Protokoll:
18237

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 18

  • date_rangeSitzungsnummer: 237

  • date_rangeDatum: 1. Juni 2017

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 02:01 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/237 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 237. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 1. Juni 2017 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Dr. Egon Jüttner und Philipp Graf Lerchenfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23971 A Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23971 B Absetzung des Tagesordnungspunktes 23 . . . . 23973 C Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . 23973 C Tagesordnungspunkt 9: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grund- gesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) Drucksachen 18/11131, 18/11186, 18/12588 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23974 A b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des bun- desstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschriften Drucksachen 18/11135, 18/11185, 18/12589 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23974 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Autobahn- privatisierungen im Grundgesetz aus- schließen Drucksachen 18/11165, 18/12588 . . . . . . . 23974 B d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr . Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bildungsherausforderungen gemein- sam verantworten – Kooperations- verbot in der Bildung endlich aufhe- ben – zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Finanzierung der Wissenschaft auf eine arbeitsfä- hige Basis stellen – Bildung und For- schung in förderbedürftigen Regio- nen solide ausstatten – zu dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: In die Zukunft investieren – Ein Wissenschaftswunder initiieren Drucksachen 18/6875, 18/7643, 18/5207, 18/12599 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23974 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr und digitale Infrastruk- tur zu dem Antrag der Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden), Matthias Gastel, Dr . Valerie Wilms, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Inves- titionsstau auflösen – Zukunft des ÖPNV Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017II sichern – Jetzt die Weichen für den öffentli- chen Verkehr von morgen stellen Drucksachen 18/10747, 18/12536 . . . . . . . . . 23974 D Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 23975 A Dr . Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) . . . . . . 23976 D Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 23980 A Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23982 A Dr . Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23984 A Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 23986 A Olaf Scholz, Erster Bürgermeister (Hamburg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23987 A Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23988 B Alexander Dobrindt, Bundesminister BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23989 C Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 23991 A Alexander Dobrindt, Bundesminister BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23991 B Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23991 C Manuela Schwesig, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23992 C Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 23993 C Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 23994 D Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 23995 D Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 23997 A Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23998 B Volker Bouffier, Ministerpräsident (Hessen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23999 C Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) . . . 24001 A Dr . Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Erklärung nach § 31 GO) . . . . . . . . 24014 C Namentliche Abstimmungen . . . . . . . . 24002 D, 24003 A, 24003 C, 24013 D, 24014 A, 24014 A, 24014 B, 24025 A, 24031 A Ergebnisse . . . . . . . . . . . 24003 D, 24006 D, 24009 D, 24015 D, 24018 D, 24025 C, 24021 D, 24028 C, 24031 D Tagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des von den Abgeordneten Katrin Göring-Eckardt, Volker Beck (Köln), Brigitte Pothmer, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung eines Einwanderungsgesetzes Drucksache 18/11854 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24035 B Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24035 C Dr . Ole Schröder, Parl . Staatssekretär BMI . . . 24036 C Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 24038 D Sebastian Hartmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24040 A Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24041 D Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . 24043 A Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24044 A Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 24045 C Dr . Karamba Diaby (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24046 C Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24047 D Wolfgang Bosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24048 D Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24050 A Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24050 D Dr . Hans-Joachim Schabedoth (SPD) . . . . . . . 24051 D Nina Warken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 24053 A Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . . 24054 A Tagesordnungspunkt 11: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze (Betriebsrentenstärkungsgesetz) Drucksachen 18/11286, 18/12612 . . . . 24054 D – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/12613 . . . . . . . . . . . . . 24055 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales – zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W . Birkwald, Katja Kipping, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gesetzliche Rente stabi- lisieren – Gute Rente für alle sichern – zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Kerstin Andreae, Maria Klein-Schmeink, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine faire und nach- haltige betriebliche Altersversorgung und ein stabiles Drei-Säulen-System Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 III Drucksachen 18/11402, 18/10384, 18/12612 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24055 A c) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Katja Keul, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), weiteren Abgeord- neten und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Versor- gungsausgleichsgesetzes Drucksachen 18/3210, 18/6135 . . . . . . . . . 24055 B Andrea Nahles, Bundesministerin BMAS . . . 24055 C Matthias W . Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . 24056 C Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24058 B Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24059 B Katja Mast (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24060 D Tobias Zech (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 24061 D Ralf Kapschack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24063 B Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . 24064 A Matthias W . Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . 24065 C Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . 24066 A Sarah Ryglewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24066 C Anja Karliczek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 24067 C Dr . Martin Rosemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 24068 D Tagesordnungspunkt 46: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Sicherung der tarifvertraglichen Sozialkassenverfah- ren und zur Änderung des Arbeitsge- richtsgesetzes Drucksache 18/12510 . . . . . . . . . . . . . . . . 24070 B b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Schornstein- feger-Handwerksgesetzes Drucksache 18/12493 . . . . . . . . . . . . . . . . 24070 C c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (elDAS-Durchführungsgesetz) Drucksache 18/12494 . . . . . . . . . . . . . . . . 24070 C d) Antrag der Abgeordneten Dr . Kirsten Tackmann, Heidrun Bluhm, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Ausverkauf des Bodens an landwirtschaftsfremde Investoren stoppen – Bodenmarkt im Interesse der Landwirtschaft strenger regulieren Drucksache 18/12551 . . . . . . . . . . . . . . . . 24070 D e) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Strategie der Bundesregierung zur vor- bildlichen Berücksichtigung von Biodi- versitätsbelangen für alle Flächen des Bundes Drucksache 18/9710 . . . . . . . . . . . . . . . . . 24070 D f) Antrag des Präsidenten des Bundesrech- nungshofes: Rechnung des Bundes- rechnungshofes für das Haushaltsjahr 2016 – Einzelplan 20 – Drucksache 18/12350 . . . . . . . . . . . . . . . . 24071 A Zusatztagesordnungspunkt 5: a) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines ... Strafrechts- änderungsgesetzes ‒ Strafbarkeit nicht genehmigter Kraftfahrzeugrennen im Straßenverkehr Drucksache 18/10145 . . . . . . . . . . . . . . . . 24071 A b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnver- kehr (COTIF) vom 9. Mai 1980 Drucksache 18/12513 . . . . . . . . . . . . . . . . 24071 A c) Erste Beratung des von den Abgeordne- ten Brigitte Pothmer, Volker Beck (Köln), Kerstin Andreae, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Aufenthaltsgeset- zes Drucksache 18/12546 . . . . . . . . . . . . . . . . 24071 B d) Erste Beratung des von den Abgeordneten Corinna Rüffer, Britta Haßelmann, Kerstin Andreae, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie den Abgeordneten Katrin Werner, Sigrid Hupach, Nicole Gohlke, weite- ren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Umsetzung der UN-Behinder- tenrechtskonvention im Wahlrecht Drucksache 18/12547 . . . . . . . . . . . . . . . . 24071 B e) Antrag der Abgeordneten Steffi Lemke, Dr . Valerie Wilms, Peter Meiwald, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Todesfal- le Geisternetze – Artenvielfalt im Meer wirkungsvoll schützen Drucksache 18/12109 . . . . . . . . . . . . . . . . 24071 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017IV f) Antrag der Abgeordneten Steffi Lemke, Dr . Valerie Wilms, Uwe Kekeritz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Umsetzung des Nachhaltigkeitsziels 14 – Meeresschutz Drucksache 18/12380 . . . . . . . . . . . . . . . . 24071 C g) Antrag der Abgeordneten Dr . Thomas Gambke, Kerstin Andreae, Dieter Janecek, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Umsatz- steuerbetrug auf Online-Handelsplatt- formen wirksam bekämpfen – Platt- formbetreiber in Haftung nehmen Drucksache 18/12556 . . . . . . . . . . . . . . . . 24071 D h) Antrag der Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Stephan Kühn (Dresden), Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Verkehrssicherheit erhöhen – Raserei und illegale Autorennen wirksam be- kämpfen Drucksache 18/12558 . . . . . . . . . . . . . . . . 24071 D Tagesordnungspunkt 47: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der Geset- ze über Bergmannssiedlungen Drucksachen 18/12049, 18/12478, 18/12593 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24072 A b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Akkreditierungsstelle Drucksachen 18/12333, 18/12566 . . . . . . . 24072 B c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Festlegung eines Mehrjahresrahmens für die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte für den Zeitraum 2018–2022 Drucksachen 18/12332, 18/12609 . . . . . . . 24072 C d) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 29. Juni 2016 zwischen der Bundesre- publik Deutschland und der Republik Armenien zur Vermeidung der Doppel- besteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Ver- mögen Drucksachen 18/11867, 18/12575 . . . . . . . 24072 D e) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer wasserrechtlichen Genehmigung für Behandlungsanlagen für Deponiesicker- wasser und zur Änderung der Vorschrif- ten zur Eignungsfeststellung für Anlagen zum Lagern, Abfüllen oder Umschlagen wassergefährdender Stoffe Drucksachen 18/11946, 18/12573 . . . . . . . 24073 A f) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Chemi- kaliengesetzes und zur Änderung weite- rer chemikalienrechtlicher Vorschriften Drucksachen 18/11949, 18/12582 . . . . . . . 24073 C g) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einbeziehung von Polymerisationsanlagen in den Anwen- dungsbereich des Emissionshandels Drucksache n18/11844, 18/12572 . . . . . . . 24073 D h) – Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Protokolls vom 24. Juni 1998 zu dem Überein- kommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunrei- nigung betreffend persistente organi- sche Schadstoffe (POP) Drucksachen 18/11843, 18/12569 . . . . 24074 B – Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Protokolls vom 30. November 1999 (Multikompo- nenten-Protokoll) zu dem Überein- kommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunrei- nigung betreffend die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon Drucksachen 18/11845, 18/12569 . . . . 24074 B – Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Protokolls vom 24. Juni 1998 zu dem Überein- kommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunrei- nigung betreffend Schwermetalle Drucksachen 18/11846, 18/12569 . . . . 24074 B i) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der am 15. Oktober 2016 in Kigali beschlos- senen Änderung des Montrealer Pro- tokolls vom 16. September 1987 über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozon- schicht führen Drucksachen 18/12048, 18/12480, 18/12570 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24074 D Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 V – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/12617 . . . . . . . . . . . . . 24074 D j) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Pro- tokoll vom 12. November 2012 zur Un- terbindung des unerlaubten Handels mit Tabakerzeugnissen Drucksachen 18/11868, 18/12605 . . . . . . . 24075 A k) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Siebten Gesetzes zur Ände- rung des Bundeszentralregistergesetzes (7. BZRGÄndG) Drucksachen 18/11933, 18/12592 . . . . . . . 24075 B l) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Kipping, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W . Birkwald, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Für ein menschenwürdiges Existenz- und Teilhabeminimum Drucksachen 18/6589, 18/7110 . . . . . . . . . 24075 C m) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Sozialen Basisschutz in Entwicklungs- ländern schaffen Drucksachen 18/8862, 18/11650 . . . . . . . . 24075 D o) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/ CSU und SPD: Für gute Bildung in Europa – Erfolgreiches Programm Erasmus+ weiterentwickeln – zu dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Beate Walter-Rosenheimer, Özcan Mutlu, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mit Erasmus+ europäi- sche Gemeinschaft erleben Drucksachen 18/11726, 18/11737, 18/12539 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24076 A p) Antrag der Abgeordneten Dr . Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Dr . Diether Dehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bildungsprogramm Eras- mus+ stärken – Teilprogramme sichtba- rer machen Drucksache 18/12552 . . . . . . . . . . . . . . . . 24076 B q) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Christian Kühn (Tübin- gen), Sven-Christian Kindler, Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nicht um jeden Preis – Großprojekte im Zeit- und Kostenrahmen realisieren Drucksachen 18/8402, 18/12571 . . . . . . . . 24076 B r)–u) Beratung der Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersich- ten 440, 441, 442 und 443 zu Petitionen Drucksachen 18/12388, 18/12389, 18/12390, 18/12391 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24076 C Zusatztagesordnungspunkt 6: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung und Landwirt- schaft zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Tressel, Nicole Maisch, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Eine transparente Regionalkennzeich- nung einführen – Regionale Produktion, Verarbeitung und Vermarktung von Le- bensmitteln stärken Drucksachen 18/9544, 18/11230 . . . . . . . . 24077 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung und Land- wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordne- ten Friedrich Ostendorff, Nicole Maisch, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Reduzierung, Beschränkung und Verbesserung von Tiertransporten Drucksachen 18/10251, 18/11231 . . . . . . . 24077 A c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung und Land- wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordne- ten Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Missstände und Stillstand beim Tierschutz beenden – Gesellschaftlichen Konsens umsetzen Drucksachen 18/9798, 18/11824 . . . . . . . . 24077 B d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung und Landwirt- schaft zu dem Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Harald Ebner, Nicole Maisch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Landwirtschaft braucht Zukunft – Gu- tes Essen braucht eine gute Landwirt- schaft Drucksachen 18/10872, 18/12579 . . . . . . . 24077 C e) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Katja Keul, Renate Künast, weiterer Abgeord- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017VI neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zukunftsfähige Unterneh- mensverantwortung – Menschenrecht- liche Sorgfaltspflichten im deutschen Recht verankern Drucksachen 18/10255, 18/12209 . . . . . . . 24077 C f) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucher- schutz zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Keul, Renate Künast, Uwe Kekeritz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zukunfts- fähige Unternehmensverantwortung – Wirksame Sanktionen bei Rechtsverstö- ßen von Unternehmen Drucksachen 18/10038, 18/11783 . . . . . . . 24077 D Tagesordnungspunkt 12: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes über den Ab- schluss der Rentenüberleitung (Ren- tenüberleitungs-Abschlussgesetz) Drucksachen 18/11923, 18/12584 . . . . 24078 A – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/12614 . . . . . . . . . . . . . 24078 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales – zu dem Antrag der Abgeordne- ten Matthias W . Birkwald, Susanna Karawanskij, Sabine Zimmermann (Zwickau), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Rentenein- heit verwirklichen – Lebensleistung anerkennen – zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Annalena Baerbock, Dr . Wolfgang Strengmann-Kuhn, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Renten einheit vollenden – Gleiches Rentenrecht in Ost und West Drucksachen 18/10862, 18/10039, 18/12584 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24078 B c) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Verbesse- rung der Leistungen bei Renten we- gen verminderter Erwerbsfähigkeit und zur Änderung anderer Gesetze (EM-Leistungsverbesserungsgesetz) Drucksachen 18/11926, 18/12590 . . . . 24078 B – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/12615 . . . . . . . . . . . . . 24078 B d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Matthias W . Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau), Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Die Erwerbs- minderungsrente stärken und den Zu- gang erleichtern Drucksachen 18/12087, 18/12590 . . . . . . . 24078 B Gabriele Lösekrug-Möller, Parl . Staatssekre- tärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24078 C Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24079 C Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24081 B Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24082 B Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 24083 B Michael Gerdes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24084 B Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . 24085 A Susanna Karawanskij (DIE LINKE) . . . . . . 24085 D Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24087 B Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . . 24088 B Jana Schimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 24089 A Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 24090 D Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24093 C Tagesordnungspunkt 13: a) Antrag der Abgeordneten Susanna Karawanskij, Cornelia Möhring, Matthias W . Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Forderung der Vereinten Nationen zu den in der DDR geschiedenen Frauen sofort umsetzen Drucksache 18/12107 . . . . . . . . . . . . . . . . 24091 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Matthias W . Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau), Katja Kipping, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gesetzliche Rente stärken, Rentenniveau anheben und die solidarische Mindestrente ein- führen Drucksachen 18/10891, 18/12434 . . . . . . . 24091 C c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales – zu dem Antrag der Abgeordne- ten Matthias W . Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau), Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Frakti- on DIE LINKE: Zeit für einen Kurs- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 VII wechsel – Rentenniveau deutlich an- heben – zu dem Antrag der Abgeordne- ten Matthias W . Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau), Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Die Riester-Rente in die gesetzliche Ren- tenversicherung überführen – zu dem Antrag der Abgeordne- ten Markus Kurth, Nicole Maisch, Dr . Gerhard Schick, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Für eine faire und transparente private Altersvorsorge und ein stabiles Drei-Säulen-System Drucksachen 18/10471, 18/8610, 18/7371, 18/11222 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24091 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales zu dem An- trag der Abgeordneten Markus Kurth, Kerstin Andreae, Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Gesamtkonzept Alterssicherung – Verlässlich, nachhaltig, solidarisch und ge- recht Drucksachen 18/12098, 18/12586 . . . . . . . . . 24091 D Matthias W . Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . 24091 D Dr . h . c . Albert Weiler (CDU/CSU) . . . . . . . . 24096 A Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24098 C Dr . Martin Rosemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 24099 C Dr . Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 24101 A Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . . 24102 C Tagesordnungspunkt 14: Beratung der Unterrichtung durch den Wehr- beauftragten: Jahresbericht 2016 (58. Be- richt) Drucksache 18/10900 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24104 B Dr . Hans-Peter Bartels, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages . . . . . . . . . . . . . . . 24104 C Markus Grübel, Parl . Staatssekretär BMVg . . . 24106 A Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . 24107 A Heidtrud Henn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24108 A Doris Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24109 C Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . . 24110 D Julia Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24111 D Tagesordnungspunkt 15: a) Antrag der Abgeordneten Annalena Baerbock, Oliver Krischer, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Zeit ist reif für den Kohleausstieg Drucksache 18/12108 . . . . . . . . . . . . . . . . 24112 D b) Antrag der Abgeordneten Dr . Gerhard Schick, Annalena Baerbock, Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Finanzwende einleiten – Öffentliche Gelder nachhaltig anlegen Drucksache 18/12381 . . . . . . . . . . . . . . . . 24112 D c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Birgit Wöllert, Hubertus Zdebel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Kohleausstieg ein- leiten – Strukturwandel sozial absichern Drucksachen 18/8131, 18/11151 . . . . . . . . 24113 A Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24113 A Dr . Matthias Heider (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 24114 A Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 24116 A Thomas Jurk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24117 B Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24117 C Dr . Klaus-Peter Schulze (CDU/CSU) . . . . . . . 24119 A Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24119 C Dr . Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24120 C Ulrich Freese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24121 C Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24122 C Tagesordnungspunkt 16: a) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Über- einkommen des Europarats vom 11. Mai 2011 zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusli- cher Gewalt Drucksachen 18/12037, 18/12479, 18/12610 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24122 D b) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Möhring, Matthias W . Birkwald, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Rechts- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017VIII anspruch auf Schutz und Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen – Bundesein- heitliche Finanzierung voranbringen Drucksachen 18/7540, 18/12610 . . . . . . . . 24123 A Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24123 A Cornelia Möhring (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 24124 D Christina Schwarzer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 24126 A Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24127 C Gülistan Yüksel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24128 C Dr . Silke Launert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 24129 C Tagesordnungspunkt 17: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales zu dem An- trag der Abgeordneten Klaus Ernst, Matthias W . Birkwald, Susanna Karawanskij, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Einen armutsfesten, gesetzlichen Mindest- lohn sicherstellen Drucksachen 18/11599, 18/12177 . . . . . . . . . . 24131 B Bernd Rützel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24131 B Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 24132 C Dr . Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24133 B Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24134 C Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 24135 D Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24136 A Markus Paschke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24136 B Tobias Zech (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 24137 A Tagesordnungspunkt 47: n) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Luise Amtsberg, Omid Nouripour, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Abschiebungen nach Afghanistan aussetzen Drucksachen 18/12099, 18/12414 . . . . . . . 24138 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Fraktion DIE LINKE: Sofortiger Abschiebestopp nach Afghanistan Drucksache 18/12639 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24138 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 11: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Neue Lagebeurteilung für Afghanis- tan Drucksache 18/12638 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24138 B Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24138 C Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 24139 C Burkhard Lischka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24140 D Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24142 A Dr . Martin Rosemann (SPD) . . . . . . . . . . . . 24142 D Michael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24143 D Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24145 A Michael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24145 D Namentliche Abstimmungen . . . . . . . . 24146 B, 24146 B, 24146 C Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . 24149 C, 24152 C, 24155 C Tagesordnungspunkt 18: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Beschlüsse zum Freiheits- und Ein- heitsdenkmal konsequent umsetzen Drucksache 18/12550 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24146 C Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 24146 D Dr . Thomas Feist (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 24147 B Sigrid Hupach (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 24148 A Hiltrud Lotze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24158 A Dr . Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24158 D Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24160 A Matthias Schmidt (Berlin) (SPD) . . . . . . . . . . 24161 A Tagesordnungspunkt 19: Bericht des Innenausschusses gemäß § 62 Ab- satz 2 der Geschäftsordnung – zu dem von den Abgeordneten Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Dr . Franziska Brantner, weiteren Abgeord- neten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Aufenthalts- gesetzes (Familiennachzug für subsidiär Geschützte) – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dağdelen, Frank Tempel, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 IX weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Familiennachzug zu aner- kannten Flüchtlingen uneingeschränkt gewährleisten Drucksachen 18/10044, 18/10243, 18/12399 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24161 D Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24162 A Andrea Lindholz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 24163 A Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 24164 C Dr . Lars Castellucci (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24165 D Nina Warken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 24166 D Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24168 A Tagesordnungspunkt 20: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Zwei- ten Zahlungsdiensterichtlinie Drucksachen 18/11495, 18/11929, 18/12181 Nr . 1 .9, 18/12568 . . . . . . . . . . . . 24169 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Nicole Maisch, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Kontogebühren – Transparenz und Verbraucherschutz erhöhen Drucksachen 18/12367, 18/12568 . . . . . . . 24169 B Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Abgeordneten Dr . Gesine Lötzsch, Dr . Gregor Gysi, Dr . Dietmar Bartsch, Dr . Sahra Wagenknecht und der Fraktion DIE LINKE: Weltfriedenstag als europäischer Feiertag Drucksache 18/9587 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24169 D Tagesordnungspunkt 22: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Änderung der Geschäfts- ordnung des Deutschen Bundestages hier: Änderung der Regelung zum Altersprä- sidenten (§ 1 Absatz 2 GO-BT) sowie weitere Änderungen in den §§ 93, 93a und 93b GO-Beschäftigte Drucksache 18/12376 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24169 D Bernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24170 A Dr . Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 24170 D Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24171 C Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24172 C Erika Steinbach (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . 24173 C Dr . Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24174 B Tagesordnungspunkt 24: Beratung der Unterrichtung durch den Par- lamentarischen Beirat für nachhaltige Ent- wicklung: Bericht des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung (Ar- beitsbericht der 18. Legislaturperiode) Drucksache 18/12511 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24175 C Tagesordnungspunkt 25: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung eines Wettbe- werbsregisters Drucksachen 18/12051, 18/12497, 18/12583 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24175 C Tagesordnungspunkt 26: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung der epide- miologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten Drucksachen 18/10938, 18/11187, 18/11225 Nr . 9, 18/12604 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24176 A Tagesordnungspunkt 27: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuer- gesetzes Drucksachen 18/11493, 18/11927, 18/12181 Nr . 1 .7, 18/12580 . . . . . . . . . . . . 24176 B – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/12616 . . . . . . . . . . . . . . . . 24176 B Tagesordnungspunkt 28: – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Be- kämpfung von Kinderehen Drucksachen 18/12086, 18/12607 . . . . . . . 24176 C – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung von Kin- derehen Drucksachen 18/12377, 18/12607 . . . . . . . 24176 C Dr . Johannes Fechner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 24176 C Frank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 24177 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017X Alexander Hoffmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24178 B Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . 24179 C Dr . Fritz Felgentreu (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24180 D Michael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24181 C Tagesordnungspunkt 29: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Strafta- ten gegen ausländische Staaten Drucksachen 18/11243, 18/11616, 18/12602 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24183 A – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Harald Petzold (Havel- land), Frank Tempel, Dr . André Hahn, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafge- setzbuches – Neuordnung der Beleidi- gungsdelikte Drucksache 18/8272, 18/12602 . . . . . . . . . 24183 A – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Renate Künast, Dr . Konstantin von Notz, weiteren Abgeordneten und der Frakti- on BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches zur Streichung des Majestätsbeleidigungs- paragrafen (§ 103 StGB) Drucksache 18/8123, 18/12602 . . . . . . . . . 24183 A – Zweite und dritte Beratung des vom Bun- desrat eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Aufhebung des § 103 des Strafgesetzbuches – Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten – Drucksachen 18/10980, 18/12602 . . . . . . . 24183 B Tagesordnungspunkt 30: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetz- buches – Umsetzung des Rahmenbeschlus- ses 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität Drucksachen 18/11275, 18/12608 . . . . . . . . . . 24183 D Tagesordnungspunkt 31: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung reiserecht- licher Vorschriften Drucksachen 18/10822, 18/12600 . . . . . . . . . 24184 A Tagesordnungspunkt 32: Beschlussempfehlung und Bericht des Finanz- ausschusses zu der Verordnung des Bundes- ministeriums der Finanzen: Verordnung zur Bestimmung der technischen Anforderun- gen an elektronische Aufzeichnungs- und Sicherungssysteme im Geschäftsverkehr (Kassensicherungsverordnung – Kassen- SichV) Drucksachen 18/12221, 18/12443 Nr . 2 .2, 18/12581 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24184 C Tagesordnungspunkt 33: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Telemedienge- setzes Drucksachen 18/12202, 18/12496 . . . . . . . . . 24184 C Tagesordnungspunkt 34: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundes- versorgungsgesetzes und anderer Vor- schriften Drucksachen 18/12041, 18/12481, 18/12611 . 24184 D Tagesordnungspunkt 35: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortschreibung der Vorschriften für Blut- und Gewebezu- bereitungen und zur Änderung anderer Vorschriften Drucksachen 18/11488, 18/11930, 18/12181 Nr . 1 .10, 18/12587 . . . . . . . . . . . 24185 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, Renate Künast, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Pflege-TÜV hat versagt – Jetzt echte Transparenz schaffen: Pfle- genoten aussetzen und Ergebnisquali- tät voranbringen Drucksachen 18/3551, 18/12606 . . . . . . . . 24185 B Tagesordnungspunkt 36: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Geset- zes zur Änderung des Telekommunikations- gesetzes Drucksache 18/12509 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24185 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 XI Tagesordnungspunkt 37: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: 25 Jahre Ostseerat – Das Modell für eine gelungene Integration von Ost und West weiterentwickeln Drucksache 18/12541 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24185 D Tagesordnungspunkt 38: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung gebührenrechtli- cher Regelungen im Aufenthaltsrecht Drucksachen 18/12050, 18/12402 . . . . . . . . . 24186 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24186 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 24187 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr . h . c . Edelgard Bulmahn, Dr . h . c . Gernot Erler, Ulrich Hampel, Ralf Kapschack, Dr . Matthias Miersch, Bettina Müller, Bernd Rützel, Dr . Hans-Joachim Schabedoth und Kerstin Tack (alle SPD) zu den namentlichen Abstimmungen über a) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) b) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Neure- gelung des bundesstaatlichen Finanzaus- gleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschrif- ten c) die Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Autobahnprivatisierungen im Grundgesetz ausschließen und d) die Abstimmungen über die Beschluss- empfehlungen zu – dem Antrag der Abgeordneten Dr . Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bildungsherausforderungen gemein- sam verantworten – Kooperationsver- bot in der Bildung endlich aufheben – dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion DIE LINKE: Finanzierung der Wissenschaft auf eine arbeitsfähige Basis stellen – Bildung und Forschung in förderbedürftigen Regionen solide ausstatten – dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: In die Zukunft investieren – Ein Wissenschaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) . . . . . . . . . . . . . . 24187 B Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Martin Burkert, Petra Crone, Elvira Drobinski- Weiß, Dagmar Freitag, Birgit Kömpel, Anette Kramme, Petra Rode-Bosse und Dagmar Ziegler (alle SPD) zu den namentlichen Ab- stimmungen über a) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) b) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Neure- gelung des bundesstaatlichen Finanzaus- gleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschrif- ten c) die Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Autobahnprivatisierungen im Grundgesetz ausschließen und d) die Abstimmungen über die Beschluss- empfehlungen zu – dem Antrag der Abgeordneten Dr . Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bildungsherausforderungen gemein- sam verantworten – Kooperationsver- bot in der Bildung endlich aufheben – dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Finanzierung der Wissen- schaft auf eine arbeitsfähige Basis stel- len – Bildung und Forschung in förder- bedürftigen Regionen solide ausstatten – dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: In die Zukunft investieren – Ein Wissenschaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) . . . . . . . . . . . . . . 24188 D Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017XII Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordne- ten Dr . Hendrik Hoppenstedt und Dr . Sabine Sütterlin-Waack (beide CDU/CSU) zu den na- mentlichen Abstimmungen über a) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) b) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Neure- gelung des bundesstaatlichen Finanzaus- gleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschrif- ten c) die Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Autobahnprivatisierungen im Grundgesetz ausschließen und d) die Abstimmungen über die Beschluss- empfehlungen zu – dem Antrag der Abgeordneten Dr . Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bildungsherausforderungen gemein- sam verantworten – Kooperationsver- bot in der Bildung endlich aufheben – dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion DIE LINKE: Finanzierung der Wissenschaft auf eine arbeitsfähige Basis stellen – Bildung und Forschung in förderbedürftigen Regionen solide ausstatten – dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: In die Zukunft investieren – Ein Wissenschaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) . . . . . . . . . . . . . . 24190 A Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Florian Post und Claudia Tausend (beide SPD) zu den namentlichen Abstimmungen über a) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) b) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Neure- gelung des bundesstaatlichen Finanzaus- gleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschrif- ten c) die Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Autobahnprivatisierungen im Grundgesetz ausschließen und d) die Abstimmungen über die Beschluss- empfehlungen zu – dem Antrag der Abgeordneten Dr . Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bildungsherausforderungen gemein- sam verantworten – Kooperationsver- bot in der Bildung endlich aufheben – dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Finanzierung der Wissen- schaft auf eine arbeitsfähige Basis stel- len – Bildung und Forschung in förder- bedürftigen Regionen solide ausstatten – dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: In die Zukunft investieren – Ein Wissenschaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) . . . . . . . . . . . . . . 24191 B Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ursula Schulte und Gülistan Yüksel (beide SPD) zu den namentlichen Abstimmungen über a) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) b) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Neure- gelung des bundesstaatlichen Finanzaus- gleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschrif- ten c) die Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Autobahnprivatisierungen im Grundgesetz ausschließen und d) die Abstimmungen über die Beschluss- empfehlungen zu – dem Antrag der Abgeordneten Dr . Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bildungsherausforderungen gemein- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 XIII sam verantworten – Kooperationsver- bot in der Bildung endlich aufheben – dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Finanzierung der Wissen- schaft auf eine arbeitsfähige Basis stel- len – Bildung und Forschung in förder- bedürftigen Regionen solide ausstatten – dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: In die Zukunft investieren – Ein Wissenschaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) . . . . . . . . . . . . . . 24191 D Anlage 7 Erklärungen nach § 31 GO zu den namentli- chen Abstimmungen über a) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) b) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Neure- gelung des bundesstaatlichen Finanzaus- gleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschrif- ten c) die Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Autobahnprivatisierungen im Grundgesetz ausschließen und d) die Abstimmungen über die Beschluss- empfehlungen zu – dem Antrag der Abgeordneten Dr . Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bildungsherausforderungen gemein- sam verantworten – Kooperationsver- bot in der Bildung endlich aufheben – dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Finanzierung der Wissen- schaft auf eine arbeitsfähige Basis stel- len – Bildung und Forschung in förder- bedürftigen Regionen solide ausstatten – dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: In die Zukunft investieren – Ein Wissenschaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) . . . . . . . . . . . . . . 24193 A Ingrid Arndt-Brauer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24193 B Bärbel Bas (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24194 A Veronika Bellmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24195 A Marco Bülow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24195 C Dr . Daniela De Ridder (SPD) . . . . . . . . . . . . . 24196 D Dr . Karamba Diaby (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24197 D Thomas Dörflinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24198 D Michaela Engelmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 24199 C Thorsten Frei (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 24201 A Josef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 24202 B Ursula Groden-Kranich (CDU/CSU) . . . . . . . 24202 C Gabriele Groneberg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24203 A Michael Groß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24203 D Sebastian Hartmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24204 C Gustav Herzog (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24206 A Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 24206 C Dr . Heribert Hirte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 24207 C Alexander Hoffmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24208 C Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24209 A Helga Kühn-Mengel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24209 D Dr . Norbert Lammert (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24210 D Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU) . . . . . . 24211 B Antje Lezius (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 24211 C Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 24212 A Dr . Claudia Lücking-Michel (CDU/CSU) . . . . 24213 B Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24213 D Matern von Marschall (CDU/CSU) . . . . . . . . 24214 D Susanne Mittag (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24215 A Karsten Möring (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24216 A Ulli Nissen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24216 B Eckhard Pols (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 24217 B Mechthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24217 C Andreas Rimkus (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24218 C Annette Sawade (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24220 D Dr . Nina Scheer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24221 D Udo Schiefner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24223 C Dr . Dorothee Schlegel (SPD) . . . . . . . . . . . . . 24224 B Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . 24225 A Ewald Schurer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24225 D Reinhold Sendker (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 24226 D Norbert Spinrath (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24227 B Svenja Stadler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24228 B Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017XIV Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 24229 A Dr . Karin Thissen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24229 D Michael Vietz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 24230 C Barbara Woltmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24231 C Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Stefan Liebich (DIE LINKE) zu der sechsten namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf ei- nes Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 125c) (Tagesordnungspunkt 9) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24231 D Anlage 9 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der achten namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) (Tagesordnungspunkt 9) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24231 D Anlage 10 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Birgit Wöllert, Kerstin Kassner und Kersten Steinke (alle DIE LINKE) zu der Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Petitionsaus- schusses: Sammelübersicht 443 zu Petitionen (Beschlussempfehlung 1, laufende Nummer 1 – 11, Leitakte 2-18-15-2124-005471, Frau Skott u . a .) (Hebammen) (Tagesordnungspunkt 47 u) . . . . . . . . . . . . . . . 24232 A Anlage 11 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Katja Keul und Beate Müller-Gemmeke (beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der nament- lichen Abstimmung über den von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurf eines Geset- zes über den Abschluss der Rentenüberleitung (Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz) (Tagesordnungspunkt 12 a) . . . . . . . . . . . . . . . 24232 D Anlage 12 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) zu der na- mentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung zu dem Antrag der Abgeordne- ten Luise Amtsberg, Omid Nouripour, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ab- schiebung nach Afghanistan aussetzen (Tagesordnungspunkt 47 n) . . . . . . . . . . . . . . . 24233 B Anlage 13 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Johannes Kahrs (SPD) zu der namentlichen Abstimmung über den Antrag der Fraktion Die Linke: Sofortiger Abschiebestopp nach Afgha- nistan (Zusatztagesordnungspunkt 10) . . . . . . . . . . . 24233 C Anlage 14 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Johannes Kahrs (SPD) zu der namentlichen Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Neue Lagebeurtei- lung für Afghanistan (Zusatztagesordnungspunkt 11) . . . . . . . . . . . 24233 C Anlage 15 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset- zung der Zweiten Zahlungsdiensterichtli- nie – der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Kontogebühren – Transparenz und Verbraucherschutz erhö- hen (Tagesordnungspunkt 20 a und b) . . . . . . . . . . 24233 D Matthias Hauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24233 D Dr. Frank Steffel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24234 C Sarah Ryglewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24235 A Christian Petry (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24235 C Dr . Jens Zimmermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . 24236 A Susanna Karawanskij (DIE LINKE) . . . . . . . . 24236 D Dr . Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24237 D Anlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr . Gesine Lötzsch, Dr . Gregor Gysi, Dr . Dietmar Bartsch, Dr . Sahra Wagenknecht und der Fraktion DIE LINKE: Weltfriedenstag als europäischer Fei- ertag (Tagesordnungspunkt 21) . . . . . . . . . . . . . . . . 24238 D Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 XV Dr . Tim Ostermann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24238 D Barbara Woltmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24239 C Sebastian Hartmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24240 B Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . . 24240 D Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24241 C Anlage 17 Erklärungen nach § 31 GO zu der Abstim- mung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Änderung der Geschäfts- ordnung des Deutschen Bundestages hier: Änderung der Regelung zum Altersprä- sidenten (§ 1 Absatz 2 GO-BT) sowie weitere Änderungen in den §§ 93, 93a und 93b GO-BT (Tagesordnungspunkt 22) . . . . . . . . . . . . . . . . 24242 A Klaus Brähmig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 24242 A Katrin Werner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 24242 C Anlage 18 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Unterrichtung durch den Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung: Bericht des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung – (Arbeitsbericht der 18 . Legis- laturperiode) (Tagesordnungspunkt 24) . . . . . . . . . . . . . . . . 24242 D Josef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 24242 D Dr . Lars Castellucci (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24243 C Carsten Träger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24244 A Birgit Menz (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 24244 D Dr . Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24245 C Anlage 19 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung eines Wettbewerbsregisters (Tagesordnungspunkt 25) . . . . . . . . . . . . . . . . 24246 A Dr . Herlind Gundelach (CDU/CSU) . . . . . . . . 24246 A Barbara Lanzinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24246 D Marcus Held (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24247 C Michael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 24248 A Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24248 D Anlage 20 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung über- tragbarer Krankheiten (Tagesordnungspunkt 26) . . . . . . . . . . . . . . . . 24249 C Rudolf Henke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 24249 C Dr . Katja Leikert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24250 D Sabine Dittmar (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24251 C Hilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24252 B Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 24253 C Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24254 B Anlage 21 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Ände- rung des Energiesteuer- und des Stromsteuer- gesetzes (Tagesordnungspunkt 27) . . . . . . . . . . . . . . . . 24255 A Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU) . . . . . . 24255 A Norbert Schindler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 24255 D Christian Petry (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24257 A Andreas Rimkus (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24257 D Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 24258 B Dr . Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24259 A Anlage 22 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Nadine Schön (St . Wendel) (CDU/CSU) zu der Abstimmung über den von den Fraktio- nen der CDU/CDU und SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen (Tagesordnungspunkt 28) . . . . . . . . . . . . . . . . 24259 C Anlage 23 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: - des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Straftaten gegen ausländische Staaten - des von den Abgeordneten Harald Petzold (Havelland), Frank Tempel, Dr . André Hahn, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Ent- wurfs eines . . . Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Neuordnung der Be- leidigungsdelikte Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017XVI – des von den Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Renate Künast, Dr . Konstantin von Notz, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines . . . Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches zur Streichung des Majestätsbeleidigungspara- grafen (§ 103 StGB) – des vom Bundesrat eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des § 103 des Strafgesetzbuches – Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten – (Tagesordnungspunkt 29) . . . . . . . . . . . . . . . . 24260 A Dr . Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24260 B Dr . Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 24261 C Dr . Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24262 A Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . . 24262 C Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24263 B Anlage 24 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines . . . Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Umsetzung des Rah- menbeschlusses 2008/841/JI des Rates vom 24 . Oktober 2008 zur Bekämpfung der organi- sierten Kriminalität (Tagesordnungspunkt 30) . . . . . . . . . . . . . . . . 24264 A Dr . Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24264 A Dr . Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 24265 B Bettina Bähr-Losse (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 24266 A Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 24267 A Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24267 D Anlage 25 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 31) . . . . . . . . . . . . . . . . 24268 C Daniela Ludwig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24268 C Kathrin Rösel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 24269 D Sabine Dittmar (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24270 B Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . 24271 B Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 24272 A Markus Tressel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24272 D Anlage 26 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Axel E . Fischer (Karlsruhe-Land) und Olav Gutting (beide CDU/CSU) zu der Abstim- mung über den von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 31) . . . . . . . . . . . . . . . . 24273 C Anlage 27 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm und Michael Roth (He- ringen) (beide SPD) zu der Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 31) . . . . . . . . . . . . . . . . 24274 C Anlage 28 Erklärungen nach § 31 GO zu der Abstim- mung über den von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 31) . . . . . . . . . . . . . . . . 24275 A Klaus Brähmig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 24275 A Ronja Kemmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 24276 A Ingo Wellenreuther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24276 C Anlage 29 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Fi- nanzausschusses zu der Verordnung des Bun- desministeriums der Finanzen: Verordnung zur Bestimmung der technischen Anforderungen an elektronische Aufzeichnungs- und Siche- rungssysteme im Geschäftsverkehr (Kassensi- cherungsverordnung – KassenSichV) (Tagesordnungspunkt 32) . . . . . . . . . . . . . . . . 24277 B Uwe Feiler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24277 C Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . 24278 B Andreas Schwarz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24279 B Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 24279 D Dr . Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24280 B Anlage 30 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes (Tagesordnungspunkt 33) . . . . . . . . . . . . . . . . 24281 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 XVII Hansjörg Durz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 24281 C Axel Knoerig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 24282 C Marcus Held (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24283 A Lars Klingbeil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24283 C Dr . Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 24284 C Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24285 A Anlage 31 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vor- schriften (Tagesordnungspunkt 34) . . . . . . . . . . . . . . . . 24285 D Jutta Eckenbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24285 D Dr . Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 24286 C Dr . Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24287 B Frank Junge (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24288 B Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 24289 A Dr . Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . 24289 D Anlage 32 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke und Katja Keul (bei- de BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der Ab- stimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Än- derung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften (Tagesordnungspunkt 34) . . . . . . . . . . . . . . . . 24290 C Anlage 33 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Fort- schreibung der Vorschriften für Blut- und Gewebezubereitungen und zur Änderung anderer Vorschriften – der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Pflege-TÜV hat versagt – Jetzt echte Transparenz schaffen: Pflegenoten ausset- zen und Ergebnisqualität voranbringen (Tagesordnungspunkt 35 a und b) . . . . . . . . . . 24291 A Rudolf Henke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 24291 B Dietrich Monstadt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24292 A Hilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24292 D Mechthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24294 C Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 24295 A Dr . Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24295 D Anlage 34 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes (Tagesordnungspunkt 36) . . . . . . . . . . . . . . . . 24296 B Andreas G . Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 24296 C Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24297 A Thomas Lutze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 24298 C Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24299 A Anlage 35 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: 25 Jahre Ostseerat – Das Modell für eine gelungene Integration von Ost und West wei- terentwickeln (Tagesordnungspunkt 37) . . . . . . . . . . . . . . . . 24299 C Dr . Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24299 D Franz Thönnes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24301 B Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 24303 B Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24304 A Anlage 36 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung gebüh- renrechtlicher Regelungen im Aufenthaltsrecht (Tagesordnungspunkt 38) . . . . . . . . . . . . . . . . 24304 D Andrea Lindholz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24304 D Sebastian Hartmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24306 A Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 24306 B Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24307 B (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 23971 237. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 1. Juni 2017 Beginn: 9 .02 Uhr
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    Präsident Dr. Norbert Lammert (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24187 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Albsteiger, Katrin CDU/CSU 01 .06 .2017 Amtsberg, Luise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 01 .06 .2017 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 01 .06 .2017 Färber, Hermann CDU/CSU 01 .06 .2017 Gabriel, Sigmar SPD 01 .06 .2017 Groth, Annette DIE LINKE 01 .06 .2017 Hornhues, Bettina CDU/CSU 01 .06 .2017 Jung, Andreas CDU/CSU 01 .06 .2017 Kolbe, Daniela SPD 01 .06 .2017 Notz, Dr . Konstantin von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 01 .06 .2017 Paus, Lisa BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 01 .06 .2017 Vries, Kees de CDU/CSU 01 .06 .2017 Wawzyniak, Halina DIE LINKE 01 .06 .2017 Weinberg, Harald DIE LINKE 01 .06 .2017 Wicklein, Andrea SPD 01 .06 .2017 Wiese, Dirk SPD 01 .06 .2017 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 01 .06 .2017 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. h. c. Edelgard Bulmahn, Dr. h. c. Gernot Erler, Ulrich Hampel, Ralf Kapschack, Dr. Matthias Miersch, Bettina Müller, Bernd Rützel, Dr. Hans-Joachim Schabedoth und Kerstin Tack (alle SPD) zu den namentlichen Ab- stimmungen über a) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) b) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haus- haltsrechtlicher Vorschriften die Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu c) dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Auto- bahnprivatisierungen im Grundgesetz aus- schließen und die Abstimmungen über die Beschlussempfeh- lungen zu d) dem Antrag der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Bildungsherausforderungen gemeinsam ver- antworten – Kooperationsverbot in der Bil- dung endlich aufheben dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE Finanzierung der Wissenschaft auf eine ar- beitsfähige Basis stellen – Bildung und For- schung in förderbedürftigen Regionen solide ausstatten dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN In die Zukunft investieren – Ein Wissen- schaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) Der Deutsche Bundestag stimmt heute über die Neu- regelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab . Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bun- destagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ur- sprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Erstens . Zunächst ist zu beachten, dass der Bundes- tag über ein Regelungspaket zu entscheiden hat, das im Vorfeld bereits zwischen allen Ministerpräsidenten und der Bundesregierung abgestimmt worden ist . Da die Länder in den Finanzbeziehungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zuge- standen, ein Stück ihrer Kompetenz im Bildungsbereich wieder an den Bund zu geben und in diesem Zusam- menhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bun- desstraßen bzw . Autobahnen dem Bund zu übertragen . Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724188 (A) (C) (B) (D) Bundesregierung halten wir für äußerst kritikwürdig . Die Beratungen des Bundestages wurden deutlich da- durch erschwert, dass die Ministerpräsidenten gemein- sam mit der Bundesregierung ein Gesamtpaket völlig unterschiedlicher Regelungsbereiche verabschiedeten, die im Parlament faktisch nicht mehr entkoppelt werden können . Umso beachtlicher sind die Veränderungen, die nun zur Abstimmung stehen. Unabhängig davon hoffen wir aber, dass alle Parteien aus dieser Situation zukünftig lernen . Zweitens . Aus SPD-Sicht war in dem Regelungspaket von Anfang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschus- ses zu begrüßen . Für fast 1 Million alleinerziehende El- tern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen der un- terhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staat- liche Unterstützung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird dazu führen, dass die Doppelbelastung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigt werden kann . Drittens . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bildungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen bereitzustellen. Eine vollständige Abschaffung des Ko- operationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wich- tiges Ziel sozialdemokratischer Politik . Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe . Dies ist aber zwischen den Koalitionspartnern umstritten . Viertens . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflich- tet, unter anderem die Verwaltung der Bundesautobah- nen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne . Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigentum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist . Allerdings befürchte- ten viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Zusammen- hang, dass private Investoren über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könnten . Die Verlautba- rungen aus Bundesfinanzministerium und Bundesver- kehrsministerium verstärkten diesen Verdacht . Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bundes- rechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf . Die Ge- werkschaft Verdi problematisierte insbesondere Fragen beim Personalübergang . Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfassungstextes vor, der eine unmit- telbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Ge- sellschaft und deren Tochtergesellschaften ausdrücklich ausschließt . Dem Engagement der SPD-Bundestagsfrak- tion ist es zu verdanken, dass somit alle Hintertüren für eine mögliche Privatisierung in der Verfassung selbst ge- schlossen worden sind . Zudem ist es gelungen, dass alle wechselbereiten Beschäftigten der Straßenbauverwaltun- gen der Länder vom Bund übernommen und grundsätz- lich dort eingesetzt werden, wo sie bisher arbeiten . Die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft ist verpflichtet, Tarif- verträge für alle Beschäftigen abzuschließen . Wir emp- finden es als Bestätigung dieser Position, dass auch die Gewerkschaft Verdi sowie der Bundesrechnungshof die Erfolge des parlamentarischen Verfahrens ausdrücklich anerkennen . Darüber hinaus werden in der Debatte sogenannte öf- fentlich-private Partnerschaften (ÖPP) problematisiert . Die Partnerschaften gibt es bereits – sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungspaket ermög- licht . Doch selbst in diesem Bereich konnte nun durch das parlamentarische Verfahren eine Verbesserung er- reicht werden: Erstmalig werden in der Verfassung öf- fentlich-private Partnerschaften für ganze Streckennetze oder wesentliche Teile explizit ausgeschlossen . Damit wird im Grundgesetz selbst ein klares Zeichen gegen die Ausweitung von ÖPP gesetzt . Die SPD-Bundestagsfraktion hätte sich eine noch wei- tergehende Regelung gewünscht . Dies war jedoch mit der CDU/CSU-Fraktion nicht möglich . Deshalb stimmen wir dem Gesetzespaket zu . Demokratie und das Ringen im parlamentarischen Verfahren bringen selten Ergebnisse, die zu 100 Prozent den Forderungen einer einzelnen Fraktion entsprechen . Wer künftig ÖPP vollständig verhindern will, muss dafür eintreten, dass der Staat mehr Mittel in die Infrastruk- tur investiert, wie es die SPD fordert . Ein völliger Aus- schluss von ÖPP im Grundgesetz, der einer Zweidrittel- mehrheit in Bundestag und Bundesrat bedarf, war in der bestehenden Koalition nicht realisierbar . Deshalb wer- ben wir für die Anerkennung der Verhandlungserfolge im parlamentarischen Verfahren und die Erhöhung des Drucks auf all die politischen Kräfte, die eine schwarze Null im Bundeshaushalt über politische Gestaltungsmög- lichkeiten stellen . Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Martin Burkert, Petra Crone, Elvira Drobinski-Weiß, Dagmar Freitag, Birgit Kömpel, Anette Kramme, Petra Rode-Bosse und Dagmar Ziegler (alle SPD) zu den namentlichen Abstimmungen über a) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) b) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haus- haltsrechtlicher Vorschriften die Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu c) dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeord- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24189 (A) (C) (B) (D) neter und der Fraktion DIE LINKE: Auto- bahnprivatisierungen im Grundgesetz aus- schließen und die Abstimmungen über die Beschlussempfeh- lungen zu d) dem Antrag der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Bildungsherausforderungen gemeinsam ver- antworten – Kooperationsverbot in der Bil- dung endlich aufheben dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE Finanzierung der Wissenschaft auf eine ar- beitsfähige Basis stellen – Bildung und For- schung in förderbedürftigen Regionen solide ausstatten dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN In die Zukunft investieren – Ein Wissen- schaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) Dieser Bundestag hat für die Finanzierung der Ver- kehrsinfrastruktur in den letzten Jahren deutlich mehr Mittel zur Verfügung gestellt, auch um den Investitions- stau bei unseren Straßen zu beenden . Organisatorische Mängel verhindern häufig, dass das zur Verfügung stehende Geld für den Bau von Bundes- fernstraßen zielgenau und an verkehrlichen Maßstäben orientiert abfließen kann. Auch bei Planung und Betrieb gibt es vielerorts unbestreitbaren Optimierungsbedarf . Das ist auf nahezu allen politischen Ebenen erkannt und benannt worden . Eine Reform dieser Strukturen ist des- halb dringend geboten . Neben einer Reform der Auftragsverwaltung war hier- zu schon länger die Gründung einer Bundesfernstraßen- gesellschaft im Gespräch, die Planung, Bau und Betrieb in die Hände des Bundes legt . Da der Bund am besten in der Lage ist, seine eigenen Prioritäten umzusetzen und ich das angesichts des Nachholbedarfs in der Verkehrs- infrastruktur für notwendig erachte, habe ich diese Idee immer befürwortet . Ein entsprechendes Konzept, wie es die Arbeitsgruppen Verkehr, Wirtschaft und Haushalt der SPD-Bundestagsfraktion vorgelegt haben, fand und fin- det meine volle Unterstützung . Der von der Bundesregierung ursprünglich vorgelegte Entwurf hat den verkehrspolitischen Anforderungen je- doch zum einen nicht ausreichend Rechnung getragen, zum anderen gravierende Mängel hinsichtlich Privatisie- rung, Struktur, Beteiligung der Politik und Mitarbeiter- rechten aufgewiesen . Er war daher nicht zustimmungs- fähig . Deshalb haben wir in langen Verhandlungen aus meiner Sicht wesentliche Änderungen durchgesetzt . Der häufigste Vorwurf gegen den vorliegenden Vor- schlag zur Bundesfernstraßengesellschaft ist der, er ermögliche Privatisierungen durch die Hintertür . Fest- gemacht wird dies an der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung . Es gibt aber genug Praxisbei- spiele – zum Beispiel die Verkehrsinfrastrukturfinanzie- rungsgesellschaft (VIFG) oder die Gesellschaft für Inter- nationale Zusammenarbeit (GIZ) –, die beweisen, dass eine GmbH in öffentlichem Besitz nicht gewinnorientiert sein muss . Hierfür galt es die notwendigen Schranken dauerhaft zu setzen . Die von der SPD verhandelten Be- grenzungen für die Privatisierung sind daher für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung . Der Einfluss von öffentlich-privaten Partnerschaf- ten (ÖPP) wird mit der vorliegenden Reform weiter beschränkt . ÖPP für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentlicher Teile davon umfassen, sind ausgeschlossen . Es werden Möglichkeiten zur Einbeziehung privater Betreiber und institutioneller Investoren ausgeschlossen, die bislang noch bestehen . Hier ist der Gesetzentwurf ein echter Fortschritt . Dem Deutschen Bundestag – namentlich dem Haushalts- und dem Verkehrsausschuss – werden durch die Reform neue Kontrollmöglichkeiten eingeräumt, die dieser auch im Sinne des Interesses der Bürgerinnen und Bürger nutzen wird . Bereits vor dieser Reform hat die Koalition im aktu- ellen Bundesverkehrswegeplan den Anreiz für ÖPP ge- mindert, da Gelder nicht mehr nach Ländern, sondern nach Prioritäten vergeben werden . Auch durch die neu eingeführten, realistischeren Wirtschaftlichkeitsberech- nungen werden ÖPP reduziert, ebenso wie das in der neuen Gesellschaft eingeführte Planungsprinzip nach der Lebenszeit . Wichtig für mich ist auch, dass mit der vorliegen- den Reform das wirtschaftliche Eigentum der Bundes- fernstraßen unveräußerlich beim Bund bleibt . Die neue Gesellschaft ist lediglich für die Verwaltung zuständig . Auch die Übertragung von Nießbrauchrechten – also die gewinnbringende Nutzung durch die Gesellschaft – ist ausgeschlossen . Die Gesellschaft wird nicht als Maut- gläubigerin auftreten . Eine funktionale Privatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesell- schaft auf Dritte ist ebenfalls nicht möglich . In enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften haben wir zudem die Rechte der Beschäftigten beim geplanten Personalübergang von den Straßenbauver- waltungen der Länder auf den Bund festgeschrieben . So gibt es zum Beispiel ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang, und die besondere Situation des beamteten Personals wird berücksichtigt . Auch das ist für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung . Bedenken habe ich allerdings, ob ein Wechsel des Systems ohne größere Friktionen möglich ist und ob in absehbarer Zeit die gewünschte größere Effizienz und Effektivität tatsächlich erreicht werden kann. Vielmehr sind durch die Umstellung deutliche Verzögerungen und Effizienzverluste möglich. Wichtig ist nun, dass der Ge- sellschaftsvertrag im Sinne einer effizienten Arbeitswei- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724190 (A) (C) (B) (D) se der neuen Gesellschaft entsprechend gestaltet wird . Durch unsere Änderungen am Gesetz wird hierfür das Parlament zuständig sein . Obwohl ich weiterhin nicht sicher bin, dass die er- hofften Verbesserungen mit der vorliegenden Reform der Straßenbauverwaltung tatsächlich erreicht werden kön- nen, habe ich bei meiner Entscheidung auch die anderen Aspekte dieses Gesetzes zu berücksichtigen . Die um- fassende Reform der Bund-Länder-Beziehungen ist ein wichtiger Schritt zu einer nachhaltigen Finanzierung der Länder . Zusätzlich sind die Einschränkung des Koopera- tionsverbots, das Investitionsprogramm für Kommunen und der Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende wich- tige Zukunftsprojekte, die das Leben vieler Menschen spürbar verbessern werden . In Abwägung dieser Dinge und angesichts der Tatsache, dass die wesentlichen Män- gel der Infrastrukturgesellschaft Verkehr einfachgesetz- lich behoben werden können, stimme ich dem Gesetz- entwurf zu . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Hendrik Hoppenstedt und Dr. Sabine Sütterlin-Waack (beide CDU/CSU) zu den namentlichen Abstimmungen über a) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) b) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haus- haltsrechtlicher Vorschriften die Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu c) dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Auto- bahnprivatisierungen im Grundgesetz aus- schließen und die Abstimmungen über die Beschlussempfeh- lungen zu d) dem Antrag der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Bildungsherausforderungen gemeinsam ver- antworten – Kooperationsverbot in der Bil- dung endlich aufheben dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE Finanzierung der Wissenschaft auf eine ar- beitsfähige Basis stellen – Bildung und For- schung in förderbedürftigen Regionen solide ausstatten dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN In die Zukunft investieren – Ein Wissen- schaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) In unserer bundesstaatlichen Kompetenzverteilung gab es seit 1949 stete Veränderungen . Die Verfassungs- geber haben 1949 noch eine relativ klare Trennung zwi- schen den Verantwortlichkeiten von Bund und Ländern gezogen . Grundsätzlich sind die Ausübung der staatli- chen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Auf- gaben Ländersache, vergleiche Artikel 30, 70 Absatz 1, 83 GG . In den folgenden Jahrzehnten gab es – bedingt durch Urteile des Bundesverfassungsgerichtes und ab 1969 durch verschiedene Änderungen des Grundgesetzes – eine Verschiebung hin zu einem kooperativen Föderalis- mus, der das Kompetenzgefüge zugunsten des Bundes und zulasten der Länder verschob . Im Gegenzug er- hielten die Bundesländer bei der Gesetzgebung größere Mitwirkungsrechte in Bundesangelegenheiten über den Bundesrat . Im Ergebnis führte dies zu Intransparenz und Unklarheiten bei der Verantwortlichkeit, die es Bürgerin- nen und Bürgern erschwert, sich ein Urteil über die poli- tischen Akteure der jeweiligen Entscheidungsebenen zu bilden und anschließend auf dieser Grundlage ihre demo- kratischen Teilhaberechte in Wahlen und Abstimmungen auszuüben . Unser demokratisches Gemeinwesen war stets dann besonders stark, wenn Bürgerinnen und Bürger in einem überschaubaren Rahmen Entscheidungen treffen können. Ein lebendiger Föderalismus garantiert dies . Umso wich- tiger war 2006 daher die Föderalismusreform I, die Fehl- entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte versucht hat zu korrigieren, um wieder eine deutlichere Trennung der Verantwortlichkeiten zu schaffen. Mit den heute zur namentlichen Abstimmung gestell- ten insgesamt 13 Änderungen des Grundgesetzes werden die mit der Föderalismusreform I verbundenen Reform- bemühungen teilweise konterkariert . Mit der Neufassung des Länderfinanzausgleiches werden die Bundesländer noch stärker zu Kostgängern des Bundes . Gleichzeitig steigt die finanzielle Belastung des Bundes signifikant. Mit der Überführung von Bundesautobahnen in die bundesunmittelbare Verwaltung wird den Ländern eine erhebliche Kompetenz im Verwaltungsvollzug genom- men . Schließlich verlieren die Länder über die Änderun- gen im Rahmen des Artikel 104c GG ihre ausschließli- che Zuständigkeit für das Schulwesen, indem der Bund Finanzhilfen für besonders sanierungsbedürftige Schulen leistet . All diese Veränderungen halte ich in der Summe für ablehnungswürdig . Ich muss allerdings zur Kenntnis nehmen, dass alle 16 Bundesländer diese grundgesetz- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24191 (A) (C) (B) (D) lichen Veränderungen nicht nur akzeptiert, sondern zum Teil erbeten haben . Es ist zu konstatieren, dass nicht alle Länder mehr willens und in der Lage sind, ihrer Verant- wortung vollumfänglich nachzukommen . Das manifes- tiert sich darin, dass kaum noch leistungsfähige Lan- desverwaltungen für die Planung und den Unterhalt für Bundesautobahnen bestehen . Auch dass der kommunale Finanzausgleich nicht so gestaltet wird, dass besonders finanzschwache Kommunen in die Lage versetzt werden, ihre Schulgebäude zu unterhalten, unterstreicht dies . Als Abgeordnete des Deutschen Bundestages ste- he ich daher vor der Frage, entweder aus verfassungs- politischen Gründen die Änderung abzulehnen und die entstandenen Missstände, die zu einem immer größeren Gefälle zwischen unseren Bundesländern führten, zu akzeptieren . Die Alternative ist, den grundgesetzlichen Änderungen zuzustimmen und damit hinzunehmen, dass unsere bundesstaatliche Ordnung sich wieder in eine Richtung entwickelt, die ich für schädlich halte . Als be- sonders schwerwiegend empfinde ich den Eingriff des Artikel 104c GG, mit dem der Bund in die Finanzierung von Schulen hineinwirkt . Um die erheblichen Folgen des Reformstaus bei den Bundesländern abzuwenden, entscheide ich mich schwe- ren Herzens dafür, zuzustimmen . Ich verbinde damit die Hoffnung, dass wir im Dialog zwischen Bund und Län- dern zukünftig wieder einen Konsens finden, um eine weitere Aushöhlung unseres föderalen Systems zu ver- hindern . Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Florian Post und Claudia Tausend (beide SPD) zu den namentlichen Abstim- mungen über a) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g ) b) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haus- haltsrechtlicher Vorschriften die Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu c) dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Auto- bahnprivatisierungen im Grundgesetz aus- schließen und die Abstimmungen über die Beschlussempfeh- lungen zu d) dem Antrag der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Bildungsherausforderungen gemeinsam ver- antworten – Kooperationsverbot in der Bil- dung endlich aufheben dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE Finanzierung der Wissenschaft auf eine ar- beitsfähige Basis stellen – Bildung und For- schung in förderbedürftigen Regionen solide ausstatten dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN In die Zukunft investieren – Ein Wissen- schaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) Nach den Erfahrungen mit der Privatisierung unter anderem der Post, der Telekom und der Bahn lehnen wir eine private Rechtsform der Verwaltung der Bundesauto- bahnen ab und stimmen daher gegen die entsprechenden geplanten Änderungen des Grundgesetzes . Auch wenn es gelungen ist, eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Dritter an der geplanten Infra- strukturgesellschaft und möglicher Tochtergesellschaften im Grundgesetz auszuschließen, kann zu einem späteren Zeitpunkt eine Umwandlung der geplanten GmbH in eine Aktiengesellschaft durch einfachgesetzliche Rege- lung erfolgen . ÖPP-Modelle haben nach Berichten des Bundes- rechnungshofes in der Vergangenheit immer zu einem erheblichen Mehraufwand für den Bund und damit den Steuerzahler geführt . Auch mit der neuen Formulierung in Artikel 90 Absatz 2 des Grundgesetzes, die den aus- legungsfähigen Begriff „wesentliche Teile“ verwendet, werden ÖPP möglich bleiben . Wir kritisieren, dass die nähere Begrenzung wiederum nur einfachgesetzlich ge- regelt wird . Wir sehen die Gefahr, dass ÖPP künftig bei Autobahnprojekten Standard werden . Ebenfalls nur einfachgesetzlich wird die Kreditfähig- keit der neuen Infrastrukturgesellschaft und möglicher Tochtergesellschaften geregelt; sie kann von anderen Mehrheiten jederzeit geändert werden . Somit bleibt aus unserer Sicht eine grundgesetzlich verankerte Privatisie- rung der Rechtsform der Bundesautobahnen mit einer nicht auszuschließenden späteren Kapitalprivatisierung der Bundesfernstraßen, der wir nicht zustimmen können . Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ursula Schulte und Gülistan Yüksel (beide SPD) zu den namentlichen Abstim- mungen über Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724192 (A) (C) (B) (D) a) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g ) b) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haus- haltsrechtlicher Vorschriften die Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu c) dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Auto- bahnprivatisierungen im Grundgesetz aus- schließen und die Abstimmungen über die Beschlussempfeh- lungen zu d) dem Antrag der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Bildungsherausforderungen gemeinsam ver- antworten – Kooperationsverbot in der Bil- dung endlich aufheben dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE Finanzierung der Wissenschaft auf eine ar- beitsfähige Basis stellen – Bildung und For- schung in förderbedürftigen Regionen solide ausstatten dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN In die Zukunft investieren – Ein Wissen- schaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) Der Bundestag stimmt heute ab über den „Entwurf ei- nes Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Fi- nanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Ände- rung haushaltsrechtlicher Vorschriften“ . Dabei handelt es sich um ein Gesetzespaket, das verschiedene politische Vorhaben miteinander verknüpft: – die Gründung einer Infrastrukturgesellschaft für Au- tobahnen und andere Bundesfernstraßen, – die Neuordnung des Finanzausgleichs zwischen Bund und Ländern, – die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses für Al- leinerziehende und – Bildungsinvestitionen des Bundes zur Schulsanie- rung in finanzschwachen Kommunen. In dem Gesetzespaket wurden also Themen miteinan- der verknüpft, die inhaltlich in keinem Zusammenhang stehen . So gut und wichtig vor allem Bildungsinvestiti- onen auch seitens des Bundes und eine Ausweitung des Unterhaltsvorschusses sind, so kritisch stehe ich der Ge- fahr einer Autobahnprivatisierung gegenüber . Diese wird durch den Gesetzentwurf nicht gänzlich ausgeschlossen . Deswegen werde ich dem Regierungsentwurf – trotz zahlreicher Verbesserungen durch die SPD-Fraktion im parlamentarischen Verfahren – nicht zustimmen . Ich erkenne ausdrücklich an, dass unsere Fraktion im Ringen um einen Kompromiss viele entscheidende Änderungen erreichen konnte . Der ursprüngliche Ge- setzentwurf von Wolfgang Schäuble (CDU) sah eine staatsferne Autobahngesellschaft vor, der es möglich sein sollte, Schulden neben dem Staatshaushalt aufzu- nehmen . Auf diese Weise hätten die vom Volk gewählten Parlamentarier keinen Einfluss mehr auf die Schulden- aufnahme gehabt . Außerdem wäre der unbegrenzte Ein- bezug privater Investoren möglich gewesen . Dazu wird es dank der kritischen Öffentlichkeit und des vehemen- ten Einsatzes der SPD-Fraktion nun nicht kommen . So wird im Grundgesetz ausdrücklich festgeschrieben, dass der Bund hundertprozentiger Eigentümer sowohl der Bundesfernstraßen als auch der Infrastrukturgesellschaft bleibt . Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung privater Investoren an der Infrastrukturgesellschaft oder möglichen Tochtergesellschaften ist grundgesetzlich ebenfalls ausgeschlossen . Trotz dieser Verbesserungen werde ich dem Entwurf nicht zustimmen . Denn: Eine funktionale Privatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesell- schaft auf Dritte, etwa durch öffentlich-private Partner- schaft (ÖPP), wird im Grundgesetz nur teilweise aus- geschlossen . Wörtlich soll im Grundgesetz Folgendes festgeschrieben werden: „Eine Beteiligung Privater im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften ist aus- geschlossen für Streckennetze, die das gesamte Bundes- autobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundes- fernstraßen in einem Land oder wesentliche Teile davon umfassen .“ Unklar bleibt, was unter der Formulierung „wesentliche Teile“ gemeint ist . Genaueres hierzu ist nur einfachgesetzlich geregelt – könnte also auch durch eine etwaige schwarz-gelbe Regierung geändert werden . Vorerst würden ÖPPs nach der Gesetzesänderung nur auf nicht miteinander verbundenen Teilstrecken von maxi- mal 100 Kilometer möglich gemacht . Dieser möglichen Form der Teilprivatisierung – geschweige denn der Er- möglichung der zukünftigen Ausweitung im Umfang – kann ich nicht zustimmen . Ich bin davon überzeugt, dass wir die Alleinerzie- henden in unserem Land besser unterstützen und unsere Schulen sanieren müssen . Ich plädiere dafür, schnellst- möglich ein solches umfangreiches Konjunkturpro- gramm zur Sanierung unserer Schulen umzusetzen . Dies wäre möglich, ohne im Gegenzug weitreichende Grund- gesetzänderungen zu beschließen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24193 (A) (C) (B) (D) Anlage 7 Erklärungen nach § 31 GO zu den namentlichen Abstimmungen über a) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) b) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haus- haltsrechtlicher Vorschriften die Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu c) dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Auto- bahnprivatisierungen im Grundgesetz aus- schließen und die Abstimmungen über die Beschlussempfeh- lungen zu d) dem Antrag der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Bildungsherausforderungen gemeinsam ver- antworten – Kooperationsverbot in der Bil- dung endlich aufheben dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE Finanzierung der Wissenschaft auf eine ar- beitsfähige Basis stellen – Bildung und For- schung in förderbedürftigen Regionen solide ausstatten dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN In die Zukunft investieren – Ein Wissen- schaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) Ingrid Arndt-Brauer (SPD): In den letzten Monaten und Wochen wurde intensiv über eine Reform der Auf- tragsverwaltung bei den Bundesfernstraßen diskutiert . Darüber hinaus wurde um ein Modell gerungen, mit dem zusätzliches privates Kapital für öffentliche Investitionen in die Bundesfernstraßen mobilisiert werden kann . Dabei war für die SPD die Errichtung einer Infrastrukturgesell- schaft des Bundes eine Option, um die beiden Ziele zu erreichen . Im Kontext dieser Debatte haben wir als SPD immer betont, dass es eine Privatisierung der Bundes- fernstraßen nicht geben wird. Investitionen in die öffent- liche Verkehrsinfrastruktur sind für uns Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge. ÖPP (öffentlich-private Partnerschaft) – also die Beteiligung privaten Kapitals – ist nur (noch) auf Teilabschnitten (maximal 100 Kilo- meter Länge) möglich, die nur unwesentliche Teile des Autobahnnetzes betreffen dürfen. Ungeachtet dessen habe ich mich aus nachfolgend aufgeführten Gründen entschlossen, bei den heutigen Abstimmungen mit Nein zu stimmen: Die Errichtung der Bundesfernstraßengesellschaft stellt kein isoliertes Gesetzesvorhaben dar, sondern ist mit der Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzaus- gleichssystems ab dem Jahr 2020 verknüpft . An den Ver- handlungen zwischen Bund und Ländern war der Bun- destag, das heißt auch ich als Parlamentarierin, zu keiner Phase beteiligt . Ich darf also nur noch über ein fertiges Gesetzespaket abstimmen . Der mit 16 : 0 Länderstim- men erreichte Kompromiss beinhaltet eine grundlegende Änderung des Länderfinanzausgleichs. Den Ausgleich der unterschiedlichen Finanzkraft übernimmt zukünftig der Bund, indem er die Mehrkosten trägt . Dieses wider- spricht meines Erachtens dem Grundgedanken der Soli- darität der Länder untereinander, bei dem die Stärkeren die Schwächeren unterstützen . Ein stärkerer Geist der Solidarität würde unserer Gesellschaft insgesamt gut- tun; der jetzige Beschluss wirkt diesbezüglich „mental“ kontraproduktiv . Die Sachverständigen in der Anhörung haben deutlich gemacht, dass das neue Finanzausgleichs- system keinen Beitrag dazu liefern wird, die gewünschte Konvergenz der unterschiedlichen Lebensverhältnisse zu befördern . Die Errichtung der Bundesverkehrsstraßengesell- schaft wird in vielen Einzelheiten im Grundgesetz festge- schrieben . Damit entsteht für kommende Parlamente eine Bindungswirkung, die sehr schwer aufzulösen sein wird (Zweidrittelmehrheit in Bundestag/Bundesrat nötig) . Dadurch geht einem zukünftigen Bundestag als Gesetz- geber Handlungsspielraum verloren, was den Parlamen- tarismus und den Demokratiegedanken per se schwächt: nämlich, dass wechselnde parlamentarische Mehrheiten ihre politischen Vorstellungen realisieren können . Die Bürgerinnen und Bürgern sollten an der Wahlurne ent- scheiden können, ob und wie weit eine private Finan- zierung von Autobahnen/Bundesstraßen gewünscht ist oder nicht . Eine einfachgesetzliche – das heißt leichter änderbare – Regelung hätte dieses besser ermöglicht . Die jetzige Zementierung im Grundgesetz halte ich daher für einen Fehler . Sie ist zudem praxisfern: Was geschieht ei- gentlich, wenn ein ÖPP-Teilabschnitt doch einmal etwas länger als 100 Kilometer sein muss? Kurze Anmerkung am Rande: ÖPPs stellen keine „Privatisierung“ dar und sind nicht a priori schlecht . Es gab in der Vergangenheit sogar rein private Finanzierun- gen . Niemand kann verlässlich vorhersagen, ob wir als Staat auch zukünftig genügend Investitionsmittel werden bereitstellen können, um notwendige Straßenbaumaß- nahmen umzusetzen . Niedrigzinsen und gute konjunk- turelle Bedingungen können (und werden) sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit irgendwann auch wieder ändern . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724194 (A) (C) (B) (D) Das vorliegende Gesetzespaket wurde mit „artfremden Gesetzen“ verknüpft, namentlich mit der Verlängerung des Unterhaltsvorschusses und Hilfen für finanzschwa- che Kommunen bei der Schulinfrastruktur in Höhe von 3,5 Milliarden Euro (teilweise Aufhebung Kooperations- verbot!) . Für diese beiden Gesetzesänderungen hatte sich die SPD sehr stark und erfolgreich engagiert . Ich lehne eine solche Verknüpfung aber aus Prinzip entschieden ab . Als Abgeordnete gerate ich so unver- meidbar in einen Konflikt, dass ich bei Ablehnung des gesamten Gesetzespaketes auch sinnvolle und von mir ausdrücklich gewünschte Vorhaben negiere/verhindere . Bärbel Bas (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über die Neuregelung des bundesstaatlichen Finanz ausgleichssystems ab . Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Erstens . Zunächst ist zu beachten, dass der Bundes- tag über ein Regelungspaket zu entscheiden hat, das im Vorfeld bereits zwischen allen Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten und der Bundesregierung abge- stimmt worden ist . Da die Länder in den Finanzbezie- hungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zugestanden, ein Stück ihrer Kompetenz im Bildungsbereich wieder an den Bund zu geben und in diesem Zusammenhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bundesstraßen bzw . Autobahnen dem Bund zu übertragen . Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Bundesregierung halte ich für äußerst kritikwürdig . Die Beratungen des Bundestages wurden deutlich dadurch erschwert, dass die Ministerprä- sidentinnen und Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Bundesregierung ein Gesamtpaket völlig unterschied- licher Regelungsbereiche verabschiedeten, die im Par- lament faktisch nicht mehr entkoppelt werden können . Umso beachtlicher sind die Veränderungen, die nun zur Abstimmung stehen. Unabhängig davon hoffe ich aber, dass alle Parteien aus dieser Situation zukünftig lernen . Zweitens . Aus SPD-Sicht war in dem Regelungspaket von Anfang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschus- ses zu begrüßen . Für fast eine Million alleinerziehende Eltern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fort- schritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen der unterhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staatliche Unterstützung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeit- liche Befristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird auch in Duisburg dazu führen, dass Allein- erziehende die Doppelbelastung von Job und Kinderbe- treuung besser bewältigen können . Drittens . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bil- dungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen be- reitzustellen . Diese Investitionen werden auch Duisburgs Schulen zugute kommen. Eine vollständige Abschaffung des Kooperationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wichtiges Ziel sozialdemokratischer Politik . Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe . Dies ist aber zwischen den Koalitionspartnern umstritten . Viertens . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflich- tet, unter anderem die Verwaltung der Bundesautobah- nen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne . Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigentum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist . Allerdings befürchte- ten viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Zusammen- hang, dass private Investorinnen und Investoren über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könnten . Die Verlautbarungen aus Bundesfinanzministerium und Bundesverkehrsministerium verstärkten diesen Verdacht . Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bun- desrechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf . Die Gewerkschaft Verdi problematisierte insbesondere Fra- gen beim Personalübergang . Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfassungstextes vor, der eine unmit- telbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Ge- sellschaft und deren Tochtergesellschaften ausdrücklich ausschließt . Dem Engagement der SPD-Bundestagsfrak- tion ist es zu verdanken, dass somit alle Hintertüren für eine mögliche Privatisierung in der Verfassung selbst ge- schlossen worden sind . Zudem ist es gelungen, dass alle wechselbereiten Beschäftigten der Straßenbauverwaltun- gen der Länder vom Bund übernommen und grundsätz- lich dort eingesetzt werden, wo sie bisher arbeiten . Die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft ist verpflichtet, Tarif- verträge für alle Beschäftigen abzuschließen . Ich emp- finde es als Bestätigung dieser Position, dass auch die Gewerkschaft Verdi sowie der Bundesrechnungshof die Erfolge des parlamentarischen Verfahrens ausdrücklich anerkennen . Darüber hinaus werden in der Debatte sogenannte öf- fentlich-private Partnerschaften (ÖPP) problematisiert . Die Partnerschaften gibt es bereits – sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungspaket ermöglicht . Doch selbst in diesem Bereich konnte nun durch das par- lamentarische Verfahren eine Verbesserung erreicht wer- den: Erstmalig werden in der Verfassung öffentlich-pri- vate Partnerschaften für ganze Streckennetze oder wesentliche Teile explizit ausgeschlossen . Damit wird im Grundgesetz selbst ein klares Zeichen gegen die Auswei- tung von ÖPP gesetzt . Die SPD-Bundestagsfraktion hätte sich eine noch weitergehende Regelung gewünscht . Dies war jedoch mit der CDU/CSU-Fraktion nicht möglich . Ich stimme dem Gesetzespaket zu . Demokratie und das Ringen im parlamentarischen Verfahren bringen selten Ergebnisse, die zu 100 Prozent den Forderungen einer einzelnen Fraktion entsprechen . Wer künftig ÖPP vollständig verhindern will, muss dafür eintreten, dass der Staat mehr Mittel in die Infrastruk- tur investiert, wie es die SPD fordert . Ein völliger Aus- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24195 (A) (C) (B) (D) schluss von ÖPP im Grundgesetz, der einer Zweidrittel- mehrheit in Bundestag und Bundesrat bedarf, war in der bestehenden Koalition nicht realisierbar . Deshalb werbe ich für die Anerkennung der Verhandlungserfolge im par- lamentarischen Verfahren und die Erhöhung des Drucks auf all die politischen Kräfte, die eine schwarze Null im Bundeshaushalt über politische Gestaltungsmöglichkei- ten stellen . Ich stimme aufgrund der Verhandlungserfolge zu . Veronika Bellmann (CDU/CSU): Ich kann aus ganz grundsätzlichen Erwägungen heraus den vorliegenden Grundgesetzänderungen nicht zustimmen und werde mich der Stimme enthalten . Natürlich müssen die Bund-Länder-Finanzbeziehun- gen infolge Auslaufen des Solidarpaktes neu geregelt werden . Die inhaltlichen Vorgaben dazu und zu den anderen vorgeschlagenen Regelungen (Unterhaltsvor- schuss, Infrastruktur, Bildung usw .) sind auch akzeptabel und in sich schlüssig, was das Verhältnis „Mehr Geld des Bundes an die Länder“ gegen „Mehr Kontrollrechte des Bundes“ angeht . Aber dass mit dieser Reform das Grundgesetz an ins- gesamt 14 Stellen geändert werden soll, ist eben nicht ak- zeptabel. Ähnlich weitreichende Eingriffe in das Grund- gesetz gab es zuletzt bei den Föderalismusreformen nach umfangreichen und tiefgreifenden Debatten einer eigens zu diesem Zweck gegründeten Föderalismuskommis- sion . Seinerzeit ist es darum gegangen, die Eigenstän- digkeit und Selbstverantwortung der Länder zu stärken . Nun wird diese erst vor einigen wenigen Jahren justierte bundesstaatliche Grundordnung konterkariert, indem der Bund immer mehr Finanzverantwortung für Aufgaben der Länder übernimmt, die diese aus den verschiedensten politischen Gründen nur allzu gerne abgeben . Das sind unter dem Deckmäntelchen eines vermeintlichen Födera- lismus daherkommende erste Schritte in einen Zentral- staat . Dabei ist die Neuordnung der Finanzbeziehungen, die eigentlich Ziel der Reform war, zunehmend aus dem Blick geraten . Das Grundgesetz soll Regelungen enthalten, die für „möglichst immer“ gelten, das heißt, eine sogenannte Ewigkeitsgarantie besitzen . Diese bestimmt auch, dass Regeln des politischen Tagesgeschäfts – und seien sie noch so hochkomplex und numerische Aufzählungen – nichts im Grundgesetz zu suchen haben . Stattdessen wer- den jetzt Milliardenzuschüsse von 3,5 Milliarden Euro für Schulen in finanzschwachen Kommunen ausgegeben (– damit werden jahrelange Versäumnisse bzw . das Un- vermögen bei Investitionen in die Bildungsinfrastruktur durch SPD-regierte Bundesländer ausgeglichen –) und die Ausgestaltung einer Autobahngesellschaft geregelt . Hier wie bei den weiteren Neuerungen wären einzelge- setzliche Regelungen vollkommen ausreichend gewesen . Dann könnte es jederzeit Evaluationen und nachfolgend, falls notwendig, auch Korrekturen geben . Wir blieben politisch relativ handlungsfähig, da die im Ergebnis um- strittenen Neuregelungen durch Änderungen des Grund- gesetzes praktisch nicht irreversibel gemacht würden . Stattdessen wird durch ein Sammelsurium von Rege- lungen das Grundgesetz inflationiert und quasi entwertet. Stattdessen werden Forderungen, die ohne Frage Verfas- sungsrang haben, wie die Aufnahme der deutschen Spra- che ins Grundgesetz, trotz einer breiten Unterstützung der Öffentlichkeit (vom Deutschen Kulturrat über den Verein Deutsche Sprache e . V . bis hin zu CDU-Parteitagsbe- schlüssen und sogar entsprechenden Unterstützungszu- sagen der Bundeskanzlerin in mehreren Veranstaltungen) regelmäßig von Grundgesetzänderungen ausgenommen . Marco Bülow (SPD): Heute beschließt der Deutsche Bundestag den neuen Bund-Länder-Finanzausgleich, der auch die Regelungen zur Errichtung einer Infrastruktur- gesellschaft enthält. Nach reiflicher Abwägung habe ich mich dazu entschieden, gegen dieses Paket zu stimmen . Dieses Gesetzespaket enthält umfassende Änderungen des Grundgesetzes sowie einfachgesetzliche Änderun- gen . Es geht zurück auf eine Einigung zwischen der Bun- desregierung und den Ländern vom Dezember 2016 als Ersatz für die derzeitigen Regelungen zum Bund-Län- der-Finanzausgleich, die 2019 auslaufen . Der Hauptgrund für mich, dem Gesetzespaket mei- ne Zustimmung zu verweigern, ist die darin enthaltene Einführung einer Infrastrukturgesellschaft zur Sicher- stellung der Finanzierung und Effizienz bei Bau und Verwaltung der Bundesautobahnen. Die Schaffung ei- ner Gesellschaft privaten Rechts widerspricht meinem Grundsatz, dass die Bereitstellung öffentlicher Güter, wie der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur, in die öffentliche Hand gehört . Einer Infrastrukturgesellschaft könnte ich nur zustimmen, wenn diese die Form einer Gesellschaft öffentlichen Rechts hat. Das ist in dem vorliegenden Kompromiss nicht der Fall . CDU/CSU haben dies vehe- ment abgelehnt . Ich halte das für einen großen Fehler . Eine späte- re Privatisierung von Teilen des Autobahnnetzes bleibt nicht ausgeschlossen . Da für eine erneute Änderung eine Zweidrittelmehrheit nötig ist, wird diese Entscheidung so gut wie nicht mehr umkehrbar sein . Damit haben erneut einzelne Lobbyinteressen den Vorzug vor dem Allge- meinwohl erhalten . Zudem wird der Bundestag ein weiteres Mal entmach- tet . Dies setzt den schon länger bestehenden Prozess der schleichenden Entmachtung der gewählten Volksvertre- terinnen und Volksvertreter fort, bei dem immer mehr Befugnisse auf andere Ebenen übertragen werden . Des- halb werde ich mich weiterhin gegen die Entmachtung des Parlamentes und gegen den Ausverkauf von originä- ren Staatsaufgaben zugunsten von Einzelinteressen zur Wehr setzen . Meine Fraktionskollegen und -kolleginnen haben lange und hart verhandelt, um möglichst viele Privati- sierungsschranken einzubauen . So wurden auch Ände- rungen bereits im Grundgesetz hineinverhandelt, durch die die mittelbare und unmittelbare Beteiligung Dritter an der Infrastrukturgesellschaft und deren Tochterge- sellschaften ausgeschlossen wird . Außerdem ist aus- geschlossen, dass sich Private im Rahmen von öffent- lich-privaten Partnerschaften (ÖPP) für Streckennetze, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724196 (A) (C) (B) (D) die das gesamte Bundesautobahnnetz oder wesentliche Teile davon betreffen, beteiligen. Insbesondere Bundes- verkehrsminister Dobrindt wollte ursprünglich sogar bis zu 49 Prozent der Gesellschaft an private Investoren ver- äußern . Dies ist unglaublich . Trotz der Veränderungen im aktuellen Gesetz besteht aber immer noch die Mög- lichkeit, ÖPP in höherem Maße durchzuführen . Zudem ist der Begriff „wesentliche Teile“ zu unkonkret, als dass damit ein wirklicher Ausschluss Privater garantiert ist . Darüber hinaus wird erstmals geradezu dazu aufgeru- fen, dass die Sanierung und der Bau von Schulen durch ÖPP-Vorhaben umgesetzt werden . Diesem widerspreche ich mit aller Entschiedenheit . Die Bereitstellung von Bil- dungsinfrastruktur ist elementare Aufgabe des Staates . Des Weiteren ist ein möglicher Wechsel der Rechts- form, zum Beispiel der GmbH in eine AG, lediglich einfachgesetzlich geregelt . Das bedeutet, eine andere Bundesregierung kann diese Umwandlung ohne eine Änderung des Grundgesetzes mit einfacher Mehrheit vollziehen . Gleiches gilt für die Kreditfähigkeit der Ge- sellschaft . Es ist zwar nicht erlaubt, dass diese selbst Kredite aufnimmt, aber dieser Punkt ist ebenfalls nur einfachgesetzlich geregelt . Gleiches gilt für den vorge- sehenen Parlamentsvorbehalt, der damit ebenso durch eine andere politische Mehrheit jederzeit verändert wer- den kann . Auch die Übernahme des Angestellten ist nur einfachgesetzlich abgesichert, so dass die Gefahr besteht, dass eine andere politische Mehrheit den Abbau von bis- lang gesicherten Arbeitsplätzen mit Tariflöhnen und gu- ter Mitbestimmung organisiert . Ich halte es ebenso unter demokratischen Gesichts- punkten für höchst problematisch, weitgehend unbe- merkt von der breiten Öffentlichkeit nicht weniger als 13 Grundgesetzänderungen in einer Abstimmung im Paket zu beschließen . Hier geht es nicht nur um die Bund-Länder-Finanzierung, sondern eben auch um die Autobahnprivatisierung oder den Unterhaltsvorschuss . Alles wichtige Gesetze, für die man sich die Zeit nehmen sollte, sie einzeln zu diskutieren . Der Unterhaltsvorschuss beispielsweise wird ausge- weitet und zukünftig bis zum 18 . Lebensjahr gezahlt . Die Begrenzung auf sechs Jahre soll entfallen . Es ist eine wichtige Regelung, wenn der unterhaltspflichtige Eltern- teil nicht oder nicht regelmäßig zahlt . Bund und Länder haben das gemeinsam vereinbart . Wir müssen aber auf jeden Fall dafür sorgen, dass die Mehrkosten bei den Kommunen zukünftig aufgefangen werden . Ein wichti- ger Fortschritt, der aber nicht gemeinsam mit den ande- ren Punkten in einem Paket beschlossen werden darf . Für mich ist klar: Die Union wollte von Anfang an eine echte Privatisierung der Autobahnen und wird das auch weiterhin vorantreiben . Der vorliegende Kompromiss schließt dies nicht vollumfänglich aus, und daher kann ich ihm nicht zustimmen . Den weiteren Regelungen, die sich beispielsweise auf die Neuordnung des Finanzaus- gleichs oder das Aufheben des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich beziehen, werde ich zustimmen . Zu den einzelnen namentlichen Abstimmungen: 1 .: Änderungsantrag der Linken zu Artikel 90 GG – Autobahngesellschaft: Votum: Enthaltung 2 .: Änderungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen: Votum: Enthaltung 3 .: Änderungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen zu den Artikeln 90 und 143e GG – Autobahngesellschaft: Votum: Enthaltung 4 .: Änderung des Artikel 90 GG – Autobahngesell- schaft: Votum: Nein 5 .: Änderung des Artikel 107 GG –Steuern: Votum: Ja 6 .: Änderung des Artikel 125c GG – Verlängerung Ge- meindeverkehrsfinanzierung und Hilfen für Bremen und Saarland: Votum: Ja 7 .: Änderung des Artikel 143e GG –Verbleib der Bun- desautobahnen in Länderverwaltung: Votum: Enthaltung 8 .: Gesamtgesetz – Änderung von insgesamt 13 Arti- keln des GG: Votum: Nein Dr. Daniela De Ridder (SPD): Dieser Bundestag hat für die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur in den letzten Jahren deutlich mehr Mittel zur Verfügung ge- stellt, auch um den Investitionsstau bei unseren Straßen zu beenden . Organisatorische Mängel verhindern häufig, dass das zur Verfügung stehende Geld für den Bau von Bundes- fernstraßen zielgenau und an verkehrlichen Maßstäben orientiert abfließen kann. Auch bei Planung und Betrieb gibt es vielerorts unbestreitbaren Optimierungsbedarf . Das ist auf nahezu allen politischen Ebenen erkannt und benannt worden . Eine Reform dieser Strukturen ist des- halb dringend geboten . Neben einer Reform der Auftragsverwaltung war hier- zu schon länger die Gründung einer Bundesfernstraßen- gesellschaft im Gespräch, die Planung, Bau und Betrieb in die Hände des Bundes legt . Da der Bund am besten in der Lage ist, seine eigenen Prioritäten umzusetzen und ich das angesichts des Nachholbedarfs in der Verkehrs- infrastruktur für notwendig erachte, habe ich diese Idee immer befürwortet . Ein entsprechendes Konzept, wie es die Arbeitsgruppen Verkehr, Wirtschaft und Haushalt der SPD-Bundestagsfraktion vorgelegt haben, fand und fin- det meine volle Unterstützung . Der von der Bundesregierung ursprünglich vorgelegte Entwurf hat den verkehrspolitischen Anforderungen je- doch zum einen nicht ausreichend Rechnung getragen, zum anderen gravierende Mängel hinsichtlich Privatisie- rung, Struktur, Beteiligung der Politik und Mitarbeiter- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24197 (A) (C) (B) (D) rechten aufgewiesen . Er war daher nicht zustimmungs- fähig . Deshalb haben wir in langen Verhandlungen aus meiner Sicht wesentliche Änderungen durchgesetzt . Der häufigste Vorwurf gegen den vorliegenden Vor- schlag zur Bundesfernstraßengesellschaft ist der, er ermögliche Privatisierungen durch die Hintertür . Fest- gemacht wird dies an der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung . Es gibt aber genug Praxisbei- spiele – zum Beispiel die Verkehrsinfrastrukturfinanzie- rungsgesellschaft (VIFG) oder die Gesellschaft für Inter- nationale Zusammenarbeit (GIZ) –, die beweisen, dass eine GmbH in öffentlichem Besitz nicht gewinnorientiert sein muss . Hierfür galt es die notwendigen Schranken dauerhaft zu setzen . Die von der SPD verhandelten Be- grenzungen für die Privatisierung sind daher für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung . Wichtig für mich ist auch, dass mit der vorliegen- den Reform das wirtschaftliche Eigentum der Bundes- fernstraßen unveräußerlich beim Bund bleibt . Die neue Gesellschaft ist lediglich für die Verwaltung zuständig . Auch die Übertragung von Nießbrauchrechten – also die gewinnbringende Nutzung durch die Gesellschaft – ist ausgeschlossen . Die Gesellschaft wird nicht als Maut- gläubigerin auftreten . Eine funktionale Privatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesell- schaft auf Dritte ist ebenfalls nicht möglich . In enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften haben wir zudem die Rechte der Beschäftigten beim geplanten Personalübergang von den Straßenbauver- waltungen der Länder auf den Bund festgeschrieben . So gibt es zum Beispiel ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang, und die besondere Situation des beamteten Personals wird berücksichtigt . Auch das ist für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung . Bedenken habe ich allerdings, ob ein Wechsel des Systems ohne größere Friktionen möglich ist und ob in absehbarer Zeit die gewünschte größere Effizienz und Ef- fektivität tatsächlich erreicht werden können . Vielmehr sind durch die Umstellung deutliche Verzögerungen und Effizienzverluste möglich. Wichtig ist nun, dass der Ge- sellschaftsvertrag im Sinne einer effizienten Arbeitswei- se der neuen Gesellschaft entsprechend gestaltet wird . Durch unsere Änderungen am Gesetz wird hierfür das Parlament zuständig sein . Obwohl ich weiterhin nicht sicher bin, dass die er- hofften Verbesserungen mit der vorliegenden Reform der Straßenbauverwaltung tatsächlich erreicht werden kön- nen, habe ich bei meiner Entscheidung auch die anderen Aspekte dieses Gesetzes zu berücksichtigen . Die um- fassende Reform der Bund-Länder-Beziehungen ist ein wichtiger Schritt zu einer nachhaltigen Finanzierung der Länder . Zusätzlich sind die Einschränkung des Koopera- tionsverbots, das Investitionsprogramm für Kommunen und der Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende wich- tige Zukunftsprojekte, die das Leben vieler Menschen spürbar verbessern werden . Schließlich wollen wir es im Rahmen unserer Verant- wortung in der Bildungspolitik nicht hinnehmen, dass finanzschwache Kommunen nicht mithalten können: Lebenschancen werden auch durch den Zugang zu Bil- dungsangeboten bestimmt, und diese dürfen nicht vom Portemonnaie der Eltern oder der Finanzkraft der Kom- mune abhängen . Daher sehe ich den Bund hier in der Ver- antwortung, ein qualitativ hochwertiges Bildungssystem und die damit verbundenen Chancen allen Menschen gleichberechtigt zur Verfügung zu stellen . Auch wenn ich mich für eine vollständige Abschaffung des Koope- rationsverbotes einsetze, sehe ich in der nun realisierten Aufweichung einen wichtigen Schritt in Richtung einer zukunftsfähigen, gerechten und modernen Schulland- schaft . Als Bildungspolitikerin sehe ich mich aber auch nach der heutigen Entscheidung verpflichtet, an der Auf- hebung des Kooperationsverbotes mit aller Kraft weiter- zuarbeiten . Auch die Neuregelung des Unterhaltsvorschusses ist für mich ein besonders wichtiges Anliegen, da wir durch die Verlängerung des Bezugsrechts für Eltern von Kin- der und Jugendliche im Alter zwischen 12 und 18 Jahren die Alleinerziehenden spürbar entlasten . Das ist dringend notwendig, weil unter den Alleinerziehenden zumeist Frauen in der Verantwortung stehen und folglich eine größere finanzielle Last tragen. Alleinerziehende Müt- ter sind doppelt belastet: Sie verdienen im Durchschnitt immer noch weniger als Männer pro Arbeitsstunde, was wir alljährlich beim „Equal Pay Day“ beklagen müs- sen. Darüber hinaus sind Alleinerziehende auch häufig aufgrund ihrer familiären Situation lediglich in Teilzeit beschäftigt . Das hat auch bittere Konsequenzen für die individuelle Rente; so sind besonders Frauen von der Al- tersarmut bedroht . Als Bundespolitikerin werde ich mich in der Gleichstellungspolitik auch weiterhin einsetzen . Die Reform des Unterhaltsvorschusses ist da ein wichti- ger Schritt in die richtige Richtung, den ich ausdrücklich unterstütze . In Abwägung dieser Dinge und angesichts der Tat- sache, dass die wesentlichen Mängel der Infrastruktur- gesellschaft Verkehr einfachgesetzlich behoben werden können, stimme ich dem Gesetzentwurf zu . Dr. Karamba Diaby (SPD): Dieser Bundestag hat für die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur in den letzten Jahren deutlich mehr Mittel zur Verfügung gestellt, auch um den Investitionsstau bei unseren Straßen zu beenden . Organisatorische Mängel verhindern häufig, dass das zur Verfügung stehende Geld für den Bau von Bundes- fernstraßen zielgenau und an verkehrlichen Maßstäben orientiert abfließen kann. Auch bei Planung und Betrieb gibt es vielerorts unbestreitbaren Optimierungsbedarf . Das ist auf nahezu allen politischen Ebenen erkannt und benannt worden . Eine Reform dieser Strukturen ist des- halb dringend geboten . Neben einer Reform der Auftragsverwaltung war hier- zu schon länger die Gründung einer Bundesfernstraßen- gesellschaft im Gespräch, die Planung, Bau und Betrieb in die Hände des Bundes legt . Da der Bund am besten in der Lage ist, seine eigenen Prioritäten umzusetzen und ich das angesichts des Nachholbedarfs in der Verkehrs- infrastruktur für notwendig erachte, habe ich diese Idee immer befürwortet . Ein entsprechendes Konzept, wie es die Arbeitsgruppen Verkehr, Wirtschaft und Haushalt der Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724198 (A) (C) (B) (D) SPD-Bundestagsfraktion vorgelegt haben, fand und fin- det meine volle Unterstützung . Der von der Bundesregierung ursprünglich vorgelegte Entwurf hat den verkehrspolitischen Anforderungen je- doch zum einen nicht ausreichend Rechnung getragen, zum anderen gravierende Mängel hinsichtlich Privatisie- rung, Struktur, Beteiligung der Politik und Mitarbeiter- rechten aufgewiesen . Er war daher nicht zustimmungs- fähig . Deshalb haben wir in langen Verhandlungen aus meiner Sicht wesentliche Änderungen durchgesetzt . Der häufigste Vorwurf gegen den vorliegenden Vor- schlag zur Bundesfernstraßengesellschaft ist der, er ermögliche Privatisierungen durch die Hintertür . Fest- gemacht wird dies an der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung . Es gibt aber genug Praxisbei- spiele – zum Beispiel die Verkehrsinfrastrukturfinanzie- rungsgesellschaft (VIFG) oder die Gesellschaft für Inter- nationale Zusammenarbeit (GIZ) –, die beweisen, dass eine GmbH in öffentlichem Besitz nicht gewinnorientiert sein muss . Hierfür galt es die notwendigen Schranken dauerhaft zu setzen . Die von der SPD verhandelten Be- grenzungen für die Privatisierung sind daher für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung . Den Einfluss von öffentlich-privaten Partnerschaf- ten (ÖPP) wird mit der vorliegenden Reform weiter beschränkt . ÖPP für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentlicher Teile davon umfassen, sind ausgeschlossen . Es werden Möglichkeiten zur Einbeziehung privater Betreiber und institutioneller Investoren ausgeschlossen, die bislang noch bestehen . Hier ist der Gesetzentwurf ein echter Fortschritt . Dem Deutschen Bundestag – namentlich dem Haushalts- und dem Verkehrsausschuss – werden durch die Reform neue Kontrollmöglichkeiten eingeräumt, die dieser auch im Sinne des Interesses der Bürgerinnen und Bürger nutzen wird . Bereits vor dieser Reform hat die Koalition im aktu- ellen Bundesverkehrswegeplan den Anreiz für ÖPP ge- mindert, da Gelder nicht mehr nach Ländern, sondern nach Prioritäten vergeben werden . Auch durch die neu eingeführten, realistischeren Wirtschaftlichkeitsberech- nungen werden ÖPP reduziert, ebenso wie das in der neuen Gesellschaft eingeführte Planungsprinzip nach der Lebenszeit . Wichtig für mich ist auch, dass mit der vorliegen- den Reform das wirtschaftliche Eigentum der Bundes- fernstraßen unveräußerlich beim Bund bleibt . Die neue Gesellschaft ist lediglich für die Verwaltung zuständig . Auch die Übertragung von Nießbrauchrechten – also die gewinnbringende Nutzung durch die Gesellschaft – ist ausgeschlossen . Die Gesellschaft wird nicht als Maut- gläubigerin auftreten . Eine funktionale Privatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesell- schaft auf Dritte ist ebenfalls nicht möglich . In enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften haben wir zudem die Rechte der Beschäftigten beim geplanten Personalübergang von den Straßenbauver- waltungen der Länder auf den Bund festgeschrieben . So gibt es zum Beispiel ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang, und die besondere Situation des beamteten Personals wird berücksichtigt . Auch das ist für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung . Bedenken habe ich allerdings, ob ein Wechsel des Systems ohne größere Friktionen möglich ist und ob in absehbarer Zeit die gewünschte größere Effizienz und Effektivität tatsächlich erreicht werden kann. Vielmehr sind durch die Umstellung deutliche Verzögerungen und Effizienzverluste möglich. Wichtig ist nun, dass der Ge- sellschaftsvertrag im Sinne einer effizienten Arbeitswei- se der neuen Gesellschaft entsprechend gestaltet wird . Durch unsere Änderungen am Gesetz wird hierfür das Parlament zuständig sein . Obwohl ich weiterhin nicht sicher bin, dass die er- hofften Verbesserungen mit der vorliegenden Reform der Straßenbauverwaltung tatsächlich erreicht werden können, habe ich bei meiner Entscheidung auch die an- deren Aspekte dieses Gesetzes zu berücksichtigen . Die umfassende Reform der Bund-Länder-Beziehungen ist ein wichtiger Schritt zu einer nachhaltigen Finanzierung der Länder . Zusätzlich sind gerade auch für mich als Bildungspolitiker die Einschränkung des Kooperations- verbots und die damit verbundene Zurverfügungstellung von 3,5 Milliarden Euro zur Sanierung von Schulen und Turnhallen für finanzschwache Kommunen sowie der Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende wichtige Zu- kunftsprojekte, die das Leben vieler Menschen spürbar verbessern werden . In Abwägung dieser Dinge und angesichts der Tat- sache, dass die wesentlichen Mängel der Infrastruktur- gesellschaft Verkehr einfachgesetzlich behoben werden können, stimme ich dem Gesetzentwurf zu . Thomas Dörflinger (CDU/CSU): Ich werde heute den beiden von der Bundesregierung vorgelegten Ge- setzentwürfen nach reiflicher Überlegung meine Zustim- mung erteilen . Dies geschieht unter Zurückstellung fol- gender schwerwiegender Bedenken: Erstens . Der Deutsche Bundestag und der Bundesrat haben seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland das Grundgesetz in insgesamt 52 Fällen geändert . Die allermeisten dieser Änderungen waren rechtstechnisch überschaubar, auch wenn die politische Bedeutung eine andere gewesen sein mag . Im vorliegenden Fall ist dies anders . Ich betrachte diese Verfassungsänderung als eine der umfangreichsten seit der Verabschiedung des Grund- gesetzes . Die wesentlichen Eckpunkte hierzu wurden in einem Beratungsformat erarbeitet, dem die Ministerprä- sidentenkonferenz der Länder, Vertreter der Bundesre- gierung sowie einige wenige Abgeordnete des Deutschen Bundestages angehörten . Die Funktion des Deutschen Bundestages als Legislativorgan ist für mich nicht in aus- reichender Weise abgebildet . Demokratietheoretisch und verfassungsrechtlich halte ich ein solches Prozedere für in hohem Maße problematisch . Zweitens . Der bisher bestehende sogenannte hori- zontale Länderfinanzausgleich hatte erwiesenermaßen deutliche Schwächen, weil er finanzstarke Bundesländer auf Dauer zu Gebern und finanzschwächere Bundeslän- der auf Dauer zu Nehmern machte und keinerlei Anreize Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24199 (A) (C) (B) (D) setzte, diese Ungleichbehandlung mittel- und langfristig zu beheben . Diese Tatsache führte bekanntermaßen zu mehreren Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht . Anstatt das prinzipiell vernünftige System des horizonta- len Länderfinanzausgleichs so angemessen zu reformie- ren, dass sich die unterschiedlichen Interessen von bis- herigen Nehmer- und Geberländern darin wiederfinden, beseitigt der Gesetzgeber nun den horizontalen Länderfi- nanzausgleich in seiner bisherigen Form und ersetzt ihn durch eine deutliche Stärkung bisher schon vorhandener vertikaler Systeme zwischen dem Bund und den Län- dern . Diese setzen aber keinerlei Anreiz zur Haushalts- konsolidierung bei den Ländern und laufen mittelfristig auf eine deutliche Mehrbelastung des Bundeshaushalts hinaus . Das ist ordnungspolitisch falsch . Drittens . Die Verfassungsrealität der Bundesrepublik Deutschland versteht die Kommunen als Teil der Bun- desländer . Daraus folgt erstens, dass originär die Bun- desländer für die Finanzausstattung der Kommunen zuständig sind, und zweitens, dass der Bund gegenüber den Kommunen grundsätzlich keine direkten, eigenen Finanzbeziehungen unterhält . Durch die vorliegenden Gesetzentwürfe wird das Gegenteil dessen ermöglicht . Dies ist nach meiner Einschätzung verfassungsrechtlich höchst bedenklich . Viertens . Bundesrat und Bundestag haben in den zu- rückliegenden Jahren in zwei Föderalismuskommissio- nen aus meiner Sicht erfolgreich den Versuch unternom- men, die Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern zu entflechten, auch wenn der Status quo noch nicht als optimal bezeichnet werden kann . Die vor- liegenden Gesetzentwürfe bedeuten faktisch die Rückab- wicklung dessen, was durch die Arbeit der Föderalismus- kommissionen erreicht worden ist . Fünftens . Politisch gesehen bereitet der Gesetzgeber den Weg weg vom föderalen Staatsaufbau hin zur Zen- traladministration . Dies haben die Eltern des Grundge- setzes nach meiner Meinung aus guten Gründen nicht gewollt . Die Bundesländer werden in ihrer Entschei- dungshoheit geschwächt und finden sich finanziell gese- hen stattdessen am „goldenen Zügel“ des Bundes wie- der . Ob dies den Interessen der Bundesländer strukturell dient, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden, auch wenn der temporäre finanzielle Nutzen für sie eindeutig ist . Wenn ich den vorgelegten Gesetzentwürfen trotz der vorgetragenen Bedenken heute zustimme, dann geschieht dies aus folgenden Überlegungen: Die Praxis in Planung und Bau von Bundesautobah- nen hat sich im System der Auftragsverwaltung durch die Länder schon seit geraumer Zeit sowohl in finanzieller als auch in organisationstechnischer und zeitlicher Hin- sicht als ineffizient erwiesen. Der Ansatz, die Kompe- tenzen für Finanzierung, Planung, Bau und Betrieb von Bundesautobahnen auf der Bundesebene zu bündeln, ist also grundsätzlich richtig . Ebenso ist es meines Er- achtens richtig, den Vollzug dieser Punkte in einer Inf- rastrukturgesellschaft des Bundes vorzusehen und damit dem Vorbild Österreichs (ASFINAG) zu folgen . Dabei ist sicherzustellen, dass der Bund bei der Realisierung von Bundesautobahnen personell in den Regionen ange- messen präsent bleibt . Die Berücksichtigung möglicher regionaler Besonderheiten und die Sicherstellung der Akzeptanz der Bevölkerung sind in einem Verfahren, das bundesweit von Berlin aus gesteuert werden soll, nicht möglich . Es hätte aber aus ordnungspolitischen Gründen noch mehr Sinn gemacht, auch die Bundesstraßen unter diesem Dach zusammenzufassen . Künftig werden so das bisherige System der Auftragsverwaltung für Bundes- straßen und die Infrastrukturgesellschaft für Bundesau- tobahnen nebeneinander bestehen . Michaela Engelmeier (SPD): Der Deutsche Bun- destag stimmt heute über den Gesetzentwurf zur Neu- regelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichsystems ab. Ich finde es bedauerlich, dass diese Beratung und Abstimmung nur im Paket erfolgt, weil dadurch in der Öffentlichkeit keine Differenzierung und Akzentuierung der unterschiedlichen Themenbereiche Autobahnrege- lungen, Veränderung des Kooperationsverbotes in der Bildung und Unterhaltsregelungen möglich sind . Ausgangspunkt dieses Gesetzgebungsverfahrens war eine Einigung zwischen allen 16 Landesregierun- gen und der Bundesregierung im Oktober und Dezem- ber 2016 über ein Paket von Maßnahmen, die zum Teil Änderungen des Grundgesetzes erfordern, zum Teil ein- fachgesetzlich geregelt werden . Kernpunkt des Pakets ist die Neuregelung des Länderfinanzausgleichs ab dem Jahr 2020 . In dem Paket enthalten ist auch eine Locke- rung des Kooperationsverbots im Bildungsbereich, die es dem Bund ermöglicht, Geld für Bildungsinfrastruktur in finanzschwachen Kommunen zur Verfügung zu stellen, um beispielsweise Schulgebäude zu sanieren und zu mo- dernisieren Des Weiteren wird im Rahmen des Pakets der Unter- haltsvorschuss neu geregelt, den Alleinerziehende erhal- ten, wenn der eigentlich unterhaltspflichtige Elternteil nicht zahlt: Künftig wird nicht nur bis zum 12 . Geburts- tag des Kindes gezahlt, sondern bis zum 18 . Geburtstag, und während bislang maximal sechs Jahre lang gezahlt wurde, entfällt diese Befristung künftig komplett . Weil mein Votum klar für die Regelungen in den Bil- dungsbereichen und zur Unterhaltsregelung steht, stim- me ich deshalb trotz persönlicher Bedenken den Auto- bahnregelungen zu . Daher mache ich in dieser Erklärung deutlich, dass ich mich persönlich und auch die SPD Fraktion sich immer gegen eine Privatisierung der deutschen Autobahnen und Bundesstraßen gestellt und diese Position auch im Ge- setzgebungsverfahren zur Neuregelung der Bund-Län- der-Finanzbeziehungen durchgesetzt hat . Schon innerhalb der Bundesregierung ist es der SPD gelungen, eine doppelte Privatisierungsschranke im Ge- setzentwurf der Regierung zur Änderung des Grundge- setzes durchzusetzen . Im Grundgesetz selbst wird des- wegen in Artikel 90 geregelt werden, dass nicht nur die Bundesfernstraßen selbst im unveräußerlichen, hundert- prozentigen Eigentum des Bundes stehen, sondern auch die Infrastrukturgesellschaft, die für deren Planung, Bau und Betrieb zuständig sein wird . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724200 (A) (C) (B) (D) In intensiven und schwierigen Verhandlungen mit CDU/CSU haben wir als SPD-Bundestagsfraktion nun zwei weitere Grundgesetzänderungen durchgesetzt . Erstens . Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Dritter an der Infrastrukturgesellschaft und deren Toch- tergesellschaften wird in Artikel 90 Absatz 2 des Grund- gesetzes ausgeschlossen . Damit ist klar: Die Gesellschaft bleibt zu 100 Prozent staatlich, 0 Prozent privat . Zweitens . Ausgeschlossen wird auch eine funktionale Privatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesellschaft auf Dritte, zum Beispiel durch soge- nannte Teilnetz-ÖPP . In Artikel 90 Absatz 2 des Grund- gesetzes wird dazu der Satz eingefügt: „Eine Beteiligung Privater im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partner- schaften ist ausgeschlossen für Streckennetze, die das ge- samte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sons- tiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentliche Teile davon umfassen .“ Einfachgesetzlich wird geregelt, dass öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) nur auf der Ebene von Einzelprojekten bis maximal 100 Kilometer Länge erfolgen, die nicht räumlich miteinander verbun- den sein dürfen . Mit diesen Grundgesetzänderungen und vielen ein- fachgesetzlichen Änderungen stellen wir sicher, dass auch theoretisch mögliche Hintertüren für eine Privati- sierung fest verschlossen sind . Vieles, was bislang recht- lich möglich gewesen wäre bei der Einbeziehung privater Betreiber und institutioneller Investoren, ist jetzt erstmals rechtlich ausgeschlossen . Manche Kritiker und manche Kampagne haben absurderweise gerade uns als SPD in den letzten Wochen unterstellt, mit den Grundgesetzän- derungen würden wir die Türen für eine Privatisierung öffnen. Das Gegenteil ist richtig: Wir schließen Türen, die bislang offen standen. Dies bestätigt uns auch der Bundesrechnungshof (BRH), der das Gesetzgebungsverfahren mit mehreren Berichten begleitet hat . Im Ergebnis haben wir als SPD die doppelte Priva- tisierungsschranke des Regierungsentwurfs – Bund ist hundertprozentiger Eigentümer erstens der Autobahnen und zweitens der Autobahngesellschaft – mit weiteren Privatisierungsschranken verstärkt . Neben den beiden Grundgesetzänderungen verweise ich auf folgende Punkte, die in der öffentlichen Diskus- sion immer wieder auftauchen und oft falsch dargestellt werden: – Die Gesellschaft wird nicht kreditfähig . Damit ist die Gefahr einer Aufnahme von privatem Kapital zu ho- hen Zinsen gebannt. Um effizient wirtschaften und „atmen“ zu können, kann die Gesellschaft aber Liqui- ditätshilfen – zinslose Darlehen – aus dem Bundes- haushalt erhalten, wie andere Bundesgesellschaften auch . – Eine Übertragung von sogenannten Altschulden auf die Gesellschaft wird ausgeschlossen . – Das wirtschaftliche Eigentum an den Bundesautobah- nen geht nicht an die Gesellschaft über, sondern bleibt beim Bund . Die Übertragung und die Überlassung von Nießbrauchrechten und anderen Rechten werden aus- geschlossen . – Mautgläubiger der Lkw-Maut und der Pkw-Maut bleibt der Bund . Die Option, dass die Gesellschaft das Mautaufkommen direkt vereinnahmen kann, wird ge- strichen . – Die neue Gesellschaft wird als GmbH errichtet und damit als juristische Person des privaten Rechts . Es ist aber grob irreführend, „privatrechtlich“ mit „Privati- sierung“ gleichzusetzen . Deutschland organisiert zum Beispiel einen Großteil seiner internationalen Ent- wicklungshilfe über die Deutsche Gesellschaft für In- ternationale Zusammenarbeit (GIZ), die ebenfalls eine GmbH ist . Trotzdem hat wohl noch niemand ernsthaft behauptet, Deutschland habe seine Entwicklungshilfe privatisiert . – Genauso irreführend ist die Behauptung, durch die Zulässigkeit einzelner ÖPP-Projekte werde die Priva- tisierung eben doch noch ermöglicht . Erstens: Eine öf- fentlich-private Partnerschaft ist nicht das gleiche wie Privatisierung . Aber selbst wenn man das annehmen möchte, gilt zweitens: ÖPP sind immer nur dann er- laubt, wenn sie wirtschaftlicher sind als die herkömm- liche Beschaffung (Staat bzw. Gesellschaft bauen und betreiben selbst) – was bei einer effizient arbeitenden neuen Gesellschaft seltener der Fall sein wird als in den jetzigen Strukturen (weswegen beispielsweise die österreichische Autobahngesellschaft ASFINAG kein einziges ÖPP-Projekt macht, obwohl sie könnte) . Drit- tens und aus meiner Sicht am Wichtigsten: ÖPP bleibt auf Einzelprojekte beschränkt, und durch die von uns durchgesetzte Grundgesetzänderung ist es dauerhaft verboten, ein ÖPP-Projekt an das andere zu setzen, bis irgendwann wesentliche Teile des Autobahnnetzes oder des Bundesstraßennetzes in einem Bundesland als ÖPP betrieben werden . Uns Sozialdemokraten war aber nicht nur der Aus- schluss von Privatisierungsoptionen wichtig, sondern auch die Zukunft der Beschäftigten, die gegenwärtig in den Straßenbauverwaltungen der Länder beschäftigt sind und künftig zum Bund wechseln sollen . In der Summe ergibt sich damit ein Gesetz, dem ich mit guten Gewissens zustimmen kann . Die im Regie- rungsentwurf angelegte Reform und teilweise Been- digung der Auftragsverwaltung für die Autobahnen ist sinnvoll . Die bundeseigene Verwaltung verspricht zügi- gere Baumaßnahmen und einen effizienteren Mittelein- satz . Der Bund ist künftig durch die zentrale Steuerung weniger abhängig von der Kooperationsbereitschaft und der Leistungsfähigkeit von Landesstraßenbauverwaltun- gen, um seine Prioritätensetzungen bei den Verkehrsin- vestitionen umzusetzen . Ferner wird der Lebenszyklus einer Bundesautobahn in den Fokus gerückt . Entscheidend sind aber die Verbesserungen, die wir im parlamentarischen Verfahren erreicht haben . Erstens . Eine Privatisierung der Autobahnen und Bundesstraßen findet nicht statt; mit dem Gesetz errichten wir Schran- ken, wo es vorher keine gab, auch im Grundgesetz . Zweitens . Wir haben die berechtigten Interessen der Be- schäftigten geschützt und schaffen eine leistungsfähige Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24201 (A) (C) (B) (D) neue Organisation, die ein attraktiver Arbeitgeber wird . Drittens. Der Einfluss des demokratisch gewählten Parla- ments auf die Verkehrsinvestitionen bleibt gewahrt . Thorsten Frei (CDU/CSU): Die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ist ein elementar wich- tiges Vorhaben der laufenden Wahlperiode . Dabei ist es richtig und wichtig, das Gesetzgebungsverfahren noch in dieser Wahlperiode abzuschließen, damit alle Beteiligten mit ausreichendem Vorlauf Planungssicherheit haben . Das großzügige finanzielle Engagement des Bundes ist für viele Kommunen eine große Hilfe, auch wenn Misch- zuständigkeiten und Mischfinanzierungen zu keiner Klä- rung von Verantwortung führen, oft als „goldener Zügel“ wirken und die grundgesetzlich garantierte kommunale Selbstverwaltung eher einschränken . Auch wenn ich den Entwürfen insgesamt zustimmen werde, möchte ich Folgendes anmerken: Die Einfügung des Artikel 104c GG setzt ein schwie- riges Signal und falsche Anreize . Statt Bundeshilfen für finanzschwache Kommunen im Grundgesetz zu normie- ren, sollten die finanziell zuständigen Länder alles da- ransetzen, die Finanzschwäche von Kommunen zu be- heben . Das eigentliche Ziel müsste es sein, dass es keine finanzschwachen Kommunen gibt. Stattdessen werden finanzschwache Kommunen jetzt sogar in der Verfassung verankert . Ziel der Föderalismusreform 2006 ist gewesen, klare Strukturen und Verantwortlichkeiten in der Aufgaben- wahrnehmung durch Bund und Länder zu schaffen. Die- ses Ziel war richtig und ist weiterhin richtig . Mit Arti- kel 104c GG wird dieses Ziel ein Stück aus den Augen verloren . Am Grundsatz, dass für eine aufgabenange- messene auskömmliche Finanzausstattung der Kommu- nen die jeweiligen Bundesländer verantwortlich und zu- ständig sind, ist festzuhalten . Dies gilt nicht nur für den Bereich der Bildungsinfrastruktur, sondern insgesamt für alle von den Kommunen auszuführenden Aufgaben . Aus dieser Sicht besteht durch die Einfügung des Arti- kel 104c GG die Gefahr, dass ein dauerhafter Fehlanreiz gesetzt wird, dass Länder künftig Kommunen bei Inves- titionsbedarf an den Bund verweisen und somit aus der Erweiterung der Mitfinanzierungsmöglichkeit eine Mitfi- nanzierungszuständigkeit wird . Wir werden dies kritisch beobachten . Gut ist auch, dass der Bundesrechnungshof im Rahmen von Mischfinanzierungen künftig stärkere Prüfungsrechte hat . Wir müssen in Zukunft auch aufpassen, dass aus dem ersten Schritt des Artikel 104c GG mit der Mitfinanzie- rungsmöglichkeit für den Bund in der Bildungsinfrastruk- tur finanzschwacher Kommunen keine Allgemeinzustän- digkeit des Bundes für alle Probleme vor Ort wird . Das Argument, die Menschen würden es nicht verstehen, dass der Bund nicht für marode Schulen zuständig sei, ließe sich genauso auf marode Straßen und Brücken, andere öffentliche Einrichtungen oder geschlossene Schwimm- bäder ausdehnen . Der Bund wird aber nicht in der Lage sein, alle Missstände vor Ort zu lösen – erst recht nicht, wenn Länder die Hilfen des Bundes unterlaufen und den Kommunen immer größere Lasten aufbürden, um den eigenen Landeshaushalt zu schonen . Die SPD-Landesre- gierungen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben vorgemacht, wie dieses schlechte Spiel zulasten der Kommunen funktioniert . Mit dem neuen Artikel 104c GG ist auch die Aufsto- ckung des Kommunalinvestitionsförderprogramms von 3,5 Milliarden Euro auf 7 Milliarden Euro verbunden . Das ist immerhin einmal mehr ein Zeichen, dass wir als CDU/CSU-geführte Regierung bereit sind, den Kommu- nen zu helfen – wie wir dies in dieser Wahlperiode bereits vielfältig getan haben . Bei aller strukturellen Kritik ergeben sich aus kommu- naler Sicht aber auch Chancen aus der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen: Die stärkere Berück- sichtigung der kommunalen Finanzkraft bei der Zutei- lung der Finanzmittel auf die Länder in Artikel 107 GG ist ein wichtiger Schritt zur Behebung struktureller kom- munaler Finanzschwäche . Dabei ist zwingend darauf zu achten, dass höhere Zuweisungen an die Länder tatsäch- lich dazu genutzt werden, die Steuerkraftunterschiede auf Gemeindeebene auszugleichen . Keinesfalls darf aus Artikel 107 GG ein Anreiz entstehen, die Steuerkraft der Kommunen zu senken, um höhere Beträge aus der Verteilung der Finanzmittel auf die Länder zu erhalten, um diese Finanzmittel dann im Landeshaushalt zu ver- buchen . Wichtig ist, dass die vom Bund für die Kommunen be- reitgestellten Finanzmittel von den Ländern an die Kom- munen weitergeleitet werden und dann auch ungekürzt und zusätzlich vor Ort ankommen. Kommunalfinanzen sind kein Beitrag zur Konsolidierung von Landeshaus- halten . Eine gekürzte Weiterleitung der Bundesmittel oder eine Verrechnung im Zuge des kommunalen Finanz- ausgleichs sind ebenso inakzeptabel wie der Ersatz von Landesmitteln durch Bundeshilfen beispielsweise bei Investitionszuschüssen . Die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel müssen seitens der Länder ungekürzt und zusätzlich den Kommunen zur Verfügung gestellt werden, um – in Umsetzung der Bundesintention – deren Finanzkraft zu stärken . Auch eine Verrechnung im Rah- men des kommunalen Finanzausgleichs ist unzulässig und mit der Absicht, die kommunale Selbstverwaltung zu stärken, unvereinbar . Entsprechende Regelungen in Fi- nanzausgleichsgesetzen der Länder sind zu korrigieren . Auch der in der Änderung des Kommunalinvestitions- förderungsgesetzes fortgeschriebene Verteilungsschlüs- sel zur Zuteilung der zur Stärkung der kommunalen In- vestitionskraft vorgesehenen 3,5 Milliarden Euro auf die Länder ist alles andere als unumstritten . Eine Einbezie- hung der kommunalen Kassenkredite in den Verteilungs- schlüssel greift in der vorgenommenen Form für eine dauerhafte Lösung zu kurz und setzt falsche Anreize . Es ist Aufgabe der Länder, für eine ausreichende Finanzaus- stattung der Kommunen zu sorgen und deren Liquidität zu sichern, sodass die Aufnahme von Kassenkrediten und ein Ausweichen auf Anleihen und Wertpapierverschul- dung erst gar nicht erforderlich werden . Haushalterische Disziplin darf nicht bestraft werden – ebenso wenig An- sätze der Länder, ihre Kommunen zu entschulden und vor struktureller Finanzschwäche zu bewahren . Es wäre schön gewesen, einen besseren Verteilungsschlüssel zu Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724202 (A) (C) (B) (D) finden; letztlich ist dies angesichts der vielschichtigen Interessenslage dieses Mal aber nicht gelungen . Zur Verantwortung und Zuständigkeit der Länder für eine aufgabenangemessene Finanzausstattung der Kommunen gehört auch, Mehrbelastungen aus Aufga- benübertragungen im Rahmen der Konnexität auszu- gleichen . Dies gilt insbesondere für die Mehrbelastung aus der Umsetzung des Unterhaltsvorschussgesetzes . Wenn die Länder im Bundesrat einer Regelung zustim- men, die zu Mehrausgaben bei den Kommunen führen, können sie anschließend nicht auf den Bund verweisen, sondern müssen diese Mehrausgaben selber ausgleichen . Der Bund hat seinen Beitrag durch eine Erhöhung des Bundesanteils an den Leistungsausgaben des Unterhalts- vorschussgesetzes auf 40 Prozent geleistet . Dies allein wird jedoch nicht reichen, die Ausgabensteigerungen bei den Kommunen, bei denen zu den reinen Auszahlungen noch Kosten für Personal und Sachmittel hinzukommen, auszugleichen . Hier sind die Länder gefordert, die Betei- ligung der Kommunen an den vom Land zu tragenden 60 Prozent so zu gestalten, dass es nicht zu kommunalen Ausgabensteigerungen kommt . Das gilt insbesondere für Nordrhein-Westfalen mit der mit 80 Prozent höchsten Beteiligungsquote der Kommunen am Unterhaltsvor- schussgesetz . Im Rahmen der Neuordnung der Bund-Länder-Fi- nanzbeziehungen werden die bislang vom Bund bereit- gestellten Entflechtungsmittel – ehemals unter anderem GVFG, sozialer Wohnungsbau – ab dem Jahr 2020 nicht mehr als eigenes Bundesprogramm, sondern über einen höheren Umsatzsteueranteil der Länder bereitgestellt . Das bedeutet, dass nicht nur die investive Zweckbindung entfällt, sondern dass die Gefahr droht, dass diese Mittel auch im allgemeinen Haushaltsaufkommen der Länder zunächst untergehen . Die Länder müssen die bislang in den Entflechtungsmitteln enthaltenen Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden künftig den Kommunen über entsprechende Landesprogramme zur Verfügung stellen. Die Auflösung der Entflechtungsmittel zugunsten eines höheren Län- deranteils an der Umsatzsteuer darf auf keinen Fall dazu führen, dass die bislang bereitstehenden Mittel künftig nicht mehr zur Verfügung stehen und in Landeshaushal- ten versickern . Josef Göppel (CDU/CSU): Das Abstimmungspaket widerspricht in zwei zentralen Punkten den ordnungspo- litischen Grundvorstellungen der Unionsparteien . Erstens . Subsidiarität und Finanzbeziehungen: Wenn einzelne Länder ihre Aufgaben nicht mehr bewältigen können und ein horizontaler Finanzausgleich nicht mehr gewollt wird, wäre die nächste Stufe der Subsidiarität eine Länderreform zur Herstellung annähernd gleich starker Einheiten. Der Durchgriff des Bundes auf die Kommunen mit dem goldenen Zügel ist für die Länder ein vergiftetes Geschenk . Es ist der Weg in den Zentral- staat . Zweitens . Privatisierung der Autobahnverwaltung: Mit der Errichtung einer Gesellschaft privaten Rechts für die Autobahnverwaltung überträgt der Bund den Wachs- tumszwang des privaten Kapitals auf einen wesentlichen Teil der staatlichen Infrastruktur. Öffentliche Einrichtun- gen sollen auf ein raumordnerisches Optimum hin aus- gebaut werden, doch der fortlaufende Ertragsanspruch privater Gläubiger verlangt unaufhörlich weitere Stra- ßenbauinvestitionen zur Verbreiterung der gewinnbrin- genden Kapitalbasis . Das widerspricht elementar dem Prinzip der Nachhaltigkeit . Gleichzeitig nimmt die demokratische Kontrollierbar- keit durch gewählte Volksvertreter ab . Das ist auch des- wegen von Nachteil, weil unternehmerisches Kalkül im- mer auf die rentierlichsten Investitionen zielt . Vertreter peripherer Räume mit wenig Mauteinnahmen werden es noch schwerer haben, ihre Anliegen durchzusetzen . Mit der Maut bezahlt die Gesamtheit der Bürger letzt- endlich doch die Zinserträge privater Investitionen . Die Schaffung von Anlagemöglichkeiten für privates Kapital in öffentliche Güter ist jedoch kein Gemeinwohlziel. Aus diesen Gründen lehne ich die beantragten Grund- gesetzänderungen und das Gesetz zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems einschließ- lich der Schaffung einer Infrastrukturgesellschaft ab. Ursula Groden-Kranich (CDU/CSU): Dem Gesetz- entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Grund- gesetzes werde ich in der Ausschussfassung zustimmen . Entscheidend ist dabei für mich, dass den finanz- schwachen Städten und Gemeinden – und damit den Bürgern vor Ort – künftig leichter von Bundesseite aus geholfen werden kann . Ich bedauere es, dass diese Grundgesetzänderung nötig geworden ist . Jedoch muss ich feststellen, dass einige Bundesländer in der Vergan- genheit ihrer Verantwortung, für eine auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen zu sorgen, nicht in erforderlichem Umfang nachgekommen sind . Der Bund springt nunmehr hier ein und stellt den Ländern ab 2020 jährlich mindestens 9,5 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung . Meine Zustimmung zu diesem Gesetz ver- binde ich mit der Aufforderung an die Landesregierun- gen, explizit den Kommunen zugewiesene Bundesmittel diesen auch ungekürzt zukommen zu lassen . Mit der Errichtung einer Infrastrukturgesellschaft des Bundes leiten wir heute zudem einen Paradigmenwech- sel in der Verwaltung der bundeseigenen Straßen ein . Durch die Gesetzesänderung alleine wird jedoch noch keine einzige Straße in Rheinland-Pfalz schneller ge- baut oder die Schiersteiner Brücke zügiger saniert . Hier kommt es nach wie vor auch auf den politischen Willen der jeweiligen Landesregierung an . Insbesondere an die- ser Stelle hätte ich mir klarere Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten gewünscht . Nach intensiven Beratungen stellen wir die Finanzbe- ziehungen zwischen Bund und Ländern heute auf eine neue Grundlage und schließen damit eines der wichtigs- ten Reformvorhaben dieser Koalition ab . Im Vordergrund dieser Reform steht für mich die gesamtstaatliche Ent- scheidungs- und Handlungsfähigkeit . Daher stimme ich dem Gesetzentwurf zu . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24203 (A) (C) (B) (D) Gabriele Groneberg (SPD): Dieser Bundestag hat für die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur in den letzten Jahren deutlich mehr Mittel zur Verfügung ge- stellt, auch um den Investitionsstau bei unseren Straßen zu beenden . Organisatorische Mängel verhindern häufig, dass das zur Verfügung stehende Geld für den Bau von Bundes- fernstraßen zielgenau und an verkehrlichen Maßstäben orientiert abfließen kann. Auch bei Planung und Betrieb gibt es vielerorts unbestreitbaren Optimierungsbedarf . Das ist auf nahezu allen politischen Ebenen erkannt und benannt worden . Eine Reform dieser Strukturen ist des- halb dringend geboten . Neben einer Reform der Auftragsverwaltung war hier- zu schon länger die Gründung einer Bundesfernstraßen- gesellschaft im Gespräch, die Planung, Bau und Betrieb in die Hände des Bundes legt . Da der Bund am besten in der Lage ist, seine eigenen Prioritäten umzusetzen und ich das angesichts des Nachholbedarfs in der Verkehrsin- frastruktur für notwendig erachte, halte ich eine Reform grundsätzlich für notwendig . Ein entsprechendes Kon- zept, wie es die Arbeitsgruppen Verkehr, Wirtschaft und Haushalt der SPD-Bundestagsfraktion vorgelegt haben, fand und findet meine Unterstützung. Der von der Bundesregierung ursprünglich vorgelegte Entwurf hat den verkehrspolitischen Anforderungen je- doch zum einen nicht ausreichend Rechnung getragen, zum anderen gravierende Mängel hinsichtlich Privatisie- rung, Struktur, Beteiligung der Politik und Mitarbeiter- rechten aufgewiesen . Er war daher nicht zustimmungsfä- hig . Deshalb haben die Mitglieder der SPD-Fraktion bei den Beratungen im Bundestag aus meiner Sicht wichtige wesentliche Änderungen durchgesetzt . Der häufigste Vorwurf gegen den vorliegenden Vor- schlag zur Bundesfernstraßengesellschaft ist der, er ermögliche Privatisierungen durch die Hintertür . Fest- gemacht wird dies an der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung . Es gibt aber genug Praxisbei- spiele – zum Beispiel die Verkehrsinfrastrukturfinanzie- rungsgesellschaft (VIFG) oder die Gesellschaft für Inter- nationale Zusammenarbeit (GIZ) –, die beweisen, dass eine GmbH in öffentlichem Besitz nicht gewinnorientiert sein muss . Hierfür galt es die notwendigen Schranken dauerhaft zu setzen . Der Einfluss von öffentlich-privaten Partnerschaf- ten (ÖPP) wird mit der vorliegenden Reform weiter beschränkt . ÖPP für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentlicher Teile davon umfassen, sind ausgeschlossen . Es werden Möglichkeiten zur Einbeziehung privater Betreiber und institutioneller Investoren ausgeschlossen, die bislang noch bestehen . Hier ist der Gesetzentwurf ein echter Fortschritt . Bereits vor dieser Reform hat die Koalition im aktu- ellen Bundesverkehrswegeplan den Anreiz für ÖPP ge- mindert, da Gelder nicht mehr nach Ländern, sondern nach Prioritäten vergeben werden . Auch durch die neu eingeführten, realistischeren Wirtschaftlichkeitsberech- nungen werden ÖPP reduziert, ebenso wie das in der neuen Gesellschaft eingeführte Planungsprinzip nach der Lebenszeit . Wichtig für mich ist auch, dass mit der vorliegen- den Reform das wirtschaftliche Eigentum der Bundes- fernstraßen unveräußerlich beim Bund bleibt . Die neue Gesellschaft ist lediglich für die Verwaltung zuständig . Auch die Übertragung von Nießbrauchrechten – also die gewinnbringende Nutzung durch die Gesellschaft – ist ausgeschlossen . Die Gesellschaft wird nicht als Maut- gläubigerin auftreten . Eine funktionale Privatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesell- schaft auf Dritte ist ebenfalls nicht möglich . In enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften haben wir zudem die Rechte der Beschäftigten beim ge- planten Personalübergang von den Straßenbauverwaltun- gen der Länder auf den Bund festgeschrieben . So gibt es zum Beispiel ein Widerspruchsrecht gegen den Über- gang, und die besondere Situation des beamteten Perso- nals wird berücksichtigt . Bedenken habe ich allerdings, ob ein Wechsel des Systems ohne größere Friktionen möglich ist und ob in absehbarer Zeit die gewünschte größere Effizienz und Effektivität tatsächlich erreicht werden kann. Vielmehr sind durch die Umstellung deutliche Verzögerungen und Effizienzverluste möglich. Dem Deutschen Bundestag – namentlich dem Haus- halts- und dem Verkehrsausschuss – werden durch die Reform neue Kontrollmöglichkeiten eingeräumt, die dieser auch im Sinne des Interesses der Bürgerinnen und Bürger nutzen kann . Dies ist in einer Hinsicht selbstver- ständlich positiv; dennoch können durch einfachgesetz- liche Änderungen unsere heutigen Intentionen konterka- riert werden . Die umfassende Reform der Bund-Länder-Beziehun- gen ist ein wichtiger Schritt zu einer nachhaltigen Fi- nanzierung der Länder . Durch die Übernahme weiterer finanzieller Verpflichtungen durch den Bund sehe ich allerdings dessen Handlungsspielräume für die Zukunft drastisch eingeschränkt, vor allem wenn sich die Finanz- lage sehr verschlechtert . Die Einschränkung des Kooperationsverbots betrach- te ich als positiven Beginn einer neuen Zusammenarbeit . Hierbei sehe ich es als unzureichend an, dass dies nur für Kommunen in besonderen Haushaltslagen gelten wird . Das Investitionsprogramm für Kommunen, vor allem die neue Regelung des Unterhaltsvorschusses für Allein- erziehende, sind für mich persönlich positive Aspekte dieses Paketes – wichtige Zukunftsprojekte, welche das Leben vieler Menschen spürbar verbessern werden . Dennoch stimme ich dem Gesetzespaket, vor allem wegen der Mängel bei der geplanten Infrastrukturgesell- schaft Verkehr, nicht zu . Michael Groß (SPD): Heute hat der Deutsche Bun- destag den neuen Bund-Länder-Finanzausgleich be- schlossen, der auch die Regelungen zur Errichtung einer Infrastrukturgesellschaft enthält. Nach reiflicher Ab- wägung habe ich mich dazu entschieden, gegen dieses Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724204 (A) (C) (B) (D) Paket zu stimmen . Dieses Gesetzespaket enthält umfas- sende Änderungen des Grundgesetzes sowie einfachge- setzliche Änderungen . Es geht zurück auf eine Einigung zwischen der Bundesregierung und den Ländern vom Dezember 2016 als Ersatz für das Auslaufen der Rege- lungen zum Bund-Länder-Finanzausgleich 2019 . Der Grund für mich, dem Gesetzpaket meine Zustim- mung zu verweigern, ist die darin enthaltene Einführung einer Infrastrukturgesellschaft zur Sicherstellung der Fi- nanzierung und Effizienz bei Bau und Verwaltung der Bundesautobahnen. Die Schaffung einer Gesellschaft privaten Rechts widerspricht meinem Grundsatz, dass die Bereitstellung öffentlicher Güter, wie der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur, in die öffentliche Hand gehört. Ei- ner Infrastrukturgesellschaft könnte ich nur zustimmen, wenn diese die Form einer Gesellschaft öffentlichen Rechts hat . Das ist in dem vorliegenden Kompromiss nicht der Fall . CDU/CSU haben dies vehement abge- lehnt . Meine Fraktionskollegen und -kolleginnen haben lan- ge und hart verhandelt, um möglichst viele Privatisie- rungsschranken einzubauen . So wurden auch Änderun- gen bereits im Grundgesetz hineinverhandelt, dass die mittelbare und unmittelbare Beteiligung Dritter an der Infrastrukturgesellschaft und deren Tochtergesellschaf- ten ausgeschlossen wird . Außerdem ist ausgeschlossen, dass sich Private im Rahmen von öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) für Streckennetze, die das gesam- te Bundesautobahnnetz oder wesentliche Teile davon betreffen, beteiligen. Wenn man bedenkt, dass insbe- sondere Bundesverkehrsminister Dobrindt ursprünglich bis zu 49 Prozent der Gesellschaft an private Investoren veräußern wollte, ist das ein erstaunliches Verhandlungs- ergebnis . Mir persönlich geht das aber nicht weit genug . Denn das bedeutet auch, dass auf der anderen Seite die Mög- lichkeit besteht, ÖPP in höherem Maße durchzuführen . Zudem ist der Begriff „wesentliche Teile“ zu unkonkret, als dass damit ein wirklicher Ausschluss von Privatisie- rung garantiert ist . Darüber hinaus wird erstmals gera- dezu dazu aufgerufen, dass die Sanierung und der Bau von Schulen durch ÖPP-Vorhaben umgesetzt werden . Diesem widerspreche ich mit aller Entschiedenheit . Die Bereitstellung von Bildungsinfrastruktur ist elementare Aufgabe des Staates . Des Weiteren ist ein möglicher Wechsel der Rechts- form, zum Beispiel der GmbH in eine AG, lediglich ein- fachgesetzlich geregelt . Das heißt, eine andere Bundes- regierung kann diese Umwandlung ohne eine Änderung des Grundgesetzes mit einfacher Mehrheit vollziehen . Gleiches gilt für die Kreditfähigkeit der Gesellschaft . Es ist zwar nicht erlaubt, dass diese selbst Kredite auf- nimmt, aber dieser Punkt ist ebenfalls nur einfachgesetz- lich geregelt . Auch der vorgesehene Parlamentsvorbehalt ist lediglich einfachgesetzlich geregelt und kann durch eine andere politische Mehrheit jederzeit verändert wer- den . Auch die Übernahme des Angestellten ist nur ein- fachgesetzlich abgesichert . Auch hier besteht die Gefahr, dass eine andere politische Mehrheit den Abbau von bis- lang gesicherten Arbeitsplätzen mit Tariflöhnen und gu- ter Mitbestimmung organisiert . Für mich ist klar: Die Union wollte von Anfang an eine echte Privatisierung der Autobahnen und wird das auch weiterhin vorantreiben . Der vorliegende Kompro- miss schließt dies nicht vollumfänglich aus, und daher habe ich ihm nicht zugestimmt . Den weiteren Regelun- gen, die sich beispielsweise auf die Neuordnung des neuen Finanzausgleichs oder das Aufheben des Koope- rationsverbotes im Bildungsbereich beziehen, werde ich zustimmen . Sebastian Hartmann (SPD): Der Deutsche Bundes- tag stimmt heute über die Neuregelung des bundesstaatli- chen Finanzausgleichssystems ab . Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Erstens . Der Bundestag entscheidet über ein Rege- lungspaket, das im Vorfeld bereits zwischen allen Mi- nisterpräsidenten und der Bundesregierung abgestimmt worden ist . Da die Länder in den Finanzbeziehungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zugestanden, ein Stück ihrer Kompe- tenz im Bildungsbereich wieder an den Bund zu geben und in diesem Zusammenhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bundesstraßen bzw . Autobahnen dem Bund zu übertragen . Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Bundesregierung halte ich für äußerst kritikwürdig . Die Beratungen des Bundestages wurden deutlich dadurch erschwert, dass die Minister- präsidenten gemeinsam mit der Bundesregierung ein Ge- samtpaket völlig unterschiedlicher Regelungsbereiche verabschiedeten, die im Parlament faktisch nicht mehr entkoppelt werden können . Der Argumentation, man könne sich dem heute zu entscheidenden „Gesamtpa- ket“ an Verfassungsänderungen nicht verschließen, da es auch sehr viele gute Punkte enthalte, entziehe ich mich nicht, sondern nehme sie zum Ausgangspunkt meiner Überlegungen und Argumentation . Deswegen stimme ich ausdrücklich beispielsweise den Veränderungen im Bereich der Verbesserungen in der Bildungskooperati- on sowie zum Unterhaltsvorschuss zu . Dennoch bleibt das gewählte Verfahren selbst problematisch, eine so umfangreiche Verfassungsänderung den Abgeordneten nur im Gesamtpaket vorzulegen . Es widerspricht mei- nem Verständnis parlamentarischer Arbeit hinsichtlich so weitreichender Veränderungen der bundesstaatlichen (Finanz-)beziehungen bis hin zu fachpolitischen Einzel- fragen und ihrer Regelung in der Verfassung . Aber ich bin eben nicht der Auffassung, dass es „keine Alternati- ve“ gebe . Auch andere Verfassungsänderungen wurden schlussendlich noch einmal geöffnet oder „Paketlösun- gen“ vermieden . Für zukünftige Verfassungsänderungen böte sich daher erst recht an, diese in Teilabschnitten abzustimmen beziehungsweise auch in solchen Blöcken vorzubereiten . Es böte sich ebenso an, die Zeit einer ge- samten Legislaturperiode für die Zusammenarbeit zwi- schen den Delegierten der Länder(parlamente) und des Bundestages in anderen Strukturen zu nutzen, um dies vorzuberaten und Fragen des bundesstaatlichen Zusam- menwirkens zu debattieren . Es kann ja nicht sein, dass nur der Zusammenschluss zweier sehr großer Fraktionen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24205 (A) (C) (B) (D) aufgrund ihrer Mehrheit wie in dieser Legislaturperiode überhaupt eine Verfassungsänderung ermöglicht . Dem stehen schon mutmaßlich andere Mehrheitsverhältnissen in den Landtagen und damit im Bundesrat argumenta- tiv entgegen . Im Gegenteil ist dies doch dem Gedanken der Verfassung selbst geschuldet und der notwendigen breiten verfassungsändernden Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat . Dort muss es letztendlich zum Zusam- menwirken vieler politischer Fraktionen in Ländern und im Bund kommen – nicht getrennt in Opposition und re- gierungstragende Mehrheiten, sondern entlang der Sache der verfassungsrechtlich zu regelnden Fragen . Zweitens . Jenseits der Würdigungen des Verfahrens der Verfassungsänderung sind die Veränderungen her- auszustellen, die nun zur Abstimmung stehen . Aus SPD- Sicht war in dem Regelungspaket von Anfang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses zu begrüßen . Für fast eine Million alleinerziehende Eltern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstäti- ge Alleinerziehende, bei denen das unterhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staatliche Unterstützung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung von ma- ximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird dazu führen, dass die Doppelbelastung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigt werden kann . Drittens . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bildungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen bereitzustellen. Eine vollständige Abschaffung des Ko- operationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wich- tiges Ziel sozialdemokratischer Politik . Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe . Dies ist aber zwischen den Koalitionspartnern umstritten . Viertens . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflichtet, unter anderem die Verwaltung der Bundesautobahnen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten in hundert- prozentigem Bundeseigentum bedienen kann . Allerdings befürchteten viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Zusammenhang, dass private Investoren über eine Be- teiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könnten . Die Verlautbarungen aus Bundesfinanzministerium und Bundesverkehrsministerium verstärkten diesen Verdacht . Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bundesrechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf . Die Gewerkschaft Verdi problematisierte insbesonde- re Fragen beim Personalübergang . Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfas- sungstextes vor, der eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Gesellschaft und deren Toch- tergesellschaften ausdrücklich ausschließt . Es ist gelun- gen, dass alle wechselbereiten Beschäftigten der Stra- ßenbauverwaltungen der Länder vom Bund übernommen und grundsätzlich dort eingesetzt werden, wo sie bisher arbeiten. Ich empfinde es als Bestätigung dieser Position, dass auch die Gewerkschaft Verdi sowie der Bundesrech- nungshof die Erfolge des parlamentarischen Verfahrens ausdrücklich anerkennen . Darüber hinaus werden in der Debatte sogenannte öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) problematisiert . Die Partnerschaften gibt es be- reits – sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungspaket ermöglicht . ÖPP für ganze Streckennet- ze oder wesentliche Teile werden in der Verfassung ex- plizit ausgeschlossen . Die SPD-Bundestagsfraktion hätte sich eine noch weitergehende Regelung gewünscht . Dies war jedoch mit der CDU/CSU-Fraktion nicht möglich . Meine Ablehnung der Infrastrukturgesellschaft Ver- kehr fußt auf drei Kernpunkten: Erstens halte ich die nun verabredete und gefundene Struktur für nicht effi- zient und leistungsfähig . So wurde die Übergangsphase entgegen dem Rat des Bundesrechnungshofes und von Experten um ein weiteres Jahr verkürzt . Damit droht ein lähmender und nicht die Funktionsfähigkeiten erhalten- der Übergangsprozess . Der zweite Punkt ist in der man- gelnden Absicherung der späteren Finanzierungsstruktur zu sehen. Zwar wird die Möglichkeit der Beschaffungs- variante ÖPP deutlich eingeschränkt und auch erstmalig im Verfassungsrang geklärt . Dennoch ist keine Staatsga- rantie für die Gesellschaft in die Verfassung aufgenom- men worden und das Kreditaufnahmeverbot nur einfach- gesetzlich geregelt . Ein späterer Gesetzgeber kann dies verändern . Man mag argumentieren, dass ein Gesetzge- ber alle einfachen Bundesgesetze ändern kann . In diesem konkreten Fall wird aber durch eine Verfassungsände- rung der Auftragsverwaltung eine neue Möglichkeit er- öffnet. Ohne eine Staatsgarantie sind jedoch Kredite der Gesellschaft teurer als die reine staatliche Finanzierung durch den Bundeshaushalt . Das dritte Argument fasst die beiden Problemkreise zusammen . In Kombination mit einer nicht leistungsfähigen Gesellschaft und einer nicht ausreichenden Kreditabsicherung droht nach dem möglichen Willen eines späteren Gesetzgebers eine zu teure Beschaffung der Infrastruktur. Die verkehrspo- litischen Bedenken bezüglich zukünftig zugeordneter Netzstrukturen – aus Bundesautobahnen und willkürlich gewählten Bundesstraßen – bis hin zu einer begrenzten Zahl regionaler Strukturen mit Tochtergesellschaften – die in dieser Form nicht sinnvoll sind – bedrohen auch die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft . Umgekehrt wird dadurch die Beschaffungsvariante in Form öffentlich-pri- vater Partnerschaften leider attraktiver . Denn in der Bun- desrepublik sind Einzel-ÖPP-Projekte nach wie vor als Hauptkonkurrenz zu konventionellen Beschaffungen des Staates zu betrachten – auch wenn sie zu teuer sind . Zusammengefasst ist festzuhalten: Im Gesetzgebungs- verfahren wurden wesentliche Verbesserungen erreicht und im aktuellen Entwurf Privatisierungsmöglichkeiten so weit wie nie zuvor ausgeschlossen . Gleichwohl über- zeugt mich die Gesamtkonstruktion nicht . Eine geteilte Aufgabenverantwortung zwischen Bund und Ländern für die öffentliche Infrastruktur wäre nach Vorschlägen der Bodewig-II-Kommission jedenfalls in anderer Form möglich gewesen . Es ist mir wichtig, abschließend deutlich herauszustel- len, dass die öffentlich geführte Debatte um eine angeb- liche „Privatisierung durch die Hintertür“ am Kern der Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724206 (A) (C) (B) (D) Fragestellung vorbeigeht . Diese Kampagne kann für die Entscheidungsfindung nicht ausschlaggebend sein. In der Abwägung aller vorgenannten Argumente ha- ben mich konkrete Verhandlungsergebnisse, aber vor al- lem das verbundene Verfahren zur Grundgesetzänderung dieses Umfangs zweifeln lassen . Die Sorge um die ge- wählte Konstruktion und die leistungsfähige Infrastruk- turgesellschaft waren der Schlusspunkt meiner Entschei- dung . Gustav Herzog (SPD): Nach zweijährigen Verhand- lungen hat sich die Bundeskanzlerin am 14 .10 .2016 mit den 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder auf ein „Reformpaket“ geeinigt . An diesen Beratungen war der Deutsche Bundestag nicht beteiligt . Das Gesetzespaket beinhaltet neben der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen auch die finanzielle Unter- stützung für finanzschwache Kommunen, die Auswei- tung des Unterhaltsvorschusses für Alleinerziehende und die Übertragung der Bundesautobahnen von der Auf- tragsverwaltung der Länder auf den Bund . Die Führungsspitzen der Koalitionsfraktionen haben sich der Vorgabe der „16+1-Runde“ angeschlossen, das Reformprojekt nur als Paket abzustimmen . Bis auf die Umstrukturierung der Autobahnverwal- tung finden die Gesetzesänderungen meine volle Unter- stützung: Erstens. Wir sichern die finanzielle Handlungsfähig- keit von Ländern und Kommunen nach Auslaufen des Solidarpakts . Zweitens . Wir brechen das Kooperationsverbot auf und versetzen den Bund in die Lage, 3,5 Milliarden Euro in Bildungsinfrastruktur von finanzschwachen Kommu- nen zu investieren . Drittens . Wir weiten den Unterhaltsvorschuss aus und unterstützen damit berufstätige Alleinerziehende und ihre Kinder . Die Neuorganisation von Planung, Bau, Unterhal- tung und Betrieb der Bundesautobahnen ist nach meiner persönlichen Auffassung aber der falsche Weg, um die bestehenden Infrastrukturprobleme zu beheben und den dringend notwendigen Investitionshochlauf voranzubrin- gen . Ich befürchte, dass die Jahre der Neuorganisation für einen Stillstand statt für einen Mobilitätsschub sorgen werden . Seit vielen Jahren engagiere ich mich in meiner parla- mentarischen Arbeit für mehr Effizienz in der Verkehrs- politik und kann deshalb der geplanten Bundesverwal- tung und damit dem Gesamtpaket nicht zustimmen . An dieser Stelle möchte ich mich aber ausdrücklich bei meinen Kolleginnen und Kollegen bedanken, die im parlamentarischen Verfahren erhebliche Verbesserungen des Gesetzentwurfs erarbeiten konnten . Erstens . Eine Privatisierung der Autobahnen und Bun- desstraßen findet nicht statt; mit dem Gesetz errichten wir Schranken, wo es vorher keine gab, auch im Grund- gesetz . Zweitens . Wir haben die berechtigten Interessen der Beschäftigten geschützt . Drittens. Der Einfluss des demokratisch gewählten Parlaments auf die Verkehrsinvestitionen bleibt gewahrt und wird meines Erachtens gegenüber heute sogar ver- bessert . Gabriele Hiller-Ohm (SPD): Der Deutsche Bundes- tag stimmt heute über die Neuregelung des bundesstaatli- chen Finanzausgleichssystems ab . Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Erstens . Zunächst ist zu beachten, dass der Bundes- tag über ein Regelungspaket zu entscheiden hat, das im Vorfeld bereits zwischen allen Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten und der Bundesregierung abge- stimmt worden ist . Da die Länder in den Finanzbezie- hungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zugestanden, ein Stück ihrer Kompetenz im Bildungsbereich wieder an den Bund zu geben und in diesem Zusammenhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bundesstraßen bzw . Autobahnen dem Bund zu übertragen . Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Bundesregierung halte ich für äußerst kritikwürdig . Die Beratungen des Bundestages wurden deutlich dadurch erschwert, dass die Ministerprä- sidentinnen und Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Bundesregierung ein Gesamtpaket völlig unterschied- licher Regelungsbereiche verabschiedeten, die im Par- lament faktisch nicht mehr entkoppelt werden können . Umso beachtlicher sind die Veränderungen, die nun zur Abstimmung stehen. Unabhängig davon hoffe ich aber, dass alle Parteien aus dieser Situation zukünftig lernen . Zweitens . Aus SPD-Sicht war in dem Regelungspaket von Anfang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschus- ses zu begrüßen . Für fast 1 Million alleinerziehende El- tern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen der un- terhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staat- liche Unterstützung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird dazu führen, dass die Doppelbelastung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigt werden kann . Drittens . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bil- dungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen be- reitzustellen . Das Geld geht vom Bund über die Länder an die Kommunen, die dann vor Ort entscheiden, wie es investiert wird. Eine vollständige Abschaffung des Ko- operationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wich- tiges Ziel sozialdemokratischer Politik . Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe . Leider sträuben sich CDU und CSU vehement dagegen . Viertens . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24207 (A) (C) (B) (D) die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflich- tet, unter anderem die Verwaltung der Bundesautobah- nen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne . Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigentum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist . Allerdings befürchte- ten viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Zusammen- hang, dass private Investoren über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könnten . Die Verlautba- rungen aus Bundesfinanzministerium und Bundesver- kehrsministerium verstärkten diesen Verdacht . Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bundes- rechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf . Die Ge- werkschaft Verdi problematisierte insbesondere Fragen beim Personalübergang . Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfassungstextes vor, der eine unmit- telbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Ge- sellschaft und deren Tochtergesellschaften ausdrücklich ausschließt . Dem Engagement der SPD-Bundestagsfrak- tion ist es zu verdanken, dass somit alle Hintertüren für eine mögliche Privatisierung in der Verfassung selbst ge- schlossen worden sind . Zudem ist es gelungen, dass alle wechselbereiten Beschäftigten der Straßenbauverwal- tungen der Länder vom Bund übernommen und grund- sätzlich dort eingesetzt werden, wo sie bisher arbeiten . Die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft ist verpflichtet, Tarifverträge für alle Beschäftigten abzuschließen . Ich empfinde es als Bestätigung dieser Position, dass auch die Gewerkschaft Verdi sowie der Bundesrechnungshof die Erfolge des parlamentarischen Verfahrens ausdrück- lich anerkennen . Darüber hinaus werden in der Debatte sogenannte öf- fentlich-private Partnerschaften (ÖPP) problematisiert . Diese Partnerschaften gibt es bereits bei Autobahnpro- jekten – sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungspaket ermöglicht . Die SPD-Bundestagsfrak- tion hat sich im parlamentarischen Verfahren dafür ein- gesetzt, dass der Einfluss von ÖPP mit der vorliegenden Reform weiter beschränkt wird: Erstmalig werden in der Verfassung öffentlich-private Partnerschaften für ganze Streckennetze oder wesentliche Teile explizit ausge- schlossen . Damit wird im Grundgesetz selbst ein klares Zeichen gegen die Ausweitung von ÖPP gesetzt . Es wer- den Möglichkeiten zur Einbeziehung privater Betreiber und institutioneller Investoren ausgeschlossen, die bis- lang noch bestehen . Dem Deutschen Bundestag – na- mentlich dem Haushalts- und dem Verkehrsausschuss – werden durch die Reform neue Kontrollmöglichkeiten eingeräumt, die dieser auch im Sinne des Interesses der Bürgerinnen und Bürger nutzen wird . ÖPP sind zudem immer nur dann erlaubt, wenn sie wirtschaftlicher sind als die herkömmliche Beschaffung (Staat bzw . Gesellschaft bauen und betreiben selbst) – was bei einer effizient arbeitenden neuen Gesellschaft seltener der Fall sein wird als in den jetzigen Struktu- ren (weswegen beispielsweise die österreichische Auto- bahngesellschaft ASFINAG kein einziges ÖPP-Projekt macht, obwohl sie könnte) . ÖPP bleibt mit der Neure- gelung auf Einzelprojekte beschränkt, und durch die von uns durchgesetzte Grundgesetzänderung ist es dauerhaft verboten, ein ÖPP-Projekt an das andere zu setzen, bis irgendwann wesentliche Teile des Autobahnnetzes in ei- nem Bundesland als ÖPP betrieben würden . Bereits vor dieser Reform hat die Koalition im aktu- ellen Bundesverkehrswegeplan 2030 den Anreiz für ÖPP gemindert, da Gelder nicht mehr nach Ländern, sondern nach Prioritäten vergeben werden . Auch durch die neu eingeführten, realistischeren Wirtschaftlichkeitsberech- nungen werden ÖPP reduziert, ebenso wie das in der neuen Gesellschaft eingeführte Planungsprinzip nach der Lebenszeit . Gemeinsam mit der SPD-Bundestagsfraktion hätte ich mir dennoch eine weitergehende Eindämmung von ÖPP gewünscht . Demokratie und das Ringen im parlamenta- rischen Verfahren bringen jedoch selten Ergebnisse, die zu 100 Prozent den Forderungen einer einzelnen Fraktion entsprechen . Ein völliger Ausschluss von ÖPP im Grund- gesetz, der einer Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat bedarf, war in der bestehenden Koalition mit CDU und CSU leider nicht realisierbar . Wer künftig ÖPP vollständig verhindern will, muss dafür eintreten, dass der Staat noch mehr Mittel in die Infrastruktur investiert, wie wir es als SPD fordern . Den Gesetzentwürfen stimme ich in der Gesamtab- wägung der Erfolge und Fortschritte, die die SPD damit erreicht hat, zu . Dr. Heribert Hirte (CDU/CSU): Dem Gesetz zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichsys- tems ab dem Jahre 2020 und zur Änderung haushalts- rechtlicher Vorschriften stimme ich zu . Nach eingehender Prüfung überwiegen für mich die politischen Vorteile des Gesetzes gegenüber den wei- terhin bestehenden verfahrenstechnischen, verfassungs- rechtlichen und inhaltlichen Bedenken . 1 . Verfahrenstechnische Bedenken Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf werden massive Änderungen an der gelebten Verfassungswirklichkeit vorgenommen . Insbesondere die (weitere) Abkehr von dem Kooperationsverbot und die faktische Abschaf- fung des horizontalen Länderfinanzausgleichs greifen deutlich in die bisherige Organisation unseres Staates ein . Wie bereits bei den letzten beiden Föderalismusrefor- men der letzten Dekade wäre hier eine frühere Betei- ligung sowohl des Deutschen Bundestages als auch der Länderparlamente aufgrund der hohen Bedeutung der Entscheidung angebracht gewesen . Dies gilt umso mehr, als die zu regelnden Finanzbeziehungen auf un- absehbar lange Zeit festgelegt werden . 2 . Verfassungsrechtliche Bedenken Durch die getroffenen Regeln wird massiv in die föde- rale Struktur der Bundesrepublik Deutschland einge- griffen, die mit den Föderalismuskommissionen I und II auf verlässliche und klare Säulen gestellt wurden . Die klare Trennung zwischen Aufgaben und Verant- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724208 (A) (C) (B) (D) wortlichkeiten von Bund und Ländern wird wieder zu- rückgenommen und in Teilen sogar aufgegeben . So erlaubt Artikel 104b Absatz 2-neu nun dem Bund, Bestimmungen über die Ausgestaltung der jeweiligen Länderprogramme zur Verwendung der Finanzhilfen vorzusehen und greift damit massiv in die Verwal- tungshoheit der Länder ein . Durch die Abschaffung des horizontalen Länderfinanz- ausgleiches zugunsten einer vertikalen Verteilung wer- den die Länder faktisch zu Untereinheiten des Bundes, von dessen Finanzausstattung sie abhängen; Anreize für eine Solidarität unter den Bundesländern gehen damit verloren . Auch die Finanzausstattung von finanzschwachen Kommunen im Bereich der Bildung begegnet massi- ven Bedenken, handelt es sich doch bei Bildung ne- ben der Inneren Sicherheit um die Kernkompetenz der Bundesländer, die ausgehöhlt wird . In gleicher Weise wird mit der Übertragung der Bun- desfernstraßenverwaltung von den Ländern auf den Bund den jeweiligen Ländern eine für jeden Bürger sichtbare Differenzierungsmöglichkeit – und damit auch ein Teil ihrer Staatlichkeit – genommen . Eine verfassungsrechtlich sauberere Ausgestaltung zur Steigerung der Qualität wäre hierbei eine bessere Fi- nanzausstattung der Länder in Form von höheren An- teilen an Bundessteuern bzw . die Übertragung (weite- rer) eigener, auch anpassbarer Steuern gewesen . Ausdrücklich keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen bei der nun auch ausdrücklich möglichen Teilprivatisierung der Autobahnverwaltung . 3 . Inhaltliche Bedenken Durch das (erneute) Vermischen von Landes- und Bun- desaufgaben wird die politische Landschaft sowohl für Bürger als auch für Mandatsträger deutlich komplexer und schwerer zu durchschauen . Unter weiterer Be- rücksichtigung möglicher EU-Förderungen sind nun zum Beispiel im Schulbereich vier Ebenen mit der Finanzierung der Infrastruktur betraut (Kommune/ Landkreis als Schulträger, Land, Bund, Europäische Union) . Nachdem dies jedoch gewollt zu sein scheint, sollte in Zukunft etwaige Kritik an der Aufgaben- und Finanzierungsübernahme durch die Europäische Uni- on wohlbedacht sein . Die Ausstattung finanzschwacher Kommunen mit Bundesmitteln im Bereich der Bildung setzt deutliche Fehlanreize: Zum einen werden Kommunen, die sau- ber wirtschaften, faktisch benachteiligt, da sie gerade nicht von Bundeszuschüssen profitieren können. Zum anderen ist davon auszugehen, dass sich bei einer ver- stetigten Bundesförderung die Kommunen faktisch aus der Schulausstattung zurückziehen und eigentlich dafür vorgesehene Gelder anderweitig verplant wer- den . Die Übertragung der Kompetenz für die Bundesfern- straßenverwaltung auf den Bund wird nicht notwen- digerweise zu einer grundsätzlichen Verbesserung der Planungs- und Unterhaltungssituation führen . Viel- mehr ist – nach dem Beispiel der Bundeswasserstra- ßenverwaltung – zu befürchten, dass sich das Niveau auf einem zwar bundeseinheitlichen, aber für viele Bundesländer deutlich niedrigeren Niveau einpendeln wird; aufgrund höherer Tarife im Bereich des Bundes ist zudem von deutlich höheren Personalkosten auszu- gehen, die letztlich zulasten des Netzes gehen werden . Auch die Möglichkeit, in beschränkten Teilnetzen öf- fentlich-private Partnerschaften zur Finanzierung des Baus und der Unterhaltung einzugehen, überzeugen nicht . Vielmehr hätte man in diesem Bereich einen mutigen Schritt weiter zur völligen Öffnung für pri- vates Investment gehen müssen . Dabei geht es gerade nicht darum, Verdienstchancen für Private zu steigern, sondern die erweiterten Möglichkeiten der Privatwirt- schaft, aber auch deren Haftung in Anspruch zu neh- men . Dagegen sprechen auch nicht bisherige Beispiele für missglückte und überteuerte privat(vor-)finanzierte Projekte. Auch rein öffentlich strukturierte Projekte wie der Berliner Flughafen, die Elbphilharmonie oder Stuttgart 21 können völlig aus dem finanziellen Ru- der laufen. Darum hätte eine vollständige Öffnung für öffentlich-private Partnerschaften mit einer deutlichen Steigerung der Kontrolldichte einhergehen müssen, um sicherzustellen, dass die Leistung eines Privaten billiger und besser als eine staatliche Leistung wäre . Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ist eines der wich- tigsten Reformvorhaben dieser Koalition . Deshalb stim- me ich den damit verbundenen Grundgesetzänderungen auch zu . Allerdings möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass ich einige nicht unerhebliche Bedenken habe – gera- de was die Bundeshilfen für finanzschwache Kommunen durch den neuen Artikel 104c GG angeht . So richtig die Absicht ist, die kommunale Bildungsin- frastruktur zu verbessern, eine faktische teilweise Aufhe- bung des Kooperationsverbots ist aus meiner Sicht nicht der richtige Weg . Die Tatsache, dass für eine angemesse- ne finanzielle Ausstattung der Kommunen das jeweilige Bundesland zuständig ist, könnte somit in der Wahrneh- mung eher noch ab- als zunehmen . Ich habe die Sorge, dass die politischen Zuständigkei- ten verwässert und dadurch unübersichtlicher werden . Künftig werden finanzschwache bzw. schlecht regier- te Bundesländer einfach mit dem Finger auf den Bund zeigen, wenn Kommunen um Mittel für Sanierungen an Schulen bitten – und somit von der eigenen Verantwor- tung ablenken . Ziel der Föderalismusreform im Jahr 2006 war die Entflechtung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen, also die Schaffung klarer Strukturen und Verantwortlichkei- ten in der Aufgabenwahrnehmung . Mit Artikel 104c GG setzen wir ein widersprüchliches Signal – und falsche Anreize . Wir dürfen an dieser Stelle nicht vergessen, dass nicht nur der Bund sondern auch die Länder sowie die Kom- munen in den zurückliegenden Jahren von der hervor- ragenden wirtschaftlichen Lage und von stets steigen- den Steuermehreinnahmen kräftig profitiert haben und Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24209 (A) (C) (B) (D) weiter enorm profitieren. Zudem hat der Bund in dieser sowie bereits in der zurückliegenden Legislaturperio- de die Länder und Kommunen durch eine ganze Reihe von Beschlüssen – etwa die vollständige Übernahme der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbslosigkeit – in nie dagewesener Form finanziell entlastet. Ulrich Kelber (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über die Neuregelung des bundesstaatli- chen Finanzausgleichssystems ab . Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Erstens . Zunächst ist zu beachten, dass der Bundes- tag über ein Regelungspaket zu entscheiden hat, das im Vorfeld bereits zwischen allen Ministerpräsidenten und der Bundesregierung abgestimmt worden ist . Da die Län- der in den Finanzbeziehungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zugestan- den, ein Stück ihrer Kompetenz im Bildungsbereich wie- der an den Bund zu geben und in diesem Zusammenhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bundesstraßen bzw . Autobahnen dem Bund zu übertragen . Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Bundesregierung halte ich für kritikwürdig . Die Beratun- gen des Bundestages wurden deutlich dadurch erschwert, dass die Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Bun- desregierung ein Gesamtpaket völlig unterschiedlicher Regelungsbereiche verabschiedeten, die im Parlament faktisch nicht mehr entkoppelt werden können . Umso beachtlicher sind die durch die SPD erreichten Verände- rungen, die nun zur Abstimmung stehen . Unabhängig da- von hoffe ich aber, dass alle Parteien aus dieser Situation zukünftig lernen . Zweitens . Aus SPD-Sicht war in dem Regelungspaket von Anfang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschus- ses zu begrüßen . Für fast 1 Million alleinerziehende El- tern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen der un- terhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staat- liche Unterstützung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird dazu führen, dass die Doppelbelastung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigt werden kann . Drittens . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, sofort ein erstes Programm in Höhe von 3,5 Milliarden Euro für Bildungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen bereitzustellen. Viertens . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflich- tet, unter anderem die Verwaltung der Bundesautobah- nen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne . Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigentum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist . Allerdings befürchteten viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Zusammenhang, dass private Investoren über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könn- ten. Die ersten Verlautbarungen aus Bundesfinanzminis- terium und Bundesverkehrsministerium verstärkten die- sen Verdacht . Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bundesrechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf . Heute aber liegt nun eine Ergänzung des Verfassungs- textes vor, der eine unmittelbare oder mittelbare Beteili- gung Privater an der Gesellschaft und deren Tochterge- sellschaften ausdrücklich ausschließt . Dem Engagement der SPD-Bundestagsfraktion ist es zu verdanken, dass somit alle Hintertüren für eine mögliche Privatisierung in der Verfassung selbst geschlossen worden sind . Ich empfinde es als Bestätigung dieser Position, dass auch die Gewerkschaft Verdi sowie der Bundesrech- nungshof ihre Bedenken aufgrund dieser Änderungen als ausgeräumt betrachten . Darüber hinaus wurden in der Debatte sogenannte öf- fentlich-private Partnerschaften (ÖPP) problematisiert . Die Partnerschaften gibt es bereits, sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungspaket ermög- licht . Doch selbst in diesem Bereich konnte nun durch das parlamentarische Verfahren eine Verbesserung er- reicht werden: Erstmalig werden in der Verfassung öf- fentlich-private Partnerschaften für ganze Streckennetze oder wesentliche Teile explizit ausgeschlossen . Damit wird im Grundgesetz selbst ein klares Zeichen gegen die Ausweitung von ÖPP gesetzt . Die SPD-Bundestagsfraktion hätte sich eine noch wei- tergehendere Regelung gewünscht . Dies war jedoch mit der CDU/CSU-Fraktion nicht möglich . Ein Nein zum Gesetzesentwurf würde aber auf alle Eingrenzungen von ÖPP verzichten . Daher stimme ich den Grundgesetzänderungen heute zu . Helga Kühn-Mengel (SPD): Der Deutsche Bundes- tag stimmt heute über die Neuregelung des bundesstaatli- chen Finanzausgleichssystems ab . Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Erstens . Zunächst ist zu beachten, dass der Bundes- tag über ein Regelungspaket zu entscheiden hat, das im Vorfeld bereits zwischen allen Ministerpräsidenten und der Bundesregierung abgestimmt worden ist . Da die Länder in den Finanzbeziehungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zuge- standen, ein Stück ihrer Kompetenz im Bildungsbereich wieder an den Bund zu geben und in diesem Zusam- menhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bun- desstraßen bzw . Autobahnen dem Bund zu übertragen . Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724210 (A) (C) (B) (D) Bundesregierung halte ich für äußerst kritikwürdig . Die Beratungen des Bundestages wurden deutlich dadurch er- schwert, dass die Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Bundesregierung ein Gesamtpaket völlig unterschiedli- cher Regelungsbereiche verabschiedeten, die im Par- lament faktisch nicht mehr entkoppelt werden können . Umso beachtlicher sind die Veränderungen, die nun zur Abstimmung stehen. Unabhängig davon hoffe ich aber, dass alle Parteien aus dieser Situation zukünftig lernen . Zweitens . Aus SPD-Sicht war in dem Regelungspaket von Anfang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschus- ses zu begrüßen . Für fast 1 Million alleinerziehende El- tern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen der un- terhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staat- liche Unterstützung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird dazu führen, dass die Doppelbelastung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigt werden kann . Drittens . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bildungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen bereitzustellen. Eine vollständige Abschaffung des Ko- operationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wich- tiges Ziel sozialdemokratischer Politik . Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe . Dies ist aber zwischen den Koalitionspartnern umstritten . Viertens . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflich- tet, unter anderem die Verwaltung der Bundesautobah- nen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne . Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigentum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist . Allerdings befürchte- ten viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Zusammen- hang, dass private Investoren über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könnten . Die Verlautba- rungen aus Bundesfinanzministerium und Bundesver- kehrsministerium verstärkten diesen Verdacht . Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bundes- rechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf . Die Ge- werkschaft Verdi problematisierte insbesondere Fragen beim Personalübergang . Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfassungstextes vor, der eine unmit- telbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Ge- sellschaft und deren Tochtergesellschaften ausdrücklich ausschließt . Dem Engagement der SPD-Bundestagsfrak- tion ist es zu verdanken, dass somit alle Hintertüren für eine mögliche Privatisierung in der Verfassung selbst ge- schlossen worden sind . Zudem ist es gelungen, dass alle wechselbereiten Beschäftigten der Straßenbauverwaltun- gen der Länder vom Bund übernommen und grundsätz- lich dort eingesetzt werden, wo sie bisher arbeiten . Die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft ist verpflichtet, Tarif- verträge für alle Beschäftigen abzuschließen . Ich emp- finde es als Bestätigung dieser Position, dass auch die Gewerkschaft Verdi sowie der Bundesrechnungshof die Erfolge des parlamentarischen Verfahrens ausdrücklich anerkennen . Darüber hinaus werden in der Debatte sogenannte öf- fentlich-private Partnerschaften (ÖPP) problematisiert . Die Partnerschaften gibt es bereits – sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungspaket ermög- licht . Doch selbst in diesem Bereich konnte nun durch das parlamentarische Verfahren eine Verbesserung er- reicht werden: Erstmalig werden in der Verfassung öf- fentlich-private Partnerschaften für ganze Streckennetze oder wesentliche Teile explizit ausgeschlossen . Damit wird im Grundgesetz selbst ein klares Zeichen gegen die Ausweitung von ÖPP gesetzt . Die SPD-Bundestagsfraktion hätte sich eine noch wei- tergehende Regelung gewünscht . Dies war jedoch mit der CDU/CSU-Fraktion nicht möglich . Demokratie und das Ringen im parlamentarischen Verfahren bringen selten Ergebnisse, die zu 100 Prozent den Forderungen einer einzelnen Fraktion entsprechen . Wer künftig ÖPP vollständig verhindern will, muss dafür eintreten, dass der Staat mehr Mittel in die Infrastruk- tur investiert, wie es die SPD fordert . Ein völliger Aus- schluss von ÖPP im Grundgesetz, der einer Zweidrittel- mehrheit in Bundestag und Bundesrat bedarf, war in der bestehenden Koalition nicht realisierbar . Deshalb werbe ich für die Anerkennung der Verhandlungserfolge im par- lamentarischen Verfahren und die Erhöhung des Drucks auf all die politischen Kräfte, die eine schwarze Null im Bundeshaushalt über politische Gestaltungsmöglichkei- ten stellen . Ich stimme dem Gesetz zu . Dr. Norbert Lammert (CDU/CSU): Dem Gesetz zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs- systems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushalts- rechtlicher Vorschriften mit den damit verbundenen GG-Änderungen stimme ich nicht zu . An den zweifellos schwierigen Verhandlungen zwi- schen Bund und Ländern waren – anders als bei den bei- den Föderalismuskommissionen – Parlamente auf beiden Seiten nicht beteiligt . Umso wichtiger und zwingend notwendig ist aber, dass das Resultat dieser Verhandlun- gen in angemessener Weise parlamentarisch bewertet wird, zumal es die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern auf unabsehbar lange Zeit festlegt . Das gilt nicht zuletzt mit Blick auf die im Gesamtpaket dieses Regelwerkes vorgesehenen Verfassungsänderungen, die mit mehr als einem Dutzend vorgesehener Ergänzungen und Änderungen des Grundgesetzes im Umfang, Rege- lungsehrgeiz und Zeitplan in fast jeder Beziehung aus dem Rahmen fallen . Erstens . Der von den Regierungen des Bundes und der Länder am Ende gefundene Konsens ist im finanzi- ellen wie vor allem im politischen Sinne viel zu teuer und verändert die Architektur unserer föderalen Verfas- sungsordnung nachhaltig . Im Ergebnis ist festzustellen, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24211 (A) (C) (B) (D) dass der – bei allen Schwächen im Grundsatz bewähr- te – horizontale Länderfinanzausgleich zugunsten einer neuen, vertikalen Finanzbeziehung zwischen Bund und Ländern abgeschafft wird. Solidarverpflichtungen mit Ausgleichsansprüchen zwischen den Ländern wird es künftig nicht mehr geben . Die Länder werden mehr denn je zu Kostgängern des Bundes . Sie bezahlen diese An- sprüche, die sie gegen den Bund erwerben, einmal mehr mit der Abtretung eigener Kompetenzen an den Bund und geben erneut Gestaltungsrechte auf, die sie in den sogenannten „Föderalismusreformen“ erst vor wenigen Jahren mit Nachdruck eingefordert hatten . Zweitens. Trotz der weitreichenden finanziellen Ver- pflichtungen verweigern die Länder dem Bund weiterhin die seit langem überfällige bundeseinheitliche Steuer- verwaltung . Dagegen wird ohne zwingenden Grund und systemwidrig eine Finanzierungsverpflichtung des Bun- des gegenüber „finanzschwachen Gemeinden im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur“ begründet, für die er weder fachlich noch bundesstaatlich eine origi- näre Verantwortung hat; sie wird zu einer dauerhaften Alimentierung kommunaler Finanzierungsschwächen führen ohne wirksamen Einfluss und Aussicht auf ihre Überwindung . Drittens . Der mühsam gefundene Kompromiss zwi- schen Bund und Ländern zur Neuregelung des bundes- staatlichen Finanzausgleichssystems trägt gegenüber dem bestehenden System zu keiner wesentlichen Ver- besserung mit Blick auf Gleichwertigkeit der Lebensver- hältnisse, Transparenz oder Leistungsgerechtigkeit bei . Im Gegenteil: Die Abhängigkeit der Länder vom Bund wird noch stärker . Dies ist verfassungsrechtlich wie auch finanziell hochgradig riskant. Gerade erst überwundene Verflechtungen von Entscheidungsstrukturen werden in anderer Form wieder eingeführt . Als Folge drohen Ent- scheidungsblockaden und Ineffizienz. Die gerade deshalb unverzichtbare Möglichkeit einer Korrektur ungewollter Wirkungen wird mit über einem Dutzend in der Form in- diskutabler und in der Sache teilweise höchst zweifelhaf- ter GG-Änderungen verfassungsrechtlich betoniert und damit faktisch irreversibel . Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU): Ich stimme dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes nur mit großen Bedenken zu . Durch die verschiedenen Änderungen unseres Grund- gesetzes im Rahmen der Neuordnung des Länderfinanz- ausgleichs wird der Föderalismus in Deutschland merk- lich geschwächt . Eine wesentliche Säule des Föderalismus, die gegen- seitige Solidarität der Bundesländer, wird aus rein finan- ziellen Interessen der Bundesländer aufgegeben . Hinzu kommt, dass die Mischfinanzierung staatlicher Aufgaben durch den Bund und die Bundesländer weiter ausgewei- tet wird . Das wird dazu führen, dass die im Grundgesetz definierten Verantwortlichkeiten für die unterschiedli- chen Aufgaben von Bund und Bundesländern in Zukunft noch weniger erkennbar sein werden . Die Bundesländer haben bisher die alleinige Verant- wortung für ihre Kommunen . Dieses Prinzip der Verant- wortlichkeit der Bundesländer für ihre Kommunen wird mit den Änderungen des Grundgesetzes nun durchbro- chen . Weitergehende Informations- und Prüfungsrechte des Bundes können dies nicht ausgleichen . Meine Zustimmung zu dieser Änderung des Grundge- setzes kann ich nur geben, weil die Bundesländer durch ihr Modell zur Neuordnung des Länderfinanzausgleichs im Jahr 2015, auf dem diese Änderung des Grundgeset- zes basiert, selbst diese Schwächung des Föderalismus herbeigeführt haben . Zudem kann es durchaus auch aus Gründen der bun- desstaatlichen Solidarität zweckmäßig sein, finanz- schwache Kommunen, die von ihrem jeweiligen Bundes- land finanziell nicht ausreichend ausgestattet werden, bei der Erfüllung notwendiger Aufgaben zu unterstützen . Es wäre aber besser gewesen, die Gelegenheit zu ergreifen, die Finanzverfassung insgesamt neu zu ordnen und dabei die öffentlichen Körperschaften zur Erfüllung ihrer je- weiligen Aufgaben entsprechend finanziell auszustatten. Antje Lezius (CDU/CSU): Ich stimme dem Ge- setzentwurf zu, gebe aber hiermit meine Bedenken zur Kenntnis . Ich halte das System des Föderalismus für richtig und wichtig . Kommunen und Landesregierungen sollten so aufgestellt werden und sein, dass sie selbstverantwortlich für die ihnen ureigenen Aufgaben im Sinne der Bürgerin- nen und Bürger handeln können . Ich stimme der Aussage unseres Bundestagspräsidenten Lammert zu, der in einem Interview im Handelsblatt Folgendes geäußert hat: „Mit dieser Regelung werden finanzschwache Kommunen in Zukunft versuchen, möglichst lange finanzschwach zu gelten, um sich Hilfen des Bundes zu sichern .“ Schon immer klagten die Bundesländer über zu wenig Geld vom Bund . Mit vielen Projekten haben wir in der Vergangenheit schon an den Ländern vorbei versucht, den Kommunen finanziell zu helfen, zum Beispiel die Schulen mit modernsten Computern auszustatten . Wir sehen sehr wohl die Notwendigkeit, dass wir, wenn wir weiterhin eine führende Rolle nach außen beanspruchen und das Bestmögliche für unsere Bürger und Bürgerin- nen in unserem Land wollen, eingreifen müssen . Schon deshalb, weil wir im Moment in der einer guten konjunk- turellen Lage sind, können wir dies auch tun . Mein heutiges Stimmverhalten ist eine Ausnahme . Dies kann und sollte nicht die Regel sein . Mir ist für die Zustimmung wichtig, dass wir in Zu- kunft mehr Kompetenzen sowie Steuerungs- und Kon- trollrechte gegenüber den Ländern haben, darüber hinaus als Ergänzung ein Kündigungsrecht für den Bundestag . Verkehrsinfrastruktur muss effizienter und effektiver werden . Aber eine Privatisierung lehne ich ab . Die Bildungsinfrastruktur gerade auch in meiner Hei- mat muss unterstützt werden . Auch die Digitalisierung muss vorangebracht werden . Hierfür müssen ausreichen- de Mittel zur Verfügung stehen . Die Verhandlungen waren angesichts des komplexen Interessengeflechts nicht einfach. Wenn ich das Ergebnis Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724212 (A) (C) (B) (D) aber gesamtstaatlich sehe, ist es notwendig, hier begrenzt einzugreifen . Ingbert Liebing (CDU/CSU): Die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ist ein elementar wich- tiges Vorhaben der laufenden Wahlperiode . Dabei ist es richtig und wichtig, das Gesetzgebungsverfahren noch in dieser Wahlperiode abzuschließen, damit alle Beteiligten mit ausreichendem Vorlauf Planungssicherheit haben . Das großzügige finanzielle Engagement des Bundes ist für viele Kommunen eine große Hilfe, auch wenn Misch- zuständigkeiten und Mischfinanzierungen zu keiner Klä- rung von Verantwortung führen, oft als „goldener Zügel“ wirken und die grundgesetzlich garantierte kommunale Selbstverwaltung eher einschränken . In der Gesamtschau ist das vorliegende Gesetzespaket wichtig und verdient deshalb Zustimmung . Dennoch: Teile wecken auch Skepsis . Die Einfügung des Artikels 104c GG setzt ein schwie- riges Signal und falsche Anreize . Statt Bundeshilfen für finanzschwache Kommunen im Grundgesetz zu normie- ren, sollten die finanziell zuständigen Länder alles da- ransetzen, die Finanzschwäche von Kommunen zu be- heben . Das eigentliche Ziel müsste es sein, dass es keine finanzschwachen Kommunen gibt. Stattdessen werden finanzschwache Kommunen jetzt sogar in der Verfassung verankert . Ziel der Föderalismusreform 2006 ist gewesen, klare Strukturen und Verantwortlichkeiten in der Aufgaben- wahrnehmung durch Bund und Länder zu schaffen. Die- ses Ziel war richtig und ist weiterhin richtig . Mit Arti- kel 104c GG wird dieses Ziel ein Stück aus den Augen verloren . Am Grundsatz, dass für eine aufgabenange- messene auskömmliche Finanzausstattung der Kommu- nen die jeweiligen Bundesländer verantwortlich und zu- ständig sind, ist festzuhalten . Dies gilt nicht nur für den Bereich der Bildungsinfrastruktur, sondern insgesamt für alle von den Kommunen auszuführenden Aufgaben . Aus dieser Sicht besteht durch die Einfügung des Arti- kel 104c GG die Gefahr, dass ein dauerhafter Fehlanreiz gesetzt wird, dass Länder künftig Kommunen bei Inves- titionsbedarf an den Bund verweisen und somit aus der Erweiterung der Mitfinanzierungsmöglichkeit eine Mitfi- nanzierungszuständigkeit wird . Wir werden dies kritisch beobachten . Gut ist auch, dass der Bundesrechnungshof im Rahmen von Mischfinanzierungen künftig stärkere Prüfungsrechte hat . Wir müssen in Zukunft auch aufpassen, dass aus dem ersten Schritt des Artikel 104c GG mit der Mitfinanzie- rungsmöglichkeit für den Bund in der Bildungsinfrastruk- tur finanzschwacher Kommunen keine Allgemeinzustän- digkeit des Bundes für alle Probleme vor Ort wird . Das Argument, die Menschen würden es nicht verstehen, dass der Bund nicht für marode Schulen zuständig sei, ließe sich genauso auf marode Straßen und Brücken, andere öffentliche Einrichtungen oder geschlossene Schwimm- bäder ausdehnen . Der Bund wird aber nicht in der Lage sein, alle Missstände vor Ort zu lösen – erst recht nicht, wenn Länder die Hilfen des Bundes unterlaufen und den Kommunen immer größere Lasten aufbürden, um den eigenen Landeshaushalt zu schonen . Die SPD-Landesre- gierungen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben vorgemacht, wie dieses schlechte Spiel zulasten der Kommunen funktioniert . Mit dem neuen Artikel 104c GG ist auch die Aufsto- ckung des Kommunalinvestitionsförderprogramms von 3,5 Milliarden Euro auf 7 Milliarden Euro verbunden . Das ist immerhin einmal mehr ein Zeichen, dass wir als CDU/CSU-geführte Regierungskoalition bereit sind, den Kommunen zu helfen – wie wir dies in dieser Wahlperio- de bereits vielfältig getan haben . Bei aller strukturellen Kritik ergeben sich aus kommu- naler Sicht aber auch Chancen aus der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen: Die stärkere Berück- sichtigung der kommunalen Finanzkraft bei der Zutei- lung der Finanzmittel auf die Länder in Artikel 107 GG ist ein wichtiger Schritt zur Behebung struktureller kom- munaler Finanzschwäche . Dabei ist zwingend darauf zu achten, dass höhere Zuweisungen an die Länder tatsäch- lich dazu genutzt werden, die Steuerkraftunterschiede auf Gemeindeebene auszugleichen . Keinesfalls darf aus Artikel 107 GG ein Anreiz entstehen, die Steuerkraft der Kommunen zu senken, um höhere Beträge aus der Verteilung der Finanzmittel auf die Länder zu erhalten, um diese Finanzmittel dann im Landeshaushalt zu ver- buchen . Wichtig ist, dass die vom Bund für die Kommunen be- reitgestellten Finanzmittel von den Ländern an die Kom- munen weitergeleitet werden und dann auch ungekürzt und zusätzlich vor Ort ankommen. Kommunalfinanzen sind kein Beitrag zur Konsolidierung von Landeshaus- halten . Eine gekürzte Weiterleitung der Bundesmittel oder eine Verrechnung im Zuge des kommunalen Finanz- ausgleichs sind ebenso inakzeptabel wie der Ersatz von Landesmitteln durch Bundeshilfen beispielsweise bei Investitionszuschüssen . Die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel müssen seitens der Länder ungekürzt und zusätzlich den Kommunen zur Verfügung gestellt werden, um – in Umsetzung der Bundesintention – deren Finanzkraft zu stärken . Auch eine Verrechnung im Rah- men des kommunalen Finanzausgleichs ist unzulässig und mit der Absicht, die kommunale Selbstverwaltung zu stärken, unvereinbar . Entsprechende Regelungen in Fi- nanzausgleichsgesetzen der Länder sind zu korrigieren . Auch der in der Änderung des Kommunalinvestitions- förderungsgesetzes fortgeschriebene Verteilungsschlüs- sel zur Zuteilung der zur Stärkung der kommunalen In- vestitionskraft vorgesehenen 3,5 Milliarden Euro auf die Länder ist alles andere als unumstritten . Eine Einbezie- hung der kommunalen Kassenkredite in den Verteilungs- schlüssel greift in der vorgenommenen Form für eine dauerhafte Lösung zu kurz und setzt falsche Anreize . Es ist Aufgabe der Länder, für eine ausreichende Finanzaus- stattung der Kommunen zu sorgen und deren Liquidität zu sichern, sodass die Aufnahme von Kassenkrediten und ein Ausweichen auf Anleihen und Wertpapierverschul- dung erst gar nicht erforderlich werden . Haushalterische Disziplin darf nicht bestraft werden – ebenso wenig An- sätze der Länder, ihre Kommunen zu entschulden und vor struktureller Finanzschwäche zu bewahren . Es wäre schön gewesen, einen besseren Verteilungsschlüssel zu Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24213 (A) (C) (B) (D) finden; letztlich ist dies angesichts der vielschichtigen Interessenslage dieses Mal aber nicht gelungen . Zur Verantwortung und Zuständigkeit der Länder für eine aufgabenangemessene Finanzausstattung der Kommunen gehört auch, Mehrbelastungen aus Aufga- benübertragungen im Rahmen der Konnexität auszu- gleichen . Dies gilt insbesondere für die Mehrbelastung aus der Umsetzung des Unterhaltsvorschussgesetzes . Wenn die Länder im Bundesrat einer Regelung zustim- men, die zu Mehrausgaben bei den Kommunen führen, können sie anschließend nicht auf den Bund verweisen, sondern müssen diese Mehrausgaben selber ausgleichen . Der Bund hat seinen Beitrag durch eine Erhöhung des Bundesanteils an den Leistungsausgaben des Unterhalts- vorschussgesetzes auf 40 Prozent geleistet . Dies allein wird jedoch nicht reichen, die Ausgabensteigerungen bei den Kommunen, bei denen zu den reinen Auszahlungen noch Kosten für Personal und Sachmittel hinzukommen, auszugleichen . Hier sind die Länder gefordert, die Betei- ligung der Kommunen an den vom Land zu tragenden 60 Prozent so zu gestalten, dass es nicht zu kommunalen Ausgabensteigerungen kommt . Das gilt insbesondere für Nordrhein-Westfalen mit der mit 80 Prozent höchsten Beteiligungsquote der Kommunen am Unterhaltsvor- schussgesetz . Im Rahmen der Neuordnung der Bund-Länder-Fi- nanzbeziehungen werden die bislang vom Bund bereit- gestellten Entflechtungsmittel – ehemals unter anderem GVFG, sozialer Wohnungsbau – ab dem Jahr 2020 nicht mehr als eigenes Bundesprogramm, sondern über einen höheren Umsatzsteueranteil der Länder bereitgestellt . Das bedeutet, dass nicht nur die investive Zweckbindung entfällt, sondern dass die Gefahr droht, dass diese Mittel auch im allgemeinen Haushaltsaufkommen der Länder zunächst untergehen . Die Länder müssen die bislang in den Entflechtungsmitteln enthaltenen Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden künftig den Kommunen über entsprechende Landesprogramme zur Verfügung stellen. Die Auflösung der Entflechtungsmittel zugunsten eines höheren Län- deranteils an der Umsatzsteuer darf auf keinen Fall dazu führen, dass die bislang bereitstehenden Mittel künftig nicht mehr zur Verfügung stehen und in Landeshaushal- ten versickern . Dr. Claudia Lücking-Michel (CDU/CSU): Nach ein- gehender Prüfung überwiegen für mich die politischen Vorteile des Gesetzes gegenüber den weiterhin bestehen- den verfahrenstechnischen, verfassungsrechtlichen und inhaltlichen Bedenken . Ich stimme dem Gesetz deshalb trotz großer Vorbehalte zu . Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf werden massive Änderungen an der gelebten Verfassungswirklichkeit vorgenommen . Insbesondere die (weitere) Abkehr vom Kooperationsverbot und die faktische Abschaffung des horizontalen Länderfinanzausgleichs zugunsten einer neuen vertikalen Finanzbeziehung greifen deutlich in die bisherige Organisation des Staates ein . Hier wäre eine stärkere Beteiligung von Anfang an sowohl des Deut- schen Bundestages als auch der einzelnen Länderparla- mente aufgrund der hohen Bedeutung der Entscheidung angebracht gewesen . Die vorgesehenen Grundgesetzänderungen beein- trächtigen in erheblichem Umfang die föderale Struktur unseres Landes und heben die gesetzlichen Regelungen in der Folge der Arbeit der Föderalismuskommissionen I und II mit dem Ziel, die Regelungsverantwortung für bis dahin gemeinschaftlich wahrgenommenen Aufgaben zu trennen, teilweise wieder auf . Die klare Trennung zwi- schen Aufgaben und Verantwortlichkeiten von Bund und Ländern wird wieder zurückgenommen und in Teilen so- gar aufgegeben . Die jetzt zu beschließende Inanspruchnahme des Bun- des bei der Finanzierung der kommunalen Bildungsin- frastruktur in sogenannten finanzschwachen Kommunen ohne Möglichkeiten der Einflussnahme des Bundes auf die Rahmenbedingungen in den geförderten Kommunen führt zu einer Verschlechterung der Position des Bundes, der lediglich zahlen soll . Zum anderen wird die Bildungs- politik als Kernkompetenz der Bundesländer ausgehöhlt . Die Länder geben erneut Gestaltungsrechte auf . Den Ländern wird mit diesem Regelungspaket zuge- standen, dass sie ihre Verantwortung für ureigene Län- derangelegenheiten gegen Geldzahlungen des Bundes abgeben . Die Abhängigkeit der Länder vom Bund wird noch stärker . Der richtige Weg wäre gewesen, die Finan- zausstattung der Länder so zu verbessern, dass sie ihren ureigenen Aufgaben gegenüber finanzschwachen Kom- munen besser nachkommen könnten . Dass Länder Zu- wendungen des Bundes mit dem Zweck, Kommunen zu unterstützen, vielfach nur teilweise weitergegeben haben und teilweise anderweitig verwendet haben, wäre mit an- deren Mitteln zu unterbinden . Auf der anderen Seite ist es unstreitig, dass die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland eine politisch zentrale Aufgabe ist, bei der sich auch der Bund nicht einfach aus der Verantwortung ziehen kann . Durch erhebliche Unterschiede bei der Bildungsausstat- tung wäre diese Gleichwertigkeit auch langfristig massiv beeinträchtigt . Diesen gesamtstaatlichen Auftrag anders als durch die hier zu entscheidenden gesetzlichen Rege- lungen wahrzunehmen, ist gegenwärtig leider nicht mög- lich . Erst recht als Bildungspolitikerin könnte ich es ge- genüber den Schulen zum Beispiel in meinem Wahlkreis nicht verantworten, ihnen durch eine Ablehnung heute mögliche Verbesserungen des Lernumfelds vorzuenthal- ten, für die es sonst kaum eine Chance gäbe . Kirsten Lühmann (SPD): Dieser Bundestag hat für die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur in den letzten Jahren deutlich mehr Mittel zur Verfügung gestellt, auch um den Investitionsstau bei unseren Straßen zu beenden . Organisatorische Mängel verhindern häufig, dass das zur Verfügung stehende Geld für den Bau von Bundes- fernstraßen zielgenau und an verkehrlichen Maßstäben orientiert abfließen kann. Auch bei Planung und Betrieb gibt es vielerorts unbestreitbaren Optimierungsbedarf . Das ist auf nahezu allen politischen Ebenen erkannt und benannt worden . Eine Reform dieser Strukturen ist des- halb dringend geboten . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724214 (A) (C) (B) (D) Neben einer Reform der Auftragsverwaltung war hier- zu schon länger die Gründung einer Bundesfernstraßen- gesellschaft im Gespräch, die Planung, Bau und Betrieb in die Hände des Bundes legt . Da der Bund am besten in der Lage ist, seine eigenen Prioritäten umzusetzen, und ich das angesichts des Nachholbedarfs in der Verkehrs- infrastruktur für notwendig erachte, habe ich diese Idee immer befürwortet . Ein entsprechendes Konzept, wie es die Arbeitsgruppen Verkehr, Wirtschaft und Haushalt der SPD-Bundestagsfraktion vorgelegt haben, fand und fin- det meine volle Unterstützung . Der von der Bundesregierung ursprünglich vorgelegte Entwurf hat den verkehrspolitischen Anforderungen je- doch zum einen nicht ausreichend Rechnung getragen, zum anderen gravierende Mängel hinsichtlich Privatisie- rung, Struktur, Beteiligung der Politik und Mitarbeiter- rechten aufgewiesen . Er war daher nicht zustimmungs- fähig . Deshalb haben wir in langen Verhandlungen aus meiner Sicht wesentliche Änderungen durchgesetzt . Der häufigste Vorwurf gegen den vorliegenden Vor- schlag zur Bundesfernstraßengesellschaft ist der, er ermögliche Privatisierungen durch die Hintertür . Fest- gemacht wird dies an der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung . Es gibt aber genug Praxisbei- spiele – zum Beispiel die Verkehrsinfrastrukturfinanzie- rungsgesellschaft (VIFG) oder die Gesellschaft für Inter- nationale Zusammenarbeit (GIZ) –, die beweisen, dass eine GmbH in öffentlichem Besitz nicht gewinnorientiert sein muss . Hierfür galt es, die notwendigen Schranken dauerhaft zu setzen . Die von der SPD verhandelten Be- grenzungen für die Privatisierung sind daher für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung . Den Einfluss von öffentlich-privaten Partnerschaf- ten (ÖPP) wird mit der vorliegenden Reform weiter beschränkt . ÖPP für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentlicher Teile davon umfassen, sind ausgeschlossen . Es werden Möglichkeiten zur Einbeziehung privater Betreiber und institutioneller Investoren ausgeschlossen, die bislang noch bestehen . Hier ist der Gesetzentwurf ein echter Fortschritt . Dem Deutschen Bundestag – namentlich dem Haushalts- und dem Verkehrsausschuss – werden durch die Reform neue Kontrollmöglichkeiten eingeräumt, die dieser auch im Sinne des Interesses der Bürgerinnen und Bürger nutzen wird . Bereits vor dieser Reform hat die Koalition im aktu- ellen Bundesverkehrswegeplan den Anreiz für ÖPP ge- mindert, da Gelder nicht mehr nach Ländern, sondern nach Prioritäten vergeben werden . Auch durch die neu eingeführten, realistischeren Wirtschaftlichkeitsberech- nungen werden ÖPP reduziert, ebenso wie das in der neuen Gesellschaft eingeführte Planungsprinzip nach der Lebenszeit . Wichtig für mich ist auch, dass mit der vorliegen- den Reform das wirtschaftliche Eigentum der Bundes- fernstraßen unveräußerlich beim Bund bleibt . Die neue Gesellschaft ist lediglich für die Verwaltung zuständig, auch die Übertragung von Nießbrauchrechten – also die gewinnbringende Nutzung durch die Gesellschaft – ist ausgeschlossen . Die Gesellschaft wird auch nicht als Mautgläubigerin auftreten . Auch eine funktionale Pri- vatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesellschaft auf Dritte ist nicht möglich . In enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften haben wir zudem die Rechte der Beschäftigten beim geplanten Personalübergang von den Straßenbauver- waltungen der Länder auf den Bund festgeschrieben . So gibt es zum Beispiel ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang, und die besondere Situation des beamteten Personals wird berücksichtigt . Auch das ist für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung . Bedenken habe ich allerdings, ob ein Wechsel des Systems ohne größere Friktionen möglich ist und in ab- sehbarer Zeit die gewünschte größere Effizienz und Ef- fektivität tatsächlich erreicht werden können . Vielmehr sind durch die Umstellung deutliche Verzögerungen und Effizienzverluste möglich. Wichtig ist nun, dass der Ge- sellschaftsvertrag entsprechend im Sinne einer effizien- ten Arbeitsweise der neuen Gesellschaft gestaltet wird . Durch unsere Änderungen am Gesetz wird hierfür das Parlament zuständig sein . Obwohl ich weiterhin nicht sicher bin, dass die er- hofften Verbesserungen mit der vorliegenden Reform der Straßenbauverwaltung tatsächlich erreicht werden kön- nen, habe ich bei meiner Entscheidung auch die anderen Aspekte dieses Gesetzes zu berücksichtigen . Die um- fassende Reform der Bund-Länder-Beziehungen ist ein wichtiger Schritt zu einer nachhaltigen Finanzierung der Länder . Zusätzlich sind die Einschränkung des Koopera- tionsverbots, das Investitionsprogramm für Kommunen und der Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende wich- tige Zukunftsprojekte, die das Leben vieler Menschen spürbar verbessern werden . In Abwägung dieser Dinge und angesichts der Tatsache, dass die wesentlichen Män- gel der Infrastrukturgesellschaft Verkehr einfachgesetz- lich behoben werden können, stimme ich dem Gesetz- entwurf zu . Matern von Marschall (CDU/CSU): Dem Gesetzes- paket stimme ich zu, allerdings nur unter größten Beden- ken . Insbesondere der Aushöhlung des Subsidiaritätsprin- zips und einer damit einhergehenden Schwächung des Föderalismus wird dadurch der Weg bereitet, der Weg in den Zentralstaat . Gerade die Unterstützung sogenannter finanzschwacher Kommunen durch den Bund, statt wie bisher durch die Länder, Artikel 104c, ist hier ein Ein- fallstor für künftig immer neue Forderungen nach mehr Übertragung von Pflichten und Kompetenzen an den Bund. Die – finanzschwachen – Länder werden in Zu- kunft abhängig sein von der Zahlungskraft und dem Wil- len des Bundes . Diese Schwächung der Länder entspricht allerdings ihrem eigenen Wunsch . Auch das erscheint mir falsch und kurzsichtig . Zudem gerät das Prinzip der Solidarität der Länder un- tereinander in Gefahr . Da weiterhin das Land für die Mitteleinsetzung zu- ständig bleibt, verschiebt sich nun die Kompetenz der Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24215 (A) (C) (B) (D) Mittelzuweisung auf Bundesebene . Die Länder sind wei- terhin verantwortlich dafür, welche Gemeinden und Ge- meindeverbände förderfähig sind . In der Überzeugung, dass unsere Bundesländer bewusst mit dieser Kompetenz umgehen werden, kann ich meine Zustimmung erteilen . Wir müssen aber an die Länder appellieren, diese Neustrukturierung nicht als Anreiz zu nehmen, fahrlässig Schulden anzuhäufen . Weiterhin muss gelten, dass keine Kommune auf der Strecke bleiben darf . Ich bin gegen die vollständige Auf- gabe des Föderalismus in Deutschland und nur dort für eine zentralistische Regelung, wo sie nötig oder sinnvoll erscheint . Susanne Mittag (SPD): Dieser Bundestag hat für die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur in den letzten Jahren deutlich mehr Mittel zur Verfügung gestellt, auch um den Investitionsstau bei unseren Straßen zu beenden . Organisatorische Mängel verhindern häufig, dass das zur Verfügung stehende Geld für den Bau von Bundes- fernstraßen zielgenau und an verkehrlichen Maßstäben orientiert abfließen kann. Auch bei Planung und Betrieb gibt es vielerorts unbestreitbaren Optimierungsbedarf . Das ist auf nahezu allen politischen Ebenen erkannt und benannt worden . Eine Reform dieser Strukturen ist des- halb dringend geboten . Neben einer Reform der Auftragsverwaltung war hier- zu schon länger die Gründung einer Bundesfernstraßen- gesellschaft im Gespräch, die Planung, Bau und Betrieb in die Hände des Bundes legt . Da der Bund am besten in der Lage ist, seine eigenen Prioritäten umzusetzen und ich das angesichts des Nachholbedarfs in der Verkehrs- infrastruktur für notwendig erachte, habe ich diese Idee befürwortet . Ein entsprechendes Konzept, wie es die Arbeitsgruppen Verkehr, Wirtschaft und Haushalt der SPD-Bundestagsfraktion vorgelegt haben, fand und fin- det meine volle Unterstützung . Der von der Bundesregierung ursprünglich vorgelegte Entwurf hat den verkehrspolitischen Anforderungen je- doch zum einen nicht ausreichend Rechnung getragen, zum anderen gravierende Mängel hinsichtlich Privatisie- rung, Struktur, Beteiligung der Politik und Mitarbeiter- rechten aufgewiesen . Er war daher nicht zustimmungs- fähig . Deshalb haben wir in langen Verhandlungen aus meiner Sicht wesentliche Änderungen durchgesetzt . Der häufigste Vorwurf gegen den vorliegenden Vor- schlag zur Bundesfernstraßengesellschaft ist der, er ermögliche Privatisierungen durch die Hintertür . Fest- gemacht wird dies an der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung . Es gibt aber genug Praxisbei- spiele – zum Beispiel die Verkehrsinfrastrukturfinanzie- rungsgesellschaft (VIFG) oder die Gesellschaft für Inter- nationale Zusammenarbeit (GIZ) –, die beweisen, dass eine GmbH in öffentlichem Besitz nicht gewinnorientiert sein muss . Hierfür galt es, die notwendigen Schranken dauerhaft zu setzen . Die von der SPD verhandelten Be- grenzungen für die Privatisierung sind daher für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung . Den Einfluss von öffentlich-privaten Partnerschaf- ten (ÖPP) wird mit der vorliegenden Reform weiter beschränkt . ÖPP für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentlicher Teile davon umfassen, sind ausgeschlossen . Es werden Möglichkeiten zur Einbeziehung privater Betreiber und institutioneller Investoren ausgeschlossen, die bislang noch bestehen . Hier ist der Gesetzentwurf ein echter Fortschritt . Dem Deutschen Bundestag – namentlich dem Haushalts- und dem Verkehrsausschuss – werden durch die Reform neue Kontrollmöglichkeiten eingeräumt, die dieser auch im Sinne des Interesses der Bürgerinnen und Bürger nutzen wird . Bereits vor dieser Reform hat die Koalition im aktu- ellen Bundesverkehrswegeplan den Anreiz für ÖPP ge- mindert, da Gelder nicht mehr nach Ländern, sondern nach Prioritäten vergeben werden . Auch durch die neu eingeführten, realistischeren Wirtschaftlichkeitsberech- nungen werden ÖPP reduziert, ebenso wie das in der neuen Gesellschaft eingeführte Planungsprinzip nach der Lebenszeit . Wichtig für mich ist auch, dass mit der vorliegen- den Reform das wirtschaftliche Eigentum der Bundes- fernstraßen unveräußerlich beim Bund bleibt . Die neue Gesellschaft ist lediglich für die Verwaltung zuständig . Auch die Übertragung von Nießbrauchrechten – also die gewinnbringende Nutzung durch die Gesellschaft – ist ausgeschlossen . Die Gesellschaft wird nicht als Maut- gläubigerin auftreten . Eine funktionale Privatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesell- schaft auf Dritte ist ebenfalls nicht möglich . In enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften haben wir zudem die Rechte der Beschäftigten beim geplanten Personalübergang von den Straßenbauver- waltungen der Länder auf den Bund festgeschrieben . So gibt es zum Beispiel ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang, und die besondere Situation des beamteten Personals wird berücksichtigt . Auch das ist für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung . Bedenken habe ich allerdings, ob ein Wechsel des Systems ohne größere Friktionen möglich ist und ob in absehbarer Zeit die gewünschte größere Effizienz und Effektivität tatsächlich erreicht werden kann. Vielmehr sind durch die Umstellung deutliche Verzögerungen und Effizienzverluste möglich. Wichtig ist nun, dass der Ge- sellschaftsvertrag im Sinne einer effizienten Arbeitswei- se der neuen Gesellschaft entsprechend gestaltet wird . Durch unsere Änderungen am Gesetz wird hierfür das Parlament zuständig sein . Obwohl ich weiterhin nicht sicher bin, dass die er- hofften Verbesserungen mit der vorliegenden Reform der Straßenbauverwaltung tatsächlich erreicht werden kön- nen, habe ich bei meiner Entscheidung auch die anderen Aspekte dieses Gesetzes zu berücksichtigen . Die um- fassende Reform der Bund-Länder-Beziehungen ist ein wichtiger Schritt zu einer nachhaltigen Finanzierung der Länder . Zusätzlich sind die Einschränkung des Koopera- tionsverbots, das Investitionsprogramm für Kommunen und der Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende wich- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724216 (A) (C) (B) (D) tige Zukunftsprojekte, die das Leben vieler Menschen spürbar verbessern werden . Damit kann der Bund end- lich auch in gute Schulen mit moderner IT-Ausstattung und moderne Klassenräume investieren . Die Finanzmit- tel in Höhe von insgesamt 3,5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2020 helfen den Ländern und Kommunen, den mas- siven Sanierungsstau an deutschen Schulen abzubauen . In Abwägung dieser Dinge und angesichts der Tatsache, dass die wesentlichen Mängel der Infrastrukturgesell- schaft Verkehr einfachgesetzlich behoben werden kön- nen, stimme ich dem Gesetzentwurf zu . Karsten Möring (CDU/CSU): Ich stimme dem Ge- setz trotz erheblicher Vorbehalte zu . Meine Gründe erläu- tere ich nachfolgend . Die Grundgesetzänderungen beeinträchtigen in er- heblichem Umfang die föderalistische Struktur unseres Landes. Der zukünftige Länderfinanzausgleich bekommt statt der horizontalen Struktur eine vertikale, indem der Bund in erheblichem Umfang die Länder alimentiert und der bisherige Solidarausgleich zwischen den Bundeslän- dern dahinter zurücktritt . Die gesetzlichen Regelungen in der Folge der Arbeit der Föderalismuskommissionen I und II mit dem Ziel, die Regelungsverantwortung für bis dahin gemeinschaftlich wahrgenommene Aufgaben zu trennen, werden teilweise aufgehoben . Die jetzt zu beschließende Inanspruchnah- me des Bundes bei der Finanzierung der kommunalen Bildungsinfrastruktur in sogenannten finanzschwachen Kommunen ohne Möglichkeiten der Einflussnahme des Bundes auf die Rahmenbedingungen in den geförderten Kommunen führt zudem zu einer Verschlechterung der Position des Bundes, der lediglich zahlen soll . Den Ländern wird mit diesem Regelungspaket zuge- standen, dass sie ihre Verantwortung für ureigene Län- derangelegenheiten gegen Geldzahlungen des Bundes abgeben . Es wäre besser gewesen, die Finanzausstattung der Länder so zu verbessern, dass sie ihren ureigenen Auf- gaben gegenüber finanzschwachen Kommunen besser nachkommen könnten . Dass Länder Zuwendungen des Bundes mit dem Zweck, Kommunen zu unterstützen, vielfach nur teilweise weitergegeben haben und teilweise anderweitig verwendet haben, wäre mit anderen Mitteln zu unterbinden . Auf der anderen Seite ist es unstreitig, dass die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland durch erhebliche Unterschiede bei der Bildungsausstat- tung auch langfristig massiv beeinträchtigt wäre . Diesen gesamtstaatlichen Auftrag anders als durch die hier zu entscheidenden gesetzlichen Regelungen wahrzuneh- men, ist gegenwärtig leider nicht möglich . Erst recht als ehemaliger Schulleiter könnte ich es den Schulen in meinem Wahlkreis gegenüber nicht verantworten, ihnen durch eine Ablehnung heute mögliche Verbesserungen des Lernumfelds vorzuenthalten, für die es sonst kaum eine Chance gäbe . Ulli Nissen (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über die Neuregelung des bundesstaatlichen Finanz ausgleichssystems ab . Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Erstens . Zunächst ist zu beachten, dass der Bundes- tag über ein Regelungspaket zu entscheiden hat, das im Vorfeld bereits zwischen allen Ministerpräsidenten und der Bundesregierung abgestimmt worden ist . Da die Länder in den Finanzbeziehungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zuge- standen, ein Stück ihrer Kompetenz im Bildungsbereich wieder an den Bund zu geben und in diesem Zusam- menhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bun- desstraßen bzw . Autobahnen dem Bund zu übertragen . Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Bundesregierung halte ich für äußerst kritikwürdig . Die Beratungen des Bundestages wurden deutlich dadurch er- schwert, dass die Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Bundesregierung ein Gesamtpaket völlig unterschiedli- cher Regelungsbereiche verabschiedeten, die im Parla- ment faktisch nicht mehr entkoppelt werden können . Zweitens . Die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses begrüße ich ausdrücklich . Sie war längst überfällig . Für fast 1 Million alleinerziehende Eltern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen der unterhaltspflichtige El- ternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staatliche Unterstüt- zung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Berufstätige Alleiner- ziehende werden so zum 1 . Juli mehr Geld in der Tasche haben . Dieses wird dazu führen, dass die Doppelbelas- tung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigt wer- den kann . Drittens . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bildungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen bereitzustellen. Eine vollständige Abschaffung des Ko- operationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wich- tiges Ziel sozialdemokratischer Politik . Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe . Das ist aber zwischen den Ko- alitionspartnern umstritten . Viertens . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflich- tet, unter anderem die Verwaltung der Bundesautobah- nen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne . Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigentum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist . Allerdings befürchte- ten viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Zusammen- hang, dass private Investoren über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könnten . Die Verlautba- rungen aus Bundesfinanzministerium und Bundesver- kehrsministerium verstärkten diesen Verdacht . Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bundes- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24217 (A) (C) (B) (D) rechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf . Die Ge- werkschaft Verdi problematisierte insbesondere Fragen beim Personalübergang . Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfassungstextes vor, der eine unmit- telbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Ge- sellschaft und deren Tochtergesellschaften ausdrücklich ausschließt . Zudem ist es gelungen, dass alle wechsel- bereiten Beschäftigten der Straßenbauverwaltungen der Länder vom Bund übernommen und grundsätzlich dort eingesetzt werden, wo sie bisher arbeiten . Die Verkehr- sinfrastrukturgesellschaft ist verpflichtet, Tarifverträge für alle Beschäftigen abzuschließen . Dennoch gehen mir die Regelungen zur Eingrenzung der Privatisierung bei den Bundesstraßen nicht weit ge- nug . Wesentliche Regelungen zur Eingrenzung werden in Artikelgesetzen geregelt, diese können bei anderen Mehrheiten im Parlament geändert werden . Auch gehen mir die Regelungen zu den sogenannten öffentlich-pri- vaten Partnerschaften (ÖPP) nicht weit genug . Deshalb werde ich bei den Grundgesetzänderungen in Artikel 90 und 143e mit Nein stimmen . Dem Gesamtpaket jedoch habe ich zugestimmt . Für mich überwiegt das Interesse an der Reform des Unter- haltsvorschusses, das Interesse an erheblichen Bildungs- investitionen und das Interesse an der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen gegenüber der Einführung einer Infrastrukturgesellschaft, die die Auftragsverwaltung für Bundesstraßen übernehmen soll . Eckhard Pols (CDU/CSU): Im Rahmen der heutigen namentlichen Abstimmung stimme ich dem Gesetzent- wurf der Bundesregierung, Drucksache 18/11131, zu . Meine Zustimmung zum neuen Artikel 104c Grund- gesetz resultiert dabei aus meiner tiefen Überzeugung, dass alle Menschen das Recht auf gute Bildung haben, was eine gute Bildungsinfrastruktur voraussetzt . Dies sollte grundsätzlich nicht am Geld scheitern . Der Bund ist sich seiner Verantwortung bewusst und verdoppelt in Verbindung mit der Einführung des Artikels 104c Grund- gesetz seinen Kommunalinvestitionsförderungsfonds zur Unterstützung finanzschwacher Kommunen auf 7 Milli- arden Euro . Das ist sehr gut, und das unterstütze ich . Kritisch sehe ich dagegen, dass Artikel 104c Län- der dazu animieren könnte, sich aus der Finanzierung der Kommunen weiter zurückzuziehen, wozu ihnen die Misch zuständigkeit und Mischfinanzierung im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur eine Gelegen- heit bietet . Vor allem hinsichtlich der von SPD und den Grünen regierten Länder habe ich diese Sorge, wenn ich einen Blick in die Vergangenheit werfe . Ich habe die ernsthafte Befürchtung, dass Länder bei Investitionsbe- darf regelmäßig an den Bund verweisen und sich die Er- weiterung der Mitfinanzierungsmöglichkeit zu einer fak- tischen Mitfinanzierungspflicht entwickelt, obwohl die Kommunen ausdrücklich Gliederungen der Länder sind, nicht des Bundes . Die Föderalismusreform von 2006 hat- te das Ziel, solche für die Bürgerinnen und Bürger ver- wirrenden Situationen durch klare Verhältnisse zwischen Bund und Ländern zu vermeiden . Von dieser Maxime kehrt man nun aber leider ein Stück weit ab . Ebenso werden die Mischzuständigkeit und Mischfi- nanzierung der kommunalen Bildungsinfrastruktur wie „goldene Zügel“ wirken, die die grundgesetzlich garan- tierte kommunale Selbstverwaltung unterhöhlen . Als en- gagierter Kommunalpolitiker sehe ich diese Entwicklung mit Skepsis und stimme dem Gesetzentwurf daher auch nur unter dem beschriebenen Vorbehalt zu . Mechthild Rawert (SPD): Im Deutschen Bundestag wird am 1 . Juni 2017 über ein komplexes Gesetzespaket abgestimmt, welches aus vier keineswegs miteinander in Verbindung stehenden Regelungsbereichen besteht . Das ist durchaus ein Problem für mich, und erforderte harte Abwägungsprozesse . Insgesamt gibt es neun Abstim- mungen . In der dritten Lesung werde ich dem Gesamt- paket zustimmen – vor allem auch, weil damit wichtige Änderungen in Kraft treten, von denen wir in Berlin stark profitieren werden. Tempelhof-Schöneberg und Berlin sind nicht nur mein politisches und privates Zuhause . Für das Wohlergehen der Tempelhof-Schöneberger und -Schönebergerinnen und Berliner und Berlinerinnen tra- ge ich eine besondere Verantwortung . Das Gesetzespaket ist das Ergebnis langjähriger Ver- handlungen und der Einigung zwischen allen Minister- präsidenten und Ministerpräsidentinnen und dem Bund . Kernpunkt des Pakets ist die Neuregelung des Bund-Län- der-Finanzausgleichs ab dem Jahr 2020 . Zusätzlich wer- den ab 2020 den Ländern und Kommunen insgesamt 9,7 Milliarden Euro vom Bund zur Verfügung gestellt, an die allerdings an strukturelle Veränderungen geknüpft sind. Die finanziellen Mittel dienen nicht nur der Sanie- rung von Schulen, sondern auch der Digitalisierung und Modernisierung der Verwaltung . Mit der von uns Sozialdemokraten und Sozialdemo- kratinnen hart erkämpften Auflockerung des Kooperati- onsverbotes zwischen Bund und Ländern im Bildungs- bereich werden Gelder für die Bildungsinfrastruktur in finanzschwachen Kommunen zur Verfügung gestellt, um beispielsweise Schulgebäude zu sanieren und zu moder- nisieren . Dafür stehen weitere 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung . Das Geld geht vom Bund über die Länder an die Kommunen, die dann vor Ort entscheiden, wie es investiert wird . Die Neuregelung bringt für Berlin Rechts- und Planungssicherheit für den Zeitraum von 2020 bis 2030 . Ohne die Neuregelung würden Berlin cir- ca 495 Millionen Euro pro Jahr fehlen . Der Wegfall der Solidarpaktmittel, Entflechtungsmittel und Konsolidie- rungshilfen würde zu schweren Risiken im Landeshaus- halt führen und wichtige Investitionen verhindern . Für uns Berliner und Berlinerinnen bedeutet die Neuregelung im Klartext, dass wir die Finanzierung unseres 5-Milli- arden-Schulsanierungsprogramms in den nächsten zehn Jahren sichergestellt haben . Ein weiterer Punkt ist die Neuregelung des Unter- haltsvorschusses für Alleinerziehende . Viele haben ein Riesenproblem, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil nicht zahlt . Mit der Neuregelung wird der Unterhalt dem- nächst über das 12 . Lebensjahr hinaus bis zum 18 . Le- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724218 (A) (C) (B) (D) bensjahr des Kindes sichergestellt . Dies ist eine immense Hilfe für viele alleinerziehende Eltern, die einem großen Armutsrisiko ausgesetzt sind . Von dieser Verbesserung werden bundesweit über 260 000 Kinder profitieren. Ich freue mich darüber, dass diese von uns Sozialdemokra- ten und Sozialdemokratinnen erkämpften Investitionen direkt bei den Familien ankommen . Der sicherlich umstrittenste und schwierigste Teil des Gesetzespaketes ist die Infrastrukturgesellschaft Verkehr . Der ursprüngliche Gesetzentwurf der Bundesregierung hatte hier die Tür für massive Privatisierungen geöffnet, die bei uns Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen und vielen anderen Vereinen, Verbänden und Organi- sationen auf massiven Widerstand gestoßen sind . Als SPD-Bundestagsfraktion konnten wir bei den parlamen- tarischen Beratungen nun aber Regelungen durchsetzen, die die Privatisierung des Bundesautobahn- und Bun- desfernstraßennetzes verhindern . Ich habe mich für eine Infrastrukturgesellschaft Verkehr als Anstalt des öffentli- chen Rechts und nicht in einer privaten Rechtsform ein- gesetzt . Deswegen habe ich in der zweiten Lesung gegen diese Änderung des Grundgesetzes gestimmt . Im Laufe der Verhandlungen über die Verwaltung und den Bau von Autobahnen und Bundesfernstraßen konnte die SPD-Fraktion eine doppelte Privatisierungsschranke im Grundgesetz verankern, die mögliche Privatisierungs- risiken unterbindet . Dadurch werden nicht nur die Bun- desfernstraßen selbst im unveräußerlichen und hundert- prozentigen Eigentum des Bundes bleiben, sondern auch die Infrastrukturgesellschaft, die für deren Planung, Bau und Betrieb zuständig sein wird . Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Dritter an der Infrastrukturgesell- schaft oder deren Tochtergesellschaften wird ebenfalls ausgeschlossen . Außerdem wird auch die funktionale Pri- vatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesellschaft auf Dritte, zum Beispiel durch sogenannte Teilnetz-ÖPPs verhindert . Ein vollständiger Ausschluss von öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) war gegen den Widerstand von CDU/CSU nicht durchsetzbar . Die erreichte Begrenzung auf Teilstücke ist aber ein deutli- cher Fortschritt gegenüber dem bestehenden Rechtsrah- men . ÖPP werden im Grundgesetz nun zum ersten Mal überhaupt eingeschränkt . Das wirtschaftliche Eigentum an den Bundesfern- straßen bleibt beim Bund, dieser ist Mautgläubiger der Lkw-Maut und der Pkw-Maut . Die neue bundeseigene Infrastrukturgesellschaft wird vollständig staatlich über den Bundeshaushalt finanziert und darf keine Kredite von Dritten aufnehmen . Die demokratische Kontrolle ist auch gesichert: Mit- glieder des Deutschen Bundestages werden im Auf- sichtsrat der Infrastrukturgesellschaft vertreten sein, und der Bundesrechnungshof kontrolliert die Gesellschaft . Mit diesen Änderungen können wir sicherstellen, dass die theoretisch möglichen Hintertüren für eine Privatisie- rung fest verschlossen sind . Als Sozialdemokratin liegt mir die Zukunft der circa 11 000 Beschäftigten, die von den Straßenbauverwaltun- gen der Länder künftig zum Bund wechseln sollen, sehr am Herzen . Wir konnten die Kernforderungen der Ge- werkschaften nach Überleitungstarifverträgen durchset- zen und die Interessen der Beschäftigten unter Wahrung ihrer Besitzstände schützen . Wir haben viel erreicht: Das wurde uns von Verdi auf der SPD-Fraktionssitzung am 30 .05 .2017 auch bestätigt . Auch der Bundesrechnungshof und andere Sachver- ständige, die den ursprünglichen Entwurf der Bundes- regierung zu Recht scharf kritisierten, haben uns ihre positive Bewertung durch die Änderungen des Gesetz- entwurfes bestätigt . Unter Abwägung aller Gesichtspunkte kann ich sagen, dass im Ergebnis ein Gesetzespaket zustande kam, dem ich als Berliner SPD-Abgeordnete zustimmen kann . Er- reicht wird vor allem ein großer Erfolg für Berlin, von dem unsere Schulen, unsere Verwaltung und die Berliner Familien in hohem Maße profitieren werden. Andreas Rimkus (SPD): Heute stimmen wir über das Gesetzespaket zur Neuregelung des bundesstaatli- chen Finanzausgleichs ab . Ausgangspunkt dieses Ge- setzgebungsverfahrens war eine Einigung zwischen al- len 16 Landesregierungen und der Bundesregierung im Oktober und Dezember 2016 über ein Paket von Maß- nahmen, die zum Teil Änderungen des Grundgesetzes erfordern, zum Teil einfachgesetzlich geregelt werden . Kernpunkt des Pakets ist die Neuregelung des Länderfi- nanzausgleichs ab dem Jahr 2020 . In dem Paket enthalten ist auch eine Lockerung des Kooperationsverbots im Bil- dungsbereich, die es dem Bund ermöglicht, Geld für Bil- dungsinfrastruktur in finanzschwachen Kommunen zur Verfügung zu stellen, um beispielsweise Schulgebäude zu sanieren und zu modernisieren . 3,5 Milliarden Euro stehen dafür zur Verfügung . Das Geld geht vom Bund über die Länder an die Kommunen, die dann vor Ort ent- scheiden, wie es investiert wird . Des Weiteren wird im Rahmen des Pakets der Unter- haltsvorschuss neu geregelt, den Alleinerziehende erhal- ten, wenn der eigentlich unterhaltspflichtige Elternteil nicht zahlt: Künftig wird nicht nur bis zum 12 . Geburts- tag des Kindes gezahlt, sondern bis zum 18 . Geburtstag, und während bislang maximal sechs Jahre lang gezahlt wurde, entfällt diese Befristung künftig komplett . Ein weiteres Element des Paketes sind die Gesetzent- würfe, mit denen Verwaltung und Bau von Autobahnen und sonstigen Bundesfernstraßen in Deutschland neu ge- ordnet werden . Schon mit dem Kabinettsbeschluss ist es der SPD gelungen, eine doppelte Privatisierungsschran- ke im Gesetzentwurf der Regierung zur Änderung des Grundgesetzes durchzusetzen . Im Grundgesetz selbst wird deswegen in Artikel 90 geregelt werden, dass nicht nur die Bundesfernstraßen selbst im unveräußerlichen, hundertprozentigen Eigentum des Bundes stehen, son- dern auch die Infrastrukturgesellschaft, die für deren Pla- nung, Bau und Betrieb zuständig sein wird . CDU-Finanz- minister Schäuble und CSU-Verkehrsminister Dobrindt wären bereit gewesen, 49 Prozent dieser Gesellschaft an private Investoren zu verkaufen . Das haben wir schon verhindert, noch bevor das Gesetzgebungsverfahren den Bundestag erreicht hat . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24219 (A) (C) (B) (D) Ich habe viele Zuschriften zu diesem Thema erhalten . Viele Bürgerinnen und Bürger haben mich gebeten, ei- ner Autobahnprivatisierung nicht zuzustimmen . Für die SPD-Fraktion war dies wichtiger Rückenwind in den Verhandlungen mit der Unionsfraktion, die bereit gewe- sen wäre, einen wesentlichen Teil dieser Gesellschaft an private Investoren zu verkaufen . Dies hat die SPD erfolg- reich verhindert und zusätzlich harte Schranken für Pri- vatisierungsvorhaben geschaffen. Auch die wichtige Aufweichung des Kooperations- verbotes, die es uns endlich ermöglicht, in Schulinfra- struktur zu investieren und somit in die Zukunft unserer Kinder, sowie die Neuregelung des Unterhaltsvorschus- ses, die eine echte Entlastung für viele Alleinerziehende in diesem Land ist, wiegen so schwer, dass ich diesem Paket zustimmen werde . Als Sozialdemokrat kann ich die Schülerinnen und Schüler sowie alleinerziehende Väter und Mütter an dieser Stelle nicht im Stich lassen . Am Ende ist das verkehrspolitische Ziel der SPD, die neue Gesellschaft so zu gestalten, dass sie als gemein- wohlorientierte Einrichtung für ein effizientes Auto- bahnnetz in Deutschland sorgt, das allen Menschen in unserem Land zugute kommt . Ein Ausverkauf unserer Verkehrsinfrastruktur wird es mit einer Regierungsbetei- ligung der SPD auch in Zukunft nicht geben . Die SPD hat sich im Laufe des gesamten Verfahrens gegen eine Privatisierung der deutschen Autobahnen und Bundesstraßen gestellt und diese Position auch im Ge- setzgebungsverfahren zur Neuregelung der Bund-Län- der-Finanzbeziehungen durchgesetzt . In intensiven und schwierigen Verhandlungen mit CDU/CSU haben wir als SPD-Bundestagsfraktion nun zwei weitere Grundgesetzänderungen durchgesetzt, ob- wohl die Union dies vorher ausdrücklich ausgeschlossen hat . Dies ist ein besonderer Erfolg der SPD! Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Dritter an der Infrastrukturgesellschaft und deren Tochtergesell- schaften wird in Artikel 90 Absatz 2 des Grundgesetzes ausgeschlossen . Damit ist klar: Die Gesellschaft bleibt zu 100 Prozent staatlich, null Prozent privat . Ausgeschlossen wird auch eine funktionale Priva- tisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesellschaft auf Dritte, zum Beispiel durch sogenannte Teilnetz-ÖPP . In Artikel 90 Absatz 2 des Grundgesetzes wird dazu der Satz eingefügt: „Eine Beteiligung Priva- ter im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften ist ausgeschlossen für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentliche Teile davon umfassen .“ Einfachgesetzlich wird geregelt, dass öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) nur auf der Ebe- ne von Einzelprojekten bis maximal 100 Kilometer Län- ge erfolgen, die nicht räumlich miteinander verbunden sein dürfen . Mit diesen Grundgesetzänderungen und vielen ein- fachgesetzlichen Änderungen stellen wir sicher, dass auch theoretisch mögliche Hintertüren für eine Privati- sierung fest verschlossen sind . Vieles, was bislang recht- lich möglich gewesen wäre bei der Einbeziehung privater Betreiber und institutioneller Investoren, ist jetzt erstmals rechtlich ausgeschlossen . Manche Kritiker und manche Kampagne haben absurderweise gerade uns als SPD in den letzten Wochen unterstellt, mit den Grundgesetzän- derungen würden wir die Türen für eine Privatisierung öffnen. Das Gegenteil ist richtig: Wir schließen Türen, die bislang offen standen! Dies bestätigt uns auch der Bundesrechnungshof (BRH), der das Gesetzgebungsverfahren mit mehreren Berichten begleitet hat . In seinem jüngsten Bericht vom 24 . Mai 2017 gleicht der BRH die Empfehlungen aus seinen Berichten mit den Änderungsanträgen der Koa- litionsfraktionen ab und kommt zusammenfassend unter anderem zu folgenden Ergebnissen: Der Änderungsantrag berücksichtigt in weiten Tei- len die Anregungen des Bundesrechnungshofes zur Organisation der Infrastrukturgesellschaft . Danach muss das Parlament einem möglichen Rechtsform- wechsel der Infrastrukturgesellschaft zustimmen . Darüber hinaus ist jegliche Privatisierung der Bun- desautobahnen ausgeschlossen . Die Gründung von regionalen Tochtergesellschaften ist nicht mehr zwingend vorgegeben, sondern steht nunmehr im Ermessen der Infrastrukturgesellschaft . Der Ände- rungsantrag enthält Regelungen zur Finanzierung der Infrastrukturgesellschaft, die die Empfehlun- gen des Bundesrechnungshofes berücksichtigen . So soll auch künftig der Bundesautobahnbau über den Bundeshaushalt finanziert werden. Dazu sollen der Infrastrukturgesellschaft Mauteinnahmen zur Ver- fügung gestellt werden. Überdies soll der Einfluss des Parlamentes auf die Verwaltung der Bundes- autobahnen gewahrt bleiben . Anstatt der ursprüng- lich geplanten staatsfernen soll eine staatsnahe In- frastrukturgesellschaft entstehen . Zudem sollen die Kreditfähigkeit der Infrastrukturgesellschaft einge- schränkt sowie stille Gesellschaften und Unterbetei- ligungen verhindert werden . Im Ergebnis haben wir als SPD die doppelte Privati- sierungsschranke des Regierungsentwurfs (Bund ist hun- dertprozentiger Eigentümer erstens der Autobahnen und zweitens der Autobahngesellschaft) mit weiteren Privati- sierungsschranken verstärkt . Neben den beiden Grundgesetzänderungen verweise ich auf folgende Punkte, die in der öffentlichen Diskus- sion immer wieder auftauchen und oft falsch dargestellt werden: Die Gesellschaft wird nicht kreditfähig . Damit ist die Gefahr einer Aufnahme von privatem Kapital zu hohen Zinsen gebannt. Um effizient wirtschaften und „atmen“ zu können, kann die Gesellschaft aber Liquiditätshilfen (zinslose Darlehen) aus dem Bundeshaushalt erhalten, wie andere Bundesgesellschaften auch . Eine Übertragung von sogenannten Altschulden auf die Gesellschaft wird ausgeschlossen . Das wirtschaftliche Eigentum an den Bundesautobah- nen geht nicht auf die Gesellschaft über, sondern bleibt beim Bund . Die Übertragung und die Überlassung von Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724220 (A) (C) (B) (D) Nießbrauchrechten und anderen Rechten werden ausge- schlossen . Mautgläubiger der Lkw-Maut und der Pkw-Maut bleibt der Bund . Die Option, dass die Gesellschaft das Mautaufkommen direkt vereinnahmen kann, wird gestri- chen . Die neue Gesellschaft wird als GmbH errichtet und da- mit als juristische Person des privaten Rechts . Es ist aber grob irreführend, „privatrechtlich“ mit „Privatisierung“ gleichzusetzen . Deutschland organisiert zum Beispiel einen Großteil seiner internationalen Entwicklungshilfe über die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusam- menarbeit (GIZ), die ebenfalls eine GmbH ist . Trotzdem hat wohl noch niemand ernsthaft behauptet, Deutschland habe seine Entwicklungshilfe privatisiert . Genauso irreführend ist die Behauptung, durch die Zulässigkeit einzelner ÖPP-Projekte werde die Privati- sierung eben doch noch ermöglicht . Erstens. Eine öffentlich-private Partnerschaft ist nicht das Gleiche wie Privatisierung . Aber selbst wenn man das annehmen möchte, gilt zweitens: ÖPP sind immer nur dann erlaubt, wenn sie wirtschaftlicher sind als die herkömmliche Beschaffung (Staat bzw . Gesellschaft bauen und betreiben selbst) – was bei einer effizient arbeitenden neuen Gesellschaft seltener der Fall sein wird als in den jetzigen Struktu- ren (weswegen beispielsweise die österreichische Auto- bahngesellschaft ASFINAG kein einziges ÖPP-Projekt macht, obwohl sie könnte) . Drittens und aus meiner Sicht am wichtigsten: ÖPP bleibt auf Einzelprojekte beschränkt, und durch die von uns durchgesetzte Grundgesetzänderung ist es dauerhaft verboten, ein ÖPP-Projekt an das andere zu setzen, bis irgendwann wesentliche Teile des Autobahnnetzes oder des Bundesstraßennetzes in einem Bundesland als ÖPP betrieben werden . Uns Sozialdemokraten war aber nicht nur der Aus- schluss von Privatisierungsoptionen wichtig, sondern auch die Zukunft der Beschäftigten, die gegenwärtig in den Straßenbauverwaltungen der Länder beschäftigt sind und künftig zum Bund wechseln sollen . Wir haben Kernforderungen der Gewerkschaften durchgesetzt, um die berechtigten Interessen der Beschäftigten zu schützen und eine leistungsfähige neue Organisation zu schaffen, die ein attraktiver Arbeitgeber wird . So wird der Bund alle wechselbereiten Beschäftigten (Beamte, Arbeitneh- mer und Auszubildende) unter Wahrung ihrer Besitzstän- de übernehmen (keine „Rosinenpickerei“) . Nicht wech- selbereite Beschäftigte bei Ländern und Kommunen werden weiterbeschäftigt, deren Personalkosten werden voll erstattet . Für die Beschäftigten bei der Gesellschaft sind Tarifverträge abzuschließen . Für die Überleitung der Beschäftigten werden Überleitungstarifverträge angestrebt . Beides wird gesetzlich geregelt . Die Perso- nalvertretungen werden an der Arbeit des begleitenden Bund-Länder-Gremiums beteiligt, sofern Belange der Beschäftigten berührt sind . Zu guter Letzt war uns wichtig, dass die Reform nicht zu weniger demokratischer Kontrolle und Einflussnahme führt, sondern dass die Informations- und Steuerungs- rechte des Bundestages gewahrt bleiben . So bedürfen zum Beispiel der Gesellschaftsvertrag der GmbH und wesentliche Änderungen der vorherigen Zustimmung durch den Haushaltsausschuss und den Verkehrsaus- schuss des Deutschen Bundestages . Mitglieder des Deut- schen Bundestages werden im Aufsichtsrat der Gesell- schaft vertreten sein . Der fünfjährige Finanzierungs- und Realisierungsplan der Gesellschaft bedarf der vorherigen Zustimmung durch den Haushaltsausschuss und den Ver- kehrsausschuss des Deutschen Bundestages . Eine unab- hängige externe Prüfung der Haushalts- und Wirtschafts- führung der Gesellschaft sowie möglicher Töchter wird sichergestellt, indem entsprechende Prüfrechte des Bun- desrechnungshofes verankert werden . Aus der ursprüng- lich geplanten staatsfernen Gesellschaft ist somit eine staatliche Gesellschaft geworden, die demokratischer Kontrolle unterliegt . Entscheidend sind am Ende die Verbesserungen, die die SPD-Fraktion im parlamentarischen Verfahren er- reicht hat: Eine Privatisierung der Autobahnen und Bundes- straßen findet nicht statt; mit dem Gesetz errichten wir Schranken, wo es vorher keine gab, auch im Grundge- setz . Wir haben die berechtigten Interessen der Beschäf- tigten geschützt und schaffen eine leistungsfähige neue Organisation, die ein attraktiver Arbeitgeber wird . Der Einfluss des demokratisch gewählten Parlaments auf die Verkehrsinvestitionen bleibt gewahrt . Annette Sawade (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über die Neuregelung des bundesstaatli- chen Finanzausgleichssystems ab . Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Erstens . Zunächst ist zu beachten, dass der Bundes- tag über ein Regelungspaket zu entscheiden hat, das im Vorfeld bereits zwischen allen Ministerpräsidenten und der Bundesregierung abgestimmt worden ist . Da die Länder in den Finanzbeziehungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zuge- standen, ein Stück ihrer Kompetenz im Bildungsbereich wieder an den Bund zu geben und in diesem Zusam- menhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bun- desstraßen bzw . Autobahnen dem Bund zu übertragen . Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Bundesregierung halte ich für äußerst kritikwürdig . Die Beratungen des Bundestages wurden deutlich dadurch er- schwert, dass die Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Bundesregierung ein Gesamtpaket völlig unterschiedli- cher Regelungsbereiche verabschiedeten, die im Par- lament faktisch nicht mehr entkoppelt werden können . Umso beachtlicher sind die Veränderungen, die nun zur Abstimmung stehen. Unabhängig davon hoffe ich aber, dass alle Parteien aus dieser Situation zukünftig lernen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24221 (A) (C) (B) (D) Zweitens . Aus SPD-Sicht war in dem Regelungspaket von Anfang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschus- ses zu begrüßen . Für fast 1 Million alleinerziehende El- tern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen der un- terhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staat- liche Unterstützung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird dazu führen, dass die Doppelbelastung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigt werden kann . Drittens . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bildungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen bereitzustellen. Eine vollständige Abschaffung des Ko- operationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wich- tiges Ziel sozialdemokratischer Politik . Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe . Dies ist aber zwischen den Koalitionspartnern umstritten . Viertens . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflich- tet, unter anderem die Verwaltung der Bundesautobah- nen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne . Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigentum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist . Allerdings befürchte- ten viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Zusammen- hang, dass private Investoren über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könnten . Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfassungstextes vor, der eine unmit- telbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Ge- sellschaft und deren Tochtergesellschaften ausdrücklich ausschließt . Der SPD-Bundestagsfraktion ist es zu ver- danken, dass somit alle Hintertüren für eine mögliche Privatisierung in der Verfassung selbst geschlossen wor- den sind . Öffentlich-private Partnerschaften gibt es bereits – sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungs- paket ermöglicht. Der Einfluss von öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) wird mit der vorliegenden Reform weiter beschränkt . ÖPP für Streckennetze, die das ge- samte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sons- tiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentlicher Teile davon umfassen, sind ausgeschlossen . Es werden Möglichkeiten zur Einbeziehung privater Betreiber und institutioneller Investoren ausgeschlossen, die bislang noch bestehen . Hier ist der Gesetzentwurf ein echter Fortschritt . Dem Deutschen Bundestag – namentlich dem Haushalts- und dem Verkehrsausschuss – werden durch die Reform neue Kontrollmöglichkeiten eingeräumt, die dieser auch im Sinne des Interesses der Bürgerinnen und Bürger nutzen wird . Bereits vor dieser Reform hat die Koalition im aktu- ellen Bundesverkehrswegeplan den Anreiz für ÖPP ge- mindert, da Gelder nicht mehr nach Ländern, sondern nach Prioritäten vergeben werden . Auch durch die neu eingeführten, realistischeren Wirtschaftlichkeitsberech- nungen werden ÖPP reduziert, ebenso wie das in der neuen Gesellschaft eingeführte Planungsprinzip nach der Lebenszeit . Wichtig für mich ist auch, dass mit der vorliegen- den Reform das wirtschaftliche Eigentum der Bundes- fernstraßen unveräußerlich beim Bund bleibt . Die neue Gesellschaft ist lediglich für die Verwaltung zuständig, auch die Übertragung von Nießbrauchrechten – also die gewinnbringende Nutzung durch die Gesellschaft – ist ausgeschlossen . Die Gesellschaft wird auch nicht als Mautgläubigerin auftreten . Auch eine funktionale Pri- vatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesellschaft auf Dritte ist nicht möglich . In enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften haben wir zudem die Rechte der Beschäftigten beim geplanten Personalübergang von den Straßenbauver- waltungen der Länder auf den Bund festgeschrieben . So gibt es zum Beispiel ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang, und die besondere Situation des beamteten Personals wird berücksichtigt . Auch das ist für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung . Bedenken habe ich allerdings, ob ein Wechsel des Systems ohne größere Friktionen möglich ist und in ab- sehbarer Zeit die gewünschte größere Effizienz und Ef- fektivität tatsächlich erreicht werden können . Vielmehr sind durch die Umstellung deutliche Verzögerungen und Effizienzverluste möglich. Wichtig ist nun, dass der Ge- sellschaftsvertrag entsprechend im Sinne einer effizien- ten Arbeitsweise der neuen Gesellschaft gestaltet wird . Durch unsere Änderungen am Gesetz wird hierfür das Parlament zuständig sein . Obwohl ich weiterhin nicht sicher bin, dass die er- hofften Verbesserungen mit der vorliegenden Reform der Straßenbauverwaltung tatsächlich erreicht werden kön- nen, habe ich bei meiner Entscheidung auch die anderen Aspekte dieses Gesetzes zu berücksichtigen . Die um- fassende Reform der Bund-Länder-Beziehungen ist ein wichtiger Schritt zu einer nachhaltigen Finanzierung der Länder . Zusätzlich sind die Einschränkung des Koopera- tionsverbots, das Investitionsprogramm für Kommunen und der Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende wich- tige Zukunftsprojekte, die das Leben vieler Menschen spürbar verbessern werden . In Abwägung dieser Dinge und angesichts der Tatsache, dass die wesentlichen Män- gel der Infrastrukturgesellschaft Verkehr einfachgesetz- lich behoben werden können, stimme ich dem Gesetz- entwurf zu . Dr. Nina Scheer (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über die Entwürfe der Bundesregierung zur Änderung des Grundgesetzes und zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 ab . Erstens . Nach mehr als zwei Jahren Verhandlungen hatten sich Länder und Bundesregierung – ohne Beteili- gung des Parlaments – im Dezember 2016 auf eine Neu- ordnung der Finanzbeziehungen für die Zeit nach 2019 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724222 (A) (C) (B) (D) verständigt . Danach übernimmt der Bund im Ergebnis künftig eine deutlich stärkere Rolle beim Ausgleich der Finanzkraft zwischen den Bundesländern . Finanzstar- ke Länder sollen dabei entlastet werden . Diesen Ansatz sehe ich kritisch; ich halte es für nicht sachgerecht, dass ein solch wesentlich die Ausgeglichenheit von Lebens- verhältnissen und Entwicklungsperspektiven innerhalb Deutschlands mitbestimmendes Regelwerk ohne inhalt- liche Beteiligung des Deutschen Bundestages erfolgt . Zugleich drängt die Zeit und Notwendigkeit einer Neu- regelung des Bund-Länder-Finanzausgleichs, da die bis- herige Solidarsystematik ausläuft . So verbleibt bis heute nur die Möglichkeit, die bereits zwischen den Ländern und der Bundesregierung geeinigte Neuregelung seitens des Bundestages zu beschließen . Zweitens . Ferner enthalten ist die Gründung einer Ver- kehrsinfrastrukturgesellschaft des Bundes, die den Bau, die Planung und Verwaltung der Autobahnen und weiterer Bundesstraßen neu organisieren soll . Auf Druck der SPD wurden die Pläne von CDU-Finanzminister Schäuble und CSU-Verkehrsminister Dobrindt, private Unterneh- men umfangreich an den Autobahnen in Deutschland be- teiligen zu können, entscheidend entschärft . Die Position der SPD hat sich im parlamentarischen Verfahren nicht geändert: Von Beginn an haben wir uns klar gegen eine Privatisierung der Verkehrsinfrastruktur ausgesprochen und entsprechende Änderungen an den Gesetzentwür- fen eingefordert . In mehreren Verhandlungsrunden mit dem Koalitionspartner konnten wir somit umfangreiche Änderungen durchsetzen und Privatisierungsschranken einziehen . Zusammengefasst konnten wir diesbezüglich Folgen- des durchsetzen: 1 . „Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Dritter an der Infrastrukturgesellschaft und möglichen Tochtergesellschaften ist ausgeschlossen .“ Dies wird verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich geregelt . 2 . Eine funktionale Privatisierung durch die Übertra- gung eigener Aufgaben der Gesellschaft auf Dritte, zum Beispiel durch Teilnetz-ÖPP, wird ausgeschlossen . In Ar- tikel 90 Absatz 2 des Grundgesetzes wird dazu der Satz eingefügt: „Eine Beteiligung Privater im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften ist ausgeschlossen für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in ei- nem Land oder wesentliche Teile davon umfassen .“ 3 . Eine Übertragung von Altschulden auf die Gesell- schaft wird ausgeschlossen . 4 . Die Gesellschaft wird nicht kreditfähig . Damit ist die Gefahr einer Aufnahme von privatem Kapital zu hohen Zinsen gebannt. Um effizient wirtschaften und „atmen“ zu können, kann die Gesellschaft aber Liquidi- tätshilfen – zinslose Darlehen – aus dem Bundeshaushalt erhalten – wie andere Bundesgesellschaften auch . 5 . Das wirtschaftliche Eigentum an den Fernstraßen geht nicht an die Gesellschaft über, sondern bleibt beim Bund . Die Übertragung und die Überlassung von (Nieß- brauch-)Rechten werden ausgeschlossen . 6 . Mautgläubiger bleibt der Bund – für Lkw-Maut und Pkw-Maut . Die Option, dass die Gesellschaft das Maut- aufkommen direkt vereinnahmen kann, ist gestrichen . Die zweckgebundenen Einnahmen – Lkw-Maut, Pkw- Maut – fließen der Gesellschaft wie bisher über den Bun- deshaushalt zu . 7 . Das Verkehrsministerium kann Befugnisse und Aufgaben der Gesellschaft und des Fernstraßen-Bundes- amtes nur dann auf andere vom Bund gegründete Ge- sellschaften übertragen, wenn diese im ausschließlichen Eigentum des Bundes stehen . 8 . Spartengesellschaften sind ausgeschlossen . Zur Herstellung der Präsenz in der Fläche kann die Gesell- schaft aber bedarfsgerecht bis zu zehn regionale Toch- tergesellschaften gründen, die denselben Restriktionen unterliegen wie die Muttergesellschaft . 9 . Die Gesellschaft wird als GmbH errichtet . Die Evaluationsklausel, die eine einfache Umwandlung zur AG ermöglicht hätte, wird gestrichen . 10 . Der Gesellschaftsvertrag (= Satzung) der GmbH und wesentliche Änderungen bedürfen der vorherigen Zustimmung durch den Haushaltsausschuss und den Ver- kehrsausschuss des Deutschen Bundestages . 11 . Eine unabhängige externe Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Gesellschaft sowie mögli- cher Töchter wird sichergestellt, indem entsprechende Prüfrechte des Bundesrechnungshofes verankert werden . 12. Kontroll- und Einflussmöglichkeiten des Parla- ments auf Verkehrsinvestitionen bleiben vollumfänglich erhalten . 13 . Der fünfjährige Finanzierungs- und Realisierungs- plan für Verkehrsinvestitionen der Gesellschaft bedarf der vorherigen Zustimmung durch den Haushaltsaus- schuss und den Verkehrsausschuss des Deutschen Bun- destages – während dieser Fünfjahresplan nach heutigem Recht den Ausschüssen vom Verkehrsministerium nur „zur Kenntnis“ und damit ohne Zustimmungsvorbehalt vorgelegt wird . Für die circa 11 000 Beschäftigten der Straßenbauver- waltungen der Länder, die in den nächsten Jahren ver- mutlich überwiegend zum Bund wechseln werden, konn- ten wir folgende Verbesserungen erreichen: 1 . Zum Personalübergang von den Straßenbauverwal- tungen der Länder werden – abweichend vom Regie- rungsentwurf – die Mitbestimmung der Beschäftigten gestärkt, die Freiwilligkeit zum Prinzip erhoben und die vorgesehenen Eingriffe in die Tarifautonomie kor- rigiert – Kernforderungen der Gewerkschaften werden damit umgesetzt . 2 . Der Bund wird alle wechselbereiten Beschäftig- ten – bis zu 11 000 Beamte, Arbeitnehmer und Auszubil- dende – übernehmen . Nicht wechselbereite Beschäftigte bei Ländern und Kommunen werden weiterbeschäftigt, deren Personalkosten werden den Ländern voll erstattet . 3 . Das Widerspruchsrecht wird unmissverständlich verankert: Die Vorschriften des § 613a BGB über den Betriebsübergang finden analog Anwendung. Die Wei- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24223 (A) (C) (B) (D) terverwendung erfolgt grundsätzlich am bisherigen Ar- beitsplatz und Arbeitsort . 4 . Für die Beschäftigten bei der Gesellschaft sind Ta- rifverträge abzuschließen . Für die Überleitung der Be- schäftigten werden Überleitungstarifverträge angestrebt . Beides wird gesetzlich geregelt . 5 . Die Personalvertretungen werden an der Arbeit des begleitenden Bund-Länder-Gremiums beteiligt, sofern Belange der Beschäftigten berührt sind . 6 . Der Übergang erfolgt zügig, die neue Struktur soll schnell leistungsfähig sein . Die Gesellschaft soll deutlich früher den Betrieb aufnehmen als zum 1 . Januar 2021, wie im Regierungsentwurf vorgesehen . Sie wird 2018 gegründet. Ferner wird die Verkehrsinfrastrukturfinan- zierungsgesellschaft (VIFG) zum 1 . Januar 2019 auf die neue Gesellschaft verschmolzen, anstatt ihre Aufgaben scheibchenweise zu übertragen und die VIFG dann auf- zulösen . 7 . Die Auftragsverwaltung kann schon vor dem 31 . Dezember 2020 beendet werden . Die Gesellschaft kann ab dem 1 . Januar 2020 im Einvernehmen mit dem jeweiligen Land die Planung und den Bau von Bundesau- tobahnen wahrnehmen . 8 . Sobald ein Land sein auf die Gesellschaft zu über- tragendes Personal und die Sachmittel vollständig über- tragen hat, übernimmt der Bund auch vor 2021 die Kos- ten für die vom Bund veranlassten Planungen . Damit wird Fehlanreizen für die Länder bei ihren Planungsleis- tungen entgegengesteuert . Drittens . Mit einem weiteren Baustein des Gesetzespa- kets werden 3,5 Milliarden Euro für die Bildungsinfra- struktur in finanzschwachen Kommunen zur Verfügung gestellt . Dadurch kann der teils massive Sanierungsstau an deutschen Schulen – zumindest teilweise – beseitigt werden . Ermöglicht wird dies durch den Aufbruch des im Grundgesetz verankerten Kooperationsverbots . Dies hat die SPD durchgesetzt . Viertens. Im Gesamtpaket findet sich eine wesentliche Erleichterung für alle Alleinerziehenden und ihre Kin- der: Der Unterhaltsvorschuss wird deutlich ausgebaut . Zum einen wird die Altersgrenze angehoben von jetzt 12 auf 18 Jahre . Zum anderen wird die bisherige zeitliche Befristung von maximal sechs Jahren Bezugsdauer ab- geschafft. Der Bund beteiligt sich nach der Ausweitung deutlich mehr an den Kosten des Unterhaltsvorschusses . Da es für Alleinerziehende besonders schwer ist, Er- werbsarbeit und Kinderbetreuung miteinander zu verein- baren, ist diese Reform ein großes Stück mehr Gerechtig- keit in unserem Land . Insgesamt stimme ich dem Gesetzespaket in einer Ab- wägung, wonach die Verbesserungen gegenüber even- tuell eintretenden Verschlechterungen überwiegen, zu . Zwar war ein völliger Ausschluss von ÖPP im Grundge- setz mit dem Koalitionspartner nicht zu realisieren . Mit den ergänzenden einfachgesetzlichen Schranken wird aber eine Eingrenzung von ÖPP vorgenommen, die es mit der bisherigen Rechtslage nicht gab . ÖPP wird somit nun weitgehend ausgeschlossen . Gleichwohl besteht die Gefahr, dass unter einer zu- künftigen schwarz-gelben Koalition im Deutschen Bun- destag die gesetzlichen Restriktionen, die wir von der SPD eingebracht haben und heute für die Verkehrsinfra- strukturgesellschaft des Bundes beschließen, ausgehebelt werden könnten . Mit dem vorliegenden Gesetzespaket konnten wir leider nicht so weitgehende Privatisierungs- schranken grundgesetzlich sichern, dass nicht mit an- deren Mehrheitsverhältnissen und einfachgesetzlichen Änderungen einige jetzt eingezogenen Schranken wieder aufgebrochen werden können . Die Unionsfraktion hat leider alle noch weitergehenden Schranken verweigert . Eben dieser Aspekt, wie auch die Frage, ob die zu grün- dende Infrastrukturgesellschaft zu zeitlichen Verzöge- rungen in der Umsetzung von anstehenden Bauvorhaben führen kann, wirken als politische Aufgabe fort und soll- ten als Appell verstanden werden, mit der anstehenden Bundestageswahl kein Mehrheitsverhältnis zu ermögli- chen, das für Privatisierung spräche . Udo Schiefner (SPD): Deutschland braucht eine leistungsfähige und flächendeckende Verkehrsinfrastruk- tur . Dieser Bundestag hat für die Finanzierung der Ver- kehrsinfrastruktur in den letzten Jahren deutlich mehr Mittel zur Verfügung gestellt . Es braucht jedoch nicht nur Geld, sondern das Geld muss auch effizient einge- setzt werden . Planung, Bau und Erhalt der Bundesauto- bahnen und Bundesfernstraßen in der jetzigen Auftrags- verwaltung der Länder funktionieren aber nicht optimal . Das ist auf allen politischen Ebenen erkannt und benannt worden . Eine Reform dieser Strukturen ist dringend ge- boten . Deshalb ist eine veränderte Auftragsverwaltung nun Teil eines umfangreichen Pakets zur Änderung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen, das zwischen Bund und allen Bundesländern einstimmig verabredet wurde . Neben der Reform der Auftragsverwaltung war hierzu schon länger die Gründung einer Bundesfernstraßenge- sellschaft im Gespräch . Ein entsprechendes Konzept, wie es die Arbeitsgruppen Verkehr, Wirtschaft und Haushalt der SPD-Bundestagsfraktion vorgelegt hatten, fand und findet meine volle Unterstützung. Der von der Bundes- regierung ursprünglich vorgelegte Entwurf hatte unseren verkehrspolitischen Anforderungen allerdings zum ei- nen nicht ausreichend Rechnung getragen; zum anderen wies er gravierende Mängel hinsichtlich Privatisierung, Struktur, Beteiligung der Politik und Mitarbeiterrechten auf . Er war nicht zustimmungsfähig . Deshalb haben wir in langen Verhandlungen aus meiner Sicht wesentliche Änderungen durchgesetzt . Es wird behauptet, die Bundesfernstraßengesellschaft schaffe Hintertüren zur Privatisierung. Dies tue sie vor allem, weil sie eine GmbH, also eine juristische Person des privaten Rechts, sein werde. Eine GmbH in öffent- lichem Besitz ist jedoch nicht per se gewinnorientiert . Die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft oder die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit zum Beispiel oder auch kommunale Unternehmen, wie Stadt- werke, sind dies ebenfalls nicht . Die dafür notwendigen Schranken haben wir durchgesetzt . Die Behauptung, es bestünden weiterhin Hintertüren zur Privatisierung, ist unzutreffend. Die von uns durchgesetzten Änderungen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724224 (A) (C) (B) (D) an den Grundgesetzartikeln und den dazugehörigen Be- gleitgesetzen verhindern ebendies dauerhaft . Auch der Einfluss von öffentlich-privaten Partnerschaften wird mit der vorliegenden Reform weiter beschränkt . Möglichkei- ten zur Einbeziehung privater Betreiber und institutionel- ler Investoren, die bislang noch bestehen, werden ausge- schlossen . Hier stellt der jetzt vorliegende Gesetzentwurf einen echten Fortschritt dar . Dem Deutschen Bundestag, dem Haushalts- und dem Verkehrsausschuss, werden durch die Reform weitreichende neue Kontroll- und Mit- wirkungsmöglichkeiten eingeräumt . Das wirtschaftliche Eigentum der Bundesfernstraßen bleibt zudem unveräu- ßerlich beim Bund . Die neue Gesellschaft ist lediglich für die Verwaltung zuständig . Auch eine funktionale Pri- vatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesellschaft auf Dritte ist nicht möglich . Die SPD-Bundestagsfraktion musste und konnte sich in zentralen Punkten gegenüber ihren Koalitionspartnern durchsetzen . Im Ergebnis führt die Reform nun nicht mehr zu weniger demokratischer Kontrolle und Einfluss- nahme, sondern die Informations- und Steuerungsrechte des Bundestages werden gestärkt . Der Bundesrechnungs- hof unterstreicht die Verhandlungserfolge der SPD-Bun- destagsfraktion: „Anstatt der ursprünglich geplanten staatsfernen soll eine staatsnahe Infrastrukturgesellschaft entstehen .“ Die bundeseigene Verwaltung verspricht zü- gigere Baumaßnahmen, und ich erwarte eine neue Ge- sellschaft, die gemeinwohlorientiert für ein effizienteres Autobahnnetz in Deutschland sorgen kann . So kann ich den Gesetzesänderungen heute zustimmen . Dr. Dorothee Schlegel (SPD): Der Deutsche Bun- destag stimmt heute über die Neuregelung des bundes- staatlichen Finanzausgleichssystems ab . Im parlamen- tarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich einge- brachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Erstens . Zunächst ist zu beachten, dass der Bundes- tag über ein Regelungspaket zu entscheiden hat, das im Vorfeld bereits zwischen allen Ministerpräsidenten und der Bundesregierung abgestimmt worden ist . Da die Länder in den Finanzbeziehungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zuge- standen, ein Stück ihrer Kompetenz im Bildungsbereich wieder an den Bund zu geben und in diesem Zusam- menhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bun- desstraßen bzw . Autobahnen dem Bund zu übertragen . Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Bundesregierung halte ich für äußerst kritikwürdig . Die Beratungen des Bundestages wurden deutlich dadurch er- schwert, dass die Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Bundesregierung ein Gesamtpaket völlig unterschiedli- cher Regelungsbereiche verabschiedeten, die im Par- lament faktisch nicht mehr entkoppelt werden können . Umso beachtlicher sind die Veränderungen, die nun zur Abstimmung stehen. Unabhängig davon hoffe ich aber, dass alle Parteien aus dieser Situation zukünftig lernen . Zweitens . Aus SPD-Sicht war in dem Regelungspaket von Anfang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschus- ses zu begrüßen . Für fast 1 Million alleinerziehende El- tern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen der un- terhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staat- liche Unterstützung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird dazu führen, dass die Doppelbelastung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigt werden kann . Drittens . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bildungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen bereitzustellen. Eine vollständige Abschaffung des Ko- operationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wich- tiges Ziel sozialdemokratischer Politik . Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe . Dies ist aber zwischen den Koalitionspartnern umstritten . Viertens . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflich- tet, unter anderem die Verwaltung der Bundesautobah- nen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne . Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigentum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist . Allerdings befürchte- ten viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Zusammen- hang, dass private Investoren über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könnten . Die Verlautba- rungen aus Bundesfinanzministerium und Bundesver- kehrsministerium verstärkten diesen Verdacht . Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bundes- rechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf . Die Ge- werkschaft Verdi problematisierte insbesondere Fragen beim Personalübergang . Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfassungstextes vor, der eine unmit- telbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Ge- sellschaft und deren Tochtergesellschaften ausdrücklich ausschließt . Dem Engagement der SPD-Bundestagsfrak- tion ist es zu verdanken, dass somit alle Hintertüren für eine mögliche Privatisierung in der Verfassung selbst ge- schlossen worden sind . Zudem ist es gelungen, dass alle wechselbereiten Beschäftigten der Straßenbauverwal- tungen der Länder vom Bund übernommen und grund- sätzlich dort eingesetzt werden, wo sie bisher arbeiten . Die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft ist verpflichtet, Tarifverträge für alle Beschäftigten abzuschließen . Ich empfinde es als Bestätigung dieser Position, dass auch die Gewerkschaft Verdi sowie der Bundesrechnungshof die Erfolge des parlamentarischen Verfahrens ausdrück- lich anerkennen . Darüber hinaus werden in der Debatte sogenannte öf- fentlich-private Partnerschaften (ÖPP) problematisiert . Die Partnerschaften gibt es bereits – sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungspaket ermög- licht . Doch selbst in diesem Bereich konnte nun durch das parlamentarische Verfahren eine Verbesserung er- reicht werden: Erstmalig werden in der Verfassung öf- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24225 (A) (C) (B) (D) fentlich-private Partnerschaften für ganze Streckennetze oder wesentliche Teile explizit ausgeschlossen . Damit wird im Grundgesetz selbst ein klares Zeichen gegen die Ausweitung von ÖPP gesetzt . Die SPD-Bundestagsfraktion hätte sich eine noch wei- tergehende Regelung gewünscht . Dies war jedoch mit der CDU/CSU-Fraktion nicht möglich . Ich stimme dem Gesetzespaket dennoch zu . Demokratie und das Ringen im parlamentarischen Verfahren bringen selten Ergebnisse, die zu 100 Prozent den Forderungen einer einzelnen Fraktion entsprechen . Wer künftig ÖPP vollständig verhindern will, muss dafür eintreten, dass der Staat mehr Mittel in die Infrastruk- tur investiert, wie es die SPD fordert . Ein völliger Aus- schluss von ÖPP im Grundgesetz, der einer Zweidrittel- mehrheit in Bundestag und Bundesrat bedarf, war in der bestehenden Koalition nicht realisierbar . Deshalb werbe ich für die Anerkennung der Verhandlungserfolge im par- lamentarischen Verfahren und die Erhöhung des Drucks auf all die politischen Kräfte, die eine schwarze Null im Bundeshaushalt über politische Gestaltungsmöglichkei- ten stellen . Swen Schulz (Spandau) (SPD): Ich werde der erziel- ten Einigung über die Neuordnung der Finanzbeziehun- gen von Bund und Ländern zustimmen . Auf der Basis dieser Vereinbarungen steht ein Gesetzespaket mit vier Regelungskomplexen zur Abstimmung . In allen vier Komplexen hat sich die SPD-Bundestagsfraktion in we- sentlichen Fragen mit ihren Positionen durchsetzen kön- nen . Hinzu kommt, dass gerade für Berlinerinnen und Berliner erhebliche Vorteile erreicht wurden . Allerdings sehe ich auch schwierige Bestandteile des Gesetzespaketes . Das ist bei einem Kompromiss nicht nur innerhalb einer Koalition, sondern auch zwischen dem Bund und den 16 Bundesländern nicht anders zu er- warten . In der Gesamtbetrachtung überwiegen jedoch die positiven Elemente . Im Einzelnen: Die finanzielle Handlungsfähigkeit von Ländern und Kommunen wird nach dem Auslaufen des Solidarpaktes im Jahr 2019 gesichert . Das ist ein zentrales Anliegen der SPD-Bundestagsfraktion . Für Berlin ist diese Eini- gung nachgerade finanziell überlebenswichtig. Die Neu- regelung bedeutet jährliche Mehreinnahmen von etwa 500 Millionen Euro gegenüber einer Nichteinigung . Wir haben erreicht, dass das bisher im Grundgesetz verankerte Kooperationsverbot von Bund und Ländern in der Bildung dauerhaft aufgebrochen wird . Darüber hi- naus werden ganz konkret 3,5 Milliarden Euro für Bil- dungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen zur Verfügung gestellt, um Schulgebäude zu sanieren und zu modernisieren . Das hat die SPD nach langen und intensi- ven Diskussionen gegen viele Widerstände durchgesetzt . Ich bin sicher, dass die Bildungskooperation eine wich- tige Weichenstellung für die Zukunft unseres Landes ist . Im Gesetzespaket enthalten ist außerdem die Aus- weitung des Unterhaltsvorschusses für Kinder über das 12 . Lebensjahr hinaus bis zur Volljährigkeit . Der SPD-Bundestagsfraktion war wichtig, auf diesem Weg Alleinerziehende und ihre Kinder besser zu unterstützen . Von der Verbesserung werden über 260 000 Kinder pro- fitieren. Der sicherlich umstrittenste und aus meiner Sicht auch schwierigste Teil des Gesetzespaketes ist die Infrastruk- turgesellschaft Verkehr . Der ursprüngliche Gesetzent- wurf der Bundesregierung hatte hier die Tür für massive Privatisierungen geöffnet. Hier haben wir bei den parla- mentarischen Beratungen nun Regelungen durchgesetzt, die die Privatisierung des Bundesautobahn- und Bundes- fernstraßennetzes verhindern . Im Grundgesetz selbst wird deswegen geregelt, dass nicht nur die Bundesfernstraßen selbst im unveräußerli- chen, hundertprozentigen Eigentum des Bundes stehen, sondern auch die Infrastrukturgesellschaft, die für de- ren Planung, Bau und Betrieb zuständig sein wird . An ihr können sich Private weder mittel- noch unmittelbar beteiligen . Auch Privatisierungen von Teilnetzen sind durch die Änderung des Grundgesetzes künftig ausge- schlossen . Das wirtschaftliche Eigentum an den Bundesfernstra- ßen bleibt beim Bund . Die neue bundeseigene Infrastruk- turgesellschaft wird vollständig staatlich über den Bun- deshaushalt finanziert und darf keine Kredite von Dritten aufnehmen . Die Kontrolle der Gesellschaft wird künftig durch den Bundesrechnungshof ebenso wie die Beteili- gung des Deutschen Bundestages sichergestellt . Der SPD-Bundestagsfraktion ist die Zukunft der rund 11 000 Beschäftigten, die von den Straßenbauverwaltun- gen der Länder künftig zum Bund wechseln, sehr wich- tig . Wir konnten die Kernforderungen der Gewerkschaf- ten nach Überleitungstarifverträgen durchsetzen und die Interessen der Beschäftigten unter Wahrung ihrer Besitz- stände schützen . In der unter dem Strich positiven Bewertung der Än- derungen des Gesetzentwurfes werde ich übrigens vom Bundesrechnungshof, von Verdi sowie von weiteren Sachverständigen, die den ursprünglichen Entwurf der Bundesregierung scharf kritisiert hatten, bestätigt . Persönlich hätte ich mir noch mehr vorstellen können, nämlich den vollständigen Ausschluss von öffentlich-pri- vaten Partnerschaften (ÖPP) . Dafür fehlt jedoch die nötige Zweidrittelmehrheit zur Änderung des Grundge- setzes . Die erreichte Begrenzung auf Teilstücke ist aber ein deutlicher Fortschritt gegenüber dem bestehenden Rechtsrahmen, denn nun werden ÖPP zum ersten Mal eingeschränkt . Wir schließen Türen für Privatisierungen, die bislang offen standen. Ewald Schurer (SPD): Mit der heutigen Sitzung des Deutschen Bundestags wird die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen beschlossen . Diese immens umfangreichen Gesetzesänderungen beinhalten unter anderem 13 Grundgesetzänderungen sowie zahlrei- che weitere einfachgesetzliche Regelungen . Das nun vor- liegende Gesetzespaket geht zurück auf eine Einigung zwischen der Bundesregierung und den Ländern vom Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724226 (A) (C) (B) (D) Dezember 2016 als Ersatz für die auslaufenden Regelun- gen zum Bund-Länder-Finanzausgleich 2019 . Nach reif- licher Abwägung habe ich mich dazu entschieden, gegen dieses Paket zu stimmen . Der Grund für mich, dem Gesetzpaket meine Zustim- mung zu verweigern, ist die darin enthaltene Einführung einer Infrastrukturgesellschaft zur Sicherstellung der Fi- nanzierung der Bundesautobahnen . Bereits letztes Jahr habe ich mich zu diesem Thema klar positioniert: Einer Infrastrukturgesellschaft kann ich nur zustimmen, wenn diese die Form einer Gesellschaft öffentlichen Rechts hat und eine Privatisierung der Bundesautobahnen rechtssi- cher und unwiderruflich ausgeschlossen wird. Das ist in dem vorliegenden Kompromiss jedoch leider nicht der Fall . Zunächst möchte ich betonen, dass die SPD-Bundes- tagsfraktion sich in den Verhandlungen während der ver- gangenen Monate mit allem Nachdruck und unter zähem Ringen mit den Koalitionspartnern von CDU und CSU in zahlreichen wichtigen Punkten durchgesetzt und den ur- sprünglichen Inhalt des Regierungsentwurfs um nahezu 180 Grad zugunsten des Allgemeinwohls und der parla- mentarischen Mitbestimmung gedreht hat . In dem Paket enthalten ist auch eine Lockerung des Kooperationsverbots im Bildungsbereich, die es dem Bund ermöglicht, Geld für Bildungsinfrastruktur in fi- nanzschwachen Kommunen zur Verfügung zu stellen, um beispielsweise Schulgebäude zu sanieren und zu mo- dernisieren . 3,5 Milliarden Euro stehen dafür zur Verfü- gung . Das Geld geht vom Bund über die Länder an die Kommunen, die dann vor Ort entscheiden, wie es inves- tiert wird . Des Weiteren wird im Rahmen des Pakets der Unter- haltsvorschuss neu geregelt, den Alleinerziehende erhal- ten, wenn der eigentlich unterhaltspflichtige Elternteil nicht zahlt: Künftig wird nicht nur bis zum 12 . Geburts- tag des Kindes gezahlt, sondern bis zum 18 . Geburtstag, und während bislang maximal sechs Jahre lang gezahlt wurde, entfällt diese Befristung künftig komplett . Ein sehr wichtiger Meilenstein zur Stärkung alleinerziehen- der Eltern und ihrer Kinder! Ein weiteres Element des Paketes sind die Gesetz- entwürfe, mit denen Verwaltung und Bau von Autobah- nen und sonstigen Bundesfernstraßen in Deutschland neu geordnet werden . Die SPD-Bundestagsfraktion hat lange und hart verhandelt, um möglichst viele Privati- sierungsschranken einzubauen . So wurden auch Grund- gesetzänderungen hineinverhandelt, mithilfe derer die mittelbare und unmittelbare Beteiligung Dritter an der Infrastrukturgesellschaft und deren Tochtergesellschaf- ten ausgeschlossen wird . Außerdem ist ausgeschlossen, dass sich Private im Rahmen von öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) für Streckennetze, die das gesam- te Bundesautobahnnetz oder wesentliche Teile davon betreffen, beteiligen. Wenn man bedenkt, dass insbe- sondere Bundesverkehrsminister Dobrindt ursprünglich bis zu 49 Prozent der Gesellschaft an private Investoren veräußern wollte, ist das ein erstaunliches Verhandlungs- ergebnis . Mir persönlich geht das aber nicht weit genug . Denn das bedeutet auch, dass auf der anderen Seite die Mög- lichkeit besteht, ÖPP auf Strecken von einer Länge von maximal 100 Kilometern umzusetzen . Zudem ist der Be- griff „wesentliche Teile“ zu unkonkret, als dass damit ein wirklicher Ausschluss Privater garantiert ist . Ich lehne ÖPP unter anderem deshalb grundsätzlich ab, da für mich die Daseinsfürsorge – und dazu zählen auch von Steuer- geld finanzierte Autobahnen – in staatliche und nicht in private Hand gehört . Des Weiteren ist der Ausschluss eines möglichen Wechsels der Rechtsform, zum Beispiel der nun zu grün- denden privatrechtlichen GmbH in eine Aktiengesell- schaft, lediglich einfachgesetzlich geregelt . Das heißt, eine andere Bundesregierung könnte diese Umwandlung ohne eine Änderung des Grundgesetzes – und der damit verbundenen erforderlichen Zweidrittelmehrheit – mit einfacher Mehrheit vollziehen . Gleiches gilt für die Kre- ditfähigkeit der Gesellschaft . Es ist zwar nicht erlaubt, dass diese selbst Kredite aufnimmt, aber dieser Punkt ist ebenfalls nur einfachgesetzlich geregelt . Für mich ist deshalb klar: Die Union wollte von An- fang an eine echte Privatisierung der Autobahnen und wird das auch weiterhin vorantreiben . Der vorliegende Kompromiss schließt dies nicht zu 100 Prozent aus, auch wenn sich die SPD-Bundestagsfraktion in wichtigen As- pekten durchsetzen und eine wie von der Union gewollte Privatisierung im großen Stil verhindern konnte . Aufgrund dieser Bedenken kann ich daher den Geset- zesänderungen in dieser Form nicht zustimmen . Reinhold Sendker (CDU/CSU): Die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ist ein elementar wichtiges Vorhaben der laufenden Wahlperiode . Es ist richtig und wichtig, das Gesetzgebungsverfahren noch in dieser Wahlperiode abzuschließen, damit alle Betei- ligten mit ausreichendem Vorlauf Planungssicherheit ha- ben . Ich begrüße außerordentlich, dass mit der erzielten Einigung auch die Schaffung einer Bundesinfrastruktur- gesellschaft beschlossen wurde . Damit werden wir be- stehende Planungsengpässe in den Ländern beseitigen . Unser Land braucht eine gesunde Verkehrsinfrastruktur, denn diese wird zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr, Wachstum und Wohlstand führen . Deshalb habe ich dem Gesetzentwurf trotz meiner im Folgenden aufgeführten Bedenken zugestimmt . Das großzügige finanzielle Engagement des Bundes ist für viele Kommunen eine große Hilfe . Gleichzeitig führen Mischzuständigkeiten und Mischfinanzierungen zu keiner Klärung von Verantwortung, wirken oft als „goldener Zügel“ und schränken die grundgesetzlich ga- rantierte kommunale Selbstverwaltung ein . Die Einfügung des Artikel 104c GG setzt zudem ein schwieriges Signal . Das eigentliche Ziel müsste sein, bundesweit keine finanzschwachen Kommunen mehr zu finden. Stattdessen werden finanzschwache Kommunen jetzt sogar in der Verfassung verankert . Statt Bundeshil- fen für finanzschwache Kommunen im Grundgesetz zu normieren, sollten die finanziell zuständigen Länder al- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24227 (A) (C) (B) (D) les daransetzen, die Finanzschwäche von Kommunen zu beheben . Der Bund kann nicht alle Missstände vor Ort zu lö- sen – erst recht nicht, wenn Länder die Hilfen des Bundes unterlaufen, Mittel des Bundes nicht an die Kommunen weiterleiten und diesen dann auch noch immer größere Lasten aufbürden, um den eigenen Landeshaushalt zu schonen . Aus dem ersten Schritt des Artikel 104c GG mit der Mitfinanzierungsmöglichkeit für den Bund in der Bildungsinfrastruktur finanzschwacher Kommunen darf keine Allgemeinzuständigkeit des Bundes für alle Pro- bleme vor Ort werden . Letzten Endes würde eine Ver- stetigung dieser Praxis dazu führen, das föderale System der Bundesrepublik und somit einen grundlegenden Teil des politischen Systems der Bundesrepublik obsolet zu machen . Ziel der Föderalismusreform 2006 war, klare Struk- turen und Verantwortlichkeiten in der Aufgabenwahr- nehmung durch Bund und Länder zu schaffen. Mit Ar- tikel 104c GG wird dieses Ziel ein Stück aus den Augen verloren . Am Grundsatz, dass für eine aufgabenange- messene auskömmliche Finanzausstattung der Kommu- nen die jeweiligen Bundesländer verantwortlich und zu- ständig sind, ist festzuhalten . Dies gilt nicht nur für den Bereich der Bildungsinfrastruktur, sondern insgesamt für alle von den Kommunen auszuführenden Aufgaben . Aus dieser Sicht besteht durch die Einfügung des Arti- kel 104c GG die Gefahr, dass ein dauerhafter Fehlanreiz gesetzt wird, dass Länder künftig Kommunen bei Inves- titionsbedarf an den Bund verweisen und somit aus der Erweiterung der Mitfinanzierungsmöglichkeit eine Mit- finanzierungszuständigkeit wird. Dies werde ich in Zukunft kritisch beobachten . Norbert Spinrath (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über die Neuregelung des bundesstaatli- chen Finanzausgleichssystems ab . Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Erstens . Zunächst ist zu beachten, dass der Bundes- tag über ein Regelungspaket zu entscheiden hat, das im Vorfeld bereits zwischen allen Ministerpräsidenten und der Bundesregierung abgestimmt worden ist . Da die Länder in den Finanzbeziehungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zuge- standen, ein Stück ihrer Kompetenz im Bildungsbereich wieder an den Bund zu geben und in diesem Zusam- menhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bun- desstraßen bzw . Autobahnen dem Bund zu übertragen . Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Bundesregierung halte ich für äußerst kritikwürdig . Die Beratungen des Bundestages wurden deutlich dadurch er- schwert, dass die Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Bundesregierung ein Gesamtpaket völlig unterschiedli- cher Regelungsbereiche verabschiedeten, die im Par- lament faktisch nicht mehr entkoppelt werden können . Umso beachtlicher sind die Veränderungen, die nun zur Abstimmung stehen. Unabhängig davon hoffe ich aber, dass alle Parteien aus dieser Situation zukünftig lernen . Zweitens . Aus SPD-Sicht war in dem Regelungspaket von Anfang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschus- ses zu begrüßen . Für fast 1 Million alleinerziehende El- tern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen der un- terhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staat- liche Unterstützung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird dazu führen, dass die Doppelbelastung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigt werden kann . Drittens . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bildungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen bereitzustellen. Eine vollständige Abschaffung des Ko- operationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wich- tiges Ziel sozialdemokratischer Politik . Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe . Dies ist aber zwischen den Koalitionspartnern umstritten . Viertens . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflich- tet, unter anderem die Verwaltung der Bundesautobah- nen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne . Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigentum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist . Allerdings befürchte- ten viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Zusammen- hang, dass private Investoren über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könnten . Die Verlautba- rungen aus Bundesfinanzministerium und Bundesver- kehrsministerium verstärkten diesen Verdacht . Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bundes- rechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf . Die Ge- werkschaft Verdi problematisierte insbesondere Fragen beim Personalübergang . Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfassungstextes vor, der eine unmit- telbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Ge- sellschaft und deren Tochtergesellschaften ausdrücklich ausschließt . Dem Engagement der SPD-Bundestagsfrak- tion ist es zu verdanken, dass somit alle Hintertüren für eine mögliche Privatisierung in der Verfassung selbst ge- schlossen worden sind . Zudem ist es gelungen, dass alle wechselbereiten Beschäftigten der Straßenbauverwal- tungen der Länder vom Bund übernommen und grund- sätzlich dort eingesetzt werden, wo sie bisher arbeiten . Die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft ist verpflichtet, Tarifverträge für alle Beschäftigten abzuschließen . Ich empfinde es als Bestätigung dieser Position, dass auch die Gewerkschaft Verdi sowie der Bundesrechnungshof die Erfolge des parlamentarischen Verfahrens ausdrück- lich anerkennen . https://de.wikipedia.org/wiki/Politisches_System_Deutschlands Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724228 (A) (C) (B) (D) Darüber hinaus werden in der Debatte sogenannte öf- fentlich-private Partnerschaften (ÖPP) problematisiert . Die Partnerschaften gibt es bereits – sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungspaket ermög- licht . Doch selbst in diesem Bereich konnte nun durch das parlamentarische Verfahren eine Verbesserung er- reicht werden: Erstmalig werden in der Verfassung öf- fentlich-private Partnerschaften für ganze Streckennetze oder wesentliche Teile explizit ausgeschlossen . Damit wird im Grundgesetz selbst ein klares Zeichen gegen die Ausweitung von ÖPP gesetzt . Die SPD-Bundestagsfraktion hätte sich eine noch wei- tergehende Regelung gewünscht . Dies war jedoch mit der CDU/CSU-Fraktion nicht möglich . Demokratie und das Ringen im parlamentarischen Verfahren bringen selten Ergebnisse, die zu 100 Prozent den Forderungen einer einzelnen Fraktion entsprechen . Wer künftig ÖPP vollständig verhindern will, muss dafür eintreten, dass der Staat mehr Mittel in die Infrastruk- tur investiert, wie es die SPD fordert . Ein völliger Aus- schluss von ÖPP im Grundgesetz, der einer Zweidrittel- mehrheit in Bundestag und Bundesrat bedarf, war in der bestehenden Koalition nicht realisierbar . Deshalb werbe ich für die Anerkennung der Verhandlungserfolge im par- lamentarischen Verfahren und die Erhöhung des Drucks auf all die politischen Kräfte, die eine schwarze Null im Bundeshaushalt über politische Gestaltungsmöglichkei- ten stellen . Deshalb stimme ich dem Gesetzesvorhaben zu . Svenja Stadler (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über die Neuregelung des bundesstaatli- chen Finanzausgleichssystems ab . Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Zunächst ist zu beachten, dass der Bundestag über ein Regelungspaket zu entscheiden hat, das im Vorfeld bereits zwischen allen Ministerpräsidenten und der Bun- desregierung abgestimmt worden ist . Da die Länder in den Finanzbeziehungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zugestanden, ein Stück ihrer Kompetenz im Bildungsbereich wieder an den Bund zu geben und in diesem Zusammenhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bundesstraßen bzw . Autobahnen dem Bund zu übertragen . Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Bundesregierung halte ich für äußerst kritikwürdig . Die Beratungen des Bundes- tages wurden deutlich dadurch erschwert, dass die Minis- terpräsidenten gemeinsam mit der Bundesregierung ein Gesamtpaket völlig unterschiedlicher Regelungsbereiche verabschiedeten, die im Parlament faktisch nicht mehr entkoppelt werden können . Umso beachtlicher sind die Veränderungen, die nun zur Abstimmung stehen . Unab- hängig davon hoffe ich aber, dass alle Parteien aus dieser Situation zukünftig lernen . Aus SPD-Sicht war in dem Regelungspaket von An- fang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses zu begrüßen . Für fast 1 Million alleinerziehende Eltern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen der unterhalts- pflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nach- kommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staatliche Unterstützung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Be- fristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird dazu führen, dass die Doppelbelastung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigt werden kann . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Koope- rationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bildungsinves- titionen in finanzschwachen Kommunen bereitzustellen. Eine vollständige Abschaffung des Kooperationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wichtiges Ziel sozialde- mokratischer Politik . Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe . Dies ist aber zwischen den Koalitionspartnern umstritten . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Le- sung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflichtet, unter ande- rem die Verwaltung der Bundesautobahnen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich da- für einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne . Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigen- tum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist . Allerdings befürchteten viele Bürge- rinnen und Bürger in diesem Zusammenhang, dass priva- te Investoren über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hin- tertür erreichen könnten . Die Verlautbarungen aus Bun- desfinanzministerium und Bundesverkehrsministerium verstärkten diesen Verdacht . Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bundesrechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf . Die Gewerkschaft Verdi problema- tisierte insbesondere Fragen beim Personalübergang . Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfassungstextes vor, der eine unmit- telbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Ge- sellschaft und deren Tochtergesellschaften ausdrücklich ausschließt . Dem Engagement der SPD-Bundestagsfrak- tion ist es zu verdanken, dass somit alle Hintertüren für eine mögliche Privatisierung in der Verfassung selbst ge- schlossen worden sind . Zudem ist es gelungen, dass alle wechselbereiten Beschäftigten der Straßenbauverwal- tungen der Länder vom Bund übernommen und grund- sätzlich dort eingesetzt werden, wo sie bisher arbeiten . Die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft ist verpflichtet, Tarifverträge für alle Beschäftigten abzuschließen . Ich empfinde es als Bestätigung dieser Position, dass auch die Gewerkschaft Verdi sowie der Bundesrechnungshof die Erfolge des parlamentarischen Verfahrens ausdrück- lich anerkennen . Darüber hinaus werden in der Debatte sogenannte öf- fentlich-private Partnerschaften (ÖPP) problematisiert . Die Partnerschaften gibt es bereits – sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungspaket ermög- licht . Doch selbst in diesem Bereich konnte nun durch das parlamentarische Verfahren eine Verbesserung er- reicht werden: Erstmalig werden in der Verfassung öf- fentlich-private Partnerschaften für ganze Streckennetze Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24229 (A) (C) (B) (D) oder wesentliche Teile explizit ausgeschlossen . Damit wird im Grundgesetz selbst ein klares Zeichen gegen die Ausweitung von ÖPP gesetzt . Die SPD-Bundestagsfraktion hätte sich eine noch wei- tergehende Regelung gewünscht . Dies war jedoch mit der CDU/CSU-Fraktion nicht möglich . Demokratie und das Ringen im parlamentarischen Verfahren bringen selten Ergebnisse, die zu 100 Prozent den Forderungen einer einzelnen Fraktion entsprechen . Wer künftig ÖPP vollständig verhindern will, muss dafür eintreten, dass der Staat mehr Mittel in die Infrastruk- tur investiert, wie es die SPD fordert . Ein völliger Aus- schluss von ÖPP im Grundgesetz, der einer Zweidrittel- mehrheit in Bundestag und Bundesrat bedarf, war in der bestehenden Koalition nicht realisierbar . Deshalb werbe ich für die Anerkennung der Verhandlungserfolge im par- lamentarischen Verfahren und die Erhöhung des Drucks auf all die politischen Kräfte, die eine schwarze Null im Bundeshaushalt über politische Gestaltungsmöglichkei- ten stellen . Christoph Strässer (SPD): Heute hat der Deutsche Bundestag den neuen Bund-Länder-Finanzausgleich beschlossen, der innerhalb eines umfangreichen Pakets auch die Regelungen zur Errichtung einer Infrastruktur- gesellschaft enthält. Nach reiflicher Abwägung habe ich mich dafür entschieden, gegen dieses Paket zu stimmen . Dieses Gesetzespaket enthält umfassende Änderungen des Grundgesetzes sowie einfachgesetzliche Änderun- gen . Es geht zurück auf eine Einigung zwischen der Bun- desregierung und den Ländern vom Dezember 2016 als Ersatz für das Auslaufen der Regelungen zum Bund-Län- der-Finanzausgleich 2019 . Der Grund für mich, dem Gesetzpaket meine Zustim- mung zu verweigern, ist die darin enthaltene Einführung einer Infrastrukturgesellschaft zur Sicherstellung der Fi- nanzierung und Effizienz bei Bau und Verwaltung der Bundesautobahnen. Die Schaffung einer Gesellschaft privaten Rechts widerspricht dem Grundsatz, dass die Bereitstellung öffentlicher Güter, wie der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur, in die öffentliche Hand gehört. Dieses Prinzip ist eine wesentliche Errungenschaft sozi- aldemokratischer Politik und ein hohes verfassungsrecht- liches Gut . Der Errichtung einer Infrastrukturgesellschaft könnte ich daher nur zustimmen, wenn diese die Form einer Gesellschaft öffentlichen Rechts hätte. Das ist in dem vorliegenden Kompromiss nicht der Fall . CDU/ CSU haben dies vehement abgelehnt . Meine Fraktionskollegen und -kolleginnen haben lange, gut und hart verhandelt, um möglichst viele Pri- vatisierungsschranken einzubauen . So wurden auch Än- derungen in das Grundgesetz hineinverhandelt, die die mittelbare und unmittelbare Beteiligung Dritter an der Infrastrukturgesellschaft und deren Tochtergesellschaf- ten ausschließen . Außerdem ist ausgeschlossen, dass sich Private im Rahmen von öffentlich-privaten Part- nerschaften (ÖPP) für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder wesentliche Teile davon be- treffen, beteiligen. Wenn man bedenkt, dass insbeson- dere Bundesverkehrsminister Dobrindt ursprünglich bis zu 49 Prozent der Gesellschaft an private Investoren ver- äußern wollte, ist das ein erstaunliches Verhandlungser- gebnis, für das unseren Verhandlungsführern Dank und Respekt gebührt . Mir persönlich geht das aber nicht weit genug . Denn das bedeutet auch, dass auf der anderen Seite die Mög- lichkeit besteht, ÖPP in höherem Maße durchzuführen . Zudem ist der Begriff „wesentliche Teile“ zu unkonkret, als dass damit ein wirklicher Ausschluss Privater garan- tiert ist . Darüber hinaus wird erstmals geradezu dazu aufgerufen, dass die Sanierung und der Bau von Schulen durch ÖPP-Vorhaben umgesetzt werden . Diesem wider- spreche ich mit aller Entschiedenheit . Die Bereitstellung von Bildungsinfrastruktur ist elementare Aufgabe des Staates . Auch ist ein möglicher Wechsel der Rechtsform, zum Beispiel der GmbH in eine AG, lediglich einfachgesetz- lich geregelt . Das heißt, eine andere Bundesregierung kann diese Umwandlung ohne eine Änderung des Grund- gesetzes mit einfacher Mehrheit vollziehen . Gleiches gilt für die Kreditfähigkeit der Gesellschaft . Es ist zwar nicht erlaubt, dass diese selbst Kredite aufnimmt, aber dieser Punkt ist ebenfalls nur einfachgesetzlich geregelt . Der vorgesehene Parlamentsvorbehalt ist lediglich einfach- gesetzlich geregelt und kann durch eine andere politische Mehrheit jederzeit verändert werden . Das gilt auch für die Übernahme der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen . Auch hier besteht die Gefahr, dass eine andere politische Mehrheit den Abbau von bislang gesicherten Arbeitsplät- zen mit Tariflöhnen und guter Mitbestimmung organi- siert . Für mich ist klar: Die Union wollte von Anfang an eine echte Privatisierung der Autobahnen und wird das auch weiterhin vorantreiben . Der vorliegende Kompromiss schließt dies nicht vollumfänglich aus, und daher habe ich ihm nicht zugestimmt . Den weiteren Regelungen, die sich beispielsweise auf die Neuordnung des Finanzaus- gleichs oder das Aufheben des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich beziehen, stimme ich selbstverständlich zu . Ich bedaure es deshalb sehr, dass in einer Schluss- abstimmung über alle Grundgesetzänderungen im Paket abgestimmt wird, nachdem bereits über die dargestellten Einzelbereiche auch jeweils namentlich votiert worden ist . Wegen der überragenden Bedeutung der Veränderung des Artikel 90 GG ist mir eine Zustimmung zum Gesamt- paket aus den vorstehenden Gründen nicht möglich . Dr. Karin Thissen (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über die Neuregelung des bundesstaatli- chen Finanzausgleichssystems ab . Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Erstens . Aus SPD-Sicht war in dem Regelungspaket von Anfang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschus- ses zu begrüßen . Für fast 1 Million alleinerziehende El- tern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen der un- terhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724230 (A) (C) (B) (D) nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staat- liche Unterstützung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird dazu führen, dass die Doppelbelastung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigt werden kann . Zweitens . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bil- dungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen be- reitzustellen. Eine vollständige Abschaffung des Koope- rationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wichtiges Ziel sozialdemokratischer Politik . Bildung ist eine ge- samtstaatliche Aufgabe . Dies ist aber zwischen den Koa- litionspartnern umstritten . Drittens . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflich- tet, unter anderem die Verwaltung der Bundesautobah- nen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne . Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigentum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist . Allerdings befürchte- ten viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Zusammen- hang, dass private Investoren über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könnten . Die Verlautba- rungen aus Bundesfinanzministerium und Bundesver- kehrsministerium verstärkten diesen Verdacht . Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bundes- rechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf . Die Ge- werkschaft Verdi problematisierte insbesondere Fragen beim Personalübergang . Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfassungstextes vor, der eine unmit- telbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Ge- sellschaft und deren Tochtergesellschaften ausdrücklich ausschließt . Dem Engagement der SPD-Bundestagsfrak- tion ist es zu verdanken, dass somit alle Hintertüren für eine mögliche Privatisierung in der Verfassung selbst ge- schlossen worden sind . Zudem ist es gelungen, dass alle wechselbereiten Beschäftigten der Straßenbauverwal- tungen der Länder vom Bund übernommen und grund- sätzlich dort eingesetzt werden, wo sie bisher arbeiten . Die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft ist verpflichtet, Tarifverträge für alle Beschäftigten abzuschließen . Ich empfinde es als Bestätigung dieser Position, dass auch die Gewerkschaft Verdi sowie der Bundesrechnungshof die Erfolge des parlamentarischen Verfahrens ausdrück- lich anerkennen . Darüber hinaus werden in der Debatte sogenannte öf- fentlich-private Partnerschaften (ÖPP) problematisiert . Die Partnerschaften gibt es bereits – sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungspaket ermöglicht . Doch selbst in diesem Bereich konnte nun durch das par- lamentarische Verfahren eine Verbesserung erreicht wer- den: Erstmalig werden in der Verfassung öffentlich-pri- vate Partnerschaften für ganze Streckennetze oder wesentliche Teile explizit ausgeschlossen . Damit wird im Grundgesetz selbst ein klares Zeichen gegen die Auswei- tung von ÖPP gesetzt . Die SPD-Bundestagsfraktion hätte sich eine noch weitergehende Regelung gewünscht . Dies war jedoch mit der CDU/CSU-Fraktion nicht möglich . Demokratie und das Ringen im parlamentarischen Verfahren bringen selten Ergebnisse, die zu 100 Prozent den Forderungen einer einzelnen Fraktion entsprechen . Wer künftig ÖPP vollständig verhindern will, muss dafür eintreten, dass der Staat mehr Mittel in die Infrastruk- tur investiert, wie es die SPD fordert . Ein völliger Aus- schluss von ÖPP im Grundgesetz, der einer Zweidrittel- mehrheit in Bundestag und Bundesrat bedarf, war in der bestehenden Koalition nicht realisierbar . Deshalb werbe ich für die Anerkennung der Verhandlungserfolge im par- lamentarischen Verfahren und die Erhöhung des Drucks auf all die politischen Kräfte, die eine schwarze Null im Bundeshaushalt über politische Gestaltungsmöglichkei- ten stellen . Michael Vietz (CDU/CSU): Dieses umfangreiche Pa- ket an Änderungen des Grundgesetzes birgt unter dem Strich ein wenig mehr Licht denn Schatten, sodass ich letzten Endes trotz größerer grundsätzlicher Bedenken diesem zustimme . Die gesamtstaatliche Entscheidungs- und Handlungs- fähigkeit der Bundesrepublik Deutschland muss zweifel- los zu jeder Zeit und auf jeder staatlichen Ebene gegeben sein. Ebenso die klare Definition von Zuständigkeit und letztendlicher Verantwortung für Entscheidungsprozesse . Entscheidend hierfür ist die finanzielle Planungssicher- heit von Bund und Ländern . Dieser Gesetzentwurf ist die gelebte finanzielle Soli- darität des Bundes mit den Ländern . Ungeachtet der Tat- sache, dass ein Gutteil der Steuereinnahmen in Deutsch- land bereits den Ländern zu ihrer Aufgabenerfüllung zufließt. Die Länder werden von manchen Aufgaben, so zum Beispiel der Bundesauftragsverwaltung für die Bundes- autobahnen, entlastet. Dies gibt die Hoffnung, dass sich Unterhaltung und Ausbau des Autobahnnetzes durch die einheitliche Führung durch den Bund signifikant verbes- sern werden . Eine von vielen Bürgerinnen und Bürgern befürchtete Privatisierung der Bundesautobahnen sehe ich hier nicht, diese bleiben unveräußerliches Bundesei- gentum . Allerdings komme ich nicht umhin, festzustel- len, dass in den Ländern mit einer guten funktionieren- den Auftragsverwaltung wie Niedersachsen zukünftig Synergieeffekte für effektive Straßenverwaltung und Straßenbau wegfallen werden . Durch die Einführung eines Ausnahmetatbestands zu Artikel 104b GG kann der Bund für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen im Bereich der Bildungsinfra- struktur Finanzhilfen gewähren . Damit wird die grund- sätzlich gegebene ausschließliche Gesetzgebungskompe- tenz der Länder aufgrund des grundsätzlich bundesweit festzustellenden, je nach Bundesland und Kommune aber doch erheblich variierenden Sanierungs- und Moderni- sierungsbedarfs im Interesse einer angemessenen und zeitgemäßen Bildung unserer Kinder durchbrochen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24231 (A) (C) (B) (D) Diejenigen, die in der Vergangenheit hier, aus welchen Gründen auch immer, nachlässig waren, können zukünf- tig Hilfe vom Bund erhalten – mit allen nachvollziehba- ren Irritationen bei denjenigen, die ihrer Verantwortung bislang aus eigener Kraft nachgekommen sind . Ebenso mit dem Risiko, dass teilweises leichtsinniges Unterlas- sen bei der eigenen Aufgabenerfüllung zukünftig vom Bund mit Förderung belohnt wird . Aus der Sicht des Bundes ist dabei sicherlich zu be- grüßen, dass die Kriterien für die Bestimmung der för- derberechtigten finanzschwachen Kommunen durch Bundesgesetz oder in den abzuschließenden Verwal- tungsvereinbarungen festgelegt werden sollen . Dies gilt auch für die Ergänzung des Artikel 104b GG, die dem Bund nun die Möglichkeit eröffnet, über die bei der Gewährung von Finanzhilfen vorgesehene Festlegung der Investitionsbereiche und der Art der zu fördernden Investitionen hinaus auch die Grundzüge der Ausgestaltung der Länderprogramme zur Verwendung der Finanzhilfen festzulegen . Ein weiterer aus der Sicht des Bundes begrüßenswerter Aspekt ist die Ermächtigung des Bundesrechnungshofs in Artikel 114 GG, im Rahmen der ihm obliegenden Prü- fung der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes hinsichtlich der zweckentsprechenden Verwendung von Bundesmitteln im Bereich von Mischfinanzierungstatbe- ständen auch Erhebungen bei den mit der Mittelbewirt- schaftung beauftragten Dienststellen der Landesverwal- tung durchzuführen . Dies ist ein begrüßenswerter Schritt zur Verbesserung der Transparenz der Verwendung der vom Bund den Ländern zur Verfügung gestellten Mittel . Diese aus der Vielzahl der Maßnahmen zur Gewähr- leistung der gesamtstaatlichen Entscheidungs- und Hand- lungsfähigkeit herausgegriffenen Aspekte illustrieren deutlich die immer weiter zunehmende – und in Anbe- tracht des Zustimmungsbedürfnisses durch den Bundes- rat faktisch irreversible – Bereitschaft der Länder, Teile ihrer Souveränität gegen finanzielle Vorteile aufzugeben. Sie lassen sich damit in einem immer größeren Maße vom Bund an dem berühmten „goldenen Zügel“ führen und gefährden damit langfristig den föderalen Staatsauf- bau unseres Landes . Des Weiteren ist zu befürchten, dass dieser Akt der So- lidarität des Bundes als Belohnung verantwortungslosen Handelns aufgefasst wird. Ich bin der Auffassung, dass derjenige, der aufgrund falscher Prioritäten die Funkti- onsunfähigkeit wichtiger Lebensbereiche herbeiführt, nicht automatisch auf die Hilfe des Bundes setzen kann und darf . Alles andere wäre ein falscher Anreiz . Diese zukünftig grundgesetzlich festgelegten Maß- nahmen sind faktisch irreversibel . Eine Evaluierung und gegebenenfalls erforderliche Korrektur bzw . Rücknahme ist zwar nicht aus rechtlichen, aber doch aus tatsächli- chen Gründen wenig wahrscheinlich . Bewährt sich eine dieser Regelungen nicht, so wird der Bund sie nur mit noch größeren Zugeständnissen an die Länder korrigie- ren können . Damit ist ein derzeit noch nicht abschätzba- res Erpressungspotenzial gegeben . Vor diesem Hintergrund hätte ich eine abstrakt-gene- relle Regelung im Grundgesetz mit einer einfachgesetzli- chen Konkretisierung deutlich bevorzugt . Trotz dieser Bedenken und Sorgen stimme ich letzt- endlich dieser umfassenden Änderung des Grundge- setzes zu. Ich hege die Hoffnung, dass die Vielzahl der Maßnahmen zur Stabilisierung der Finanzen der Bundes- länder – und ihrer Kommunen – auf Sicht greifen wer- den . Die Vorteile und Chancen der in diesem Gesetzent- wurf enthaltenen Maßnahmen übertreffen die Nachteile und Risiken in meiner Einschätzung um einen winzigen Hauch . Barbara Woltmann (CDU/CSU): Ich möchte mit dieser persönlichen Erklärung zum Ausdruck bringen, dass ich zwar dem Gesetz zustimmen werde, dennoch betreffend einzelner Aspekte der Gesetzesentwürfe er- hebliche Zweifel habe . So habe ich unter anderem Sorge, dass sich mit der Änderungen des Artikel 104c GG mit der Mitfinanzierungsmöglichkeit für den Bund in der Bildungsinfrastruktur finanzschwacher Kommunen eine Allgemeinzuständigkeit des Bundes für alle Probleme vor Ort entwickeln wird . Es besteht die Gefahr eines ers- ten Schrittes in Richtung Zentralisierung . Änderungen des Grundgesetzes sollen eigentlich nur dann erfolgen, wenn es sich um dauerhafte Änderungen handelt. Die Festschreibung des Begriffs „finanzschwa- che Kommunen“ im Grundgesetz steht im Widerspruch zum einst verfassungsrechtlich beschlossenen „Koopera- tionsverbot“ in der Bildungspolitik . Statt Bundeshilfen für „finanzschwache Kommunen“ im Grundgesetz fest- zuschreiben, sollten die finanziell zuständigen Länder alles daransetzen, die Finanzschwäche von Kommunen zu beheben . Weiter darf es kein erstrebenswerter Zustand sein, möglichst lange als „finanzschwache Kommune“ zu gelten, um sich hohe Beträge an Fördergeldern des Bundes zu sichern . Das eigentliche Ziel muss es sein, dass es keine finanzschwachen Kommunen gibt. Statt- dessen werden finanzschwache Kommunen nun sogar im Grundgesetz verankert . Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Stefan Liebich (DIE LINKE) zu der sechsten namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 125c) (Tagesordnungspunkt 9) Ich habe versehentlich mit Nein gestimmt . Mein Vo- tum lautet Enthaltung . Anlage 9 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zu der achten namentlichen Ab- stimmung über den von der Bundesregierung ein- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724232 (A) (C) (B) (D) gebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) (Tagesordnungspunkt 9) Ich habe versehentlich mit Nein gestimmt . Mein Vo- tum lautet Enthaltung . Anlage 10 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Birgit Wöllert, Kerstin Kassner und Kersten Steinke (alle DIE LINKE) zu der Ab- stimmung über die Beschlussempfehlung des Petiti- onsausschusses: Sammelübersicht 443 zu Petitionen (Beschlussempfehlung 1, laufende Nummer 1–11, Leitakte 2-18-15-2124-005471, Frau Skott u. a.) (Heb- ammen) (Tagesordnungspunkt 47 u) Die genannte Petition fordert, einen entsprechenden bundesrechtlichen Rahmen zu schaffen, durch den jeder Frau die freie Wahl des Geburtsortes sowie die Geburts- begleitung durch eine Hebamme ihres Vertrauens ge- währleistet und die Neuordnung des Vergütungssystems in der Geburtshilfe erreicht wird . Die Beschlussempfehlung, die Petition dem Bundes- ministerium für Gesundheit lediglich zu überweisen, soweit darin die Verbesserung der Datenlage hinsicht- lich der bundesweiten Versorgung mit Hebammenhilfe begehrt wird und dann abzuschließen, reicht bei weitem nicht aus . Die Darstellung in der Begründung der Beschluss- empfehlung des Ausschusses, das Anliegen der Petentin und der 41 397 Mitzeichnerinnen und Mitzeichner sei teilweise erfüllt, stimmt in der Realität weder mit dem Arbeitsalltag der Hebammen noch mit der Erfahrung vie- ler werdender Mütter überein . Einer Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zur „personellen Ausstattung . . . in sta- tionären Geburtshilfeeinrichtungen“ zufolge ergab eine „Untersuchung von 23 Studien aus 16 Ländern“, dass eine „Eins-zu-eins-Betreuung während der Geburt eine Absenkung von Interventionsraten zur Folge hat“ (https:// www .bundestag .de/blob/498952/e6d987867d45e- a04396edc12a38aa6d3/wd-9-079-16-pdf-data .pdf; S . 6) . Jedoch muss in Deutschland „fast die Hälfte der Hebam- men … drei Frauen gleichzeitig während der Geburt“ be- treuen (ebenda) . Infolge der mangelhaften Arbeits- und Entlohnungsbedingungen hat laut Deutscher Kranken- hausgesellschaft (DKG) „fast jedes zweite Krankenhaus mit einer Geburtshilfeabteilung Schwierigkeiten …, of- fene Hebammenstellen zu besetzen“ (ebenda) . Von der Begleitung durch eine Hebamme während der Geburt (regelhafte 1 : 1-Betreuung) ist Deutschland weit entfernt . Die freie Wahl des Geburtsortes kann nicht mehr gewährleistet werden . Insgesamt ist ein ganzer Be- rufsstand qualifizierter und hochmotivierter Hebammen und Entbindungspfleger existenziell gefährdet. Auch eine nachhaltige Lösung für die Haftpflichtpro- blematik der Hebammen ist seitens der Bundesregierung bis heute nicht erzielt worden . Eine grundlegende Maß- nahme würde in der Einführung eines steuerfinanzierten Haftungsfonds für alle Gesundheitsberufe bestehen (sie- he Drucksache 18/1483) . Zudem ist eine zeitgemäße Ausgestaltung von Heb- ammenleistungen dringend erforderlich, in der die Heb- ammen als erste Ansprechpartnerinnen für Frauen in Schwangerschaft, Geburt und Mutterschaft benannt und weitergehende Leistungen unter Berücksichtigung ge- sundheitsfördernder und psychosozialer Aspekte ermög- licht werden . Dieses Verständnis eines neuen Berufsbil- des sollte sich auch in der Vergütung niederschlagen . Die Versorgung mit Hebammenleistungen gehört zur Grundversorgung der Bevölkerung – wie die Versorgung mit Hausärztinnen und Hausärzten . Sie muss wohnort- nah erfolgen, zum Beispiel über integrierte Lösungen (Versorgungszentren, Hebammenstützpunkte, Koopera- tionen) . Eine wissenschaftlich fundierte, kleinräumige und konsequent an der gesundheitlichen Versorgung aus- gerichtete Bedarfsplanung für alle Gesundheitsberufe ist zwingend erforderlich . Aus den vorgenannten Gründen stimmen wir gegen die in der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses empfohlene einfache Überweisung und den Abschluss des Petitionsverfahrens . Anlage 11 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Katja Keul und Beate Müller- Gemmeke (beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Ge- setzes über den Abschluss der Rentenüberleitung (Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz) (Tagesord- nungspunkt 12 a) Es ist schier unglaublich, was selbst im 21 . Jahrhun- dert in Deutschland möglich ist . Im Jahr 2017 gibt es in Deutschland Krankenschwestern, die von ihrer Schwes- ternschaft beim Deutschen Roten Kreuz an Krankenhäu- ser entliehen werden . Sie sind Leiharbeitnehmerinnen . Das hat selbst der Europäische Gerichtshof festgestellt . Doch sie werden nicht als solche behandelt . Die Rotkreuzschwestern pflegen Menschen, versor- gen Wunden und legen Verbände an, sie sprechen kran- ken Menschen Mut zu und kümmern sich professionell um alles, was eine Krankenschwester eben tut . Doch die- se Frauen sind rechtlich gesehen keine Arbeitnehmerin- nen . Denn sie tun ihren Dienst angeblich völlig selbstlos und bescheiden . So sah es zumindest die Vereinssatzung des Deutschen Roten Kreuzes in den 50er-Jahren . Und so sieht es seither das Bundesarbeitsgericht . Denn auch das BAG meint, DRK-Schwestern sind keine Arbeitneh- merinnen . Das heißt, im 21 . Jahrhundert gibt es in Deutschland Beschäftigte, die keinerlei Rechte haben . Diese Kranken- https://www.bundestag.de/blob/498952/e6d987867d45ea04396edc12a38aa6d3/wd-9-079-16-pdf-data.pdf https://www.bundestag.de/blob/498952/e6d987867d45ea04396edc12a38aa6d3/wd-9-079-16-pdf-data.pdf https://www.bundestag.de/blob/498952/e6d987867d45ea04396edc12a38aa6d3/wd-9-079-16-pdf-data.pdf Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24233 (A) (C) (B) (D) schwestern dürfen nicht streiken, sie haben keinen Kündi- gungsschutz, sie können keinen Betriebsrat wählen, und sie können kein Arbeitsgericht anrufen, wenn ihnen ge- kündigt wird . Tritt eine Schwester aus der DRK-Schwes- ternschaft aus, so darf sie zwei Jahre lang in keinem DRK-Krankenhaus mehr arbeiten . Dieser Tatbestand ist völlig inakzeptabel . Wie kann eine Gesellschaft wie die unsere solch ein recht- und schutzloses Arbeitsverhältnis einfach hinnehmen? Immerhin haben sich die DRK-Schwestern in Essen gewehrt . Dort wandte sich der Betriebsrat gegen die un- befristete Entleihung einer Rotkreuzschwester, mit dem Verweis, das sei Leiharbeit und die sei nur vorüberge- hend gestattet . Der Fall ging bis vor den Europäischen Gerichtshof . Und der gab dem Essener Betriebsrat Recht . Der Sonderstatus der Rotkreuzschwestern sei nicht mit der europäischen Leiharbeitsrichtlinie vereinbar, urteilte er . Das Bundesarbeitsgericht schloss sich dieser Rechts- auffassung an. Theoretisch müsste das von Nahles durch- gesetzte neue Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, das am 1 . April in Kraft getreten ist, damit auch für die Rotkreuz- schwestern gelten . Dieses Gesetz kritisiere ich noch im- mer . Aber im Falle der DRK-Schwestern könnte die neue Höchstüberlassungsdauer nach 18 Monaten dazu führen, dass die Schwestern von den Gestellungspartnern über- nommen werden; denn in dieser Branche werden ja im- merhin händeringend Fachkräfte gesucht . Damit hätten die Schwestern endlich einen regulären Arbeitsvertrag und damit auch alle Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerin- nenrechte, wie alle anderen Beschäftigten auch . Doch dazu wird es nicht kommen . Denn das Deutsche Rote Kreuz pochte auf seinen Sonderstatus – und fand bei Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles und den Re- gierungsfraktionen Gehör . Flugs wurde ein Änderungs- antrag geschrieben, mit dem das DRK-Gesetz geändert wird, und zwar in einem einzigen Punkt: Die 18-mona- tige Höchstüberlassungsdauer gilt künftig nur für Rot- kreuzschwestern nicht . In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wurde diese Gesetzesänderung jetzt versteckt in einem Gesetz zur Rentenüberleitung (Omnibusverfahren) in das parlamentarische Verfahren eingebracht . Diese Gesetzesänderung lehne ich strikt ab . Denn die DRK-Schwestern müssen endlich als normale Arbeit- nehmerinnen anerkannt werden, mit allen Rechten und Pflichten. Mit dieser Gesetzesänderung passiert aber genau das Gegenteil . Das ist nicht zeitgemäß und auch nicht europarechtskonform . Anlage 12 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Roderich Kiesewetter (CDU/ CSU) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag der Abgeord- neten Luise Amtsberg, Omid Nouripour, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Abschiebung nach Afghanistan aussetzen (Tagesordnungs- punkt 47 n) Ich habe versehentlich mit Nein gestimmt . Mein Vo- tum lautet Ja . Anlage 13 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Johannes Kahrs (SPD) zu der namentlichen Abstimmung über den Antrag der Fraktion Die Linke: Sofortiger Abschiebestopp nach Afghanistan (Zusatztagesordnungspunkt 10) Ich habe versehentlich mit Ja gestimmt . Mein Votum lautet Nein . Anlage 14 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Johannes Kahrs (SPD) zu der namentlichen Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Neue Lagebe- urteilung für Afghanistan (Zusatztagesordnungs- punkt 11) Ich habe versehentlich mit Nein gestimmt . Mein Vo- tum lautet Ja . Anlage 15 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie – der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Nicole Maisch, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kontogebühren – Transparenz und Verbrau- cherschutz erhöhen (Tagesordnungspunkt 20 a und b) Matthias Hauer (CDU/CSU): Nach den umfangrei- chen Beratungen der letzten Wochen bringen wir heute die Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie zum Abschluss . Wir wollen damit erreichen, dass derje- nige, der elektronisch bargeldlos zahlt, dies in Zukunft noch bequemer und sicherer tun kann . Mit dem Gesetz passen wir den Rechtsrahmen an den technologischen Fortschritt an und fördern Innovationen im Bereich der elektronischen und mobilen Zahlungen . Gleichzeitig stärken wir den Verbraucherschutz und erhöhen die Si- cherheit von Zahlungen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724234 (A) (C) (B) (D) Mit dem Gesetz gehen wir zudem einige Themen au- ßerhalb des Zahlungsverkehrs an . Beispielsweise sorgen wir dafür, dass bei Anschlussfinanzierungen und Um- schuldungen für Wohnimmobilienkredite künftig grund- sätzlich keine erneute Kreditwürdigkeitsprüfung mehr notwendig sein wird . Vor allem geht es bei dem Gesetz aber um das Thema Zahlungsverkehr: Wir beschließen heute wesentliche Verbesserungen für elektronische Zah- lungen . Auf drei wesentliche Themen möchte ich näher ein- gehen: Erstens . Wir ermöglichen der BaFin, auch neuartige Finanzdienstleister zu beaufsichtigen . Zweitens . Wir machen elektronische Zahlungen sicherer . Drittens . Wir verbieten Preisaufschläge für den Einsatz gängiger Zah- lungsmittel . Zu Punkt 1, der erweiterten Aufsicht: Wer seine Bank- geschäfte auf dem Smartphone erledigt, der nutzt dafür vielleicht schon heute eine App, die ihm einen Überblick über seine Konten bei verschiedenen Banken ermöglicht . Solche Kontoinformationsdienste verschaffen schnell einen Überblick über die eigenen Finanzen . Aber nicht nur der Blick auf die eigenen Konten, sondern auch der Geldtransfer von diesen eigenen Konten erfolgt immer häufiger elektronisch. Wenn ein Kunde zum Beispiel seinen Onlineeinkauf per Sofortüberweisung bezahlen möchte, prüft der Dienst erst, ob der Kunde genug Geld auf dem Konto hat, und veranlasst dann die Zahlung . Solche Zahlungsauslöse- dienste machen das Bezahlen im Internet einfacher . Mit diesem technologischen Fortschritt gehen aber auch Ge- fahren einher, vor allem wenn es um sensible Kontodaten geht . Früher war das eine Sache zwischen dem Kontoinha- ber auf der einen Seite und seiner Bank auf der anderen Seite . Wenn heute ein Dienst dazwischentritt, dann muss klar sein, dass Kontoinformationen nur über sichere Ka- näle übertragen werden, Informationen nur im benötigten Maße abgefragt und gespeichert werden und dass genau nachverfolgt werden kann, wer wann auf das Konto zu- gegriffen hat. Hohe Sicherheitsanforderungen und stren- ger Datenschutz müssen hier selbstverständlich sein und können mit dem heutigen Gesetz endlich auch durch die Aufsicht der BaFin sichergestellt werden . Damit stärken wir nachhaltig den Verbraucherschutz . Wir erhöhen die Sicherheit aber auch bei elektroni- schen Zahlungen, bei denen kein Zahlungsauslösedienst zwischengeschaltet ist . Damit komme ich zu Punkt 2, der vor allem normale Onlineüberweisungen betrifft. Hierbei wird die Identität des Kontoinhabers künftig durch zwei Merkmale überprüft . Das kann etwa das PIN/TAN-Ver- fahren sein – als ein klassisches Beispiel einer starken Kundenauthentifizierung. Mit diesen Maßnahmen wol- len wir die Anzahl missbräuchlich ausgelöster elektro- nischer Zahlungen weiter reduzieren . Die Details zur starken Kundenauthentifizierung werden gerade auf eu- ropäischer Ebene ausgearbeitet . Wichtig ist uns als CDU/ CSU hierbei besonders, dass Komfort und Sicherheit im Einklang miteinander stehen . Sollte es doch einmal dazu kommen, dass eine nicht autorisierte Zahlung ausgelöst wird, so kann sich der Ver- braucher auch hier darauf verlassen, dass ihn die neuen Regelungen schützen . Wir verbessern dazu die Haftungs- verteilung, vor allem bei Kreditkartenmissbrauch . Der Verbraucher haftet anstatt gegenwärtig mit 150 Euro in Zukunft maximal mit 50 Euro . Auch das ist ein weiterer Schritt zu mehr Verbraucherschutz im Zahlungsverkehr . Abschließend – damit komme ich zu Punkt 3 – gehen wir das Problem der Zahlungsmittelentgelte an . Bis heute kommt es oft bei Zahlungen im Internet zu bösen Überra- schungen: Wer zum Beispiel online ein Bahnticket oder eine Flugreise bucht, der wird bei der Zahlung etwa per Kreditkarte häufig mit Zusatzkosten zur Kasse gebeten. Wir schieben mit dem Gesetz solchen Preisaufschlägen für Überweisungen, Lastschriften und die Nutzung gän- giger Zahlungskarten einen Riegel vor . Anbieter nicht gängiger Zahlungsmittel fordern wir auf, ihre Preis- und Vertragsstruktur so anzupassen, dass die Händler in die Lage versetzt werden, auch diese in Zukunft entgeltfrei anzubieten . Mit dem Gesetz schaffen wir zahlreiche Verbesserun- gen für Verbraucherinnen und Verbraucher . Wir vergrö- ßern das Angebot an regulierten Zahlungsmethoden und erhöhen somit gleichzeitig Sicherheit und Komfort für die Kunden . Wir passen die Rechtslage an neue Techno- logien an und halten mit Innovationen Schritt . Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Gesetz . Dr. Frank Steffel (CDU/CSU): Mein Kollege Hauer hat bereits seine Ausführungen zur Umsetzung der Zah- lungsdiensterichtlinie gemacht, ich beschränke mich da- her auf das Thema „Kleinanlegerschutzgesetz“ . Im Jahr 2015 haben wir ein Gesetz zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger, hier im Besonderen der Klein- anleger, verabschiedet, das gut war, gut ist und deshalb auch in die richtige Richtung weist . Kurz: Das Gesetz wirkt! Es ist gut, weil wir vor zwei Jahren ein Gesetz beschlossen haben, bei dem wir auf praktisch alle Einga- ben – ob von Verbänden, Organisationen, Kirchen, Bür- gerinitiativen, Sportvereinen, Kulturprojekten oder frei- en Schulen – eingegangen sind und diese weitestgehend berücksichtigt haben . Es ist gut, weil wir Kleinanlegern damit die Chance gewahrt haben, individuell und gut in- formiert Produkte am Kapitalmarkt auszuwählen . Es ist gut, weil wir Warnhinweise verschärft, aber gleichzeitig seriöse Werbung in den Medien nicht ein- geschränkt haben . Es ist gut, weil wir die Grenze für die Prospektpflicht von 1 auf 2,5 Millionen Euro erhöht haben, was Bürokratie und Kosten gerade für soziale Projekte reduziert . Es ist gut, weil wir unzählige Sport- vereine, zahlreiche Kulturprojekte und auch viele freie Schulen mit einer Sonderregelung für gemeinnützige Organisationen vor größeren bürokratischen Aufgaben bewahrt haben . Ehrenamtliche sollen ihr Engagement entfalten, nicht Schriftsätze und Fragebögen falten! Und es ist auch gut, weil Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, mit Ihrer Enthaltung, der höchsten Form der Zustimmung, die in einer parlamentarischen Demo- kratie üblich ist, das Gesetz unterstützt haben! Wir sen- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24235 (A) (C) (B) (D) den ein klares Signal an die Start-up-Unternehmen und potenzielle Gründer: Wir ermöglichen auch innovative Finanzierungen . Aber – lassen Sie mich auch das sagen –: Das Gute ist des Besseren Feind! Wir sind nach eingehender Be- wertung der Überzeugung, dass der Anwendungszeit- raum der betreffenden Vorschriften zu kurz gewesen sein könnte, um eine abschließende Beurteilung aller Aspekte und Auswirkungen zu ermöglichen . Deshalb haben wir beschlossen, dieses Gesetz weiter zu evaluieren, also re- gelmäßig zu verbessern . Zusammenfassend stelle ich fest: Wir haben den Ver- braucherschutz gestärkt und damit den grauen Kapital- markt weiter reguliert! Wir haben mit Augenmaß den Schutz der Kleinanleger gestärkt, das heißt, dass bei- spielsweise Regelungen für soziale und gemeinnützige Projekte sowie Religionsgemeinschaften beibehalten werden . Das Widerrufsrecht bleibt vollständig erhalten . Die Werbung in sozialen Medien bleibt ohne Änderung, und das Vermögensinformationsbeiblatt wird optimiert . Wir haben mit dem Kleinanlegerschutzgesetz die Grund- lage für innovative Finanzanlagen gelegt . Geben wir dem Markt die Möglichkeit, sich zu ent- falten . Geben wir den Anlegern die Möglichkeit, sich zu beteiligen . Geben wir uns die Zeit, erneut zu evaluieren . Sarah Ryglewski (SPD): Aller Wahrscheinlichkeit nach zum letzten Mal in dieser Legislaturperiode befas- sen wir uns heute auch mit der Wohnimmobilienkredit- richtlinie . Denn wir nehmen das vorliegende Gesetz zum Anlass, um einen letzten offenen Punkt zu klären. Worum geht es? Bereits Anfang 2016 beschlossen wir Regeln, um Verbraucherinnen und Verbraucher wirksa- mer vor Überschuldung zu schützen . Nachdem das Gesetz mit der neuen Kreditwürdig- keitsprüfung in Kraft war, erhielt so mancher durchaus solvente Verbraucher plötzlich keinen Kredit mehr zur Immobilienfinanzierung. Schuld waren Unsicherheiten aufseiten der Banken . Deshalb legten wir im März dieses Jahres nach und stellten einige Regelungen des Gesetzes klar . Einen offenen Punkt konnten wir im März jedoch nicht klären, da wir zunächst den europarechtlichen Spielraum klären wollten . Es geht darum, ob auch bei Anschlussfinanzierungen und Umschuldungen eine Kre- ditwürdigkeitsprüfung notwendig ist . Die Sorge dahinter ist Folgende: Wer bereits einen Darlehensvertrag abge- schlossen hat, würde durch eine erneute Kreditwürdig- keitsprüfung nicht geschützt, sondern es bestünde im Ge- genteil die Gefahr, durch einen negativen Bescheid erst in Existenznöte zu geraten . Deshalb stellen wir heute klar, dass in diesen Fällen keine erneute Kreditwürdigkeitsprüfung notwendig ist, sofern der Vertrag mit demselben Kreditinstitut abge- schlossen wird . Von dieser Regel machen wir im Sinne der Verbrau- cher nur zwei Ausnahmen: Eine Prüfung ist auch dann weiterhin notwendig, wenn der Nettodarlehensbetrag deutlich erhöht wird oder aber wenn die Bank weiß, dass der Darlehensnehmer die neue Finanzierung nicht dauer- haft tragen können würde . Die SPD trägt damit den Interessen der Verbraucher Rechnung und erfüllt den Zweck der europäischen Vor- gaben: Das Risiko, dass Verbraucher wegen einer zu strengen Interpretation der Pflicht zur Kreditwürdig- keitsprüfung ihre Immobilie vorzeitig veräußern müssen, entfällt . Den Schutz der Verbraucher vor Überschuldung halten wir aufrecht . Denn natürlich gelten auch in diesem Fall die Sanktionen bei fehlerhafter Kreditwürdigkeits- prüfung, damit die Banken einen Anreiz haben, sich an die Regeln zu halten . Christian Petry (SPD): Mit der Umsetzung des Kleinanlegerschutzgesetzes hat die Große Koalition im Sommer 2015 den Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern am Kapitalmarkt verbessert . Wir haben da- mals unter anderem festgelegt, dass bei Abschluss einer Anlageinvestition Anlegern ein sogenanntes Vermögens- informationsblatt (VIB) vorgelegt werden muss . Dieses Infoblatt muss alle wesentlichen Inhalte der Vermögens- anlage umfassen und abbilden . Darüber hinaus haben wir den kollektiven Verbraucherschutz als Aufsichtsziel der BaFin fest verankert – eine wegweisende Stärkung des finanziellen Verbraucherschutzes! Bei allen Regelungen war es uns aber immer wichtig, dass wir bürgerschaftliches Engagement nicht erschwe- ren . Deshalb haben wir Ausnahmetatbestände geschaf- fen, die der Vielfalt sozialer und gemeinnütziger Projekte Rechnung tragen . Anbieter von Crowdinvestments im Internet haben wir von diversen Anforderungen befreit . Diese Plattfor- men unterstützen gezielt kleinere und mittlere Unterneh- men sowie Start-ups . Die Bundesregierung hat nun diese Ausnahmetatbe- stände evaluiert . Die Praxistauglichkeit der Regelungen des Kleinanlegerschutzgesetzes haben wir deshalb disku- tiert und Änderungen beschlossen: Das Widerrufsrecht hat sich bewährt . Zukünftig darf der Emittent eines Anlageprodukts nicht gleichzeitig auch Betreiber der Crowdfunding-Plattform im Internet sein, auf der das Produkt beworben wird . Da- mit wird verhindert, dass Internetplattformen nicht ob- jektiv über Vermögensanlagen informieren . Die Qualität des Vermögensinformationsblatts haben wir darüber hinaus verbessert: Zukünftig muss eine feste Reihenfolge an Mindestangaben bei der Erstellung des Infoblatts befolgt werden . Dadurch wird die Vergleich- barkeit der Vermögensinformationsblätter für Anleger gewährleistet . Eine weitere wichtige Änderung betrifft das Wertpa- pierprospektgesetz . Bislang besteht bei der Genehmi- gung eines solchen Prospektes bei der BaFin die Pflicht, den Prospekt auch in Papierform einzureichen . Diese Pflicht haben wir für Wertpapieremittenten abgeschafft. Gerade mit Blick auf den Brexit soll sich die Attraktivi- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724236 (A) (C) (B) (D) tät des Standorts Deutschland für Wertpapieremittenten dadurch erhöhen . Aufgrund der kurzen Praxiserfahrung mit dem Klein- anlegerschutzgesetz haben wir uns darauf verständigt, Anfang 2019 die genannten Ausnahmevorschriften er- neut unter die Lupe zu nehmen . Mögliche Änderungen werden wir hiernach konstruktiv diskutieren . Schlussendlich bleibt zu sagen, dass das Kleinanle- gerschutzgesetz den Verbraucherschutz am Kapitalmarkt nachhaltig verbessert und die Märkte allgemein stabiler gemacht hat . Dr. Jens Zimmermann (SPD): Mit dem vorliegen- den Gesetzentwurf setzen wir als nationaler Gesetzge- ber die Zweite EU-Zahlungsdiensterichtlinie um . Es ist ein wichtiges Gesetzgebungsvorhaben, weil so gut wie alle Bürgerinnen und Bürger von den enthaltenen Maß- nahmen betroffen sind; denn es werden neue Regeln für das elektronische Bezahlen eingeführt . Es ist ein gutes Gesetz, weil wir nicht nur die Sicherheit bei Zahlungen erhöhen, sondern auch den Verbraucherschutz im Zah- lungsdienstemarkt erhöhen . Die Rechte der Kundinnen und Kunden bei Zah- lungsvorgängen werden an vielen Stellen gestärkt . So wird europaweit ein bedingungsloses Erstattungsrecht bei Lastschriften eingeführt . Außerdem wird Kunden- haftung bei Kartenmissbrauch von derzeit 150 Euro auf zukünftig 50 Euro begrenzt . Zudem wird es ein Verbot von Preis aufschlägen durch Händler für Überweisungen, Lastschriften und die gängigsten Zahlungskarten geben . Damit gibt es keine bösen Überraschungen mehr, wenn man am Ende eines Buchungsvorganges mit einer be- stimmten Karte bezahlen möchte . Bisher gab es bei bestimmten Händlern bei Online- zahlungen und Buchungen eine sehr intransparente Preisstruktur. Häufig wurde erst am Ende eines Bu- chungs- oder Bezahlungsvorganges ersichtlich, dass für bestimmte Zahlungsmittel ein Zusatzentgelt fällig wird . Hat man in diesem Moment dann keine Möglichkeit, ei- nes der kostenlosen Zahlungsmittel zu wählen, ist man zur Zahlung von Zusatzgebühren gezwungen . In be- stimmten Branchen, beispielsweise beim Fliegen, konn- ten das durchaus erhebliche Summen sein . Wir als SPD-Fraktion begrüßen es deshalb sehr, dass solche Zusatzentgelte zukünftig verboten sein werden; denn damit schaffen wir Transparenz bei den Preisen für Bahn-, Zug- oder Konzerttickets . Das kommt den Kun- den zugute . Ausgenommen von dem Verbot für Zusatzentgelte sind in Zukunft lediglich noch sogenannte Dreipartei- ensysteme . In den parlamentarischen Beratungen ha- ben wir mit unserem Koalitionspartner intensiv darüber diskutiert, ob das Verbot auf diese Systeme ausgedehnt werden soll . Aufgrund der geringen Marktanteile dieser Kartenart in Deutschland und weil hier eine vertragliche Lösung zwischen Händlern und den Kartenunternehmen rechtlich möglich ist, die die Zusatzentgelte vermeidet, haben wir uns dafür entschieden, in diesem Punkt die Richtlinie eins zu eins umzusetzen . Neben den eben dargestellten zivilrechtlichen Än- derungen werden mit dem vorliegenden Gesetzentwurf auch viele aufsichtsrechtliche Vorschriften an den tech- nologischen Fortschritt angepasst . Finanz- und Bankge- schäfte werden längst nicht mehr nur über die traditionel- le Filiale oder das Onlinebanking großer Kreditinstitute erledigt . Stattdessen bieten immer mehr Unternehmen Dienste rund um das Girokonto an, die beispielsweise über Kontostände informieren oder Zahlungen ermögli- chen, ohne dass von diesen Unternehmen auch das jewei- lige Konto angeboten wird . Diese sogenannten dritten Zahlungsdienstleister wer- den nun der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienst- leistungsaufsicht unterstellt und unterliegen zukünftig einer Erlaubnispflicht. Damit geben wir als Gesetzgeber klare Regeln und Anforderungen für diese Dienste vor . Hiermit schaffen wir ein höheres Maß an Rechtssicher- heit und eröffnen mit klaren Vorgaben auch neue Ge- schäftsfelder für Banken und innovative Unternehmen . In den parlamentarischen Beratungen haben wir ne- ben einigen redaktionellen Änderungen auch einige Empfehlungen aus der Sachverständigenanhörung be- rücksichtigt . Unter anderem haben wir eine Klarstellung bei Zweckgutscheinen vorgenommen, die sowohl den Unternehmen als auch den Steuerbehörden hier eine bessere Orientierung bei der steuerlichen Bewertung dieser Gutscheine geben soll . Außerdem haben wir im Ausschussbericht eine Präzisierung festgehalten für be- stimmte Leistungen, die Telekommunikationsunterneh- men für die Anbieter bestimmter Dienste durchführen . Insgesamt werden die Maßnahmen im Gesetzentwurf die Regeln für den Zahlungsdienstemarkt zukunftsfest ma- chen und viele Verbesserungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher bewirken . Deshalb stimmen wir dem Gesetzentwurf zu . Den Antrag der Grünen zu TOP 20 b lehnen wir ab . Susanna Karawanskij (DIE LINKE): Zahlungs- dienste: Das klingt erst einmal sehr technisch . Doch sie spielen eine wichtige Rolle im Alltag der Verbraucher . Pro Jahr gibt es im Einzelhandel fast 10 Milliarden unba- re Transaktionen . Durch den Gesetzentwurf sollen rund 133 Millionen Zahlungsdienstrahmenverträge, also zum Beispiel Girokonten, reguliert werden . Da muss man schon ganz genau hinsehen, dass Verbraucher nicht übers Ohr gehauen werden; denn wir kennen alle Fälle aus den Medien – vielleicht sind wir aber sogar selbst schon Opfer davon geworden –, bei denen sich Unbefugte mit immer wieder neuen Tricks Zugang zu Konten verschafft haben . Das wird dann als Phishing, Hacking, Skimming usw . bezeichnet . Mit der Umsetzung der Zweiten Zahlungsdienstericht- linie sollen Internetzahlungen weiter vereinfacht, neue innovative Bezahlverfahren gefördert, die Sicherheit von Zahlungen verbessert und die Rechte der Kunden von Zahlungsdienstleistern gestärkt werden . Dies gelingt zum Teil, auch wenn es gewiss noch einige Lücken und vor allem Unklarheiten gibt . Eine bedeutende Rolle in der Debatte spielte der Da- tenzugang für Drittanbieter . Geldanbieter sollen ab 2018 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24237 (A) (C) (B) (D) sogenannten Fintechs sowie anderen Zahlungsdienstleis- tern sämtliche Konteninformationen zugänglich machen und dann entsprechend die Zahlungsaufträge weiterlei- ten . Was wir hier immer wieder hören: Es bestehen bis heute genau an der Schnittstelle zu den Kundenkonten zu wenig sichere, einheitliche Standards, bzw . es sind noch keine festgesetzt worden . Dies ist ein erhebliches Risiko für die Konteninhaber, für den Verbraucher . Hier sollte die Bundesregierung noch einmal nacharbeiten . Des Weiteren müssen wir aufpassen, dass Kontoinfor- mationsdienstleister nur auf Informationen, die der Nut- zer tatsächlich gegeben hat, und auf in diesem Zusam- menhang stehende Zahlungsvorgänge zugreifen können . Dies ist im Gesetzentwurf eigentlich unmissverständlich dargestellt und darf auf keinen Fall verwässert werden: Eine ganz enge Zweckbindung und starker Datenschutz müssen bestehen bleiben, damit dem Missbrauch vorge- beugt werden kann . Positiv ist für Verbraucher, dass Zahlungsdienstleiser und Banken in der Regel keine gesonderten Gebühren verlangen dürfen, wenn der Kunde ein Zahlungssystem nutzt . Zugleich wird die Kundenhaftung bei Schäden aus nicht autorisierten Kartenzahlungen künftig von 150 Euro auf 50 Euro reduziert – vorausgesetzt, der Kun- de hat nicht grob fahrlässig gehandelt . Und genau hier gibt es eine Lücke und Schwachstelle; denn in der Praxis wird sich hierdurch vermutlich nichts ändern . Wenn eine Bank nicht erstatten will, wird sie es einfach nicht tun . Sie wird sagen, der Kontoinhaber habe seine Daten grob fahrlässig Dritten zugänglich gemacht (zum Beispiel die PIN neben der Karte aufbewahrt) und lässt es einfach auf eine Klage ankommen . Auf eigene Kosten eine ge- richtliche Klärung zu suchen, werden demgegenüber die meisten Kunden scheuen . Das ist schlicht zu teuer . Hier gilt es also dringend nachzubessern! Wir Linke hätten uns gewünscht, dass der Gesetzentwurf klipp und klar re- gelt, dass künftig Banken ihren Kunden nicht mehr grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz unterstellen können, sondern dass die Banken ebendiese ausdrücklich beweisen müs- sen . In der Gesamtschau kann man den Gesetzentwurf et- was provokativ so zusammenfassen: Wir haben es hier mit einem „Fintech-Stärkungsgesetz“ zu tun . Diese neu- en Anbieter auf dem Markt werden zwar nun reguliert, aber dabei auch deutlich gestärkt . Die Regelungen sind insofern erfrischend, als dass sich hier nicht in erster Li- nie am Bedarf der Banken orientiert wurde . Im Gegenteil: Banken haben die Schnittstellen und die Sicherheitsar- chitektur zu stellen, und sie treten für die Fehler der Fin- techs in Haftung, obwohl sie Regressansprüche geltend machen können, weil die neuen Anbieter haftpflichtversi- chert sein müssen . Der Aufschrei der Bankenlobby wäre sicher vehementer gewesen, wenn sie nicht die Hoffnung hätte, auf lange Sicht selbst von den Regelungen zu pro- fitieren, weil sie die neuen Geschäftsmodelle auch selbst gewinnbringend nutzen bzw . Arbeitsabläufe zeitgemäß vereinfachen kann . Alles in allem unterstützt die Linke bei der Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie notwendige und sinnvolle Innovationen, solange der Verbraucherschutz sowie die Sicherheit von Zahlungen und damit von Geld, das Verbrauchern gehört, sichergestellt ist . Noch kurz ein Wort zur Evaluierung des Kleinanle- gerschutzgesetzes . Diese wurde auch in der Anhörung zu diesem Gesetzentwurf mitberaten . Speziell wurden die Befreiungsvorschriften in §§ 2a bis 2c des Vermö- gensanlagegesetzes evaluiert, es geht also unter anderem um Ausnahmen von der Prospektpflicht für Schwarmfi- nanzierungen/Crowdinvesting . Der Abschlussbericht ist wirklich interessant, und in vielem kann die Linke auch mitgehen . Fest steht zu diesem Zeitpunkt aber auch: Die Befreiungsvorschriften für Schwarmfinanzierungen wer- den nicht auf sämtliche Vermögensanlagen ausgedehnt . Ob man dies will oder nicht – hier besteht noch Diskussi- onsbedarf, ebenso bei der Frage, ob man bestimmte Im- mobilienprojekte ganz herausnehmen sollte, weil sie für Schwarmfinanzierungen ungeeignet sind und ihre Betrei- ber nicht zur avisierten Zielgruppe gehören . Wir müssen also weiter die Augen offen halten, in- wieweit die Ausnahmevorschriften für eine Umgehung genutzt werden . Grundsätzlich bedauern wir, dass auf absehbare Zeit keine weiteren Verbesserungen beim Anlegerschutz vorgesehen sind . Die Bundesregie- rung verweist einfach nur auf die nächste Evaluierung . Doch Verbraucherschutz – zum Beispiel durch striktere Selbstauskunftsverfahren von Crowdinvestingplattfor- men – darf wahrlich nicht auf die lange Bank geschoben werden . Sowohl bei den Zahlungsdienstleistern, die verstärkt auf den Markt dringen, als auch bei den Nachrangdarle- hen, die manche Start-ups über die Crowdanbieter aus- geben, um Geld zu sammeln: Eine präventive Prüfung – wie bei Kinderschlitten und Atomkraftwerken – tut not, bevor Finanzmarktakteure und Finanzprodukte für den Gang auf den Markt zugelassen werden . Man spart auch einiges an Bürokratie, wenn man nicht mehr im Nach- hinein mittels Hase-und-Igel-Wettlauf immer wieder prüfen, kontrollieren und eventuell Produkte oder Emit- tenten aus dem Verkehr ziehen muss . Genau dazu hatten wir jüngst im Finanzausschuss des Bundestages eine sehr gute Anhörung; denn wir als Linke fordern die Einfüh- rung einer europäischen verpflichtenden Zulassungsprü- fung für Finanzprodukte . Wir fordern einen Finanz-TÜV . Triftige Argumente gegen einen solchen TÜV jenseits von Ängsten vor zu viel Bürokratie waren nicht zu ver- nehmen . Mit einem Finanz-TÜV würde man den Verbraucher- schutz, aber ebenso Finanzmarktstabilität und Sicherheit großschreiben – und etwas anderes will die Zweite Zah- lungsdiensterichtlinie im Grunde auch nicht bezwecken . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im Zahlungsverkehrsbereich ist derzeit viel in Bewegung . Fintechs stoßen immer weiter in den Bereich des Bank- geschäfts vor und bieten innovative Dienstleistungen an . Neue Zahlungsdienste formieren sich und erleichtern die Bezahlung im Internet . Kontoinformationsdienste ma- chen die Verwaltung unserer Finanzen einfacher . Die EU schafft in der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie nun erst- mals einen umfassenderen Rechtsrahmen und Aufsichts- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724238 (A) (C) (B) (D) und Regulierungsstandards für diese neuen Dienste . Das ist gut aus Verbraucherschutzsicht; denn die Haftungsfra- ge wird geklärt und die Haftung des Kunden beschränkt . Auch aus wettbewerblicher Sicht ist das zu begrü- ßen, weil die alteingesessenen Banken sich nicht mehr durch die Schaffung bürokratischer Hürden aus ihrer Vormachtstellung heraus der Konkurrenz durch die neu- en Dienstleister entziehen können . Eine versteckte Hürde für einen fairen Wettbewerb, die im Entwurf des Umset- zungsgesetz der Bundesregierung noch enthalten war, nämlich dass die Zahlungsdienste benötigte Garantien nur bei ihren Wettbewerbern, den Banken, einholen dür- fen, wurde auf unsere Initiative hin gestrichen . Die Zahlungsdiensterichtlinie enthält noch eine Rei- he weiterer Verbesserungen für den Verbraucher, zum Beispiel die Abschaffung von Aufpreisen bei Onlinezah- lungen für die meisten gängigen Zahlungsmittel, eine Beweislastumkehr bei missbräuchlichen Zahlungen zu- gunsten des Kunden und eine Senkung der Haftung des Verbrauchers in solchen Fällen . Die EU hat hier eine gute Vorlage geliefert, und bei der Umsetzung der Richtlinie hat sich die Koalition keine groben Schnitzer geleistet . Doch das Gesetz enthält nicht nur die Umsetzung der EU-Richtlinie, sondern Sie haben in Ihren 13 Änderungsanträgen noch einiges Sachfrem- des an das Gesetz gehängt, unter anderem Regelungen zu Wohnimmobilienfinanzierungen, zum Crowdinves- ting, zu Abschlussprüfern bei Aktiengesellschaften, zu Dividendenzahlungen und Wertpapierprospekten . In der kurzen Redezeit kann ich nicht auf all diese Themen ein- gehen . Deshalb nur kurz zum Thema Crowdinvesting: Hier werden bei den Befreiungsvorschriften für Crowdfun- ding nach § 2a bis 2c des Vermögensanlagegesetzes ein paar wichtige Stellschrauben nachgezogen . Insbeson- dere die höhere Transparenz beim Vermögensinforma- tionsblatt ist positiv . Auch werden einige weitere Um- gehungsmöglichkeiten geschlossen . Leider wurden hier aber insgesamt die falschen Prioritäten gesetzt . Bei eini- gen Punkten, die bei der Evaluation festgestellt wurden, hat die Bundesregierung gesagt: Da gibt es ein Problem . Das müssen wir uns aber nochmal genauer anschauen . Da lassen wir uns etwas mehr Zeit . Gleichzeitig wagt sie aber bei der Regulierung der Plattformen einen Schnellschuss . Bei einigen Projekten, bei denen es eine Verbindung zwischen Emittent und Plattform gab, gab es laut Bundesregierung Missbrauchs- fälle, aber nur im Immobilienbereich . Diese Missbrauchs- möglichkeit soll nun ausgeschlossen werden . Das ist grundsätzlich zu begrüßen . Allerdings ist es problema- tisch, dass mit Ihrer Lösung funktionierende Geschäfts- modelle, insbesondere im Erneuerbare-Energien-Sektor, die bisher auch laut Aussage der Bundesregierung nicht von Missbrauchsfällen betroffen waren, kaputtgemacht werden . Auch hier hätte man sich etwas mehr Zeit neh- men können und sicherlich mit etwas Umsicht und Mühe Wege finden können, die sowohl dem Missbrauch Ein- halt gebieten als auch die Besonderheiten dieses Sektors würdigen, insbesondere da sie selbst sagen – jetzt zitiere ich aus dem Ausschussbericht – „dass der Anwendungs- zeitraum der betreffenden Vorschriften zu kurz gewesen sein könnte, um eine abschließende Beurteilung aller As- pekte und Auswirkungen zu ermöglichen .“ Wenn Sie schon so viele Themen im Rahmen dieses Gesetzes angehen, könnten Sie auch das Thema Kon- togebühren, bei dem Sie unsere Problemanalyse teilen, gleich mitregeln, vor allem weil es thematisch deutlich besser in den Rahmen dieses Gesetzes gepasst hätte als viele der anderen Anhänge . Verbraucherinnen und Ver- braucher werden nach wie vor mit überhöhten Gebühren für Kontoleistungen – beim Abheben am Geldautomaten, bei den Dispozinsen oder beim Basiskonto – allein gelas- sen . Natürlich ist klar, dass Banken und Sparkassen für die Dienstleistung „Kontoführung“ eine Gegenleistung verlangen . Klar ist auch, dass sie sich für Risiken, zum Beispiel beim Einräumen eines Disporahmens, bezahlen lassen . Aber ein Konto ist eine zentrale Voraussetzung, um am Wirtschaftsleben teilhaben zu können . Verbrauche- rinnen und Verbraucher haben ein Recht darauf, dass die Gebühren für Kontoleistungen nachvollziehbar und transparent sind sowie in einem angemessenen Verhältnis zum Aufwand und Risiko der Geldinstitute stehen . Die Dispozinsen müssen endlich auf ein verträgliches Maß reduziert werden . Noch immer sind Dispo- und Überzie- hungszinsen von über 10 Prozent keine Seltenheit . Das steht in keinem Verhältnis zu den Zinsen, zu denen sich Banken und Sparkassen Geld leihen . Das Basiskonto, auf das jede/r Verbraucher/in ein An- recht hat, muss endlich halten, was es verspricht . Nie- mand darf durch zu hohe Gebühren vom Basiskonto aus- geschlossen werden . Hier muss endlich Rechtsklarheit her! Doch all diese Punkte ignorieren Sie weiterhin be- harrlich . Die Umsetzung der Zweiten Zahlungsdienste- richtlinie hätte ein voller Erfolg werden können . Aber Sie sind wieder einmal auf halber Strecke stehen geblieben . Bei der Umsetzung der EU-Vorlage haben Sie nicht viel falsch gemacht, weshalb wir dem Gesetz zustimmen können, aber Ihre Bekenntnisse zum Verbraucherschutz scheinen vor allem Lippenbekenntnisse zu sein . Anlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, Dr. Sahra Wagenknecht und der Fraktion DIE LINKE: Weltfriedenstag als europäischer Feiertag (Tagesordnungspunkt 21) Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): „Die Einheit Eu- ropas war ein Traum von wenigen. Sie wurde eine Hoff- nung für viele . Sie ist heute eine Notwendigkeit für uns alle.“ Die Worte Konrad Adenauers beschreiben treffend die Genese des europäischen Friedensprojektes . Die jün- gere europäische Geschichte ist eine Erfolgsgeschichte . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24239 (A) (C) (B) (D) Seit über 60 Jahren steht das Friedensprojekt Europa auf soliden Füßen . Sukzessive arbeiten alle Mitgliedstaaten an diesem Projekt weiter . Begonnen hat das europäische Friedensprojekt nach dem Zweiten Weltkrieg am 9 . Mai 1950, als der damalige französische Außenminister und große Europäer Robert Schuman in seiner berühmten Pariser Rede vorschlug, eine europäische Produktionsgemeinschaft zu schaffen. Die sogenannte „Schuman-Erklärung“ mündete in der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, auch Montanunion genannt . Der Anfang der Euro- päischen Union war gemacht . Der 9 . Mai ist schließlich bei einem Gipfeltreffen der damaligen EG-Staats- und Regierungschefs im Jahr 1985 in Mailand zum Euro- patag der Europäischen Gemeinschaft, später der Euro- päischen Union, bestimmt worden. Seitdem finden an diesem Tag überall in Europa zahlreiche Veranstaltungen und Festlichkeiten statt . Zweifelsohne befinden wir uns in einer der schwersten Krisen, die die europäische Idee seit langer Zeit durch- lebt. Der bevorstehende Brexit ist als vorläufiger Hö- hepunkt dieser Krise anzusehen . Es ist an uns allen, die EU durch zielgerichtete Reformen wieder attraktiver zu machen . Allerdings glaube ich nicht, dass die Einführung eines Feiertages, wie die Fraktion Die Linke ihn in ihrem Antrag fordert, das Vertrauen der Bürger in die europä- ische Idee steigern lässt. Ich bin der Auffassung, dass wir mit dem Europatag bereits einen geeigneten europä- ischen Feiertag begehen . Da braucht es keinen weiteren europäischen Feiertag . Unabhängig von unserer grundsätzlichen Ablehnung begegnet auch der vorgeschlagene Tag Bedenken: Der 1 . September wird deshalb vorgeschlagen, da am 1 . Sep- tember 1939 bekanntlich der Zweite Weltkrieg mit dem Angriff der Wehrmacht auf Polen begann. Sollte man für einen „Friedenstag“ nicht eher den Tag des Kriegsendes wählen? Lassen Sie mich auch darauf hinweisen, dass es bereits einen weltweiten Friedenstag gibt, den die Gene- ralversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 1981 in einer Resolution beschlossen hat . Die Resolution besagt: „Dieser Tag soll offiziell benannt und gefeiert werden als Weltfriedenstag (International Day of Peace) und soll ge- nützt werden, um die Idee des Friedens sowohl innerhalb der Länder und Völker als auch zwischen ihnen zu be- obachten und zu stärken .“ Seit dem Jahr 2002 wird der 21. September offiziell weltweit als der „Internationale Tag des Friedens“ gefeiert . Wir sollten daher unsere An- strengungen darauf ausrichten, diesen Tag stärker zu för- dern, anstatt einen europäischen Alleingang zu tätigen . Es sprechen außerdem weitere Argumente dafür, Ihren Antrag abzulehnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken . Lassen Sie mich zwei konkret benennen: Erstens . Die politische Initiative für die Einführung eines europäischen Feiertages müsste von der Europäi- schen Union ausgehen und nicht vom Deutschen Bun- destag . Mein Vorschlag: Bringen Sie doch über Ihre Kollegen in Brüssel einen Antrag in das Europäische Parlament ein . Das scheint mir der richtige Ort zu sein, um sich mit dieser Frage zu beschäftigen . Zweitens ist es für mich schwer nachvollziehbar, wenn Sie behaupten, dass sich die europäischen Bürger spezi- ell an diesem Tag aufmachen, um ihre Nachbarn kennen- zulernen . Heutzutage gibt es zum Glück einen überaus regen Austausch zwischen den europäischen Staaten, ob nun staatlich oder privat organisiert . Diesen gilt es über das gesamte Jahr hindurch zu fördern . Barbara Woltmann (CDU/CSU): Wer wäre nicht für den Frieden! Denn weltweit werden ganze Länder durch Kriege ins Chaos gestürzt und Familien zerrissen . So wurde international schon 1981 von der UN-Haupt- versammlung der 21 . September als Weltfriedenstag aus- gewählt . An diesem Tag sind nicht nur jede Regierung, sondern auch alle Organisationen und Bürgerinnen und Bürger dazu aufgerufen, alle Waffen bedingungslos ru- hen zu lassen und darüber nachzudenken, wie Frieden in der Welt erreicht werden kann . Alle sehnen sich nach Frieden überall auf der Welt . Leider sieht die Wirklichkeit anders aus . Das wissen wir in Deutschland ganz besonders aus unserer Geschichte, aus dem Ersten Weltkrieg und aus dem Zweiten Welt- krieg, in dem Hitler mit seinen Schergen Europa in Schutt und Asche gelegt hat und mit dem Holocaust ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit an Juden, Sinti und Roma und vielen anderen Menschen verübt hat, indem er ganze Völkergruppen ausrotten wollte . Seit Beginn der 1950er-Jahre wurde in der DDR der 1 . September als „Tag des Friedens“ bzw . als „Weltfrie- denstag“ bezeichnet – in Erinnerung an den Beginn des Zweiten Weltkrieges mit dem deutschen Überfall auf Po- len am 1 . September 1939 . Verbunden war der Tag auch immer mit einem Fahnenappell . Dieser 1 . September ist daher eher ein Antikriegstag . Nicht der Beginn dieses Krieges sollte hervorgehoben werden, also der Anfang von Gewalt, Tod, Vertreibung und Grauen, vielmehr soll- te sein Ende, nämlich das Ende des Tötens und Schre- ckens – dazu gehört auch die Befreiung von der Diktatur des Nationalsozialismus – betont werden . Insbesondere die Aufarbeitung der jüngeren Geschich- te unseres Landes bleibt dauerhaft unsere Aufgabe . Dazu wollen wir das bewährte Gedenkstättenkonzept des Bun- des weiterentwickeln und auch die Zeitzeugenarbeit, die politische Bildung und die Wirkung authentischer Orte stärker in den Blick nehmen . Unser Bewusstsein für Frei- heit, Recht und Demokratie ist unter anderem geprägt durch die Erinnerung an die NS-Terrorherrschaft und den sich anschließenden Stalinismus und die SED-Diktatur . Dem systematischen Völkermord an den europäischen Juden sowie an anderen Völkern und Gruppen lassen wir in der deutschen Erinnerungskultur eine außerordentli- che Bedeutung zukommen . Auch deshalb ist es zuvor- derst an uns, die Erinnerung an die Opfer des National- sozialismus und den Widerstand gegen das NS-Regime aufrechtzuerhalten und auch deren Aufarbeitung in den Ministerien und Bundesbehörden voranzutreiben . „Frieden in Freiheit“ ist ein Kernthema der Union – und für Frieden in Freiheit bedarf es der Stärkung der Rechte und Freiheit des Einzelnen . Deshalb lassen Sie mich noch deutlicher werden: Wir brauchen keine wei- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724240 (A) (C) (B) (D) tere, nur auf Außenwirkung bedachte Aktion für Funk- tionäre . Was wir brauchen, ist die Stärkung des indivi- duellen Interesses am Austausch über Grenzen hinweg, damit die Menschen miteinander ins Gespräch kommen und sich besser verstehen lernen . Es gibt schon eine Vielzahl von Begegnungs- und Austauschprogrammen deutschlandweit, europaweit, ja auch weltweit . Ich denke da an die Erasmus- und Schü- leraustauschprogramme wie auch an die Angebote der Kriegsgräberfürsorge, an denen sich Jugendliche europa- weit beteiligen . Hier sollte man mit neuen Ideen ansetzen und diese weiterentwickeln, um bei den Menschen das Interesse zu stärken, in andere Länder zu reisen, darunter auch in europäische Länder, und fremde Menschen ken- nenzulernen . Dazu könnte beispielsweise ein kostenloses Interrailticket für alle 18-jährigen Europäer beitragen . Ein Weltfriedenstag am 1 . September als europäischer Feier- oder Gedenktag wird nicht für mehr Frieden sor- gen: Erstens . Wir haben eine Vielfalt im Erinnern und Ge- denken an Krieg und Frieden, je nach Ort und Begeben- heit, die dringend erhalten bleiben, ja eher noch betont werden sollte . Ich erinnere daran, dass wir allein in dieser Wahlperiode unter anderem das Gedenken an 70 Jahre Befreiung der Konzentrationslager, das Ende des Zwei- ten Weltkrieges und 80 Jahre „Nürnberger Gesetze“ an- gemessen begangen haben . Jedes Mal ging es ortsbezo- gen, objektbezogen und sachorientiert um Einzelaspekte dieser für Deutschland dunklen und furchtbaren Zeit . Niemand ist daran gehindert – und das geschieht auch so – Gäste aus dem Ausland, auch dem europäischen Ausland, dazu einzuladen . Zweitens . Krieg und Frieden sind heute global zu den- ken, ihre Auswirkungen sind nicht mehr auf Kontinente begrenzt . Die Globalisierung ist eine große Herausforde- rung und wird dies zukünftig für uns alle bleiben . Deutschland ist Teil von Europa, ist Teil in globa- lem Zusammenhang . Denken Sie daran, wie nah uns die Auswirkungen der Kriege im Nahen Osten auch in Deutschland schon jetzt erreichen . Wir haben mit dem Weltfriedenstag der UN am 21 . September bereits einen Weltfriedenstag . Den müssten wir stärker ins Bewusst- sein rücken . Eines europäischen Weltfriedenstages am 1 . September bedarf es daher nicht . Sebastian Hartmann (SPD): Die Linke scheint ein recht gutes Modell gegen die EU-Skepsis bei gleichzei- tigem Einsatz für den Frieden gefunden zu haben: einen weiteren Feiertag . Über eine zunehmende EU-Skepsis in der Bevölkerung ist bereits allenthalben gesprochen und geschrieben worden . Dabei ist jedoch aktuell ein Gegen- trend zu sehen . In der letzten Umfrage des Eurobarome- ters gaben 37 Prozent der Deutschen an, die EU habe für sie ein gutes Image . Das sind 8 Prozentpunkte mehr als bei der letzten Eurobarometerumfrage . Allerdings ist das auch immer noch eine klare Minderheit . Dabei ist die EU grundsätzlich eine Erfolgsgeschich- te – politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich . Noch nie hat es eine längere Friedensperiode im EU-Raum ge- geben, noch nie haben sich so viele Personen nationen- übergreifend verständigen können, und noch nie war der europäische Wirtschaftsraum stärker als heute . Ich möch- te allerdings die aktuelle Krise der EU nicht verschwei- gen . Mit Großbritannien tritt erstmals ein Land aus der EU aus, in Südeuropa ist die Jugendarbeitslosigkeit wei- terhin zu hoch, und Griechenlands Schuldenlast kann die zaghaften Reformen und Aufbruchssignale schnell zu- nichtemachen . Vielleicht ist ein EU-weiter Feiertag in der Tat eine gute Gelegenheit, einmal innezuhalten, sich auf die po- sitiven Aspekte der EU zu konzentrieren und sich an der europäischen Erfolgsgeschichte zu erfreuen . Allerdings gibt es bereits jedes Jahr am 9 . Mai den sogenannten Eu- ropatag . Basierend auf der historischen Ansprache des damaligen französischen Außenministers Robert Schu- man am 9 . Mai 1950 in Paris zur Gründung der Europä- ischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), wird dieser Tag offiziell als Geburtstag der Europäischen Uni- on gefeiert . Schuman erklärte damals unter anderem, Europa lasse sich nicht mit einem Schlage herstellen und auch nicht durch eine einfache Zusammenfassung . Es werde aber durch konkrete Tatsachen entstehen, die zunächst eine Solidarität der Tat schaffen. Daher schlug Schuman vor, die französische und die deutsche Kohle- und Stahlpro- duktion einer gemeinsamen Hohen Behörde zu unterstel- len, die den anderen europäischen Ländern zum Beitritt offenstehe – als erste Etappe der europäischen Födera- tion. 1985 wurde in Mailand beim Treffen des Europä- ischen Rates offiziell beschlossen, diesen Tag zu feiern. Es gibt daher für mich keinen ersichtlichen Grund, den 1 . September als einen europäischen Feiertag zu bege- hen . In ihrem Antrag schreiben die Linken zudem, dass sie mit diesem Feiertag aktiv die Einstellung der Bevöl- kerung gegenüber der EU verbessern möchten . Dabei spricht die Linke immer wieder selbst von der EU als „undemokratisch, unsozial und in einer tiefen Krise“ . Das Verhältnis der Linken zur EU ist innerhalb der eige- nen Partei sehr gespalten; daher verwundert der vorlie- gende Antrag . Es wäre wünschenswert, wenn die Linke mehr im politischen Tagesgeschäft an einem positiven EU-Bild arbeiten würde und weniger in solchen Anträ- gen . Daher ist der vorliegende Antrag abzulehnen . Ein Vorschlag: Die Linke überdenkt ihre Sowohl-als- auch-Haltung zu Europa, nimmt von ihren antieuropä- ischen Attitüden Abstand, und wir verzichten auf den Feiertag . Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE): Wir bera- ten heute abschließend vier Gesetzentwürfe zur Reform bzw . Änderung des Strafgesetzbuches bezüglich von Straftaten gegen ausländische Staaten. Alle vier treffen sich in einer zentralen Forderung: der § 103 des Straf- gesetzbuches muss weg . Und auch, wenn wir am Ende nur einen der vier Gesetzentwürfe annehmen werden, ist dieser `kleinste gemeinsame Nenner´ tragfähig genug, damit – zumindest war das bisher im federführenden Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24241 (A) (C) (B) (D) Rechtsausschuss der Fall – alle Fraktionen dem ihre Zu- stimmung geben werden . Die Strafvorschrift des § 103 des Strafgesetzbuches (StGB) (Beleidigung von Organen und Vertretern aus- ländischer Staaten) bezweckt den Schutz der Ehre von ausländischen Staatsoberhäuptern, ausländischen Re- gierungsmitgliedern sowie beglaubigten Leitern einer ausländischen diplomatischen Vertretung . Der Strafrah- men beträgt Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geld- strafe, im Falle der verleumderischen Beleidigung Frei- heitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren . Für den Ehrenschutz von Organen und Vertretern ausländischer Staaten erscheinen die Straftatbestände des Vierzehnten Abschnitts (Beleidigung), §§ 185 ff. Strafgesetzbuch, ausreichend . Insbesondere bedarf es zum Schutz von Organen und Vertretern ausländischer Staaten nicht des gegenüber den §§ 185 ff. StGB erhöhten Strafrahmens. Auch das Völkerrecht verpflichtet die Staaten nicht dazu, Sonderstrafnormen zugunsten Repräsentanten ausländi- scher Staaten aufzustellen, wie sie § 103 StGB derzeit vorsieht . Die Vorstellung, die Repräsentanten ausländi- scher Staaten benötigten einen über die §§ 185 ff. StGB hinausgehenden Schutz der Ehre, erscheint nicht mehr zeitgemäß . Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Schutzzweck des § 103 in der Wahrung des Interesses der Bundesrepublik an einem Mindestbestand funktionieren- der Beziehungen zu ausländischen Staaten besteht, so wird dieses Anliegen bereits ausreichend durch die Be- leidigungsparagrafen 185, 186 und 187 StGB sicherge- stellt . Dies hat auch der Deutsche Anwaltsverein in sei- ner Stellungnahme vom Januar 2017 festgestellt . § 103 StGB ist daher entbehrlich und kann aufgehoben werden . Allerdings geht uns die Abschaffung des § 103 StGB nicht weit genug . In unserem eigenen Gesetzentwurf (Bundestagsdrucksache 18/8272) fordern wir neben der Abschaffung der Beleidigung von Organen und Vertre- tern ausländischer Staaten (§ 103 StGB) die Abschaffung weiterer sogenannter Sonderbeleidigungsdelikte . Dabei handelt es sich um die Verunglimpfung des Bundesprä- sidenten (§ 90 StGB) sowie die üble Nachrede und Ver- leumdung gegen Personen des politischen Lebens (§ 188 StGB) . Diesen Gesetzentwurf werden Sie heute leider mit den Stimmen der Großen Koalition bedauerlicher- weise ablehnen – und damit werden wieder einmal die Grenzen der Gemeinsamkeiten deutlich, die aufzeigen, dass die Große Koalition immer nur so viel macht, wie sich nicht vermeiden lässt . Politisches Gestalten sieht aber anders aus. Nur: dazu fehlt Ihnen offensichtlich so- wohl der Mut als auch der Wille . Auch die Gesetzentwürfe der Grünen und des Bun- desrates konzentrieren sich auf eine Streichung des § 103 StGB . Darüber hinaus fordern sie die sofortige Inkraft- setzung des Gesetzes am Tag seiner Verkündung, und nicht erst zum 1 . Januar 2018 . Da wir beides ebenfalls fordern, stimmen wir auch beiden Gesetzentwürfen zu . Zu den Auswirkungen des späten Inkrafttretens des Ge- setzes hat sich bereits der Deutsche Anwaltsverein sehr kritisch geäußert: Es sei kein Grund ersichtlich, warum gegenwärtig für vergleichbare Fälle anfänglich noch eine Strafverfolgung nach § 103 StGB statthaft sein darf . Das Gesetz sollte daher am Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten . Diesem Standpunkt schließen wir uns vollumfänglich an . Vor diesem Hintergrund erhält aller- dings die Empfehlung der Mehrheit im Rechtsausschuss, diese beiden Gesetzentwürfe abzulehnen, einen sehr schalen Beigeschmack . Wozu dieser Umgang absoluter Arroganz der Macht der Regierungsfraktionen mit der parlamentarischen Opposition und der Länderkammer, dem Bundesrat? Eine Antwort wird uns die Große Koali- tion wahrscheinlich schuldig bleiben . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Idee, den Weltfriedenstag zu einem europäischen Feiertag zu machen, ist nicht falsch . Selbstverständlich könnten sich Menschen an einem solchen Feiertag inner- halb der Europäischen Union grenzüberschreitend, spon- tan und vielfältig begegnen; sich kennenlernen . Natürlich kann das dazu beitragen, dass Vorurteile abgebaut wer- den, sich die Zivilgesellschaft stärker vernetzt und aus- tauscht . In Zeiten wie diesen ist das wichtig! Die Rechts- populisten säen Hass und Missgunst . Sie versuchen, die Europäische Union auseinanderzudividieren; denn sie verstehen nicht, dass die Probleme des 21 . Jahrhunderts nicht im nationalen Alleingang gelöst werden können . Nun gibt es verschiedene Weltfriedenstage: In der ehemaligen DDR wurde seit den 50-iger Jahren und in der BRD seit den 60-iger Jahren am 1 . September des Friedens gedacht . Die Katholische Kirche feiert seit 1968 ihren Weltfriedenstag am 1 . Januar . Seit 1981 gibt es am 21 . September den „Internationalen Tag des Friedens“ von den Vereinten Nationen . Angesichts der vielen Kri- sen und Kriege in dieser Welt kann es eigentlich nicht genügend Tage im Jahr geben, innezuhalten und des Frie- dens zu gedenken . Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, Sie schlagen nun vor, den 1 . September als europäischen Feiertag in ganz Europa zu begehen . Ich möchte Sie fra- gen: Was soll Europa mit einem deutschen Feiertag? Wir brauchen einen deutschen Feiertag für Europa genauso wenig wie die überhebliche Ansage von Volker Kauder vor einigen Jahren: „Auf einmal wird in Europa Deutsch gesprochen .“ Europa braucht keine Deutschtümelei . Eu- ropa braucht Respekt, Verlässlichkeit und den unumstöß- lichen Willen zur Kooperation . Deshalb wäre es klüger gewesen, von der Bundesre- gierung zu verlangen, sich für einen europäischen Welt- friedens-Feiertag am 21 . September 2017 einzusetzen und damit ganz klar zum Ausdruck zu bringen: Deutsch- land und die EU stehen zu den Vereinten Nationen; denn die Herausforderungen des 21 . Jahrhunderts können wir nur gemeinsam lösen . Es geht nur miteinander – sowohl in der EU als auch auf der internationalen Bühne . Die Europäische Union und die Vereinten Natio- nen sind die Antwort auf die verheerenden Folgen des Zweiten Weltkrieges . Der Kontinent wurde von Na- zi-Deutschland in Schutt und Asche gelegt . Über 60 Mil- lionen Menschen starben . Juden wurden ermordet, Sinti und Roma, Menschen mit Behinderungen, politisch An- dersdenkende und Homosexuelle wurden verfolgt und umgebracht . Danach war klar: Es geht nicht alleine und jeder für sich . Nationale Egoismen, diplomatische Zer- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724242 (A) (C) (B) (D) würfnisse, schlechte und unfaire Handelsbeziehungen sowie ein permanentes Aufrüsten führen zu Misstrauen, Hass und Krieg . Der 21 . September sollte uns daran jedes Jahr erinnern . Frieden und Eintracht kommen nicht mit nationalen Reflexen. Die Vereinten Nationen brauchen die EU, und die EU braucht die Vereinten Nationen, und deshalb spricht auch nichts dagegen, einen Gedenktag der Verein- ten Nationen als europäischen Feiertag zu übernehmen . Anlage 17 Erklärungen nach § 31 GO zu der Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages hier: Änderung der Regelung zum Alterspräsiden- ten (§ 1 Absatz 2 GO-BT) sowie weitere Ände- rungen in den §§ 93, 93a und 93b GO-BT (Tagesordnungspunkt 22) Klaus Brähmig (CDU/CSU): Im Rahmen der Ab- stimmungen am 1 . Juni 2017 werde ich der Beschluss- empfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immu- nität und Geschäftsordnung und der damit verbundenen Änderung der Regelung zum Alterspräsidenten sowie weiterer Änderungen der GO-BT nicht zustimmen . Lassen Sie mich kurz darlegen, warum ich der Be- schlussempfehlung nicht zustimmen kann: In zwei Jahren schaut die Bundesrepublik Deutschland auf 70 Jahre Demokratie zurück . In diesem Staat wird so- ziale und politische Teilhabe für breiteste Schichten des Volkes gewährleistet . Weltweit sieht man auf Deutsch- land und schaut mit Bewunderung auf ein wirtschaftlich erfolgreiches Land, das durch den Einbau eines verfas- sungsrechtlichen Kontrollnetzes bereit und fähig ist, die freiheitlich-demokratische Grundordnung notfalls auch wehrhaft gegen Feinde von innen und außen zu verteidi- gen . Seien wir stolz auf dieses Staatswesen! Persönlich sind wir als Politiker der sogenannten eta- blierten Parteien dazu aufgerufen, unsere Politik an den Maßstäben von Menschlichkeit, Wahrheit, Klarheit und Transparenz zu orientieren . Wenn die Menschen wieder das Gefühl haben, dass wir unsere politischen Maßstäbe selber leben und authentisch und sympathisch als Vor- bild dem Volk dienen, werden wir keine Probleme mit populistischen Ein-Themen-Parteien haben . Wir sollten also lieber ein attraktives und maßvolles Politikangebot unterbreiten, als mit Taschenspielertricks die demokrati- schen Traditionen und Gepflogenheiten unserer Demo- kratie zu ändern und damit einen demokratisch gewähl- ten Mitbewerber von Teilen der demokratischen Teilhabe auszuschließen, die wir für uns in aller Selbstverständ- lichkeit einfordern . Bei allen Fehlern, die auch aufgetreten sind, haben Verfassungsschutz, Nachrichtendienste, Polizei, Staats- anwaltschaften und Richter in den letzten Jahrzehnten den Nachweis gebracht, dass sie echten Verfassungsfein- den von links und rechts vehement und zugleich mit dem nötigen Augenmaß entgegentreten . Nach meiner eigenen Erfahrung mit einem totalitären Herrschaftssystem be- kenne ich mich eigenen zu Voltaires Aussage: „Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst“ . Nach meinem Empfinden schwächt die Große Koaliti- on mit dieser Geschäftsordnungsänderung unsere demo- kratische Kultur und bietet dem politischen Mitbewerber die Möglichkeit, sich als Opfer der etablierten Parteien zu gerieren . An einer Änderung der Geschäftsordnung, mit der sich die etablierten Parteien keinen Gefallen tun und ein Zeichen setzen, dass sie dem Urteilvermögen der eigenen Bevölkerung nicht ausreichend vertrauen, will und werde ich mich nicht beteiligen . Katrin Werner (DIE LINKE): Der Deutsche Bun- destag stimmt heute über eine Änderung der Geschäfts- ordnung des Bundestages ab . Künftig soll nicht mehr das in Jahren älteste Mitglied des Deutschen Bundestages das Amt des Alterspräsidenten übernehmen, sondern das am längsten dem Parlament angehörende Mitglied, das hierzu bereit ist . Mit dieser Änderung möchte die Große Koalition verhindern, dass Wilhelm von Gottberg (AfD) nach der Bundestagswahl möglicherweise das Amt des Altersprä- sidenten des Deutschen Bundestages übernimmt . Auch wenn es unerträglich und ein Schlag ins Gesicht aller Opfer des Nationalsozialismus ist, dass von Gottberg, der den Holocaust als „Mythos“ bezeichnete, Alterspräsident wird, ist die Änderung der Geschäftsordnung der falsche Umgang . Denn damit kann dem erstarkenden Rechtspopulismus nicht begegnet werden . Das demokratische System darf sich nicht vor einem drohenden Einzug der AfD beugen . Es bedarf vielmehr einer argumentativen Auseinander- setzung mit den Inhalten der AfD und einem deutlichen sowie lautem Bekenntnis zu einer solidarischen, demo- kratischen und offenen Gesellschaft. Ich stimme daher gegen den Antrag der Großen Koalition zur Änderung der Geschäftsordnung . Anlage 18 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Unterrichtung durch den Parla- mentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung: – Bericht des Parlamentarischen Beirats für nach- haltige Entwicklung (Arbeitsbericht der 18. Legis- laturperiode) (Tagesordnungspunkt 24) Josef Göppel (CDU/CSU): Müssen die Menschen in 100 Jahren die Erde verlassen? Mit dieser Botschaft erschreckte Stephen Hawking vor einigen Wochen für Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24243 (A) (C) (B) (D) einen Moment die Mediengesellschaft . Wirklich ernst nimmt das niemand . Dabei sind objektive Zeichen einer Überstrapazierung der Erde nicht zu übersehen: der Anstieg des CO2-Ge- halts der Atmosphäre von 270 auf 400 ppm, die anstei- gende Versauerung der Meere, der Schwund fruchtbarer Erde . Doch es gibt Gegenkräfte: jede Pflanze, die mit Son- nenlicht Biomasse aufbaut, und der kontinuierliche Wär- mefluss aus dem Innern der Erde, der den globalen Stoff- kreislauf antreibt . Alexander von Humboldt hat diese Zusammenhänge nach der Besteigung des Chimborazo als einer der Ersten geahnt . 1845 schrieb er in seinem Kosmos: Die Natur ist lebendig, „wie von einem Hauche beseelt von Pol zu Pol nur ein Leben ausgegossen ist in Steinen, Pflanzen, Tie- ren und in des Menschen schwellender Brust“ . Der Mensch bleibt trotz aller Technik auf die produk- tive Oberfläche der Erde angewiesen auf ackerfähige Bö- den, auf Weideflächen, auf Fischgründe, auf Wälder. Er braucht sie zur Erzeugung seiner Lebensmittel im umfas- senden Sinn und zur Aufarbeitung seiner Abfälle . Das ist das Anliegen dieser Rede: werben für die Ach- tung vor dem Land, den offenen, atmenden Boden, die fruchtbare Erde . Wie gleichgültig nehmen wir es hin, wenn wieder ein Stück frisches Land überbaut wird . Der Industriebau zum Beispiel muss wegkommen von der landfressenden Erdgeschossigkeit, und der Bau von Personenautos mit 400 PS ist mit einer nachhaltigen Wirtschaftsethik nicht mehr vereinbar! Ein Kollege sagte in diesem Zusammenhang vor kur- zem: „Unsere Kernkompetenz ist aber doch Wirtschaft!“ Gestatten Sie dazu einen Vergleich aus dem Alltagsleben . Ein kleiner Junge sitzt auf dem Arm seines Großvaters . Er streckt die Hände hoch und ruft: „Ich bin größer als du!“ So wie ihm ist uns oft nicht bewusst, was uns trägt . An dieser Stelle ein Appell . Wenn es dem Bundestag ernst ist mit der Nachhaltigkeit, dann muss der Beirat da- für endlich mit klaren Befugnissen in der Geschäftsord- nung verankert werden . Der dem Markt innewohnende Wachstumszwang hin zum Oligopol schien mit der sozialen Marktwirt- schaft gebändigt . Die regelfreie Globalisierung seit den 90er-Jahren erinnert dagegen an wild dahinbrausende Rösser eines antiken Wagenrennens . Irgendwann tragen sie den führungslosen Wagen aus der Kurve . Wir brau- chen keinen Rückzug, sondern einen Siegeszug der so- zialen und ökologischen Marktwirtschaft . Ernst Ulrich von Weizsäcker oder Franz Josef Radermacher haben die Schritte dahin konkret benannt . Eigentlich muss das schon aus ökonomischer Sicht gelingen, denn Rohstoffe und Energie werden global ge- handelt . Mit den Kosten dafür stehen Städte und Länder in direkter globaler Konkurrenz . Wer haushälterischer damit umgeht, wird wirtschaftlich stärker . Für das alltägliche Handeln gibt es eine klare Richtschnur: Immer dann, wenn Sie sich mit einer Maß- nahme den Kreisläufen der Natur nähern, liegen Sie rich- tig . Nehmen wir die Mühe auf uns, dafür immer wieder Anstöße zu geben und andere immer wieder auf dieses Ziel hin anzusprechen! Am Schluss des Aufrufes an die „Handelnden“ in der Umweltenzyklika sagt Papst Franziskus: Allen, die am Schutz unseres gemeinsamen Hauses arbeiten, möchte ich „meine Anerkennung, meine Ermutigung und meinen Dank aussprechen“ . Dr. Lars Castellucci (SPD): Vor wenigen Stunden hat Donald Trump den Klimavertrag von Paris aufgekün- digt . Worüber wir gestern noch gejubelt haben, das ist heute gefährdet . Es steht unglaublich viel auf dem Spiel . Gleichzeitig: Es ist nun leicht, sich über den ameri- kanischen Präsidenten zu erzürnen; doch Nachhaltigkeit wird nur umgesetzt werden, wenn alle in ihrem Bereich das Mögliche tun und vielleicht noch etwas mehr . Des- halb: Konzentrieren wir uns auf unseren eigenen Ein- flussbereich und zeigen nicht auf die anderen. Wir debattieren Nachhaltigkeit heute im Nachtpro- gramm; eigentlich gehört es aber in die Hauptsendezeit . Was ist also der Stellenwert von Nachhaltigkeit bei uns in Deutschland und im deutschen Parlament? Wir müssen deutlich mehr tun . Die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie und die vie- len Institutionen und Ehrenamtlichen im Bereich der Nachhaltigkeit machen uns international sicherlich zu einem beispielgebenden Land . Gleichzeitig: Bereits am 24 . April hatten wir auch in diesem Jahr wieder die uns zustehenden Ressourcen verbraucht . Wenn alle so wirt- schaften und leben würden, wie wir, bräuchten wir zwei weitere Erdbälle im Kofferraum. Haben wir aber nicht. Deshalb: Wir müssen deutlich mehr tun . Die Menschen kaufen sich Autos, die weniger Sprit verbrauchen, und fahren dafür viel mehr Kilometer . He- raus kommt der sogenannte Rebound-Effekt. Wir werden nicht nachhaltiger über technologische Lösungen allein . Wir müssen die Köpfe und Herzen der Menschen errei- chen . Nachhaltigkeit muss Freude machen . Wir müssen also deutlich mehr tun . Es braucht einen Aufbruch wie zu Zeiten der Agenda 21 und eine ineinandergreifende Zu- sammenarbeit von Kommunen, Ländern, Bund, der Wirt- schaft, Wissenschaft und zivilgesellschaftlicher Akteure . Der Parlamentarische Beirat hat in der zurückliegen- den Wahlperiode für die Aufnahme der Nachhaltigkeit als Staatsziel ins Grundgesetz geworben . Die CDU hat dann einen Rückzieher gemacht . Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union: Wir müssen deutlich mehr tun . Und dafür brauchen wir die Staatszielbestimmung, die uns in unserem Handeln leitet und verpflichtet. Ich werbe noch für einen weiteren Punkt: Kein Haus- hälter hier im Parlament würde es dulden, wenn die Regierung beschlösse, dass der Haushalt künftig eine Strategie der Regierung darstellt und die Abgeordneten diese nur zur Kenntnis nehmen . Die wichtigen Dinge gehören ins Parlament . Wir müssen deutlich mehr tun: Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724244 (A) (C) (B) (D) Die Nachhaltigkeitsstrategie muss demokratisiert, hier im Parlament diskutiert und verabschiedet und durch den Parlamentarischen Beirat – mit materiellen Rechten aus- gestattet – wirkungsvoll begleitet werden . Ein Pfarrer wurde gefragt, wie viel Geld denn in den Opferstock gelegt werden solle, damit der liebe Gott zu- frieden sei . Dieser antwortete: Wenn du doppelt so viel gibst, wie du eigentlich wolltest, hast du die Hälfte von dem gegeben, was der liebe Gott von dir erwartet . So ist es mit der Nachhaltigkeit: Wir müssen deutlich mehr tun . Carsten Träger (SPD): Was ist das Gegenteil von Nachhaltigkeit? Das Gegenteil von Nachhaltigkeit denkt nicht von heute bis morgen früh . Das Gegenteil von Nachhaltigkeit trifft politische Entscheidungen beim Frühstücksfernsehen und leugnet Realitäten wie den Kli- mawandel . Gerade hat Donald Trump verkündet, die USA werden aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen . Das sind schlechte Nachrichten für das Klima, aber auf jeden Fall schlechte Nachrichten für die USA . Denn dieser Schritt ist nicht nur dumm und rückwärts gewandt, er ist auch wirtschaftlich unsinnig . Fossile Energie statt erneuerba- re, Nationalismus statt offener Gesellschaft, Konfrontati- on statt Vertrauen: verlorene Jahre für die USA, solange er Präsident ist . Umso wichtiger für den Rest der Welt, zusammenzustehen und noch mehr für Klimaschutz zu tun! Umso stolzer bin ich auf die Deutsche Nachhaltig- keitsstrategie, die ein progressives Dokument ist . Mit der Nachhaltigkeitsstrategie bekennt sich die Bundes- regierung zur Einhaltung der planetaren Grenzen, der Belastungsgrenzen unserer Erde . Daraus resultiert – hier zitiere ich die Strategie – „ein Transformationsauftrag: Es geht darum, umfassende, beschleunigte Veränderun- gen in Wirtschaft und Gesellschaft einzuleiten und vo- ranzutreiben: in unserer Art zu leben, zu arbeiten, zu kon- sumieren, in Technologien, Institutionen und Praktiken .“ Das ist ein politisches Bekenntnis mit Weitblick unter Anerkennung der Realitäten . Es ist ein konkretes Programm: Wir haben bewähr- te und neue Indikatoren in allen drei Dimensionen der Nachhaltigkeit in der Strategie . Als Sozialdemokrat ist mir die soziale Dimension der Nachhaltigkeit besonders wichtig . Wir haben hier erstmals einen Armutsindikator und einen Indikator für soziale Ungleichheit . Bei den ökologischen Indikatoren sind Indikatoren zum Meeres- schutz hinzugekommen . Deutschland ist mit seiner Architektur der Nachhal- tigkeit weltweit beispielgebend . Wir können stolz darauf sein, dass wir seit 2002 eine Nationale Nachhaltigkeits- strategie haben, dass wir einen Rat für Nachhaltigkeit ha- ben, dass wir einen Parlamentarischen Beirat haben – wir können stolz auf diese Institutionen und ihre Arbeit sein; aber wir müssen sie auch weiterentwickeln . Im täglichen Politikbetrieb fällt die Nachhaltigkeit ge- rade in Ressorts, die das Prinzip nicht ohnehin schon im- mer mitdenken, leider oft hinten runter . Dieses Denken wollen wir aufbrechen . Wie das gelingen kann, dass die Ministerien über ih- ren Tellerrand schauen und zusammenarbeiten, um nach- haltige Ziele zu erreichen, das hat die Umweltministe- rin im „Integrierten Umweltprogramm“ vorgestellt . Da hat Barbara Hendricks einmal bei den Schlüsselthemen Energie, Mobilität, Landwirtschaft und Konsum ange- setzt und beschrieben, wie die Ministerien zusammenar- beiten können . Ein toller Aufschlag und ein Vorbild für andere Ressorts . Nun sind wir dran . Die Regierung hat ordentlich vor- gelegt . Nun muss das Parlament, nun müssen wir nach- legen . Ziele und Indikatoren sind das eine; aber die Ziele müssen natürlich durch gute Politik erreicht werden . Das ist unser Job . Es braucht engagierte, progressive Politik, um engagierte, progressive Ziele zu erreichen . Hier ste- hen jetzt alle, die bisher Nachhaltigkeit für sich prokla- miert haben, in der Verpflichtung Auch deshalb wollen wir Nachhaltigkeit im Grund- gesetz verankern . Der Parlamentarische Beirat und der Rat für nachhaltige Entwicklung haben hier ge- meinsam Vorarbeit geleistet . Große Köpfe wie Gesine Schwan, Ernst-Ulrich von Weizsäcker, Klaus Töpfer und Hans-Jürgen Papier sind mit uns der Auffassung: Nach- haltigkeit gehört ins Grundgesetz . Mit einem Staatsziel Nachhaltigkeit könnte das Ziel der Nachhaltigkeit noch viel stärker in die gesellschaftliche Debatte eingebracht werden . Das Staatsziel wäre immer eine Ermahnung, auch an längerfristige Wirkungen zu denken . Wir alle führen Nachhaltigkeit in den Sonntagsreden im Mund . Es ist an der Zeit zu liefern . Wenn wir das Grundgesetz für die Verwaltung der Autobahnen ändern können, dann sollten wir es für die Sicherung unserer Zu- kunft auch können . Alles andere wäre zu kurz gedacht – wie ein Tweet beim Frühstücksfernsehen . Birgit Menz (DIE LINKE): Auch ich möchte meinen Kolleginnen und Kollegen im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung für die engagierte, kon- struktive und freundliche Zusammenarbeit danken . Der PBnE hat in seinem Kerngeschäft zuverlässige Arbeit geleistet . Wir haben akribisch das Vorhandensein von Aussagen über Nachhaltigkeitswirkungen in Geset- zesvorhaben kontrolliert und so dazu beigetragen, dass solche Aussagen kaum noch vergessen werden . Eine in- haltliche Verbesserung dieser Aussagen haben wir nicht erreicht . Wir haben die Übersetzung der Agenda 2030 in eine nationale Strategie mit viel Engagement begleitet . Wir haben uns beständig über die Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie informieren lassen . Wir haben Gespräche dazu geführt, und wir haben die deutsche Nachhaltigkeitspolitik regelmäßig im Parlament zur De- batte gestellt . Doch nach wie vor bestehen Defizite nicht nur bei der Umsetzung wichtiger Maßnahmen, sondern schon bei ihrer Entstehung. Die vielzitierten Interessenkonflikte werden nach wie vor zu selten thematisiert . Und noch Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24245 (A) (C) (B) (D) seltener werden sie anders aufgelöst als zugunsten der ökonomischen Dimension . Das muss sich ändern . Ja, Nachhaltigkeit denkt sozi- ale, ökologische und wirtschaftliche Fragen zusammen . Aber es ist ein Irrtum, zu glauben, ihr Verhältnis zuei- nander wäre beliebig . Unsere Umwelt gibt einen Rahmen vor, der nicht überschritten werden kann . Das Wirtschaf- ten muss sich in diesen Rahmen einfügen und sich inner- halb der planetaren Grenzen am Menschen orientieren – nicht am Profit. Deshalb müssen wir den Bruch mit dem Weiter-so, den sich die Bundesregierung mit der Nachhaltigkeits- strategie zur Aufgabe macht, stärker einfordern . Nach all den Auseinandersetzungen um geeignete In- dikatoren und Ziele ist es an der Zeit, die entscheidende Frage zu beantworten, wie wir diese Ziele eigentlich er- reichen wollen . Ich betrachte es als Aufgabe des Beirats, diese Frage in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen De- batte zu stellen . Wir müssen aus dem Parlament heraus Ideen entwi- ckeln, wie eine deutsche Nachhaltigkeitspolitik aussehen soll . Und wir müssen erreichen, dass die politikfeldüber- greifende Zusammenarbeit, die wir von den Ministerien fordern, auch im Parlament stattfindet. Wir müssen zei- gen, wie konstruktiv über Zielkonflikte gestritten werden kann und wie sich daraus – auch fraktionsübergreifend – konkrete Alternativen entwickeln . Ein Weg dahin könnte sein, dass wir uns auf einige wenige, aber zentrale Einstiegsprojekte in die Trans- formation verständigen: Kernprojekte, die die soziale, ökologische und wirtschaftliche Dimension der Nach- haltigkeit verbinden, die die deutsche Politik unter dem Gesichtspunkt globaler Verantwortung betrachten und die die soziale Gerechtigkeit heute mit der Gerechtigkeit gegenüber den kommenden Generationen verbinden . Ein solches Einstiegsprojekt könnte der Kohleausstieg sein, für den man einen klaren Zeitplan und sozial ge- rechte Übergänge skizziert . Es könnte um die Zukunft der Arbeit gehen oder auch darum, wie die Verantwortung der Bürgerinnen und Bürger für eine nachhaltige Gesell- schaft mit entsprechenden demokratischen Beteiligungs- möglichkeiten verbunden werden kann . Denn wenn wir von den Bürgerinnen und Bürgern fordern, Verantwor- tung für einen nachhaltigen Konsum zu übernehmen, dann müssen wir auch zulassen, dass ihre Verantwortung schon vorher beginnt, nämlich mit der Möglichkeit, darü- ber mitzuentscheiden, was wir wie produzieren . Der PBnE hat es geschafft, sowohl seitens der Bundes- regierung als auch in der Gesellschaft in seinem Kernge- schäft als wichtiger Akteur wahrgenommen zu werden . Das zeigen auch die vielen Forderungen nach einer Stär- kung dieses Gremiums, die von Verbänden in ihren Kom- mentaren zur Nachhaltigkeitsstrategie erhoben wurden . Diese Unterstützung, die wir aus der Gesellschaft he- raus erhalten haben, sollten wir als Auftrag verstehen, unsere Arbeit, aber auch unser Selbstverständnis wei- terzuentwickeln, nicht nur zu bellen, wie der Beirat es im Netz ankündigt, sondern, wo nötig, eben auch kräftig zuzubeißen . Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Heute debattieren wir den Arbeitsbericht des Parlamen- tarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung . Mit dem zweiten von mir mitverantworteten Arbeitsbericht neigt sich meine aktive Zeit im Nachhaltigkeitsbeirat dem Ende zu . Deshalb möchte ich heute zwei Dinge tun: Zu- rückschauen – und einen Blick in die Zukunft werfen . Manches haben wir im Beirat erreicht . Ich möchte hier drei Beispiele nennen: Den Beschluss zu Hermes-Bürgschaften in der letzten Wahlperiode . Die Forderung nach einer Elektroquote im Bundestag- fuhrpark, die jetzt umgesetzt ist . In jedem Bundesressort gibt es jetzt eine Nachhaltig- keitsbeauftragte oder einen Nachhaltigkeitsbeauftragten . Das ist eine Forderung des Beirats, die von der Bundesre- gierung in der neuen Nachhaltigkeitsstrategie umgesetzt wurde . Die Begleitung der nationalen, seit der Neuauflage im Januar deutschen Nachhaltigkeitsstrategie ist eine der Hauptaufgaben des Nachhaltigkeitsbeirats . Hier hat sich einiges getan . Die Strategie hat sich deutlich fortentwi- ckelt. Ich hoffe, dass sie in Zukunft auch ambitionierter als bisher umgesetzt wird . Da ist nämlich noch deutlich Luft nach oben . Zum Beispiel hat auch eine ambitionierte Nachhaltig- keitsstrategie nicht verhindert, dass der Bundesverkehrs- wegeplan weiterhin zu viele fragwürdige Straßenneubau- projekte beinhaltet . Hier müssen wir ran . Das bringt mich zur Zukunftsbetrachtung . – Ich zitie- re: Aus der Agenda 2030 resultiert auch für Deutsch- land ein Transformationsauftrag: Es geht darum, umfassende, beschleunigte Veränderungen in Wirt- schaft und Gesellschaft voranzutreiben: in unserer Art zu leben, zu arbeiten, zu konsumieren, in Tech- nologien, Institutionen und Praktiken . Das Zitat ist übrigens nicht aus dem grünen Wahlpro- gramm, sondern aus der deutschen Nachhaltigkeitsstra- tegie . Um diese Transformation zu erreichen, könnten wir hier im Hohen Haus und im Nachhaltigkeitsbeirat zwei Dinge in Angriff nehmen: Erstens . Nicht nachhaltige Politik muss weh tun, und das geht am besten über den Haushalt . Die Verteilung von Haushaltsmitteln ist ein äußerst wirksamer Hebel . Das kann man sich auch für die Nachhaltigkeit zunutze machen . Zweitens . Weiterkommen müssen wir auch bei der Weiterentwicklung der Prüfung der Gesetzesfolgenab- schätzung . Der Beirat prüft bereits seit 2009 jeden Ge- setzentwurf formal daraufhin, ob eine Nachhaltigkeits- prüfung stattgefunden hat . Das ist wichtig, denn oft genug fehlt in den Entwürfen selbst das . Auf Dauer reicht das aber nicht . Denn letztlich sagt die formale Prüfung überhaupt nichts darüber aus, ob ein Gesetzentwurf oder Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724246 (A) (C) (B) (D) eine Verordnung der Nachhaltigkeit dient oder ihr sogar schadet . Dafür brauchen wir eine inhaltliche Prüfung . Anlage 19 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einfüh- rung eines Wettbewerbsregisters (Tagesordnungs- punkt 25) Dr. Herlind Gundelach (CDU/CSU): Das Wettbe- werbsregister ergänzt die umfassende und äußerst kom- plexe Vergaberechtsnovelle aus dem letzten Jahr, mit der wir die Grundlage für einen fairen, unbürokratischen und transparenten Wettbewerb um Aufträge der öffentlichen Hand geschaffen haben. Das Wettbewerbsregister ist das letzte Puzzlestück der Novellierung und wird die Firmen von Vergaben ausschließen, die in Deutschland gegen geltendes Recht verstoßen haben . Es kann schließlich nicht sein, dass wir beispielsweise eine Firma zum Bau eines öffentlichen Gebäudes beauf- tragen, die wegen Schwarzarbeit oder Nichteinhaltung des Mindestlohns in Deutschland rechtskräftig verurteilt worden ist. Wer Geld aus öffentlichen Kassen für seine Arbeit erhält, muss sich an die in Deutschland geltenden Gesetze halten. Das Wettbewerbsregister schafft somit vor allem auch Chancengleichheit für alle Bewerber . Wir haben bei diesem Gesetz mit äußerster Sorgfalt gearbeitet . Denn uns ist es durchaus bewusst, welche Folgen eine fälschliche Eintragung in ein solches Verga- beausschlussregister für ein Unternehmen haben könnte . Es war uns wichtig, dass es für dieses Instrument eine eindeutige und klare rechtliche Grundlage gibt, die sich auf für Vergaben relevante Aspekte beschränkt . Dazu ge- hört auch, dass wir Schwellenwerte bestimmt haben, die verhältnismäßig sind . In Deutschland gibt es bereits Vergabeausschluss- listen . Diese sind jedoch nicht einheitlich und manche folgen auch nicht der von mir gerade beschriebenen Maßgabe . Man hat durchaus teilweise das Gefühl, dass Eintragungen ein wenig nach Gutdünken erfolgen . In der Folge gibt es in manchen Bundesländern weniger als zehn Eintragungen auf der sogenannten schwarzen Liste, wäh- rend andere Länder jede Lappalie in ihr Wettbewerbsre- gister eintragen . Darüber hinaus gibt es keine klaren Bestimmungen zur Selbstreinigung . Diese Situation ist nicht hinnehmbar . Uns war daher in den Beratungen, die in der Koalition zu jeder Zeit sachlich und sehr einver- nehmlich geführt worden sind, wichtig, festzulegen: In das beim Bundeskartellamt neu einzurichtende Wettbe- werbsregister können nur rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen und Strafbefehle sowie bestandskräftige Bußgeldentscheidungen zu einer Eintragung führen . Die- sen Punkt stelle ich noch einmal klar, da es dazu immer wieder falsche Meldungen – auf gut Neudeutsch: Fake News – gegeben hatte . Und selbstverständlich muss es einer Firma auch mög- lich sein, nach entsprechenden Maßnahmen schnellst- möglich wieder aus dem Register gelöscht zu werden . Um für diesen Prozess einen fairen und nachvollziehba- ren Ablauf gewährleisten zu können, haben wir festge- halten, dass die registerführende Behörde Leitlinien für die sogenannte Selbstreinigung erlassen muss . Außerdem haben wir angeregt, den Gebührenrahmen für ein solches Verfahren in einer Höhe festzulegen, den auch kleine und mittelständische Unternehmen schultern können . Oberste Priorität bei dieser Gesetzgebung hat für uns, dass das Wettbewerbsregister für alle Vergabestellen – sei es auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene – gelten muss . Sonst macht es keinen Sinn . Unternehmen agieren oft bundes-, europa- oder sogar weltweit . Daher müssen mit dem Wettbewerbsregister des Bundes alle ähnlichen Register entfallen, die derzeit in den Bundesländern ge- führt werden . Das heute zu verabschiedende Gesetz fällt in den Be- reich der konkurrierenden Gesetzgebung . Das heißt, dass alle Länderlisten gelöscht werden müssen, sobald das Gesetz den Bundesrat passiert hat und das Wettbewerbs- register einsatzfähig ist . Die bisherigen Listen werden nicht übernommen, da diese, wie soeben beschrieben, zum Teil nicht unseren Anforderungen und Ansprüchen gerecht werden . Wie ich eingangs feststellte, findet mit dem Wettbe- werbsregister eine umfassende Novellierung des Verga- berechts ihren Abschluss, die die betroffenen Unterneh- men in erheblichem Umfang von bisher angefallenen Bürokratiekosten entlastet, indem es handhabbarer und überschaubarer geworden ist . Ich möchte daher an dieser Stelle erneut an die Bundesländer appellieren, ihre Ver- gabegesetze am neuen Bundesrecht auszurichten bzw . das Bundesrecht ganz einfach zu übernehmen, zumal die Länder ja umfassend in die Erarbeitung des neuen Verga- berechts einbezogen waren und ihm im Bundesrat auch ohne Änderungen zugestimmt haben . Barbara Lanzinger (CDU/CSU): wir beraten heute abschließend den Gesetzentwurf zur Einführung eines bundesweiten Wettbewerbsregisters, den letzten Baustein der Modernisierung des Vergaberechts . Schon vor einem Jahr haben wir das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz und die Vergaberechtsmodernisierungsverordnung im Deutschen Bundestag verabschiedet und damit den Wett- bewerb um öffentliche Aufträge gestärkt. Ein erklärtes Ziel der Reform war, die Bekämpfung der Wirtschafts- kriminalität zu verbessern . Bund, Länder und Kommunen vergeben jährlich Auf- träge im Wert von über 300 Milliarden Euro an private Unternehmen . Das ist eine Riesensumme, und das ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor . Außerdem ist es das Geld der Steuerzahler, mit dem die öffentliche Hand achtsam umgehen soll . Wer sich wegen Wirtschaftsdelikten straf- bar gemacht hat, soll deshalb nicht von öffentlichen Auf- trägen und Konzessionen profitieren. Das Wettbewerbsregister, das wir nun einführen, sorgt für mehr Transparenz und einen fairen Wettbewerb: Es erleichtert den Auftraggebern, nachzuprüfen, ob Unter- nehmen erhebliche Rechtsverstöße begangen haben, und sie gegebenenfalls von der Auftragsvergabe auszuschlie- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24247 (A) (C) (B) (D) ßen . Das kommt allen Unternehmen zugute, die sich an Recht und Gesetz halten . Dabei gehen wir mit Augenmaß vor: Ab einem Auftragswert von 30 000 Euro müssen öf- fentliche Auftraggeber beim Register nachfragen, ob das Unternehmen, das den Auftrag erhalten soll, eingetragen ist, und zwar bevor sie den Zuschlag erteilen . Bei öffentlichen Aufträgen unterhalb von 30 000 Euro erhalten Auftraggeber eine Abfragemöglichkeit . Nach drei bzw . fünf Jahren, je nach Schwere der Tat, muss die Eintragung gelöscht werden . Das Gesetz regelt abschließend alle Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, die zu einer Eintragung führen, zum Beispiel Bestechung, Geldwäsche, Betrug, und an- deres . So sorgen wir für Rechtssicherheit . Der Katalog enthält Straftaten, die zwingende Aus- schlussgründe nach dem Vergaberecht darstellen, und fakultative Ausschlussgründe, die die Vergabestellen bis- her im Gewerbezentralregister abfragen mussten . Die Unternehmen werden vor der Eintragung infor- miert und können Einwände erheben . Sie haben zudem die Möglichkeit, eine Selbstreini- gung vorzunehmen und dann die vorzeitige Löschung aus dem Register zu beantragen . Für die vorzeitige Löschung sollen dem Unternehmen aber nur die zur Deckung des Verwaltungsaufwands un- bedingt notwendigen Kosten auferlegt werden; wir wol- len keine Sanktionierung durch die Hintertür . Die bisher auf Länderebene geführten Register ent- fallen, sodass es keine unterschiedlichen Eintragungs- voraussetzungen mehr geben wird . Für Auftraggeber und betroffene Unternehmen schaffen wir dadurch mehr Transparenz und Rechtssicherheit . Das Bundekartellamt wird als Registerbehörde be- nannt . Bei ihm liegt schon die Zuständigkeit für die Ver- gabekammern; deshalb ist sichergestellt, dass die Füh- rung des Wettbewerbsregisters in kompetenten Händen liegt . Wichtig ist uns auch: Kein automatischer Ausschluss der Unternehmen von öffentlichen Aufträgen. Die Auf- traggeber entscheiden eigenverantwortlich nach Maßga- be des Vergaberechts, ob sie ein eingetragenes Unterneh- men von der Vergabe ausschließen . Vertraulichkeit der Daten: Die Eintragung ins Wett- bewerbsregister ist eine sensible Angelegenheit . Wir stellen sicher, dass nur öffentliche Auftraggeber Einsicht nehmen können, außerdem Stellen, die ein Präqualifi- zierungsverzeichnis führen, wenn das Unternehmen ein- willigt . So schützen wir das Recht der Unternehmen auf informationelle Selbstbestimmung . Ich fasse zusammen: Mit diesem wichtigen letzten Baustein vervollständigen wir das neue Vergaberecht und sorgen für mehr Transparenz und fairen Wettbewerb bei der öffentlichen Auftragsvergabe. Schwarze Schafe wer- den es künftig schwerer haben, an öffentliche Aufträge zu kommen, für Auftraggeber wird es einfacher, Informati- onen über Ausschlussgründe einzuholen . Das stärkt die Unternehmen, die sich rechtskonform und fair verhalten . Ich bitte daher um Zustimmung zu diesem Gesetz . Marcus Held (SPD): Ich habe schon ein paar Ge- setzentwürfe in dieser Legislaturperiode mitverhandelt; keiner ging so schnell wieder dieser – und das, obwohl es ein jahrelanges Herzensanliegen meiner SPD-Fraktion war . Hut ab, liebe Union! Da dürfen dann auch mal die Grünen gerne klatschen; denn meine Fraktion kämpft be- reits seit einigen Jahren für die Einführung dieses längst überfälligen Gesetzes . Mein allerherzlichster Dank gilt insbesondere mei- nen beiden Mitstreiterinnen von der Union, Frau Dr . Gundelach und Frau Lanzinger . Zusammen haben wir auch schon das Vergaberecht auf fruchtbaren Boden geführt . Das wiederholen wir nun mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, welchen wir heute in zweiter und dritter Lesung verabschieden wollen . Es geht konkret um das Gesetz zur Einführung eines Wettbewerbsregisters, ein, wie ich bereits erwähnte, Her- zensanliegen der SPD-Bundestagsfraktion . Deutschland wird damit Vorreiter in Sachen Korruptionsprävention im öffentlichen Auftragswesen. Schwarzen Schafen le- gen wir damit das Handwerk . Bisher existieren in ei- nigen Bundesländern sogenannte „schwarze Listen“ . Diese sollen nun aber in einem noch zu erarbeitenden Bundesregister aufgehen . Und das ist auch gut so! Wenn die Bundesländer dann auch noch über ihre insgesamt 14 Landesvergabegesetze nachdenken, dann freuen sich die Kolleginnen und Kollegen, die tagtäglich mit dem Thema Bürokratieentlastung zu tun haben . Das Register wird vom Bundeskartellamt geführt wer- den . Das ist eine Behörde mit exzellentem Ruf, die gute Arbeit macht und bei der das Register auch bestens auf- gehoben sein wird . Getreu der Losung des Evangelischen Kirchentages in der letzten Woche in Berlin und Wittenberg „Du siehst mich“ wird für öffentliche Auftraggeber bei Vergaben sofort ersichtlich werden, welche Unternehmen davon ausgeschlossen werden können . Was werden zukünftig Ausschlussgründe für kriminel- le Unternehmen bei öffentlichen Auftragsvergaben sein? Ich zähle auf: Bestechung, Terrorismusfinanzierung, Geldwäsche, Betrug zulasten öffentlicher Haushalte und zulasten des Haushalts der EU, Steuerhinterziehung, Kartellrechtsverstöße, Schwarzarbeit und Verstöße ge- gen das Mindestlohngesetz . Es ist also eine breite Palet- te, die in das Register aufgenommen werden wird, wenn es dazu rechtskräftige Verurteilungen von Unternehmen gab oder gegen ein Unternehmen Bußgeldbescheide ver- hängt wurden . Bei einer jährlichen Auftragsvergabe von 300 Milliar- den Euro durch Bund, Länder und Kommunen stärken wir insbesondere diejenigen Unternehmen, die sich bis- her nichts haben zuschulden kommen lassen . Stichwort: Fairer Wettbewerb . Für eine soziale Marktwirtschaft ist dies unabdingbar . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724248 (A) (C) (B) (D) Betonen möchte ich allerdings an dieser Stelle das Thema Selbstreinigung . Eingetragene Straftaten können nach Ablauf von fünf Jahren, eingetragene Bußgeldent- scheidungen spätestens nach Ablauf von drei Jahren ab dem Tag der Rechts- oder Bestandskraft der Entschei- dung gelöscht werden . In § 8 wird eine vorzeitige Lö- schung der Eintragung aus dem Wettbewerbsregister geregelt . Das Gesetz hätte man an einigen Punkten auch noch weiter fassen können . So wird unter anderen moniert, dass die Bagatellgrenze bei Bußgeldentscheidungen bei 50 000 Euro liege und deswegen ein Großteil der Buß- geldentscheidungen der Kartellbehörden im Geltungs- bereich des Gesetzes nicht erfasst werde . Die Forderung von uns war, diese auf 5 000 Euro zu senken . Ich bin da- für, dieses Gesetz so, wie es ist, jetzt erst einmal in Kraft treten zu lassen und dann in der nächsten Legislaturperi- ode zu schauen, ob gegebenenfalls weitere Verbesserun- gen vorgenommen werden sollten . Ein gutes und wichtiges Gesetz wird heute in diesem Hohen Hause verabschiedet . Darauf können wir auch alle stolz sein, liebe Kolleginnen und Kollegen . Michael Schlecht (DIE LINKE): Generell begrüßen wir die Einführung eines Wettbewerbsregisters . Es ist längst überfällig und wurde auch von uns bereits in der letzten Legislaturperiode unter dem Begriff „Korrupti- onsregister“ gefordert. Schließlich dürfen mit öffentli- chen Aufträgen und letztlich Steuergeldern nicht auch noch solche Unternehmen belohnt werden, die gegen Recht und Gesetz verstoßen . Allerdings ist das vorliegende Gesetz recht zahnlos und lässt viele Lücken. Eine effektive soziale, ökologi- sche und rechtsstaatliche Förderung unternehmerischen Verhaltens über den Hebel der öffentlichen Auftragsver- gabe wird nach wie vor kaum möglich, was auch die Ge- werkschaften bemängeln . Vieles bleibt leider offen: Erstens . Es ist unklar, inwiefern das Bundesgesetz die in einigen Bundesländern vorhandenen weitergehenden Regelungen oder bereits existierende Systeme der Prü- fung der Qualifikation bei der Zulassung zur Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen berühren wird. Es muss weiterhin klar für die Bundesländer die Möglichkeit ge- ben, über das Bundesrecht hinausgehende Regelungen bei der Auftragsvergabe in ihren Landesregistern aufzu- nehmen . Zweitens . Im Wettbewerbsregister ist allein ein Ein- trag von Verstößen mit Rechtskraft vorgesehen, um den Ausschluss von der Auftragsvergabe zu rechtfertigen . Voraussetzung für den Eintrag ist somit die rechtskräf- tige Verurteilung eines Mitarbeiters unter anderem für Vergehen wie Bestechung, Betrug, Geldwäsche, die Bil- dung einer kriminellen Vereinigung oder Terrorismusfi- nanzierung . Da es nun aber kein Unternehmensstrafrecht in Deutschland gibt, entscheiden Gerichte oder Behörden subjektiv bzw . von Fall zu Fall darüber, inwieweit der Rechtsverstoß als Tat eines Einzelnen gewertet wird oder dem Unternehmen zuzurechnen ist . Nur Letzteres würde aber zum Eintrag ins Wettbewerbsregister führen . Das ist unzureichend . Darüber hinaus wird der zeitnahe Eintrag erschwert durch den langjährigen Instanzen- und Behördenweg . Es wäre sinnvoll, zumindest die entsprechenden Informati- onen zu anhängigen Verfahren wie Straf- und Bußgeld- verfahren im Wettbewerbsregister aufzunehmen, zumal dies keine Strafe bzw . Vorverurteilung darstellt, sondern im Rahmen des Vergaberechts der Sorgfaltspflicht des öf- fentlichen Mitteleinsatzes entspricht . So, wie jetzt im Ge- setzentwurf vorgesehen, wird während der langjährigen Feststellung möglicher Verstöße mit Rechtsbestandskraft die öffentliche Hand blind agieren. Drittens . Aufnahmegründe in das Wettbewerbsregister sind vor allem Verstöße und Betrügereien, die sich pri- mär gegen öffentliche Haushalte richten. Es ist aber mehr als angebracht, hier auch die Fälle zu erfassen und einen Registereintrag zu begründen, in denen die Betrugstat zulasten der Kassen der gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien geht . Darüber hinaus sollte der Ur- sachenkatalog über die genannten Verstöße hinaus offen gehalten werden und nicht in Form einer abschließenden Aufzählung der Straftatbestände und Ordnungswidrig- keiten formuliert werden . Viertens . Laut Wettbewerbsregister beginnt die Ab- fragepflicht der Vergabebörden erst bei einem Auftrags- wert von 30 000 Euro . Es gibt zwar im Gesetzentwurf eine fakultative Abfragemöglichkeit unterhalb von 30 000 Euro . Allerdings zeigen die Erfahrungen, dass Vergabebehörden von solchen fakultativen Regelungen seltener Gebrauch machen. Eine Abfragepflicht unter- halb der 30 000-Euro-Grenze ist notwendig, um frühzei- tig und lückenlos die Zuverlässigkeit der Unternehmen bei der Teilnahme am Vergabeverfahren zu prüfen . Ins Wettbewerbsregister aufgenommen wird nur, was an Verstößen entdeckt und geahndet wird . Grundvoraus- setzung dafür ist wiederum eine ausreichende personelle und finanzielle Ausstattung der entsprechenden Ermitt- lungsbehörden und der Justiz . Hier gibt es unzählige Schwachstellen, die durch die Ausdünnung des öffentli- chen Dienstes – Stichworte Zoll, Steuerverwaltung, Jus- tiz, Polizei – in den letzten Jahren massiv vergrößert wor- den sind, sodass der Gesetzesvollzug nicht hinreichend gesichert ist, was nicht allein Wettbewerbsregister und Vergabegesetz betrifft. Die finanziellen und personellen Ressourcen müssen dringend erhöht werden, um den ef- fektiven Einsatz von Steuermitteln und die Gewährleis- tung rechtsstaatlichen Verhaltens von Unternehmen in der Breite zu sichern . Nur dann lassen sich unfaire Prak- tiken, Betrug und Korruption verringern . Zusammenfassend: Im Grundsatz begrüßen wir das Wettbewerbsregister . Die Umsetzung ist allerdings unge- nügend . Daher können wir uns hier nur enthalten . Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Endlich ist es so weit: Der Bundestag kann nun endlich über ein Wettbewerbsregister abstimmen! Dabei muss ich sagen: Von der Idee her finde ich, finden wir Grü- nen das Register gut . Kein Wunder, wir fordern ein sol- ches Register auch schon seit 2002 . Das hat nur leider Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24249 (A) (C) (B) (D) die Union bisher immer verhindert . Vier Anläufe haben wir gemacht, die alle an der Uneinsichtigkeit der Union gescheitert sind . Ich würde jetzt „Schwamm drüber“ sagen, hätten Sie ein gutes Gesetz vorgelegt . Aber leider hat der Gesetz- entwurf Schwächen, über die wir nicht hinwegsehen können; denn wir wollen Grundlagen für fairen Wettbe- werb schaffen. Fairen Wettbewerb kann es aber nur ge- ben, wenn sich alle Wettbewerber an die gleichen Regeln halten und wenn diejenigen, die das nicht tun, für ihr Fehlverhalten auch bestraft werden . Bleibt eine solche Bestrafung aus, schafft das Anreize für Fehlverhalten, für Betrug und Korruption . Um nichts anderes geht es bei der Schaffung von Wettbewerbsregistern. Wir wollen die öffentliche Hand in die Lage versetzen, gegen solche Straftäter konsequent vorzugehen und öffentliche Auf- träge nur an Unternehmen zu vergeben, die sich an die Spielregeln halten . Also: Wir wollen ein Korruptionsregister . Aber Ihre Umsetzung ist schlicht nicht gut genug . Sie haben die Bußgeldhöhe, ab der ein Unternehmen in das Register aufgenommen wird, mit 50 000 Euro viel zu hoch an- gesetzt . Damit fallen viel zu viele Unternehmen aus der Regelung heraus . Aus unserer Sicht – auch der Bun- desrat sieht das so – muss eine effektive Schwelle bei 5 000 Euro liegen . Ihr Starrsinn wird nun dazu führen, dass über 90 Pro- zent der Bußgeldentscheidungen nicht erfasst werden . Das ist gerade auch deswegen bedenklich, da das bun- desweite Register die Landesregister ersetzen soll . Durch die Höhe von 50 000 Euro werden die meisten Entschei- de der Landesbehörden überhaupt nicht mehr berück- sichtigt . Flächendeckende Korruptionsbekämpfung sieht anders aus . Dass mit der Ersetzung der Landesregister durch das bundesweite Register auch noch eine Generalamnestie einhergeht, weil Sie bestehende Eintragungen nicht über- nehmen wollen, ist ein weiterer kritischer Punkt . Hinzu kommt: Sie wollen nur solche Unternehmen eintragen, die rechtskräftig verurteilt worden sind . Doch das ist zu wenig . Strafverfahren wegen Korruptionsdelikten dauern regelmäßig vier bis fünf Jahre . Hier bleibt Nachbesse- rungsbedarf . Auch dass nur Verstöße eingetragen werden, die in Deutschland oder der EU geschehen, ist mangelhaft . Wir fordern daher, dass auch Unternehmen, die an ande- rer Stelle, etwa in der Lieferkette, gegen internationale Bestimmungen verstoßen, in das Register aufgenommen werden können . Ich komme deshalb leider zu dem Ergebnis, dass die- ses Gesetz nicht den Ansprüchen genügt . Es genügt nicht unseren grünen Ansprüchen, aber es genügt vor allem nicht dem Anspruch, Korruption wirksam zu bekämpfen und keine staatlichen Aufträge mehr an korrupte Unter- nehmer zu vergeben . Das ist traurig, und das ist keine verantwortungsvolle Politik gegenüber den Steuerzahle- rinnen und Steuerzahlern und gegenüber allen Unterneh- men in diesem Land, die fair spielen . Deshalb: Obwohl wir einem Korruptionsregister ger- ne zustimmen würden, müssen wir uns enthalten . Das liegt an Ihrer notdürftigen Umsetzung . Anlage 20 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisie- rung der epidemiologischen Überwachung über- tragbarer Krankheiten (Tagesordnungspunkt 26) Rudolf Henke (CDU/CSU): Infektionskrankheiten gehören nach wie vor zu den größten Gefahren für die menschliche Gesundheit und sind eine ernstzunehmende Herausforderung staatlichen Handelns . Die mediale Aufmerksamkeit ist immer dann beson- ders groß, wenn es zu internationalen Ausnahmezustän- den wie bei der Ebolaepidemie oder der Ausbreitung des Zika-Virus kommt, da ihre verheerenden Auswirkungen mitsamt einer raschen überregionalen bis globalen Ver- breitung uns mit einer gewissen Sorge erfüllen, verbun- den mit der Hoffnung, die Infektionskrankheit möge ih- ren Weg nicht bis zu uns finden. Doch auch bei uns bleibt die Bekämpfung von Infekti- onskrankheiten eine gesellschaftliche und politische Auf- gabe, die – so wage ich zu behaupten – nicht den Stel- lenwert in der Gesellschaft genießt, der eigentlich unser Anspruch sein sollte . Deshalb ist es gut und richtig, dass wir heute durch die Verabschiedung des Gesetzes zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten auch in diesem Bereich den Weg in die Di- gitalisierung gehen und ein datenschutzkonformes Mel- de- und Informationssystem von übertragbaren Krank- heiten etablieren, zu dem alle an der Versorgung und der Forschung beteiligten Akteure Anschluss haben sollen . Auf die Schaffung dieses digitalen Meldesystems, seine Kompatibilität und seine Nutzung wird meine Kollegin Katja Leikert in ihrer Rede näher eingehen . Meinen Appell zur besseren personellen wie struktu- rellen Ausstattung des öffentlichen Gesundheitsdienstes möchte ich an dieser Stelle zum Ende der Legislaturpe- riode noch einmal wiederholen: Dieses Gesetz folgt ei- ner vielversprechenden Strategie, die Infektionsausbrü- che früh erkennen und deren überregionale Verbreitung eindämmen soll . Dazu sind wir auf die aktive und ver- lässliche Mitwirkung der zuständigen Gesundheitsämter angewiesen . Die angespannte Personalsituation in den Gesundheitsämtern vor Ort wird von den Betroffenen seit langer Zeit moniert . Diese Sorgen sollten wir nicht auf die leichte Schulter nehmen . Wenn wir wirklich einen effektiven Schutz vor Infektionskrankheiten sicherstellen wollen, muss der Gesundheitsdienst mit ausreichend Ressourcen ausgestattet werden, damit er seinen Aufga- ben pflichtbewusst nachkommen kann. Lassen Sie mich – bevor ich auf die fachfremde Än- derung zu den Personaluntergrenzen eingehe – noch auf Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724250 (A) (C) (B) (D) eine Regelung zu sprechen kommen, die aufgrund ihrer Aktualität eine gewisse mediale Wirksamkeit entfaltet hat . Mit der Verabschiedung des Präventionsgesetzes ha- ben wir bereits gesetzlich geregelt, dass bei der Erstauf- nahme in eine Kindertageseinrichtung die Sorgeberech- tigten einen schriftlichen Nachweis darüber zu erbringen haben, dass zeitnah vor der Aufnahme eine ärztliche Be- ratung in Bezug auf einen vollständigen, nach den Emp- fehlungen der Ständigen Impfkommission ausreichenden Impfschutz des Kindes erfolgt ist . Wird dieser Nachweis nicht erbracht, kann das Gesundheitsamt die Sorgebe- rechtigten zu einer Beratung laden . So ist es geltendes Recht seit Inkrafttreten des Präventionsgesetzes Ende Juli 2015 . Auch ist es nach dem Infektionsschutzgesetz seit diesem Zeitpunkt geltendes Recht, dass der- oder die- jenige, der diesen Nachweis nicht oder nicht rechtzei- tig erbringt – sei es vorsätzlich oder fahrlässig –, ord- nungswidrig handelt und dafür mit einer Geldbuße bis zu 2 500 Euro belangt werden kann . In der Gesetzesbegründung des Präventionsgeset- zes heißt es dazu ergänzend: „Für Fälle, in denen Per- sonenberechtigte den erforderlichen Nachweis auch auf wiederholte Aufforderung hin nicht erbringen, wird das Gesundheitsamt ermächtigt, die Personenberechtigten zu einer Beratung zu laden . Die Kindertageseinrichtung darf dazu das Gesundheitsamt entsprechend informieren .“ Was wir mit dem Präventionsgesetz beabsichtigt ha- ben, konkretisieren wir jetzt durch eine gesetzlich ver- pflichtende Informationspflicht seitens der Leitung von Kindertageseinrichtungen an das Gesundheitsamt, wenn Sorgeberechtigte den Nachweis eines Informationsge- sprächs nicht erbringen . Das ist ein weiterer von vielen notwendigen Schritten auf dem Weg zu einer ausreichend hohen Impfquote . Bei den Masern liegt die Quote der ersten Impfung bei über 90 Prozent, das heißt, für diese mehr als 90 Prozent kann der Vorwurf einer prinzipiellen ideologischen Gegner- schaft zur Impfung nicht gelten . Trotzdem erreichen wir bei der zweiten Impfung, die nach der Empfehlung der Ständigen Impfkommission bis zum Ende des zweiten Lebensjahres durchgeführt werden soll, nicht einmal drei von vier Kindern . Diejenigen, die diese Impfung schlicht vergessen haben oder die sonst von einer Art Phlegma befallen sind, können wir mit der Initiative der Kinder- tagesstätten und der von dort ausgelösten Beratung im Gesundheitsamt besser erreichen . Daneben müssen Impfungen für alle in der Bevölke- rung leichter zugänglich und verfügbarer werden, etwa auch dadurch, dass auch Betriebs- und Werkärzte Imp- fungen im Sinne des Präventionsgesetzes durchführen . Ich persönlich halte dazu auch Konzepte für möglich, die auf gezielte Anreize setzen, um das Bewusstsein und die Motivation für das Impfen zu erhöhen, etwa durch steu- erliche Vorteile . Abschließend komme ich auf den viel beachteten fachfremden Änderungsantrag, der den gesetzlichen Auftrag vergibt, sogenannte pflegesensitive Bereiche in Krankenhäusern zu identifizieren und für diese Bereiche Personaluntergrenzen zu definieren. Diese Entscheidung ist ein wichtiger Schritt, das Personal in wesentlichen Versorgungsbereichen in Krankenhäusern zu entlasten und damit eine qualitativ hochwertige Versorgung sicher- zustellen . Des Weiteren beauftragen wir die Selbstver- waltungspartner, ein Nachweisverfahren zu vereinbaren, das Personalverlagerungen unterbindet . Krankenhäuser, die sich nicht an diese Vorgaben halten, müssen mit Sanktionen rechnen . Es ist wohl Aufgabe der Opposition, die Regelung zu den Pflegeuntergrenzen als halbstumpfes Schwert zu bezeichnen, da sie zu spät komme und in ihrer Auswir- kung viel zu gering bemessen sei . Bisher konnte jedoch niemand eine weiterreichende Regelung entwickeln und vorlegen. Das Gesetz schafft für die Umsetzung und Aus- gestaltung des gesetzlichen Auftrags die Möglichkeit, weitere Expertise einzuholen . Wir werden die Umsetzung dieser Regelung mit gro- ßer Aufmerksamkeit verfolgen . Wir sind optimistisch, dass die betroffenen Bereiche von deren Wirksamkeit profitieren können. Es ist unser politischer Auftrag, die zu Recht eingeforderte Qualität in der gesundheitlichen Versorgung mit Personalstrukturen zu verbinden, die da- für Sorge tragen, dass diejenigen, die tagtäglich für diese Qualität sorgen, nicht über Gebühr belastet werden – im Sinne der Patientinnen und Patienten und aller Men- schen, die im Gesundheitswesen einen außerordentlich guten Job machen . Dr. Katja Leikert (CDU/CSU): Mit dem heute vor- liegenden Gesetzentwurf zur Modernisierung der epide- miologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten stärken wir den Kampf gegen Infektionskrankheiten . In den vorausgegangenen Beratungen ist eines schon deutlich geworden: Wir sind uns alle vom Grundsatz her einig, dass es beim Thema Infektionsschutz Verbesse- rungsbedarf gibt; die Verbesserungen können mit dem nun vorliegenden Maßnahmenpaket wirksam auf den Weg gebracht werden . Die Schritte, die wir mit diesem Gesetz einleiten, sind zum einen zeitgemäß und zum anderen notwendig . Sie sind zeitgemäß, weil sie die Möglichkeiten der digitalen Vernetzung auch im Hinblick auf den Infektionsschutz erschließen, und sie sind notwendig, weil neue Erkennt- nisse und Erfahrungen, die man im Bund und in den Ländern im Zusammenhang mit der Umsetzung des In- fektionsschutzgesetzes gesammelt hat, Verbesserungen erforderlich machen . Hinzu kommen veränderte interna- tionale und europäische Rahmenbedingungen, die eben- falls gesetzliche Anpassungen erfordern . Im Kern sieht das Gesetz die Einführung eines elektro- nischen Melde- und Informationssystems für übertragba- re Krankheiten vor . Damit entwickeln wir das existieren- de Meldesystem nach dem Infektionsschutzgesetz weiter und schaffen ein Instrument zur besseren Bekämpfung und Verhütung von Infektionskrankheiten . Mit der Ein- richtung dieses elektronischen Meldewesens beauftragen wir das Robert-Koch-Institut . Spätestens 2021 soll das Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24251 (A) (C) (B) (D) Deutsche Elektronische Meldesystem für Infektions- schutz in Betrieb gehen . Wir sorgen damit für eine zentrale Zusammenführung der Daten . Das heißt, in Zukunft wird für die meldenden Ärztinnen und Ärzte und für die Labore genauso wie für die Gesundheitsämter und das Robert-Koch-Institut eine durchgängige elektronische Informationsverarbeitung zur Verfügung stehen . Dadurch verringern wir den büro- kratischen Aufwand aufseiten der Meldepflichtigen und schaffen eine höhere Datenqualität. Wir erleichtern den Datenaustausch und sorgen gleichzeitig für eine bessere Zusammenarbeit von Bun- des- und Landesbehörden . Das ist für eine funktionie- rende Früherkennung essenziell . Im Ernstfall kann so in Zukunft schneller reagiert werden und die Einleitung entsprechender Maßnahmen erfolgen . Was für die digita- le Vernetzung im Gesundheitssystem generell gilt, trifft natürlich auch hier zu: Datenschutz und -sicherheit haben höchste Priorität . Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf weitere Ver- besserungen im Infektionsschutzgesetz vor . Darunter fällt beispielsweise der Kampf gegen Krankenhausinfek- tionen. Um für eine effektivere Aufklärung der Übertra- gungswege zu sorgen, erweitern wir deshalb die Melde- pflichten von Krankenhäusern. Hinzu kommt die Umsetzung der Globalen Polioera- dikationsstrategie (GPEI) der Weltgesundheitsorganisati- on, für die wir nun die gesetzlichen Grundlagen festlegen . So soll unter anderem erfasst werden, wo Poliowildviren, Polioimpfviren und Materialien, die Polioviren enthalten können, gelagert werden, um diese langfristig zu ver- nichten . An dieser Stelle auch noch einmal einen herzli- chen Dank an Bundesgesundheitsminister Gröhe für sein großes Engagement auf internationaler Ebene! Darüber hinaus möchte ich noch einmal auf das The- ma Impfen zu sprechen kommen; denn wir sehen leider, dass die Impflücken noch immer viel zu groß sind. So ist es beispielsweise einfach nicht hinnehmbar, dass in diesem Jahr schon innerhalb der ersten drei Monate mehr Masernerkrankungen als im gesamten Vorjahr registriert wurden: 410 Fälle bis einschließlich März im Vergleich zu 325 Fällen in 2016 . Allen muss bewusst sein, dass Masern keine harmlose Kinderkrankheit sind . Heute weiß man, dass diese Er- krankung auch zum Tod führen kann . Wir brauchen eine stabile Impfquote von über 95 Prozent für die zweifache MMR-Routineimpfung bei Kindern . Erst wenn wir in- nerhalb der Bevölkerung eine Immunität gegen Masern von mindestens 95 Prozent haben, können wir das Ziel, diese gefährliche Krankheit auszurotten, erreichen . Des- halb ist es eben auch so wichtig, dass Erwachsene, die als Kind nicht die Masern hatten, ihren Impfstatus über- prüfen . Hier müssen wir mehr tun, und deshalb halte ich es für absolut richtig und notwendig, dass wir die Regelun- gen, die wir schon im Präventionsgesetz verabschiedet haben, nun noch einmal so nachgearbeitet haben, dass ihre Umsetzung auch tatsächlich gewährleistet ist; denn was bringt uns eine gesetzliche Regelung, an die sich niemand hält, weil er keine Konsequenzen zu befürchten hat? Vor diesem Hintergrund verschärfen wir jetzt die Auflagen, die bei einer Verweigerung der Impfberatung durch die Eltern vor dem Eintritt ihres Kindes in die Kin- dertageseinrichtung entstehen . Es ist richtig und gut, dass die Leitung einer Kindertagesstätte nun zur Meldung an das zuständige Gesundheitsamt verpflichtet wird, sofern Eltern eine Impfberatung verweigern . Das gibt den Ge- sundheitsämtern eine Handhabe zur Umsetzung ihrer Aufgaben; denn sie können die Eltern nun zu einer Bera- tung einladen und gegebenenfalls auch das Bußgeld von 2 500 Euro durchsetzen, das bereits im Infektionsschutz- gesetz vorgesehen ist . Hier werden wir auch weiter überprüfen müssen, ob die Maßnahmen greifen . Wir können und sollten uns nicht damit abfinden, dass die Impfmüdigkeit oder der laxe Umgang einiger Eltern mit Impfungen gegen schwe- re, zum Teil lebensbedrohliche Krankheiten die Gesund- heit der eigenen Kinder und anderer aufs Spiel setzen . Insgesamt bringt der Gesetzentwurf die notwendigen Anpassungen und Verbesserungen für einen modernen Infektionsschutz in Deutschland voran . Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung zu diesem wichtigen Maßnahmenbün- del . Sabine Dittmar (SPD): Heute Abend beraten wir ab- schließend den Gesetzentwurf zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung . Die jüngste Meldung über einen erneuten Masern-Todesfall führt uns noch- mals vor Augen, dass wir leider weit davon entfernt sind, vermeidbare übertragbare Krankheiten auch tatsächlich auszurotten . Als Medizinerin kann und will ich nicht verstehen, warum einige die von der STIKO empfohlenen Schutz- impfungen nicht ernst nehmen und sich einem gesund- heitlichen Risiko aussetzen . Ich appelliere daher an alle: Lassen Sie Ihren Impfstatus überprüfen und sich beraten, frischen Sie die Impfungen bei Bedarf auf und lassen Sie diese ergänzen . Der zentrale fachliche Bestandteil des Gesetzes ist die Erweiterung der Meldepflichten und die Verbesserung der Meldekette und des Informationsaustausches . Mit dem Deutschen Elektronischen Meldesystem für Infek- tionsschutz wird der Datentransfer künftig effektiver und schneller . Entscheidend ist aus meiner Sicht allerdings, dass die auf Bundes- und Landesebene beteiligten Stellen und insbesondere der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) personell und organisatorisch in die Lage versetzt wer- den, ihren stetig wachsenden Aufgaben gerecht zu wer- den . Leider wurde in der Vergangenheit gerade bei dem so wichtigen ÖGD gespart . Ich möchte daher nochmals an den Beschluss „Perspektiven zur Stärkung des ÖGD“ der 89 . Gesundheitsministerkonferenz erinnern . Diesem müssen auf Länderebene endlich Taten folgen . Der Gesetzentwurf fungiert als Omnibus für die wich- tige und aus sozialdemokratischer Sicht längst überfälli- ge Einführung von Personaluntergrenzen in Krankenhäu- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724252 (A) (C) (B) (D) sern . Wir setzen damit Mindeststandards fest, die für die Patientensicherheit zentral sind . Durch das Gesetz werden mit Wirkung zum 1 . Januar 2019 verbindliche Personaluntergrenzen in pflegesensiti- ven Bereichen in Krankenhäusern definiert. Darüber hi- naus ist es uns gelungen, klarzustellen, dass die Vorgaben auch für solche Betten gelten, die Krankenhausbereichen zugeordnet sind, die nicht per se als pflegesensitiv einge- stuft sind, der Patient jedoch eine umfassende intensiv- pflegerische Versorgung benötigt. Damit verbessern wir die Versorgung der Patientinnen und Patienten, wir ver- bessern aber gleichzeitig auch die Arbeitsbedingungen für die Pflegekräfte, da in Zukunft eindeutig und nach- vollziehbar definiert wird, wie viel Personal tatsächlich mindestens vorzuhalten ist . Diese Untergrenzen sind ein wichtiger Schritt, um die Qualität der Betreuung sicherzustellen . Für meine Frakti- on ist allerdings klar, dass Untergrenzen wirklich nur der Mindeststandard ist, den es nach oben zu einer adäquaten und wissenschaftlich fundierten Personalbemessung aus- zubauen bzw . weiterzuentwickeln gilt . Ich bin dennoch sehr froh, dass es uns so kurz vor Ende dieser Legislaturperiode noch gelungen ist, die Empfehlungen der Expertenkommission „Pflegepersonal im Krankenhaus“ gesetzgeberisch aufzugreifen . Damit schlagen wir einen weiteren Pflock ein für gute Pflege und gute Arbeitsbedingungen in Krankenhäusern . Krankenhäuser, die die Personalvorgaben nicht ein- halten, werden mit einem Vergütungsabschlag bestraft . Da uns bewusst ist, dass einige Betreiber – sagen wir mal – kreative Lösungen suchen könnten, um die Vor- gaben zu umgehen, sind Maßnahmen vorgesehen, damit es nicht zu Personalverlagerungseffekten kommt. Die Einhaltung der Mindeststandards muss daher von einem Wirtschaftsprüfer bestätigt werden . Die Vorgaben sind im Verhältnis Patient pro examinierten Gesundheits- und Krankenpfleger bzw. pro examinierter Gesundheits- und Krankenpflegerin mit mindestens drei Jahren Berufsaus- bildung darzustellen . Ich denke, es sollte klar sein, dass Mindestvorgaben in pflegesensitiven Bereichen nicht zulasten der Personalausstattung in anderen Bereichen gehen dürfen . Besonders zu begrüßen ist zudem die Regelung, dass sich, sollten sich die Selbstverwaltungspartner innerhalb der vorgegebenen Frist wieder einmal nicht einigen kön- nen, die Bundeschiedsstelle automatisch damit befassen wird und die ausstehenden Entscheidungen trifft. Eine Verschleppung oder Verhinderung von verbindlichen Personaluntergrenzen ist damit ausgeschlossen . Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und den zahl- reichen dazugehörigen fachlichen und fachfremden Än- derungsanträgen verbessern wir den Gesundheitsschutz und die Pflege in Krankenhäusern. All dies sind gute Gründe, um dem vorliegenden Entwurf zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger, der Patienten und Pflegekräfte zuzustimmen . Hilde Mattheis (SPD): Das Gesetz mit dem schwieri- gen Titel „Gesetz zur Modernisierung der epidemiologi- schen Überwachung übertragbarer Krankheiten“ enthält neben dem eigentlichen Regelungsinhalt weitere Ände- rungen im Bereich Pflegepersonal im Krankenhaus. Ich werde daher im Folgenden auf diese Änderungen einge- hen, die für uns als SPD-Fraktion ein zentraler Baustein für eine Verbesserung der Versorgungsqualität in Kran- kenhäusern sind . Die Koalition hat im November 2015 das Kranken- hausstrukturgesetz (KHSG) verabschiedet, mit dem wir wichtige Reformen zur Neustrukturierung der Kranken- hauslandschaft und zur Finanzierung der Krankenhäu- ser beschlossen haben . Ein großes Problemfeld bei den Beratungen war und ist die Situation der Pflegekräfte in Krankenhäusern . Viele Kolleginnen und Kollegen sind womöglich bei Besuchen in Kliniken oder durch Zu- schriften der Betroffenen bereits mit dem Problem kon- frontiert worden: Pflegekräfte arbeiten viel und hart. Sie klagen über zu viel Stress und ständigen Arbeitsdruck, sodass nicht ausreichend Zeit für eine qualitativ hoch- wertige Pflege für die Patientinnen und Patienten bleibt. Ganz offensichtlich fehlen in verschiedenen Bereichen im Krankenhaus Pflegekräfte, womit die Arbeit besser auf mehr Schultern verteilt werden könnte und der Ar- beitsdruck insgesamt sinkt . Die SPD-Fraktion hat sich daher bemüht, dieses Problem an verschiedenen Stellen anzugehen . Wir haben im Krankenhausstrukturgesetz eine bessere Finanzierung der Krankenhäuser für Pfle- gekräfte vereinbart, einerseits über ein Pflegestellenför- derprogramm, mit dem jährlich 330 Millionen Euro an die Krankenhäuser für Pflege am Bett fließen. Außerdem haben wir damals den umstrittenen Versorgungszuschlag in einen Pflegezuschlag umgewandelt. Wir haben also 500 Millionen Euro zusätzlich an die Krankenhäuser ge- zahlt, die keine Pflegestellen abgebaut haben bzw. neue Pflegestellen aufbauen und diese anständig bezahlen. Diese Maßnahmen stellten quasi eine kurzfristige mo- netäre Unterstützung für bessere Pflege im Krankenhaus dar . Allerdings war uns auch klar, dass das nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist und das Problem natürlich nicht vollständig löst . Die grundsätzliche Frage, nämlich wie Pflegeleistungen besser in der Krankenhausvergütung, den sogenannten DRGs, dargestellt werden können, und ob es nicht verbindliche Personalstandards im Kranken- haus braucht, wurde damit nicht gelöst . Dafür haben wir auf die Einrichtung einer Expertenkommission gedrängt, die mit dem KHSG beschlossen wurde . Diese Kommissi- on wurde vom Bundesgesundheitsminister eingesetzt und tagte im vergangenen Jahr unter Beteiligung der Deut- schen Krankenhausgesellschaft, der Gewerkschaften, der Politik und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern . Nach intensiver Arbeit konnte die Kommission Anfang dieses Jahres ihre Ergebnisse vorlegen . Nun setzen wir in diesem Gesetz eine erste gesetzge- berische Maßnahme um, nämlich die Einrichtung von Personaluntergrenzen im Krankenhaus . Wir beauftragen nun den GKV-Spitzenverband und die Deutsche Kran- kenhausgesellschaft (DKG) im Benehmen mit der PKV die Bereiche im Krankenhaus zu definieren, die einen erhöhten Pflegeaufwand haben, also sogenannte pfle- gesensitive Bereiche sind. Auf Grundlage dieser Defi- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24253 (A) (C) (B) (D) nition müssen die Verhandlungspartner GKV und DKG bis zum 30. Juni 2018 Personaluntergrenzen definieren. Diese Vorgaben gelten dann ab dem 1 . Januar 2019 . Ab diesem Zeitpunkt gelten also bundesweit Mindestvor- gaben für das Pflegepersonal in allen vorher definierten Bereichen . Um sicherzugehen, dass dieser Zeitplan auch eingehalten wird, werden die Verhandlungspartner bis zum August dieses Jahres einen Zeitplan vorlegen und zu Beginn 2018 einen Zwischenbericht vorlegen . Sollte die Selbstverwaltung es nicht schaffen, sich bis 2019 auf die Untergrenzen zu einigen, wird das Bundesgesundheits- ministerium diese Vorgaben festlegen . Wir setzen hier auch ein klares Signal an die Selbstverwaltung: Die In- stitutionen haben die Möglichkeit und den Auftrag, sich auf klare Vorgaben zu einigen . Aber da es in der Vergan- genheit hier leider immer wieder Probleme mit Fristein- haltungen gegeben hat, wird die Politik im Zweifel selbst regeln . Klar ist: Die Untergrenzen kommen 2019, davon dürfen wir nicht abweichen . Wir haben uns in den Verhandlungen dafür eingesetzt, die Definition von pflegesensitiven Bereichen nicht zu restriktiv zu gestalten . Es müssen hier bei der Festlegung der Untergrenzen der Nachtdienst und die dazugehörigen Intensiveinheiten berücksichtigt werden . Wir haben er- reicht, dass, wenn es notwendig ist, auch in anderen Be- reichen für den Nachtdienst und die Intensivversorgung diese Untergrenzen gelten . Ein ganz wichtiger Punkt ist außerdem der Ausschluss von Personalverlagerungen innerhalb des Krankenhau- ses . Sinn der Untergrenzen ist ja, dass im Zweifel neues Personal eingestellt werden muss, um die Betreuungs- qualität zu garantieren und das Personal zu entlasten . Das dürfen die Krankenhäuser nicht dadurch unterlau- fen, dass sie Personal von einer Station abziehen und in eine andere transferieren . Um das auszuschließen, haben wir konkrete Nachweispflichten vereinbart. Die Krankenhäuser müssen jährlich nachweisen, dass sie die Personalmindeststandards einhalten und dass es nicht zu Verlagerungseffekten kommt. Selbstverständlich bleibt es nicht bei freundlichen Appellen zur Einhaltung der Personalvorgaben . Diese sind verbindlich für die Häuser . Wenn diese nicht einge- halten werden, wird den Krankenhäusern die Vergütung gekürzt. Ich hoffe, dass dies nicht nötig sein wird, aber es ist richtig, hier auch Druck auf die Häuser auszuüben, um die Personalsituation nachhaltig zu verbessern . Zur Frage der Finanzierung von Pflegepersonal wer- den wir die von mir eingangs erwähnten Mittel des Pflegestellenförderprogramms dauerhaft in den Pfle- gezuschlag überführen . Den Kliniken stehen also nun jährlich bis zu 830 Millionen Euro für die Einstellung und Bezahlung von Pflegepersonal zur Verfügung. Diese Mittelvergabe durch den Bund verbinde ich mit einem nochmaligen Appell an die Länder, das Ihrige zu tun, um die Finanzmittel für die Krankenhäuser zu erhöhen, so wie es gesetzlich ihre Aufgabe ist! Nur wenn die Kran- kenhäuser auch ausreichend Gelder bekommen, können sie Personal einstellen . Das ist die Grundvoraussetzung für gute Pflege im Krankenhaus. Schließlich haben wir vereinbart, dass das Bundesge- sundheitsministerium bis 2022 dem Bundestag eine wis- senschaftlich fundierte Evaluation zur Wirksamkeit der Personaluntergrenzen vorlegen wird . Dies ist unbedingt notwendig, um die Wirksamkeit des Instruments bewer- ten und Verbesserungen vorzunehmen zu können . Ich bin sehr froh, dass wir diesen wichtigen Einstieg in ein Personalbemessungssystem in deutschen Kran- kenhäusern mit diesem Gesetz geschafft haben. Es ist ein wichtiger Einstieg, für den die SPD lange gekämpft hat . Die Personaluntergrenzen sind ein ganz wichtiger Schritt, um die Versorgungsqualität in deutschen Kran- kenhäusern nachhaltig zu verbessern. Davon profitieren alle Patientinnen und Patienten und natürlich auch die Pflegekräfte, die dringend eine Entlastung bei ihrer Ar- beit brauchen . Ich will abschließend aber auch deutlich sagen, dass wir mit diesem Schritt nicht am Ende des Weges sind . Die SPD will ein umfassendes Personalbe- messungssystem für das gesamte Krankenhaus, nicht nur in pflegesensitiven Bereichen. Dies war in dieser Wahl- periode nicht mehr zu schaffen. Wir werden daran aber festhalten und dies hoffentlich in der kommenden Wahl- periode angehen . Harald Weinberg (DIE LINKE): Ich blicke jetzt auf immerhin zwei Wahlperioden zurück und damit auf einen ebenso langen Versuch, Sie hier von der Notwendigkeit einer Personalbemessung zur Beseitigung des Pflegenot- stands in den Krankenhäusern zu überzeugen . Für dieses Thema, das in diesem Omnibusgesetz enthalten ist, will ich meine knappe Redezeit verwenden . Unter den FDP-Gesundheitsministern Rösler und Bahr gab es eher so etwas wie eine offensive Leugnung des Pflegenotstands. Das sei allenfalls ein Management- problem, und da dürfe man den Krankenhausmanagern keineswegs in die Parade fahren . Dann aber, im Zuge des aufkommenden Protestes der Pflegekräfte, entstand auch in der Politik die Erkenntnis, dass da tatsächlich ein grö- ßeres Problem in der Pflege existiert. Einige sogenannte Hygieneskandale und Medienberichte unterstützten wohl den Erkenntnisprozess . Aber die Reaktionen unter der Großen Koalition wa- ren eher Scheinlösungen: Der bislang gewährte „Versor- gungszuschlag“ wurde in einen „Pflegezuschlag“ um- benannt, wobei das den Krankenhäusern gewährte Geld nicht zweckgebunden ist, also für anderes als Pflege aus- gegeben werden kann. Ein „Pflegeförderprogramm“, das zu gering dimensioniert und an Bedingungen geknüpft ist, die kleine und mittlere Krankenhäuser nicht erfüllen können oder wollen, wurde aufgelegt . Und jetzt, als Er- gebnis der „Expertenkommission“, die von Herrn Gröhe eingesetzt worden ist, gibt es die „Pflegeuntergrenzen“ für „pflegeintensive Bereiche“ – Ta-Ta! Es ist schwer zu sagen, ob es sich dabei um einen Lö- sungsansatz oder doch eher um eine Beruhigungspille zum Bundestagswahlkampf handelt . Einerseits erken- nen Sie endlich, dass der Personaleinsatz im Kranken- haus nicht dem Markt bzw . dem Management überlassen werden darf, sondern staatliche Vorgaben gemacht wer- den müssen . Die konkrete Umsetzung könnte allerdings Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724254 (A) (C) (B) (D) kaum schlechter sein. Der Versuch, „pflegesensitive“ Bereiche auszumachen, ist pflegewissenschaftlich und pflegepolitisch unterirdisch und wird in der Praxis zu mannigfaltigen Problemen führen . Aber auf jeden Fall ist die Tatsache, dass sich die Regierung hier bewegen musste, ein toller Erfolg der Proteste, Aktionen und auch der tariflichen Kämpfe der vergangenen Jahre. Hierzu kann man den Aktiven nur gratulieren und sie ermuntern, nicht nachzulassen . Ansonsten gilt für die vorgesehenen Personalunter- grenzen: zu spät, zu langsam, zu wenig! Es ist in etwa so, als würde ein großes Haus lichterloh brennen . Aber statt jetzt alles Verfügbare zu tun, werden nun der Verband der Hausbesitzer und der Verband der Feuerversicherung gebeten, in Verhandlungen eine Einigung darüber zu er- zielen, wie viele Feuerwehrleute denn mindestens in den besonders brandgefährdeten Bereichen eingesetzt wer- den müssen . Eine absurde Vorstellung? Ja, das ist wahr! Dann wird immer das Hohelied der Selbstverwaltung angestimmt . Ja, auch wir stehen zur Selbstverwaltung . Aber es gibt Situationen, da muss erst einmal gehandelt werden . Man wird den Eindruck nicht los, als solle hier ein Thema elegant verschoben werden – mithilfe der Selbstverwaltung . Hinzu kommt, dass mittels der „Expertise“ von Pro- fessor Schreyögg „Leitplanken“ eingezogen wurden für die Verhandlung zwischen der Deutschen Krankenhaus- gesellschaft und dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen . Es wird zum Beispiel nicht nä- her begründet, warum die Anhebung des untersten De- zil oder Quartil auf das Niveau des nächsthöheren Dezil oder Quartil der Maßstab sein soll . Aber es ist schon be- merkenswert, dass Professor Schreyögg bei der Frage des zusätzlichen Personalbedarfs in seiner besten Variante in dem Rahmen bleibt, den die Regierung durch das Pfle- geförderprogramm abgesteckt hat – nicht einmal 10 000 zusätzliche Stellen . Das erweckt eher den Eindruck ei- nes bezahlten Gefälligkeitsgutachtens denn einer pro- funden Bedarfsanalyse . Noch einmal: Wir gehen anhand der Berechnungen von Professor Simon davon aus, dass 100 000 Pflegestellen in den Krankenhäusern fehlen. Es muss dringend gehandelt, nicht verhandelt werden! Was also tun? Hier bleiben wir bei unserer Linie: Es ist anzuerkennen, dass Lösungen in der richtigen Richtung gesucht werden . Die angewendeten Verfahren und die Limitierungen halten wir für nicht zielführend . Und vor allem ist der Umfang deutlich zu gering! Wir brauchen eine angemessene Personalbemessung in allen Statio- nen und Bereichen der Krankenhäuser, und zwar zügig; denn es brennt! Wir hatten Sofortmaßnahmen in einem Antrag vorgeschlagen, den Sie in der letzten Sitzungs- woche sang- und klanglos abgelehnt haben . So schofel gehen wir mit Ihrem Antrag nicht um . Wir werden uns enthalten . Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Als Änderungsantrag zu diesem Gesetz werden die Personaluntergrenzen im Krankenhaus verabschie- det . Nach vielen Jahren Personalabbau und zunehmen- dem Personalmangel gibt es nun eine Minimallösung . Untergrenzen, das bedeutet Mindestmaß, und dieses Mindestmaß gilt auch nur für bestimmte Bereiche im Krankenhaus, sogenannte pflegesensitive Bereiche. Das sind Bereiche, in denen mehr Personal zu weniger un- erwünschten Zwischenfällen bei den Patientinnen und Patienten führt, wie zum Beispiel Infektionen . Daran ist zweierlei bemerkenswert . Weniger uner- wünschte Zwischenfälle sind ein erster Schritt . Doch zu einer guten Pflege gehört noch viel mehr, zum Beispiel Kommunikation und verständliche Information, oder an- ders ausgedrückt: sich Zeit nehmen, zuhören, erklären, bisweilen auch trösten. Pflegekräfte fehlen nicht nur in pflegesensitiven Bereichen. Auf jeder Station verbessert sich die Qualität in der Pflege, wenn es mehr Personal gibt . Daran ist erkennbar, wie willkürlich hier Kriterien aufgestellt werden . Was wir eigentlich brauchen, ist ein wissenschaftlich basiertes Personalbemessungsinstrument, mit dem die notwendigen Fachkräfte für die jeweiligen Bereiche er- mittelt werden können. Es muss flexibel genug sein, um die organisatorischen und baulichen Gegebenheiten der Krankenhäuser, das Qualifikationsprofil der entsprechen- den Fachkräfte und natürlich den Gesundheitszustand der Patientinnen und Patienten berücksichtigen zu können . Was wir stattdessen haben, ist eine an sich schon schwache Vorgabe, die noch nicht einmal verbindlich ist; denn die Personaluntergrenzen werden am Ende nicht wissenschaftlich ermittelt, sondern von den Kassen und den Krankenhäusern festgelegt, also von denjenigen, die handfeste finanzielle Interessen verfolgen und nicht so ohne Weiteres geneigt sein dürften, mehr Geld für Personal auszugeben . Es gibt auch nach wie vor keine Regelung, die sicher dafür sorgt, dass das für Pflege vor- gesehene Geld auch tatsächlich beim Pflegepersonal an- kommt . Es herrscht wenig Transparenz über die Verwen- dung der Mittel. Solange hier keine Klarheit geschaffen wird, bleibt die Pflege das Element in der Krankenhaus- finanzierung, an dem immer noch gespart werden kann. Auch die Regelungen, die eigentlich dazu dienen sollten, Personalverlagerungen zu vermeiden, sind nicht eindeutig genug . Personalverlagerung bedeutet, dass Per- sonal in einem Krankenhaus von einem Bereich in ei- nen anderen versetzt wird, damit dort die vorgegebenen Personaluntergrenzen eingehalten werden . Zwar müssen die Krankenhäuser künftig die Einhaltung der Personal- untergrenzen nachweisen und nach Personalgruppen differenziert in den Qualitätsberichten darstellen, doch es wird nicht definiert, ab wann von Personalverlage- rung die Rede ist . Zudem sollen Übergangsregelungen und Ausnahmetatbestände definiert werden, bei denen die Untergrenzen nicht eingehalten werden müssen . Das ist nachvollziehbar, soweit es so etwas wie Wetter- oder Umweltkatastrophen oder Epidemien betrifft. Doch auch der Fachkräftemangel wird als Grund für Übergangsre- gelungen genannt . All das hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack . Die Ergebnisse der Pflegekommission, die jetzt noch schnell umgesetzt werden sollen, damit die Koalition sich mit Ergebnissen schmücken kann, sind nur eine Pseudover- besserung . Sie werden die Qualität der Versorgung nicht Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24255 (A) (C) (B) (D) wesentlich verbessern und die Pflegekräfte im Kranken- haus nicht entlasten . Anlage 21 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Än- derung des Energiesteuer- und des Stromsteuerge- setzes (Tagesordnungspunkt 27) Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU): Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Energie- und des Stromsteuergesetzes bringt der Bundestag heute einen Gesetzentwurf mit einer langen Vorgeschichte zu einem erfolgreichen Abschluss . Nahezu ein Jahr dauerten die Beratungen innerhalb der Bundesregierung, bis aus dem Referentenentwurf ein vom Kabinett beschlossener Regierungsentwurf gewor- den war . Wir im Bundestag haben diesen dann endlich guten Entwurf in nur fünf Sitzungswochen noch weiter verbessern können . Die mit dem Gesetzentwurf vorgenommene Über- arbeitung der energie- und stromsteuerrechtlichen Re- gelungen ist nötig geworden, um die darin enthalte- nen Begünstigungen dem im Jahr 2014 novellierten EU-Beihilferecht und der EU-Energiesteuerrichtlinie anzupassen . Außerdem müssen auch Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in die Regelungen des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes eingearbei- tet werden . Zu diesem Aspekt möchte ich gern einige grundsätzli- che Überlegungen äußern: Ich finde es richtig und wich- tig, die Steuergesetzgebung auch im Lichte des EU-Bei- hilferechts zu betrachten, Anpassungsbedarf regelmäßig zu prüfen und, falls notwendig, auch umzusetzen . Dies dient insbesondere der Rechtssicherheit der Unterneh- men, die von steuerlichen Vergünstigungen profitieren. Allerdings habe ich den Eindruck, dass Deutschland in vorauseilendem Gehorsam zuweilen übereifrig und übervorsichtig agiert und es an Pragmatismus bei der Bewertung der Beihilfekonformität von nationalen Re- gelungen mangeln lässt . Zu beobachten war dies am ur- sprünglich vorgelegten Referentenentwurf . Dieser enthielt noch ein allgemeines Kumulierungs- verbot von Steuerbegünstigungen mit anderen Beihilfen . Zudem sollte die Steuerbefreiung für Strom aus erneuer- baren Energieträgern und aus sogenannten Kleinanlagen durch eine komplette Neufassung des § 9 StromStG ge- strichen werden . Von beiden Regelungen hatte die Bundesregierung dann im Regierungsentwurf richtigerweise wieder Ab- stand genommen . Statt einer Streichung in vorausei- lendem Gehorsam wurde die Steuerbefreiung nach § 8 StromStG der Europäischen Kommission zur beihilfe- rechtlichen Prüfung vorgelegt . Das Ergebnis bleibt ab- zuwarten . Neben den Anpassungen an das Beihilferecht wird mit dem Gesetz ein Auftrag des Deutschen Bundestages aus dem Sommer 2015 umgesetzt . Seinerzeit haben wir uns dafür ausgesprochen, die Steuerbegünstigungen für gas- förmige Kraftstoffe – Erdgas und Autogas –, die Ende des Jahres 2018 auslaufen, zu überprüfen, mit dem Ziel, diese zu verlängern . Der Regierungsentwurf erfüllte nur einen Teil dieses Auftrags, indem er lediglich eine Verlängerung der Steu- erbegünstigung für als Kraftstoff verwendetes Erdgas bis Ende 2026 – abschmelzend ab 2024 – vorsah . Dies war vor allem aufgrund der Unterstützung von Bundesminis- ter Dobrindt möglich, der mit seinem Ressort die hieraus resultierenden Steuerausfälle übernimmt . Die Erfüllung des zweiten Teils des Antrags, die Ver- längerung der Steuerbegünstigung für Autogas (LPG), haben die Koalitionsfraktionen selbst in die Hand neh- men müssen und nun erfolgreich umgesetzt: Die Ener- giesteuerermäßigung für Autogas (LPG) wird bis zum 31 . Dezember 2022 verlängert, sodass es im Sinne der betroffenen 500 000 LPG-Autobesitzer sowie der Un- ternehmen, wie Umrüstbetriebe und Tankstellenpächter, keinen abrupten Ausstieg aus der Förderung gibt . Damit erfüllen wir auch ein politisches Versprechen . Die Verlängerung erfolgt in der Weise, dass die Ener- giesteuerermäßigung pro Jahr um 20 Prozent abge- schmolzen wird . Das schnellere Abschmelzen im Ver- gleich zur Begünstigung für Erdgas ist angesichts der bereits seit vielen Jahren bestehenden steuerlichen För- derung und des daher schon gut ausgebauten Tankstel- lennetzes gerechtfertigt . Zudem ist der Einsatz von Auto- gas bereits bei dem schon jetzt im Gesetz vorgesehenen Normalsteuersatz ohne Steuerermäßigung gegenüber an- deren Energieträgern im Kraftfahrzeugbereich günstiger . Eine weitere gute Nachricht aus den parlamentari- schen Beratungen ist, dass wir die im Regierungsentwurf vorgenommene Streichung des § 60 EnergStG wieder zurückgenommen haben . Auch diese Streichung war aus meiner Sicht einer übervorsichtigen Interpretation des EU-Beihilferechts geschuldet . Die Regelung ermöglicht, dass zum Beispiel Mineralöllieferanten bei Lieferungen an Kunden, in der Regel mittelständische Tankstellen- betreiber, bei eventuellen Zahlungsausfällen eine Steu- erentlastung für die im Verkaufspreis enthaltene Energie- steuer beantragen können . Abschließend möchte ich als Landwirt noch meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, dass auch dank des Einsatzes unseres Bundesministers Schmidt die Steu- erermäßigung für Biodiesel zur Verwendung in der Land- wirtschaft bestehen bleibt . Dies ist eine gute Nachricht für die Landwirtschaft, da sowohl als Hersteller als auch als Verbraucher davon profitiert. Norbert Schindler (CDU/CSU): Heute halte ich meine vermutlich letzte Rede hier im Hohen Haus der deutschen Demokratie . Fast 23 Jahre lang durfte ich dem Deutschen Bundestag angehören, als Abgeordneter der Regierungsfraktion und als Oppositionspolitiker . Und ich muss sagen: Es hat mir immer sehr viel Spaß gemacht! Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724256 (A) (C) (B) (D) Ob Sie an meinen Reden und deren Themen Spaß hatten, vermag ich natürlich nicht zu beurteilen . Ein Schwerpunktthema, das mich all die Jahre be- schäftigt hat, ist die Energiebesteuerung und die Besteu- erung der Biokraftstoffe. Auch heute nehme ich dieses Thema mit der abschließenden Lesung des Entwurfs der Bundesregierung eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes wieder auf . Wie in der Einbringung in den Bundestag schon an- gedeutet, ist dieses Gesetz zwingend notwendig, um Vor- gaben des Rechts der Europäischen Union in nationales Recht umzusetzen . Neben diesen notwendigen Anpassungen müssen mit dem Gesetz auch Entscheidungen der EU-Kommission und des EuGH in die Regelungen des Energiesteuer- und Stromsteuergesetzes eingearbeitet werden, was dem Bundesfinanzministerium mit entsprechendem Finger- spitzengefühl hervorragend gelungen ist . Dafür und für die immer gute Zusammenarbeit danke ich den Beamtin- nen und Beamten auch im Namen des gesamten Finanz- ausschusses! Neben der jetzt geschaffenen generellen Rechts- und Planungssicherheit im nationalen Energiesteuerrecht konnten im Finanzausschuss weitere Anpassungen und Glättungen vorgenommen werden, die in erster Linie der erleichterten Anwendung und der Entbürokratisie- rung dienen . Darüber hinaus werden technologische Fortschritte in der Automobilindustrie und in der Spei- chertechnologie nachvollzogen und die Grundlage für eine elektronische Kommunikation zwischen den Wirt- schaftsbeteiligten und der Verwaltung geschaffen. Für uns – da spreche ich auch für den Koalitionspart- ner – dient das Gesetz jedoch auch der Umsetzung des Koalitionsvertrages, der vorgibt, die Steuerbegünstigun- gen für gasförmige Kraftstoffe (Erdgas und Autogas), die am 31 . Dezember 2018 enden sollen, zu verlängern . Das sah der Gesetzentwurf für als Kraftstoff verwendetes Erd- gas (CNG/LNG) schon bis Ende 2026 – abschmelzend ab 2024 – vor . Diese Regelung, deren Ziel es ist, die Dekar- bonisierung des Verkehrssektors voranzubringen, wurde mit den Stimmen aller Fraktionen im Finanzausschuss bestätigt. Damit schaffen wir die Voraussetzungen, damit Erdgas als Zukunftstechnologie in Verbrennungsmotoren die notwendigen Impulse erhält, um sich dauerhaft und mit großer Verbreitung am Markt durchsetzen zu können Nach hartem Ringen konnte zudem noch eine ab- schmelzende Verlängerung der Steuerbegünstigung für Autogas (LPG) bis Ende 2022 aufgenommen werden, sodass es im Sinne der Betroffenen und der Unternehmen keinen harten Ausstieg aus der Förderung gibt . Bürge- rinnen und Bürger erhalten damit Planungssicherheit bei Ihren Investitionsentscheidungen . Die Begünstigung für Flüssiggas, das als Kraftstoff verwendet wird (LPG), wird über die Jahre 2019 bis 2022 um jeweils 20 Prozent reduziert und läuft somit über weitere fünf Jahre aus . Auch diese Maßnahme, die dem Fiskus erhebliche Steuerausfälle beschert, wird von den Politikern der Koalitionsfraktionen und der Linken getragen, um LPG-Autobesitzer, Umrüstbetriebe und Tankstellenpächter in der Übergangszeit nicht zu über- fordern. Nach 2022 wird es aber definitiv keine Steuer- erleichterungen für Autogas mehr geben! Denn auch bei dem dann geltenden Normalsteuersatz bleibt der Ein- satz von Autogas gegenüber anderen Energieträgern im Kraftfahrzeugbereich weiter vorteilhaft! Im Bericht des Finanzausschusses wird zudem die Bundesregierung aufgefordert, dass für Unternehmen in Schwierigkeiten die nationalen Rechtsvorschriften mit Augenmaß angewendet und Einschränkungen von Steu- erbegünstigungen auf das erforderliche Maß begrenzt werden . Der Befürchtung der Verbände, dass Anträge auf Steuerbegünstigungen von Unternehmen in Schwie- rigkeiten erst gar nicht zur Prüfung zugelassen werden könnten, wird mit der Formulierung „Anträge auf Ge- währung einer Steuerbegünstigung können nicht ver- wehrt werden“ begegnet . Nach Kritik an der geplanten Streichung des § 60 EnergieStG vonseiten der mittelständischen Wirtschaft und des Bundesrates habe ich federführend für die CDU/ CSU-Fraktion dafür gekämpft, diese wieder rückgängig zu machen . Auch hier hatte ich die volle Unterstützung des gesamten Finanzausschusses . Damit bleibt es da- bei, dass vor allem mittelständische Tankstellenpächter bei Lieferung an Kunden, hinsichtlich des Energiesteu- eranteils bei eventuellen Zahlungsausfällen dieser, von der Haftung des Energiesteueranteils befreit sind . Somit kann die Versicherungssumme für den Zahlungsausfall auf den Warenwert (ohne Energiesteuer) begrenzt blei- ben . Dies sichert gerade diesen Unternehmen in einem sehr anspruchsvollen Marktumfeld die notwendige Li- quidität, indem sie die Energiesteuer nicht zusätzlich ab- sichern lassen müssen . Leider ist es uns bei den Verhandlungen mit dem Bun- desfinanzministerium nicht gelungen, weitere berechtig- te Forderungen, wie die Gleichstellung der Industriega- seproduktion mit anderem produzierenden Gewerbe, in Gesetzesform zu gießen . Hier scheint die Bundesregie- rung nicht bereit zu sein, sich auf sicherlich schwierige und langwierige Verhandlungen mit der EU-Kommission einzulassen . Insgesamt ist dieser Gesetzentwurf, den wir hier ab- schließend beraten, ein sehr guter, der hoffentlich für ein paar Jahre Rechtssicherheit und Klarheit im Verwal- tungshandeln garantieren wird . Mit den generellen Rege- lungen in Abstimmung mit der EU-Kommission entfällt eine Vielzahl von Einzelgenehmigungsanträgen in Brüs- sel, auch wenn dadurch nicht mehr jeder Einzelfall bis ins letzte Detail gerecht abgewickelt werden kann . In diesem Zusammenhang danke ich der Bundesregie- rung, dass sie zum Beispiel für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft die Praxis der teilweisen Steuererstattung für „Agrardiesel“ und „Bioagrardiesel“ bis zum Auslau- fen der Freistellungsanzeige bei der EU-Kommission auf neuer nationaler Rechtsgrundlage weiterführt . Die bisher dauernd notwendigen Notifizierungen bei der EU-Kom- mission können somit entfallen . Meine Mahnung aus der Rede zur ersten Lesung des Gesetzentwurfs muss ich heute aus gegebenem Anlass wiederholen: Bürokratieabbau im Verhältnis zur EU darf aber nicht zu weiterem Bürokratieaufbau bei den Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24257 (A) (C) (B) (D) Bürgern führen! Wenn im Vorgriff auf dieses Gesetz nun für die Beantragung der Steuerrückerstattung für Agrar- diesel zu den schon bestehenden und schwer zu verste- henden Antragsformularen drei neue eingeführt werden, so widerspricht dies dem Sinn des Gesetzes! Deshalb, liebes BMF, liebe Generalzolldirektion: Geht in euch und schafft auch im Verhältnis zu den Antragstellern den schlanken Staat! Zum Abschluss danke ich allen Beteiligten, in der Spitze der Ministerien BM Schäuble, BM Dobrindt und BM Schmidt, den Kolleginnen und Kollegen der AG Fi- nanzen meiner Fraktion und deren Mitarbeitern, unserem Koalitionspartner und nicht zuletzt den Mitarbeitern mei- nes Büros für die gute und vertrauensvolle Zusammenar- beit nicht nur bei diesem Gesetz . Ich verabschiede mich aus dem Parlament und sage vielen Dank und auf Wiedersehen an anderer Stelle! Christian Petry (SPD): Heute beraten wir in zweiter und dritter Lesung den Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuerge- setzes . Ziel des vorliegenden Gesetzes war es, die Steu- erermäßigung für Erdgas und Flüssiggas zu verlängern, zwingende Vorgaben des Rechts der Europäischen Union in nationales Recht umzusetzen sowie technologische Fortschritte in der Automobilindustrie im Stromsteuerge- setz angemessen abzubilden . Dabei liegt ein Schwerpunkt des Gesetzes auf der Umsetzung europarechtlicher Vorgaben . Im Kern geht es dabei um die neugefasste Allgemeine Gruppenfreistel- lungsverordnung (AGVO) . Aufgrund dieser Neufassung regelte der Entwurf bereits die europarechtskonforme Umsetzung des Herstellerprivilegs oder etwa die Steu- erentlastung für Biokraftstoffe. Weiterhin gab es eine Vielzahl von Urteilen des EuGH, die in nationales Recht umgesetzt werden mussten . All dies war im Gesetzent- wurf bereits enthalten . Wir haben aber auch zentrale Än- derungen vorgenommen . Lassen Sie mich an dieser Stelle auf die Steuerermäßi- gung für Erdgas und Flüssiggas eingehen . Hier hatte die Kabinettvorlage von Wolfgang Schäuble eine einseitige Verlängerung der Steuerermäßigung für Erdgas vorgese- hen . Ich bin dabei überzeugt, dass Erdgas ein wichtiger alternativer Kraftstoff ist, der durch seine regernative Komponente dringend weiter gefördert werden muss . Allerdings haben SPD und CDU/CSU im Koalitionsver- trag vereinbart, dass beide Kraftstoffe über 2018 hinaus steuerlich begünstigt werden . Der Entwurf von Wolfang Schäuble beinhaltete da- mit einen klaren Bruch des Koalitionsvertrags . Lassen Sie mich an dieser Stelle festhalten: Diesen Bruch hat die SPD-Fraktion nicht mitgemacht! Ich habe mich daher im parlamentarischen Verfahren gemeinsam mit meinem CDU-Kollegen Norbert Schindler für eine Weiterführung der Steuerbegünstigung starkgemacht . Es war ein harter Kampf, an dessen Ende ein gutes Ergebnis steht . Wir werden Flüssiggas bis 2022 weiterfördern, Erdgas bis 2016 . An dieser Stelle möchte ich Norbert Schindler für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit ausdrück- lich danken . Neben der Steuerermäßigung für Flüssiggas haben wir im parlamentarischen Verfahren noch weitere, we- sentliche Änderungen am Gesetz vorgenommen . Exem- plarisch möchte ich etwa die Beibehaltung der Ausnah- metatbestände des § 60 Energiesteuergesetz nennen . Hierbei handelt es sich um eine Sonderregelung im Ener- giesteuerrecht, die Verkäufern von bestimmten Kraftstof- fen bei Zahlungsunfähigkeit des Warenempfängers eine Steuerentlastung für die im Verkaufspreis enthaltende Energiesteuer ermöglicht . Diese Regelung sollte zu- nächst abgeschafft werden. Die Sachverständigen in der Anhörung des Finanzausschusses konnten uns fundiert darlegen, dass die Beibehaltung von § 60 Energiesteu- ergesetz für viele Tankstellenbetreiber essenziell ist . Wir haben diese Bedenken ernst genommen und uns schluss- endlich für eine Beibehaltung des Ausnahmetatbestands entschieden . Darüber hinaus haben wir uns im parlamentarischen Verfahren mit einer Fülle weiterer energiesteuer- und stromsteuerrechtlicher Themen beschäftigt . Ich denke da beispielsweise an die Gewährung von Steuerentlastungen beim Verheizen von Gasöl in Standheizungen von Fahr- zeugen des ÖPNV. Hier haben wir das Bundesfinanz- ministerium aufgefordert, von der im geltenden Gesetz vorgesehenen Verordnungsermächtigung Gebrauch zu machen und eine solche Steuerentlastung zu gewähren . Weiterhin haben wir mit der Einführung von § 9c Stromsteuergesetz die im ÖPNV vermehrt eingesetz- ten Elektrobusse mit dem bereits steuerlich geförderten Schienenverkehr gleichgestellt . Damit haben wir ent- scheidend der technologischen Entwicklung im Ver- kehrssektor Rechnung getragen und eine zusätzliche Entlastung der Stromsteuer in das Gesetz aufgenommen . Insgesamt liegt nun ein stimmiges Gesetz vor, das an entscheidender Stelle vom Parlament nachgebessert wur- de . Dabei möchte ich ausdrücklich die Zusammenarbeit mit der Opposition loben . Wir haben aus Ihren Reihen breite Unterstützung bei der Weiterförderung des Flüs- siggases erhalten . Andreas Rimkus (SPD): Zur Energiewende und unseren Zielen sowie den Vorhaben, um diese Ziele zu erreichen, habe ich im Plenum des Deutschen Bundesta- ges schon viel gesagt . So stehen wir vor der Herausforde- rung, ein Gesamtkonzept der Energiewende aufzubauen, das unseren Ansprüchen an Nachhaltigkeit gerecht wird . So sollte dieses Konzept uns helfen, unsere ökologischen Ziele zu erreichen und den Wandel in der Arbeitswelt so- zialverträglich zu gestalten, und jedem in dieser Gesell- schaft die Chance geben, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten . Lassen sie mich den letzten Punkt noch einmal deutli- cher sagen . Es kann nicht sein, dass die Energiewende nur eine Sache des dicken Geldbeutels ist! Die Energiewen- de ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, und ich bin froh, dass wir in Deutschland – auch im weltweiten Ver- gleich – sehr weit damit sind, den Umbruch zu meistern, und zwar so zu meistern, dass jeder seinen Beitrag leistet, aber eben auch leisten kann, wie beispielsweise durch die EEG-Umlage . Daher ist es auch weiterhin wichtig, den- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724258 (A) (C) (B) (D) jenigen die Tür aufzuhalten, die sich aufgrund der hohen Anschaffungskosten kein Elektro- oder Brennstoffzel- lenfahrzeug oder eben auch Erdgasfahrzeug leisten kön- nen . So war es für uns Sozialdemokraten ein besonderes Anliegen, nicht nur die Steuerbegünstigung auf Erdgas, sondern auch auf Autogas zu verlängern . Wir können doch nicht hinnehmen, dass es keine be- zahlbare Form der emissionsreduzierten Mobilität gibt . Die Einwände zur Ökobilanz dieser Fahrzeuge mögen stimmen, der Erdgasantrieb ist emissionsärmer und er- möglicht die Integration erneuerbarer Energien, und si- cherlich würde auch ich mir wünschen, dass schon alle mit batterieelektrischen oder Brennstoffzellenfahrzeugen auf unseren Straßen unterwegs wären . Doch die Kritiker von Autogas mögen mir doch bitte erklären, ob es ihnen dann lieber wäre – im Lichte unserer Erkenntnisse – lie- ber auf Diesel umzusteigen als auf Propangas . Aus diesem Grund haben wir die Verlängerung der Steuerbegünstigung von Flüssiggas auch bereits im Koa- litionsvertrag verankert . Darüber hinaus haben wir einen Koalitionsantrag aus dem Parlament heraus verabschie- det, der dieses Ziel noch einmal bekräftigt . Umso er- staunter war ich, zu sehen, wie Finanzminister Schäuble diese klare Positionierung ignorierte und in seinem Ent- wurf eine Verlängerung für Erdgas vorsah, jedoch einer Verlängerung für Autogas eine Absage erteilte . Ich muss gestehen: Unter einer zuverlässigen Vertragspartner- schaft verstehe ich etwas anderes! Dies war ein Bruch mit dem Koalitionsvertrag und irreführend für die, die sich auf unser Versprechen verlassen haben . Erst hinhal- ten und dann Versprechen brechen, das ist keine zuver- lässige Kooperation und ziemlich schlechter Stil, Herr Schäuble . Deshalb haben wir als Sozialdemokraten, wie ich auch in meiner letzten Rede bereits deutlich gemacht habe, uns von Anfang an klar positioniert und sind dafür eingestan- den, dass die Steuerbegünstigung auch für Autogas ver- längert wird . So steht am Ende eine Verlängerung, die, wie es auch sachgerecht ist, kürzer und geringer ausfällt, nämlich bis 2022 läuft und ab 2019 jedes Jahr um 20 Pro- zentpunkte mehr abschmilzt . So haben wir im Zuge des parlamentarischen Verfahrens eine ökologisch vernünfti- ge, sozial verträgliche und politisch verlässliche Lösung gefunden . Herbert Behrens (DIE LINKE): Der vorliegende Gesetzentwurf hat gezeigt, dass aus einer krummen Re- gierungsvorlage, der meine Fraktion nicht hätte zustim- men können, noch etwas Gerades werden kann . Diese Er- fahrung habe ich als Verkehrspolitiker leider noch nicht machen können – man denke nur an die Pkw-Maut, die blinde Einführung automatisierten Fahrens und vor allem die heute Morgen von SPD und Unionsfraktion beschlos- sene Privatisierung der Autobahnen, die trotz erbittertem Widerstand der Opposition ohne Rücksicht auf Verluste durchgedrückt wurde . Von daher bin ich sehr froh, dass ich nach acht Jahren im Bundestag im federführenden Finanzausschuss Zeuge werden konnte, dass es auch anders geht . Nach einer sehr aufschlussreichen öffentlichen Anhörung und intensiven Gesprächen mit Mitgliedern aller Fraktionen liegt jetzt eine Beschlussempfehlung vor, die den Entwurf der Bun- desregierung in für mich zentralen Punkten ändert und der ich ohne Weiteres zustimmen kann . Wie ich bereits in der ersten Lesung betont habe, ist mit der Linksfraktion die im Gesetzentwurf der Bundes- regierung verankerte abrupte Beendigung der Steuerbe- günstigung von Autogas nicht zu machen . Zum einen würde dadurch der Vertrauensschutz von mehreren Hun- derttausend Fahrzeughalterinnen und Fahrzeughaltern verletzt, die sich in den letzten Jahren ein Autogasfahr- zeug angeschafft oder ihr Auto auf LPG umgestellt ha- ben . Diesen Menschen zu sagen, dass die vor Jahren in Aussicht gestellte Verlängerung der steuerlichen Förde- rung ihres umweltfreundlichen Fahrzeuges lediglich ein Aprilscherz ist, war völlig inakzeptabel . Zum anderen – das sage ich jetzt als Vorsitzender des Untersuchungsausschusses zum Abgasskandal – hat sich das von der Bundesregierung als Begründung herange- zogene ifeu-Gutachten längst überholt . Ich teile durch- aus die Einschätzung der Gutachter, dass Erdgas einen größeren Klimanutzen entfalten kann als Autogas . Aber wenn die Bundesregierung eine Studie aus 2013 als Be- gründung für die Beendigung der LPG-Förderung an- führt, blendet sie schlicht und ergreifend aus, dass der Automobilindustrie inzwischen massenhafter Betrug bei den Stickstoffdioxidemissionen nachgewiesen wurde. Diese vom Autoverkehr verursachten Schadstoffbelas- tungen sind dafür verantwortlich, dass sich die Menschen in diesem Land massiven gesundheitlichen Gefährdun- gen ausgesetzt sehen, und dieser Zustand ist untragbar . Die Bundesregierung hat in ihrem Entwurf den Beitrag völlig verkannt, den mit Autogas betriebene Fahrzeuge für die Reduktion von Luftschadstoffen vor allem in in- nerstädtischen Bereichen leisten können . Im Vergleich zu dem immer noch hochsubventionierten Dieselkraftstoff fallen bei der Verbrennung von Autogas nämlich kaum Rußpartikel und Stickoxide an, die zur Vermeidung von Fahrverboten am besten heute noch drastisch reduziert werden müssen . Deshalb hat die Linksfraktion einen Änderungsan- trag in die öffentliche Anhörung eingebracht, in wel- chem die Verlängerung der Steuerbegünstigung für LPG festgeschrieben und wie folgt begründet wird: „Um die notwendige Reduktion der (Auto)Verkehrsemissionen zu befördern, sollte die steuerliche Begünstigung von LPG befristet verlängert werden, um den finanziellen Anreiz für die Anschaffung von mit Flüssiggas betrie- bener Fahrzeuge bzw . eine Umrüstung konventioneller Verbrennungsmotoren auf Flüssiggas zu erhalten . Dies gilt vor allem in Hinblick auf den Öffentlichen Personen- nahverkehr (Busse, Taxis), in dem auf Grund der hohen Verkehrsleistung der dort eingesetzten Fahrzeuge großes Potenzial für Emissionsreduktionen besteht .“ Diese Einschätzung und auch unsere Forderungen ha- ben sich die Koalitionsfraktionen zu eigen gemacht und in einen eigenen Änderungsantrag gegossen, dem wir uns uneingeschränkt anschließen. Da Links offensicht- lich gewirkt hat und wir sowohl der Koalition als auch dem Gesetz ein Stück weit ökologische Vernunft einimp- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24259 (A) (C) (B) (D) fen konnten, ziehen wir gerne unseren eigenen Antrag zurück und stimmen dem geänderten Gesetzentwurf zu . Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Energiebesteuerung berücksichtigt kaum, welchen Schaden die einzelnen Energieträger verursachen . Ein paar Beispiele: Diesel wird mit Milliarden subventio- niert, obwohl Dieselabgase die Luft in unseren Städten verdrecken . Auf Erdgas zum Heizen fallen umgerech- net pro Tonne CO2 mehr Steuern an als auf das klima- schädlichere Heizöl . Auf sauberen Ökostrom muss ich als Verbraucherin genauso viel Steuern bezahlen wie auf schmutzigen Kohlestrom . Der Bundesrat weist zu Recht daraufhin, dass es so nicht weitergehen kann . Er hat Sie aufgefordert, einen Vorschlag vorzulegen, wie zukünftig die Energiebe- steuerung zu einem wirksamen Klimaschutzinstrument weiterentwickelt werden kann, und zwar indem verursa- chungsgerecht alle Energieträger mit einem einheitlichen CO2-Preis belegt werden . Nun frage ich Sie, liebe Kolle- ginnen und Kollegen von Union und SPD: Wann kommt endlich Ihr Vorschlag? Es ist ja nun wirklich nicht das erste Mal, dass wir über ökologisch faire Preise sprechen . Die Experten, die Sie von der Bundesregierung mit dem Monitoring der Energiewende beauftragt haben, haben Ihnen genau das bereits letztes Jahr in Ihren Be- richt geschrieben: Ein angemessener Preis auf CO2 ist notwendig, damit die Klimaschutzziele überhaupt noch erreichbar sind . Im April hat sich die Initiative für eine nachhaltige Finanzreform gegründet. Der ehemalige Bundesfinanz- minister Hans Eichel wirbt dafür . Erst vor drei Tagen hat eine hochrangige Gruppe von Wissenschaftlern um Nicholas Stern und Joseph Stiglitz die G 20 aufgefordert, CO2 einen Preis zu geben. Auch die OECD empfiehlt Deutschland, Steuervergünstigungen für umweltschädli- che Aktivitäten abzuschaffen und Mehreinnahmen durch wirkungsvollere Umweltsteuern zu erzielen . Das zeigt doch ganz deutlich: Die Zeit ist mehr als reif, dass wir hier in Deutschland die Energiebesteuerung endlich kon- sequent am Klimaschutz ausrichten! Was wir brauchen, ist also mehr als nur Kleinklein . Doch Sie von der Bundesregierung doktern nur an ein- zelnen Regelungen des Energie- und Stromsteuerge- setzes herum . Dabei schielen Sie anscheinend eher auf die schwarze Null als auf die ökologischen Folgen Ihrer Entscheidungen . Man muss schon froh sein, dass Sie die unsinnige Idee, den Eigenverbrauch von erneuerbarem Strom zusätzlich zur EEG-Umlage nun auch noch mit der Stromsteuer zu belasten, wieder begraben haben . Der Eiertanz, den Sie bei der Verlängerung der Steu- erbefreiung für Flüssiggas aufgeführt haben, spricht für sich. Ich finde Ihre Plan- und Ambitionslosigkeit mehr als bedauerlich . Sie verpassen hier nicht nur zum wie- derholten Male eine Chance für mehr Klimaschutz . Sie versäumen auch die Gelegenheit, den unübersichtlichen Förderdschungel wenigstens ein bisschen zu lichten; denn das haben wir in der Anhörung auch bestätigt be- kommen: Wenn wir die Energiebesteuerung an CO2 aus- richten, brauchen wir ganz viele Ausnahmeregelungen gar nicht mehr . Wir brauchen keine weitere Subventionierung von Verzögerungstechnologien, sondern einen Aufbruch für ambitionierten Klimaschutz, der Investitionen in Ener- giesparen, Energieeffizienz und Erneuerbare Energien belohnt . Nur, Ihnen fehlen der Mut, der Wille und die Ideen für einen großen Wurf . Darum können wir dem, was Sie hier heute zur Abstimmung stellen, nicht zustim- men . Anlage 22 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Nadine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU) zu der Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CDU und SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Kin- derehen (Tagesordnungspunkt 28) Mit der großen Zahl von Menschen, die aus anderen Kulturen zu uns nach Deutschland geflüchtet sind, le- ben bei uns zunehmend mehr Ehepaare, bei denen die Ehefrau noch Kind bzw . minderjährig ist . Dieses Phäno- men stellt sowohl unsere Gesellschaft, aber auch unsere Rechtsordnung vor große Herausforderungen . Kinderehen verletzen Grundrechte der Kinder und Jugendlichen, vor allem das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, auf sexuelle Selbstbestimmung und auf Bildung . Sie sind mit unserem Verständnis von Ehe, die auf einer freien Willensentscheidung und gleichbe- rechtigten Partnerschaft von Mann und Frau beruht, nicht zu vereinbaren . Auch der zur Rechtfertigung von Kin- derehen angeführte Schutz der Mädchen auf ihrer Flucht darf nicht den Blick dafür verstellen, dass diese Ehen aus purer Not, aber nicht aus freiem Willen eingegangen wer- den . Wir haben eine Verantwortung für alle in Deutschland lebenden Mädchen und Frauen . Daher brauchen wir ein Verbot von Kinderehen . Aus diesem Grund stimme ich dem Gesetzentwurf zu, weil er Ehen Minderjähriger verbietet und den minder- jährigen Ehepartnern einen verbesserten Schutz ermög- licht . Allerdings halte ich die Regelung, dass Ehen gene- rell nichtig sind, bei denen einer der Ehegatten bei der Eheschließung jünger als 16 Jahre alt ist, für bedenklich . Auch diese Ehen sollten – wie die Ehen von Jugendli- chen zwischen 16 und 18 Jahren – durch einen richterli- chen Hoheitsakt aufgehoben werden müssen . Bei einem individuellen Aufhebungsverfahren können alle flan- kierenden Rechtsfragen geklärt werden, wie Unterhalts- und Erbrechtsfragen sowie Sorgerechtsregelungen für gemeinsame Kinder . Anders als die Nichtigkeitslösung bietet das Aufhebungsverfahren Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für die Betroffenen. Ich hätte mir die Aufhebungsregelung für alle Ehen mit Minderjährigen gewünscht . Dem Gesetz stimme ich deshalb zu, weil es die derzeitige Rechtslage verbessert . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724260 (A) (C) (B) (D) Der weit überwiegende Teil der Ehen wird von der Auf- hebungslösung erfasst sein . Für eine Änderung der Re- gelung für die unter 16-Jährigen werde ich mich weiter einsetzen . Anlage 23 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Straftaten gegen ausländische Staaten – des von den Abgeordneten Harald Petzold (Havelland), Frank Tempel, Dr. André Hahn, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines ... Ge- setzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Neuordnung der Beleidigungsdelikte – des von den Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Renate Künast, Dr. Konstantin von Notz, weiteren Abgeordneten und der Frakti- on BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrach- ten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches zur Streichung des Ma- jestätsbeleidigungsparagrafen (§ 103 StGB) – des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhe- bung des § 103 des Strafgesetzbuches – Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten – (Tagesordnungspunkt 29) Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU): Angefangen hat bekanntermaßen alles am 31 . März 2016 mit der Aus- strahlung eines als „Schmähkritik“ bezeichneten Ge- dichts des Unterhaltungskünstlers Jan Böhmermann über den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan . Daran schloss sich eine nationale und internationale Kon- troverse an, die im Wesentlichen zwei Schwerpunkte hat: zum einen die strafrechtliche Frage, ob Böhmermanns Schmähgedicht im Kontext seiner Sendung als Beleidi- gung des türkischen Staatspräsidenten zu bewerten sei, und zum anderen die politische Frage, ob ein ausländi- scher Politiker mit Ermächtigung der Bundesregierung die Strafverfolgung wegen Beleidigung bewirken kön- nen soll . Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesre- gierung soll der hierfür relevante § 103 StGB aufgehoben werden, da es für diese strafrechtliche Sondernorm kein Bedürfnis mehr gibt . Zunächst ist es wichtig, über den Sinn der Strafvorschrift nachzudenken, vor allem über den mit ihr verfolgten Regelungszweck und die Eigenart der von ihr erfassten Fälle, bevor man darüber urteilt, ob eine Strafvorschrift richtig oder falsch ist und ob sie ste- hen bleiben oder gestrichen werden soll . Nicht nur in der Strafrechtswissenschaft gilt als wesentlicher Prüfstein für die Legitimität des Strafrechts das Rechtsgut . Auch die Kriminalpolitik beruft sich auf die Erforderlichkeit der Abwehr von Angriffen auf ein Rechtsgut, wenn be- stehende Straftatbestände erweitert, Strafdrohungen ver- schärft oder neue Strafvorschriften eingeführt werden sollen . Für § 103 StGB kommen zwei Rechtsgüter in Be- tracht: § 103 StGB schafft zunächst einen besonderen Ehrenschutz für Repräsentanten ausländischer Staaten, und zwar für ausländische Staatsoberhäupter, auslän- dische Regierungsmitglieder sowie beglaubigte Leiter einer ausländischen diplomatischen Vertretung . Dies ist jedoch nicht der einzige Schutzzweck der Vorschrift, sondern ein weiterer Schutzzweck „Störungsfreie Aus- landsbeziehungen der Bundesrepublik“ tritt hinzu . Man spricht insoweit von einer kumulativen Rechtsgutver- doppelung . Der Schwerpunkt der Regelung findet sich jedoch in § 104a StGB . Denn § 103 StGB ist anders als die §§ 185 ff. StGB kein Antrags- und auch kein Privatklage- delikt . Es müssen vielmehr zwei objektive Bedingungen der Strafbarkeit erfüllt sein: Zum einen muss die Bun- desrepublik Deutschland zu dem anderen Staat, dessen Organ oder Vertreter beleidigt wurde, diplomatische Beziehungen unterhalten, und die Gegenseitigkeit muss verbürgt sein sowie zur Zeit der Tat verbürgt gewesen sein . Das heißt, dass die Bundesrepublik Deutschland in dem betreffenden Auslandsstaat einen entsprechenden Rechtsschutz genossen hat oder noch genießen muss . Zu- dem müssen zwei Prozessvoraussetzungen erfüllt sein: Es muss ein Strafverlangen der ausländischen Regierung vorliegen, und die Bundesregierung muss die Ermächti- gung zur Strafverfolgung erteilt haben . Der Sinn der Vorschrift ist demnach folgender: Die mitunter hochpolitische Entscheidung über das „Ob“ ei- ner Strafverfolgung soll nicht ohne den Filter der Prüfung durch die Bundesregierung getroffen werden. Eine rein materiell-rechtliche Prüfung anhand der „Tatumstände“ könnte sonst dazu führen, dass Strafverfahren stattfinden, die den auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland mehr schaden als nützen, gerade wenn es in einem öffentlichen Verfahren darum geht, für Tatsachen- behauptungen den Wahrheitsbeweis zu erbringen . Weder die völkervertraglichen Übereinkommen, Diplomatenschutzkonvention und das Wiener Über- einkommen über diplomatische Beziehungen noch das Völkergewohnheitsrecht verpflichten die Staaten, sepa- rate Tatbestände zur Sanktionierung von Angriffen auf Repräsentanten eines ausländischen Staates zu schaffen. Die generellen Tatbestände bezüglich der Strafbarkeit von Beleidigungen reichen aus . Ein besonderer Ehrenschutz für ausländische Reprä- sentanten ist völkerrechtlich nicht erforderlich . Völker- rechtlich soll zwar jeder Staat die auf seinem Gebiet begangenen Angriffe von Privatpersonen auf bestimmte Repräsentanten eines ausländischen Staates bestrafen oder den Täter ausliefern . Diese völkergewohnheits- rechtliche Strafpflicht ist völkervertraglich im Überein- kommen über die Verhütung, Verfolgung und Bestrafung von Straftaten gegen völkerrechtlich geschützte Personen einschließlich Diplomaten verankert . Danach gehören zu den völkerrechtlich geschützten Personen neben Diplo- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24261 (A) (C) (B) (D) maten auch Staatsoberhäupter, Regierungschefs und Au- ßenminister, wenn sie sich in einem fremden Staat auf- halten . Für Beleidigungen ausländischer Repräsentanten schreibt die Diplomatenschutzkonvention jedoch keine besondere Strafpflicht vor. Die völkervertraglichen Regelungen zum Schutz von Repräsentanten auswärtiger Staaten knüpften regelmä- ßig an deren Tätigkeit im Inland an . Gemäß Artikel 29 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Be- ziehungen behandelt der Empfangsstaat den Diploma- ten mit gebührender Achtung und trifft alle geeigneten Maßnahmen, um jeden Angriff auf seine Person, seine Freiheit oder seine Würde zu verhindern . Zwar wird man Artikel 29 der Wiener Diplomatenkonvention über den Wortlaut hinaus auch auf das Amt eines Staatsoberhaupts anwenden können, doch dient die Norm in erster Linie dem Schutz der Arbeitsfähigkeit eines akkreditierten Di- plomaten im Gastland und bezieht sich nicht auf Beein- trächtigungen von Repräsentanten fremder Staaten, die sich in ihrem Heimatland aufhalten . Der deutsche Gesetzgeber hat sich dennoch zur Auf- nahme solcher Tatbestände in den §§ 102 ff. StGB ent- schlossen. Von der Abschaffung der Tatbestände § 102 StGB „Angriff gegen Organe und Vertreter ausländischer Staaten“ und § 104 StGB „Verletzung von Flaggen und Hoheitszeichen ausländischer Staaten“ ist im Entwurf keine Rede. Das bedeutet, dass Angriffe auf ausländische Staatsoberhäupter auch nach einer Streichung des § 103 StGB weiterhin in eigenen Tatbeständen unter Strafe ste- hen . § 102 StGB wurde als sogenanntes unechtes Unter- nehmensdelikt ausgestaltet, das heißt der Angriff auf Re- präsentanten eines ausländischen Staates muss lediglich auf dessen Verletzung abzielen, die Verletzung braucht aber nicht tatsächlich einzutreten . Durch den besonderen Tatbestand steht allein der Versuch, den Repräsentanten eines ausländischen Staates leicht zu verletzen, unter Strafe . Mit anderen Worten: Für den Schutz von Ehrverlet- zungen des Repräsentanten gelten die gleichen Vorschrif- ten wie diejenigen für deutsche Bürger . Für eine Sonder- regelung des § 103 StGB besteht in heutiger Zeit keine Notwendigkeit mehr . Wichtig ist aber, dass die §§ 102 StGB, 104 StGB und 104a StGB erhalten bleiben . Sie sind für den Schutz der internationalen Beziehungen essenziell . Darüber hinaus wird die Beleidigung in Hin- blick auf die §§ 185 ff. StGB auch weiterhin verfolgt – auch wenn sie sich gegen einen ausländischen Politiker richtet, egal welche Funktion dieser hat . In der Praxis haben wir gesehen, dass die Justiz hier hinreichend tätig wird und ihre Ermittlungen auch sorgsam durchführt . Der Gesetzentwurf entscheidet sich, nach einer diffe- renzierten Abwägung, zu Recht für die zeitgemäße Ab- schaffung des § 103 StGB. Sicherlich lassen sich auch andere Meinungen gut vertreten, was die Diskussion in der Wissenschaft gezeigt hat . Einen weitreichenden An- wendungsbereich gibt es aber für § 103 StGB ohnehin nicht, sodass ich hoffe, dass dieser Gesetzentwurf auch die Zustimmung vieler Kollegen in diesem Haus finden wird . Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU): Am heutigen Tag werden wir das Gesetzgebungsverfahren zur Abschaf- fung von § 103 StGB abschließen . Die Strafvorschrift stellt bislang die Beleidigung von Organen und Vertre- tern ausländischer Staaten unter Strafe . Entgegen der Ansicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen handelt es sich bei § 103 StGB nicht um den „Majestätsbeleidigungsparagrafen“ . Die Strafvorschrift schützt ausländische Staaten mit ihren Organen und Ein- richtungen vor Beeinträchtigungen . Auf die Staatsform kommt es aber nicht an, sodass demokratisch gewählte Regierungsvertreter gleichermaßen geschützt werden . Die Grünen haben sich zu sehr vom konkreten Einzelfall mit dem Staatspräsidenten Erdogan leiten lassen . Es war deshalb richtig, dass die Union besonnen re- agiert hat . Die Gesetzentwürfe der Fraktionen Bünd- nis 90/Die Grünen und Die Linke wollten eine schnellst- mögliche Abschaffung erreichen. Dies sollte das leicht erkennbare Ziel verfolgen, den auf einer Welle der Sym- pathie reitenden Jan Böhmermann vor Strafverfolgung zu schützen . Ein Strafverfahren wäre mangels Rechts- grundlage sofort einzustellen gewesen . Durch die Weigerung der Union konnte die Staatsan- waltschaft Mainz den Fall in Ruhe prüfen und kam letzt- endlich zu einer Verfahrenseinstellung, da kein strafbares Verhalten vorliege . Ich habe bereits in der ersten Lesung am 12 . Mai 2016 gemahnt, dass wir kein Einzelfallgesetz „Böhmermann“ beschließen sollten . Der Respekt vor ei- ner unabhängigen Justiz verbietet es uns als Gesetzgeber, in laufende Verfahren einzugreifen . Die Gewaltenteilung ist für uns ein hohes Gut, weshalb wir uns mit den rich- tigen Gründen einem kurzfristigen und unbesonnenen Handeln versperrt haben . Mit dieser Debatte möchten wir als Union auch noch- mals klarstellen, dass die funktionierenden außenpoli- tischen Beziehungen zu anderen Staaten mit der heuti- gen Abschaffung von § 103 StGB nicht beeinträchtigt werden . Für uns ist der Schutz der diplomatischen Be- ziehungen ein hohes Gut . Das Miteinander mit anderen Staaten hängt jedoch nicht vom Bestehen strafrechtlicher Schutzvorschriften ab . Die Bundesrepublik Deutschland hat sich in der Europäischen Union und in anderen Län- dern der Welt großes Vertrauen erarbeitet . Deutschland wird auch in der Zukunft ein verlässlicher Partner sein . Die Abschaffung von § 103 StGB wird daran nichts än- dern und soll auch nicht als ein solches Signal verstanden werden . Es ist richtig, dass es keine völkerrechtliche Verpflich- tung gibt, die Strafvorschrift beizubehalten . Eine völ- kerrechtliche Verbotsnorm besteht jedoch auch nicht . Es liegt deshalb im weiten Ermessensspielraum des Gesetz- gebers, über die Erhaltung oder Abschaffung der Straf- vorschrift zu entscheiden . Der Schutz der persönlichen Ehre ist ein hohes Gut und hat auch Niederschlag in den Strafvorschriften zu finden. Trotz Wegfall von § 103 StGB wird weiterhin die Beleidigung von ausländischen Staatsoberhäuptern und Regierungsmitgliedern unter Strafe stehen . Der Beleidigungstatbestand in § 185 Straf- gesetzbuch schützt die Ehre eines jeden Menschen ohne Bezug zu einer Funktion . Auch die Strafverfolgungser- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724262 (A) (C) (B) (D) mächtigungen ähneln sich . Korrespondierend zum Straf- verlangen bei § 103 StGB ist bei der Beleidigung ein Strafantrag notwendig . In Anbetracht der Tatsache, dass ein Schutzniveau für die persönliche Ehre erhalten bleibt, werde ich dem Ge- setzentwurf der Bundesregierung zustimmen können . Dr. Matthias Bartke (SPD): Die Legislatur neigt sich dem Ende zu, und die Nummern der aktuellen Druck- sachen verraten uns, mit wie vielen Anträgen und Ge- setzentwürfen wir uns in den vergangenen vier Jahren beschäftigt haben . Nach dieser großen Anzahl von par- lamentarischen Beratungen fällt beim Gesetzentwurf zur Reform der Straftaten gegen ausländische Staaten eine Sache in jedem Fall ganz besonders auf: die Kürze . Der Gesetzentwurf regelt, dass der § 103 StGB er- satzlos aufgehoben wird . Das ist schon alles . Doch auch wenn diese Regelung besonders kurz ist, so fehlt es ihr nicht an Bedeutung . Es ist allerhöchste Zeit, dass die Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten nicht mehr unter besonderer Strafe steht . Ich hatte bereits bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs deutlich gemacht, dass die Vorschrift ursprünglich die di- plomatischen Beziehungen Deutschlands zu auswärtigen Staaten besonders schützen sollte . Der Fall Böhmermann hat uns deutlich gezeigt, dass § 103 StGB dafür in keiner Weise geeignet ist . Im Gegenteil: Die Bundesregierung musste zur Strafverfolgung ermächtigen . Damit hat sie sich dem Vorwurf ausgesetzt, Erdogans willfähriger Voll- strecker zu sein . Hätte sie sich aber gegen eine Ermäch- tigung entschieden, so hätte die Türkei sich beklagt, dass die Bundesregierung das türkische Staatsoberhaupt nicht vor Verunglimpfungen schützen würde . Bei der jetzigen Rechtslage gilt also: Wenn die Bun- desregierung nicht ermächtigt, so droht außenpolitischer Schaden in den Beziehungen zum betroffenen Land. Wenn sie aber ermächtigt, so droht innenpolitscher Scha- den, weil sie als Büttel des jeweiligen Staatschefs angese- hen wird . Also: Wie sie es macht, macht sie es falsch . Es soll daher allein Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden und Gerichte in Deutschland sein, über die Strafwürdig- keit des Verhaltens zu urteilen . § 103 StGB war in weiten Teilen seiner Existenz geradezu bedeutungslos . Wenn er dann aber, wie im letzten Jahr, doch einmal einschlägig ist, dann überhöht er die Äußerung einer Privatperson geradezu unmäßig . Die Streichung des § 103 StGB ist deswegen nur konsequent . Meine Kolleginnen und Kollegen von der Union ha- ben bei der Einbringung des Gesetzes, aber auch bei der Anhörung der Sachverständigen Bedenken geäußert . Sie stellen in Frage, ob die Konsequenz eine andere gewe- sen wäre, hätte ein Unsympath ein Staatsoberhaupt mit hohem internationalem Ansehen beleidigt . Ich sage: Das spielt keine Rolle . Vielleicht hätte uns diese Situation nicht so deutlich vor Augen geführt, dass der § 103 StGB keine Daseinsberechtigung mehr hat, so wie er uns in all den Jahren davor eben auch nicht aufgefallen ist . Das allein ist aber noch keine Begründung für die Beibehal- tung . Wegen der Streichung des § 103 StGB müssen wir uns im Übrigen auch sonst keine Sorgen machen; denn es entsteht keine Strafbarkeitslücke . Die Beleidigung von ausländischen Staatsoberhäuptern ist und bleibt strafbar . Es wird im Strafmaß nur eben keinen Unterschied mehr machen, ob man ausländische Politiker oder den Nach- barn von gegenüber beleidigt hat . Auf die Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten dro- hen bisher bis zu drei Jahre Haft, bei „gewöhnlichen“ Be- leidigungen nur bis zu einem Jahr . Diese Unterscheidung wird es mit der Streichung der „Majestätsbeleidigung“, wie wir den Paragrafen oft irreführend betiteln, nicht mehr geben . Wir hätten uns ein früheres Inkrafttreten gewünscht, können aber auch mit dem späteren Termin leben . Gut Ding will manchmal eben Weile haben . Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE): Wir bera- ten heute abschließend vier Gesetzentwürfe zur Reform bzw . Änderung des Strafgesetzbuches bezüglich von Straftaten gegen ausländische Staaten. Alle vier treffen sich in einer zentralen Forderung: Der § 103 des Straf- gesetzbuches muss weg . Auch wenn wir am Ende nur ei- nen der vier Gesetzentwürfe annehmen werden, ist dieser „kleinste gemeinsame Nenner“ tragfähig genug, damit – zumindest war das bisher im federführenden Rechtsaus- schuss der Fall – alle Fraktionen dem ihre Zustimmung geben werden . Die Strafvorschrift des § 103 des Strafgesetzbuches (StGB) – Beleidigung von Organen und Vertretern aus- ländischer Staaten – bezweckt den Schutz der Ehre von ausländischen Staatsoberhäuptern, ausländischen Regie- rungsmitgliedern sowie beglaubigten Leitern einer aus- ländischen diplomatischen Vertretung . Der Strafrahmen beträgt Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe, im Falle der verleumderischen Beleidigung Freiheits- strafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren . Für den Ehrenschutz von Organen und Vertretern ausländischer Staaten erscheinen die Straftatbestände des Vierzehnten Abschnitts (Beleidigung), §§ 185 ff. Strafgesetzbuch, ausreichend . Insbesondere bedarf es zum Schutz von Organen und Vertretern ausländischer Staaten nicht des gegenüber den §§ 185 ff. StGB erhöhten Strafrahmens. Auch das Völkerrecht verpflichtet die Staaten nicht dazu, Sonderstrafnormen zugunsten von Repräsentanten aus- ländischer Staaten aufzustellen, wie sie § 103 StGB der- zeit vorsieht . Die Vorstellung, die Repräsentanten aus- ländischer Staaten benötigten einen über die §§ 185 ff. StGB hinausgehenden Schutz der Ehre, erscheint nicht mehr zeitgemäß . Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Schutzzweck des § 103 in der Wahrung des Interesses der Bundesrepublik an einem Mindestbestand funktio- nierender Beziehungen zu ausländischen Staaten besteht, so wird dieses Anliegen bereits ausreichend durch die Beleidigungsparagrafen 185, 186 und 187 StGB sicher- gestellt . Dies hat auch der Deutsche Anwaltverein in sei- ner Stellungnahme vom Januar 2017 festgestellt . § 103 StGB ist daher entbehrlich und kann aufgehoben werden . Allerdings geht uns die Abschaffung des § 103 StGB nicht weit genug . In unserem eigenen Gesetzentwurf, Bundestagsdrucksache 18/8272, fordern wir neben der Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24263 (A) (C) (B) (D) Abschaffung der Beleidigung von Organen und Vertre- tern ausländischer Staaten (§ 103 StGB) die Abschaffung weiterer sogenannter Sonderbeleidigungsdelikte . Dabei handelt es sich um die Verunglimpfung des Bundesprä- sidenten (§ 90 StGB) sowie die üble Nachrede und Ver- leumdung gegen Personen des politischen Lebens (§ 188 StGB) . Diesen Gesetzentwurf werden Sie heute leider mit den Stimmen der Großen Koalition bedauerlicher- weise ablehnen – und damit werden wieder einmal die Grenzen der Gemeinsamkeiten deutlich, die aufzeigen, dass die Große Koalition immer nur so viel macht, wie sich nicht vermeiden lässt . Politisches Gestalten sieht aber anders aus. Nur, dazu fehlt Ihnen offensichtlich so- wohl der Mut als auch der Wille . Auch die Gesetzentwürfe der Grünen und des Bun- desrates konzentrieren sich auf eine Streichung des § 103 StGB . Darüber hinaus fordern sie die sofortige Inkraft- setzung des Gesetzes am Tag seiner Verkündung, und nicht erst zum 1 . Januar 2018 . Da wir beides ebenfalls fordern, stimmen wir auch beiden Gesetzentwürfen zu . Zu den Auswirkungen des späten Inkrafttretens des Ge- setzes hat sich bereits der Deutsche Anwaltverein sehr kritisch geäußert: Es sei kein Grund ersichtlich, warum gegenwärtig für vergleichbare Fälle anfänglich noch eine Strafverfolgung nach § 103 StGB statthaft sein darf . Das Gesetz sollte daher am Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten . Diesem Standpunkt schließen wir uns vollumfänglich an . Vor diesem Hintergrund erhält aller- dings die Empfehlung der Mehrheit im Rechtsausschuss, diese beiden Gesetzentwürfe abzulehnen, einen sehr schalen Beigeschmack . Wozu dieser Umgang absoluter Arroganz der Macht der Regierungsfraktionen mit der parlamentarischen Opposition und der Länderkammer, dem Bundesrat? Eine Antwort wird uns die Große Koali- tion wahrscheinlich schuldig bleiben . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): § 103 StGB ist ein Relikt aus der Zeit, als es noch einen deutschen Kaiser gab . Die Vorschrift geht zurück auf den Tatbestand der „Majestätsbeleidigung“ . Gegen- über der Strafbestimmung für Beleidigung in § 185 StGB soll die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaup- tes oder eines Regierungsmitgliedes härter bestraft wer- den . Erforderlich sind allerdings das Strafverlangen der ausländischen Regierung und eine Strafverfolgungser- mächtigung durch die Bundesregierung . Damit wird die Strafverfolgung zu einem Politikum . Darf die Bundesre- gierung einen Unterschied mach zwischen einem guten und einem bösen Präsidenten oder Minister und für den einen die Ermächtigung verweigern und für den anderen nicht? Und sind Erdogan oder Kim Jong Un nun böse und Trump oder May nicht? Jedenfalls sind vor dem Ge- setz sind nicht mehr alle gleich . Die Anwendung von § 103 StGB, der die diplomati- schen Beziehungen zu anderen Ländern schützen soll, hat immer wieder zu diplomatischen Krisen geführt . Bereits in den 60er-Jahren sorgte der § 103 StGB als „Schah-Pa- ragraf“ für Ärger, weil sich der Schah von Persien für sich und seine Gattin Soraya darauf berief . Er fühlte sich von deutschen Studenten beleidigt . Die damalige Bun- desregierung war derart unter Druck geraten, dass der Bundesinnenminister nach Teheran reisen musste, um den Schah dazu zu bringen, von dem Strafverlangen ab- zusehen . Zu welchen erheblichen Problemen der Tatbestand insgesamt führen kann, zeigte jüngst wieder der Fall Böhmermann/Erdogan: Die Kanzlerin setzte die Straf- verfolgungsermächtigung gegen die Ablehnung der SPD-Regierungsmitglieder durch . Sie dürfte sich kaum gewundert haben, dass diese Entscheidung angesichts des EU-Türkei-Flüchtlingsdeals und ihrer voreiligen Bewer- tung des Böhmermann-Schmähgedichts als Einknicken vor den Befindlichkeiten Erdogans erschien. Politische Überlegungen, wie die „Herumeierei“ der Kanzlerin vor der Stimmungslage dieser „Majestät“, dürfen grundsätz- lich kein Maßstab der Strafverfolgung sein . Die Grünen hatten deshalb die sofortige Aufhebung dieses Paragrafen gefordert . Das Völkerrecht steht sei- ner Streichung nicht entgegen, und es gibt keinen guten Grund, warum die Beleidigung ausländischer Staatsober- häupter schwerwiegender sein soll als die von anderen Bürgerinnen und Bürgern . Unser damaliger Gesetzesan- trag steht heute auch zur Abstimmung . Offensichtlich genervt hatte die Kanzlerin damals ver- sucht, sich anschließend an die Spitze der Bewegung zu setzen, und auch die Abschaffung gefordert. Das haben wir sofort begrüßt . Allerdings hatte der Kanzlerinvor- schlag einen Schönheitsfehler . Inkrafttreten sollte die Abschaffung nicht sofort mit der Gesetzesänderung, son- dern erst viel später, am 1. Januar 2018. Offensichtlich wollte sie Erdogan nicht noch verärgern und den von diesem angestrengten Prozess erst noch weiterlaufen las- sen . Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren eingestellt . Also viel Getöse für nichts . Nun stellt die Bundesregierung ihren damals hastig nachgeschobenen Gesetzentwurf mit dem Datum des Inkrafttretens zum 1 . Januar 2018 zur Abstimmung . Sie hätte auch einfach für unseren früheren Entwurf stimmen können . Aber das tut man nicht im Deutschen Bundestag, als hätten Oppositionsanträge einen schlechten Geruch . Das von der Bundesregierung gewollte Inkrafttreten zum 1 . Januar 2018 ist unsinnig und nicht praktikabel . Das betont auch der Bundesrat in seiner einzeiligen Stellung- nahme, in der nur steht, es bestehe kein sachlicher Grund, den Wegfall der Norm hinauszuzögern . Die Große Koali- tion hält aber weiter am 1 . Januar 2018 fest . Das ist dumm und uneinsichtig . Was sollte denn ein Staatsanwalt oder ein Gericht noch tun, wenn jetzt noch eine Anzeige mit Strafverlangen von Herrn Erdogan oder einem anderen ausländischen Staatsoberhaupt eingehen? Das Verfahren müsste am 1 . Januar 2018 – sicher vor der Rechtskraft – eingestellt werden, weil das Gesetz nicht mehr da ist . Alle, Staatsanwälte, Gerichte und auch die Bundesre- gierung, die über die Ermächtigung entscheiden müss- te, hätten viel Arbeit und Lärm für nichts . Also, lassen Sie den Unsinn . Stimmen Sie ganz einfach für unseren Gesetzentwurf, dann wird alles gut . Ausländische Staats- oberhäupter können sich, wenn sie sich hier beleidigt fühlen, einreihen in die Schlange aller anderen Rechts- suchenden in Deutschland . Dann wird das Gericht ent- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724264 (A) (C) (B) (D) scheiden . So soll es sein, wenn alle vor dem Strafgesetz gleich sind . Anlage 24 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Umsetzung des Rahmen- beschlusses 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Krimina- lität (Tagesordnungspunkt 30) Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU): Mit dem vor- liegenden Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches überführen wir die europarechtlichen Vorgaben aus dem Rahmenbeschluss 2008/841/JI in das nationale Recht . In den Bereichen, in denen durch die europäischen Vorgaben Anpassungsbedarf bestand, wurden die not- wendigen Veränderungen vorgenommen . Der Rahmen- beschluss ist im Wesentlichen bereits schon durch den bestehenden § 129 StGB umgesetzt . Allerdings ist der Begriff der Vereinigung nach § 129 StGB in der Ausfor- mung, die er durch die Rechtsprechung des Bundesge- richtshofs erfahren hat, enger als die Definition der Ver- einigung in Artikel 1 des Rahmenbeschlusses . Deswegen wird eine Angleichung der Definitionen als auch der Straftaten vorgenommen, die im Zusammenhang mit der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung begangen werden . Hierdurch wird die gegenseitige Anerkennung von Urteilen und gerichtlichen Entscheidungen sowie die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit erleichtert . Der Entwurf sieht insoweit vor, den Begriff der Ver- einigung in § 129 Absatz 2 StGB-E legal zu definieren als einen auf längere Dauer angelegten, von einer Festle- gung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mit- gliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängi- gen organisierten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemein- samen Interesses. Der Begriff ist folglich durch ein per- sonelles, zeitliches, organisatorisches sowie voluntatives Element charakterisiert . Durch diese ausdrückliche ge- setzliche Festlegung, wonach es also weder einer förm- lichen Festlegung von Rollen für ihre Mitglieder noch der Kontinuität ihrer Mitgliedschaft noch einer bestimm- ten Ausprägung ihrer Struktur bedarf, unterscheidet sich die Vereinigung im Sinne des § 129 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Absatz 2 StGB-E von der Vereinigung in der Auslegung durch die derzeitige Rechtsprechung . Diese versteht unter einer Vereinigung einen auf gewisse Dauer angelegten organisatorischen Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich untereinander als einheit- licher Verband fühlen . Dies erfordert ein Mindestmaß an fester Organisation mit gegenseitiger Verpflichtung der Mitglieder sowie eine verbindlichen Gemeinschaftswil- len, der unter Einbindung der einzelnen Mitglieder nach verbindlichen Regeln entstanden sein muss . Dies lässt deutlich erkennen, dass der Begriff der Vereinigung nach § 129 StGB in der Ausformung, die er durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs er- fahren hat, enger ist. Diese restriktive Definition schließt hie rarchische Zusammenschlüsse mit bloßer Durchset- zung eines autoritären Anführerwillens mangels Gruppe- nidentität aus dem Tatbestand des § 129 StGB aus . Doch gerade bei mafiaähnlichen Strukturen, die in- tensiv die Abschottung nach innen und außen betreiben, besteht ein Problem, den von der Rechtsprechung gefor- derten gemeinsamen Täterwillen zur Begehung konkre- ter Straftaten nachzuweisen . Dies bedeutet jedoch nicht, dass die bloße lose Übereinkunft von mindestens zwei Personen genügt . Es ist ausreichend, wenn der Zusam- menschluss ein Mindestmaß längerfristiger instrumentel- ler Vorausplanung und Koordinierung sowie eine irgend- wie geartete regelhafte Willensbildung aufweist . Dies stimmt auch mit dem Rahmenbeschluss überein, welcher Zusammenschlüsse aus dem Tatbestand ausscheidet, die sich zufällig zur unmittelbaren Begehung einer Straftat bilden . Auch eine Abgrenzung zum Begriff der Bande wird hierbei gewährleistet, indem eine möglicherweise nur rudimentäre Organisationsstruktur und die Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses zu fordern sind . Im Bereich politisch motivierter Kriminalität liegt dieses übergeordnete gemeinsame Interesse in der von den Mitgliedern der Vereinigung geteilten politischen Überzeugung und der Verfolgung politischer Ziele, de- nen die Begehung der einzelnen Straftaten dient . Zur Vermeidung einer zu weit gehenden Vorfeld- strafbarkeit sieht der Entwurf vor, als Bezugstaten nur Straftaten einzubeziehen, die im Höchstmaß mindes- tens mit Freiheitsstrafe von zwei Jahren bedroht sind . Damit wird von der vom Rahmenbeschluss eröffneten Möglichkeit der Einschränkung nach der Schwere der in Aussicht genommenen Straftaten Gebrauch gemacht . Aus dem Schutzzweck der Norm, dem Verhältnismäßig- keitsgrundsatz und der Bedeutung von § 129 StGB als Katalogtat für bestimmte strafprozessuale Möglichkeiten folgt darüber hinaus, dass die von der Vereinigung ge- planten oder begangenen Straftaten eine erhebliche Ge- fahr für die öffentliche Sicherheit bedeuten und unter die- sem Gesichtspunkt von einigem Gewicht sein müssen . Weiterhin wird bei den Strafandrohungen des § 129 Absatz 1 StGB-E zwischen Gründung und Mitglied- schaft einerseits und der Werbung und der Unterstützung andererseits differenziert. Die Erweiterung des Vereini- gungsbegriffs wirkt sich auch auf § 129a StGB aus. Nach § 129 Absatz 1 Satz 2 StGB-E werden Personen, die für eine kriminelle Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer werben oder sie unterstützen, entsprechend dem Gewicht ihres Tatbeitrages mit geringerer Strafe – das heißt mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe – bedroht werden als Personen, die eine krimi- nelle Vereinigung gründen oder ihr als Mitglied angehö- ren . In § 129 Absatz 1 Satz 1 StGB-E wird die Gründung einer kriminellen Vereinigung und die Mitgliedschaft in einer solchen wie bisher mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24265 (A) (C) (B) (D) Die Erscheinungsformen der organisierten Kriminali- tät sind vielgestaltig . Neben strukturierten, hierarchisch aufgebauten Organisationsformen finden sich auf der Basis eines Systems persönlicher und geschäftlicher kri- minell nutzbarer Verbindungen Straftäterverflechtungen mit unterschiedlichem Bindungsgrad der Personen unter- einander . Organisierte Kriminalität zeigt sich nicht nur im Bereich des internationalen Rauschgifthandels und des Rauschgiftschmuggels, sondern in zahlreichen Kri- minalitätsbereichen wie Waffenhandel, Falschgeldver- breitung, Glücksspiel, Prostitution und Menschenhandel . Darüber hinaus gewinnen die Deliktfelder Cybercrime und Schleusenkriminalität immer weiter an Bedeutung . Ursache hierfür ist die zunehmende Bedeutung des Inter- nets und der digitalen Welt . Insbesondere im sogenann- ten Darknet werden kriminelle Marktplätze betrieben, in denen illegale Waren und Dienstleistungen gekauft oder verkauft werden können . Es existiert ein funktionieren- der internationaler Markt, auf dem Angriffswerkzeuge, Erkenntnisse über Schwachstellen in Betriebssystemen oder Schadsoftware eingekauft oder als Dienstleistung in Auftrag gegeben werden können . Derartige Kriminalität stellt nicht nur eine Bedrohung für den jeweils betroffenen Bürger oder des jeweils be- troffenen Rechtsguts der Allgemeinheit dar, sondern es besteht darüber hinaus die wachsende Gefahr der Unter- wanderung und Korrumpierung staatlicher und gesell- schaftlicher Institutionen . Folglich ist rechtspolitisches Ziel die Schaffung einer gesetzlichen Maßnahme, welche die organisierte Kriminalität besser bekämpfen kann – auch in der digitalen Welt . Dieser Gesetzentwurf stellt folglich ein probates Mit- tel dar, die Auslegung des § 129 StGB an dem wirklich- keitsnahen Bild hierarchisch strukturierter Organisatio- nen zu orientieren . Der Rahmenbeschluss wird folglich effektiv in das nationale Recht umgesetzt. Dabei wird ein guter Ausgleich zwischen den europäischen Verpflich- tungen einerseits und nationalen Anforderungen des Strafrechts andererseits geschaffen. Für uns als Union ist die innere Sicherheit von über- ragender Bedeutung, weswegen wir bis zum letzten Tag der Legislaturperiode alles tun, um unsere Bürgerinnen und Bürger noch besser zu schützen . Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU): Mit der heutigen De- batte bringen wir das Gesetzesvorhaben zur Strafbarkeit der Bildung krimineller und terroristischer Vereinigun- gen zum Abschluss . Mit der Umsetzung des Rahmenbe- schlusses des Rates der Europäischen Union werden die europarechtlichen Vorgaben im nationalen Recht nach- vollzogen und eine Verbesserung bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität eintreten . Die Bildung einer kriminellen Vereinigung ist nach dem deutschen Strafrecht strafbar, für terroristische Ver- einigungen im In- und Ausland werden Freiheitsstrafen von mindestens einem Jahr angedroht . Das Strafbedürf- nis erfolgt bereits aus der Tatsache, dass kriminelle Or- ganisationsformen schon selbstständig eine Bedrohung für die kollektiven Rechtsgüter unserer Gemeinschaft darstellen, auch wenn durch solche Vereinigungen In- dividualrechtsgüter noch nicht direkt betroffen sind. In jedem Falle bedrohen kriminelle und terroristische Or- ganisationsformen sowohl die öffentliche Sicherheit als auch die staatliche Ordnung . Das Strafrecht gibt hierauf eine Antwort und sieht Maßnahmen vor, insbesondere vor dem Hintergrund der latenten Bedrohung durch den internationalen Terrorismus . Durch den Rahmenbeschluss des Rates der Europäi- schen Union vom 24 . Oktober 2008 und die dort getrof- fene Definition der kriminellen Vereinigung gab es aller- dings noch gesetzgeberischen Handlungsbedarf . Leider war es der Rechtsprechung in der Vergangen- heit nicht möglich, eine Auslegung des Vereinigungsbe- griffs, die mit dem Europarecht konform ist, zu schaffen. Dies scheiterte nicht am Wortlaut der Strafvorschrift, sondern vielmehr am fehlenden Willen der Rechtspre- chung, die neuen Rahmenbedingungen europarechtskon- form auszulegen, was durchaus zu bedauern ist . Aus diesem Grund war der Gesetzgeber zum Handeln aufgerufen . Der vorliegende Gesetzentwurf genügt nun den europarechtlichen Anforderungen hinsichtlich der Legaldefinition der kriminellen Vereinigung: Die Grup- penidentität, die bisher für den Tatbestand erforderlich war, wurde – trotz vielfacher Kritik – aufgegeben . Bisher mussten sich die Mitglieder als einheitlicher Verband de- finieren. Mit der Neuanpassung treten nun die Organisa- tionsstruktur, die Vorausplanung und die Koordinierung in den Vordergrund der Strafbarkeit . Zusätzlich bringt die Neuregelung mit sich, dass Zusammenschlüsse unter einem autoritären Anführerwillen als kriminelle Vereini- gungen definiert werden. Der Gesetzentwurf ist ein wichtiger Beitrag zu mehr Rechtssicherheit . Er ermöglicht eine verbindliche Ausle- gungsregel für die Justiz und stellt durch die Umsetzung europarechtlicher Vorgaben eine Angleichung der Straf- vorschriften her . Dies ist besonders wichtig, da hierdurch in jedem Staat der Europäischen Union die Bildung ei- ner kriminellen oder terroristischen Vereinigung mit den gleichen Strafen geahndet wird, was die europaweite Sicherheit erhöht und die Rechtsprechung harmonisiert . Neben den positiven Folgen, die, wie angesprochen, nicht nur der deutschen, sondern der EU-weiten Recht- sprechung dienlich sind, enthält der Gesetzentwurf einen kritischen Punkt, den die Union gerne gestrichen gesehen hätte . Künftig wird der Strafrahmen für die Werbung und Unterstützung der kriminellen Vereinigung auf Freiheits- strafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe abgesenkt . Ziel des Gesetzentwurfs kann es nicht sein, Straftätern künf- tig einen Rabatt für die Werbung und Unterstützung von kriminellen Vereinigungen zu geben . Die Union setzt sich für eine effektive Bekämpfung der Kriminalität ein. Die Absenkung von Strafrahmen im Bereich der orga- nisierten Kriminalität ist nicht unser Anliegen und setzt ein falsches Zeichen . Wir hätten eine Änderung im parla- mentarischen Gesetzgebungsverfahren sehr begrüßt . Insgesamt ist jedoch zu sagen, dass mit dem Gesetz- esentwurf nicht nur dem Rahmenbeschluss der Europä- ischen Union Genüge getan wurde, sondern es konnten Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724266 (A) (C) (B) (D) auch weitere wichtige Maßnahmen für die deutsche Rechtsprechung durch den Gesetzgeber getroffen wer- den . Das Gesetz ist somit als Erfolg im Kampf gegen das organisierte Verbrechen zu werten . Bettina Bähr-Losse (SPD): Wir müssen die organi- sierte Kriminalität mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpfen . Mit dem Gesetzentwurf, den wir heute hier beschlie- ßen, wollen wir die Strafvorschrift des § 129 Strafgesetz- buch, den Straftatbestand der Bildung krimineller Verei- nigungen, an die Vorgaben des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union vom 24 . Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität anpassen . § 129 StGB stellte bislang die Gründung, Mitglied- schaft, Mitgliederwerbung und Unterstützung einer kri- minellen Vereinigung unter Strafe . Es handelt sich hier um eine Strafbarkeit im Vorfeld des Versuchs, eine soge- nannte Vorfeldstrafbarkeit. Grund für die Schaffung der Strafnorm war, dass man den Mitgliedern einer krimi- nellen Vereinigung häufig nicht die Begehung konkreter Taten beweisen kann . Der Rahmenbeschluss vom 24 . Oktober 2008 des Ra- tes zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität wurde also bereits fast vollständig durch § 129 StGB umgesetzt . Was der § 129 StGB aber in der bisherigen Form noch nicht möglich macht, ist die Verurteilung mafiaähnlicher Organisationen . Bisher unterfallen hierarchisch organi- sierte Gruppen, deren Mitglieder sich einem autoritären Führungswillen unterwerfen, mangels „Gruppenidenti- tät“ nicht dem Tatbestand . Auf die Lücke in der Umsetzung des EU-Rahmen- beschlusses machte ein vom Bundesgerichtshof ent- schiedener Fall aufmerksam, den ich Ihnen kurz veran- schaulichen möchte: Im März 2006 gründete sich eine rechtsnationalistische Kameradschaft . Auf einer Grün- dungsversammlung mit 30 bis 50 anwesenden Perso- nen einigte man sich auf den Namen „Kameradschaft Sturm 34“ . Der Vorschlag, eine förmliche Mitgliederliste anzulegen, wurde nicht umgesetzt, weil man eine solche Liste im Falle polizeilicher Ermittlungen für nachteilig hielt . Nach Gründung der „Kameradschaft Sturm 34“ kam es bei mehreren Gelegenheiten zu von Kamerad- schaftsmitgliedern initiierten Schlägereien, bei denen zahlreiche Personen – teilweise erheblich – verletzt wur- den . Im Revisionsverfahren gegen das erstinstanzliche Ur- teil des LG Dresden, das die Voraussetzungen für eine kriminelle „Vereinigung“ nicht gegeben sah, setzte sich der 3 . Strafsenat des BGH mit der Frage auseinander, ob die „Kameradschaft Sturm 34“ als kriminelle Vereini- gung im Sinne des § 129 StGB einzustufen und die An- geklagten wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung hieran zu verurteilen seien . Der 3 . Strafsenat des BGH lehnte es aus grundsätzlichen Erwägungen heraus ab, den Verei- nigungsbegriff ohne entsprechende gesetzliche Regelung weiter als bisher zu interpretieren und forderte eine Re- gelung durch den Gesetzgeber . Dieser Forderung kom- men wir nun nach . Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht nun vor, ins Strafgesetzbuch eine Legaldefinition des Verei- nigungsbegriffs aufzunehmen, die sich eng an den euro- päischen Vorgaben orientiert . Vorgesehen sind erstens eine Absenkung der Anforde- rung an Organisationsstruktur und Willensbildung, also eine Erweiterung des Vereinsbegriffes wie folgt: „ein auf … Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Ver- folgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses .“ Zweitens ist eine Anwendung nur bei Straftaten vorge- sehen, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind . An dieser Stelle erfolgt das Korrek- tiv auf der Ebene der Straftaten, weil wegen der Absen- kung der Anforderung an die Organisationsstruktur mit einer erheblichen Ausweitung des Anwendungsbereichs zu rechnen ist, wir aber nicht jede beliebige Straftat ein- bezogen sehen wollen . Drittens ist eine Unterscheidung bei der Strafandro- hung vorgesehen: Im nun vorliegenden Gesetz wird bei der Strafandrohung zwischen Gründung/Mitgliedschaft und Werbung/Unterstützung unterschieden . Gründung und Mitgliedschaft werden dabei, wie bisher, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet . Werbung und Unterstützung werden hingegen nun noch mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe geahndet . Bisher konnte die Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre betragen . Zwischenzeitlich kam vonseiten unseres Koalitions- partners die Diskussion eines einheitlichen Strafrahmens mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren für Gründung, Mitgliedschaft, Mitgliederwerbung und Unterstützung auf . Die Begründung war, dass für einen aktiven Unter- stützer der gleiche Strafrahmen gelten sollte wie für ein passives Mitglied . Die zwischenzeitlich von der Union vorgetragene Begründung trägt nach Auffassung der SPD Bundes- tagsfraktion nicht . Das „passive Mitglied“ gibt es straf- rechtlich gar nicht . Es handelt sich bei der kriminellen Vereinigung ja nicht um einen eingetragenen Verein, dessen Mitgliedschaft man durch förmliche Beitrittser- klärung erwirbt und danach in Passivität verharrt . Die Beteiligung als Mitglied setzt im Gegenteil voraus, dass der Betreffende sich unter Eingliederung in die Organisa- tion deren Willen unterordnet und eine Tätigkeit zur För- derung der kriminellen Ziele der Organisation entfaltet . Auszugehen ist vom typischen Gründer und typischen Unterstützer . Veranschaulicht am Beispiel einer terro- ristischen Vereinigung: Es war strafrechtlich anders zu bewerten, dass Andreas Baader die RAF gegründet hat, als dass jemand Andreas Baader bei sich hat übernach- ten lassen . Die kriminelle Energie ist bei Gründung/ Mitgliedschaft höher als bei Mitgliederwerbung/Unter- stützung . Die Tathandlungen sind von unterschiedlichem Unrechtsgehalt . Der aktiven Unterstützung kann der Strafrichter dadurch Rechnung tragen, dass sich der kon- krete Strafausspruch am oberen Rand des Strafrahmens bewegt . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24267 (A) (C) (B) (D) Die SPD-Fraktion hat sich an dieser Stelle mit der Unterscheidung zwischen Gründung/Mitgliedschaft und Mitgliederwerbung/Unterstützung in § 129 StGB mit un- terschiedlichen Strafrahmen durchgesetzt . Es ist richtig und wichtig, unsere Gesetze regelmä- ßig zu überdenken, zu überprüfen und, wenn nötig, auch Strafrahmenverschärfungen vorzunehmen . Der Annah- me, dass durch pauschalisierende Verschärfungen unse- rer Gesetze ein Mehr an Sicherheit erreicht wird, wider- spreche ich jedoch ausdrücklich . Auch wenn die Änderungen an den §§ 129 ff. Straf- gesetzbuch überschaubar sind, so wird insbesondere die Erweiterung des Vereinigungsbegriffs dazu führen, dass Erscheinungsformen aus dem Bereich der organisierten Kriminalität zukünftig strafrechtlich besser erfasst wer- den können . Ich bitte daher, diesen Gesetzentwurf der Bundesregierung zu unterstützen . Ulla Jelpke (DIE LINKE): Mit dem vorliegenden Ge- setzentwurf soll einem Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Union vom Jahr 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität nachgekommen werden . Da- für soll der bestehende § 129 Strafgesetzbuch über die Bildung einer kriminellen Vereinigung angepasst wer- den . Schon der Name des § 129 ist eine Mogelpackung . Denn es handelt sich mitnichten um einen Paragrafen zur Bekämpfung krimineller Vereinigungen wie der Mafia. Vielmehr haben wir es in erster Linie mit einem Verfol- gungsinstrument gegen eine radikale politische Oppo- sition zu tun, das den Ermittlungsbehörden zahlreiche Sondervollmachten im Bereich Telekommunikations- überwachung, Verwanzung von Wohnungen und dem Einsatz verdeckter Ermittler einräumt . Von 1871 bis 1945 richtete sich der § 129 StGB noch gegen eine „staatsfeindliche Verbindung“ – die politische Stoßrichtung wurde schon im Namen deutlich . Verfolgt wurden damit unter Bismarck die Sozialdemokratie und nach dem Ersten Weltkrieg die KPD . In den 1950er-Jah- ren sahen sich die erst wenige Jahre zuvor aus den KZs der Nazidiktatur freigekommenen Kommunisten in der Bundesrepublik wieder mit dem § 129 konfrontiert . Doch diesmal wurde ihnen durch die Neubenennung des Para- grafen nicht einmal mehr ein politisches Ziel zugebilligt, vielmehr wurden sie kurzerhand zu Kriminellen erklärt . Aktuelle Zahlen liegen leider keine vor . Aber für die Zeitspanne von 1990 bis 2008 hatte ich einmal eine Kleine Anfrage gestellt . Und siehe da: Kein einziges der während dieser 18 Jahre geführten insgesamt 108 Ermitt- lungsverfahren nach § 129 StGB richtete sich gegen die organisierte Kriminalität . Dagegen wurde allein 100 Ver- fahren gegen die kurdische PKK geführt . Der Grund da- für ist der bislang geltende Vereinigungsbegriff, der einen Gruppenwillen, voraussetzte, dem sich die Handlungen des einzelnen Mitgliedes unterordnen . So funktionieren zwar manche politische Vereinigungen . Doch kriminelle Zusammenschlüsse sind in der Regel anders strukturiert . Sie werden von einem autoritären Boss oder Paten ge- führt und haben kein übergeordnetes Ziel – von der Raff- gier der Beteiligten einmal abgesehen . Mit der nun zur Abstimmung stehenden Änderung des § 129 sollen Gruppierungen unabhängig von ihrer Organisationsstruktur erfasst werden . Damit ließe sich dieser Paragraf zwar tatsächlich auch gegen die meisten Vereinigungen der organisierten Kriminalität anwenden . Doch weiterhin bleibt die rechtliche Problematik beste- hen, dass mit diesem Paragrafen nicht konkrete Straf- taten kriminalisiert werden, sondern bereits die bloße Mitgliedschaft in einer Vereinigung zur vermeintlichen Begehung von Straftaten . Schon der bloße Zusammen- schluss ist strafbar, auch wenn noch niemand durch eine konkrete Tat geschädigt wurde . Wir haben es hier also mit einer regelrechten Gesinnungsjustiz zu tun . Und die- se Vorfeldstrafbarkeit lange vor der eigentlichen Tat wird nun auch noch auf alle möglichen nicht hierarchischen Gruppierungen ausgeweitet . Eine solche Gummiverordnung öffnet der Justizwill- kür bei der Verfolgung und Ausforschung unliebsamer Oppositionsmilieus – von Atomkraftgegnern bis zu Globalisierungskritikern – Tür und Tor . Dies ist umso mehr zu befürchten, als sich die Bundesregierung der vom EU-Rahmenbeschluss vorgegebenen Eingrenzung des Begriffs der kriminellen Vereinigung auf einen Zu- sammenschluss mit dem Ziel, „sich unmittelbar oder mittelbar einen finanziellen oder sonstigen Vorteil zu verschaffen“, verweigert. Denn durch eine solche Ein- schränkung – und das wird in der Gesetzesbegründung offen eingestanden – würden die Möglichkeiten der Wohnraumüberwachung bei anderen bislang unter den § 129 Strafgesetzbuch fallenden Straftaten weggefallen . Umgekehrt müssten bei Übernahme der Definition aus dem Rahmenbeschluss auch auf Steuerhinterziehung und Geldwäsche angelegte Finanzinstitute nach § 129 ange- klagt werden – oder Manager von Automobilkonzernen, die sich zu dem betrügerischen Zweck zusammenge- schlossen haben, Hunderttausende fälschlich als abgas- arm deklarierte Autos unter das Volk zu bringen . Im Klartext: Die Bundesregierung will einerseits die White Collar Hooligans in den Chefetagen schonen und andererseits ihren Schnüffelparagrafen mit seinen zahl- reichen Sondervollmachten nicht aus der Hand geben . Die Linke würde es sehr begrüßen, wenn tatsächlich gegen die organisierte Kriminalität vorgegangen würde . Schon jetzt gibt es dafür eine ausreichende gesetzliche Grundlage . Doch allzu oft fehlt der nötige Wille, insbe- sondere bei der Verfolgung auch der Kriminellen in Na- delstreifen . Einer Ausweitung des § 129 und damit auch seines großen Bruders, des berüchtigten 129a gegen terroristi- sche Vereinigungen, kann die Linke aber nicht zustim- men. Wir fordern vielmehr die Abschaffung dieser Ge- sinnungs- und Ausforschungsparagrafen . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Der Rahmenbeschluss 2008/841/JI des Rates vom 24 . Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kri- minalität entspricht bei uns heute schon der Gesetzesla- ge. Lediglich der Begriff der Vereinigung in § 129 StGB soll etwas weiter gefasst und eine Legaldefinition dieses Begriffs aufgenommen werden. Darüber hinaus unter- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724268 (A) (C) (B) (D) scheidet der Gesetzentwurf bei den Strafandrohungen des § 129 StGB zwischen der Gründung und der Mitglied- schaft mit Freiheitsstrafen bis zu 5 Jahren einerseits und der Unterstützung bzw . Werbung um Unterstützer und Mitglieder andererseits bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe . Das bedeutet, dass nun abgestufte Strafdrohungen für die Gründung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Ver- einigung einerseits und die Unterstützung und Werbung für eine solche andererseits gelten . Dieser Vorschlag ist besser als das geltende Recht . Der Bundesrat hat ebenfalls keine Einwände gegen dieses Umsetzungsgesetz. Er empfiehlt lediglich zur bes- seren Verständlichkeit der Legaldefinition des Begriffs „Vereinigung“ in § 129 Absatz 2 StGB-E, die Regelung in zwei Sätze aufzuteilen . Im ersten Satz sollen die grund- legenden Erfordernisse einer Vereinigung bestimmt und im zweiten Satz dann die Umstände gelistet werden, die der Annahme einer Vereinigung nicht entgegenstehen . Der Vorschlag trägt zur besseren Verständlichkeit bei . Die Vorschrift des § 129 StGB „Bildung einer krimi- nellen Vereinigung“ ist und bleibt problematisch . Es be- steht die Gefahr, dass er politisch instrumentalisiert wird . So wurden Teilnehmer der Kundgebung gegen den Na- ziaufmarsch in Dresden im Februar 2010 aufgrund die- ser Vorschrift verfolgt . Bereits im Vorfeld der Gegende- monstrationen hatte die sächsische Polizei verlangt, die Internetadresse für die bundesweiten Proteste gegen den Naziaufmarsch abzuschalten . Außerdem ließ die sächsi- sche Polizei und Justiz Aufrufplakate der Gegendemons- tranten beschlagnahmen . Mit Sitzblockaden verhinderten dann am 13 . Februar 2010 Zehntausende den Aufmarsch der Neonazis . Im Frühjahr 2010 wurde daraufhin ein Er- mittlungsverfahren gegen unbekannt wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung eingeleitet . § 129 StGB eröffnet den Ermittlungsbehörden eine Vielzahl von weitreichenden Ermittlungsbefugnissen, zum Beispiel Telekommunikationsüberwachung, Ob- servationen, den Einsatz verdeckter Ermittler usw . Da- für braucht es dann keine weitere verwirklichte Straftat, der Vereinigungstatverdacht reicht aus . Schon deshalb ist Vorsicht und Zurückhaltung geboten, wenn es um Ände- rungen und Neuformulierung des § 129 StGB geht – der insbesondere in Sachsen in den letzten Jahren häufig als „Allzweckwaffe“ von Teilen der Justiz gegen unliebsame linke Strukturen missbraucht wurde . In den 70er-Jahren wurde die Anwendung der Straf- vorschrift heftig kritisiert, weil sie immer in Ermitt- lungsverfahren eingesetzt wurde, um strafprozessuale Zwangsmaßnahmen durchzuführen von Durchsuchun- gen über Telefonüberwachung bis hin zu langjähriger Untersuchungshaft, ohne dass es dann später zu einer Anklage oder Verurteilung nach dieser Vorschrift kam . Wenn überhaupt angeklagt und verurteilt wurde, dann nach ganz anderen Strafvorschriften . Das ist nicht neu . § 129 StGB geht über das Preußi- sche Strafgesetzbuch bis ins Reichsstrafgesetzbuch zu- rück und war Mittel zur Verfolgung liberaler und demo- kratischer Tendenzen . Er war Teil der Prozesse gegen bekannte Vertreter der Deutschen Arbeiterbewegung wie August Bebel und befeuerte die Verfolgung der Sozial- demokratie und später anderer Vereinigungen . Auch das 20 . Jahrhundert überdauerte der § 129 StGB und wur- de durch Änderungen immer wieder dem aktuellen po- litisch-gesellschaftlichen Umständen angeglichen und erweitert . Ob und wie sich die vorgelegten Änderungen in der Praxis der Rechtsprechung merklich auswirken, bleibt abzuwarten. Mehr Klarheit bringt die Legaldefinition je- denfalls . Das Grundproblem der §§ 129 f . StGB, immer wieder auch als politische Norm missbraucht zu werden, bleibt trotzdem weiter bestehen und mahnt zur Wachsam- keit . Wichtig scheint mir, dass das allgemeine Werben für eine kriminelle Vereinigung, entgegen mancher Forde- rung in der Öffentlichkeit, nicht in die Neuformulierung der Strafvorschrift § 129 StGB aufgenommen wurde . Anlage 25 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften (Tagesord- nungspunkt 31) Daniela Ludwig (CDU/CSU): Die Reisebranche in Deutschland steht – wie jede andere Branche auch – in einem harten Wettbewerb . Insbesondere neue Vertriebs- wege wie der Onlinehandel und eine sich stetig weiter- entwickelnde Angebotspalette erfordern eine regelmäßi- ge Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen, um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten . Dies gilt im deutschen Binnenmarkt ebenso wie für den grenzüber- schreitenden Reisevertrieb . Die EU hat mit der Überarbeitung der Pauschalrei- serichtlinie einen Vorschlag vorgelegt, um einheitliche Mindeststandards festzulegen . Das führt, wie die De- batten in den vergangenen Monaten gezeigt haben, zu der einen oder anderen Herausforderung, der wir uns in der Umsetzung gestellt haben . Ein Problem für den deutschen Markt war ganz unbestritten die besondere Struktur, die wir im Vergleich zu anderen Ländern haben . Unser Markt ist geprägt von mittelständischen, meist fa- miliengeführten Reisebüros . Der übrige europäische Reisemarkt kennt diese Struk- tur so nicht und ist mehrheitlich vom Direktvertrieb durch die Reiseveranstalter geprägt . An der in Europa vorherr- schenden Struktur hat sich die Richtlinie orientiert . Den Unmut, den dies in Deutschland mit sich gebracht hat, kann ich durchaus nachvollziehen, er war größtenteils auch berechtigt . In der Umsetzung haben wir uns bemüht, deutsche Besonderheiten zu berücksichtigen und die Richtlinie für die Praxis anwendbar zu gestalten . Unter anderem war es erforderlich, die Definition der Pauschalreise klarer zu formulieren und zu verdeutlichen, dass beispielsweise nicht jede beliebige Kombination von Leistungen auch gleich eine Pauschalreise darstellt und damit die umfang- reichen Beratungs- und Haftungsregeln gelten . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24269 (A) (C) (B) (D) Darüber hinaus wurde bei den unselbstständigen Rei- seleistungen klargestellt, dass die Kombination einer Reiseleistung mit einer anderen Reiseleistung dann keine Pauschalreise darstellt, wenn eine der beiden Leistungen „wesensmäßig Bestandteil“ der anderen ist . Diese Ände- rungen reduzieren bereits den Anwendungsbereich der Richtlinie für eine Vielzahl von Verträgen . Die Reisebüros in unserem Land leisten eine qualita- tiv hochwertige Arbeit . Sie sind Ansprechpartner für die Reisenden und beispielhaft für eine gute und zuverläs- sige Dienstleistungskultur . Diese gilt es zu erhalten und auch unter veränderten Rahmenbedingungen bekannte und bewährte Abläufe beizubehalten . Daher war ein ganz entscheidender Punkt der Bezahlvorgang im Reisebüro . Laut Richtlinienentwurf sollte bei der Vermittlung ver- bundener Reiseleistungen, beispielsweise der Buchung von Flug, Hotel und Mietwagen, jede einzelne Leistung separat gebucht, separat abgerechnet und separat bezahlt werden . Dieses Vorgehen wäre weder dem Kunden noch dem Reisebüro vermittelbar gewesen . Daher haben wir diese Passage im Umsetzungsgesetz geändert . Die be- währte Praxis der Gesamtabrechnung bleibt damit erhal- ten . Zu erheblichen Diskussionen hat die Möglichkeit der einseitigen Preisanhebung um 8 Prozent durch den Ver- anstalter vor Beginn der Reise geführt . Bisher war le- diglich eine Preisanhebung um 5 Prozent möglich . Der Preis der Pauschalreise darf erhöht werden, wenn sich bestimmte Kosten (zum Beispiel Treibstoffpreise) erhö- hen und wenn dies im Vertrag ausdrücklich vorgesehen ist . Erst wenn die Preiserhöhung 8 Prozent des Pauschal- reisepreises übersteigt, kann der Reisende vom Vertrag zurücktreten . Wenn sich ein Reiseveranstalter das Recht auf eine Preiserhöhung vorbehält, hat der Reisende aber auch das Recht auf eine Preissenkung, wenn die entspre- chenden Kosten sich verringern . Diese Möglichkeit der Preisanhebung war in Europa sehr unterschiedlich gere- gelt . Die jetzt angedachten 8 Prozent gelten damit euro- paweit einheitlich . Nicht in den Anwendungsbereich des Umsetzungsge- setzes fallen Reiseeinzelleistungen wie die Vermietung von Ferienhäusern . Die Richtlinie sieht dies auch nicht vor . Die Einbeziehung von Reiseeinzelleistungen stünde der angestrebten Rechtsvereinheitlichung entgegen und könnte im internationalen Wettbewerb zu Nachteilen für die deutschen Unternehmer führen . Um die deutsche Rei- sebranche nicht zu benachteiligen, wurde entschieden, Reiseeinzelleistungen nicht in das Umsetzungsgesetz aufzunehmen . Für Reisende entsteht jedoch kein rechts- freier Raum . Auch künftig werden bei Buchung eines Fe- rienhauses Verträge zwischen den jeweiligen Anbietern und den Kunden bestehen, sodass im Fall von Mängeln Gewährleistungsrechte geltend gemacht werden können . In der EU-Richtlinie ebenfalls nicht vorgesehen ist die Einbeziehung von Tagesreisen, aus unserer Sicht auch zu Recht. Tagesreisen haben vorwiegend einen Ausflugscha- rakter und sind nicht zwingend mit einer wesentlichen Ortsveränderung verbunden . Es besteht für diese daher nicht die mit einer Pauschalreise vergleichbare Schutz- bedürftigkeit der Reisenden . Aus diesem Grund wurden nur Tagesreisen ab einem Wert von 500 Euro dem Schutz des Gesetzes unterstellt, weil in dieser Größenordnung auch eine Gleichwertigkeit mit anderen Reiseprodukten, die unter die Richtlinie fallen, gegeben ist . Fragen des Verbraucherschutzes haben einen breiten Raum in der Debatte eingenommen . Es gibt unbestritten gute Argumente, einen umfassenderen Verbraucherschutz festzuschreiben . Auf der anderen Seite würde dies aber auch ein Mehr an Beratungs- und Informationspflichten mit sich bringen . Unter Abwägung aller Interessen haben wir uns für den jetzt gefundenen Weg entschieden und nicht einseitig nur die Interessen der Reisebranche oder nur die Interessen der Verbraucher berücksichtigt . Auf die Reisebüros selbst kommen unbestritten neue Beratungs- und Dokumentationspflichten zu. Je nachdem welches Produkt der Reisende kauft, gelten produktbezo- gene Informationspflichten. Hinzu kommen Schulungs- kosten für Mitarbeiter . Der Umstellungsaufwand im Hinblick auf die neuen Formulare und die notwendige Anpassung von Onlineangeboten ist ebenfalls zu beach- ten . Allerdings hat das Reisebüro so auch die Möglich- keit, im Streitfall nachzuweisen, dass der Kunde umfas- send über seine Rechte informiert worden ist . Insgesamt bedeutet dies ein Mehr an Rechtssicherheit . Bei aller berechtigten Kritik an der Richtlinie gibt es einen entscheidenden Vorteil . Es gelten innerhalb der Europäischen Union die gleichen Regeln für stationäre Anbieter wie für Onlineanbieter . Mit der jetzt erfolgten Umsetzung wird allen Betroffenen ausreichend Zeit ge- ben, sich rechtzeitig auf die geänderten Bedingungen ab dem kommenden Jahr einzustellen, und wir werden genau beobachten, welche Veränderungen mit der neuen gesetzlichen Regelung einhergehen und diese in die dann ebenfalls anstehende Evaluierung einbringen . Kathrin Rösel (CDU/CSU): Wir Deutschen sind ein reisefreudiges Volk . Die Lust am Verreisen ist nicht nur ungebrochen, sondern steigt immer mehr . Gern buchen wir diese Reisen zunehmend im Internet . Das ist bequem, geht schnell und ist, wenn ich keinen Wert auf eine um- fassende und qualifizierte Beratung lege, ein guter Weg. Dieser Markt nimmt rasant zu, und es ist richtig, wenn hier durch neue rechtliche Regelungen die Nutzer besser geschützt werden . Aber es geht eben auch anders . Gerade mein Wahlkreis in der wunderschönen Lüneburger Heide profitiert von dem neuen Trend, sich nicht in ein Flugzeug zu setzen, sondern den Urlaub hier in Deutschland zu verbringen . Daneben werden auch die Auslandsreisen zunehmend individuell geplant und aus einzelnen Bausteinen zusam- mengesetzt . Bei der Planung dieser Urlaubsformen wird dann nicht das Internet zurate gezogen, sondern man ver- traut da gern der Kompetenz der Reisebüros oder greift auf die Dienstleistungen der Tourismusinformationsbü- ros zurück . Die Strukturen hier in Deutschland sind – was die Existenz von unabhängigen mittelständischen Reisebü- ros betrifft – anders als in den anderen Staaten der Euro- päischen Union . Daher sind die Verhandlungen über die Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie nicht ganz einfach gewesen . Zum einen sind unsere individuellen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724270 (A) (C) (B) (D) Gegebenheiten in der Struktur der Reiseanbieter und -vermittler nicht ausreichend berücksichtigt und zum an- deren haben wir wegen der Vollharmonisierung in dieser Richtlinie keinen bzw . nur sehr begrenzten Spielraum, unsere Interessen in der Umsetzung zu verankern . Der Union waren bei der Gesetzesformulierung zwei Dinge wichtig: Zum einen wollten wir die Existenz un- serer 10 000 mittelständischen Reisebüros und die damit verbundenen Arbeitsplätze nicht aufs Spiel setzen, und zum anderen war uns wichtig, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher weiterhin bestmöglich geschützt sind . Darüber hinaus schätze ich als Abgeordnete eines Wahl- kreises, in dem der Tourismus eine bedeutende Rolle spielt, die Arbeit der regionalen Tourismusinformationen sehr . Auch deren Existenzsicherung ist mir wichtig . An dem ursprünglichen Gesetzentwurf gab es drei we- sentliche Kritikpunkte: Erstens . Wenn ein kleines Reisebüro einem Kunden eine Reise aus verschiedenen Bausteinen individuell zu- sammenstellt, sollte der Kunde jeden dieser Bausteine separat bezahlen, wenn der Vermittler nicht in die Ge- samthaftung geraten möchte . Da muss man kein Experte sein, um die Unsinnigkeit dieser Regelung zu erkennen . Wir haben erreicht, dass wie bisher ein einheitlicher Be- zahlvorgang möglich ist, wenn nachher auf der Gesamt- rechnung die Bausteine einzeln aufgeführt sind . Zweitens . Ursprünglich sollte der bewährte Siche- rungsschein abgeschafft werden. Er ist im vorliegenden Gesetz wieder enthalten . Drittens . Es ist nun auch klar formuliert, wo die Gren- ze zwischen Vermittlung und In-Kontakt-Bringen liegt . Ein Tourismusbüro kann also weiterhin einem Kunden sagen, wo noch freie Hotelkapazitäten sind, ohne gleich in eine Haftung für die Hotelleistungen zu geraten . Wie wichtig das ist, haben mir die Gespräche mit Tourismus- büros gezeigt . Über diese Punkte hinaus war es uns wichtig, dass wir die Pauschalreiserichtlinie nicht noch verschärfen . Insbe- sondere die Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen woll- ten noch Regelungen in der Richtlinie verankert wissen, die die Reisebüros mit noch mehr Vorschriften belastet hätten . Lassen Sie mich dazu sagen, dass Urlauber, die ein Ferienhaus mieten oder einen Tagesausflug mit dem Bus unternehmen wollen, sich nicht in einem rechtsfrei- en Raum bewegen . Auch hier gibt es verbindliche Verträ- ge . Wozu dann bitte noch zusätzliche Regelungen? Viele Reisebüros sagen nun, dass die neuen reiserecht- lichen Regelungen zu wenig die deutschen Strukturen be- rücksichtigen . Aber: Wir als Union haben dafür gesorgt, dass wesentliche Vorschriften entschärft wurden . Reise- büros können diese Regelungen sinnvoll anwenden, und auch Verbraucher sind weiterhin geschützt . Wir haben damit das Maximum im Rahmen der vorgeschriebenen Vollharmonisierung herausgeholt . Daher bitte ich um Zustimmung zu diesem Gesetz . Sabine Dittmar (SPD): Bedenkt man den geringen Spielraum, den eine Vollharmonisierung einer EU-Richt- linie mit sich bringt, waren unsere Verhandlungen zur Pauschalreiserichtlinie doch umfangreich und langwie- rig . Bis wir nun zur heutigen zweiten und dritten Lesung gelangen konnten, haben wir diesen Spielraum ausführ- lich ausgelotet . Trotz einiger notwendiger Kompromisse, die eine Ko- alition mit sich bringt, ist es uns gelungen, die Richtlinie so umzusetzen, dass es künftig mehr Verbraucherschutz für Reisende und faire und europaweit einheitliche Wett- bewerbsbedingungen im Reisemarkt zwischen Onlinean- bietern und Reisebüros geben wird . Erinnern wir uns an die anfängliche Verunsicherung und die Kritik der Reisebranche, als es daran ging, die Umsetzung einzuleiten . Verunsicherung und Kritik wa- ren durchaus sehr gut nachvollziehbar, denn die gewach- sene Struktur unserer deutschen Reisebürolandschaft wurde viel zu wenig berücksichtigt . Es fehlte zuallererst eine eindeutige Definition des Pauschalreisebegriffs, und kleine und mittelständische Reisebürobetreiber befürch- teten zu Recht, dass sie künftig keine einzelnen Rei- seleistungen mehr vermitteln könnten, ohne automatisch oder versehentlich in die Veranstalterhaftung mit allen rechtlichen Konsequenzen zu geraten . Hier konnte für Abhilfe gesorgt werden, auch wenn es einen gewissen Mehraufwand für Reisebüros bedeutet . Für Herrn Staudinger, den Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Reiserecht, hält sich der künftige finan- zielle und bürokratische Aufwand der Reisebüros aber in Grenzen. Er sieht in den Informationspflichten und For- mularen auch die Absicherung für die Reisebüros, ein- fach den Nachweis führen zu können, dass dem Kunden die rechtlichen Konsequenzen genau aufgezeigt wurden . Ein bürokratischer Mehraufwand für Vertrieb und Kunden, den wir hingegen auf keinen Fall so akzeptie- ren konnten, war die ursprünglich vorgesehene Regelung der Bezahlung . Jede einzeln gebuchte Reiseleistung hätte demnach auch einzeln bezahlt werden müssen . Andern- falls hätte man als Reisebüro eine Pauschalreise mit ent- sprechender Veranstalterhaftung verkauft . Hier wurde auf Betreiben der SPD-Fraktion das Ministerium noch- mals in Brüssel aktiv – und zwar erfolgreich . Allein das gemeinsame Bezahlen einzeln gebuchter Reiseleistun- gen begründet künftig noch keine Pauschalreise . Hier eine Lösung zu finden, war uns wirklich beson- ders wichtig; denn natürlich schätzen und unterstützen wir als Sozialdemokraten kleine Reisebüros . Schließlich wird hier verbraucherfreundlich individuell und kompe- tent beraten . Mit viel Überzeugungsarbeit ist es uns gelungen, zugunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher durchzusetzen, dass auch Tagesreisen ab einem Wert von 500 Euro unter das Pauschalreiserecht fallen . Ich selbst hätte zwar einen niedrigeren Wert, etwa 75 oder 150 Euro, begrüßt . Aber in Anbetracht der Tatsache, dass Tagesreisen im ursprünglichen Kabinettsentwurf über- haupt nicht mehr enthalten waren, erscheint mir der nun erreichte Kompromiss für vertretbar . So sind Verbrau- cherinnen und Verbraucher zumindest bei teuren Tages- reisen bei Ausfall oder Insolvenz des Veranstalters besser abgesichert und haben Erstattungsansprüche . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24271 (A) (C) (B) (D) Leider ist es und nicht gelungen, aus bisheriger Recht- sprechung zu Reiseeinzelleistungen eine gesetzliche Regelung zu formulieren . Ich hätte es begrüßt, eine Re- gelung zur analogen Anwendbarkeit des Pauschalreise- rechts auf veranstaltermäßig vertriebene Reiseeinzelleis- tungen – wie etwa Ferienhäuser – in der Richtlinie zu haben . Diese Regelung kommt leider nicht, obwohl sie eine sinnvolle Stärkung des Verbraucherschutzes darge- stellt hätte . Immerhin konnten wir aber erreichen, dass die Bun- desregierung gebeten wird, die Marktentwicklung betref- fend veranstaltermäßig vertriebener Reiseeinzelleistun- gen ab Geltung der neuen Regelungen zu beobachten, um etwaige Missstände aufzudecken, sowie hierüber innerhalb des Zeitraums von zwei Jahren zu berichten . Wir bitten die Bundesregierung außerdem, gegenüber den Reiseunternehmen weiter dafür zu werben, dass die- se eine brancheneigene Verbraucherschlichtungsstelle einrichten . Dies sind zwei richtige Schritte Richtung eines ver- besserten Verbraucherschutzes . Erlauben Sie mir abschließend noch wenige Sät- ze zum vereinzelt gehörten Vorwurf, wir würden diese Richtlinie nun übereilt durchs Parlament peitschen . Wer kann so etwas nach 17 Monaten Bearbeitungs- und Ver- handlungszeit guten Gewissens behaupten? Wir haben uns in Workshops, Gesprächen und Anhörungen im Ver- braucherschutz- und Petitionsausschuss mit den Verbän- den intensiv mit der Umsetzung der EU-Pauschalreise- richtlinie befasst und haben auch innerhalb der Koalition intensiv verhandelt . Ich bleibe dabei: Nun liegt ein Gesetz vor, das im Rahmen des Harmonisierungsspielraums dieser Richt- linie sowohl für die Tourismusbranche als auch für die Verbraucherinnen und Verbraucher Verbesserungen mit sich bringt und dem man zustimmen kann . Elvira Drobinski-Weiß (SPD): Die Umsetzung der EU-Richtlinie über Pauschal- und Bausteinreisen in na- tionales Recht wird bis heute sehr emotional und kon- trovers diskutiert . Unter dem Motto „Überführung des Pauschalreiserechts ins digitale Zeitalter“ ist die EU an- getreten, das Reiserecht transparent und EU-einheitlich zu regeln . Viele Anpassungen waren tatsächlich dringend notwendig . Und ja: Es sind einige Verbesserungen für die Verbrau- cher in der Richtlinie vorgesehen . Ich denke da zum Bei- spiel an die Verlängerung des Gewährleistungszeitraums oder an die neu eingeführte Kategorie der verbundenen Reiseleistungen . Aber leider enthält die EU-Richtlinie auch wesentliche Verschlechterungen, und zwar: Der Reiseveranstalter kann die Reise bis zum Reiseantritt än- dern; der Reiseveranstalter kann einseitig Preiserhöhun- gen bis 8 Prozent des Reisepreises vornehmen – vorher 5 Prozent –, und Preiserhöhungen können noch 20 Tage vor Reiseantritt erfolgen . Diese Regelungen senken signifikant das bestehende Verbraucherschutzniveau; aber die teilweise erhobene Forderung, die EU-Richtlinie zu ändern bzw . nicht um- zusetzen, war und ist völlig unmöglich, auch wenn der Abgeordnete Christian Freiherr von Stetten und Marija Linnhoff vom Verband unabhängiger selbstständiger Reisebüros bis heute versuchen, den Eindruck zu erwe- cken, wir könnten die Umsetzung verhindern . Diese eben genannten tatsächlichen Verschlechterungen für Verbrau- cher stehen aufgrund der Vollharmonisierung nicht zur Diskussion . Tatsächlich aber hätten wir an anderen Stellen noch sehr viel mehr für die Verbraucher erreichen können . Stichworte sind: Tagesreisen, Einzelleistungen – Bu- chung von Ferienhäusern – oder gar die Aufnahme des Passus, dass Werbeaussagen und Prospektinformationen tatsächlich bei Buchung Vertragsbestandteil sein müssen, und, und, und . Leider gab es hier überhaupt keine Unterstützung seitens der CDU/CSU-Fraktion – nicht ansatzweise von den Abgeordneten oder gar von Frau Linnhoff und ih- rem Verband, keine eigenen Anträge, Vorschläge etc ., um Verbraucher bei der Durchsetzung ihrer Rechte zu unter- stützen . Lediglich zu einer Protokollnotiz „Evaluierung in zwei Jahren“ war die CDU/CSU bereit . Wirkliches Engagement für Verbraucher sieht anders aus . Nach langen, zähen Verhandlungen auf verschiede- nen Ebenen konnte sich die SPD am Ende durchsetzen, wenigstens hochwertige Tagesreisen über 500 Euro doch ins Gesetz aufzunehmen . Wir wissen, dass dies ein Trop- fen auf den heißen Stein ist und die meisten Tagesreisen nie in den Genuss dieses Schutzes gelangen. Hier hoffe ich nun wirklich, dass die Evaluierung in zwei Jahren zu einer Änderung führt und auch weniger wertige Reisen wieder unter Schutz gestellt werden . Ganz anders diskutiert wurde das Problem „Bezahlen von Reiseleistungen, die getrennt ausgewählt werden“, also wo sich der Kunde auch getrennt zur Zahlung jeder einzelnen Reiseleistung verpflichtet hat. Die Forderun- gen der Reisebranche, diese verschiedenen Leistungen am Ende mit einem Zahlungsvorgang abwickeln zu kön- nen und dennoch nicht in den Status „verbundene Rei- seleistung“ oder „Pauschalreise“ zu fallen, haben wir fraktionsübergreifend geteilt . Wir sind froh, dass nach intensiven Bemühungen des Bundesministeriums für Recht und Verbraucherschutz nach mehreren Gesprächsrunden jetzt eine europarecht- lich sehr wahrscheinlich tragfähige und gleichzeitig für die Reisebüros und Verbraucherinnen und Verbraucher praktikable Lösung erzielt wurde . Dass die gefundene Lösung einen etwas größeren bürokratischen Aufwand in den Reisebüros nach sich zieht und Schulungen für Mitarbeiter vielleicht nötig sind, sehe ich auch . Aber die Schulungskosten sind in der Regel gut investiert und nur einmalig; die Formulare und Informationsblätter erlau- ben es dem Reisebüro, in einem eventuellen Gerichts- verfahren den Nachweis zu führen, den Kunden richtig informiert zu haben . Dem vorliegenden Kompromiss stimmen wir zu . Die Aufnahme der Einzelleistungen und die Senkung der Tagesreisenpauschale werden wir in der nächsten Wahl- periode wieder einfordern . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724272 (A) (C) (B) (D) Karin Binder (DIE LINKE): Der Gesetzentwurf von Union und SPD zum Reiserecht ist eine eindeutige Ab- sage an den Verbraucherschutz . Im Gegenteil, das Gesetz ist die Einladung zur Abzocke von Urlaubern: Reiseveranstalter haben künftig noch weitergehende Rechte, einseitig den mit Ihnen abgeschlossenen Reise- vertrag noch kurz vor Reiseantritt zu ändern . Der Rei- severanstalter kann kurzfristig noch eine Preiserhöhung um bis zu 8 Prozent vornehmen . Bisher waren immerhin nur 5 Prozent Aufschlag zulässig . Und bisher waren sol- che Preiserhöhungen innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss untersagt . Künftig darf der Veranstalter Ihnen aber noch zwanzig Tage vor Reiseantritt diese Teu- erung zumuten . Die Bundesregierung legt aber noch ein paar Scheite drauf und verschlechtert den Verbraucherschutz weiter: Einzelne Reiseleistungen, zum Beispiel die Miete von Ferienhäusern gewerblicher Anbieter, fallen nicht mehr unter den Schutz des Pauschalreiserechts, obwohl das vom Bundesgerichtshof in Urteilen sogar gefordert wur- de . Tagesreisen, zum Beispiel Städtereise mit Programm, werden erst ab einem Reisepreis von 500 Euro vom Pau- schalreiserecht abgedeckt . Das ist absurd; denn damit ist der überwiegende Teil aller Tagesreisen aus dem Reise- rechtsschutz ausgenommen . Das ist Verbraucherschutz für Bestverdienende . Welcher Rentner, welche Rentnerin kann sich eine Tagesreise für 500 Euro leisten? Jedes Jahr werden circa 50 Millionen Tagesreisen in Deutschland gebucht, vor allem von Rentnerinnen und Rentnern . Diese werden jetzt der Abzocke von skrupel- losen Geschäftemachern endgültig ausgeliefert . Die Ver- braucherzentralen sprechen von einem höchst unseriösen Markt der sogenannten Kaffeefahrten. Mit diesen kos- tenlosen oder vermeintlich billigen Werbeverkaufsver- anstaltungen werden Millionen Menschen mit kleinem Geldbeutel angelockt, und dann, wenn sie nicht genug der überteuerten Produkte im Laufe der Fahrt kaufen, wird ihnen der schöne Teil der Reiseleistung, zum Bei- spiel die versprochene Besichtigung oder die Bootsfahrt, verwehrt . Ein aktuelles Beispiel: Eine Tagesreise mit dem Bus zur Bundesgartenschau nach Berlin kostet 48 Euro . Wurde nicht genug Umsatz gemacht, geht’s eben ohne Besuch der Gartenschau wieder nach Hause . Die Bun- desregierung macht damit die Abzocke zum gängigen Geschäftsmodell . Das Reiserecht muss unbedingt auch die Buchung einzelner Reiseleistungen schützen . Dieses Verbraucher- recht wurde auch vom Bundesgerichtshof gefordert und hat sich in der Praxis seit Jahrzehnten bewährt . Aber der Schutz der Verbraucher ist ja nicht umsatzsteigernd . Deshalb hat die EU-Kommission die Lockerung des Ver- braucherschutzes auf ausdrücklichen Wunsch Deutsch- lands in die Richtlinie aufgenommen . Die Linke sagt: Wer die Abzocke von Rentnerinnen und Rentnern oder Geringverdienern gesetzlich fördert, sollte sich schämen . Der Gesetzentwurf weist aber noch mehr Defizite im Verbraucherschutz auf: Die Höchstgrenze der Absiche- rung gegen die Insolvenz eines Reiseunternehmens ist mit 110 Millionen Euro viel zu gering . Das sind Werte von vor 20 Jahren . Wenn der Veranstalter pleitegeht, wer- den viele Kunden ihre Anzahlung nie wiedersehen . Wir fordern außerdem mehr Ehrlichkeit . Sachliche Angaben in der Prospektwerbung oder auf Onlineporta- len müssen zum Vertragsbestandteil werden . Sonst wer- den Tricks und Täuschungen Tür und Tor geöffnet. Und: Es bedarf einer verbraucherfreundlicheren Regelung für den Fall, dass ich meine Reise an eine andere Person übertragen möchte . Dafür dürfen höchstens die tatsäch- lich entstandenen Verwaltungs- und Bearbeitungsgebüh- ren, also tatsächlich entstandene Kosten, in Rechnung gestellt werden . Die jetzige unkonkrete Regelung wird zu einem kundenunfreundlichen Umbuchungswucher führen . Es darf nicht sein, dass den Reisenden ständig mehr Geld aus der Tasche gezogen wird, während die großen Reiseveranstalter tun und lassen können, was sie wollen . Auch viele kleine Reisebüros und selbstständige Rei- seunternehmen kommen nur schwer mit dem neuen Bü- rokratiemonster klar . Sie müssen für jeden Baustein einer Reise eigenständige Rechnungen ausstellen . Über jeden Reisebaustein muss künftig zusätzlich auch einzeln in- formiert werden . Gerade kleine Reisebüros und selbstständige Reiseun- ternehmen werden mit den künftig kurzfristig möglichen Preiserhöhungen der Reiseveranstalter zu kämpfen ha- ben . Aus Gründen der Kundenbindung werden sie den Aufschlag nicht an ihre Kunden weitergeben . Daher be- lastet diese Verteuerung durch den Veranstalter die Rei- sebüros empfindlich und bedroht teilweise auch deren Existenz . Wichtig wäre stattdessen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Ansprüche direkt beim Reiseveranstal- ter geltend machen können, anstatt die kleinen Reisebü- ros zu belasten . Mein Fazit: Die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher sind der Bundesregierung völlig egal . Hauptsache, die großen Reiseveranstalter und Touris- tikkonzerne können ungestört Kasse machen . Die Linke lehnt den Gesetzendwurf daher ab . Markus Tressel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ziel der Novellierung der Pauschalreiserichtlinie war es ja, eine Gleichbehandlung zwischen stationären Reisebüros und Onlineportalen sowie ein hohes Verbraucherschutz- niveau zu erreichen . Es war aber sicherlich nicht Sinn der Sache, Reisebüros und Tourismusinformationszen- tren unverhältnismäßig stark zu belasten; aber genau das ist passiert . Und: Im Gegensatz zum ersten Entwurf ha- ben wir nun auch noch eine Absenkung des Verbraucher- schutzniveaus, und das ohne erkennbare Not . Als vollharmonisierende Richtlinie und der damit ver- bundenen Eins-zu-eins-Umsetzung in nationales Recht schafft es die Pauschalreiserichtlinie nicht, auf die Be- sonderheiten des deutschen Marktes einzugehen . Es ist der Bundesregierung nicht gelungen, auf Regelungen hinzuwirken, die die Bedeutung der Reisebüros oder die Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24273 (A) (C) (B) (D) Stellung der lokalen Tourismusinformationszentren im europäischen Gesetzestext ausreichend berücksichtigen . Auch die betroffenen Verbände haben sich anfangs leider zu zaghaft in den Prozess eingeschaltet und den Diskurs mit den politisch Verantwortlichen zu spät gesucht . Das wird zukünftig sicher besser laufen . Der vorliegende Gesetzentwurf begünstigt den kon- zerngebundenen Reisevertrieb . Das fördert Monopole und ist schlecht für unsere kleinen und mittelständischen Reisebüros sowie die Verbraucherinnen und Verbraucher . Eine solche Entwicklung lehnen wir entschieden ab . Wie stellt sich die konkrete Situation für den deutschen Reisemarkt im Rahmen der Gesetzesnovelle dar? Reise- büros sind die Gekniffenen und treffen auf mehr Büro- kratie, da bei der Buchung vor Ort nun zusätzlich – je nach Situation – sieben verschieden Informationsblätter ausgefüllt werden müssen. Auch treffen Anbieter verbun- dener Reiseleistungen unter Umständen Insolvenzsiche- rungspflichten, was bedeutet, dass sie einen nicht un- wesentlichen Teil ihres Umsatzes in eine Versicherung investieren müssen . Das kann ein rentables Wirtschaften gerade für kleine Reisebüros erschweren . Da macht es natürlich einen Unterschied, ob ich ein familiengeführtes Unternehmen habe oder ob ein Konzern dahintersteht . Ein kleiner Teil der Bürokratie wurde ja doch noch mit Brüssel herausverhandelt, sodass wenigstens ein einheitlicher Bezahlvorgang bei der Buchung einzelner Reiseleistungen nun zumindest auf dem Papier möglich ist . Wir begrüßen das . Allerdings geben wir zu bedenken, dass die getroffenen Vereinbarungen nicht zu rechtsver- bindlichen Vorgaben oder Auslegungshilfen vor Gericht führen und eine Entscheidung darüber letztlich nur vom Gerichtshof der Europäischen Union getroffen werden kann . Wenn man in Brüssel keine Aufhebung der Richtli- nie beantragen will, muss man die genannten kritischen Punkte umsetzen . Das ist mehr als bedauerlich . Aber wir müssen laufend ein Auge auf die Auswirkungen der Ge- setzesnovelle haben, um den Reisemarkt in Deutschland und besonders kleine und mittelständische Unternehmen durch rechtzeitiges Gegensteuern vor Schaden zu bewah- ren . Dies ist besonders wichtig, da Strukturen verloren zu gehen drohen, die, einmal abgerissen, nicht so schnell wieder aufgebaut werden können . Eine frühestmögliche Evaluierung auf nationaler und europäischer Ebene ist Pflicht. Neben Punkten, die wir als Gesetzgeber nicht ändern können, gibt es aber auch jene, auf die wir sehr wohl Ein- fluss haben und auf die die Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU und SPD ohne Not zulasten der Verbrauche- rinnen und Verbraucher Einfluss genommen haben. Wenn es nach ihnen geht, sollen die strengeren, für Verbrauche- rinnen und Verbraucher günstigen Haftungsregeln des Pauschalreiserechts weder für Reiseeinzelleistungen wie Ferienhäuser noch für Tagesreisen unter 500 Euro gelten . Sie senken mit ihrem Gesetzentwurf den Verbraucher- schutz deutlich unter den heute geltenden gesetzlichen Standard. Das ist eine signifikante Verschlechterung, und zwar – ich sage es noch mal – ohne Not . Das wirkt ein Stück weit wie eine Placebo-Änderung, um die Betroffe- nen zu vertrösten bzw . milde zu stimmen . Mit unserem Antrag, der auch heute abzustimmen ist, lade ich dazu ein, diesen Fehler zu korrigieren . Die Bürgerinnen und Bürger werden es danken . Wenn es den Kolleginnen und Kollegen der SPD um die Sache geht, haben wir zusammen mit der Linken eine Mehrheit, um den Verbraucherschutz zu stärken . Das von der Bundesregierung so vorgeschlagene Ge- setz lehnen wir ab . Anlage 26 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Axel E. Fischer (Karlsru- he-Land) und Olav Gutting (beide CDU/CSU) zu der Abstimmung über den von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurf eines Dritten Geset- zes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 31) Im Rahmen der Abstimmung am 1 . Juni 2017 werden wir dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetz zur Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie in natio- nales Recht nicht zustimmen . Wir befürchten, dass diese Richtlinie bei falscher Ausrichtung über kurz oder lang zum Todesurteil für in deutschsprachigen Ländern der EU verbreitete, mittel- ständisch geführte Reisebüros werden kann . Trotz der Warnungen aus Politik und Wirtschaft wurde auf der EU-Ebene eine Richtlinie verabschiedet, die weder dem Verbraucherschutz noch den wirtschaftlichen Interessen der mittelständischen deutschen Wirtschaft Rechnung trägt . Aufgrund der Entscheidung zur Vollharmonisierung dieser EU-Richtlinie war es auf nationaler Ebene fast un- möglich, parlamentarisch für den deutschen Verbraucher und den deutschen Mittelstand noch etwas ins Positive zu lenken . Da die Richtlinie also juristisch weitgehend ausgereizt war, argumentieren die Bundesregierung und viele Politiker, man könne diese Richtlinie nun national umsetzen . An dieser Stelle widersprechen wir in aller Form und wollen Ihnen drei Gründe nennen, warum wir nicht zu- stimmen können: Erstens. Schon bei der öffentlichen Anhörung im Aus- schuss für Recht und Verbraucherschutz wurde klar, dass die touristische Großindustrie mit eigener Direktver- marktung durch die Haftungsproblematik bei den klei- nen und mittelständischen Reisemittlern auf eine deutli- che Verschlankung der Vertriebslinie und damit deutliche Gewinnsteigerungen hoffen kann. In Gesprächen mit ehemaligen Spitzenvertretern der Tourismusbranche wurde uns glaubhaft versichert, dass der ehemaligen Vizepräsidentin der Europäischen Kommission Viviane Reding bereits die Zusage zu einer Gesamtrücknahme der EU-Pauschalreiserichtlinie aus dem laufenden Ge- setzgebungsprozess entlockt wurde . Es war der Druck von Unternehmen, die ihren Stammsitz in Großbritanni- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724274 (A) (C) (B) (D) en haben, die dann die Rücknahmeabsichten der Kom- missarin verstummen ließen . Heute, einige Jahre später, stehen die damaligen Unternehmensleitungen an der Spitze der beiden Branchenverbände und beraten die Po- litik auf Bundes- und Europaebene . Auch die Tatsache, dass die Branchenverbände schon Wochen und Monate vor den Fachpolitikern über Formulierungsvorschläge aus der EU-Kommission in Brüssel und aus den Bundes- ministerien verfügten, legt nahe, dass das ganze Gesetz industrie- und lobbynah entstanden ist . Etwaige Parteizu- gehörigkeiten und enge Parteikontakte sind hier unseres Erachtens kein Zufall . Zusätzlich haben große Teile die- ser Tourismusindustrie bereits einen Haupt- bzw . Verwal- tungssitz in Großbritannien . Mit diesem Gesetz machen wir also hier Industriepolitik für ein Land, das die Euro- päische Union verlassen will . Zweitens . In den intensiv geführten Nachverhandlun- gen der Bundesregierung mit der EU konnte nach unserer Einschätzung trotzdem keine volle Rechtssicherheit für die deutsche Reisebürobranche bei den Fragen Veranstal- terhaftung und getrennte Bezahlvorgänge erreicht wer- den . Die vorgelegten juristischen Formelkompromisse sind unseres Erachtens nur weiße Salbe zur Beruhigung des Mittelstands . Ob und inwieweit diese angeblichen Verbesserungen gegenüber der Richtlinie einer rechtli- chen Überprüfung durch die Gerichte standhalten wer- den, wurde von Rechtsexperten bereits bei der Anhörung stark in Zweifel gezogen . Damit ist die Reisebürobranche mit etwa 10 000 Büros in Teilen existenziell gefährdet . Drittens . Wir sind große Freunde der Europäischen Union, aber auf der EU-Ebene werden zunehmend Gesetze beschlossen, die vermeintlich dem Verbrau- cherschutz dienen, und am Ende werden die Verbrau- cherschutzrechte unserer Bürger durch den Zwang zur Vollharmonisierung und unsere selbstverursachten Feh- ler vehement beschnitten . In Zukunft werden Preisnach- schläge von den Reiseveranstaltern von bis zu 8 Prozent bis 20 Tage vor Reiseantritt möglich . Mehr als 30 Jahre konnten sich deutsche Urlauber nach einer Rechtspre- chung des Bundesgerichtshofes auf den Schutz gegen Zahlungsausfälle und Reisemängel bei der Anmietung von Ferienwohnungen und Ferienhäusern verlassen . Die Bundesregierung wird diesen Schutz mit diesem Gesetz abbauen . Und Tagesreisen fallen in Zukunft nur noch un- ter den Schutz des Reiserechts bei einem Reisepreis ab 500 Euro . Der Verbraucherzentrale Bundesverband e . V . schreibt am 11 . Mai diesen Jahres auf seiner Internetseite deshalb: „Der vzbv tritt zwar nicht für eine grundsätz- liche Aufhebung und Neuverhandlung der Pauschalrei- serichtlinie ein . Sollte der deutsche Gesetzgeber aber weiter daran festhalten, dass Tagesreisen bis zu einem Preis von 500,00 Euro und Ferienhäuser aus dem Rei- serechtsschutz fallen, sieht das anders aus . Dann bringt das neue Reiserecht den deutschen Verbraucherinnen und Verbrauchern an dieser Stelle keinen Mehrwert und man kann in der Tat darüber nachdenken, die Richtlinie in Brüssel neu zu verhandeln“ . Eine Forderung, die wir aus den oben genannten Gründen seit Sommer letzten Jahres offen vertreten haben. Zusammenfassend kann man unseres Erachtens sa- gen: Mit diesem Gesetz wird ein wirtschaftlich intakter Marktteilnehmer, wie das deutsche Reisebüro, existen- ziell gefährdet, die touristische Großindustrie gestärkt und der Verbraucherschutz signifikant herabgesetzt. Das Gesetz ist praxisfremd und wird die Zweifel der Men- schen an der EU und der Politik insgesamt befeuern . An solchen Gesetzen wollen und werden wir uns nicht mehr beteiligen . Anlage 27 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm und Michael Roth (Heringen)1 (beide SPD) zu der Abstimmung über den von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurf eines Dritten Geset- zes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 31) Der Deutsche Bundestag stimmt heute über die Um- setzung der EU-Pauschalreiserichtlinie in deutsches Recht ab . Ich bedauere, dass dieses wichtige Gesetz an- gesichts der Fülle von Tagesordnungspunkten nicht zu einer öffentlichkeitswirksameren Zeit im Plenum debat- tiert werden kann . Die EU-Pauschalreiserichtlinie, die zwingend um- zusetzen ist, verlangt eine Vollharmonisierung durch die EU-Mitgliedstaaten . Die Koalitionsfraktionen ha- ben sich nach intensiven Beratungen mit der Branche und Verbraucherschutzverbänden gemeinsam auf den vorliegenden Gesetzentwurf in geänderter Fassung ver- ständigt . Angesichts des geringen Spielraums für Verän- derungen haben die parlamentarischen Beratungen ein ausgewogenes Gesetz erbracht, das die Interessen der Reisebranche sowie der Verbraucherinnen und Verbrau- cher berücksichtigt . In den Beratungen der zuständigen Fachausschüsse wurde ein breiter Konsens – teils über die Koalitionsfraktionen hinaus – erreicht . Da mehrere Reiseleistungen nun dank der Änderun- gen am ursprünglichen Gesetzentwurf gemeinsam be- zahlt werden können, ist den deutschen Reisebüros de- ren ursprünglich durchaus berechtigte Sorge genommen, durch einen einheitlichen Zahlvorgang zum haftenden Reiseanbieter zu werden . Die Dachverbände der Tou- rismuswirtschaft sprechen deshalb zu Recht von einem Erfolg für die Reisebüros . Das Gesetz bringt auch für Verbraucherinnen und Verbraucher Vorteile: Künftig kann der Reiseveranstal- ter eine Erhöhung des Reisepreises nur bei wenigen und im Gesetz ausdrücklich benannten Kostenpositionen wie Benzinkosten oder Hafengebühren verlangen . Diese müssen ausdrücklich nachgewiesen werden . Diese Kos- tenpositionen sind einfach nachprüfbar . Wenn die Kosten sinken, können Reisende nun sogar eine Erstattung ver- langen . Die Gewährleistungsfrist wird von einem Monat auf 24 Monate verlängert . Darüber hinaus profitieren Verbraucherinnen und Ver- braucher davon, dass eine völlig neue Reisekategorie 1) Siehe Berichtigung, 239 . Sitzung, Seite 24462 D Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24275 (A) (C) (B) (D) der sogenannten verbundenen Reiseleistungen erstmalig geregelt wird . Wer früher eine Reise im Reisebüro oder online individuell zusammenstellte, war nicht vom Rei- serecht geschützt – jetzt schon . Im ursprünglichen Gesetzentwurf standen Tagesreisen nicht mehr unter dem gleichen Insolvenzschutz wie Pau- schalreisen . Wir konnten in den parlamentarischen Bera- tungen zumindest erreichen, dass hochwertige Tagesrei- sen ab 500 Euro wieder Insolvenzschutz genießen . Leider haben CDU und CSU sich der Aufnahme von Tagesrei- sen bereits ab einem deutlich geringeren Wert, wie von der SPD gefordert, verweigert . Auch die SPD-Forderung nach der Einbeziehung von Ferienhäusern in das Reise- recht, wie es in Deutschland seit langem praktiziert wird, hat die Union kategorisch abgelehnt . Dennoch gebe ich dem Gesetzentwurf in der Gesamt- abwägung meine Zustimmung . Anlage 28 Erklärungen nach § 31 GO zu der Abstimmung über den von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurf eines Dritten Ge- setzes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 31) Klaus Brähmig (CDU/CSU): Im Rahmen der Ab- stimmung am 1 . Juni 2017 werde ich dem von der Bun- desregierung vorgelegten Gesetz zur Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie in nationales Recht nicht zu- stimmen . Persönlich habe ich schon 2015 davor gewarnt, dass diese Richtlinie bei falscher Ausrichtung über kurz oder lang zum Todesurteil für das in deutschsprachigen Län- dern der EU verbreitete mittelständisch geführte Reise- büro werden kann . Trotz der Warnungen aus Politik und Wirtschaft wurde dann auf der EU-Ebene eine Richtlinie verabschiedet, die weder dem Verbraucherschutz noch den wirtschaftlichen Interessen der mittelständischen deutschen Wirtschaft Rechnung trägt . Aufgrund der Entscheidung zur Vollharmonisierung dieser EU-Richtlinie war es uns als Fachpolitikern aus den Bereichen Recht und Verbraucherschutz, Tourismus und Wirtschaft auf nationaler Ebene damit fast unmög- lich, für den deutschen Verbraucher und den deutschen Mittelstand noch etwas ins Positive zu lenken . Da die Richtlinie also juristisch weitgehend ausgereizt war, ar- gumentieren die Bundesregierung und viele Politiker, man könne diese Richtlinie nun national umsetzen . An dieser Stelle widerspreche ich in aller Form und will Ihnen drei Gründe nennen, warum ich nicht zustim- men kann: 1. Schon bei der öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz wurde klar, dass die touristische Großindustrie mit eigener Direkt- vermarktung durch die Haftungsproblematik bei den kleinen und mittelständischen Reisemittlern auf eine deutliche Verschlankung der Vertriebslinie und damit deutliche Gewinnsteigerungen hoffen kann. In Ge- sprächen mit ehemaligen Spitzenvertretern der Tou- rismusbranche wurde mir glaubhaft versichert, dass der ehemaligen Vizepräsidentin der Europäischen Kommission Viviane Reding bereits die Zusage zu einer Gesamtrücknahme der EU-Pauschalreiserichtli- nie aus dem laufenden Gesetzgebungsprozess entlockt wurde . Es war der Druck von Unternehmen, die ih- ren Stammsitz in Großbritannien haben, die dann die Rücknahmeabsichten der Kommissarin verstummen ließen . Heute, einige Jahre später, stehen die damali- gen Unternehmensleitungen an der Spitze der beiden Branchenverbände und beraten die Politik auf Bun- des- und Europaebene . Auch die Tatsache, dass die Branchenverbände schon Wochen und Monate vor den Fachpolitikern über Formulierungsvorschläge aus der EU-Kommission in Brüssel und aus den Bundesmi- nisterien verfügten, legt nahe, dass das ganze Gesetz industrie- und lobbynah entstanden ist . Etwaige Par- teizugehörigkeiten und enge Parteikontakte sind hier meines Erachtens kein Zufall . Zusätzlich haben große Teile dieser Tourismusindustrie bereits einen Haupt- bzw . Verwaltungssitz in Großbritannien . Mit diesem Gesetz machen wir also hier Industriepolitik für ein Land, das die Europäische Union verlassen will . 2 . In den intensiv geführten Nachverhandlungen der Bundesregierung mit der EU konnte nach meiner Ein- schätzung trotzdem keine volle Rechtssicherheit für die deutsche Reisebürobranche bei den Fragen Veran- stalterhaftung und getrennte Bezahlvorgänge erreicht werden . Die vorgelegten juristischen Formelkom- promisse sind meines Erachtens nur weiße Salbe zur Beruhigung des Mittelstands . Ob und inwieweit diese angeblichen Verbesserungen gegenüber der Richtli- nie einer rechtlichen Überprüfung durch die Gerichte standhalten werden, wurde von Rechtsexperten bereits bei der Anhörung stark in Zweifel gezogen . Damit ist die Reisebürobranche mit etwa 10 000 Büros in Teilen existenziell gefährdet . 