Rede von
Dr.
Eugen
Gerstenmaier
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren! Am 24. Januar 1956 wurden in einem Schau- und Propagandaprozeß vor dem obersten Gericht der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands vier Angeklagte verurteilt, nämlich der Konstrukteur im Ostberliner Ingenieurbüro Chemie Max Held, der zweite Vorsitzende der Betriebsgewerkschaft im Funkwerk Erfurt Werner Rudert, die Stenotypistin Eva Halm aus Potsdam und der Hollerithspezialist Joachim Sachse aus Chemnitz. Die Verurteilten waren angeklagt, sieben technische Fachkräfte aus dem Elektromotorenwerk Dessau, dem Funkwerk Erfurt und dem Fettchemie- und Fewa-Werk in Chemnitz zur Flucht aus der Sowjetzone veranlaßt zu haben. Die Angeklagten standen in keiner Verbindung miteinander. Sie wurden aber gemeinsam vor Gericht gestellt, um unter anderem wegen eines bislang auch in der Strafjustiz der sowjetisch besetzten Zone unbekannten Staatsverbrechens, nämlich der Abwerbung, verurteilt zu werden. Am 27. Januar 1956 hat der oberste Gerichtshof der sowjetisch besetzten Zone unter dem Vorsitz seines Vizepräsidenten Ziegler entsprechend den Strafanträgen des Generalstaatsanwalts Melsheimer die Todesstrafe ausgesprochen gegen Max Held und Werner Rudert.
Eva Halm wurde zu lebenslangem Zuchthaus, Joachim Sachse zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. Der Deutsche Bundestag, die Bundesregierung und mit ihnen — dessen bin ich gewiß — alle rechtlich gesinnten Deutschen in Ost und West erheben heute mit uns ihre Stimme gegen dieses Urteil des Unrechts und des verblendeten Terrors.
Wir wissen zwar seit Jahr und Tag, meine Damen und Herren, daß sich die Strafjustiz in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands hinwegsetzt über die Rechtsnormen und die anerkannten Verfahrensweisen der Staaten und Völker, die das Recht lieben und sich dem Recht verpflichtet wissen. Zum erstenmal aber erscheint in diesen Urteilen das bis jetzt in der zivilisierten Welt unbekannte Delikt der Abwerbung als ein todeswürdiges Verbrechen. Die Willkür dieser Urteile erinnert das deutsche Volk mit Schaudern an die Rechtsbeugungen und die kaum getarnten Mordtaten der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.
Aber was diesem Urteil seine Besonderheit gibt, ist dies, daß der Generalstaatsanwalt Melsheimer den Übergang von einem Teil Deutschlands in den anderen einen Verrat an Deutschland zu nennen die Stirn hat
und daß er dafür das Leben und die Freiheit von Männern und Frauen fordert, die nichts anderes getan haben, als ihr verbrieftes Recht der Freizügigkeit in Anspruch zu nehmen. Was in allen zivilisierten Staaten der Welt, was in der Charta der Vereinten Nationen, ja, was sogar in den Gesetzen, deren Anwendung Generalstaatsanwalt Melsheimer fordert, jedem Bewohner der sowjetisch besetzten Zone verfassungsrechtlich garantiert ist, das wurde in diesem Schauprozeß mit Füßen getreten.
Im Bereich eines Regimes, das keine Gelegenheit ungenutzt läßt, von Einheit, Freiheit und Menschenwürde zu reden, droht jedem Deutschen hinfort der Tod, der innerhalb seines Vaterlandes Arbeit und Brot dort sucht, wo er sie in Frieden und Freiheit findet. Die Leute, die das zu einem todeswürdigen Verbrechen erklären, sind die gleichen, die uns an einen Tisch rufen, die uns zu Dichtertagungen und Wirtschaftskonferenzen einladen,
die uns Nichtangriffspakte antragen und die vorgeben, vor allem der Einigung Deutschlands zu dienen.
