche Vorschrift geregelt werden soll.
Zum Schluß möchte ich noch darauf hinweisen, daß dieses Gesetz für die Durchführung der notwendigen Landbeschaffungsmaßnahmen dringlich ist. Am 5. Mai dieses Jahres, also von heute an gerechnet in drei Monaten, entfallen die Rechtsgrundlagen für die bisherigen Landrequisitionen der Stationierungsstreitkräfte. Wir haben aber über diesen Zeitpunkt hinaus den Landbedarf der Stationierungsstreitkräfte zu decken. Wir brauchen das Gesetz ferner ebenso dringend für die Verteidigungsvorbereitung unserer eigenen Streitkräfte. Die Bundesregierung wäre daher, meine Damen und Herren, dem Hohen Hause dankbar, wenn es gelänge, diesen Gesetzentwurf möglichst bald zu verabschieden.
Sie haben die Ausführungen zur Einbringung des Gesetzentwurfs gehört. Ich eröffne die Beratung erster Lesung. — Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Schmidt .
Meine Damen und Herren! Das auf Drucksache 1977 vorliegende Landbeschaffungsgesetz berührt in erster Linie die Landwirtschaft, genau wie das schon eingebrachte Schutzbereichgesetz. Schon in den letzten Jahren haben die Fragen der Landbeschaffungsmaßnahmen in der Landbevölkerung größtes Interesse hervorgerufen. Das nimmt gar nicht wunder, weil einmal die Existenz ganz oder teilweise davon abhängig war und ist und weil zum anderen die geübten Methoden mit den Begriffen von einem demokratischen Staatswesen kaum in Einklang zu bringen waren.
In den vergangenen Monaten hat man besonders in den Zeitungen sehr viele Meldungen über solche Landbeschlagnahmen gefunden und auch über die Protestaktionen der betroffenen Bauern und anderer Eigentümer. Noch kurz vor dem 5. Mai, also vor dem Inkrafttreten der Verträge, waren eine ganze Anzahl von Aktionen eingeleitet, die mit einer vernünftigen Planung nichts mehr zu tun hatten. Hierbei war die Dienststelle Blank nicht ganz unbeteiligt, wenn nicht sogar Handlanger. Das war sogar so schlimm, meine Damen und Herren, daß sich der Ehrenpräsident des Deutschen Bauernverbandes, Herr Dr. Hermes, veranlaßt sah, einen ausführlichen Brief an den Herrn Bundeskanzler zu schreiben, um ihm die Forderungen der Landwirtschaft einmal mitzuteilen: Man kann sich mit diesen Forderungen im großen und ganzen einverstanden erklären. Aber wegen der ausgesprochen sauren Reaktion auf diesen Brief sah sich der Bauernverband dann veranlaßt, den Bauern Empfehlungen an die Hand zu geben, damit sie sich bei Gegenaktionen nicht straffällig machten.
Diese Requirierungsmethoden — auch nach dem 5. Mai 1955 — sind an mehreren Beispielen zu belegen. Denken Sie an den Fall Asienhagen bei Warburg, an den Fall Xanten oder auch an den Fall in Schaumburg-Lippe. Die Erklärung des Herrn Verteidigungsministers Blank im Oktober vergangenen Jahres im Kreise Ahaus, daß die Landwirtschaft beruhigt sein könne, daß sie niemals mehr mit Landbeschlagnahmen und Landwegnahmen zu rechnen habe, war nicht einmal wert, aufs Papier gesetzt zu werden, denn eine Woche später hat derselbe Herr Verteidigungsminister in einer amtlichen Erklärung nicht mehr davon gesprochen. Da gab er nur noch die Zusage, daß alle beteiligten Ressorts bei solchen zukünftigen Landbeschlagnahmen herangezogen werden sollten, und alle übrigen Fragen blieben offen.
Das hat auch das Ministerium danach nicht gehindert, weiter nach Wildschützenart in der Gegend herumzufuchteln. Ich denke hier an den Fall Andernach, der ja vor kurzem in der Presse zu lesen war. Ich will auch nicht davon sprechen, wie hart die menschlichen Schicksale betroffen worden sind und wahrscheinlich auch noch betroffen werden. Wenn man z. B. an die Siedlung ,am Griesheimer Sand südlich von Frankfurt am Main denkt, wo sich Menschen nach mehrmaliger Umpflanzung unter harten Entbehrungen selber eine neue Existenz geschaffen haben, die sie dann wieder um einer Sache willen werden aufgeben müssen, deren
Berechtigung sich noch lange nicht erwiesen hat, dann sollte man zumindest erwarten, daß ein Höchstmaß von psychologischem Einfühlungsvermögen angewendet wird, um diesen unerträglichen Zustand erträglicher zu machen.
Das vorliegende Gesetz soll also — das hat der Herr Minister bereits in seinen Einführungsworten betont — einmal die alliierten Bestimmungen aufheben und zum andern eine befriedigende Ordnung schaffen. Nun, die ersten Entwürfe lagen bereits im Jahre 1952 vor. Man hätte erwarten können, daß nach so langer Vorbereitung ein Gesetz vorgelegt wird, das zumindest befriedigt. Der Bundesrat hat allein 40 Änderungsvorschläge gemacht. Er hat vor allen Dingen versucht, den Rechtsschutz der Betroffenen zu erhöhen. Aber trotz dieser vielen Änderungsvorschläge bleibt den Ausschüssen des Bundestages noch sehr viel zu tun übrig.
Bevor ich auf einige Mängel in diesem Gesetz hinweise, gestatten Sie mir noch, einiges zum Landbedarf an sich zu sagen. Jeder weiß, daß man natürlich Armeen nicht in Sälen oder auf Kasernenhöfen ausbilden kann. Man braucht einmal für die Kasernen selber Land, man braucht zum andern Schieß-, Truppenübungs- und Panzerübungsplätze. In den Zeitungen 'ist die Rede davon, daß man 380 neue Kasernen braucht. Hinzu kommen sollen 200 neue Schieß- und Truppenübungsplätze mit einer Größe von rund 600 Morgen oder 150 ha. Weiterhin sollen 15 neue Flugplätze mit mindestens 600 ha Größe 'gebaut werden. Außerdem sollen 10 Truppenübungsplätze in der Größe von 13 000 bis 15 000 ha angelegt werden. Als Gesamtbedarf spukt eine Zahl von rund 220 000 ha in der Gegend herum.
Die Zahlen mögen umstritten sein. Ich kann auch nicht beurteilen, ob man zu einem Flugplatz 600 oder 800 ha braucht. Aber ich glaube, wir sind uns im ganzen Haus darüber einig, daß der Landbedarf voraussichtlich sehr erheblich sein wird. Dabei erlaube ich mir zwei Fragen an die Regierung — sie brauchen nicht sofort beantwortet zu werden; das kann man in den Ausschüssen tun, da ist sicher auch der richtige Ort dazu —: Ist angesichts der veränderten Verteidigungsmittel und der sicher veränderten Ausbildung der Truppen und ist angesichts der. veränderten strategischen Verteidigungspositionen dieses ungeheure Areal von 220 000 ha in dieser Vielfalt überhaupt notwendig? Das sollte einmal geprüft werden.
Eine zweite Frage. Es ist bekannt, daß die Alliierten in Deutschland über Truppenübungsplätze in einem Umfang von rund 150 000 ha verfügen. Ich möchte gerne wissen, ob die Bundesregierung Verhandlungen darüber geführt und Vereinbarungen darüber getroffen hat, daß alliierte Truppenübungsplätze auch für deutsche Truppen benutzbar sind. Wenn die Frage verneint werden sollte, dann wäre es an der Zeit — das ist sehr eilbedürftig —, daß solche Verhandlungen gepflogen werden.
Ich stelle beide Fragen deshalb, weil die deutsche Landwirtschaft in den letzten 15 Jahren fast eine halbe Million Hektar Nutzfläche verloren hat. Weiterer ständiger Landentzug für den Straßenbau, den notwendigen Wohnungsbau und für Industrieanlagen ist an der Tagesordnung. Daher scheint es geboten, jeden weiteren Landentzug, auch für die Streitkräfte, auf ein Mindestmaß zu beschränken, zumal nennenswerte Möglichkeiten des Landersatzes kaum gegeben sind. Es geht hier allein um die Erhaltung .bäuerlicher Existenzen und um nichts anderes.
Nun darf ich noch eine andere, eine dritte Frage berühren. Bisher war es bei solchen Landbeschaffungsmaßnahmen üblich, daß das Land von heute auf morgen in Anspruch genommen wurde. Warum hat eigentlich der Herr Verteidigungsminister bis heute noch nicht einmal einen Plan über den Gesamtbedarf vorgelegt? Seit Jahren wird geplant, und wenn es so weit ist, dann schüttelt man das scheinbar aus dem Handgelenk. Vernünftige Überlegungen aller zuständigen Stellen sind dann überhaupt nicht mehr möglich, weil man unter Zeitdruck steht. Nun, ich habe den Eindruck, daß man solche ruhigen Überlegungen mit allen beteiligten Ressorts überhaupt nicht wünscht. Das erkennt man schon daran, daß die Raumordnung in diesem Gesetz gerade noch in einem kümmerlichen Satz erwähnt wird. Ich kann das nicht anders deuten, als daß die Raumordnung dabei zu kurz kommen soll. Das nimmt auch gar nicht wunder; denn wir haben in den letzten Wochen in mehreren Ausschüssen erfahren müssen, daß die Bundesregierung in der Frage der Raumordnung bisher keine Konzeption entwickelt hat, ja daß sie sich noch nicht einmal über die Zuständigkeiten in den Fragen der Raumordnung im klaren ist. Wir wünschen also, daß die Raumordnung in diesem Gesetz fest verankert und daß die Federführung in dieser Frage in neutrale Hände gelegt wird. Wir werden unsere Mitarbeit an diesem Gesetz entscheidend davon abhängig machen, ob diese Fragen vorab zufriedenstellend geklärt werden. Man kann nicht gesetzlich den Bock zum Gärtner machen.
Nun noch etwas anderes. In der Vorlage findet sich keine Bemerkung darüber, wer das Gesetz eigentlich durchführen soll. Diese schwierige, sehr delikate Aufgabe verlangt doch außerordentlich viel Geschick und Erfahrung. Sie kann meines Erachtens nur von fachlich geeigneten Stellen durchgeführt werden. Ich finde z. B. auch keine Bestimmung darüber, wer bei der Landentschädigung eingeschaltet wird. Dies darf aber nicht erst hinterher geklärt werden, sondern es scheint notwendig zu sein, daß von Anfang an alle in Frage kommenden Stellen eingeschaltet werden, damit man auch mit den sonstigen Aktionen im Rahmen der Siedlung und des Strukturprogramms nicht kollidiert. Man sollte den Mut haben, auch das hier einmal klarzustellen.
Nach dem Gesetz — das hat der Minister betont — soll das Land nach Möglichkeit freihändig erworben werden. Ich darf Sie aber darauf aufmerksam machen, daß „freihändig" nicht in jedem Falle mit „freiwillig" gleichzusetzen ist. Die deutsche Landwirtschaft als der sehr störrische Junge kriegt erst mal einen Bonbon; die Rute wird ihm natürlich nicht gezeigt. Der Bonbon ist der sogenannte freihändige Landerwerb. Aber wenn man sich das Gesetz ansieht, stellt man fest, daß sich von 68 Paragraphen allein 43 nur mit Enteignungsfragen befassen. Das scheint anzudeuten, daß man in der Bundesregierung glaubt und davon überzeugt ist, daß die Enteignung von Land — und nicht der freihändige Landerwerb — die Regel sein wird.