3 . Ich bin ein großer Freund der Europäischen Union, aber auf der EU-Ebene werden zunehmend Gesetze beschlossen, die vermeintlich dem Verbraucherschutz dienen, und am Ende werden die Verbraucherschutz- rechte unserer Bürger durch den Zwang zur Vollhar- monisierung und unsere selbstverursachten Fehler vehement beschnitten . In Zukunft werden Preisnach- schläge von den Reiseveranstaltern von bis zu 8 Pro- zent bis 20 Tage vor Reiseantritt möglich . Mehr als 30 Jahre konnten sich deutsche Urlauber nach einer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auf den Schutz gegen Zahlungsausfälle und Reisemängel bei der Anmietung von Ferienwohnungen und Ferien- häusern verlassen . Die Bundesregierung wird diesen Schutz mit diesem Gesetz abbauen . Und Tagesreisen fallen in Zukunft nur noch unter den Schutz des Reise- rechts bei einem Reisepreis ab 500 Euro . Der Verbrau- cherzentrale Bundesverband e . V . schreibt am 11 . Mai dieses Jahres auf seiner Internetseite deshalb: Der vzbv tritt zwar nicht für eine grundsätzliche Aufhebung und Neuverhandlung der Pauschalrei- serichtlinie ein . Sollte der deutsche Gesetzgeber Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724276 (A) (C) (B) (D) aber weiter daran festhalten, dass Tagesreisen bis zu einem Preis von 500,00 Euro und Ferienhäuser aus dem Reiserechtsschutz fallen, sieht das anders aus . Dann bringt das neue Reiserecht den deutschen Verbraucherinnen und Verbrauchern an dieser Stelle keinen Mehrwert und man kann in der Tat darüber nachdenken, die Richtlinie in Brüssel neu zu ver- handeln . Eine Forderung, die ich aus den oben genannten Grün- den seit Sommer letzten Jahres offen vertreten habe. Zusammenfassend kann man meines Erachtens sagen: Mit diesem Gesetz wird ein wirtschaftlich intakter Markt- teilnehmer, wie das deutsche Reisebüro, existenziell ge- fährdet, die touristische Großindustrie gestärkt und der Verbraucherschutz signifikant herabgesetzt. Das Gesetz ist praxisfremd und wird die Zweifel der Menschen an der EU und der Politik insgesamt befeuern . An solchen Gesetzen will und werde ich mich nicht mehr beteiligen . Ronja Kemmer (CDU/CSU): Der Deutsche Bundes- tag stimmt heute über den Entwurf eines Dritten Geset- zes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften ab . Die Verabschiedung dieses Gesetzes erfolgt, da Deutschland zur Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie verpflich- tet ist . Ich halte die EU-Pauschalreiserichtlinie für nicht sachdienlich, da sie weder dem Verbraucherschutz noch den wirtschaftlichen Interessen der mittelständischen deutschen Reisewirtschaft Rechnung trägt . Begünstigt werden durch diese Richtlinie große Reisekonzerne, von denen viele bereits über einen Haupt- bzw . Verwaltungs- sitz in Großbritannien verfügen, einem Land, das die Eu- ropäische Union gerade verlassen will . Nach meiner Auffassung hat das SPD-geführte Jus- tizministerium bei den Verhandlungen in Brüssel hier die Interessen der deutschen Reiseunternehmen nicht hinreichend vertreten . Einen Beigeschmack hat für mich hierbei, dass der SPD mit dem SPD-ReiseService (Einer Marke der FFR Ferien-, Freizeit- und ReiseSer- vice GmbH, eine 100-Prozent-Tochter der SPD-Holding DDVG-mbH) ein Reiseveranstalter mit Direktvertrieb gehört . Reiseveranstalter mit eigenem Direktvertreib sind aber die prognostizierten Profiteure der Richtlinie. Ich habe mich daher zusammen mit anderen Kollegen aus dem Parlamentskreis „Mittelstand“ dafür eingesetzt, den Entwurf zugunsten der deutschen Reiseindustrie zu verbessern . Dabei konnten wir weitergehende Zuge- ständnisse und Änderungen erreichen, als dies in anderen EU-Ländern der Fall war . Das macht das Gesetz aus mei- ner Sicht nicht sachdienlich, es stellt aber eine bessere Umsetzung der EU-Richtlinie dar . Eine Verschiebung des Gesetzes, für die sich einige Kollegen ausgesprochen hatten, wurde von der SPD abgelehnt . Gemeinsam mit anderen Kollegen setze ich mich da- für ein, dass eine Überarbeitung der EU-Reiserichtlinie ins Wahlprogramm der CDU aufgenommen wird, als fes- tes Ziel und Auftrag für die nächste Legislaturperiode . Wir brauchen eine bessere und fairere EU-Reiserichtli- nie . Daran führt kein Weg vorbei . Heute stimme ich trotz entsprechender Bedenken dem vorliegenden Gesetzentwurf zu und werde mich gleich- zeitig dafür einsetzen, dass die aus meiner Sicht für die deutsche Reiseindustrie schlechten Punkte durch eine Änderung der EU-Reiserichtlinie verbessert werden . Ingo Wellenreuther (CDU/CSU): Im Rahmen der Abstimmung am 1 . Juni 2017 werde ich dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetz zur Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie in nationales Recht nicht zu- stimmen . Diese Richtlinie wird bei falscher Ausrichtung über kurz oder lang zum Todesurteil für in deutschsprachigen Ländern der EU verbreitete, mittelständisch geführte Reisebüros werden . Trotz der Warnungen aus Politik und Wirtschaft wurde auf der EU-Ebene eine Richtlinie ver- abschiedet, die weder dem Verbraucherschutz noch den wirtschaftlichen Interessen der mittelständischen deut- schen Wirtschaft Rechnung trägt . Aufgrund der Entscheidung zur Vollharmonisierung dieser EU-Richtlinie war es auf nationaler Ebene fast un- möglich, parlamentarisch für den deutschen Verbraucher und den deutschen Mittelstand noch etwas ins Positive zu lenken . Da die Richtlinie also juristisch weitgehend ausgereizt war . argumentieren die Bundesregierung und viele Politiker, man könne diese Richtlinie nun national umsetzen . An dieser Stelle widerspreche ich in aller Form und will Ihnen drei Gründe nennen, warum ich nicht zustim- men kann: Erstens. Schon bei der öffentlichen Anhörung im Aus- schuss für Recht und Verbraucherschutz wurde klar, dass die touristische Großindustrie mit eigener Direktver- marktung durch die Haftungsproblematik bei den klei- nen und mittelständischen Reisemittlern auf eine deutli- che Verschlankung der Vertriebslinie und damit deutliche Gewinnsteigerungen hoffen kann. In Gesprächen mit ehemaligen Spitzenvertretern der Tourismusbranche wurde mir glaubhaft versichert, dass der ehemaligen Vizepräsidentin der Europäischen Kommission Viviane Reding bereits die Zusage zu einer Gesamtrücknahme der EU-Pauschalreiserichtlinie aus dem laufenden Ge- setzgebungsprozess entlockt wurde . Es war der Druck von Unternehmen . die ihren Stammsitz in Großbritanni- en haben, die dann die Rücknahmeabsichten der Kom- missarin verstummen ließen . Heute, einige Jahre später, stehen die damaligen Unternehmensleitungen an der Spitze der beiden Branchenverbände und beraten die Po- litik auf Bundes- und Europaebene . Auch die Tatsache, dass die Branchenverbände schon Wochen und Monate vor den Fachpolitikern über Formulierungsvorschläge aus der EU Kommission in Brüssel und aus den Bundes- ministerien verfügten, legt nahe, dass das ganze Gesetz industrie- und lobbynah entstanden ist . Etwaige Parteizu- gehörigkeiten und enge Parteikontakte sind hier meines Erachtens kein Zufall . Zusätzlich haben große Teile die- ser Tourismusindustrie bereits einen Haupt- bzw . Verwal- tungssitz in Großbritannien . Mit diesem Gesetz machen wir also hier Industriepolitik für ein Land, das die Euro- päische Union verlassen will . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24277 (A) (C) (B) (D) Zweitens . In den intensiv geführten Nachverhandlun- gen der Bundesregierung mit der EU konnte nach meiner Einschätzung trotzdem keine volle Rechtssicherheit für die deutsche Reisebürobranche bei den Fragen Veranstal- terhaftung und getrennte Bezahlvorgänge erreicht wer- den . Die vorgelegten juristischen Formelkompromisse sind meines Erachtens nur weiße Salbe zur Beruhigung des Mittelstands . Ob und inwieweit diese angeblichen Verbesserungen gegenüber der Richtlinie einer rechtli- chen Überprüfung durch die Gerichte standhalten wer- den, wurde von Rechtsexperten bereits bei der Anhörung stark in Zweifel gezogen . Damit ist die Reisebürobranche mit etwa 10 000 Büros in Teilen existenziell gefährdet . Drittens . Ich bin ein großer Freund der Europäischen Union, aber auf der EU-Ebene werden zunehmend Gesetze beschlossen, die vermeintlich dem Verbrau- cherschutz dienen, und am Ende werden die Verbrau- cherschutzrechte unserer Bürger durch den Zwang zur Vollharmonisierung und unsere selbstverursachten Feh- ler vehement beschnitten . In Zukunft werden Preisnach- schlage von den Reiseveranstaltern von bis zu 8 Prozent bis 20 Tage vor Reiseantritt möglich . Mehr als 30 Jahre konnten sich deutsche Urlauber nach einer Rechtspre- chung des Bundesgerichtshofes auf den Schutz gegen Zahlungsausfälle und Reisemängel bei der Anmietung von Ferienwohnungen und Ferienhäusern verlassen . Die Bundesregierung wird diesen Schutz mit diesem Gesetz abbauen . Und Tagesreisen fallen in Zukunft nur noch un- ter den Schutz des Reiserechts bei einem Reisepreis ab 500 Euro . Der Verbraucherzentrale Bundesverband e . V . schreibt am 11 . Mai dieses Jahres auf seiner Internetseite deshalb: „Der vzbv tritt zwar nicht für eine grundsätz- liche Aufhebung und Neuverhandlung der Pauschalrei- serichtlinie ein . Sollte der deutsche Gesetzgeber aber weiter daran festhalten, dass Tagesreisen bis zu einem Preis von 500,00 Euro und Ferienhäuser aus dem Rei- serechtsschutz fallen, sieht das anders aus . Dann bringt das neue Reiserecht den deutschen Verbraucherinnen und Verbrauchern an dieser Stelle keinen Mehrwert und man kann in der Tat darüber nachdenken, die Richtlinie in Brüssel neu zu verhandeln“ . Eine Forderung, die ich aus den oben genannten Gründen seit Sommer letzten Jahres offen vertreten habe. Zusammenfassend kann ich sagen: Mit diesem Gesetz wird ein wirtschaftlich intakter Marktteilnehmer, wie das deutsche Reisebüro, existenziell gefährdet, die touristi- sche Großindustrie gestärkt und der Verbraucherschutz signifikant herabgesetzt. Das Gesetz ist praxisfremd und wird die Zweifel der Menschen an der EU und der Politik insgesamt befeuern . An einem Zustandekommen eines solchen Gesetzes werde ich mich nicht beteiligen . Anlage 29 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu der Verord- nung des Bundesministeriums der Finanzen: Verordnung zur Bestimmung der technischen Anforderungen an elektronische Aufzeichnungs- und Sicherungssysteme im Geschäftsverkehr (Kassensicherungsverordnung – KassenSichV) (Tagesordnungspunkt 32) Uwe Feiler (CDU/CSU): Es ist nicht alltäglich, dass sich der Deutsche Bundestag die Zustimmung zu einer Verordnung vorbehält . Im Falle der näheren Ausgestal- tung der technischen Anforderungen an elektronische Kassensysteme haben wir bei der Kassensicherungsver- ordnung aus guten Gründen davon Gebrauch gemacht . Mit unserer Grundsatzentscheidung vom 22 . Dezem- ber letzten Jahres haben wir die Voraussetzungen dafür geschaffen, Umsatzsteuerbetrug wirksam zu bekämpfen und Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen zu unterbinden . Es muss ausgeschlossen sein, dass tech- nisch findige Nutzer von elektronischen Registrierkassen zulasten des Fiskus Daten unerkannt löschen oder verän- dern können . Die heutige Zustimmung zu dieser Verordnung schaltet das Gesetz scharf, weil wir die Anforderungen des § 146a der Abgabenordnung präzisieren und den Finanzbehör- den die Instrumente an die Hand geben, um das Bundes- amt für Sicherheit in der Informationstechnik mit der Ent- wicklung der technischen Standards zu beauftragen . Dankbar bin ich dem Bundesfinanzministerium, dass es durch eine Protokollerklärung noch einmal deutlich gemacht hat, dass einerseits Pfandautomaten nicht zum Anwendungsbereich der Verordnung gehören, da es sich bei diesen nicht um Kassensysteme handelt, die auf den Verkauf von Waren und Dienstleistungen gerichtet sind . Andererseits hat uns das Bundesfinanzministerium zu- gesagt, bis Mitte des kommenden Jahres einen Vorschlag zu unterbreiten in welcher Art und Weise auch andere betrugsanfällige kassenähnliche Systeme in den Anwen- dungsbereich der Verordnung mit aufgenommen werden können . Damit trägt das BMF sowohl dem Wunsch der Landesfinanzbehörden Rechnung als auch der Forderung von Verbänden, die für ihre Branchen die Aufnahme in die Verordnung anstreben . Im Fokus der Verordnung stehen jedoch zunächst elektronische oder computergestützte Kassensysteme, die künftig über eine zertifizierte technische Sicherheits- einrichtung verfügen müssen . Ebenso stellen wir klar, dass zum Beispiel Fahrscheinautomaten und -drucker, Geldautomaten, Geld- und Warenspielsysteme, aber auch Taxameter und Wegstreckenzähler nicht unter die Ver- ordnung fallen . Damit erfassen wir Millionen von Ge- räten; und die Landesfinanzbehörden müssen Millionen von Datensätzen auswerten . Von daher ist es richtig mit den Kassen zu beginnen, Erfahrungen zu sammeln und gegebenenfalls nachzusteuern . Um Lücken zu schließen bzw . diese bei einer Prü- fung sofort sichtbar werden zu lassen, muss zukünftig ab dem ersten Tastendruck jeder aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfall unmittelbar erfasst und in einer einheit- lichen Transaktion zusammengeführt werden, die den Zeitpunkt des Vorgangsbeginns, eine fortlaufende Trans- aktionsnummer, die Art des Vorgangs, die Daten des Vorgangs, den Zeitpunkt der Vorgangsbeendigung und Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724278 (A) (C) (B) (D) einen Prüfwert enthält . Diese Datensätze erleichtern den Prüfern die Arbeiten zukünftig enorm, da mithilfe des Zeitstempels und der fortlaufenden Transaktionsnummer Geschäftsvorfälle eindeutig identifiziert werden können. Bei der Festlegung der Zeitquelle ließ sich das Bun- desfinanzministerium wiederum von dem für meine Fraktion wichtigen Grundsatz der technologieoffenen Lösung leiten . Damit können verschiedene technische Ansätze mitberücksichtigt werden . Darüber hinaus regelt die Verordnung insbesondere die Anforderungen an die einheitliche digitale Schnitt- stelle, die Speichermedien, die technische Sicherheits- einrichtung, den Beleg und den Zertifizierungsprozess. Dadurch wird Rechtssicherheit sowohl für die Nutzer von Kassensystemen als auch die mit der Kassennach- schau oder der Außenprüfung betrauten Mitarbeiter der Finanzverwaltung geschaffen. Wichtig ist mir zu betonen, dass die Verordnung ledig- lich vorgibt wie die Datensätze aufgebaut sein müssen und wie die technischen Richtlinien und Schutzprofile auszugestalten sind . Der Nutzer hat es folglich selbst in der Hand, von welchem Anbieter er sein System bezieht, solange es diese Standards erfüllt . Mit dieser Verordnung schließen wir in dieser Wahl- periode einen langen Diskussionsprozess über technische Vorkehrungen ab, um Steuerbetrug mittels Kassensyste- men zu begegnen . Gleichwohl bin ich mir sicher, dass wir uns auch nach den Wahlen weiter mit diesem Thema befassen werden . Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen für die guten Beratungen und beim Bundesfinanzminis- terium für die stets gute Zusammenarbeit und Unterstüt- zung . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Der Kassen- betrug in Deutschland richtet Jahr für Jahr einen großen finanziellen Schaden an, insbesondere für den Fiskus, also die Gemeinschaft, den Staat . Nach konservativen Schätzungen des Bundesrechnungshofs (BRH) gehen dem Staat auf diese Weise 10 Milliarden Euro pro Jahr verloren . Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft und auch einige Länderfinanzministerien halten auch weit höhe- re Ausfälle in einer Größenordnung von 50 Milliarden Euro für realistisch . Da bis zum Dezember 2016 keine gesetzliche Regelung vorlag, welche die Korrektheit und Vollständigkeit von Kassendaten sichergestellt hat, war es notwendig, ein entsprechendes Gesetz zu schaf- fen . Das wollten CDU und CSU zunächst nicht . Erst als die Finanzminister der SPD-geführten Länder, vor allem Norbert Walter-Borjans aus NRW, die Dimension des Kassenbetrugs in die Öffentlichkeit trugen und so- mit öffentlichen Druck auf das Bundesfinanzministerium (BMF) aufbauten, entstand ein Gesetzentwurf . Dieser Gesetzentwurf enthielt eine Reihe von Schlupf- löchern, die auch weiterhin Kassenbetrug zugelassen hätten . Einige davon konnten wir in den Verhandlungen schließen . Aber die brettharte Blockadehaltung der CDU/ CSU und des Bundesfinanzministeriums hat dafür ge- sorgt, dass noch immer einige Schlupflöcher verblieben sind . Das Gesetz weist einen leeren Anwendungsbereich auf, weil die Geräte, auf welche die Regelungen Anwen- dung finden sollen, erst später in der jetzt vorgelegten Verordnung festgelegt werden und mit INSIKA die ein- zige schon heute verfügbare technische Lösung für Kas- sensysteme verhindert wurde . Auch eine Registrierkassenpflicht war mit der Union nicht zu machen . Wer nun weiterhin betrügen möchte, trägt seine Kasse auf den Schrottplatz . Dennoch haben wir diesem Gesetz zugestimmt, weil nur so sichergestellt ist, dass überhaupt eine gesetzliche Regelung existiert . Diese muss nun zwar unbedingt ver- bessert, aber immerhin nicht neu geschaffen werden. Darüber hinaus wurde vereinbart, dass dem Gesetz im Nachgang eine Verordnung folgen soll, welche das Ge- setz mit Leben füllt und die technischen Anforderungen an Kassensysteme regelt . Über diese Verordnung stim- men wir nun im Bundestag ab . Leider hält die Verord- nung nicht, was das Bundesfinanzministerium verspro- chen hat . Die technischen Anforderungen werden auch jetzt nicht klar geregelt . Diese Aufgabe wird nun an das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) übertragen . In den Gesetzesberatungen hat das BMF stets betont, eine technologieoffene Lösung schaffen zu wollen. Wir hatten damals schon ernste Zweifel an dieser Absicht, vor allem weil die gegenwärtig einzig einsetzbare Soft- ware INSIKA verhindert wurde . Nun sieht die Verord- nung vor, dass die Kassensysteme eine Zeitquelle zur Protokollierung des Vorgangs aufweisen müssen . Diese Anforderung zementiert den Ausschluss der bestehenden Technologie INSIKA . Damit ist die Verordnung gerade nicht technologieoffen; denn sie schließt eine bestehende und erprobte Technologie gezielt aus . Die Verordnung schließt ebenfalls die Aufnahme von Taxametern in den Anwendungsbereich des Gesetzes aus . Dabei handelt es sich hier um eine Branche, in der Kas- senbetrug vielfach passiert . Im Rahmen der Anhörung der Sachverständigen haben die Taxiverbände explizit darum gebeten, die Taxameter mit in den Anwendungs- bereich dieses Gesetzes einzubeziehen und dem Kassen- betrug zu begegnen . Denn dieser Steuerbetrug schadet nicht nur dem Staat, sondern auch einem funktionieren- den und fairen Wettbewerb . Die guten Erfahrungen der Länder mit einer Regulierung der Taxameter werden da- bei schlicht ignoriert . Das macht die Entscheidung erst Recht unverständlich . Des Weiteren hat das BMF auf die hohen Kosten und den technischen Aufwand für die Taxibetreiber verwie- sen, wenn diese sich erst einen Drucker für ihr Taxi be- sorgen müssten . Ein solches Gerät ist bereits für unter 200 Euro auf dem Markt erhältlich . Auch dieses Argu- ment überzeugt nicht . Das BMF hatte in den Gesetzesberatungen in Aussicht gestellt, mit der Verordnung „klarstellend“ die Aufnah- me von kassenähnlichen Systemen in den Anwendungs- bereich des Gesetzes zu regeln . Die Verordnung schließt Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24279 (A) (C) (B) (D) diese Systeme nun ausdrücklich aus . Das ist umso unver- ständlicher, als eine Mehrzahl der Länder, deren Steuer- verwaltungen mit ihren Prüfern und Steuerfahndern Tag für Tag mit Kassenbetrug konfrontiert sind, im Vorfeld massive Bedenken gegen den Verordnungsentwurf vor- gebracht haben . Die Länder haben insbesondere den An- wendungsbereich kritisiert . Das BMF hat das ignoriert . Warum stimmt eigentlich die SPD-Fraktion einem solch schlechten, jedenfalls für den Fiskus schlechten Gesetz zu? Weil schon mit wenigen Änderungen und Streichungen sowohl der Anwendungsbereich definiert werden kann als auch der Zeitpunkt des Inkrafttretens – eine Aufgabe für neue Mehrheiten in der neuen Legisla- turperiode . Diese Verordnung ist trotz allem ein erster Schritt, die Grundvoraussetzung zu schaffen, um die Regelungen des Kassengesetzes mit Leben zu füllen . Es ist jedoch erforderlich, dass in einem zweiten Schritt der Anwen- dungsbereich ausgedehnt wird und zumindest Taxame- ter Bestandteil der Regelungen werden . Daher stimmen wir widerwillig dieser Verordnung zu, fordern das BMF aber zugleich auf, sofort mit den Vorbereitungen für eine Überarbeitung der Verordnung zu beginnen . Der zweite Schritt hin zu einer echten technologieoffenen Lösung soll zeitnah gemacht werden . Das BMF muss dabei auf die Experten aus den Ländern hören . Vor diesem Hintergrund begrüßen wir ausdrücklich, dass das BMF eine Protokollerklärung abgegeben hat, mit der es sich zur Nachbesserung bis Mitte nächsten Jahres verpflichtet – in enger Abstimmung mit den Län- dern . Es ist nicht übertrieben, zu sagen: Unser Druck war dabei sehr hilfreich. – Ich hoffe, das BMF überwindet die Verharmlosung von Betrug und nimmt seine Selbstver- pflichtung ernst. Bei entsprechenden Mehrheitsverhältnissen werden wir jedenfalls das Kassengesetz und die Kassensiche- rungsverordnung möglichst bald auf Wirksamkeit um- stellen . Andreas Schwarz (SPD): Wir beschließen heute zu später Stunde die Kassensicherungsverordnung . Damit präzisieren wir die Details des Gesetzes zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung durch manipulierte Kassensys- teme, das wir erst kürzlich nach langem und intensivem Ringen beschlossen haben . Der Schaden durch Steuerhinterziehung durch ma- nipulierte Kassensysteme beträgt jährlich mindestens 10 Milliarden Euro . Manche Experten schätzen sogar deutlich mehr . Es ist dem Hohen Hause bekannt, dass wir als SPD-Bundestagsfraktion schon das eigentliche Gesetz kritisch sehen . Und auch heute geraten wir nicht in die Euphorie, die manch anderer über diese Verordnung glaubt haben zu müssen . Nein, sie hat Mängel . Sie ist nicht sonderlich konkret. Sie ist nicht sonderlich effektiv. Sie lässt viele technologische Möglichkeiten vollkom- men ungenutzt, die bereits am Markt existieren, und sie ignoriert vorhandene Projekte, die funktionieren . Immerhin konnten wir Sozialdemokraten erreichen, dass sich das Bundesfinanzministerium mit einer Proto- kollerklärung zur zeitnahen Nachbesserung verpflichtet. Gemeinsam mit den Ländern werden wir nun noch im ersten Halbjahr 2018 Verbesserungen erreichen . Diesen Nachbesserungsbedarf sehen wir insbesondere beim Taxigewerbe . Der Verordnungsentwurf von Bun- desfinanzminister Wolfgang Schäuble enttäuscht hier auf ganzer Linie und verfehlt sein Ziel . Wir, die SPD-Bun- destagsfraktion, die Länder und sogar die beiden großen Taxiverbände haben bereits bei der Ressortabstimmung vom Bundesfinanzministerium gefordert, dass der An- wendungsbereich wenigstens auf Taxameter ausgedehnt wird . Obwohl Hamburg Steuerbetrug im Taxigewerbe erfolgreich unterbindet, verhindert das Bundesfinanzmi- nisterium weiterhin, dieses Modell bundesweit wirksam einzusetzen . Nicht zuletzt verhindert die Verordnung auch eine bereits am Markt vorhandene Lösung: INSIKA . Diese funktioniert nicht nur sofort, sondern ist zudem auch noch kostengünstig. Falls durch dieses offenkundig bewusste Verhindern nun Lösungen am Markt entwickelt werden, die vermutlich deutlich teurer sein werden als INSIKA, dann trägt allein Bundesfinanzminister Schäuble dafür die Verantwortung . Ich bin gespannt, wie die Kollegin- nen und Kollegen von der Union den Händlern erklären wollen, dass sie gegen den Willen der SPD eine teurere und bürokratischere Lösung durchgesetzt haben . Experten aus den Steuerverwaltungen der Länder haben außerdem auf zahlreiche technische Mängel hin- gewiesen . Diese Bedenken wurden vom BMF ignoriert . Hier wird die Evaluation schnell zeigen, wo es zu Pro- blemen kommen wird . Diese müssen dann umgehend behoben werden . Wir stimmen mit großen Bauchschmerzen der Ver- ordnung zu . Trotz der benannten Mängel bietet sie die Möglichkeit, unter anderen Mehrheitsverhältnissen im Bundestag und in der Hausführung des BMF aus ihr und dem Gesetz tatsächlich ein wirkungsvolles Instrument gegen Steuerbetrug zu machen, so wie es sich Minister Schäuble zumindest in seinen Presseerklärungen immer wünscht . Wir werden den Ankündigungen des Kollegen Dr . Schäuble unsere Taten folgen lassen . Richard Pitterle (DIE LINKE): Um es gleich vor- wegzunehmen: Diese Verordnung ist nicht nur kein gro- ßer Wurf, sondern ein schlechter Witz; denn der Rege- lungsgehalt der Verordnung geht gegen null . Die große Koalition legt damit wieder einmal den Schluss nahe, dass ihr der Kampf gegen Steuerbetrug nicht sonderlich wichtig ist . Noch einmal zum Hintergrund der Verordnung: 10 Milliarden Euro jährlich gehen dem Fiskus nach Schätzungen aufgrund von Steuerbetrug durch Kassen- manipulation verloren . Diese Kassenmanipulation ge- schieht alltäglich, zum Beispiel in der Gastronomie . Man zahlt das Essen, der Kellner kassiert, auf der Abrechnung des Lokals für das Finanzamt taucht die Flasche Wein dann aber plötzlich nicht mehr auf . Das ist ganz einfach, es gibt sogar extra Software, die die in die Registrierkasse Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724280 (A) (C) (B) (D) eingegebenen Umsätze frisiert und nach unten schraubt . Wer gar keine Registrierkasse hat, kann letztlich sowieso angeben, was er will . Vor einem halben Jahr hat der Bundestag deswegen das sogenannte Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen beschlossen . Auf Be- treiben der großen Koalition war das Gesetz leider kein großer Wurf . Gute Ansätze waren zwar vorhanden . Wir Linke haben da aber bereits die Schlupflöcher im Gesetz bemängelt; denn leider fehlt eine grundsätzliche Regis- trierkassenpflicht, und auch die Belegausgabepflicht kann umgangen werden . Auch hat die große Koalition damals darauf verzich- tet, das INSIKA-Verfahren in das Gesetz zu übernehmen . Mit INSIKA hätte aber eigentlich ein fertiges, bewährtes technisches Konzept zur Umsetzung des Schutzes vor Kassenmanipulationen bestanden . Stattdessen wurde das Gesetz laut großer Koalition technologieoffen gestaltet. „Technologiefern“ hätte es besser getroffen. Die jetzige Verordnung sollte diese Lücke eigentlich schließen und die Anforderungen an die technische Um- setzung des Schutzes vor Kassenmanipulation festlegen . Weil diese Frage der technischen Umsetzung von großer Bedeutung ist, wurde im vorausgegangenen Gesetz auch extra geregelt, dass die jetzige Verordnung der Zustim- mung des Bundestages bedarf . Es wurde sogar explizit in den § 146a der Abgabenordnung geschrieben, dass die Verordnung unter anderem die Anforderungen an das Si- cherheitsmodul, das Speichermedium und die einheitli- che digitale Schnittstelle enthalten soll . Schaut man nun in die Verordnung, fällt sogleich auf, dass sie sehr dünn geraten ist . Der eigentliche Rege- lungstext umfasst gerade einmal drei Seiten . Noch dazu wurde vieles einfach aus dem vorausgegangenen Gesetz kopiert und wiederholt . Wenn man nun die eben erwähn- ten Anforderungen an das Sicherheitsmodul, das Spei- chermedium und die einheitliche digitale Schnittstelle sucht, so findet sich in § 5 der Verordnung Folgendes: Die Festlegung dieser Anforderungen ist einfach an das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und das Bundesfinanzministerium weitergegeben wor- den . Damit wird die Verordnung wirklich ad absurdum geführt . Wenn wir als Bundestag vorher festlegen, was diese Verordnung zu enthalten hat, dann muss sich das Bundesfinanzministerium auch danach richten, ob es Herrn Schäuble passt oder nicht . Wenn wir uns als Bundestag ernst nehmen, dann kön- nen wir dieser Verordnung schlicht nicht zustimmen . Mit dieser Verordnung wird nichts geregelt . Man könnte das gar als eine Verhöhnung des Parlamentes bezeichnen, das nur kurz abnicken soll, dass die eigentlich wichtigen Ent- scheidungen woanders getroffen werden. Die Linke wird dabei nicht mitmachen . Wir lehnen dieses Nullum von einer Verordnung daher ab . Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nachdem der Deutsche Bundestag im Dezem- ber 2016 ein Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an Registrierkassen verabschiedet hat, liegt uns heute die technische Durchführungsverordnung zur Beschlussfas- sung vor . Bereits vor 13 Jahren stellte der Bundesrechnungshof fest, dass durch manipulierte Registrierkassen massiv Steuerbetrug und Schwarzgelderwirtschaftung betrieben wird . In Registrierkassen gespeicherte Daten können in vielen Systemen beliebig, ohne die geringsten Spuren zu hinterlassen, verändert werden . Durch den Betrug mit manipulierten Kassen entgehen den Haushalten von Bund und Ländern Jahr für Jahr schätzungsweise 10 Mil- liarden Euro . Problemverschärfend ist, dass steuerloyale Unternehmen zunehmend unter den Wettbewerbsnach- teilen gegenüber steuerunehrlichen Konkurrenten leiden . Das Grundprinzip unseres Wirtschaftssystems, der freie und faire Wettbewerb, ist in bestimmten Wirtschafts- zweigen stark gefährdet . Die Bundesregierung hat sich mit der Lösung dieses Problems viel zu lange Zeit gelas- sen, anstatt entschlossen zu handeln . Ein solcher Zeitbe- darf bis zum Vorliegen einer ersten Regelung ist in einem sich stürmisch entwickelnden digitalen Bereich deutlich zu groß . Dies gilt auch für die Bekämpfung des Umsatzsteu- erbetrugs auf digitalen Handelsplattformen . Dabei ist dieses Problem bereits seit Monaten bekannt, und der damit verbundene Schaden beläuft sich nach einer Schät- zung der Deutschen Steuer-Gewerkschaft auf mindestens 1 Milliarde Euro pro Jahr . Auch bei diesem Problem sind die Lösungsmöglichkeiten allen Verantwortlichen be- kannt, aber die Bundesregierung verschiebt die Entschei- dung auch in dieser Frage in die Zukunft . In der heute vorliegenden Kassensicherungsver- ordnung werden unter anderem die elektronischen Aufzeichnungssysteme festgelegt, die zukünftig über eine zertifizierte Sicherheitseinrichtung im Sinne des § 146 AO verfügen müssen . Demnach werden die Re- gelungen zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen lediglich auf elektronische oder computergestützte Kassensysteme Anwendung finden. Explizit ausgenommen werden Fahrscheinautomaten, Fahrscheindrucker, elektronische Buchhaltungsprogram- me, Waren- und Dienstleistungsautomaten, Geldauto- maten, Taxameter und Wegstreckenzähler sowie Geld- und Warenspielgeräte . Diese Auswahlentscheidung ist in dieser Form nicht nachvollziehbar . Eine Ausweitung auf weitere Geräte, zum Beispiel Taxameter, Geld- und Warenspielgeräte, wäre zudem zukünftig nur durch eine Änderung der Verordnung möglich . Grundlage für die Entscheidung über die Aufnahme von elektronischen Aufzeichnungsgeräten in die Defini- tion des § 1 KassenSichV hätte eine sorgfältige, trans- parente und nachvollziehbare Abwägung zwischen dem Manipulationsrisiko und dem erforderlichen Aufwand für den Steuerpflichtigen sein müssen. Wäre die Bundes- regierung so vorgegangen, wäre die Ausnahmeregelung für Taxameter und Wegstreckenzähler sowie Geld- und Warenspielgeräte nicht zu rechtfertigen gewesen . Denn die Erfahrungen mit dem Einsatz digitaler Sicherungs- systeme im Bereich der Taxiunternehmen in Hamburg so- wie zuletzt in Berlin belegen eindrucksvoll, in welchem Umfang in dieser Branche durch unehrliche Marktteil- nehmer Steuern und Abgaben hinterzogen werden . Laut Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24281 (A) (C) (B) (D) einem im Auftrag der Stadt Berlin erstellten Gutachten hat eine Plausibilitätsprüfung ergeben, dass 80 Prozent der Berliner Taxibetriebe jenseits der betriebswirtschaft- lichen Plausibilität arbeiten . Mit dieser Wettbewerbsver- zerrung scheint die Bundesregierung kein Problem zu ha- ben, sonst hätte sie Taxameter und Wegstreckenzähler ja nicht von der Liste der aufzeichnungspflichtigen Geräte ausgenommen . Übrigens müssen aktuelle Taxameter laut EU-Richt- linie 2004/22/EG bzw . EU-Richtlinie 2014/32/EG be- reits heute Einzelaufzeichnungen führen . Die Taxameter könnten über eine ebenfalls bereits heute vorgeschriebe- ne Datenschnittstelle unproblematisch mit einer techni- schen Sicherheitseinrichtung verbunden werden, um Ma- nipulationen zu verhindern . Weiterhin kritisch zu bewerten sind die Sicherheitsan- forderungen bezüglich der Protokollierung von digitalen Grundaufzeichnungen in der Verordnung . Sicherheits- systeme, die diese Anforderungen erfüllen, sind noch nicht auf dem Markt, sondern müssen in den kommen- den Jahren entwickelt, getestet und vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zertifiziert werden. Wann diese Verfahren überhaupt praxistauglich einsatz- fähig sind, ist völlig ungewiss . Diese Situation wäre aber vermeidbar gewesen, wenn auf das einzig bekann- te Verfahren zum Schutz vor Manipulationen an Kassen zurückgegriffen worden wäre. Das bislang einzig nutz- bare System zur Verhinderung von Manipulationen an Kassensystemen, das sogenannte INSIKA-System, wird durch die Verordnung praktisch unbrauchbar, da es in der jetzigen Form die Voraussetzungen, die in der Verord- nung an eine zertifizierte Sicherheitseinrichtung gestellt werden, nicht erfüllen kann . Vor dem Hintergrund, dass erstens das INSIKA-Ver- fahren über Jahre von einer Bund-Länder-Arbeitsgrup- pe in Zusammenarbeit mit der PTB entwickelt und vom BMWi gefördert wurde, dass zweitens das INSIKA-Ver- fahren in Hamburg erfolgreich in der Praxis funktioniert hat, ist der faktische Ausschluss des INSIKA-Verfahrens nicht nachvollziehbar . Die von der Bundesregierung vor- gebrachten Argumente gegen das INSIKA-Verfahren überzeugen nicht . Im Gegenteil, das von der Bundesre- gierung präferierte System einer zertifizierten Sicher- heitseinrichtung weckt nicht nur bei uns, sondern auch auf Fachebene bei den Steuerprüfern und den Kassen- herstellern erhebliche Zweifel hinsichtlich Wirksamkeit, Umsetzbarkeit und Prüfaufwand . In diesem Zusammenhang möchte ich auch nochmal auf unsere kritischen Fragen zu den Kosten der Zertifi- zierungslösung hinweisen . Im Raum stehen Beträge von 75 000 Euro für die Kassenhersteller . Es ist völlig klar, dass die Kassenhersteller diese Kosten auf Kassenkäufer abwälzen werden . Nicht nur nach unserer Einschätzung, sondern auch nach Meinung aller Experten wäre die INSIKA-Lösung deutlich preiswerter für die Wirtschaft gewesen . Da die vorgelegte Verordnung weder den Stand der Technik widerspiegelt noch die Problematik inhaltlich aufgreift, werden wir sie ablehnen müssen . Ich gehe da- von aus, dass der Finanzausschuss sich mit diesem The- ma zukünftig noch intensiv beschäftigen wird . Anlage 30 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Än- derung des Telemediengesetzes (Tagesordnungs- punkt 33) Hansjörg Durz (CDU/CSU): Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart: Die Potenziale von lokalen Funknetzen (WLAN) als Zugang zum Internet im öffentlichen Raum müs- sen ausgeschöpft werden . . . . Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber ist dringend geboten, etwa durch Klarstellung der Haftungsregelungen (Analog zu Accessprovidern) . Im vergangenen Sommer haben wir deshalb das Zweite Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes verabschiedet und darin einen Gleichklang sowie eine Gleichbehandlung von WLAN-Anbietern und Zugangs- providern festgelegt . Damit wurde der politische Wille, wie er im Koalitionsvertrag zum Ausdruck kam, umge- setzt . Nachdem die Änderung des Telemediengesetzes im Deutschen Bundestag beschlossen war, hat der EuGH im Fall „McFadden“ entschieden und ist dabei nicht – wie von vielen erwartet – dem Generalanwalt gefolgt . Auf- grund dieses Urteils ist nun die Bundesregierung zu der Auffassung gekommen, dass das geänderte Gesetz noch- mals verändert werden müsse . Das Bundeswirtschafts- ministerium hat daraufhin den heute zu beratenden Ent- wurf vorgelegt . Der Gesetzentwurf wird sehr kontrovers diskutiert, insbesondere werden die darin enthaltenen Sperren stark kritisiert . Nach ersten intensiven Beratungen innerhalb der Arbeitsgruppen, mit Juristen und Experten aus den ver- schiedenen Branchen, mit Verbänden und Unternehmen, lässt sich festhalten, dass aktuell drei Optionen auf dem Tisch liegen: Erstens . Erhalt des Status-quo/Passwort-Verschlüsse- lung: Bei der ersten Option erfolgt die Sicherung eines offenen WLAN durch Passwortverschlüsselung. Die Verschlüsselung muss vom Betreiber aber erst dann ein- gerichtet werden, nachdem er hierzu nach erster (richter- licher) Anordnung infolge einer Rechtsverletzung durch Dritte aufgefordert wurde . Erfolgt keine Rechtsverlet- zung, muss der Betreiber auch keine Sicherungsmaßnah- men ergreifen. Zudem fallen bei der ersten Aufforderung für den WLAN-Betreiber keinerlei Kosten, etwa Pro- zesskosten etc ., an . Bei dieser Option bleibt also der Sta- tus quo aus dem Zweiten TMG-Änderungsgesetz erhal- ten . Sie folgt gleichsam den sich aus dem EuGH-Urteil „McFadden“ ergebenden Anforderungen zur Sicherung eines offenen WLAN-Anschlusses. Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724282 (A) (C) (B) (D) Zweitens. Abschaffung der Störerhaftung in Verbin- dung mit Seitensperrungen: Diese Option entspricht dem vorliegenden, neuen Gesetzentwurf: die Abschaffung jeglicher Haftungsrisiken für die Betreiber von offe- nem WLAN . Gleichzeitig räumt der Gesetzentwurf den Rechteinhabern jedoch einen Rechtsanspruch gegenüber den WLAN-Anbietern ein, bestimmte Seiten zu sperren . In der Konsequenz sind die Betreiber bei dieser Option von der Haftung befreit . Auf der anderen Seite kann es aber zu einer Art „Löschung auf Zuruf“, also zu unver- hältnismäßigen Sperrungen von Webseiten und Portsper- rungen am Router oder auch zu Datenmengenbegrenzun- gen, kommen . Drittens. Komplette Abschaffung der Störerhaftung ohne weitere Auflagen: Die dritte und letzte Option wird aus Sicht bestimmter Anbieter und von Teilen der Netz- gemeinde favorisiert: eine komplette Abschaffung der Störerhaftung ohne jegliche verpflichtende Auflagen für die WLAN-Betreiber . Diese dritte, vermeintlich einfachste Variante, näm- lich die Abschaffung der Störerhaftung ohne Auflagen, ist schlicht nicht umsetzbar, da sie den Schutz der Rech- teinhaber vollkommen unberücksichtigt lässt und gegen Europarecht verstößt . Diese Lösung – das müssen wir klipp und klar sagen – ist nicht europarechtskonform und verstößt gegen die bestehende EU-Urheberrechtsrichtli- nie. Dieser Ansatz der kompletten Abschaffung der Stö- rerhaftung ohne jegliche Haftungsregelungen und damit ohne jegliche Möglichkeit der Durchsetzung von Rech- ten bei Rechtsverletzungen durch Dritte ist nicht umzu- setzen . Es wäre nicht mit geltendem EU-Recht konform . Zudem haben wir auch in der Vergangenheit immer be- tont, dass gegenüber dem berechtigten politischen Anlie- gen einer schnellen Verbreitung von offenem WLAN die Rechte von Urhebern nicht zur Disposition stehen . Und sicherheitspolitische Aspekte gäbe es bei dieser Lösung auch noch zu diskutieren . Wir müssen uns daher intensiv mit den Möglichkeiten der beiden ersten Optionen, nämlich der Beibehaltung des Status quo oder aber der Abschaffung der Störerhaf- tung in Verbindung mit Sperren, befassen . Unser Ziel war immer: mehr offenes WLAN bei gleichzeitiger Rechtssicherheit für Nutzer, Betreiber und Rechteinhaber . Mit welchem der beiden Varianten errei- chen wir dieses Ziel besser? Im Zuge der Gespräche mit Fachleuten und Sachver- ständigen zu dem neuerlichen Gesetzentwurf hat sich keine eindeutige Einschätzung herauskristallisiert . Es gibt die eine Seite, die für die Beibehaltung des Status quo plädiert, und die andere, die für die vorgeschlagene dritte Änderung des Telemediengesetzes argumentiert . Diese beiden Sichtweisen gilt es im nun folgenden parla- mentarischen Verfahren abzuwägen . Trotz des Willens, möglichst schnell zu einer Lösung zu kommen, müssen wir doch sehr sorgfältig abwägen, welche Vorgehensweise tatsächlich mehr Rechtssicher- heit schafft. Axel Knoerig (CDU/CSU): Mit der Änderung des Telemediengesetzes im letzten Sommer haben wir die Ausweitung freier WLAN-Netze hierzulande vorange- trieben . Auch in meinem Wahlkreis wird zunehmend kostenlo- ses Internet angeboten: Immer mehr Kommunen stellen an zentralen Plätzen oder in öffentlichen Einrichtungen einen WLAN-Zugang bereit, zum Beispiel in Freibä- dern, Jugendzentren und Mehrgenerationenhäusern . Das kommt dem Ausbau einer modernen Infrastruktur und dem Tourismus bei uns im ländlichen Raum zugute . Mit dem Gesetz wurden auch viele innovative Projek- te angestoßen: So wurden im Rahmen des Luther-Jahres in der Stadt Wittenberg insgesamt 20 Hotspots eingerich- tet . Und bei Hannover gibt es bereits die ersten Parkbän- ke mit WLAN-Anschluss . Ganz aktuell in diesem Zusammenhang plant die EU ein neues Förderprogramm: Mit 120 Millionen Euro sol- len bis zu 8 000 Kommunen gefördert werden, um öffent- liche Internetzugänge bereitzustellen . Trotz dieser erfolgreichen Entwicklung sieht das Bun- deswirtschaftsministerium weiterhin Nachbesserungsbe- darf: Mit dem vorliegenden Entwurf des 3 . Telemedie- nänderungsgesetzes soll noch mehr Rechtssicherheit für WLAN-Anbieter geschaffen werden. Dabei müssen sie bereits seit der letzten Gesetzesänderung keine teuren Abmahngebühren mehr fürchten, sofern ein Rechtsver- stoß erstmals erfolgt . Diese Novelle, die noch dazu in kürzester Zeit ver- abschiedet werden soll, bringt viele Nachteile mit sich: Besonders kritisch ist der Punkt, dass künftig nicht nur WLAN-Anbieter von Unterlassungs- und Beseitigungs- ansprüchen befreit werden . Vielmehr sollen alle Zu- gangsanbieter davon entbunden werden, also auch die großen Telekommunikationsfirmen. Das würde klar zu- lasten von Rechteinhabern wie Künstlern oder Verlagen gehen . Diese wiederum sollen durch eine andere Neurege- lung gestärkt werden: So will man WLAN-Betreiber un- ter anderem dazu verpflichten, den Zugang zu bestimm- ten Webseiten zu sperren . Dabei ist aber Folgendes zu beachten: Erstens . Eine völlige Befreiung von Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen verstößt gegen europäi- sches Recht . Zweitens . Netzsperren sind erfahrungsgemäß wenig wirksam . Sie bedeuten zugleich einen hohen Aufwand für WLAN-Betreiber, da Sperrungen immer aktualisiert werden müssen . Die Folge sind neue Rechtsunsicherhei- ten und Einschränkungen der Informationsfreiheit . Wir haben also in der Koalition noch einiges zu dis- kutieren . Das Thema WLAN ist mit dem Thema Breitbandaus- bau eng verknüpft . Daher möchte ich auch hierzu etwas sagen: Mit unserem Bundesprogramm fördern wir den Breitbandausbau in ländlichen Region . Wir investieren 4 Milliarden Euro bis 2018 für flächendeckendes schnel- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24283 (A) (C) (B) (D) les Internet. Auch der Landkreis Diepholz profitiert von einer Förderung in Höhe von 15 Millionen Euro . Im Zuge der Planungen in den verschiedenen Regio- nen wird inzwischen eine Tendenz deutlich, die unsere Aufmerksamkeit erfordert: Und zwar zeigen einzelne Netzbetreiber nach Zusage der Fördermittel doch Inte- resse daran, zuvor als „weiße Flecken“ definierte Gebiete auszubauen . Dadurch werden viele bereits geplante Be- treibermodelle nachträglich unwirtschaftlich . Mit dieser Art von unfairer Vorteilsnahme wird der Breitbandaus- bau in ganzen ländlichen Regionen gefährdet . Hier be- steht ein Problem auf den Glasfasermärkten, das wir dringend angehen müssen . Nur so können wir schnelles Internet und WLAN in ganz Deutschland bekommen . Marcus Held (SPD): Wir behandeln heute in erster Lesung den Entwurf eines mittlerweile Dritten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes . Es ist noch nicht so lange her, dass wir den Zweiten Entwurf in ein Gesetz gegossen hatten . Jedoch hatte am 15 . September 2016 dann der Europäische Gerichts- hof so entschieden, dass es für WLAN-Betreiber er- neut keine Rechtssicherheit mehr gab . Das wollen wir mit vorliegendem Gesetzentwurf nun endgültig ändern . WLAN-Betreiberinnen und -betreiber benötigen Rechts- sicherheit, wenn diese ihren WLAN-Zugang für die Öf- fentlichkeit zur Verfügung stellen . Und wir brauchen mehr öffentliches WLAN in Deutschland . Immer noch gibt es die WLAN-Wüste Deutschland . Der Zugang zum Internet gehört meiner Meinung nach mittlerweile zur öffentlichen Daseinsvor- sorge . Schulen, Bibliotheken, Cafés, aber auch Unterneh- men profitieren in hohem Maße davon. Insofern plädie- re ich dafür, schnellstmöglich diese Rechtssicherheit zu schaffen. Auch wenn es zeitlich ziemlich knapp ist, sollte das in dieser Legislaturperiode noch möglich sein . Dazu hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie einen sehr guten Vorschlag gemacht, auf dessen Grund- lage wir in der Koalition im Juni nun beraten können . Mir ist bewusst, dass es aufseiten der Innen- und Kul- turexperten Bedenken gegen das Gesetz gibt, weil eben Urheberrechtsverletzungen oder auch Sicherheitsrisiken gesehen werden, wenn es vermehrt offene WLAN-Netze gibt . Auch mit diesen Bedenken wollen wir uns während des Gesetzgebungsprozesses auseinandersetzen, um die- se auszuräumen . Hierzu besteht zumindest schon einmal das Instrumentarium der Evaluation des Gesetzes nach einer bestimmten Jahresfrist . Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich Gäste aus anderen europäischen Ländern, die ich oft hier in Ber- lin oder auch im Wahlkreis begrüßen darf, über das WLAN-unfreundliche Deutschland wundern . Besonders die ausländische Tourismusbranche schüttelt hier den Kopf, wie ich es alljährlich auf der Tourismusmesse ITB vernehmen kann . Als jemand, der aus einer touristisch aufstrebenden Region, nämlich Rheinhessen, kommt, ist es mir ein Herzensanliegen, dass wir hier zu einem guten Ergebnis kommen, wo wir es am Ende schaffen, es gesetzlich so rechtssicher zu machen, dass es zu keiner weiteren Ände- rung des Telemediengesetzes mehr kommen muss . Ich freue mich auf die anstehenden Beratungen mit meinen Fraktions- und Unionskollegen und danke dem Bundeswirtschaftsministerium schon einmal herzlich für seinen guten Gesetzentwurf . Lars Klingbeil (SPD): Der heute in erster Lesung zu beratende Entwurf für ein Drittes Gesetz zur Ände- rung des Telemediengesetzes (3 . TMGÄndG) ist not- wendig geworden, nachdem eine Entscheidung des Eu- ropäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 15 . September 2016 erneut Fragen hinsichtlich der Rechtssicherheit für WLAN-Hotspots aufgeworfen hat . Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist eine gute Grundlage, um das mit dem 2 . Telemedienänderungsgesetz verfolgte Ziel auch nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zu erreichen . Mit dem 2 . Telemedienänderungsgesetz hat der Deut- sche Bundestag klargestellt, dass auch WLAN-Anbieter die volle Haftungsprivilegierung als Internetzugangsan- bieter (Access-Provider) genießen . Durch die Gleich- stellung von WLAN-Anbietern mit Access-Providern ist eine Haftung eines WLAN-Anbieters für Rechtsverlet- zungen Dritter ausgeschlossen . Ein Internetzugangsan- bieter kann damit weder zur Zahlung von Schadenersatz noch zur Tragung der Abmahnkosten und der gerichtli- chen oder außergerichtlichen Kosten im Zusammenhang mit der von einem Dritten begangenen Rechtsverletzung verpflichtet werden. Die Privilegierung der WLAN-Be- treiber schließt auch eine Inanspruchnahme auf Beseiti- gung und Unterlassung aus . Nicht ausgeschlossen hat auch das 2 . Telemedienän- derungsgesetz die Möglichkeit einer gerichtlichen An- ordnung, wie sie das europäische Recht vorgibt . Diese Anordnung darf aber nicht eine Verschlüsselungs- und/ oder Registrierungspflicht zur Folge haben. Zwar hat der EuGH dies im Grundsatz bestätigt . Zugleich hat er aber festgestellt, dass ein Gericht oder eine nationale Behörde gegen einen WLAN-Betreiber eine Anordnung erlassen kann, um der Wiederholung einer Rechtsverletzung vor- zubeugen . Dies könne beispielsweise eine Anordnung zur Verpflichtung zur Verschlüsselung des Netzes und zur Registrierung der Nutzerinnen und Nutzer erreicht werden, wobei zahlreiche andere – weniger weitreichen- de – Möglichkeiten in dem Urteil nicht erwähnt werden . Unklarheit besteht darüber, wer die Kosten für eine sol- che gerichtliche Anordnung tragen muss . Das Urteil hat damit erneut Rechtsunsicherheit hervor- gerufen, da Anbieter nun fürchten, ihren WLAN-Hotspot verschlüsseln zu müssen und abgemahnt zu werden . Dies könnte beispielsweise dazu führen, dass Kommunen Investitionen in offene WLAN-Hotspots zurückstellen, weil sie befürchten müssen, dass ein Gericht ihnen diese Auflagen anordnet und sie sie schlichtweg nicht erfüllen können . Diese Rechtsunsicherheit soll durch die erneute An- passung des Telemediengesetzes beseitigt werden . Ich danke der Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries, dass sie die Initiative ergriffen und diesen Gesetzentwurf Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724284 (A) (C) (B) (D) vorgelegt hat, um das wichtige Ziel der Koalitionsverein- barung und der Digitalen Agenda der Bundesregierung, Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber zu schaffen, errei- chen zu können . Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird der Umfang der Haftungsbeschränkung für Inter- netzugangsanbieter klar geregelt . Darüber hinaus werden diese weitgehend von der Kostentragungspflicht, insbe- sondere bei Abmahnungen, befreit . Schließlich sieht der Gesetzentwurf eine Klarstellung vor, dass WLAN-Be- treiber nicht von einer Behörde verpflichtet werden dür- fen, Nutzer zu registrieren, ihr WLAN nicht mehr anzu- bieten oder die Eingabe eines Passworts zu verlangen . Da die europarechtlichen Vorgaben der Urheber- rechts- und der Durchsetzungsrichtlinie explizit gericht- liche Anordnungen gegen Diensteanbieter vorschreiben, sieht der Gesetzentwurf zugleich vor, dass Rechteinhaber von den Diensteanbietern die „Sperrung der Nutzung der Information verlangen können, um die Wiederholung der Rechtsverletzung zu verhindern“ . Hierfür soll mit dem Entwurf eine „Anspruchsgrundlage für gerichtliche An- ordnungen“ gegen Access-Provider geschaffen werden. Ich sehe zwei Punkte, über die im parlamentarischen Verfahren noch geredet werden müsste: Der eine betrifft die Anspruchsgrundlage für gerichtliche Anordnungen . Eine solche Anordnung bedarf einer Grundrechtsab- wägung, weswegen ihr zwingend eine konstitutive ge- richtliche Anordnung vorausgehen muss . Damit einher geht die Frage der Kostentragung . Der zweite Punkt betrifft die notwendige Klarstellung, dass auch Gerichte WLAN-Anbieter nicht dazu verpflichten dürfen, die Ge- währung des Zugangs von a) der Registrierung der Nut- zer, b) der Verschlüsselung des WLAN-Netzes abhängig zu machen oder c) die Einstellung des WLAN-Angebots zu fordern . Diese Änderungen, die in ähnlicher Form auch seitens des Bundesrates gefordert werden, entspre- chen dem, worauf sich die Koalitionsfraktionen bereits mit dem 2 . Telemedienänderungsgesetz verständigt ha- ben . Von daher spricht aus meiner Sicht nichts dagegen, den Entwurf mit diesen Änderungen schnell zu beschlie- ßen und so wieder Rechtssicherheit für WLAN-Hotspots zu schaffen. Wir haben einen knappen Zeitplan, um das Gesetz noch bis zur Sommerpause zu verabschieden und um ein zentrales Vorhaben der Digitalen Agenda umzusetzen . Es ist gut, dass es der Bundeswirtschaftsministerin gelun- gen ist, diesen Kompromiss zu erreichen und diesen Ge- setzentwurf der Bundesregierung auf den Weg zu brin- gen . Nun liegt es an unserem Koalitionspartner, dieses wichtige Vorhaben nicht zu gefährden. Offenbar gibt es aber Überlegungen in der Unionsfraktion, diesen in der Bundesregierung gefundenen Kompromiss grundsätzlich infrage zu stellen . Aus Sicht der SPD-Fraktion kann ich daher nur fest- stellen, dass die rote Linie für uns der bereits mit dem 2 . Telemedienänderungsgesetz gefundene Kompromiss darstellt, den der Gesetzentwurf nochmals klarstellt . Auf dieser Grundlage können wir uns im Parlament sehr schnell auf eine weitere Novellierung des Telemedienge- setzes verständigen, um auch nach dem Urteil des EuGH Rechtssicherheit für öffentliche WLAN-Hotspots sicher- zustellen . Eine Verschlechterung der jetzigen Rechtslage darf es auf keinen Fall geben . Dies widerspräche auch diametral dem Koalitionsvertrag und der Digitalen Agen- da . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Die Störerhaftung für WLAN-Betreiber ist ein Paradebeispiel dafür, wie man es sich als Gesetzgeber mit einem sehr einfachen Problem sehr lange sehr schwer machen kann . Das Problem: Wer in Deutschland ein für die Öffentlichkeit zugängliches WLAN betreibt, setzt sich der Gefahr aus, für Rechts- verstöße geradestehen zu müssen, die andere unter Be- nutzung dieser Internetverbindung begehen . Die Folge: Offene WLAN-Netze sind in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern Mangelware, obwohl sie einen wich- tigen Baustein für den Zugang zu digitaler Infrastruktur darstellen . Spätestens seit einem Urteil des BGH von 2010 ist auch klar, dass der Gesetzgeber gefordert ist, sich dieses Problems anzunehmen . So einfach wie das Problem ist, so simpel wäre auch die Lösung: Es braucht nichts ande- res als eine gesetzliche Klarstellung, dass WLAN-Betrei- ber in dieser Hinsicht genauso zu behandeln sind wie alle anderen Zugangsanbieter . Das Problem schien dann ir- gendwann auch erkannt gewesen zu sein: Jedenfalls kün- digt der Koalitionsvertrag von 2013 an, Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber zu schaffen und sie bei der Haftung analog zu anderen Zugangsanbietern zu behandeln . Passiert ist dann erst einmal nichts . 2014 kam die Di- gitale Agenda; da haben Sie das noch einmal bekräftigt und einen Gesetzentwurf „in Kürze“ angekündigt . Kurz danach haben wir selbst einen Gesetzentwurf einge- bracht, der das Problem vollumfänglich gelöst hätte . Den haben Sie natürlich abgelehnt . Erst 2016 kam dann Ihr Gesetzentwurf . Nur ist der an das Gesetz so halbgar herangegangen, dass das eigentli- che Problem immer noch nicht gelöst wurde, selbst nach- dem einiger, noch größerer Unfug daraus entfernt wurde . Damals habe ich im Plenum dazu gesprochen und Ihnen angekündigt, dass mit Ihrem Entwurf weitere Rechts- streitigkeiten folgen werden, weil Sie immer noch keine Haftungsfeststellung für Unterlassungsansprüche vor- sehen . Damals haben die Kollegen von CDU und SPD dazwischengerufen – ich habe noch einmal ins Protokoll gesehen –, das würde alles gar nicht stimmen und wäre ein völlig falsches Rechtsverständnis . Jetzt – ein Jahr später – legt die Bundesregierung ei- nen Gesetzentwurf vor, in dem sie feststellt, dass wei- tere Rechtsstreitigkeiten gefolgt sind und dass es jetzt notwendig wäre, eine Haftungsfreistellung für Unter- lassungsansprüche vorzusehen . Welche Überraschung! Gerne würde ich mich darüber freuen, dass nun endlich das erreicht ist, was schon vor Jahren sehr leicht zu ha- ben gewesen wäre . Aber Sie haben es zustande gebracht, auch in diesen Entwurf schon wieder einen Fallstrick einzuflechten: Die Anbieter von WLAN-Zugängen sol- len nun ausgerechnet zur Einrichtung von Netzsperren verpflichtet werden können. Und da fallen wir nach dem großen Bogen von 2010 zu heute auf einmal auf den Diskussionsstand von 2009 zurück und müssen wohl ernsthaft wieder über Löschen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24285 (A) (C) (B) (D) statt Sperren reden . Meine Damen und Herren: Wir müs- sen uns vielleicht Sisyphos als glücklichen Menschen vorstellen . Aber bitte nicht als vorbildlichen Netzpoliti- ker . Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dass die digitale Infrastruktur in diesem Land längst noch nicht da ist, wo wir sie alle gerne sehen würden, hat einen Grund: Und zwar diese Bundesregierung . Ausnahmsweise möchten wir in diesem Zusammen- hang nicht Herrn Dobrindt in die Pflicht nehmen, sondern was das bis heute andauernde Versagen der Bundesregie- rung betrifft, endlich Rechtssicherheit für Betreiber von öffentlichem WLAN herzustellen, so heißen die verant- wortlichen Ministerinnen und Minister Zypries, Gabriel, Rösler und Brüderle . Die verschiedenen Namen zeigen schon einmal die zeitliche Dimension des Problems; zu den inhaltlichen Dimensionen komme ich später: Das Versprechen der Bundesregierung von Frau Merkel, die sogenannte Störerhaftung zu beseitigen und endlich eine rechtssichere Bereitstellung von öffentli- chem WLAN zu ermöglichen, ist über den Zeitraum von mittlerweile beinahe zwei Legislaturperioden im- mer wieder erneuert worden . Weil es immer noch nicht eingelöst wurde und leider auch der vorliegende Gesetz- entwurf einmal mehr am Ziel vorbeischießt, wird dieses Versprechen durchaus zu Recht schon als Running Gag der Digitalpolitik dieser Bundesregierung bezeichnet . Das Spiel war und ist dasselbe: Grundsätzlich unter- stützenswerte Vorhaben werden im Zuge der digitalpoli- tischen Gehversuche dieser Bundesregierung in gesetzli- che Regelungen übersetzt, die diesen Vorhaben ganz und gar nicht gerecht werden oder aber an den entscheiden- den Stellen so unpräzise sind, dass sie auf die Auslegung von Gerichten angewiesen sind. Auf die offensichtlichen Fehler der Vergangenheit wird dann eine Form von re- gulativem Pflaster geklebt, im selben Zuge dann aber wiederum völlig ohne Not ein bisher noch ungesehenes regulatives Gespenst in die Debatte gezerrt, das abermals zu Verwirrung und Rechtsunsicherheiten führt . Auch im vorliegenden Gesetzentwurf ist das grund- sätzlich formulierte Vorhaben der Bundesregierung nicht nur begrüßenswert, sondern das, worauf wir seit Jahren warten: Dass eine längst überfällige Befreiung der Diens- teanbieter von Haftung und Abmahnkosten im Zusam- menhang mit Rechtsverstößen Dritter bereits das Ziel der letzten Änderungen am Telemediengesetz durch die Bundesregierung im vergangenen Jahr war, sagt die Bun- desregierung an dieser Stelle selbst . Neben der wichtigen Klarstellung, dass die Haftungs- befreiung auch für die Kosten für gerichtliche Unterlas- sungsanordnungen gilt, sollen WLAN-Betreiber zudem nicht von Behörden verpflichtet werden können, Nutzer zu registrieren oder eine Passworteingabe zu verlangen . Bedauerlicherweise sind entsprechende Anordnungen durch Gerichte aber nach wie vor möglich . Hier hat die Bundesregierung auch eine entsprechende Anregung des Bundesrates abgelehnt . Wiederum völlig ohne Not bringt sie im vorliegenden Entwurf gleich zwei neue Gespenster in die parlamenta- rische und öffentliche Debatte ein: Erstens sollen WLAN-Betreiber durch Anordnun- gen einer Behörde nun zur temporären Einstellung ihrer Dienste verpflichtet werden können. Die vagen Verweise auf die Abwehr von Gefahren und entsprechende Rechts- grundlagen erwecken nicht den Eindruck, als ob hierbei zukünftig kritische Interpretationsspielräume ausge- schlossen seien . Zweitens schafft die Bundesregierung einen Anspruch von Rechteinhabern gegenüber Zugangsanbietern, die Sperrung der Nutzung von Informationen zu verlangen, und bringt in diesem Zusammenhang von sich aus Netz- sperren von bestimmten Ports und Seitenzugriffen ins Spiel . Davon abgesehen, dass Netzsperren nicht umsonst höchst umstritten sind: Entgegen der eigentlichen Ziel- vorgabe dieses Gesetzentwurfs müssten WLAN-Betrei- ber die Kosten eines verlorenen Widerspruchs tragen, wenn sie sich sozusagen dem „Zuruf“ eines Rechtein- habers und dessen Forderung eine Netzsperre entziehen und der Rechteinhaber vor Gericht gewinnen sollte . Wohin das führt, haben Verbraucherschützer, Bür- gerrechtlerinnen und Wirtschaftsverbände in ihrer doch sehr deutlichen Kritik dargelegt: Große Diensteanbieter befürchten, bevorzugtes Ziel von Sperranforderungen zu werden; kleine und private WLAN-Betreiber fürchten, aufgrund des mit Sperranforderungen einhergehenden technischen und bürokratischen Aufwands sowie auf- grund des finanziellen Risikos kein offenes WLAN an- bieten zu können . Ich befürchte, beide haben Recht . In jedem Fall führt diese Regelung zu Wettbewerbs- verzerrungen . Zusätzlich zum Risiko eines Overblock- ing, von dem zumal auch einige vielfach genutzte legale Angebote betroffen sein dürften, besteht durch die mög- licherweise drohenden Gerichtskosten genau eines nicht: Rechtssicherheit . Da hilft es auch nicht, dass sich die Bundesregierung in ihrem Legislaturbericht Digitale Agenda, zu dem wir ja auch morgen noch diskutieren werden, bereits ausführ- lich dafür lobt, einen sicheren Rechtsrahmen für WLAN geschafft zu haben – noch vor dem aktuell hier laufenden parlamentarischen Verfahren . Was hier auf Hochglanzpa- pier gedruckt wurde, ist nicht mehr als das, was es seit nunmehr bald sieben Jahren ist: ein uneingelöstes Ver- sprechen . Anlage 31 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vor- schriften (Tagesordnungspunkt 34) Jutta Eckenbach (CDU/CSU): Der Staat hat die Aufgabe, den Opfern unter unseren Soldaten, Wehr- dienstleistenden oder Opfern von Gewalttaten mit staat- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724286 (A) (C) (B) (D) lichen Leistungen zu helfen . Unter anderem ist diese Aufgabe im Bundesversorgungsgesetz geregelt . Die Hil- fen können vielfältiger Art sein, und es ist ein besonders wichtiger Aspekt, dass es beim zusätzlichen Bezug von Sozialleistungen auch einen entsprechenden angemesse- nen, nicht anrechenbaren Vermögensfreibetrag gibt . Den Freibetrag im Sozialgesetzbuch XII haben wir bereits im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes angeho- ben, um auch dem Personenkreis im Sozialgesetzbuch XII eine Verbesserung zu verschaffen, welche wir der Gruppe von relativ gut verdienenden Arbeitnehmern mit Behinderungen durch höhere Einkommensfreigrenzen in der Eingliederungshilfe auch gegeben hatten . Nun stel- len wir auch bei den Leistungsempfängern nach dem Bundesversorgungsgesetz und den Gesetzen, die eine Anwendung des BVG vorsehen, also unter anderem dem Opferentschädigungsgesetz, sicher, dass der Vermögens- schonbetrag angehoben wird . Diesen Gesetzentwurf nutzen wir zugleich, um eine ganze Reihe von Änderungsanträgen anzuhängen, wel- che eine enorme Bandbreite widerspiegeln . Wir ändern das Opferentschädigungsgesetz, um deut- schen Opfern von Gewalttaten im Ausland – die hof- fentlich nicht stattfinden werden – eine höhere Leistung zukommen zu lassen . Diese Beträge sind seit 2009 nicht verändert worden, und wir halten diese Erhöhung für not- wendig und angemessen . Weitere Änderungen im OEG besprechen und diskutieren wir seit langem, und wir sind auf einem guten Weg, diese intensiven Vorbereitungen abzuschließen . Dann können wir in der kommenden Wahlperiode dieses wichtige Projekt auf Grundlage die- ser langwierigen Vorarbeit angehen . Eine andere wichtige Änderung betrifft das Asylrecht. Bereits 2015 gab es Hinweise von Leistungsbehörden, zum Beispiel Jobcentern, die bei unklarer Identität des Antragstellers gerne eine Überprüfung der Fingerabdrü- cke durchführen wollten . Das gab die Rechtslage aber nicht her . Nun wird es möglich sein, dass bei Bezug von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und bei Zweifeln über die Identität ein Fingerabdruckscan vorgenommen werden kann . Damit werden Leistungs- missbrauch und – was genauso wichtig ist – Mehrfach- identitäten verhindert . Der Mindestlohn begleitet uns durch die gesamte Wahlperiode, und wir werden nun eine ganz besondere Lücke schließen . Viele freie Träger zum Beispiel in der Jugendhilfe beteiligen sich an Ausschreibungen für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach den Sozialge- setzbüchern II und III bei der Bundesagentur für Arbeit und gerieten immer wieder ins Hintertreffen, wenn sie mit bestimmten anderen Anbietern konkurrieren mussten . Es gab immer wieder Anbieter – die BA spricht von circa 16 Prozent –, die den in der Weiterbildungsbranche gere- gelten tariflichen Mindestlohn nicht zahlen müssen und somit auch nicht in das Angebot einfließen ließen, wenn sie die ausgeschriebene Dienstleistung nicht überwie- gend, also zu mindestens 50 Prozent, angeboten hatten . Dieses Überwiegensprinzip verursachte also eine Lücke in der Kalkulation zulasten der Träger, die den tariflichen Mindestlohn zahlen . Diese Lücke schließen wir nun, in- dem bei öffentlichen Aufträgen alle zur Zahlung des ta- riflichen Mindestlohns verpflichtet werden können. Das ist im Interesse der bisher benachteiligten Träger, aber auch insgesamt aller Beschäftigten bei allen Trägern . Die öffentliche Anhörung hat ergeben, dass auch von einer Qualitätssteigerung auszugehen ist, da mithilfe dieser Neuregelung die Fachkräftegewinnung leichter wird . Außerdem passen wir das Steuerverfahrensrecht an die EU-Datenschutz-Grundverordnung an, die zum 25 . Mai 2018 in Kraft treten wird . Im Bereich der Sozial- daten gab es in der öffentlichen Anhörung keine Zweifel, dass unser hohes Datenschutzniveau erhalten bleibt . Eine große Baustelle sind die Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft. Da die Selbstverpflichtung der In- dustrie nicht wirklich viel gebracht hat, werden wir heute eine eigens für die Fleischindustrie geschaffene gesetzli- che Regelung verabschieden . Hier wird es Änderungen geben, die die Rechte der Beschäftigten stärken . So soll vermieden werden, dass die Beschäftigten beispielsweise Arbeitsschutzkleidung selbst bezahlen sollen . Auch die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen soll sicher- gestellt werden durch die Einführung einer Beitragshaf- tung. Wichtig ist auch die Verpflichtung zur Aufzeich- nung der Arbeitszeiten . Dr. Astrid Freudenstein (CDU/CSU): Die Verbes- serungen, die wir mit dem Bundesteilhabegesetz bei der Anrechnung von Einkommen und Vermögen erreichen konnten, waren immens. Es profitieren nun vor allem die- jenigen, die Eingliederungshilfe beziehen und auf dem ersten Arbeitsmarkt tätig sind . Uns war es aber ebenfalls immer ein großes Anliegen, dass auch die von der Re- form profitieren, die nicht selbst für sich sorgen können – oft sind das geistig und psychisch behinderte Menschen in Werkstätten . Deshalb wurde der Vermögensschonbe- trag für Grundsicherungsempfänger des SGB XII ange- hoben . Per Verordnung wurde der Sparerfreibetrag zum 1 . April dieses Jahres von 2 600 Euro auf 5 000 Euro fast verdoppelt. Das ist eine gute Sache für die Betroffenen! Wie so oft bei Änderungen in Sozialgesetzbüchern bedingt das eine jedoch auch anderes . An den Vermö- gensschonbeträgen in der Sozialhilfe orientieren sich zum Beispiel auch die Schonbeträge im Bundesversor- gungsgesetz und der Kriegsopferfürsorge . Dort sind sie allerdings grundsätzlich etwas großzügiger gestaltet, um dem Aufopferungsgedanken angemessen Rechnung zu tragen . Durch die Erhöhung der Beträge im SGB XII wäre dieser Personenkreis nun schlechtergestellt worden . Daher wird auch das Schonvermögen im Bundesversor- gungsgesetz und in der Kriegsopferfürsorge-Verordnung angehoben . Das ist nicht nur eine logische Anschlussän- derung, sondern eine Selbstverständlichkeit im Umgang mit den Betroffenen. Das vorliegende Gesetz beinhaltet jedoch noch einen großen Anhang an weiteren Gesetzesänderungen . Neben vielen redaktionellen Ausbesserungen stehen dabei vor allem folgende Änderungen im Mittelpunkt: Erstens . Es wird eine Mindestlohnlücke geschlossen . Träger von Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach SGB II oder SGB III können nun bei der Ausfüh- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24287 (A) (C) (B) (D) rung öffentlicher Aufträge zur Zahlung des Mindestlohns verpflichtet werden. Gerade an dieser sensiblen Stelle können nun also gerechte Löhne garantiert werden . Da- rüber hinaus werden explizit die Rechte der Beschäftig- ten in der Fleischindustrie gestärkt . Das ist nötig, weil die Fleischindustrie nicht ohne Grund öfter für ihre Arbeits- bedingungen kritisiert wird . Zweitens . Im nächsten Jahr wird die EU-Daten- schutz-Grundverordnung unmittelbar geltendes Recht in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union . Das ge- samte deutsche Datenschutzrecht muss deshalb auf seine Vereinbarkeit mit der Verordnung überprüft werden . Än- derungsbedarf wurde bereits im Steuerverfahrensrecht und beim Sozialdatenschutz erkannt . Besagte Gesetze werden deshalb im Sinne der Datenschutzverordnung angepasst . Drittens . Behörden erhalten nun die Möglichkeit, bei Zweifeln über die Identität eines Asylbewerbers per Fin- gerabdruckscanner seine Identität prüfen zu lassen . Ziel ist es, einen Leistungsmissbrauch durch Identitätstäu- schung zu vermeiden . Alle Sozialbehörden sollen mit einem solchen Scanner ausgestattet werden . Gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Geschehnisse ist eine sol- che Möglichkeit wichtig . Der Sozialstaat darf sich nicht auf der Nase herumtanzen lassen . Der Leistungsberech- tigte hat dabei eine Mitwirkungspflicht. Ihm drohen also Kürzung oder Entzug der Leistungen, wenn er seinen Fingerabdruck nicht zur Verfügung stellt . Alles in allem werden mit dem zu beschließenden Ge- setz also keine Paradigmenwechsel eingeleitet . Es wer- den aber sinnvolle und notwendige Änderungen und Er- gänzungen vorgenommen, weil Gutes immer noch besser gemacht werden kann! Dr. Matthias Bartke (SPD): Es ist jetzt genau ein halbes Jahr her, dass wir im Deutschen Bundestag das Bundesteilhabegesetz beschlossen haben . Dieses Gesetz ist aus den verschiedensten Gründen ein ganz besonde- res . Dazu zählt vor allem, dass wir schon beim Entste- hungsprozess dem Motto gefolgt sind: „Nichts über uns ohne uns“ . Das Bundesteilhabegesetz ist aber auch ein besonders eindrucksvolles Beispiel für das Struck’sche Gesetz: „Kein Gesetz kommt aus dem Parlament so he- raus, wie es eingebracht worden ist .“ Zu den zahlreichen Verbesserungen, die wir im parla- mentarischen Verfahren erreicht haben, gehört auch die Anhebung des Vermögensschonbetrags in der Sozialhil- fe . Statt wie bisher 2 600 Euro gelten nun 5 000 Euro als kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte . Von Ver- mögen in dieser Höhe darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden . Damit haben wir den finanziellen Freiraum für Bezie- her von Sozialhilfe deutlich erhöht . Das gilt vor allem für Beschäftigte in Werkstätten für Menschen mit Behin- derungen, wenn sie auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen sind . Sie können nun auch auf eine größere Anschaffung sparen – ganz nach eigenem Gutdünken. Vermögensschonbeträge sind aber nicht nur für die Sozialhilfe geregelt. Sie findet man auch im Bundes- versorgungsgesetz und in der Verordnung zur Kriegs- opferfürsorge . Diese Regelungen sind aber schon seit Jahrzehnten günstiger ausgestaltet als die Regelungen zur Sozialhilfe . Und das nicht ohne Grund: Das Bundes- versorgungsgesetz regelt die staatlichen Leistungen für Personen, die durch Krieg, militärischen oder militärähn- lichen Dienst einen gesundheitlichen Schaden erlitten haben . Es regelt auch die Leistungen für ihre Hinterblie- benen . Die höheren Schonbeträge sollen dem Gedanken des Sonderopfers Rechnung tragen . Dabei soll es auch in Zukunft bleiben . Wir heben da- her auch die Vermögensschonbeträge in der Verordnung zur Kriegsopferfürsorge an . Damit werden wir weiterhin der besonderen Lebenslage der Betroffenen und dem Charakter des sozialen Entschädigungsrechts gerecht . Dem Gesetzentwurf geben wir außerdem eine ganze Reihe von Änderungen mit auf den Weg . Dazu zählen unter anderem gleich mehrere redaktionelle Änderungen, vor allem im Bundesteilhabegesetz . Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Und manchmal fliegen die Späne eben auch in die falsche Richtung . Es ist deswegen gut, dass wir sie hier wieder einsammeln und entsprechende re- daktionelle Anpassungen vornehmen . Der Änderungsantrag gibt aber nicht nur Raum für die Berichtigung von Redaktionsversehen . Wir setzen damit noch verschiedenste Vorhaben um, die uns zum Teil schon eine ganze Weile durch die Legislatur beglei- ten. Dazu gehört der vergabespezifische Mindestlohn für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten und Dritten Buch Sozialgesetzbuch . Das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts haben wir schon Ende 2015 beschlossen . Durch diese Reform haben wir soziale Aspekte bei der Beschaffung umfassend gestärkt. In Bezug auf die Arbeitsmarktdienstleistungen konnten wir außerdem konkrete Qualitätskriterien durchsetzen . Damit haben wir einen großen Schritt gemacht für mehr Qualität bei Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen . Das war für uns in der SPD von höchster Priorität . An einem Punkt haben wir uns aber doch noch ge- rieben: Den Zuschlag bekommt nach wie vor das wirt- schaftlichste Angebot, was sich eben nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis bestimmt . Damit bleibt beim Vergabeverfahren im Zweifelsfall derjenige zurück, der nach besserem Tariflohn zahlt und daher einen höheren Preis verlangt . Zwar gibt es einen Mindestlohn für die Aus- und Wei- terbildungsbranche . Das sogenannte Überwiegensprin- zip ist aber der Grund, weshalb nicht alle Träger diesen Tariflohn zahlen müssen. Die Arbeitgeber sind zur Ent- lohnung nach Tarifvertrag nämlich nur dann verpflich- tet, wenn mindestens 50 Prozent der Arbeitszeit in ihrem Betrieb auf die vom Tarifvertrag erfassten Tätigkeiten entfallen . Viele Weiterbildungseinrichtungen bieten ihre Leis- tungen aber auch für private Unternehmen oder im Rah- men von europäischen Förderprogrammen an . Wenn sie ihre Angebotspalette auf diese Weise vergrößern, fällt der Anteil ihrer Dienstleistungen im Bereich der Aus- und Weiterbildung nach dem SGB II und SGB III schnell un- ter die 50 Prozent . Sie müssen dann also nicht den Min- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724288 (A) (C) (B) (D) destlohn der Aus- und Weiterbildungsbranche bezahlen und haben damit einen Kostenvorteil bei der Vergabe . Das Resultat ist ein Preiswettbewerb, der auf Kosten der Qualität und des Personals geht . Es ist klar, dass uns das in der SPD ein Dorn im Auge blieb . Im Zuge der Vergaberechtsmodernisierung konn- ten wir dieses Problem leider noch nicht lösen . Ein Pro- blem, das außerdem mit europarechtlichen Bedenken behaftet war . Ich bin froh, dass wir diese – auch durch unsere große Beharrlichkeit – endlich aus dem Weg ge- räumt und eine Lösung gefunden haben . Durch den nun vorgesehenen Vergabemindestlohn werden auch die Träger zur Entlohnung nach Tarifvertrag verpflichtet, die nicht dem Tariflohn der Aus- und Wei- terbildungsbranche unterliegen . Damit sichern wir die faire Entlohnung des Personals. Wir erhoffen uns, dass die bessere Bezahlung die Motivation der Beschäftigten steigert und es zu weniger Personalfluktuation kommt. Mit dem Vergabemindestlohn verhindern wir außerdem ungerechtfertigte Preisvorteile. Das schafft mehr Chan- cengleichheit zwischen den Trägern . Am Ende gewinnt die Qualität. Davon profitieren in jedem Jahr Tausende von Menschen, deren Aus- und Weiterbildung über ihre Beschäftigungsmöglichkeiten, ihre Jobsicherheit und Aufstiegschancen entscheidet . Ich habe an dieser Stelle nur eine der zahlreichen Än- derungen vorgestellt . Ich will Ihnen aber versichern, dass jede einzelne wohl bedacht ist . Ich freue mich, dass sie nicht der wenig verbliebenen Zeit bis zum Ende der Le- gislatur zum Opfer fielen, sondern in gemeinsamer An- strengung heute zur Abstimmung gebracht wurden . Frank Junge (SPD): Im vergangenen Jahr hat der Deutsche Bundestag mit dem Steuermodernisierungs- gesetz die rechtlichen Voraussetzungen für den umfas- senden Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung im Besteuerungsverfahren geschaffen. Dadurch wird künf- tig die Abgabe der Steuererklärung vereinfacht und die Arbeit der Finanzämter effizienter gemacht. Einen ent- scheidenden Teil haben wir im damaligen Gesetz jedoch bewusst ausgeklammert: das Thema Datenschutz . Grund war damals, dass wir die Implementierung der europäi- schen Datenschutz-Grundverordnung abwarten wollten, um anschließend die spezifischen datenschutzrechtlichen Regelungen für das Besteuerungsverfahren optimal an- passen zu können . Diese Datenschutz-Grundverordnung tritt nun am 25 . Mai 2018 in Kraft . Da sich das zunächst geplante Anpassungsgesetz unter der Federführung des Bundesministeriums des Inneren verzögert, nehmen wir die das Besteuerungsverfahren betreffenden Änderungen nun im Rahmen des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und an- derer Vorschriften vor. Ich sage ganz offen: Ich bin mit dieser Vorgehensweise nicht glücklich . Ich hätte mir ge- wünscht, wir hätten uns ausführlicher mit dem Thema und den notwendigen gesetzlichen Änderungen ausei- nandersetzen können . Es gibt aber auch einen guten Grund, das Gesetzge- bungsverfahren noch in dieser Legislaturperiode abzu- schließen. Auf diese Weise schaffen wir Klarheit über die datenschutzrechtlichen Regelungen, auf die sich die Finanzverwaltung und die Steuerpflichtigen einstellen müssen . Ich bin der Auffassung, dass die vorliegenden An- passungen im Bereich des Datenschutzes sinnvoll und vertretbar sind. Wir treffen mit dem Gesetz wesentliche Regelungen zu den Informationspflichten der Finanz- behörden und den Auskunfts-, Berichtigungs- und Lö- schungsrechten der Betroffenen. Die Steuerpflichtigen haben ein umfassendes Auskunftsrecht über ihre Daten gegenüber der Finanzbehörde . Bei der Auskunftserteilung müssen allerdings die Be- lange des Steuerpflichtigen mit den Erfordernissen einer wirkungsvollen Bekämpfung der Steuerhinterziehung abgewogen werden . Ich halte es deshalb für richtig, dass die Auskunftserteilung dann verweigert werden kann, wenn die Informationen den Steuerpflichtigen in die Lage versetzen könnten, steuerlich bedeutsame Sachver- halte zu verschleiern oder Spuren zu verwischen . Die Finanzbehörden müssen die Ablehnung der Aus- kunftserteilung begründen. Zudem kann der Betroffene Widerspruch beim Bundesdatenschutzbeauftragten ein- reichen . Auf Drängen der SPD-Fraktion konnten zwei ent- scheidende Erfolge in den Beratungen mit dem Koaliti- onspartner und im Finanzausschuss erzielt werden: Zum einen haben wir dafür gesorgt, dass die Behör- de des Bundesdatenschutzbeauftragten, die künftig die Zuständigkeit über die Aufsicht der Finanzbehörden hin- sichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten inne hat, auch mit entsprechenden Mitteln ausgestattet wer- den soll . Hierzu heißt es im Bericht des federführenden Ausschusses für Arbeit und Soziales: „Die Bundesbeauf- tragte wird für die sachgerechte Ausübung ihrer neuen Kompetenzen allerdings zusätzliches Personal und zu- sätzliche Sachmitteln benötigen . Hierfür ist hinreichende Haushaltsvorsorge zu treffen.“ Ich erwarte deshalb, dass die Behörde mit ausreichend Personal und Sachmitteln ausgestattet wird . Des Weiteren ist es uns gelungen, die Rechte der Steu- erpflichtigen gegenüber der Finanzbehörde noch einmal zu stärken . Wir haben etwa im Bericht des federführen- den Ausschusses Beispiele für die „geeigneten Maß- nahmen“ aufgenommen, die die Finanzbehörden zum Schutz der betroffenen Personen ergreifen sollen, wenn eine Auskunft durch die Behörde unterbleibt . Dies ist zum einen die Bereitstellung allgemeiner Informatio- nen für die Öffentlichkeit, zum Beispiel in Form einer Informationsbroschüre oder einer Veröffentlichung auf der Website der Finanzverwaltung . Zum Zweiten muss die Informationsausgabe der Finanzbehörden umgehend erfolgen, sobald der Hinderungsgrund der Nichtausgabe der Information entfallen ist . Auch wenn man über das Verfahren streiten kann, so bin ich überzeugt, dass wir an dieser Stelle eine sachge- rechte Anpassung der Datenschutzregelungen im Bereich des Steuerrechts erzielt haben . Ich bitte deshalb um Zu- stimmung zum Gesetz . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24289 (A) (C) (B) (D) Jutta Krellmann (DIE LINKE): Wir Linke haben die Behandlung der Dutzenden von vorliegenden Änderun- gen an dem Bundesversorgungsgesetz als Omnibus-Än- derungsantrag schon mehrfach kritisiert . Es kann nicht sein, dass wir Änderungen unter anderem am Handels- gesetzbuch, am Genossenschaftsgesetz, am Patentgesetz, an den Sozialgesetzbüchern I, II, III, VII, IX, X sowie XII – es sind noch viele andere mehr – zu unterschiedli- chen Zwecken in einem Tagesordnungspunkt behandeln, und dann noch nicht mal eine Debatte im Bundestag dazu führen . Omnibusverfahren wie diese erschweren es uns Ab- geordnete, die zur Abstimmung vorgelegten Gesetzesin- itiativen ordnungsgemäß und gewissenhaft im Interesse der Allgemeinheit zu prüfen . Und sie erleichtern es Lob- byisten, Änderungen zugunsten von Partikularinteressen unbemerkt durchzudrücken . Wenn Demokratie funk- tionieren soll, wenn vor allem auch die Politik für die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar sein soll, muss Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehen . Den Gesetzentwurf sowie den Änderungsantrag der Koalition müssen wir ablehnen, denn es ist zu viel Frag- liches dabei . Ich kann hier aber nur auf einzelne Punkte eingehen . Zu den Änderungen im Asylbewerberleistungsgesetz: Sie sind schlicht überflüssig. Der mehrfache Leistungs- bezug infolge ungeklärter Identitäten war ein Übergangs- phänomen der Jahre 2015 und 2016, als die Behörden mit der korrekten Erfassung vieler Asylsuchender nicht nach- gekommen sind . Nach Angaben der Bundesregierung ist aber mittlerweile die Identifizierung aller Asylsuchenden sichergestellt, Mehrfachmeldungen unter unterschiedli- chen Identitäten würden bereits bei Antragstellung auf- gedeckt . Die wenigen Missbrauchsfälle, die überhaupt noch denkbar sind, rechtfertigen die geschätzten Kosten von 4 Millionen Euro bei weitem nicht . Zudem drohen diese sinnlosen Regelungen einen Pau- schalverdacht gegen Geflüchtete zu legitimieren. Damit sind sie Wasser auf die Mühlen der Rechten, genauso wie die skandalösen Asylrechtsverschärfungen des letzten Jahres . Die Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU und SPD sollten aufhören, rechte Stammtischparolen in Gesetzesform zu gießen . Das vorgeschlagene Gesetz zur Sicherung von Arbeit- nehmerrechten in der Fleischwirtschaft ist dementgegen zu begrüßen . Als Abgeordnete aus Niedersachsen weiß ich genau, dass die Ausbeutung in der Fleischindustrie schon lange besonders verheerend ist . Der Anteil der Beschäftigten im Niedriglohnbereich lag 2014 in der Branche bei 41 Prozent – fast doppelt so hoch wie in der Gesamtwirtschaft bei 22 Prozent . Gerade in der Fleischindustrie, wo das Arbeitsvo- lumen sinkt, die Produktion aber steigt, gilt: Der Profit einiger weniger wird auf dem Rücken der Beschäftigten erwirtschaftet . Die deutschen Fleischbarone sind dabei, den europäischen Markt zu erobern – auf dem Rücken der Beschäftigten . Die Massentierhaltung und die Dum- pinglöhne in der Fleischindustrie ermöglichen, dass 40 Prozent des in Deutschland produzierten Fleisches, über 3 Millionen Tonnen pro Jahr, exportiert werden . Der Durchschnittslohn der Kernerwerbstätigen liegt in der Branche bei 1 977 Euro – ein Lohn, der bei weitem nicht ausreicht, um nach 45 Jahren eine Rente oberhalb der Grundsicherung zu bekommen . Es ist dem langen Atem der Gewerkschaft NGG und den Betriebsräten zu verdanken, dass flächendeckender Missbrauch von Werkverträgen und unwürdige Arbeits- bedingungen nicht mehr unter den Teppich gekehrt wer- den konnten . Aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage unserer Fraktion wissen wir, dass 2015 bundesweit 171 Ord- nungswidrigkeitsverfahren und 256 Strafverfahren ein- geleitet wurden, unter anderem wegen Verstößen gegen die Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht von Ar- beitszeiten oder, weil vorgeschriebene Arbeitsbedingun- gen durch Tarifvertrag missachtet werden . Die Verfahren bilden aber nur die Spitze des Eisberges; denn aufgrund fehlender Beweismaterialien werden die meisten Fälle nie verfolgt. Eine verpflichtende Zeiterfassung morgens bei Arbeitsbeginn, wie vom Gesetz vorgesehen, würde es den Behörden erleichtern, gegen Verstöße von Arbeitge- berseite zu ermitteln . Dies ist ein erster Schritt und ist längst überfällig . Es muss aber noch viel mehr getan werden, damit alle Beschäftigten, auch in der Fleischindustrie, ein würdiges Leben führen können . Es ist Zeit für ein neues Normalar- beitsverhältnis: Unbefristete sozialversicherungspflichti- ge Jobs, die unter Tarifverträge fallen und angemessen bezahlt werden, dürfen nicht länger die Ausnahme sein, sondern müssen wieder zur selbstverständlichen Regel werden . Deswegen fordert die Linke umfassende gesetz- liche Regelungen gegen den Missbrauch von Werkver- trägen und Leiharbeit sowie ein umfassendes Mitbestim- mungsrecht für Betriebs- und Personalräte . Auch bedarf es dringend eines Mindestlohns von 12 Euro . Nur so können wir sicherstellen, dass alle ihrer Arbeit in Würde nachgehen können . Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Die Große Koalition mutet dem Bun- destag mit dem Gesetzentwurf, den wir hier heute dis- kutieren, enorm viel zu; denn eigentlich ist es auch nicht ein Gesetzentwurf, sondern ein sogenannter Omnibus, das heißt, es handelt sich um einen Gesetzentwurf, an den weitere Gesetzentwürfe angehängt wurden – in die- sem Fall viele Gesetzentwürfe . Das Verfahren ist eines, das ich in der Zeit, die ich im Bundestag bin, noch nicht erlebt habe . Der ursprüngliche Gesetzentwurf enthielt zehn Seiten . Dabei ging es um einfache Anpassungen wie die Anhebung der Schonvermögen im Bundesver- sorgungsgesetz und der Kriegsopferfürsorge, die wir als grüne Bundestagsfraktion begrüßen und mittragen . Doch dann legte man kurz vor der Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales einen ersten Änderungsantrag vor, der nicht weniger als 75 Seiten umfasste . Dazu gehör- ten hochkomplexe und grundlegende Veränderungen des Sozial- und Finanzdatenschutzes insbesondere im SGB I sowie in der Abgabenordnung . Hinzu kam noch die um- fangreiche zweite Tranche der Umsetzung der DGSVO, der Datenschutz-Grundverordnung . Der eigentlich für Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724290 (A) (C) (B) (D) Datenschutz zuständige Innenausschuss wusste davon nichts . Hinzu kam eine äußerst ungewöhnliche Sachverstän- digenanhörung . So gab es zu manchen Teilen, wie den Änderungen zum Asylbewerberleistungsgesetz, nur ei- nen einzigen Sachverständigen, der sich dazu geäußert hat . Die Bundesdatenschutzbeauftragte und der Hambur- ger Datenschutzbeauftragte betonten in ihren schriftli- chen Stellungnahmen, dass sie wegen der Kürze der Zeit nur zu ausgewählten Fragen und nur kursorisch Stellung nehmen konnten . Hinzu kam, dass die große Koalition weniger als 24 Stunden vor der Ausschussberatung einen weiteren, 90-seitigen Änderungsantrag vorlegte . Alles zusammen genommen ist das ein Verfahren, das formal noch korrekt ist, aber eigentlich ist es unmöglich, die Gesetzestexte bei einem solchen Verfahren noch ausrei- chend zu prüfen . Ich schiebe das vorweg und betone das, weil es einen Teil unserer Ablehnung heute erklärt, obwohl es einige Aspekte in dem Gesetzentwurf gibt, die wir richtig finden und ausdrücklich unterstützen . Dass wir den ursprüngli- chen Gesetzentwurf unterstützt hätten, hatte ich schon gesagt . Positiv an den Änderungsanträgen ist außerdem die Einführung eines vergabespezifischen Mindestent- geltes für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen im SGB II und III zu bewerten . Vor allem begrüßen wir als grüne Bundestagsfrakti- on das Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft . Gerade die Fleischwirtschafts- branche ist mit ihrer hohen Dichte an mafiösen Struktu- ren und den oftmals katastrophalen Arbeits- und Lohn- bedingungen seit Jahren ein Problem . Eigentlich gelobte die Fleischbranche Besserung . Doch sind die Zustände in der Fleischindustrie noch immer verheerend . Noch immer gibt es zahlreiche Klagen von Beschäftigten über ausbeuterische Arbeitsbedingungen . Die Wohn- und Le- benssituationen sind höchst prekär . Es geht um Steuer- und Sozialversicherungsbetrug . In diesem Industriezweig wird ein gnadenloser Konkurrenzkampf ausgetragen, und zwar ausschließlich auf dem Rücken der Beschäf- tigten . Der Branchenmindestlohn reicht da nicht aus, und deshalb fordern wir Grünen schon lange weitergehende Regelungen . Der Gesetzentwurf greift unsere jahrelange Kritik endlich auf . Deshalb begrüßen wir, dass jetzt ein Gesetz zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte innerhalb der Fleischwirtschaft geschaffen wird. Die vorgelegten Vorschläge wurden auch von den Sachverständigen in der Anhörung unterstützt. Wir hoffen sehr, dass das Ge- setz auch tatsächlich Wirkung zeigt . Wir haben deshalb im Ausschuss in getrennter Abstimmung auch dafür ge- stimmt . Zweifel haben wir an den Vorschlägen beim Asyl- bewerberleistungsgesetz . Hier geht es um verbesserte Möglichkeiten von Behörden, Fingerabdrücke von Asyl- bewerber und Asylbewerberinnen zu nehmen, um deren Identität zu überprüfen . Hintergrund der Änderungen sind die Mehrfachidentitäten von Anis Amri . Es geht also um das Schließen von Sicherheitslücken – und nicht, wie in der Begründung steht, um Sozialmissbrauch . Das scheint einerseits sinnvoll, andererseits bleiben datenschutz- rechtliche Zweifel, der Hauch eines Generalverdachtes gegenüber Geflüchteten sowie fehlende Lösungsansätze, was die praktische Umsetzung des Gesetzes bezüglich Sachmittel und Personalausstattung betrifft. Wir haben uns deswegen im Ausschuss dazu enthalten . Neben dem beschriebenen Verfahren sind es vor al- lem die Datenschutzbedenken, die auch durch die beiden Datenschutzbeauftragten in der Anhörung betont wur- den, die für uns zu einer Gesamtablehnung führen . Der Gesetzentwurf drängt die Datenschutzrechte Betroffener, die in der Datenschutz-Grundverordnung durch unmittel- bar geltendes EU-Recht geschaffen wurden, deutlich zu- rück . Die Beschränkungen der Rechte auf Auskunft und Information, der Ausschluss des Rechts auf Widerspruch, die Einschränkung des Rechts auf Löschung – all das geht weit über das von der DSGVO erlaubte Maß hinaus . Wir lehnen dieses Omnibus-Gesetz ab und sollten – egal in welcher Konstellation – in der nächsten Legisla- turperiode dafür sorgen, dass es solche Omnibusgesetz- verfahren, wie wir es hier erlebt haben, nicht mehr gibt . Anlage 32 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke und Katja Keul (beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der Abstimmung über den von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und an- derer Vorschriften (Tagesordnungspunkt 34) Das Bundesversorgungsgesetz muss für viel herhal- ten . Insgesamt 30 weitere Artikel beinhaltet das Gesetz, allesamt Gesetzesänderungen, die ganz andere Dinge betreffen, als im Bundesversorgungsgesetz geregelt sind. Omnibusverfahren nennen wir das im Bundestag . Auf die Schnelle versucht die Große Koalition, auf diese Wei- se möglichst viele Gesetzesänderungen noch eben kurz vor dem Ende der Legislaturperiode durch den Bundes- tag zu jagen und abzuschließen . So finden sich im Bundesversorgungsgesetz, das heu- te beschlossen wurde, unter anderem höchst umstrittene Datenschutzregelungen, denen wir als grüne Bundestags- fraktion auf keinen Fall zustimmen können . Daher haben wir als Fraktion beschlossen, dass wir dem gesamten Ge- setzespaket mit all seinen 30 Artikeln nicht zustimmen können . Für uns ist das an einer Stelle fatal . Denn mit Arti- kel 30 innerhalb des Bundesversorgungsgesetzes wird ein Gesetz zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte innerhalb der Fleischwirtschaft geschaffen. Und diesem Gesetz können wir aus ganzem Herzen zustimmen; denn hier werden wirklich gute Regelungen für die Beschäftigten in der Fleischwirtschaft getroffen. Leider stimmen wir im Bundestag aber nicht über einzelne Artikel innerhalb eines Gesetzes ab, sondern nur über das ganze Gesetz . Deshalb konnten wir diesem Artikel zwar im Ausschuss zustimmen, aber im Plenum nicht . Die Zustimmung ist uns aber wichtig . Deshalb möchten wir die Zustimmung in dieser persönlichen Erklärung auch dokumentieren . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24291 (A) (C) (B) (D) Die verheerenden Zustände in der Fleischindustrie sind bekannt . Die Medien sprechen längst schon von Sklavenhaltermethoden . Das System des Anwerbens und Unterbringens ausländischer Beschäftigter, von Steuer- und Sozialversicherungsbetrug ist viel zu gut eingespielt . In diesem Industriezweig wird ein gnadenloser Konkur- renzkampf ausgetragen – und zwar ausschließlich auf dem Rücken der Beschäftigten . Dem soll mit dem Gesetz jetzt ein Riegel vorgeschoben werden . Künftig haften danach auftraggebende Unternehmen für die Sozialversicherungsbeiträge ihrer Subunterneh- mer . Eine solche Regelung existiert bisher nur im Bau- gewerbe, und hier bewirkt sie einiges . Außerdem müs- sen Arbeitgeber ihren Beschäftigten künftig alle nötigen Arbeitsmittel unentgeltlich zur Verfügung stellen und sie instand halten . Hierzu zählen zum Beispiel Sägen, Mes- ser, Wetzstahl, Kettenhandschuhe oder Kettenschürzen . Bisher müssen Beschäftigte in der Fleischwirtschaft ihre Arbeitsmittel häufig selbst bezahlen. Doch natürlich be- steht auch in der Fleischindustrie eine Fürsorgepflicht der Arbeitgeber . Da Arbeitszeiten in der Fleischwirtschaft oft nicht eingehalten werden, werden mit dem Gesetz die Dokumentationspflichten zur Arbeitszeit verschärft. Diese Regelungen sind wichtig, um gegen die drasti- schen Missstände in der Fleischwirtschaft endlich wirk- sam vorzugehen . Deshalb bedanken wir uns auch bei den Initiatoren dieser Gesetzesinitiative . Anlage 33 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortschreibung der Vorschriften für Blut- und Gewebezubereitun- gen und zur Änderung anderer Vorschriften – der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Pflege-TÜV hat versagt – Jetzt echte Transparenz schaffen: Pflegenoten ausset- zen und Ergebnisqualität voranbringen (Tagesordnungspunkt 35 a und b) Rudolf Henke (CDU/CSU): Zu später Stunde wer- den wir heute mit dem Gesetz zur Fortschreibung der Vorschriften für Blut- und Gewebezubereitungen und zur Änderung anderer Vorschriften eines der letzten und aufgrund der zusätzlichen zahlreichen fachfremden Än- derungen ein sehr vielseitiges Vorhaben der Koalitions- fraktionen verabschieden . Mit dem ursprünglichen Regierungsentwurf werden die Rahmenbedingungen für die Zubereitung von Blut- und Gewebeprodukten fachlich und rechtlich angepasst . Auch im Bereich der Nutzung von Arzneimitteln für neuartige Therapien werden wir die Erfahrungen der Länder und des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) aufgreifen und Genehmigungs- und Herstellungsverfahren klarer regeln . Das parlamentarische Verfahren zu diesem Vorhaben wurde ohne große inhaltliche Auseinandersetzungen in der Sache durchgeführt, was insgesamt dafür spricht, dass wir fraktionsübergreifend alle das Interesse verfol- gen, die gesundheitliche Versorgung, ihre Erforschung und Weiterentwicklung samt Genehmigungsverfahren den heutigen Gegebenheiten anzupassen . Das ist in der Sache eine erfreuliche Bestandsaufnahme . Neben diesen Entscheidungen haben wir das parla- mentarische Verfahren dazu genutzt, zahlreiche fach- fremde Änderungen aufzunehmen, um auf Entwick- lungen und Missstände zu reagieren, die sich im Laufe der letzten Monate bemerkbar gemacht haben . Mit der notwendigen Sorgfalt haben wir in wichtigen Punkten Einigungen erzielen können, sodass die entsprechenden Regelungen vor dem Ende der Legislaturperiode noch in Kraft treten können . Diese Regelungen, auf die mein Kollege Dietrich Monstadt in seiner Rede noch näher eingehen wird, be- treffen etwa die planungsrelevanten Qualitätsindikatoren im Krankenhaussektor . Wir haben uns darauf verständigt, dass wir die Vorgabe machen, dass die Maßstäbe und Kri- terien der Qualitätsindikatoren eine Bewertung der Qua- lität von Krankenhäusern insbesondere im Hinblick da- rauf ermöglichen müssen, ob eine in einem erheblichen Maße unzureichende Qualität vorliegt . Die Länder, das ist im Kontext sich verändernder Kompetenzteilung zwi- schen Bund und Ländern vielleicht nicht unwichtig zu betonen, bleiben weiterhin planungskompetent im Kran- kenhauswesen, da sie bei Bedarf von diesen Empfehlun- gen des Gemeinsamen Bundesausschusses abweichen können . Des Weiteren zählen zu diesem Themenkomplex auch die Ausnahme vom Darlehensaufnahmeverbot für bestandsgeschützte Eigeneinrichtungen der Kranken- kassen und die Vergütungskürzung bei Personalunterde- ckung und bei der Nichteinhaltung tariflicher Löhne in der stationären Pflege. Hier wurde eine Lösung ähnlich der bereits geltenden Regelungen im Altenpflegebereich gefunden . Besonders hervorheben möchte ich ein Paket von Än- derungsanträgen in Bezug auf eine Reform der Stiftung Humanitäre Hilfen für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen. Die Betroffenen des Blutprodukteskandals vor mehr als 30 Jahren sollen sich darauf verlassen können, dass sie lebenslang finanzielle Hilfen erhalten. Für sie ist es eine wichtige Botschaft, dass wir uns innerhalb der Koalitionsfraktionen auf eine Änderung des HIV-Hilfe- gesetzes verständigt haben, wodurch ab dem Jahr 2019 der Bund die Finanzierung der HIV-Stiftung allein über- nehmen wird . Bisher waren neben dem Bund und den Ländern dafür auch pharmazeutische Unternehmen und das Deutsche Rote Kreuz verantwortlich, die Zusagen wurden jedoch immer nur für die Dauer gewährt, für die die Mittel ausreichten . Die Leistungen werden über die nicht mehr begrenzte Dauer hinaus entsprechend der Anpassung in der gesetz- lichen Rentenversicherung dynamisiert . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724292 (A) (C) (B) (D) Bis zum Inkrafttreten der neuen Regelungen sind die finanziellen Hilfen der Betroffenen nach dem bisheri- gen Finanzierungssystem gesichert . Da die Leistungen künftig entsprechend den Anpassungen in der gesetzli- chen Rentenversicherung dynamisiert werden, stellt der Bund in den nächsten Jahren 8 bis 10 Millionen Euro für die Entschädigungen zur Verfügung. Damit schaffen wir endlich die lange erhoffte Sicherheit für die Betroffenen und deren unterhaltsberechtigte Angehörige . Offen gestanden erfüllt mich das auch als Mitglied des Kuratoriums der Aidshilfe NRW mit großer Freude . Dietrich Monstadt (CDU/CSU): Heute beraten wir abschließend das Gesetz für Blut- und Gewebezube- reitungen und zur Änderung anderer Vorschriften von Arzneimitteln für neuartige Therapien (ATMP) wie Gen- oder Zelltherapeutika . Basierend auf den gesammelten Erfahrungen der Län- der und des Paul-Ehrlich-Instituts werden die bestehen- den Vorschriften im Bereich Blut- und Gewebezuberei- tungen und ATMP an die aktuellen wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen angepasst . Gleichzeitig vereinfachen wir die Genehmigungsverfahren, erhöhen die Sicherheit dieser besonderen Arzneimittel und straf- fen die gesetzlichen Regelungen zur Marktüberwachung . Diese Änderungen schaffen mehr Transparenz und verbessern weiter die sehr hohen Sicherheitsstandards für Blut- und Gewebezubereitungen sowie für Arznei- mittel für neuartige Therapien . Darauf wurde bereits aus- führlich von meinen Kollegen eingegangen . Im Rahmen dieses Gesetzes haben wir auch einige sachfremde Änderungseinträge eingebracht, auf die ich an dieser Stelle zum Teil eingehen möchte . § 188 Absatz 4 SGB V wird um eine Sonderregelung für Saisonarbeitnehmer ergänzt, die vorübergehend für eine auf bis zu acht Monate befristete sozialversiche- rungspflichtige Beschäftigung nach Deutschland gekom- men sind . Die bisherige Praxis hat gezeigt, dass es hier zu Fehlanreizen innerhalb der gesetzlichen Krankenkassen kommen kann . Krankenkassen konnten in diesen Fäl- len Versicherungszeiten für den Risikostrukturausgleich melden und Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds er- halten, ohne dass den Zuweisungen mögliche Leistungs- ausgaben gegenüberstanden . Dies soll mit dieser Rege- lung abgestellt werden . Ab dem 1 . Januar 2018 werden Saisonarbeitnehmer nach dem Ende ihrer versicherungs- pflichtigen Beschäftigung gemäß § 188 Absatz 4 SGB V nur noch dann als freiwillige Mitglieder weiter versi- chert, wenn sie nach dem Ausscheiden aus der Pflicht- versicherung innerhalb von drei Monaten eine ausdrück- liche Beitrittserklärung abgeben und ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in Deutschland nachweisen . Wir beseitigen damit weitere Fehlanreize im Risikostruktur- ausgleich . Mit dem vorliegenden Gesetz erweitern wir die Maßstäbe und Kriterien für eine Bewertung der Quali- tätsergebnisse von Krankenhäusern nach dem Kranken- hausstrukturgesetzes (KHSG) vom 10 . Dezember 2015 . Qualität und Transparenz müssen in der Gesundheits- versorgung stets oberste Priorität haben . Im Rahmen des KHSG haben wir planungsrelevante Qualitätsindikatoren des Gemeinsamen Bundesausschusses für die Länder auf den Weg gebracht . Im Sinne eines „lernenden“ Systems bzw . Gesetzes hat sich gezeigt, dass diese konkretisiert werden müssen . Die planungsrelevanten Qualitätsindika- toren müssen nun so gestaltet werden, dass unzureichen- de Qualitätsergebnisse „in erheblichem Maß“ feststellbar sind . Die Planungshoheit liegt und bleibt damit weiterhin bei den Ländern . Diese erhalten durch die neue Regelung eine fundierte fachliche Grundlage, auf die sie die Pla- nungsentscheidungen nach § 8 Absatz 1a und 1b KHG stützen können . Die Länder müssen hier ihrer Verantwor- tung nachkommen . Sie sind ganz klar aufgefordert, die notwendigen Qualitätsanforderungen – im Sinne einer hochwertigen medizinischen Versorgung aller Patientin- nen und Patienten – zum Gegenstand der Krankenhaus- planung zu machen . Wir ergänzen mit diesem Gesetz auch die bestehenden Regelungen im Hinblick auf etwaige Vergütungskürzun- gen bei Personalunterdeckung in stationärer Pflege sowie bei Nichteinhaltung tariflicher Bezahlung. Eine qualitativ hochwertige Versorgung gelingt nur, wenn ausreichend Personal zur Verfügung steht . Auf- grund des demografischen Wandels stehen wir gerade im Bereich der Pflege vor großen Herausforderungen. Die Träger der stationären Pflegeeinrichtungen sind jederzeit zur Sicherstellung der Versorgung der Pflegebedürftigen mit der vereinbarten personellen Ausstattung – unabhän- gig von Personalengpässen oder -ausfällen – verpflichtet. Um dies auch nachhaltig sicherzustellen, ergänzen wir die bestehende gesetzliche Regelung in § 115 SGB XI mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 12 . September 2012: Bei einer Unterschreitung der ver- einbarten Personalausstattung um mindestens 8 Prozent über mehrere Monate hinweg oder bei vorsätzlicher Unterschreitung der vereinbarten Personalausstattung seitens des Einrichtungsträgers kann eine rückwirkende Kürzung der Pflegevergütung bis hin zur Kündigung des Versorgungsvertrages nach § 115 Absatz 2 und 3 SGB XI erfolgen . Mit der gleichzeitig vereinbarten Tarifbindung stellen wir sicher, dass alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- mer in diesem Bereich die gleiche Bezahlung erhalten, unabhängig davon, ob sie in einer Stadt oder ländlichen Region tätig sind. Die Konkurrenz um Pflegepersonal – zwischen urbanen und ländlichen Regionen, zwischen wirtschaftlich starken und schwachen Regionen – wird auch dadurch ein Stück weit abgebaut . Das Gesetz für Blut- und Gewebezubereitungen und zur Änderung anderer Vorschriften führt zu einer besse- ren Versorgung, zum Beispiel durch den Einsatz neuer Therapien . Darüber hinaus werden Fehlanreize weiter abgebaut . Dies führt insgesamt zu einer noch besseren Versorgungssicherheit im Sinne der Patientinnen und Pa- tienten . Deshalb werbe ich um Ihre Zustimmung . Hilde Mattheis (SPD): Wir beraten heute abschlie- ßend das Gesetz zur Fortschreibung der Vorschriften für Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24293 (A) (C) (B) (D) Blut- und Gewebezubereitungen und zur Änderung an- derer Vorschriften . Ich möchte im Folgenden vor allem auf die vielen fachfremden Änderungen eingehen, die wir an dieses Gesetz im Laufe der Beratung angehängt haben und die mit dem eigentlichen Regelungsinhalt, der Änderung des Gewebegesetzes, nur mittelbar etwas zu tun haben . Den Inhalt des eigentlichen Gesetzes, nämlich Ver- fahrensvereinfachung für Arzneimittel für neuartige Therapien, sogenannte ATMP, sowie neue Maßnahmen zur besseren Behandlung von Hämophiliepatientinnen und -patienten haben wir nur in einzelnen Punkten geän- dert, zum Beispiel eine genauere Definition des Begriffes „pharmazeutischer Unternehmer“ vorgenommen . Das Ministerium hat hier aber schon gute Vorarbeit geleistet, was unsere Arbeit erleichtert hat . Vielen Dank dafür . Aus der Palette der sogenannten fachfremden Ände- rungen möchte ich zunächst eine für meine Fraktion sehr wichtige gesetzliche Klarstellung im Bereich der Perso- nalausstattung in stationären Pflegeeinrichtungen anfüh- ren. Die Träger solcher Pflegeheime sind verpflichtet, die Sicherstellung der Versorgung der Pflegebedürftigen durch entsprechendes Personal zu gewährleisten . Das heißt, es muss genug und ausreichend geschultes Perso- nal jederzeit in der Einrichtung arbeiten, um die Qualität der Betreuung fortlaufend zu sichern . Der Träger muss natürlich etwaigen Ausfall des Personal, zum Beispiel aufgrund Krankheit oder Urlaub, mit einkalkulieren . Tut er das nicht oder spart er aus welchen Gründen auch im- mer am Personal, spart er gleichzeitig an der Pflegequa- lität und gefährdet damit das Wohlergehen der Patientin- nen und Patienten . Das Bundessozialgericht hatte 2012 festgestellt, dass in einem solchen Fall rückwirkende Kürzungen der Pflegevergütung vorgenommen werden können . Dies werden wir nun auch gesetzlich festhalten . Das Signal ist hier klar und sollte auch deutlich ver- standen werden: Wir werden mutwillige oder gar betrü- gerische Verstöße gegen die Personalverbeinbarungen nicht tolerieren . Ein permanenter Personalmangel in den Pflegeeinrichtungen ist eine Gefahr für die Menschen: einerseits für die Pflegebedürftigen, die eine menschen- würdige Pflege zu Recht erwarten, und andererseits für das Personal, das mit Überstunden und Mehraufwand versucht, den Personalmangel auszugleichen und daran womöglich krank wird . Wer als Träger so handelt, wird bestraft, indem die Vergütung für Pflegeleistungen ge- kürzt wird . Gleiches gilt bei Nichteinhaltung der tariflich verein- barten Vergütung oder von Vereinbarungen nach kirch- lichem Arbeitsrecht . Wir alle wissen aus zahlreichen Gesprächen, Besuchen und Briefen, wie stressig der Arbeitsalltag als Pflegekraft sein kann. Diese Menschen verdienen eine ordentliche Bezahlung . Wenn der Arbeit- geber seine Angestellten um ihr hart verdientes Geld prellt, ist das kein Bagatelldelikt, sondern eine klare Missachtung ihrer Leistungen für die pflegebedürftigen Menschen in diesem Land . Das können und dürfen wir nicht tolerieren; daher muss auch hier der Arbeitgeber spürbar bestraft werden . Das setzen wir nun um . Diese Regelungen fördern gute Arbeit in der Pflege. Ich gehe davon, dass wir uns dazu alle hier im Haus be- kennen. Wir haben mit den Pflegestärkungsgesetzen hier bereits einige Bausteine eingesetzt, zum Beispiel, indem wir sichergestellt haben, dass tatsächlich gezahlte Tarif- entgelte in den Vergütungsverhandlungen für die ambu- lante und stationäre Pflege nicht als unwirtschaftlich be- wertet dürfen . Auch für die Vergütungsverhandlungen im Bereich der häuslichen Krankenpflege wird es zukünftig Pflichten zum Nachweis tatsächlich gezahlter Tariflöhne oder Arbeitsentgelte geben . Die Krankenhäuser erhalten einen Ausgleich für den Fall, dass Tarifabschlüsse die Obergrenze für die Preiszuwächse der Krankenhäuser übersteigen. Wer Tariflohn zahlt, darf dafür nicht bestraft werden . Wer sich dem aber verweigert, wird mit Strafe rechnen müssen . Wir erwarten, dass sich Tarifvergütungen in der Pfle- ge in Zukunft verbreiten, und unterstützen die Gewerk- schaften ausdrücklich in deren Bestreben, Tarifverträge abzuschließen . Eine ordentliche Bezahlung und eine Absicherung durch starke Gewerkschaften machen den Pflegeberuf attraktiver für junge Menschen. Sie können sich so sicherer sein, dass ihre Arbeit als wertvoll aner- kannt wird . Und das schlägt sich auch konkret in der Be- zahlung nieder . Dieses Gesetz ist daher ein klares Signal für gute Arbeit in der Pflege. Wir werden mit dem Gesetz außerdem eine Änderung des Versicherungsschutzes für Saisonarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer vornehmen. Nach der Definition des Gesetzes sind dies Arbeitnehmer, die aus dem Ausland nur für wenige Monate zur Arbeit nach Deutschland kommen, beispielsweise Erntehelfer . Da diese Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmer sehr häufig nicht planen, länger in Deutschland zu bleiben, und wieder in ihr Hei- matland zurückkehren, ist ein dauerhafter Versicherungs- schutz bei den Krankenkassen nicht nötig . Die Kassen hatten aber in der Vergangenheit das Problem, dass die- se Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei ihnen als Versicherte registriert sind und sich nach Ausreise aus Deutschland nicht wieder abgemeldet hatten und somit quasi als Versicherte bei den Krankenkassen verbleiben und sich Beitragsschulden anhäufen . Daher werden wir nun das Regel-Ausnahme-Verhält- nis umdrehen . Saisonarbeitnehmer werden automatisch nach Beendigung ihrer Beschäftigung bei der Kranken- kasse abgemeldet, es sei denn, sie melden sich spätestens drei Monate nach Ende der Versicherungspflicht als frei- willige Mitglieder der Krankenversicherung an oder wei- sen nach, dass ihr ständiger Wohnsitz in Deutschland ist . Selbstverständlich müssen die Krankenkassen den Ar- beitnehmer zu Beginn seiner Beschäftigung in Deutsch- land unverzüglich über diese Konditionen aufklären, und auch bei einer verspäteten Anmeldung kann eine nachträgliche Pflichtversicherung begründet werden, um einen lückenlosen Versicherungsschutz innerhalb der ge- setzlichen Krankenversicherung zu gewährleisten . Wir gehen davon aus, dass diese Neuregelung eine Verein- fachung für die Krankenkassen einerseits, aber auch die Saisonarbeitnehmer andererseits darstellt, die sich um eine Abmeldung nicht mehr kümmern müssen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724294 (A) (C) (B) (D) Ich habe bereits bei der ersten Lesung des Gesetzes das Thema der Stiftung Humanitäre Hilfe für durch Blut- produkte HIV-infizierte Personen angesprochen, das die SPD-Fraktion sehr intensiv betreut hat . Ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist, hier für die Betroffenen ganz substanzielle Verbesserungen zu erreichen und ihnen mit diesem Gesetz eine Sicherheit über ihr finanzielles Ein- kommen zu geben – eine Sicherheit, die den Betroffenen jahrelang fehlte . Worum geht es? Die Stiftung Humanitä- re Hilfe wurde infolge des sogenannten Blutspendeskan- dals eingerichtet. Während der 1980er-Jahre infizierten sich weltweit mehrere Tausend Menschen aufgrund kon- taminierter Blutprodukte mit HIV . In Deutschland waren es mehr als 1 500 Menschen . 1993 hat der Bundestag das HIV-Hilfegesetz verabschiedet und die erwähnte Stif- tung Humanitäre Hilfe gegründet . Sie soll den Personen, die durch Blutprodukte unmittelbar oder mittelbar an HIV oder infolge dessen an Aids erkrankt sind, und de- ren unterhaltsberechtigten Angehörigen finanzielle Hilfe bzw . soziale Leistungen gewähren . Allerdings wurde damals festgelegt, dass die Stiftung aufgehoben wird, wenn der Stiftungszweck erfüllt oder die finanziellen Mittel erschöpft sind. Diese ungünstige Formulierung führte dazu, dass die rund 1 500 Opfer des Blutspendeskandals jährlich darauf hoffen mussten, dass die Mittel durch den Bundestag weiter gewährt werden, damit sie ihre finanzielle Unterstützung weiter erhalten. Diese unwürdige Situation werden wir nun endlich be- enden und sagen ganz klar: Die Opfer dieses Skandals werden finanzielle und soziale Leistungen bis zu ihrem Lebensende erhalten . Aufgrund des medizinischen Fort- schritts ist das hoffentlich noch lang. Die Betroffenen ha- ben inzwischen eine annähernd gleiche Lebenserwartung wie ein gesunder Mensch . Nichtsdestotrotz müssen sie mit der Belastung HIV bzw . AIDS leben, und es ist hier ganz klar Aufgabe der Politik, sie zu unterstützen . Wir haben nun festgelegt, dass der Bund alleiniger Stifter der Stiftung Humanitäre Hilfe wird und die Zah- lungen an die Erkrankten lebenslang gewährt werden . Die bisher widersprüchlichen Regelungen des HIV-Hil- fegesetzes entfallen vollständig . Wir haben außerdem in den Beratungen ein weiteres wichtiges Anliegen der Betroffenen aufgenommen: Die Leistungen der Stiftung werden nicht wie bisher auf gleichbleibendem Niveau gewährt, sondern dynamisiert, das heißt, sie passen sich der Inflation an und steigend damit jährlich. Die bisheri- gen Zahlungen führten effektiv aufgrund von Teuerung und Inflation zu sinkenden Leistungen. Wir werden nun mit Wirkung von 2019 die Zahlungen an das Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung koppeln und den aktu- ellen Rentenwert als Maßstab für die Leistungen der Op- fer des Blutspendeskandals nehmen . Ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist, dies zu ver- einbaren und den Menschen das Signal zu geben, dass die Politik sie nicht vergessen hat . Ich bedanke mich gleichzeitig bei den Patientinnen und Patienten bzw . ih- ren Angehörigen für deren Geduld und Beharrlichkeit, uns als Bundestag immer wieder zu mahnen, hier eine Änderung vorzunehmen . Es ist schön, zu sehen, dass dies gelungen ist . Ich bedanke mich bei allen Kolleginnen und Kolle- gen für die konstruktive und zielorientierte Arbeit an diesem Gesetz . Wir haben damit bewiesen, dass wir bis zum Schluss der Wahlperiode gute Arbeit leisten und für viele Versicherte, für Patientinnen und Patienten sowie Beschäftigte in der Pflege wichtige und gute Neuerungen erzielen können . Mechthild Rawert (SPD): Zur großen Pflegereform dieser Legislatur gehört noch eines: die Vollendung der Pflegeberufereform. Die SPD kämpft weiterhin hart für die generalistische Ausbildung in der Pflege. Mit dem Omnibusgesetz zu Blut- und Gewebezube- reitungen verabschieden wir auch Neuregelungen im Zu- sammenhang mit den Pflegestärkungsgesetzen und dem HIV-Hilfegesetz . Da wir gesetzgeberische Sorgfalt ernst nehmen, neh- men wir im Pflegebereich noch einige Anpassungen eher technischer Art zu den umfangreichen Pflegestärkungs- gesetzen vor, so zum Beispiel bei den Modellvorhaben zur kommunalen Pflegeberatung aus dem Dritten Pflege- stärkungsgesetz. Es ist jetzt möglich, dass Pflegekassen und Kommunen ergänzende Vereinbarungen treffen und in der Pflegeberatung kooperieren, wobei die Kommunen nur koordinierende Aufgaben übernehmen . Dies bedeu- tet noch mehr Gestaltungsmöglichkeiten . Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten le- gen großen Wert auf gute und verlässliche Pflegequalität. Deswegen haben wir mit dem Pflegestärkungsgesetz II die Qualitätsmessung, die Qualitätsberichterstattung und die Qualitätsdarstellung reformiert . Die Qualität einer Einrichtung muss für Pflegebedürftige und ihre Angehö- rigen zuverlässig überprüfbar sein und transparent darge- stellt werden . Zuverlässige Indikatoren für Qualität und ihre Kontrolle helfen Pflegeempfängerinnen und -emp- fängern, eine für sie passende Einrichtung auszusuchen . Sie dienen auch der Aufdeckung von Missständen . Wir entbürokratisieren die Dokumentation durch Pflegekräfte und helfen ihnen so, ihre Arbeit besser zu bewältigen . Zu- gleich profitieren die Pflegeempfängerinnen und -emp- fänger von einer bedarfsgerechteren Dokumentation . Im Gesetz zu Blut- und Gewebezubereitungen neh- men wir abermals eine wichtige Regelung zur Verbes- serung der Pflegequalität vor – in Bezug auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 12 . September 2012 . Es besagt, dass bei Qualitätsmängeln in Einrichtungen eine rückwirkende Kürzung der Pflegevergütung der Kassen vorgenommen werden kann . Eine konkrete Feststellung der Mängel sei dabei entbehrlich, wenn ein planmäßiges und zielgerichtetes, das heißt vorsätzliches Unterschrei- ten der vereinbarten Personalausstattung vorliege . Diese Rechtsprechung nehmen wir ausdrücklich in das Gesetz auf . Wir sehen in einem solchen Fall nicht nur eine Ver- gütungskürzung, sondern die Möglichkeit der Kündi- gung des Versorgungsvertrags vor . Ein Verstoß liegt auch bei einer nicht nur vorübergehenden Unterschreitung der Personalausstattung vor . Wird festgestellt, dass der Einrichtungsträger seine Beschäftigten nicht in der Höhe bezahlt, die der Verein- barung der Pflegevergütung an die Einrichtung zugrunde Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24295 (A) (C) (B) (D) liegt, erfolgt ebenfalls eine Kürzung der Vergütung . Wir wollen, dass das Geld der Versicherten dort ankommt, wo es hingehört: bei den Pflegeempfängerinnen und -empfängern sowie den Beschäftigten . Last, but not least hat die SPD-Bundestagsfrakti- on eine für viele Menschen bedeutsame Änderung des HIV-Hilfegesetzes durchgesetzt: Es ist Schluss mit dem Bangen der Betroffenen um die weitere finanzielle Unter- stützung durch die Stiftung Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen, die im Anschluss an den Blutprodukteskandal, der vor 30 Jahren das Land erschütterte, gegründet wurde . Geregelt ist nun, dass sie diese Unterstützung lebenslang erhalten werden und diese auch an die Entwicklung der gesetzlichen Renten- versicherung angepasst ist . Über diesen Erfolg freue ich mich zusammen mit den Betroffenen sehr. Kathrin Vogler (DIE LINKE): Mit dem hier vorlie- genden Gesetzentwurf will die Bundesregierung noch kurz vor Toresschluss gleich eine Reihe unterschiedli- cher Sachverhalte regeln . Das macht es natürlich schwie- rig, in vier Minuten die ganze Bandbreite anzusprechen . Aber man merkt schon, dass im Ministerium gerade unter Zeitdruck gearbeitet wird: Auf die Schnelle sind der Bundesregierung einige Schnitzer passiert, die im Beratungsverlauf noch korrigiert werden müssten . An mehreren Stellen finden sich unzulängliche Begriffsbe- stimmungen, fehlende Differenzierung, uneinheitliche Sprachregelungen und zum Teil inkonsistente Regelun- gen zu Genehmigungsverfahren . Auch wundert es mich, warum die Bundesregierung Blutstammzellen in Deutschland anders als in der EU unterschiedlichen Qualitätsanforderungen unterwerfen will, je nachdem, ob sie aus dem Knochenmark oder der Nabelschnur stammen . Kann mir da mal jemand den Sinn erklären? Eine wissenschaftliche Auswertung der zur Verfü- gung stehenden Daten für angeborene Blutungskrank- heiten ist sinnvoll und wird von uns unterstützt . Aber es bringt für die Betroffenen keinerlei Nutzen, wenn das bereits existierende Hämophilieregister künftig allein beim Paul-Ehrlich-Institut liegt und die Betroffenenor- ganisationen nicht mehr beteiligt sind . Stattdessen sollte die Bundesregierung ein schlüssiges Konzept für die Da- tengewinnung und vor allem für die Auswertung der im DHR gesammelten Daten vorlegen . Aber das leistet ihr Entwurf nicht . Insbesondere bereitet in der Praxis große Sorge, dass die Regelungen zu Blut- und Gewebezubereitungen über das Transplantationsgesetz, das Transfusionsgesetz und das Arzneimittelgesetz verteilt sind . Dass dies insbeson- dere bei Keimzellen zu einer großen Unübersichtlich- keit führt, beklagen Praktiker und Juristen . Sie sehen da große Probleme und rechtlichen Klärungsbedarf . Zu- dem gibt es gerade bei der Reproduktionsmedizin jede Menge offener Fragen. Bei Keimzellspenden und nicht zuletzt Embryonenspenden im Ausland kommt es auch für Kinder, die in Deutschland aufwachsen oder geboren werden, zu vielen ungeklärten familienrechtlichen Fra- gen . Einer Klärung geht die Bundesregierung wie beim Samenspenderegister auch mit diesem Gesetz wieder aus dem Weg – abermals eine vertane Chance . Kommen wir zu den Änderungen bei der Pflegebera- tung: Im Gesetzentwurf erklärt die Bundesregierung, es sollen „technische Anpassungen sowie Änderungen der Regelungen zu den Modellvorhaben zur kommunalen Beratung im SGB XI vorgenommen“ werden . Das klingt harmlos und irgendwie unspektakulär . Was Sie aber ge- nau vorhaben, betrachten wir durchaus kritisch . Sie wollen die Möglichkeit schaffen, dass Kommu- nen, die Modellprojekte zur Pflegeberatung durchführen, besser auf lange gewachsene Strukturen und die Kompe- tenz der Pflegekassen zurückgreifen können. So sollen Kommunen künftig darauf verzichten können, die Pfle- geberatung in eigenen Beratungsstellen durchzuführen, wozu sie diese Bundesregierung erst im letzten Jahr mit dem Pflegestärkungsgesetz III verpflichtet hatte – und zwar unabhängig vom Vorhandensein anderer Möglich- keiten . Das hört sich ja zunächst mal vernünftig an . Aber was gar nicht geht, ist, dass Sie die Qualitätsstan- dards für die Pflegeberatung aufweichen wollen und dass die Kommunen das so eingesparte Geld behalten dürfen . Denn erstens brauchen Pflegebedürftige und ihre Ange- hörigen bestmögliche Beratung und nicht irgendwelche . Und zweitens gehört dieses Geld den Pflegeversicherten, nicht der öffentlichen Hand. Deswegen sage ich Ihnen: Lassen Sie die Finger von der Beratungsqualität und sor- gen Sie dafür, dass die Beiträge der Pflegeversicherten wirklich in der Pflege ankommen. Sonst werden wir die- sem Gesetz nicht zustimmen können . Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der vorliegende Gesetzentwurf mit den von der Koali- tion eingebrachten Änderungsanträgen ist – gemeinsam mit dem heute schon debattierten Gesetz zur epidemio- logischen Überwachung übertragbarer Krankheiten – der große Kehraus der Gesundheitspolitik . Die Regierungs- koalition versucht kurz vor Toresschluss, schnell noch ein paar offene Punkte abzuarbeiten. Das ist eigentlich löblich . Man merkt allerdings an einigen Stellen, dass Ihre Vorschläge mit heißer Nadel gestrickt sind . Viele der Gesetzesänderungen im Bereich Blut und Gewebe sind grundsätzlich sinnvoll und werden daher von uns unterstützt . Leider lassen Sie weiterhin jede Gelegenheit verstreichen, andere Mängel in der Gewe- bemedizin zu beheben . Der aktuelle Gewebebericht der Bundesregierung zeigt: Rund ein Fünftel der Einrichtun- gen kommt ihren gesetzlichen Meldepflichten nicht nach. Zudem sind viele der gemeldeten Zahlen insbesondere zu muskuloskelettalen Geweben und Hautgeweben nach eigenen Aussagen der Bundesregierung unplausibel . Es werden in Deutschland viel mehr dieser Gewebe trans- plantiert und exportiert als entnommen, ohne dass die Behörden wissen, wo diese Gewebe eigentlich herkom- men. Hier ist das Ministerium weiterhin in der Pflicht, Transparenz herstellen . Zudem gibt es in Deutschland – ähnlich wie bei Or- ganspenden – einen Mangel an bestimmten Geweben, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724296 (A) (C) (B) (D) sodass manche Patientinnen und Patienten nicht oder nur mit erheblicher Verspätung versorgt werden können . In erster Linie fehlen Augenhornhäute und Herzklappen . Transparenz gibt es bei der Verteilung dieser Gewebe aber weiterhin nicht. Es gibt weder öffentliche Vorgaben, nach welchen Kriterien diese sogenannten Mangelgewe- be vergeben werden müssen, noch führen die meisten Einrichtungen und Kliniken Wartelisten . Sie als fachlich zuständiges Ministerium überlassen es weiterhin dem Er- messen der Akteure, wer ein Transplantat erhält, obwohl selbst die Bundesärztekammer hier mehr Transparenz fordert . Ich frage mich, warum die Bundesregierung in regelmäßigen Abständen einen Bericht zur Analyse der Gewebemedizin in Deutschland erstellt, wenn sie die dort aufgezeigten Mängel stur ignoriert . Nun zu den anderen Bereichen, die Sie über die Än- derungsanträge noch schnell angehen: Viele dieser Vor- schläge, beispielsweise zu Saisonarbeitern oder zur Ka- renzzeit für Verwaltungsräte der Krankenkassen, sind sinnvoll . Ausdrücklich zu begrüßen ist die dauerhafte Finanzierung der Entschädigungszahlungen im Rahmen des HIV-Hilfegesetzes. Zwar hätten wir uns einen Inflati- onsausgleich auch für die vergangenen Jahre gewünscht; auch eine Einbeziehung von Hepatitis-C-Infizierten in diese Entschädigungsregelung hätten wir uns gewünscht . Dennoch begrüßen wir die Verstetigung der Hilfe für durch Blutkonserven HIV-Infizierte, weil sie für diese endlich Sicherheit schafft. Abzuwarten bleibt, was das geplante Register aller Krankenhausärztinnen und -ärzte bringen wird . Ob hier bürokratischer Aufwand und Nutzen noch in einem an- gemessenen Verhältnis zueinander stehen, kann man jetzt noch nicht beurteilen . Bei den geplanten Änderungen im Bereich Pflege ha- ben wir in einem Punkt große Bauchschmerzen: Bei der Erprobung von Personalbemessungsinstrumenten sollen zukünftig großzügige Ausnahmen von einzelnen Re- gelungen des SGB XI gelten, einschließlich des neuen Pflegbedürftigkeitsbegriffs. Das halten wir für fahrlässig. Hier wird eine Möglichkeit geschaffen, zulasten der zu Pflegenden von mühsam erkämpften Verbesserungen wieder abzuweichen. Diese Tür sollten wir nicht öffnen, zumal man sich fragen muss, welchen Erkenntniswert ein solches Modellvorhaben für die Regelversorgung ha- ben soll . Trotz der in einzelnen Punkten geäußerten Bedenken hält meine Fraktion die im Gesetz vorgeschlagenen Än- derungen mehrheitlich für sinnvoll und wird dem Gesetz- entwurf daher zustimmen . Anlage 34 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Än- derung des Telekommunikationsgesetzes (Tages- ordnungspunkt 36) Andreas G. Lämmel (CDU/CSU): Wir beraten heute in erster Lesung das Vierte Gesetz zur Änderung des Te- lekommunikationsgesetzes, welches die Digitalisierung der Hörfunkübertragung zukünftig vorantreiben und re- geln soll . Das Radio muss im Wandel der Zeit zukunftsfähig bleiben . Dafür hat das Bundeskabinett am 3 . Mai 2017 Folgendes beschlossen: Künftig sollen höherwertige Ra- dioempfangsgeräte nur noch gehandelt werden, wenn diese zum Empfang digitalisierter Signale geeignet sind . Die Gesetzesänderung sieht damit vor, eine Aus- rüstungspflicht in Form einer Schnittstelle einzuführen. Über diese können digital codierte Inhalte empfangen und wiedergegeben werden . Das Gesetz greift das von den Bundesländern bereits im Rahmen der Stellungnah- me des Bundesrates zum 3 . TKG-Änderungsgesetz for- mulierte Anliegen auf, die Digitalisierung des Hörfunks durch die Interoperabilität von Radioempfangsgeräten zu fördern . Warum wollen wir diesen Weg nun gehen? Das Radio ist seit seiner Erfindung eines der meistgenutzten Medien in Deutschland und hat dadurch eine besondere Bedeu- tung in unserem Alltag . Rund 80 Prozent aller Deutschen hören täglich Radio . Aufgrund seiner eigenständigen ter- restrischen Verbreitungskanäle über erdgebundene Funk- sender, über UKW (Ultrakurzwellen) und DAB+ (digita- ler Übertragungsstandard für terrestrischen Empfang von Digitalradio) kann das Radio in Krisensituationen und Notlagen wie Katastrophen, bei Unwettern oder Unfäl- len als verlässliche regionale Echtzeitinformationsquelle genutzt werden . Einen besonderen Stellenwert haben ak- tuelle Verkehrs- und Mobilitätsinformationen durch Ra- dios . Hier nimmt das Radio auch eine Schlüsselstellung für eine intelligente Verkehrssteuerung ein . Ein genauerer Blick auf die Nutzung zeigt zudem, dass das Radio heute noch in erster Linie ein über ana- loge UKW-Frequenzen verbreitetes Medium ist . Etwa 94 Prozent der über 14-Jährigen in Deutschland emp- fangen Radio über UKW bzw . analoge Geräte . Etwa drei Viertel der Menschen in Deutschland bevorzugt auch weiterhin das Radiohören über UKW . Daran wird sich so schnell auch nichts ändern . Daneben hat sich eine Verbreitung über weitere Kanä- le etabliert: so die Verbreitung über das Internet und das digital terrestrische Radio DAB+ . Insbesondere junge Menschen hören überdurchschnittlich viel Radio über In- ternet und DAB+ . In der Welt der Apps und Plattformen wird die Verbreitung von Radio auch immer neue Wege finden. Daher gilt es, einen hybriden Ansatz zu verfol- gen, der alle für die Nutzer relevanten Verbreitungsoptio- nen für Radio einschließt . Der nun vorliegende Gesetzentwurf dient als Baustein, Hörerinnen und Hörern mit den zusätzlich ausgerüsteten Geräten ein quantitativ und qualitativ verbessertes Hör- funkprogramm anbieten zu können . Die Ausrüstungs- pflicht bezieht sich dabei nur auf höherwertige Geräte, die den Programmnamen anzeigen können. Der Eingriff in den Markt ist somit vertretbar . Mobilfunkgeräte wer- den zudem ausgeklammert bleiben, Autoradios hingegen erfasst werden . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24297 (A) (C) (B) (D) Lassen Sie mich aber eines noch einmal ganz klar sagen: Mir wäre eine europaweit einheitliche Regelung lieber gewesen . Bislang hat die EU-Kommission der nationalen Hörfunkübertragung leider keine Binnen- marktrelevanz zuerkannt . Das ist für mich unverständ- lich . Stellen Sie sich vor, Sie fahren in den Urlaub nach Österreich und empfangen aufgrund unterschiedlicher Empfangstechniken keine Verkehrswarnungen mehr . Der Grund: Ihr Autoradio besitzt nur einen UKW-Empfän- ger; es wird aber nur noch digital gesendet . Das kann es natürlich nicht sein . Wir müssen aus Deutschland heraus eine Entwicklung hin zu einer EU-weiten Einführung be- fördern . Dafür sehe ich durchaus eine Chance . Klaus Barthel (SPD): Mit dem vorliegenden Gesetz- entwurf der Bundesregierung soll der Digitalisierung des Hörfunks der Weg bereitet werden . Die Zukunft des Ra- dios liegt zum Beispiel aus der Sicht der ARD „in der hybriden Kombination von digitaler Terrestrik und Inter- net .“ Dies sei „die bestmögliche Lösung im Interesse des Mediums Radio, der Radiomacher und Radionutzer“ – so das ARD-Generalsekretariat . Damit sollen die letzten Tage des guten alten UKW-Radios eingeläutet werden . Im Rahmen eines Aktionsplans für die Transformation der Hörfunkverbreitung in das digitale Zeitalter soll sich der Markt für Digitalradios schneller entwickeln, damit, wie in Norwegen und Italien, die ersten UKW-Sender vom Netz gehen können . Beabsichtigt ist, den parallelen Betrieb des angeblich kostengünstigen DAB+ – Digital Audio Broadcasting (DAB) ist ein digitaler Übertra- gungsstandard für terrestrischen Empfang von Digitalra- dio – und des teuren UKW so kurz wie möglich zu halten . In der guten neuen digitalen Welt soll natürlich auch für das Radio alles besser werden, sagen die Befürworter: Die analoge UKW-Terrestrik sei technisch und pro- grammlich ausgereizt, für neue Angebote und technische Innovationen sei kein Platz, der öffentlich-rechtliche Rundfunk belege aus historischen Gründen zu viele Fre- quenzen zulasten der kommerziellen Anbieter, so lautet die Kritik . DAB+ belebe den Wettbewerb zugunsten des Nutzers und neuer Anbieter . DAB+ sei die perfekte Ergänzung zum Internet und umgekehrt; denn anders als das Internet erlaube die ter- restrische Verbreitung der Radioprogramme deren ano- nyme und kostenfreie Nutzung ohne Volumenbegren- zung . Mobiles Internet/LTE sei 40-mal teurer als die DAB+-Technologie . DAB+ stehe für Vielfalt, Qualität und Innovation und komme bei den Hörern an . In einigen Regionen seien be- reits über 44 Programme zu empfangen, Zusatzdienste wie Programminformationen, Programmführer, Veran- staltungstipps und sehr genaue Verkehrsdaten für unter- wegs könnten angeboten werden . DAB+ sei technisch stabil, rauschfrei und gewährleiste auch mobil exzellen- ten Empfang . DAB+ eröffne den Radiounternehmen schier unbe- grenzte Möglichkeiten für programmliche Entwicklung und neue sogenannte Special-Interest-Angebote . DAB+ sei wichtig für die Gattung Radio; denn anders als das Internet, das ebenfalls eine große Vielzahl und Vielfalt an Audioangeboten bietet, seien die Hörfunkpro- gramme bei terrestrischer Verbreitung besser wahrnehm- bar und auffindbar. Gerade für die kommerziellen Radio- unternehmen sei die Aufmerksamkeit der Hörerinnen und Hörer als entscheidende Währung für Werbeeinnah- men von existenzieller Bedeutung, womit ein bewährtes Geschäftsmodell und der Erhalt einer breiten Radioland- schaft in der Bundesrepublik gesichert würden . DAB+ sei mehr als Radio und funktioniere auch im Krisenfall . Radio sei die wichtigste Informationsquelle im Auto, intelligente Verkehrssysteme der Zukunft sei- en digital . Die Bundesregierung setze wie andere eu- ropäische Länder bei der Umsetzung der europäischen ITS-Richtlinie („Intelligent Traffic Systems“-Richtlinie) auf DAB+ . DAB+ gewährleiste im Katastrophen- und Krisenfäl- len verlässliche Information der Bevölkerung . DAB+ sei deutschlandweit verfügbar; denn bis Ende 2016 sei die Zahl der Senderstandorte für die Di- gitalradiomultiplexe weiter gewachsen . 82 Prozent der Einwohner würden inhouse und 92 Prozent mobil er- reicht, die Bundesautobahnen würden mit 98 Prozent nahezu komplett versorgt . In ländlichen Gebieten sei DAB+ eine unverzichtbare mobile Quelle bei fehlendem Ausbau der Mobilfunknetze . Der Verkauf von DAB+-Geräten nehme überdurch- schnittlich zu; der Trend zu Geräten, die sowohl UKW als auch DAB+-fähig sind, sei eindeutig: Der Anteil DAB+-fähiger Geräte im Verkauf sei im September bei 19 Prozent gelegen gegenüber 13 Prozent im Vorjahr; die Anzahl der Empfangsgeräte sei 2016 um 1,85 Millionen bzw . 29 Prozent auf 8,24 Millionen gestiegen . Die Marktdurchdringung könnte noch gesteigert wer- den, wenn, wie jetzt im TKG vorgesehen, alle neu auf den Markt kommenden Radiogeräte mit DAB+-Emp- fangsmöglichkeit ausgestattet würden . Europa setze auf DAB+: Die europäischen Nachbar- länder seien ebenfalls auf dem Weg in die digitale Radio- zukunft . Norwegen werde 2017 vollständig auf DAB+ umstellen, die Schweiz strebe das für 2020 bis 2024 an . Andere Länder folgen . Der gleichzeitige Betrieb von UKW und DAB+ müsse im Zusammenwirken aller Marktbeteiligten und zeitgleich mit den privaten Programmveranstaltern er- folgen, weshalb ein abgestimmtes Vorgehen der öffent- lichen-rechtlichen Sender, des privaten Rundfunks, der Auto- und Geräteindustrie, der Regulierungsinstitutionen und des Gesetzgebers erforderlich sei . Die ARD zum Beispiel setze auf ein Stufenmodell, bestehend aus Ausbau- und Migrationsphase . Zunächst sollen die Netze zügig ausgebaut werden, um gemein- sam mit dem Deutschlandradio das angestrebte Versor- gungsziel von 95 Prozent der Fläche der Bundesrepublik zwischen 2018 und 2020 zu erreichen . In der Migrations- phase solle ein konkretes Verfahren für den Ausstieg aus UKW vereinbart werden . Das müsse sich aber nicht al- lein in einem fixen Abschaltdatum für UKW erschöpfen. Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724298 (A) (C) (B) (D) Es müsse einen öffentlich kommunizierten Zeitplan geben; denn nur da in Europa, wo dieser vorgegeben sei, entwickle sich der Markt für DAB+ schneller als in den anderen Staaten . Das Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur habe durch die Gründung eines Digitalradio Boards ein erstes Signal gesetzt, in das alle Marktbetei- ligten eingebunden seien . Auch die Kommission zur Er- mittlung des Finanzbedarfs (KEF) habe die Bewilligung der Mittel für DAB+ mit einem klaren Appell an die Me- dienpolitik verbunden, eindeutig Position zu beziehen, nicht zuletzt um den parallelen Betrieb von kostengüns- tigem DAB+ und teurem UKW so kurz wie möglich zu halten . Dies wird von den Bundesländern und dem Bun- desrat unterstützt . Schon beim dritten Änderungsgesetz zum TKG vor wenigen Monaten hat der Bundesrat eine Verpflichtung für Gerätehersteller empfohlen, zukünftig alle neuen Radiogeräte auch mit DAB+-Empfangsmög- lichkeit auszustatten . So könne ein maßgeblicher Beitrag zur Beschleunigung der Digitalisierung des Hörfunks ge- leistet werden . So weit, so gut, so könnte die schöne neue Welt also aussehen . Aber ganz so einfach ist es nicht, wie so oft: Nach dem bis 2012 geltenden § 63 Absatz 5 TKG sollten alle Frequenzzuteilungen für den analogen UKW-Hör- funk bereits bis Ende 2015 widerrufen werden . Die ur- sprünglich im Zusammenhang mit der Digitalisierung des Fernsehens abgeleitete Annahme, dass Hörfunk dann ganz überwiegend digital verbreitet werde, ist aber nicht eingetreten . Deshalb wurde § 63 Absatz 4 TKG im Ge- setzgebungsverfahren 2012 – abweichend vom Gesetz- entwurf der Bundesregierung – erneut geändert . Danach ist eine Verlängerung mindestens bis Ende 2025 möglich . Die Entwicklung des analogen UKW-Hörfunks sollte den medienrechtlichen Überlegungen der Länder fol- gen, die entscheiden, ob und wann an dieser Art der Pro- grammverbreitung teilweise oder in Gänze kein Bedarf mehr besteht, wobei Einigkeit bestand, dass dies von der Marktentwicklung digitaler Programmverbreitung bzw . -rezeption abhängen sollte . Die Bundesregierung hatte 2012 zugesagt, im europäischen Rahmen für die rasche Verbreitung hybrider Endgeräte einzutreten, die sowohl Digitalradio als auch UKW empfangen können . Der nun vorliegende Entwurf zu § 48 TKG macht nun weder das eine noch das andere . Er gibt keinen neuen Termin für die Umstellung vor, versucht aber, die Ver- breitung entsprechender Empfangsgeräte nicht auf eu- ropäischer, sondern lediglich auf nationaler Ebene zu befördern . Der Bundesrat hatte schon mit seiner Stellungnahme zur dritten Änderung des TKG am 23 . September 2016 einen Normvorschlag für eine Verpflichtung über § 48 Absatz 4 TKG vorgelegt, wonach Endgeräteherstelle nur noch Geräte auf den Markt zu bringen dürfen, die auch digitalen Empfang ermöglichen – so wie dies auch bei der Digitalisierung des terrestrischen Fernsehmarktes erfolgt sei . Die Bundesregierung hat den Beschluss des Bundesrates damals nicht übernommen – mit Verweis auf europarechtliche Bedenken und die zu befürchten- de Zeitverzögerung . Die notwendigen Anpassungen des TKG an die europäischen Vorgaben zur Netzneutralität dürften nicht weiter verzögert werden . Der Bundestag ist dem vor wenigen Wochen mehrheitlich gefolgt und hat die Änderung des § 48 Absatz 4 TKG wie vom Bundesrat vorgeschlagen abgelehnt . Nun schiebt die Bundesregierung eilig eine vierte Änderung des Telekommunikationsgesetzes hinterher, um dem Wunsch des Länder und des Bundesrates doch noch zu folgen . Allerdings: Für den Gesetzentwurf ist ein Notifizierungsverfahren bei der EU erforderlich, um zu prüfen, ob der Entwurf Hemmnisse für den freien Waren- verkehr enthält. Die Notifizierungsfrist wird erst Anfang August 2017 ablaufen . Die zweite und dritte Lesung des Gesetzes in einer der letzten Sitzungswochen im Juni, also noch vor Abschluss des Notifizierungsverfahrens, halte ich für überaus problematisch . Wir sehen hier noch Klärungsbedarf . Deshalb bringen wir eine an sich inhaltlich diskussionswürdige Gesetzes- änderung ein, wollen aber sowohl die europarechtlichen als auch die medienpolitischen Aspekte noch gründlich prüfen . Thomas Lutze (DIE LINKE): Deutschland hinkt bei der Digitalisierung des Hörfunks im europäischen Ver- gleich weit hinterher . Im Jahr 2016 lag die Quote der Ra- diohörer, die ihr Programm digital empfangen, lediglich bei etwas über 13 Prozent . Obwohl digitales Radio seit 2005 praktisch überall in Deutschland zu empfangen ist, läuft die Verbreitung der entsprechenden Empfangsgerä- te nur sehr schleppend . Dabei hatte man im letzten Jahrzehnt noch gehofft, bis 2015 eine solch große Verbreitung des digitalen Hörfunks erreicht zu haben, dass die UKW-Sender abgeschaltet werden können und so wertvolle Frequenzen für andere Dienste frei werden . Dieses Ziel wurde deutlich verfehlt . Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Maß- nahme, für alle höherwertigen Empfangsgeräte die Schaffung der Möglichkeit des digitalen Empfangs vor- zuschreiben, kann einen Beitrag dazu leisten, die Markt- durchdringung digitaler Radiogeräte zu verbessern . Al- lerdings hat die Bundesregierung durch ihre Definition dessen, was höherwertige Empfangsgeräte darstellen, ein großes Schlupfloch offen gelassen. Dies sind laut dem Gesetzentwurf alle Geräte, die den Sendernamen anzei- gen können . Will sich ein Hersteller weiterhin die digita- le Schnittstelle in seinem Gerät sparen, so lässt er einfach das Display am Radio weg oder unterbindet die Anzeige des Sendernamens softwareseitig . Weiterhin kritisieren wir, dass den Herstellern und Händlern mit 12 Monaten bis zum Inkrafttreten des Ge- setzes eine mehr als großzügige Frist für den Übergang gewährt wird . Die Bundesregierung schreibt dazu selbst in ihrem Entwurf, dass diese Frist dem Abverkauf der rein analogen Geräte dienen soll . Dies bedeutet, dass der Markt, in dem wir ja eigentlich die Position der di- gitalen Empfangsgeräte stärken wollen, noch einmal mit im Preis reduzierten und massiv beworbenen Altgeräten geflutet wird. Und wie oft kauft man schon ein neues Ra- dio? In der Regel ist der Kauf einer Stereoanlage eine Anschaffung für Jahrzehnte. Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24299 (A) (C) (B) (D) Die Linke unterstützt das Anliegen des Gesetzentwur- fes, aber ich hoffe, dass wir in den Ausschussberatungen noch an der einen oder anderen Stelle ein wenig nachbes- seren können . Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es wird ja häufig behauptet, die Opposition würde Geset- ze der Regierung immer schon aus Prinzip kritisieren . Heute kann ich mal das Gegenteil beweisen: Mit dem vorliegenden Gesetz soll festgeschrieben werden, dass alle neuen Radiogeräte so ausgerüstet sein müssen, dass sie einen digitalen Empfang ermöglichen – entweder über DAB+ oder über IP . Das begrüßen wir . Umgekehrt scheint diese sachliche Debatte von den Vertreterinnen und Vertretern der Koalitionsfraktionen nicht geführt zu werden; denn schon seit Jahren mahnen wir dies an . Viel mehr Menschen würden schon heute digital Radio hö- ren, und DAB+ hätte wahrscheinlich eine weit größere Verbreitung, wenn man sich vor Jahren dafür entschieden hätte, diese Verpflichtung beispielsweise für Autoradios einzuführen . Aber damals haben die Vertreterinnen und Vertreter der Koalitionsfraktionen vor der Wirtschaft ge- kuscht . Nun ja, sinnvolle Vorschläge setzen sich doch irgend- wann durch. Hoffentlich ist es nicht zu spät; denn die Verbreitung von DAB+ ist – noch – sehr gering, und so mancher Medienpolitiker erklärt diese Technologie in- zwischen für gescheitert . Dabei ist der DAB+-Empfang störungsfrei und gewährleistet eine vom Internet unab- hängige Verbreitung . Nun wird mit diesem Gesetz also dem technischen Fortschritt endlich Rechnung getragen und zugleich mehr Wahlfreiheit für Verbraucherinnen und Verbraucher ermöglicht . Das ist gut so . Besonders freut es mich, dass hier eine technikneu- trale Lösung gefunden wurde . DAB+ wird nicht einseitig gegenüber IP-Technologie bevorzugt oder umgekehrt, die Anforderung ist lediglich, dass digitaler Empfang möglich sein soll – auf die eine oder andere Technolo- gie gestützt . Wenn sich eine Bürgerin oder ein Bürger in Zukunft ein neues Radio kaufen, können sie sich also aussuchen, ob sie lieber ein Internetempfangsgerät ha- ben wollen oder ein DAB+-Radio . In einer Situation, in der zumindest unklar ist, ob DAB+ sich als Technologie durchsetzen wird, scheint mir das eine sachgerechte Lö- sung . Wenn dieser parallele Ansatz weiterverfolgt wird, soll- ten wir allerdings im Bereich des IP-Radios in Zukunft genauer hinschauen . Sehr viele Menschen hören Radio- programme vor allem im Auto . Das alte Autoradio wird aber in neuen Autos inzwischen durch Hightech-Medi- enplattformen ersetzt, die viel mehr zu bieten haben als nur das profane Radio . Mehr Auswahl ist grundsätzlich immer gut . Es stellt sich aber auch immer dringlicher die Frage, wer zu welchen Konditionen Zugang zu diesen Plattfor- men hat und wie leicht oder schwer die jeweiligen An- gebote erreichbar sind . Es handelt sich schließlich um vergleichsweise neue Technologien, die in der Regel nicht unter den Plattformbegriff des Rundfunkstaatsver- trags fallen, bei denen der Zugang für Rundfunkanbieter nicht automatisch gegeben ist und die sich der Kontrolle durch die Landesmedienanstalten weitgehend entziehen . Trotzdem muss aus meiner Sicht so etwas wie Platt- formneutralität in einem möglichst weitgehenden Sinne sichergestellt sein. So wie wir im offenen Internet auf Netzneutralität beharren, müssen wir auch bei Medien- plattformen in Autos einen gleichberechtigten Zugang sicherstellen . Ich möchte noch einen letzten Punkt ansprechen: Mich erreichen immer wieder besorgte Briefe von Bür- gerinnen und Bürgern, die eine UKW-Abschaltung be- fürchten. Hier muss vor allem Klarheit geschaffen wer- den angesichts der Debatten über die UKW-Abschaltung und das Festlegen verschiedener Zeitpunkte in der Ver- gangenheit . Es muss vor allem langfristig und umfassend über die UKW-Abschaltung informiert werden . Die recht kurzfristige Umschaltung von DVB-T auf DVB-T2 hat gezeigt, dass vor allem die Nutzerinnen und Nutzer das Nachsehen haben . Eine Verständigung darüber muss daher mit den Ländern erfolgen, denn dieses Thema liegt nun mal im Kompetenzbereich der Bundesländer . Sie sind es auch, die die Weichen für DAB+ stellen müssen . Wir hier im Bundestag können aber zumindest dafür sorgen, dass DAB+ nicht daran scheitert, dass es keine Geräte dafür zu kaufen gibt . Anlage 35 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/ CSU und SPD: 25 Jahre Ostseerat – Das Modell für eine gelungene Integration von Ost und West weiterentwickeln (Tagesordnungspunkt 37) Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU): Ich bin Schles- wig-Holsteiner . Zudem gehörte ich jahrelang der Ostsee- parlamentarierkonferenz an . Der Ostsee fühle ich mich eng verbunden . Sie ist für mich ein Stück Heimat . Als Deutschland im Jahr 2012 die Präsidentschaft im Ost- seerat führte, erklärte Bundespräsident Joachim Gauck: „Das Baltische Meer ist ein Meer der Freiheit gewor- den .“ Das ist großartig, denn es war nicht immer so . Der Ostseeraum war durchaus Ort beeindruckender Koope- rationen wie der Gründung der Hanse in der Mitte des 13 . Jahrhunderts . Er war aber vor allem auch Ort wech- selnder Bündnisse und Kriege um die Vorherrschaft im Norden Europas . Die Ostsee war zentraler Schauplatz des Ersten und des Zweiten Weltkrieges, aber auch des Kalten Krieges . Schätzungen gehen von mindestens 6 500 DDR-Bürgern aus, die über die Ostsee in den Wes- ten flüchten wollten. Nur etwa 900 von ihnen kamen dort an . Das Ende des Kalten Krieges eröffnete auch für die Ostseestaaten neue Möglichkeiten . Es war die Vision ei- nes friedlichen und vereinten Ostseeraumes, die den da- maligen dänischen Außenminister Uffe Ellemann-Jensen und seinen deutschen Kollegen Hans-Dietrich Genscher Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724300 (A) (C) (B) (D) bewogen, den Ostseerat ins Leben zu rufen . Sie ver- banden damit das Ziel, ein politisches Dialogforum zu schaffen, in dem die wirtschaftlichen und sozialen Be- ziehungen der Hanse wiederbelebt werden . Insgesamt neun Staaten haben geografisch unmittelbaren Zugang zur Ostsee . In der Tat verbindet die Ostseeanrainerstaa- ten eine Art nordische Gelassenheit und Toleranz, die zu vergleichbaren politischen, wirtschaftlichen und kultu- rellen Einstellungen führte . Selbst das russische Sankt Petersburg wurde 1703 gegründet, um an dieser Menta- lität teilzuhaben . Die Außenminister des Ostseerates werden sich am 20. Juni in Reykjavik treffen, um das 25-jährige Beste- hen des Ostseerates zu feiern . Ich sehe darin ebenfalls eine Erfolgsgeschichte . Die Osterweiterung der Europä- ischen Union um Länder wie Polen und die baltischen Staaten hat ebenso wie die Ostseestrategie der EU dazu beigetragen, die Folgen des Kalten Krieges zu überwin- den . Die Region ist wieder wirtschaftlich und politisch zusammengewachsen . Der Ostseerat hat diese Arbeit als Dialogforum unterstützt . Er hat dazu beigetragen, den Austausch zwischen Menschen zu fördern . Vor allem hat er auch die schwierige Umweltsituation der Ostsee in den Blick genommen . Insgesamt schätze ich die Ergebnisse positiv ein, die Bilanz bleibt aber dennoch nüchtern . Wir müssen uns auch im Ostseeraum mit einer neuen Wirklichkeit konfrontieren . Die Freiheit des Baltischen Meeres, die Joachim Gauck so lobte, ist heute wieder gefährdet . Ost- seerat und Ostseeparlamentarier sind in der Tat Formate, an denen Russland beteiligt ist . Wir sehen aber auch hier, dass eine positive Einbindung Russlands Grenzen hat . Zur Wahrheit gehört es, offen auszusprechen, dass neue Trennlinien in Europa bereits existieren . Russland hat mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und der Unterstützung separatistischer Bewegungen in der Ostukraine Vertrauen zerstört . Russlands Militärausga- ben haben sich seit 2007 fast verdoppelt, wenn auch be- dingt durch die Wirtschaftskrise die Ausgaben seit zwei Jahren wieder sinken . In der Ostsee hat Russland riskante Militärmanöver durchgeführt . Es wird von Zwischenfäl- len berichtet, russische Jets hätten Angriffe in unmittel- barer Nähe von US-Schiffen simuliert. Seit Ausbruch der Ukraine-Krise beklagen Schweden, Polen und die balti- schen Staaten, dass mehrfach russische Kampfflugzeuge in ihren Luftraum eingedrungen seien . Das bisher stark an Moskau gebundene Belarus möchte sich aus der rus- sischen Umklammerung lösen . Die belarussische Staats- führung sucht den Kontakt zum Westen . Die Hauptstadt Minsk stand als neutraler Boden zur Verfügung, auf dem die Parteien des Ukraine-Konfliktes miteinander verhan- deln konnten . Das alles bleibt nicht ohne Auswirkungen auf den Ost- seeraum . Die NATO hat ihre Präsenz in der Region ver- schärft . In militärisch neutralen Ländern wie Schweden und Finnland werden plötzlich Diskussionen um einen NATO-Beitritt geführt . Die schwedische Armee wappnet sich für den Ernstfall . Auf der Insel Gotland stationiert Schweden seine Soldaten. Ein Offizier berichtet, es sei in Anbetracht neuer Waffentechnologien schwer, sich ge- gen die in Kaliningrad stationierten Iskander-Raketen zu verteidigen . Schweden hat seine Militärausgaben erhöht und ein Gastabkommen mit der NATO geschlossen . Die finnische Regierung bereitet sich mit 50 000 zu- sätzlichen Soldaten auf mögliche Krisenfälle vor . Berich- ten der finnischen Regierung zufolge habe sich die Si- cherheitslage in Finnland verschlechtert . Immerhin teilt das Land fast 1 000 Kilometer Landgrenze mit Russland . Man sei beunruhigt über die russische Sicht, Sicherheit auf Einflusszonen aufzubauen. Auch Finnland schloss einen Vertrag mit den USA über militärische Zusammen- arbeit ab . Alle anderen Staaten des Ostseeraumes sind Mit- glieder der NATO . Die NATO hat ihre Präsenz in den baltischen Staaten und in Polen massiv erhöht . Unsere Botschaft ist klar: Wir wollen keine militärische Ausei- nandersetzung mit Russland . Aber wir stehen zu unserer Bündnisverpflichtung, wenn Russland einen Mitglied- staat der Allianz angreift . Zugleich hat sich die Situation auch in den transat- lantischen Beziehungen verändert . Die Botschaften des neuen amerikanischen Präsidenten Donald Trump sind widersprüchlich, sein Verhalten bleibt unberechenbar . Mal erklärt er die NATO für obsolet, dann wieder nicht . Die EU ist in einer Phase der Neuorientierung . Groß- britannien hat sich entschieden, die EU zu verlassen . In Frankreich und Österreich drohten rechtspopulistische Europakritiker die Präsidentschaftswahlen zu gewinnen . Die Balkanstaaten möchten in die EU aufgenommen werden . Sie werden von zwischenstaatlichen, ethnischen und religiösen Konflikten destabilisiert. Offen ist auch, wie sich unser künftiges Verhältnis zur Türkei gestalten wird . Die EU muss entscheiden, wie sie mit Erweiterun- gen und mit der weiteren Vergemeinschaftung ihrer Poli- tikbereiche umgehen will . Neben der Ukraine-Krise ist Europa noch mit anderen Krisen belastet, allen voran mit dem schrecklichen Bür- gerkrieg in Syrien und dem internationalen Terrorismus . Welche Schlussfolgerungen sind daraus zu ziehen? In der Tat ist der Ostseeraum eine der politisch und wirtschaftlich stabilsten sowie sichersten Regionen der Welt . Das aggressive Verhalten Russlands hat aber auch die Ostseeanrainerstaaten verunsichert . Die NATO, die baltischen Staaten und Polen, aber auch Schweden und Finnland haben Konsequenzen gezogen und setzen auf militärische Prävention . Bundeskanzlerin Angela Merkel hat richtigerweise da- rauf hingewiesen, dass „vieles, auf das wir uns bisher wie selbstverständlich verlassen haben, nicht mehr selbst- verständlich ist .“ Die Konsequenz aus der Wahl Donald Trumps und dem Brexit, aus Erdogan, Syrien und dem internationalen Terrorismus muss lauten: Wir brauchen ein starkes Europa . Europa muss für sich sorgen können . Die skandinavischen Länder sind hier gefordert, mehr Verantwortung zu übernehmen . Eine klar proeuropäische Haltung vertritt Finnland, das auch den Euro eingeführt hat . Schweden könnte den Euro einführen, möchte es aber bisher nicht . Auch Dänemark hat den Euro nicht ein- geführt und zudem eine Menge Opt-out-Regelungen bei den europäischen Verträgen . Norwegen hat zwei Volks- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24301 (A) (C) (B) (D) abstimmungen zum EU-Beitritt durchgeführt . In beiden Fällen hat die Bevölkerung dagegen votiert . Es sind starke und stabile Länder, die viel zur EU beitragen können . Deutschland sollte die Möglichkeiten des Ostseerates und die Ostseeparlamentarierkonferenz nutzen, bei den skandinavischen Ländern für diesen Weg zu werben . Sicherheit und Stabilität im Ostseeraum brau- chen ein klares Ja zur Europäischen Union . Der Ostseerat ist eine zwischenstaatliche Organisati- on, die Chancen und Möglichkeiten eröffnet, zwischen den Staaten kulturellen Austausch und regionale Zusam- menarbeit zu vertiefen . Es ist gut, dass auch Russland hier mit am Tisch sitzt . Andererseits haben die Krisen der letzten Jahre auch den Ostseeraum verändert . Viele unserer Hoffnungen aus dem Jahr 1992, dem Jahr der Gründung des Ostseerates, haben sich nicht erfüllt . Die Zusammenarbeit mit Russland, so wie es heute ist, hat Grenzen . Dieses Vakuum kann der Ostseerat nicht füllen . Die Tatsache, dass seit 2014, dem Jahr der Krim-Anne- xion, keine gemeinsame Sitzung der Außenminister des Ostseerates mehr stattgefunden hat, belegt das . Deshalb hat der Ostseerat in der deutschen Ostpolitik auch eher an Bedeutung verloren . Die skandinavischen Länder fühlen sich ebenso wie Polen und die baltischen Staaten von Russland bedroht . Heute ist der Ostseeraum eine der sichersten Regionen der Welt . Derzeit ist dort kein akuter Krisenherd erkenn- bar . Wir dürfen die Region nicht vernachlässigen . Denn auch aus Vernachlässigung können Krisen erwachsen . Dem können die skandinavischen Länder entgegen- wirken, indem sie erkennen: Ein starkes Europa ist die Antwort auf alle Krisen unserer Zeit . Hier sehe ich die Chance für den Ostseerat, aktiv die Zukunft zu gestalten . Franz Thönnes (SPD): In diesem Jahr begehen alle Anrainerstaaten der Ostsee das 25-jährige Bestehen des Ostseerates . Ein Jahr nach dem Silberjubiläum der Ost- seeparlamentarierkonferenz folgt nun das Pendant der politischen Kooperation auf Regierungsebene und kann auf 25 Jahre aktive Politik in der Ostseeregion zurückbli- cken. In wenigen Tagen, am 20. Juni, findet aus diesem Anlass ein Treffen der Außenminister des Ostseerates im Rahmen der aktuellen isländischen Präsidentschaft in Reykjavik statt . Über Ostseepolitik zu sprechen heißt, über Koopera- tions-, Friedens- und Sicherheitspolitik zu sprechen . Das war vor 25 Jahren so . Und das ist heute auch so . Wir spre- chen über eine Region mit mehr als 80 Millionen Men- schen, eine Region, die eine bewegende gemeinsame Zeit aus der Geschichte der Hanse vom 12 . bis 17 . Jahr- hundert hinter sich hat, eine Region, in der die Ostsee für die Nationen nahezu ein halbes Jahrhundert ein Meer war, das sie trennte . Dies änderte sich nach dem Wegfall des Eisernen Vorhanges 1989/90 . Mit starker Kraft keimte wieder die Hoffnung auf, dass die jahrzehntelange Trennung des Ostseeraumes aus dem Kalten Krieg überwunden und er sich wieder zu einer prosperierenden und wohlhabenden Region entwickeln wird . Diese Vision wurde sowohl von den Mitgliedern der Parlamente wie auch von den da- maligen Außenministern Dänemarks und Deutschlands, Uffe Ellemann-Jensen und Hans-Dietrich Genscher, wie- derbelebt . Und als Abgeordneter aus Schleswig-Holstein will ich darauf verweisen, dass dieser Gedanke ebenso tatkräftig von der damaligen SPD-geführten Landesre- gierung mit ihrem Ministerpräsidenten Björn Engholm unterstützt wurde . Natürlich ging es damals um die Fragen, wie man gute Nachbarschaft und stabile Demokratien rund um die Ostsee entwickeln könne . Die erste Zusammenkunft der Parlamentarier 1991 im Ostseeraum war für die Ab- geordneten aus unterschiedlichen politischen Systemen eine ausgezeichnete Möglichkeit zum Dialog und für einen Blick über den eigenen Tellerrand . Gemeinsame Interessen wurden deutlich . Im transparenten Dialog ent- standen neue Ideen, und gemeinsames Handeln wurde verabredet . Mit der kritischen Beratung des Handelns der Regierenden, neuen Verbindungen und Kooperationen erhielt die Ostseezusammenarbeit ihre parlamentarische Dimension . Das erste Außenministertreffen des Ostseerates in Ko- penhagen folgte dann ein Jahr später am 5 . und 6 . März 1992 . Damit wurde die historische Chance wahrgenom- men, ein Forum der Regierungen für den politischen Dialog und für eine konstruktive Zusammenarbeit zu schaffen. Die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Beziehungen auf der Grundlage einer gefestigten Identi- tät der hanseatischen Geschichte wiederherzustellen, war das zentrale Ziel . Der Ostseerat sollte dabei das allge- meine Gremium sein, in dem auf Regierungsebene die Zusammenarbeit koordiniert wird . Heute ist er in Europa einzigartig . Acht Mitgliedstaaten der Europäischen Uni- on, zwei EFTA-Staaten, Russland und die Europäische Kommission arbeiten auf Augenhöhe in einer zwischen- staatlichen Form in einer Region eng zusammen . Natürlich standen damals neben Fragen der wirt- schaftlichen, politischen und kulturellen Kooperation die umweltpolitischen Herausforderungen der erheblich verschmutzen Ostsee im Vordergrund, doch mehr und mehr kamen auch Infrastruktur, Energie, Arbeitsmarkt, Tourismus, Gesundheit, Bildung, Wissenschaft und weiche Sicherheitspolitik auf die Agenda . Wesentliche Arbeitsinstrumente sind die Ostseestrategie der Europä- ischen Union und die Politik der Nördlichen Dimensi- on . Das 1998 gegründete Sekretariat des Ostseerates in Stockholm koordiniert die Arbeit . Dazu gehören Grup- pen von Sachverständigen, Netzwerke, Task Forces und verschiedene Programme . Die Mitgliedstaaten erhalten bei der Koordinierung und Umsetzung der derzeitigen drei langfristigen Prioritäten des CBSS Unterstützung . Dies sind regionale Identität sowie eine nachhaltige, pro- sperierende und sichere Region . Sie wurden 2010 in der Erklärung von Vilnius „Eine Vision für den Ostseeraum bis 2020“ festgelegt . Es dürfen als Mutmacher für künftige Perspektiven beispielhaft folgende Erfolge der bisherigen Kooperation genannt werden: Durch intensive Zusammenarbeit konnten mit der Helsinki-Kommission und der Internationalen Seeschiff- fahrts-Organisation (IMO) strengere Abwasser- und Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724302 (A) (C) (B) (D) Abgasregeln für Passagierschiffe auf der Ostsee durch- gesetzt werden . Auch gibt es inzwischen schärfere Vor- schriften gegen Eutrophierung . Das Konzept „Clean Baltic Shipping“ mit dem Ziel „Null Emissionen in der Seefahrt“ führt in mehreren Häfen zur Reduzierung des Schadstoffausstoßes von Schiffen. Die Hauptschifffahrtswege der Ostsee wurden siche- rer . Auch die EU-Ostseestrategie hat nach 2009 als erste makro-regionale Strategie neue Formen der Zusammen- arbeit und der Strategieplanung in der Region zwischen den Ostseeanrainerstaaten, zwischen Bildungs- und For- schungseinrichtungen, Verwaltungen, Unternehmen und Gewerkschaften geschaffen. Bewahrung der Ostsee, An- bindung der Region sowie Förderung des Wohlstandes sind aktuell die Schwerpunkte . Aus dem Leuchtturmprojekt der EU-Ostseestrategie „Baltic Sea Labour Network“ ist das Baltic Sea Labour Forum als permanentes Gremium für den sozialen Di- alog in der Ostseeregion mit über 30 Arbeitgeber- und Gewerkschaftsorganisationen sowie Partnern entstan- den, das heute vom Sekretariat des Ostseerates organi- satorisch begleitet wird . Im sozialen Dialog geht es um nachhaltige Arbeitsmärkte, faire Arbeitsbedingungen, Arbeitsmobilität und sozial abgesicherte Bedingungen für Grenzpendler sowie Bekämpfung der Jugendarbeits- losigkeit . Derzeit wird gemeinsam das Arbeitsminister- treffen der Ostseeratsmitglieder am 15. Juni 2017 in Ber- lin vorbereitet . Als Erfolg kann auch die im Ostseerat während der deutschen Ratspräsidentschaft für die projektorientierte Modernisierung der ostseenahen Gebiete Nordwestruss- lands 2012 beschlossene Pilot-Finanzierungs-Initiative (PFI) angesehen werden. Gute Projekte können hier fi- nanziell schnell angestoßen werden . Gerade in diesen kritischen Zeiten brauchen wir mehr statt weniger Zu- sammenarbeit, um die gemeinsamen Herausforderungen zu bewältigen . Schließlich bleibt auch auf gemeinsamen Druck aus der Ostseeregion das Thema Gesundheit in der EU-Ost- seestrategie bei der EU-Kommission weiterhin ein för- derfähiges Politikfeld . Der Ostsee-Jugenddialog – Baltic Sea Youth Dialogue (BSYD) – ist ebenso eine wichtige Investition in unsere gemeinsame Region, gerade wenn man an die Langfrist- priorität der regionalen Identität denkt . Die Gründung des Baltic 2030-Netzwerks war die rasche Antwort des Ostseerates auf die in den Nachhal- tigkeitszielen dargelegten globalen Herausforderungen . Hier geht es um die Entwicklung von Partnerschaften und Projekten, darum, die Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung regional umzuset- zen und damit auch der zweiten Langfristpriorität einer „nachhaltigen und prosperierenden Region“ gerecht zu werden . Im Rahmen der dritten langfristigen Priorität „eine si- chere Region“ sind mit der Task Force des Ostseerates zur Bekämpfung des Menschenhandels, der Experten- gruppe für gefährdete Kinder und der Ostsee Task Force zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität gute Ko- operationsstrukturen geschaffen worden. Der russisch-ukrainische Konflikt und die militäri- schen Auseinandersetzungen in der Ostukraine haben leider auch ihre Auswirkungen auf die Ostseeregion . An- gesichts des Verhaltens Russlands in der Ukraine wurden 2014 die Ministertreffen sowie das alle zwei Jahre statt- findende Treffen der Regierungsspitzen des Ostseerates von den anderen Mitgliedstaaten ausgesetzt . Die Ostsee- parlamentarierkonferenz hat in ihren letztjährigen Kon- ferenzen nicht nur zu einer vollständigen Umsetzung der Minsker Vereinbarungen aufgerufen, sondern ebenso die Erwartungen an alle Ostseestaaten ausgesprochen, dass sie alles in ihren Kräften Stehende tun, um sicherzustel- len, dass „sich die Ostseeregion weiterhin durch intensi- ve Zusammenarbeit und gute, friedliche Nachbarschaft auszeichnet .“ Aus diesem Grund forderte die Ostseepar- lamentarierkonferenz auch „eine Wiederaufnahme der Ministertreffen des Ostseerates, weil durch diese Treffen der Dialog gefördert und die Zusammenarbeit gestärkt werden .“ Es ist daher nur zu begrüßen, dass im Rahmen der letzt- jährigen polnischen Ostseeratspräsidentschaft erstmalig wieder Zusammenkünfte der Kultur-, Wissenschafts- und Vizeaußenminister auf Ostseeratsebene stattfanden und für diesen Monat Treffen der Arbeits- und Außenminis- ter geplant sind . Die Bundesregierung hat hierbei unsere volle Unterstützung . Gleichwohl gilt es angesichts der erheblichen Zunah- me russischer Militäraktivitäten in den letzten Jahren in der Ostseeregion sowie der daraufhin ausgeweiteten mi- litärischen Präsenz der NATO in ihren Mitgliedstaaten, alle Anstrengungen zu unternehmen, um sicherzustel- len, dass die militärischen Bewegungen im Ostseeraum nicht zu einem neuen Sicherheitsrisiko in Nordeuropa werden . Notwendig sind Transparenz, der Verzicht auf militärische und rhetorische Provokationen, die Nutzung technischer Sicherheitssysteme wie Transponder bei Mi- litärfliegern und der Dialog sowie die Schaffung neuen Vertrauens, dass zur Reduzierung des militärischen Po- tenzials in der Ostseeregion und zur Schaffung einer ge- meinsamen Sicherheitsarchitektur führt . Aus meiner jahrzehntelangen politischen Arbeit im Ostseeraum kann ich nur bestätigen, dass der Geist des Jahres 1992 von Kopenhagen nach wie vor breit vorhan- den ist . Und gerade deshalb gilt es angesichts der inter- nationalen Herausforderungen auch, in internationaler Kooperation zu handeln und nicht in Nationalismen zu verfallen oder sich gar zu isolieren . Deshalb fordern die Koalitionsfraktionen mit ihrem Antrag die Bundesregie- rung dazu auf, sich in ihrer Ostseeratspolitik in nächster Zeit auf 14 Punkte zu konzentrieren, von denen ich hier aus meiner Sicht einige zentrale Felder kurz benenne . Die Punkte 1 bis 3 der Forderungen unterstreichen das gerade Formulierte zur Schaffung von mehr Sicherheit durch Stärkung der Kooperationen für eine friedliche Entwicklung in der Region und in Europa . Dazu gehört ebenso die innere Sicherheit, wenn es, wie im Punkt 13 gefordert, darum geht, den Menschenhandel im Ost- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24303 (A) (C) (B) (D) seeraum wirkungsvoll zu bekämpfen und die Schutzme- chanismen für potenzielle Opfer zu verbessern . Der Aufruf zur verstärkten Wahrnehmbarkeit des Ost- seerates geht nicht nur an die Bundesregierung und die anderen Mitgliedstaaten, sondern auch an uns selbst . Gute Arbeit und Erfolge vermitteln sich nicht von allein . Es gilt die Weisheit: Tue Gutes und rede darüber . Gerade die soziale Dimension durch eine Auswei- tung der People-to-People-Kontakte und einer Erhöhung des Austausches von Jugendlichen, wie in den Ziffern 4 und 5 gefordert, ist eine unverzichtbare Größe, wenn es darum geht, Offenheit sowie Vertrauen zu stärken und Feindbilder zu verhindern . Notwendig ist eine engere Kooperation im Rahmen der immer schneller stattfindenden Entwicklung eines grenzüberschreitenden Arbeits- und Ausbildungsmarktes in der Region . Und zu Recht gilt es, die tripartite Zusam- menarbeit wie im Baltic Sea Labour Forum von Arbeit- geberverbänden, Gewerkschaften und Politik zu unter- stützen. Das gemeinsame Zusammentreffen des Forums mit den Arbeitsministern in diesem Monat in Berlin ist hierzu ein wichtiges Zeichen . Wenn es darum geht die Wettbewerbsfähigkeit der Ostseeregion zu erhalten und auf die Zukunft auszurich- ten, so sind eine noch intensivere Kooperation im Wis- senschafts- und Forschungsbereich sowie eine Digitali- sierungsoffensive im Ostseeraum erforderlich. Gleiches gilt für erfolgreiche Antworten auf den Kli- mawandel und zur Umsetzung der Agenda 2030 eben- so wie für die Nutzung der Chancen eines nachhaltigen Tourismus, der die Attraktivität der Region erhöht und gleichzeitig ihre natürlichen Grundlagen bewahrt . Das in 25 Jahren guter Ostseekooperation Erreichte sowie die vor uns liegenden Herausforderungen sollten Mut und Ansporn sein, um mit Leidenschaft und Enthu- siasmus an einer friedlichen Weiterentwicklung unseres gemeinsamen Lebensraumes Ostsee zu arbeiten . Ost- seepolitik in diesem Sinne ist dann auch weiterhin Ko- operations-, Sicherheits- und Friedenspolitik zugleich . Es gibt nur eine Sicherheit für uns alle . Herbert Behrens (DIE LINKE): Seit 25 Jahren gibt es mit dem Ostseerat eine Zusammenarbeit zwischen Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Island, Lett- land, Litauen, Norwegen, Polen, Russland und Schwe- den mit dem Ziel der Neugestaltung der Beziehungen nach dem Ende des Kalten Krieges . Es waren Jahre des Ausbruchs aus dem Denken und Handeln der Blockkonfrontation und des Aufbruchs in eine Zukunft der wirtschaftlichen und politischen Zu- sammenarbeit an der einstigen Systemgrenze zwischen Ost und West . Es waren Jahre der Hoffnungen und Erwartungen der Menschen in den Ländern des ehemaligen Ostblocks, die sich jetzt nach Westen orientierten und so schnell wie möglich den ökonomischen Standard der entwickelten kapitalistischen Staaten erreichen wollten . Viele Erwar- tungen haben sich nicht erfüllt . Die Früchte der Zusam- menarbeit sind ungleich verteilt . Das Pro-Kopf-Ein- kommen in den EU-Staaten in der Ostsee-Region liegt zwischen 48 000 Euro in Dänemark und 11 000 Euro in Polen . Wenn der Lebensstandard so weit auseinanderklafft und auch die dadurch mit verursachten Probleme zuneh- men, dann muss das immer wieder ins Zentrum der Ar- beit gestellt werden . Ja, es ist richtig, wenn das Thema Sicherheit im nichtmilitärischen Sinne intensiv bearbei- tet wird . Organisierte Kriminalität und Menschenhandel müssen bekämpft und die Arbeit der Expertengruppe für gefährdete Kinder wirksam unterstützt werden . Doch es reicht nicht, die Symptome gesellschaftlicher Fehlent- wicklungen zu bekämpfen . Wer das Geschäft mit der Not der Menschen unterbinden will, der muss noch viel stär- ker die Not der Menschen selbst bekämpfen . Es muss also viel getan werden, um den politischen Dialog wieder zu verstärken . So steht es richtig im An- trag der Fraktionen von CDU/CSU und SPD . Es ist gut, dass unter dem Vorsitz Finnlands im Ostseerat die Ziele Umwelt, wirtschaftliche Entwicklung, Energie, Bildung und Kultur sowie zivile Sicherheit neu ausgerichtet wor- den sind . Jetzt muss die konkrete Zusammenarbeit auf diesen Feldern gestaltet werden – so hatten es die Mit- glieder der Ostseeparlamentarierkonferenz (BSPC) vor zwei Jahren in Rostock beschlossen . Ich bin guter Dinge, dass diese Forderung in drei Wochen, am 20 . Juni, beim Ministertreffen des Ostseerates in Reykjavik konkret wird; denn die Mitglieder des Ostseerates sind auch Mit- glieder der BSPC . Die Linksfraktion im Bundestag unterstützt die For- derung aus dem Antrag, das gegenseitige Vertrauen und den Dialog in der Ostseeregion wiederherzustellen und künftig wieder zu regelmäßigen Fachministertreffen zu kommen . Durch Gespräche und gemeinsame Projekte wird vertrauensvolle Zusammenarbeit aufgebaut und die Gefahr von Missverständnissen und neuen Konfrontati- onen zwischen den Staaten abgebaut . Das halte ich vor dem Hintergrund der gegenwärtigen militärischen Si- cherheitspolitik für unabdingbar . Wo einst in der Ostseeregion vier Staaten des War- schauer Paktes vier Staaten der Nato gegenüberstanden, sind es nach der Auflösung des Warschauer Paktes im Jahr 1991 heute acht Ostseeanrainer, die der Nato ange- hören . Konservative Kräfte in Finnland spielen ebenfalls mit dem Gedanken einer Nato-Mitgliedschaft . Der Geist von Kopenhagen, wie er im Antrag zitiert wird, ist mit diesem expansiven Wirken der Nato nicht vereinbar . Der Geist von Kopenhagen muss die Triebkraft für Frieden und Wohlstand in der Ostseeregion sein und die Arbeit des Ostseerates prägen . Und er muss eben auch für die Menschen spürbar sein, wenn er nicht nur deklaratori- schen Charakter haben soll . In diesem Sinne unterstützen wir den Antrag der Gro- ßen Koalition . Ich will aber auch darauf hinweisen, dass bei diesem Antrag die Opposition hätte einbezogen wer- den können . Sicher hätten wir als Linksfraktion den Titel des Antrags verändern wollen . Jetzt lautet er „25 Jahre Ostseerat – Das Modell für eine gelungene Integration von Ost und West weiterentwickeln“ . Ich habe darauf Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724304 (A) (C) (B) (D) hingewiesen, dass von einer gelungenen Integration noch nicht gesprochen werden kann . Uns eint jedoch der Wille zu einer friedlichen und freundschaftlichen Zusammen- arbeit in der Ostseeregion . Erlauben Sie mir eine Anmerkung zum Schluss: Die Geschichte der Zusammenarbeit der Ostseestaaten nach dem Zweiten Weltkrieg beginnt nicht erst im Jahr 1992 . Wenn auch unter anderen Vorzeichen gab es ein system- übergreifendes Forum seit den 50er-Jahren bis hinein in die 70er-Jahre . Die DDR, damals maßgeblich mit dem Ziel, die Anerkennung als zweiter deutscher Staat zu erreichen, veranstaltete die internationale Ostseewoche . Im Gründungsjahr 1958 gab es ein Flottentreffen der Bundesmarine im Rahmen der Kieler Woche, was den Menschen sowohl in Deutschland als auch in den skan- dinavischen Staaten Unbehagen bereitete, heißt es in den Archivalien des Landesarchivs Greifswald . Und so ging es damals auch um den Abbau von Konfrontation und um blockübergreifende Kooperation . „Die Ostsee muss ein Meer des Friedens sein“ hieß die Losung der Ostsee- woche . Unabhängig von der Bewertung der damaligen Aktivitäten in beiden deutschen Staaten: Dass die Ostsee ein Meer des Friedens bleibt, gehört zu den wichtigen Zielen der internationalen Zusammenarbeit . Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir beschäftigen uns heute mit einem Antrag der Koa- lition zum 25-jährigen Bestehen des Ostseerats . Tatsäch- lich ist die Geschichte der europäischen Integration in der Ostseeregion seit 1989 eine Erfolgsgeschichte – eine Erfolgsgeschichte vor allem der EU-Erweiterungspolitik, mit den für die Region bedeutsamen Erweiterungsrunden 1995 und 2004, aber auch der Integration innerhalb der Region neben und über die EU hinaus . So verbindet die Zusammenarbeit im Ostseerat heute eine Region, die seit Jahrhunderten wirtschaftlich, kulturell und mit der Ost- see offensichtlich auch ökologisch eng verknüpft ist und die über die Grenzen der heutigen EU hinausreicht . Das Besondere an der Ostseeregion ist dabei, dass diese Region Menschen und Regionen zusammenbindet, die tatsächlich über sehr große Unterschiede hinweg eine dynamische Zusammenarbeit pflegen und sich sehr be- wusst über Gemeinsamkeiten sind . Die Idee der Gemein- samkeiten in der Ostseeregion, mit einem Zusammen- gehörigkeitsgefühl über wirtschaftliche und politische Unterschiede hinweg, kann eine Quelle für sehr viele wünschenswerte Entwicklungen sein . Woran macht sich diese Zusammenarbeit fest? Daran, dass Menschen wie ich sich schlichtweg in Kopenhagen, Tallin oder Kaliningrad eher zu Hause fühlen als in Stutt- gart oder Frankfurt am Main? Ja, auch . Der bedeutendste Ausdruck ist aus meiner Sicht aber die Zusammenarbeit im zivilgesellschaftlichen Bereich, die im Antrag der Ko- alition gerade auch in Bezug auf die Zusammenarbeit der Parlamente, der NGOs und der Jugendarbeit gewürdigt wird . Diese einmalige Grundlage muss erhalten und ge- stärkt werden . Dazu muss man aber auch sagen, dass die Zusammen- arbeit in der Region in den letzten Jahren durch die re- pressive Gesetzgebung gegen Zivilgesellschaft und Bür- gerrechte in Russland erheblich erschwert, ja eigentlich sogar unmöglich gemacht wurde . Die Lage der Zivilge- sellschaft, aber auch die Bereitschaft der russischen Sei- te, entsprechende Themen anzugehen, sind sicherlich an einem Tiefpunkt angelangt . Gleichzeitig haben der russi- sche Interventionskrieg in der Ukraine und die russische Politik, immer wieder mit militärischen Provokationen in der Region selbst eine ungeschminkt aggressive Seite an den Tag zu legen, das Vertrauen in die Zusammenarbeit in der Ostseeregion schwer erschüttert . Das schlägt sich auch auf die Zusammenarbeit im Ostseerat nieder . Es ist kaum vorstellbar, dass die Zusammenarbeit in der Regi- on und auch im Ostseerat sich positiv weiterentwickeln lässt, solange Russland diese Politik nicht beendet . Deswegen ist es auch entscheidend, dass Deutschland seine Haltung unmissverständlich klarmacht: Die Solida- rität im Ostseeraum gilt in diesen Fragen uneingeschränkt vor allem denen, die das Opfer bzw . die Adressaten der russischen Aggression sind . Und die Sanktionen der EU gegen Russland bleiben richtig und notwendig . Das, liebe Koalition, hätten Sie in ihrem Antrag so klar auf- schreiben müssen . Der Ostseerat wird vor dem Hintergrund der gefährli- chen russischen Außenpolitik in der Region nicht in der Lage sein, den Vertrauensverlust der Weltgemeinschaft in Russland zu kompensieren oder auch nur zu mindern, der spätestens mit der Verletzung des Budapester Memo- randums entstanden ist . Aber er kann ein Gesprächsort für eine pragmatische Zusammenarbeit in der Region und auch mit Russland in wichtigen Fragen sein . Und damit meine ich ausdrücklich nicht nur die Zusammenarbeit im Bereich der wirtschaftlichen Modernisierung, bei der festzuhalten ist, dass die Missstände weiterhin überwie- gen und es der russischen Regierung ganz offensichtlich an Interesse mangelt, tatsächlich die notwendige Rechts- und Investitionssicherheit herzustellen . Aber bei Themen wie Sicherheit oder Ökologie kann der Ostseerat gerade vor dem Hintergrund der schwie- rigen Ausgangslage der Beziehungen zu Russland ein hilfreiches Gesprächs- und Zusammenarbeitsforum sein, an dem wir festhalten und in dem wir auch in Zukunft zusammenarbeiten wollen . Deswegen werden wir dem Antrag der Koalition zu- stimmen . Anlage 36 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung gebührenrechtlicher Regelungen im Aufenthalts- recht (Tagesordnungspunkt 38) Andrea Lindholz (CDU/CSU): Ein wesentliches Ziel unseres Koalitionsvertrages von 2013 ist die Ent- lastung der Kommunen . Hier haben wir sehr viel getan . Allein in diesem Jahr entlastet der Bund die Länder und Kommunen insgesamt mit rund 73 Milliarden Euro . Das ist die größte Entlastung aller Zeiten . In diesem kommu- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24305 (A) (C) (B) (D) nalpolitischen Zusammenhang ist auch der vorliegende Gesetzentwurf zu sehen . Ausgangspunkt für dieses Gesetz war die Beschwer- de der kommunalen Spitzenverbände und der Länder, dass die Gebühren im Ausländerrecht nicht die Kosten decken, die in den Ausländerbehörden zum Beispiel bei der Verlängerung von Aufenthaltstiteln anfallen . Daher einigten sich Bund, Länder und Kommunen 2012 auf ein gemeinsames Projekt, in dem alle im Ausländerrecht gel- tenden Gebühren gemessen und systematisch evaluiert werden . Durchgeführt wurde diese Erhebung durch das Statistische Bundesamt, das bundesweit in repräsentativ ausgewählten Ausländerbehörden die realen Kosten für den durchschnittlichen Arbeitsaufwand ermittelte . An- schließend verglich das Amt den realen Kostenaufwand mit den erhobenen Gebühren . Die Evaluation der Daten von 2012/2013 zeigt im Er- gebnis, dass den Kommunen bundesweit jährlich ein De- fizit von über 12 Millionen Euro als Folge der teilweise zu niedrigen Gebühren entsteht . Seit 2012/2013 hat sich die Nettozuwanderung nach Deutschland nahezu verdop- pelt. Entsprechend höher fällt heute auch das Defizit in den Ausländerbehörden aus . Es besteht also gut begründeter Handlungsbedarf . Der Beschluss von Bund, Ländern und Kommunen, hier gegenzusteuern, ist mehr als gerechtfertigt . Dabei gilt seit jeher der Grundsatz, dass einerseits die Kosten der öffentlichen Hand mittels Gebühren ausreichend zu de- cken sind und andererseits die Gebührenschuldner nicht übermäßig belastet werden sollen . Die Evaluierung hat aber auch gezeigt, dass manche Gebührensätze zu hoch angesetzt wurden, wie zum Beispiel die Gebühren für die Ausstellung einer Blauen Karte EU oder einer Nieder- lassungserlaubnis . Zu hohe Gebühren soll dieses Gesetz nach unten korrigieren . Im Wesentlichen sieht der Gesetzentwurf Änderungen der §§ 69 und 70 des Aufenthaltsgesetzes vor, in denen die Gebühren und die Verjährung geregelt werden . Mit den Änderungen schaffen wir als Parlament die gesetzli- chen Voraussetzungen, damit der Verordnungsgeber bzw . die Bundesregierung die Gebühren in der Aufenthalts- verordnung entsprechend den Ergebnissen der Evalua- tion durch das Statistische Bundesamt anpassen kann . Damit werden die Forderungen von Ländern und Kom- munen erfüllt . Konkret ändert sich durch den Gesetzentwurf Folgen- des: Erstens wird das Kostendeckungsgebot für die Ge- bührenbemessung gesetzlich festgelegt und das bisheri- ge Äquivalenzprinzip damit abgelöst . Das bedeutet, der Preis für ausländerrechtliche öffentliche Leistungen wird künftig als kostendeckende gesetzlich festgelegte Ge- bühr nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ermit- telt . Der bisherige Grundsatz, dass zwischen dem Wert einer Verwaltungsleistung und der dafür erhobenen Ge- bühr ein ausgewogenes Verhältnis bestehen muss, tritt in den Hintergrund . Zweitens werden die Gebührenhöchstgrenzen in § 69 Aufenthaltsgesetz punktuell angepasst . In den meisten Fällen ergeben sich Anhebungen in unterschiedlicher Höhe . Beispielsweise steigt der Höchstsatz, der für die Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis zu Forschungs- zwecken erhoben werden darf, um 20 Euro . Die Ausstel- lung eines Notreiseausweises sinkt hingegen von 25 auf 18 Euro . Drittens werden alle Gebührensätze in der Aufent- haltsverordnung entsprechend der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Durchschnittskosten neu festge- legt. Zum Beispiel wird die Gebühr für eine Verpflich- tungsermächtigung mit 4 Euro leicht angehoben . Die Erneuerung einer Duldung steigt deutlicher von 15 auf künftig 33 Euro . Allein dieser Punkt hatte 2012/2013 ein Defizit von über 3,5 Millionen Euro verursacht. Viertens werden die Gebührenhöchstätze für die Ertei- lung einer Niederlassungserlaubnis sowie einer Erlaub- nis zum Daueraufenthalt in der EU reduziert . Die Gebühr wird jeweils um 60 Euro abgesenkt . Die Evaluierung hat gezeigt, dass die Gebühren deutlich zu hoch angesetzt waren . Fünftens erfolgt eine Harmonisierung mit dem Bun- desgebührengesetz . Das bislang subsidiär geltende Ver- waltungskostengesetz wird durch einschlägige Normen des Bundesgebührengesetzes abgelöst . Sechstens wird dafür gesorgt, dass Resettle- ment-Flüchtlinge und subsidiär Geschützte, die in Deutschland einen Reisepass beantragen, nicht mit zu hohen Gebühren überfordert werden . Sie werden in diesem Punkt rechtlich mit GFK-Flüchtlingen gleich- gestellt . Auch für subsidiär Geschützte gilt künftig der Grundsatz, dass die Gebühren für einen Reisepass nicht höher als die Gebühren für die Ausstellung eines deut- schen Reisepasses liegen dürfen . Das gilt, obwohl die Reisepässe für diese Gruppe erheblichen verwaltungs- technischen Mehraufwand verursachen . Ich denke aber, dass diese Regelung nicht nur den Betroffenen gegenüber fair ist, sondern auch im ureigenen migrationspolitischen Interesse der Bundesrepublik liegt . Siebtens wird der nachvollziehbare Wunsch der Län- der umgesetzt, und die Gebühren werden auf volle Euro- beträge gerundet . Das vereinfacht die Arbeit in der Praxis und die Abrechnungen . Der Gesetzentwurf war bereits im Frühjahr 2015 ressortabgestimmt . Das Kabinett hätte ihn schon früher verabschieden und in den Bundestag einbringen können . Allerdings wurde das Vorhaben aus gutem Grund zurück- gestellt . Unter dem 2015 massiv ansteigenden Migrati- onsdruck erhielten viele andere asyl- und aufenthalts- rechtliche Reformen Vorrang . Es ging zunächst darum, unser Asylsystem insgesamt zu stabilisieren und unser Ausländerrecht an die Herausforderungen anzupassen . Die Gebührenordnung war daher erstmal nachrangig . Wir haben in den letzten zwei Jahren das deutsche Asylsystem nachhaltig stabilisiert . Die Migration nach Deutschland haben wir erfolgreich geordnet, gesteuert und begrenzt . Jetzt wollen wir auch noch dieses berech- tigte Vorhaben in dieser Legislatur zu einem Abschluss bringen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724306 (A) (C) (B) (D) Insgesamt halte ich den vorliegenden Gesetzentwurf für einen gut ausgewogenen Kompromiss, der das Kos- tendeckungsgebot der öffentlichen Hand einerseits und die Gebührenbelastung der Betroffenen andererseits in einen vernünftigen Ausgleich bringt . Ich bitte daher um Zustimmung . Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD): Auslän- derbehörden verzeichnen einen Arbeits- und Aufgaben- zuwachs – nicht nur aufgrund steigender Migration . Sie stellen Aufenthaltsdokumente oder Notreiseausweise aus, übertragen Aufenthaltstitel oder schreiben pass- rechtliche Dokumente um . All diese Dienstleistungen sind umfangreich und verursachen Kosten in den Kom- munen . In bestimmtem Maße werden Personen, die die- se Dienstleistungen in Anspruch nehmen, auch an den Kosten beteiligt . Schon lange bemängeln allerdings die Länder, dass die erhobenen Gebühren nicht mehr die tatsächlichen Kosten abdecken . Eine wissenschaftliche Analyse des Statistischen Bundesamtes hat 2013 diese Analyse bestätigt . Die Evaluation der bislang im Ausländerrecht gel- tenden Gebühren durch das Statistische Bundesamt hat gezeigt, dass die bundeseinheitlichen Gebühren für die kommunalen Haushalte bisher nicht ausreichend waren und jährlich für Defizite gesorgt haben. Insgesamt wur- den durch das Statistische Bundesamt 53 verschiedene Gebührentatbestände untersucht – dabei haben sich ei- nige Kosten als zu teuer und andere wiederum als zu günstig erwiesen . Daher werden nun die bislang gelten- den Gebührenhöchstgrenzen punktuell angepasst und, wo notwendig, die Gebühren erhöht . Diese Anpassungen werden das ermittelte Defizit der Kommunen bei den in der Ausländerverwaltung anfallenden Kosten von rund 12 Millionen Euro pro Jahr erheblich reduzieren . Wahrscheinlich war das Defizit aufgrund der zwi- schenzeitlich stark gestiegenen Fallzahlen in den letzten beiden Jahren sogar erheblich größer, sodass das zusätz- liche Volumen in den kommenden Jahren auch entspre- chend höher ausfällt . Die Anpassung der Gebühren wird insoweit also auch zu der im Koalitionsvertrag als Ziel festgehaltenen Entlastung der Kommunen beitragen und ist damit absolut sinnvoll . Dabei nehmen wir die Anpassung so vor, dass zwar die jeweils anfallenden Kosten bestmöglich gedeckt werden, gleichzeitig die Gebührenzahler aber nicht unverhältnis- mäßig stark belastet werden . Bisherige Ermäßigungen oder Befreiungen von den Gebühren bleiben unverändert bestehen . Auch kann die einzelne Ausländerbehörde im Einzelfall wie gehabt mit Blick auf die Situation des Ge- bührenzahlers diese ermäßigen oder ganz erlassen . Da- mit tragen wir dafür Sorge, dass Ausländer nicht davon abgehalten werden, Leistungen in Anspruch zu nehmen . Es bleibt festzuhalten: Wir haben dadurch eine ausge- wogene und gelungene Regelung gefunden, die tatsäch- lichen Kosten besser abzubilden und gleichzeitig flexibel auf Härtefälle reagieren zu können . Ulla Jelpke (DIE LINKE): Die Bundesregierung will die Gebührenordnung im Aufenthaltsrecht ändern, ge- nauer gesagt: Sie will die Gebühren im Ergebnis massiv erhöhen, angeblich um die Kommunen zu entlasten . Das hört sich zunächst richtig und nach einem simplen Ver- waltungsvorgang an . Dieser spiegelt aber zugleich Un- stimmigkeiten und Probleme des Aufenthaltsrechts selbst und auch des Umgangs mit Flüchtlingen in Deutschland . Das vorliegende Gesetz lehnt die Fraktion Die Linke ab, weil es an den eigentlichen Problemen überhaupt nichts ändert. Es belastet insbesondere Geflüchtete, nützt aber den Kommunen kaum, die die Masse der Verwaltungs- arbeit leisten . Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind die Gebühren bislang viel zu niedrig angesetzt, sodass etwa für die Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer oder für Duldungen oder für die Befristung eines Ein- reiseverbotes weniger Gebühren erhoben werden, als die Verwaltungskosten hierfür tatsächlich betragen . Im vori- gen Jahr sind die Kommunen deswegen auf 12 Millionen Euro sitzen geblieben . Im Prinzip ist der Ansatz, dass Gebühren kostende- ckend sein sollen, zwar verständlich . Ich gebe aber zu bedenken: Wir reden hier nicht von Verwaltungsvorgän- gen, die von den betroffenen Ausländerinnen und Aus- ländern nach Lust und Laune veranlasst werden . Eine Familie, die zwar ausreisepflichtig ist, aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen aber nicht abgeschoben wer- den kann, ist nicht selbst schuld daran, dass sie hier re- gelmäßig eine Duldung beantragen muss . Der Preis für eine Duldung soll sich nach dem Wil- len der Bundesregierung jetzt aber verdoppeln, so dass eine Erstduldung 58 Euro und jede Verlängerung bis zu 30 Euro kostet . Dabei muss man jedoch eines berück- sichtigen: Die Duldungszeiträume werden aus politi- schen Gründen oftmals sehr kurz gehalten, manchmal auf einen Monat begrenzt . Durch diese staatlich ver- anlasste Abschreckungspolitik werden die Betroffenen dazu gezwungen, alle paar Wochen oder Monate diesen Verwaltungsakt zu beantragen . Dafür müssen die Behör- denmitarbeiter natürlich Arbeitszeit aufwenden, was für die Kommunen Mehrausgaben bedeutet . Aber hier muss man zwei Sachen anmerken: Zum einen handelt es sich bei dem von der Bundes- regierung gewählten Ansatz, einfach die Gebühren zu erhöhen, um die kommunalen Haushalte zu entlasten, um eine Milchmädchenrechnung; denn die Geduldeten, die hier vom Asylbewerberleistungsgesetz leben müssen, verfügen meist gar nicht über die erforderlichen Finanz- mittel . Für sie springt in der Regel das Sozialamt ein – also im Ergebnis wiederum die Kommune, die ihre Aus- gabeposten lediglich umschichten kann, aber am Ende doch darauf sitzen bleibt . Zum anderen zeigt sich hier die grundsätzliche Pro- blematik, im Aufenthaltsrecht den Grundsatz der Kosten- deckung einzufordern; denn ein großer Anteil der Kosten resultiert aus Umständen, für die nicht die Betroffenen, sondern „der Staat“ verantwortlich ist . Die Personalkos- ten bei den kommunalen Behörden werden teilweise nur dadurch in die Höhe getrieben, dass das Aufenthaltsrecht nur so von komplexen, teilweise auch unklaren Regelun- gen, von einer Vielzahl von Ausnahmetatbeständen usw . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24307 (A) (C) (B) (D) wimmelt . Das macht die Bearbeitung und Prüfung der je- weiligen Anträge aufwendig, langwierig und damit auch teuer . Eine klarere Gesetzgebung und vereinfachte Vor- schriften würden die Bearbeitung erleichtern und damit billiger machen . Die Linke hat stets die Auffassung vertreten, dass die Kommunen von den Aufgaben der Flüchtlingsaufnah- me und -versorgung effektiv entlastet werden müssen, weil der Flüchtlingsschutz in erster Linie eine staatliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland ist. Um diese Entlastung wirklich zu erreichen, braucht es aber ein anderes Instrument als das von der Bundesregierung gewählte . Hier muss grundsätzlich darüber nachgedacht werden, den Bund mehr in die Pflicht zu nehmen. Ich will abschließend noch darauf hinweisen, dass auch der Normenkontrollrat einige kritische Anmerkun- gen zu diesem Gesetz formuliert hat, die in eine ähnliche Richtung gehen wie unsere Kritik . So hat er formuliert: „Durch Rechts- und Verwaltungsvereinfachung könnten die Vollzugsträger auch auf der Aufwandsseite entlastet werden . Sofern dies zu spürbar weniger Vollzugsauf- wand führt, könnten perspektivisch Gebühren auch wie- der gesenkt werden .“ Der Kontrollrat hat weiter ausgeführt, es müsste „zum generellen Prinzip erhoben werden, vor einer Gebüh- renerhöhung zunächst das Vereinfachungspotential in den Verwaltungsverfahren auszuschöpfen . Anstatt Ge- bühren in Folge aufwändiger Verwaltungsverfahren zu erhöhen, sollten Gesetzgeber und Vollzugsträger mehr Augenmerk auf schlankere Verfahren legen .“ Dem kann ich mich nur anschließen . Das würde in der Praxis bedeuten, das Aufenthaltsrecht gründlich zu ver- einfachen, und zwar im Sinne der hier lebenden Auslän- derinnen und Ausländer . Einen konkreten Vorschlag hierfür, etwa bei der Dul- dungserteilung, hat die Fraktion Die Linke schon vor Jah- ren gemacht, nämlich langjährig Geduldeten endlich ein dauerhaftes Bleiberecht anzubieten . Wer seit Jahren hier lebt und voraussichtlich auch noch weiter geduldet wer- den muss – aus rechtlichen oder humanitären Gründen –, der soll endlich Sicherheit bekommen . Die beschlossene Bleiberechtsregelung ist nach allen bisherigen Praxiser- fahrungen zu restriktiv und weitgehend unwirksam . Das wäre im Interesse der Flüchtlinge selbst, aber auch der Kommunen, und zwar nicht nur, weil sie auf die ewige Wiederholung der Duldungsverlängerung verzichten könnten, sondern auch weil die Flüchtlinge erst durch ein Bleiberecht eine reale Chance erhalten, sich in die Kommune, in der sie leben, erfolgreich zu integrieren und unabhängig von staatlichen Hilfsleistungen zu leben . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Die Bundesländer kritisieren seit längerem, dass die in der Aufenthaltsverordnung … für aufenthaltsrechtliche individuell zurechenbare öffentliche Leistungen festge- legten Gebühren nicht auskömmlich seien und die kom- munalen Haushalte in diesem Bereich jährlich erhebliche Defizite zu verzeichnen hätten. Bund und Länder sind daher übereingekommen, belastbar zu ermitteln, ob und inwieweit die einzelnen Gebührentatbestände die tat- sächlich anfallenden Kosten der Ausländerbehörden an- gemessen abbilden . Je nach Gebührentatbestand haben die Kommunen teilweise Überdeckungen, zum größeren Teil aber Unterdeckungen zu verzeichnen . Bezogen auf aufenthaltsrechtliche individuell zurechenbare öffentli- che Leistungen entsteht den Kommunen ausweislich des Projektergebnisses insgesamt ein jährliches Defizit von ca . 12 Millionen Euro . … Um künftig die Gebühren im Ausländerrecht so festlegen zu können, dass sie einer- seits die für die jeweiligen Leistungen anfallenden Kos- ten decken und andererseits die Gebührenschuldner nur im erforderlichen Ausmaße belasten, bedarf es Änderun- gen der §§ 69 und 70 des Aufenthaltsgesetzes . … Für die im Ausländerrecht geltenden Gebühren resultiert das Be- dürfnis nach einer bundeseinheitlichen Festlegung insbe- sondere aus dem gesamtstaatlichen Interesse für gleiche Aufenthalts- und Lebensbedingungen von Ausländern im Bundesgebiet .“ So die Gesetzesbegründung . So weit, so gut, so halbwegs verständlich . Behördenhandeln kostet etwas, und es ist legitim, dafür Gebühren zu erheben . Das gilt allerdings nicht schrankenlos, und dabei ist höherrangiges Recht zu beachten . Das verkennen oder verschweigen Sie geflissentlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition . Ich möchte mich heute nicht darüber auslassen, ob es legitim ist, etwa für die nach- trägliche Aufhebung eines Einreiseverbots Gebühren in Höhe von 169 Euro zu verlangen . Das scheint mir zwar ein wenig zu viel der Abschottung zu sein; doch unsere Position zu den Einreiseverboten ist ja bekannt und kann auf Seite 8 der Drucksache 18/5425 nachgelesen werden . Nein, ich möchte Ihr Augenmerk vielmehr auf die uni- onsrechtlichen Vorgaben und die völkerrechtlichen Ver- pflichtungen der Bundesrepublik richten. In der Mai-Ausgabe des „Informationsbriefs Auslän- derrecht“ widmen Dr . Tilman Reinhardt und Dr . Rolf Gutmann den unionsrechtlichen Vorgaben an die Erhe- bung ausländerrechtlicher Gebühren einen lesenswerten Beitrag . Ausgangspunkt für ihre Erörterungen ist das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 29 . April 2010, wonach sich aus der Standstill-Klausel des Assoziierungsabkommens zwischen der Europäi- schen Union und der Türkei ergibt, dass von assoziati- onsberechtigten türkischen Staatsangehörigen für die Ausstellung von Aufenthaltstiteln lediglich Gebühren verlangt werden können, die mit denjenigen von Uni- onsbürgern vergleichbar sind . Das ist keine Lappalie, sondern entlastet türkische Familien in der Europäischen Union in erheblichem Maße . Das wird auch weiter so sein müssen, da das Assoziationsrecht Anwendungsvor- rang vor dem nationalem Recht und somit auch vor ihm entgegenstehenden gebührenrechtlichen Regelungen hat . Man fragt sich, ob die Bundesregierung das weiß . In der Gesetzesbegründung steht davon jedenfalls kein Wort . Nun kann man sagen: Es leben zwar viele türkische Staatsangehörige in Deutschland, auf die die Regelungen des Gesetzes, das heute verabschiedet werden soll, gar nicht angewandt werden können, aber es lohnt sich den- noch, das Gesetz zu verabschieden, da sich auch zahl- reiche Menschen aus anderen Staaten in Deutschland aufhalten, die man zur Kasse bitten kann . Dann wäre es zwar ehrlicher, das in der Gesetzesbegründung auch zu erwähnen . Es ist allerdings so, dass auch Staatsangehöri- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724308 (A) (C) (B) (D) Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ge weiterer Staaten sich möglicherweise auf völkerrecht- liche Standstill-Klauseln berufen können und dann von den Gebühren gar nicht betroffen sein dürften. Laut Rein- hardt und Gutmann bestehen solche Vereinbarungen – halten Sie sich fest – mit Moldawien, der Ukraine, Russ- land, Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Kasachs tan, Kirgisistan, Tadschikistan, Usbekistan, Algerien, Ma- rokko, Tunesien, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Montenegro, Serbien, Andorra, San Marino sowie den 79 AKP-Staaten, die Vertragspartei des Coto- nou-Abkommens sind . Das sind mehr als die Hälfte aller Drittstaaten! Vor diesem Hintergrund wirkt das Unter- fangen der Koalition doch wie ein untauglicher Versuch, einen Flickenteppich notdürftig zu flicken. Rechtswidrig ist das nicht, wegen des erwähnten Anwendungsvorrangs des Assoziationsrechts – aber doch ein Stück weit unehr- lich gegenüber der Öffentlichkeit, aber insbesondere ge- genüber den Behörden, die das Durcheinander dann aus- baden müssen . Die Ausländerbehörden sollten jedenfalls nicht auf die Idee kommen, von den assoziationsrechtlich begünstigten Drittstaatsangehörigen die höheren Gebüh- ren zu verlangen, sonst drohen Rückforderungen in be- trächtlicher Höhe . Wir haben nichts gegen Gebühren an sich, deshalb stimmen wir nicht gegen den Gesetzentwurf . Gesetzge- berisch hätte man das aber einfacher und übersichtlicher machen müssen . Deshalb enthalten wir uns . 237. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 9, ZP 4 Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs TOP 10 Einwanderungsgesetz TOP 11 Betriebsrentenstärkungsgesetz TOP 46, ZP 5 Überweisungen im vereinfachten Verfahren TOP 47, ZP 6 Abschließende Beratungen ohne Aussprache TOP 12 Abschluss der Rentenüberleitung TOP 13, ZP 7 Rentenniveau TOP 14 Jahresbericht 2016 des Wehrbeauftragten TOP 15 Kohleausstieg TOP 16 Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen TOP 17 Mindestlohn TOP 47 n, ZP 10, 11 Abschiebungen nach Afghanistan TOP 18 Freiheits- und Einheitsdenkmal TOP 19 Familiennachzug für subsidiär Geschützte TOP 20 Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie TOP 21 Weltfriedenstag TOP 22 Änderung der Geschäftsordnung - Alterspräsident TOP 24 Arbeitsbericht des Parlamentarischen Beirats TOP 25 Gesetz zur Einführung eines Wettbewerbsregisters TOP 26 Überwachung übertragbarer Krankheiten TOP 27 Änderung des Energie- und des Stromsteuergesetzes TOP 28 Bekämpfung von Kinderehen TOP 29 Beleidigung von Vertretern ausländischer Staaten TOP 30 Bekämpfung der organisierten Kriminalität TOP 31 Änderung reiserechtlicher Vorschriften TOP 32 Kassensicherungsverordnung TOP 33 Änderung des Telemediengesetzes TOP 34 Änderung des Bundesversorgungsgesetzes TOP 35 Blut- und Gewebezubereitungen, Pflege-TÜV TOP 36 Änderung des Telekommunikationsgesetzes TOP 37 25 Jahre Ostseerat TOP 38 Gebührenrechtliche Regelungen im Aufenthaltsrecht Anlagen Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15 Anlage 16 Anlage 17 Anlage 18 Anlage 19 Anlage 20 Anlage 21 Anlage 22 Anlage 23 Anlage 24 Anlage 25 Anlage 26 Anlage 27 Anlage 28 Anlage 29 Anlage 30 Anlage 31 Anlage 32 Anlage 33 Anlage 34 Anlage 35 Anlage 36
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823700000