Zwischen uns und ihnen standen bis jetzt fundamentale politische Meinungsverschiedenheiten, vielleicht ein anderer Glaube, gewiß ein grundlegend anderes Verhältnis zur Freiheit und zum Recht des einzelnen im Staat. Nun aber sind die Machthaber der Zone im Begriff, zwischen uns und sich den nackten Mord zu stellen;
denn das, was in diesem Schauprozeß geplant und vorbereitet wurde, das nennen wir Mord,
weil es Mord sein wird, wenn die Urteile vollstreckt werden.
Wenn das Blut dieser Unschuldigen fließt, dann bedarf es auch für den Letzten im deutschen Volk und in der Welt keines Beweises mehr, daß der Ruf „Deutsche an einen Tisch" nur eine plumpe Täuschung, nur eine Parole ist, die das deutsche Volk in die Unfreiheit und in das Unglück locken will. Mit wem sollen wir uns denn zusammensetzen? Mit jenen, denen das Blut unschuldiger Deutscher von den Händen tropft? Wir, die wir unter schweren Leiden das Recht neu zu lieben und neu zu ehren gelernt haben — wir sollen tun, als ob nichts gewesen wäre? Sollen wir eines kommenden Tages über Frevel, Schreckensherrschaft und blutbefleckte Hände einfach so hinwegsehen?
Die Vollstreckung dieser Bluturteile wäre für die ganze sich zum Recht bekennende Welt ein Signal dafür, daß sich die großen Mächte in der Welt vergebliche Mühe geben um die Entspannung und den inneren und äußeren Frieden in der Welt. Es wäre ein Beweis dafür, daß diese Bemühungen auf tönernen Füßen stehen und ungestraft von jedem Schergen in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands mißachtet werden können.
Dieses Haus hat einmütig dem Antrag der Bundesregierung auf Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der Regierung der Sowjetunion zugestimmt. Dieses Haus bemüht sich seit Jahr und Tag, redlich seinen Beitrag für die Entspannung und den Frieden in der Welt zu leisten. Dieses Haus hat unablässig der Abrüstung das Wort geredet, und es ist willens, alles dafür zu tun, was billigerweise dafür von ihm erwartet werden kann,
In einer Nation trifft das Unrecht, das einem geschieht, alle , nicht die Zahl, nein, die Tat, die Untat wiegt, ihre Gesinnung des Zynismus und die
nackte Gefahr, die darin für uns und für die freie Welt von neuem sichtbar wird. Wenn das Wort von 'der Entspannung in der Welt kein leeres Wort sein und nicht als ein blutiger Hohn deklariert werden soll, dann darf dieses Urteil nicht vollstreckt werden.
Wir aber werden auch den letzten Deutschen und das letzte Volk in der freien Welt nicht dar-
über im unklaren lassen, daß sie demselben Schicksal, daß sie 'derselben blutigen Gefahr ausgesetzt sind, wenn sie sich nicht in allem, was sie sind und vermögen, vereinen im Widerstand der freien Welt.
Uns und der Welt tritt in diesen Bluturteilen aber auch von neuem vor Augen, daß die Zonengrenze eine Grenze der Willkür und des Unrechts, ja eine blutende Grenze ist, gezogen durch das Herz unseres Vaterlandes. Das Urteil von Pankow besagt, daß sterben muß, wer über sie weggeht, wer als Deutscher aus dem einen Teil des Vaterlandes in den anderen, von dem einen Teil seiner Familie zu dem anderen gehen will. Wahrlich, diese Last ist unerträglich geworden. Denn das deutsche Volk ist ein Leib. Wer an ihm frevelt, der schneidet in den unteilbaren Leib des ganzen deutschen Volkes.
Der Deutsche Bundestag bekennt sich in dieser Stunde erneut zur einen und unteilbaren deutschen Nation. Er verficht das Recht aller Deutschen in Ost und West auf Menschenwürde, auf Freiheit, auf Freizügigkeit und Arbeit.