Dabei scheint mir auch die Entschädigungsfrage von größter Bedeutung zu sein. Ich will nicht auf die einzelnen Bestimmungen eingehen; das würde zu weit führen. Ich habe ein Interesse daran, nur noch über die Art der Entschädigung eine Anmer-
kung zu machen. Die Entschädigung ist nach § 22 grundsätzlich in Geld zu gewähren. Eine Entschädigung in Land findet nur für die Eigentümer statt, die eine Existenz verloren haben, und diese Entschädigung wiederum wird davon abhängig gemacht, daß man das Ersatzland zu angemessenen Bedingungen beschaffen kann. Dieser bedingte Anspruch auf Ersatzland erscheint meinen politischen Freunden vollends ungenügend. Wir wünschen einen ausreichenden, gesetzlich gesicherten Anspruch auf Ersatzland, und zwar sowohl im Falle des freihändigen Erwerbs wie im Enteignungsfall. Wir wünschen, daß das im Gesetz festgelegt wird. Der Einbau dieser klaren Bestimmungen ist notwendig, um Regierung wie Parlament zu zwingen, genügend Mittel für die Landgewinnung direkter und indirekter Art zur Verfügung zu stellen, damit die Lücken geschlossen werden können und damit so wenig Existenzen wie möglich vor die Hunde gehen.
In diesem Zusammenhange scheint mir auch der Vorschlag des Bundesrates auf Einfügung eines § 16 a prüfenswert zu sein, wonach Ersatzland in erster Linie aus Grundbesitz der öffentlichen Hand gewährt werden soll, Zwar ist in der Begründung der Bundesregierung gesagt, daß man dieses Land selbstverständlich zuerst in Anspruch nehmen wird; aber das scheint mir nicht zu genügen. Wir wissen doch aus den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte, daß die öffentliche Hand in der Abwehr von Landwegnahmen immer erfolgreicher gewesen ist als die private Hand.
Damit möchte ich meine besonderen Hinweise zum Gesetz abschließen, obwohl es noch ganz interessant wäre, auch über die letzten Bestimmungen, insbesondere über das ausgeweitete Vorkaufsrecht einiges zu sagen. Ich glaube, wir sollten uns nicht dazu hergeben, das Vorkaufsrecht ausschließlich für diese Zwecke — sagen wir — auszuhöhlen. Wir hätten einen Grund, das Vorkaufsrecht auszuweiten, dann aber auch für alle übrigen Zwecke.
Zum Schluß, meine Damen und Herren, möchte ich alle Kollegen in den Ausschüssen bitten, ausgehend von der Tatsache der bedeutenden Einengung des Landvorrats durch dieses Gesetz, argwöhnisch darüber zu wachen, daß die anderen Maßnahmen der Sicherung selbständiger Existenzen durch Siedlung und Strukturverbesserung für die nächste Zeit nicht erdrückt werden. Jede gesetzliche Vorrangstellung der Maßnahmen nach diesem Gesetz muß verhindert werden. Die Beratungen werden deshalb gründlicher als sonst geführt werden müssen. Meine Freunde und ich werden dazu bereit sein.
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Verteidigung.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf auf die Ausführungen meines sehr verehrten Herrn Vorredners, des Herrn Abgeordneten Dr. Schmidt, einiges erwidern. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll versucht werden, eine schwerwiegende Materie zu regeln. Die Bundesregierung ist sich dabei sowohl ihrer Verantwortung für die Landesverteidigung als auch ihrer Verantwortung für die Erhaltung, Gesundung und Förderung des deutschen Bauern bewußt. Wir haben sehr wohl überlegt, daß es nicht angehen kann, Verteidigungsaufgaben in einem Umfange auf die Landwirtschaft I abzuwälzen, daß sie hierbei schwere Schäden davontrüge.
Um Ihnen einmal einen Überblick über die Größenordnungen zu geben, die hierbei eine Rolle spielen, und um — was mir bisher trotz vieler Erklärungen nicht gelungen ist — die Behauptung von diesen 200 000 oder auch 240 000 ha Land, die ich angeblich den Bauern entreißen will, aus der Welt zu bringen, will ich vor diesem Hohen Hause, an der dafür zuständigen Stätte, noch einmal eine Erklärung abgeben.
Meine Damen und Herren, die Planungen des deutschen Verteidigungsbeitrags, die Ihnen ja aus der Beratung der Pariser Verträge bekannt sind, sehen eine Aufstellung von insgesamt 500 000 deutschen Soldaten in einem Zeitraum von etwa drei Jahren — mit einigen Teilen ins vierte Jahr hineinreichend — vor. Gewiß ist richtig, daß man pro etwa 1000 Mann Soldaten, also etwa für ein Bataillon, eine Kaserne benötigt, und gewiß ist richtig, daß dann die einfache Rechnung lauten würde: 500 000 Soldaten brauchen 500 Kasernen. Ich darf Sie aber zunächst darauf aufmerksam machen, daß eine Reihe von Kasernen vorhanden sind und daß im Zuge der Aufstellung der deutschen Kontingente auch Umgruppierungen und Zusammenlegungen anderer in Deutschland befindlicher Streitkräfte erfolgen müssen und werden. Wir sind ständig in diesen Verhandlungen. Der Neubedarf an Kasernen — wenn ich vom heutigen Standpunkt ausgehe — wird also nicht 500 sein, sondern ist — selbst wenn ich den ungünstigsten Fall annehme, daß sich nicht noch zusätzlicher Unterbringungsraum gewinnen ließe — wahrscheinlich um mindestens 150 unter dieser Zahl anzunehmen.
Selbstverständlich braucht man, wenn man eine Kaserne hat, auch entsprechendes Übungsgelände, und selbstverständlich braucht man heute noch in einem anderen Ausmaß als früher Übungsgelände, da ja die Truppen durchweg motorisiert sind und heute anders ausgebildet werden, als das vor 20 oder 30 Jahren der Fall war. Ich möchte Ihnen aber sagen, ohne mich hier auf den letzten Hektar festlegen zu wollen — zur genaueren Beratung ist in den Ausschüssen Zeit —: die Zahl von 200 000 ha ist um mindestens 100 000 zu hoch gegriffen.
— Sie werden j a Gelegenheit haben, in den Fachausschüssen darüber noch Näheres zu hören. Sie können nicht erwarten, daß ich in diesem Augenblick so sehr ins Detail der militärischen Planungen gehe.
Nun möchte ich Ihnen ein Zweites sagen: Von diesen etwa 100 000 ha ist mindestens die Hälfte im Besitz der öffentlichen Hand. Auch diese Größenordnung ist vielleicht für Ihre Diskussion wichtig.
Was nun noch den Rest anbetrifft, so bin ich selbstverständlich nicht in der Lage, jetzt hier im einzelnen anzugeben, wo und wie man ihn erwerben wird. Aber ich darf auf einen Umstand hinweisen: In meinem Hause befinden sich Angebote von 70 deutschen Städten oder Gemeinden, die eine Garnison haben möchten und die selbstverständlich auch bereit sind, in dem ihnen möglichen Umfang das zur Verfügung zu stellen, was man dazu braucht. Nun behaupte ich gar nicht, daß jedes dieser Angebote realisierbar sei. Ich behaupte gar nicht, daß der Wunsch eines Gemeinwesens, eine Truppe in seinem Bereich zu haben, nun ohne wei-
teres zu verwirklichen sei und daß mit dem Wunsche auch die Möglichkeiten parallel gingen. Aber ich behaupte auf Grund der Besprechungen, die ich mit Vertretern solcher Gemeinden geführt habe, daß man, wenn man den einen Wunsch hat, sich auch bemühen wird, den, den das Militär dann stellen muß, zu erfüllen. Mit diesen wenigen Angaben möchte ich zunächst einmal für Ihre Diskussion die Dinge auf die rechte Größenordnung zurückgeführt haben.
Ich bin mir vollkommen darüber klar, daß die Landbeschaffung — auch in einem geringen Umfang — Härten mit sich bringt. Aber, Herr Kollege Dr. Schmidt, ich brauche von der Erklärung, die ich vor meinen Wählern in Schöppingen im Kreis Ahaus — und das sind fast über 90 % Bauern — im Sommer des vergangenen Jahres abgegeben habe, gar nicht abzurücken. Ich habe dort erklärt, daß wir es nicht nötig hätten, — —
— Da bleibe ich auch Abgeordneter, darauf dürfen Sie sich verlassen!
Ich habe dort erklärt, daß wir gar nicht die Absicht hätten, den deutschen Bauern mit Gewaltmaßnahmen Land zu nehmen. Dieses Gesetz enthält eine Fülle von Rechtsgarantien, und wir werden in jedem Fall, in dem der Erwerb von Land; notwendig ist, alle Möglichkeiten ausschöpfen, um im freihändigen Ankauf den Bedarf zu befriedigen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nachdem ich durch diese meine Erklärungen die Größenordnungen — —
— Na, bei 50 Jahren ist man kein „Junge" mehr! Gnädige Frau, ich würde Sie auch nicht „Mädchen" nennen!
Bei diesen überschaubaren Größenordnungen läßt sich, glaube ich, die Diskussion,
— Herr Schoettle, auch Sie bringen mich nicht aus dem Konzept! —
lassen sich die Dinge wohl sehr gut behandeln.
— Was Sie sind, Herr Mommer, das möchte ich im Augenblick nicht erörtern.
Einen Augenblick, Herr Minister!
— Herr Abgeordneter Ritzel, lassen Sie mich auch mal ein Wort sagen! — Ich verstehe die Aufregung nicht.
Bezüglich der Chancen im Jahre 1957, meine Dament und Herren, wollen wir doch mal die Ereignisse abwarten. Was hat das für einen Zweck, daß wir hier als Intermezzo eine kleine Unterhaltung darüber anstellen!
— Das andere habe ich überhört, infolgedessen brauche ich den § 40 hier nicht anzuwenden.
Nun fahren Sie bitte fort, Herr Minister, und Sie, meine Damen und Herren, tun Sie uns den Gefallen und lassen Sie die Mittagsruhe nicht weiter stören.
Fahren Sie bitte fort, Herr Minister!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Im übrigen, meine Damen und Herren, erstreckt sich der Aufstellungszeitraum, wie ich Ihnen eben gesagt habe, über drei Jahre, und wir haben sehr wohl die Möglichkeit, in aller Ruhe zu planen. Selbstverständlich können heute nicht Planungen vorgelegt werden, die bis zum letzten Detail für alle drei Jahre bindend sind, weil, wie ich ebenfalls schon gesagt habe, es ja auch zu Umgruppierungen, zu Zusammenlegungen und ähnlichem kommen wird. Aber ich kann erklären, daß wir für die Aufstellung im nächsten Jahr wahrscheinlich überhaupt nicht genötigt sein werden, Land im Zwangswege in Anspruch zu nehmen. Was im einzelnen bleibt, habe ich Ihnen vorhin gesagt.