Nehmen Sie bitte Platz. Die Sitzung ist eröffnet.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
begrüße Sie alle zu unserer 237 . Sitzung in der allmäh-
lich zu Ende gehenden Legislaturperiode .

Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich dem Kol-
legen Dr. Egon Jüttner zu seinem 75 . Geburtstag und
dem Kollegen Philipp Graf Lerchenfeld, der seinen
65 . Geburtstag gefeiert hat, jeweils herzlich gratulieren .
Alle guten Wünsche für das neue Lebensjahr!


(Beifall)


Es gibt eine interfraktionelle Vereinbarung, die Tages-
ordnung um die in der Zusatzpunkteliste aufgeführten
Punkte zu erweitern:

ZP 1 Beratung des Antrags der Abgeordneten Tom
Koenigs, Annalena Baerbock, Marieluise Beck

(Bremen), weiterer Abgeordneter und der Frak-

tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Für den Menschenrechtsschutz in Deutsch-
land – Die Nationale Stelle zur Verhütung von
Folter reformieren und stärken

Drucksache 18/12544
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit

ZP 2 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Menschenrechte und
humanitäre Hilfe (17 . Ausschuss) zu dem Antrag
der Abgeordneten Tom Koenigs, Kordula Schulz-
Asche, Claudia Roth (Augsburg), weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Zivilgesellschaftliches Engagement braucht
Raum – Anti-NGO-Gesetze stoppen, Men-
schenrechtsverteidiger stärken

Drucksachen 18/7908, 18/10625

ZP 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Uwe
Kekeritz, Claudia Roth (Augsburg), Renate
Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

„UN Binding Treaty“ ambitioniert unterstüt-
zen

Drucksache 18/12545


(ZP 1 bis 3 siehe 236 . Sitzung)


ZP 4 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr und digitale
Infrastruktur (15 . Ausschuss) zu dem Antrag der
Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden), Matthias
Gastel, Dr . Valerie Wilms, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Investitionsstau auflösen – Zukunft des ÖPNV
sichern – Jetzt die Weichen für den öffentli-
chen Verkehr von morgen stellen

Drucksachen 18/10747, 18/12536

ZP 5 Weitere Überweisungen im vereinfachten Ver-
fahren


(Ergänzung zu TOP 46)


a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines ... Strafrechtsänderungsgeset-
zes ‒ Strafbarkeit nicht genehmigter Kraft-
fahrzeugrennen im Straßenverkehr

Drucksache 18/10145
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än-
derung des Übereinkommens über den inter-
nationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom
9. Mai 1980

Drucksache 18/12513
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur






(A) (C)



(B) (D)


c) Erste Beratung des von den Abgeordneten
Brigitte Pothmer, Volker Beck (Köln), Kerstin
Andreae, weiteren Abgeordneten und der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrach-
ten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des
Aufenthaltsgesetzes

Drucksache 18/12546
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen-
abschätzung

d) Erste Beratung des von den Abgeordneten
Corinna Rüffer, Britta Haßelmann, Kerstin
Andreae, weiteren Abgeordneten und der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie den
Abgeordneten Katrin Werner, Sigrid Hupach,
Nicole Gohlke, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Umsetzung der UN-Behin-
dertenrechtskonvention im Wahlrecht

Drucksache 18/12547
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsord-
nung
Petitionsausschuss
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Steffi
Lemke, Dr . Valerie Wilms, Peter Meiwald, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Todesfalle Geisternetze – Artenvielfalt im
Meer wirkungsvoll schützen

Drucksache 18/12109
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicher-
heit (f)

Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union

f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Steffi
Lemke, Dr . Valerie Wilms, Uwe Kekeritz, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Umsetzung des Nachhaltigkeitsziels 14 – Mee-
resschutz

Drucksache 18/12380
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktor-
sicherheit (f)

Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-
lung

g) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr . Thomas Gambke, Kerstin Andreae, Dieter
Janecek, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Umsatzsteuerbetrug auf Online-Handelsplatt-
formen wirksam bekämpfen – Plattformbe-
treiber in Haftung nehmen

Drucksache 18/12556
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Haushaltsausschuss

h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-
Christian Ströbele, Stephan Kühn (Dresden),
Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Verkehrssicherheit erhöhen – Raserei und ille-
gale Autorennen wirksam bekämpfen

Drucksache 18/12558
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur

ZP 6 Weitere abschließende Beratungen ohne Aus-
sprache


(Ergänzung zu TOP 47)


a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Ernährung und Land-
wirtschaft (10 . Ausschuss) zu dem Antrag der
Abgeordneten Markus Tressel, Nicole Maisch,
Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Eine transparente Regionalkennzeichnung
einführen – Regionale Produktion, Verarbei-
tung und Vermarktung von Lebensmitteln
stärken

Drucksachen 18/9544, 18/11230

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts des Ausschusses für Ernährung und
Landwirtschaft (10 . Ausschuss) zu dem Antrag
der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Nicole
Maisch, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Reduzierung, Beschränkung und Verbesse-
rung von Tiertransporten

Drucksachen 18/10251, 18/11231

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts des Ausschusses für Ernährung und
Landwirtschaft (10 . Ausschuss) zu dem Antrag
der Abgeordneten Nicole Maisch, Friedrich
Ostendorff, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Missstände und Stillstand beim Tierschutz be-
enden – Gesellschaftlichen Konsens umsetzen

Drucksachen 18/9798, 18/11824

d) Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts des Ausschusses für Ernährung und
Landwirtschaft (10 . Ausschuss) zu dem Antrag
der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Harald

Präsident Dr. Norbert Lammert






(A) (C)



(B) (D)


Ebner, Nicole Maisch, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Landwirtschaft braucht Zukunft – Gutes Es-
sen braucht eine gute Landwirtschaft

Drucksachen 18/10872, 18/12579

e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (19 . Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Kekeritz,
Katja Keul, Renate Künast, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN

Zukunftsfähige Unternehmensverantwor-
tung – Menschenrechtliche Sorgfaltspflichten
im deutschen Recht verankern

Drucksachen 18/10255, 18/12209

f) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Recht und Verbrau-
cherschutz (6 . Ausschuss) zu dem Antrag der
Abgeordneten Katja Keul, Renate Künast, Uwe
Kekeritz, weiterer Abgeordneter und der Frakti-
on BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zukunftsfähige Unternehmensverantwor-
tung – Wirksame Sanktionen bei Rechtsver-
stößen von Unternehmen

Drucksachen 18/10038, 18/11783

ZP 7 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11 . Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten

Markus Kurth, Kerstin Andreae, Katja Dörner,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Gesamtkonzept Alterssicherung – Verlässlich,
nachhaltig, solidarisch und gerecht

Drucksachen 18/12098, 18/12586

ZP 8 Eidesleistung der Bundesministerin für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend

ZP 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr . Wolfgang Strengmann-Kuhn, Kerstin
Andreae, Beate Müller-Gemmeke, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Teilhabe statt Armut – Alle Menschen am
Wohlstand beteiligen

Drucksache 18/12557
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicher-
heit

Die Zusatzpunkteliste liegt wie immer vorne an den
Tischen aus und sollte Ihre Aufmerksamkeit finden. Da-
bei soll wie immer von der Frist für den Beginn der Bera-
tungen, soweit erforderlich, abgewichen werden .

Der Tagesordnungspunkt 23 – da geht es um die Än-
derung des Bundesnaturschutzgesetzes – soll abgesetzt
werden .

Nach dem Tagesordnungspunkt 39 ist als Zusatz-
punkt 8 die Eidesleistung der Bundesministerin für Fa-
milie, Senioren, Frauen und Jugend vorgesehen .

Der Tagesordnungspunkt 47 n soll nach dem Tages-
ordnungspunkt 22 mit einer Debattenzeit von 25 Minu-
ten aufgerufen werden .

Schließlich mache ich noch auf zwei nachträgli-
che Ausschussüberweisungen im Anhang zur Zusatz-
punkteliste aufmerksam:

Der am 18 . Mai 2017 (234 . Sitzung) überwiesene
nachfolgende Gesetzentwurf soll zusätzlich dem Aus-
schuss für Wirtschaft und Energie (9 . Ausschuss) zur
Mitberatung überwiesen werden:

Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Angleichung des Urheberrechts an die aktu-
ellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft

(Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz – UrhWissG)


Drucksachen 18/12329, 18/12378
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Energie
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen-
abschätzung
Ausschuss für Kultur und Medien
Ausschuss Digitale Agenda

Die am 28 . April 2017 gemäß § 80 Absatz 3 der Ge-
schäftsordnung überwiesene nachfolgende Unterrichtung
soll zusätzlich dem Ausschuss für Wirtschaft und Ener-
gie (9 . Ausschuss) zur Mitberatung überwiesen werden:

Unterrichtung durch die Bundesregierung

Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung
des Rechts der Umweltverträglichkeitsprü-
fung

Drucksache 18/11499

hier: Stellungnahme des Bundesrates und Ge-
genäußerung der Bundesregierung

Drucksache 18/11948
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicher-
heit (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Ausschuss für Wirtschaft und Energie
Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft
Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur

Ich frage Sie, ob Sie mit diesen Vereinbarungen ein-
verstanden sind. – Das ist offensichtlich der Fall. Dann
können wir so verfahren .

Ich möchte gerne noch eine Bitte vortragen, die ich
im Ältestenrat in den letzten Monaten bereits mehrfach
vorgetragen habe, ohne dass das offenkundig zu dem ge-
wünschten Effekt geführt hat: Wir haben hier im Hause

Präsident Dr. Norbert Lammert






(A) (C)



(B) (D)


eine Reihe von Regeln. Sie betreffen auch und gerade die
Betreuung von Besuchergruppen unter besonderer Be-
rücksichtigung von Sitzungswochen und der Sicherung
eines störungsfreien Ablaufs hier im Hause . Diese wer-
den zunehmend – ich sage jetzt einmal: in freier Interpre-
tation von Zweckmäßigkeiten – von jeweils interessier-
ten Kolleginnen und Kollegen so gehandhabt, wie ihnen
das am bequemsten erscheint, und Hinweise der Mitar-
beiterinnen und Mitarbeiter auf unser eigenes Reglement
werden offenkundig für eher störend als zweckdienlich
gehalten . Alles, was hier im Haus an Regeln gilt, haben
wir ausnahmslos selbst beschlossen . Daher ist es eigent-
lich nicht zu viel verlangt, dass wir das, was wir an Re-
geln für vernünftig halten, selber so praktizieren .


(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)


Jedenfalls sollten künftig diejenigen, denen wir die Re-
geln, die wir beschlossen haben, als für sie verbindlich
vorhalten werden, nicht damit rechnen müssen, wir hand-
habten das selber im konkreten Fall großzügiger, als wir
das von anderen erwarteten .

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 9 a bis 9 d so-
wie den Zusatzpunkt 4 auf:

9 . a) Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes

(Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g)


Drucksachen 18/11131, 18/11186

Beschlussempfehlung und Bericht des
Haushaltsausschusses (8 . Ausschuss)


Drucksache 18/12588

b) Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Neuregelung des bundes-
staatlichen Finanzausgleichssystems ab
dem Jahr 2020 und zur Änderung haus-
haltsrechtlicher Vorschriften

Drucksachen 18/11135, 18/11185

Beschlussempfehlung und Bericht des
Haushaltsausschusses (8 . Ausschuss)


Drucksache 18/12589

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des

(8 . Ausschuss)

Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Autobahnprivatisierungen im Grundge-
setz ausschließen

Drucksachen 18/11165, 18/12588

d) Beratung der Beschlussempfehlung und
des Berichts des Ausschusses für Bildung,
Forschung und Technikfolgenabschätzung

(18 . Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten
Dr . Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva
Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion DIE LINKE

Bildungsherausforderungen gemein-
sam verantworten – Kooperationsver-
bot in der Bildung endlich aufheben

– zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole
Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Finanzierung der Wissenschaft auf
eine arbeitsfähige Basis stellen – Bil-
dung und Forschung in förderbedürf-
tigen Regionen solide ausstatten

– zu dem Antrag der Abgeordneten Kai
Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn

(Tübingen), weiterer Abgeordneter und

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN

In die Zukunft investieren – Ein Wis-
senschaftswunder initiieren

Drucksachen 18/6875, 18/7643, 18/5207,
18/12599

ZP 4 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr und digitale
Infrastruktur (15 . Ausschuss) zu dem Antrag der
Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden), Matthias
Gastel, Dr . Valerie Wilms, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Investitionsstau auflösen – Zukunft des ÖPNV
sichern – Jetzt die Weichen für den öffentli-
chen Verkehr von morgen stellen

Drucksachen 18/10747, 18/12536

Es liegen insgesamt zwei Änderungsanträge der Frak-
tion Die Linke sowie drei Änderungsanträge und ein Ent-
schließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
vor .

Wir werden zu diesem Tagesordnungspunkt nach
Schluss der Debatte insgesamt neun namentliche Abstim-
mungen durchführen. Dazwischen finden dann einfache
Abstimmungen statt, weil wir in jeweils unterschied-
licher Weise einmal über Änderungsanträge und dann
über die jeweils einzeln vorgesehenen Grundgesetzände-
rungen, teilweise namentlich, teilweise in einfacher Ab-
stimmung, zunächst in zweiter Lesung entscheiden und
danach in dritter Lesung in Gesamtabstimmung über das
Gesamtpaket . Ich bitte, das bei den eigenen zeitlichen
Dispositionen zu berücksichtigen .

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 125 Minuten vorgesehen . – Dazu höre
ich keinen Widerspruch . Also können wir so verfahren .

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Kollegen Ralph Brinkhaus für die CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Präsident Dr. Norbert Lammert






(A) (C)



(B) (D)



Ralph Brinkhaus (CDU):
Rede ID: ID1823700100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie wer-

den sich sicherlich wundern, dass so eine wichtige De-
batte – man sieht das an dem hochkarätigen Auditorium
auf der Bundesratsbank und dem vollen Plenarsaal – von
einem einfachen Abgeordneten des Deutschen Bundes-
tags eröffnet wird.


(Dr . Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Das stimmt!)


Aber wir haben uns bewusst entschieden, das so zu ma-
chen, um zu zeigen, dass Gesetze immer noch im Deut-
schen Bundestag beschlossen werden und – bei allem
Respekt – nicht in Ministerpräsidentenkonferenzen und
auch nicht in irgendwelchen Runden im Kanzleramt oder
sonst wo . Deswegen ist es gut und richtig, dass wir hier
klarmachen, dass dies heute eine Debatte des Deutschen
Bundestages ist .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Eine weitere Vorbemerkung: Es kann kein Land gut
sein, in dem es dem Bund gut geht, den einzelnen Bun-
desländern aber nicht und umgekehrt . Es kann kein Land
gut sein, in dem es den Ländern gut geht und den Kom-
munen nicht und umgekehrt . Es kann kein Land gut sein,
in dem es Regionen gibt, in denen es den Menschen gut
geht, und Regionen, in denen es den Menschen nicht gut
geht . Das heißt, egal auf welcher politischen Ebene wir
tätig sind, ob im Bund, im Land oder in den Kommunen:
Wir haben immer auch die Verantwortung für die ande-
ren und die Verantwortung für das Ganze . Man kann es
einem Schüler nicht erklären, dass eine Schule ein Dach
hat, das nicht dicht ist, weil man sich über Zuständigkei-
ten nicht einig wird .

Deswegen, meine Damen und Herren, kann es auch
nicht sein, dass wir uns als Bundespolitiker wegducken,
wenn es Probleme in den Ländern gibt, dass die Länder-
politiker sich verstecken, wenn es Probleme im Bund
oder in den Kommunen gibt . Auch jedem Kommunal-
politiker sollte klar sein, dass es seiner Stadt nur gut ge-
hen kann, wenn es dem Land gut geht . Das ist einer der
Hauptgründe dafür, warum ich gleich empfehlen möchte,
heute diesem Gesetzespaket zuzustimmen .

Aber im Einzelnen: Worum geht es? Das Paket besteht
aus fünf Blöcken . Der erste Block sind die Bund-Län-
der-Finanzbeziehungen . Der zweite Block sind Mittel für
kommunale Investitionen in die Bildungsinfrastruktur in
finanzschwachen Kommunen. Der dritte Block ist eine
Neuausbalancierung von Bund-Länder-Beziehungen,
die nichts mit Geld zu tun haben . Der vierte Block ist
eine Infrastrukturgesellschaft für die Bundesautobahnen,
und der fünfte Block ist das Unterhaltsvorschussgesetz .
Lassen Sie mich einige Bemerkungen zu diesen Blöcken
machen .

Bund-Länder-Finanzbeziehungen . Wir alle standen
unter erheblichem Zeitdruck . 2019 laufen wichtige Fi-
nanzregelungen aus, insbesondere auch für die fünf neu-
en Länder und für Berlin . Wir haben die Schuldenbrem-
se, die ab 2020 auch von den Ländern einzuhalten ist .

Wir haben anhängige Klagen beim Bundesverfassungs-
gericht . Wir standen aber nicht nur unter Zeitdruck, son-
dern auch unter erheblichem Druck der Länder . Lassen
Sie mich an dieser Stelle bei allem Respekt auch sagen:
Es war im Sinne einer föderalen Partnerschaft schon teil-
weise grenzwertig, wie argumentiert worden ist, und wir
sollten die Art und Weise, wie dort gearbeitet worden ist,
zukünftig nicht überstrapazieren .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg . Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Vonseiten der Länder wurde gesagt: Die Geberländer
wollen bessergestellt werden – das kann ich verstehen –;
kein Land soll schlechtergestellt werden, und wir müs-
sen Ländern wie Bremen und dem Saarland aus gutem
Grund Sanierungsperspektiven geben . Diese Quadratur
des Kreises konnte nur gelingen, weil sich der Bund mit
gut 10 Milliarden Euro beteiligt . Dieser Betrag wird auf-
wachsen; es wird mehr werden .

Aber wir sind nicht nur mit Geld an die Unterstützung
herangegangen, sondern wir haben auch vereinbart, dass
wir das Risiko, dass die Lebensverhältnisse in den Län-
dern weiter auseinanderklaffen, als das heute der Fall ist,
im Wesentlichen vom Bund tragen lassen . Das ist sehr
viel . Wir sind damit in der Perspektive – in der Risiko-
übernahme – an die Grenze unserer finanziellen Belast-
barkeit gegangen . Auch da bitte ich, dass anerkannt wird,
was wir als Bund hier finanziell leisten. Vielleicht führt
das auch dazu, dass das ständige Rufen nach Geld vom
Bund, egal was ist, zumindest etwas leiser wird . Wir wür-
den uns wünschen, dass das nach diesem Paket aufhört .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es ist aber auch so, dass die Länder einen Preis dafür
gezahlt haben . Der Preis dafür ist, dass die schwachen
Länder zukünftig – wie jemand, zugegeben etwas über-
trieben, geschrieben hat – „Kostgänger des Bundes“ wer-
den . Das heißt, die Balance zwischen Ländersolidarität
und der Verantwortung des Bundes hat sich verschoben .
Auch das muss man an dieser Stelle wissen .

Zweites Paket: die kommunalen Investitionen . Jetzt
wird gleich Folgendes passieren: Es wird eine Jubelde-
batte darüber geben, dass damit das Kooperationsverbot
aufgehoben worden ist .


(Beifall des Abg . Carsten Schneider [Erfurt] [SPD] – Johannes Kahrs [SPD]: Das ist auch gut so!)


Das ist mitnichten der Fall . Für diejenigen von Ihnen,
die sich nicht so viel mit Finanzverfassung beschäftigen:
Kooperationsverbot heißt, dass die Bundesländer alleine
für den Bereich Bildung verantwortlich sind und diesen
auch finanzieren und dass sich der Bund dabei gefälligst
herauszuhalten hat . Das haben wir alle einmal sehr, sehr
gut gefunden. Wir finden es als CDU/CSU auch immer
noch gut, dass das so ist .


(Beifall bei der CDU/CSU – Sören Bartol [SPD]: Das sieht die Kanzlerin aber anders!)







(A) (C)



(B) (D)


Die Lebenserfahrung hat mich eines gelehrt: Wenn
zwei für etwas zuständig sind, und wenn zwei etwas fi-
nanzieren müssen, dann gibt es immer ein Durcheinan-
der, und das geht nie gut aus . Wir plädieren weiterhin
für klare Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern,
meine Damen und Herren .


(Beifall bei der CDU/CSU – Johannes Kahrs [SPD]: Merkel sieht das anders!)


Wir greifen trotzdem ein, und zwar aus einem Grund:
Wir haben festgestellt, dass einige Länder nicht in der
Lage sind, die Schulinfrastruktur sicherzustellen . Es
kann nicht sein, dass die Kinder darunter leiden, dass wir
uns in der föderalen Finanzverfassung nicht einig wer-
den . Wir sehen uns als Bund in der Verantwortung, dieser
Notlage Abhilfe zu schaffen. Das tun wir an dieser Stelle,
aber wir sagen auch ganz eindeutig: Das ist eine Ausnah-
me, und das kann keine Regel sein .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Der dritte Punkt sind die strukturellen Verbesserungen
in der Balance . Wir haben zukünftig – erstaunlicherweise
war das bisher nicht der Fall – echte Mitspracherechte
bei der Mischfinanzierung, wo wir Länderaufgaben mit-
finanzieren. Wir haben nicht nur Mitspracherechte; wir
haben endlich auch Prüfungsrechte – wofür wir als Haus-
hälter lange gekämpft haben, Eckhardt Rehberg –, und
das ist gut .

Wir werden ein digitales Bürgerportal errichten . Wir
werden endlich auch als Bundesverwaltung digital, und
wir werden Länder und Kommunen mit einbeziehen .
Auch das war vorher nicht möglich . Wir werden im Be-
reich der Steuerverwaltung Verbesserungen erzielen . Das
ist eher etwas für steuerpolitische Feinschmecker, aber
es ist ein riesiger Sprung, der uns enorm weiterbringen
wird . Und wir werden – auch das war dringend notwen-
dig – den Stabilitätsrat stärken, der künftig nicht nur für
die Überwachung der Haushalte zuständig ist, sondern
auch für die Einhaltung der Schuldenbremse .

Der nächste Block ist die Infrastrukturgesellschaft .
Der Verkehrsminister wird gleich erläutern, warum das
gut und richtig ist . Ich möchte dazu nur eines sagen: Es
gibt auch da eine Uneinheitlichkeit der Lebensverhältnis-
se in Deutschland . Das heißt, dass es Bundesländer gibt,
die gut damit umgehen, die haben ihre Autobahnen im
Griff, und es gibt Bundesländer, die haben sie nicht im
Griff. Das ist aus Bundessicht nicht akzeptabel. Es geht
dabei nicht um Privatisierung, sondern darum, dass die
Verwaltung effizienter und effektiver wird. Auch das ist
richtig, meine Damen und Herren .

Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei
den Berichterstattern, den Verkehrspolitikern Bettina
Hagedorn von der SPD und Norbert Brackmann von der
CDU/CSU, bedanken,


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


die hier nicht alles, aber doch vieles zum Guten wenden
konnten . Ich denke, wir sind zu einem guten Ergebnis
gekommen .

Beim fünften Block geht es um das Unterhaltsvor-
schussgesetz . Auch dabei handelt es sich um eine Stär-

kung der Alleinerziehenden . Das ist notwendig . Ich wür-
de mir wünschen, dass wir mit dem gleichen Eifer nun
daran gehen, derjenigen, die sich der Verantwortung für
ihre Kinder entziehen – das sind hauptsächlich Väter –,
habhaft zu werden und ihnen das entsprechende Geld ab-
zunehmen . Ich denke, auch das ist dringend notwendig .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Meine Damen und Herren, es gibt immer Kompromis-
se . Das Ganze ist ein Kompromiss . Jeder hat Abstriche
gemacht . Vielleicht hätte man es an der einen oder an-
deren Stelle besser machen können . Jede Kritik ist ernst
zu nehmen . Ein Meisterwerk ist es sicherlich nicht ge-
worden .


(Beifall des Abg . Herbert Behrens [DIE LINKE])


Trotzdem empfehle ich Ihnen, zuzustimmen .

Den einen Grund habe ich Ihnen am Anfang gesagt:
Wir als Bundespolitiker können uns nicht vom Acker
machen, wenn in Ländern und Kommunen Probleme
vorhanden sind . Wir haben die Gesamtverantwortung im
Blick zu halten . Das ist gut, und das ist wichtig . Das hat
auch etwas mit Legitimation von Politik zu tun .

Der zweite Grund ist, dass wir in der mittlerweile
68-jährigen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
eines erreicht haben, was ganz viele Länder nie geschafft
haben, was unglaublich wertvoll ist und vielleicht dazu
beiträgt, dass wir stabiler als viele andere Demokratien
sind . Wir streiten uns manchmal – das ist überhaupt keine
Frage – wie die Kesselflicker. Das unterscheidet uns auch
nicht von anderen Ländern . Manchmal stehen wir auch
vor einer Situation, da wissen wir nicht, wie es weiter-
geht, und denken: Wie kommen wir da wieder heraus?
Auch das unterscheidet uns nicht von anderen Ländern .
Am Ende des Tages aber haben wir es hier in Deutsch-
land, wenn es darauf ankam, immer wieder geschafft,
über persönliche Grenzen, über Parteigrenzen und über
die Grenzen von Bund und Ländern hinweg irgendwann
einmal auch eine Lösung zu finden. Dieses Irgendwann
ist heute, meine Damen und Herren, und deswegen stim-
men Sie bitte zu .


(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823700200

Das Wort erhält nun die Kollegin Sahra Wagenknecht

für die Fraktion Die Linke .


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823700300

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Das heutige Deutschland hat immer weniger gemein
mit jener Bundesrepublik, die den Vätern des Grundge-
setzes einst vorschwebte .


(Thomas Oppermann [SPD]: Jetzt kommen wieder Adenauer und Erhard!)


Der Auftrag, einen sozialen Bundesstaat zu gestalten,
wurde bereits durch die Agenda 2010, den Abbau des So-

Ralph Brinkhaus






(A) (C)



(B) (D)


zialstaats und die Schaffung eines riesigen Niedriglohn-
sektors weitgehend aufgegeben .


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Ach ja?)


Jetzt wird mit einem Paket von sage und schreibe
13 Grundgesetzänderungen auch noch der Föderalismus
untergraben und einer erneuten großflächigen Privatisie-
rung öffentlicher Aufgaben der Weg bereitet.


(Johannes Kahrs [SPD]: Keine Ahnung, wie immer! Lesen bildet, denken hilft, Frau Kollegin!)


Ich muss sagen, dieses Abschiedsgeschenk der Großen
Koalition ist so vergiftet, dass man wirklich nur hoffen
kann, dass möglichst viele Wähler Ihr falsches Spiel
durchschauen .


(Johannes Kahrs [SPD]: Unglaublich!)


– Dass Sie jetzt so laut werden, zeigt doch, wie angefasst
Sie sind . Sie wissen es doch ganz genau . Sie täuschen die
Öffentlichkeit, Sie erzählen den Leuten Dinge, die nicht
stimmen . Deswegen reagieren Sie doch jetzt auch so .


(Beifall bei der LINKEN – Johannes Kahrs [SPD]: Aber Arroganz und Dummheit sind schlimmer! Keine Ahnung, aber Redezeit!)


Natürlich ist es gut und sinnvoll, wenn die Bundes-
länder mehr Geld bekommen, und es ist auch sinnvoll,
ärmere Gemeinden bei der Sanierung von Schulen zu
unterstützen . Aber all das hätten Sie auch auf anderen
Wegen erreichen können . Dafür bedarf es nicht eines –
ich zitiere unseren Bundestagspräsidenten – „monströsen
Eingriffs in das Grundgesetz“, durch den Regelungen
Verfassungsrang und Dauerhaftigkeit bekommen sollen,
die bis kurz vor Schluss selbst innerhalb der Koalition
heißumstritten waren und nicht umsonst immer wieder
geändert wurden . Und jetzt soll dieses Riesenpaket in-
nerhalb von 48 Stunden durch Bundestag und Bundesrat
gedrückt werden .


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Wir haben drei Jahre lang daran gearbeitet!)


Ich finde, wer so vorgeht, der muss sich schon nach sei-
nem Respekt vor der Verfassung dieses Landes fragen
lassen .


(Beifall bei der LINKEN – Johannes Kahrs [SPD]: Komplett neben der Wahrheit! Aber komplett!)


Wie gesagt, auch wenn Sie alles dafür tun, die Öffent-
lichkeit zu täuschen: Heute entscheiden Sie, ob ein knapp
13 000 Kilometer langes Straßennetz, das Generationen
von Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern aufgebaut und
finanziert haben, in Zukunft zu einer Melkkuh für private
Profite gemacht werden kann oder nicht. Um nichts an-
deres geht es,


(Beifall bei der LINKEN – Bettina Hagedorn [SPD]: Das ist doch der totale Quatsch, was Sie da erzählen!)


auch wenn Sie schon seit Monaten versuchen, die Wähle-
rinnen und Wähler für dumm zu verkaufen .


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Das machen Sie schon zur Genüge!)


– Ja, Sie von der SPD sind besonders angefasst, weil Sie
besonders intensiv täuschen . Ich verstehe das alles .


(Beifall bei der LINKEN – Johannes Kahrs [SPD]: Weil wir einen gewissen Anspruch an Niveau haben! Das ist doch peinlich!)


Ich rufe noch einmal in Erinnerung: Schon im No-
vember letzten Jahres ließ Herr Gabriel verlauten, dass
die von Herrn Schäuble geplante Autobahnprivatisierung
durch sein Veto gestoppt sei . Man war tief beeindruckt
von so viel Durchsetzungsvermögen . Dann allerdings
hat der Bundesrechnungshof diese Falschaussage von
Sigmar Gabriel in der Luft zerrissen . Damit war die Au-
tobahnprivatisierung wieder ein Thema .


(Johannes Kahrs [SPD]: Vielleicht machen Sie sich schlau, bevor Sie zu einem Thema reden!)


Also wurde das Paket wieder aufgeschnürt und wurden
wieder Änderungen vorgenommen .


(Johannes Kahrs [SPD]: Keine Ahnung!)


Führende SPD-Vertreter haben fast im Wochenrhythmus
erklärt, dass mit der jeweils letzten Änderung die Priva-
tisierung der Autobahnen nun aber definitiv vom Tisch
sei . In der letzten Sitzungswoche ist es der SPD dann
angeblich gelungen, eine echte „Privatisierungsbremse“
durchzusetzen .


(Johannes Kahrs [SPD]: Fragen Sie einmal Ihre Haushälter! Die haben uns dafür gelobt!)


Sie haben offenbar gar nicht bemerkt, wie verräterisch
schon der Begriff „Privatisierungsbremse“ ist. Bremsen
muss man etwas, was bereits im Rollen ist .


(Beifall bei der LINKEN)


Ins Rollen kommt die Autobahnprivatisierung überhaupt
nur durch Ihre geplanten Grundgesetzänderungen . Ohne
diese Änderungen wäre sie schlicht ausgeschlossen .


(Beifall bei der LINKEN)


Bei dieser Gelegenheit fällt einem natürlich ein, dass
wir mit angeblichen „Bremsen“ dieser Großen Koalition
schon einige Erfahrungen haben . Ich erinnere Sie an die
Mietpreisbremse von Herrn Maas, seit deren Beschluss-
fassung die Mieten noch schneller gestiegen sind als
zuvor . Jetzt haben wir auch noch eine „Privatisierungs-
bremse“ . Es steht zu erwarten, dass diese ähnlich wir-
kungsvoll sein wird .

Jeder unvoreingenommene Beobachter muss sich doch
fragen: Wenn Sie wirklich keine Autobahnprivatisierung
wollen, warum übertragen Sie dann die Nutzungsrechte
und die Verwaltungskompetenz für die Autobahnen an
eine Gesellschaft privaten Rechts?


(Sören Bartol [SPD]: Effizienz!)


Herr Brinkhaus hat gerade das Parlament gefeiert . Sie
wissen ganz genau, dass Sie dadurch die parlamentari-

Dr. Sahra Wagenknecht






(A) (C)



(B) (D)


schen Kontrollrechte untergraben . Ein Parlament, das
dem zustimmt, entmachtet sich selbst . Das ist doch der
Kern .


(Beifall bei der LINKEN)


Warum schließen Sie dann nicht wenigstens eine teure
Fremdfinanzierung dieser Gesellschaft durch private Ka-
pitalgeber im Grundgesetz aus?


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Schade um die Redezeit!)


Untersagt wird das aktuell nur durch ein normales Ge-
setz, das jede künftige Regierung mit einfacher Mehrheit
wieder ändern kann . Warum schließen Sie den Bau und
den Betrieb von Autobahnen durch sogenannte öffent-
lich-private Partnerschaften im Grundgesetz nicht gene-
rell aus, sondern nur, wie es heißt,


(Johannes Kahrs [SPD]: Das gibt es doch jetzt schon!)


auf „wesentlichen Teilen“ des Streckennetzes?


(Johannes Kahrs [SPD]: Ablesen macht es nicht besser!)


Haben Sie schon einmal einen Juristen getroffen, der die
Grenzlinie zwischen „wesentlichen“ und „unwesentli-
chen“ Teilnetzen definieren kann? Ich jedenfalls nicht.


(Beifall bei der LINKEN – Johannes Kahrs [SPD]: Das merkt man!)


Damit ist doch völlig klar, dass mit dieser schwam-
migen Formulierung den öffentlich-privaten Part-
nerschaften, also für die bekannten Raubverträge zur
Ausplünderung des Steuerzahlers, auch auf großen Stre-
ckenabschnitten die Türen nicht geschlossen, sondern
weit geöffnet werden.


(Johannes Kahrs [SPD]: Vielleicht sollte man reden, nicht nur ablesen, sondern sich einmal informieren! Da können wir helfen!)


Schlimmer noch: Dadurch werden öffentlich-private
Partnerschaften überhaupt erstmals im Grundgesetz ver-
ankert .


(Johannes Kahrs [SPD]: Noch nie mit dem Thema beschäftigt und jetzt Unsinn ablesen!)


Sie empfehlen sich schon allein dadurch künftig als Stan-
dardmodell zur Erledigung öffentlicher Aufgaben. Das
ist doch die Konsequenz Ihrer Änderungen .

Wer wissen will, was das bedeutet, muss sich ein-
mal anschauen, wie bisherige ÖPPs funktionieren . Ein
schönes Beispiel dafür ist Toll Collect, bei der der Steu-
erzahler seit Jahren von den Betreibern über den Tisch
gezogen wird . Heute zahlt der Staat Millionen an private
Anwaltskanzleien, weil er nicht in der Lage ist, die zig-
tausend Seiten langen Verträge zu verstehen, die er einst
unterschrieben hat . Inzwischen wird sogar wegen Be-
trugs ermittelt .

Aber Toll Collect ist kein Einzelfall . Der Bundesrech-
nungshof hat darauf hingewiesen, dass öffentlich-private
Partnerschaften in der Regel viel höhere Kosten verursa-
chen als Bauprojekte in Eigenregie . Bei Autobahnen lie-

gen die Mehrkosten bei bis zu 40 Prozent . Diese teuerste
aller denkbaren Varianten soll in Zukunft mit grundge-
setzlicher Weihe zum Standardmodell zur Sanierung un-
serer Infrastruktur werden? Und das nicht nur für Auto-
bahnen, sondern auch für Schulen und in vielen anderen
Bereichen. Ein Modell, bei dem die öffentliche Hand alle
Risiken trägt und der Private sichere Renditen kassiert .
Es ist genau besehen eine der übelsten Formen der Priva-
tisierung . Und da erzählen Sie den Leuten doch wirklich,
ohne rot zu werden, Sie hätten eine Privatisierung verhin-
dert. Ich finde das wirklich dreist.


(Beifall bei der LINKEN – Johannes Kahrs [SPD]: Wie kann man so einen Unsinn auch noch ablesen?)


Natürlich weiß ich,


(Johannes Kahrs [SPD]: Nein, eben nicht!)


dass Sie der Grundgesetzänderung auch in diesem Fall
ein einfaches Gesetz zur Seite gestellt haben, das ÖPPs
stärker beschränkt .


(Johannes Kahrs [SPD]: Keine Ahnung, aber davon viel!)


Aber auch dieses Gesetz kann jederzeit mit einfacher
Mehrheit wieder aufgehoben werden .

Wer wissen will, worum es wirklich geht, der muss
den Abschlussbericht, der von Herrn Gabriel ins Leben
gerufenen Kommission zur angeblichen „Stärkung von
Investitionen in Deutschland“ von 2015 lesen .


(Bettina Hagedorn [SPD]: Lesen Sie doch einmal die Bundesrechnungshofberichte!)


Dort wurde zum ersten Mal eine privatrechtliche Infra-
strukturgesellschaft gefordert . Dort wurde die eigentliche
Absicht noch offenherzig ausgesprochen. Schauen Sie
sich den Bericht einmal an. Dort steht: Die öffentliche
Infrastruktur soll dem privaten Kapital geöffnet werden,
um der Finanzbranche in Zeiten von Nullzinsen rendite-
trächtige Anlagen zu ermöglichen .


(Johannes Kahrs [SPD]: Das findet doch gerade nicht statt, gnädige Frau!)


Genau das ist der Grund, warum wir heute diese fatalen
Grundgesetzänderungen auf dem Tisch haben: Sie sollen
das ermöglichen, was Herr Gabriel damals der Finanz-
branche in die Hand versprochen hat .


(Beifall bei der LINKEN – Bettina Hagedorn [SPD]: Absoluter Quatsch! – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Die Linke hat die Konsequenz outgesourct, das ist das Problem!)


Es geht also gar nicht um eine bessere Infrastruktur,
um mehr Investitionen . Es geht darum, Banken, Versi-
cherungen und anderen Großanlegern lukrative und zu-
gleich risikofreie Anlagemöglichkeiten zu verschaffen.
Offenbar sind Ihnen die Renditewünsche der Allianz und
anderer Finanzkonzerne wichtiger als die Interessen der

Dr. Sahra Wagenknecht






(A) (C)



(B) (D)


Bürgerinnen und Bürger . Einen anderen Schluss lässt das
ja nicht zu .


(Beifall bei der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Einen solchen Blödsinn habe ich selten gehört!)


Der Hintergrund ist, dass solche Unternehmen in diesem
Land sehr viel Macht haben und dass sie Ihnen allen re-
gelmäßig erkleckliche Summen an Spenden überweisen


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU und der SPD)


und seit längerem Druck machen, dass der Staat ihre Pro-
fite subventioniert.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Allianz-Chef Markus Faulhaber hat damals sogar ge-
nau beziffert, wie er sich das vorstellt. Der Allianz-Chef
hat gesagt, der Steuerzahler solle seinem Finanzkonzern
für das geliehene Geld 6,5 Prozentpunkte mehr bezahlen
als den Zinssatz, den er für normale Bundesanleihen be-
käme .


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Demagogie! – Johannes Kahrs [SPD]: Keine Ahnung, aber davon viel!)


Ende April wurde übrigens berichtet, dass sich der Alli-
anz-Konzern mit mehr als einer halben Milliarde Euro an
einem italienischen Autobahnbetreiber beteiligt . Warum?
Weil dieser Betreiber die Hälfte des italienischen Maut-
straßennetzes unter seinen Fittichen hat


(Bettina Hagedorn [SPD]: Genau das wird in Deutschland nicht passieren!)


und dieser Betrieb einen Gewinn von 2,4 Milliarden Euro
abwirft . So eine Geldkuh, die man melken kann, hätte
die Allianz gerne auch in Deutschland . Das vorliegende
Gesetzespapier bringt sie diesem Ziel einen gewaltigen
Schritt näher. Wir finden: Das ist eine Katastrophe.


(Beifall bei der LINKEN)


Dann wundern Sie sich,


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Über Ihre Rede wundern wir uns!)


wenn Sie solche Gesetze machen, dass es immer mehr
Menschen gibt, die Politik für eine zutiefst korrupte Ver-
anstaltung halten .


(Johannes Kahrs [SPD]: Bei der Rede ist das kein Wunder!)


Es sind genau solche Entscheidungen wie die heutige, die
das bewirken .


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Schämen Sie sich!)


Ich finde es deswegen wirklich erschreckend – nicht nur,
wie Sie sich heute hier aufführen, das auch –, auf wel-
chem Niveau dieses Land inzwischen regiert wird


(Beifall bei der LINKEN)


und in welchem Sumpf aus Lobbywirtschaft, billiger
Trickserei und mutwilliger Täuschung der Öffentlichkeit
sich deutsche Politik heute bewegt .

Aber noch haben Sie ja die Chance, insbesondere Sie,
liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD . Wenn Sie
noch einmal, ohne sich zu schämen, das Wort „soziale
Gerechtigkeit“ in den Mund nehmen wollen, dann ver-
weigern Sie Ihre Stimme diesem zutiefst ungerechten
Privatisierungsprojekt .


(Beifall bei der LINKEN – Johannes Kahrs [SPD]: Wie peinlich kann man denn sein?)


Wenn Sie das heute durchwinken, dann können Sie Ihren
Gerechtigkeitswahlkampf wirklich in die Tonne treten .


(Johannes Kahrs [SPD]: Keine Ahnung, aber davon sehr viel!)


Hören Sie auf, die Leute zu belügen . Schließen Sie öf-
fentlich-private Partnerschaften klipp und klar aus . Und
knüpfen Sie das Paket auch im Bundesrat wieder auf,


(Johannes Kahrs [SPD]: Das ist jetzt AfD-Niveau der Linken! Unterirdisch und peinlich!)


statt sich die Zustimmung der Länder mit einem Schmier-
geld von 9 Milliarden Euro zu erkaufen


(Johannes Kahrs [SPD]: Wir erwarten nicht viel von Ihnen, aber etwas Kompetenz wäre schon schön!)


oder – man könnte es auch so sagen: – zu erpressen, weil
Sie den Ländern gar keine andere Chance geben, als zu-
zustimmen oder dagegenzustimmen,


(Johannes Kahrs [SPD]: AfD-Populismus ist das hier!)


weil Sie keine differenzierte Abstimmung möglich ma-
chen .


(Johannes Kahrs [SPD]: Beatrix von Wagenknecht, das geht doch nicht!)


Die Bundestagsfraktion der Linken jedenfalls wird
sich an diesem dreisten Griff in die Geldbeutel der Steu-
erzahlerinnen und Steuerzahler


(Johannes Kahrs [SPD]: Unglaublich! Keine Ahnung!)


sowie der Autofahrerinnen und Autofahrer nicht beteili-
gen, und deshalb stimmen wir mit Nein .


(Beifall bei der LINKEN – Johannes Kahrs [SPD]: Echt AfD-Niveau! So peinlich! Keine Ahnung!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823700400

Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Thomas

Oppermann das Wort .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. Sahra Wagenknecht






(A) (C)



(B) (D)



Thomas Oppermann (SPD):
Rede ID: ID1823700500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau

Wagenknecht,


(Ulli Nissen [SPD]: Liebe? – Volker Kauder [CDU/CSU]: Liebe?)


Politik als korrupte Veranstaltung, Schmiergeldzahlun-
gen –


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das ist doch so!)


das ist eine Sprache, die mich an eine andere Partei in
Deutschland erinnert .


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe Ihnen keine Ratschläge zu geben, aber in die-
sem Fall wäre es wirklich besser gewesen, Sie hätten sich
vor Ihrer Rede sachkundig gemacht


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


oder Sie hätten Ihre Redezeit, auch wenn es heute die
Stunde des Bundestages ist, dem Ministerpräsidenten
Bodo Ramelow aus Thüringen überlassen .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Johannes Kahrs [SPD]: Der hat wenigstens Ahnung!)


Der wird nämlich im Bundesrat dem Gesetz, das Sie hier
eben als Teil einer korrupten Veranstaltung diffamiert ha-
ben, zustimmen .


(Dr . Thomas Feist [CDU/CSU]: Hört! Hört! – Zuruf von der SPD: Hört! Hört! Genau!)


Vielleicht ist es doch besser, Sie überlegen sich noch ein-
mal, ob das, was Sie gesagt haben, wirklich richtig ist .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Bettina Hagedorn [SPD], an die LINKE gewandt: Das ist Heuchelei!)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Bundes-
tag setzt heute mit der Reform der Bund-Länder-Finanz-
beziehungen ein deutliches Zeichen . Einige meinen ja, es
genüge, wenn die Regierungen von Bund und Ländern
sich auf ein Gesetzespaket verständigen und das dem
Bundestag zum Durchwinken vorlegen . Man konnte in
dieser Wahlperiode schon den Eindruck gewinnen: Die
Ministerpräsidentenkonferenz möchte sich zum Ersatz-
gesetzgeber aufschwingen . – Diesen Ambitionen setzen
wir heute ein klares und kraftvolles Zeichen entgegen .
Wir machen heute in aller Deutlichkeit klar: Gesetzge-
ber ist und bleibt der Deutsche Bundestag zusammen mit
dem Bundesrat und niemand sonst in diesem Land .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Lieber Volker Kauder, ich möchte mich bei Ihnen und
Ihren Kollegen und Kolleginnen dafür bedanken, dass
wir uns genügend Zeit genommen haben, dieses Geset-
zesvorhaben gründlich zu beraten und auch die notwen-
digen Änderungen vorzunehmen .

Meine Damen und Herren, wir stimmen heute über
ein Gesetzespaket ab, das den Bund viel Geld kostet . Mit
10 Milliarden Euro wird der Bund ab 2020 die Länder
unterstützen . Wir kommen damit den Ländern bis zur
Schmerzgrenze entgegen . Für viele von uns ist das kei-
ne einfache Entscheidung, und trotzdem bringen wir sie
heute auf den Weg; denn wir wollen, dass auch nach dem
Auslaufen des Solidarpakts die finanzielle Handlungs-
fähigkeit aller Länder gesichert ist, dass die Länder die
Schuldenbremse einhalten können, ohne ihre Aufgaben
zu vernachlässigen . Damit geben wir den Bürgerinnen
und Bürgern in diesem Land ein ganz zentrales Verspre-
chen, nämlich das Versprechen auf gleichwertige Le-
bensverhältnisse: dass man in allen Teilen unseres Lan-
des gut leben kann und dass keine Region in Deutschland
abgehängt wird .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dass wir im internationalen Vergleich in Deutschland
immer noch ein hohes Maß an politischer Stabilität ha-
ben, das liegt auch daran, dass wir in allen Teilen des
Landes immer noch relativ gleichwertige wirtschaftliche
und soziale Verhältnisse haben . Wir wollen, dass es auch
in Zukunft so bleibt, dass Länder und Kommunen ihre
Aufgaben eigenständig erfüllen können, egal wo sie in
Deutschland liegen und welche Voraussetzungen sie mit-
bringen . Das ist gut für unser Land, und das trägt dazu
bei, dass unsere Demokratie stabil bleiben kann .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, wie viele in Deutschland
finden wir es unmöglich, dass immer noch sehr viele
Kinder in marode Schulen gehen müssen, obwohl wir in
einem der reichsten Länder der Welt leben . Auf der einen
Seite haben Städte und Gemeinden nicht genug Geld für
saubere und modern ausgestattete Schulen, auf der an-
deren Seite hat der Bund enorme Haushaltsüberschüsse .
Das Grundgesetz verbietet uns bis heute, einen Teil da-
von in unsere Schulen zu investieren . Die Eltern sagen:
Das ist ein absurder Zustand. – Ich finde, die Eltern ha-
ben recht .


(Beifall bei der SPD)


Ich bin froh, dass wir heute diesen absurden Zustand
beenden und das Kooperationsverbot durchbrechen . Da-
für ändern wir nicht nur das Grundgesetz, sondern wir
stellen auch sofort 3,5 Milliarden Euro für Schulen in
finanzschwachen Kommunen bereit. Lieber Kollege
Brinkhaus, ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie ganz
ehrlich gesagt haben, dass Sie eigentlich für das Koope-
rationsverbot sind . Das gibt mir die Gelegenheit, zu sa-
gen: Wir sind gegen das Kooperationsverbot .


(Beifall bei der SPD)


Ich will Ihnen auch sagen, warum . Ich glaube, dass wir
mit der Möglichkeit, zu kooperieren, neben der Erfolgs-
geschichte der Kostenübernahme beim BAföG ein weite-
res Instrument in die Hand bekommen, um für Chancen-
gerechtigkeit zu sorgen . Wir wollen Bildungschancen für
alle . Wir wollen, dass alle jungen Menschen durch eigene
Anstrengung, durch Bildung und Ausbildung die Mög-






(A) (C)



(B) (D)


lichkeit haben, etwas aus ihrem Leben zu machen . Ob sie
diese Möglichkeit haben, darf nicht vom Geldbeutel ihrer
Eltern oder von der Finanzkraft ihrer Heimatgemeinde
abhängen .


(Beifall bei der SPD)


Ich darf mich ja hier vom Rednerpult aus nicht mit
dem Präsidenten des Deutschen Bundestages auseinan-
dersetzen . Aber ich möchte dem Abgeordneten Lammert
aus Bochum zurufen,


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)


dass damit kein Marsch in den Zentralstaat verbunden
ist, sondern etwas ganz anderes, nämlich die Übernahme
gesamtstaatlicher Verantwortung .


(Beifall bei der SPD)


Wenn es gravierende Defizite auf einer staatlichen Ebene
gibt, dann gebietet die gesamtstaatliche Verantwortung,
dass wir nicht wegschauen, sondern dass wir gemeinsam
helfen . Und genau das machen wir .


(Beifall bei der SPD)


Meine Damen und Herren, mit der heutigen Reform
beenden wir auch die Bundesauftragsverwaltung der
Länder bei den Autobahnen und gründen eine Infrastruk-
turgesellschaft beim Bund . Diese Infrastrukturgesell-
schaft in ausschließlich staatlicher Regie soll dazu bei-
tragen, durch schnellere Planung Investitionen in unsere
Autobahnen effizienter zu tätigen. Ob das gelingt, ist in
erster Linie eine Frage der Umsetzung . Dabei wird der
Bundestag dem Verkehrsminister – egal wer das in der
nächsten Wahlperiode ist – genau auf die Finger schauen .
Aber eines ist klar, meine Damen und Herren: Die Au-
tobahnen bleiben im Eigentum des Staates . Sie gehören
den Bürgerinnen und Bürgern . Sie haben sie schon ein-
mal mit ihren Steuern bezahlt . Deshalb lehnen wir jeg-
liche Form der Privatisierung ab, wir wollen nicht, dass
die Bürgerinnen und Bürger die Autobahnen ein zweites
Mal bezahlen müssen .


(Beifall bei der SPD)


Frau Wagenknecht, was Sie hier über den Gesetzent-
wurf gesagt haben,


(Bettina Hagedorn [SPD]: Das ist Verschwörungstheorie!)


zeigt mir nur, dass Sie die ganze Zeit über den ursprüng-
lichen Entwurf von Herrn Dobrindt und Herrn Schäuble
gesprochen haben . Sie haben anscheinend gar nicht mit-
bekommen, dass wir diesen komplett geändert haben .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der LINKEN: Wo denn?)