Der Deutsche Bundestag spricht den Opfern ) auch dieses Gewaltaktes und ihren Angehörigen seine Anteilnahme aus. Wir versichern. sie unseres festen Willens, zu tun, was wir für die Rettung ihres Lebens und ihrer Freiheit zu tun vermögen. Möchten die gegen Recht und Gewissen von diesen Bluturteilen Getroffenen in ihrer einsamen Zelle der Macht der Fürbitte und der Verbundenheit innewerden, mit der das deutsche Volk ihrer gedenkt.
Meine Damen und Herren! Ich darf dem Hause bekanntgeben, daß ich für das ganze Haus dem Herrn Bundespräsidenten die herzlichen Glückwünsche zu seinem 72. Geburtstag ausgesprochen habe.
Ich darf weiter heute dem Herrn Kollegen Raestrup zu seinem 76. Geburtstag die Glückwünsche des Hauses aussprechen.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 20. Januar 1956 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht gestellt:
Gesetz über das Vorläufige Europäische Abkommen vom 11. Dezember 1953 über Soziale Sicherheit unter Ausschluß der Systeme für den Fall des Alters, der Invalidität und zugunsten der Hinterbliebenen und
über das Vorläufige Europäische Abkommen vom 11. Dezember 1953 über die Systeme der Sozialen Sicherheit für den Fall des Alters, der Invalidität und zugunsten der Hinterbliebenen;
Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt;
Gesetz zur nderung des Zündwarensteuergesetzes;
Gesetz über das deutsch-österreichische Protokoll vom 25. März 1955 über die Verlängerung des deutschen Zollzugeständnisses für Loden.
Der Herr Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat am 19. Januar 1956 unter Bezugnahme auf § 19 Abs. 6 des Postverwaltungsgesetzes den Geschäftsbericht der Deutschen Bundespost über das Rechnungsjahr 1954 vorgelegt, der als Sonderdruck verteilt ist.
Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zur Tagesordnung. Ich rufe auf Punkt 1:
Wahl des Abgeordneten Paul zum Delegierten und des Abgeordneten Metzger zum stellvertretenden Delegierten bei der Beratenden Versammlung des Europarates.
Ich nehme an, daß dem Hause bekannt ist, daß die beiden Herren vorgeschlagen sind als Nachfolger des verstorbenen Herrn Kollegen Dr. Lütkens. Darf ich fragen, ob dieser Wahl des Abgeordneten Paul zum Delegierten und des Abgeordneten Metzger zu dessen Stellvertreter zugestimmt wird? Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Landbeschaffung für Aufgaben der
Verteidigung (Drucksache 1977).
Ich frage, ob das Wort zur Einbringung gewünscht wird. — Das Wort zur Einbringung hat der Herr Bundesminister des Innern.
Dr. Schröder, Bundesminister 'des Innern: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Landbeschaffungsgesetz, dessen Entwurf heute in erster Lesung beraten wird, hat die Aufgabe, die Maßnahmen zu regeln, die zur Deckung des Landbedarfs der deutschen Streitkräfte und der Stationierungskräfte notwendig werden. Die Deckung dieses Landbedarfs ist in einem so dicht besiedelten Land wie der Bundesrepublik schwierig. Jede größere Landbeschaffungsmaßnahme schränkt die Ernährungsgrundlage der Bundesrepublik ein und trifft unsere Landwirtschaft empfindlich. -
Die Bundesregierung, meine Damen und Herren, ist sich der Tragweite dieses Gesetzes bewußt. Sie hat sich bemüht, den Interessen und den begründeten Forderungen der Landwirtschaft, soweit es möglich war, Rechnung zu tragen.
Die Vorlage dieses Gesetzentwurfs ist durch drei Gründe veranlaßt worden.
Erstens. Der Bundestag hat durch Beschluß vom 3./4. April 1952 'die Bundesregierung ersucht, ein Gesetz zur Durchführung der Beschlagnahme von Grund und Boden durch die Besatzungsmächte einzubringen.