Nun hat der Herr Vorredner noch gefragt, ob denn die Bundesregierung keine Verhandlungen geführt habe, um Übungsplätze, die zur Zeit die Alliierten in Gebrauch haben, mitbenutzen zu können. Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen l sagen, daß wir solche Verhandlungen schon in den vergangenen Jahren geführt haben und sie bis zum heutigen Tage führen und daß wir geradezu darauf angewiesen sind, die Übungsplätze zusammen zu benutzen, schon wegen der gleichen. Waffenausrüstung und schon wegen der Notwendigkeit, Ausbildungshilfe in Anspruch zu nehmen. Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihren Hinweis; aber es hätte dieses Hinweises nicht bedurft, denn die Bundesregierung steht in solchen ständigen Verhandlungen. Es hat noch keinen alliierten Befehlshaber in diesem Lande gegeben, der nicht bereit gewesen wäre, dieser Notwendigkeit Rechnung zu tragen. Ich bin glücklich darüber — ich nehme an, auch Sie werden sich darüber freuen —, daß auf gemeinsamen Übungsplätzen in der Zukunft, ohne daß dafür neues Land in Anspruch genommen werden muß, deutsche, französische, englische und amerikanische Truppen gemeinsam üben werden. Die Sorge um den deutschen Bauern werden wir dabei, wie ich glaubte Ihnen dartun zu können, nicht aus dem Auge verlieren.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Glasmeyer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Beratung der Drucksache 1977, dem Entwurf eines Landbeschaffungsgesetzes, beginnt die Debatte um die Wiederbewaffnung des deutschen Volkes für uns als Landvolk noch interessanter zu werden.
— Ja, glauben Sie das vielleicht nicht?
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter. Ich meine, das Haus wollte nur sagen, daß die Frage wahrscheinlich auch schon vorher interessant war.
Dann will ich fortfahren, dann werden Sie es vielleicht verstehen.
Bitte fahren Sie fort!
Nicht nur werden wir als die kinderreichste Schicht unseres Volkes höchstwahrscheinlich relativ gesehen die meisten Soldaten zu stellen haben, nein, heute geht es zudem buchstäblich um die Lebensgrundlage vieler bäuerlicher Familien, um ihr Erbe und um ihren Besitz.
Da wir aber infolge der widrigen weltpolitischen Verhältnisse trotz, ja entgegen der Umerziehung unseres Volkes zu nur friedlicher Betätigung genötigt sind, einer begrenzten Aufrüstung das Wort zu reden, so soll auch die deutsche Jugend die Bewegungsfreiheit d. h. das Übungsgelände haben, das unbedingt notwendig ist, um eine schlagkräftige deutsche Wehrmacht erstellen zu können,
die im Ernstfall — trotz unseres ehrlichen Friedenswillens — in der Lage ist, die dreigeteilte deutsche Heimat vom Westen her zu verteidigen. Das gleiche gilt selbstverständlich für unsere Verbündeten, die NATO-Streitkräfte.
Wenn wir Landvolk so als der für diesen Zweck am meisten gebende Teil des deutschen Volkes auch grundsätzlich willens und bereit sind, ein Landbeschaffungsgesetz anzunehmen, so sei mir doch die Frage gestattet, warum Gerüchten über die Anforderungen von Hunderttausenden von Hektar nicht schon früher schärfstens entgegengetreten worden ist. Wir Landvolk sind in den letzten Jahren so langsam die weichenden Erben geworden. Ganze Landstriche haben wir hingeben müssen als Aufschließungsbereiche, als Siedlungsgelände und für industrielle Zwecke. Aber unser Heimatboden ist begrenzt und nicht vermehrbar.
Eine große Bitte an das Hohe Haus sei mir gestattet. Der Deutsche Bundestag möge prüfen, ob die sehr starken Möglichkeiten des Eingriffs in die private Sphäre, die nach dem vorliegenden Entwurf den Behörden gegeben werden, und die minderen gerichtlichen Befugnisse zum Schutze der Betroffenen nicht doch in etwa noch beeinflußt worden sind vom Geist jener Zeit, deren verhängnisvolle Losung lautete: Gemeinnutz geht vor Eigennutz. Diese nicht unberechtigte Sorge veranlaßt mich, eine Erklärung abzugeben, welche als die vorläufige Stellungnahme unseres Landvolkes zum vorliegenden Gesetzentwurf gelten mag.
Das Landbeschaffungsgesetz ist das dritte in der Reihe der Verteidigungsgesetze, die in ihrer Gesamtheit der Verwaltung eine Fülle von Eingriffsmöglichkeiten in die private Rechts- und Vermögenssphäre des Staatsbürgers geben. Das Landbeschaffungsgesetz im besonderen räumt der Behörde die weiteste Eingriffsmöglichkeit ein, die in vielen
Fällen die Existenzgrundlage des Betroffenen berührt. Angesichts der Tatsache, daß militärische Dienststellen zu allen Zeiten und in aller Welt dazu neigen, die Interessen ihres Aufgabenbereichs schon in Friedenszeiten in den Vordergrund zu stellen, und angesichts der Erfahrungen, die das deutsche Volk, insbesondere aber die Landwirtschaft, auf diesem Gebiet in den Jahren vor diem zweiten Weltkrieg und in der Zeit der Besatzung gemacht hat, muß bei diesen Gesetzen das Augenmerk ganz besonders darauf gerichtet werden, daß die Eingriffsmöglichkeiten auf das wirklich unbedingt notwendige Maß beschränkt werden.
Hierzu gehört vor allem, daß die Voraussetzungen der Inanspruchnahme möglichst genau umschrieben werden, um den Ermessensspielraum der Behörde so weit als möglich einzuschränken und die Gerichte in die Lage zu versetzen, im Einzelfall nachzuprüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind. Aber dazu gehört auch, daß alle Anforderungen der öffentlichen Hand nach übergeordneten Gesichtspunkten koordiniert, geplant und durchgeführt werden. Besonderer Nachdruck muß deshalb auch auf die Planung und Prüfung der Standorte für alle Verteidigungsanlagen gelegt werden.
Da in allen drei Verteidigungsgesetzen die Berücksichtigung der Raumordnung vorgesehen ist, wird vorgeschlagen, diese Gesetze im Zusammenhang mit dem Rahmengesetz über Raumordnung — Bundestagsdrucksache 1656 — zu beraten. Durch dieses Rahmengesetz wird sichergestellt, daß die Anforderungen zunächst der Prüfung einer neutralen Stelle unterworfen werden und daß die betroffenen Wirtschaftskreise die Möglichkeit haben, gehört zu werden.
Das Landbeschaffungsgesetz regelt den schärfsten Eingriff in das Eigentum, nämlich seine zwangsweise Entziehung. Hier muß nun festgestellt werden, daß der Rechtsschutz des einzelnen gegen die Maßnahmen der Behörde in dem Entwurf bei weitem nicht in dem unbedingt erforderlichen Ausmaß gewährleistet erscheint. In der Begründung des Entwurfs ist zwar gesagt, daß der Landbedarf zunächst aus dem Grundvermögen der öffentlichen Hand gedeckt werden soll. In den Bestimmungen des Gesetzes ist dies aber nicht enthalten. Weiter heißt es in dem Entwurf, daß das benötigte Land nach Möglichkeit freihändig erworben werden soll. Deshalb ist in § 12 bestimmt, daß die Enteignung erst zulässig ist, wenn das Land nicht im Wege des freihändigen Erwerbs beschafft werden konnte. Aber es erscheint doch zweifelhaft, ob diese Voraussetzungen nicht nur auf dem Papier stehen. Sie müssen von den Verwaltungsgerichten auch nachprüfbar sein. Auf jeden Fall werden die Vorschriften so formuliert werden müssen, daß sie auch wirklich justitiabel sind und der Staatsbürger nicht dem Ermessen der Verwaltung auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist.
Nach den Vorschlägen des Bundesrats soll der § 12 gestrichen werden, weil, wie es in der Begründung heißt, die Regierungsvorlage die Befürchtung nicht unbegründet erscheinen läßt, daß es sich hier um eine im Verwaltungsrechtswege nachprüfbare Zulässigkeitsvoraussetzung handelt. Aber gerade die Nachprüfbarkeit durch die Gerichte muß gewährleistet sein, und deshalb ist diese Bestimmung nicht zu streichen, sondern eher noch präziser als gerichtlich nachprüfbare Zulässigkeitsvoraussetzung zu normieren.
Nicht zu rechtfertigen ist auch die Einschränkung der Rechtsmittel im Verwaltungsstreitverfahren. Nach dem Entwurf soll die Berufung gegen die Urteile der Verwaltungsgerichte und die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ausgeschlossen werden.
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter.
Bitte schön!
Ich muß Sie doch einmal unterbrechen, weil ich meine, daß es ein lehrreiches Beispiel für das ganze Haus ist, daß diese Diskussion nicht ganz in Übereinstimmung mit dem § 78 der Geschäftsordnung steht. Ich habe immer wieder darauf aufmerksam gemacht und ich bin auch weiterhin der Meinung, daß wir die erste Beratung beibehalten sollten. Aber die Geschäftsordnung schreibt vor, daß hier in der ersten Lesung nur die Grundsätze der Vorlagen besprochen werden.
— Na ja, meine Damen und Herren — in freier Rede! Jeder Präsident in diesem Hause hat versucht, das zu erreichen, und hat es dabei doch höchstens zu Annäherungserfolgen gebracht. Davon will ich jetzt gar nicht reden. — Aber daß wir in der ersten Lesung unmöglich diese Details verhandeln können, das möchte ich nicht nur Ihnen, Herr Abgeordneter, sondern hiermit dem ganzen Hause erneut ins Gedächtnis zurückrufen. Wir tun uns alle einen Gefallen, wenn wir uns hier an die Vorschriften der Geschäftsordnung halten.
Verzeihen Sie, Herr Abgeordneter, ich möchte Sie nicht aus dem Konzept bringen. Fahren Sie bitte fort. Aber ich darf doch bitten, nach Möglichkeit auf die Grundsätze der Geschäftsordnung Rücksicht zu nehmen.
Es soll hier nicht auf die einzelnen Paragraphen des Gesetzes eingegangen werden. Aber der Hinweis sei erlaubt, daß die Vorschriften über die Gewährung von Ersatzland durchaus nicht befriedigen können. Es darf nicht im Belieben der Behörde stehen, ob sie Ersatzland beschaffen will oder nicht. Zu fordern ist vielmehr, daß dem Eigentümer auf seinen Antrag Ersatzland gewährt werden muß, und zwar in einem bedeutend weiteren Umfang, als es der § 4 des Entwurfs vorsieht.
Der Entwurf enthält auch eingehende Vorschriften über die Entschädigung. Dem Bundestag liegt aber in der Drucksache 1426 der Entwurf zu einem Gesetz über die Entschädigung für die Enteignung von Grundstücken vor, der bezweckt, eine einheitliche Entschädigungsregelung für alle vorkommenden Enteignungsfälle zu bringen, mögen sie auf Bundes- oder Landesrecht beruhen. Wir sind deshalb der Meinung, daß es einer besonderen Regelung der Enteignungsentschädigung im -Landbeschaffungsgesetz nicht bedarf, sondern daß gefordert werden muß, gleichzeitig den Entwurf des Bundesentschädigungsgesetzes zu verabschieden und im Landbeschaffungsgesetz nur auf diese Bestimmungen zu verweisen.
Das Wort hat der Abgeordnete Engell.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatte hat gezeigt, daß es wohl zweckmäßig gewesen wäre, vor Bekanntgabe dieses Gesetzentwurfs uns hier einige Zahlen zu nennen, damit nicht in der Öffentlichkeit, insbesondere in den Kreisen des betroffenen Bauerntums, unnötige Unruhe entsteht. Wir hörten jetzt, daß die Zahl von 200 000 ha nicht zutreffend ist, daß nur 100 000 gebraucht werden. Aber wir glauben, für die Beratung des Gesetzentwurfs wären auch noch andere Daten von großer Wichtigkeit. Welches Land steht denn aus dem bisherigen Wehrmachtbesitz zur Verfügung? Wie wird es genutzt? In welcher Zeit kann es in Anspruch genommen werden, um zunächst einmal den dringendsten Bedürfnissen zu dienen? Das müßte uns hier doch einmal gesagt werden.