Ihr Kollege Bartsch, der ja einer der Redner bei der ersten
Beratung war, hat damals, wie ich finde, zu Recht darauf
hingewiesen, dass der Bundesrechnungshof diesen ur-
sprünglichen Entwurf massiv kritisiert hat, und den Bun-
desrechnungshof zum Kronzeugen ernannt . Aber dieser
Bundesrechnungshof sagt heute: Mit diesem Gesetzent-

wurf ist eine Privatisierung ausgeschlossen . – Nehmen
Sie das bitte zur Kenntnis .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Während heute ÖPP eigentlich grenzenlos zulässig
und möglich ist, wird sie in der Verfassung jetzt erstmals
deutlich ausgeschlossen .


(Zuruf von der LINKEN: Hä? Warum? – Dr . Sahra Wagenknecht [DIE LINKE]: Kommt erstmals in die Verfassung!)


Durch eine effizientere Verwaltung bzw. Infrastrukturge-
sellschaft wird sie eigentlich auch überflüssig. Ich finde
das gut so; denn wir haben mit ÖPP keine guten Erfah-
rungen gemacht . ÖPP benachteiligt systematisch die mit-
telständischen Bauunternehmen in Deutschland


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


und bevorzugt international agierende Großkonzer-
ne . Der Bundesrechnungshof hat dokumentiert, dass
ÖPP-Projekte teurer sind, als wenn der Staat sie selber
umsetzt . Daraus ziehen wir jetzt die richtigen Konse-
quenzen .


(Beifall bei der SPD)


In diesem Gesetz wird auch der Unterhaltsvorschuss
neu geregelt . Wenn es eine Gruppe in unserer Gesell-
schaft gibt, die wirklich hart kämpfen muss, um zurecht-
zukommen, dann sind das berufstätige alleinerziehende
Frauen . In der Regel können sie wegen Kindererzie-
hung nur Teilzeit arbeiten . Damit diese Familien nicht in
Hartz IV abrutschen, hat die SPD vor Jahren den Kin-
derzuschlag eingeführt . Jetzt hat Manuela Schwesig für
diese Familien den zweiten großen Schritt erkämpft .


(Beifall bei der SPD)


Für Kinder, deren Väter sich ihren Verpflichtungen
entziehen, wird der Unterhaltsvorschuss nicht mehr nur
maximal 6 Jahre, sondern künftig 18 Jahre gezahlt,


(Nadine Schön [St . Wendel] [CDU/CSU]: Das haben wir schon gemeinsam gemacht!)


also bis zur Volljährigkeit der Kinder . Das ist eine enor-
me Verbesserung . Liebe Manuela Schwesig, dass dieses
Gesetz am Ende doch noch kommt, zeigt: Wir haben eine
hartnäckige und durchsetzungsstarke Frauenministerin .


(Beifall bei der SPD)


Das Gesetz über den Unterhaltsvorschuss ist der krönen-
de Abschluss einer unglaublich erfolgreichen Amtszeit .
Liebe Manuela, du hast als Frauenministerin allein in
vier Jahren die Arbeit von acht Jahren gemacht . Dafür
möchte ich mich ganz herzlich bedanken .


(Beifall bei der SPD – Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Das ging nur mit der CDU!)


– Ihr könnt doch auch mal klatschen . – Ich wünsche alles
Gute für das neue Amt in Mecklenburg-Vorpommern .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Thomas Oppermann






(A) (C)



(B) (D)


Dann möchte ich noch Frau Merkel ansprechen . Lie-
be Frau Merkel, ich wäre froh gewesen, wenn wir auch
mehr Gerechtigkeit geschafft hätten für Frauen, die in
Teilzeit arbeiten und ihre Arbeitszeit gerne wieder erhö-
hen möchten . Jede dritte Teilzeitbeschäftigte möchte die
Arbeitszeit wieder erhöhen, darf es aber nicht . Ich kann
nicht verstehen, warum Sie all den Frauen – es geht vor
allen um Frauen, die in der Teilzeitfalle sind – das Recht
auf Rückkehr in die vorherige Arbeitszeit verweigern .


(Beifall bei der SPD)


Wir werden diese Frauen nicht im Stich lassen . Wir
werden bei der Bundestagswahl darum kämpfen,


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ihr wart nicht kompromissbereit!)


dass auch diese Frauen mehr Gerechtigkeit bekommen .

Vielen Dank .


(Beifall bei der SPD – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Hätten wir doch regeln können! Ihr wart nicht kompromissbereit!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823700600

Anja Hajduk ist die nächste Rednerin für die Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen .


Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823700700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Meine Damen und Herren! Für diese Re-
form, die wir heute beschließen, sind schon große Worte
gewählt worden: Sie sei historisch, sei möglicherweise
eine Jahrhundertreform . Und tatsächlich: Es steht heu-
te an, das Grundgesetz 13-mal zu ändern . Das ist etwas
Besonderes . Wir entscheiden hier über nichts Geringeres
als über die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Län-
dern mindestens bis zum Jahr 2030 . Das heißt, was wir
heute hier beschließen, wird mehr oder weniger für die
nächsten 15 bis 20 Jahre gelten . Es ist auch gesagt wor-
den, neue Rahmenbedingungen, die wir zum Beispiel für
die Länder haben, nämlich die Schuldenbremse ab 2020
einzuhalten, machen es erforderlich, dass insbesondere
die Länder Planungssicherheit bekommen .

Aber wenn man eine solche Reform macht, muss man
sich dann nicht auch fragen: Was sind eigentlich die gro-
ßen Herausforderungen in den nächsten 20 Jahren? Was
sind die absehbaren Veränderungen in den 20er-Jahren
dieses Jahrhunderts? – Das sind einerseits die demogra-
fischen Veränderungen und die damit verbundenen Um-
brüche sowie andererseits der sozialräumliche Wandel;
wir haben eine immer stärkere Spreizung zwischen ar-
men und reichen Regionen . Eine solche Analyse hätte
der Ausgangspunkt für Reformüberlegungen im Rahmen
einer Föderalismuskommission in dieser Legislaturperi-
ode sein müssen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich hätte gerne als Mitglied des Bundestages die Gele-
genheit gehabt, mit den Ministerpräsidenten der Länder
über diese Herausforderungen zu diskutieren .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Aber was hat die Große Koalition entschieden? Sie hat
stattdessen entschieden: Sollen sich doch erst einmal
die 16 Ministerpräsidenten an einen Tisch setzen, sich
einigen und ihre materiellen Interessen ausbalancieren .
Ins Zentrum der Verhandlungen ist vor dem Hintergrund
dieser Herausforderungen doch tatsächlich die Aufgabe
gesetzt worden: Verteilt doch mal den Kuchen unter euch
neu . – Das war keine große Kunst, weil derjenige, der das
bezahlen soll, erst später dazukam, nämlich der Bund .

Bei der Verhandlung der Ministerpräsidenten ist als
Kern der Reform Folgendes herausgekommen: Sie än-
dern den Artikel 107 GG und schaffen den Länderfi-
nanzausgleich im eigentlichen Sinne ab . Den Ausgleich
zwischen starken und schwachen Ländern soll man am
besten gar nicht mehr sehen . Er soll verschwinden, und
er wird gekappt . In Zukunft wird es eine geringere Soli-
darität zwischen den Ländern geben . Übernehmen wird
diese Aufgabe jetzt der Bund .

Ich kann sagen: Für meine Heimatstadt Hamburg,
Herr Bürgermeister Scholz, ist das kein schlechter Deal .
Aber das kann für mich nicht der Maßstab sein .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist ein gutes Geschäft für die starken Länder . Alle
Experten in der Anhörung, auch die Experten der Re-
gierungsfraktionen, haben gesagt: Diese Reform hilft
ab 2020 insbesondere den starken Ländern; die werden
im Vergleich zu den finanzschwachen Ländern stärker
profitieren; die Spreizung wird zunehmen. Meine lieben
Kolleginnen und Kollegen, wie oft haben wir im vergan-
genen Winter und in diesem Frühjahr über die Gefahr ge-
redet, dass sich bestimmte Regionen abgehängt fühlen,
was auch ein demokratisches Problem ist, und die Infra-
struktur in bestimmten Regionen unseres Landes nicht
mehr gesichert ist? Und in einer solchen Situation be-
schließen wir eine Reform, die die Starken stärker macht
und die Schwachen schwächer .

Die Folge davon ist – das hat der Finanzminister
gestern im Haushaltsausschuss eingeräumt –, dass der
Ausgleich für die finanzschwachen Länder jetzt vom
Bund kommen muss . Das liegt jetzt beim Bund . Liebe
Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen, dazu
kann man sagen: 16 : 0 . Wenn man das so macht, dann
bekommt der Bund nicht nur die Verantwortung für die
Finanzierung der schwachen Kommunen und der schwa-
chen Regionen, sondern damit müssen und werden – das
dürfte niemanden wundern – auch größere Kontrollrech-
te des Bundes, auch unseres Parlamentes einhergehen .
Deswegen werden wir diesen Kontrollrechten zustim-
men .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg . Bettina Hagedorn [SPD])


Man kann es auch anders sagen: Wenn sich bei dem
Setting 16 : 0, das Sie immer verteidigen, bei so einem
Beschluss die Starken durchsetzen, wird eine Bewegung
in Gang gesetzt, die dazu führt, dass die schwächeren
Länder in stärkere Abhängigkeit vom Bund geraten . Sie
werden in diese Abhängigkeit regelrecht hineingetrieben .
Dass dies von den Ministerpräsidenten, in der Regel be-

Thomas Oppermann






(A) (C)



(B) (D)


kennende Föderalisten, so beschlossen wurde, kann ich
nicht nachvollziehen . Ich erkenne darin keine Stärkung
und keinen selbstbewussten Föderalismus . Deswegen
wird meine Fraktion die Änderung des Artikels 107 GG
ablehnen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte noch auf zwei weitere Punkte eingehen:

Erstens . Wir haben die große Zukunftsaufgabe, unsere
Gesellschaft in Sachen Bildung richtig stark aufzustellen .
Zitat:

Bund und Länder können auf der Basis von Verein-
barungen zur Sicherstellung der Leistungsfähigkeit
und der Weiterentwicklung des Bildungswesens zu-
sammenarbeiten .

Was ist an diesem Satz eigentlich so schlimm? Das ist es,
was wir beantragen . Das heißt, das Kooperationsverbot
soll aufgehoben werden .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir beantragen nicht, dass die Schulpolitik, ob in Ba-
den-Württemberg oder in Hamburg, durch den Bund
geregelt werden soll; das hielte ich für großen Quatsch .
Aber warum darf es keine Zusammenarbeit bei der größ-
ten Zukunftsaufgabe geben, die wir auch in den nächsten
Jahren vor uns haben?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Will hier jemand leugnen


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Ja, Kretschmann! – Johannes Kahrs [SPD]: Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg, der leugnet!)


– ja, habe ich ja auch erwähnt; ich bin da nicht so ängst-
lich –,


(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erst mal zuhören!)


dass wir das Ganztagsschulangebot, das wir heute haben,
und den Ausbau der Kitaplätze ohne Unterstützung des
Bundes wohl kaum geschafft hätten? Nein, das hätten wir
nicht geschafft.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Da sind wir uns mit der SPD einig . Aber dann muss man
doch einfach mal zur Kenntnis nehmen, dass Zusammen-
arbeit der Bildung nützt . Heute werden wir das Koope-
rationsverbot leider nicht gänzlich abschaffen; aber wir
werden den kleinen Schritten in Richtung Öffnung des
Kooperationsverbotes am Ende natürlich zustimmen,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


im Interesse der Aufgabe . Dann bleibt in der Verantwor-
tung der Länder noch genug zu tun .

Ein weiterer, sehr zentraler Punkt der Auseinander-
setzung, über den die Koalition sehr intensiv gestritten
hat, ist das Thema der Gründung einer Infrastrukturge-
sellschaft . Wir Grünen sehen es in der Tat so, dass zum
Schluss durch die Änderungen seitens der Bundestags-

fraktionen, insbesondere auch durch den Einsatz der Kol-
legin Hagedorn und des Kollegen Brackmann, wirklich
etwas Positives erreicht wurde


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


und damit einige Lücken geschlossen und einige Gefah-
ren im Hinblick auf eine zukünftige Privatisierung ge-
bannt werden . Aber ich sage Ihnen auch: Uns reicht das
nicht .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir Grüne haben uns sehr genau überlegt, wo man et-
was im Grundgesetz regeln muss und wo nicht, welche
Detailverliebtheit ein Grundgesetz verträgt und welche
Grundgesetzschranken wir vorsehen müssen, wenn wir
eine neue Öffnung zulassen. Wenn wir – und wir Grünen
sind dafür – eine Infrastrukturgesellschaft gründen und
die Bundesautobahnen in die Verantwortung des Bundes
überführen wollen, dann sind wir nicht nur dafür verant-
wortlich, eine neue Öffnung ins Grundgesetz zu bringen,
sondern auch dafür verantwortlich, genau zu entschei-
den, wo diese Öffnung endet und wo die Grenzen sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist eine tiefe Überzeugung; das sage ich auch zu
dem Abgeordneten Lammert aus Bochum . Wir haben da
eine sehr schlanke Formulierung gefunden, mit der man
dauerhaft grundgesetzlich verhindern kann, dass in ein,
zwei, drei, vier Jahren doch eine Aktiengesellschaft ent-
steht und damit die Kontrollrechte des Bundestages nicht
mehr gewährleistet sind .


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben eine sehr schlanke Formulierung dafür gefun-
den: Der Dritte darf nicht durch Private finanziert wer-
den, und die Bundesrepublik Deutschland haftet für die
Verbindlichkeiten dieses Dritten . – Das heißt, wir wollen
keine teure Fremdfinanzierung dieser Gesellschaft in ein,
zwei Jahren haben, wenn es eine neue Regierungsmehr-
heit vielleicht vorsieht . Das sind Verfassungsschranken,
die ich angemessen finde. Also haben wir eine bessere
Formulierung vorgelegt .


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich wäre glücklich, wenn Sie sie unterstützen könnten .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ein kleiner Hinweis zur Verfassungsästhetik . Verrückt
ist natürlich, dass wir bei der Gemeindeverkehrsfinan-
zierung sagen: Eine Änderung der Verkehrsfinanzierung
darf der Bund erst ab dem 1 . Januar 2025 vornehmen . Ich
finde, da wird die Verfassungsästhetik gebrochen. So ein
Satz gehört gestrichen .


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Fazit: Wir werden heute bei den 13 Grundgesetzän-
derungen neunmal zustimmen, weil auch gute Dinge im
Paket enthalten sind . Dem entziehen wir uns nicht . Wir
werden aber auch viermal ablehnen; ich habe es gera-

Anja Hajduk






(A) (C)



(B) (D)


de begründet . Das ist eine große Reform an Masse, aber
leider nicht an Klasse . Es gibt einen großen Mangel an
Weitsicht im Hinblick auf die Herausforderungen in den
kommenden 20er-Jahren . Aber in Teilen ist diese Reform
im Sinne der Planungssicherheit der Länder notwendig .
Wir wissen genau, wo wir Ja sagen, wir wissen genau, wo
wir Nein sagen . Wir werden uns am Ende, beim Gesamt-
paket, enthalten, aber vorher differenziert abstimmen.

Schönen Dank .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823700800

Für die Bundesregierung hat nun der Bundesfinanzmi-

nister Wolfgang Schäuble das Wort .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan-
zen:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbezie-
hungen ist notwendig geworden, weil der Solidarpakt II
Ende 2019 ausläuft und weil auch die in den Föderalis-
muskommissionen vorgenommenen Vereinbarungen zu
Entflechtungs- und Konsolidierungsmitteln – das sind die
Artikel 143c und d Grundgesetz – bis Ende 2019 befris-
tet sind . Deswegen, Frau Kollegin Hajduk, hat die Große
Koalition am Beginn dieser Legislaturperiode verein-
bart – so haben wir es in den Koalitionsvertrag geschrie-
ben –, dass wir diese Fragen in dieser Legislaturperiode
lösen wollen, um dem nächsten Deutschen Bundestag zu
ersparen, diese Fragen unter einem dann unangemessen
großen Zeitdruck lösen zu müssen .

Wir haben uns nach den Erfahrungen von zwei Fö-
deralismusreformkommissionen – auch das wollte ich
gerne der Frau Kollegin Hajduk sagen – bewusst dafür
entschieden, nicht eine dritte Föderalismusreformkom-
mission zu beauftragen, weil Aufwand und Ertrag der
beiden vorangegangenen Föderalismusreformkommissi-
onen nach unserer Auffassung in einem gewissen Miss-
verhältnis gestanden haben . Vieles von dem, was an der
jetzigen Verfassungslage kritisiert wird, ist im Übrigen
ein Ergebnis der beiden Föderalismusreformkommissio-
nen .


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unsere Argumente damals, Herr Schäuble!)


– Ich beschreibe nur, warum die Koalition diese Verein-
barung getroffen hat; denn es ist in der Tat ein wichtiger
Schritt, den wir heute tun . Er ist auch nicht unproblema-
tisch – das zeigt die öffentliche Diskussion –; denn es
handelt sich um ein ganzes Bündel von Grundgesetzän-
derungen . Wir ändern ein Stück weit die Architektur un-
serer föderalen Finanzordnung .

Wir sind ein Bundesstaat . Man muss gelegentlich da-
ran erinnern, dass die Bundesrepublik Deutschland auf-
grund der Ordnung des Grundgesetzes ein Bundesstaat
ist, in dem die Länder genauso Teil der staatlichen Ge-
walt sind wie der Bund . Das ist eine Vorgabe des Grund-

gesetzes, die sich im Übrigen in den Jahrzehnten der
deutschen Nachkriegsgeschichte bewährt hat .

In diesem Bundesstaat müssen Bund und Länder gemein-
same Lösungen finden und entwickeln. Der Bundesrat ist
die zweite Kammer, deren Zustimmung zu allen diesen
Fragen notwendig ist . Der Bundesrat ist die Vertretung
der Regierungen der Bundesländer . Infolgedessen sind
die Regierungen der Länder notwendigerweise in einem
starken Maße beteiligt .

Seit Beginn der Legislaturperiode haben wir uns in-
tensiv um den Prozess bemüht . Wir haben auch die Koa-
litionsfraktionen immer wieder beteiligt und informiert .
Aber natürlich handeln Bund und Länder ein Stück weit
durch Regierungen . Deswegen möchte ich mich zunächst
insbesondere bei Herrn Kollege Scholz bedanken . Wir
haben uns dreieinhalb Jahre ausgehalten, andere auch:
Herr Haseloff, Herr Bouffier. Es war herausfordernd,
aber wir sind immer fair miteinander umgegangen bei
der Suche, gemeinsame, für Bund und Länder akzeptable
Lösungen zu finden.

Das Ergebnis ist nicht unproblematisch, das ist wahr .
Wir wissen, dass das Ergebnis in der fachlich orientierten
Öffentlichkeit nicht sehr viel Zustimmung findet,


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das kann man wohl sagen!)


weil es uns nicht gelungen ist, die Transparenz im
Bund-Länder-System und die Anreizsysteme zu verbes-
sern . Das ist uns in den Beratungen – das muss man klar
sagen – nicht gelungen .

Die Ministerpräsidenten der Bundesländer werden in
Zukunft bedenken müssen, ob ein Verfahren, in dem sie
zunächst vereinbart haben: „Wir entscheiden nur 16 : 0,
keiner darf weniger bekommen, und wir werden nur ein-
stimmig etwas entscheiden“, der Notwendigkeit, der Be-
deutung des Anliegens, gemeinsame, für Bund und Län-
der zuträgliche Lösungen zu finden, auf Dauer gerecht
wird .

Das Ergebnis ist jetzt so . Ich plädiere sehr dafür, dass
wir es annehmen . Wir stellen damit die Beziehungen
zwischen Bund und Ländern für die nächsten Jahre auf
eine solide Grundlage . Sie wird allerdings verändert .
Es ist wahr: Der horizontale Finanzausgleich zwischen
Stärkeren und Schwächeren, der der Architektur des
Grundgesetzes mit der zentralen Rolle der Länder in der
Ordnung des Grundgesetzes entspricht, wird durch einen
vertikalen Ausgleich weitestgehend zurückgenommen .
Das gefällt den Ländern nur begrenzt, aber es zwingt sie
logischerweise dazu, dafür zu sorgen, dass der Bundes-
gesetzgeber, der Bundestag, stärkere Kontrollrechte hat,
weil er durch die Neuregelung des Systems in Zukunft
mit einer stärkeren Verantwortung für die finanzschwä-
cheren Länder behaftet ist . Insbesondere im Stabilitätsrat
muss er entsprechende Möglichkeiten haben .

All das enthält das Bündnis, um seiner Verantwortung
gerecht zu werden . Das eine hängt mit dem anderen zu-
sammen . Das war der Weg, auf den wir uns einigen konn-
ten, und deswegen werbe ich dafür, dass wir diesen Weg
gehen, wissend um die Anfechtbarkeit des Systems .

Anja Hajduk






(A) (C)



(B) (D)


Dann kommt das Problem mit den Kommunen . Ich
muss eines sagen: Herr Oppermann, Sie haben das Co-
pyright liebenswürdigerweise Herrn Dobrindt und mir
zugeschoben . Aber Sie sollten bitte nicht ganz unter-
schlagen, dass am Anfang der Debatte eine Initiative
des damaligen Bundeswirtschaftsministers und Vize-
kanzlers Sigmar Gabriel stand, der – beraten durch die
Fratzscher-Kommission – vorgeschlagen hat, wir sollten
die Finanzierung öffentlicher Infrastruktur durch private
Investoren ermöglichen; das sei für das Wachstum der
Bundesrepublik Deutschland unerlässlich .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Also: Schieben Sie doch nicht alles auf uns . Bleiben Sie
ein bisschen bei der historischen Wahrheit . Wir halten
es dann in der restlichen Zeit in dieser Großen Koalition
leichter miteinander aus .

Ich muss Ihnen noch etwas sagen . Sie sagten, was die
Aufhebung des Kooperationsverbotes angeht, seien wir
beim BAföG schon einen Schritt gegangen . Welchen
Schritt sind wir denn beim BAföG gegangen? Aus der
gemeinsamen Finanzierung durch Bund und Länder wur-
de eine vollständige Finanzierung durch den Bund . Wenn
das Ihr Verständnis von einer Aufhebung des Kooperati-
onsverbotes ist, dann muss ich sagen: Gute Reise . Das
tut mir leid .


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)


– Sie können sich gern bei Ihren Mitarbeitern erkundi-
gen . Der Sachverhalt ist so .


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Es ging um Chancengleichheit!)


– Ich bin ja sehr dafür .


(Johannes Kahrs [SPD]: Anscheinend nicht!)


Wir haben in den letzten zwei Legislaturperioden, seit
ich die Ehre habe, diesem Land als Bundesfinanzminister
zu dienen, mehr für die Kommunen und Länder getan als
in allen Jahrzehnten zuvor insgesamt .


(Beifall bei der CDU/CSU)


In den letzten vier Jahren haben wir es gemeinsam ge-
macht, und in den vier Jahren zuvor haben wir es mit der
FDP als Koalitionspartner gemacht . Auch damals haben
wir die Kommunen und Länder erheblich entlastet . Dies
entspricht auch unserem Verständnis von gesamtstaatli-
cher Verantwortung, wie es Ralph Brinkhaus zu Beginn
der Debatte definiert hat.

Ich finde, dass wir uns von diesem Verständnis von ge-
samtstaatlicher Verantwortung auch bei unseren heutigen
Entscheidungen leiten lassen sollten . Es gibt eine wach-
sende Skepsis in der Bevölkerung überall in der westli-
chen Welt, jenseits des Atlantiks und in Europa . Schauen
Sie sich die destruktive Entwicklung in vielen europäi-
schen Ländern an . Die Wahlergebnisse der großen klas-
sischen Parteien ändern sich dramatisch von Wahl zu
Wahl . Schauen Sie sich nur das Wahlergebnis Ihrer Par-
teifreunde in den Niederlanden bei der letzten Wahl an .
Das zeigt eine wachsende Verunsicherung in der Bevöl-
kerung dahin gehend, ob die politischen Eliten noch in

der Lage sind, angesichts der schnellen Veränderungen
die richtigen Lösungen für die Menschen zu finden.

Auf diese Fragen müssen wir die richtigen Antworten
geben . Deswegen haben wir schon zu Anfang der Legis-
laturperiode im Zusammenhang mit einer grundgesetzli-
chen Änderung einen Investitionsfonds für finanzschwa-
che Gemeinden eingerichtet . Denn – Ralph Brinkhaus
hat es gesagt – es ist den Bürgern nicht zu erklären, wenn
Schulen in einem Zustand sind, der nicht akzeptabel ist .
Kürzlich hat ein Parteivorsitzender auf einem Parteitag
gesagt: Es geht nicht an, dass der Bundesfinanzminis-
ter zwar Schulen in Burundi sanieren kann, aber nicht
in Gelsenkirchen . – Da hat er recht . Wenn dies so ist,
müssen wir gesamtstaatlich bessere Lösungen finden.
Das kann aber nicht bedeuten, dass wir die gute grund-
gesetzliche Ordnung, die darauf beruht, dass wir nicht
alles vereinheitlichen, aufgeben; sonst könnten wir den
Föderalismus abschaffen, was das Grundgesetz nicht zu-
lässt .


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das beantragt doch keiner, Herr Schäuble!)


Darauf müssen wir achten .


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagen Sie denn zu unserer Formulierung?)


– Entschuldigung, zur grundgesetzlichen Verantwortung
und Dezentralisierung gehört natürlich die prioritäre Ver-
antwortung der Länder für die Kommunen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wenn wir das aufgeben, dann haben wir den Zentralstaat .


(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das will auch keiner! Das hat auch keiner gesagt!)


Wenn Sie das Wahlergebnis in einem großen Bundes-
land, das für Sie ein bisschen überraschend gekommen
ist, analysieren, dann sollten Sie beachten: In anderen
Bundesländern ist die Situation des kommunalen Finanz-
ausgleichs besser . Die Bürgerinnen und Bürger haben bei
den letzten Landtagswahlen offensichtlich stärker nach
landespolitischen Gesichtspunkten entschieden . Wenn
wir unsere weiteren Arbeiten im Bund-Länder-Finanz-
system einschließlich der kommunalen Selbstverwaltung
so durchführen, dass transparenter wird, wer für welche
Entscheidung verantwortlich ist, dann stärken wir das fö-
derale System insgesamt, und dann dienen wir unserer
Demokratie und der Nachhaltigkeit .

In diesen Gesamtzusammenhang, liebe Kolleginnen
und Kollegen, bitte ich das heutige Gesetzgebungspaket
einzuordnen – wie jeden Kompromiss . Zwischen Bund
und Ländern geht es nur auf dem Weg der Konsensfin-
dung und damit der Kompromissfindung. Das ist keine
perfekte Lösung . Aber die Stärke der Demokratie, die
Voraussetzung für freiheitliche Ordnung ist die Fähigkeit
zum Kompromiss . Das beweisen wir mit dieser Rege-
lung . Deswegen bitte ich Sie, verehrte Kolleginnen und
Kollegen, um Zustimmung zu diesem Gesetzeswerk .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble






(A) (C)



(B) (D)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823700900

Nächster Redner ist der Kollege Roland Claus für die

Fraktion Die Linke .


(Beifall bei der LINKEN)



Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823701000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Hohn

und Spott begleitet die Koalition die öffentliche Kritik
und auch die Kritik der Opposition an diesem Gesetz-
entwurf . Besonders originell ist das nicht, meine Damen
und Herren .


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg . Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Denn Hohn und Spott haben uns begleitet, als wir seiner-
zeit gegen die Privatisierung der Bahn gestimmt haben,
Hohn und Spott haben uns begleitet, als wir gegen Ries-
ter-Rente und Hartz-IV-Gesetze gestimmt haben . Jetzt
frage ich Sie von der Koalition: Wer von Ihnen, der uns
heute verspottet, kann sich vor seine Wählerinnen und
Wähler stellen und sagen: „War doch alles paletti mit
Hartz, war doch alles paletti mit Riester, ist doch alles
paletti mit der Bahn“? Insofern sagen wir Ihnen: Etwas
mehr Demut bitte vor der kritischen Öffentlichkeit und
der parlamentarischen Opposition!


(Beifall bei der LINKEN)


Als die Überlegungen begannen, privates Kapital für
Infrastrukturinvestitionen heranzuziehen, haben wir als
Linke gesagt: Das geht in Ordnung . – Es gibt nur einen
kleinen Unterschied: Sie wollen mit denen kungeln und
Geschäfte machen, wir wollen die gerecht besteuern, um
die notwendigen Finanzen heranzuziehen .


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg . Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Insofern finde ich, dass das Donnerwetter der Koaliti-
on gegen die linke Opposition ein bisschen Ihr schlech-
tes Gewissen zum Ausdruck bringt; denn Sie wissen sehr
wohl: Die Mehrheit, die es hier im Bundestag für Ihr Pri-
vatisierungsvorhaben gibt, haben Sie in der Gesellschaft
nicht . Und Sie sollten den Deutschen Bundestag nicht
mit dem wirklichen Leben verwechseln .


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg . Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Widerspruch bei der SPD)


Dieses Gesetzespaket entscheidet stark über unser Le-
ben im nächsten Jahrzehnt . Ich hätte mir gewünscht, dass
am Anfang die Frage gestanden hätte: Wie wollen wir im
nächsten Jahrzehnt leben? Diese Frage wurde aber nicht
gestellt, sondern am Anfang standen hier lediglich die
Fragen: Wie können Reiche und Starke reich und stark
bleiben, und wie soll die Allgemeinheit das bezahlen?
Das ist auch der Grund, warum in der Öffentlichkeit völ-
lig zu Recht die Kritik an der sogenannten Infrastruktur-
gesellschaft oder Autobahngesellschaft im Vordergrund

steht . Die Linke unterstützt und teilt ausdrücklich diese
Kritik, meine Damen und Herren .


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben seit Beginn dieser Gesetzesbehandlung
eine differenzierte Bewertung vorgenommen. Wir haben
gesagt: Gut, dass die Ellenbogenföderalisten gestoppt
werden konnten . Es gab nämlich Vorstellungen in den
Bundesländern, die Dinge viel aggressiver zu ordnen . Da
ist etwas bewegt worden . Gut fanden wir auch, dass das
sogenannte Kooperationsverbot in der Bildung ein Stück
weit gelockert wird und Schulinvestitionen möglich ge-
worden sind . Aber – das muss man Ihnen auch sagen –
gute Bildung entsteht daraus noch nicht . Dafür ist noch
viel mehr notwendig .


(Beifall bei der LINKEN)


Schlecht finden wir, dass der Privatisierung von öffent-
licher Daseinsvorsorge die Tür geöffnet wird. Da geht es,
glaube ich, um mehr als nur um Autobahnen; denn die
vermeintlichen Wohltäter von Allianz, BlackRock, Lone
Star und Deutsche Bank kommen ja mit einem Finanz-
volumen, das dem Zehnfachen eines Bundeshaushalts
entspricht . Es muss berücksichtigt werden, mit wem man
sich hier einlässt, meine Damen und Herren .


(Beifall bei der LINKEN)


Wir fragen natürlich auch: Warum ist die Autobahn-
gesellschaft überhaupt in dieses Gesetzespaket zur Neu-
ordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen hinein-
verhandelt worden?


(Dr . Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Sehr richtige Frage!)


Das hat doch etwas mit Druckausübung und auch mit Er-
pressung zu tun, meine Damen und Herren .


(Beifall bei der LINKEN)


Schlecht finden wir auch, dass es künftig keine Bun-
desförderung für den sozialen Wohnungsbau mehr geben
wird und dass nichts getan wird, um dem Auseinander-
driften von Metropolen und ländlichen Räumen in dieser
Republik entgegenzuwirken. Schlecht finden wir ebenso,
dass die Verfassungsästhetik schweren Schaden genom-
men hat, obwohl wir auch in diesem Punkt vieles abwen-
den konnten. Bürokratische Monsterbegriffe geraten hier
in die Verfassung, die mit so schönen Worten anfängt .

Zum Schluss . Aus der Nachbesserung eines schlech-
ten Regierungsentwurfs im Parlament wird noch lange
kein gutes Gesetz, auch nicht durch Schönreden .


(Beifall bei der LINKEN)


Nun haben wir von der Koalition zu hören bekommen,
dass sie einen sehr schlechten Regierungsentwurf ver-
handeln musste .


(Bettina Hagedorn [SPD]: Stimmt!)


Das haben wir zur Kenntnis genommen . Aber, liebe Kol-
leginnen und Kollegen, warum bleibt ihr dann auf dem
halben Wege der Nachbesserung stehen und sagt nicht –
besser wäre es doch –: „Weg damit!“?


(Beifall bei der LINKEN)







(A) (C)



(B) (D)


Da fällt mir nur noch die Aufforderung ein: Gebt den Re-
gierenden ein besseres Deutsch und den Deutschen eine
bessere Regierung .


(Beifall bei der LINKEN – Michael GrosseBrömer [CDU/CSU]: Das entscheiden die Deutschen glücklicherweise selbst!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823701100

Für den Bundesrat hat nun der Erste Bürgermeister

von Hamburg, Olaf Scholz, das Wort .


(Beifall bei der SPD)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1823701200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist kein

Wunder, dass so viele Vertreter des Bundesrates heute
anwesend sind;


(Johannes Kahrs [SPD]: Das ist wohl wahr! – Dr . Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Das ist eine Seltenheit!)


denn wir bewegen uns in einem Gesetzgebungsver-
fahren, das nur funktionieren kann, wenn alle Verfas-
sungsorgane miteinander kooperieren . Ganz klar ist:
Zuvorderst muss der Bundestag das Gesetz beschlie-
ßen, was er heute tun wird, wie ich hoffe. Die Bundes-
regierung und die 16 Länder sind aber wichtige Teile
dieses langen Gesprächs- und Verhandlungsprozesses .
Eine Verständigung herbeizuführen, bei der Bundestag,
Bundesregierung und 16 Länder mit ihren jeweils ganz
unterschiedlichen Vorstellungen am Ende doch zu einem
gemeinsamen Ergebnis kommen, ist ein großer Beitrag
zur politischen Demokratie und wirklich etwas Wichti-
ges für unseren Föderalismus . Dafür möchte ich mich bei
allen Beteiligten bedanken .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie der Abg . Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wenn wir ein wenig innehalten, dann fällt uns viel-
leicht auch auf, dass wir wahrscheinlich zum allerersten
Mal eine Verständigung unter so vielen Beteiligten hin-
bekommen, ohne dass vorher das Bundesverfassungsge-
richt dies verfügt hat . Das ist keine Selbstverständlich-
keit . Insofern ist es schon etwas Besonderes, dass wir in
dieser Legislaturperiode nach einem mehrjährigen Ge-
sprächsprozess zu einem Ergebnis gekommen sind, das
aus meiner Sicht all die Anforderungen erfüllt, die wir
am Anfang dieser Diskussion gestellt haben .

Es ging darum, Aufgaben zu bewältigen, die wir auf-
grund von auslaufenden oder neuen Gesetzen vor uns
hatten: Der Solidarpakt läuft aus . Wir brauchen eine
Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen . Für
die 16 Länder gilt nach dem Grundgesetz ab 2020 das
Neuverschuldungsverbot . In diesem ganzen Gefüge ist
es eben notwendig, eine Verständigung hinzubekommen,
die die nächsten Jahrzehnte, zumindest aber das nächs-
te Jahrzehnt hält . Aus meiner Sicht ist das gut gelungen,
wenn man bedenkt, was dabei alles zu bedenken war .

Wir mussten erstens eine Situation herstellen – ich fin-
de es ganz wichtig, das hier noch einmal zu betonen –, in

der es keine Sonderregelung für die ostdeutschen Län-
der mehr gibt . Wir mussten ein neues bundesstaatliches
Finanzgefüge aufstellen, das die Eigenständigkeit der
ostdeutschen Länder gewährleistet, ihnen eine eigen-
ständige Finanzkraft zugesteht und gleichzeitig keine
Spezialregelungen mehr beinhaltet . Das ist mit dieser
Neuregelung gelungen . Einige der in der Debatte als sehr
kompliziert empfundenen Fragestellungen wie zum Bei-
spiel die Bundesergänzungszuweisungen für Länder mit
finanzschwachen Kommunen sind Teil des Vorhabens,
das letztlich hinzubekommen. Ich finde, das ist nach so
vielen Jahren deutscher Einheit ein notwendiger Schritt,
den wir jetzt mit dieser Neuordnung gehen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das Zweite ist: Es muss sichergestellt werden, dass
das Saarland und Bremen, die aufgrund struktureller
Veränderungen, die in den Ländern durch den Wegfall
von Industrien stattgefunden haben, sehr hohe Schulden
haben, trotz des hohen Schuldenberges in der Lage sind,
eine gute Zukunft für ihre Bürgerinnen und Bürger zu
finden. Das ist mit dieser Neuregelung gelungen. Ich
glaube, auch das ist eine gemeinsame Aufgabe aller Län-
der, des Bundestages und der Bundesregierung .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben es hinbekommen, auch den Wunsch einiger
sehr zahlungsstarker Länder im Süden Deutschlands zu
erfüllen, nicht mehr so viel zusätzlich zur Finanzierung
des Solidarausgleichs beizutragen, wie es sonst vorher-
zusehen gewesen wäre, ohne dass dies die Solidarität
unter den Ländern wirklich beeinträchtigt . Denn tatsäch-
lich wird es, wenn man die Neuordnung, die wir jetzt zu-
stande gebracht haben, richtig betrachtet, unverändert so
sein, dass jährlich über 16 Milliarden Euro im Rahmen
des eigentlichen Finanzausgleichs unter den Ländern neu
verteilt werden . Das ist nicht ganz so viel, wie es sonst
hätte sein können; aber es ist unverändert ein großer und
notwendiger Beitrag zur Solidarität .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Meine feste Überzeugung ist: Wir haben es auf die-
se Weise hinbekommen, dass Deutschland als föderales
Land in Zukunft weiter gut funktioniert . Das heißt zual-
lererst, jedes der 16 Länder wird, auch wenn die Schul-
denbremse gilt, in der Lage sein, die eigenen staatlichen
Aufgaben zu erfüllen . Es wird nicht passieren, dass ab
2020 einzelne Länder sagen müssen, sie könnten mit dem
Geld, das sie haben, diese Aufgaben nicht realisieren .


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Warten wir mal ab!)


Dass wir dies regeln und die einzelnen Länder in die Lage
versetzen, die Aufgaben, die sie nach dem Grundgesetz
haben, für ihre Bürgerinnen und Bürger zu erfüllen, war

Roland Claus






(A) (C)



(B) (D)


letztendlich das wichtigste Ziel dieser Reform . Ich glau-
be, das haben wir tatsächlich geschafft.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn man das alles zusammen betrachtet, dann, glaube
ich, ist das ein ganz gutes System .

Wir haben im Übrigen auch ein paar Vereinfachungen
in Richtung Transparenz zustande bekommen . Ich bin
mir nicht so sicher, ob wirklich alle das bisherige System
des Länderfinanzausgleichs auswendig hätten aufsagen
können .


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Michael Grosse-Brömer [CDU/ CSU]: Die wenigsten!)


Ich bin auch nicht ganz sicher, ob es in Zukunft sehr viel
einfacher wird . Aber es wird etwas einfacher werden; das
kann man eindeutig so sagen . Denn tatsächlich haben wir
mit der Neuregelung ein vielstufiges System des Finanz-
ausgleichs umgewandelt in einen einheitlichen Schritt –
vorwiegend über die Umsatzsteuer, mit Zu- und Abschlä-
gen . Das wird man viel einfacher erklären können, als es
in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Insofern hoffe
ich, dass das auch ein Beitrag zur Transparenz innerhalb
unseres Föderalismus ist .

Zurückkommend zum Anfang: Ich bedanke mich –
ich glaube, im Namen aller Länder – dafür, dass wir in
einem langen Gesprächsprozess zu einem gemeinsamen
Ergebnis gekommen sind . Es ist ein gutes Ergebnis für
den deutschen Föderalismus . Die 16 Länder werden ihre
Aufgaben wahrnehmen können, und sie werden es in en-
ger Kooperation mit dem Bund tun .

Schönen Dank .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823701300

Der Kollege Mutlu ist der nächste Redner für die

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen .


Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823701400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Ihrer

Erlaubnis, Herr Präsident, möchte ich mit einem Zitat
beginnen:

. . . wir brauchen auch im Bereich der Ganztagsbe-
treuung oder der Ganztagsschulen noch mal eine
Initiative .

So die Bundeskanzlerin vergangenen Sonntag in ihrer
Videobotschaft an die Bürgerinnen und Bürger . In der
Videobotschaft sagte Frau Merkel weiter: Wir müssen
die Schulen in Brennpunkten besser unterstützen . – Es
fielen Stichworte wie „Lehrermangel“, „bessere Lehrer-
ausbildung“, „Willkommensklassen“ etc . Ehrlich gesagt,
ich habe meinen Augen und Ohren nicht getraut, als ich
mir diese Videobotschaft angeschaut habe . Ich habe sie
mir in der Mediathek erneut und erneut angeschaut .


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist eine gute Idee! Machen Sie das ruhig weiter hin! – Sören Bartol [SPD]: Das ist aber auch nicht gut, so was!)


Ich kann Ihnen empfehlen – vor allem Ihnen in den
Reihen der CDU/CSU und insbesondere Ihnen, Herr
Brinkhaus –: Schauen Sie sich diese Videobotschaft an .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Im Übrigen ist die Aussage der Kanzlerin in der Vi-
deobotschaft klar: Das Kooperationsverbot ist hinfällig .
Genau das sagen wir seit 2006 gebetsmühlenartig und
fordern, den bildungspolitischen Irrsinn namens Koope-
rationsverbot, welchen Sie als Große Koalition vor elf
Jahren zum Schaden und Nachteil der Schülerinnen und
Schüler verzapft haben, lieber Herr Thomas Oppermann,
endlich zu beenden .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In keinem Land der Erde gibt es etwas Vergleichbares .
Dabei schreien die bildungspolitischen Herausforderun-
gen in unserem Land nach mehr Kooperation zwischen
Bund und Ländern . Wir sind Weltmeister in Bildungs-
ungerechtigkeit . Aufstieg durch Bildung ist in unserem
Land zu einer Floskel verkommen . Daran hat auch der
Dresdner Bildungsgipfel der Bundeskanzlerin im Jah-
re 2008 nichts geändert .


(Johannes Kahrs [SPD]: Und warum hat Herr Kretschmann da eine andere Meinung?)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen eine
qualitativ gute Bildung für alle Schülerinnen und Schü-
ler, unabhängig von der Herkunft und unabhängig vom
Wohnort .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir wollen mehr Bildungsgerechtigkeit statt Exklusion .
Deshalb liegt mir besonders der Bereich der Verfassungs-
änderung am Herzen, der die Lockerung des Koopera-
tionsverbots im Schulbereich betrifft. Dieser Punkt im
Gesetzespaket ist tatsächlich ein kleiner Schritt in die
richtige Richtung . Uns geht er aber nicht weit genug .

Die Neuregelung zum Unterhaltsvorschussgesetz da-
gegen begrüßen wir ausdrücklich .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Aber warum sind Sie nicht mutiger? Lassen Sie uns doch
gemeinsam mit den Ländern das unsägliche Kooperati-
onsverbot endlich in Gänze abschaffen!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Johannes Kahrs [SPD]: Mit Baden-Württemberg vorneweg, ne?)


Sie geben sich stattdessen mit Minimallösungen zufrie-
den und verpassen die Chance zu einer echten Öffnung
der Verfassung .

Ich zitiere wieder aus der besagten Videobotschaft:

Also einiges kann und will der Bund hier auch tun,
weil wir glauben, dass wir hier schon in einer ge-
samten Verantwortung stehen .

Erster Bürgermeister Olaf Scholz (Hamburg)







(A) (C)



(B) (D)


Ich sage: Es wäre schön, wenn diesen Worten end-
lich auch Taten folgen würden . Immerhin erkennt Frau
Merkel aber endlich an, dass der Bund eine Mitverant-
wortung für den Bildungsbereich hat, und das ist ja schon
etwas .

Einmalige Finanzspritzen für die ärmsten Kommu-
nen zur Stärkung der kommunalen Bildungsinfrastruktur
reichen aber nicht; denn die zusätzlichen 3,5 Milliarden
Euro sind angesichts des Investitionsbedarfs in Höhe von
34 Milliarden Euro nur ein Tropfen auf den heißen Stein .
Wir dürfen es nicht weiter zulassen, dass die Bildungs-
chancen in unserem Land von den jeweiligen Landes-
etats oder von der Lage des Wohnorts abhängig sind .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Johannes Kahrs [SPD]: Ist schon erstaunlich, dass Sie für die Bundeskanzlerin werben und was Sie gegen Ihren eigenen Ministerpräsidenten sagen!)


Deshalb sagen wir – lieber Kollege Kahrs, hören Sie ge-
nau zu –: Schaffen wir das Kooperationsverbot gemein-
sam ab, und verstecken wir uns nicht hinter irgendwel-
chen Floskeln!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Johannes Kahrs [SPD]: Fangen Sie doch mal in Ihrer eigenen Partei an! Könnte ja helfen!)


Das ist auch kein Einfallstor in den Kernbereich der
föderalen Landeshoheit, wie manch einer vielleicht be-
hauptet . Wir wollen den Ländern die föderalen Kompe-
tenzen in der Bildung nicht entziehen . Das hat hier auch
keiner gesagt . Wir wollen mehr Kooperation im Inte-
resse unserer Kinder und Jugendlichen, nicht mehr und
nicht weniger; denn der Bund kann die Länder durch die
Aufhebung des Kooperationsverbots unmittelbar unter-
stützen, zum Beispiel bei der Finanzierung des dringend
benötigten Lehrerpersonals, beim Ausbau der Ganztags-
schulen, bei der Inklusion und bei der digitalen Bildung .
Auch die Integration von Geflüchteten ist eine nationale
Aufgabe, die die Länder nicht alleine meistern können .

Nur durch gute schulische Bildung für alle kann Teil-
habe gelingen . Nur durch gute Bildung kann die Zukunft
unseres Landes als Innovations- und Wirtschaftsstandort
gesichert werden .

Deshalb sage ich zum Schluss noch einmal: Stimmen
Sie unserem Antrag zu, und lassen Sie uns gemeinsam
das Kooperationsverbot in Gänze aufheben! Lassen Sie
uns gemeinsam Ihren Fehler aus 2006 korrigieren!

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823701500

Das Wort erhält nun der Bundesminister für Verkehr

und digitale Infrastruktur, Herr Kollege Dobrindt .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Herr Präsident! Wir starten heute in der
Tat eine der größten infrastrukturpolitischen Reformen
seit Jahrzehnten, und wir legen heute den Grundstein für
eine Autobahngesellschaft . 13 000 Kilometer Autobah-
nen und 14 000 Mitarbeiter wird diese Autobahngesell-
schaft umfassen .

Eine solche Gesellschaft darf in der Tat kein Selbst-
zweck sein, sondern sie muss am Schluss mehr Investi-
tionen in unserem Land ermöglichen . Das geht, indem
man die Effizienzen steigert, indem man dafür sorgt, dass
die Verwaltung gestärkt wird, und indem man es endlich
schafft, dass der größte volkswirtschaftliche Schaden,
den wir jeden Tag in unserem Land erleben, beendet
wird, nämlich der Stau .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg . Sören Bartol [SPD])


Wir haben in dieser Koalition einen Investitionshoch-
lauf gestartet, den es so in der Vergangenheit noch nie ge-
geben hat, indem wir unsere Mittel für die Infrastruktur
um 40 Prozent erhöht haben . Der Etat lag ursprünglich
einmal bei 10 Milliarden Euro im Jahr und ist jetzt auf
über 14 Milliarden Euro jährlich aufgewachsen .

Wenn man die Investitionen steigert, dann muss dem
auch die Verwaltungspraxis nachfolgen . Das heißt, die
Struktur der Verwaltung muss dem Investitionshochlauf
folgen . Deswegen ist es jetzt die richtige Entscheidung,
eine Autobahngesellschaft zu gründen, die Planung, Bau,
Betrieb und Finanzierung zusammenführt und in eine
Hand gibt . Das Nadelöhr, das wir zurzeit sehen – ich
meine nicht die Finanzen, sondern eben die Planungen –,
kann damit beseitigt werden. So schaffen wir es, dass die
einen oder anderen echten infrastrukturpolitischen Sor-
genkinder in diesem Land aus ihrer schwierigen Situati-
on herauswachsen und dass in allen Regionen Deutsch-
lands gleichermaßen Baurecht entsteht .

Wir haben in den vergangenen Jahren erkannt, dass
die Finanzmittel des Bundes in Deutschland sehr un-
terschiedlich investiert werden. Einige Länder profitie-
ren deutlich mehr als andere . Bayern beispielsweise hat
durch die Mittel des Bundes pro Kopf eine doppelt so
hohe Investitionsquote wie Nordrhein-Westfalen . Jetzt
kann man dafür eine sehr einfache Erklärung finden – das
wurde in der Vergangenheit immer versucht –, nämlich:
Das kann nur am Bundesverkehrsminister liegen . Man
kann aber auch etwas genauer hinschauen und dann fest-
stellen, dass es sich hier um ein strukturelles Versagen
handelt: Die Struktur wurde unserer Dynamik bei den
Investitionen nicht mehr angepasst .

Das hat übrigens nichts mit den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern zu tun, sondern das hat etwas mit Politik zu
tun, die nicht für ausreichend Stellen, ausreichend Kom-
petenz und ausreichend Planungsmöglichkeiten vor Ort
gesorgt hat . Genau dieses Problem müssen wir beheben,
meine Damen und Herren .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Özcan Mutlu






(A) (C)



(B) (D)


Wir wissen, dass Arbeit, Wachstum und Wohlstand in
diesem Land maßgeblich davon abhängen, ob wir eine
gute Infrastruktur haben .


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Genau so ist es!)


Dass die Autobahnen ein zentraler Punkt unserer Ver-
kehrsinfrastruktur und unserer Mobilität sind, ist allen
bekannt . Wenn wir in den Regionen gleichermaßen für
Arbeit, Wachstum und Wohlstand sorgen wollen, dann
müssen wir auch dafür sorgen, dass es überall gleiche
Entwicklungschancen gibt . Deswegen gründen wir die
Autobahn GmbH mit einer Reihe von Tochtergesell-
schaften, wodurch eine regionale Verwurzelung möglich
wird .

Meine Damen und Herren, ich weiß überhaupt nicht,
warum man kritisiert, dass wir diese Art von Reform ma-
chen, um die Effizienzen zu steigern, um schlagkräftiger
zu werden und um schneller, besser und mehr bauen zu
können, warum man kritisiert, dass wir das Ganze in ei-
ner GmbH organisieren, die in der Tat klassischerweise
eine Gesellschaft privaten Rechts ist . Wie an vielen an-
deren Stellen bedient sich der Bund Gesellschaften pri-
vaten Rechts . Auch in der Vergangenheit sind Firmen,
die unsere Straßen bauen, private Gesellschaften gewe-
sen, sind Büros, die unsere Autobahnen planen, private
Gesellschaften gewesen . Ich kann dieses grundsätzliche
Misstrauen, sehr geehrte Frau Wagenknecht, das Sie ge-
genüber allen Privaten in den Raum gestellt haben, beim
besten Willen nicht teilen .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Sabine Leidig [DIE LINKE]: Es geht um öffentliche Infrastruktur!)


Ich will keine Autobahnen privatisieren, aber ich miss-
traue nicht jedem, der sich in diesem Land privat enga-
giert . Ihre Planwirtschaft ist schlichtweg gescheitert . Den
Scherbenhaufen, den Sie hinterlassen hatten, mussten die
Privaten zusammenkehren und dann dieses Land wieder-
aufbauen . Das ist die Wahrheit, Frau Wagenknecht .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823701600

Herr Minister, darf der Kollege Behrens eine Zwi-

schenfrage stellen?

Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:

Nein, darf er nicht .


(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN)


Er muss sich die Wahrheit anhören .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN – Zuruf: Feigling! – Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Mein Gott!)


Wir haben im Grundgesetz festgelegt, dass die unmit-
telbare und mittelbare Beteiligung Dritter an der Auto-
bahngesellschaft und deren Tochtergesellschaften aus-
geschlossen ist . Deswegen ist mir ein Hinweis erlaubt,

lieber Kollege Oppermann . Weil Sie auch mich freund-
licherweise in diesem Zusammenhang genannt haben,
muss ich der Heldensaga der Rettung der Autobahnen
noch ein Kapitel hinzufügen .

Es war in der Tat der Investitionskongress am 21 . April
2015 im Bundeswirtschaftsministerium, auf dem die
eingesetzte Kommission den Bericht übergeben hat, der
auch eine Autobahngesellschaft und Privatisierungsmög-
lichkeiten zum Inhalt hatte . Der damalige Bundeswirt-
schaftsminister hat dann zu Protokoll gegeben: Privates
Kapital kann und muss in Zukunft helfen, die Infrastruk-
tur zu modernisieren . Wir wären ziemlich vernagelt,
wenn wir uns diese Alternativen nehmen würden,


(Zuruf der Abg . Sabine Leidig [DIE LINKE])


nur weil wir uns wieder in einer Grundsatzdebatte ver-
lieren . – Ich glaube kaum, dass er uns damit gemeint hat,
lieber Herr Oppermann . Das war doch wohl eher in Ihre
Richtung gedacht .

Ich kann Ihnen an der Stelle nur sagen: Natürlich
sind öffentlich-private Partnerschaften auch in Zukunft
möglich . Das haben wir genau so vereinbart . Es gibt eine
Liste von elf Maßnahmen, die wir vorhaben . Dabei geht
es um Projekte in öffentlich-privater Partnerschaft auf
unseren Autobahnen mit einem Volumen in der Größen-
ordnung von 15 Milliarden Euro, und wir sind übereinge-
kommen, dass wir die auch weiterhin so einsetzen wollen
und müssen, weil wir bei dem, was wir investieren und
was wir an Hochlauf, Sanierung und Erneuerungs- und
Erweiterungsarbeiten in unserem Autobahnnetz vor uns
haben, auch private Unterstützung brauchen . Und dabei
bleibe ich auch, meine Damen und Herren .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Diejenigen, die auch an anderer Stelle darüber gespro-
chen haben, meine Kolleginnen und Kollegen von den
Grünen, dass wir hier ein Risiko eingehen und Autobah-
nen privatisieren – was wir erkennbar nicht tun –, seien
noch einmal daran erinnert, dass sie offensichtlich in der
Vergangenheit ganz anders über diese Fragen gedacht ha-
ben . In der ersten Debatte hierzu vor wenigen Wochen
hat Ihre Kollegin Wilms noch darauf hingewiesen, dass
die neoliberalen Privatisierungsorgien vorbei sein müss-
ten . In der Zeit, als Sie regiert haben, hat Ihre Haushalts-
politikerin Antje Hermenau deutlich darauf hingewiesen,
dass Privatisierung die Lösung eines Haushaltsproblems
sein kann . Wörtlich hat sie gesagt, es sei richtig, die Au-
tobahnen zu privatisieren . Mit dem Verkauf aller Auto-
bahnen „können wir die Haushaltslöcher stopfen“ .


(Bettina Hagedorn [SPD]: Sie ist auch inzwischen in die CDU eingetreten! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer ist Antje Hermenau?)


Das war nicht unsere Idee; es ist die Idee der Grünen,
meine Damen und Herren . Auch das gehört zur Wahrheit .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann war das noch mal?)


Wir kennen Ihre Vorstellungen . Das kann man in
den Ländern, in denen Sie mitregieren, deutlich sehen,

Bundesminister Alexander Dobrindt






(A) (C)



(B) (D)


und das zeigt übrigens auch das, was Sie im Bund von
sich gegeben haben . Noch vor kurzem haben Sie über
ein Neubaumoratorium bei Straßen gesprochen . Also
Schluss mit Rekordinvestitionen . Schluss mit Straßen-
bau . Schluss mit Investitionen in unsere Autobahnen .
Ihre Politik ist in der Tat eine Rückschrittsgarantie für
Deutschland .


(Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Ausländermautminister spricht mal wieder! Zu Recht hört niemand zu! Schauen Sie mal, selbst die Union hört Ihnen nicht zu bei dem Zeugs, das Sie erzählen!)


Deutschland braucht aber eine Vorwärtsstrategie, In-
vestitionen, Innovationen und Infrastruktur . Bei all de-
nen, die in unserer Entscheidung für eine Bundesauto-
bahngesellschaft eine richtige Entscheidung sehen und
daran positiv mitgewirkt haben, bedanke ich mich .

Danke schön .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823701700

Für eine Kurzintervention erhält der Kollege Behrens

das Wort .


Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823701800

Vielen Dank . – Herr Minister Dobrindt, ich habe eine

Frage vor dem Hintergrund, dass wir in Niedersachsen
ein ganz eigenwilliges Projekt auf der Straße haben,
nämlich den Ausbau der A 7 zwischen Seesen und Göt-
tingen . Ihr Vorgänger im Amt, Herr Dr . Ramsauer, hat
den zuständigen Minister in der niedersächsischen Lan-
desregierung angewiesen, den Ausbau als ÖPP realisie-
ren zu lassen . Bei dieser Frage sind wir nämlich ganz
besonders sensibel: Das Projekt hat sich inzwischen von
600 Millionen Euro auf 1 Milliarde Euro verteuert, und
trotzdem hat der private Betreiber die Möglichkeit, die-
sen Autobahnabschnitt auszubauen und über die nächs-
ten 30 Jahre zu betreiben .

Insofern ist meine Frage: Wie bewerten Sie die Ände-
rungen, die angeblich ins Grundgesetz hineingeschrieben
werden sollen, damit es künftig keine ÖPP-Bauvorhaben
dieser Bedeutung mehr gibt? Es geht bei der A 7 um ei-
nen Autobahnabschnitt von 29 Kilometern Länge . Ist er
wesentlich, oder ist er unwesentlich? Auch diese konkre-
te Frage hätte ich gerne von Ihnen beantwortet: Ist ein
solches Projekt, das wir in Niedersachsen gegen den Wil-
len der Landesregierung aufgedrückt bekommen haben,
in Zukunft möglich oder nicht?


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823701900

Herr Minister, Sie haben das Wort .

Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:

Lieber Kollege, ich habe ja sehr deutlich gemacht,
dass nach wie vor öffentlich-private Partnerschaften
möglich sind . Ich habe sogar die Strecken, die wir zu-

künftig mit öffentlich-privaten Partnerschaften realisie-
ren wollen – sie befinden sich schon heute in einer Lis-
te – benannt . Die A 7 ist ein Beispiel . Es gibt aber noch
eine Reihe von anderen Beispielen . Alle diese Beispiele
der Vergangenheit zeigen, dass diese erstens wirtschaft-
lich realisiert werden und dass zweitens jeder Einzelfall,
bevor er in Auftrag gegeben wird, einer Untersuchung
der Wirtschaftlichkeit standhalten muss .


(Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist falsch! Der Bundesrechnungshof stellt fest, dass sie alle unrealistisch sind! Der Bundesminister kennt seine eigenen Zahlen nicht!)


Drittens werden selbstverständlich auch zukünftig Maß-
nahmen dieser Größenordnung – und darüber hinaus –
möglich sein, und sie werden von uns auch so umgesetzt
werden .

Danke schön .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823702000

Wir fahren in der Debatte fort . – Das Wort hat der Kol-

lege Sven-Christian Kindler für die Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Ich hatte die leise Hoffnung, dass die Rede
von Herrn Minister Dobrindt sachlich wird . Leider wur-
de es wieder eine Märchenstunde . Wenn man sich den
Regierungsentwurf anguckt, Herr Dobrindt – er wurde
maßgeblich von Ihnen und Herrn Schäuble ausgearbei-
tet –, dann war das Hauptziel für diese Autobahngesell-
schaft, dass in Zukunft alle Türen für eine Privatisierung
weit aufgemacht werden . Sie wollten der Finanzindustrie
ein riesiges Geschenk machen . Das ist die Wahrheit hier .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Bettina Hagedorn [SPD])


Dagegen gab es großen Protest hier im Parlament von
der Opposition sowie vonseiten der Zivilgesellschaft –
von Gewerkschaften und von Bürgerinnen und Bürgern .
Die haben gesagt: Wir dürfen unsere öffentliche Infra-
struktur nicht der Renditejagd von Banken und Versiche-
rungen überlassen . Das geht gar nicht . Das müssen wir
ausschließen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Deswegen ist es auch gut – ich begrüße das –, dass die
Kollegen der Koalition im Haushaltsausschuss – gerade
auch die der SPD – doch noch einiges herausgeholt ha-
ben . Das erkennen wir auch an . Es ist fair, das hier zu
sagen .


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Aber die Frage ist ja: Reicht das? Reicht es aus, um
in Zukunft weiterhin die Privatisierung der Autobahnen

Bundesminister Alexander Dobrindt






(A) (C)



(B) (D)


auszuschließen bzw . alle Hintertüren, die dazu führen
könnten, vollständig zu schließen? Wenn man sich das
anschaut, stellt man fest, dass es eben nicht reicht . Es gibt
weiterhin Hintertüren, die nicht geschlossen sind . Darauf
will ich kurz eingehen und das erklären .

Die erste Hintertür ist die Aktiengesellschaft . Das ha-
ben wir bei der Deutschen Bahn erlebt . Wir sehen jeden
Tag, wie das läuft . Das wollen wir als Parlament nicht .
Unsere Fragen werden nicht richtig beantwortet . Es gibt
Intransparenz . Wir können bei der Deutschen Bahn kaum
mitreden . Die Rendite sowie die Kapitalmarktorientie-
rung stehen im Vordergrund . Deswegen sagen wir: Wir
wollen, dass die Aktiengesellschaft dauerhaft auch im
Grundgesetz ausgeschlossen wird .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die zweite Hintertür sind öffentlich-private Partner-
schaften . Es ist richtig, dass jetzt im Grundgesetz große
Teilnetze ausgeschlossen werden sollen . Aber die Bun-
desregierung – der Minister hat es gerade noch einmal
gesagt – hat in dieser Legislaturperiode Einzelprojekte
mit öffentlich-privaten Partnerschaften massiv ausgewei-
tet . Diese sind nachher im Durchschnitt teurer, schlecht
zu kontrollieren und intransparent . Und wenn eine solche
Gesellschaft das jetzt alleine machen kann, verschlech-
tern sich auch unsere Einfluss- und Entscheidungsmög-
lichkeiten als Parlament . Deswegen sagen wir: Wir wol-
len keinen ÖPP-Flickenteppich, wir wollen auch ÖPP für
Einzelprojekte im Grundgesetz ausschließen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es gibt noch eine dritte Hintertür, nämlich die private
Finanzierung über Kredite und Genussscheine . Die soll
jetzt einfachgesetzlich ausgeschlossen werden . Das ist
ein Fortschritt . Aber auch da ist völlig klar: Wenn diese
Gesellschaft über den Haushalt finanziert werden soll,
dann kann man das auch in das Grundgesetz schreiben .
Man kann ins Grundgesetz schreiben, dass eine private
Finanzierung dauerhaft und rechtssicher ausgeschlossen
ist .


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)


Es ist ja richtig: Die von Herrn Gabriel eingesetzte
Fratzscher-Kommission hat gerade auch Genussscheine
im Kontext mit der Autobahngesellschaft als Finanzie-
rungsinstrument für Versicherungen erwähnt, weil die
damit hohe Renditen machen können . Diese Renditen
müssen am Ende aber die Bürgerinnen und Bürger be-
zahlen . Die Bürgerinnen und Bürger haben aber schon
einmal die Autobahnen bezahlt . Sie sollen sie nicht ein
zweites Mal bezahlen . Deswegen wollen wir das im
Grundgesetz ausschließen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition,
wir haben heute einen Vorschlag für eine Grundgesetzän-
derung vorgelegt . Darin fordern wir kurz und knapp, für
die Zukunft alle Hintertüren für eine Privatisierung zu
schließen . Geben Sie sich einen Ruck, stimmen Sie mit
uns; denn wir wollen einen kompletten und dauerhaften

Ausschluss von Privatisierungen . Wir wollen eine gute
und moderne öffentliche Verkehrspolitik. Dafür brau-
chen wir keine private Renditejagd .

Danke schön .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823702100

Das Wort hat die Bundesministerin Manuela Schwesig .

Manuela Schwesig, Bundesministerin für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrten Damen
und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste! Zu dem dicken
Paket, das heute beschlossen werden soll, gehört auch
die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses . Das ist längst
überfällig .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Viele alleinerziehende Mütter und Väter sowie ihre
Kinder leben in Armut, weil der Expartner oder die Ex-
partnerin für die gemeinsamen Kinder nicht zahlen oder
nicht zahlen können . Auch nach einer Trennung sind in
erster Linie die Eltern für ihre Kinder verantwortlich .
Dann muss der Staat dafür sorgen, dass der Unterhalt ein-
gefordert wird. Aber in dieser Zeit dürfen die betroffenen
Kinder nicht im Stich gelassen werden und es darf nicht
hingenommen werden, dass sie in Armut leben . Deshalb
ist es richtig, dass zukünftig der Staat allen Kindern bis
zum 18 . Lebensjahr hilft – also ohne eine zeitliche Be-
grenzung von sechs Jahren wie bisher –, wenn es sich
nicht auswirkt, dass die betreffenden Mütter und Väter
arbeiten gehen . Das ist ein ganz konkreter Schritt hin zur
Bekämpfung der Kinderarmut, der seit vielen Jahren ge-
fordert wird . Ich bin allen dankbar dafür, dass wir das
heute endlich so beschließen .


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mein Dank gilt den Regierungsfraktionen, aber auch
den Oppositionsfraktionen, die diese Sache immer unter-
stützt haben . Mein Dank gilt insbesondere dem Bundes-
finanzminister. Lieber Herr Schäuble, wir waren uns in
dieser Legislaturperiode nicht bei allen Dingen einig .


(Heiterkeit bei der SPD)


Aber in diesem Punkt haben wir an einem Strang gezo-
gen und haben gesagt: Das muss Bestandteil dieses Milli-
ardenpakets sein . Wenn schon über so viel Geld entschie-
den wird, muss ein wichtiger Punkt zur Bekämpfung der
Kinderarmut dabei sein . – Herzlichen Dank für Ihre Un-
terstützung!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich möchte aus Sicht der Familien auch den Ländern
ausdrücklich danken . Wir waren uns zwar nicht von An-
fang an einig . Aber vielen Dank dafür, dass das nun Teil
des Pakets ist .

Sven-Christian Kindler






(A) (C)



(B) (D)


Ein weiterer Punkt aus diesem Paket ist aus Sicht der
Familien total wichtig . Mir begegnet in Gesprächen mit
Eltern kein anderes Thema so oft wie die Bildung . Den
Eltern ist es, ehrlich gesagt, egal, wer wofür zuständig
ist .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Bei allem Respekt vor unserem Grundgesetz, dem Fö-
deralismus und allen anderen verfassungsrechtlichen
Fragen muss es uns gemeinsam gelingen – das ist das
Wichtigste in diesem Land –, die Chancengleichheit von
Kindern zu sichern . Hier darf es keine Zuständigkeitsde-
batten geben . Vielmehr müssen aus Sicht der Kinder alle
an einem Strang ziehen . Deshalb ist es gut, dass an dieser
Stelle das Grundgesetz entsprechend geändert wird .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Abgeordnete, liebe Ministerkollegen, das ist
heute meine letzte Rede als Bundesfamilienministerin .
Wie Sie alle wissen, haben wir die schockierende Nach-
richt erhalten, dass Ministerpräsident Erwin Sellering
schwer erkrankt ist . Unsere Gedanken sind bei ihm und
seiner Familie . Ich bin bereit, in dieser schwierigen Situa-
tion Verantwortung in meiner Heimat Mecklenburg-Vor-
pommern zu übernehmen .

Ich fand, das waren vier tolle Jahre . Vielen Dank al-
len Unterstützerinnen und Unterstützern, insbesondere
meiner SPD-Fraktion . Herzlichen Dank! Mein Dank gilt
aber auch den Oppositionsfraktionen und denjenigen,
die Widerstand geleistet haben . Der Widerstand war gut,
weil er die Debatte vorangebracht hat und weil er zeigt:
Wir müssen in diesem Land für die Interessen der Fami-
lien genauso wie für die Gleichberechtigung von Frauen
und Männern kämpfen .

An dieser Stelle möchte ich deutlich machen: Ich ma-
che mir große Sorgen um eine Partei – diese ist zwar zum
Glück noch nicht im Bundestag vertreten, strebt aber den
Einzug an –, die das Rad der Geschichte zurückdrehen
will, Politik nur für einen bestimmten Teil der Familien
machen will und Gleichberechtigung als Genderwahn
bezeichnet . Ich bitte alle, weiterhin alle Familien im
Blick zu haben und für die Gleichberechtigung von Frau-
en und Männern zu streiten . Über die Wege kann man
unterschiedlicher Meinung sein, nicht aber über das Ziel .
Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist ele-
mentarer Bestandteil unserer freiheitlichen Demokratie;
das liegt mir in diesen Zeiten besonders am Herzen .

Ich selbst bin in einem Land aufgewachsen, das nicht
demokratisch und frei war . Ich habe das große Glück,
heute mit meiner Familie in einem freiheitlich-demokra-
tischen Land zu leben . Es ist nicht alles gut, aber vieles,
und es ist unsere gemeinsame Aufgabe, dafür zu sorgen,
dass es so bleibt .

Vielen herzlichen Dank für die Zusammenarbeit .


(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823702200

Alles Gute auf Ihrem weiteren Weg .

Das Wort hat der Kollege Eckhardt Rehberg für die
CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Eckhardt Rehberg (CDU):
Rede ID: ID1823702300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich bin Ihnen, Herr Bürgermeister Scholz, dankbar – das
sage ich ausdrücklich –, dass Sie die Beweggründe für
den sogenannten A-Teil noch einmal ruhig und sachlich
dargestellt haben . Für uns war von Beginn an klar – das
darf ich auch für den Koalitionspartner sagen –, dass wir
dieses grundsätzlich nicht anfassen . Es handelt sich um
eine schwierige Übereinkunft zwischen der Bundesregie-
rung und den 16 Bundesländern . Es gab ja Debatten über
eine 100-prozentige Einbeziehung der kommunalen Fi-
nanzkraft . Ich glaube, wer an einer Stellschraube gedreht
hätte, der hätte das ganze Gefüge durcheinandergebracht .

Ich will darauf eingehen, dass die Kollegin
Wagenknecht hier gesagt hat: Dann sagen wir einfach
Nein .


(Bettina Hagedorn [SPD]: Ja!)


Wissen Sie eigentlich, wozu Sie da Nein sagen? Sie sa-
gen Nein zu weiteren Prüfrechten des Bundesrechnungs-
hofes . Sie sagen Nein zu Artikel 104b des Grundgeset-
zes – ich komme darauf noch zurück –, in dem es darum
geht, dass die Bundesregierung stärkere Prüfrechte hat .
Sie sagen Nein zur Modernisierung der Onlineportale
und damit auch zur Digitalisierung . Sie sagen Nein zur
Modernisierung der Steuerverwaltung .

Insofern will ich an dieser Stelle ausdrücklich Respekt
gegenüber Bündnis 90/Die Grünen zum Ausdruck brin-
gen . Es hat sich mit den Grundgesetzänderungen wirk-
lich dezidiert auseinandergesetzt . Wenn die Grünen hier
9 von 13 Grundgesetzänderungen zustimmen, dann ist
das, finde ich, ein starkes Signal des Deutschen Bundes-
tages nach außen dafür, dass wir hier gemeinsam gesamt-
staatliche Verantwortung wahrnehmen .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg . Johannes Kahrs [SPD])


Wir haben schleichend quasi eine zweite Säule des
Bund-Länder-Finanzausgleichs bekommen, die in die-
sem Jahr im Vergleich zu vor zehn Jahren zusätzliche
Einnahmen für Länder und Kommunen in Höhe von fast
23 Milliarden Euro bedeutet . Nicht eingerechnet in diese
23 Milliarden Euro ist der Aufwuchs nächstes Jahr beim
kommunalen Entlastungspaket, das von 2,5 Milliarden
Euro auf 5 Milliarden Euro wächst, oder auch die Ände-
rung über Artikel 104c, Stärkung von finanzschwachen
Kommunen bei der Sanierung von Schulinfrastruktur mit
weiteren 3,5 Milliarden Euro .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier wird immer nur
auf den Bund geschaut . Wenn wir über gleichwertige Le-
bensverhältnisse reden, wenn wir über gesamtstaatliche
Verantwortung reden, dann müssen wir auch einbezie-
hen, dass im Jahr 2016 Länder und Gemeinden gemein-
sam Jahresüberschüsse von 14,5 Milliarden Euro hatten .

Bundesministerin Manuela Schwesig






(A) (C)



(B) (D)


Bei den Ländern waren es fast 9 Milliarden Euro; bei den
Gemeinden waren es 5,5 Milliarden Euro . Das ist nicht
nur durch den massiven Aufwuchs von Steuereinnah-
men, sondern insbesondere dadurch zum Tragen gekom-
men, dass sich, seitdem Angela Merkel Bundeskanzlerin
ist, also seit drei Legislaturperioden, diese quasi zweite
Säule der Bund-Länder-Finanzbeziehungen so deutlich
herausgebildet hat .

Mir war immer wichtig – das wissen meine Kollegen
im Haushaltsausschuss sehr gut –, dass wir endlich mit
dafür sorgen können, dass das Geld, das wir Ländern und
Kommunen geben, erstens da ankommt, wo es hingehört,
und zweitens auch dafür verwandt wird, wofür es vorge-
sehen ist . Mit der Änderung von Artikel 104b Grundge-
setz, mit der Änderung von Artikel 114 Grundgesetz hat
der Bundesrechnungshof Instrumente in der Hand, um
dafür zu sorgen, dass das zukünftig besser laufen wird .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich will zwei Beispiele nennen, die mich in den letzten
Tagen massiv geärgert haben .

Erstens . Das Institut der deutschen Wirtschaft stellt
fest, dass 300 000 Betreuungsplätze in Kindertages-
einrichtungen fehlen . Wahr ist, dass wir das vierte Pro-
gramm auflegen – 2017 bis 2020; 1,1 Milliarden Euro –,
dass aber im dritten Programm – 2015 bis 2018 – gerade
mal ein Drittel der 550 Millionen Euro abgerufen worden
sind . Hier gibt es aus meiner Sicht zwei Verantwortungs-
ebenen . Es gibt die Verantwortung des Bundesministe-
riums, dafür zu sorgen, dass das Geld abfließt und ein
Zustand, bei dem Kitaplätze fehlen – 300 000 ist eine
erschreckende Zahl –, nicht eintritt, und es gibt die Ver-
antwortung der Länder und Kommunen, dafür zu sorgen,
dass dieses Geld zielgerichtet für das eingesetzt wird, für
das wir es politisch vorgesehen haben .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Zweitens . Der Bund stellt in diesem Jahr 1,5 Milliar-
den Euro und auch im nächsten Jahr 1,5 Milliarden Euro
für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung; im letz-
ten Jahr war es 1 Milliarde Euro . Gebaut wurden von der
Ländergesamtheit gerade mal 25 000 Sozialwohnungen .
Allein mit dem Bundesgeld – übrigens: sozialer Woh-
nungsbau ist keine Bundesaufgabe; das ist eine Länder-
aufgabe –, mit dieser 1 Milliarde Euro, hätten mindestens
30 000 Sozialwohnungen gebaut werden können . Da ist
meine Frage an die Länder, die nicht einmal die Bun-
desmittel dafür eingesetzt haben: Was passiert mit dem
Geld? Wofür wird es verwendet?

Ich habe an dieser Stelle auch eine Bitte an das Bun-
desministerium . Man kann die Dinge nicht einfach
so laufen lassen . Es geht nicht, sich zu freuen, dass es
15 000 neue Sozialwohnungen in 2015 und 25 000 in
2016 gibt, dann aber zu sagen: Wir brauchen 80 000 So-
zialwohnungen . – Wenn 1,5 Milliarden Euro Bundesgeld
und 1,5 Milliarden Euro von den Ländern eingesetzt
werden – die Erwartungshaltung ist, dass zu einem Euro
vom Bund ein Euro vom Land kommt –, dann schaffen

wir auch die 80 000 Sozialwohnungen insgesamt für
Deutschland; dann erreichen wir unser Ziel .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg . Ulli Nissen [SPD])


Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachdem es um das
Gesamtpaket ging, möchte ich nun eine kurze Anmerkung
zum Thema Verkehrsinfrastruktur machen . Uns hat 2013
fast keiner geglaubt, dass wir den Investitionshochlauf
schaffen. Heute haben wir die Situation, dass, was Stra-
ßenneubauprojekte angeht, die Schubladen leergefegt
sind . Es gibt aktuell kein einziges Straßenneubauprojekt
in Deutschland mit Baurecht mehr. Wir finanzieren alles
aus . Es ist sehr wichtig, dass wir die Infrastrukturgesell-
schaft für die Bundesautobahnen gründen, damit wir hier
schneller und zügiger vorankommen .

Frau Kollegin Wagenknecht, Sie haben Kritik an
ÖPP geäußert . Ich weiß nicht, ob Sie, Herr Bürger-
meister Scholz, mir zustimmen . Bei Ihnen läuft gerade
ein ÖPP-Projekt: A 7 Hamburg–Bordesholm, Umfang:
1,6 Milliarden Euro . Es läuft nach meiner Kenntnis ex-
zellent – termingetreu, kostengetreu –, und es gibt auch
bei der Verkehrslenkung überhaupt keine Probleme . Ob
das im konventionellen Bereich – Herr Behrens, ich
könnte eine ganze Latte von Projekten im konventionel-
len Bereich herunterrattern, bei denen es eine Verdopp-
lung der Kosten gegeben hat – genauso gelaufen wäre,
das würde ich in hohem Maße bezweifeln .


(Zuruf des Abg . Herbert Behrens [DIE LINKE])


Es wird immer wieder gesagt: ÖPP ist um 40 Prozent
teurer . ÖPP ist um 20 Prozent teurer . – Die elf ÖPP-Pro-
jekte, die in Deutschland fertiggestellt worden sind, sind
termin- und kostengetreu realisiert worden und haben un-
sere Infrastruktur vorangebracht .


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, unter der Federfüh-
rung des Haushaltsausschusses und der Haushälter ist
hier ein Gesamtpaket zusammengekommen, über das ich
nur sagen kann: Es ist zustimmungsfähig . Verschieben
hilft nicht . Entscheiden hilft .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823702400

Das Wort hat die Kollegin Bettina Hagedorn für die

SPD-Fraktion .


(Beifall bei der SPD)



Bettina Hagedorn (SPD):
Rede ID: ID1823702500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

gen! Am 16 . Februar 2017 wurde dieses große Geset-
zespaket hier in erster Lesung beraten . Zu dem Vorwurf,
wir würden das hier alles im Sauseschritt beschließen,

Eckhardt Rehberg






(A) (C)



(B) (D)


sage ich daher nur: Das ist schon drei Monate her, Frau
Wagenknecht .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben das hier ordentlich beraten. Ich finde, einiges
von dem, was Sie hier vom Stapel gelassen haben, ist
wirklich eine Diffamierung unserer parlamentarischen
Arbeit, und dagegen sollten wir uns alle zur Wehr setzen .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie der Abg . Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Schon in der Debatte zur ersten Beratung habe ich Ih-
nen, Herr Schäuble und Herr Dobrindt, gesagt, dass der
Präsident des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller, be-
reits im Januar Ihnen ins Stammbuch geschrieben und
uns zur Kenntnis gegeben hat, dass es in diesem Gesetz-
entwurf zur Autobahnprivatisierung sehr wohl vier Hin-
tertüren zur Privatisierung gibt . Die sind nicht aus Ver-
sehen in Ihren Gesetzentwurf hineingekommen, sondern
es war Ihr Ziel, zu privatisieren . Das hier zu kaschieren,
muss ich sagen, steht Ihnen als Regierung nicht gut zu
Gesicht .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist der Ehrlichkeit geschuldet, wenn ich sage, dass
ich damals schon angekündigt hatte – ich konnte das
tun, weil wir uns mit den Kollegen der CDU/CSU im
Haushaltsausschuss schon damals im Grundsatz einig
waren –, dass wir genau diese Türen der Privatisierung
schließen wollen . Geglaubt hat uns das damals kaum je-
mand, weder die Sachverständigen noch die Journalisten
oder die Öffentlichkeit – teilweise auch nicht die eigenen
Kollegen . Aber heute können wir sagen – gemeinsam als
CDU/CSU und SPD im Haushaltsausschuss –: Verspro-
chen – gehalten .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es ist schon bemerkenswert, dass Sie, Herr Schäuble
und Herr Dobrindt, es offenbar für nötig halten, Ihre
eigene Verantwortung an diesem Regierungsentwurf
mit den Ergebnissen der Fratzscher-Kommission zu be-
gründen, die ihre Arbeit schon vor zwei Jahren beendet
hat . Eines sei hier festgestellt: Die Ergebnisse der Fratz-
scher-Kommission habe nicht nur ich mir nie zu eigen
gemacht, sondern auch unser Wirtschaftsminister Sigmar
Gabriel nicht .


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber der war schon dafür!)


Sie waren auch nie Gegenstand von parlamentarischen
Debatten hier in diesem Raum . Die Verantwortung für
das, was Sie uns vorgelegt haben, liegt ausschließlich bei
Ihnen .


(Beifall bei der SPD – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja!)


Wir haben am 27 . März 2017 dann eine mehrstündige
Anhörung gehabt . Die Sachverständigen, die uns damals
beraten haben, haben mich und Norbert Brackmann –

lieber Norbert, herzlichen Dank für unsere gemeinsame
Arbeit in den letzten sieben Wochen – unterstützt . Diese
Sachverständigen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitar-
beiter, die uns sieben Wochen lang dabei unterstützt ha-
ben, der Privatisierung die Giftzähne zu ziehen, sitzen
zum Teil heute oben auf der Tribüne . Ganz herzlichen
Dank an Sie alle, die uns unterstützt haben! Ich glaube,
diesen Dank kann ich im Namen von allen Haushältern
aussprechen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der Abg . Sabine Leidig [DIE LINKE])


Es sind die Mitarbeiter der Professoren Hermes, Be-
ckers und Gröpl, und es sind vor allen Dingen viele Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeiter und Prüfer des Bundes-
rechnungshofes, die heute hier sind . Ich danke Ihnen von
Herzen für Ihre Arbeit . Ohne Sie hätten wir diese par-
lamentarische Arbeit, die wir gemacht haben, nicht mit
Erfolg abschließen können . Vielen Dank!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der Abg . Sabine Leidig [DIE LINKE])


Das ist auch deshalb wichtig, weil wir nämlich bei der
Veränderung des Gesetzestextes weder die Unterstützung
des Finanz- noch des Verkehrsministeriums gehabt ha-
ben, allerdings auch nicht gewollt haben . Denn wir woll-
ten das Gesetz ja um 180 Grad wenden . Das haben wir
getan .

Ich bin jetzt seit 15 Jahren Mitglied des Bundestages
und des Haushaltsausschusses . Da habe ich schon man-
ches erlebt . Aber das, was wir in den letzten sieben Wo-
chen, lieber Norbert Brackmann, gemeinsam mit der Un-
terstützung unserer Haushälter von SPD und CDU/CSU
erreicht haben, ist außergewöhnlich . Für diese Unterstüt-
zung möchte ich mich bei unseren Kollegen bedanken .
Die Arbeit war jedenfalls anspruchsvoll und aller Ehren
wert. Ich finde, dass wir das heute so beschließen, ist eine
Sternstunde für das Parlament insgesamt .


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823702600

Kollegin Hagedorn, gestatten Sie eine Frage oder Be-

merkung des Kollegen Behrens?


Bettina Hagedorn (SPD):
Rede ID: ID1823702700

Natürlich .


Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823702800

Liebe Kollegin Hagedorn, liebe Bettina, das Engage-

ment in Ehren . Wir erkennen zwar an, dass es massive
Veränderungen und Verbesserungen gegenüber dem ur-
sprünglichen Entwurf gegeben hat . Aber auch du hast
richtigerweise darauf hingewiesen, dass das eigentliche
Problem am Anfang liegt . Man konnte also nur noch ver-
suchen, den Gesetzentwurf zu verbessern .

Bettina Hagedorn






(A) (C)



(B) (D)


Du hast von einer „Sternstunde des Parlamentaris-
mus“ gesprochen . Ich habe nicht den Eindruck, dass wir,
zumindest wir als Oppositionspolitiker und Fachpoli-
tiker, an dieser Diskussion teilhaben konnten, weil uns
bis gestern, bis zu den Ausschusssitzungen, immer noch
nicht das komplette Paket mit all seinen Details, mit allen
Anträgen vorgelegen hat .

Von daher meine Frage an dich und an die SPD-Kol-
leginnen und -Kollegen: Woraus ergibt sich der Zwang,
diese Bundesfernstraßengesellschaft heute mit zu be-
schließen? Wäre es nicht sinnvoller gewesen, das, was
im Rahmen des Länderfinanzausgleiches nötig ist, heute
zu regeln, um dann später noch einmal richtig und gründ-
lich an das Thema Bundesfernstraßengesellschaft heran-
zugehen?


(Beifall bei der LINKEN)



Bettina Hagedorn (SPD):
Rede ID: ID1823702900

Lieber Kollege Behrens, die Öffentlichkeit weiß es

vielleicht nicht, aber wir Abgeordnete wissen, dass das,
was wir heute beschließen, ein Paket ist – ein Paket, ein
Paket . Das haben nicht wir Abgeordnete so beschlossen,
sondern 16 Ministerpräsidenten


(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Nein!)


zusammen mit unserer Regierungsspitze . Dabei waren
übrigens auch Ministerpräsident Ramelow und Minister-
präsident Kretschmann .


(Ulli Nissen [SPD]: Hört! Hört! – Herbert Behrens [DIE LINKE]: Er wollte aber nicht das Paket!)


– Genau . Es ist ein Paket . Weil das so ist, werden wir die-
ses Paket insgesamt beschließen oder nicht beschließen .

Viele Vorredner haben schon darauf hingewiesen, was
alles an diesem Paket hängt, zum Beispiel die auskömm-
liche Finanzierung der Länder . Für die mittelfristige Fi-
nanzplanung einiger Länder, die nicht so gut gepolstert
sind, sind die Beschlüsse schon sehr wichtig .


(Dr . Sahra Wagenknecht [DIE LINKE]: Dafür brauchen sie keine Autobahngesellschaft!)


Davon hängt zum Beispiel ab, ob sie in den nächsten Jah-
ren Landespolizisten oder Lehrer einstellen können . An
dem Paket hängen der Unterhaltsvorschuss und auch die
3,5 Milliarden Euro für die armen Kommunen, für die
Schulen, sowie die Autobahngesellschaft .


(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Das ist absurd!)


Das hat Herr Schäuble hineinverhandelt . Deswegen kann
man das Paket nur insgesamt beschließen .

Ich will Ihnen ganz offen sagen – das habe ich hier
sinngemäß schon am 16 . Februar angekündigt –, dass
nicht nur ich persönlich, sondern auch die SPD insge-
samt ein Problem mit dem Regierungsentwurf zu einer
Autobahngesellschaft hatte . Ich sage Ihnen auch: Wenn
es nicht geglückt wäre, den Giftzahn einer Privatisierung
der Autobahngesellschaft zu ziehen, dann würde ich heu-
te nicht mit Ja stimmen . Und darum bin ich froh – wir

wollten dem Gesamtpaket wegen der vielen Aspekte, die
darin enthalten sind, zustimmen –, dass wir es geschafft
haben, der Privatisierung das Stoppschild vehement ent-
gegenzuhalten. Das haben wir geschafft, und darum kön-
nen wir mit Ja stimmen . Es besteht keine Notwendigkeit,
das Paket aufzuschnüren .


(Beifall bei der SPD)


Es ist heute immer wieder von der Grundgesetzände-
rung die Rede. Ja, wir haben es geschafft, dass heute über
zwei zusätzliche Grundgesetzänderungen zum Stopp
der Privatisierung abgestimmt wird . Damit bringen wir
nach dem Urteil unserer Sachverständigen tatsächlich
funktionierende Stoppschilder ins Grundgesetz ein . Die
unmittelbare und mittelbare Beteiligung Dritter ist aus-
geschlossen . Teilnetz-ÖPPs sind auch wirksam ausge-
schlossen .

Aber ich will auch sagen, was wir insgesamt noch
einfachgesetzlich geändert haben. Ich finde schon, lie-
be Kolleginnen und Kollegen, dass, wenn man nur von
Grundgesetzänderungen spricht, darin die Gefahr liegt,
einfache Gesetze zu diffamieren.


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir aber nicht gemacht!)


Der Bundestag beschließt zu 99,99 Prozent einfache Ge-
setze . Das kann man nicht schlechtreden .


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir nicht gemacht!)


Ich will Ihnen einmal vorlesen, was wir einfachge-
setzlich alles beschlossen haben, was so nicht im Re-
gierungsentwurf stand: Eine unmittelbare und mittel-
bare Beteiligung Dritter ist jetzt ausgeschlossen . Die
Beteiligung Privater im Rahmen von öffentlich-privaten
Partnerschaften auf Teilnetzen ist ausgeschlossen . Eine
Übertragung von Altschulden wird jetzt ausgeschlossen .
Die Gesellschaft wird nicht kreditfähig . Das wirtschaftli-
che Eigentum an den Fernstraßen bleibt beim Bund . Der
Mautgläubiger bleibt der Bund . Spartengesellschaften
sind ausgeschlossen . Es wird keine AG nach dem Vor-
bild der Deutschen Bahn geben . Die Satzung dieser Ge-
sellschaft bedarf der Zustimmung des Parlaments . Die
Prüfrechte des Bundesrechnungshofes werden erstmals
gesetzlich verankert. Kontroll- und Einflussmöglichkei-
ten des Parlamentes auf Verkehrsinvestitionen bleiben
erhalten und werden sogar gegenüber dem Status quo
vergrößert, weil zum Beispiel der fünfjährige Finanzie-
rungs- und Realisierungsplan in Zukunft der Zustim-
mung des Haushalts- und Verkehrsausschusses bedarf,
was jetzt nicht so ist .

Weil hier noch nicht die Rede davon gewesen ist,
will ich darauf hinweisen, dass wir mit diesem Gesetz
auch über die berufliche Zukunft von vermutlich bis zu
11 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entscheiden .
Auch diesbezüglich war der Regierungsentwurf, zurück-
haltend gesagt, schlecht .


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Was?)


Er enthielt eine vier- bis fünfjährige mitbestimmungs-
freie Zeit. Er enthielt dahin gehend einen Eingriff in die
Tarifautonomie, dass Tarifverträge ausdrücklich nicht

Herbert Behrens






(A) (C)



(B) (D)


vorgesehen waren . Ich möchte mich bei unseren Sach-
verständigen von Verdi bedanken – auch sie sitzen auf
der Tribüne –, die uns dabei unterstützt haben, dass Tarif-
verträge gesetzlich festgeschrieben werden und die Mit-
bestimmung gestärkt wird, was im Interesse von vermut-
lich 11 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist . Wir
haben zusammen mit Verdi alles getan, um aus einem
schlechten Regierungsentwurf einen guten Gesetzent-
wurf zu machen, der den Stempel des Parlaments trägt .
Allen, die daran mitgewirkt haben, vielen Dank für die
Unterstützung .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823703000

Das Wort hat die Kollegin Antje Tillmann für die

CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg . Johannes Kahrs [SPD])



Antje Tillmann (CDU):
Rede ID: ID1823703100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrte Gäste! Der Auftrag für diese Legislaturpe-
riode lautete, die Bund-Länder-Finanzbeziehungen neu
zu ordnen, unter anderem, weil der Solidarpakt II für die
neuen Länder 2019 ausläuft. Wir haben es geschafft, ei-
nen bruchlosen Übergang für die neuen Länder in den
künftigen Länderfinanzausgleich zu erreichen. Mein
Land Thüringen zum Beispiel bekommt 2020 aus die-
sem Länderfinanzausgleich 172 Millionen Euro mehr als
2019 aus dem Solidarpakt . Der Teil hat gut geklappt .

Eigentlich müsste man von Bund-Länder-Kommu-
nen-Finanzbeziehungen sprechen; denn wir haben es ge-
schafft – das haben wir uns als Zweites vorgenommen –,
auch die Finanzen der Kommunen auf sichere Füße zu
stellen . Diese Legislaturperiode war geprägt von vielen
Entlastungsprogrammen für die Kommunen . 95 Milliar-
den Euro sind vom Bund an die Kommunen geflossen.
Ich erinnere an Kitaausbauprogramme, Schulsanierun-
gen, das Bildungspaket und die Übernahme der Kosten
für die Grundsicherung . Das führte dazu – ohne den heu-
te zu beschließenden Pakt –, dass die Kommunen 2016
einen Überschuss von 5,4 Milliarden Euro erzielt haben .
Angesichts dessen mutet ein Gesetzentwurf mit dem
Ziel der Sicherung finanzschwacher Kommunen eigen-
artig an; aber natürlich ist mir klar, was das Problem mit
Durchschnitten ist .

Wir werden heute weitere Entlastungen für die Kom-
munen beschließen, unter anderem werden wir 3,5 Mil-
liarden Euro zur Verbesserung der Schulinfrastruktur
zur Verfügung stellen . Damit erhöhen wir diesen Posten
auf 7 Milliarden Euro . Ich verstehe sehr gut, dass es den
Eltern völlig egal ist, wo das Geld herkommt, wenn die
Schule ihrer Kinder saniert werden muss . Ich sage aber
allen heute Beteiligten: Jetzt muss erst einmal Schluss
damit sein, dass solche Investitionen zulasten des Bundes

gehen; denn jeden Euro, der ins Schulklo geht – das ist
eigentlich eine Länderaufgabe –,


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Also in die Sanierung der Schulklos!)


kann der Bund nicht in seinen eigentlichen Aufgabenge-
bieten investieren, zum Beispiel in den Bereichen „inne-
re Sicherheit“ oder „Bekämpfung der Fluchtursachen“ .
Das sind die eigentlichen Bundesaufgaben, und auf die
müssen wir uns jetzt auf jeden Fall wieder konzentrieren .
Nach diesem Pakt muss jeder seine Aufgaben erfüllen,
und Bildungspolitik ist eindeutig Ländersache .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bei diesem Gesetzentwurf geht es aber nicht nur um
Geld, auch wenn man das meinen könnte, wenn man die
Reden hier hört . Es geht auch darum, dass wir die Bür-
gerinnen und Bürger an den Erfolgen dieser Verabredung
teilhaben lassen . Ein ganz wesentlicher Punkt sind die
zusätzlichen Kompetenzen des Bundes im Bereich der
Finanzverwaltung, der Steuerpolitik . Das ist ein sehr
sprödes Thema . Ich erkläre Ihnen aber sehr gerne, was
auch die Bürgerinnen und Bürger damit zu tun haben .
Wir müssen die Digitalisierung in den Finanzverwal-
tungen vorantreiben, damit die Bürgerinnen und Bürger
demnächst dank einer vorausgefüllten automatischen
Steuererklärung Lebenszeit sparen können . Aber auch
für die Verwaltungen der Länder ist das wichtig; denn
jeder Finanzbeamte, der für diese Aufgaben dann nicht
mehr gebraucht wird, kann sich für wichtigere Aufga-
ben Zeit nehmen, zum Beispiel für die Bekämpfung von
Steuerhinterziehung in großem Umfang . Jeder dadurch
gewonnene Euro kann dann wieder in Projekte fließen,
zum Beispiel in die Schulsanierung . Wir brauchen ein
gemeinsames Vorgehen im Bereich der Finanzverwal-
tung, um zu einer gerechteren und gleichmäßigeren Be-
steuerung in diesem Land zu kommen .

Die Voraussetzungen dafür haben wir im Konsens-Ge-
setz – auch das ist ein spröder Titel – geschaffen. Dem-
nächst ist es möglich, dass der Bund zusammen mit den
meisten Ländern wesentlich schneller entscheidet . Das
hat auch auf die Bürgerinnen und Bürger Auswirkungen .

Beispiel eins . Die Unternehmerinnen und Unterneh-
mer haben wir vor einiger Zeit verpflichtet, dem Finanz-
amt eine elektronische Bilanz zu übermitteln . Das hat die
Unternehmerinnen und Unternehmer und ihre Steuerbe-
rater viel Geld gekostet . Wir haben ihnen damals verspro-
chen, dass sie die korrigierten Daten nach einer Betrieb-
sprüfung in digitaler Form zurückübersandt bekommen .
Dadurch hätten sie massiv Geld gespart, und die Finanz-
verwaltungen hätten sehr viel schneller arbeiten können .
Dieses Verfahren liegt jedoch seit Jahren brach, weil es
an entsprechender IT-Technik mangelt . Wir müssen da
besser werden. Das nützt den Steuerpflichtigen, und das
nützt den Finanzverwaltungen der Länder .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ein ähnliches Problem gibt es im Privatbereich . 2015
haben wir beschlossen, dass die gerechtere Verteilung
des Splittingvorteils über die Steuerklasse IV mit Faktor-
verfahren durch Antrag zwei Jahre gewährt werden kann .
Auch das scheitert an technischen Voraussetzungen . Das

Bettina Hagedorn






(A) (C)



(B) (D)


heißt, die Bürgerinnen und Bürger sind überflüssigerwei-
se jedes Jahr wieder aufgefordert, neue Anträge zu stel-
len, und das nur, weil die Technik nicht funktioniert .

Das waren nur zwei Beispiele, die zeigen, warum wir
die neue IT-Technik unbedingt brauchen . Wir brauchen
sie, um allen die Arbeit, die Erfüllung ihrer Aufgaben
zu erleichtern . Wir brauchen sie, um eine gerechtere
und einheitliche Besteuerung in diesem Land, in allen
16 Bundesländern, zu ermöglichen . Ich bin sicher, dass
die Länder nach Anfangsschwierigkeiten gerade bei die-
sem Punkt mit dem Kompromiss sehr zufrieden sein kön-
nen, weil es jetzt vorangeht . Wir sind uns einig, dass da
für alle eine Win-win-Situation entstehen kann .

Sie sehen an den genannten Punkten, dass diese Re-
form für mehrere Seiten ein Gewinn sein kann . Deshalb
werde ich dieser Reform heute zustimmen, auch wenn
ich mir an einigen Stellen andere Lösungen hätte vorstel-
len können . Wir gehen diesen Weg . Ich sage aber: Da-
nach muss sich der Bund wieder auf seine Aufgaben kon-
zentrieren, das Geld für Bundesaufgaben ausgeben, für
innere Sicherheit, für die Bekämpfung von Fluchtursa-
chen, für Aufgaben der Bundesverwaltung . Das machen
wir nach der heutigen Verabschiedung des Gesetzes . Ich
plädiere für eine Zustimmung .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823703200

Das Wort hat der Kollege Johannes Kahrs für die

SPD-Fraktion .


(Beifall bei der SPD sowie des Abg . Eckhardt Rehberg [CDU/CSU])



Johannes Kahrs (SPD):
Rede ID: ID1823703300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir haben hier, wie es die Kollegin Hagedorn
eben schon gesagt hat, ein Paket vorliegen, in dem vier
wichtige Bereiche enthalten sind, und wir Sozialdemo-
kraten stehen zu allen vier Punkten . Das haben nicht alle
Kolleginnen und Kollegen heute so gesehen . Jeder hat
hier so seine Vorbehalte gehabt . Ich möchte es noch ein-
mal sagen: Ich glaube, es ist ein Erfolg, dass sich 16 Län-
der mit dem Bund einigen . Geärgert hat uns ein bisschen,
dass da nur die Exekutive mit der Exekutive geredet hat
und wir als Abgeordnete nicht beteiligt waren .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg . Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Trotzdem – das muss man sagen – ist es ein Ergebnis,
dem wir jetzt zustimmen, weil es – ich glaube, der Kol-
lege Rehberg hat es schon gesagt – im Ganzen eine Ver-
besserung ist . Olaf Scholz hat ausgeführt, warum es ins-
besondere mit Blick auf die ostdeutschen Länder richtig
ist, diesem Paket so zuzustimmen . Jeder, der das nicht
tun will, sollte sich das auch mit Blick darauf ganz genau
überlegen .

Wir Sozialdemokraten sind stolz darauf, dass das Ko-
operationsverbot aufgebrochen worden ist .


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Mit Aufbrechen wollen wir nichts zu tun haben!)


Das sieht ein grüner Ministerpräsident nicht so, das se-
hen große Teile der CDU/CSU nicht so . Trotzdem glau-
ben wir, dass es richtig ist, Geld in Schulen zu investie-
ren, dass es richtig ist, dafür zu sorgen, dass die Schulen
vernünftig ausgestattet werden .


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie sieht Herr Scholz das eigentlich?)


Wenn man da Geld investiert, ist das gut angelegtes Geld;


(Beifall bei der SPD)


die 3,5 Milliarden Euro sind gut angelegt . Bevor die
Grünen irgendwelche Vorwürfe machen, wäre es schick,
wenn sie die Probleme ihrer eigenen Partei klärten, statt
hier Dinge zu erzählen, die nicht einmal bei ihnen Kon-
sens sind .


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie sieht das denn Herr Scholz?)


Wir Sozialdemokraten sind uns in der Frage einig .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat es denn eingeführt? Die SPD! Herr Kahrs hat damals zugestimmt!)


Zur Frage des Unterhaltsvorschusses . Es ist gut so,
dass wir diese Frage geklärt haben . Ich möchte unserer
Bundesministerin Manuela Schwesig an dieser Stelle
ganz herzlich danken .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das war in den letzten dreieinhalb Jahren nicht ganz ein-
fach für dich. Du hast dich in der Bundesregierung häufi-
ger durchgesetzt, als es Wolfgang Schäuble lieb war .


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Viel zu wenig!)


Du hast dich auch hier im Deutschen Bundestag durch-
gesetzt . In der Sache, für die Familien mit Kindern, ist
das gut . Deswegen danken wir dir . So wichtig es ist, dass
Mecklenburg-Vorpommern eine gute Ministerpräsiden-
tin bekommt, so schade ist es, dass du gehst . Du wirst uns
fehlen . Noch einmal vielen herzlichen Dank, Manuela!


(Beifall bei der SPD)


Es ist schon einiges zur Bundesautobahngesellschaft,
zur Infrastrukturgesellschaft gesagt worden . Ich möch-
te daran erinnern, wo wir gestartet sind . Als wir diese
Vorlage diskutiert haben – Kollegin Hagedorn hat es ja
gesagt –, haben wir hier festgestellt, dass das Gesetz in
diesem Punkt nicht zustimmungsfähig ist, dass es einfach
so nicht geht . Herr Kauder – da Sie eben einen kleinen
Zwischenruf riskiert haben –, als wir von der SPD gesagt
haben, wir bräuchten eine Grundgesetzänderung, damit
es zu keiner Privatisierung kommen könne, haben Sie
im Fernsehen gesagt: Na, dann sollen sie es mal versu-
chen . – Herr Kauder, wir haben es versucht . Wir haben

Antje Tillmann






(A) (C)



(B) (D)


uns durchgesetzt, und zwar mit Ihrer Hilfe . Einsicht ist
immer etwas Gutes . Deswegen meinen herzlichen Dank .


(Beifall bei der SPD)


In der Sache ist das Gesetz deutlich besser geworden:
Es ist nämlich zustimmungsfähig geworden . Das Paket
enthält viel Gutes – darüber haben wir eben diskutiert –,
und daher kann man das Paket nicht ablehnen . Es war
notwendig, dass wir die angestrebte Privatisierung ver-
hindert haben . Noch einmal ganz herzlichen Dank .

Ich komme in keiner Rede ohne Dank aus . Mein Dank
gilt auch Eckhardt Rehberg und Norbert Brackmann . Zu-
sammen mit Bettina Hagedorn waren wir im Haushalts-
ausschuss ein starkes Team .


(Zuruf des Abg . Andreas Mattfeldt [CDU/ CSU])


– Ja, du auch, mein lieber Andreas .


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ohne dich geht gar nichts, das wissen wir alle . – Also,
ohne die Kolleginnen und Kollegen der Union und der
SPD im Haushaltsausschuss hätten wir das nicht hinbe-
kommen . Ganz herzlichen Dank dafür!

Ehrlich gesagt: Der Höhepunkt der ganzen Debatte
über die Privatisierung waren nicht die Diskussion bei
der Heinrich-Böll-Stiftung oder die Unterschriftenüber-
gaben von Campact und anderen, sondern als ein sehr
knurriger, schmallippiger Parlamentarischer Staatsse-
kretär Ferlemann gestern im Haushaltsausschuss, als
uns von den Linken wieder vorgeworfen worden ist, das
wäre Privatisierung, gesagt hat: Privatisierung? Das hat
uns der Ausschuss alles verbaut . – Herr Ferlemann, das
haben wir, und das ist auch gut so .


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)


Selbst die Bundesregierung gesteht es ein: Wir als Deut-
scher Bundestag, wir als Parlament, haben die Privatisie-
rung verhindert . Das heißt, das Struck’sche Gesetz gilt
weiterhin: Kein Gesetz verlässt den Deutschen Bundes-
tag so, wie es reingekommen ist .

Und, Frau Wagenknecht: Purer Populismus und billi-
ge AfD-Stimmungsmache jenseits der Sach- und Fakte-
nebene sind peinlich .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Machen Sie gerne weiterhin Ihre Doppelinterviews mit
Frau Petry . Sie werden damit nicht gewinnen . Das ist bil-
lig und peinlich . Mit Ihnen kann man und wird man in
Deutschland nie regieren können .

Vielen Dank .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823703400

Dass diese Festlegung auch einmal Gegenstand des

Finanzausgleichgesetzes werden würde, hätte auch kaum
jemand für möglich gehalten .


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das musste einmal gesagt werden!)


Nächster Redner für den Bundesrat ist der Minister-
präsident von Hessen, Volker Bouffier.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1823703500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber

Kollege Kahrs, das war mutig, das war munter, aber da-
rum geht es eigentlich nicht .


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist auch wieder wahr!)


Meine Damen und Herren, aus der Sicht der Länder ist
diese Debatte ausgesprochen interessant .


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)


Da bescheinigt der eine Koalitionspartner dem anderen,
dass er kraftvoll etwas verhindert hat,


(Christine Lambrecht [SPD]: Ganz anders als in den Ländern!)


oder der andere bescheinigt wiederum, dass er kraftvoll
etwas durchgesetzt hat . Das ist aus Sicht der Länder
ziemlich unerheblich .


(Lachen der Abg . Christine Lambrecht [SPD])


Ich möchte gerne auf den Punkt zurückkommen, der
aus meiner Sicht entscheidend ist . Meine Damen und
Herren, ich bin der festen Überzeugung, dass heute ein
ganz wichtiges, aus meiner Sicht auch richtiges Gesamt-
paket zu verabschieden ist . Worum geht es eigentlich?
Die Frage, wie eine Infrastrukturgesellschaft organisiert
werden kann – linksherum oder rechtsherum –, mag für
Sie wichtig sein, aber es ist nicht die entscheidende Fra-
ge .


(Bettina Hagedorn [SPD]: Ach!)


Die entscheidenden Fragen sind andere . Wir wissen
alle gemeinsam, dass Ende 2019 sämtliche Solidarsyste-
me auslaufen: der Solidarpakt II, die Entflechtungsmittel;
bei all dem geht es um Milliardenbeträge . Es ging nun
darum, eine Antwort zu geben auf die Fragen: Wie soll es
weitergehen? Wie soll es weitergehen in den neuen Län-
dern? Wie soll es weitergehen mit Ländern wie Bremen
und dem Saarland, die die Probleme aus eigener Kraft
nicht lösen können? Das sind die entscheidenden Fra-
gen . Es ging um die Bund-Länder-Beziehungen und um
die Beziehungen der Länder untereinander . Alle anderen
Fragen haben sich später ergeben . Ich will ausdrücklich

Johannes Kahrs






(A) (C)



(B) (D)


sagen: In der Großen Koalition haben wir seinerzeit ver-
einbart, dass wir darauf eine Antwort geben wollen,


(Johannes Kahrs [SPD]: Das ist eine Sicht der Länder!)


und die Antwort, die wir geben, ist aus meiner Sicht eine
richtige . Herr Kollege Kahrs und alle anderen haben es
zum Teil bestätigt .

Wir beweisen hier zweierlei Dinge .

Erstens . Der Föderalismus ist entgegen mancher Be-
hauptungen handlungsfähig . Es ist das erste Mal in dieser
Republik, dass die 16 Länder, die so unterschiedliche In-
teressen haben, eine gemeinsame Position formulieren,
und zwar ohne Hilfe des Bundesverfassungsgerichts .


(Johannes Kahrs [SPD]: Weil der Bund sie finanziert!)


Das zeigt, dass sich alle bewegt haben .


(Johannes Kahrs [SPD]: Der Bund!)


– Sie sagen immer „der Bund“ . Glauben Sie das im
Ernst? Wollen Sie die neuen Länder alleinlassen? Sollen
das die Zahlerländer alleine lösen? Wollen Sie Bremen
und das Saarland alleinlassen? Dann haben Sie es falsch
verstanden .


(Johannes Kahrs [SPD]: Etwas mehr Solidarität von den reichen Ländern hätte geholfen!)


Auch das muss klar sein: Die Stärke dieses Landes hat
aus meiner Sicht zentral mit dem föderativen Aufbau zu
tun .


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Sie kriegen doch mehr als bisher! – Johannes Kahrs [SPD]: Sie haben doch mehr Geld für sich gebraucht! Etwas mehr Demut!)


Die politische Stabilität dieses Landes ist untrennbar
verbunden mit diesem föderalen System . Mir ist wich-
tig: Wenn Sie auf viele Länder in Europa oder anderswo
schauen, dann sehen Sie, dass diese heute kaum mehr in
der Lage sind, über Parteigrenzen hinaus wichtige zu-
kunftsweisende Strukturentscheidungen zu treffen. Dass
dies in Deutschland gelingt, ist ein Anlass zur Freude und
nicht zur Kritik .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Zurück zum eigentlichen Thema . Wir haben einen
neuen Modus gefunden – Kollege Scholz hat darauf hin-
gewiesen –, indem wir ein nicht ganz einfaches System
auf eine Ebene gebracht haben . Der Regelungsmechanis-
mus über die Umsatzsteuer, auf den wir uns verständigt
haben, beruht übrigens auf einem Vorschlag des Bundes-
finanzministers.

Zweitens . Ich konnte gelegentlich lesen, die Länder
hätten die Solidarität untereinander aufgegeben . Dies ist
grob falsch . Ich möchte Ihnen das anhand eines Beispiels
aus meinem Land Hessen zeigen . Nach dem neuen Sys-
tem werden wir präterpropter 1,6 Milliarden Euro mehr
aus der Umsatzsteuer einnehmen . Davon geht mindes-
tens 1 Milliarde in den Topf des Länderfinanzausgleichs.
Hessen wird ab dem Jahr 2020 rund 4 Milliarden Euro

von seinem Kuchen zur Verteilung an die anderen Länder
bereitstellen . Das ist bewusst so gemacht . Das ist auch
richtig . Wir stehen zu unserer Solidarität . Deshalb ist es
grob falsch, zu behaupten, hier würde der Gedanke der
Solidarität aufgegeben werden . Es ist mir wichtig, das
deutlich zu machen .

Zum anderen konnte man lesen, es sei staatsrechtlich
und finanzwissenschaftlich nicht das Maß aller Dinge.
Wie wahr, aber darum geht es nicht . Wir als Länderver-
treter konnten eben wunderbar sehen, wie ein und dersel-
be Text von den Fraktionen höchst unterschiedlich aus-
gelegt wird . Das kann nicht das Thema der Länder sein .
Am Ende geht es nicht um finanzwissenschaftliche und
staatswissenschaftliche Höchstleistungen, sondern es
geht um das politisch Machbare . Gemessen am politisch
Machbaren ist dies ein großer Erfolg .

Ich möchte hinzufügen: Die Arbeit ist noch nicht ge-
tan . Ich werbe dafür, die Gewerbesteuerumlage, Herr
Bundesfinanzminister, auch noch zu regeln. Dort besteht
noch Handlungsbedarf . Denn das, was jetzt auf der einen
Seite an Mehrerlösen zu erwarten ist, würde an der ande-
ren Stelle wieder wegfallen, wenn wir das nicht entspre-
chend regeln .

Ich habe – wie alle meine Kolleginnen und Kolle-
gen – mit Interesse heute die Debatte über die spannende
Frage verfolgt, wie einzelne Themen zwischen Bund und
Ländern – ich füge bewusst hinzu: und den Kommunen –
richtig austariert werden sollen . Das ist eine spannende
Frage . Sie haben darüber im Bereich der Schulen und der
Bildung diskutiert . Sie haben darüber auch im Bereich
der Autobahnen bzw . der Infrastrukturgesellschaft disku-
tiert . Ich füge noch andere Bereiche hinzu, zum Beispiel
die Steuerverwaltung . Ich kann nur allgemein zu einer
Debatte mit Augenmaß raten .

Beim letzten Mal haben wir die Debatte zur Reform
unter der Prämisse geführt: Es ist klug, dass man Misch-
verantwortlichkeiten auseinandernimmt, damit man
weiß, wer für was zuständig ist, dass man Bürokratie ein-
dämmt und möglichst jeden auf seiner Ebene finanziell
so ausstattet, dass er die Aufgaben wahrnehmen kann .
Mit den jetzigen Regelungen drehen wir das Rad wieder
ein Stück zurück . Ich bin nicht sicher, ob sich der ange-
strebte Erfolg auf allen Seiten wirklich so einstellen wird .

Wir haben uns in dieser Vereinbarung ja verabredet,
spätestens nach zehn Jahren eine Evaluation durchzufüh-
ren . Wer länger zurückschaut, kann zumindest Erfahrun-
gen zur Kenntnis nehmen . Die Erfahrungen aus früheren
Zeiten der Mischfinanzierungen und Mischverantwor-
tungen für Wohnungsbau, Hochschulbau, Bildung und
vieles andere mehr haben dazu geführt, dass die Begeis-
terung für gemeinsame Zuständigkeiten so zurückge-
gangen ist, dass wir zur Föderalismusreform gekommen
sind, um genau das auseinanderzunehmen .

Wir stehen zu dem, was wir miteinander vereinbart
haben . Aber ich möchte ein wenig dazu anregen und auch
ein wenig mahnen, es hier nicht zu übertreiben . Am Ende
werden wir gemeinsam dafür Sorge tragen müssen, dass
das neue finanzielle Fundament, das wir geschaffen ha-
ben – das ist der eigentliche Grund, um den es heute geht,
weniger die Themen, die heute hier im Hause im Mittel-

Ministerpräsident Volker Bouffier (Hessen)







(A) (C)



(B) (D)


punkt standen –, die Länder und mit ihnen die Kommu-
nen in den Stand versetzt, ihre Aufgaben so zu erfüllen,
dass die Menschen in Deutschland, egal wo sie leben,
eine Infrastruktur bekommen, einen Rahmen bekommen,
ein Angebot bekommen, dass sie überall gut gefördert
werden, dass sie überall gut leben können und dass sie –
ganz nebenbei – wie bisher gerne in diesem Land leben .


(Johannes Kahrs [SPD]: Ich habe selten so eine predigende Rede gehört!)


Meine Damen und Herren, trotz mancher Bedenken,
die die Länder haben, werden wir zustimmen . Das kann
ich für mein Land und, ich denke, auch für fast alle meine
Kollegen sagen .

Es ist ein Tag der Freude, wenngleich sie unterschied-
lich ausgedrückt wird . Das, was wir nach zweieinhalb
Jahren intensivster Diskussion gemeinsam geschaffen
haben, hat die Arbeit gelohnt . Ich bitte Sie herzlich:
Stimmen Sie diesem Werk zu .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823703600

Letzter Debattenredner ist der Kollege Marcus

Weinberg für die CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Marcus Weinberg (CDU):
Rede ID: ID1823703700

Vielen Dank . – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Ralph Brinkhaus hat, wie ich finde, mit
wichtigen Worten die Debatte eröffnet. Er hat noch ein-
mal deutlich gemacht: Gesetze werden im Parlament
verabschiedet . Grundgesetzänderungen werden im Par-
lament debattiert und verabschiedet . Und deswegen war
es wichtig, dass ein Parlamentarier die Debatte eröffnet.
Ich darf sagen: Es ist auch gut, dass ein Parlamentarier
die Debatte wieder schließt . Damit haben wir die Klam-
mer gesetzt . Es ist auch deshalb gut, weil das Parlament
bei den Beratungen bewiesen hat, wie wichtig es ist, dass
wir gute und kluge Volksvertreter haben, die die auf dem
Tisch liegenden Vorschläge noch verbessern . Es war eine
gute Debatte .

Für uns Familienpolitiker war es auch eine wichtige
Debatte; denn mit den Grundgesetzänderungen haben
wir die Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes auf-
gesetzt . Die Unterstützung der Alleinerziehenden war für
uns in der Union schon seit vielen Jahren ein zentraler
Punkt . Die CSU, die CDU, wir haben schon vor zwei,
drei Jahren auf Parteitagen entsprechende Beschlüsse ge-
fasst . Da ging es um das Thema „Entlastungsbeitrag für
Alleinerziehende“ . Darüber hinaus haben wir beschlos-
sen, dass wir den Unterhaltsvorschuss ausweiten wollen .
Deswegen sind wir froh und glücklich, dass wir heute
zusammen mit unserem Koalitionspartner diesen Weg
gehen können, dass es geklappt hat .

Dass der Weg im Verlauf der Debatte hier und da et-
was steinig war, haben wir zur Kenntnis genommen . Wir
wissen ja, auch wenn Ministerpräsidenten ihre Zusagen
machen oder ihre Beschlüsse fassen, muss man immer

noch ein bisschen warten, bis es konkret wird . Wir wis-
sen aber auch, dass solche Dinge natürlich vorbereitet
werden müssen . Für uns in der Union war es beim Thema
Unterhaltsvorschuss wichtig, dass wir es hinbekommen,
aber auch, dass wir die Länder und die Kommunen mit
im Boot haben. Denn wir wissen, die finanzielle Belas-
tung beim Unterhaltsvorschuss tragen nicht nur wir als
Bund, sondern auch die Länder und Kommunen . Des-
wegen war es wichtig, dass wir diesen Kompromiss ge-
meinsam entwickelt haben, um dieses Gesetz heute ver-
abschieden zu können .

In diesem Zusammenhang möchte ich mich dem Dank
an Ministerin Schwesig für dreieinhalb Jahre gemeinsa-
mer Zusammenarbeit anschließen . Das eine oder andere,
was wir vorangetrieben haben, kam von Ihnen, das eine
oder andere von uns . Die Ergebnisse sind gut . Sie wis-
sen ja, es ist schön und wichtig, einen starken, erfahrenen
und klugen Koalitionspartner an seiner Seite zu haben .
Das werden Sie in Mecklenburg-Vorpommern auch ha-
ben . Die Kollegen der CDU werden Sie auch dort gut
betreuen . Wir wünschen Ihnen alles Gute für die weitere
gemeinsame Arbeit . Sie sind bei uns in guten Händen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich komme auf das Thema Unterhaltsvorschuss zu-
rück . Dieses Thema ist wichtig . Warum? Dazu am
Schluss der Debatte einige wesentliche Zahlen:

2,3 Millionen Kinder leben bei Alleinerziehenden .
Alleinerziehende haben ein hohes Armutsrisiko, 42 Pro-
zent sind davon betroffen. Das ist seit Jahren bekannt.
Wir arbeiten seit Jahren daran, diese Zahl zu senken, und
werden das auch in den nächsten Jahren tun .

Was ich besonders betrüblich finde, ist, dass 35 Pro-
zent der Alleinerziehenden, die arbeiten, Leistungen nach
SGB II beziehen . Das heißt, diesen Alleinerziehenden
reicht das Einkommen aus ihrer Arbeit, aus ihrer Er-
werbstätigkeit nicht aus, um den Lebensunterhalt für ihre
Familien sicherzustellen .

Deswegen haben wir in der Großen Koalition und im
weiteren Sinne eigentlich schon seit 2005 eine Reihe von
einzelnen Maßnahmen auf den Weg gebracht . Wir haben
den Entlastungsbetrag von 1 308 Euro auf 1 908 Euro
erhöht, also um 600 Euro . Auf die Maßnahme mussten
wir leider zehn Jahre warten, aber sie ist wichtig für die
Alleinerziehenden . Viele weitere Dinge haben wir in der
Großen Koalition auf den Weg gebracht: Der Ausbau der
Kindertagesbetreuung kommt insbesondere den Allein-
erziehenden zugute . Damit verbessern wir die Möglich-
keit, dass sie über Erwerbstätigkeit ihren Lebensunterhalt
sichern können .

Selbst das Elterngeld, das vermeintlich von vielen als
eine Maßnahme für die Besserverdienenden beschrieben
wird, nutzt den Alleinerziehenden, weil ihnen auch die
Partnermonate zugutekommen. Ich finde, eine Frau, die
den ganzen Tag arbeitet und alleine ihr Kind erzieht, hat
auch Anspruch auf gemeinsame Zeit . Deswegen war es
richtig, dass wir entschieden haben, dass die Partnermo-
nate von den Alleinerziehenden genommen werden kön-
nen, damit auch sie für ihre Kinder mehr Zeit haben .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ministerpräsident Volker Bouffier (Hessen)







(A) (C)



(B) (D)


Des Weiteren waren das Bildungs- und Teilhabepaket
sowie die Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten
wichtige Punkte für uns in der Koalition .

Wir erleben seit 2005 einen Paradigmenwechsel in der
Familienpolitik . Seit 2005 wird neben dem Bereich Bil-
dung und Forschung insbesondere in den Bereich Fami-
lie investiert wie nie zuvor . Deswegen möchte ich gerne
eine wichtige Bemerkung machen: Wer die Bundeskanz-
lerin als familienfeindlich bezeichnet, der hat die letzten
zwölf Jahre in diesem Land nicht mitbekommen . Nein,
die CDU/CSU war es, die seit 2005 deutliche Impulse in
der Familienpolitik gesetzt hat .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir werden mit der Reform – das ist schon angespro-
chen worden – die Bezugszeiten erweitern . Das ist ein
wichtiger Punkt aus unserer Sicht . Das haben wir als
Union in den Debatten immer deutlich gemacht . Es gibt
viele Elternteile, insbesondere Männer, die den Unterhalt
nicht leisten können . Es gibt aber auch sehr viele Män-
ner, die den Unterhalt leisten können, es aber nicht wol-
len . Da muss der Staat eingreifen . Die sogenannte Rück-
holquote ist in ihrer Höhe für uns nicht akzeptabel . Sie
variiert sehr stark zwischen den Bundesländern: Bayern
hat eine hohe Rückholquote, andere Länder eine sehr ge-
ringe . Wir erwarten von den Ländern, dass sie ihrer Auf-
gabe nachkommen, dafür zu sorgen, dass die säumigen
Mütter und Väter zur Kasse gebeten werden . Es ist auch
im Sinne der Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft, dass
die Menschen in diesem Land erkennen: Der Staat leistet
Unterhaltsvorschuss, der Staat sieht aber auch zu, dass
er die nicht zahlenden Frauen und Männer erwischt und
dazu bringt, dass sie ihr Geld zahlen .

Insgesamt, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann ich
für die Familienpolitiker der Union – ich glaube sogar,
für alle Familienpolitiker hier – sagen: Wir haben mit der
Ausweitung des Unterhaltsvorschusses einen weiteren
Baustein gesetzt für die Unterstützung der Alleinerzie-
henden . Insoweit ist es ein guter Tag . Wir werden diese
Themen aber auch weiterhin im Auge haben . Die Fra-
ge der weiteren finanziellen Verknüpfung mit Bund und
Ländern wird uns sicherlich auch in den nächsten Mona-
ten weiter beschäftigen .

Ich kann abschließend als Bundespolitiker nur sagen:
Wir wissen, wo unsere Aufgaben liegen, wir wissen aber
auch, wo unsere Grenzen sind . Nicht alles in unserem
Land können wir bezahlen . Wir haben Kommunen, wir
haben Länder, auch die haben eine Aufgabe . Diese Auf-
gabe müssen sie erfüllen .

In diesem Fall bin ich froh, dass wir gemeinsam einen
guten Kompromiss hinbekommen haben und schließe
wieder mit einem Satz von Ralph Brinkhaus: Es war gut,
dass das Parlament diese Sache in die Hand genommen
hat .

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit . Ich freue mich
über Ihre Zustimmung .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823703800

Ich schließe die Aussprache .

Bevor wir jetzt zu den Abstimmungen kommen, habe
ich zwei Bitten für diesen beachtlichen Abstimmungsma-
rathon, der vor uns liegt . Vergewissern Sie sich erstens
bitte, dass Sie bei den zahlreichen namentlichen Abstim-
mungen jeweils Karten mit Ihrem Namen einwerfen .

Zweitens . Manche der namentlichen Abstimmungen
ließen sich noch schneller abschließen, wenn die im Saal
verteilten Abstimmungsurnen gleichmäßig in Anspruch
genommen würden . Wir haben nämlich eine extreme
Fixierung auf die in der Nähe der Regierungsbank auf-
gestellte Urne, die anschließend aber mit der gleichen
Gewichtung ausgezählt wird wie die auf der anderen
Seite und die beiden im hinteren Teil des Plenums . In-
sofern würden Sie sich alle einen Gefallen tun, wenn Sie
Ihre Karten diesmal entgegen einer eingeübten Präferenz
auch an anderen Stellen in die dafür vorgesehenen Urnen
werfen würden .

Tagesordnungspunkt 9 a . Wir kommen zur Abstim-
mung über den von der Bundesregierung eingebrachten

(Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c und 143d bis 143g)


Der Haushaltsausschuss empfiehlt unter Buchsta-
be a seiner Beschlussempfehlung auf der Drucksa-
che 18/12588, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
auf den Drucksachen 18/11131 und 18/11186 in der Aus-
schussfassung anzunehmen .

Zu dieser Ausschussfassung liegen vier Änderungsan-
träge vor, über die wir zuerst abstimmen .

Als Erstes kommen wir zum Änderungsantrag der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf der Drucksa-
che 18/12596 zur Änderung des Artikels 125c des
Grundgesetzes . Hier geht es um die in der Debatte erläu-
terte Fristenregelung im Hinblick auf den 1 . Januar 2025 .
Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist dieser Ände-
rungsantrag abgelehnt .

Wir kommen nun zu den drei Änderungsanträgen, zu
denen namentliche Abstimmung verlangt ist .

Beim ersten Änderungsantrag der Fraktion Die Lin-
ke auf der Drucksache 18/12594 geht es um den Arti-
kel 90 des Grundgesetzes und die Beteiligung Privater im
Rahmen öffentlich-privater Partnerschaften. Ich bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, die Plätze an den
Urnen einzunehmen und mir zu signalisieren, wenn sie
jeweils von beiden Seiten ordentlich besetzt sind . – Das
ist der Fall. Ich eröffne die erste Abstimmung.

Ist jemand im Saal, der seine Stimmkarte zum ersten
namentlichen Abstimmungsvorgang noch nicht abgege-
ben hat? – Das ist nicht der Fall . Ich schließe den ersten
Abstimmungsvorgang und bitte die Schriftführerinnen
und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen .1)

1) Ergebnis Seite 24003 D

Marcus Weinberg (Hamburg)







(A) (C)



(B) (D)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe eine Bitte,
weil wir jetzt nicht neun aufeinanderfolgende nament-
liche Abstimmungen mit dazwischen notwendigen ein-
fachen Abstimmungen in einem ambulanten Geschäfts-
verkehr durchführen können . Deswegen meine herzliche
Bitte: Setzen Sie sich nach der Abgabe Ihrer Stimmkar-
te jeweils wieder auf einen der vorhandenen Plätze . Es
verlangsamt nämlich das Verfahren, wenn Sie alle hier
pulkweise stehen . Nach dem Aufruf des jeweils zur Ab-
stimmung stehenden nächsten Gegenstandes bestehen
hinreichend Zeit und Gelegenheit, die Abstimmungsur-
nen wieder zu erreichen .

Wir kommen nun zum Änderungsantrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen auf der Drucksache 18/12597
zur Änderung der Artikel 90 und 143e des Grundgeset-
zes . Hier geht es um die Regelung der Verwaltung der
Bundesautobahnen in Bundesverwaltung . Ich darf auch
hier die Schriftführerinnen und Schriftführer darum bit-
ten, mir ein Signal zu geben, wenn die Abstimmungsur-
nen besetzt sind. – Das ist der Fall. Dann eröffne ich die
zweite namentliche Abstimmung .

Ist jemand im Saal, der seine Stimme für den zweiten
namentlichen Abstimmungsvorgang noch nicht abgege-
ben hat? – Das ist nicht der Fall . Dann schließe ich auch
diese Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und
Schriftführer um Auszählung .1) – Nehmen Sie bitte wie-
der einen Augenblick Platz .

Es werden jetzt schon wieder die geleerten Urnen an
die bekannten Stellen getragen, sodass wir zum dritten
Änderungsantrag mit namentlicher Abstimmung kom-
men .

Wir kommen zum Änderungsantrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen auf der Drucksache 18/12595
zur Änderung der Artikel 91b und 104c des Grundge-
setzes . Hier geht es um Vereinbarungen zur Sicherstel-
lung der Leistungsfähigkeit und Weiterentwicklung des
Bildungswesens . Ich bitte die Schriftführerinnen und
Schriftführer, mir auch hier jetzt wieder ein Signal zu

1) Ergebnis Seite 24006 D

geben, wenn die Urnen erstens am Platz und zweitens
jeweils ordentlich besetzt sind . – Das ist der Fall . Dann
eröffne ich den Abstimmungsvorgang.

Hat ein anwesender Kollege oder eine anwesende
Kollegin seine bzw . ihre Stimmkarte für die dritte na-
mentliche Abstimmung noch nicht abgegeben? – Das
scheint nicht der Fall zu sein . Dann schließe ich die Ab-
stimmung .2)

Bis zum Vorliegen der Ergebnisse der drei namentli-
chen Abstimmungen unterbreche ich die Sitzung, weil
wir selbstverständlich das Ergebnis der Abstimmungen
über die Änderungsanträge kennen müssen, bevor wir in
zweiter Lesung über den Katalog der Änderungen weiter
befinden können.

Die Sitzung ist unterbrochen .


(Unterbrechung von 11 .54 bis 12 .00 Uhr)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823703900

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Bitte

nehmen Sie Platz .

Es geht nach dem Verkünden der Ergebnisse der na-
mentlichen Abstimmungen mit einer Serie einfacher Ab-
stimmungen weiter .

Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schrift-
führern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstim-
mungen bekannt .

Wir kommen zuerst zum Ergebnis der namentlichen
Abstimmung über den Änderungsantrag der Abgeordne-
ten Roland Claus, Gesine Lötzsch, Caren Lay und weite-
rer Abgeordneter der Fraktion Die Linke zu der zweiten
Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgeset-
zes – konkret: zur Änderung von Artikel 90 des Grund-
gesetzes –: abgegebene Stimmen 604 . Mit Ja haben ge-
stimmt 118, mit Nein haben gestimmt 482 . Enthaltungen
gab es 4 . Damit ist dieser Änderungsantrag abgelehnt .

2) Ergebnis Seite 24009 D

Endgültiges Ergebnis

Abgegebene Stimmen: 603;
davon

ja: 117
nein: 482
enthalten: 4

Ja

SPD
Bettina Bähr-Losse
Dr . Ute Finckh-Krämer
Mechthild Rawert

DIE LINKE
Jan van Aken
Dr . Dietmar Bartsch

Herbert Behrens
Karin Binder
Matthias W . Birkwald
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr . Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Dr . André Hahn
Heike Hänsel
Dr . Rosemarie Hein
Inge Höger
Andrej Hunko

Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Stefan Liebich
Dr . Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring

Niema Movassat
Norbert Müller (Potsdam)

Dr . Alexander S . Neu
Thomas Nord
Petra Pau
Harald Petzold (Havelland)

Richard Pitterle
Martina Renner
Michael Schlecht
Dr . Petra Sitte
Dr . Kirsten Tackmann
Azize Tank
Frank Tempel
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Dr . Sahra Wagenknecht

Präsident Dr. Norbert Lammert






(A) (C)



(B) (D)


Katrin Werner
Birgit Wöllert
Hubertus Zdebel
Sabine Zimmermann


(Zwickau)


BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Dr . Franziska Brantner
Agnieszka Brugger
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Dr . Thomas Gambke
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Dr . Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Stephan Kühn (Dresden)

Christian Kühn (Tübingen)

Renate Künast
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Dr . Tobias Lindner
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Cem Özdemir
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)

Corinna Rüffer
Manuel Sarrazin
Elisabeth Scharfenberg

Ulle Schauws
Dr . Gerhard Schick
Dr . Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr . Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr . Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr . Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Dr . Valerie Wilms

Nein

CDU/CSU

Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Peter Altmaier
Artur Auernhammer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Maik Beermann
Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Sybille Benning
Dr . André Berghegger
Dr . Christoph Bergner
Ute Bertram
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr . Maria Böhmer
Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr . Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr . Ralf Brauksiepe
Dr . Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Alexander Dobrindt
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz

Iris Eberl
Jutta Eckenbach
Dr . Bernd Fabritius
Uwe Feiler
Dr . Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsru he-Land)

Dr . Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Thorsten Frei
Dr . Astrid Freudenstein
Dr . Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Dr . Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr . Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Josef Göppel
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann
Monika Grütters
Dr . Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn
Rainer Hajek
Dr . Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr . Stefan Heck
Dr . Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich (Chemnitz)

Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich

Ansgar Heveling
Dr . Heribert Hirte
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Alexander Hoffmann

(Dort mund)

Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr . Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Dr . Mathias Edwin Höschel
Charles M . Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Dr . Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr . Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr . Stefan Kaufmann
Ronja Kemmer
Roderich Kiesewetter
Dr . Georg Kippels
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr . Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr . Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky
Dr . Dr . h . c . Karl A . Lamers
Andreas G . Lämmel
Dr . Norbert Lammert
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Barbara Lanzinger
Dr . Silke Launert
Paul Lehrieder






(A) (C)



(B) (D)


Dr . Katja Leikert
Dr . Philipp Lengsfeld
Dr . Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Dr . Ursula von der Leyen
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Dr . Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr . Claudia Lücking-Michel
Dr . Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr . Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Reiner Meier
Dr . Michael Meister
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr . h . c . Hans Michelbach
Dr . Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Volker Mosblech
Elisabeth Motschmann
Dr . Gerd Müller

(Braun schweig)

Stefan Müller (Erlangen)

Dr . Philipp Murmann
Dr . Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr . Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr . Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr . Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer

Eckhard Pols
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Alois Rainer
Dr . Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr . Heinz Riesenhuber
Iris Ripsam
Johannes Röring
Kathrin Rösel
Dr . Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr . Wolfgang Schäuble
Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Jana Schimke
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Christian Schmidt (Fürth)

Gabriele Schmidt (Ühlingen)

Patrick Schnieder
Nadine Schön (St . Wendel)

Dr . Ole Schröder

(Wies baden)

Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr . Klaus-Peter Schulze
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr . Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Tino Sorge
Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann
Peter Stein
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Frhr . von Stetten
Dieter Stier
Rita Stockhofe
Gero Storjohann
Stephan Stracke

Max Straubinger
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Stritzl
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr . Sabine Sütterlin-Waack
Dr . Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr . Hans-Peter Uhl
Dr . Volker Ullrich
Arnold Vaatz
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Dr . Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Karl-Heinz Wange
Nina Warken
Kai Wegner
Dr . h . c . Albert Weiler
Marcus Weinberg (Hamburg)

Dr . Anja Weisgerber
Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Oliver Wittke
Dagmar G . Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr . Matthias Zimmer
Gudrun Zollner

SPD

Niels Annen
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Heinz-Joachim Barchmann

Dr . Katarina Barley
Doris Barnett
Klaus Barthel
Dr . Matthias Bartke
Sören Bartol
Bärbel Bas
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Burkhard Blienert
Willi Brase
Dr . Karl-Heinz Brunner
Dr . h . c . Edelgard Bulmahn
Martin Burkert
Dr . Lars Castellucci
Jürgen Coße
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr . Daniela De Ridder
Dr . Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Dr . h . c . Gernot Erler
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr . Johannes Fechner
Dr . Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Dagmar Freitag
Michael Gerdes
Martin Gerster
Angelika Glöckner
Ulrike Gottschalck
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Michael Groß
Uli Grötsch
Wolfgang Gunkel
Bettina Hagedorn
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel
Sebastian Hartmann

(Wa ckernheim)

Dirk Heidenblut
Hubertus Heil (Peine)

Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Heidtrud Henn






(A) (C)



(B) (D)


Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Thomas Hitschler
Dr . Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz-Herrmann
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Ulrich Kelber
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Dr . Hans-Ulrich Krüger
Angelika Krüger-Leißner
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr . Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Hiltrud Lotze
Kirsten Lühmann
Dr . Birgit Malecha-Nissen

Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Dr . Matthias Miersch
Klaus Mindrup
Susanne Mittag
Bettina Müller
Detlef Müller (Chemnitz)

Michelle Müntefering
Dr . Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan
Ulli Nissen
Thomas Oppermann
Mahmut Özdemir (Duisburg)

Aydan Özoğuz
Markus Paschke
Christian Petry
Jeannine Pflugradt
Detlev Pilger
Sabine Poschmann
Joachim Poß
Florian Post
Achim Post (Minden)

Dr . Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr . Sascha Raabe
Dr . Simone Raatz
Martin Rabanus
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr . Carola Reimann
Andreas Rimkus

Sönke Rix
Petra Rode-Bosse
Dennis Rohde
Dr . Martin Rosemann
René Röspel
Dr . Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Sarah Ryglewski
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr . Hans-Joachim

Schabedoth
Axel Schäfer (Bochum)

Dr . Nina Scheer
Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr . Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt (Aachen)

Matthias Schmidt (Berlin)

Dagmar Schmidt (Wetzlar)

Carsten Schneider (Erfurt)

Elfi Scho-Antwerpes
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Stefan Schwartze
Andreas Schwarz
Rita Schwarzelühr-Sutter
Rainer Spiering
Norbert Spinrath
Svenja Stadler

Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Claudia Tausend
Michael Thews
Dr . Karin Thissen
Franz Thönnes
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Gabi Weber
Bernd Westphal

(Wol mirstedt)

Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr . Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

Fraktionslos

Erika Steinbach

Enthalten

SPD

Ingrid Arndt-Brauer
Marco Bülow
Ursula Schulte
Gülistan Yüksel

Bei der Abstimmung über den Änderungsantrag der
Abgeordneten Sven-Christian Kindler, Valerie Wilms,
Anja Hajduk und weiterer Abgeordneter der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung von Artikel 90

und Artikel 143e des Grundgesetzes gab es 603 abgege-
bene Stimmen . Mit Ja haben gestimmt 116, mit Nein 483 .
Enthalten haben sich 4 . Auch dieser Änderungsantrag ist
damit abgelehnt .

Endgültiges Ergebnis

Abgegebene Stimmen: 603;

davon

ja: 115

nein: 484

enthalten: 4

Ja

SPD

Bettina Bähr-Losse

DIE LINKE

Jan van Aken

Dr . Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder
Matthias W . Birkwald
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr . Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Dr . André Hahn
Heike Hänsel
Dr . Rosemarie Hein

Inge Höger
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Stefan Liebich
Dr . Gesine Lötzsch

Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Norbert Müller (Potsdam)

Dr . Alexander S . Neu
Thomas Nord
Petra Pau
Harald Petzold (Havelland)

Richard Pitterle
Martina Renner
Michael Schlecht
Dr . Petra Sitte
Dr . Kirsten Tackmann
Azize Tank






(A) (C)



(B) (D)


Frank Tempel
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Dr . Sahra Wagenknecht
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Hubertus Zdebel
Sabine Zimmermann


(Zwickau)


BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Dr . Franziska Brantner
Agnieszka Brugger
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Dr . Thomas Gambke
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Dr . Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Stephan Kühn (Dresden)

Christian Kühn (Tübingen)

Renate Künast
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Dr . Tobias Lindner
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Cem Özdemir
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner

Claudia Roth (Augsburg)

Corinna Rüffer
Manuel Sarrazin
Elisabeth Scharfenberg
Ulle Schauws
Dr . Gerhard Schick
Dr . Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr . Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr . Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr . Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Dr . Valerie Wilms

Nein

CDU/CSU

Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Peter Altmaier
Artur Auernhammer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Maik Beermann
Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Sybille Benning
Dr . André Berghegger
Dr . Christoph Bergner
Ute Bertram
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr . Maria Böhmer
Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr . Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr . Ralf Brauksiepe
Dr . Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Alexander Dobrindt

Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Iris Eberl
Jutta Eckenbach
Dr . Bernd Fabritius
Uwe Feiler
Dr . Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsru he-Land)

Dr . Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Thorsten Frei
Dr . Astrid Freudenstein
Dr . Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Dr . Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr . Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Josef Göppel
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann
Monika Grütters
Dr . Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn
Rainer Hajek
Dr . Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr . Stefan Heck
Dr . Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich (Chemnitz)

Mark Helfrich

Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Dr . Heribert Hirte
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Alexander Hoffmann

(Dort mund)

Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr . Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Dr . Mathias Edwin Höschel
Charles M . Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Dr . Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr . Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr . Stefan Kaufmann
Ronja Kemmer
Roderich Kiesewetter
Dr . Georg Kippels
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr . Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr . Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky
Dr . Dr . h . c . Karl A . Lamers
Andreas G . Lämmel
Dr . Norbert Lammert
Katharina Landgraf






(A) (C)



(B) (D)


Ulrich Lange
Barbara Lanzinger
Dr . Silke Launert
Paul Lehrieder
Dr . Katja Leikert
Dr . Philipp Lengsfeld
Dr . Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Dr . Ursula von der Leyen
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Dr . Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr . Claudia Lücking-Michel
Dr . Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr . Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Reiner Meier
Dr . Michael Meister
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr . h . c . Hans Michelbach
Dr . Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Volker Mosblech
Elisabeth Motschmann
Dr . Gerd Müller

(Braun schweig)

Stefan Müller (Erlangen)

Dr . Philipp Murmann
Dr . Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr . Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr . Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Martin Patzelt

Dr . Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Alois Rainer
Dr . Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr . Heinz Riesenhuber
Iris Ripsam
Johannes Röring
Kathrin Rösel
Dr . Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr . Wolfgang Schäuble
Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Jana Schimke
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Christian Schmidt (Fürth)

Gabriele Schmidt (Ühlingen)

Patrick Schnieder
Nadine Schön (St . Wendel)

Dr . Ole Schröder

(Wies baden)

Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr . Klaus-Peter Schulze
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr . Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Tino Sorge
Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann
Peter Stein
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Frhr . von Stetten

Dieter Stier
Rita Stockhofe
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Stritzl
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr . Sabine Sütterlin-Waack
Dr . Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr . Hans-Peter Uhl
Dr . Volker Ullrich
Arnold Vaatz
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Dr . Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Karl-Heinz Wange
Nina Warken
Kai Wegner
Dr . h . c . Albert Weiler
Marcus Weinberg (Hamburg)

Dr . Anja Weisgerber
Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Oliver Wittke
Dagmar G . Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr . Matthias Zimmer
Gudrun Zollner

SPD

Niels Annen

Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Heinz-Joachim Barchmann
Dr . Katarina Barley
Doris Barnett
Klaus Barthel
Dr . Matthias Bartke
Sören Bartol
Bärbel Bas
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Burkhard Blienert
Willi Brase
Dr . Karl-Heinz Brunner
Dr . h . c . Edelgard Bulmahn
Martin Burkert
Dr . Lars Castellucci
Jürgen Coße
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr . Daniela De Ridder
Dr . Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Dr . h . c . Gernot Erler
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr . Johannes Fechner
Dr . Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Dr . Ute Finckh-Krämer
Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Dagmar Freitag
Michael Gerdes
Martin Gerster
Angelika Glöckner
Ulrike Gottschalck
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Michael Groß
Uli Grötsch
Wolfgang Gunkel
Bettina Hagedorn
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel
Sebastian Hartmann

(Wa ckernheim)

Dirk Heidenblut






(A) (C)



(B) (D)


Hubertus Heil (Peine)

Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Thomas Hitschler
Dr . Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz-Herrmann
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Ulrich Kelber
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Dr . Hans-Ulrich Krüger
Angelika Krüger-Leißner
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr . Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka

Gabriele Lösekrug-Möller
Hiltrud Lotze
Kirsten Lühmann
Dr . Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Dr . Matthias Miersch
Klaus Mindrup
Susanne Mittag
Bettina Müller
Detlef Müller (Chemnitz)

Michelle Müntefering
Dr . Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan
Ulli Nissen
Thomas Oppermann
Mahmut Özdemir (Duisburg)

Aydan Özoğuz
Markus Paschke
Christian Petry
Jeannine Pflugradt
Detlev Pilger
Sabine Poschmann
Joachim Poß
Florian Post
Achim Post (Minden)

Dr . Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr . Sascha Raabe
Dr . Simone Raatz
Martin Rabanus
Mechthild Rawert

Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr . Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Petra Rode-Bosse
Dennis Rohde
Dr . Martin Rosemann
René Röspel
Dr . Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Sarah Ryglewski
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr . Hans-Joachim

Schabedoth
Axel Schäfer (Bochum)

Dr . Nina Scheer
Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr . Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt (Aachen)

Matthias Schmidt (Berlin)

Dagmar Schmidt (Wetzlar)

Carsten Schneider (Erfurt)

Elfi Scho-Antwerpes
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Stefan Schwartze
Andreas Schwarz
Rita Schwarzelühr-Sutter
Rainer Spiering

Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Claudia Tausend
Michael Thews
Dr . Karin Thissen
Franz Thönnes
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Gabi Weber
Bernd Westphal

(Wol mirstedt)

Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr . Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

Fraktionslos

Erika Steinbach

Enthalten

SPD

Ingrid Arndt-Brauer
Marco Bülow
Ursula Schulte
Gülistan Yüksel

Bei der Abstimmung über den Änderungsantrag
der Abgeordneten Kai Gehring, Katja Dörner, Özcan
Mutlu und weiterer Abgeordneter der Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen zu dem von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung

des Grundgesetzes – hier von Artikel 91b und Arti-
kel 104c – wurden 602 Stimmen abgegeben . Mit Ja
haben gestimmt 117, mit Nein 481 . Wiederum gab es
4 Enthaltungen . Damit ist auch dieser Änderungsan-
trag abgelehnt .

Endgültiges Ergebnis

Abgegebene Stimmen: 602;
davon

ja: 117
nein: 481
enthalten: 4

Ja

CDU/CSU
Uda Heller

SPD
Bettina Bähr-Losse
Detlef Müller (Chemnitz)


DIE LINKE

Jan van Aken
Dr . Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder
Matthias W . Birkwald
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr . Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke

Dr . André Hahn
Heike Hänsel
Dr . Rosemarie Hein
Inge Höger
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay

Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Stefan Liebich
Dr . Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Norbert Müller (Potsdam)

Dr . Alexander S . Neu
Thomas Nord
Petra Pau
Harald Petzold (Havelland)

Richard Pitterle






(A) (C)



(B) (D)


Martina Renner
Michael Schlecht
Dr . Petra Sitte
Dr . Kirsten Tackmann
Azize Tank
Frank Tempel
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Dr . Sahra Wagenknecht
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Hubertus Zdebel
Sabine Zimmermann


(Zwickau)


BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Dr . Franziska Brantner
Agnieszka Brugger
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Dr . Thomas Gambke
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Dr . Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Stephan Kühn (Dresden)

Christian Kühn (Tübingen)

Renate Künast
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Dr . Tobias Lindner
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu

Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Cem Özdemir
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)

Corinna Rüffer
Manuel Sarrazin
Elisabeth Scharfenberg
Ulle Schauws
Dr . Gerhard Schick
Dr . Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr . Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr . Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr . Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Dr . Valerie Wilms

Nein

CDU/CSU

Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Peter Altmaier
Artur Auernhammer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Maik Beermann
Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Sybille Benning
Dr . André Berghegger
Dr . Christoph Bergner
Ute Bertram
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr . Maria Böhmer
Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr . Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr . Ralf Brauksiepe
Dr . Helge Braun
Heike Brehmer

Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Alexander Dobrindt
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Iris Eberl
Jutta Eckenbach
Dr . Bernd Fabritius
Uwe Feiler
Dr . Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsru he-Land)

Dr . Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Thorsten Frei
Dr . Astrid Freudenstein
Dr . Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Dr . Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr . Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Josef Göppel
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann
Monika Grütters
Dr . Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn
Rainer Hajek
Dr . Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr . Stefan Heck

Dr . Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich (Chemnitz)

Mark Helfrich
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Dr . Heribert Hirte
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Alexander Hoffmann

(Dort mund)

Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr . Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Dr . Mathias Edwin Höschel
Charles M . Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Dr . Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr . Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr . Stefan Kaufmann
Ronja Kemmer
Roderich Kiesewetter
Dr . Georg Kippels
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr . Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr . Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky






(A) (C)



(B) (D)


Dr . Dr . h . c . Karl A . Lamers
Andreas G . Lämmel
Dr . Norbert Lammert
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Barbara Lanzinger
Dr . Silke Launert
Paul Lehrieder
Dr . Katja Leikert
Dr . Philipp Lengsfeld
Dr . Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Dr . Ursula von der Leyen
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Dr . Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr . Claudia Lücking-Michel
Dr . Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr . Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Reiner Meier
Dr . Michael Meister
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr . h . c . Hans Michelbach
Dr . Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Volker Mosblech
Elisabeth Motschmann
Dr . Gerd Müller

(Braun schweig)

Stefan Müller (Erlangen)

Dr . Philipp Murmann
Dr . Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr . Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr . Tim Ostermann

Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr . Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Alois Rainer
Dr . Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr . Heinz Riesenhuber
Iris Ripsam
Johannes Röring
Kathrin Rösel
Dr . Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr . Wolfgang Schäuble
Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Jana Schimke
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Christian Schmidt (Fürth)

Gabriele Schmidt (Ühlingen)

Patrick Schnieder
Nadine Schön (St . Wendel)

Dr . Ole Schröder

(Wies baden)

Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr . Klaus-Peter Schulze
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr . Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Tino Sorge
Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann

Peter Stein
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Frhr . von Stetten
Dieter Stier
Rita Stockhofe
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Stritzl
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr . Sabine Sütterlin-Waack
Dr . Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr . Hans-Peter Uhl
Dr . Volker Ullrich
Arnold Vaatz
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Dr . Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Karl-Heinz Wange
Nina Warken
Kai Wegner
Dr . h . c . Albert Weiler
Marcus Weinberg (Hamburg)

Dr . Anja Weisgerber
Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Oliver Wittke
Dagmar G . Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr . Matthias Zimmer
Gudrun Zollner

SPD

Niels Annen
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Heinz-Joachim Barchmann
Dr . Katarina Barley
Doris Barnett
Klaus Barthel
Dr . Matthias Bartke
Sören Bartol
Bärbel Bas
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Burkhard Blienert
Willi Brase
Dr . Karl-Heinz Brunner
Dr . h . c . Edelgard Bulmahn
Martin Burkert
Dr . Lars Castellucci
Jürgen Coße
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr . Daniela De Ridder
Dr . Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Dr . h . c . Gernot Erler
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr . Johannes Fechner
Dr . Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Dr . Ute Finckh-Krämer
Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Dagmar Freitag
Michael Gerdes
Martin Gerster
Angelika Glöckner
Ulrike Gottschalck
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Michael Groß
Uli Grötsch
Wolfgang Gunkel
Bettina Hagedorn
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel
Sebastian Hartmann






(A) (C)



(B) (D)



(Wackernheim)


Dirk Heidenblut
Hubertus Heil (Peine)

Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Thomas Hitschler
Dr . Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz-Herrmann
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Ulrich Kelber
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Dr . Hans-Ulrich Krüger
Angelika Krüger-Leißner
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr . Karl Lauterbach

Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Hiltrud Lotze
Kirsten Lühmann
Dr . Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Dr . Matthias Miersch
Klaus Mindrup
Susanne Mittag
Bettina Müller
Michelle Müntefering
Dr . Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan
Ulli Nissen
Thomas Oppermann
Mahmut Özdemir (Duisburg)

Aydan Özoğuz
Markus Paschke
Christian Petry
Jeannine Pflugradt
Detlev Pilger
Sabine Poschmann
Joachim Poß
Florian Post
Achim Post (Minden)

Dr . Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr . Sascha Raabe
Dr . Simone Raatz
Martin Rabanus

Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr . Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Petra Rode-Bosse
Dennis Rohde
Dr . Martin Rosemann
René Röspel
Dr . Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Sarah Ryglewski
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr . Hans-Joachim

Schabedoth
Axel Schäfer (Bochum)

Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr . Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt (Aachen)

Matthias Schmidt (Berlin)

Dagmar Schmidt (Wetzlar)

Carsten Schneider (Erfurt)

Elfi Scho-Antwerpes
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Stefan Schwartze
Andreas Schwarz
Rita Schwarzelühr-Sutter
Rainer Spiering

Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Claudia Tausend
Michael Thews
Dr . Karin Thissen
Franz Thönnes
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Gabi Weber
Bernd Westphal

(Wol mirstedt)

Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr . Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

Fraktionslos

Erika Steinbach

Enthalten

SPD

Ingrid Arndt-Brauer
Marco Bülow
Ursula Schulte
Gülistan Yüksel

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Ge-
setzentwurf der Bundesregierung auf den Drucksa-
chen 18/11131 und 18/11186 in der bestätigten Aus-
schussfassung .

Wir stimmen über jeden einzelnen Grundgesetzarti-
kel getrennt ab, wobei wir mit den Grundgesetzartikeln
beginnen, über die nicht namentlich abgestimmt wird .
Nur für diejenigen, die das hoffentlich ohnehin sorgfältig
verfolgen: Es gibt keinen Grund für eine Irritation des-
wegen, dass wir jetzt nicht in der Reihenfolge der Grund-
gesetzartikel vorgehen . Vielmehr rufe ich zunächst alle
die Grundgesetzartikel auf, für die es keinen Antrag auf
namentliche Abstimmung gibt, und rufe anschließend die
verbleibenden Grundgesetzartikel auf, über die nament-
lich abgestimmt wird .

Wir beginnen jetzt mit den einfachen Abstimmungen .

Ich komme zunächst zur Änderung von Artikel 91c
des Grundgesetzes . Ziel dieser Grundgesetzänderung ist
die Verbesserung der Digitalisierung von Verwaltungs-
leistungen in Deutschland . Damit wird die Einrichtung

eines verbindlichen bundesweiten Portalverbunds er-
möglicht, über den alle Nutzer einfach und sicher auf die
Onlineanwendungen der öffentlichen Verwaltung von
Bund und Ländern zugreifen können .

Bevor ich das jetzt zur Abstimmung stelle, weise ich
darauf hin, dass es zu diesem und eigentlich fast allen
folgenden Grundgesetzartikeln in der Schlussabstim-
mung beinahe so viele persönliche Erklärungen zur Ab-
stimmung wie Mitglieder im Hause gibt . Deswegen kann
ich Ihnen im Augenblick keine verlässlichen Zahlen sa-
gen. Aber Sie finden das ja alles in den Anlagen unseres
Protokolls ordentlich vor .

Wir stimmen jetzt über die Änderung von Artikel 91c
des Grundgesetzes in der Ausschussfassung ab . Ich bitte
diejenigen, die dieser Änderung zustimmen wollen, um
das Handzeichen . – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? – Dann ist Artikel 91c des Grundgesetzes in zweiter
Lesung einstimmig angenommen .

Ich komme zur Änderung von Artikel 104b des
Grundgesetzes. Hier geht es um Einflussmöglichkeiten






(A) (C)



(B) (D)


des Bundes auf die Ausgestaltung der Länderprogramme
zur Verwendung der Finanzhilfen für Investitionen . Au-
ßerdem werden die Informationsrechte des Bundes zur
Gewährleistung der zweckentsprechenden Verwendung
der Mittel gestärkt . Wer dieser Änderung zustimmen
möchte, bitte ich um das Handzeichen . – Wer stimmt da-
gegen? – Wer enthält sich? – Damit ist auch dies einstim-
mig angenommen .

Ich komme zu dem neuen Artikel 104c des Grundge-
setzes. Der neue Artikel 104c Grundgesetz schafft die
verfassungsrechtliche Grundlage für die Gewährung von
Finanzhilfen des Bundes für bedeutsame Investitionen
finanzschwacher Kommunen im Bereich der Bildungs-
infrastruktur . Wer dem zustimmen will, den bitte ich um
das Handzeichen . – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? – Dann ist auch das so beschlossen .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg . Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich komme zur Änderung von Artikel 108 des Grund-
gesetzes . Durch diese Änderung soll klargestellt werden,
dass die Gesetzgebungskompetenz des Bundes in Bezug
auf das Zusammenwirken von Bund und Ländern in der
Steuerverwaltung auch die Möglichkeit umfasst, Mehr-
heitsentscheidungen, die alle Länder binden, bundesge-
setzlich vorzusehen . Wer dieser Regelung zustimmt, den
bitte ich um das Handzeichen . – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Auch dies findet allgemeine Zustim-
mung .

Artikel 109a des Grundgesetzes . Hier geht es um den
Stabilitätsrat, dem mit dieser Änderung die Kompetenz
übertragen wird, zu überwachen, dass Bund und Länder
die Vorgaben des Artikels 109 Absatz 3 Grundgesetz –
der sogenannten Schuldenbremse – bei Kreditaufnahmen
einhalten . Wer dieser Änderung zustimmen will, den
bitte ich um das Handzeichen . – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Diese Änderung ist mit den Stimmen
von CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen gegen die
Stimmen der Linken angenommen .

Ich komme zur Änderung von Artikel 114 des Grund-
gesetzes . Hier wird dem Bundesrechnungshof das Recht
eingeräumt, für die Prüfung der Bundesverwaltung auch
bei Stellen außerhalb der Bundesverwaltung Erhebun-
gen vorzunehmen . Wer dem zustimmt, den bitte ich um
das Handzeichen . – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? – Bei Enthaltung der Fraktion Die Linke gibt es
ansonsten einmütige Zustimmung .

Ich komme zur Änderung von Artikel 143d des
Grundgesetzes . Durch diese Änderung wird die Mög-
lichkeit eröffnet, den Ländern Saarland und Bremen
Sanierungshilfen des Bundes zu gewähren, damit sie zu-
künftig in die Lage versetzt werden, die Vorgaben des
Artikels 109 Absatz 3 Grundgesetz zur Kreditaufnahme,
also der Schuldenbremse, eigenständig einzuhalten . Wer
dieser Änderung zustimmt, den bitte ich um das Handzei-
chen . – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Wie-
derum bei Enthaltung der Fraktion Die Linke im Übrigen
einmütig so angenommen .

Ich komme zum neuen Artikel 143f des Grundgeset-
zes . Er regelt ein Verfahren, in dem die Bundesregie-
rung, der Bundestag oder mindestens drei Länder ab dem
Jahr 2030 ein Außerkrafttreten von Artikel 143d – über
den haben wir gerade befunden – sowie der einfachge-
setzlichen Regelungen zum bundesstaatlichen Finanz-
ausgleich mit dem Ziel einer Neuregelung herbeiführen
können . Wer dieser Grundgesetzänderung zustimmt, den
bitte ich um das Handzeichen . – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Bei Enthaltung der Fraktion Die Lin-
ke angenommen .

Ich komme zum neuen Artikel 143g des Grundge-
setzes . Der neue Artikel 143g enthält eine Übergangs-
regelung zu Artikel 107 Grundgesetz für die Steuer-
ertragsverteilung, den Länderfinanzausgleich und die
Bundesergänzungszuweisungen bis zum 31 . Dezember
2019 . Wer stimmt für diese Ergänzung? – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Bei Enthaltung der Frak-
tion Die Linke so angenommen .

Wir kommen nun zu den vier Grundgesetzänderun-
gen, für die es einen Antrag auf namentliche Abstim-
mung gibt .

Zunächst komme ich zu Artikel 90 des Grundgesetzes
in der Ausschussfassung . Durch die Änderung des Arti-
kels 90 wird geregelt, dass das Eigentum des Bundes an
den Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des
Fernverkehrs unveräußerlich ist . Außerdem wird die Ver-
waltung der Bundesautobahnen in die Bundesverwaltung
überführt . Diesbezüglich wird geregelt, dass sich der
Bund zur Erfüllung dieser Aufgabe einer Gesellschaft
des privaten Rechts bedienen kann, die im unveräußerli-
chen Eigentum des Bundes steht .

Darüber stimmen wir jetzt namentlich ab . Also bitte
ich die Schriftführerinnen und Schriftführer, wieder ihre
Positionen einzunehmen und mir zu signalisieren, wenn
die Urnen ordnungsgemäß besetzt sind . – Sind alle Ur-
nen besetzt? – Das ist der Fall. Dann eröffne ich jetzt die
vierte namentliche Abstimmung . Es geht um die Ände-
rung des Artikels 90 Grundgesetz .

Ist noch jemand im Saal anwesend, der seine Stimm-
karte nicht abgegeben hat? – Das scheint nicht der Fall
zu sein . Dann können Sie sich wieder auf Ihre Plätze be-
geben . Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer,
die Urnen auszuwechseln;1) denn vorher können wir die
nächste namentliche Abstimmung nicht aufrufen .

Darf ich noch einmal darum bitten, wieder auf die ver-
fügbaren Plätze zurückzugehen? – Meine gelegentlich
vorgetragene Sorge, wir könnten bei einer möglichen
Vergrößerung des Bundestages gar nicht genug Sitzplät-
ze haben, ist offenkundig unbegründet, weil viele Kolle-
ginnen und Kollegen gar keinen brauchen .


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


Ich komme jetzt zur Änderung von Artikel 107 des
Grundgesetzes in der Ausschussfassung . Durch diese
Änderung wird das bestehende System des bundesstaat-

1) Ergebnis Seite 24015 D

Präsident Dr. Norbert Lammert






(A) (C)



(B) (D)


lichen Finanzausgleichs umfassend reformiert . Die bis-
her in Artikel 107 vorgesehene Möglichkeit eines Um-
satzsteuervorwegausgleichs entfällt, die Verteilung des
Länderanteils an der Umsatzsteuer erfolgt grundsätzlich
nach Maßgabe der Einwohnerzahl. Dies wird modifiziert
durch Zu- und Abschläge zum angemessenen Ausgleich
der Unterschiede in der Finanzkraft . Darüber hinaus
werden Sondertatbestände für besondere Bereiche sowie
Zuweisungen des Bundes zum Ausgleich bestimmter
Steuerkraftunterschiede geregelt .

Ich bitte auch hier wieder, mir ein Signal zu geben,
wenn die Urnen besetzt sind . – Sind die Urnen überall
besetzt? – Es sieht so aus. Ich eröffne die fünfte nament-
liche Abstimmung .

Ist noch jemand im Saal, der zu dieser fünften nament-
lichen Abstimmung seine Stimmkarte nicht abgegeben
hat? – Dann schließe ich auch die fünfte namentliche
Abstimmung .1)

Ich komme jetzt zur Änderung von Artikel 125c des
Grundgesetzes in der Ausschussfassung . Durch diese
Änderung werden die verfassungsrechtlichen Voraus-
setzungen für eine Fortführung der Finanzhilfen für
Seehafenlasten an die Länder Bremen, Hamburg, Meck-
lenburg-Vorpommern, Niedersachsen sowie Schles-
wig-Holstein geschaffen. Das gilt auch für Finanzhilfen
für besondere Programme nach § 6 Absatz 1 des Gemein-
deverkehrsfinanzierungsgesetzes.

Sind die Plätze an den Urnen besetzt? – Ich eröffne die
sechste namentliche Abstimmung .

Hat ein anwesendes Mitglied des Hauses seine Stim-
me für diese sechste namentliche Abstimmung noch nicht
abgegeben? – Das ist nicht erkennbar . Dann schließe ich
diesen Abstimmungsvorgang .2)

Wir kommen zum neuen Artikel 143e des Grundge-
setzes in der Ausschussfassung . Der neue Artikel 143e
enthält verschiedene Regelungen im Zusammenhang mit
der Umwandlung der Auftragsverwaltung für die Bun-
desautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fern-
verkehrs durch die Länder in Bundesverwaltung . – Ur-
nen gibt es schon wieder überall . Gibt es auch überall
zwei Schriftführer? – Da drüben ist das der Fall, hinten
rechts auch, hier vorne offenkundig auch, hinten an den
Glastüren auch. Dann eröffne ich die Abstimmung und
bitte Sie, dann unbedingt einen Augenblick für die weite-
ren Verfahrensankündigungen hierzubleiben .

Ich bitte jetzt alle diejenigen, die ihre Stimme abgege-
ben haben, Platz zu nehmen, und die paar wenigen, die
möglicherweise ihre Stimme noch nicht abgeben haben,
dies jetzt zu tun . – Hat noch jemand seine Stimme für die
siebte namentliche Abstimmung nicht abgegeben? – Das
ist nicht der Fall . Dann schließe ich die Abstimmung .3)

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die übri-
gen Teile des Gesetzentwurfes . Ich bitte diejenigen, die
Artikel 2 des Gesetzentwurfes, also der Inkrafttretens-
regelung, sowie der Einleitung und der Überschrift des

1) Ergebnis Seite 24018 D
2) Ergebnis Seite 24021 B
3) Ergebnis Seite 24021 D

Gesetzentwurfes in der Ausschussfassung zustimmen
wollen, um das Handzeichen . – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Mit den Stimmen der Koalition gegen
die Stimmen der Linken bei Enthaltung der Fraktion Die
Grünen sind damit Artikel 2, Einleitung und Überschrift
des Gesetzentwurfes angenommen .

Nachdem die Kollegin Wilms eine mündliche Erklä-
rung zur Abstimmung abgegeben hat, die ich hiermit auf-
rufe, unterbrechen wir für ein paar Minuten die Sitzung,
um die Ergebnisse der letzten namentlichen Abstimmun-
gen auszuzählen . Das geht erfahrungsgemäß sehr zügig .
Dann folgt die Schlussabstimmung über das gesamte Ge-
setzespaket einschließlich aller Grundgesetzänderungen,
für die wir eine Zweidrittelmehrheit benötigen . Ich bit-
te also schon jetzt dringend darum, allen anderweitigen
Versuchungen tapfer zu widerstehen und am besten im
Plenarsaal zu bleiben und nicht zwischendurch Besuch-
ergruppen zu bedienen, was auch verdienstvoll ist, aber
dazu führt, sich anschließend im Protokoll unter „Nicht
anwesend bei 13 Grundgesetzänderungen“ zu finden.

Das Wort hat jetzt also die Kollegin Valerie Wilms . In
unmittelbarem Anschluss an diese Wortmeldung werde
ich die Sitzung dann für die Auszählung der letzten na-
mentlichen Abstimmungen vor der Schlussabstimmung
unterbrechen . – Bitte schön .


Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823704000

Vielen Dank . – Herr Präsident! Werte Kolleginnen

und Kollegen! Herzlichen Dank, dass Sie mir noch zu-
hören möchten .

Ich habe heute in Bezug auf die Einrichtung einer Au-
tobahngesellschaft anders abgestimmt als die Mehrheit
meiner Fraktion .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Meine Fraktion und ich stimmen darin überein, dass
die Neuorganisation der Bundesautobahnen notwendig
ist. Die Defizite sind einfach zu offensichtlich. Es ist gut,
dass sich meine Fraktion nach langer Debatte zur Ein-
richtung einer Gesellschaft mit beschränkter Behaftung
bekennt . Der ursprüngliche Gesetzentwurf enthielt viele
gefährliche Elemente, die eine Privatisierung ermöglicht
hätten . Ich freue mich deswegen, dass die Mehrheit in
diesem Haus sehr entscheidende Änderungen vorgenom-
men hat .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Damit wurde auf die vielfache Kritik auch aus meiner
Fraktion reagiert . Es ist gut für unsere Demokratie, wenn
bei einer solch entscheidenden Änderung des Grundge-
setzes auch auf die Opposition gehört wird, selbst wenn
sie für die Erreichung der Mehrheit nicht unbedingt not-
wendig ist .

Meiner Fraktion und mir war es wichtig, eine Neuor-
ganisation ohne Privatisierung zu ermöglichen . Deswe-
gen sollte eine Aktiengesellschaft ebenso ausgeschlossen
werden wie die Beteiligung Dritter an Tochtergesell-
schaften . Auch ein Verbot zur Kreditaufnahme und die
Einhaltung der Schuldenbremse sind notwendig . Meine

Präsident Dr. Norbert Lammert






(A) (C)



(B) (D)


Fraktion hat starke parlamentarische Kontrollrechte und
zusätzliche Prüfrechte für den Bundesrechnungshof ver-
langt . Auf alle diese Forderungen ist die Koalition ein-
gegangen .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Einzig bei öffentlich-privaten Partnerschaften kann sich
die Koalition nicht zu einem Ende dieser viel zu teuren
Beschaffungsvariante durchringen. Hier soll es nun we-
nigstens zu einer Beschränkung des Status quo kommen .
Ganze Teilnetze dürfen nicht im Rahmen von ÖPP verge-
ben werden; das haben wir gehört .

Aus meiner fachlichen Sicht komme ich jedoch zu der
Einschätzung, dass ÖPPs in der neuen Gesellschaft nur
eine geringe und langfristig auch gar keine Rolle mehr
spielen werden .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das zeigen die Erfahrungen aus anderen Nationen . Denn
eine Autobahngesellschaft in öffentlicher Hand kann die
Möglichkeiten des privaten Rechtes nutzen, ohne sich
teuer am Markt finanzieren zu müssen.


(Bettina Hagedorn [SPD]: Genau!)


Im Gesamtblick sehe ich – einmal abgesehen von
ÖPP – die Forderungen meiner Fraktion erfüllt .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Man kann darüber diskutieren, ob alle Forderungen im
Grundgesetz festgeschrieben werden müssen . Die Koa-
lition hat die meisten Punkte im Begleitgesetz geregelt .
Das ist anders, als meine Fraktion es bevorzugt hätte .
Das Grundgesetz regelt die grundsätzliche Verfasstheit
unseres Landes . Es ist deswegen sehr diskussionswürdig,
ob hier die Details des Straßenbaus festzulegen sind .

Nicht akzeptieren kann ich das Argument, neue Mehr-
heiten könnten anders beschließen . Das ist das Wesen der
Demokratie .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg . Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Neue Mehrheiten sollen in einer Demokratie selbstver-
ständlich das Recht haben, anders zu gestalten, auch
wenn mir persönlich die Richtung dann vielleicht nicht
mehr passt .

Die Koalition hat sehr wesentliche Änderungen am
Gesetzentwurf vorgenommen . Dadurch wird für mich
deutlich, dass es sich um eine Neuorganisation der Au-

tobahnen handelt und nicht etwa um ein verstecktes Ge-
schenk an Banken und Versicherungen .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Die teilweise sehr lautstarken Warnungen vor einer Pri-
vatisierung öffentlichen Eigentums sind nach den Än-
derungen, die jetzt vorgenommen wurden, einfach nicht
mehr sachgerecht .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich bitte meine Fraktion um Verständnis, dass ich hier
zu einer anderen Einschätzung gekommen bin . Aus Res-
pekt vor der Mehrheit meiner Fraktion habe ich mich
deswegen enthalten, auch wenn ich die Neuorganisation
der Autobahnverwaltung befürworte .
Ich danke allen, mit denen ich über viele Jahre an einem
Konzept für eine Autobahngesellschaft gearbeitet habe .
Die eigentliche Arbeit, werte Kolleginnen und Kollegen,
fängt jetzt erst an .

Danke .

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823704100

Ich nutze die Gelegenheit des Beitrags von Frau

Wilms, darauf hinzuweisen, dass hier an einem Beispiel
mündlich verdeutlicht wird, wie schwierig der Abwä-
gungsprozess für viele Kolleginnen und Kollegen an die-
ser oder an jener Stelle oder im Ganzen gewesen ist, und
mache deswegen ausdrücklich darauf aufmerksam, dass
es außer dieser hier mündlich vorgetragenen Erklärung
zur Abstimmung viele Dutzende ähnliche persönliche
Erklärungen zur Abstimmung gibt, die erfreulicherweise
nicht alle mündlich vorgetragen werden sollen und kön-
nen, aber natürlich dem Protokoll beigefügt werden .