Zweitens. Die Bundesrepublik hat sich in Art. 37 des Truppenvertrages verpflichtet, zur Befriedigung des Liegenschaftsbedarfs der im Bundesgebiet stationierten Streitkräfte ein Landbeschaffungsgesetz zu erlassen. Am 5. Mai 1956 entfällt die bisher noch übergangsweise geltende Rechtsgrundlage der Landrequisition für die Stationierungsstreitkräfte. Von diesem Zeitpunkt an gilt auch bei den Landbeschaffungsmaßnahmen für die Stationierungsstreitkräfte nur noch deutsches Recht. Soweit alte Landbeschaffungsmaßnahmen
aufrechterhalten bleiben sollen, können auch in diesen Fällen, die bisher nur nach besatzungsrechtlichen Vorschriften abgefunden wurden, gerechte Entschädigungen nach deutschem Recht gewährt werden. Außerdem können diese Maßnahmen einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden, was bisher nicht möglich war, jedoch nach rechtsstaatlichen Grundsätzen unabdingbar ist.
Drittens. Dieses Gesetz, meine Damen und Herren, ist ferner unerläßlich für die Verteidigungsvorbereitungen der deutschen Streitkräfte.
— Meine Damen und Herren, vielleicht ist für einen Teil der Anwesenden diese Materie, die ich für höchst bedeutsam halte, nicht ganz so wichtig. Trotzdem wäre ich dankbar, wenn die Aufmerksamkeit derjenigen nicht gestört würde, die diese Sache für so wichtig halten, wie sie ist. Dieses Gesetz — ich wiederhole das — ist unerläßlich für die Verteidigungsvorbereitungen der deutschen Streitkräfte. Die Weiteranwendung des früheren Gesetzes über die Landbeschaffung für Zwecke der Wehrmacht von 1935 ist nicht mehr möglich, da seine Geltungsdauer abgelaufen ist. Zudem entspricht das alte Landbeschaffungsgesetz weder den staatsrechtlichen Verhältnissen in der Bundesrepublik noch den rechtsstaatlichen Anforderungen, die das Grundgesetz stellt.
Der Entwurf des neuen Landbeschaffungsgesetzes, der Ihnen jetzt vorliegt, wird von drei Grundsätzen bestimmt. Sie unterscheiden unseren Entwurf wesentlich von dem alten Landbeschaffungsgesetz.
Erstens. Bei allen Landbeschaffungsmaßnahmen ist zunächst stets ein freihändiger Erwerb anzustreben, wie Sie aus § 2 entnehmen können. Der freiwillige Landankauf soll der Regelfall sein. Nur dann, wenn ein freihändiger Erwerb nicht zustande kommt, kann die Form der Enteignung angewandt werden. Die Enteignungsvorschriften stehen somit praktisch nur subsidiär zur Verfügung. Dieser Grundsatz ist im § 12 des Entwurfs, wie er in der Fassung der Vorlage der Bundesregierung vorliegt, ausdrücklich niedergelegt.
Zweitens. Der Entwurf strebt an, das Eigentum tunlichst zu schonen und gesetzliche Eingriffe in das Eigentum nur unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zuzulassen. Die Entziehung des Eigentums soll erst dann möglich sein, wenn der erstrebte Erfolg nicht bereits auf andere Weise, etwa durch Begründung eines Rechts an dem Grundstück, erreicht werden kann, wie sich aus § 14 Abs. 2 ergibt.
Drittens. Für die Durchführung des Gesetzes sind keine neuen Behörden vorgesehen; insbesondere wurde von der Errichtung eines Bundesamtes für Landbeschaffung abgesehen. Die Ausführung des Gesetzes obliegt daher grundsätzlich den Ländern. In den Ländern wird die Enteignung von den be-bereits bestehenden Behörden durchgeführt.