Des weiteren: Woher soll das Land genommen werden? Hier treffen wir auf die verschiedensten Überlegungen. Wir haben in der Bundesrepublik zwei Millionen ha Ödland, und wir hörten, daß nur 100 000 ha gebraucht werden. Also wäre es doch wohl sehr naheliegend, zu prüfen, ob von diesem Ödland wenigstens ein erheblicher Teil für diese Zwecke zur Verfügung gestellt werden kann. Das wird vielleicht möglich sein, weil im Gegensatz zu einer früheren Zeit bei einer weiträumigen Kriegführung die Standorte nicht mehr die strategisch-geographische Bedeutung haben, die sie früher einmal hatten. Alle solche Überlegungen müßten doch wohl schon von dem zuständigen Ministerium angestellt sein, wenn Sie uns hier einen solchen Gesetzentwurf vorlegen. Wir sind doch alle bemüht und bestrebt, die Auswirkungen der Inanspruchnahme landwirtschaftlichen Nutzlandes — die uns alle wieder betreffen — auf ein Minimum zu beschränken. Niemand in diesem Hause möchte einer Regelung zustimmen, die einer bäuerlichen Familie die Ackernahrung entzieht. In jedem Falle — das haben Sie ganz richtig gesagt — ist hier Ersatzland zu stellen.
Meine Damen und Herren, es ist hier schon angedeutet worden, daß die Herren der Militärverwaltung den immanenten Drang haben, nach oben abzurunden. Das ist gar kein Werturteil über diese ehrenwerten Leute; es ist eine gewisse Kriegslist, die sie immer angewandt haben im Kampfe mit den ewig zögernden und nörgelnden und bedenklichen Zivilisten. Daher legen wir sehr großen Wert darauf, daß der Herr Bundesernährungsminister weitgehend eingeschaltet wird, soweit es sich um Maßnahmen handelt, die den Agrarsektor betreffen.
Wir möchten nicht, daß hier neue Sonderverwaltungen innerhalb des Bundesverteidigungsministeriums auftauchen, daß hier eine Schar von Landwirtschaftsräten und Oberlandwirtschaftsräten, von „Bauspechten" und Oberbauräten ins Land hinausfahren und dort ans Werk gehen. Das sollte vermieden werden, zumal wir einen Bundesminister für Ernährung haben, der eine langjährige Erfahrung auf dem Gebiet der inneren Kolonisation besitzt und genau weiß, daß uns im Lande draußen in den Siedlungsbehörden und den Siedlungsgesellschaften Organisationen zur Verfügung stehen, die traditionell derartige Aufgaben gelöst haben und die Abwicklung all dieser Maß-
nahmen sehr viel reibungsloser vornehmen können als irgendwelche neu bestellten Leute, die da glauben, mit einer gewissen Schneidigkeit könne man das erwünschte Tempo schaffen. Es ist doch eine so schwerwiegende Aufgabe, die hier zu erfüllen ist, daß dabei nur mit äußerster Sorgfalt und mit Augenmaß für das wirklich Notwendige gearbeitet werden kann.
Wir würden es also sehr begrüßen, wenn eine Lenkungsstelle — von der gesprochen worden ist — beim Bundesernährungsminister errichtet wird, die in Zusammenarbeit mit den Planungsbehörden, mit den unteren Siedlungsbehörden und den Siedlungsgesellschaften die eigentliche verantwortliche Arbeit für diese verantwortungsvolle Aufgabe leistet.
Meine Damen und Herren! Es ist hier sehr schön von dem Herrn Minister gesagt worden, daß zunächst der freie Ankauf im Vordergrund steht. Hoffentlich passiert es nicht, daß wir nachträglich sagen: „Es wär' so schön gewesen, es hat nicht sollen sein." Ich habe gewisse Zweifel, daß ein freihändiger Ankauf in solchem Umfange möglich ist, weil wir ja bei der Inanspruchnahme von Land teilweise von geographischen Voraussetzungen ausgehen müssen; ich habe die Sorge, daß dann dort zwingend die Enteignung erforderlich ist. Wenn ich auch nicht annehme, daß die Enteignung der Regelfall sein wird, so müssen wir doch damit rechnen, daß sie innerhalb des Verfahrens eine wesentliche Rolle spielen wird und daß weiter insbesondere die Enteignung für Ersatzland im Vordergrunde sein wird und sein muß da, wo es gilt, die hier schon genannten Härten zu vermeiden.
Auf dem freien Gütermarkt besteht zusätzlich sogar die Gefahr, daß durch Aufkauf größerer Ländereien die Preise erheblich steigen werden und daß dieser Tatbestand sich für die gesamte Landwirtschaft und die sonstige Wirtschaft sehr schwerwiegend auswirken wird.
Was die Inanspruchnahme von Ländereien der öffentlichen Hand, der Kirchen und der Stiftungen betrifft, so soll man sich auch darüber keinen Täuschungen hingeben. Einmal ist ein nicht unerheblicher Prozentsatz dieser Ländereien sozial verpachtet und kann gar nicht ohne Härten für den einzelnen beansprucht werden; zum andern liegen Pachtverträge und sonstige Beziehungen vor, die auch hier eine schnelle Abwicklung derartiger Inanspruchnahmen verhindern. Die Ländereien der öffentlichen Hand allein werden nicht reichen. Darüber müssen wir uns klar sein, und wir müssen daher die erforderlichen Vorbereitungen treffen, um im Enteignungsverfahren den richtigen Weg zu gehen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch eins sagen; Sie werden Verständnis dafür haben, daß ich auch diesen Punkt berühre. Mit großer Sorge erfüllt uns bei der Vorlage dieses Gesetzentwurfs die Situation des heimatvertriebenen ostdeutschen Landvolks. Es ist in den vergangenen Jahren nur gelungen, 5 % dieses Personenkreises auf Bauernstellen und etwa 10 % auf Nebenerwerbsstellen anzusetzen. 30 %, etwa 160 000, sind noch gemeldet, und 55 % sind schon vom Winde verweht, sind in andere Berufe gegangen, gestorben oder sonst verloren.
Sie werden mir zugeben, daß das eine ernste Sorge
ist; denn es gilt nicht nur, diesem Personenkreis
zu helfen, sondern es gilt auch, ihn dem deutschen Volkstum zu erhalten. Wir haben die Besorgnis, daß bei diesen Maßnahmen die an und für sich schon so schwierige Eingliederung der bäuerlichen Menschen völlig zurückgestellt wird und daß wir, wenn hier nicht zusätzliche Maßnahmen getroffen werden, mit einer Liquidierung des Restes dieser Menschen rechnen müssen.
Denn auch die Zeit verbraucht den Menschen, und die Hoffnungslosigkeit, in der sich die Väter befanden, wird die Söhne abschrecken, ihre Ausbildung und ihre Arbeit dem Landbau zu widmen.
In der Begründung zu dem Gesetzentwurf steht ein Passus, der mir das Recht und vielleicht auch die Hoffnung gibt, hierzu einige Worte sagen zu dürfen. Die Bundesregierung erklärt in der Begründung zu § 17 Abs. 3, daß die Förderung, die das Bundesvertriebenengesetz den Vertriebenen und den Sowjetzonenflüchtlingen gewährt, im Bereich dieses Landbeschaffungsgesetzes ergänzt werden soll. Meine Damen und Herren, wir sind sehr dankbar, daß das wenigstens angesprochen worden ist, und werden uns erlauben, im Laufe der Beratung dieses Gesetzentwurfs konkrete Vorschläge zu machen; denn in dem Gesetzentwurf sind diese Menschen nur bei der Inanspruchnahme für Ersatzland ausgenommen, womit sie gegen eine zweite Vertreibung geschützt sind.
Wer mit den Dingen zu tun hat, wird mir bestätigen, daß wir schon längst bei der inneren Umsiedlung für die Räumung von militärischen Anlagen sind. Ich erinnere mich beispielsweise, daß es mir in meinem Landkreis nach langen Auseinandersetzungen gelungen ist, von einer staatlichen Domäne 800 Morgen, d. h. 200 ha zu bekommen. Die auf dieser Domäne ein Jahrzehnt hindurch beschäftigten heimatvertriebenen Bauern, die dort als Landarbeiter figurierten, waren für die neuen Bauernstellen vorgesehen. Als der Kulturamtstermin und die Verhandlungen anstanden, wurde uns gesagt, man müsse Menschen aus dem Lüneburger Raum von Truppenübungsplätzen nehmen; man habe von der Regierung die Auflage, diese Umsiedler hier anzusetzen. Da gab es Heulen und Zähneklappern bei diesen Menschen, die hier brav gearbeitet und eine Hoffnung gesehen hatten. Wenn man diese Dinge dann vertreten muß, hat man einen schweren Stand. Wir haben schon im vorigen Jahre im Lande Niedersachsen ganze Domänen ausschließlich für diese Umsiedlung für militärische Zwecke zur Verfügung gestellt. Wenn das in Zukunft in verstärktem Maße der Fall sein wird, wird man mit Hilfe dieses Gesetzes Maßnahmen treffen müssen, die verhindern, daß der Ansiedlung von heimatvertriebenen Bauern endgültig ein Ende gemacht wird.
Ich hoffe, daß dieses Haus bei der Verabschiedung des vorliegenden Gesetzentwurfs den Anträgen, die wir zu stellen haben werden, ein geneigtes Ohr zeigen wird.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Höcherl.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einige Passagen dieser Debatte haben bereits gezeigt, daß allerlei Explosivstoff in der Gesetzesvorlage enthalten ist.
Trotzdem kann dankenswerterweise festgestellt werden, daß alle Redner davon ausgegangen sind, daß dieses Gesetz notwendig ist und daß es rasch verabschiedet werden muß, nicht nur deshalb, weil wir vertraglich dazu verpflichtet wären, oder vielleicht deswegen, weil wir sonst nach dem 5. Mai 1956 in ein Rechtsvakuum kämen, sondern weil es überhaupt keinen Rechtsstaat gibt, der ohne eine solche Gesetzgebung auskommen kann. Nur Diktaturen kommen ohne solche Gesetze aus: sie nehmen sich einfach das, was sie brauchen.
Bei dieser Gelegenheit sollte man vielleicht auch einen anderen Komplex ansprechen, einen Komplex, der einen gewissen Schatten auf diese Vorlage wirft, obwohl sie gar nichts dafür kann. Es handelt sich um die unerledigten Enteignungsfälle, die zum Teil schon 20 Jahre zurückliegen. Das Eigentum und der Besitz wurden entzogen, und die Entschädigungen sind heute noch nicht geregelt. Man sollte anläßlich des Landbeschaffungsgesetzes der Öffentlichkeit mitteilen, mit 'dieser Gesetzgebung entstehe jetzt ein Hoffnungsschimmer, daß auch die unerledigten Fälle zu einer abschließenden Regelung kommen und daß hier ein Muster geschaffen wird, wie eine solche Regelung auszusehen hätte.