Da ich nun schon die von den Schriftführerinnen und
Schriftführern ermittelten Ergebnisse der namentlichen
Abstimmungen habe, brauchen wir keine Sitzungsunter-
brechung . Das erweist sich als außerordentlich klug, weil
wir so die Sitzung bei voller Präsenz fortsetzen können . –
Ich trage jetzt der Reihe nach die Auszählungsergebnisse
der vier namentlichen Abstimmungen zu den Änderun-
gen der Grundgesetzartikel, die einzeln aufgerufen wor-
den sind, vor .

Wir kommen zunächst zum Ergebnis der namentli-
chen Abstimmung zu Artikel 1 Nummer 1 des Gesetz-
entwurfes in der Ausschussfassung zum Artikel 90 des
Grundgesetzes: abgegebene Stimmen 603 . Mit Ja haben
gestimmt 455, mit Nein haben gestimmt 146, Enthaltun-
gen gab es 2 . Damit ist der Artikel 90 des Grundgesetzes
in dieser Fassung angenommen .

Endgültiges Ergebnis

Abgegebene Stimmen: 603;
davon

ja: 455
nein: 146
enthalten: 2

Ja

CDU/CSU

Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Peter Altmaier

Artur Auernhammer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Maik Beermann

Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Sybille Benning
Dr . André Berghegger
Dr . Christoph Bergner
Ute Bertram

Dr. Valerie Wilms






(A) (C)



(B) (D)


Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr . Maria Böhmer
Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr . Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr . Ralf Brauksiepe
Dr . Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Alexander Dobrindt
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Iris Eberl
Jutta Eckenbach
Dr . Bernd Fabritius
Uwe Feiler
Dr . Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsru he-Land)

Dr . Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Thorsten Frei
Dr . Astrid Freudenstein
Dr . Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Dr . Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr . Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann

Monika Grütters
Dr . Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn
Rainer Hajek
Dr . Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr . Stefan Heck
Dr . Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich (Chemnitz)

Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Dr . Heribert Hirte
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Alexander Hoffmann

(Dort mund)

Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr . Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Dr . Mathias Edwin Höschel
Charles M . Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Dr . Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr . Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr . Stefan Kaufmann
Ronja Kemmer
Roderich Kiesewetter
Dr . Georg Kippels
Volkmar Klein
Jürgen Klimke

Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr . Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr . Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky
Dr . Dr . h . c . Karl A . Lamers
Andreas G . Lämmel
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Barbara Lanzinger
Dr . Silke Launert
Paul Lehrieder
Dr . Katja Leikert
Dr . Philipp Lengsfeld
Dr . Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Dr . Ursula von der Leyen
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Dr . Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr . Claudia Lücking-Michel
Dr . Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr . Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Reiner Meier
Dr . Michael Meister
Dr . Angela Merkel
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr . h . c . Hans Michelbach
Dr . Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Volker Mosblech

Elisabeth Motschmann
Dr . Gerd Müller

(Braun schweig)

Stefan Müller (Erlangen)

Dr . Philipp Murmann
Dr . Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr . Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr . Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr . Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Alois Rainer
Dr . Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr . Heinz Riesenhuber
Iris Ripsam
Johannes Röring
Kathrin Rösel
Dr . Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr . Wolfgang Schäuble
Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Jana Schimke
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Christian Schmidt (Fürth)

Gabriele Schmidt (Ühlingen)

Patrick Schnieder
Nadine Schön (St . Wendel)

Dr . Ole Schröder

(Wies baden)

Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr . Klaus-Peter Schulze
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)







(A) (C)



(B) (D)


Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr . Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Tino Sorge
Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann
Peter Stein
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Frhr . von Stetten
Dieter Stier
Rita Stockhofe
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Stritzl
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr . Sabine Sütterlin-Waack
Dr . Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr . Hans-Peter Uhl
Dr . Volker Ullrich
Arnold Vaatz
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Dr . Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Karl-Heinz Wange
Nina Warken
Kai Wegner
Dr . h . c . Albert Weiler
Marcus Weinberg (Hamburg)

Dr . Anja Weisgerber
Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker

Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Oliver Wittke
Dagmar G . Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr . Matthias Zimmer
Gudrun Zollner

SPD

Niels Annen
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Heinz-Joachim Barchmann
Dr . Katarina Barley
Doris Barnett
Dr . Matthias Bartke
Sören Bartol
Bärbel Bas
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Burkhard Blienert
Willi Brase
Dr . Karl-Heinz Brunner
Dr . h . c . Edelgard Bulmahn
Martin Burkert
Dr . Lars Castellucci
Jürgen Coße
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr . Daniela De Ridder
Dr . Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Dr . h . c . Gernot Erler
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr . Johannes Fechner
Dr . Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Dagmar Freitag
Michael Gerdes

Martin Gerster
Ulrike Gottschalck
Kerstin Griese
Bettina Hagedorn
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel

(Wa ckernheim)

Dirk Heidenblut
Hubertus Heil (Peine)

Gabriela Heinrich
Wolfgang Hellmich
Heidtrud Henn
Gabriele Hiller-Ohm
Thomas Hitschler
Dr . Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz-Herrmann
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Ulrich Kelber
Marina Kermer
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Dr . Hans-Ulrich Krüger
Angelika Krüger-Leißner
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr . Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Hiltrud Lotze
Kirsten Lühmann
Dr . Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Katja Mast
Dr . Matthias Miersch
Klaus Mindrup
Susanne Mittag
Bettina Müller
Detlef Müller (Chemnitz)

Michelle Müntefering
Dr . Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan
Thomas Oppermann

Mahmut Özdemir (Duisburg)

Aydan Özoğuz
Markus Paschke
Jeannine Pflugradt
Sabine Poschmann
Joachim Poß
Achim Post (Minden)

Dr . Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr . Sascha Raabe
Dr . Simone Raatz
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Dr . Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Petra Rode-Bosse
Dennis Rohde
Dr . Martin Rosemann
René Röspel
Dr . Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Sarah Ryglewski
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr . Hans-Joachim

Schabedoth
Axel Schäfer (Bochum)

Dr . Nina Scheer
Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr . Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt (Aachen)

Matthias Schmidt (Berlin)

Dagmar Schmidt (Wetzlar)

Carsten Schneider (Erfurt)

Elfi Scho-Antwerpes
Swen Schulz (Spandau)

Frank Schwabe
Stefan Schwartze
Rita Schwarzelühr-Sutter
Rainer Spiering
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Sonja Steffen
Kerstin Tack
Dr . Karin Thissen
Franz Thönnes
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Bernd Westphal
Dagmar Ziegler
Stefan Zierke






(A) (C)



(B) (D)


Dr . Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

Fraktionslos

Erika Steinbach

Nein

CDU/CSU

Josef Göppel
Dr . Norbert Lammert

SPD

Ingrid Arndt-Brauer
Bettina Bähr-Losse
Klaus Barthel
Marco Bülow
Dr . Ute Finckh-Krämer
Angelika Glöckner
Gabriele Groneberg
Michael Groß
Uli Grötsch
Wolfgang Gunkel
Rita Hagl-Kehl
Sebastian Hartmann
Marcus Held
Gustav Herzog
Cansel Kiziltepe
Hilde Mattheis
Ulli Nissen
Christian Petry
Detlev Pilger
Florian Post
Gerold Reichenbach
Ursula Schulte
Ewald Schurer
Andreas Schwarz
Christoph Strässer
Claudia Tausend
Michael Thews
Carsten Träger
Rüdiger Veit

Gabi Weber

(Wol mirstedt)

Gülistan Yüksel

DIE LINKE

Jan van Aken
Dr . Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Matthias W . Birkwald
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr . Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Dr . André Hahn
Heike Hänsel
Dr . Rosemarie Hein
Inge Höger
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Stefan Liebich
Dr . Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Norbert Müller (Potsdam)

Dr . Alexander S . Neu
Thomas Nord
Petra Pau

Harald Petzold (Havelland)

Richard Pitterle
Martina Renner
Michael Schlecht
Dr . Petra Sitte
Dr . Kirsten Tackmann
Azize Tank
Frank Tempel
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Dr . Sahra Wagenknecht
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Hubertus Zdebel
Sabine Zimmermann


(Zwickau)


BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Dr . Franziska Brantner
Agnieszka Brugger
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Dr . Thomas Gambke
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Dr . Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl

Oliver Krischer
Stephan Kühn (Dresden)

Christian Kühn (Tübingen)

Renate Künast
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Dr . Tobias Lindner
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Cem Özdemir
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)

Corinna Rüffer
Manuel Sarrazin
Elisabeth Scharfenberg
Ulle Schauws
Dr . Gerhard Schick
Dr . Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr . Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr . Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr . Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer

Enthalten

SPD

Martina Stamm-Fibich

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Dr . Valerie Wilms

Wir kommen zum Ergebnis der nächsten nament-
lichen Abstimmung zu Artikel 1 Nummer 5 des Gesetz-
entwurfes in der Ausschussfassung zum Artikel 107 des

Grundgesetzes: abgegebene Stimmen 601 . Mit Ja haben
gestimmt 536, mit Nein haben gestimmt 65, Enthaltungen
gab es keine . Damit ist auch diese Änderung angenommen .

Endgültiges Ergebnis

Abgegebene Stimmen: 601;
davon

ja: 536
nein: 65
enthalten: 0

Ja

CDU/CSU

Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Peter Altmaier

Artur Auernhammer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Maik Beermann

Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Sybille Benning
Dr . André Berghegger
Dr . Christoph Bergner
Ute Bertram






(A) (C)



(B) (D)


Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr . Maria Böhmer
Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr . Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr . Ralf Brauksiepe
Dr . Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Alexander Dobrindt
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Iris Eberl
Jutta Eckenbach
Dr . Bernd Fabritius
Uwe Feiler
Dr . Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsru he-Land)

Dr . Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Thorsten Frei
Dr . Astrid Freudenstein
Dr . Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Dr . Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr . Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann

Monika Grütters
Dr . Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn
Rainer Hajek
Dr . Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr . Stefan Heck
Dr . Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich (Chemnitz)

Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Dr . Heribert Hirte
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Alexander Hoffmann

(Dort mund)

Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr . Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Dr . Mathias Edwin Höschel
Charles M . Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Dr . Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr . Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr . Stefan Kaufmann
Ronja Kemmer
Roderich Kiesewetter
Dr . Georg Kippels
Volkmar Klein
Jürgen Klimke

Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr . Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr . Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky
Dr . Dr . h . c . Karl A . Lamers
Andreas G . Lämmel
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Barbara Lanzinger
Dr . Silke Launert
Paul Lehrieder
Dr . Katja Leikert
Dr . Philipp Lengsfeld
Dr . Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Dr . Ursula von der Leyen
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Dr . Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr . Claudia Lücking-Michel
Dr . Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr . Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Reiner Meier
Dr . Michael Meister
Dr . Angela Merkel
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr . h . c . Hans Michelbach
Dr . Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Volker Mosblech

Elisabeth Motschmann
Dr . Gerd Müller

(Braun schweig)

Stefan Müller (Erlangen)

Dr . Philipp Murmann
Dr . Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr . Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr . Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr . Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Alois Rainer
Dr . Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr . Heinz Riesenhuber
Iris Ripsam
Johannes Röring
Kathrin Rösel
Dr . Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr . Wolfgang Schäuble
Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Jana Schimke
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Christian Schmidt (Fürth)

Gabriele Schmidt (Ühlingen)

Patrick Schnieder
Dr . Ole Schröder

(Wies baden)

Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr . Klaus-Peter Schulze
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Christina Schwarzer






(A) (C)



(B) (D)


Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr . Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Tino Sorge
Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann
Peter Stein
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Dieter Stier
Rita Stockhofe
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Stritzl
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr . Sabine Sütterlin-Waack
Dr . Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr . Hans-Peter Uhl
Dr . Volker Ullrich
Arnold Vaatz
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Dr . Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Karl-Heinz Wange
Nina Warken
Kai Wegner
Dr . h . c . Albert Weiler
Marcus Weinberg (Hamburg)

Dr . Anja Weisgerber
Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz

Heinz Wiese (Ehingen)

Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Oliver Wittke
Dagmar G . Wöhrl
Barbara Woltmann
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr . Matthias Zimmer
Gudrun Zollner

SPD

Niels Annen
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Bettina Bähr-Losse
Heinz-Joachim Barchmann
Dr . Katarina Barley
Doris Barnett
Klaus Barthel
Dr . Matthias Bartke
Sören Bartol
Bärbel Bas
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Burkhard Blienert
Willi Brase
Dr . Karl-Heinz Brunner
Dr . h . c . Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Martin Burkert
Dr . Lars Castellucci
Jürgen Coße
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr . Daniela De Ridder
Dr . Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Dr . h . c . Gernot Erler
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr . Johannes Fechner
Dr . Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Dr . Ute Finckh-Krämer
Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Dagmar Freitag
Michael Gerdes
Martin Gerster

Angelika Glöckner
Ulrike Gottschalck
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Michael Groß
Wolfgang Gunkel
Bettina Hagedorn
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel
Sebastian Hartmann

(Wa ckernheim)

Dirk Heidenblut
Hubertus Heil (Peine)

Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Thomas Hitschler
Dr . Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz-Herrmann
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Ulrich Kelber
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Dr . Hans-Ulrich Krüger
Angelika Krüger-Leißner
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr . Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Hiltrud Lotze
Kirsten Lühmann
Dr . Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Dr . Matthias Miersch
Klaus Mindrup
Susanne Mittag

Bettina Müller
Detlef Müller (Chemnitz)

Michelle Müntefering
Dr . Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan
Ulli Nissen
Thomas Oppermann
Mahmut Özdemir (Duisburg)

Aydan Özoğuz
Markus Paschke
Christian Petry
Jeannine Pflugradt
Detlev Pilger
Sabine Poschmann
Joachim Poß
Florian Post
Achim Post (Minden)

Dr . Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr . Sascha Raabe
Dr . Simone Raatz
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr . Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Petra Rode-Bosse
Dennis Rohde
Dr . Martin Rosemann
René Röspel
Dr . Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Sarah Ryglewski
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr . Hans-Joachim

Schabedoth
Axel Schäfer (Bochum)

Dr . Nina Scheer
Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr . Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt (Aachen)

Matthias Schmidt (Berlin)

Dagmar Schmidt (Wetzlar)

Carsten Schneider (Erfurt)

Elfi Scho-Antwerpes
Ursula Schulte
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Stefan Schwartze
Andreas Schwarz






(A) (C)



(B) (D)


Rita Schwarzelühr-Sutter
Rainer Spiering
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Claudia Tausend
Michael Thews
Dr . Karin Thissen
Franz Thönnes
Carsten Träger
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Gabi Weber
Bernd Westphal

(Wol mirstedt)

Gülistan Yüksel
Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr . Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

DIE LINKE

Jan van Aken
Dr . Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder
Matthias W . Birkwald
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr . Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Dr . André Hahn

Heike Hänsel
Dr . Rosemarie Hein
Inge Höger
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Stefan Liebich
Dr . Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Norbert Müller (Potsdam)

Dr . Alexander S . Neu
Thomas Nord
Petra Pau
Harald Petzold (Havelland)

Richard Pitterle
Martina Renner
Michael Schlecht
Dr . Petra Sitte
Dr . Kirsten Tackmann
Azize Tank
Frank Tempel
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Dr . Sahra Wagenknecht
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Hubertus Zdebel
Sabine Zimmermann


(Zwickau)


Fraktionslos

Erika Steinbach

Nein

CDU/CSU

Josef Göppel
Dr . Norbert Lammert

SPD

Ingrid Arndt-Brauer
Uli Grötsch
Rüdiger Veit

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Dr . Franziska Brantner
Agnieszka Brugger
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Dr . Thomas Gambke
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Dr . Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Sven-Christian Kindler

Maria Klein-Schmeink
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Stephan Kühn (Dresden)

Christian Kühn (Tübingen)

Renate Künast
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Dr . Tobias Lindner
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Cem Özdemir
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)

Corinna Rüffer
Manuel Sarrazin
Elisabeth Scharfenberg
Ulle Schauws
Dr . Gerhard Schick
Dr . Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr . Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr . Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr . Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Dr . Valerie Wilms

Wir kommen zum Ergebnis der nächsten namentli-
chen Abstimmung zu Artikel 1 Nummer 9 des Gesetz-
entwurfs, hier zum Artikel 125c Grundgesetz: abgegebe-
ne Stimmen 603 . Mit Ja haben gestimmt 493, mit Nein
66, enthalten haben sich 57 Kollegen . Damit ist auch die-
se Änderung angenommen .1)

1) Endgültiges Ergebnis und Abstimmungsliste Seite 24025 C

Schließlich gebe ich das Ergebnis der namentlichen
Abstimmung zu Artikel 1 Nummer 11 des Gesetzent-
wurfs in der Ausschussfassung, betrifft Artikel 143e
Grundgesetz, bekannt: abgegebene Stimmen 604 . Mit Ja
haben gestimmt 456, mit Nein 145, Enthaltungen gab es
3 . Auch diese Änderung ist damit angenommen .

Endgültiges Ergebnis

Abgegebene Stimmen: 603;

davon

ja: 455

nein: 145

enthalten: 3

Ja

CDU/CSU

Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Peter Altmaier

Artur Auernhammer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Maik Beermann

Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Sybille Benning
Dr . André Berghegger
Dr . Christoph Bergner
Ute Bertram






(A) (C)



(B) (D)


Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr . Maria Böhmer
Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr . Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr . Ralf Brauksiepe
Dr . Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Alexander Dobrindt
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Iris Eberl
Jutta Eckenbach
Dr . Bernd Fabritius
Uwe Feiler
Dr . Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsru he-Land)

Dr . Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Thorsten Frei
Dr . Astrid Freudenstein
Dr . Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Dr . Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr . Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann

Monika Grütters
Dr . Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn
Rainer Hajek
Dr . Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr . Stefan Heck
Dr . Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich (Chemnitz)

Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Dr . Heribert Hirte
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Alexander Hoffmann

(Dort mund)

Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr . Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Dr . Mathias Edwin Höschel
Charles M . Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Dr . Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr . Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr . Stefan Kaufmann
Ronja Kemmer
Roderich Kiesewetter
Dr . Georg Kippels
Volkmar Klein
Jürgen Klimke

Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr . Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr . Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky
Dr . Dr . h . c . Karl A . Lamers
Andreas G . Lämmel
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Barbara Lanzinger
Dr . Silke Launert
Paul Lehrieder
Dr . Katja Leikert
Dr . Philipp Lengsfeld
Dr . Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Dr . Ursula von der Leyen
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Dr . Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr . Claudia Lücking-Michel
Dr . Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr . Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Reiner Meier
Dr . Michael Meister
Dr . Angela Merkel
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr . h . c . Hans Michelbach
Dr . Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Volker Mosblech

Elisabeth Motschmann
Dr . Gerd Müller

(Braun schweig)

Stefan Müller (Erlangen)

Dr . Philipp Murmann
Dr . Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr . Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr . Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr . Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Alois Rainer
Dr . Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr . Heinz Riesenhuber
Iris Ripsam
Johannes Röring
Kathrin Rösel
Dr . Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr . Wolfgang Schäuble
Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Jana Schimke
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Christian Schmidt (Fürth)

Gabriele Schmidt (Ühlingen)

Patrick Schnieder
Nadine Schön (St . Wendel)

Dr . Ole Schröder

(Wies baden)

Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr . Klaus-Peter Schulze
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)







(A) (C)



(B) (D)


Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr . Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Tino Sorge
Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann
Peter Stein
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Frhr . von Stetten
Dieter Stier
Rita Stockhofe
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Stritzl
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr . Sabine Sütterlin-Waack
Dr . Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr . Hans-Peter Uhl
Dr . Volker Ullrich
Arnold Vaatz
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Dr . Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Karl-Heinz Wange
Nina Warken
Kai Wegner
Dr . h . c . Albert Weiler
Marcus Weinberg (Hamburg)

Dr . Anja Weisgerber
Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker

Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Oliver Wittke
Dagmar G . Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr . Matthias Zimmer
Gudrun Zollner

SPD

Niels Annen
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Heinz-Joachim Barchmann
Dr . Katarina Barley
Doris Barnett
Dr . Matthias Bartke
Sören Bartol
Bärbel Bas
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Burkhard Blienert
Willi Brase
Dr . Karl-Heinz Brunner
Dr . h . c . Edelgard Bulmahn
Martin Burkert
Dr . Lars Castellucci
Jürgen Coße
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr . Daniela De Ridder
Dr . Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Dr . h . c . Gernot Erler
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr . Johannes Fechner
Dr . Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Dr . Ute Finckh-Krämer
Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Dagmar Freitag

Michael Gerdes
Martin Gerster
Ulrike Gottschalck
Kerstin Griese
Bettina Hagedorn
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel
Sebastian Hartmann

(Wa ckernheim)

Dirk Heidenblut
Hubertus Heil (Peine)

Gabriela Heinrich
Wolfgang Hellmich
Heidtrud Henn
Gabriele Hiller-Ohm
Thomas Hitschler
Dr . Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz-Herrmann
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Ulrich Kelber
Marina Kermer
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Dr . Hans-Ulrich Krüger
Angelika Krüger-Leißner
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr . Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Hiltrud Lotze
Kirsten Lühmann
Dr . Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Katja Mast
Dr . Matthias Miersch
Klaus Mindrup
Susanne Mittag
Bettina Müller
Detlef Müller (Chemnitz)

Michelle Müntefering
Dr . Rolf Mützenich
Andrea Nahles

Dietmar Nietan
Thomas Oppermann
Mahmut Özdemir (Duisburg)

Aydan Özoğuz
Markus Paschke
Jeannine Pflugradt
Sabine Poschmann
Joachim Poß
Achim Post (Minden)

Dr . Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr . Sascha Raabe
Dr . Simone Raatz
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Dr . Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Petra Rode-Bosse
Dennis Rohde
Dr . Martin Rosemann
René Röspel
Dr . Ernst Dieter Rossmann
Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Sarah Ryglewski
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr . Hans-Joachim

Schabedoth
Axel Schäfer (Bochum)

Dr . Nina Scheer
Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr . Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt (Aachen)

Matthias Schmidt (Berlin)

Dagmar Schmidt (Wetzlar)

Carsten Schneider (Erfurt)

Elfi Scho-Antwerpes
Swen Schulz (Spandau)

Frank Schwabe
Stefan Schwartze
Rita Schwarzelühr-Sutter
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Sonja Steffen
Kerstin Tack
Dr . Karin Thissen
Franz Thönnes
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Bernd Westphal
Dagmar Ziegler
Stefan Zierke






(A) (C)



(B) (D)


Dr . Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

Fraktionslos

Erika Steinbach

Nein

CDU/CSU

Josef Göppel
Dr . Norbert Lammert

SPD

Ingrid Arndt-Brauer
Bettina Bähr-Losse
Klaus Barthel
Angelika Glöckner
Gabriele Groneberg
Michael Groß
Uli Grötsch
Wolfgang Gunkel
Rita Hagl-Kehl
Marcus Held
Gustav Herzog
Cansel Kiziltepe
Hilde Mattheis
Ulli Nissen
Christian Petry
Detlev Pilger
Florian Post
Gerold Reichenbach
Ursula Schulte
Ewald Schurer
Andreas Schwarz
Christoph Strässer
Claudia Tausend
Michael Thews
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Gabi Weber

(Wol mirstedt)

Gülistan Yüksel

DIE LINKE

Jan van Aken
Dr . Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder
Matthias W . Birkwald
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr . Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Dr . André Hahn
Heike Hänsel
Dr . Rosemarie Hein
Inge Höger
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Stefan Liebich
Dr . Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Norbert Müller (Potsdam)

Dr . Alexander S . Neu
Thomas Nord
Petra Pau
Harald Petzold (Havelland)

Richard Pitterle
Martina Renner

Michael Schlecht
Dr . Petra Sitte
Dr . Kirsten Tackmann
Azize Tank
Frank Tempel
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Dr . Sahra Wagenknecht
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Hubertus Zdebel
Sabine Zimmermann


(Zwickau)


BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Dr . Franziska Brantner
Agnieszka Brugger
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Dr . Thomas Gambke
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Dr . Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Stephan Kühn (Dresden)


Christian Kühn (Tübingen)

Renate Künast
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Dr . Tobias Lindner
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Cem Özdemir
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)

Corinna Rüffer
Manuel Sarrazin
Elisabeth Scharfenberg
Ulle Schauws
Dr . Gerhard Schick
Dr . Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr . Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr . Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr . Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Dr . Valerie Wilms

Enthalten

SPD

Marco Bülow
Rainer Spiering
Martina Stamm-Fibich

Wir kommen zur

dritten Beratung

und Schlussabstimmung .

Ich hatte schon angekündigt, dass zahlreiche persönli-
che Erklärungen zur Abstimmung vorliegen .1)

Ich weise darauf hin, dass zur Annahme des Gesetz-
entwurfs die Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder

1) Anlagen 2 – 8

des Deutschen Bundestages erforderlich ist; das sind
mindestens 420 Stimmen . Dass wir mit dem gerade fest-
gestellten Ergebnis in zweiter Lesung die vorgesehenen
Änderungen angenommen haben, kann man sicherlich
als allgemein so verstanden voraussetzen .

Ich trage es aber noch einmal ausdrücklich vor: Nach-
dem also der Gesetzentwurf einschließlich der namentli-
chen Abstimmungen in zweiter Beratung angenommen
ist, kommen wir nun zur Schlussabstimmung, für die
eine Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Bundes-






(A) (C)



(B) (D)


tages erforderlich ist . Auch diese Abstimmung führen
wir namentlich durch . Deswegen bitte ich wieder die
Schriftführerinnen und Schriftführer, ihre Plätze einzu-
nehmen. – Bevor ich die Abstimmung eröffne, weise ich
darauf hin, dass wir nach dieser namentlichen Abstim-
mung eine weitere namentliche Abstimmung haben, nur
damit niemand meint, mit dieser Abstimmung seien die
Geschäfte für heute abschließend geregelt . – Die Abstim-
mung ist eröffnet.

Hat bei der Schlussabstimmung über die Grundgesetz-
änderungen jeder anwesende Kollege seine Stimmkarte
abgegeben? – Ich sehe jedenfalls nirgendwo Bewegung
oder Signale . Also schließe ich hiermit die achte nament-
liche Abstimmung .1)

Ich unterbreche gleich die Sitzung für einen Augen-
blick, weil wir nach Bekanntgabe des Ergebnisses der

1) Ergebnis Seite 24028 C

Schlussabstimmung noch über die damit verbundenen
gesetzlichen Regelungen zum Finanzausgleichssystem
ab dem Jahre 2020 zu befinden haben und es dazu ei-
nen Änderungsantrag gibt, für den namentliche Abstim-
mung beantragt ist . Wir werden also unmittelbar nach
der unterbrochenen Sitzung und der Bekanntgabe des
Abstimmungsergebnisses eine weitere namentliche Ab-
stimmung durchführen .

Ich muss wegen zweier Zahlendreher das von den
Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte und be-
kanntgegebene Ergebnis der sechsten namentlichen
Abstimmung korrigieren bzw . präzisieren – das war die
Abstimmung, die den Artikel 125c des Grundgesetzes
betrifft –: abgegebene Stimmen 603. Mit Ja haben ge-
stimmt 483, mit Nein 66, und Enthaltungen gab es 54 .
Damit haben wir das jetzt hoffentlich korrekt im Proto-
koll .

Endgültiges Ergebnis

Abgegebene Stimmen: 603;
davon

ja: 483
nein: 66
enthalten: 54

Ja

CDU/CSU

Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Peter Altmaier
Artur Auernhammer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Maik Beermann
Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Sybille Benning
Dr . André Berghegger
Dr . Christoph Bergner
Ute Bertram
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr . Maria Böhmer
Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr . Reinhard Brandl
Helmut Brandt

Dr . Ralf Brauksiepe
Dr . Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Alexander Dobrindt
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Iris Eberl
Jutta Eckenbach
Dr . Bernd Fabritius
Uwe Feiler
Dr . Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsru he-Land)

Dr . Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Thorsten Frei
Dr . Astrid Freudenstein
Dr . Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Dr . Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr . Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf

Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann
Monika Grütters
Dr . Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn
Rainer Hajek
Dr . Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr . Stefan Heck
Dr . Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich (Chemnitz)

Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Dr . Heribert Hirte
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Alexander Hoffmann

(Dort mund)


Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr . Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Dr . Mathias Edwin Höschel
Charles M . Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Dr . Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr . Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr . Stefan Kaufmann
Ronja Kemmer
Roderich Kiesewetter
Dr . Georg Kippels
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr . Günter Krings
Rüdiger Kruse

Präsident Dr. Norbert Lammert






(A) (C)



(B) (D)


Bettina Kudla
Dr . Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky
Dr . Dr . h . c . Karl A . Lamers
Andreas G . Lämmel
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Barbara Lanzinger
Dr . Silke Launert
Paul Lehrieder
Dr . Katja Leikert
Dr . Philipp Lengsfeld
Dr . Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Dr . Ursula von der Leyen
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Dr . Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr . Claudia Lücking-Michel
Dr . Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr . Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Reiner Meier
Dr . Michael Meister
Dr . Angela Merkel
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr . h . c . Hans Michelbach
Dr . Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Volker Mosblech
Elisabeth Motschmann
Dr . Gerd Müller

(Braun schweig)

Stefan Müller (Erlangen)

Dr . Philipp Murmann
Dr . Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr . Georg Nüßlein

Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr . Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Dr . Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Alois Rainer
Dr . Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr . Heinz Riesenhuber
Iris Ripsam
Johannes Röring
Kathrin Rösel
Dr . Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr . Wolfgang Schäuble
Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Jana Schimke
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Christian Schmidt (Fürth)

Gabriele Schmidt (Ühlingen)

Patrick Schnieder
Nadine Schön (St . Wendel)

Dr . Ole Schröder

(Wies baden)

Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr . Klaus-Peter Schulze
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr . Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Tino Sorge
Jens Spahn
Carola Stauche

Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann
Peter Stein
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Frhr . von Stetten
Dieter Stier
Rita Stockhofe
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Stritzl
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr . Sabine Sütterlin-Waack
Dr . Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr . Hans-Peter Uhl
Dr . Volker Ullrich
Arnold Vaatz
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Dr . Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Karl-Heinz Wange
Nina Warken
Kai Wegner
Dr . h . c . Albert Weiler
Marcus Weinberg (Hamburg)

Dr . Anja Weisgerber
Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Oliver Wittke
Dagmar G . Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik

Emmi Zeulner
Dr . Matthias Zimmer
Gudrun Zollner

SPD

Niels Annen
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Bettina Bähr-Losse
Heinz-Joachim Barchmann
Dr . Katarina Barley
Doris Barnett
Klaus Barthel
Dr . Matthias Bartke
Sören Bartol
Bärbel Bas
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Burkhard Blienert
Willi Brase
Dr . Karl-Heinz Brunner
Dr . h . c . Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Martin Burkert
Dr . Lars Castellucci
Jürgen Coße
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr . Daniela De Ridder
Dr . Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Dr . h . c . Gernot Erler
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr . Johannes Fechner
Dr . Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Dr . Ute Finckh-Krämer
Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Dagmar Freitag
Michael Gerdes
Martin Gerster
Angelika Glöckner
Ulrike Gottschalck
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Michael Groß
Uli Grötsch






(A) (C)



(B) (D)


Wolfgang Gunkel
Bettina Hagedorn
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel
Sebastian Hartmann

(Wa ckernheim)

Dirk Heidenblut
Hubertus Heil (Peine)

Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Thomas Hitschler
Dr . Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz-Herrmann
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Ulrich Kelber
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Dr . Hans-Ulrich Krüger
Angelika Krüger-Leißner
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr . Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Hiltrud Lotze
Kirsten Lühmann
Dr . Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Dr . Matthias Miersch
Klaus Mindrup
Susanne Mittag
Bettina Müller
Detlef Müller (Chemnitz)

Michelle Müntefering

Dr . Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan
Ulli Nissen
Thomas Oppermann
Mahmut Özdemir (Duisburg)

Aydan Özoğuz
Markus Paschke
Christian Petry
Jeannine Pflugradt
Detlev Pilger
Sabine Poschmann
Joachim Poß
Florian Post
Achim Post (Minden)

Dr . Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr . Sascha Raabe
Dr . Simone Raatz
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr . Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Petra Rode-Bosse
Dennis Rohde
Dr . Martin Rosemann
René Röspel
Dr . Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Sarah Ryglewski
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr . Hans-Joachim

Schabedoth
Axel Schäfer (Bochum)

Dr . Nina Scheer
Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr . Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt (Aachen)

Matthias Schmidt (Berlin)

Dagmar Schmidt (Wetzlar)

Carsten Schneider (Erfurt)

Elfi Scho-Antwerpes
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Stefan Schwartze
Andreas Schwarz
Rita Schwarzelühr-Sutter
Rainer Spiering

Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Claudia Tausend
Michael Thews
Dr . Karin Thissen
Franz Thönnes
Carsten Träger
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Gabi Weber
Bernd Westphal

(Wol mirstedt)

Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr . Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

Fraktionslos

Erika Steinbach

Nein

CDU/CSU

Josef Göppel
Dr . Norbert Lammert
Martin Patzelt

SPD

Ingrid Arndt-Brauer
Ursula Schulte
Rüdiger Veit

DIE LINKE

Stefan Liebich

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Dr . Franziska Brantner
Agnieszka Brugger
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Dr . Thomas Gambke

Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Dr . Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Stephan Kühn (Dresden)

Christian Kühn (Tübingen)

Renate Künast
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Dr . Tobias Lindner
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Cem Özdemir
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)

Corinna Rüffer
Manuel Sarrazin
Elisabeth Scharfenberg
Ulle Schauws
Dr . Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr . Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr . Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr . Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Dr . Valerie Wilms

Enthalten

SPD

Gülistan Yüksel






(A) (C)



(B) (D)


DIE LINKE

Jan van Aken
Dr . Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder
Matthias W . Birkwald
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr . Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke

Nicole Gohlke
Dr . André Hahn
Heike Hänsel
Dr . Rosemarie Hein
Inge Höger
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert

Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Dr . Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Norbert Müller (Potsdam)

Dr . Alexander S . Neu
Thomas Nord
Petra Pau
Harald Petzold (Havelland)

Richard Pitterle

Martina Renner
Michael Schlecht
Dr . Petra Sitte
Dr . Kirsten Tackmann
Azize Tank
Frank Tempel
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Dr . Sahra Wagenknecht
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Hubertus Zdebel
Sabine Zimmermann


(Zwickau)


Die Sitzung ist jetzt für wenige Minuten unterbrochen .


(Unterbrechung von 12 .56 bis 13 .02 Uhr)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823704200

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich gebe Ihnen das von den Schriftführerinnen und
Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen
Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf der Bun-
desregierung zur Änderung des Grundgesetzes mit den
mehrfach aufgerufenen einzelnen Artikeln bekannt: ab-

gegebene Stimmen 603 . Mit Ja haben gestimmt 455, mit
Nein haben gestimmt 87, Enthaltungen gab es 61 . Die für
die Annahme erforderliche Mehrheit von zwei Dritteln
der Mitglieder des Bundestages liegt bei 420 Stimmen .1)
Damit ist die notwendige Mehrheit erreicht und sind die-
se Änderungen so beschlossen .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg . Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


1) Anlage 9

Endgültiges Ergebnis

Abgegebene Stimmen: 603;
davon

ja: 455
nein: 87
enthalten: 61

Ja

CDU/CSU

Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Peter Altmaier
Artur Auernhammer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Maik Beermann
Manfred Behrens (Börde)

Sybille Benning
Dr . André Berghegger
Dr . Christoph Bergner
Ute Bertram
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser

Dr . Maria Böhmer
Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr . Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr . Ralf Brauksiepe
Dr . Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Alexander Dobrindt
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Iris Eberl
Jutta Eckenbach
Dr . Bernd Fabritius
Uwe Feiler
Dr . Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsru he-Land)


Dr . Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Thorsten Frei
Dr . Astrid Freudenstein
Dr . Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Dr . Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr . Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann
Monika Grütters
Dr . Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn

Rainer Hajek
Dr . Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr . Stefan Heck
Dr . Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich (Chemnitz)

Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Dr . Heribert Hirte
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Alexander Hoffmann

(Dort mund)

Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr . Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Dr . Mathias Edwin Höschel
Charles M . Huber






(A) (C)



(B) (D)


Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Dr . Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr . Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr . Stefan Kaufmann
Ronja Kemmer
Roderich Kiesewetter
Dr . Georg Kippels
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr . Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr . Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky
Dr . Dr . h . c . Karl A . Lamers
Andreas G . Lämmel
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Barbara Lanzinger
Dr . Silke Launert
Paul Lehrieder
Dr . Katja Leikert
Dr . Philipp Lengsfeld
Dr . Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Dr . Ursula von der Leyen
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Dr . Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr . Claudia Lücking-Michel
Dr . Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Karin Maag

Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr . Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Reiner Meier
Dr . Michael Meister
Dr . Angela Merkel
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr . h . c . Hans Michelbach
Dr . Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Volker Mosblech
Elisabeth Motschmann
Dr . Gerd Müller

(Braun schweig)

Stefan Müller (Erlangen)

Dr . Philipp Murmann
Dr . Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr . Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr . Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Dr . Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Alois Rainer
Dr . Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr . Heinz Riesenhuber
Iris Ripsam
Johannes Röring
Kathrin Rösel
Dr . Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr . Wolfgang Schäuble
Andreas Scheuer

Karl Schiewerling
Jana Schimke
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Christian Schmidt (Fürth)

Gabriele Schmidt (Ühlingen)

Patrick Schnieder
Nadine Schön (St . Wendel)

Dr . Ole Schröder

(Wies baden)

Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr . Klaus-Peter Schulze
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr . Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Tino Sorge
Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann
Peter Stein
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Frhr . von Stetten
Dieter Stier
Rita Stockhofe
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Stritzl
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr . Sabine Sütterlin-Waack
Dr . Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr . Hans-Peter Uhl
Dr . Volker Ullrich
Arnold Vaatz
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Dr . Johann Wadephul

Marco Wanderwitz
Karl-Heinz Wange
Nina Warken
Kai Wegner
Dr . h . c . Albert Weiler
Marcus Weinberg (Hamburg)

Dr . Anja Weisgerber
Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Oliver Wittke
Dagmar G . Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr . Matthias Zimmer
Gudrun Zollner

SPD

Niels Annen
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Heinz-Joachim Barchmann
Dr . Katarina Barley
Doris Barnett
Dr . Matthias Bartke
Sören Bartol
Bärbel Bas
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Burkhard Blienert
Willi Brase
Dr . Karl-Heinz Brunner
Dr . h . c . Edelgard Bulmahn
Martin Burkert
Dr . Lars Castellucci
Jürgen Coße
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr . Daniela De Ridder
Dr . Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier






(A) (C)



(B) (D)


Dr . h . c . Gernot Erler
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr . Johannes Fechner
Dr . Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Dagmar Freitag
Michael Gerdes
Martin Gerster
Ulrike Gottschalck
Kerstin Griese
Bettina Hagedorn
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel

(Wa ckernheim)

Dirk Heidenblut
Hubertus Heil (Peine)

Gabriela Heinrich
Wolfgang Hellmich
Heidtrud Henn
Gabriele Hiller-Ohm
Thomas Hitschler
Dr . Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz-Herrmann
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Ulrich Kelber
Marina Kermer
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Dr . Hans-Ulrich Krüger
Angelika Krüger-Leißner
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr . Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Hiltrud Lotze
Kirsten Lühmann
Dr . Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Katja Mast
Dr . Matthias Miersch

Klaus Mindrup
Susanne Mittag
Bettina Müller
Detlef Müller (Chemnitz)

Michelle Müntefering
Dr . Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan
Ulli Nissen
Thomas Oppermann
Mahmut Özdemir (Duisburg)

Aydan Özoğuz
Markus Paschke
Christian Petry
Jeannine Pflugradt
Sabine Poschmann
Joachim Poß
Achim Post (Minden)

Dr . Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr . Sascha Raabe
Dr . Simone Raatz
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Dr . Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Petra Rode-Bosse
Dennis Rohde
Dr . Martin Rosemann
René Röspel
Dr . Ernst Dieter Rossmann
Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Sarah Ryglewski
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr . Hans-Joachim

Schabedoth
Axel Schäfer (Bochum)

Dr . Nina Scheer
Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr . Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt (Aachen)

Matthias Schmidt (Berlin)

Dagmar Schmidt (Wetzlar)

Carsten Schneider (Erfurt)

Elfi Scho-Antwerpes
Swen Schulz (Spandau)

Frank Schwabe
Stefan Schwartze
Rita Schwarzelühr-Sutter
Rainer Spiering
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich

Sonja Steffen
Kerstin Tack
Dr . Karin Thissen
Franz Thönnes
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Bernd Westphal
Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr . Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

Fraktionslos

Erika Steinbach

Nein

CDU/CSU

Josef Göppel
Dr . Norbert Lammert
Martin Patzelt

SPD

Ingrid Arndt-Brauer
Bettina Bähr-Losse
Klaus Barthel
Marco Bülow
Dr . Ute Finckh-Krämer
Angelika Glöckner
Gabriele Groneberg
Michael Groß
Uli Grötsch
Wolfgang Gunkel
Rita Hagl-Kehl
Marcus Held
Gustav Herzog
Cansel Kiziltepe
Hilde Mattheis
Detlev Pilger
Florian Post
Gerold Reichenbach
Ursula Schulte
Ewald Schurer
Andreas Schwarz
Christoph Strässer
Claudia Tausend
Michael Thews
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Gabi Weber

(Wol mirstedt)

Gülistan Yüksel

DIE LINKE

Jan van Aken

Dr . Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder
Matthias W . Birkwald
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr . Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Dr . André Hahn
Heike Hänsel
Dr . Rosemarie Hein
Inge Höger
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Stefan Liebich
Dr . Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Norbert Müller (Potsdam)

Dr . Alexander S . Neu
Thomas Nord
Petra Pau
Harald Petzold (Havelland)

Richard Pitterle
Martina Renner
Michael Schlecht
Dr . Petra Sitte
Dr . Kirsten Tackmann
Azize Tank
Frank Tempel
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Dr . Sahra Wagenknecht
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Hubertus Zdebel
Sabine Zimmermann


(Zwickau)


BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Uwe Kekeritz






(A) (C)



(B) (D)


Enthalten

CDU/CSU

Veronika Bellmann

SPD

Sebastian Hartmann

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Dr . Franziska Brantner
Agnieszka Brugger

Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Dr . Thomas Gambke
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Dr . Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Katja Keul
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl

Oliver Krischer
Stephan Kühn (Dresden)

Christian Kühn (Tübingen)

Renate Künast
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Dr . Tobias Lindner
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Cem Özdemir
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner

Claudia Roth (Augsburg)

Corinna Rüffer
Manuel Sarrazin
Elisabeth Scharfenberg
Ulle Schauws
Dr . Gerhard Schick
Dr . Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr . Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr . Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr . Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Dr . Valerie Wilms

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Ent-
schließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
auf Drucksache 18/12598 . Wer stimmt für diesen Ent-
schließungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? – Bei Enthaltung der Fraktion Die Linke und Ab-
lehnung durch die Koalitionsfraktionen ist der Entschlie-
ßungsantrag mehrheitlich abgelehnt .

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 9 b und damit
zur Abstimmung über den von der Bundesregierung ein-
gebrachten Gesetzentwurf zur Neuregelung des bundes-
staatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahre 2020
und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschriften . Der
Haushaltsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussemp-
fehlung auf der Drucksache 18/12589, den Gesetzentwurf
der Bundesregierung auf den Drucksachen 18/11135 und
18/11185 in der Ausschussfassung anzunehmen .

Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Die
Linke auf der Drucksache 18/12601 vor, über den wir
zuerst abstimmen . Die Fraktion Die Linke hat nament-
liche Abstimmung verlangt . Also bitte ich die Schrift-
führerinnen und Schriftführer noch einmal, ihre Plätze
einzunehmen und mir ein Signal zu geben, sobald ich die
Abstimmung eröffnen kann. – Sind alle Urnen ordentlich
besetzt? –


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die stimmen da oben schon ab!)


Na ja, das da hinten rechts ist eine nicht ganz geschäfts-
ordnungsgerechte Selbstbedienungsaktion . Aber ich ver-

mute, dass es zwei ordentliche Beobachter als Schriftfüh-
rerinnen und Schriftführer von beiden Seiten des Hauses
gibt und eröffne damit förmlich diese neunte namentliche
Abstimmung .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823704300

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe jetzt das

Mikro und die Leitung übernommen . Gibt es Kollegin-
nen und Kollegen, die noch nicht abgestimmt haben? –
Das sieht nicht so aus . Dann schließe ich die Abstim-
mung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer,
mit der Auszählung zu beginnen .

Bis zum Vorliegen des Ergebnisses der namentlichen
Abstimmung unterbreche ich die Sitzung, weise aber da-
rauf hin, dass wir noch einige Abstimmungen zu diesem
großen Themenkomplex haben .


(Unterbrechung von 13 .08 bis 13 .15 Uhr)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823704400

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sitzung ist wie-

der eröffnet.
Ich gebe Ihnen das von den Schriftführerinnen und

Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen
Abstimmung über den Änderungsantrag der Linken zur
zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregie-
rung bekannt: abgegebene Stimmen 587 . Mit Ja haben
gestimmt 44 Kolleginnen und Kollegen, mit Nein haben
gestimmt 481 . Enthalten haben sich 62 . Der Änderungs-
antrag ist damit abgelehnt .

Endgültiges Ergebnis

Abgegebene Stimmen: 597;

davon

ja: 54

nein: 481

enthalten: 62

Ja

DIE LINKE

Jan van Aken
Dr . Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder

Matthias W . Birkwald
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr . Diether Dehm
Klaus Ernst

Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Dr . André Hahn
Heike Hänsel
Dr . Rosemarie Hein
Inge Höger
Andrej Hunko

Präsident Dr. Norbert Lammert






(A) (C)



(B) (D)


Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Stefan Liebich
Dr . Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Norbert Müller (Potsdam)

Dr . Alexander S . Neu
Thomas Nord
Petra Pau
Harald Petzold (Havelland)

Richard Pitterle
Martina Renner
Michael Schlecht
Dr . Petra Sitte
Dr . Kirsten Tackmann
Azize Tank
Frank Tempel
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Dr . Sahra Wagenknecht
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Hubertus Zdebel
Sabine Zimmermann


(Zwickau)


Nein

CDU/CSU

Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Peter Altmaier
Artur Auernhammer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Maik Beermann
Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Sybille Benning
Dr . André Berghegger
Dr . Christoph Bergner
Ute Bertram

Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr . Maria Böhmer
Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr . Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr . Ralf Brauksiepe
Dr . Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Alexander Dobrindt
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Iris Eberl
Jutta Eckenbach
Dr . Bernd Fabritius
Uwe Feiler
Dr . Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsru he-Land)

Dr . Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Thorsten Frei
Dr . Astrid Freudenstein
Dr . Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Dr . Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr . Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Josef Göppel
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund

Oliver Grundmann
Monika Grütters
Dr . Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn
Rainer Hajek
Dr . Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr . Stefan Heck
Dr . Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich (Chemnitz)

Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Dr . Heribert Hirte
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Alexander Hoffmann

(Dort mund)

Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr . Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Dr . Mathias Edwin Höschel
Charles M . Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Dr . Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr . Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr . Stefan Kaufmann
Ronja Kemmer
Roderich Kiesewetter
Dr . Georg Kippels
Volkmar Klein

Jürgen Klimke
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr . Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr . Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky
Dr . Dr . h . c . Karl A . Lamers
Andreas G . Lämmel
Dr . Norbert Lammert
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Barbara Lanzinger
Dr . Silke Launert
Paul Lehrieder
Dr . Katja Leikert
Dr . Philipp Lengsfeld
Dr . Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Dr . Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr . Claudia Lücking-Michel
Dr . Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr . Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Reiner Meier
Dr . Michael Meister
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr . h . c . Hans Michelbach
Dr . Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Volker Mosblech






(A) (C)



(B) (D)


Elisabeth Motschmann
Dr . Gerd Müller

(Braun schweig)

Stefan Müller (Erlangen)

Dr . Philipp Murmann
Dr . Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr . Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr . Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr . Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Alois Rainer
Dr . Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr . Heinz Riesenhuber
Iris Ripsam
Johannes Röring
Kathrin Rösel
Dr . Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr . Wolfgang Schäuble
Karl Schiewerling
Jana Schimke
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Christian Schmidt (Fürth)

Gabriele Schmidt (Ühlingen)

Patrick Schnieder
Nadine Schön (St . Wendel)

Dr . Ole Schröder

(Wies baden)

Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr . Klaus-Peter Schulze
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Christina Schwarzer

Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr . Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Tino Sorge
Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann
Peter Stein
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Frhr . von Stetten
Dieter Stier
Rita Stockhofe
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Stritzl
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr . Sabine Sütterlin-Waack
Dr . Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr . Hans-Peter Uhl
Dr . Volker Ullrich
Arnold Vaatz
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Dr . Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Karl-Heinz Wange
Nina Warken
Kai Wegner
Dr . h . c . Albert Weiler
Marcus Weinberg (Hamburg)

Dr . Anja Weisgerber
Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz

Heinz Wiese (Ehingen)

Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Oliver Wittke
Dagmar G . Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr . Matthias Zimmer
Gudrun Zollner

SPD

Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Bettina Bähr-Losse
Heinz-Joachim Barchmann
Dr . Katarina Barley
Doris Barnett
Klaus Barthel
Dr . Matthias Bartke
Sören Bartol
Bärbel Bas
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Burkhard Blienert
Willi Brase
Dr . Karl-Heinz Brunner
Dr . h . c . Edelgard Bulmahn
Martin Burkert
Dr . Lars Castellucci
Jürgen Coße
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr . Daniela De Ridder
Dr . Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Dr . h . c . Gernot Erler
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr . Johannes Fechner
Dr . Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Dr . Ute Finckh-Krämer
Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese

Dagmar Freitag
Michael Gerdes
Martin Gerster
Angelika Glöckner
Ulrike Gottschalck
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Michael Groß
Uli Grötsch
Wolfgang Gunkel
Bettina Hagedorn
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel
Sebastian Hartmann

(Wa ckernheim)

Dirk Heidenblut
Hubertus Heil (Peine)

Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Thomas Hitschler
Dr . Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz-Herrmann
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Ulrich Kelber
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Dr . Hans-Ulrich Krüger
Angelika Krüger-Leißner
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr . Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Hiltrud Lotze
Kirsten Lühmann
Dr . Birgit Malecha-Nissen






(A) (C)



(B) (D)


Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Dr . Matthias Miersch
Klaus Mindrup
Susanne Mittag
Bettina Müller
Detlef Müller (Chemnitz)

Michelle Müntefering
Dr . Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan
Ulli Nissen
Thomas Oppermann
Mahmut Özdemir (Duisburg)

Aydan Özoğuz
Markus Paschke
Christian Petry
Jeannine Pflugradt
Detlev Pilger
Sabine Poschmann
Joachim Poß
Florian Post
Achim Post (Minden)

Dr . Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr . Sascha Raabe
Dr . Simone Raatz
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr . Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Petra Rode-Bosse
Dennis Rohde
Dr . Martin Rosemann
René Röspel
Dr . Ernst Dieter Rossmann

Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Sarah Ryglewski
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr . Hans-Joachim

Schabedoth
Axel Schäfer (Bochum)

Dr . Nina Scheer
Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr . Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt (Aachen)

Matthias Schmidt (Berlin)

Dagmar Schmidt (Wetzlar)

Carsten Schneider (Erfurt)

Elfi Scho-Antwerpes
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Stefan Schwartze
Andreas Schwarz
Rita Schwarzelühr-Sutter
Rainer Spiering
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Claudia Tausend
Michael Thews
Dr . Karin Thissen
Franz Thönnes
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Gabi Weber
Bernd Westphal


(Wolmirstedt)


Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr . Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer

Fraktionslos

Erika Steinbach

Enthalten

SPD

Marco Bülow
Ursula Schulte
Gülistan Yüksel

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Agnieszka Brugger
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Dr . Thomas Gambke
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Dr . Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul

Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Stephan Kühn (Dresden)

Christian Kühn (Tübingen)

Renate Künast
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Dr . Tobias Lindner
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Cem Özdemir
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)

Corinna Rüffer
Manuel Sarrazin
Elisabeth Scharfenberg
Ulle Schauws
Dr . Gerhard Schick
Dr . Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr . Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr . Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr . Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Dr . Valerie Wilms

Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf auf den
Drucksachen 18/11135 und 18/11185 in der Ausschuss-
fassung zustimmen wollen, um das Handzeichen . – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf
ist damit in zweiter Beratung angenommen . Zugestimmt
haben CDU/CSU und SPD . Dagegen war die Linke, und
enthalten hat sich Bündnis 90/Die Grünen .

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung . Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich jetzt zu erhe-
ben . – Wer stimmt dagegen? – Wer möchte sich ent-
halten? – Der Gesetzentwurf ist angenommen mit Zu-
stimmung von CDU/CSU und SPD, bei Ablehnung der
Linken und Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen .

Tagesordnungspunkt 9 c . Beschlussempfehlung des
Haushaltsausschusses zum Antrag der Fraktion Die Lin-
ke mit dem Titel „Autobahnprivatisierungen im Grund-
gesetz ausschließen“. Der Ausschuss empfiehlt unter
Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 18/12588, den Antrag der Fraktion Die Linke auf
Drucksache 18/11165 abzulehnen . Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Dann
gibt es keine Enthaltungen . Die Beschlussempfehlung ist
angenommen . Zugestimmt haben CDU/CSU und SPD,
dagegen waren die Linke und Bündnis 90/Die Grünen .
Die Beschlussempfehlung ist damit angenommen .

Tagesordnungspunkt 9 d . Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgen-
abschätzung auf Drucksache 18/12599 . Der Ausschuss






(A) (C)



(B) (D)


empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung
die Ablehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf
Drucksache 18/6875 mit dem Titel „Bildungsherausfor-
derungen gemeinsam verantworten – Kooperationsver-
bot in der Bildung endlich aufheben“ . Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Keine . Die Beschlussempfehlung ist
angenommen . Zugestimmt haben CDU/CSU und SPD,
dagegen waren die Linke und Bündnis 90/Die Grünen .

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Druck-
sache 18/7643 mit dem Titel „Finanzierung der Wissen-
schaft auf eine arbeitsfähige Basis stellen – Bildung und
Forschung in förderbedürftigen Regionen solide ausstat-
ten“ . Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschluss-
empfehlung ist angenommen . Zugestimmt haben CDU/
CSU und SPD, dagegen war die Linke, enthalten hat sich
Bündnis 90/Die Grünen .

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buchsta-
be c seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des
Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck-
sache 18/5207 mit dem Titel „In die Zukunft investie-
ren – Ein Wissenschaftswunder initiieren“ . Wer stimmt
für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dage-
gen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist
angenommen . Zugestimmt haben CDU/CSU und SPD,
dagegen war Bündnis 90/Die Grünen, enthalten hat sich
die Linke .

Zusatzpunkt 4 . Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für Verkehr und digitale Infrastruktur zum Antrag der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Investiti-
onsstau auflösen – Zukunft des ÖPNV sichern – Jetzt die
Weichen für den öffentlichen Verkehr von morgen stel-
len“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussemp-
fehlung auf Drucksache 18/12536, den Antrag der Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/10747
abzulehnen . Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die
Beschlussempfehlung ist angenommen . Zugestimmt ha-
ben CDU/CSU und SPD, dagegen waren Bündnis 90/Die
Grünen und die Linke .

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf:

Erste Beratung des von den Abgeordneten Katrin
Göring-Eckardt, Volker Beck (Köln), Brigitte
Pothmer, weiteren Abgeordneten und der Frakti-
on BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung eines
Einwanderungsgesetzes

Drucksache 18/11854

Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Energie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen-
abschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 77 Minuten vorgesehen . – Ich höre kei-
nen Widerspruch . Dann ist das so beschlossen .

Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort Katrin
Göring-Eckardt für Bündnis 90/Die Grünen .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
Deutschland will ein modernes Land sein und ein moder-
neres Land werden . Dafür braucht es jetzt ein Einwande-
rungsgesetz .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg . Dr . Karamba Diaby [SPD])


Dafür sind große und kleine Unternehmen sowie Wirt-
schaftsverbände . Dafür sprechen sich die Wissenschaft,
Rentenexpertinnen und Rentenexperten sowie alle aus,
die etwas von globalem Wettbewerb verstehen . Ein
modernes Einwanderungsgesetz gibt uns in einer zu-
sammenwachsenden Welt den entscheidenden Schub
im Wettstreit um die besten Köpfe und die wichtigen
Fachkräfte . Geben auch Sie sich endlich einen Ruck, und
stimmen Sie unserem Entwurf eines Einwanderungsge-
setzes zu!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


So geht es – kurz zusammengefasst in kurzer Rede-
zeit –: Erstens . Die Einwanderinnen und Einwanderer
bewerben sich um eine Talentkarte für Deutschland .
Zweitens . Sie durchlaufen ein Auswahlverfahren nach
einem Punktesystem . Drittens . Sie reisen zur Jobsuche
nach Deutschland, haben ein Jahr Zeit, eine qualifizierte
Arbeit zu finden. Nein, in diesem Jahr werden sie nicht
alimentiert . Vielmehr versuchen sie in diesem Jahr, selbst
zurechtzukommen . Zu einem modernen Einwanderungs-
land gehört selbstverständlich dazu, dass man die Fami-
lie mitbringen kann . Sonst wird keiner einwandern .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Warum brauchen wir ein solches Gesetz? Ganz ein-
fach: Weil wir keines haben . Wir sind ein Einwande-
rungsland ohne Einwanderungsgesetz . Das muss sich
ändern . Die Chance dazu haben Sie heute .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der Worte sind genug gewechselt . Hier ist die Tat . Wir
legen einen ausformulierten Gesetzentwurf vor, und zwar
hier im Deutschen Bundestag und nicht für die Presse .
Schade, dass Herr Oppermann nicht anwesend ist; denn
für ein Einwanderungsgesetz muss man nun nicht mehr
nach Kanada fahren oder woanders hin, sondern das kann
man heute und hier haben .

Warum gibt es Änderungsbedarf? Wie ist die heutige
Situation? Egal ob es sich um eine potenzielle Pflegerin
bzw. einen Pfleger oder eine Java-Programmiererin han-
delt, beide brauchen bislang eigentlich einen deutschen
Fachanwalt, um sich durch den Dschungel der Regelun-
gen in Deutschland hindurchfinden zu können. Es gibt
48 unterschiedliche Regelungen . Ehrlich gesagt, ohne
fachlichen und irgendwann ohne seelischen Beistand

Vizepräsidentin Claudia Roth






(A) (C)



(B) (D)


kommt man nicht über die zehnte Regelung hinaus . So
halbherzig wird das nichts, nicht in dieser Zeit, in der
andere Länder längst erkannt haben, wie notwendig Ein-
wanderung ist und wie man es macht, nicht in dieser Zeit,
in der es Länder gibt, in denen nicht so verdruckst ge-
tan wird, dass man könnte, aber nicht will . Wir haben
Einwanderungsregelungen, die ausladen. Wir finden, wir
brauchen Einwanderungsregelungen, die einladen, damit
wir im Wettbewerb bestehen können .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Klar: Große Unternehmen werden ihre Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer, ihre Fachkräfte schon fin-
den . Die kleinen Handwerksmeister, die einen Nachfol-
ger suchen, haben aber keine Chance, in Vietnam ein
Anwerbebüro zu gründen . Das ist das, was sich ändern
muss .

Was wir haben, ist schlicht eher eine Ausladung als
eine Einladung . Was wir haben, das bedeutet immer, dass
jemand, der sich überlegt, dass er seine Fachkraft, seine
Ideen in einem anderen Land zur Verfügung stellt, rela-
tiv schnell von allen deutschen Websites weggehen wird
und relativ schnell nach Neuseeland oder nach Australi-
en gehen wird . Dort gibt es nämlich einfache Regelun-
gen . Dort gibt es Klarheit . Dort gibt es keine sinnlose
Bürokratie . Das sind genau die Länder, mit denen wir im
Wettbewerb stehen . Deswegen sage ich Ihnen: Diese Än-
derung ist, auch wenn wir ökonomisch erfolgreich sein
wollen, wenn wir Wachstum wollen, längst überfällig
und längst notwendig .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Man kann sich Ihre Bilanz einmal ganz kurz anschau-
en . 2015 waren gerade einmal 4 Prozent aller Zuziehen-
den Arbeitsmigranten . Nehmen Sie eine andere Zahl:
14 500 Fachkräfte erhielten in demselben Jahr die soge-
nannte Blaue Karte EU, und nur 40 Prozent davon wa-
ren auch tatsächlich eingewandert . Alle anderen haben
nur ihren Aufenthaltsstatus verändert . So geht das nicht
mit der Einwanderung . So geht das nicht in einem Land,
das Fachkräfte braucht, in einem Land, das älter wird, in
einem Land, in dem wir mehr Menschen brauchen, die
auch tatsächlich in die Rentenkasse einzahlen .

Sie haben heute die Chance, diesem Einwanderungs-
gesetz zuzustimmen, und Sie haben die Chance, damit
auch eine Entscheidung zu treffen für mehr Integration.
Wir brauchen mehr Fachkräfte angesichts der Anforde-
rungen der globalisierten Welt, und wir brauchen auch –
das ist mir wichtig – Nachhaltigkeit für die Herkunfts-
länder . Es kann nämlich nicht sein, dass in einem Land,
in dem es nur noch ganz wenige Ärzte gibt, wir diejeni-
gen auch noch abziehen . Dass auch dagegen etwas getan
wird, können Sie mit Verabschiedung unseres Gesetzes
bekommen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn wir über Integration reden, erlauben Sie mir
eine Schlussbemerkung, eine Schlussbemerkung, die
mit diesem Einwanderungsgesetz nichts zu tun hat, die
mir aber heute Morgen hier wichtig ist . Sie können heu-
te Morgen dafür stimmen, dass Einwanderung in diesem

Land gelingt, weil wir Einwanderer brauchen . Heute
Abend können Sie dafür stimmen, dass diejenigen, die
unsere Hilfe brauchen, sie auch bekommen . Ringen Sie
sich durch angesichts der 80 Toten, die es in diesen Tagen
in Afghanistan gab, endlich zu einem Abschiebestopp zu
kommen!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ringen Sie sich durch, nicht weiter hochintegrierte Men-
schen aus diesem Land abzuschieben, und ringen Sie
sich im Außenministerium endlich durch, eine neue La-
gebeschreibung vorzunehmen! Das ist notwendig, das ist
menschlich, und das ist zwingend, wenn es uns darum
geht, wie wir in diesem Land zusammenleben wollen .
Es kann nicht sein, dass Schülerinnen und Schüler, dass
sich die Zivilgesellschaft aufstellen muss, damit Sie das
tun, was doch eigentlich selbstverständlich sein muss:
niemanden abzuschieben in ein Land, das definitiv nicht
sicher ist .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823704500

Vielen Dank, Katrin Göring-Eckardt . – Nächster

Redner: für die Bundesregierung der Parlamentarische
Staatssekretär Dr . Ole Schröder .


(Beifall bei der CDU/CSU)


D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1823704600


Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Frau Göring-Eckardt, ich bin immer wieder
fasziniert von dem Glauben der Grünen, allein das Auf-
enthaltsrecht würde über die qualifizierte Zuwanderung
nach Deutschland entscheiden .


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn man nicht zuhört, dann versteht man auch nichts, Herr Schröder!)


Die Logik dahinter ist wohl: Wenn man nur einen Ham-
mer hat, dann muss wohl jedes Problem ein Nagel sein . –
Anders kann ich mir das nicht erklären .

Kein Ingenieur und kein Informatiker macht seine
Entscheidung, in Deutschland zu arbeiten, in erster Linie
von den rechtlichen Regelungen des Aufenthaltsrechts
abhängig .


(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fragen Sie mal die Handwerkskammern! Fragen Sie mal die Wirtschaftsverbände!)


Der Rechtsrahmen muss es ermöglichen; das ist völlig
richtig. Aber entscheidend, ob eine hochqualifizierte
Fachkraft nach Deutschland kommen will, sind die Le-
bensqualität, die Karrierechancen und vor allem natür-
lich die Verdienstmöglichkeiten, insbesondere die Höhe
der Steuern und Abgaben . Auch die Sprachbarriere spielt
selbstverständlich eine Rolle .


(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie mal mit den Wirt Katrin Göring-Eckardt schaftsunternehmen geredet? Ich denke, Sie reden immer mit der Wirtschaft!)





(A) (C)


(B) (D)


Das heißt, wenn wir für qualifizierte Fachkräfte aus dem
Ausland wirklich attraktiver werden wollen, dann brau-
chen wir niedrigere Steuern und Abgaben . Was wir nicht
brauchen, das sind neue Einwanderungsgesetze .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Nach den jüngsten Reformen des Zuwanderungs-
rechts ist die Bundesrepublik eines der . . . Länder
mit den geringsten Beschränkungen für die . . . Zu-
wanderung hochqualifizierter Fachkräfte.

Das steht in meinem Redemanuskript, aber das steht vor
allen Dingen auch im Wirtschaftsbericht der OECD aus
dem Jahr 2014 .

Unabhängige Institutionen wie die OECD oder der
Sachverständigenrat für Migration und Integration bestä-
tigen Deutschland seit langem, eines der liberalsten und
attraktivsten Rechtssysteme weltweit für die Arbeits-
migration vorzuhalten, meine sehr verehrten Damen und
Herren .

Kurz: Das Aufenthaltsrecht ist nicht der Hemmschuh
bei der qualifizierten Zuwanderung. Was wir nicht brau-
chen, ist ein neues Zuwanderungsrecht . Wir müssen da-
rüber sprechen, was unser Zuwanderungsrecht alles er-
möglicht .


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben! Gehen Sie einmal auf die Website Ihres Ministeriums! Da fallen Sie vom Glauben ab!)


Wir brauchen ein entsprechendes Marketing dafür; denn
wir haben alle Möglichkeiten innerhalb unseres beste-
henden Rechts . Hören Sie also bitte auf, ein erfolgreiches
System mit neuen Gesetzesinitiativen zu verschlimmbes-
sern!

Unser Einwanderungsgesetz, meine sehr verehrten
Damen und Herren, heißt „Aufenthaltsgesetz“ . Die lega-
le Zuwanderung nach Deutschland ist bereits ausführlich
und ausgesprochen großzügig geregelt . Wer dennoch ein
Einwanderungsgesetz fordert, muss sich ehrlich machen:
Welche Zuwanderung zusätzlich, die bisher noch nicht
geregelt ist, wollen wir in unserem Land möglich ma-
chen? Was soll dazukommen?

Die Fraktion der Grünen hat in ihrer Initiative immer-
hin eine klare Antwort gegeben . Was Sie fordern, ist die
ungehemmte Vermengung von Asyl und Arbeitsmigrati-
on .


(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aus welcher Kiste haben Sie sich das geholt?)


Ihr Gesetzentwurf ist ein Plädoyer für die ungesteuerte
Einwanderung von Geringqualifizierten in die deutschen
Sozialsysteme . Damit entlasten Sie gerade nicht im Hin-
blick auf den demografischen Wandel.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gauland!)


Im Gegenteil: Sie verschärfen das demografische Pro-
blem, indem Sie noch mehr Unqualifizierte ins Land ho-
len .


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie mal, lesen Sie den Gesetzentwurf, bevor Sie reden, oder lassen Sie das bleiben?)


Meine Damen und Herren, genauso problematisch
sind Ihre Vorschläge, dass quasi jeder, der zu uns kommt,
auch gleich die doppelte Staatsangehörigkeit erhalten
soll . Haben Sie mitbekommen, dass das antidemokra-
tische Referendum in der Türkei maßgeblich mit den
Stimmen aus Deutschland entschieden wurde?


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Woher wissen Sie eigentlich, dass die das waren? Vielleicht waren es die mit nur türkischem Pass!)


Menschen mit doppelter Staatsangehörigkeit bestimmen
über Demokratie und Rechtsstaat in anderen Staaten,
obwohl sie deren Herrschaftsgewalt überhaupt nicht aus-
gesetzt sind, und das ist problematisch . Wir müssen vor
diesem Hintergrund, nach den Erfahrungen, die wir jetzt
gemacht haben, nicht über eine Ausweitung der Mehr-
staatigkeit nachdenken, sondern über deren Eindäm-
mung .


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr . Karamba Diaby [SPD]: Das ist rückwärts!)


Die Verleihung der Staatsangehörigkeit steht am Ende
eines erfolgreichen Integrationsprozesses . Sie soll den
hier integrierten Menschen eine umfassende politische
Teilhabe ermöglichen . Das Angebot zur Einbürgerung
muss auch die Belange der Aufnahmegesellschaft be-
rücksichtigen . Dafür ist eine bereits erfolgte erfolgrei-
che Integration zentral . Ihre Idee einer nahezu voraus-
setzungslosen Staatsangehörigkeit lehne ich daher mit
Nachdruck ab .


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quark!)


Meine Damen und Herren, wenn wir bei der Zuwan-
derung von Fachkräften nachhaltig Erfolg haben wollen,
müssen wir drei Punkte berücksichtigen .

Erstens: die Steuerung von Zuwanderung . Arbeits-
migration und Asylrecht sind zu unterscheiden . Huma-
nitär Schutzbedürftigen geben wir Asyl . Arbeitskräfte
holen wir im Gegensatz dazu in geordnetem Verfahren
nach unserem Bedarf ins Land,


(Dr . Karamba Diaby [SPD]: Das ist doch Einwanderungsgesetz! Genau das wollen wir! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Reden Sie mal mit den kleinen und mittleren Unternehmen, die jemanden suchen!)


so wie es alle modernen Einwanderungsländer tun . Die
Vermengung von Asyl und Fachkräftezuwanderung halte
ich persönlich wirklich auch für zynisch, und sie lädt –
noch schlimmer – zu Asylmissbrauch ein . Spurwechsel
und ähnliche Fehlanreize müssen wir ausdrücklich ver-

Parl. Staatssekretär Dr. Ole Schröder






(A) (C)



(B) (D)


hindern . Bestehende Durchbrechungen des Systems dür-
fen wir auf gar keinen Fall ausweiten, weil wir ansonsten
unser Asylsystem untergraben, meine sehr verehrten Da-
men und Herren .


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben echt Angst!)


Zu einer gesteuerten Zuwanderungspolitik gehört ganz
elementar auch die Durchsetzung bestehender Ausrei-
sepflichten. Beides geht Hand in Hand. Ihre Pläne, Auf-
enthaltstitel und sogar die Staatsangehörigkeit ausreise-
pflichtigen Geduldeten zu erteilen, wären für Deutschland
ein gigantischer Pull-Faktor, und das hat mit Steuerung
von Zuwanderung wirklich überhaupt nichts zu tun .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Zweitens . Die Zuwanderung muss dem Bedarf ent-
sprechen . Wer mehr Arbeitskräfte ins Land holt, als von
der Wirtschaft benötigt, leistet Lohndumping Vorschub .
Genau das ist ja die Logik des Punktesystems . Das be-
deutet: Ich hole einen Pool von Arbeitskräften ins Land,


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nach dem Bedarf!)


aus dem sich die Wirtschaft dann bedienen kann .


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Die Billigsten!)


Was ist aber dann mit denjenigen, die keinen Arbeitsplatz
bekommen? In den klassischen Zuwanderungsländern
wie Amerika schlafen diese Menschen unter der Brü-
cke . Wir haben den Anspruch, jeden innerhalb unseres
Sozialsystems entsprechend dem Grundsatz der sozialen
Teilhabe zu unterstützen . Das heißt natürlich, dass die
Länder mit einem solchen Punktesystem auch massiv die
Zuwanderung in die Sozialsysteme verstärken . Ich ver-
stehe wirklich nicht, warum gerade die Parteien links der
Mitte innerhalb dieses Hauses ein solches System unter-
stützen . Das leuchtet mir einfach nicht ein . In Ländern
wie Kanada, das Herr Oppermann ja so gerne besucht, ist
ja deshalb auch die Zuwanderung ohne konkretes Joban-
gebot ausgeschlossen worden .


(Dr . Karamba Diaby [SPD]: Der Kollege hat gesagt: „in Anlehnung an Kanada“!)


Die haben es verstanden . Sie wollen jetzt genau das Ge-
genteil einführen .

Meine Damen und Herren, von einem Punktesystem
kann ich nur abraten . Es ist extrem bürokratisch mit sehr
langen Verfahrensdauern und deckt gerade nicht den Be-
darf ab . Im Übrigen: Länder wie Kanada, Australien oder
Neuseeland, die Sie, Frau Göring-Eckardt, ja eben als
positives Beispiel zitiert haben,


(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Als Wettbewerber!)


haben dieses Punktesystem gerade deshalb eingeführt,
um die Zuwanderung einzuschränken, und nicht, um die
Zuwanderung auszudehnen . Das System ist extrem bü-
rokratisch . In Deutschland kann durch die Entbürokrati-
sierung des Verfahrens ein Arbeitsvisum binnen weniger
Wochen, zum Teil binnen zehn Tagen erteilt werden . In

Kanada muss man hingegen selbst mit Jobangebot in der
Regel sechs Monate auf ein Visum warten . Die Zuwan-
derer, aber auch die Wirtschaft würden sich bei Ihnen von
den Grünen sehr herzlich für ein solches System bedan-
ken .

Drittens . Wir brauchen ein gutes Marketing der Mög-
lichkeiten der Zuwanderung nach Deutschland . Das
deutsche Zuwanderungsrecht ist enorm liberal . Unser
unbürokratisches Verfahren für Fachkräfte funktioniert
schnell und transparent . Über diese Erfolgsgeschichte
sollten wir sprechen . Initiativen der Bundesregierung
wie „Make it in Germany“ sind wichtige Bausteine auf
diesem Weg .


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie sich das mal durchgelesen?)


Das reicht aber noch nicht aus .

Meine Damen und Herren, ich weiß, dass einige hier
das Einwanderungsgesetz als ihr Thema lieb gewonnen
haben . Ich appelliere dennoch an Sie, von nationalen Al-
leingängen auf Kosten unserer Sozialsysteme Abstand zu
nehmen .


(Dr . Karamba Diaby [SPD]: Wir reden von Fachkräften, nicht vom Sozialsystem!)


Wir haben ein gutes Aufenthaltsrecht, wir haben bereits
ein Zuwanderungsrecht, das übrigens zu großen Teilen
europäisch geregelt ist . Auch dazu würde mich einmal
Ihre Stellungnahme interessieren . Wollen Sie wirklich ei-
nen deutschen Alleingang, oder wollen Sie das Ganze in
das europäische Rechtssystem einbetten? Wir verhandeln
ja gerade die neue Bluecard-Richtlinie auf europäischer
Ebene . Ich meine: Wir sollten bei diesem bewährten Sys-
tem bleiben . Selbstverständlich besteht die Möglichkeit
der Anpassung . Da, wo es noch unbürokratischer geht,
sollten wir daran arbeiten . Aber eine neue Seite im Bun-
desgesetzblatt mit der Überschrift „Einwanderungsge-
setz“ löst nicht ein einziges Problem, meine sehr verehr-
ten Damen und Herren .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823704700

Vielen Dank, Dr . Schröder . – Nächste Rednerin:

Sevim Dağdelen für die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823704800

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Verehrter Herr Schröder, eines muss ich hier
bezüglich Ihrer Rede schon sagen . Sie kritisieren das
Abstimmungsverhalten hier lebender türkischer Wähle-
rinnen und Wähler, die mehrheitlich dem Referendum
Erdogans über eine Verfassungsänderung in der Türkei
zugestimmt hätten . Daher wollten Sie keine doppelte
Staatsbürgerschaft, darüber machen Sie eine Debatte auf .
Ich frage mich: Warum wurde keine Debatte zur doppel-
ten Staatsbürgerschaft aufgemacht bei den in Deutsch-
land lebenden US-Amerikanern, die Trump gewählt
haben, oder bei den Franzosen, die in Deutschland Le

Parl. Staatssekretär Dr. Ole Schröder






(A) (C)



(B) (D)


Pen gewählt haben? Diese Frage müssen Sie doch be-
antworten .

Dass Sie die Wählerinnen und Wähler jetzt mit dem
Staatsangehörigkeitsgesetz bestrafen wollen, halte ich
für eine falsche Methode, weil das Abstimmungsver-
halten vor allen Dingen eine Folge des Netzwerkes des
türkischen Staatspräsidenten und seiner Partei hier in
Deutschland ist, die diese Netzwerkarbeit auch mit der
Förderung dieser Bundesregierung machen . Das ist doch
das wahre Problem .

Wenn Sie sagen, Sie sind gegen ein Einwanderungs-
gesetz und das Punktesystem, dann möchte ich Sie daran
erinnern: Der Generalsekretär Ihrer Partei steht für ein
Einwanderungsgesetz und auch für ein Punktesystem .
Wir kennen diese Debatten, insofern können wir uns an-
schließen . Wir Linke lehnen ein solches Punktesystem
ab . Aber ich bin einmal auf die Erklärungen Ihrer Uni-
onskolleginnen und -kollegen bezüglich dieser Debatte
gespannt .

Der Gesetzentwurf, den die Grünen vorgelegt haben,
ist aus unserer Sicht keine solide Integrationspolitik . Was
Sie hier vorgelegt haben, ist ein Punktesystem . Das ist
der Kern Ihres Gesetzentwurfes . Das steht auch wort-
wörtlich in Ihrem Gesetzentwurf . Das ist nichts anderes
als ein Ausländerauslesegesetz . Ihre Vorschläge zum
Punktesystem und Auswahlverfahren für aufzunehmen-
de Ausländer lesen sich aus unserer Sicht wie eine Regie-
anweisung aus den Castingshows von Privatfernsehen .
Für die Erfüllung Ihrer Kriterien,


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Bewerbungsverfahren ist es üblich, dass die Leute nach Eignung und Befähigung ausgewählt werden!)


die Sie angeben – Hochschulabschluss, qualifizierte Be-
rufsausbildung, möglichst in Mangelberufen, Berufser-
fahrung, trotzdem aber möglichst jung und wenn alt, dann
nur diejenigen, die eine Rentenanwartschaft mitbringen,


(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das ist immer so!)


Kenntnisse der deutschen Sprache –, gibt es jeweils eine
bestimmte Punktzahl .


(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das muss sich Herr Schröder anhören!)


Dann heißt es in Ihrem Gesetzentwurf wörtlich – ich
zitiere –:

Wer eine festgelegte Mindestpunktzahl erreicht hat,
hat sich für die Einreise nach Deutschland qualifi-
ziert .

Aus diesem Pool der Bewerberinnen und Bewer-
ber werden diejenigen mit der höchsten Punktzahl
aufgenommen, bis die festgelegte Aufnahmezahl
erreicht wird .

Also diejenigen mit den meisten Fleißbienchen erhalten
schließlich eine Aufenthaltserlaubnis . Sie nennen es „Ta-
lentkarte“ . Das ist, meine Damen und Herren, keine sozi-
ale Politik . Das ist nur sozialdarwinistische Politik . Die-

ses Deutschland sucht den Superausländer und Germanys
next Top-Immigrant . Das hätten sich Dieter Bohlen oder
Heidi Klum nicht schlimmer ausdenken können . Wir je-
denfalls lehnen ein solches Punktesystem ab .


(Beifall bei der LINKEN)


Wir lehnen es auch ab, weil sie beispielsweise in Ihrem
Gesetzentwurf einen Fachkräftemangel in Deutschland
unterstellen, den es so pauschal nicht gibt . Angesichts
niedriger Löhne und schlechter Arbeitsbedingungen
verlassen zunehmend Fachkräfte Deutschland . Rund
140 000 Auswanderer verlassen jedes Jahr Deutschland,
vor allem junge und gut ausgebildete . Das hat mit der Po-
litik am Arbeitsmarkt und mit der Lohnentwicklung der
letzten Jahre zu tun . Also ist Deutschland mit dieser Po-
litik eher zum Auswanderungsland gemacht geworden .
Das ist die Realität . Ein Einwanderungsgesetz, das sich
nach der Nützlichkeit der Menschen richtet, in der der
einzelne Mensch als Ware ge- und behandelt wird, leh-
nen wir als Linke ab . Dieses Konzept widerspricht auch
Artikel 1 Grundgesetz, in dem es heißt: „Die Würde des
Menschen ist unantastbar .“


(Beifall bei der LINKEN – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wen stellen Sie als Mitarbeiter ein: Leute ohne Ausbildung?)


Die Würde und nicht das Humankapital des Menschen
ist unantastbar . Die Linke ist für eine solidarische Gesell-
schaft . Wir denken, Deutschland braucht kein Einwande-
rungsgesetz unter falscher Flagge, das den deutschen Un-
ternehmen bessere Ausbeutungsbedingungen schaffen
soll. Wir brauchen bessere Integration und qualifizierte
Ausbildung . Unternehmen müssen in die Ausbildung
hierzulande investieren, statt Fachkräfte aus ärmeren
Ländern anzuwerben .

Mit Ihrem Gesetz fördern Sie beispielsweise auch den
Braindrain aus den Ländern des Südens . Sie ermuntern
Gutausgebildete, ihre Heimat zu verlassen . Für die be-
troffenen Länder ist das verheerend. Das führt auch jede
Art von solider und guter Entwicklungspolitik ad ab-
surdum . Wir sind jederzeit bereit, die Verbesserungen im
Aufenthaltsrecht mitzutragen . Bringen Sie die Vorschlä-
ge für eine erleichterte Einbürgerung und für die Ver-
besserung des Staatsangehörigkeitsgesetzes als Anträge
einzeln ein . Denen werden wir immer zustimmen, keine
Frage . Aber diese grüne Mogelpackung, die Sie vorge-
legt haben, hat nichts mit dem Einwanderungsgesetz zu
tun . Sie haben das Aufenthaltsrecht im Kern nicht ange-
rührt . Sie bringen aber das Punktesystem ins Spiel, das
von Teilen der CDU, der SPD, der Grünen, der FDP bis
zur AfD gefordert wird . Das lehnen wir ab .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823704900

Vielen Dank, Sevim Dağdelen. – Nächster Redner:

Sebastian Hartmann für die SPD-Fraktion .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sevim Dağdelen






(A) (C)



(B) (D)



Sebastian Hartmann (SPD):
Rede ID: ID1823705000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und

Herren! Liebe Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, herzli-
chen Dank für die Vorlage dieses Gesetzentwurfs .


(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Immer gerne!)


Er eröffnet uns die Möglichkeit, eine qualifizierte De-
batte darüber zu führen, wie wir Einwanderung in einem
modernen Staat gestalten wollen .


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr hättet auch einen einbringen können! Dann hätten wir auch darüber geredet!)


So weit zum Guten .

Wir werden uns mit dem Gesetzentwurf natürlich im
Weiteren auseinandersetzen, und ich werde auch klar
Stellung beziehen; aber ich möchte zunächst auf mei-
ne Vorrednerin von den Linken eingehen: Sie müssen
hübsch aufpassen, wenn Sie uns vorwerfen, alles in einen
Topf zu werfen, das aber selber machen .


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


Ich gebe Ihnen ausdrücklich zu bedenken: Wenn Sie wie-
der alles in einen großen Topf packen, das Asylrecht, das
humanitäre Recht und das Einwanderungsrecht,


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Ist doch in dem Gesetz!)


dann machen Sie den Fehler der Vergangenheit, den wir
mit einem modernen Einwanderungsrecht eben abstellen
wollen . Wir wollen vernünftige Regelungen für eine Ein-
wanderung haben .


(Beifall bei der SPD)


Sie begehen noch einen zweiten Fehler – das ist Ih-
nen in Ihrer Argumentation wahrscheinlich gar nicht auf-
gefallen –: Im Zusammenhang mit dem Punktesystem
werfen Sie den Arbeitgebern Sozialauslese und Sozial-
darwinismus vor . Aber Sie haben sich durch einen Satz
verraten . Sie haben gesagt: Damit fördern Sie die Aus-
beutung anderer Arbeitnehmer, die dann Druck auf den
deutschen Arbeitsmarkt auslösen . – Da ist das Problem:
Sie organisieren die Angst in diesem Land, indem Sie
sagen, dass jemand, der nach Deutschland einwandert,
Druck auf den Arbeitsmarkt ausübt, indem er in die So-
zialsysteme einwandert und Druck auf das Lohnsystem
ausübt .


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Quatsch! Das sagt Ihr Kanzlerkandidat! Hören Sie auf! Das ist doch gelogen von Ihnen!)


Das ist das Problem der Linken . Sie bedienen das gleiche
Klischee wie die von Ihnen kritisierte populistische Par-
tei am rechten Rand . Sie bedienen das genauso .


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sahra Wagenknecht ist dabei die Erste, zusammen mit
ihrem Mann Oskar Lafontaine .


(Zuruf der Abg. Sevim Dağdelen [DIE LINKE])


– Denken Sie doch einmal über das Argument nach . Den-
ken Sie darüber nach, wie Sie argumentiert haben .


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Wir haben das gar nicht gesagt!)


– Wenn Sie es nicht glauben, lesen Sie das im Protokoll
nach . Sie haben das selbst gesagt .


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Wo haben wir das gesagt? Unehrlich von Ihnen!)


Es gibt noch etwas, was man in dieser Debatte nicht
tun sollte, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/
CSU . Wir wollen über Einwanderung in einem modernen
Staat reden . Über ein modernes Staatsangehörigkeits-
recht haben wir Anfang dieser Legislaturperiode schon
gesprochen . Wir haben uns auf die doppelte Staatsbür-
gerschaft verständigt .


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Das stimmt nicht! Das ist falsch!)


Wir haben das Optionsmodell abgeschafft, weil wir den
Loyalitätskonflikt auflösen wollten. Eröffnen Sie die Dis-
kussion darüber bitte nicht erneut .


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Sie sind froh über das Lohndumping! Sie machen die Agenda 2010!)


Sie haben im Umfeld eines CDU-Bundesparteitags im
Bruch mit der Linie Ihrer eigenen Kanzlerin Angela
Merkel gesagt, dass Sie wegwollen vom Doppelpass .
Wir haben im Koalitionsvertrag etwas viel Moderneres
beschlossen .

Heute haben Sie diesen Fehler erneut gemacht . Ich
glaube nicht, dass Herr Staatssekretär Ole Schröder hier
eine Stellungnahme der Bundesregierung vorgetragen
hat,


(Dr . Karamba Diaby [SPD]: Parteitagsrede!)


als er etwas zur Doppelstaatsbürgerschaft und den Pro-
blemen, die angeblich nur bei Deutsch-Türken auftreten,
gesagt hat . Meine Damen und Herren, wenn der Brexit
ein Erfolg für die Briten wird und zum Schaden für Euro-
pa und vieler Menschen, die in Britannien arbeiten, dann
wird die doppelte Staatsangehörigkeit für Briten ganz be-
sonders interessant . So einfach ist das nicht . Es geht nicht
nur um Deutsch-Türken .

Wer dann noch das Klischee bedient, dass Türken in
Deutschland angeblich mal eben für Erdogan und seine
Verschärfung der Verfassung gestimmt haben, der ver-
fälscht die Zahlen .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


In der Türkei haben 1,4 Millionen Menschen mehr für
die Verfassungsänderung votiert . In Deutschland waren
knapp 29 Prozent aller Deutsch-Türken in der Abstim-
mung dafür . 416 000 haben dafür gestimmt . Das heißt
umgekehrt, fast 70 Prozent der hier in Deutschland le-






(A) (C)



(B) (D)


benden Türken haben, obwohl sie wahlberechtigt wa-
ren, sich nicht in diesen Loyalitätskonflikt bringen las-
sen . Lassen Sie uns doch endlich anerkennen, dass viele
Menschen sich positiv zu diesem Staat bekennen, egal
welchen zweiten Pass sie haben .


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dann hätte man Wesentliches erreicht, was zu einem mo-
dernen Staat dazugehört .

Deswegen ist die SPD in dieser Debatte sehr selbst-
bewusst . Ja, die Grünen haben jetzt einen Antrag einge-
bracht .


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einen Gesetzentwurf!)


Ja, die SPD hat auf einer Pressekonferenz im November
gesagt: Wir wollen noch in dieser Legislaturperiode ein
modernes Einwanderungsgesetz beschließen, das sich an
folgenden Kriterien orientiert:

Erstens . Wir erkennen an, dass Deutschland eine Ein-
wanderungsgesellschaft ist .

Zweitens . Wir erkennen an, dass Einwanderung auf
Basis eines Punktesystems, angelehnt an Kanada, eine
echte Bereicherung für Deutschland und den Arbeits-
markt sein kann, dass das eine echte wirtschaftliche
Chance für dieses Land sein kann .

Drittens . Wir wollen das ordnen und klar trennen


(Dr . Karamba Diaby [SPD]: Richtig!)


von einem humanitären Recht und dem Asylrecht; denn
das eine hat mit dem anderen nichts zu tun .


(Beifall bei der SPD sowie des Abg . Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Es ist unsere humanitäre Verpflichtung, den internationa-
len Verträgen zur Geltung zu verhelfen .


(Dr . Karamba Diaby [SPD]: Eindeutig! Klar!)


Warum ist das Gesetz noch nicht beschlossen, liebe
Mitbürgerinnen und Mitbürger? Es gibt doch angeblich
eine so progressive linke Mehrheit hier im Parlament, die
von der CDU/CSU-Fraktion schon als Schreckgespenst
an die Wand gemalt wurde .


(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: „Schreckgespenst“? Sie wollen Rot-Rot-Grün machen!)


Das, was Sie gemacht haben, zeigt eines: Sie sind alleine,
meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen vom Koa-
litionspartner .


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Das sehen wir bei jeder Landtagswahl!)


Die Einzigen, die für Ihr Format eines Einwanderungs-
oder Staatsangehörigkeitsrechts stimmen würden, wer-
den möglicherweise gar nicht Mitglieder dieses Parla-
ments . Sollte eine andere, liberale Partei wieder in dieses
Parlament einziehen, gäbe es sogar eine noch breitere
Mehrheit für ein modernes Einwanderungsrecht .

Das ist die Problematik, liebe Grüne: Sie können jetzt
hier zwar ein Einwanderungsgesetz einbringen und dafür
stimmen, aber es gibt dafür keine Mehrheit . Wir hätten
uns hier auf eine andere, gesellschaftlich progressive
Mehrheit verständigen können; aber Sie haben sich der
Regierungsverantwortung verweigert, als es nach der
Bundestagswahl 2013 darum ging, wer die Mehrheit hier
im Bundestag und in diesem Land repräsentieren möchte .

Wir haben uns mit unserem Koalitionspartner auf einen
Koalitionsvertrag verständigt . Dieser sah keine Reform
des Einwanderungsrechts vor . Er sah aber die Abschaf-
fung der Optionspflicht vor, was die doppelte Staatsbür-
gerschaft angeht . Daran halten wir uns . Wir bedauern
sehr, dass unser Vorschlag eines Einwanderungsgesetzes,
das im Wesentlichen ausformuliert ist und deutlich bes-
ser ist als das der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, hier
nicht – gemeinsam mit der Union – beschlossen werden
kann . Aber was nicht ist, das kann ja noch werden . Darü-
ber wird am 24 . September entschieden .

Wir werden mutig dafür werben, werben, dass
Deutschland als Einwanderungsland endlich auch ein
modernes Einwanderungsrecht bekommt . Wir wollen die
50 Aufenthaltstitel, mit denen Einwanderung in Deutsch-
land schon gelungen ist, endlich vernünftig ordnen,
transparent und nachvollziehbar gestalten und Deutsch-
land als modernen Staat in der Welt attraktiv machen .

Lassen Sie uns doch dafür sorgen, dass Menschen, die
hochqualifiziert sind, die aus beruflichen Gründen Inte-
resse an Mobilität haben, nicht irgendwie auf ein Asyl
oder ein humanitäres Recht angewiesen sind, indem wir
ihnen in der Sache klarmachen: Es gibt eine Chance für
dich in Deutschland, wenn du dich bewirbst, wenn du die
entsprechenden Kriterien des Punktesystems erfüllst und
wenn die Zuwanderung eine Bereicherung darstellt, und
zwar für dich selbst als Person und für die aufnehmende
Gesellschaft in Deutschland, die dann von der Einwande-
rung profitiert. – Denn wir haben doch die demografische
Herausforderung, wir haben doch den Fachkräfteverlust,
wir haben doch die Entwicklung, dass die Einwohnerzah-
len in Deutschland zurückgehen . Wenn man diese Fakten
anerkennt, dann müsste man doch zwangsläufig sofort
das Einwanderungsgesetz beschließen, das die SPD vor-
gelegt hat – eine schlanke Lösung mit einer Punktesys-
tematik, die an jene in Kanada angelehnt ist . Lassen Sie
uns das tun . Wenn es nicht heute gelingt, dann werden
wir es bei der Bundestagswahl zur Abstimmung stellen .
Ich bin mir sicher: Es ist Zeit für mehr Gerechtigkeit,
und es ist Zeit für ein modernes Einwanderungsrecht in
Deutschland .

Danke schön .


(Beifall bei der SPD)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823705100

Vielen Dank, Sebastian Hartmann . – Nächster Redner:

Volker Beck für Bündnis 90/Die Grünen .


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823705200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das ist

doch fürwahr eine interessante Debattenlage: Staats-

Sebastian Hartmann






(A) (C)



(B) (D)


sekretär Schröder spricht für die Bundesregierung und
lehnt jegliche Änderungen am Einwanderungsrecht
rundheraus ab; die SPD behauptet aber schlank und frei,
sie würde dafür kämpfen . Sind Sie noch in dieser Koali-
tion, oder ist es schon vorbei? Das ist doch wirklich mehr
als kurios .


(Sebastian Hartmann [SPD]: Wir zählen die Tage runter! – Dr . Karamba Diaby [SPD]: Ja, wir sind drin! Aber lesen Sie mal die Rede des Staatssekretärs! Die wollen das doch nicht!)


Frau Präsidentin, könnten Sie für eine Beendigung der
Aufregung sorgen? Ich habe zu wenig Redezeit .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823705300

Nein, Zwischenrufe sind hier schon erlaubt . Das ma-

chen Sie auch gern .


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823705400

Zur Debattenlage bei Herrn Schröder und Frau

Dağdelen. Herr Schröder meint, jetzt komme die Zuwan-
derung in die Sozialsysteme, wir würden unqualifizierten
Menschen hier eine neue Tür öffnen;


(Sebastian Hartmann [SPD]: Schröder hat sich von der Kanzlerin abgegrenzt!)


Frau Dağdelen beschimpft uns genau für das Gegenteil.
Frau Dağdelen hat den Gesetzentwurf gelesen, aber die
Problemlage unseres Landes nicht verstanden .


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


In der Tat ist es so, dass Deutschland Zuwande-
rung braucht . Schauen Sie sich die neuen Zahlen vom
IAB an: Selbst wenn wir eine Nettozuwanderung von
200 000 Menschen im Jahr erreichen, geht das Arbeits-
kräfteangebot massiv zurück . 200 000 Zuwanderer
netto – das ist eine stattliche Zahl, und das sollte man
vernünftig steuern . Sie sehen doch anhand unseres Punk-
tesystems, was die Voraussetzungen wären: Es geht um
Qualifikation, es geht um soziale Aspekte, und es geht
natürlich auch darum, wie integrationsfähig die Leute
sind, was sie für sprachliche Vorkenntnisse haben, in der
deutschen Sprache und in europäischen Sprachen . Na-
türlich sind das Auslesekriterien . Es geht hier nicht um
Flucht; es geht um Arbeitskräftezuwanderung .


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das sind zwei Paar Stiefel . Man muss es unterschiedlich
regeln: Humanität ohne Obergrenze –


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Ausgerechnet!)


wer Schutz braucht, soll ihn kriegen –, aber bei der Ar-
beitskräftezuwanderung wählen wir natürlich aus .


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Ist das mit der SPD abgestimmt?)


Das machen Sie doch selber in Ihrem Büro . Ist es ein
Menschheitsverbrechen, wenn Sie in eine Ausschreibung
reinschreiben, was für Qualifikationen man für eine Stel-

le braucht? Das ist die Logik der Arbeitskräftezuwan-
derung: nach Eignung und Befähigung, damit die Leu-
te hier etwas beitragen können . Dafür schäme ich mich
überhaupt nicht, obwohl ich an das Thema Menschen-
rechte sehr kompromisslos herangehe . Aber wie gesagt:
Das sind zwei Paar Stiefel .

Unser Vorschlag zu einem Einwanderungsgesetz be-
inhaltet nicht nur ein Punktesystem . Herr Hartmann, Sie
sagen, Ihr Gesetzentwurf sei so toll . Der Sachverstän-
digenrat für Integration und Migration hat seinen Arti-
kel über den Gesetzentwurf überschrieben mit – meines
Erachtens zu Recht –: „Vorschlag zu einem Einwande-
rungsgesetz – Viel Lärm um wenig“ . Sie haben ihn eben
selber als schlank bezeichnet . Ich würde sagen: Er ist ein-
fach sehr dürftig; denn es geht nicht nur um die formale
Gestaltung einer neuen Tür, um regulierte Zuwanderung
von qualifiziertem Personal, sondern es geht auch um at-
traktive Rahmenbedingungen, zum Beispiel den Famili-
ennachzug für arbeitsuchende qualifizierte Zuwanderer,


(Sebastian Hartmann [SPD]: Steht auch bei uns drin!)


die Perspektive einer raschen Einbürgerung und Integ-
rationsangebote und auch die Beseitigung von ideologi-
schen und bürokratischen Regelungen, Stichwort: Spur-
wechsel . Es kann doch nicht sein, dass jemand, der bei
uns ist, weil er einen Asylantrag gestellt hat oder gedul-
det ist, keinen Zugang zum Arbeitsmarkt erhält, obwohl
er die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt . Er muss
erst das Land verlassen, um dann vom Ausland aus seine
Wiedereinwanderung zu organisieren . Daran wollen Sie
nichts ändern; das hat Herr Oppermann selber so gesagt .
Damit springt der SPD-Entwurf entscheidend zu kurz .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823705500

Denken Sie an die Redezeit .


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823705600

Lassen Sie mich noch auf ein aktuelles Geschehnis

eingehen, das herzzerreißend ist .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823705700

Kurz .


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823705800

Ich meine das, was gestern in Kabul passiert ist . Hier

geht es mir nicht um das Einwanderungsgesetz, sondern
um das Thema Flucht .


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Es gibt noch eine Debatte dazu!)


Eines ist sicher: In Afghanistan ist nichts sicher . Wer jetzt
nach Afghanistan abschiebt, der hat seine menschen-
rechtliche Verantwortung nicht verstanden. Ich hoffe, wir
werden das heute Abend noch anders klären .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Volker Beck (Köln)







(A) (C)



(B) (D)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823705900

Vielen Dank, Volker Beck . – Nächster Redner:

Stephan Mayer für die CSU/CDU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1823706000

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolle-

ginnen! Sehr geehrte Kollegen! Mir geht es genauso wie
dem Kollegen Sebastian Hartmann: Ich bin dankbar, dass
wir am Ende dieser Legislaturperiode diese Debatte zum
Thema Zuwanderungsrecht führen . Aber, Herr Kollege
Hartmann, die Gemeinsamkeit endet dann sehr schnell .


(Lachen des Abg . Dr . Karamba Diaby [SPD] – Dr . Karamba Diaby [SPD]: So schnell?)


Auch mir geht es darum, mit Irrtümern aufzuräumen, vor
allen Dingen mit Irrtümern, die bei der SPD-Fraktion an-
gesiedelt sind .

Der Irrtum Nummer eins ist: Deutschland braucht
endlich ein Einwanderungsgesetz . – Das stimmt nicht .
Wir haben ein Zuwanderungsrecht . Frau Kollegin
Göring-Eckardt, Sie haben selbst darauf hingewiesen:
Es gibt im deutschen Aufenthaltsgesetz 48 verschiedene
Tatbestände,


(Dr . Karamba Diaby [SPD]: Intransparent und kompliziert!)


nach denen man vollkommen legal aus dem nichteuropä-
ischen Ausland nach Deutschland einreisen kann .

Der Irrtum Nummer zwei: Deutschland braucht end-
lich ein völlig neues Einwanderungsgesetz . – Das stimmt
nicht, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen .
Die OECD hat es uns 2014 ins Stammbuch geschrieben:
Wir haben ein außerordentlich modernes und fortschrittli-
ches Zuwanderungsrecht, eines der modernsten der Welt .
Dieses moderne und fortschrittliche Zuwanderungsrecht
führt jedes Jahr zu dem Ergebnis, dass Deutschland nach
den USA die zweitgrößte Nettozuwanderung in der Welt
hat . Wenn unser Zuwanderungsrecht so reaktionär, so
überaltert und so rückschrittlich wäre, wie Sie das immer
behaupten, dann möchte ich Sie fragen, wie es kommt,
dass wir nach den USA Hauptzuwanderungsland auf un-
serem Globus sind . So schlecht kann es also nicht sein .


(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie hätten die Frage bei meiner Rede stellen sollen, dann hätte ich sie beantwortet!)


Ganz im Gegenteil: Wir haben zwar nicht das am ein-
fachsten zu lesende, aber mit Sicherheit ein präzises und
sehr modernes Zuwanderungsrecht .

Was die Genehmigungen der Bluecard anbelangt: Wir
erteilen 80 Prozent aller Bluecard-Genehmigungen in
Europa; also vier von fünf Bluecards, die in Europa aus-
gereicht werden, werden von Deutschland ausgereicht .
Es gab auch einen Anstieg zu verzeichnen: Im März 2015
gab es 22 000 Bluecard-Inhaber in Deutschland, im Sep-
tember 2016 gab es 31 000 Bluecard-Inhaber .

Laut DAAD gibt es in Deutschland derzeit 320 000 aus-
ländische Studenten, davon immerhin 180 000 aus dem
nichteuropäischen Ausland .


(Dr . Karamba Diaby [SPD]: Die bleiben aber nicht!)


So schlecht kann unser Zuwanderungsrecht also auch
für Studierende nicht sein, wenn immerhin 180 000 Stu-
denten aus dem nichteuropäischen Ausland an deutschen
Hochschulen studieren .

Ende letzten Jahres gab es bei uns 1,8 Millionen so-
zialversicherungspflichtig Beschäftigte aus den anderen
EU-Ländern . Wir dürfen bei dem Thema Zuwanderungs-
recht nicht außer Acht lassen, dass es daneben noch die
Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union gibt .
Sie hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass wir netto
eine erhebliche Zunahme der Zuwanderung aus den an-
deren EU-Ländern zu verzeichnen hatten . So waren es im
Jahr 2006 noch 770 000, im Jahr 2011 schon 915 000 und
im Jahr 2016, im letzten Jahr, immerhin 1,8 Millionen
sozialversicherungspflichtig Beschäftigte aus der Euro-
päischen Union . Auch das ist, glaube ich, ein wichtiger
Aspekt, den man erwähnen muss .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Deutschland ist kein klassisches Einwanderungsland,
wie es die USA, Kanada oder Australien sind .


(Dr . Karamba Diaby [SPD]: Schon wieder! Wir waren so weit!)


Aber wir sind ein Land, das Zuwanderung benötigt; das
möchte ich hier klar konstatieren . Wir erwarten aufgrund
der demografischen Entwicklung einen deutlichen Rück-
gang der Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter:
bis 2030 einen Rückgang um ungefähr 6 Millionen auf
dann nur noch knapp 44 Millionen und bis 2040 sogar ei-
nen Rückgang auf dann nur noch 40 Millionen . Deshalb
brauchen wir Zuwanderung .

Wir wollen – das ist der große Unterschied zu allen
hier im Deutschen Bundestag vertretenen Fraktionen –
eine zielgerichtete, eine gesteuerte Zuwanderung .


(Dr . Karamba Diaby [SPD]: Das ist doch das Punktesystem! Genau das wollen wir!)


Wir wollen, dass die nach Deutschland kommen, die der
deutschen Wirtschaft einen Mehrwert bringen . Lieber
Herr Kollege Beck, Sie sagen, dass wir auf die Wirtschaft
schauen sollen und dass auch die Wirtschaft ein Punk-
tesystem fordert . Das mag ja durchaus sein . Die Wirt-
schaft hat aber ein anderes Interesse als der Staat . Bei
aller Sympathie und bei aller Offenheit gegenüber den
Forderungen der Wirtschaft,


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird aber die Arbeitgeberverbände freuen zu hören!)


den Unternehmen geht es darum, dass sie aus einem
möglichst großen Pool an nichteuropäischen Ausländern
wählen können, wer für das Unternehmen gerade geeig-






(A) (C)



(B) (D)


net ist . Den Rest kippen sie uns dann vor die Sozialkas-
sen . So kann es natürlich nicht gehen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir wollen eine gesteuerte, eine zielgerichtete Zu-
wanderung. Ich sage ganz offen: Es gibt aus meiner Sicht
zwei entscheidende Paradigmen, an denen wir nicht rüt-
teln dürfen . Paradigma Nummer eins ist, dass die Zu-
wanderung aus dem nichteuropäischen Ausland an den
konkreten Nachweis eines Arbeitsplatzes gebunden ist .
Das hat sich in Deutschland bewährt . Wer aus dem nicht-
europäischen Ausland zum Zwecke der Arbeitsaufnahme
nach Deutschland einreisen will, muss nachweisen, dass
er einen Arbeitsplatz hat .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823706100

Herr Mayer, erlauben Sie eine Zwischenfrage?


Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1823706200

Sehr gerne . Selbstverständlich .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823706300

Gut .


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823706400

Ich habe manchmal das Gefühl, wir debattieren hier

Freestyle, also ohne Kenntnisnahme des zugrundelie-
genden Gesetzentwurfes . Sind Sie bereit, zur Kenntnis
zu nehmen, dass in unserem Punktesystem zur Zuwande-
rung geregelt ist, dass jemand, der zur Arbeitssuche hier-
herkommt, ein Jahr Zeit hat, sich eine Arbeit zu suchen,


(Marian Wendt [CDU/CSU]: Auf welche Kosten lebt er denn da?)


in der Zeit allerdings von Anfang an arbeiten darf, dass
aber, wenn er seinen Lebensunterhalt durch Arbeit nicht
verdient, die Aufenthaltserlaubnis nicht verlängert wird?
Damit kübelt Ihnen niemand irgendjemanden vor die So-
zialkassen. Dieses Bild finde ich übrigens ein bisschen
schräg, wenn man über Menschen redet. Der Effekt ist
ganz klar: Bleiben darf derjenige, der Arbeit gefunden
hat, und nicht der, der keine findet. Deshalb gehen Ihre
Ausführungen an dem Gesetzentwurf, den wir hier vor-
gelegt haben, völlig vorbei .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823706500

Herr Mayer, bitte .


Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1823706600

Sehr geehrter Herr Kollege Beck, ich habe mir Ihren

Gesetzentwurf sehr genau angesehen .


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gesehen, aber nicht gelesen!)


Ich möchte noch einmal deutlich sagen: Ich halte über-
haupt nichts von einem Punktesystem, auch nichts von
dem Punktesystem, das Sie konkret vorschlagen . Sie se-

hen ja vor, dass jemand zum Zwecke der Arbeitsplatzsu-
che für ein Jahr nach Deutschland kommen darf .


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Und muss sich selber unterhalten in der Zeit!)


Das halte ich, um es klar zu sagen, für einen fatalen Feh-
ler .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Denn was machen Sie, wenn er innerhalb eines Jahres
keinen Arbeitsplatz findet? Wer bringt denn den wieder
außer Landes? Das Unternehmen, bei dem er sich bewor-
ben hat, interessiert sich dafür überhaupt nicht .


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nach dieser Logik dürften Sie auch keine Touristen ins Land lassen!)


Das kanadische Modell wird ja immer so gelobt . Auch
ich war in Kanada und habe es mir angesehen . In Kanada
ist übrigens die Arbeitslosigkeit höher als in Deutsch-
land . Der entscheidende Unterschied ist, dass Sie, wenn
Sie eine gewisse Punktehürde überschritten haben, nach
Kanada einreisen und sich dort einen Arbeitsplatz suchen
dürfen .


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war nicht die Frage! Sie haben offensichtlich keine Antwort auf meine Frage!)


Wenn Sie keinen finden, dann ist das kanadische Sozial-
system für Sie zuständig . Das ist der entscheidende Un-
terschied .

Wie gesagt, es gibt zwei entscheidende Paradigmen .
An denen sollten wir partout nicht rütteln .

Paradigma Nummer eins: Einreise nach Deutschland
nur, wenn schon im Ausland ein konkreter Arbeitsplatz
in Deutschland nachgewiesen werden kann . Wir wollen
Zuwanderung in den Arbeitsmarkt und nicht in die Ar-
beitslosigkeit .

Paradigma Nummer zwei: Wir müssen partout daran
festhalten, dass die humanitäre Zuwanderung von der
legalen Zuwanderung strikt getrennt wird . Diesen Spur-
wechsel, den Sie immer wieder propagieren, halte ich für
grundlegend falsch,


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leute aus dem Land schmeißen, damit sie wieder einreisen! Da freut sich nur die Lufthansa!)


weil damit fatale Signale in die falsche Richtung gesen-
det werden . Es darf nicht sein, dass wir hier Dinge mitei-
nander vermengen, die nichts miteinander zu tun haben .
Die legale Zuwanderung ist ganz anders zu betrachten
als die humanitäre Zuwanderung . Bei der humanitären
Zuwanderung darf es, meine sehr verehrten Kolleginnen
und Kollegen, nie um Nützlichkeitserwägungen gehen .
Da darf es, mit Verlaub, nie darum gehen, ob jemand dem
deutschen Arbeitsmarkt dient oder nicht . Bei der humani-
tären Zuwanderung darf es nur darum gehen, ob jemand
schutzbedürftig ist, ob jemand an Leib und Leben be-

Stephan Mayer (Altötting)







(A) (C)



(B) (D)


droht ist, ob jemand politisch verfolgt ist . Bei der legalen
Zuwanderung darf es hingegen sehr wohl um Nützlich-
keitserwägungen gehen . Da darf es sehr wohl darum ge-
hen, ob jemand so qualifiziert ist, dass er in Deutschland
dringend gebraucht wird, weil es in Deutschland dafür
keine Fachkräfte gibt . Diese beiden Stränge darf man aus
meiner Sicht nicht miteinander vermengen . Aber sie wür-
den vermengt werden, wenn man dem von den Grünen
vorgeschlagenen Gesetzentwurf folgen würde .

Herr Beck, ich möchte Ihnen den Gefallen tun, inten-
siver auf Ihren Gesetzentwurf einzugehen, weil er neben
dem fehlerhaften Punktesystem weitere Irrtümer aufweist
und vor allem falsche Signale in sich birgt . Sie propa-
gieren eine deutliche Ausweitung des Familiennachzugs .
Wir hatten gestern eine Debatte im Innenausschuss über
das Thema Familiennachzug . Der Vertreter des Auswär-
tigen Amtes hat uns darüber informiert, dass wir alleine
in den letzten Jahren eine deutliche Zunahme des Famili-
ennachzugs nach Deutschland erlebt haben: im Jahr 2015
25 000 erteilte Visa zum Zwecke des Familiennachzugs,
im letzten Jahr eine Verdoppelung, 50 000 erteilte Einrei-
sevisa zum Zwecke des Familiennachzugs,


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Angesichts der vielen Flüchtlinge, die wir aufgenommen haben, liegt das in der Natur der Sache!)


und allein im ersten Quartal dieses Jahres 17 000 . Wir
können also davon ausgehen, dass wir in diesem Jahr
noch einmal eine deutliche Zunahme des Familiennach-
zugs zu in Deutschland lebenden Flüchtlingen erleben
werden .

Auch hier ein klares Wort: Der Familiennachzug be-
deutet, dass ungesteuert und unkontrolliert Zuwanderung
nach Deutschland erfolgt . Der Vertreter des Auswärtigen
Amtes hat uns auch darüber informiert, dass er davon
ausgeht, dass weitere 200 000 bis 300 000 Personen in
den nächsten Monaten einen Antrag auf Erteilung eines
Visums in Deutschland stellen werden . Und dieses Vi-
sum muss ihnen, wenn sie GFK-Flüchtlinge sind, also
wenn sie Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskon-
vention sind, erteilt werden .


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Schämen Sie sich!)


– Ich schäme mich nicht, sondern ich bin der festen
Überzeugung, dass es im deutschen Interesse,


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Sie wollen sozial sein? Sie sollten sich schämen!)


im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger ist, wenn
wir darauf achten, dass der Familiennachzug nicht über-
handnimmt .


(Dr . Karamba Diaby [SPD]: Christlich ist das nicht! Ich bin entsetzt! – Weitere Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Im Gesetzentwurf der Grünen lese ich, dass Sie den
Familiennachzug noch ausweiten wollen, von der Kern-

familie auf Großtanten und Großonkel . Das ist ein abso-
lut falsches Signal .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ein
weiterer Punkt, den ich hier auch ansprechen muss, ist,
dass die Grünen zwei Dinge miteinander vermengen,
nämlich das Zuwanderungsrecht, das Aufenthaltsrecht
auf der einen Seite und das Staatsangehörigkeitsrecht auf
der anderen Seite . Das hat nichts miteinander zu tun . Ich
bin der festen Überzeugung: Wir brauchen klare Regeln,
wer zu uns kommen darf und wer nicht zu uns kommen
darf . Und ich bin auch der festen Überzeugung: Wir be-
nötigen kein Einwanderungsgesetz, sondern wenn über-
haupt, dann benötigen wir vielleicht ein leichter lesbares
Einwanderungsbegrenzungs- und Einwanderungssteue-
rungsgesetz .

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit .


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr . Karamba Diaby [SPD]: Das ist Wahlkampfgetöse!)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823706700

Vielen Dank, Stephan Mayer . – Nächste Rednerin:

Ulla Jelpke für die Linke .


(Beifall bei der LINKEN)



Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823706800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass

Deutschland seit vielen Jahren, Jahrzehnten ein Einwan-
derungsland ist, das kann hier doch wirklich niemand be-
streiten, lieber Kollege Mayer . Das muss endlich einmal
respektiert und darf nicht immer wieder von rechts außen
hier infrage gestellt werden .

Richtig ist doch, dass wir über die Rechte von Ein-
wanderern sprechen . Ich habe den Eindruck, dass Sie
heute alles miteinander vermischen . Familienzusammen-
führung ist ein Grundrecht für geflüchtete Menschen,
die hierherkommen . Aber auch für Menschen, die hier
einwandern, muss es ganz klare Rechte für Familienzu-
sammenführung geben . Natürlich gibt es hier Parallelen .
Aber die Rechte müssen formuliert werden .

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Ih-
nen möchte ich sagen: Sie werfen gerade der Großen Ko-
alition immer vor, Schnellschüsse zu machen . So wichtig
ich diese Debatte finde, so muss ich mich aber ernsthaft
fragen: Wie können wir eine solche Debatte in den zwei
verbleibenden Sitzungswochen dieser Legislaturperiode
noch führen, in denen nicht einmal mehr eine Anhörung
möglich ist?


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben doch schon vor anderthalb Jahren dazu Vorschläge gemacht!)


Nein, ich finde, das ist wirklich Effekthascherei im Wahl-
kampf .


(Beifall der Abg. Sevim Dağdelen [DIE LINKE])


Stephan Mayer (Altötting)







(A) (C)



(B) (D)


Ich finde es voll daneben, jetzt mit einem solchen Ge-
setzentwurf zu kommen, der nicht mehr zu Ende beraten
werden kann .


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg . Sebastian Hartmann [SPD])


Sie haben in Ihrem Gesetzentwurf viele gute Forde-
rungen stehen – das ist ohne Zweifel –, die auch die Linke
teilt, angefangen bei der Frage der Staatsangehörigkeit,
also dass man per Geburt die deutsche Staatsbürger-
schaft bekommt, über Erleichterungen bei der Vergabe
der Staatsangehörigkeit bis zu den kürzeren Einbürge-
rungsfristen . Natürlich müssen auch die Menschen, die
hier nur eine Duldung haben, zum Beispiel zum Zwecke
der Ausbildung, eine Chance erhalten . Auch für sie muss
geregelt werden, dass sie ihre Familien hierherholen kön-
nen .

Ich will auf zwei Punkte eingehen, die ich in diesem
Gesetzentwurf für besonders kritisch halte und auf die Sie
nicht eingehen . Meine Kollegin hat es schon gesagt, und
Herr Mayer hat es eben hier sehr plastisch vorgeführt:
Natürlich geht es hier um die Fragen: Wer darf kommen,
und wer darf nicht kommen? Wer ist auf dem Arbeits-
markt einsetzbar und wer nicht? Das ist Ihr Grund ansatz .
Dass Sie das aber über ein Punktesystem regeln wollen,
kritisieren wir . Sie müssen dann nämlich genau sagen,
wer hereindarf und wer hinaussoll .

Sie regeln zum Beispiel auch überhaupt nicht, was
nach einem Jahr geschieht .


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch, das ist geregelt!)


Nach einem Jahr sollen diese Menschen Arbeit haben,
eine Wohnung haben, sollen sich hier in einer gewissen
Weise integriert haben . Aber was ist dann? Was ist, wenn
es schiefgeht und diese Menschen zum Beispiel ihren Ar-
beitsplatz verlieren? Sie haben in Ihrem Gesetzentwurf
keinerlei Regelung vorgesehen, ob diese Menschen zum
Beispiel über das rigide Abschiebesystem, das wir ge-
genwärtig von der Großen Koalition beschert bekommen
haben, wieder abgeschoben werden . Nichts! Das halte
ich für ein ausgesprochen oberflächliches Herangehen.

Ich sage hier ganz ehrlich: Auch in der Linken wird
seit vielen Jahren über ein Zuwanderungs- oder, besser
gesagt, ein Einwanderungsgesetz diskutiert . Aber genau
diese Antwort muss man auch geben . Man kann hier
nicht einfach so tun, als wenn man Einwanderung zulas-
sen und Rechte verteilen wolle, und dann lässt man in der
Konsequenz doch zu, dass Menschen auf brutale Art und
Weise das Land wieder verlassen müssen .

Deswegen sagt die Linke ganz klar und deutlich: Ein-
wanderer brauchen Rechte . Wir brauchen ein sicheres
Aufenthaltsrecht für sie und ihre Familien, demokrati-
sche und soziale Rechte müssen festgeschrieben werden .
Wir würden da weit über ein Jahr hinausgehen . Es ist
doch völliger Unsinn, das auf ein Jahr zu begrenzen .

Auch im Interesse der Einheimischen will ich hier
ganz deutlich sagen: Wenn diese Politik nicht mehr in
Bildung und insgesamt in Integration investiert, dann
haben wir Bildungslücken auch in der eigenen Bevöl-

kerung. Qualifizierung für alle halten wir für besonders
wichtig, damit es keine soziale Spaltung gibt, die, wenn
es um die Einwanderungsfrage geht, insbesondere von
der rechten Seite dieses Hauses immer wieder angeführt
wird .


(Beifall bei der LINKEN)


Zum Schluss möchte ich deutlich darauf hinweisen:
Einwanderung darf nicht dazu führen, dass hier Billig-
lohnarbeiter und Lohndrücker beschäftigt werden . Ein-
wanderer müssen genau wie alle anderen den garantier-
ten Mindestlohn bekommen und die gleiche Förderung
wie alle anderen auch. Auch das ist, finde ich, ein großes
Problem in diesem Gesetzentwurf, in dem solche Fragen
nicht beantwortet werden .


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das ist alles geregelt!)


Danke schön .


(Beifall bei der LINKEN)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823706900

Vielen Dank, Ulla Jelpke . – Der nächste Redner für

die SPD-Fraktion: Dr . Karamba Diaby .


(Beifall bei der SPD)



Dr. Karamba Diaby (SPD):
Rede ID: ID1823707000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Ende der 90er-Jahre gab es die unsägliche Kampagne
des ehemaligen Ministerpräsidenten von Hessen, Roland
Koch, gegen die doppelte Staatsbürgerschaft . Kurz da-
rauf habe ich mir gedacht: Ich muss jetzt die deutsche
Staatsbürgerschaft beantragen, um vor allem die vollen
Rechte zu bekommen .


(Beifall bei der SPD)


Leider musste ich dank der Union meinen senegalesi-
schen Pass abgeben . Die Diskussionen, die damals ge-
führt worden sind, waren ausgrenzend, und sie sind es
bis heute .


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Hört! Hört!)


Deshalb finde ich es gut, dass die Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen in ihrem Entwurf eines Einwanderungsge-
setzes für eine schnelle Einbürgerung bei Beibehaltung
der Mehrstaatigkeit ist .


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Damit haben Sie der Union zumindest eines voraus:
Weitsicht .


(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


Meine sehr geehrten Damen und Herren, in den ver-
gangenen Jahren habe ich regelmäßig Unternehmen in
meinem Wahlkreis, in Halle an der Saale und Umge-
bung, besucht . Viele dieser Unternehmen beklagen den

Ulla Jelpke






(A) (C)



(B) (D)


Fachkräftemangel . Deshalb wundere ich mich über die
Darstellung, wir hätten keinen Fachkräftemangel . Ich
weiß nicht, ob wir in zwei unterschiedlichen Ländern le-
ben . Aber die Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und
Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit sagen bis
2050 einen Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials
um 14 Millionen Menschen voraus . Das sind eindeuti-
ge Zahlen, die auch Ihnen bekannt sein müssten . Auch
wenn jedes Jahr 200 000 Menschen nach Deutschland
kämen, würde sich das Erwerbspersonenpotenzial bis
2030 um 3,6 Millionen Menschen verringern; auch das
ist bekannt . Dies ist eine Herausforderung für unsere Ge-
sellschaft, auf die wir Antworten geben müssen . Diese
Antworten müssen wir jetzt geben, nicht in 20 Jahren .


(Beifall bei der SPD)


Eine Antwort darauf ist aus unserer Sicht auf jeden
Fall ein neues Einwanderungsgesetz . Unseren Gesetzent-
wurf dazu haben wir als SPD-Bundestagsfraktion – das
wurde schon erwähnt – im November 2016 vorgelegt .
Mit einem Einwanderungsgesetz schaffen wir Klarheit,
wer aufgrund seiner Qualifikation nach Deutschland ein-
wandern darf .

Dabei möchte ich eine unserer geplanten Regelungen
ganz besonders hervorheben: den neuen Fachkräftebe-
griff. Darunter fallen nicht nur Akademikerinnen und
Akademiker, sondern zu dieser Gruppe gehören auch
Absolventen einer beruflichen Qualifikation.


(Beifall bei der SPD)


Für beide Gruppen gelten die gleichen aufenthaltsrechtli-
chen Bedingungen . Sie können also entweder für ein Jahr
zur Arbeitssuche nach Deutschland kommen oder ein
Aufenthaltsrecht zu Erwerbszwecken für die Dauer von
drei Jahren erhalten . Das ist eine Neuheit . Dabei soll mit
einem Punktesystem – in Anlehnung an das kanadische
System – darüber entschieden werden, wer nach Deutsch-
land kommen darf . Wer ein Arbeitsplatzangebot hat, hat
grundsätzlich bessere Chancen . Bei diesem Punktesys-
tem gibt es fünf Kriterien: Qualifikation, Jobangebot,
Sprachkenntnisse, Alter und Integrationsaspekte .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Einbürgerungen
zu erleichtern, schneller einen Aufenthaltstitel zu erhal-
ten und den Familiennachzug zu ermöglichen, das sind
Ansätze der Grünen, die der aktuellen Situation gerecht
werden und die auch wir unterstützen .


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es gibt aber mindestens drei Punkte, Frau Göring-
Eckardt, mit denen wir nicht einverstanden sind:

Erstens geht es um den Spurwechsel . In der SPD-Bun-
destagsfraktion haben wir bewusst darauf verzichtet, das
Einwanderungsgesetz mit einem humanitären Recht zu
vermischen .


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Herr Castellucci feiert das überall!)


– Das wollen wir nicht vermischen, Herr Beck . Wir sind
der Meinung, dass wir das nicht machen dürfen, weil es

gefährlich ist . Diese beiden Ebenen dürfen wir nie mitei-
nander vermischen .


(Beifall des Abg . Burkhard Lischka [SPD])


Der zweite Punkt, mit dem wir Probleme haben, mei-
ne Damen und Herren, ist die nicht vorhandene Mitwir-
kungspflicht des Deutschen Bundestages bei der Festle-
gung der Zahl der Visa . Verstehen Sie mich bitte nicht
falsch: Ich will nicht, dass der Deutsche Bundestag hier
im Detail über Zahlen debattiert, aber er sollte als Verfas-
sungsorgan zumindest irgendwie an der Entscheidungs-
findung beteiligt werden. Das ist unser Vorschlag.


(Beifall bei der SPD – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das soll er ja bei uns auch!)


Der dritte Punkt ist das Arbeitsangebot . Für die SPD
ist das ein wichtiges Kriterium, weil wir aus den Fehlern
der Kanadier gelernt haben . In dem Entwurf der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen wird dazu aber nichts gesagt .

Kanada hat sein System bereits vor langer Zeit ange-
passt und verlangt bei seinem zweitstufigen Punktesys-
tem das Vorhandensein eines Arbeitsplatzangebotes . Das
hat den Vorteil, dass die Menschen ab dem ersten Tag an
der Gesellschaft teilhaben können . Deshalb ist das Ar-
beitsangebot auch im SPD-Entwurf ein wichtiges Krite-
rium, und das ist auch gut so .

Aus diesen genannten Gründen lehnen wir Ihren An-
trag ab .

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Heraus-
forderungen sind groß, und groß ist auch die Verantwor-
tung, vor der wir gemeinsam stehen . Ich denke, es ist
wichtig, dass wir das wirklich einsehen .

Heute ist leider nicht der Tag der Entscheidungen und
auch nicht der Tag für ein rationalisiertes Heldentum .
Den Tag für ein Einwanderungsgesetz – und zwar am
besten für eines von der SPD – wird es wirklich nur mit
einer anderen Mehrheit geben . Auf die arbeiten wir hin .


(Beifall bei der SPD)


Ich stimme Ihnen natürlich zu, wenn Sie sagen, dass
die Notwendigkeit dafür besteht . Das sehen wir auch so .
Die genannten Punkte, mit denen wir nicht einverstanden
sind, haben Sie aber zur Kenntnis genommen . Ich wün-
sche mir eine breite gesellschaftliche Diskussion über ein
modernes Einwanderungsgesetz für Deutschland .

Danke schön .


(Beifall bei der SPD)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823707100

Vielen herzlichen Dank, Karamba Diaby . – Nächste

Rednerin: Brigitte Pothmer für Bündnis 90/Die Grünen .


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823707200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen von der Union, sprechen Sie

Dr. Karamba Diaby






(A) (C)



(B) (D)


eigentlich manchmal auch mit Ihren Arbeitsmarktexper-
ten?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr . Karamba Diaby [SPD]: Nein, das machen sie nicht!)


Wenn das so wäre, dann wüssten Sie ein bisschen ge-
nauer darüber Bescheid, was auf dem deutschen Arbeits-
markt eigentlich los ist .


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Wir wissen besser Bescheid!)


Der Fachkräftemangel droht zur stärksten Wachs-
tumsbremse in Deutschland zu werden .


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Das glaube ich nicht!)


Die Zahl der offenen Stellen nimmt Monat für Monat zu.
Inzwischen sind es über 1 Million offene Stellen.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Das haben wir schon anders erlebt! – Max Straubinger [CDU/CSU]: Das ist doch positiv! Unter RotGrün war das anders!)


Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen lei-
den unter den Folgen . Sie können wegen der fehlenden
Fachkräfte teilweise keine Aufträge mehr annehmen .


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Wer?)


Dem Mittelstand entgehen somit jährlich 50 Milliarden
Euro .

Die Bundesagentur für Arbeit geht davon aus, dass wir
bis zum Jahr 2030 3,6 Millionen Erwerbspersonen we-
niger haben werden . Meine Damen und Herren von der
Union, ich finde, darauf müssen Sie endlich auch einmal
eine Antwort geben .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich sage hier ganz deutlich: Wir dürfen das heimische
Potenzial nicht gegen die Zuwanderung ausspielen . Wir
brauchen beides . Wir brauchen auch die Investitionen in
Arbeitslose, damit auch für sie der Fachkräftemangel zur
Chance wird .

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Frakti-
on, die Rente mit 63 war nun wahrlich kein Beitrag zur
Fachkräftesicherung . Dadurch sind uns über eine halbe
Million Fachkräfte verloren gegangen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr . Karamba Diaby [SPD]: Sagen Sie das zu einem Bäcker! Das ist ein Skandal!)


Die Tatsache, dass Sie es nicht hinbekommen haben, das
Recht auf Rückkehr in Vollzeit tatsächlich durchzuset-
zen, führt daneben dazu, dass die Frauen, die wir drin-
gend auf dem Arbeitsmarkt brauchen, in der Teilzeitfalle
festsitzen .

Ich sage hier auch ganz deutlich: Selbst wenn wir je-
den dieser Fehler korrigieren und das heimische Poten-
zial optimal nutzen, werden wir Zuwanderung brauchen,

und zwar in einer riesigen Dimension von mindestens
200 000 im Jahr .

Her
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1823707300
Im Jahr 2015 sind über die un-
terschiedlichen Aufenthaltstitel, die wir in Deutschland
haben, 82 000 Menschen nach Deutschland gekommen,
um hier zu arbeiten . 200 000 gegen 82 000: Meine lieben
Kolleginnen und Kollegen von der Union, selbst Ihnen
müsste auffallen, dass die Dimension des Problems und
die Dimension der Lösung, die Sie anbieten, überhaupt
nicht zusammenpassen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Ich glaube, die drei Minuten sind um!)


Nein, wir brauchen ein Einwanderungsgesetz, weil
wir ein Einwanderungsland sind . Ich bitte Sie dringend:
Legen Sie Ihre ideologischen Scheuklappen ab, Herr
Mayer .


(Nina Warken [CDU/CSU]: Bitte nicht! – Max Straubinger [CDU/CSU]: Herr Mayer hat keine Scheuklappen! – Gegenruf des Abg . Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Wie man unschwer sieht!)


Bekennen auch Sie sich nun endlich zu Deutschland als
Einwanderungsland . Ansonsten laufen Sie Gefahr, lie-
be Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, die
sich so gerne als Freunde der Wirtschaft begreifen, dass
gerade Sie dafür sorgen, dass der Wirtschaftsstandort
Deutschland gefährdet wird .

Ich danke Ihnen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823707400

Vielen Dank, Brigitte Pothmer . – Nächster Redner:

Wolfgang FC Bosbach .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1823707500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wenn man der untergehenden Sonne entgegenreitet und
wenige Tage vor dem 65 . Geburtstag steht, wird man al-
tersmilde .


(Dr . Karamba Diaby [SPD]: Man sieht es Ihnen nicht an! – Clemens Binninger [CDU/ CSU]: Enttäusch uns nicht!)


Deswegen versuche ich, meine Rede jetzt einmal ohne
jede Süffisanz und Ironie zu halten, nämlich ganz sach-
lich .

Ich möchte zunächst einmal zwei Pluspunkte vertei-
len. Frau Pothmer, ein Pluspunkt geht an Sie: Ich finde es
toll, wie Sie die Erfolge auf dem Arbeitsmarkt unter der

Brigitte Pothmer






(A) (C)



(B) (D)


Kanzlerschaft von Angela Merkel nach dem Regierungs-
wechsel von Rot-Grün geschildert haben .


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr . Karamba Diaby [SPD]: Die Reformen haben wir angestoßen!)


Wie gut, dass damals die Union politische Verantwortung
übernommen hat .

Der zweite Pluspunkt geht an die ganze Fraktion der
Grünen; denn Sie machen sich ehrlich. Das finde ich gut.
Sie täuschen gar nicht vor, dass das Ziel dieses Gesetz-
entwurfes eine Reduzierung der Zuwanderung sei . Sie
sagen die Wahrheit:


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


Wir wollen mehr Zuwanderung .


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen schrumpfen!)


Dann haben wir auch eine politische Alternative bei
der Bundestagswahl: Wer das richtig findet, wird dem
zustimmen .


(Dr . Eva Högl [SPD]: Wir brauchen Zuwanderung!)


Wer für Steuerung und Begrenzung ist, wird das ableh-
nen .


(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Steuerung ist bei uns genauso drin!)


Immer hart am Text: „Das geltende deutsche Einwan-
derungsrecht ist kompliziert . . .“ Das stimmt . Wir haben
ein relativ kompliziertes Recht, was allerdings im Ver-
gleich zum Steuerrecht an Einfachheit kaum zu überbie-
ten ist .


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


„Aufwändig“ ist es auch, weil wir ein differenziertes
Recht haben . Aber ist es wirklich so „unattraktiv“, wenn
85 Prozent der EU-Bluecards für Deutschland erteilt
werden und wenn uns die OECD erst vor wenigen Jahren
ausdrücklich für unsere Regelungen gelobt hat?

Es ist interessant, wie das geltende Recht niederge-
macht wird . Im Gesetzentwurf steht hinter dem Namen
von Frau Göring-Eckardt der von Volker Beck . Gucken
wir uns doch einmal an, was Volker Beck gesagt hat, als
das Gesetz, das er gerade niedergemacht hat, im Deut-
schen Bundestag beraten wurde . Ich zitiere den Kollegen
Beck:

Wir steuern mit diesem Gesetz erstmals die Zu-
wanderung nach den Bedürfnissen des deutschen
Arbeitsmarktes und sorgen dafür, dass die Leute,
die wir brauchen, auch zu uns kommen können und
attraktive Rahmenbedingungen vorfinden.

Ich zitiere weiter:

Das leistet das Zuwanderungsgesetz . Mit diesem
Gesetzentwurf wird durch die Steuerung der Zu-

wanderung dem nationalen Bedarf an Arbeitskräf-
ten Rechnung getragen .

Sie schreiben jetzt in dem Gesetzentwurf genau das
Gegenteil von dem, was Sie an dieser Stelle bei der Ver-
abschiedung des Gesetzentwurfes verkündet haben .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Noch zwei kurze Anmerkungen: In dem Gesetzent-
wurf steht, dass „Deutschland in Zukunft auf die konti-
nuierliche Einwanderung angewiesen“ sein wird .


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das stimmt!)


Da fehlt mir das Wörtchen „auch“: „auch auf Einwande-
rung“ – hoffentlich nicht nur.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da steht auch „nicht nur“!)


Ich komme Ihnen sogar entgegen und sage: Wir wür-
den einen großen Fehler machen, wenn sich Deutschland
am weltweiten Wettlauf um die klügsten Köpfe nicht be-
teiligen würde .


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den machen Sie! – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben aber vorhin schon zugehört, was ich gesagt habe?)


Aber dass wir uns bei der Beseitigung des Fachkräfte-
mangels nur auf Zuwanderung verlassen sollen, greift
mir zu kurz .

Ich zitiere aus einer E-Mail vom 25 . Mai 2017:

Ich war Controller in einem DAX 30 Konzern . . .
Jetzt, nach über 200 (!!!!) Bewerbungen und Absa-
gen sind wir „ernüchtert“ . Wie kann es sein, dass
man, bei dem immer wieder zitierten Facharbeiter-
mangel, keine Arbeit findet?


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Ja!)


An meiner Qualifizierung kann es wohl eher nicht
liegen . Also dann wohl an meinem Alter (52) .


(Max Straubinger [CDU/CSU]: So ist es!)


Wenn es nicht aufhört, dass wir älteren Arbeitslosen
permanent keine Chance mehr auf dem deutschen Ar-
beitsmarkt geben, muss bei mir niemand nach mehr Zu-
wanderung rufen .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823707600

Herr Bosbach, erlauben Sie eine Zwischenfrage von

Frau Göring-Eckardt?


Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1823707700

Ja, klar .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823707800

Bitte .

Wolfgang Bosbach






(A) (C)



(B) (D)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Bosbach, ich weiß nicht, ob Sie vorhin schon
anwesend waren, als ich den Gesetzentwurf eingebracht
habe . Da habe ich sehr deutlich gesagt: Wir brauchen
noch andere Maßnahmen, zum Beispiel in der Bildung .
Wir brauchen Maßnahmen im Zusammenhang mit dem
Thema Frühverrentung – darauf hatte Frau Pothmer hin-
gewiesen –, und wir brauchen natürlich auch Maßnah-
men, die es Menschen, die heute nicht mehr im Arbeits-
markt sind, ermöglichen, wieder in Arbeit zu kommen .

Wir nehmen das gerne in die Begründung des Ge-
setzentwurfs auf . Darin geht es schließlich nicht nur um
Einwanderung, sondern auch um Qualifizierung, Schul-
abbrecher etc . Das können wir gerne machen, und ich
gehe davon aus, dass Sie dann zustimmen .


Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1823707900

Es geht mir um den Text, so wie Sie ihn vorgelegt ha-

ben . Darin ist von all dem überhaupt keine Rede .

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil es da nicht um Einwanderung geht, Herr Bosbach? Na klar!)


Wir vernageln seit Jahrzehnten Zehntausenden jungen
Menschen den Zugang zu unseren Universitäten, weil sie
ihr Wunschstudium nicht aufnehmen können . Wir geben
ihnen das Zeugnis der Hochschulreife, verweisen aber
gleichzeitig auf den Numerus clausus .


(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die sollen ja nicht einwandern! Die sind ja schon da!)


– Frau Göring-Eckardt, ich habe Ihnen zugehört, und
jetzt müssen Sie mir tapfer zuhören . –


(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das fällt mir schwer!)


Lasst uns doch erst einmal in unserem Land für die, die
schon hier sind, die Hürden beseitigen, ohne dass wir auf
noch mehr Zuwanderung setzen .


(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch die ewigen Vergleiche mit Kanada und den USA

hinken vorne und hinten . Kanada hat ein Nachbarland,
bei großzügiger Betrachtung mit Grönland/Dänemark
anderthalb . Da gibt es überhaupt keine Arbeitnehmerfrei-
zügigkeit . Die USA haben zwei Nachbarn: Kanada und
Mexiko . Wir haben neun Nachbarn .


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Und 27mal Freizügigkeit!)


Keiner in Westeuropa hat mehr Nachbarn als wir . 27 Län-
der in der Europäischen Union haben freien Zugang zu
unserem Arbeitsmarkt: ein Raum mit 550 Millionen
Menschen . Glauben Sie ernsthaft, die USA und Kanada
hätten ein solches Recht, wenn 27 Staaten der Erde freien
Zugang zu ihrem Arbeitsmarkt hätten?


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Nie im Leben!)


Nein, sie hätten das nicht .

Die Binnenmigration in der Europäischen Union blen-
den Sie völlig aus . Im Übrigen – das ist ganz ernst ge-
meint –: Koppeln Sie nicht die Zuwanderung vom Nach-
weis eines Arbeitsplatzes ab! Diese Kombination sollten
wir unter allen Umständen beibehalten, auch wenn Frau
Göring-Eckardt vor einiger Zeit im Morgenmagazin ge-
sagt hat, dass „wir Menschen brauchen, die in unserem
Sozialsystem zu Hause sind“ .


(Lachen bei der CDU/CSU)


Wir haben keinen Mangel an Zuwanderung, sondern
wir haben einen Mangel an Integration . Wir müssen die
Menschen befähigen, ihren Lebensunterhalt durch ei-
gene Hände Arbeit zu verdienen, und wir dürfen keine
weitere Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme
fördern .


(Beifall bei der CDU/CSU – Katrin GöringEckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt zum Beispiel in die Rentenkasse einzahlen! „In unserem Sozialsystem zu Hause sein“ heißt in die Rentenkasse einzahlen! Einmal nachdenken!)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823708000

Herr Bosbach, ich habe noch eine Wortmeldung von

Frau Pothmer . Sind Sie bereit, diese zuzulassen?


Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1823708100

Ja, klar .


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823708200

Herr Bosbach, die Altersmilde, die Sie für sich in An-

spruch genommen haben, nehme ich auch für mich in
Anspruch .


Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1823708300

Da haben Sie aber noch 20 Jahre Zeit, wenn ich das

sagen darf .


(Heiterkeit)



Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823708400

Sie können ja sogar charmant sein .


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


Weil Sie kein Arbeitsmarktexperte, sondern Innenpo-
litiker sind, Herr Bosbach, möchte ich Sie unterstützen
und Ihnen zur Kenntnis geben, dass die Binnenzuwande-
rung aus der Europäischen Union bereits abgenommen
hat und weiter abnehmen wird . Das hängt erstens damit
zusammen, dass sich Gott sei Dank die Lage insbesonde-
re in den südlichen Ländern Europas deutlich verbessert
und deswegen dort auch wieder Arbeitsplätze zur Verfü-
gung stehen .

Zweitens hängt es damit zusammen, dass die Löhne
insbesondere in den osteuropäischen Ländern in der letz-
ten Zeit deutlich gestiegen sind . Die Menschen gehen in
ihre Herkunftsländer zurück . Das ist übrigens auch das
Ziel . Es geht zunehmend um zirkuläre Migration; es ist
nicht mehr so, dass Leute einmal ihr Land verlassen, in






(A) (C)



(B) (D)


ein anderes Land gehen und dort dauerhaft bleiben . Das
kommt vor, ist aber überwiegend nicht mehr der Fall .

Der Entwurf eines Einwanderungsgesetzes, wie wir
ihn heute vorgelegt haben, reflektiert genau diese Fakten
auf dem deutschen und dem europäischen Arbeitsmarkt .
Ich möchte nicht, dass Sie das Pult verlassen, ohne das
zu wissen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823708500

Herr Bosbach .


Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1823708600

Ja, jetzt warte ich noch auf die Frage . Sie haben eine

Zwischenfrage angemeldet, kein Zwischenreferat .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823708700

Es gilt laut Geschäftsordnung: Frage oder Bemerkung .

Das war schon korrekt .


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dass Sie sich jetzt auf die Geschäftsordnung berufen, Herr Bosbach!)



Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1823708800

Trotzdem bleibt richtig, was ich gerade gesagt habe,

nämlich dass es um völlig verschiedene Sachverhalte
geht: Auf der einen Seite geht es um ein Mitgliedsland
der Europäischen Union mit Arbeitnehmerfreizügigkeit
und Niederlassungsfreiheit für die Unternehmen, und auf
der anderen Seite geht es um Amerika und Kanada, wo
es diesen freien Zugang auf den Arbeitsmarkt überhaupt
nicht gibt .

Ich habe einmal eine junge Sportwissenschaftlerin auf
ihrem mühsamen Weg nach Kanada begleitet . Es klingt
jetzt etwas härter, als es gemeint ist: Vom kanadischen
Einwanderungsrecht sind insbesondere die begeistert,
die noch nie Gelegenheit hatten, sich mit ihm näher zu
beschäftigen. Das ist viel komplizierter, als landläufig
vermutet wird .


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Viel strenger!)


Ich darf mich für 23 tolle Jahre bedanken . Es war
eine tolle Zeit . Ich habe fraktionsübergreifend viele nette
Menschen kennengelernt . Viele werde ich vermissen, so-
gar Claudia Roth irgendwie .


(Heiterkeit im ganzen Hause)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823708900

Was heißt denn hier „sogar“? Wir streiten uns auf dem

Platz wieder .


Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1823709000

Während meiner Rede habe ich überlegt, ob es einmal

eine Situation gab, wo wir zwei politisch einer Meinung
waren . Ich kann mich im Moment nicht daran erinnern .


(Heiterkeit im ganzen Hause)


Aber menschlich ist Claudia Roth eine Granate . Und sie
ist kompetent . Sie hat Ahnung vom Fußball .


(Heiterkeit im ganzen Hause)


Da spielt sie in einer Liga mit Dirk Fischer, Franz Josef
Jung und anderen . Wir haben uns eigentlich schon seit
20 Jahren vorgenommen, einmal ein Spiel Köln gegen
Augsburg zu besuchen. Vielleicht schaffen wir das. Am
Ende, nach dem Schlusspfiff, werde ich die Vizepräsi-
dentin des Deutschen Bundestags über das vermutete Er-
gebnis hinwegtrösten .

Ich habe, wie bereits gesagt, fraktionsübergreifend
tolle Menschen kennengelernt . Ich weiß jetzt nicht,
Burkhard, ob ich deine Karriere ruiniere, wenn ich sage:
Es war ein Vergnügen, mit dir zusammenzuarbeiten . –
Euch allen wünsche ich für die Zeit, die kommt, bei aller
Härte der Auseinandersetzung im Wahlkampf: Geht im-
mer ordentlich miteinander um .

Danke .


(Anhaltender Beifall im ganzen Hause)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823709100

Lieber Wolfgang Bosbach, es gibt wirklich Persön-

lichkeiten, die diesem Haus ein Gesicht gegeben haben .
Ich glaube, Sie gehören – mit Ihrer milden Härte und
Ihrer herzenswarmen Gnadenlosigkeit – unzweifelhaft
dazu .


(Heiterkeit)


Ich nehme die Einladung gerne an . Erst einmal spielt
der FC europäisch . Ich freue mich darüber sehr und hof-
fe, dass er nicht das gleiche Schicksal wie Augsburg
erleidet: Wir wären fast abgestiegen, als wir kurzzeitig
europäisch spielten .

Ich wünsche Ihnen von Herzen im Namen des ganzen
Hauses eine gute Zeit . Ich wünsche, dass Sie weiterhin
Ihre Leichtigkeit und Lebenslust beibehalten . Und ich
wünsche Ihnen noch ein sehr genussvolles Leben . Alles
Gute!


(Beifall)


Der nächste Redner in dieser lebendigen und streit-
baren Debatte ist Dr . Hans-Joachim Schabedoth für die
SPD-Fraktion .


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hans-Joachim Schabedoth (SPD):
Rede ID: ID1823709200

Danke schön . – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Herr Bosbach, Sie waren natürlich immer
ein wertvoller Streitpartner . Wir werden Sie im Bundes-
tag vermissen . Aber wie wir Sie alle kennen, werden Sie
sicher öfter einmal die Gelegenheit finden, im Fernsehen
aufzutreten . Dann können wir Ihnen ja schreiben .


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)


Asyl ist für Menschen, die uns brauchen . Einwande-
rung ist für Menschen, die wir brauchen .

Brigitte Pothmer






(A) (C)



(B) (D)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, so hat es einst Bundes-
präsident Richard von Weizsäcker ausgedrückt .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Zuruf)


– Es ist schön, wenn er von verschiedenen Seiten zitiert
wird .

Diese Erkenntnis, die ja offensichtlich viele teilen, ist
nun schon viele Jahre alt . Alle, die sich heute mit dem
Thema Einwanderung beschäftigen, wissen: Wir müssen
zwischen Geflüchteten und Einwanderungswilligen dif-
ferenzieren .

Wenn Sie nicht buhen, sondern das abnicken, dann hat
das Konsequenzen . Asyl ist und bleibt ein in Deutsch-
land von der Verfassung geschütztes Recht . Dieses Recht
kennt keine Obergrenze . Doch eine Zuwanderung nach
Gutdünken darf es nicht geben . Um es klar und deutlich
zu sagen: Einen universellen Anspruch, nach Deutsch-
land zu kommen, um hier zu leben und zu arbeiten, gibt
es nicht . Es sollte ihn auch weiterhin nicht geben . Trotz-
dem gibt es viele gute Gründe, Menschen einzuladen,
nach Deutschland zu kommen, nicht nur als Besucher,
sondern mit der Perspektive, unsere Arbeitskollegen, un-
sere Nachbarn und unsere Mitbürger zu werden; denn ein
Land mit unserer demografischen Schieflage ist auf Ein-
wanderung angewiesen .

Trotz aller Produktivitätsfortschritte durch die Di-
gitalisierung und des damit überflüssig gemachten Ar-
beitskräftepotenzials droht jetzt und in Zukunft in vielen
Branchen ein Fachkräftemangel; dieser wird noch mas-
siver . Die Einwanderung von Fachkräften und Ausbil-
dungswilligen kann deshalb ein Teil der Problemlösung
sein . Doch dazu – damit komme ich auf meine Eingangs-
bemerkungen zurück – brauchen wir Regeln . Ein Punk-
tesystem nach kanadischem Vorbild ist vielleicht eine
Möglichkeit . Die SPD hat das in ihrem Entwurf aus dem
letzten Jahr ausgeführt . Die Grünen haben daran ange-
dockt .

Aber klar ist: Einwanderung wird an klare Voraus-
setzungen gebunden . Begünstigt ist, wer jung ist, über
Sprachkenntnisse verfügt, eine Ausbildung in einem
Mangelberuf besitzt oder sogar schon einen Arbeits-
vertrag mitbringt . Das bislang höchst unübersichtliche
Regelwerk, auf das viele verwiesen haben – von rund
40 Regeln ist die Rede –, braucht endlich klar vermittel-
bare Strukturen und eine einheitliche Zusammenfassung .

Herr Schröder, stellen Sie sich einmal vor, dass Sie
nicht Mitglied einer Regierungsmannschaft sind, son-
dern ein gut ausgebildeter IT-Spezialist, der sich den Ar-
beitgeber und das Zielland aussuchen kann . Ich kann mir
nicht vorstellen, dass Sie dann ausgerechnet das Land
wählen, das die größten bürokratischen Hürden aufstellt .
Erst recht können wir uns nicht vorstellen, dass Ein-
wanderungswillige und ihre Familien unser Land wäh-
len, wenn sie das Gefühl haben, dass sie hier nur Bürger
zweiter Klasse sind . In vielen Gesprächen, die ich vor al-
lem mit Vertretern von Start-ups geführt habe, wurde im-
mer wieder über die Vielzahl der bürokratischen Hürden
in Deutschland geklagt . Ich bin sicher, dass ich solche
Gespräche nicht exklusiv geführt habe, sondern dass Sie

ähnliche Erfahrungen gemacht haben . Auf diese Klagen
muss man doch antworten .


(Beifall bei der SPD)


Unternehmen, die sich für Arbeitskräfte aus Drittstaa-
ten öffnen wollen – und zwar nicht deshalb, weil sie diese
besser ausbeuten können als deutsche –, müssen wir doch
verlässliche Einwanderungsregeln geben . Doch auch Ge-
flüchtete – das ist der andere Aspekt, der immer zu kurz
kommt –, die bereits in Deutschland sind, sollten eine
Einwanderungschance nutzen dürfen . Viele sind bei uns
heimisch geworden . Sie möchten auch dann nicht mehr
in ihr erstes Heimatland zurückkehren, wenn es gelingen
würde, die Fluchtursachen zu beseitigen . Was sollen wir
mit diesen Menschen machen? Warum sollten wir ihnen
Chancen prinzipiell verwehren? Auch wer im Rahmen
der Drei-plus-zwei-Regelung eine Ausbildung bei uns
absolviert hat, sollte eine Anschlussperspektive erhalten .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Außerdem sollte eine fest definierte Zahl junger
Menschen, die willens und in der Lage sind, eine Be-
rufsausbildung in Deutschland zu absolvieren, eine Ein-
wanderungschance bekommen, ohne dass sie dabei auf
Schlepperdienste angewiesen sind, ihr Vermögen oder
sogar ihr Leben aufs Spiel setzen müssen . Dafür brau-
chen wir doch eine Alternative .

Förderliche Kriterien sind natürlich Schulbildung,
Deutschkenntnisse, die Bereitschaft zur Ausbildung in
einem Mangelberuf . Aber was ist denn mit denen, die
sagen – das haben wir in unseren Gesetzentwürfen noch
nicht berücksichtigt –: „Ich will meine Chance bei euch
suchen“? Sagen wir denen: „Sucht sie doch woanders,
aber nicht bei uns“? Auch für sie brauchen wir einen
irgendwie kalkulierbaren Weg . Wer darüber gründlich
nachdenkt – das haben die Grünen ja getan –, kommt zu
ähnlichen Ergebnissen wie wir mit unserem Einwande-
rungsgesetz . Leider will die Union nicht mitziehen; das
haben wir gehört .

Ich kann nicht nachvollziehen, warum es in Ihren
Reihen oft ein Hyperventilieren auslöst, wenn es um
Zuwanderung und Einwanderung geht . Gerne würden
wir unseren Vorschlag von der langen Bank wieder auf
den Tisch des Hauses legen . Die vorliegende Initiative
der Grünen ist jüngeren Datums; klar . Sie unterscheidet
sich von unserem Vorhaben in ein paar entscheidenden
Punkten; sie sind genannt worden . Die Stoßrichtung ist
jedoch dieselbe . Die Grünen testen jetzt erneut die Tiefe
des Wassers; das ist immer gut . Aber wir haben das schon
selbst ermessen .

Unser nüchternes Fazit: Mit dem Koalitionspartner in
seiner jetzigen Formation geht so etwas leider nicht . Wir
wollen ihn überzeugen, nicht überfahren oder überstim-
men . Deshalb sagen wir Nein zu Ihrem Vorschlag .

Die Aversion gegen ein Einwanderungsgesetz hat
doch oft ein Geschmäckle des Xenophobischen . Aus die-
ser Ecke müssen wir heraus. Ich finde es wichtig, dass
wir uns darauf besinnen – das hat uns eine Studie vor
einigen Tagen aufgezeigt –, dass Menschen, die hier gut
integriert sind, schon nach zehn Jahren mehr für unsere
Gesellschaft einbringen, als sie je gekostet haben . Wenn

Dr. Hans-Joachim Schabedoth






(A) (C)



(B) (D)


man schon humanen Erwägungen nicht folgen will: Ir-
gendwie kann man dann auch fragen, ob das schlichte
ökonomische Nutzenkalkül nicht ein Anlass ist, die ei-
gene Position zu überdenken . Wenn das nicht in dieser
Legislaturperiode gelingt: Mit einem Bundeskanzler, den
wir stellen, werden wir die Sache schnell erledigen kön-
nen .

Danke für Ihre Unterstützung, die ich dann immer
noch erwarte .


(Beifall bei der SPD)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823709300

Vielen Dank, Dr . Hans-Joachim Schabedoth . – Nächs-

te Rednerin: Nina Warken für die CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Nina Warken (CDU):
Rede ID: ID1823709400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle-

gen! Mein erster Satz geht heute an unseren Kollegen
Wolfgang Bosbach . Es ist mir eine besondere Freude,
heute noch einmal nach Ihnen sprechen zu können, auch
wenn das natürlich bedeutet, dass dann alles Wesentli-
che schon ganz wunderbar auf den Punkt gebracht wurde
und dass für mich gar nicht mehr so viel übrig bleibt .
Trotzdem auch von mir noch ein paar Aspekte zum Ge-
setzentwurf .

Die Diskussion ist ja nicht neu . Es werden immer wie-
der einmal Vorschläge aus der Schublade gezogen . Der
vorgelegte Entwurf und die heutige Debatte zeigen noch
einmal ganz klar – das ist auch gut so –, was wir eigent-
lich schon wissen: Die CDU/CSU hat schlichtweg eine
andere Vorstellung von der Zukunft unseres Landes als
die Initiatoren dieses Gesetzes . Für uns als Union geht
es gerade nicht darum, durch schnellere Arbeitserlaub-
nisse oder schnellere Einbürgerungen den Migrations-
druck noch zu verstärken, sondern für uns geht es darum,
Migration zu steuern, zu begrenzen und an den Interessen
unseres Landes auszurichten .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Während wir hier Einwanderungsgesetze diskutieren,
wächst in Teilen Europas eine ganze Generation ohne
Perspektive heran . In Ländern wie Spanien, Italien oder
Griechenland liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei weit
über 30 Prozent, und das kann und das darf nicht sein .
Wir müssen das Potenzial unserer Jugendlichen aus-
schöpfen . Das gilt auch dann, wenn wir in den letzten
Tagen lesen mussten, dass der Zuzug nach Deutschland
zurückgeht .

Dass die europäische Idee der Freizügigkeit grund-
sätzlich funktioniert, das wissen wir, und das merkt man
auch: Es ist Bewegung in der Bildung und im Arbeits-
markt . Das zeigt nicht nur das europäische Wanderungs-
saldo, sondern auch im Alltag sind die innereuropäische
Migration und der rege Austausch allgegenwärtig . Längst
trifft man nicht nur an ein paar deutschen Universitäten
vereinzelt Erasmus-Studenten . Europäische Richtlinien
prägen auch die Einwanderung von Drittstaatsangehöri-
gen . Gerade erst haben wir beispielsweise Änderungen zu

Firmenentsendungen, zum Aufenthalt von Praktikanten,
Forschern, Studenten und zur Saisonarbeit umgesetzt .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wenn man
es uns hier anders weismachen will: Wir haben bereits
sinnvolle und liberale Regelungen im Aufenthaltsgesetz;
das haben die Kollegen meiner Fraktion schon dargelegt .
Einer der bestehenden Grundsätze ist, dass es für eine
Einwanderung ein konkretes Jobangebot braucht . Je nach
Qualifizierung und Status bedarf es zudem einer Vor-
rangprüfung . Diese Prinzipien bestehen nicht zur Schi-
kane, sondern sie bestehen zum Schutz unserer sozialen
Gemeinschaft .

Die Ansätze zur angebotsorientierten Einwanderung,
die Sie jetzt hier vorschlagen, sind für uns schlichtweg
nicht vertretbar . Nach Ihrer Idee soll derjenige, der genü-
gend Kriterien erfüllt, auch ohne ein verbindliches Job-
angebot ein einjähriges Aufenthaltsrecht in Deutschland
bekommen – und dies inklusive Familienmitzug und – da
muss man ehrlich sein und Ihren Entwurf genau lesen –
ohne dass der Lebensunterhalt in diesem ersten Jahr
gesichert sein muss . Für diese Menschen und auch für
Selbstständige mit guter Prognose soll dann bereits nach
einem Jahr eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden .
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist keine kleine Li-
beralisierungsnuance . Das ist nicht vertretbar .

Es bleibt auch völlig unklar, warum das alles überhaupt
nötig sein sollte; denn wer hochqualifiziert ist oder aber
in einem Mangelberuf ausgebildet ist und in Deutschland
arbeiten möchte, der kann das auch schon nach den jetzt
bestehenden Regelungen . Sie sagen, dass sich Dinge än-
dern müssen, dass Dinge besser werden müssen . Aber
die Regelungen, die Sie vorschlagen, helfen nicht, und
es braucht sie auch nicht . Unser Land braucht Ihr Krite-
rienmodell nicht .

Deutschland ist bei der Fachkräftezuwanderung sehr
gut aufgestellt. Deutschland ist attraktiv für Qualifizierte.
Tatsächlich wurden 2015 allein 85,5 Prozent aller EU-
weit ausgegebenen Blauen Karten von Deutschland aus-
gestellt; das hat der Kollege Mayer auch schon gesagt .
Führend sind hierbei übrigens Bayern mit 21 Prozent und
Baden-Württemberg mit 15,5 Prozent .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Machen wir uns doch nichts vor: Jemand, der qualifi-
ziert ist, der die deutsche Sprache nicht scheut, wird auch
kommen, und zwar immer dann, wenn er ein attraktives
Angebot für einen gutbezahlten Job hat und wenn die Re-
gion ihm eine mindestens so hohe Lebensqualität bietet
wie das englischsprachige Ausland .

Noch etwas: Ein Hochqualifizierter wird doch in
Zeiten des Internets nicht mit Kind und Kegel zu einer
einjährigen Suche anreisen, sondern nur direkt zur Ar-
beitsaufnahme, wenn er ein Jobangebot hat . Das kann er
auch schon nach unseren jetzigen Regelungen . Das An-
gebot muss ihn nur erreichen, sei es über Anlaufstellen
der zentralen Auslandsvermittlungen oder ländereigene
Programme . Daran, liebe Kollegen, müssen wir arbeiten .

Was die Grünen hier fordern, liebe Kolleginnen und
Kollegen, das wird für Deutschland und Europa nicht zu
einer Verbesserung führen, sondern im schlechtesten Fall

Dr. Hans-Joachim Schabedoth






(A) (C)



(B) (D)


neue ungewollte Anreize setzen und im besten Fall unnö-
tig sein . Deshalb lehnen wir als Union diesen Entwurf ab .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823709500

Vielen Dank, Nina Warken . – Die letzte Rednerin in

unserer Debatte: Anita Schäfer für die CDU/CSU-Frak-
tion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Anita Schäfer (CDU):
Rede ID: ID1823709600

Liebe Frau Präsidentin! Meine lieben Kollegen und

Kolleginnen! Mit diesem auf Angebotsorientierung im
Migrationsrecht zielenden Gesetzentwurf wollen die
Grünen im Kern nichts anderes, als die Einwanderung
massiv vereinfachen und die Tore weit aufstoßen . Wir
als Unionsfraktion stellen uns gegen die Beliebigkeit im
Einwanderungsrecht und stehen daher auch klar für eine
gezielte Auswahl bei der Migration ein . Der Staat und die
Politik haben die Pflicht, bewusst darauf zu achten, dass
die Migration für unser Land vor allem einen Mehrwert
und keine Belastung darstellt, und genau darin liegt der
Unterschied zum Asyl- und Flüchtlingsrecht . Gerade eine
sonst so regulierungsfreudige Partei wie Bündnis 90/Die
Grünen wird das verstehen .

Ich sehe jedenfalls keinen Sinn darin, Menschen so-
zusagen auf Vorrat einwandern zu lassen – unabhängig
davon, ob sie auf dem hiesigen Arbeitsmarkt gebraucht
werden oder nicht . Daher sollte auch weiterhin bereits
bei der Einwanderung ein konkretes Arbeitsangebot vor-
liegen .

Sehr geehrte Damen und Herren, zur Steuerung der
Migration gehört für mich beispielsweise auch, dass
wir uns Gedanken darüber machen, wie man Migration
gleichmäßig über das Land verteilen kann . Nach Köln,
Hamburg oder Berlin werden die Leute immer gehen .
Auch für die großen Unternehmen wird es kein Problem
sein, die benötigten Fachkräfte anzuwerben und ihnen
beratend zur Seite zu stehen . Das Rückgrat der deutschen
Wirtschaft jedoch ist der Mittelstand . Mittelständische
Unternehmen sind oft im ländlichen Raum angesiedelt .
Wenn Änderungen an den bestehenden gesetzlichen
Regelungen dazu führen, dass es für einen mittelständi-
schen Unternehmer einfacher wird, beispielsweise einen
Migranten in die Lehre zu nehmen, dann würde ich das
begrüßen . Ohne Frage wäre dies für die Wirtschaft eine
große Hilfe und für viele Arbeitgeber und Arbeitnehmer
eine Erleichterung .

Was die Anwerbung und Einreise von Experten und
Hochqualifizierten aus Nicht-EU-Staaten angeht, haben
wir mit der erfolgreichen Einführung der Blue Card EU
im Jahr 2012 schon einmal einen guten Schritt gemacht .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das muss aber nicht nur für Akademiker, sondern
auch für Bewerber in anderen nachgefragten Bereichen
gelten. Beispielsweise wollen wir es Pflegedienstleistern
einfacher machen, zugewanderte Kräfte einzustellen . Die

Idee der Grünen, hier geborenen Kindern von Ausländern
automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft anzutragen,
schießt allerdings deutlich über das Ziel hinaus . Staats-
bürgerschaft ist das höchste Gut, das ein Staat vergeben
kann, und man sollte nicht leichtfertig mit ihr umgehen .
In den Staaten, die über ein solches Geburtsortprinzip
verfügen, ist es stets historisch gewachsen . Und selbst
Großbritannien mit seinem liberalen Staatsbürgerschafts-
recht hat seine Regelungen zum Geburtsortprinzip schon
1981 eingeschränkt .

In Deutschland gibt es für das sogenannte Ius soli je-
denfalls keine historische Basis . Auch sehe ich in der von
der Opposition befürworteten doppelten Staatsbürger-
schaft weniger ein Integrationsangebot als vielmehr das
Gegenteil davon . Meiner Meinung nach kann es bei der
Staatsbürgerschaft kein Sowohl-als-auch geben .

Ich fasse zusammen: Ja, über eine übersichtliche-
re und klarere Gestaltung des Migrationsrechts können
wir debattieren . Ein neues Einwanderungsgesetz ist aber
nicht der richtige Weg; denn wir haben bereits sehr gute
und großzügige gesetzliche Rahmenbedingungen . Ja, wir
wollen die Einwanderung von Fachkräften stärken . Wir
müssen uns aber die Möglichkeit bewahren, Einwanderer
nach unseren Bedürfnissen und Kriterien auszuwählen .


(Dr . Hans-Joachim Schabedoth [SPD]: Deshalb brauchen wir das doch!)


Ja, wir wollen Ausländern attraktive Angebote machen
und ihre Integration fördern . Dabei dürfen wir aber nicht
der Beliebigkeit verfallen; denn wir erwarten, dass Men-
schen, die bei uns leben, sich auch klar zu unserem Staat
bekennen . Diese Punkte sehe ich in dem Gesetzentwurf
der Grünen nicht hinreichend erfüllt, weswegen ich ihm
nicht zustimmen kann . Für ein grünes Laisser-faire in Ein-
wanderungsfragen steht die Union jedenfalls nicht bereit .

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823709700

Vielen Dank, Anita Schäfer . – Damit schließe ich die

Aussprache .

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 18/11854 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen . – Es gibt
dazu keine anderweitigen Vorschläge . Dann ist die Über-
weisung so beschlossen .

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 11 a bis 11 c auf:

a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Stärkung der betrieblichen Al-
tersversorgung und zur Änderung anderer
Gesetze (Betriebsrentenstärkungsgesetz)


Drucksache 18/11286

Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-

(11 . Ausschuss)


Drucksache 18/12612

Nina Warken






(A) (C)



(B) (D)



(8 . Ausschuss)


Drucksache 18/12613

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11 . Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine
Zimmermann (Zwickau), Matthias W .
Birkwald, Katja Kipping, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion DIE LINKE

Gesetzliche Rente stabilisieren – Gute Ren-
te für alle sichern

– zu dem Antrag der Abgeordneten Markus
Kurth, Kerstin Andreae, Maria Klein-
Schmeink, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Für eine faire und nachhaltige betriebliche
Altersversorgung und ein stabiles Drei-Säu-
len-System

Drucksachen 18/11402, 18/10384, 18/12612

c) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Katja Keul, Luise Amtsberg, Volker Beck

(Köln), weiteren Abgeordneten und der Frakti-

on BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des
Versorgungsausgleichsgesetzes

Drucksache 18/3210

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-

(6 . Ausschuss)


Drucksache 18/6135

Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, die Plätze zu
tauschen bzw . Platz zu nehmen .

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 60 Minuten vorgesehen . – Ich höre kei-
nen Widerspruch . Dann ist das so beschlossen .

Bevor hier keine Grundruhe einkehrt, rufe ich die ers-
te Rednerin nicht auf . – Ich kann warten . Wenn Sie nicht
ein bisschen ruhiger werden, rufe ich die erste Rednerin
nicht auf .


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Es geht schon weiter, Frau Präsidentin!)


– Gerade hat eine Kollegin von Ihnen sich über die Ge-
räuschkulisse beschwert . Das nehme ich ernst .

Sind Sie bereit? – Dann eröffne ich die Debatte und
erteile das Wort der Bundesministerin Andrea Nahles für
die Bundesregierung .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Andrea Nahles, Bundesministerin für Arbeit und So-
ziales:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Drei wichtige rentenpolitische Gesetze haben wir heute
zur Beschlussfassung vorliegen . In der gesetzlichen Ren-
te sorgen wir an zwei Stellen für mehr Gerechtigkeit und
auch für Leistungsverbesserungen. Wir schaffen ein ein-
heitliches Rentenrecht in ganz Deutschland . Das ist auch
höchste Zeit . Bis zum Jahr 2025 erreichen wir gleiche
Rentenwerte in Ost und West . Und wir verbessern zum
zweiten Mal in dieser Wahlperiode die Erwerbsminde-
rungsrenten für die Menschen, die nicht mehr arbeiten
können .

Das dritte wichtige Gesetz ist das Betriebsrentenstär-
kungsgesetz. Mit ihm schaffen wir neue und attraktive
Möglichkeiten für die zusätzliche Altersvorsorge, vor al-
lem für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit gerin-
gerem Einkommen und in kleinen und mittelständischen
Betrieben . Betriebsrenten sind seit jeher in Deutschland
ein gutes, bewährtes und weit verbreitetes Standbein der
Altersvorsorge . Aber gleichzeitig sehen wir: Viele Men-
schen, für die es aufgrund ihres kleinen Einkommens be-
sonders wichtig wäre, haben bisher keine Betriebsrente
und hatten bisher kaum eine Chance, eine zu bekommen .
Gerade für sie wollen wir die Chance schaffen, mit einer
Betriebsrente für ihr Alter besser abgesichert zu sein, und
zwar nicht durch Zwang, sondern durch die gute Verabre-
dungskultur der Sozialpartner, die unser Land auszeich-
net und auch stark macht .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Neben den bisherigen fünf Modellen – wir haben fünf
Betriebsrentenmodelle in Deutschland – kommt nun ein
sechstes hinzu: das Sozialpartnermodell . Die Tarifpartner
können künftig eine Zielrente vereinbaren . Dabei wird
auf Garantien und Mindestleistungen verzichtet; denn
diese sind bislang der Haupthemmschuh, der gerade klei-
ne Unternehmen davon abhält, eine betriebliche Alters-
vorsorge anzubieten .

Dass ein Tarifvertrag Voraussetzung für den neuen
Weg ist, stellt sicher, dass Vereinbarungen getroffen wer-
den, die zugleich im Sinne der Arbeitgeber, aber auch
zum Nutzen der Beschäftigten sind .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Wollen wir es hoffen!)


Das schafft Akzeptanz für die neue Betriebsrente, und
wir stärken damit die Tarifpartnerschaft in unserem Land
ein weiteres Mal .


(Beifall bei der SPD)


Wir wissen, dass diese neue Betriebsrente eine ech-
te kommunikative Herausforderung ist . Nicht-Garantien
werden von vielen mit Nicht-Sicherheit gleichgesetzt .
Aber das ist nicht so .


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, so ist es aber!)


Vizepräsidentin Claudia Roth






(A) (C)



(B) (D)


Wenn die Linke hier von Pokerrente redet, wie ich
hörte, dann ist das schlicht unverantwortliche Propagan-
da .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Das ist die Wahrheit!)


Ich vertraue auf die Arbeit der BaFin, aber vor allem auf
die Sozialpartnerschaft . Sie garantiert vernünftige und
kostengünstige Betriebsrenten . Mein Eindruck ist übri-
gens, dass die Arbeitgeber und die Gewerkschaften die
Chancen dieser neuen Form der Betriebsrente längst er-
kannt haben .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich würde mich zum Beispiel sehr freuen, wenn es auch
Verdi gelänge, ein eigenes Versorgungswerk auf die Bei-
ne zu stellen . Und das wird derzeit auch vorbereitet .


(Beifall bei der SPD)


Meine Damen und Herren, das Gesetz zielt in erster
Linie darauf ab, dass Betriebsrenten vom Arbeitgeber
finanziert werden. Das ist mir auch wegen der Gering-
verdiener ganz wichtig . Die neue steuerliche Förderung
der Geringverdiener ist an Arbeitgeberbeiträge geknüpft .
Arbeitgeber müssen künftig bei jeder Form der Entgelt-
umwandlung die gesparten Beiträge an die Beschäftigten
weitergeben . Hier hat das Parlament noch einmal eine
entscheidende Verbesserung erzielt .


(Beifall bei der SPD sowie des Abg . Karl Schiewerling [CDU/CSU])


Wir wollen gerade diejenigen besser absichern, die hart
arbeiten, aber wenig verdienen . Deswegen fördern wir ar-
beitgeberfinanzierte Betriebsrentenbeiträge für Beschäf-
tigte mit Einkommen unter 2 200 Euro brutto mit direk-
ten Steuerzuschüssen . Durch diese Anhebung gegenüber
dem Regierungsentwurf von 2 000 auf 2 200 Euro, die
wiederum durch das Parlament beschlossen wurde, kön-
nen noch mehr Menschen profitieren. Dafür möchte ich
mich bei den Parlamentarierinnen und Parlamentariern
ausdrücklich bedanken . Damit sich zusätzliche Vorsorge
auch wirklich für alle lohnt und auch die Beschäftigten
mit kleinen Löhnen einen Sinn darin sehen, für später
vorzusorgen, schaffen wir in der Grundsicherung im Al-
ter erstmals in der deutschen Gesetzgebung Freibeträge
von mehr als 200 Euro für Betriebs- und Riesterrenten .
Das ist ein Novum . Und ich bin mir sicher, dass das zur
Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung gerade
bei Geringverdienern beitragen wird .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Mit diesem Gesetz stärken wir also das Vertrauen in
unseren Sozialstaat . Es ist ein echtes Plus für alle .