Im einzelnen enthält der Entwurf folgende wesentliche Regelung. Die Beschaffung von Land ist nur möglich für Zwecke der Verteidigung, zur Erfüllung von Verpflichtungen aus den zwischenstaatlichen Verträgen und für Folgemaßnahmen der genannten Fälle. Diese Zweckbestimmung ist abschließend. Landbeschaffungen aus anderen Gründen sind nach diesem Entwurf nicht zulässig. Bei allen Landbeschaffungen sind die Regierungen der Länder, in deren Gebiet das zu beschaffende Land liegt, zu hören. Sie prüfen die Vorhaben unter Berücksichtigung vor allem der Erf ordernisse der Raumordnung und nehmen dazu Stellung. Nach dieser Prüfung bestimmt der zuständige Bundesminister im Einvernehmen mit den beteiligten Ressorts die Vorhaben, für die Land zu beschaffen ist. Er sorgt durch geeignete Bekanntmachung für die rechtzeitige Unterrichtung der Beteiligten. Bei den sodann primär durchzuführenden Kaufverhandlungen ist jeder Eigentümer darauf hinzuweisen, daß er unter bestimmten Umständen statt einer Barvergütung auch Ersatzland oder eine andere, seine Existenz sichernde Gegenleistung, z. B. auch für die Gründung eines neuen Erwerbsgeschäfts und anderes, erhalten kann. Diese Regelung soll vermeiden, daß sich der Eigentümer durch die Gefahr einer möglichen Enteignung beeinflußt fühlt.
Ist eine Enteignung aber unvermeidlich, stellt der zuständige Bundesminister namens des Bundes bei der zuständigen Enteignungsbehörde des Landes den Antrag, das Enteignungsverfahren einzuleiten. Die Enteignungsbehörde, die, wie ich nochmals betone, eine Landesbehörde ist, führt zuerst ein Planprüfungsverfahren durch, in dem Einwendungen der Beteiligten zu berücksichtigen sind. Auf Grund der Ergebnisse dieses Verfahrens erläßt die Enteignungsbehörde den Enteignungsbeschluß. In Fällen besonderer Dringlichkeit kann der Erwerber entsprechend einer auch in den landesrechtlichen Enteignungsgesetzen vorgesehenen Regelung vorzeitig durch Beschluß fin den Besitz des Grundstücks eingewiesen werden. Der Besitzeinweisung hat auf jeden Fall eine Verhandlung mit dem Eigentümer voranzugehen.
Der Enteignungsbeschluß enthält zugleich auch die Entscheidung über die Entschädigung. Verpflichtet zur Zahlung der Entschädigung ist der Antragsteller, also der Bund. Die Entschädigung soll dem Umfang nach alle durch die Enteignung eintretenden Rechtsverluste und Vermögensnachteile ausgleichen. Sie bemißt sich nach dem gemeinen Wert des enteigneten Gegenstandes. Wirtschaftserschwernisse, Wertminderung und entgangener Gewinn sind gleichfalls angemessen zu entschädigen. Die Entschädigung wird im allgemeinen in Geld gewährt. Entschädigung in Land kommt in Betracht, wenn der Eigentümer zur Sicherung seiner Existenz oder, wenn es sich um eine juristische Person, z. B. um Stiftungen und dergleichen, handelt, zur Erfüllung der ihm wesensgemäß obliegenden Aufgaben auf Ersatzland angewiesen ist.
Sind nun infolge der Landbeschaffung auf Nachbargrundstücken Vorkehrungen zur Sicherung gegen Gefahren und Nachteile erforderlich, so hat sie der Erwerber durchzuführen. Bei Änderungen von Verkehrs- und Versorgungseinrichtungen, bei der Neuregelung von Gemeinde-, Schul- oder Kirchenverhältnissen und bei anderen Folgewirkungen der Landbeschaffung hat der Erwerber entsprechend den im Geltungsbereich des ehemaligen preußischen Rechts bestehenden Vorschriften zu den entstehenden Kasten einen Beitrag zu leisten.