Ich bin dem Herrn Verteidigungsminister sehr dankbar, daß er endlich die Zahlen bekanntgegeben und die magischen Zahlen von 200 000 Hektar und noch darüber, die in recht suspekter Weise in der Öffentlichkeit erschienen sind, auf die Wirklichkeit zurückgeführt hat. Man hat oft den Eindruck, daß bei diesen Dingen eine gefährliche Absicht dahintersteckt. Man benützt jeden Anlaß und jede Möglichkeit, um unsere Wiederaufrüstung und unseren Verteidigungsbeitrag in Verdacht zu bringen.
Nun, wenn man den Gesetzentwurf als Ganzes ansieht, wird man der Regierung zugestehen müssen, daß es sich um eine sehr fundierte und sehr redliche Arbeit handelt. Trotzdem werden — das ist schon zum Ausdruck gekommen — in ,der einen und der anderen Bestimmung im Laufe der Beratungen Änderungen kommen. Auch der Bundesrat hat sich bereits in einigen sehr überzeugenden Vorschlägen geäußert. Es ist zwar nicht so, wie der Herr Kollege Dr. Schmidt meinte, daß nun 40 Änderungsvorschläge des Bundesrats notwendig gewesen wären. Die wirklich gewichtigen beschränken sich nur auf einige wenige, aber in ihrem Charakter um so bedeutsamere Bestimmungen.
Ein Gesichtspunkt konnte in dem Gesetz überhaupt nicht zum Ausdruck kommen. Herr Kollege Engell hat ihn bereits erwähnt und von der „Aufwendigkeit der Militärverwaltung" gesprochen. Nun, ich bin der Meinung, daß ,das Verteidigungsressort nicht aufwendiger ist als jedes andere Ressort. Es handelt sich hier nur um eine Art Legende, die immer wieder bei solchen Anlässen vorgebracht wird. Ich glaube, daß die Beteiligten diesen Vorwurf nicht verdienen, vor allem deswegen nicht, weil wir mit dem Haushaltsausschuß und mit unserer Kontrolle im Parlament die Möglichkeit haben, jeder Aufwendigkeit, die also übertrieben ist, eine Grenze zu setzen.
Ich habe gesagt: ein Gesichtspunkt konnte im Gesetz nicht zum Ausdruck kommen. Das ist der der sparsamen Anwendung. In der Begründung steht dieser Gesichtspunkt. Der Herr Verteidigungsminister und der Herr Innenminister haben ihn vorgetragen. Das muß das innere Grundgesetz für diese Vorlage sein: sparsame Anwendung überhaupt. Anwendung nur dort, wo es überhaupt nicht anders möglich ist, also nur im äußersten Notfall.
Es ist ferner der Gesichtspunkt des freihändigen Erwerbs hervorgehoben und es ist auch über die Verhältnisse gesprochen worden, die mit diesem Gesichtspunkt zusammenhängen. Ich glaube, man wird sich noch eingehend damit befassen müssen, daß der — ich möchte sagen — Abgabevorrang oder die Vorleistungspflicht der öffentlichen Hand in jeder Form für die Bereitstellung von Land und von Ersatzland in irgendeiner Weise in dieses Gesetz eingebaut wird.
Es besteht nun die rechtliche Frage, ob dieser Vorrang im Gesetz selber niedergelegt werden soll oder ob man das besser in Verwaltungsvorschriften tut. Die Frage ist nicht einfach zu lösen, weil die gerichtliche Nachprüfung einer derartigen Vorrangverpflichtung außerordentlich schwierig ist, denn sie gehört in das Gebiet des negativen Beweises, der bekanntlich nicht zu führen ist. Ich glaube, daß man es nur auf dem Weg der Verwaltungsvorschriften machen kann, die aber sehr ausführlich und sehr katalogmäßig, möchte ich einmal sagen, aussehen müssen. Entscheidend wird es ankommen auf die Beachtung der großen Aufgabe der Raumordnung, der Rücksichtnahme auf die Landwirtschaft, dabei nicht nur auf die einzelne bäuerliche Existenz, die uns selbstverständlich außerordentlich am Herzen liegt, sondern auch auf die Strukturpolitik, die unser Bundesernährungsminister so erfolgreich eingeleitet hat, auf die Interessen der Kommunen, der Städte, der Kirchen und Stiftungen, des Naturschutzes, alles Dinge, die auch vom Bundesrat angesprochen worden sind. Auf sie wird es ankommen, und zwar nicht nur im Einzelfall, sondern auch institutionell gesehen für dieses Gesetz.
Bezüglich der Ausführungen zum Ausbau des Rechtsschutzes bin ich der Meinung, man sollte dem Hinweis des Herrn Bundesinnenministers folgen, daß die aufschiebende Kraft in irgendeiner Form wiederkommen muß und daß auch die Einschränkung von Rechtsmitteln, so wie sie vorgeschlagen worden ist, nicht stattfinden kann. Ich bin vielmehr der Meinung, mit diesem Gesetz wollen wir aus der dunklen, rechtlosen Zeit der Requisitionen, des „Requisitionsrechtes" herauskommen in die Zeit einer rechtsstaatlichen Ordnung dieser so schwierigen Materie, und, meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Ausstattung mit rechtsstaatlichen Garantien läßt sich unsere Fraktion von niemandem übertreffen.
Das Wort hat der Abgeordnete Müller .
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Herren Vorredner haben bereits eingehend auf eine Reihe von Gesichtspunkten hingewiesen, die für die Beurteilung dieses Gesetzes maßgeblich sind. Ich möchte nur ganz kurz einige Sätze sagen, die die Einstellung meiner politischen Freunde charakterisieren.
Wir stehen selbstverständlich, da wir die Wehrmacht bejahen, auf dem Standpunkt, daß wir für die Wehrmacht auch das notwendige Land zur Verfügung stellen müssen. Auf der anderen Seite haben
wir in den früheren Jahren eine Reihe von sehr ungünstigen Erfahrungen gesammelt. Ich denke nur daran, wie man den großen Truppenübungsplatz Bergen-Belsen geschaffen hat. Dabei ist der Eindruck entstanden, daß manche Flächen in Anspruch genommen worden sind, die für die militärischen Aufgaben allein nicht notwendig waren, sondern die auch zur Abrundung des Gebietes dienten und dann anderen Zwecken nutzbar gemacht wurden.
Bei der Inanspruchnahme von Land muß also ein äußerst scharfer Maßstab angelegt werden. In den Ausschußberatungen muß in dieser Richtung vorgesorgt werden, damit wirklich nur das Dringendste hineingenommen wird. Wir stehen weiter auf dem Standpunkt, daß man — das ist hier schon wiederholt zum Ausdruck gekommen — die Flächen der öffentlichen Hand in erster Linie heranziehen soll und daß man auch weitgehend, wo es irgend möglich ist, auf den freiwilligen Erwerb abkommen und die Enteignung vermeiden soll.
Wir sind weiter der Ansicht, daß die bisherige Regelung der Entschädigung — die Regelung der Entschädigung für Enteignungen in den Jahren vor dem Kriege hat sich bis jetzt hingezogen — unter allen Umständen vermieden werden muß; die Bezahlung muß schnellstens erfolgen, damit sich die Leute entweder wieder etwas anschaffen oder sich mit dem Geld eine neue Existenz schaffen können.
Unser vordringlicher Wunsch ist natürlich, daß ein Bauer, der seine Stelle verliert, in seinem Berufe gehalten wird. Wir haben im Bundesgebiet unendlich viele Möglichkeiten der Ersatzlandbeschaffung, wenn wir nur in demselben Rahmen, wie wir jetzt Flächen für die militärischen Aufgaben zur Verfügung stellen, auch Gelder für großzügige Meliorationen aufwenden. Dann werden wir sicher in der Lage sein, eine große Zahl unserer Berufskollegen in ihrem Beruf zu halten. Ich möchte Sie daher bitten, sich bei den Haushaltsberatungen, wenn wir uns über Meliorationsprogramme unterhalten, auch der Notwendigkeit der Wiederbeschaffung von Land für die Verdrängten — neben der Landbeschaffung für die Heimatvertriebenen — zu erinnern und für diese Zwecke die nötigen Mittel bereitzustellen.
Das Wort hat der Abgeordnete Hesberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich mir erlaube, zu den Vorschriften über die Enteigungsentschädigung einige Bemerkungen zu machen, so geschieht dies, um der Bundesregierung einige Anregungen zu geben, deren Verwirklichung mit den Beratungen der Vorlage des Landbeschaffungsgesetzes einhergehen sollte, Anregungen, die darauf abzielen, das Ziel dieser Vorlage, einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen der Allgemeinheit und der Betroffenen, zu erreichen. Diese Anregungen sind meines Erachtens zugleich auch für die Erleichterung des freihändigen Erwerbs von Bedeutung.
Es ist zu begrüßen, daß die Bundesregierung im § 19 Abs. 1 des dem Hohen Hause vorliegenden Entwurfs den Bestrebungen Rechnung getragen hat, die darauf gerichtet sind, den Preis als Grundlage für die Entschädigung anzuerkennen, der echter Ausdruck der jeweiligen Marktverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt ist, nämlich den gemeinen Wert. Hieraus folgt, daß der übliche Marktpreis für bebaute und Trümmergrundstücke unmittelbar herangezogen werden kann, nachdem durch die Verordnung der Bundesregierung vom Jahre 1952 die Preisbindung für diese Kategorie von Grundstücken aufgehoben worden ist. Gewisse Einschränkungen dieser Feststellung werden noch zu erörtern sein.
Anders liegen die Verhältnisse aber beim Bauland sowie bei den land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken. Diese unterliegen nach wie vor den überkommenen Preisvorschriften, die nach § 19 Abs. 4 unberührt bleiben. Bei diesen Grundstücken wird Abs. 1 seine eigentliche Bedeutung erst nach Fortfall der Preisbindung erhalten, sofern nicht der Bundestag der Meinung der mit dem Bundesrat übereinstimmenden Regierung beitritt — was ich wünschen möchte —, den Abs. 4 fallenzulassen.
Eine gewisse Annäherung an den gemeinen Wert liegt zur Zeit vielleicht auf dem landwirtschaftlichen Sektor vor, weil die Landwirtschaftsbehörden auf Grund des noch geltenden Kontrollratsgesetzes Nr. 45 lediglich festzustellen haben, ob bei Kaufverträgen auf dem landwirtschaftlichen Sektor ein unangemessenes Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gegeben ist, hierbei aber nach meiner Kenntnis die gegenwärtigen Ertragswerte der Land- und Forstwirtschaft als angemessen gelten.
Weit problematischer ist es jedoch mit dem gemeinen Wert auf dem städtischen Grundstücksmarkt bestellt. Denn hier können die für die Genehmigung von Grundstückskaufverträgen zuständigen unteren Preisbehörden Widmungsänderungen, die sich seit dem 17. Oktober 1936 durch Veränderung der baulichen Ausnutzbarkeit der Grundstücke ergeben haben, anerkennen und auch darüber hinausgehende Zuschläge gegenüber dem erwähnten Stichtag — allgemein heute wohl bis zu 50 % — zubilligen.
Es ist aber bekannt, daß die unter Umgehung der Preisvorschriften tatsächlich gezahlten Preise vielfach die zulässigen Preise nicht unerheblich überschreiten. Es sei dahingestellt, inwieweit bei den Schwarzmarktpreisen spekulative Tendenzen vorliegen oder mangelnde Berücksichtigung der möglichen Korrekturen durch die Preisbehörden, die im Zusammenhang mit vorbereitenden Arbeiten zur künftigen Einheitsbewertung hier und da festgestellt werden mußten. Soweit aber die Grundstücksspekulation, der entscheidend entgegenzuwirken ist, zu überhöhten Preisen führt, muß man sich eingestehen, daß sie zum Teil ein Ergebnis der gegenwärtigen Zersplitterung des Rechts auf dem Grundstücksmarkt ist. Einem in etwa ordnungsmäßig funktionierenden Grundstücksmarkt für bebaute Liegenschaften stehen nämlich einzelne Teilmärkte mit unterschiedlichen Preisbindungen gegenüber. Die Preisbindungen führen zur Zurückhaltung und Minderung des Angebots an unbebauten Grundstücken und zur Verstärkung der Nachfrage auf den übrigen Teilmärkten der bebauten und Trümmergrundstücke, bei denen daher von einem gemeinen Wert im herkömmlichen Sinne auch nicht gesprochen werden kann.
Zum Teil leistet der Erwerber, der den unzulänglich modifizierten Stopppreis überschreitet, aber nur ein Entgelt, das er ohne weiteres nach der Bebauung realisieren kann.
Die Unzulänglichkeit des Verfahrens der Preisfestsetzung durch die unteren Verwaltungsbehörden wird nunmehr auch denjenigen Instanzen zur
Last fallen, die zur Festsetzung der Enteignungsentschädigung berufen sind, weil diese an die Normen der Preisbehörden gebunden sind.
Ich glaube damit dargetan zu haben, daß die Entschädigung zum gemeinen Wert zur Zeit bei der Durchführung dieses Gesetzes in weiten Bereichen problematisch ist.
13m sie aber so bald wie möglich zu realisieren, bedarf es über die Gesetzesvorlage hinaus ergänzender Maßnahmen, insbesondere auf dem Baulandmarkt.
Wenn die auch für unbebaute Grundstücke angestrebte Aufhebung der Preisbindungen noch nicht erfolgt ist, so ist dies darauf zurückzuführen, daß den Empfehlungen, die der 1. Bundestag ausgesprochen hat, noch nicht entsprochen werden konnte. Ist doch im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Baulandbeschaffungsgesetzes — ich glaube, mit den Stimmen aller Parteien — eine Entschließung angenommen worden, derzufolge vor der Verabschiedung eines Bodenbewertungsgesetzes eine Auflockerung der Preisvorschriften nicht erfolgen sollte. Ferner kam in der Entschließung des 1. Bundestages zum Ausdruck, daß die Freigabe der Grundstückspreise wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der Bodenspekulation zur Voraussetzung habe.
Daraufhin hat der Bundeswirtschaftsminister auch die Erklärung abgegeben, daß er im Hinblick auf diese Entschließung die Freigabe der Baulandpreise zurückhalten werde, bis die erwähnten Maßnahmen getroffen sein würden. Daher dürfte es unbedingt notwendig sein, daß die Bundesregierung die vorbereitenden Arbeiten. im Sinne der damaligen Entschließung so beschleunigt, daß nach der Verabschiedung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes durch den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen von dem Entwurf eines Bundesbaugesetzes ausgehend Regelungen erarbeitet werden, die die Freigabe der Baulandpreise ermöglichen.
Bis zu diesem Zeitpunkt, d. h. bis der gemeine Wert de facto als Grundlage für die Enteigungsentschädigung nach dem Landbeschaffungsgesetz herangezogen werden kann, scheint mir noch folgendes möglich und erforderlich zu sein. Soweit ich unterrichtet bin, sieht § 3 der Verordnung über das Verbot von Preiserhöhungen die Möglichkeit vor, aus volkswirtschaftlichen Gründen oder in Fällen einer unbilligen Härte von dem Preisniveau des Jahres 1936 abzuweichen. Daß die Preisbehörden, die die Kaufverträge für unbebaute Grundstücke zu genehmigen haben, von dieser Ermächtigung Gebrauch machen und daß sie hierauf entsprechend hingewiesen werden, dürfte der bisherigen Uneinheitlichkeit entgegenzuwirken geeignet sein. Eine derartige Handhabung des Grundstückspreisstopps würde auch dem Gedanken in § 10 des Baulandbeschaffungsgesetzes Rechnung tragen, daß Wertveränderungen seit dem 17. Oktober 1936 in bestimmtem Umfange berücksichtigt werden können.
Daher sollte im Zusammenhang mit der Beratung des vorliegenden Gesetzentwurfs gleichzeitig der Appell an die Preisbehörden gerichtet werden, durch solche Ausnahmegenehmigungen bereits heute eine Anpassung an das Preisniveau herbeizuführen, das sich voraussichtlich bei einer Freigabe der Baulandpreise ergeben wird. Daß hierbei spekulativen Auswüchsen auf dem Gebiet der Bodenpreise zu begegnen ist, dürfte ebenso selbstverständlich sein, wie die Bundesregierung dazu beitragen sollte, auch sonst durch geeignete Maßnahmen den Baulandmarkt im Sinne eines stärkeren Angebots an Bauland mehr als bisher aufzulockern, weil der zusätzliche Bedarf, der nunmehr durch die Streitkräfte auf den Grundstücksmarkt zukommt, sonst die bestehenden Schwierigkeiten noch vermehren dürfte.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung der ersten Lesung. Beantragt ist die Überweisung an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung als federführenden Ausschuß, an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht als mitberatende Ausschüsse. Wer diesen Überweisungsvorschlägen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.
Ich komme zu Punkt 3 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Naegel, Stücklen, Dr. Atzenroth, Dr. Elbrächter und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Industrie- und Handelskammern .
Wenn ich recht unterrichtet bin, wird auf die mündliche Einbringung verzichtet. Ich eröffne die Beratung der ersten Lesung. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Beratung. Beantragt ist die Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik. Wer diesem Vorschlag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Tilgung von Ausgleichsforderungen ;
Schriftlicher Bericht*) des Ausschusses für Geld und Kredit (Drucksache 2008).
Ich frage, ob das Wort zur Berichterstattung gewünscht wird.
— Auf mündlichen Bericht wird verzichtet. Das Haus ist damit einverstanden.
Meine Damen und Herren, ich eröffne die Beratung der zweiten Lesung. Wird dazu das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Dann rufe ich auf die §§ 1,-2,-3,-4,-5,-6,-7,
—8,-9,-10,-11,-12,-13,-14,-15,—Einleitung und Überschrift. — Wer diesen Paragraphen in der Fassung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — In der zweiten Lesung einstimmig angenommen.
Ich eröffne die Beratung der
dritten Lesung.
Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht
gewünscht. Wer dem Gesetzentwurf in der vorlie-
*) Siehe Anlage 2
genden Fassung des Ausschusses in dritter Lesung zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Dieses Gesetz über die Tilgung von Ausgleichsforderungen ist vom Bundestag bei einer Enthaltung, im übrigen einstimmig angenommen.
Meine Damen und Herren, wir haben noch über einen Entschließungsentwurf abzustimmen, der im Ausschußantrag vorliegt. Ich darf bitten, diese Entschließung in der Ihnen vorliegenden Drucksache 2008 auf Seite 7 zur Kenntnis zu nehmen. Ich nehme an, daß das Haus darauf verzichtet, daß ich sie verlese; sie liegt ja gedruckt vor.
Wer diesem Entschließungsantrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Entschließungsantrag des Ausschusses ist einstimmig angenommen.
Damit komme ich zu dem Punkt 5 der Tagesordnung.
— Wird das Wort zur Geschäftsordnung gewünscht?
— Gut, Herr Abgeordneter, wir können das natürlich auch so machen.
Meine Damen und Herren, es ist eine interfraktionelle Vereinbarung dahin zustande gekommen, daß vor der Verhandlung über den Punkt 5 hier im Hause die Sitzung für eine halbe Stunde unterbrochen wird und daß zunächst, bevor eine solche Unterbrechung beschlossen wird, der Punkt 6 aufgerufen wird.
— Punkt 5 b ist doch mit 5 a verbunden.
— Punkt 5 b kann verhandelt werden? Meine Damen und Herren, ich bin so unterrichtet, daß über den ganzen Punkt 5 nachher gesprochen werden soll.
— Ich höre nur „Einverstanden". Wir ziehen also jetzt den Punkt 6 vor und verabschieden ihn. Ich werde nachher den Punkt 5 aufrufen.
Ich rufe Punkt 6 a der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1955 (Drucksache 1880);
Mündlicher Bericht dies Haushaltsausschusses (Drucksache 2051).
Ich nehme an, das Wort wird zur Berichterstattung gewünscht. — Das Wart als Berichterstatter hat der Herr Abgeordnete Schoettle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An sich hätte nahegelegen, daß der Haushaltsausschuß auf eine mündliche Berichterstattung verzichtete. Da aber die Haushaltsangelegenheiten im allgemeinen nicht großem Interesse im Hause begegnen, müssen wir das Haus zwingen, sich gelegentlich einmal mit diesen Fragen zu befassen.
Es geht um die Verabschiedung des Nachtragshaushalts zum Haushalt 1955. Der Nachtragshaushalt bringt Mehrausgaben von rund 206 Millionen DM. Diese Mehrausgaben werden jedoch durch entsprechende Ausgabekürzungen und Minderausgaben an anderer Stelle ausgeglichen, so daß die Einnahmeseite und damit das Gesamtvolumen des Bundeshaushalts 1955 sich nicht verändern.
Das Gesamtvolumen des Nachtragshaushalts 1955 wird im wesentlichen durch drei Ausgabeblöcke bestimmt.
Rund 60 0/0 der gesamten Mehrausgaben im Nachtrag entfallen auf die inzwischen gesetzlich geregelten Rentenmehraufwendungen im Gesamtbetrag von 128 Millionen DM. Diese verteilen sich in Höhe von 53 Millionen DM auf den Einzelplan 11 — Bundesministerium für Arbeit — und in Höhe von 75 Millionen DM auf den Einzelplan 40 — Soziale Kriegsfolgeleistungen —. Durch Einsparungen beim Einzelplan 11 in Form von entsprechenden Minderausgaben bei der Arbeitslosenhilfe werden diese Mehrausgaben voll gedeckt.
Den zweiten großen Ausgabeblock bilden die Mehraufwendungen von rund 70 Millionen DM für zivile Luftschutzzwecke im Einzelplan 06 — Bundesminister des Innern — oder etwa einem Drittel der Gesamtmehrausgaben. Der Haushaltsausschuß hat unter Streichung von fünf Planstellen in Kap. 06 01 Tit. 101, die gefordert waren, die restlichen Personalanforderungen sowie die Mittel für die Bundesanstalt für zivilen Luftschutz in Bad Godesberg in Kap. 0618, für allgemeine Bewilligungen für Zwecke des zivilen Luftschutzes in Kap. 06 20 und des Luftschutzwarndienstes in Kap. 06 21 bewilligt. Wenn ich sage „bewiligt", so heißt das selbstverständlich: unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Plenums des Bundestages. Die Mittel für den Aufbau des Luftschutzwarndienstes wurden gesperrt. Der Auschuß hatte Bedenken gegen die vom Bundesminister des Innern geplante Organisation. Den militärischen und den zivilen Luftschutz kann man heute kaum voneinander trennen. Deshalb bestünde, wenigstens nach Meinung des Haushaltsausschusses, die Gefahr des Aufbaues von Parallelorganisationen, was unbedingt verhindert werden muß. Der Bundesminister des Innern hat die Überprüfung seines bisherigen Organisationsplans zugesagt und wird dem Haushaltsausschuß darüber berichten, der sich die Zustimmung zur Aufhebung des Sperrvermerks vorbehalten hat.