Schließlich wird den rechtsstaatlichen Grundsätzen bei der Durchführung des Landbeschaffungsgesetzes Rechnung getragen; denn sämtliche Entscheidungen der Enteignungsbehörden sind vor den Gerichten anfechtbar. Verwaltungsakte, die auf Grund des Gesetzes erlassen werden, können nach
den allgemeinen Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung bei den Verwaltungsgerichten angefochten werden. Soweit der Entwurf bisher vorsah, daß die Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung haben und die Berufung ausgeschlossen werden sollte, wird es dem weiteren Gang des Gesetzgebungsverfahrens vorbehalten bleiben, eine Neuregelung vorzusehen, die die Vorschläge des Bundesrats und die Stellungnahme der Bundesregierung zu dieser Empfehlung zu berücksichtigen haben wird.
Hinsichtlich der Entschädigung ist der Rechtsweg vor den Zivilgerichten gegeben. Kommt eine Einigung über Art und Höhe der Entschädigung nicht zustande und findet sich der enteignete Eigentümer mit der Festsetzung der Entschädigung durch die Enteignungsbehörde nicht ab, kann er vor den ordentlichen Gerichten Klage erheben. Für diese Klagen sind die Landgerichte ausschließlich zuständig.
Die Vorschriften des Entwurfs über die Bemessung der Entschädigung stimmen weitgehend mit der Regelung überein, die in dem Entwurf eines Bundesentschädigungsgesetzes, Drucksache 1426, enthalten ist. Im übrigen kann, wie mir scheint, in den kommenden Beratungen der Ausschüsse die Regelung noch stärker als bisher den Grundsätzen der künftigen Entschädigungsgesetzgebung angepaßt werden.
Der Bundesrat hat dem Entwurf im wesentlichen zugestimmt. Dem größten Teil seiner Änderungsvorschläge konnte die Bundesregierung beitreten. Soweit ihnen widersprochen werden mußte, handelte es sich überwiegend um Fragen, denen keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und von denen erwartet werden kann, daß sie im weiteren Verlauf I des Gesetzgebungsverfahrens einer befriedigenden Lösung zugeführt werden. Ich denke hierbei an die Frage, ob durch eine gesetzliche Vorschrift geregelt werden soll, daß für die Beschaffung von Ersatzland in bestimmten Fällen zunächst auf den Besitz der öffentlichen Hand zurückzugreifen ist, oder ob dieses Sachgebiet durch entsprechende Verwaltungsvorschriften geregelt werden sollte oder geregelt werden kann. Die Bundesregierung hat sich für die Regelung durch Verwaltungsvorschriften ausgesprochen, da nach ihrer Ansicht nur auf diese Weise rechtliche und praktische Schwierigkeiten bei der Handhabung des Gesetzes vermieden werden können.
Ferner wird noch die Frage geklärt werden müssen, ob die Vergünstigung aus § 17 — die Ausnahme von der Enteigung für besondere Grundstücke — auf dem Gebiet der Denkmals- und Naturschutzpflege der verantwortungsbewußten Verwaltungsführung überlassen oder ob sie durch eine gesetzliche Vorschrift geregelt werden soll.
Zum Schluß möchte ich noch darauf hinweisen, daß dieses Gesetz für die Durchführung der notwendigen Landbeschaffungsmaßnahmen dringlich ist. Am 5. Mai dieses Jahres, also von heute an gerechnet in drei Monaten, entfallen die Rechtsgrundlagen für die bisherigen Landrequisitionen der Stationierungsstreitkräfte. Wir haben aber über diesen Zeitpunkt hinaus den Landbedarf der Stationierungsstreitkräfte zu decken. Wir brauchen das Gesetz ferner ebenso dringend für die Verteidigungsvorbereitung unserer eigenen Streitkräfte. Die Bundesregierung wäre daher, meine Damen und Herren, dem Hohen Hause dankbar, wenn es gelänge, diesen Gesetzentwurf möglichst bald zu verabschieden.