Der Ausschuß war ferner der Meinung, daß die Vorbemerkung und die Erläuterung zu dem Kap. 06 20 zu Irrtümern Anlaß geben könnten. Dort ist nämlich davon die Rede, daß entsprechend dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Luftschutzprogramm der Bund ein Drittel und die Länder und Gemeinden zusammen die übrigen zwei Drittel der Gesamtaufwendungen für den Luftschutz tragen sollen. Der Haushaltsausschuß hat, um jeden Zweifel auszuschließen, eine Ergänzung des Abs. 3 der Vorbemerkung veranlaßt, durch die klargestellt werden soll, daß die Verteilungsquote für die Lasten aus dem Luftschutz erst nach Verabschiedung des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des zivilen Luftschutzes festgelegt werden könne.
Zusätzliche Personalanforderungen bei verschiedenen Ressorts bilden den Rest der Mehrausgaben. Sie erwachsen im wesentlichen aus den Verteidigungsaufgaben, die die Bundesrepublik durch den Abschluß der Pariser Verträge und ihren Beitritt zur NATO übernommen hat.
Als direkte Auswirkung dieser Verpflichtungen hat der Haushaltsausschuß mit Mehrheit die Einrichtung des Bundesministeriums für Verteidigung, dessen Ausgaben im neuen Einzelplan 14 veranschlagt sind, anerkannt und die von der Bundesregierung geforderten 315 Planstellen für den Sofortbedarf einschließlich der sonstigen Personal-und Sachausgaben im Gesamtbetrag von rund 4,8 Millionen DM bewilligt. In dieser Summe ist ein vom Haushaltsausschuß eingefügter Erstattungstitel von 1,7 Milionen DM enthalten, auf den ich gleich noch einmal zurückkomme. Der Haushaltsausschuß hat die von der Bundesregierung beantragten neuen Planstellen für die deutsche Vertretung bei der NATO sowie für die im Bereich des Bundesministers der Finanzen und des Bundesministers für Verkehr auszuführenden zusätzlichen Verteidigungsaufgaben einschließlich der notwendigen Mittel für sonstige Personal- und Sachausgaben bewilligt.
Insgesamt handelt es sich im Einzelplan 08 um Mehrausgaben von rund 1,9 Millionen DM . In Einzelplan 09 — Bundesministerium für Wirtschaft — werden zusätzliche Personal- und Sachausgaben in Höhe von rund 410 000 DM erforderlich, in Einzelplan 12 — Bundesministerium für Verkehr — in Höhe von 170 300 DM.
Nicht bewilligt hat der Haushaltsausschuß die in Einzelplan 05 — Auswärtiges Amt — geforderten Planstellen für die Errichtung eines Referats „Militärpolitik, Verteidigung, WEU" und für eine Verbindungsstelle zum Verteidigungsministerium. Genehmigt wurden die nachgeforderten Sach- und Personalausgaben, die durch die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur Sowjetunion und die Einrichtung der Botschaft in Moskau notwendig geworden sind. Ebenfalls genehmigt wurden die Stellenanforderungen für die Errichtung einer Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Nordatlantikpakt-Organisation in Paris und die durch die Ernennung des Bundesministers des Auswärtigen erforderliche Einrichtung eines Ministerbüros. Mehrausgaben in Kap. 05 03 — Vertretungen der Bundesrepublik im Ausland — entstehen aber nicht. Eingesetzt als neuer Titel wurde im Einzelplan 05 — Auswärtiges Amt — schließlich ein Betrag von 645 000 DM als Beitrag der Bundesrepublik Deutschland an die Westeuropäische Union.
Bewilligt wurde letztlich in Einzelplan 25 — Bundesministerium für Wohnungsbau — die Schaffung von vier neuen Planstellen, die durch die Erweiterung des Arbeitsumfangs auf dem Gebiet des baulichen Luftschutzes erforderlich geworden sind. Neu ausgebracht wurde ein erster Teilbetrag von 100 000 DM für die Durchführung des städtebaulichen Ideenwettbewerbs „Hauptstadt Berlin". Die Gesamtkosten dieses Wettbewerbs sind — nebenbei gesagt — auf 350 000 DM veranschlagt. Damit ist dem Beschluß des Plenums vom 26. Oktober 1955 Rechnung getragen worden.
Grundsätzlich hat der Haushaltsausschuß die Frage der Anrechenbarkeit der durch die Verteidigungsaufgaben den zivilen Ressorts entstehenden Sach- und Personalausgaben auf die Verteidigungslasten behandelt und dabei einmütig die Auffassung vertreten, daß die Ausgaben der zivilen Ressorts, soweit sie Verteidigungszwecke betreffen, auf den deutschen Verteidigungsbeitrag angerechnet werden müßten. Zu diesen Ausgaben gehören nach Ansicht des Haushaltsausschusses insbesondere die Aufwendungen, die von den zivilen Baubehörden für die Durchführung militärischer Bauvorhaben aufgewendet werden. Der Haushaltsausschuß stand auf dem Standpunkt, daß die Bundesregierung bei der NATO alle Schritte unternehmen sollte, um auch die Anrechenbarkeit der Aufwendungen der zivilen Ressorts, die mit den Verteidigungsvorbereitungen zusammenhängen, z. B. der Aufwendungen für den Luftschutz, zu erreichen.
Außerdem sprach sich der Haushaltsausschuß mit besonderem Nachdruck — und damit berühre ich eine Frage, die schon bei der vorherigen Debatte aufgetaucht ist — gegen die Errichtung einer eigenen militärischen Bauverwaltung aus. Schon aus Gründen der Sparsamkeit ist die zivile Bauverwaltung der Errichtung einer neuen Organisation für militärische Bauvorhaben vorzuziehen. Es wäre gut, wenn das Haus diesen Standpunkt teilen und unterstreichen würde. Die bereits bestehenden zivilen Einrichtungen benötigen für die neuen umfangreichen Bauaufgaben nur verhältnismäßig geringe Verstärkungen, die durch diesen Nachtrag bewilligt werden sollen. Soweit die Anrechnungsfähigkeit der im Nachtrag veranschlagten Ausgaben zur Durchführung von Verteidigungsaufgaben außer Frage steht, wie z. B. in den Einzelplänen 08 und 12, sollen die Aufwendungen zur Durchführung von Verteidigungsaufgaben aus dem oben erwähnten Erstattungstitel des Verteidigungshaushalts erstattet werden. Zu diesem Zweck sind bei den betreffenden Verwaltungen Einnahmetitel eingesetzt. Da sich die genauen Aufwendungen im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht errechnen lassen, wurden diese Titel als Leertitel ohne Geldansatz ausgebracht. Die Erstattungen sollen am Jahresende in Höhe der tatsächlichen Ausgaben durchgeführt werden.
Im übrigen nehme ich auf den Mündlichen Bericht des Haushaltsausschusses Drucksache 2051 Bezug. Warum er „Mündlicher" Bericht heißt, weiß ich nicht. Da er schriftlich erstattet wird, ist das etwas komisch; aber ich muß mich der Sprachübung bedienen, die im Hause üblich ist. Als Berichterstatter empfehle ich namens des Haushaltsausschusses die Annahme des Antrags auf Drucksache 2051.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Wir kommen zuerst zu den in Drucksache 2051 Anlage 2 aufgeführten Einzelplänen.
Ich rufe auf Einzelplan 05 — Auswärtiges Amt —. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wer dem aufgerufenen Einzelplan zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Einzelplan 06 für das Bundesministerium des Innern. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wer dem Einzelplan zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
— Wollen Sie das Wort, Herr Kollege Ritzel?
— Ich bin leider auf Ihre Wortmeldung nicht aufmerksam gemacht worden; sie war auch nicht schriftlich bei den Schriftführern erfolgt. Ihr Wortmeldung ist leider übersehen worden. Vielleicht können Sie Ihre Ausführungen machen, wenn Einzelplan 06 wieder aufgerufen- wird. — Einverstanden. — Ich darf die Damen und Herren, die bei den kommenden Einzelplänen sprechen wollen, bitten, sich nach Möglichkeit bei den Schriftführern zu melden, damit keine Wortmeldung übersehen wird.
Ich rufe auf Einzelplan 08 — Bundesministerium der Finanzen —. Hierzu meldet sich niemand zum Wort.
Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Einzelplan 09 — Bundesministerium für Wirtschaft —. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Einzelplan 11 — Bundesminister für Arbeit —. Wird das Wort gewünscht?
Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Einzelplan 12 — Bundesministerium für Verkehr —. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Einzelplan 14 — Bundesministerium für Verteidigung —. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Einzelplan 25 — Bundesministerium für Wohnungsbau —. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Es ist so beschlossen.
Einzelplan 32 — Bundesschuld —. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Es ist so beschlossen.
Einzelplan 35 — Verteidigungslasten —. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Es ist so beschlossen.
Einzelplan 40 — Soziale Kriegsfolgeleistungen —. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Es ist so beschlossen.
Dann kommen wir zu Ziffer 4 des Ausschußantrags Drucksache 2051, den Entwurf des Nachtrags zum Einzelplan 60 unverändert nach der Vorlage — Drucksache 1880 — anzunehmen. Wird hierzu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Es ist so beschlossen.
Damit kommen wir zu Ziffer 2 des Ausschußantrags auf Drucksache 2051 betreffend Anlage 1.
Ich rufe auf: Einzelplan 05 — Auswärtiges Amt —. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Es ist so beschlossen.
Einzelplan 06 — Bundesministerium des Innern, Herr Abgeordneter Ritzel!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der dankenswert gründlichen Berichterstattung durch Herrn Abgeordneten Schoettle ist es überflüssig, sehr viel zu sagen. Aber es muß doch mindestens aus dem Bereich des Einzelplans 06 etwas hervorgehoben werden.
Es ist die Norm, daß auch mit der Verabschiedung eines Nachtragshaushalts durch Gesetz gewisse Voraussetzungen fixiert werden. Aber die Tatsache, auf die bereits der Herr Berichterstatter hingewiesen hat, daß in den Vorbemerkungen zu dem Nachtrag zu Einzelplan 06 — Bundesministerium des Innern — in bestimmten Sätzen von einer bestimmten Verteilung der gesamten Ausgaben auf dem Gebiete des zivilen Luftschutzes ausgegangen wird, hat uns schon im Haushaltsausschuß veranlaßt und gibt auch hier Veranlassung zu der Feststellung, daß die Dinge so nicht gehen können. Ich möchte das, was von dem Herrn Berichterstatter als Ergebnis der Haushaltsberatungen hervorgehoben worden ist, noch einmal mit aller Entschiedenheit unterstreichen. Es kann unter keinen Umständen davon die Rede sein, daß etwa auf diesem Wege irgendein Verteilungsmaßstab in bezug auf die Kosten des zivilen Luftschutzes vorbereitet wird. Gesetz kann 'er ja nur auf Grund des in Beratung befindlichen Spezialgesetzes werden. Aber die Vorbemerkungen zu dem Haushalt, so wie er hier nach Abschluß der dritten Beratung jetzt zur Verabschiedung kommen soll, enthalten nun einmal ohne den Zusatz, den der Haushaltsausschuß beschlossen hat, die Festlegung, daß sich Bund, Länder und Kommunen in die Kosten des zivilen Luftschutzes zu je einem Drittel teilen sollen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, es würde eine sehr grobe Verkennung der wahren kommunalen Finanzlage, im Durchschnitt gesehen, bedeuten, wenn man die Kommunen als fähig erachten wollte, eine Aufgabe mit einem Drittel des gesamten Riesenaufwands zu finanzieren, die als eine echte Verteidigungsaufgabe angesprochen und daher in den Haushalt des Bundes für Verteidigungszwecke verwiesen werden muß. Ich halte es für sehr notwendig, den Herrn Bundesfinanzminister und damit die gesamte Bundesregierung darauf aufmerksam zu machen, daß es ein Ding der Unmöglichkeit ist, damit zu rechnen, daß die Kommunen in der Lage seien, so enorme Kosten aufzubringen. Auch die Landkreise kommen unter keinen Umständen als Kostenträger für eine derartige Aufwendung für den zivilen Luftschutz in Betracht.
Nun, meine Damen und Herren, nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung ist es möglich, im Rahmen der dritten Beratung auch einige allge-
meine Bemerkungen zu machen. Ich erlaube mir die Feststellung, daß bei der Behandlung der Nachtragsetats, die hier angesprochen worden sind, erfreulicherweise eine weitgehende Übereinstimmung im Haushaltsausschuß in bezug auf die Beschneidung gewisser Personalneuanforderungen zu beobachten war. Für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion gehen diese Sparmaßnahmen noch nicht weit genug. Wir erstrecken unsere Auffassung in bezug auf größere Sparsamkeit auch noch auf Bereiche wie beispielsweise die reichlich unverständlich hohe Aufwandsentschädigung des Botschafters bei der NATO in Paris, die die Kleinigkeit von 60 000 DM erfordern soll. Wir betrachten solche Summen als unmöglich in Hinsicht auf unsere tatsächliche Finanzlage, insbesondere im Hinblick auf die ungerechte Verteilung des Sozialprodukts in der Bundesrepublik.
Meine Damen und Herren, noch eine Bemerkung! Der Herr Berichterstatter hat bereits mit Recht darauf hingewiesen — das war die einmütige Auffassung des Haushaltsausschusses, war und ist auch dankenswerterweise die Auffassung der Bundesregierung —, daß im Bereich der werdenden neuen Wehrmacht keine eigentlichen militärischen Behörden für Marine und Landheer in bezug auf die Errichtung von Neubauten geschaffen werden sollen. Es sollen hier die zivilen Behörden, die im Küstengebiet und in der Bundesrepublik bestehen, herangezogen werden. Es ist ein Wunsch des Haushaltsausschusses, den meine Fraktion mit aller Entschiedenheit unterstreicht, daß nichts geschehen darf, um im Rahmen des militärischen Haushalts eine neue Bürokratie aufzubauen, die Spezialgebiete des Bauwesens zu bewältigen hat. Es ist unser Wunsch, ebenfalls geteilt vom Haushaltsausschuß, daß für die Aufwendungen, die den zivilen Behörden erwachsen — also den Einzelplänen, die hier heute zur Debatte stehen —, Entschädigung gewährt wird; und daher die neu eingebrachten Einnahmetitel im Nachtragshaushalt zu Lasten des Bundesverteidigungsministeriums. Es kann und darf keine Rede davon sein, daß diese Lasten als zivile Lasten betrachtet werden. Ich kann namens meiner Fraktion das, was der Herr Berichterstatter Schoettle für den Haushaltsausschuß erklärt hat, in dieser Hinsicht nur voll und ganz unterstreichen und die Bundesregierung auffordern, stark zu sein und dafür zu sorgen, daß das, was aus militärischen Anlässen an neuen Ausgaben entsteht, auch seitens der NATO im Wehrhaushalt seine Buchung findet.
Wird weiter das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich komme zur Abstimmung über den Einzelplan 06, Bundesministerium des Innern. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Es ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, es dient dem Fortgang der Verhandlungen, wenn ich die weiteren Einzelpläne gemeinsam aufrufe. Ich rufe also auf die Einzelpläne 08, — 09, — 11, —12,
— 14, — 25, — 32, — 35, — 40 — und 60. — Wird zu einem dieser Einzelpläne das Wort gewünscht?
— Das ist nicht der Fall. Wer den aufgerufenen Einzelplänen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Es ist so beschlossen.
Wir kommen nunmehr zur zweiten Beratung des Gesetzes selbst — Drucksache 1880 —. Ich rufe auf § 1, — § 2, — § 3, — Einleitung und Überschrift.
Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung
des Gesetzes. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Meine Damen und Herren, wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen nunmehr zum Punkt 6 b der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs einer Ergänzung zum Entwurf des Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1955 für die Einzelpläne 14 und 35 .
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. ich schlage Ihnen Überweisung an den Haushaltsausschuß vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 7 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksache 2046).
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für den Lastenausgleich vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, wir kämen nun zu Punkt 5 der Tagesordnung. Es ist jedoch gewünscht worden, die Sitzung für eine halbe Stunde zu unterbrechen. Wir haben jetzt 16 Uhr 15. Ich schlage Ihnen vor, daß wir uns um 16 Uhr 45 wieder versammeln. Ich unterbreche so lange die Sitzung.
Die Sitzung wird um 18 Uhr 2 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger wieder eröffnet.
Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt.
Zur Geschäftsordnung spricht der Abgeordnete Euler.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Namens der Koalitionsfraktionen habe ich die Ehre, zu Punkt 5 der Tagesordnung, der zweiten und dritten Lesung eines Fünften Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes, die Absetzung dieses Gegenstandes von der Tagesordnung zu beantragen. Zur Begründung darf ich folgendes ausführen.
Die politische Lage vor Eintritt in die zweite und dritte Lesung der fünften Novelle zum Kriegsopferversorgungsgesetz ist durch das Vorliegen weit auseinandergehender Anträge der Fraktionen dieses Hohen Hauses gekennzeichnet. Dieser Tatbestand
läßt nicht nur Auseinandersetzungen, sondern auch Abstimmungen erwarten, deren Ergebnisse durch Zufallsmehrheiten bestimmt sein könnten.
Beides ist bei der Materie der Kriegsopferversorgung noch weniger erwünscht als bei jeder anderen.
In der Vergangenheit hat die gemeinsame nationale Verantwortung der demokratischen Parteien dieses Hauses stets zu einer vollen Einigung über die Anliegen der Kriegsopferversorgung geführt. Dahingehende Bemühungen sollten auch jetzt erneut unternommen werden, um eine wohlausgewogene Regelung sicherzustellen. Die Kompliziertheit der Materie, die soziale Bedeutung für die Kriegsbeschädigten und die Hinterbliebenen und das Bewußtsein der hohen politischen Verpflichtung, das uns den Opfern des Krieges gegenüber zu eigen ist, legen uns nahe, lieber noch einen kurzfristigen Aufschub in Kauf zu nehmen, um binnen kurzem die gemeinsame Initiative aller Fraktionen dieses Hauses zu erarbeiten mit dem Ziel, das Bundesversorgungsgesetz in allen seinen Leistungen, in den Grund- und Ausgleichsrenten für Beschädigte und Hinterbliebene, in den Elternrenten sowie in den Einkommensfreigrenzen, organisch weiterzuentwickeln und den veränderten Verhältnissen anzupassen, wobei die Wahrung der Eigenständigkeit der Kriegsopferversorgung und die Sicherung gleicher Rechtsansprüche aus künftigen Wehrdienstbeschädigungen gewährleistet sein müssen.
Aus diesen Gründen beantrage ich namens der Koalitionsparteien die Absetzung des Punktes 5 von der heutigen Tagesordnung.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Schoettle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nicht die Schuld der sozialdemokratischen Fraktion, wenn heute die Koalitionsparteien mit dem Antrag auf Absetzung dieses Punktes von der Tagesordnung kommen. Die Ursache für dieses Verfahren ist offenbar die Tatsache, daß eine Fraktion der Koalition mit eigenen Anträgen aus der Front ausgebrochen ist.
Vielleicht ist dadurch bei der Koalition das Nachdenken darüber ausgelöst worden, daß die 140 Millionen, die Sie in schöner Eintracht mit dem Herrn Bundesfinanzminister für die „Fünfte Novelle" zur Verbesserung der Kriegsopferversorgung zur Verfügung stellen wollten, eher eine Verhöhnung der Kriegsopfer als eine Hilfe für sie gewesen wäre.
— Ja, es hat keinen Sinn, im letzten Augenblick mit Einrnütigkeitserklärungen zu kommen, meine Damen und Herren!
Bis vor kurzem sah es noch nicht so aus, als ob Sie
bereit wären, über das vom Herrn Bundesfinanzminister zur Verfügung Gestellte hinauszugehen.
Wir begrüßen die Entwicklung, wenn sie zur Verbesserung der aus dem Ausschuß hervorgegangenen Vorlage führen sollte. Wir begrüßen die Vertagung nur dann, wenn tatsächlich weit mehr erreicht wird als das, was bisher zugestanden worden ist.
Vielleicht hat zu dieser Wendung nicht zuletzt auch die Tatsache beigetragen, daß die sozialdemokratische Fraktion mit großem Nachdruck auf ihren eigenen Forderungen bestanden hat. Im übrigen möchten wir an das ganze Haus und an die Ausschüsse, die sich mit dieser Frage zu beschäftigen haben, die Mahnung richten, daß die Vertagung nicht ein Aufdie-lange-Bank-Schieben bedeuten soll, sondern daß sich das Haus in kürzester Frist wieder mit diesen Dingen beschäftigen sollte, damit die Forderungen, die die Kriegsopfer mit Recht an dieses Haus stellen, bald erfüllt werden.
Wir werden, wenn auch mit großen Bedenken, dem Vertagungsantrag im Interesse einer besseren Versorgung der Kriegsopfer zustimmen.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Petersen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion des Gesamtdeutschen Blocks/BHE bedauert, daß wir heute wieder nicht zu der lange fälligen klärenden Aussprache über die Verbesserung der Versorgungslage der Kriegsopfer gekommen sind. Wir wollen uns jedoch nicht der Situation verschließen, die seit gestern durch Änderungsanträge aus den Reihen der Regierungskoalition eingetreten ist. Wir sind bereit, in einer schnellen Ausschußarbeit den neuen Tatbestand zu überprüfen, wenn auch nur die Möglichkeit besteht, daß dadurch die Kriegsopferversorgung über das bisherige, von der Regierungskoalition vorgesehene beschämende Ergebnis hinaus verbessert werden kann.
Wir werden deshalb der Absetzung nicht widersprechen, aber uns mit Entschiedenheit dafür einsetzen, daß wir uns noch in diesem Monat zur Erzielung eines besseren Ergebnisses zusammenfinden. Nicht mit Worten, sondern allein mit Taten kann den Kriegsopfern geholfen werden.
Das Wort wird nicht mehr gewünscht. — Meine Damen und Herren, mir liegt ein von allen Fraktionen des Hohen Hauses unterzeichnetes Schreiben vor, in dem die Absetzung von der Tagesordnung verlangt wird.
— Das Schreiben habe ich! Das Schreiben ist zurückgezogen?
— Entschuldigen Sie vielmals, das weiß ich nicht. Ich habe es hier bei Übernahme des Präsidiums auf meinem Platz vorgefunden. Jedenfalls ist von Herrn Abgeordneten Euler der Antrag gestellt worden, den Punkt 5 von der Tagesordnung abzusetzen. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um
die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen einige
Stimmen bei einigen Enthaltungen angenommen.
Meine Damen und Herren, ich habe bekanntzugeben, daß die Fraktion der Freien Demokratischen Partei sofort nach Schluß der Plenarsitzung zusammentritt.
Wir stehen am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die 127. Sitzung des Deutschen Bundestages auf Freitag, den 3. Februar, 9 Uhr. Die Sitzung ist geschlossen.