Ich möchte mich beim BMF, mit dem wir bei diesem
Gesetzentwurf zusammenarbeiten, herzlich bedanken .
Ich danke aber auch für die konstruktive parlamenta-
rische Debatte hier .

Vielen Dank .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823709800

Als nächster Redner hat Matthias Birkwald für die

Fraktion Die Linke das Wort .


(Beifall bei der LINKEN)



Matthias W. Birkwald (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823709900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Her-

ren! Verehrte Frau Ministerin Nahles! Gestatten Sie mir
eine Vorbemerkung: Wir brauchen eine starke gesetzli-
che Rente, die den Lebensstandard wieder sichert . Alles
andere muss zusätzlich sein, muss obendrauf kommen .


(Beifall bei der LINKEN – Anja Karliczek [CDU/CSU]: Das ist Quatsch!)


Ganz wichtig: Betriebsrenten und private Vorsorge
dürfen nicht dazu missbraucht werden, die willkürlich in
die gesetzliche Rente gerissenen Löcher zu stopfen . Al-
terssicherung kommt von „Sicherheit“, Frau Ministerin,
und Altersversorgung kommt von „versorgen“ . Betrieb-
liche Altersversorgung bedeutet also: Der Arbeitgeber
oder die Arbeitgeberin versorgt seinen Mitarbeiter oder
seine Mitarbeiterin im Alter mit einer garantierten, also
einer sicheren, und zusätzlichen Betriebsrente als Aner-
kennung für lange Betriebszugehörigkeit, für unentgelt-
lich geleistete Überstunden usw . Eine sichere, planbare
und verlässliche Zusatzrente im Alter, überwiegend oder
ganz und freiwillig durch die Chefin oder den Chef finan-
ziert, das ist echte betriebliche Altersversorgung .


(Beifall bei der LINKEN)


Solche echten Betriebsrenten finden die Beschäftigten
gut; und die findet auch die Linke gut.


(Beifall bei der LINKEN)


Nur, solche echten Betriebsrenten gibt es immer weniger .

Auch Ihre neue Betriebsrente wird keine Altersver-
sorgung sein . Deswegen ist schon der Titel des Gesetz-
entwurfs falsch . Frau Professorin Wallrabenstein von der
Uni Frankfurt kritisiert Ihr Betriebsrentenstärkungsge-
setz deutlich . Sie sagt – ich zitiere –:

Eine Versorgung durch den Betrieb ist diese Be-
triebsrente . . . nicht mehr . . . . es ist eine individuelle
Altersvorsorge, und der Betrieb wird zum Vertriebs-
weg .

Also noch einmal: Das Betriebsrentenstärkungsgesetz
hat seinen Namen nicht verdient; denn Sie wollen mit
Ihrem Betriebsrentenstärkungsgesetz für die Tarifpartei-
en regeln, dass künftig jeder Beschäftigte, der sich nicht
aktiv wehrt, automatisch Beiträge für eine überwiegend
selbst finanzierte Betriebsrente von seinem Gehalt abge-
zogen bekommt .


(Anja Karliczek [CDU/CSU]: Ja! Das ist auch gut so!)


Und für diesen Teil des Gehaltes werden keine Beiträge
an die gesetzliche Rentenversicherung abgeführt .


(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Entgeltumwandlung heißt das!)


Bundesministerin Andrea Nahles






(A) (C)



(B) (D)


Wer also in die Falle der Entgeltumwandlung geht, kürzt
sich seine eigene gesetzliche Rente und indirekt auch die
aller anderen . Allein das ist völlig inakzeptabel .


(Beifall bei der LINKEN)


Bisher haben die Arbeitgeber sich ihren Anteil an den
gesparten Sozialversicherungsbeiträgen auch noch in
die eigene Tasche stecken können . Das soll nun vorbei
sein . 15 Prozent sollen sie künftig auf die vom Arbeit-
nehmer gesparte Summe drauflegen. Das klingt gut, ist
es aber nicht; denn insgesamt sparen Chef oder Chefin
über 20 Prozent . Darum sage ich: Arbeitgeber und Ar-
beitgeberinnen dürfen nicht auch noch daran verdienen,
dass ihre Beschäftigten auf Lohn verzichten und in eine
Betriebsrente einzahlen .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir Linken fordern: Der Arbeitgeber muss sich nicht
mit 15 oder 20 Prozent beteiligen, sondern er soll min-
destens die Hälfte der Beiträge zur Betriebsrente finan-
zieren . Das wäre gerecht .


(Beifall bei der LINKEN)


Das steht aber nicht in Ihrem Gesetzentwurf .

Es wird noch schlimmer: Mit Ihrem Sozialpartnermo-
dell verbieten Sie den Arbeitgebern, ihren Beschäftigten
eine bestimmte Höhe ihrer Betriebsrente zu garantieren .
Dem oder der Beschäftigten wird nicht mehr garantiert,
dass er oder sie in 30 Jahren wenigstens die eingezahlten
Beiträge zurückerhält . Meine Damen und Herren von der
Koalition, nach Ihrem Gesetzentwurf muss der Chef nur
noch versprechen, dass er das Geld, das sich der Beschäf-
tigte abspart, auch wirklich an das Versorgungswerk
überweist . Dazu sagt zum Beispiel die Arbeitsgemein-
schaft für betriebliche Altersversorgung – Zitat –:

Bei einer Beitragszusage hat der Arbeitgeber letzt-
lich nur noch die Funktion einer Zahlstelle bezogen
auf den Beitrag .

Der Arbeitgeber als „Zahlstelle“ für Entgeltumwandlung,
das hat doch nichts mehr mit einem Arbeitgeber zu tun,
der seine Beschäftigten im Alter mit einer zusätzlichen
Betriebsrente belohnen will, der für sie vorsorgen will,
meine Damen und Herren .


(Beifall bei der LINKEN)


Diese sogenannte reine Beitragszusage bedeutet, dass
niemand weiß, wie hoch seine oder ihre Betriebsrente im
Alter sein wird . Es wird eine sogenannte Zielrente ver-
einbart . „Zielrente“ heißt auf Deutsch: Das eingezahlte
Geld wird mehr oder weniger riskant auf den Aktien-
märkten angelegt . Wenn es gut läuft, gibt es mehr als die
eingezahlten Beiträge zurück, und wenn es schlecht läuft,
weniger oder sehr viel weniger . In der Auszahlungsphase
werden davon dann auch noch die eigenen Kranken- und
Pflegeversicherungsbeiträge und die des Arbeitgebers
abgezogen . Da es keine Garantien mehr gibt, können
künftig auch laufende Renten abgesenkt werden . Wel-
che Summe dann am Schluss rauskommt, steht völlig in
den Sternen der Kapitalmärkte . Es kann mehr sein, und
es kann fast nichts sein . Und wenn der Anbieter pleite-

geht, dann muss nicht einmal mehr der Pensions-Siche-
rungs-Verein einspringen . Darum, liebe Frau Nahles, lie-
be Koalition, ist und bleibt Ihre Zielrente in Wirklichkeit
eine Hoffnungsrente, eine Pokerrente oder – wenn Sie
das weniger aufregt – eine Lottorente .


(Beifall bei der LINKEN – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Mannomann! Übertreib doch nicht!)


Sie von Union und SPD wälzen die Kapitalmarktrisiken
allein auf die Beschäftigten ab .

Thomas Richter, der BVI-Hauptgeschäftsführer, ju-
belte am 22 . Mai im Handelsblatt:

Das geplante Betriebsrentenstärkungsgesetz ist das
seit langem Beste, was die Politik zum Thema Rente
vorgelegt hat .


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Stimmt auch!)


Warum klatscht keiner von Ihnen?


(Beifall des Abg . Albert Stegemann [CDU/ CSU])


Wissen Sie, von wem Sie da so gelobt werden? Vom
Bundesverband Investment und Asset Management e . V .
Er hat 99 Mitglieder, und die verwalten rund 2,9 Billi-
onen Euro in Publikumsfonds, Spezialfonds und Ver-
mögensverwaltungsmandaten auf den Finanzmärkten .
Offenkundig haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen
von Union und SPD, aus der Finanzkrise nichts gelernt .
Da sage ich: Das ist unverantwortlich .


(Beifall bei der LINKEN)


Anstatt die Arbeitgeber stärker in die Pflicht zu neh-
men, Frau Nahles, entlassen Sie die Arbeitgeber aus
jeglicher Haftung . Mein geschätzter SPD-Kollege
Dr . Martin Rosemann hat mir in der ersten Lesung zuge-
rufen: „Schon mal was von Risiko beim Sparen gehört?“


(Dr . Martin Rosemann [SPD]: Was?)


Ich finde, dieses sozialdemokratische Risikosparen hat
nichts mehr mit betrieblicher Altersversorgung zu tun,
und deshalb lehnen wir dieses Gesetz ab .


(Beifall bei der LINKEN – Dr . Martin Rosemann [SPD]: Der Begriff heißt „Kollektivrisiko-Sparen“!)


Noch ein Wort zum Förderbeitrag für Geringverdie-
nende, den Sie, Frau Nahles, erwähnt haben: Der ist gut
gemeint . Es ist zumindest ein Beitrag, den der Arbeitge-
ber seinem Mitarbeiter oder seiner Mitarbeiterin zahlt,
sofern sein oder ihr Gehalt unter 2 200 Euro brutto im
Monat liegt . Die Obergrenze für die Förderung liegt
aber bei 480 Euro Arbeitgeberbeitrag im Jahr, also bei
40 Euro im Monat . Und was kommt dann da hinten raus?
Das ist völlig unklar, aber eines ist sicher: Die Kürzungen
bei der gesetzlichen Rente werden damit auf keinen Fall
ausgeglichen werden können .

Darum sage ich: Schaffen Sie für alle Arbeitgeber
und für alle Beschäftigten die Möglichkeit, bis zu einer
bestimmten Grenze freiwillig zusätzliche Beiträge auf

Matthias W. Birkwald






(A) (C)



(B) (D)


das persönliche Rentenkonto der Beschäftigten bei der
Deutschen Rentenversicherung einzuzahlen . Die Vortei-
le: niedrige Verwaltungskosten, völlig unkompliziert, es
gibt langfristig 3 Prozent Rendite, es muss kein Versor-
gungswerk gegründet werden, für den Arbeitgeber gilt
„pay and forget“, und die Beschäftigten haben eine hö-
here gesetzliche Rente .


(Beifall bei der LINKEN – Anja Karliczek [CDU/CSU]: Und es belastet die nächsten Generationen noch mehr! – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Generationenungerechtigkeit pur!)


Das wäre eine gute Alternative zu dem, was Sie hier heu-
te vorlegen .

Meine Damen und Herren, die hart arbeitenden Men-
schen wollen eine starke und zu gleichen Teilen von Ar-
beitgebern und Arbeitnehmern finanzierte gesetzliche
Rente . Sie würden lieber höhere Beiträge in die Renten-
kasse zahlen, als in hochkomplizierte Betriebsrentenmo-
delle zu investieren, bei denen unklar ist, was unterm
Strich netto für sie rauskommt . Die Beschäftigten wollen
eine gesetzliche Rente, die zum Leben reicht . Darum sagt
die Linke: Rauf mit dem Rentenniveau!

Danke schön .


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823710000

Als nächster Redner hat Karl Schiewerling für die CDU/
CSU-Fraktion das Wort .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1823710100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn der Legislaturpe-
riode war die gesetzliche Rentenversicherung im Fokus
der Politik . Wir haben dort eine Menge auf den Weg ge-
bracht . Denn wir wissen – anders als die Linken –, dass
die umlagefinanzierte Rente für die Menschen bei der Al-
tersabsicherung natürlich im Zentrum steht, aber auch die
betriebliche und die private Altersvorsorge als kapital-
gedeckte Systeme haben eine hohe Bedeutung . Deswe-
gen erreichen wir mit diesem Betriebsrentenstärkungs-
gesetz das, was wir wollen, nämlich, die Betriebsrenten
zu stärken, zu stabilisieren und weiterzuentwickeln . Das
erklärte Ziel ist, sie so auszuweiten, dass möglichst alle
Menschen in Deutschland die Möglichkeit haben, eine
betriebliche Altersvorsorge zu bekommen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es wird zugestanden, dass die derzeitigen betriebli-
chen Altersvorsorgesysteme vielfältige Anlage- und Ge-
staltungsmöglichkeiten bieten. Aber offensichtlich haben
zu wenig Beschäftigte eine betriebliche Altersvorsorge .
Das hat wahrscheinlich viele Ursachen: Unkenntnis
über Möglichkeiten, fehlende finanzielle Spielräume,
die Anrechnung der Betriebsrente auf die Grundsiche-
rung, Vorbehalte der Arbeitgeber gegenüber der Haftung,
die zu geringe Rendite in der Niedrigsparphase und die

Beitragslast für die Sozialversicherung . Dies alles sind
Gründe, die zu der jetzigen Situation geführt haben mö-
gen . Deswegen setzen wir genau an diesen Punkten an
und beseitigen die Hemmnisse – nicht ganz, aber in we-
sentlichen Teilen –, um mehr Anreize für die betriebliche
Altersvorsorge zu schaffen.

Was machen wir als Erstes? Wir haben die Sorge, dass
Geringverdiener die Möglichkeiten der betrieblichen Al-
tersvorsorge nicht nutzen . Lassen Sie mich Ihnen eine
Zahl nennen, die das belegt . 47 Prozent aller Menschen,
die 1 500 Euro verdienen, haben weder eine Betriebsren-
te noch eine Riester-Rente . Für diese Menschen tun wir
etwas . Diejenigen, die bis 2 200 Euro verdienen, erhalten
erhebliche Zuschüsse . Sie bekommen 480 Euro im Jahr
von ihrem Arbeitgeber, der dabei auch unterstützt wird,
indem er einen Teil steuerlich geltend machen kann . Wir
sorgen für Verbesserungen bei der Riester-Rente . Wenn
diese mit eingebracht wird, kann ein Geringverdiener mit
einem Anteil von 60 Euro im Jahr plus den 175 Euro,
die er zusätzlich bekommt, plus den Geldern, die er be-
kommt, wenn er Kinder hat, nennenswerte Beiträge für
eine betriebliche Altersvorsorge ansparen .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Was kommt denn als Rente raus? Sagen Sie doch einmal was dazu!)


Ich glaube, dass das ein Weg ist, der die betriebliche
Altersvorsorge neben der gesetzlichen Rente stärkt und
gute Perspektiven aufzeigt .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dazu kommt, dass 8 Prozent der Beitragsbemessungs-
grenze in der allgemeinen Rentenversicherung steuerlich
geltend gemacht werden können . Das bedeutet für einen
Arbeitnehmer, dass er bis zu 6 000 Euro im Jahr steu-
erlich geltend machen kann . Auch das ist ein Anreiz in
diesem Verfahren .

Es stellt sich natürlich die Frage, was wir verbessern
können, um weitere Hemmnisse zu beseitigen . So ist die
Idee der sogenannten Rente der Tarifpartner entstanden .
Die Tarifpartner sollen Versorgungseinrichtungen eta-
blieren können, um für Erleichterungen zu sorgen . Zum
einen geht es um die Frage, wie wir Unternehmen von
der Haftung befreien können, damit sie selbst nicht ein
Leben lang für die betriebliche Altersversorgung ge-
radestehen müssen, die sie ihren Beschäftigten einmal
zugesagt haben – dadurch ist das Sozialpartnermodell
entstanden –, und zum anderen geht es darum, wie wir
für höhere Erträge auch in den Zeiten sorgen können, in
denen aufgrund niedriger Zinsen bei konservativer Geld-
anlage nur minimale Erträge erwirtschaftet werden kön-
nen . Hier sollen durch eine exzellente Aufsicht, durch
verantwortliches Handeln der Tarifpartner und durch
Unterstützung der BaFin Gelder am Kapitalmarkt ertrag-
reicher angelegt werden . Es spricht alles dafür, dass die
betriebliche Altersvorsorge hinterher in der Regel höher
ausfallen wird als über andere Verfahrenswege .

Meine Damen und Herren, es geht nicht darum, die
betriebliche Altersvorsorge als ein Gleichschrittsystem
zu entwickeln . So bunt und so vielfältig die tatsächli-
chen betrieblichen Gegebenheiten sind: Wir wollen den

Matthias W. Birkwald






(A) (C)



(B) (D)


Menschen die Möglichkeit geben, durch die betriebliche
Altersvorsorge über den Betrieb passgenau und zielge-
richtet Hilfen zu erhalten . Dazu gehört auch, dass jetzt
und in Zukunft Arbeitgeber mindestens 15 Prozent der
eingesparten Sozialversicherungsbeiträge auf ein Be-
triebsrentenkonto einzuzahlen haben .

Ich sage an dieser Stelle sehr deutlich: Soll es sich
wirklich um eine betriebliche Altersvorsorge handeln,
erwarte ich von den Arbeitgebern, dass sie von dem in
ihrem Betrieb erwirtschafteten Geld noch etwas oben-
drauf legen .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ganz viele tun dies, aber ich kann nur dazu raten, dass
sich mehr dazu bereit erklären . Das ist übrigens ein
wichtiges Instrument der Personalgewinnung, der Mo-
tivierung und der Gewinnung von qualifiziertem Fach-
personal . Wer eine betriebliche Altersvorsorge geschickt
einsetzt, wird Menschen halten, motivieren und stärken,
und das wäre auch ein Gewinn für den Betrieb .

Die betriebliche Altersvorsorge, die wir jetzt stärken,
unterstützen und ausweiten wollen, ist kein Allheilmit-
tel zur Lösung aller Alterssicherungsfragen . Aber sie ist
ein wichtiger und zentraler Baustein in einem System, in
dem wir unterschiedliche Wege gehen müssen, damit die
Menschen am Ende der Tage von ihren Alterseinkünften
leben können .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823710200

Als nächster Redner spricht Markus Kurth für die

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen .


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823710300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Betriebsrente und die betriebliche Altersversorgung
stärken – wer wollte das nicht? Das will auch meine
Fraktion . Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat im
Rahmen dieser parlamentarischen Beratungen einen
Antrag vorgelegt, in dem wir ganz einfach erklären, wie
man das macht .

Erstens . Alle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind
verpflichtet, ihren Beschäftigten ein Angebot vorzulegen,
ein sogenanntes Angebotsobligatorium .

Zweitens . Sie sollen einen Eigenbeitrag zu der be-
trieblichen Altersversorgung leisten .


(Dr . Martin Rosemann [SPD]: Das habt ihr bei uns abgeschrieben!)


Drittens . Eine Enthaftung wird auf die Unternehmen,
die es nötig haben, beschränkt . Dazu gehören die kleinen
und mittleren Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten .

Viertens . Wir brauchen einen einfachen und transpa-
renten Durchführungsweg, der es insbesondere kleinen
Unternehmen leicht macht, nicht unter 100 Produkten
aussuchen zu müssen . Vielmehr können sie sich dann auf

ein verlässliches, einfaches, öffentlich-rechtlich getrage-
nes Produkt stützen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Diese vier einfachen Bausteine würden genau das er-
zielen, was das Gesetz im Namen trägt: die Stärkung der
Betriebsrenten . Was macht die Große Koalition stattdes-
sen? Sie scheitert gerade an dem wichtigsten Ziel – das
sage ich voraus –, nämlich bei der Verbreitung der Be-
triebsrenten; denn die verschiedenen Vergünstigungen
oder Anreize, die sie vor allen Dingen für Arbeitgeber ge-
schaffen hat, namentlich die Enthaftung, werden auf ta-
rifgebundene Unternehmen beschränkt . Denn der zweite
Punkt auf Ihrer Agenda neben der Stärkung der Betriebs-
renten – das hat die Ministerin mehrfach öffentlich ge-
sagt – ist die Stärkung der Tarifbindung . Aber in kleinen
und mittleren Unternehmen, zum Beispiel in Branchen
wie dem Gastgewerbe, ist die Tarifbindung minimal .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Und im Osten!)


Das heißt, Sie werden genau diejenige Zielgruppe nicht
erreichen, die Sie zu erreichen vorgeben . Das ist ein gro-
ßes Problem .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir haben in den Ausschussberatungen und auch hier
in den Debatten gehört, dass das gar nicht so ein großes
Problem sei . Auch nicht tarifgebundene Betriebe könn-
ten den neu zu gründenden gemeinsamen Einrichtungen
der Tarifpartner beitreten . Das sei doch alles ein Kinder-
spiel . Ich sage Ihnen einmal, was der DGB in seiner Stel-
lungnahme zur Anhörung gesagt hat . Der DGB hat sich
glasklar geäußert . Er hat gesagt:

Die Möglichkeit der einzelvertraglichen Bezugnah-
me durch nicht tarifgebundene Arbeitgeber wird ab-
gelehnt . Die reine Beitragszusage

– das ist die sogenannte Enthaftung –

darf nur im Rahmen eines tarifexklusiven Sozial-
partnermodells geregelt werden und soll nur tarifge-
bundenen Arbeitnehmern zu Gute kommen .

Ich denke, es ist eindeutig, dass es sich die Sozial-
partner im Regelfall nicht gefallen lassen werden, dass
nicht tarifgebundene Unternehmen beitreten . Da fragt
sich jeder Arbeitgeber, der brav seine Beiträge an den
Arbeitgeberverband zahlt: Wozu zahle ich denn eigent-
lich noch diese Beiträge, wenn unsere exklusiven Ver-
einbarungen plötzlich für jedermann, jedefrau oder jeden
anderen Betrieb gelten? – Wenn das so einfach und klar
wäre, würden Sie die Tarifbindung nicht stärken, sondern
durch diese Öffnung sogar schwächen. Darum ist Ihre
Argumentation an diesem Punkt völlig paradox .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Kommen wir zu dem großen Thema der sogenannten
Enthaftung . Sie nutzt in diesem Fall eher den Großun-
ternehmen, die nach meiner Auffassung am ehesten in
der Lage sind – sie sollten an dieser Stelle auch in die
Verantwortung genommen werden –, die Beiträge ihrer

Karl Schiewerling






(A) (C)



(B) (D)


Beschäftigten und eine festgesetzte Betriebsrente zu ga-
rantieren. Ich hoffe, dass viele Großunternehmen oder
größere Unternehmen das wie bisher, zum Beispiel durch
Betriebsdirektzusagen oder aber über betriebliche Pensi-
onskassen und Pensionsfonds, machen werden .

Der Punkt, um den Sie sich immer geschickt herum-
zulavieren versuchen, den Sie verschwiemeln wollen, ist,
dass das Kapitalmarktrisiko ein Stück weit auf die Be-
schäftigten verlagert wird . Das ist so .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: So ist es!)


Das können Sie auch nicht dadurch verdecken, dass Sie
sagen, durch die Enthaftungen sind mehr Anlagemög-
lichkeiten an den Aktienmärkten und höhere Erträge
möglich . Möglich! Möglich! Sie tun ja so, als ob das si-
cher wäre .


(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Konjunktiv!)


Sie müssten ehrlicherweise sagen: Wir nehmen an,
dass die Wahrscheinlichkeit höherer Erträge bei einer gu-
ten Entwicklung der Kapitalmärkte recht gut ist .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Haben sie bei Riester auch erzählt!)


Aber – das „aber“ dürfen Sie nicht verschweigen – wenn
es eben nicht so gut läuft, dann ist es sogar möglich, dass
die betrieblich zugesagten Renten während der Auszah-
lungsphase sogar noch sinken .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Das ist so!)


Das hat mir das Ministerium als Antwort auf meine
schriftliche Frage Nummer 202 schriftlich gegeben . Ich
zitiere es hier gerne noch einmal:

Folglich können solche Betriebsrenten unter Um-
ständen während des Rentenbezugs auch gesenkt
werden .

Das ist für diejenigen, die gut verdient haben, die hohe
Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung ha-
ben, vielleicht verkraftbar, aber wir richten uns ja hier an
eine Zielgruppe, die wenig verdient . Gerade für Gering-
verdienerinnen und Geringverdiener zählt jeder Euro .
Das ist dann hochproblematisch . Da beißt die Maus kei-
nen Faden ab .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Zuruf der Abg . Anja Karliczek [CDU/CSU])


Ich würde jetzt nicht so weit gehen und sagen, dass
das eine Pokerrente oder dergleichen ist,


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Ein bisschen Unterschied muss auch sein!)


aber es ist natürlich eine Risikoverlagerung, die man,
wenn überhaupt, nur andenken könnte, wenn man ganz
klar politisch zusichert, das Niveau der gesetzlichen Ren-
te zu stabilisieren, damit wenigstens der Sockel klar ist,
auf dem die Betriebsrente aufsetzt . Aber auch dazu rin-
gen Sie sich nicht durch .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund
erwarte ich, dass wir in der nächsten Legislaturperiode
dahin kommen, was Sie ja im Grunde genommen selbst
schon befürchten . Denn warum sonst haben Sie im Fest-
stellungsteil dieses Gesetzentwurfes erwähnt: Wenn un-
ser Gesetz scheitert, dann brauchen wir ein Angebotsob-
ligatorium? – Das ist genau das, was Bündnis 90/Die
Grünen an dieser Stelle schon heute vorschlagen .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Aber nicht für Entgeltumwandlung!)


Ich fände es vernünftig, wenn wir auch bei der soge-
nannten Entgeltumwandlung zu einer anderen Schluss-
folgerung kämen . Das ist im Moment und kurzfristig
nicht zu erwarten . Die beitragsfreie Entgeltumwand-
lung senkt Rentenansprüche, senkt die Einnahmen der
Rentenkassen, war ursprünglich auch nur als befristetes
Anreizinstrument gedacht, um sozusagen Betriebsrenten
einen Startvorteil zu geben . Leider – das muss man sa-
gen – ist es auf Initiative der Sozialpartner, von DGB und
BDA, dann entfristet worden . Leider, leider ist auch nicht
zu erwarten, dass sich das kurzfristig wieder ändert . Ich
will hier aber noch einmal ausdrücklich festhalten, dass
das Instrument der Entgeltumwandlung problematische
Folgen zeigt .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Aber solange wir dieses Instrument haben, brauchen
wir den verpflichtenden Arbeitgeberbeitrag. Ich nehme
mit einer gewissen Befriedigung zur Kenntnis, dass Sie
diesen Punkt aus unserem Antrag in Ihren Gesetzentwurf
übernommen haben . Das werten wir als klaren Erfolg un-
serer Oppositionspolitik .


(Katja Mast [SPD]: Ausschließlich, weil ihr den Antrag geschrieben habt! – Zuruf des Abg . Dr . Martin Rosemann [SPD])


Natürlich wäre es sinnvoll, diesen Eigenbeitrag der
Arbeitgeber zu steigern, erst über die Sozialpartner, um
so zu einer besseren Beteiligung von Arbeitgebern zu
kommen . Aufgeklärte Arbeitgeberinnen und Arbeitge-
ber wissen, dass eine zusätzliche Absicherung ihrer Be-
schäftigten der Arbeitszufriedenheit, der Stabilität der
Personalsituation und natürlich der Motivation dient . Ich
hoffe, dass wir in der nächsten Legislaturperiode zu ent-
scheidenden Verbesserungen in unserem Sinne kommen .

Vielen Dank .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823710400

Katja Mast hat als nächste Rednerin das Wort für die

SPD-Fraktion .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katja Mast (SPD):
Rede ID: ID1823710500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Die SPD hat in dieser Legislaturperiode immer wieder

Markus Kurth






(A) (C)



(B) (D)


deutlich gemacht, dass es im Kern darum geht, die ge-
setzliche Rente zu stärken .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Macht mal!)


Wir haben mit unserer Bundesarbeitsministerin nicht nur
die erste Leistungsverbesserung seit Jahrzehnten in der
gesetzlichen Rentenversicherung durchgesetzt, sondern
wir haben auch mit ihrem mutigen Rentenkonzept einen
deutlichen Vorschlag für eine doppelte Haltelinie bei
Rentenniveau und Beitragssatz .


(Beifall bei der SPD – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Es liegt nichts auf dem Tisch!)


Heute diskutieren wir über die betriebliche Altersvor-
sorge, die wir neben der gesetzlichen Rentenversiche-
rung als ergänzende Säule ansehen . Ich betone an die-
ser Stelle: als ergänzende Säule . Wir werden gleich das
Betriebsrentenstärkungsgesetz verabschieden, in dem
Verbesserungen bei der betrieblichen Altersvorsorge vor-
gesehen sind .

Ich höre hier die ganze Zeit von der Opposition, mit
unserem Gesetz würden wir die Arbeitgeber aus der Ver-
antwortung nehmen .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Enthaftung!)


Ich frage mich nur, warum dann der Deutsche Gewerk-
schaftsbund, die IG BCE, die IG Metall und viele an-
dere Gewerkschaften dieses Gesetz loben und sagen, es
sei sinnvoll . Ich glaube nicht, dass die Gewerkschaften
in Deutschland wollen, dass wir die Arbeitgeber bei der
betrieblichen Altersvorsorge aus der Verantwortung neh-
men .


(Beifall bei der SPD – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Die können sich auch mal irren!)


Ich möchte an vier Punkten klarmachen, warum wir
genau das Gegenteil von dem tun, was Sie uns hier vor-
werfen:

Erstens bauen wir mit diesem Gesetz die Hindernisse
ab, die nach mehreren Studien der Bundesregierung viele
Arbeitgeber bisher davon abhielten, in die betriebliche
Altersvorsorge einzusteigen .

Zweitens . Wir sorgen dafür – darauf sind wir als
SPD-Fraktion mächtig stolz –, dass sich die Arbeitgeber
künftig durch die pauschalierte Weitergabe der Sozial-
versicherungsbeiträge in Höhe von 15 Prozentpunkten
an jeder Form der Betriebsrente beteiligen müssen . Das
war ein großer Erfolg in den Verhandlungen mit unserem
Koalitionspartner . Darauf sind wir stolz .


(Beifall bei der SPD)


Die Arbeitgeber werden sich aber auch an der Förde-
rung von Geringverdienern beteiligen müssen . Auch da
lassen wir die Arbeitgeber nicht aus der Verantwortung .

Drittens . Enthaftung ist nicht gleichbedeutend mit ei-
nem Verlust der Verantwortung der Arbeitgeber . Neben
den Arbeitnehmern und den Arbeitgebern gibt es, wenn
es um betriebliche Altersvorsorge geht, die Tarifvertrags-

parteien . Wir stärken die Sozialpartner und die Tarifau-
tonomie . Unser roter Faden in dieser Legislatur ist, dass
wir nicht auf die Schiene individueller Verträge setzen,
sondern dass wir unseren Gewerkschaften und den Ar-
beitgeberverbänden zutrauen, dass sie verantwortungs-
voll mit dem Geld umgehen, das die Mitglieder für die
betriebliche Altersvorsorge investieren .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Viertens . Wir stellen – das hat Ministerin Nahles auch
schon klargemacht – neben die fünf Durchführungswege
der betrieblichen Altersvorsorge, die es schon heute gibt,
eine sechste Säule. Die anderen schaffen wir aber nicht
ab .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Noch komplizierter! Noch komplexer! Noch unübersichtlicher!)


Jeder kann also in dem System bleiben, in dem er sein
will . Aber es gibt eine neue sechste Säule . Das ist mir
wichtig zu sagen; denn es geht darum, die betriebliche
Altersvorsorge auszubauen .

Ich komme zum Schluss . Ich möchte mich bei allen
bedanken . Ich möchte mich bei meinen Kolleginnen und
Kollegen von der CDU/CSU bedanken . Es waren harte
Verhandlungen, in denen es um Details ging . Aber wir
haben gemeinsam einen Erfolg erzielt .

Ich will mich vor allen Dingen bei Andrea Nahles und
ihren Staatssekretärinnen bedanken, insbesondere bei
Gabriele Lösekrug-Möller . Es war kein einfacher Weg,
mit Herrn Schäuble und seinem Haus in gemeinsamer
Verantwortung dieses Gesetz auf den Weg zu bringen . Es
ist komplex .

Ich finde, dass sich dieses Gesetz sehen lassen kann.
Wir gemeinsam, die Parlamentarierinnen und Parlamen-
tarier hier im Parlament, haben dafür gesorgt, dass Si-
cherheiten ausgebaut und gestärkt werden, und wir haben
für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr her-
ausgeholt, vor allem für die Geringverdiener; denn diese
brauchen besonders unsere staatliche Unterstützung . Ich
bin zuversichtlich, dass wir damit unser Ziel erreichen,
nämlich die betriebliche Altersvorsorge auf eine gute Ba-
sis zu stellen und eine deutliche Verbreiterung hinzube-
kommen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823710600

Tobias Zech hat als nächster Redner für die CDU/

CSU-Fraktion das Wort .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Tobias Zech (CSU):
Rede ID: ID1823710700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn

man der Opposition so zuhört, dann müsste man fast
glauben, dieses Gesetz wäre keine Verbesserung der be-
trieblichen Altersvorsorge und wir hätten das Ziel nicht
erreicht . Das Gegenteil ist der Fall . Das wissen Sie ganz

Katja Mast






(A) (C)



(B) (D)


genau . Wir haben im Koalitionsvertrag zwischen SPD,
CDU und CSU vereinbart, die bAV zu stärken und wei-
terzuverbreiten . Zumindest das Ziel, die bAV zu stärken,
haben wir erreicht .

Warum wir die bAV stärken wollen, ist auch klar .
Wir haben hier nämlich ein riesengroßes Potenzial . Nur
60 Prozent aller Arbeitnehmer in Deutschland haben
eine betriebliche Altersvorsorge . Viel tragischer aber
ist – Karl Schiewerling hat das erwähnt; ich weite das ein
bisschen aus –: Nur 27 Prozent der Geringverdiener mit
einem Einkommen von bis zu 2 500 Euro brutto, wenn
man das als Maßstab nimmt, haben eine betriebliche Al-
tersvorsorge . Der Grund dafür ist nicht Unwille und auch
nicht die große Bürokratie, sondern schlicht und einfach
der Fakt, dass sie sich die 20 Euro im Monat für die be-
triebliche Altersvorsorge nicht leisten können, dass sie
sich dieses Geld bei Wohnung, Kindergartenplatz oder
Lebensmitteln absparen müssten . Deswegen ist es wich-
tig – das ist das klare Signal von heute –, dass wir bei
den Geringverdienern angesetzt haben . Das ist ein guter
Erfolg dieses Gesetzes .


(Beifall bei der CDU/CSU – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die müssen aber immer noch mehr als 20 Euro selbst zahlen!)


Wir haben beschlossen, dass bei Neuverträgen, aber
auch bei Altverträgen ab 2 022 pauschal 15 Prozent der
eingesparten Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitge-
bers zwingend mit überführt werden müssen . Das ist ein
Riesenerfolg .

Wir haben den Geringverdienerzuschuss für die Ar-
beitgeber auf 30 Prozent festgelegt . Das heißt, dass der
Arbeitgeber bei einem Zuschuss von 480 Euro 144 Euro
vom Staat bekommt . Das ist eine ganz klare Förderung
der Geringverdiener im Bereich der betrieblichen Alters-
vorsorge .

Wir haben im parlamentarischen Verfahren die Ein-
kommensgrenze für Geringverdiener von 2 000 Euro auf
2 200 Euro erhöht . Damit erreichen wir knapp 1,4 Milli-
onen Menschen mehr .

Wir haben auch die Riester-Grundzulage erhöht: von
aktuell 154 Euro im ersten Gesetzentwurf auf 165 Euro
und jetzt auf 175 Euro . Das heißt, es gibt heute 21 Euro
mehr .

Wir haben auch den steuerfreien Dotierungsrahmen
von 4 auf 8 Prozent – das heißt, auf bis zu 6 000 Euro im
Jahr – erhöht . Das sind ganz klare Verbesserungen .

Wir haben außerdem einen ganz klaren Schwerpunkt
bei der Nichtanrechenbarkeit von bis zu 200 Euro auf
die Grundsicherung gesetzt . Somit ist die Aussage dieses
Gesetzes: Wer im Rahmen einer betrieblichen Altersvor-
sorge vorsorgt, ist, wenn es ihm später einmal schlechter
geht, immer besser gestellt als derjenige, der nichts tut .
Das ist eine für das System wichtige Aussage . Darauf
kann man auch stolz sein .


(Beifall bei der CDU/CSU)


– Auch die SPD .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Die klatscht trotzdem nicht!)


– Aber bei dem, was jetzt kommt, werden sie auch nicht
klatschen . Das war also meine letzte Chance .


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)


Die Stärkung ist damit erreicht . Jetzt komme ich zur
Verbreiterung . Da kann man unterschiedlicher Ansicht
sein, welche Hürde die größte ist . Ist es die Bürokratie,
oder ist es die Haftung? Man hat sich jetzt für einen Weg
entschieden, der einen Paradigmenwechsel darstellt . Es
gibt zum ersten Mal einen Durchführungsweg, der den
Arbeitgeber aus der Haftung nimmt . Das Grundprinzip
der betrieblichen Altersvorsorge war immer die Haftung
des Arbeitgebers: arbeitnehmerfinanziert, arbeitgeber-
organisiert, aber der Arbeitgeber haftete auch . Man hat
sich entschieden, mit diesem Gesetzentwurf davon abzu-
rücken . Das geschah übrigens in Rücksprache mit allen
Sozialpartnern . Auch die Arbeitgeberverbände und die
Gewerkschaften wollen das . Ich kann ihnen nur zurufen:
Seid euch bitte bewusst, welche Verantwortung ihr jetzt
übernehmt, welche Verträge ihr abschließt und wie ihr
kommuniziert!

Wenn man die Haftung ausschließt, geht damit ein Ga-
rantieverbot einher; das ist folgerichtig . Man kann nicht
ohne Haftung Garantien versprechen . Allerdings ist die
Aussage richtig: Garantien kosten Geld und Rendite .
Genauso richtig ist die Aussage, dass eine hohe Rendite
Sicherheit kosten wird . Das muss richtig kommuniziert
werden . Man muss das den Menschen wahrheitsgemäß
vermitteln . Ich sehe hier – das hat auch die Ministerin
vorhin angesprochen – eine sehr große argumentative
Aufgabe auf uns alle zukommen, wenn es darum geht, zu
erklären, was es heißt, eine Betriebsrente ohne Garantien
zu haben, mit der Chance auf eine höhere Rendite, aber
natürlich auch mit dem Risiko auf eine geringere .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Sehr diplomatisch formuliert! Sehr diplomatisch!)


Für Gutverdiener ist dieses Risiko kein Problem; sie
können es eingehen . Aber denken Sie – wir haben über
sie gesprochen – auch an die Kleinverdiener . Die Minis-
terin und alle meine Vorredner haben es erwähnt: Die
Frage: „Kann sich ein Geringverdiener dieses Risiko
leisten?“ wird in den nächsten Jahren von den Menschen
beantwortet werden, indem sie sich entweder für diese
Rente entscheiden oder nicht . Sie werden mit den Fü-
ßen abstimmen, und ich muss noch einmal zu äußerster
Seriosität der Tarifpartner auffordern. Es darf hier nicht
zu einem Überbietungswettkampf kommen, sondern wir
brauchen hier eine ganz große Seriosität und Achtsam-
keit . Nur dann kann dieses Gesetz wirken .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Da hätte ich ja fast geklatscht!)


Wir haben im parlamentarischen Verfahren auch
noch mit in den Gesetzentwurf hineinverhandelt, dass es
OT-Betriebe, also nicht tarifgebundene Betriebe, leich-
ter haben, sich daran anzulehnen; denn eines gehört auch

Tobias Zech






(A) (C)



(B) (D)


zur Wahrheit: Die Mitarbeiter in den Betrieben, die der
Tarifbindung unterliegen, haben Gott sei Dank privile-
gierte Arbeitsverhältnisse in Deutschland . Um sie mache
ich mir die wenigsten Sorgen. Wie schaffen wir es nun,
OT-Betriebe noch stärker an der betrieblichen Altersver-
sorgung partizipieren zu lassen? Hier sind wir leider weit
hinter den Potenzialen zurückgeblieben . Wir haben aber
zumindest in den Gesetzentwurf hineingeschrieben, dass
die Tarifpartner bei der Anlehnung keine Mondpreise,
sondern nur sachgrundbezogene Preise verlangen dürfen .
Das heißt für die Administration, dass Sondergebühren
bei der Aufnahme entfallen müssen .

Allerdings hätte ich mir schon erhofft – wir alle wis-
sen, dass Opting-out-Modelle die größte Durchsetzungs-
fähigkeit aller bAV-Modelle in Deutschland haben –,
dass wir hier im Bereich des Opting-outs weitergegangen
und das Opting-out zumindest auf betrieblicher Ebene er-
laubt hätten . Ich habe nämlich genauso viel Vertrauen in
die Betriebsräte und Betriebsratsvorsitzenden wie in die
Gewerkschaften . Das müssen wir wohl in der nächsten
Legislaturperiode machen . Das hätte nämlich wirklich
eine Verbreiterung der bAV gebracht .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823710800

Ralf Kapschack hat als Nächster das Wort .


(Beifall bei der SPD)



Ralf Kapschack (SPD):
Rede ID: ID1823710900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer! Die West-
deutsche Allgemeine Zeitung titelte am vergangenen
Freitag – ich zitiere –: „Betriebsrente wird attraktiver“,
und sie schrieb von neuen Anreizen für Geringverdiener
und einer Entlastung für Unternehmen . – Besser hätte
man es kaum auf den Punkt bringen können;


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


denn genau das machen wir. Wir schaffen die Betriebs-
rente plus – „plus“ für Geringverdiener und für kleine
und mittlere Unternehmen .

Es ist eben nicht gerecht, dass in großen Unternehmen
Betriebsrenten selbstverständlich und in kleinen Unter-
nehmen die Ausnahme sind . Deshalb wollen wir das än-
dern .

Wir helfen Geringverdienern durch staatliche Förde-
rung, einen leichteren Zugang zu Betriebsrenten zu be-
kommen . Gerade sie können eine zusätzliche Absiche-
rung im Alter gut gebrauchen . Der neue Freibetrag in der
Grundsicherung macht klar: Es lohnt sich auch mit klei-
nem Einkommen – und damit vermutlich auch kleiner
Rente –, für das Alter vorzusorgen, wenn es eben geht,
und von dem Freibetrag profitieren nicht nur künftige
Rentnerinnen und Rentner . Einige Tausend Menschen,
die jetzt schon in der Grundsicherung sind und deren

Betriebsrente angerechnet wird, haben künftig deutlich
mehr in der Tasche .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Warum macht ihr keinen Freibetrag für die gesetzliche Rente?)


In der Ausschussberatung gestern gab es den Vorwurf,
wir würden uns durch den Freibetrag quasi damit abfin-
den, dass es Renten unterhalb der Grundsicherung gibt .
Auf so eine Idee muss man erst einmal kommen . Das
ist natürlich Unsinn . Die SPD setzt sich für gute Löhne
und stabile Beschäftigungsverhältnisse ein . Das sind die
zentralen Stellschrauben für eine gute gesetzliche Rente .


(Beifall bei der SPD)


Wir wollen eine Solidarrente für alle, die lange gear-
beitet, aber wenig verdient haben . Die Solidarrente wird
deutlich oberhalb der Grundsicherung liegen .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Steht im Koalitionsvertrag, aber es liegt nichts auf dem Tisch!)


Wer das wissen will, konnte das schon seit Ende vergan-
genen Jahres wissen . Damals hat Andrea Nahles nämlich
ein entsprechendes Konzept vorgelegt .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Ja, aber keinen Gesetzentwurf!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Arbeitgeber pro-
fitieren finanziell davon, wenn die Beschäftigten im Rah-
men der Entgeltumwandlung etwas für ihre Altersversor-
gung tun . Ich habe nie verstanden, warum das so ist .

Künftig müssen die Arbeitgeber den größten Teil die-
ser Einsparungen in die betriebliche Altersversorgung
ihrer Beschäftigten einbringen . Das war uns ein ganz
wichtiger Punkt in den Verhandlungen mit unserem Koa-
litionspartner; denn das hat auch etwas mit Gerechtigkeit
zu tun .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir verringern auf diesem Weg auch das Problem der
Krankenkassenbeiträge auf Betriebsrenten . Klar ist aller-
dings: An dieses Thema müssen wir in der nächsten Le-
gislaturperiode sicherlich noch einmal grundsätzlich ran .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Da hat er recht!)


Auf das Thema Sicherheit wird meine Kollegin Sarah
Ryglewski gleich noch einmal eingehen . Nur ganz kurz:
Ich habe zur Kenntnis genommen, dass die Kritik der
Linken deutlich milder ausgefallen ist als in den vergan-
genen Monaten . Als kleine Erinnerung und als Warnung
sei aber nur noch einmal gesagt: Wenn Sie uns kritisieren,
dann halten wir das aus; das ist überhaupt kein Problem .
Aber diffamieren Sie nicht gleich die Gewerkschaften
mit, die sich jetzt auf den Weg machen, Betriebsrenten
für ihre Mitglieder zu ermöglichen .


(Beifall bei der SPD)


Tobias Zech






(A) (C)



(B) (D)


Sie erwecken manchmal den Eindruck, das seien Zo-
cker, die das Geld von künftigen Rentnerinnen und Rent-
nern rücksichtslos aufs Spiel setzen . Das ist nicht nur
sachlich falsch . Ein solches Vokabular nutzt am Ende nur
denen, die wir alle, glaube ich, hier nicht sehen wollen .

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823711000

Als nächster Redner hat Peter Weiß für die CDU/

CSU-Fraktion das Wort .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1823711100

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir verfolgen mit
dem Betriebsrentenstärkungsgesetz ein ehrgeiziges Ziel .
Egal über welches Rentenmodell man diskutiert: Klar ist,
dass die gesetzliche Rente die erste starke Säule ist . Aber
genauso wichtig ist es, dass möglichst jede Arbeitneh-
merin und jeder Arbeitnehmer eine starke Zusatzrente
bekommt . Mit diesem Gesetz wollen wir die Möglichkeit
schaffen, dass für jeden eine gute Betriebsrente möglich
wird, dass nicht nur knapp 60 Prozent der Beschäftigten
in Deutschland über einen Betriebsrentenanspruch ver-
fügen, sondern eines Tages möglichst über 90 Prozent .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Meine Damen und Herren, ein solches Ziel erreicht
man nicht mit Herumjammern und mit Zaghaftigkeit,
sondern dadurch, dass man ehrgeizig ist . Dieses Gesetz
ist vor allen Dingen Ausdruck unseres Ehrgeizes, für eine
starke Altersversorgung für alle Menschen in Deutsch-
land zu sorgen .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Jetzt wissen wir, dass es bis heute starke Hemmnisse
gibt . Der Geringverdiener sagt zu Recht: Ich habe doch
dafür gar kein Geld übrig . – Deswegen gibt es die Ge-
ringverdienerförderung in Höhe von 480 Euro jährlich
durch den Arbeitgeber mit einer Teilrefinanzierung durch
den Staat, ohne dass der Arbeitnehmer dafür zusätzlich
etwas leisten muss .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir stärken eine arbeitgeberfinanzierte bAV, keine, die
zulasten des Lohns des Arbeitnehmers geht .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ein anderer Punkt ist: Wir erhöhen die Riester-Förde-
rung . Sobald jemand, vor allen Dingen ein Geringverdie-
ner, ein paar Euro zusätzlich für die Altersvorsorge in die

Hand nimmt, kann er die 175 Euro Riester-Förderung pro
Jahr für seine bAV nutzen,


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 4 Prozent!)


weil wir die sogenannte Doppelverbeitragung abschaf-
fen . Das ist ein riesiger Fortschritt .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das, was an Fördermitteln zusammenkommt, ist ein
Vielfaches dessen, was heute möglich ist .

Natürlich sagt ein Geringverdiener: Menschenskinder,
wenn das, was ich mir für die Altersvorsorge vom Mund
abgespart habe, am Schluss nicht reicht und ich doch
Grundsicherung im Alter beantragen muss, dann wird
dieses Geld angerechnet . – Damit hat er heute recht . Das
hält auch viele davon ab, etwas anzusparen . Deswegen
stellen wir die bisherigen Regelungen auf den Kopf: 100
bis 200 Euro Freibetrag für jeden in der Grundsicherung,
der irgendetwas zusätzlich fürs Alter angespart hat, was
zu einer Rentenzahlung führt! Das ist ein Wort . Jetzt gilt:
Wenn ich etwas zusätzlich angespart habe, dann weiß
ich, dass ich auf jeden Fall im Alter besser dastehe als
derjenige, der nichts gemacht hat .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Natürlich ist die sogenannte Entgeltumwandlung, dass
also ein Teil des eigenen Gehalts für die Betriebsrente
verwendet wird, ein gängiger Weg . Aber mit dem, was
wir gemacht haben, sorgen wir für Folgendes: Es gibt
künftig keine Betriebsrente ohne Arbeitgeberbeteiligung .
Auch das ist ein riesiger Fortschritt . Damit ist klar: Das,
was an Sozialversicherungsbeiträgen auf der Arbeitge-
berseite eingespart wird, geht zum allergrößten Teil in
die Betriebsrente des Arbeitnehmers .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg . Dr . Martin Rosemann [SPD] – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Warum nicht alles?)


Kollege Kapschack hat es Gott sei Dank schon gesagt:
Das löst die gesamte Problematik des Krankenkassenbei-
trags in der Bezugsphase . Jetzt macht der Arbeitnehmer
mit Blick auf seine Beitragsbilanz kein Minusgeschäft
mehr, sondern ein Plusgeschäft .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


All diese Punkte gelten für jeden Arbeitnehmer in
Deutschland, ob tarifgebunden oder nicht . Deswegen
sollte man zu allererst festhalten – das war uns als Union
wichtig –: Das Wichtigste an dieser Reform ist, dass das
Gesetz nicht nur in tarifgebundenen Betrieben gilt, son-
dern für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer . Jeder
profitiert von den Vorzügen des neuen Gesetzes.


(Beifall bei der CDU/CSU)


In der Tat haben wir gemeinsam ein Sondermodell,
das sogenannte Tarifvertragsmodell, beschlossen, das
schon ausführlich dargestellt worden ist . Dieses Modell
macht es möglich, dass sich jetzt mehr Betriebe – bisher

Ralf Kapschack






(A) (C)



(B) (D)


haben manche gezögert – über einen solchen Tarifvertrag
an der bAV beteiligen . Es kann eine Zielrente vereinbart
werden, wodurch man auch in der Anlagepolitik größere
Freiheiten hat als bisher .

Das machen wir nicht, weil wir pokern oder Lotto
spielen wollen. Solche Verdächtigungen sind, finde ich,
eine Gemeinheit gegenüber den Gewerkschaften und den
Arbeitgebern, die verantwortungsvoll mit Tarifverträgen
umgehen . Sie sind schlicht eine Gemeinheit .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir machen es vielmehr deshalb, weil wir den Ar-
beitgebern und den Gewerkschaften ermöglichen wol-
len, Modelle auszuprobieren, bei denen mehr Rendite,
sprich: mehr Geld, für den einzelnen Arbeitnehmer und
seine Betriebsrente herauskommt. Ich finde, wenn man
das vernünftig organisiert – auch mit vernünftigen Siche-
rungsvorschriften –, dann ist das ein Weg, den man gehen
kann .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Uns als Union war allerdings in den Verhandlungen
wichtig – wir sind froh, dass wir das durchgesetzt ha-
ben –, dass Folgendes klar ist: Wir wollen niemanden in
ein neues Modell zwingen, wenn er es nicht will . Deswe-
gen stellen wir im Gesetzentwurf klar: Die Tarifpartner
sollen bestehende Betriebsrentensysteme, die gut funkti-
onieren, auch weiter bestehen lassen und nicht durch die-
ses neue Modell ersetzen . Sie sollen zum Zweiten nicht
tarifgebundenen Unternehmen ermöglichen, durch Inbe-
zugnahme ohne unbillige Zusatzauflagen teilzunehmen.

Herr Kollege Kurth, ich sehe das völlig anders als Sie .
Tarifverträge sehen in der Frage der bAV Vergünstigun-
gen für tarifgebundene Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmer vor . Eine starke Betriebsrente setzt sozusagen
eine entsprechende Masse voraus, es sollen möglichst
viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bzw . viele
Betriebe beteiligt werden . Deswegen sollte es ein natür-
liches Interesse geben, auch viele nicht tarifgebundene
Unternehmen zu beteiligen, damit es zu einer erfolgrei-
chen Betriebsrente insgesamt kommt .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben die Sozialpartner aber anders gesagt!)


– Herr Kurth, es kommt nicht darauf an, was A, B oder C
sagen, sondern was im Gesetz steht, und genau das haben
wir in den Gesetzentwurf hineingeschrieben .


(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Nein! Darauf kommt es nicht an! Es kommt auf die Realität an, nicht auf das, was auf dem Papier steht! Auf die Realität!)


Verehrte Kolleginnen und Kollegen, der Erfolg des-
sen, was wir mit diesem Gesetzentwurf starten, wird da-
von abhängen, ob die Botschaft, die Neuregelungen und
die Attraktivitätssteigerungen auch finanzieller Art, die
wir in diesem Gesetzentwurf für die Betriebsrente ver-

ankert haben, bei den Beschäftigten in Deutschland auch
ankommen . Deswegen bitte ich herzlich darum, nicht das
Kritisieren in den Vordergrund zu stellen –


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823711200

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen .


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1823711300

– ja, ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin –, son-

dern die Bitte, die Betriebe und die Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer in Deutschland zu ermutigen, diese
Chance für eine starke zusätzliche Altersvorsorge zu nut-
zen .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823711400

Bevor ich Frau Ryglewski das Wort erteile, hat der

Kollege Birkwald das Wort für eine Kurzintervention .


Matthias W. Birkwald (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823711500

Vielen Dank, Frau Präsidentin, dass Sie trotz unserer

langen Tagesordnung die Kurzintervention zulassen .


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823711600

Mit dem Hinweis: kurz!


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Matthias W. Birkwald (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823711700

Mich haben gerade drei Kollegen der Koalition –

Katja Mast, Ralf Kapschack und jetzt auch Herr Weiß –
der Gewerkschaftsfeindlichkeit geziehen . Ich habe das
schon geahnt, weil Herr Weiß das auch schon in der ers-
ten Lesung gemacht hat .


(Anja Karliczek [CDU/CSU]: Das schweißt uns zusammen! Das ist gut!)


Zunächst einmal: Ich bin seit über 30 Jahren Mitglied
der IG Metall, und die IG Metall ist eine gute Gewerk-
schaft .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


– Da können jetzt auch bei euch einige klatschen .

Zweitens . Wir erinnern uns bitte daran, dass das un-
sägliche Riester-Gesetz leider von einem ehemaligen
Vorsitzenden dieser Gewerkschaft ins Leben gerufen
worden ist . Wir wissen heute: Riester ist ein Flop . Al-
lein die Tatsache, dass ein Gewerkschafter oder Gewerk-
schaften etwas vorschlagen, ist also noch kein Qualitäts-
merkmal .

Jetzt möchte ich Ihnen gerne einmal vortragen, was
Gewerkschafter zum Betriebsrentenstärkungsgesetz sa-
gen . So beschreibt beispielsweise Michael Mostert – das
ist der Tarifexperte der wirklich starken IG BCE – das
Betriebsrentenstärkungsgesetz – ich zitiere – wie folgt:

Peter Weiß (Emmendingen)







(A) (C)



(B) (D)


Das ist der letzte verzweifelte Versuch, einem Obliga-
torium vor Entgeltumwandlung zu entgehen, was kein
Gewerkschafter ernsthaft will . – Was kriegen sie? Eine
automatische Entgeltumwandlung mit Opt-out .

Jörg Wiedemuth von Verdi fordert – Zitat – im Be-
triebs-Letter „bAV“ ein gesetzliches Verdrängungsver-
bot, damit gute bAV-Tarifverträge nicht durch vermeint-
lich schlechtere Betriebsrentenstärkungsgesetzlösungen
aufgeweicht werden können .

Weil die Präsidentin schon skeptisch guckt, belasse
ich es dabei . Ich könnte noch stundenlang weitermachen .

Also kommen Sie mir bitte nicht damit . Wir als Linke
haben einen eigenen Kopf . Wir können das selber bewer-
ten . Und ich sage Ihnen hier heute voraus, dass es auch
mit diesem neuen Sozialpartnermodell nicht nur eitel
Sonnenschein geben wird, sondern genügend Probleme .
Erinnern Sie sich an Riester . Wir werden uns hier wie-
dertreffen!

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823711800

Bevor ich der Kollegin Ryglewski das Wort erteile, hat

der Kollege Weiß die Möglichkeit zur Antwort .


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1823711900

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Kurzinter-

vention des Kollegen Birkwald zeigt: Die Linke hat ein
Problem mit den Gewerkschaften .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Nein! Habe ich Ihnen doch gerade erzählt!)


Und das ist bitter, weil es natürlich die gesamte Wahlstra-
tegie der Linken durchkreuzt . Das ist der Punkt .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Das ist ein echter Witz hier!)


Es ist doch beachtlich, dass uns zum Beispiel die IG
Metall und Gesamtmetall nachhaltig gedrängt haben,
dieses Modell einzubringen . Und es ist doch interessant,
dass auch der Verdi-Chef, der ja Berufsgruppen vertritt,
die es im Hinblick auf Betriebsrenten nicht besonders gut
haben, ausdrücklich sagt: Ich will dieses Modell nutzen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Verehrter Kollege Birkwald, natürlich kann man aus
jeder Organisation – auch vonseiten der CDU/CSU und
der Arbeitgeberverbände – alle möglichen Zitate bringen .
Entscheidend ist, dass die deutschen Arbeitgeberverbän-
de und Gewerkschaften geschlossen hinter diesem Mo-
dell stehen . Allerdings legen wir Wert darauf, dass es die
von mir zitierten Wahlmöglichkeiten gibt . Wir wollen die
alte bAV – also das bisherige Recht – nicht kaputtma-
chen . Sie hat ihre Berechtigung und eine Zukunftschan-
ce . Aber wir wollen ein neues Modell zulassen und ver-
trauen darauf, dass verantwortungsbewusste Verhandler
bei Gesprächen über Tarifverträge das machen, was ihren

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nutzt – und nicht
das Gegenteil .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: In welcher Gewerkschaft sind Sie denn?)


Dieses Vertrauen veranlasst Betriebe, in Arbeitgeber-
verbänden Mitglied zu werden . Und es veranlasst Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer, Mitglied von Gewerk-
schaften zu werden . Nichts anderes! Wir setzen auf das
Vertrauen derer, denen die Mitglieder ihrer Organisatio-
nen vertrauen .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823712000

Jetzt hat Sarah Ryglewski das Wort für die SPD-Frak-

tion .


(Beifall bei der SPD)



Sarah Ryglewski (SPD):
Rede ID: ID1823712100

Ich muss vorab um Entschuldigung bitten . Als Finanz-

politikerin ist man diese Emotionalität in den Debatten
gar nicht so sehr gewohnt .


(Heiterkeit bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich möchte an etwas anknüpfen, das schon von eini-
gen benannt worden ist . Natürlich ist es nicht so, dass
irgendwer in diesem Raum – das kann ich zumindest für
die SPD-Fraktion und, wie ich glaube, auch für unsere
Bundesministerin sowie ihre Staatssekretärin sagen –
glaubt, dass wir mit diesem Gesetz alle Probleme in der
gesetzlichen Rentenversicherung lösen könnten .

Ich glaube aber, wir müssen den Blick auf ein ande-
res Problem richten . Dabei geht es um die Frage: Was ist
denn eigentlich mit den Menschen, die gerne zusätzlich
zu einer guten Rentenversicherung, die wir auch weiter
stärken müssen, fürs Alter sinnvoll vorsorgen wollen? Da
ist es aktuell de facto so, dass die Anlagemöglichkeiten
sehr begrenzt sind . Denn die Gruppe, die wir hier im Fo-
kus haben, ist nicht in der Lage, sich mit einem schön
austarierten Aktienportfolio am Markt etwas zu sichern
bzw . selber zu partizipieren . Vielmehr sind die Angehö-
rigen dieser Gruppe auf das angewiesen, was hier schon
beschrieben wurde: Stichwort „Riester-Rente“ oder „Ka-
pitallebensversicherungen“, von denen wir alle wissen,
was da momentan an Renditen herauskommt . Deswegen
muss es auch darum gehen, für diese Menschen etwas
zu tun .


(Beifall bei der SPD)


Ich möchte mich darauf konzentrieren, wie wir an die-
ser Stelle Sicherheit und Chancen miteinander verknüpft
haben . Wenn man für die Rente vorsorgen möchte, dann
möchte man auch eine Sicherheit haben, dass man im Al-
ter wirklich ein Plus zu verzeichnen hat .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Ja!)


In diesem Zusammenhang sollten wir uns das Thema Ga-
rantien noch einmal anschauen. Da vorhin so häufig auf
die Sozialpartner, die in diesem Thema – ich erlaube mir,

Matthias W. Birkwald






(A) (C)



(B) (D)


diesen Ausdruck zu verwenden – ihre Aktien haben, ver-
wiesen wurde, habe ich einmal geschaut, welche Verbän-
de es sonst noch gibt, die sich damit auskennen . Dabei
bin ich ganz schnell beim vzbv angekommen . Herr Lars
Gatschke, der als Sachverständiger an unserer Anhörung
teilgenommen hat, hat zum Thema Garantien gesagt:
Feste Zusagen machen nur Sinn, wenn sie inflationsbe-
reinigt sind . – Das bietet aber niemand an . Übersetzt be-
deutet das: Die Garantien, die es aktuell gibt, sind genau-
so viel wert, als ob man das Geld jeden Monat unter das
Kopfkissen legen würde .


(Beifall der Abg . Dagmar Schmidt [Wetzlar] [SPD])


Denn am Ende hat man eine Rendite, die inflationsberei-
nigt nichts wert ist . Deswegen müssen wir schauen, wie
sich Chancen und Sicherheit in Einklang bringen lassen .
Garantien sind es aber nicht .

Wir wollen, dass gemeinsam gespart wird, das so-
genannte kollektive Risikosparen . Man legt also nicht
alleine am Aktienmarkt an . Vielmehr werden viele ein-
bezogen und es wird eine breitere Streuung ermöglicht .
Wir wollen außerdem keinen Überbietungswettbewerb
bei den Zielrenten . Die Zielrenten sollen vorsichtig kal-
kuliert werden, damit die Menschen planen und Puffer
aufgebaut werden können. Der nun vorgesehene Puffer,
ab dem erst eine Rentensteigerung eintreten darf, liegt
bei 10 Prozent . Damit sind Kapitalschwankungen von
bis zu 25 Prozent auf den Aktienmärkten abgedeckt . Das
ist ein Sicherheitsaspekt, der den Menschen eine gewisse
Planbarkeit und Verlässlichkeit gibt .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dabei haben wir das Thema Finanzaufsicht berück-
sichtigt . Die BaFin wird genau beobachten, ob alle Punk-
te eingehalten werden, und im Zweifelsfall eingreifen .
Ansonsten stehen die Sozialpartner mit ihrer Kompetenz
dahinter . Es ist mitnichten so – das ist der Unterschied zu
Riester –, dass wieder in Versicherungen angelegt wird .
Vielmehr erwarten wir, dass die Sozialpartner eigene
Versorgungswerke aufbauen – Andrea Nahles hat es vor-
hin gesagt –; die haben Erfahrungen in diesem Bereich .
Deswegen, glaube ich, kann man das auch im Auge be-
halten .

Zum Schluss noch eine Sache, die mir ebenfalls wich-
tig ist . Wir hätten es uns sehr gewünscht, dass beim The-
ma Riester die Frage der ethisch-sozialen Kriterien noch
einmal aufgegriffen worden wäre.


(Beifall der Abg . Kathrin Vogler [DIE LINKE])


Die Verbraucherinnen und Verbraucher fragen verstärkt
entsprechende Produkte nach . Dass solche Kriterien
wichtig sind, sieht man auch an den ganzseitigen Anzei-
gen, die einzelne Bankinstitute geschaltet haben . Solche
Kriterien wurden aber unter Schwarz-Gelb abgeschafft.
Wir hätten sie gerne wieder eingeführt,


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht auch im Grünenantrag!)


aber das machen wir dann in der nächsten Legislaturpe-
riode .

Vielen Dank .


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823712200

Als nächste Rednerin hat Anja Karliczek für die CDU/

CSU-Fraktion das Wort .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Anja Karliczek (CDU):
Rede ID: ID1823712300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Herr Kurth, als Erstes will ich auf Sie einge-
hen . Manche Dinge, die Sie vorschlagen, sind nicht so
schlecht . Mit diesen könnten wir uns bestimmt anfreun-
den . Aber Sie wollten am Anfang keine Koalition mit uns
eingehen . Jetzt müssen Sie mit dem zufrieden sein, was
wir zusammen mit der SPD erarbeitet haben .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Da hat sie ja sogar recht! Da kann man auch klatschen! Das war gut! – Heiterkeit bei der CDU/ CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich möchte als Allererstes unseren beiden Staatsse-
kretären – Frau Lösekrug-Möller ist anwesend, Herr
Dr . Meister leider nicht – sowie den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern aus dem Ministerium für Arbeit und Sozia-
les und dem Ministerium der Finanzen danken . Die Vor-
bereitungen für dieses Gesetz waren sehr umfangreich,
intensiv und anfänglich sehr diskursiv . Aber zu jeder Zeit
standen uns die Mitarbeiter aus beiden Häusern mit ihrer
Expertise zur Seite . Die Zusammenarbeit mit ihnen hat
mir bei allem Ernst in der Sache viel Spaß gemacht . Da-
für meinen ganz herzlichen Dank!


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Geeint hat uns über alle Differenzen hinweg das Ziel
dieses Gesetzes: mehr Vorsorge für das Alter bei Men-
schen mit kleinem Einkommen und Mitarbeitern in klei-
nen Betrieben . Ihnen wollen wir bessere Möglichkeiten
geben, neben der gesetzlichen Rente eine betriebliche Al-
tersvorsorge anzusparen . Wir halten das Mehrsäulensys-
tem unserer Altersvorsorge hoch; denn wir halten es für
gerecht gegenüber den Generationen und für eine solide
Basis, um der Vielfalt unserer Lebenswirklichkeit am
besten gerecht zu werden . Wir haben uns in dieser Legis-
laturperiode damit auseinandergesetzt, wie wir die zwei-
te Säule, die betriebliche Altersvorsorge, stärken können .
Wir haben uns als Union auf mehrere wesentliche Punkte
konzentriert, die nicht zu Unrecht häufig beklagt wurden.

Erstens . Wir wollen weiterhin dem Grundsatz Geltung
verschaffen: Wer freiwillig für das Alter vorsorgt, muss
mehr haben als der, der es nicht tut . – Das haben wir er-
reicht . Selbst wenn es im Leben arbeitstechnisch nicht
gut läuft und jemand im Alter auf Grundsicherung ange-
wiesen ist, kann er sich darauf verlassen, dass er bis zur
Höhe des halben Hartz-IV-Satzes, heute 202 Euro, eine
zusätzliche Rente behalten darf . Das ist gerecht, und das

Sarah Ryglewski






(A) (C)



(B) (D)


motiviert, in jungen Jahren einfach mal mit dem Sparen
für das Alter anzufangen .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Wenn man denn Geld hat!)


Zweitens . Es ist uns wichtig, dass die Systematik
stimmt . Einmal im Leben muss jedes Einkommen aus
Arbeit in der Sozialversicherung verbeitragt und beim Fi-
nanzamt versteuert werden . Auch diesem Grundsatz ha-
ben wir für die Zukunft zu seinem Recht verholfen . Denn
wer heute in der betrieblichen Altersvorsorge spart, sei es
durch Entgeltumwandlung oder auch durch zusätzliche
Beiträge des Arbeitgebers – ich finde, wir sollten auch
einmal sagen, dass die Mischfinanzierung des Ganzen in
Deutschland die Regel ist –, der kann sicher sein, dass er
nicht schlechtergestellt ist als der private Altersvorsorge-
sparer .

In der betrieblichen Altersvorsorge spare ich aus mei-
nem Bruttolohn, also vor Steuern und vor Verbeitragung
in der Sozialversicherung . In der privaten Altersvorsorge
spare ich aus meinem Nettolohn, also nach Steuern und
nach Verbeitragung in den Sozialversicherungen . Hier
haben wir dafür gesorgt, dass ein Großteil der beim Ar-
beitgeber eingesparten Sozialversicherungsbeiträge aus
Entgeltumwandlung in den Sparvertrag mit einfließen
muss . Damit kann es zukünftig unter normalen Umstän-
den nicht mehr zu Doppelverbeitragungen in der Kran-
ken- und Pflegeversicherung kommen.

Auch steuerrechtlich haben wir übrigens beide Augen
darauf, dass in der Phase der Umstellung auf die nachge-
lagerte Besteuerung bis 2029 niemand doppelt zur Kasse
gebeten wird . Das ist uns wichtig; denn nur ein faires
Miteinander zwischen dem Staat als Kollektiv der Steu-
erzahler und dem Individuum bewahrt die Akzeptanz,
die eine freiheitliche und auf individuelle Verantwortung
ausgerichtete Gesellschaft braucht . Das ist gerade wich-
tig beim Thema Altersvorsorge .

Drittens . Wir wollen erreichen, dass sich auch und
gerade Geringverdiener dieser Form der Altersvorsorge
annähern . Ihnen stellen wir deshalb ein Zuschussmodell
zur Verfügung, wie wir es bisher in der betrieblichen Al-
tersvorsorge nicht gekannt haben . Einfach und unkom-
pliziert – Peter Weiß hat es eben schon gesagt – können
Arbeitgeber nun bis zu 480 Euro pro Jahr in die Alters-
vorsorge ihrer Arbeitnehmer stecken und sich davon
30 Prozent über die Lohnsteuer erstatten lassen . Bei aller
Komplexität, die die Form der Altersvorsorge hat – ich
werde niemandem mehr versprechen, dass es einfacher
wird, solange wir diesen Koalitionspartner haben –,


(Kerstin Tack [SPD]: Jetzt aber!)


lohnt es sich gerade jetzt für Menschen mit kleinem Ein-
kommen .

Doch es gibt eine Stelle, die die Arbeitgeber zur Re-
duktion der Komplexität in der Altersvorsorge nutzen
können . Wir haben den prozentualen Anteil, den die
Arbeitnehmer steuerfrei sparen können, auf 8 Prozent
der Beitragsbemessungsgrenze verdoppelt . Damit gibt
es jetzt die Möglichkeit, mehrere Versorgungswerke im
Unternehmen zusammenzufassen . Ich würde mich sehr

freuen, wenn davon rege Gebrauch gemacht würde; denn
dieser Wunsch ist vielfach auch aus mittelständischen
Unternehmen an uns herangetragen worden .

Ich sprach eben von der geringen Verbreitung der be-
trieblichen Altersvorsorge in kleinen und mittleren Un-
ternehmen und bei Geringverdienern . Nachdem wir nun
viele berechtigte Einwände berücksichtigt und die Re-
geln verbessert haben, wollen wir eben auch über ein be-
triebliches Opting-out einen sanften Hinweis geben, dass
es wichtig ist, sich mit seiner persönlichen Vorsorge aus-
einanderzusetzen . Nach den Erfahrungen in den Nieder-
landen und Großbritannien ist dies ein wichtiger Schritt
hin zu einer stärkeren Verbreitung der betrieblichen Al-
tersvorsorge . Denn auch nach dieser Abstimmung bleibt
die Frage eines sicheren Auskommens im Alter weiter
auf der politischen Agenda, auch über diese Wahlperiode
hinaus . Am 24 . September dieses Jahres endet nicht die
Welt .

Doch eins muss allen klar sein: Die betriebliche Al-
tersvorsorge wird sich nur dann bewähren, wenn wir die
Regelungen, die wir heute beschließen, nicht in späteren
Beschlüssen wieder konterkarieren . Wir werden Men-
schen nur dann dauerhaft davon überzeugen können,
vorzusorgen, wenn wir das Vertrauen, das sie in dieses
Gesetz setzen, auch in Zukunft bewahren und wenn sie
bestätigt sehen, dass finanzielle Sparbemühungen im ak-
tiven Leben dann auch im Ruhestand tatsächlich belohnt
werden .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823712400

Als letzter Redner in der Aussprache hat Martin

Rosemann für die SPD-Fraktion das Wort .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Martin Rosemann (SPD):
Rede ID: ID1823712500

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine Damen und Herren! Um es am Anfang
ganz deutlich zu sagen: Wir Sozialdemokratinnen und
Sozialdemokraten stärken die gesetzliche Rente und die
Betriebsrente . Das ist kein Entweder-oder, sondern ein
Sowohl-als-auch .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Das Rentenniveau sinkt derweil!)


Heute geht es uns darum, mit der Betriebsrente plus
möglichst vielen Beschäftigten die bestmögliche Be-
triebsrente zu verschaffen, eine Betriebsrente, an der sich
die Arbeitgeber finanziell weitestgehend beteiligen.

Ich will als letzter Redner in der Debatte auf ein paar
Punkte aus der Debatte eingehen .

Anja Karliczek






(A) (C)



(B) (D)


Erstens . Die Behauptung, wir würden mit diesem Ge-
setz die Entgeltumwandlung ausweiten, wird durch Wie-
derholung schlichtweg nicht wahrer .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Steht doch drin: Opt-out!)


Ganz im Gegenteil! Das Gegenteil ist richtig . Peter Weiß
hat schon darauf hingewiesen: Die Förderung für Ge-
ringverdiener, die wir in der betrieblichen Altersvorsorge
einführen – eine parlamentarische Verbesserung ist üb-
rigens, dass auf Druck der SPD die Einkommensgren-
ze, bis zu der gefördert wird, auf 2 200 Euro angehoben
wird –, setzt an der Finanzierung durch den Arbeitgeber
an, liebe Kolleginnen und Kollegen .


(Beifall bei der SPD)


Wir erleichtern es den Geringverdienern zudem deutlich,
dann, wenn sie selber noch etwas tun wollen, den Ries-
ter-Förderbetrag mit in die betriebliche Altersvorsorge
einzubringen .

Zweiter Punkt: Thema Garantien . Liebe Kolleginnen
und Kollegen von den Linken, ich habe schon den Ein-
druck: Sie haben sich bei dem Thema schlichtweg ver-
rannt;


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Nein!)


denn anstatt sich einmal mit dem Zielrentenkonzept aus-
einanderzusetzen,


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Haben wir getan!)


hören wir von Ihnen nichts als Polemik und Angstmache .
Dabei geht es doch eigentlich um die Frage: Sind Garan-
tien für die Beschäftigten gut? Da hilft ein Blick in die
Niederlande, wo es Betriebsrenten ohne Garantien seit
Jahrzehnten gibt .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Wo es 1 100 Euro Grundrente gibt! Ja, dann können wir darüber reden!)


Wir waren in der vergangenen Woche in den Niederlan-
den und haben dort erfahren, dass sich das eingezahlte
Kapital bis zum Zeitpunkt des Rentenbeginns verdrei-
facht .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: 1 100 nach 50 Jahren! Das verschweigen Sie!)


Wir reden hier darüber, dass wir die eingezahlten Beiträ-
ge nominal garantieren wollen . Das ist der Unterschied,
meine Damen und Herren .


(Beifall bei der SPD – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Die haben 1 100 Euro Grundrente! Du verschweigst die Hälfte! – Gegenruf der Abg . Katja Mast [SPD]: Hör doch mal zu!)


Spätestens dann, wenn Sie einmal schauen, wer Ihre
Bündnispartner sind, müsste Ihnen klar sein, dass Sie
sich verrannt haben . Aus Zeitgründen jetzt nur ein Zitat .
Sie sind Mitglied der IG Metall, also zitiere ich einmal –
mit Erlaubnis der Frau Präsidentin – Kerstin Schminke
von der IG Metall . Sie hat auf der gleichen Veranstaltung
gesagt:

Ohne Tarifexklusivität und ohne Garantieverbot ist
die IG Metall raus .

Weiter heißt es da:
In dem Gesetz sieht Schminke auch eine einmalige
Chance: . . . „Diese Chance kommt nie wieder“, so
Schminke .

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich kann nur sagen: Ihr Bündnispartner ist die Versi-

cherungswirtschaft – das ist nicht ehrenrührig –, und un-
sere Bündnispartner sind die Gewerkschaften in diesem
Land .


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Das glauben Sie doch selber nicht! – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Habt ihr immer noch Karneval?)


Meine Damen und Herren, ich will zum Schluss noch
eines deutlich machen: Dieses Gesetz ist nicht am grü-
nen Tisch entstanden, sondern dieses Gesetz ist mit den
Sozialpartnern entwickelt worden, weil sie wesentliche
Teile dieses Gesetzes umsetzen müssen . Es ist in diesem
Prozess nicht immer einfach gewesen . Dass es so gut ge-
lungen ist, das verdanken wir einer Frau, nämlich unserer
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles, die sich durch
Widerstände nicht hat entmutigen lassen .


(Beifall bei der SPD)

Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen, die da-

ran mitgewirkt haben, dass wir es im parlamentarischen
Verfahren so richtig gut hinbekommen haben . Ich danke
den beiden Staatssekretären, Frau Lösekrug-Möller und
Herrn Dr . Meister .

Herzlichen Dank .

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823712600

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit schließe ich

die Aussprache .
Wir kommen zu den Abstimmungen, zunächst zur

Abstimmung über den von der Bundesregierung einge-
brachten Gesetzentwurf zur Stärkung der betrieblichen
Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze .
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt unter
Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 18/12612, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
auf Drucksache 18/11286 in der Ausschussfassung an-
zunehmen . Ich bitte jetzt diejenigen, die dem Gesetz-
entwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um
das Handzeichen . – Wer stimmt dagegen? – Enthält sich
jemand? – Das ist nicht der Fall . Dann ist der Gesetzent-
wurf in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalition
gegen die Stimmen der Opposition angenommen .

Wir kommen zur
dritten Beratung

und zur Schlussabstimmung . Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben . – Wer

Dr. Martin Rosemann






(A) (C)



(B) (D)


stimmt dagegen? – Enthält sich jemand? – Damit ist der
Gesetzentwurf mit den Stimmen der Koalition gegen die
Stimmen der Opposition angenommen worden .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir setzen die Abstimmung zu der Beschlussempfeh-
lung des Ausschusses für Arbeit und Soziales auf Druck-
sache 18/12612 fort. Der Ausschuss empfiehlt unter
Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung
des Antrags der Fraktion Die Linke auf der Drucksa-
che 18/11402 mit dem Titel „Gesetzliche Rente stabi-
lisieren – Gute Rente für alle sichern“ . Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer enthält sich? – Wer
stimmt dagegen? – Damit ist diese Beschlussempfehlung
mit den Stimmen der Koalition und der Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktion Die
Linke angenommen worden .

Unter Buchstabe c empfiehlt der Ausschuss die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen auf Drucksache 18/10384 mit dem Titel „Für eine
faire und nachhaltige betriebliche Altersversorgung und
ein stabiles Drei-Säulen-System“ . Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthält
sich noch jemand? – Damit ist auch diese Beschlussemp-
fehlung mit den Stimmen der Koalition und der Fraktion
Die Linke gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen angenommen worden .

Tagesordnungspunkt 11 c . Abstimmung über den
Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
zur Änderung des Versorgungsausgleichsgesetzes . Der
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz empfiehlt
in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/6135,
den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen auf Drucksache 18/3210 abzulehnen . Ich bitte die-
jenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um
das Handzeichen . – Wer stimmt dagegen? – Enthält sich
jemand? – Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Bera-
tung mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen
der Opposition abgelehnt worden . Damit entfällt nach
unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung .

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 46 a bis 46 f
sowie die Zusatzpunkte 5 a bis 5 h auf:

46 . a) Erste Beratung des von den Fraktionen der
CDU/CSU und SPD eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zur Sicherung der
tarifvertraglichen Sozialkassenverfahren
und zur Änderung des Arbeitsgerichtsge-
setzes

Drucksache 18/12510

Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Energie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reak-
torsicherheit

b) Erste Beratung des von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten

Gesetzes zur Änderung des Schornstein-
feger-Handwerksgesetzes

Drucksache 18/12493
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Energie (f)

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reak-
torsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen-
abschätzung

c) Erste Beratung des von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Durchführung der Verordnung

(EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Par-

laments und des Rates vom 23. Juli 2014
über elektronische Identifizierung und
Vertrauensdienste für elektronische
Transaktionen im Binnenmarkt und zur
Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG

(elDAS-Durchführungsgesetz)


Drucksache 18/12494
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Energie (f)

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
Ausschuss Digitale Agenda

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr . Kirsten Tackmann, Heidrun Bluhm,
Karin Binder, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion DIE LINKE

Ausverkauf des Bodens an landwirt-
schaftsfremde Investoren stoppen – Bo-
denmarkt im Interesse der Landwirt-
schaft strenger regulieren

Drucksache 18/12551
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft (f)

Finanzausschuss
Haushaltsausschuss

e) Beratung der Unterrichtung durch die Bun-
desregierung

Strategie der Bundesregierung zur vor-
bildlichen Berücksichtigung von Biodi-
versitätsbelangen für alle Flächen des
Bundes

Drucksache 18/9710
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reak-
torsicherheit (f)

Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen-
abschätzung
Ausschuss für Tourismus

f) Beratung des Antrags des Präsidenten des
Bundesrechnungshofes

Rechnung des Bundesrechnungshofes für
das Haushaltsjahr 2016

Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn






(A) (C)



(B) (D)


– Einzelplan 20 –

Drucksache 18/12350
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss

ZP 5 a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrach-
ten Entwurfs eines ... Strafrechtsänderungs-
gesetzes ‒ Strafbarkeit nicht genehmigter
Kraftfahrzeugrennen im Straßenverkehr

Drucksache 18/10145
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Änderung des Übereinkommens über
den internationalen Eisenbahnverkehr

( COTIF) vom 9. Mai 1980


Drucksache 18/12513
Überweisungsvorschlag:

Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur

c) Erste Beratung des von den Abgeordne-
ten Brigitte Pothmer, Volker Beck (Köln),
Kerstin Andreae, weiteren Abgeordneten und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Änderung des Aufenthaltsgesetzes

Drucksache 18/12546
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-
schätzung

d) Erste Beratung des von den Abgeordneten
Corinna Rüffer, Britta Haßelmann, Kerstin
Andreae, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so-
wie den Abgeordneten Katrin Werner, Sigrid
Hupach, Nicole Gohlke, weiteren Abgeordne-
ten und der Fraktion DIE LINKE eingebrach-
ten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung
der UN-Behindertenrechtskonvention im
Wahlrecht

Drucksache 18/12547
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäfts-
ordnung
Petitionsausschuss
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union

e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Steffi
Lemke, Dr . Valerie Wilms, Peter Meiwald,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Todesfalle Geisternetze – Artenvielfalt im
Meer wirkungsvoll schützen

Drucksache 18/12109

Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktor-
sicherheit (f)

Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union

f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Steffi
Lemke, Dr . Valerie Wilms, Uwe Kekeritz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Umsetzung des Nachhaltigkeitsziels 14 –
Meeresschutz

Drucksache 18/12380

Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktor-
sicherheit (f)

Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

g) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr . Thomas Gambke, Kerstin Andreae, Dieter
Janecek, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Umsatzsteuerbetrug auf Online-Handels-
plattformen wirksam bekämpfen – Platt-
formbetreiber in Haftung nehmen

Drucksache 18/12556

Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Haushaltsausschuss

h) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Hans-Christian Ströbele, Stephan Kühn

(Dresden), Renate Künast, weiterer Abge-

ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Verkehrssicherheit erhöhen – Raserei und
illegale Autorennen wirksam bekämpfen

Drucksache 18/12558

Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur

Es handelt sich hierbei um Überweisungen im ver-
einfachten Verfahren ohne Debatte.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
überweisen . Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall . Dann sind die Überweisungen so beschlossen .

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 47 a bis 47 m und
47 o bis 47 u sowie die Zusatzpunkte 6 a bis 6 f auf . Es
handelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen, zu
denen keine Aussprache vorgesehen ist .

Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn






(A) (C)



(B) (D)


Ich komme zunächst zum Tagesordnungspunkt 47 a:
Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes zur Aufhebung der Gesetze über Berg-
mannssiedlungen
Drucksachen 18/12049, 18/12478
Beschlussempfehlung und Bericht des Haus-
haltsausschusses (8 . Ausschuss)

Drucksache 18/12593

Die Gesetze über Bergmannssiedlungen dienten nach
dem Ersten Weltkrieg zur Förderung der Errichtung von
Bergarbeiterwohnungen . Dieses wohnungspolitische
Ziel ist inzwischen entfallen, und die Aufhebung der Ge-
setze über Bergmannssiedlungen ist erforderlich, damit
das vorhandene Bergmannssiedlungsvermögen verwer-
tet werden kann .

Der Haushaltsausschuss empfiehlt in seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 18/12593, den
Gesetzentwurf der Bundesregierung auf den Drucksa-
chen 18/12049 und 18/12478 anzunehmen . Ich bitte die-
jenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um
das Handzeichen . – Wer stimmt dagegen? – Enthält sich
jemand? – Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Bera-
tung mit den Stimmen der Koalition ohne Gegenstimmen
bei Enthaltung der Opposition angenommen worden .

Wir kommen damit zur
dritten Beratung

und zur Schlussabstimmung . Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erhe-
ben . – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit
ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der Koalition bei
Enthaltung der Opposition angenommen worden . Es gab
keine Gegenstimmen .

Tagesordnungspunkt 47 b:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten
Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die
Akkreditierungsstelle
Drucksache 18/12333
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Wirtschaft und Energie (9 . Ausschuss)

Drucksache 18/12566

Änderungen im Gebührenrecht sowie der Erlass des
Zahlungskontengesetzes haben dazu geführt, dass die
Formulierungen im Akkreditierungsstellengesetz und der
zugehörigen Beleihungsverordnung angepasst werden
müssen . Mit diesem Gesetz wird der Anpassungsbedarf
umgesetzt .

Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie empfiehlt in
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/12566,
den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Druck-
sache 18/12333 anzunehmen . Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzei-
chen . – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Da-
mit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung einstimmig
angenommen worden .

Wir kommen zur

dritten Beratung

und Schlussabstimmung . Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben . –
Wer stimmt dagegen? – Enthält sich jemand? – Damit
ist der Gesetzentwurf einstimmig in dritter Beratung an-
genommen .

Ich komme zum Tagesordnungspunkt 47 c:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zum Vorschlag für einen Beschluss des Ra-
tes zur Festlegung eines Mehrjahresrahmens
für die Agentur der Europäischen Union für
Grundrechte für den Zeitraum 2018-2022

Drucksache 18/12332

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-

(6 . Ausschuss)


Drucksache 18/12609

Durch das Gesetz werden die innerstaatlichen Voraus-
setzungen dafür geschaffen, dass der deutsche Vertreter
im Rat die Zustimmung zum genannten Beschlussvor-
schlag erklären darf .

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 18/12609, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
auf Drucksache 18/12332 anzunehmen . Ich bitte diejeni-
gen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das
Handzeichen . – Stimmt jemand dagegen? – Enthält sich
jemand? – Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Bera-
tung einstimmig angenommen .

Wir kommen zur

dritten Beratung

und Schlussabstimmung . Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben . –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der
Gesetzentwurf einstimmig angenommen worden .

Ich komme zum Tagesordnungspunkt 47 d:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zu dem Abkommen vom 29. Juni 2016 zwi-
schen der Bundesrepublik Deutschland und
der Republik Armenien zur Vermeidung der
Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der
Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steu-
ern vom Einkommen und vom Vermögen

Drucksache 18/11867

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanz-
ausschusses (7 . Ausschuss)


Drucksache 18/12575

Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 18/12575, den Gesetzent-
wurf der Bundesregierung auf Drucksache 18/11867 an-
zunehmen . Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf

Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn






(A) (C)



(B) (D)


zustimmen wollen, um das Handzeichen . – Wer stimmt
dagegen? – Enthält sich jemand? – Damit ist der Gesetz-
entwurf in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koali-
tion bei Enthaltung der Opposition ohne Gegenstimmen
angenommen worden .

Wir kommen zur

dritten Beratung

und Schlussabstimmung . Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben . –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der
Gesetzentwurf in dritter Beratung mit den Stimmen der
Koalition bei Enthaltung der Opposition ohne Gegen-
stimmen angenommen worden .

Ich komme zum Tagesordnungspunkt 47 e:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Einführung einer wasserrechtlichen
Genehmigung für Behandlungsanlagen für
Deponiesickerwasser und zur Änderung der
Vorschriften zur Eignungsfeststellung für An-
lagen zum Lagern, Abfüllen oder Umschlagen
wassergefährdender Stoffe

Drucksache 18/11946

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsi-
cherheit (16 . Ausschuss)


Drucksache 18/12573

Mit diesem Gesetz wird die EU-Richtlinie über In-
dustrieemissionen vom 24 . November 2010 umgesetzt
und die derzeit noch bestehende Regelungslücke zur Ge-
nehmigung und Überwachung von Behandlungsanlagen
für Deponiesickerwasser beschlossen . Außerdem wird
das Bauordnungsrecht hinsichtlich der Vorschriften zur
Eignungsfeststellung von Anlagen zum Lagern, Abfüllen
und Umschlagen wassergefährdender Stoffe geändert.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Re-
aktorsicherheit empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung
auf Drucksache 18/12573, den Gesetzentwurf der Bun-
desregierung auf Drucksache 18/11946 in der Ausschuss-
fassung anzunehmen . Ich bitte diejenigen, die dem Ge-
setzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen,
um das Handzeichen . – Wer stimmt dagegen? – Enthält
sich jemand? – Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter
Beratung mit den Stimmen der Koalition und der Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion
Die Linke ohne Gegenstimme angenommen worden .


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], an die LINKE gewandt: Habt ihr keine Meinung zu Sickerwasser? – Heiterkeit)


Wir kommen zur

dritten Beratung

und Schlussabstimmung . Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben . –
Wer stimmt dagegen? – Enthält sich jemand? – Damit ist
der Gesetzentwurf in dritter Lesung mit den Stimmen der

Koalition und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei
Enthaltung der Fraktion Die Linke angenommen worden .

Ich komme zum Tagesordnungspunkt 47 f:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Änderung des Chemikaliengesetzes
und zur Änderung weiterer chemikalienrecht-
licher Vorschriften

Drucksache 18/11949

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsi-
cherheit (16 . Ausschuss)


Drucksache 18/12582

Mit diesem Gesetz wird das Begriffssystem der
EG-Verordnung zur Einstufung, Kennzeichnung und
Verpackung von Stoffen und Gemischen in das nationale
Recht übernommen . Daneben wird die nationale Über-
gangsregelung für Biozidprodukte, die ebenfalls auf eine
EU-Verordnung zurückgeht, angeglichen . Dies ist not-
wendig, da die entsprechende EU-Verordnung geändert
wurde . Ferner werden die Abgabevorschriften für Che-
mikalien im Versandwege auf die Angebotsphase ausge-
weitet .

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 18/12582, den Gesetzentwurf der
Bundesregierung auf Drucksache 18/11949 in der Aus-
schussfassung anzunehmen . Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wol-
len, um das Handzeichen . – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter
Beratung mit den Stimmen der Koalition und der Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion
Die Linke ohne Gegenstimmen angenommen worden .

Wir kommen zur

dritten Beratung

und Schlussabstimmung . Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben . –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der
Gesetzentwurf in dritter Lesung mit den Stimmen der
Koalition und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei
Enthaltung der Fraktion Die Linke angenommen worden .

Ich komme zum Tagesordnungspunkt 47 g:

Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Einbeziehung von Polymerisa-
tionsanlagen in den Anwendungsbereich des
Emissionshandels

Drucksache 18/11844

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsi-
cherheit (16 . Ausschuss)


Drucksache 18/12572

Damit wird die EU-Emissionshandels-Richtlinie nun-
mehr vollständig umgesetzt .

Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn






(A) (C)



(B) (D)


Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 18/12572, den Gesetzentwurf der
Bundesregierung auf Drucksache 18/11844 in der Aus-
schussfassung anzunehmen . Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wol-
len, um das Handzeichen . – Stimmt jemand dagegen? –
Enthält sich jemand? – Damit ist der Gesetzentwurf in
zweiter Lesung mit den Stimmen der Koalition und der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der
Fraktion Die Linke ohne Gegenstimmen angenommen
worden .

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung . Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben . –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist
der Gesetzentwurf mit den Stimmen der Koalition und
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der
Fraktion Die Linke ohne Gegenstimmen angenommen
worden .

Ich komme zum Tagesordnungspunkt 47 h:

– Zweite Beratung und Schlussabstimmung
des von der Bundesregierung eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des
Protokolls vom 24. Juni 1998 zu dem Über-
einkommen von 1979 über weiträumige
grenzüberschreitende Luftverunreinigung
betreffend persistente organische Schad-
stoffe (POP)


Drucksache 18/11843

– Zweite Beratung und Schlussabstimmung
des von der Bundesregierung eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des

(Multikomponenten-Protokoll)

einkommen von 1979 über weiträumige
grenzüberschreitende Luftverunreinigung
betreffend die Verringerung von Versau-
erung, Eutrophierung und bodennahem
Ozon

Drucksache 18/11845

– Zweite Beratung und Schlussabstimmung
des von der Bundesregierung eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des
Protokolls vom 24. Juni 1998 zu dem Über-
einkommen von 1979 über weiträumige
grenzüberschreitende Luftverunreinigung
betreffend Schwermetalle

Drucksache 18/11846

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsi-
cherheit (16 . Ausschuss)


Drucksache 18/12569

Ziel dieser Vertragsgesetze ist es, die Schadstoffbe-
lastung in und durch Deutschland durch nationale und
internationale Anstrengungen zu reduzieren .

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit empfiehlt unter Buchstabe a sei-
ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/12569,
den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksa-
che 18/11843 anzunehmen .

Zweite Beratung

und Schlussabstimmung . Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben . –
Wer stimmt dagegen? – Enthält sich jemand? – Damit
ist der Gesetzentwurf einstimmig angenommen worden .

Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung
des Protokolls vom 30 . November 1999 zu dem Über-
einkommen von 1979 über weiträumige grenzüber-
schreitende Luftverunreinigung betreffend die Verringe-
rung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem
Ozon . Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau
und Reaktorsicherheit empfiehlt unter Buchstabe b sei-
ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/12569,
den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksa-
che 18/11845 anzunehmen .

Zweite Beratung

und Schlussabstimmung . Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben . –
Gibt es jemanden, der dagegenstimmen möchte? – Gibt
es jemanden, der sich enthalten möchte? – Damit ist auch
dieser Gesetzentwurf einstimmig angenommen worden .

Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des
Protokolls vom 24 . Juni 1998 zu dem Übereinkommen
von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luft-
verunreinigung betreffend Schwermetalle. Der Ausschuss
für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit emp-
fiehlt unter Buchstabe c seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 18/12569, den Gesetzentwurf der Bundesre-
gierung auf Drucksache 18/11846 anzunehmen .

Zweite Beratung

und Schlussabstimmung . Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben . –
Möchte jemand dagegenstimmen? – Möchte sich jemand
enthalten? – Das ist auch nicht der Fall . Dann ist der Ge-
setzentwurf einstimmig angenommen worden .

Tagesordnungspunkt 47 i:

Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes zu der am 15. Oktober 2016 in Kigali
beschlossenen Änderung des Montrealer Pro-
tokolls vom 16. September 1987 über Stoffe,
die zu einem Abbau der Ozonschicht führen

Drucksachen 18/12048, 18/12480

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsi-
cherheit (16 . Ausschuss)


Drucksache 18/12570


(8 . Ausschuss)


Drucksache 18/12617

Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn






(A) (C)



(B) (D)


Ziel der Änderung ist es, die Herstellung und Verwen-
dung teilfluorierter Kohlenwasserstoffe zu verringern.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 18/12570, den Gesetzentwurf der
Bundesregierung auf den Drucksachen 18/12048 und
18/12480 anzunehmen . Ich bitte diejenigen, die dem Ge-
setzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen . –
Wer stimmt dagegen? – Enthält sich jemand? – Damit
ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung einstimmig
angenommen worden .

Wir kommen zur

dritten Beratung

und Schlussabstimmung . Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben . –
Gibt es jemanden, der dagegenstimmen möchte? – Gibt
es jemanden, der sich enthalten möchte? – Damit ist der
Gesetzentwurf einstimmig angenommen worden .

Tagesordnungspunkt 47 j:

Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom
12. November 2012 zur Unterbindung des un-
erlaubten Handels mit Tabakerzeugnissen

Drucksache 18/11868

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Gesundheit (14 . Ausschuss)


Drucksache 18/12605

Der Ausschuss für Gesundheit empfiehlt in sei-
ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/12605,
den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksa-
che 18/11868 anzunehmen .

Zweite Beratung

und Schlussabstimmung . Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben . –
Wer stimmt dagegen? – Enthält sich jemand? – Damit
ist der Gesetzentwurf einstimmig angenommen worden .

Tagesordnungspunkt 47 k:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Siebten
Gesetzes zur Änderung des Bundeszentralre-
gistergesetzes (7. BZRGÄndG)


Drucksache 18/11933

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-

(6 . Ausschuss)


Drucksache 18/12592

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 18/12592, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
auf Drucksache 18/11933 in der Ausschussfassung anzu-
nehmen . Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in
der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Hand-
zeichen . – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? –

Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung mit den
Stimmen der Koalition bei Enthaltung der Opposition
ohne Gegenstimmen angenommen worden .

Wir kommen zur

dritten Beratung

und Schlussabstimmung . Ich möchte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, bitten, sich zu erhe-
ben . – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit
ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der Koalition bei
Enthaltung der Opposition ohne Gegenstimmen ange-
nommen worden .

Tagesordnungspunkt 47 l:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11 . Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten

Katja Kipping, Sabine Zimmermann (Zwickau),
Matthias W . Birkwald, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion DIE LINKE

Für ein menschenwürdiges Existenz- und Teil-
habeminimum

Drucksachen 18/6589, 18/7110

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 18/7110, den Antrag der Fraktion
Die Linke auf Drucksache 18/6589 abzulehnen . Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist diese Be-
schlussempfehlung mit den Stimmen der Koalition und
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei Gegenstimmen
der Fraktion Die Linke angenommen worden .

Tagesordnungspunkt 47 m:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (19 . Ausschuss)

zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD

Sozialen Basisschutz in Entwicklungsländern
schaffen

Drucksachen 18/8862, 18/11650

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 18/11650, den Antrag der Frakti-
onen der CDU/CSU und SPD auf Drucksache 18/8862
anzunehmen . Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Enthält sich jemand? –
Damit ist die Beschlussempfehlung mit den Stimmen der
Koalition bei Enthaltung der Opposition ohne Gegen-
stimmen angenommen worden .

Tagesordnungspunkt 47 o:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung (18 . Ausschuss)


– zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD

Für gute Bildung in Europa – Erfolgreiches
Programm Erasmus+ weiterentwickeln

Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn






(A) (C)



(B) (D)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Kai
Gehring, Beate Walter-Rosenheimer, Özcan
Mutlu, weiterer Abgeordneter und der Frakti-
on BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Mit Erasmus+ europäische Gemeinschaft
erleben

Drucksachen 18/11726, 18/11737, 18/12539

Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/12539, den
Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf
Drucksache 18/11726 anzunehmen . Wer stimmt für die-
se Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Damit ist die Beschlussempfehlung mit
den Stimmen der Koalition bei Enthaltung der Oppositi-
on ohne Gegenstimmen angenommen worden .

Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung emp-
fiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/11737
mit dem Titel „Mit Erasmus+ europäische Gemeinschaft
erleben“ . Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Enthält sich jemand? – Damit ist
diese Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Koali-
tion gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen bei
Enthaltung der Fraktion Die Linke angenommen worden .

Tagesordnungspunkt 47 p:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr . Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Dr . Diether
Dehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Bildungsprogramm Erasmus+ stärken – Teil-
programme sichtbarer machen

Drucksache 18/12552

Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dage-
gen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag abgelehnt
mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der
Fraktion Die Linke bei Enthaltung der Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen .

Tagesordnungspunkt 47 q:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz,
Bau und Reaktorsicherheit (16 . Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Christian Kühn

(Tübingen), Sven-Christian Kindler, Annalena

Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Nicht um jeden Preis – Großprojekte im Zeit-
und Kostenrahmen realisieren

Drucksachen 18/8402, 18/12571

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 18/12571, den Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/8402 abzu-
lehnen . Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist
diese Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Koa-
lition gegen die Stimmen der Opposition angenommen
worden; es gab keine Enthaltungen .

Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 47 r bis
47 u, den Beschlussempfehlungen des Petitionsausschus-
ses .

Tagesordnungspunkt 47 r:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petiti-
onsausschusses (2 . Ausschuss)


Sammelübersicht 440 zu Petitionen

Drucksache 18/12388

Wer stimmt für diese Sammelübersicht? – Wer stimmt
dagegen? – Enthält sich jemand? – Damit ist die Sam-
melübersicht 440 einstimmig angenommen worden .

Tagesordnungspunkt 47 s:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petiti-
onsausschusses (2 . Ausschuss)


Sammelübersicht 441 zu Petitionen

Drucksache 18/12389

Wer stimmt für diese Sammelübersicht? – Wer stimmt
dagegen? – Enthält sich jemand? – Damit ist diese Sam-
melübersicht mit den Stimmen der Koalition bei Ge-
genstimmen der Fraktion Die Linke und Enthaltung der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen worden .

Tagesordnungspunkt 47 t:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petiti-
onsausschusses (2 . Ausschuss)


Sammelübersicht 442 zu Petitionen

Drucksache 18/12390

Wer stimmt dafür? – Stimmt jemand dagegen? – Ent-
hält sich jemand? – Damit ist diese Sammelübersicht ein-
stimmig angenommen worden .

Tagesordnungspunkt 47 u:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petiti-
onsausschusses (2 . Ausschuss)


Sammelübersicht 443 zu Petitionen

Drucksache 18/12391

Ich möchte darauf hinweisen, dass mir zu diesem
Punkt einige Erklärungen nach § 31 unserer Geschäfts-
ordnung vorliegen . 1)

Wer stimmt für diese Sammelübersicht? – Wer stimmt
dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der
Fall . Dann ist auch diese Sammelübersicht mit den Stim-
men der Koalition gegen die Stimmen der Opposition
angenommen worden .

Zusatzpunkt 6 a:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Ernährung und Land-
wirtschaft (10 . Ausschuss) zu dem Antrag der
Abgeordneten Markus Tressel, Nicole Maisch,
Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

1) Anlage 10

Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn






(A) (C)



(B) (D)


Eine transparente Regionalkennzeichnung
einführen – Regionale Produktion, Verarbei-
tung und Vermarktung von Lebensmitteln
stärken

Drucksachen 18/9544, 18/11230

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 18/11230, den Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/9544 abzu-
lehnen . Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist die-
se Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Koalition
gegen die Stimmen der Opposition ohne Enthaltungen
angenommen worden .

Zusatzpunkt 6 b:

Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts des Ausschusses für Ernährung und
Landwirtschaft (10 . Ausschuss) zu dem Antrag
der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Nicole
Maisch, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Reduzierung, Beschränkung und Verbesse-
rung von Tiertransporten

Drucksachen 18/10251, 18/11231

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 18/11231, den Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/10251 abzu-
lehnen . Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist
auch diese Beschlussempfehlung mit den Stimmen der
Koalition gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion Die Linke ange-
nommen worden .

Zusatzpunkt 6 c:

Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts des Ausschusses für Ernährung und
Landwirtschaft (10 . Ausschuss) zu dem Antrag
der Abgeordneten Nicole Maisch, Friedrich
Ostendorff, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Missstände und Stillstand beim Tierschutz be-
enden – Gesellschaftlichen Konsens umsetzen

Drucksachen 18/9798, 18/11824

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 18/11824, den Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/9798 abzu-
lehnen . Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Enthält sich jemand? – Damit ist
auch diese Beschlussempfehlung mit den Stimmen der
Koalition gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion Die Linke ange-
nommen worden .

Zusatzpunkt 6 d:

Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts des Ausschusses für Ernährung und
Landwirtschaft (10 . Ausschuss) zu dem Antrag
der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Harald

Ebner, Nicole Maisch, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Landwirtschaft braucht Zukunft – Gutes Es-
sen braucht eine gute Landwirtschaft

Drucksachen 18/10872, 18/12579

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 18/12579, den Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/10872 abzu-
lehnen . Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Enthält sich jemand? – Damit ist
diese Beschlussempfehlung ebenfalls mit den Stimmen
der Koalition gegen die Stimmen der Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion Die Linke
angenommen worden .

Zusatzpunkt 6 e:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (19 . Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Kekeritz,
Katja Keul, Renate Künast, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN

Zukunftsfähige Unternehmensverantwor-
tung – Menschenrechtliche Sorgfaltspflichten
im deutschen Recht verankern

Drucksachen 18/10255, 18/12209

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 18/12209, den Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/10255 abzu-
lehnen . Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Enthält sich jemand? – Damit ist
diese Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Koali-
tion gegen die Stimmen der Opposition ohne Enthaltun-
gen angenommen worden .

Zusatzpunkt 6 f:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Recht und Verbrau-
cherschutz (6 . Ausschuss) zu dem Antrag der
Abgeordneten Katja Keul, Renate Künast, Uwe
Kekeritz, weiterer Abgeordneter und der Frakti-
on BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zukunftsfähige Unternehmensverantwor-
tung – Wirksame Sanktionen bei Rechtsver-
stößen von Unternehmen

Drucksachen 18/10038, 18/11783

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 18/11783, den Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/10038 abzu-
lehnen . Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Enthält sich jemand? – Damit
ist diese Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Ko-
alition gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen bei Enthaltung der Fraktion Die Linke angenom-
men worden .

Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn






(A) (C)



(B) (D)


Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12 a bis 12 d auf:
a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bun-

desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes über den Abschluss der Ren-

(Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz)

Drucksache 18/11923
Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-

(11 . Ausschuss)

Drucksache 18/12584


(8 . Ausschuss)

Drucksache 18/12614

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11 . Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Matthias
W . Birkwald, Susanna Karawanskij, Sabine
Zimmermann (Zwickau), weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion DIE LINKE
Renteneinheit verwirklichen – Lebensleis-
tung anerkennen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Markus
Kurth, Annalena Baerbock, Dr . Wolfgang
Strengmann-Kuhn, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Renteneinheit vollenden – Gleiches Renten-
recht in Ost und West

Drucksachen 18/10862, 18/10039, 18/12584
c) – Zweite und dritte Beratung des von der Bun-

desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Verbesserung der Leistungen
bei Renten wegen verminderter Erwerbsfä-
higkeit und zur Änderung anderer Gesetze

(EM-Leistungsverbesserungsgesetz)

Drucksache 18/11926

Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-

(11 . Ausschuss)

Drucksache 18/12590


(8 . Ausschuss)

Drucksache 18/12615

d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11 . Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne-

ten Matthias W . Birkwald, Sabine Zimmermann

(Zwickau), Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter

und der Fraktion DIE LINKE
Die Erwerbsminderungsrente stärken und
den Zugang erleichtern
Drucksachen 18/12087, 18/12590

Zu dem Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz der
Bundesregierung, über das wir später namentlich abstim-
men werden, liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion
Die Linke vor .

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 38 Minuten vorgesehen . Gibt es dagegen
Widerspruch? – Das ist nicht der Fall . Dann ist das so
beschlossen .

Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin in der
Aussprache hat die Parlamentarische Staatssekretärin
Frau Lösekrug-Möller das Wort .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1823712700


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine Damen und Herren! Jetzt wird wieder debattiert,


(Beifall des Abg . Matthias W . Birkwald [DIE LINKE])


und zwar über ein Thema, das uns alle zentral berührt;
denn eine verlässliche Altersversorgung ist Kernver-
sprechen unseres Sozialstaats . Für eine Stärkung der
Alterssicherung haben wir in dieser Wahlperiode bereits
wesentliche Gesetze verabschiedet . Jetzt kommen zwei
weitere . Erstens beenden wir die unterschiedliche Ren-
tenberechnung in Ost und West . Zweitens verbessern wir
die Absicherung bei Erwerbsminderung . Dafür bitte ich
um Ihre Zustimmung .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


27 Jahre nach der deutschen Einheit scheint es doch
wie aus der Zeit gefallen, dass die Renten bundesweit
noch nicht einheitlich berechnet werden . Besonders in
Berlin wird das deutlich: Wenn der Arbeitgeber in Fried-
richshain sitzt, gilt der Rentenwert Ost . Geht man über
die Brücke nach Kreuzberg, gilt der Rentenwert West . –
Aber auch aus der Perspektive aller anderen Bundeslän-
der zeigt sich, dass es Zeit ist für eine einheitliche Ren-
tenberechnung in Ost und West .


(Beifall bei der SPD)


Der Rentenwert Ost nähert sich immer mehr dem Ren-
tenwert West . Mit der Rentenanpassung zum 1 . Juli 2017
kommt die Angleichung einen Riesenschritt voran . Der
Rentenwert Ost steigt von 94,1 Prozent auf 95,7 Prozent
des Westwertes . Nur zur Erinnerung: 1992 sind wir mit
62,3 Prozent gestartet .


(Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Ich glaube, manche vergessen, welchen Weg wir hinter
uns haben .

Meine Damen und Herren, wegen der unterschiedli-
chen Lohnentwicklung in Ost und West wurden mit der
Rentenüberleitung unterschiedliche Berechnungsgrö-
ßen eingeführt . Die deutlich geringeren Löhne im Osten
sollten sich nicht auf Dauer nachteilig auf die Renten im
Osten auswirken . Wenn sich der Rentenwert Ost an den
Rentenwert West annähert, bedeutet das also, dass sich

Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn






(A) (C)



(B) (D)


die Verdienste in Ost und West angleichen . Das ist ein
gutes Zeichen, meine Damen und Herren .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir wissen, dass das Lohnniveau in vielen Branchen
mit Tarifverträgen bereits einheitlich ist . Da ist es auch
Zeit für eine einheitliche Rente . Es bleibt dabei: Gute
Löhne und eine hohe Tarifbindung sind Voraussetzung
für gute Lebensverhältnisse und eine gute Rente, und
zwar in Ost und West, wenn wir diesen Unterschied über-
haupt noch machen wollen . Dafür setzen wir uns heute
ein .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Ost und West gibt
es jedes Jahr mehr als 170 000 Menschen, die wegen einer
Krankheit oder eines Unfalls vorzeitig aus dem Erwerbs-
leben ausscheiden oder nur noch eingeschränkt arbeiten
können . Diese Menschen sind besonders auf die Solida-
rität der Versichertengemeinschaft angewiesen . Schon
2014 konnten wir die Leistungen durch das Rentenpaket
spürbar verbessern . Jetzt erhöhen wir die zukünftigen Er-
werbsminderungsrenten noch einmal deutlich;


(Beifall bei der SPD)


denn der Anteil der Erwerbsminderungsrentnerinnen und
-rentner, die zusätzlich auf Grundsicherung angewiesen
sind, liegt deutlich höher als bei den Altersrenten . Wir
verlängern die Zurechnungszeit für künftige Erwerbs-
minderungsrentnerinnen und -rentner ein weiteres Mal:
stufenweise von 62 auf 65 Jahre . Dadurch erwarten wir
eine Erhöhung der Erwerbsminderungsrenten um durch-
schnittlich 7 Prozent . Wir stärken also den Grundsatz
„Wer hart gearbeitet hat und nach Unfall oder Krankheit
nicht oder nur noch eingeschränkt weitermachen kann,
muss sich auf die Solidarität der Versichertengemein-
schaft verlassen können“ . Dafür sorgen wir mit diesem
Gesetz .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir haben in dieser Wahlperiode wichtige Verbesse-
rungen im Bereich der Rente umgesetzt . Heute vollenden
wir die Renteneinheit in unserem Land und verbessern
die Absicherung bei Erwerbsminderung noch einmal
deutlich . Wenn wir zurückblicken, können wir sehen,
dass wir gemeinsam viel erreicht haben für eine starke
Alterssicherung in unserem Land, und darüber bin ich
sehr froh .

Erlauben Sie mir, diesem Dank noch ein ganz persön-
liches Dankeschön anzufügen . Dies ist nämlich meine
letzte Gelegenheit, hier im Bundestag Danke zu sagen .
Ich stelle ein Riesendankeschön in den Raum . Möge sich
jede und jeder davon so viel nehmen, wie ihr oder ihm
gebührt .


(Heiterkeit)


Ich verdoppele das dann .

Vielen Dank .


(Anhaltender Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823712800

Ihnen ebenfalls vielen Dank . – Sabine Zimmermann

hat jetzt für die Fraktion Die Linke das Wort .


(Beifall bei der LINKEN)



Sabine Zimmermann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823712900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Wahlperiode
neigt sich dem Ende zu, und wir müssen schon sagen,
dass es im Hause Nahles eine große Betriebsamkeit ge-
geben hat .


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Die hat es immer gegeben! Von Anfang an!)


– Die hat es gegeben, aber mit welchem Ergebnis bitte
schön:


(Zuruf von der SPD: Mit guten Ergebnissen! – Katja Mast [SPD]: 40 Gesetze!)


mit einem Mindestlohn, mit dem die Altersarmut garan-
tiert ist,


(Dagmar Ziegler [SPD]: Den Sie nicht haben wollten! Unglaublich! – Katja Mast [SPD]: Sie waren nicht für den Mindestlohn!)


einer Regulierung der Leiharbeit, die für die meisten
Leiharbeitskräfte keine wirksame Verbesserung bringt,


(Dagmar Ziegler [SPD]: Sie wollen lieber gar nichts! – Dr . Martin Rosemann [SPD]: Nicht regierungsfähig!)


oder aber einem Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie,
das den Rückgang allgemeinverbindlicher Tarifverträge
nicht aufhält .


(Dagmar Ziegler [SPD]: Was haben Sie denn geleistet? Sie waren gegen den Mindestlohn! – Katja Mast [SPD]: Wer hat denn dem Mindestlohn nicht zugestimmt? – Gegenruf des Abg . Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Das tut euch weh, was?)


Sie sollten einmal schauen, was Sie hier in den letzten
Jahren gemacht haben . Das bringt den Menschen, die im
Niedriglohnsektor arbeiten und mit Niedriglohn leben
müssen, nämlich überhaupt keine Verbesserung . Hier hat
diese Bundesregierung auf der ganzen Linie total versagt .


(Beifall bei der LINKEN)


Genauso machen Sie es bei den beiden hier vorliegen-
den Gesetzentwürfen . Natürlich ist die Angleichung des
Rentenwertes über ein Vierteljahrhundert nach der Wen-
de längst überfällig . Sie haben es doch schon so viele
Jahre versprochen, und unter den Vorgängerregierungen
ist von Ihnen nichts getan worden . Jetzt sollen die Kol-
leginnen und Kollegen wieder acht Jahre länger warten .
Das ist ungerecht .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Parl. Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller






(A) (C)



(B) (D)


Für uns ist die ersatzlose Streichung der Hochwertung
bzw . Umrechnung der Ostlöhne völlig inakzeptabel .


(Beifall bei der LINKEN)


Im Osten verdienen Vollzeitbeschäftigte immer noch
24 Prozent weniger als im Westen dieses Landes .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Fast ein Viertel! – Gegenruf der Abg . Dagmar Ziegler [SPD]: Stimmt doch gar nicht!)


In Brandenburg, dem ostdeutschen Bundesland mit den
höchsten Durchschnittslöhnen, wird im Monat immer
noch durchschnittlich 500 Euro weniger verdient als in
Schleswig-Holstein, wo von den Westländern am we-
nigsten verdient wird .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: So ist es!)


Das ist ungerecht, meine Damen und Herren .


(Beifall bei der LINKEN)


Der Umrechnungsfaktor für die Ostlöhne hat somit eine
wichtige sozialpolitische Ausgleichsfunktion . Die kann
man nicht einfach ersatzlos streichen .


(Beifall bei der LINKEN)


Das ist auch keine Bevorteilung der ostdeutschen Be-
schäftigten,


(Dagmar Ziegler [SPD]: Doch! – Gegenruf des Abg . Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Nein!)


sondern ein Ausgleich dafür,


(Dagmar Ziegler [SPD]: Dass sie unter Ihnen gelitten haben, müssen Sie jetzt sagen!)


dass sie am Arbeitsmarkt immer noch benachteiligt wer-
den . Das ist ungerecht, und das muss sich ändern, liebe
Kollegen von der SPD .


(Beifall bei der LINKEN – Dagmar Ziegler [SPD]: Dass Sie früher in der DDR regiert haben, ist ungerecht!)


Jetzt hoffen Sie, dass die Angleichung der Löhne im
Osten bis 2025 von selber kommt . Ja, glauben Sie das
wirklich? Nein, Sie lassen die Menschen im Osten ein
weiteres Mal im Stich und im Regen stehen . Das werden
wir Linke nie hinnehmen .


(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei Abgeordneten der SPD – Dr . Martin Rosemann [SPD]: Dass ausgerechnet Sie das sagen! Sie haben da doch 40 Jahre lang Misswirtschaft betrieben! – Dagmar Ziegler [SPD]: Dass Sie es wagen, so etwas zu sagen! Die kriegen jetzt wenigstens Westrente und keine DDR-Mark mehr! Das ist der Unterschied!)


Genauso lassen Sie die Millionen Geringverdiener im
Westen im Stich; da gibt es nämlich auch sehr viele . Die

lassen Sie genauso im Regen stehen . Das kann so nicht
weitergehen .


(Beifall bei der LINKEN – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie die auch höherwerten?)


Eines will ich hier klarstellen, meine Damen und Her-
ren: Für die Linke ist die Rentenüberleitung keineswegs
abgeschlossen, wie Sie es im Titel des Gesetzentwurfes –
er lautet „Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz“ – so
schön formuliert haben . Wir bestehen darauf, dass die
Überführungslücken bezüglich des DDR-Rentenrechts
endlich geschlossen werden,


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


zum Beispiel bei den Krankenschwestern, bei den Berg-
leuten, bei den mithelfenden Familienangehörigen und
auch bei den in der DDR geschiedenen Ehefrauen .


(Beifall bei der LINKEN – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei der NVA auch! Das müssen Sie dazusagen!)


Ich muss Ihnen sagen – wir reden heute ja auch über
die Erwerbsminderungsrente –: Die Rente bei voller Er-
werbsminderung lag 2015 bei 711 Euro und damit deut-
lich unter der Grundsicherung in Höhe von 756 Euro .
Jede/jeder siebte erwerbsgeminderte Rentnerin/Rentner
erhält zusätzlich Leistungen der Grundsicherung . Es ist
ein echter Skandal, dass man in diesem Land in ärmli-
che Verhältnisse abrutscht, wenn man schwer erkrankt .
In was für einer Gesellschaft leben wir eigentlich? Men-
schen, die sich viele Jahre abgerackert haben, werden mit
Minirenten abgespeist . Das ist Ihre unsoziale Politik der
letzten Jahre .


(Beifall bei der LINKEN – Dagmar Ziegler [SPD]: Das war in der DDR leider nicht anders!)


Ihr Gesetz ändert daran überhaupt nichts . Bei Neuan-
trägen ab 2018 bekommen die Leute 4,58 Euro mehr –
4,58 Euro netto, das ist eine Demütigung –, und das,
wenn überhaupt noch jeder zweite Antrag genehmigt
wird; denn die meisten Anträge werden abgelehnt . Das
kann so nicht weitergehen .


(Beifall bei der LINKEN)


Deshalb fordern wir: Die Abschläge müssen weg, auch
für diejenigen, die schon jetzt in Erwerbsminderungsren-
te sind .


(Beifall bei der LINKEN)


Wir brauchen auch Erleichterungen beim Zugang zur Er-
werbsminderungsrente . Menschen, die sich kaputtgear-
beitet haben, müssen abgesichert werden . Das ist für uns
eine Frage des Anstands und der Würde . Genauso sollte
es selbstverständlich sein, dass den Rotkreuzschwestern
nicht länger elementare Arbeitnehmerrechte vorenthalten
werden . Mit Ihrem Änderungsantrag verstoßen Sie ein-
deutig gegen EU-Recht . Das ist vollkommen inakzepta-
bel .


(Beifall bei der LINKEN)


Sabine Zimmermann (Zwickau)







(A) (C)



(B) (D)


Zum Schluss: Für uns Linke ist soziale Gerechtigkeit
nicht nur etwas für Sonntagsreden .


(Dr . Martin Rosemann [SPD]: „Nicht nur“? Wo handeln Sie denn? Sie quatschen doch bloß! – Gegenruf des Abg . Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Zum Beispiel in Brandenburg, Thüringen und Berlin!)


Sie muss sich auch ganz konkret in den Gesetzen wider-
spiegeln . Da ist bei Ihnen noch sehr viel Luft nach oben .


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Und bei euch ist die Luft raus!)


Deswegen sage ich natürlich auch an dieser Stelle: So-
ziale Gerechtigkeit kann es nur mit einer starken Linken
geben .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: So ist das!)


Danke schön .


(Beifall bei der LINKEN)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823713000

Vielen Dank, Frau Kollegin Zimmermann . – Als

Nächstes spricht Karl Schiewerling von der CDU/
CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1823713100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Zimmermann,
dafür, dass Sie relativ wenige Wähler haben und in Nord-
rhein-Westfalen sogar aus dem Landtag geflogen sind,
machen Sie aber ganz schön viel Krach; das will ich Ih-
nen in aller Deutlichkeit sagen .


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich gehe auf Ihre Argumente deswegen nicht ein, weil
Sie immer wieder mit derartig viel Leidenschaft so viele
Dinge durcheinanderwerfen, dass es eine halbe Stunde
brauchte, um Ihre falschen Aussagen so auseinanderzuzi-
selieren, dass endlich deutlich wird, dass Sie den Leuten
permanent Sand in die Augen streuen .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Na, na! Jetzt ist es aber gut, Herr Kollege! Eine Sachauseinandersetzung können wir hier jederzeit führen!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir verabschie-
den heute zwei weitere Gesetze im Bereich der Rente .
Nachdem wir vorhin das Betriebsrentenstärkungsgesetz
verabschiedet haben, geht es jetzt um die Erwerbsmin-
derungsrente und die Angleichung der Ostrenten an die
Westrenten . In dieser Legislaturperiode haben wir im
Bereich der Rentenpolitik vieles auf den Weg gebracht:

Mütterrente, Rente mit 63, Flexirente . Diese Koalition
hat in dieser Legislaturperiode gemeinsam viel bewegt .


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auf wessen Kosten?)


Ich glaube, dass es wichtig ist, einmal darauf hinzuwei-
sen, dass es den Menschen im Land dank dieser Refor-
men besser geht .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer zahlt die Zeche?)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dem
Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz greifen wir ein we-
nig in die ohnehin positive Entwicklung der Rentenan-
passung ein . Frau Staatssekretärin Lösekrug-Möller hat
vorhin die Zahlen genannt und gesagt, was sich alles im
Laufe der Rentenüberleitung seit 1990 getan hat .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Rentenangleichung, nicht Rentenüberleitung! Von Rentenüberleitung steht in diesem Gesetz gar nichts drin!)


Wir kommen von Ostrenten in Höhe von 40 Prozent
gegenüber den Westrenten und sind in diesem Jahr bei
95,7 Prozent angelangt, weil die wirtschaftliche Ent-
wicklung und die Entwicklung der Löhne dazu geführt
haben, dass die Anpassung nahezu automatisch vollzo-
gen wurde .

Mit diesem Gesetz, das wir verabschieden, machen
wir der Bevölkerung in den neuen Bundesländern – die
schon lange keine neuen Bundesländer mehr sind – klar:
Wir wollen, dass die Anpassung bis 2024 endgültig er-
folgt . Alles, was bis dahin aus wirtschaftlicher Kraft und
durch positive Lohnentwicklungen geschieht, entlastet
uns aber davon, mit zusätzlichen staatlichen Mitteln oder
mit Beitragsmitteln dafür zu sorgen .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Stand im Gesetzentwurf nicht drin!)


Wir können stolz sein, dass wir die Erwerbsminde-
rungsrente in dieser Legislaturperiode zum zweiten Mal
verbessern . Für einen Durchschnittsrentner heißt das
80 Euro mehr .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: In acht Jahren und nur für die Neuen!)


Ich sage Ihnen: Das ist eine gute Entwicklung, die wir
jetzt eingeleitet haben, und darüber bin ich froh . Gleich-
zeitig muss ich sehr deutlich sagen, dass es mich sehr
betroffen macht, wie viele Menschen in relativ jungen
Jahren – mit 48, 49 Jahren – in die Erwerbsminderungs-
rente gehen. Die Gründe sind häufig psychosomatische
Erkrankungen . All diese Entwicklungen die dahinter ste-
hen, machen uns sehr betroffen.

Deswegen ist es richtig, dass wir das, was wir bei der
Flexirente beschlossen haben, hier jetzt auch tatsächlich
umsetzen, nämlich mehr Prävention, mehr Rehabilitation
und die Stärkung des Einzelnen .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Sabine Zimmermann (Zwickau)







(A) (C)



(B) (D)


Meine Damen und Herren, ich will die Gelegenheit
gerne nutzen und der Staatssekretärin Lösekrug-Möller
an dieser Stelle und von ganzem Herzen für eine hervor-
ragende Zusammenarbeit zu danken . Dass wir die vorlie-
genden Gesetze, das Bundesteilhabegesetz und viele an-
dere Dinge in dieser Koalition so hinbekommen haben,
verdanken wir dir, liebe Gabriele, deiner Fähigkeit zur
Moderation, deiner Fähigkeit zum Ausgleich und all dei-
nen Möglichkeiten, die du eingesetzt hast, um Menschen
zusammenzuführen .


Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823713200

Herr Kollege, lassen Sie noch eine Zwischenfrage zu?


Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1823713300

Wir wissen, dass dein Platz nicht in erster Linie auf

dem Sonnendeck der Politik, sondern mehr im Maschi-
nenraum war. Offensichtlich hat dies aber dazu geführt,
dass wir gut vorangekommen sind .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich möchte dir für all diese Dinge, für die gute Zu-
sammenarbeit und für all das, was du an exzellentem
Parlamentarismus vorbildlich gezeigt hast, von ganzem
Herzen danken, und ich wünsche dir für die Zeit, die jetzt
vor dir liegt, alles erdenklich Gute und Gottes Segen .


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823713400

Vielen Dank, Herr Kollege Schiewerling . – Als Nächs-

tes spricht der Kollege Markus Kurth von der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Einsatz verpasst!)



Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823713500

Ich habe etwas gezögert, weil ich noch ganz gerührt

von den Abschiedsworten von Karl Schiewerling war . –
Auch von meiner Seite alles Gute, Gabriele .


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der SPD)


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Karl Schiewerling von der Union hat gerade noch einmal
die Mütterrente, die Rente mit 63 und die Ost-West-Ren-
tenangleichung aufgezählt, und er hat dies als Erfolge der
Großen Koalition gelobt . Ich muss dazusagen – das hat er
verschwiegen –: Es sind teure Maßnahmen zulasten der
Beitragszahlerinnen und Beitragszahler . Die Mütterren-
te und die Ost-West-Rentenangleichung sind gesamtge-
sellschaftliche Aufgaben, und wir alle hier wissen, dass
dies nicht mit dem Geld der Beitragszahlerinnen und
Beitragszahler, sondern aus Steuermitteln hätte finanziert
werden müssen . Das muss man klar sagen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Das stimmt nicht! – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Sehr richtig!)


In seiner schriftlichen Stellungnahme zur Anhörung
zur Ost-West-Rentenangleichung hat unser Sachverstän-
diger vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der ge-
samtwirtschaftlichen Entwicklung – wahrhaft kein grü-
ner Parteigänger – eindeutig gewarnt:

Insbesondere ist eine noch stärkere Belastung der
Versicherten angesichts der Tatsache, dass es sich
bei der Vereinheitlichung des Rentenrechts um eine
gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt, abzuleh-
nen . …

Diese dürfte zu einem zusätzlichen Beitragssatzan-
stieg führen .

Genau das wollen wir nicht .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Insgesamt wird deutlich: Sie diskutieren angesichts
der Überschüsse, des finanziellen Spielraums, den wir im
Bundeshaushalt haben, über Steuersenkungen . Aber eine
durchschnittliche vierköpfige Familie mit einem Jahres-
einkommen von vielleicht 30 000 Euro zahlt kaum Steu-
ern, aber sie zahlt vom ersten Euro an Sozialversiche-
rungsbeiträge . Wir, Bündnis 90/Die Grünen – das haben
wir auch in unserem Zehn-Punkte-Plan klargemacht –,
wollen Familien und Geringverdiener bei den Sozialver-
sicherungsbeiträgen entlasten und nicht Steuergeschenke
an Gutverdienende verteilen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist der Hauptgrund, warum wir dieses Gesetz ab-
lehnen werden . Wir machen allerdings in unserem Antrag
einen eigenen Vorschlag . Wir wollen die sofortige Anhe-
bung des Rentenwertes Ost auf den Rentenwert West,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


und wir wollen die sogenannte Umrechnung abschaffen,


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Einmal gut, einmal schlecht!)


weil es Lohnunterschiede auch zwischen Emden und
Herne auf der einen Seite und Stuttgart und München auf
der anderen Seite gibt .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


26 Jahre nach der deutschen Einheit muss mit der Mauer
auch in der Sozialversicherung endlich Schluss sein .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Bei der Erwerbsminderungsrente stimmen wir dem
Gesetz natürlich zu, weil es in die richtige Richtung geht .
Aber natürlich bleibt eine offene Wunde: Aufgabe für die
Zukunft ist die Abschaffung der Abschläge bei der Er-
werbsminderungsrente .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Die Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner ent-
scheiden sich nicht freiwillig, in die Erwerbsminderung
zu gehen, sondern die Gründe dafür sind ernsthafte ge-

Karl Schiewerling






(A) (C)



(B) (D)


sundheitliche Folgen aufgrund von Arbeitsunfällen und
Arbeitserkrankungen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg . Matthias W . Birkwald [DIE LINKE])


Wir müssen aber dringend noch einige Worte zu ei-
ner weiteren Regelung verlieren, die an dieses Gesetz in
einer – ich will es so sagen – Nacht-und-Nebel-Aktion
angehängt worden ist . 25 000 sogenannte Rotkreuz-
schwestern arbeiten ganz normal als Pflegekräfte. Sie
sind Mitglied beim DRK . Sie arbeiten wie Leiharbeit-
nehmerinnen in Krankenhäusern und Kliniken, die nicht
zum DRK, zum Deutschen Roten Kreuz, gehören . Sie
werden dorthin abgestellt .


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Nein!)


Aber sie gelten nicht als Arbeitnehmerinnen . Sie haben
als Beschäftigte keinerlei Rechte . Sie dürfen nicht strei-
ken, sie haben keinen Kündigungsschutz, sie können kei-
nen Betriebsrat wählen, und sie können kein Arbeitsge-
richt anrufen, wenn ihnen gekündigt wird .

Das klingt nicht nur unglaublich . Das ist im 21 . Jahr-
hundert unfassbar .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823713600

Herr Kollege Kurth, lassen Sie eine Zwischenfrage

der Kollegin Vogler von der Linken zu?


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823713700

Wenn es zu dem Sachverhalt DRK-Schwestern ist,

bitte .


Kathrin Vogler (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823713800

Vielen Dank, Herr Kollege Kurth, dass Sie die Zwi-

schenbemerkung zulassen . – Ich freue mich, dass Sie
endlich diesen unglaublichen Sachverhalt transpa-
rent machen . Ich habe bei den Reden des Kollegen
Schiewerling und der Parlamentarischen Staatssekretä-
rin die ganze Zeit darauf gewartet, dass auch zu diesem
Sachverhalt geredet wird; denn diese Regierungskoaliti-
on hat sich damit geschmückt, dass sie im Bereich der
Arbeitnehmerüberlassung angeblich etwas Gutes für die
Menschen getan hat . Jetzt aber zieht die Regierung diese
Regelung, die für uns ein Erfolg gewesen wäre, für diese
25 000 Menschen über Nacht per Handstreich zurück .

Damit verstößt die Regierung auch gegen eindeuti-
ge Beschlüsse des Europäischen Gerichtshofes, der er-
klärt hat, dass diese DRK-Schwestern, die bisher nicht
als Mitarbeiterinnen und Angestellte behandelt wurden,
sondern als Vereinsmitglieder dieser Schwesternschaften
entsandt und Kliniken als Personal gestellt werden, in ei-
nem Beschäftigungsverhältnis stehen .


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Ja!)


Beispielsweise wird im Uniklinikum Essen mehr als die
Hälfte der 2 000 Beschäftigten im Pflegedienst von der
DRK-Schwesternschaft gestellt . Das heißt, im Kündi-
gungsfall haben sie keinen Schutz .


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823713900

Ja, darauf würde ich gerne eingehen .


Kathrin Vogler (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823714000

Sie können auch nicht das Arbeitsgericht anrufen .


Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823714100

Kommen Sie bitte zur Frage .


Kathrin Vogler (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823714200

Meine Fragen an Sie: Was können wir weiterhin da-

gegen tun, dass das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
an dieser Stelle aufgebohrt wird? Ist das nicht ein Prä-
zedenzfall für weitere Gruppen, sodass man befürch-
ten muss, dass es nach und nach zu immer mehr Fällen
kommt?


(Beifall bei der LINKEN)



Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823714300

Kollegin Vogler, leider hat Ihre Kollegin Sabine

Zimmermann den Aspekt mit den DRK-Schwestern nur
mit einem Satz gestreift,


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Aber ein langer Satz!)


weshalb Sie auf dem Weg einer Zwischenfrage diesen
Redeteil nachholen mussten . Ich wäre auf diesen Aspekt
in der mir verbleibenden Redezeit in der Tat noch weiter
eingegangen .

Der Punkt ist, dass nicht gegen das Urteil des EuGH
verstoßen wird; es wird vielmehr ausgehebelt . Das ist der
entscheidende Punkt . Der Europäische Gerichtshof hat
aufgrund einer Klage von Mitgliedern der Schwestern-
schaft Essen entschieden, dass diese Art der Gestellung
bzw . Abstellung de facto ein Leiharbeitsverhältnis ist .
Das bedeutet, dass eigentlich auch die Höchstüberlas-
sungsdauer von 18 Monaten gilt, die übrigens die Große
Koalition und gerade die Sozialdemokratie erst im April
als großen Durchbruch für Leiharbeitnehmer gefeiert hat .
Kurzum: Nach 18 Monaten müssten diese Schwestern
übernommen werden . Das ist auch eine glasklare Ausle-
gung durch die Gerichte .

Aus meiner Sicht skandalös ist, dass jetzt ein Sonder-
recht nur für diese 25 000 DRK-Schwestern geschaffen
wird und die Höchstüberlassungsdauer nur für diese
Gruppe aufgehoben wird . Das ist wirklich außerordent-
lich, vor allen Dingen weil dies in einem sehr verkürzten
Beratungsverfahren im Ausschuss zustande gekommen
ist . Dass das jetzt noch manifestiert wird, halten wir
schon für einen Skandal .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Markus Kurth






(A) (C)



(B) (D)


Wir wollen das natürlich abstellen . Das geht mit an-
deren politischen Mehrheiten und vor allen Dingen mit
einer Beteiligung von Bündnis 90/Die Grünen an der
nächsten Bundesregierung; denn das, was an dieser Stel-
le passiert ist, werden wir uns auf jeden Fall merken .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich finde, man kann es gerade der SPD an dieser Stelle
nicht durchgehen lassen, dass offensichtlich auf Wunsch
von DRK-Präsident Rudolf Seiters, früherer Bundes-
innenminister, einer bestimmten Beschäftigtengrup-
pe – das DRK wäre sonst die größte Leiharbeitsfirma
Deutschlands; das haben wir in der Anhörung gehört –
elementare Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenrechte
weggenommen werden .


(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Das stimmt doch überhaupt nicht!)


Mir war es noch einmal wichtig, auch für die Zuhö-
rerinnen und Zuhörer klarzumachen, dass in regulären
Gesetzgebungsverfahren, auch wenn es um so zentra-
le Punkte wie die Ost-West-Rentenangleichung und die
Erwerbsminderungsrente geht, manchmal schmutzige
Dinge einfach mit angehängt und transportiert werden .
Das gehört zu manchen Untiefen des parlamentarischen
Betriebs .

Vielen Dank .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg . Matthias W . Birkwald [DIE LINKE])



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823714400

Vielen Dank, Herr Kollege . – Als Nächstes spricht

Michael Gerdes von der SPD-Fraktion . Ich bitte, die Zeit
im Auge zu behalten . Wir haben noch eine relativ lan-
ge Plenarsitzung vor uns . Es geht jetzt schon bis morgen
früh 2 Uhr .


(Beifall bei der SPD)



Michael Gerdes (SPD):
Rede ID: ID1823714500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Zuhörer! Ich habe zwar nur drei Minuten und versuche
auch, sie einzuhalten, aber bevor ich zum Inhalt dieser
Debatte komme, gestatten Sie mir ein Wort zur Kolle-
gin Gabriele Lösekrug-Möller . Das war heute ihre letzte
Rede hier im Haus . Wir schätzen unsere Parlamentari-
sche Staatssekretärin für ihr diplomatisches Geschick, ihr
ausgleichendes Wesen und ihre fachliche Kompetenz .


(Beifall)


Liebe Gabriele, du hast großes Einfühlungsvermögen .
Das hast du uns in dieser Legislaturperiode nicht nur da-
durch bewiesen, dass du Plenarreden zum Beispiel zum
Teilhabebericht über die Lebenslagen von Menschen mit
Beeinträchtigungen in einfacher Sprache gesprochen
hast. Das war definitiv ein Highlight. Liebe Gabriele,
genieße den Ruhestand und bleibe gesund! Herzlichen
Dank .


(Beifall)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Thema Ren-
tenüberleitung wird gleich die Kollegin Wolff reden. Es
ist gut, dass wir heute erneut etwas für die erwerbsge-
minderten Menschen tun . Wir verbessern die Leistungen,
weil wir wissen, wie schwierig die finanzielle Lage derer
ist, die aufgrund von Krankheit nicht mehr arbeiten kön-
nen . Wir halten hier keine Wahlkampfrede . Hier geht es
um jeden Euro für die Betroffenen.


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: 4,58 Euro! Nur zur Erinnerung!)


Die Anhörung zum vorliegenden Gesetzentwurf
hat uns in unserer Meinung bestätigt, lieber Kollege
Birkwald: Es ist absolut notwendig, Verbesserungen
herbeizuführen . Mit der Verlängerung der Zurechnungs-
zeiten erreichen wir laut Deutscher Rentenversicherung
eine Steigerung der Rentenzahlbeträge von circa 7 Pro-
zent . Das ist zugegebenermaßen kein großer Sprung, aber
es ist ein Schritt in die richtige Richtung bzw . ein Beitrag
zur sozialen Absicherung .

Mit der Verlängerung der Zurechnungszeiten begin-
nen wir bereits im nächsten Jahr . Die Koalition geht mit
diesem Gesetz über die im Koalitionsvertrag vereinbar-
ten Schritte hinaus . Das ist ein gutes Zeichen für die Be-
troffenen und macht Hoffnung für künftige Problemlö-
sungen .

Unsere fleißige Bundesarbeitsministerin Andrea
Nahles hat in ihrem Gesamtrentenkonzept deutlich ge-
macht, dass der Kampf gegen Altersarmut für die SPD
eine zentrale Säule der Altersversorgung ist und immer
war .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Die Erwerbsminderungsrente wird uns sicherlich auch in
den kommenden Legislaturperioden beschäftigen, und
trotz der guten Beschlüsse gibt es noch genügend He-
rausforderungen .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Wohl wahr!)


Ich denke dabei zum Beispiel an die Zugänge zur Er-
werbsminderungsrente . Da gibt es noch deutlich zu hohe
Hürden .


(Beifall der Abg . Matthias W . Birkwald [DIE LINKE] und Katja Mast [SPD])


Gleiches gilt für die jetzige Trennung zwischen vol-
ler und teilweiser Erwerbsminderung, die sich an der
möglichen Zahl der Arbeitsstunden orientiert . Wie sind
teilweise Erwerbsgeminderte eigentlich geschützt, und
haben sie überhaupt Chancen am Arbeitsmarkt?

Dann komme ich zum wichtigen Teil Reha . Sind die
Potenziale im Rehabereich ausgeschöpft? Oder sollten
die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben stärker in
den Fokus rücken? Wie minimieren wir Risikofaktoren,
die zur Erwerbsminderung führen? Hier lohnt sich auf
jeden Fall ein vertiefender Blick .

Abschließend noch ein Wort zu den Mitfahrern dieses
Omnibusgesetzes . Wir verlängern die aktuelle Regelung,
wonach die Aufwandsentschädigung aus kommunalen
Ehrenämtern keinen Einfluss auf den Hinzuverdienst

Markus Kurth






(A) (C)



(B) (D)


bei Alters- und Erwerbsminderungsrenten hat . Damit
stärken wir das politische Ehrenamt in den Gemeinden,
Städten und Kreisen. Meine Hoffnung ist, dass wir in na-
her Zukunft zu einer dauerhaften Lösung in dieser Frage
kommen .

Herzlichen Dank und Glück auf! Ich habe die drei Mi-
nuten knapp eingehalten, Frau Präsidentin .


(Beifall bei der SPD sowie des Abg . Matthias W . Birkwald [DIE LINKE])



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823714600

Perfekt . Vielen Dank, Herr Kollege . – Jetzt spricht

als Nächster der Kollege Peter Weiß von der CDU/
CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1823714700

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Wir beschließen in der Tat jetzt über vier weitere wichti-
ge Regelungen vor allem rentenrechtlicher Art, nachdem
wir schon mit großem Erfolg ein neues Betriebsrenten-
stärkungsgesetz verabschiedet haben .

Der politisch wichtigste Punkt ist sicherlich: Wir
schaffen endlich ein einheitliches Rentenrecht für alle
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, egal in welchem
der Bundesländer sie zu Hause sind und arbeiten . Dazu
wird meine Kollegin Jana Schimke nachher noch einmal
profund im Einzelnen Stellung nehmen .

Ich will nur nach den mehr als verwirrenden Äußerun-
gen aus den Oppositionsfraktionen


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Na, na!)


einmal Folgendes festhalten: Wenn Sie den Linken genau
zugehört haben, dann wissen Sie, dass diese die Spaltung
Deutschlands im Rentenrecht nicht beenden, sondern
über Jahrzehnte weiter beibehalten wollen . Das ist der
Punkt .


(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Völliger Unsinn, Kollege Weiß!)


Wenn Sie Herrn Kurth von den Grünen genau zuge-
hört haben, dann wissen Sie, dass diese in einem brutalen
Akt auf einen Schlag dafür sorgen wollen, dass die Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Osten Deutsch-
lands, die in den kommenden Jahren in Rente gehen, eine
deutlich schlechtere Rente bekommen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich sage: Wir aus der Koalition wollen beides nicht,
sondern wir wollen einen möglichst schonenden Über-
gang finden, der in Schritten dazu führt, dass weder die
einen zu viel verlieren noch die anderen ungerechtfertigt
zu viel dazugewinnen . In Ost und West ein gemeinsames
Rentenrecht in Schritten zu schaffen, ist der einzig ver-
nünftige Weg . Im Hinblick auf das, was wir heute be-

schließen, kann man sagen: Das ist ein guter Tag für die
deutsche Einheit .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Die zukünftigen Rentner im Osten werden massiv niedrigere Renten bekommen!)


Das zweite Wichtige ist, meine sehr geehrten Damen
und Herren: Wir wollen noch einmal einen aktiven Bei-
trag dazu leisten, dass Armutsgefährdung in der Rente
abnimmt . Wir haben bereits zu Beginn dieser Legis-
laturperiode Verbesserungen für eine Personengruppe
beschlossen, die es in der Tat besonders schwer hat,
nämlich für diejenigen, die wegen eines Unfalls oder
Krankheit vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden
und Erwerbsminderungsrente beantragen müssen .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Für die, die in Erwerbsminderungsrente sind, tun Sie gar nichts!)


16 Prozent der Angehörigen dieser Personengruppe kom-
men schon heute mit ihrem Einkommen nicht aus, son-
dern müssen Grundsicherung im Alter beantragen .


Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823714800

Herr Kollege Weiß, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1823714900

Bitte schön .


Susanna Karawanskij (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823715000

Vielen Dank, Kollege Weiß, dass Sie die Zwischen-

frage zulassen . – Sie haben uns als Linksfraktion ja gera-
de vorgeworfen, dass wir über Generationen hinweg die
Spaltung der Gesellschaft in Ost und West vorantreiben
würden, wenn wir diesem Gesetz nicht zustimmen wür-
den .

Dazu habe ich zwei Fragen an Sie: Welche Botschaft
haben Sie denn an die zukünftigen Generationen? Denn
genau mit dem Gesetz, das Sie hier vorschlagen und zur
Abstimmung stellen, treiben Sie die Spaltung voran . Sie
treiben sie voran, indem Sie nämlich die Umrechnung
der Löhne derjenigen, Menschen aus meiner Generation,
die jetzt in Ostdeutschland arbeiten, sozusagen aufheben .
Damit sorgen Sie dafür, dass die Spaltung und Ungleich-
heit auch in weiteren Generationen bestehen bleibt . Das
wäre Frage Nummer eins .

Frage Nummer zwei: Welche Botschaft richten Sie
denn an jene Berufsgruppen, bei denen in Bezug auf die
Rentenüberleitung immer noch Lücken vorhanden sind
und wo die Ungleichheit nicht nivelliert bzw . aufgeho-
ben wird? Welche Botschaft haben Sie für die Kranken-
schwestern, Kumpels in der Braunkohleveredlung sowie
Menschen aus anderen Berufsgruppen, die bei der Ren-
tenüberleitung bislang keine Berücksichtigung gefunden
haben?


(Beifall bei der LINKEN – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Nichts machen Sie da!)


Michael Gerdes






(A) (C)



(B) (D)



Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1823715100

Frau Kollegin, interessant ist, dass aus Ihrer Zwischen-

frage offensichtlich resultiert, dass Sie das DDR-Renten-
system für besonders gerecht halten . Das genaue Gegen-
teil ist der Fall .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Mit der Rentenüberleitung haben wir für alle Rentnerin-
nen und Rentner in Deutschland und vor allen Dingen für
die Rentner in der ehemaligen DDR dafür gesorgt, dass
ihre Renten deutlich angestiegen sind . Wenn wir das, was
es in der DDR gegeben hat, umgerechnet hätten, dann
hätte es Hungerrenten bis zum heutigen Tag gegeben .
Das ist der entscheidende Punkt .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ob Krankenschwester, Bergarbeiter oder was auch im-
mer, letztendlich gewinnt jeder mit der Rentenüberlei-
tung . Niemand verliert .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Was Sie vorschlagen, bedeutet, dass das, was ein Ar-
beitnehmer in seinem Arbeitsleben auf seinem Renten-
konto im Osten angesammelt hat, höher bewertet wird


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Nein, umgerechnet! So steht es im Gesetz!)


als das, was ein Arbeitnehmer im Westen auf seinem
Rentenkonto angesammelt hat .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Weil der 24 Prozent weniger hat!)


Aber bei beiden soll mit dem gleichen Euro-Betrag mul-
tipliziert werden . Was bedeutet das? Wenn zwei Perso-
nen – der eine im Osten, der andere im Westen – die glei-
che Berufsbiografie haben und zum Beispiel in einem
Bereich arbeiten, in dem die Löhne mittlerweile angegli-
chen sind – das gibt es –,


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Aber das sind nur ganz wenige, Herr Weiß!)


bekommt derjenige im Osten über Jahrzehnte eine höhe-
re Rente als derjenige im Westen .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Das ist nicht die Mehrheit!)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823715200

Lassen Sie bitte den Redner die Frage beantworten .


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1823715300

Das kann im Osten wie im Westen niemand für ge-

recht halten .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ein Arbeitnehmer in Schleswig-Holstein, der seit fast
70 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland lebt, ist
es gewohnt, dass er leider im Schnitt 25 Prozent weni-
ger verdient als ein Arbeitnehmer bei mir zu Hause in

Baden-Württemberg . Aber der Arbeitnehmer in Schles-
wig-Holstein hat sich über das Rentenrecht in Deutsch-
land, das sowohl in Baden-Württemberg als auch in
Schleswig-Holstein gilt, noch nie beschwert .


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Doch! Natürlich!)


– Außer Frau Kollegin Hiller-Ohm . – Kurzum: Ihre Be-
rechnungen gehen nicht auf; denn sie führen zu neuer
Ungerechtigkeit . Aber wir wollen keine neue Ungerech-
tigkeit, sondern ein gerechtes Rentensystem für alle in
Deutschland . Das ist der entscheidende Punkt .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Es wird nicht besser, wenn Sie das immer wieder wiederholen!)


Nun zurück zur Erwerbsminderungsrente . Bei der Er-
werbsminderungsrente legen wir, obwohl wir das schon
einmal getan haben, noch etwas obendrauf . Bereits die
ersten Maßnahmen haben gewirkt . Die durchschnitt-
liche Erwerbsminderungsrente in Deutschland steigt
wieder an . Heute beschließen wir weitere drei Jahre Zu-
rechnungszeit . In diesem Zusammenhang kommen wir
auch auf die Abschläge zu sprechen . Früher gab es keine
Abschläge, allerdings gab es Zurechnungszeiten nur bis
zum 55 . Lebensjahr . Dank des Gesetzes, das wir heute
beschließen, wird die Grenze für Zurechnungszeiten um
zehn Jahre auf das 65 . Lebensjahr angehoben .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Ab 2025, noch acht Jahre hin!)


Die Fachleute haben in der Anhörung gesagt, dass man
nur eines von beiden machen kann, nämlich entweder
Abschläge abschaffen oder Zurechnungszeiten anheben.
Das, was wir machen, nämlich zehn Jahre mehr Zurech-
nungszeiten bei der Erwerbsminderungsrente, ist deut-
lich besser, als Abschläge abzuschaffen.


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Noch acht Jahre!)


So kommt mehr heraus . Deswegen ist das Gesetz richtig .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Das bleibt alles unter Sozialhilfegrenzen, Mann, Mann!)


Nun ändern wir in der Tat noch das DRK-Gesetz we-
gen der Rotkreuzschwestern . Ich halte das, was gesagt
wurde, für schlichtweg unterirdisch .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Ja, das stimmt, was Sie gesagt haben!)


Nicht das Gesetz, das wir machen, sondern die Art und
Weise, wie die Opposition über die Rotkreuzschwestern
in unserem Land redet, ist ein Skandal .


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) (C)



(B) (D)


Es handelt sich hier um Mitbürgerinnen, die sich freiwil-
lig in einer Schwesterngemeinschaft zusammengeschlos-
sen haben – man kann also austreten, wenn man will –


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Die sich an uns gewandt haben, weil Sie sie so behandeln!)


und die genau das wollen, was wir nun in das Gesetz hi-
neinschreiben .


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum haben sie dann geklagt?)


Die Rotkreuzschwestern leisten Großartiges in den So-
zial- und Gesundheitseinrichtungen unseres Landes . Sie
wollen die Regelungen, die wir jetzt gesetzlich festlegen .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Nein!)


Es ist ein Skandal, wie die Opposition über die
DRK-Schwestern redet . Wir stehen mit dem, was wir
hier beschließen, an der Seite des Roten Kreuzes und der
DRK-Schwestern .


(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Das sind Fake News, Herr Weiß, was Sie hier machen! Das ist kontrafaktisch, was Sie hier machen!)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823715400

Herr Kollege Weiß, lassen Sie eine weitere Zwischen-

frage zu?


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1823715500

Ja .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vielen Dank, Frau Präsidentin, und vielen Dank, Herr
Kollege Weiß, dass ich noch schnell eine Frage stellen
kann . – Sie haben eben gesagt, das Rote Kreuz wolle das
so haben . Auf der anderen Seite ist es so, dass engagier-
te DRK-Schwestern aus Essen ein Urteil beim Europäi-
schen Gerichtshof erstritten haben .


(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Verdi!)


– Sie brauchen nicht den Kopf zu schütteln; so war es . –
Das Urteil besagt, dass die DRK-Schwestern, obwohl
sie hier in Deutschland immer noch nicht als Arbeitneh-
merinnen gelten, aber als Leiharbeitskräfte gelten und
dass damit eine dauerhafte Gestellung nicht erlaubt ist .

Gerade die DRK-Schwestern in Essen haben sich da-
rüber sehr gefreut, weil sie sehr große Hoffnungen haben,
dass die Reform des Arbeitnehmer-Überlassungsgesetz
und insbesondere die Einführung der Höchstüberlas-
sungsdauer dazu führt, dass sie tatsächlich irgendwann
übernommen werden, dass sie endlich einen echten, re-
gulären Arbeitsvertrag bekommen,


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)


dass sie endlich Arbeitnehmerinnenrechte bekommen
wie alle anderen Beschäftigten in Deutschland auch;

mein Kollege hat es vorhin ausgeführt . Wie passt das zu-
sammen?

Ich muss auch noch Sie ganz persönlich fragen: Fin-
den Sie es wirklich gerecht, dass DRK-Schwestern, die
ganz normal in Kliniken fürsorglich arbeiten, die ganz
normal qualifiziert sind, keine Arbeitnehmerinnen sind?
Ist das im 21 . Jahrhundert noch zeitgemäß?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg . Dagmar Schmidt [Wetzlar] [SPD])



Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1823715600

Frau Kollegin Müller-Gemmeke, ich hatte bisher im-

mer angenommen, dass vor allem die grüne Partei, der
Sie angehören, für die Vielfalt von Lebensentwürfen und
deren Berücksichtigung plädiert .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Sehr schwach! – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


– Entschuldigung . – Es ist schon etwas Besonderes, wenn
man sich entscheidet, sich einer katholischen Ordensge-
meinschaft oder den evangelischen Diakonissen anzu-
schließen . Genauso ist es etwas Besonderes, wenn man
sich der DRK-Schwesternschaft anschließt und sagt: Ich
will nicht als einzelne Arbeitnehmerin, sondern in einer
Gemeinschaft den Dienst und die Arbeit in einer sozialen
Einrichtung verrichten . – Das ist der Punkt . Das ist eine
freiwillige Entscheidung . Dazu ist niemand gezwungen
worden .


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit dem Urteil?)


Zum Zweiten . Die Leitungen dort werden auf demo-
kratische Art und Weise bestellt . Ich habe mit der Leitung
der DRK-Schwestern auf Bundesebene und genauso mit
der Leitung der DRK-Schwestern auf lokaler Ebene ge-
sprochen . Ich muss Ihnen sagen: Die Vertreterinnen der
DRK-Schwesternschaft haben von mir als Abgeordne-
tem und von uns als Bundestag genau das gefordert, was
wir in den heute vorliegenden Gesetzentwurf geschrie-
ben haben. Ich finde, die Frauen, die sich freiwillig in
dieser Schwesterngemeinschaft zusammentun und einen
speziellen Dienst leisten, haben unseren ganzen Respekt
und unsere Unterstützung und Anerkennung verdient .
Darum geht es bei dieser gesetzlichen Neuregelung .


(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Das war keine Antwort! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Lass Sie doch machen! Die kannst du sowieso nicht überzeugen!)


Ein letzter Punkt, den wir mit diesem Gesetz regeln .
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die kommunale
Selbstverwaltung in Deutschland würde nicht funktionie-
ren, würde nicht lebendig bleiben, wenn wir nicht viele
Männer und Frauen finden würden, die bereit sind, ehren-
amtlich das Amt eines Bürgermeisters oder eines Orts-
vorstehers auszuüben . Weil diese Damen und Herren all
das auf sich nehmen, was mit einem solchen Amt verbun-
den ist, nämlich jeden Tag den Kopf hinzuhalten, jeden

Peter Weiß (Emmendingen)







(A) (C)



(B) (D)


Tag für ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger da zu sein,
jeden Tag für Bürgersprechstunden und Vor-Ort-Termine
zur Verfügung zu stehen, sich intensiv um das Wohl der
Bürgerinnen und Bürger in den Gemeinden zu kümmern,
ist es richtig, dass wir die Aufwandsentschädigung für
ein solches Ehrenamt ganz besonders behandeln .


(Michael Gerdes [SPD]: So ist das!)


Wir verlängern deshalb heute eine Übergangsregelung
bei der Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Bür-
germeisterinnen und Bürgermeister, ehrenamtliche Orts-
vorsteherinnen und Ortsvorsteher . Damit setzen wir ein
deutliches Zeichen, dass wir in einer lebendigen Demo-
kratie gerade auf der kommunalen Ebene auch in Zu-
kunft darauf angewiesen sind, dass Männer und Frauen
sich ehrenamtlich für solche Funktionen zur Verfügung
stellen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ihnen gelten unser Respekt und unsere Unterstützung .
Auch deswegen Ja zu unserem Gesetzesvorschlag .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823715700

Vielen Dank, Herr Kollege Weiß . – Als Nächstes

spricht die Kollegin Waltraud Wolff von der SPD-Frak-
tion .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Waltraud Wolff (SPD):
Rede ID: ID1823715800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man
könnte sagen: Eine unendliche Geschichte findet heute
ihr Ende . – Ich bin froh darüber; denn seit 1998, seit ich
diesem Haus angehöre, habe ich mich für ein einheit-
liches Rentenrecht eingesetzt . Es ist immer suggeriert
worden: Mit dem geringeren Rentenwert im Osten haben
die Menschen das Gefühl, auch ihre Lebensleistung sei
geringer . – Dem ist eben nicht so . Darum ist heute ein
guter Tag . Ich glaube, es ist gut, dass wir dieses ungelöste
sozialpolitische Thema heute hier beenden .


(Beifall bei der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, viele haben schon
nicht mehr daran geglaubt . Ehrlich gesagt, ich habe auch
gedacht: Wir bekommen das ein bisschen eher hin . – Fakt
ist: Es gab über die Jahre viele Widerstände, nicht nur
hier im Haus, auch in den Ländern . Deshalb danke ich
ausdrücklich unserer Ministerin Andrea Nahles, die bei
dem Thema in dieser Legislaturperiode bei der Stange
geblieben ist .


(Beifall bei der SPD)


Einen ganz besonderen Dank möchte ich der Beauf-
tragten für die neuen Länder, Iris Gleicke, sagen, die seit
vielen Jahren das Thema „Rentenangleichung Ost“ im-
mer und immer wieder vorangebracht hat .


(Beifall bei der SPD)


Bei aller Erleichterung darüber, dass nach diesem Be-
schluss alles seinen Gang gehen wird, bleiben zwei Wer-
mutstropfen . Der erste ist der Zeitpunkt 2025 statt, wie
wir das wollten, 2020, und das Ganze in sieben Schritten .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Die Erste von der Koalition, die das erkennt!)


Der zweite Wermutstropfen ist: Der größte Teil wird bei-
tragsfinanziert sein. – Wir wollten, dass die Regelung des
letzten Themas im Zusammenhang mit der deutschen
Einheit steuerfinanziert wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Da muss ich zugeben: Das haben wir, die SPD, nicht
geschafft. Trotzdem ist es eine gute Sache, dass wir das
Thema heute vom Tisch bekommen .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß auch, dass
wir mit diesem Rentengesetz nicht alle Probleme der
Rentner im Osten lösen können . Wir können die unter-
schiedlichen Erwerbsbiografien und auch die unterschied-
lichen Wirtschaftsstrukturen nicht über den Rentenwert
ausgleichen; das geht einfach nicht . Auch die Ungerech-
tigkeiten für die unterschiedlichsten Berufsgruppen – in
jeder Legislaturperiode sind von den Linken dazu Vor-
schläge zur Abstimmung gebracht worden – können wir
nicht über das Rentensystem beseitigen . Unser Vorschlag
liegt seit Jahren auf dem Tisch . Wir haben immer einen
Härtefallfonds gefordert . Über einen solchen Fonds kann
man Problemfälle, die auch über die Rentenangleichung
nicht gelöst werden können, besserstellen .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Immerhin!)


Auch hier bleiben wir, die SPD, dran .


(Beifall bei der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden hier im
Bundestag und auch in den nächsten Monaten im Wahl-
kampf noch viel über die Rente streiten . Aber heute freut
es mich erst einmal,


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Richtig!)


dass wir die Rentenüberleitung abschließen . Das kommt
jetzt ins Gesetz . Wir stimmen heute namentlich darüber
ab . Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken,
hier können Sie sich uns anschließen .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Sie können zeigen, dass Sie, wenn es darum geht, die
Ungerechtigkeiten, die die Menschen im Osten heute
noch empfinden, abzubauen, mit uns stimmen, um hier
ein Stück Gerechtigkeit herzustellen .

Vielen herzlichen Dank .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Ihr schickt die zukünftigen Rentner in die Altersarmut!)


Peter Weiß (Emmendingen)







(A) (C)



(B) (D)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823715900

Vielen Dank, Frau Kollegin . – Als letzte Rednerin in

dieser Debatte spricht jetzt Jana Schimke von der CDU/
CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Jana Schimke (CDU):
Rede ID: ID1823716000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Als letzte Rednerin in dieser
denkwürdigen Debatte mache ich fürs Erste gerne einen
Punkt an einem Tag, der noch viele andere Meilensteine
mit sich brachte und vor allen Dingen auch viele Verbes-
serungen bzw . Veränderungen für die Menschen vor Ort .

So haben wir heute Morgen die Änderung des Grund-
gesetzes beschlossen . Damit wird endlich das möglich,
was man als aktiver Wahlkreisabgeordneter doch immer
wieder schwerlich vermisst hat, nämlich dass sicherge-
stellt ist, dass Bundesgeld auch dafür verwendet wird,
wofür es letztendlich gedacht ist . Zu oft kommt Bun-
desgeld durch aufgeblähte Richtlinien mit praxisfernen
Fördertatbeständen schlichtweg nicht mehr vor Ort an .
Das wird sich jetzt ändern . Wer bezahlt, muss auch ent-
scheiden können, was am Ende gekauft wird .

Meine Damen und Herren, das soeben beschlosse-
ne Betriebsrentenstärkungsgesetz ist zweifelsohne der
zweite Meilenstein dieses Tages . Mit deutlich verbesser-
ten Fördermöglichkeiten bei der bAV sowie dem Abbau
von Bürokratie schaffen wir Alternativen gegenüber den
andauernden Auswirkungen der Niedrigzinsphase .

Der dritte Meilenstein dieses Tages ist der Abschluss
der Rentenüberleitung . Damit schließen wir nach 27 Jah-
ren eines der letzten Kapitel deutsch-deutscher Eini-
gungsgeschichte ab . Und wir halten ein Versprechen,
das die Menschen seit der Wiedervereinigung umtreibt
und das ihnen schon lange gegeben wurde: die Einheit
eben nicht nur durch den Wegfall ehemaliger Grenzen,
sondern eben auch durch die gleichen sozialrechtlichen
Standards zu vollziehen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es verwundert deshalb nicht, dass die Einigung auf den
hier vorliegenden Fahrplan relativ zügig erfolgte . Auch
unter uns Abgeordneten war und ist der Wunsch, hier zu
einem Abschluss zu kommen, natürlich sehr groß und
weit verbreitet . Auch die Sachverständigenanhörung
im Ausschuss zeigte, dass die Deutsche Rentenversi-
cherung, die Arbeitgeberverbände, die Gewerkschaften
und die Rentenexperten aus der Wissenschaft einen Ab-
schluss der Rentenüberleitung jetzt für notwendig gehal-
ten haben .

Es gibt in dieser Frage, meine Damen und Herren, aber
auch noch einen weiteren Aspekt zu berücksichtigen: Ge-
genstand der Rentenüberleitung der letzten 26 Jahre war
immer, Gerechtigkeit bestmöglich abzubilden und damit
das Zusammenwachsen beider Landesteile schnellst-
möglich voranzutreiben . Das konnte durch die Besser-
stellung der ostdeutschen Arbeitnehmer bei der Renten-
berechnung geschehen, und so werden die ostdeutschen
Löhne auch heute noch um 14 Prozent hochgewertet . Nur
im Unterschied und einem differenzierten Rentenrecht

lag die Chance auf eine gerechte Sozialpolitik und eine
gemeinsame Zukunft . Deshalb dürfen wir stolz darauf
sein, dass es die Väter und Mütter der Wiedervereini-
gung waren, die 1991 die Grundlage für die heute nahezu
vollständig erreichte Rentenwertangleichung geschaffen
haben .


(Beifall des Abg . Jens Koeppen [CDU/CSU])


Dies gelang durch ein hohes Maß an Solidarität und
natürlich auch durch viel Eigenleistung . Denn eine gute
wirtschaftliche Entwicklung, die mit dem Aufbau Ost
begann und die sich heute durch viele Unternehmens-
gründungen in den neuen Bundesländern sowie durch die
Gründung einer Vielzahl kleiner und mittelständischer
Betriebe fortsetzt, trägt maßgeblich zur Höhe der Renten
in unserem Land bei . Die letzten Jahre waren dafür das
beste Beispiel .


(Unruhe)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823716100

Liebe Kollegen, ich bitte um Aufmerksamkeit .


Jana Schimke (CDU):
Rede ID: ID1823716200

Seit 2012 stiegen die Renten um annähernd 20 Pro-

zent . Der Rentenwert Ost steigt noch in diesem Jahr auf
95,7 Prozent und damit um 1,6 Prozentpunkte innerhalb
eines Jahres . Damit haben wir die erste Stufe des noch zu
beschließenden Gesetzes schon quasi erreicht .

Meine Damen und Herren, genau so soll es eben auch
sein . Dieses Gesetz ist eine Vorsorgemaßnahme und soll
auch so verstanden werden . Wenn es der gesamtwirt-
schaftlichen Entwicklung und einer schnelleren Anglei-
chung dient, dann ist das gut und richtig . Die im Gesetz
festgeschriebene Vergleichsprüfung stellt sicher, dass am
Ende immer die für die Menschen bessere Regel Anwen-
dung findet.

Meine Damen und Herren, nicht nur heute, am Inter-
nationalen Kindertag, müssen wir die Folgen unseres
Handelns im Sinne künftiger Generationen bedenken,
gerade auch in Fragen der Rentenpolitik . Natürlich haben
wir bei der Rentenwertangleichung über viele verschie-
dene Modelle beraten, stets mit dem Anspruch, die Inte-
ressen der heutigen und kommenden Rentnergeneratio-
nen zu berücksichtigen . Die heute vorliegende Variante
ist allerdings das beste Ergebnis davon . Sie ist für uns als
Union die gerechteste und bestmögliche Lösung .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Diese Weitsicht vermisse ich bei den Gegenvorschlä-
gen, insbesondere der Linken . Sie betreiben nichts an-
deres als Rosinenpickerei . Ein einheitliches Rentenrecht
muss natürlich zur Folge haben, dass einstige Sonder-
regelungen wie beispielsweise der Hochwertungsfaktor
abgeschafft bzw. abgebaut werden – Stück für Stück –,
sonst wäre es eben keine Renteneinheit .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Aber nicht alles auf einen Schlag!)







(A) (C)



(B) (D)


Schon deshalb stößt der Antrag der Linken, den Hoch-
wertungsfaktor bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag fortzu-
führen,


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Im Gesetz steht „Umrechnung“, nicht „Hochrechnung“!)


an verfassungsrechtliche Grenzen . Und es würde den
Beitrags- und Steuerzahler künftig noch mehr kosten als
prognostiziert .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Nur den Steuerzahler!)


Nachdem wir heute einen wichtigen und abschließen-
den Schritt bei der Schaffung einheitlicher Regeln im
Rentenrecht gegangen sind, stellt sich nun die Frage: Ist
jetzt alles gleich? Ich würde sagen: Nein, das ist es nicht .


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Genau!)


Ich bin mir der Unterschiede der neuen Bundesländer ge-
genüber den Regionen in den alten Bundesländern sehr
wohl bewusst . Bei uns in Brandenburg – das kann ich
Ihnen auch ehrlich sagen – liegt das natürlich zu einem
Großteil an der rot-roten Landesregierung .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Eine gute Landesregierung!)


Es liegt vor allen Dingen aber auch daran, dass wir im
gesamtdeutschen Wettbewerb noch immer nicht dort ste-
hen, wo wir eigentlich stehen sollten . Deshalb kommt
es künftig darauf an, weiterhin für Wachstum und Inno-
vation im ganzen Land zu arbeiten . Vielleicht bedarf es
dann künftig einmal nicht mehr des Berichts zum Stand
der Deutschen Einheit, weil es dann nicht mehr solche
Unterschiede gibt, wie wir sie heute immer noch zu ver-
zeichnen haben . Wir, die Union, meine Damen und Her-
ren, haben dafür die richtigen Konzepte und die nötige
Weitsicht .

Haben Sie vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823716300

Vielen Dank, Frau Kollegin Schimke . – Ich schließe

damit die Aussprache .

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Gesetzentwurf über den
Abschluss der Rentenüberleitung . Der Ausschuss für
Arbeit und Soziales empfiehlt unter Buchstabe a sei-
ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/12584,
den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksa-
che 18/11923 in der Ausschussfassung anzunehmen .

Die Fraktion Die Linke hat beantragt, über den Ge-
setzentwurf in der Ausschussfassung getrennt abzustim-
men, und zwar zum einen über Artikel 9a – Änderung
des DRK-Gesetzes – und zum anderen über den Entwurf
im Übrigen .

Ich rufe zunächst Artikel 9a in der Ausschussfassung
auf . Ich bitte nun diejenigen, die Artikel 9a des Gesetz-
entwurfes in der Ausschussfassung zustimmen wollen,

um das Handzeichen . – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Artikel 9a ist mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und der SPD gegen die Stimmen der Op-
position angenommen .

Ich rufe nun die übrigen Teile des Gesetzentwurfes
in der Ausschussfassung auf . Ich bitte diejenigen, die
zustimmen wollen, um das Handzeichen . – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Die übrigen Teile des
Gesetzentwurfes sind mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Grünen
bei Enthaltung der Linken angenommen . Alle Teile des
Gesetzentwurfes sind damit in zweiter Beratung ange-
nommen .

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung . Wir stimmen nun über den Ge-
setzentwurf auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD namentlich ab .

Ich erlaube mir den Hinweis: Es sind zwei Erklärun-
gen nach § 31 der Geschäftsordnung des Bundestages
abgegeben worden .1)

Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die
vorgesehenen Plätze einzunehmen . – Sind die Plätze an
den Urnen besetzt? – Ich eröffne die Schlussabstimmung
über den Gesetzentwurf .

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme noch nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der
Fall .

Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftfüh-
rerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin-
nen . Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später
bekannt gegeben .2)

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Frak-
tion Die Linke auf Drucksache 18/12618 . Wer stimmt für
den Entschließungsantrag? – Gegenprobe! – Enthaltun-
gen? – Der Entschließungsantrag ist mit den Stimmen
der CDU/CSU-Fraktion, der SPD-Fraktion und der Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Lin-
ken abgelehnt .

Tagesordnungspunkt 12 b . Wir setzen die Abstim-
mung zu der Beschlussempfehlung des Ausschusses für
Arbeit und Soziales auf Drucksache 18/12584 fort . Der
Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschluss-
empfehlung die Ablehnung des Antrags der Fraktion Die
Linke auf Drucksache 18/10862 mit dem Titel „Renten-
einheit verwirklichen – Lebensleistung anerkennen“ . Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenpro-
be! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit
den Stimmen der CDU/CSU-Fraktion, der SPD-Fraktion
und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stim-
men der Linken angenommen .

Unter Buchstabe c empfiehlt der Ausschuss die Ableh-
nung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
auf Drucksache 18/10039 mit dem Titel „Renteneinheit
vollenden – Gleiches Rentenrecht in Ost und West“ . Wer
stimmt für die Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! –

1) Anlage 11
2) Ergebnis Seite 24093 C

Jana Schimke






(A) (C)



(B) (D)


Gibt es Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit
den Stimmen der CDU/CSU-Fraktion, der SPD-Fraktion
und der Fraktion Die Linke gegen die Stimmen der Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen angenommen .

Tagesordnungspunkt 12 c . Abstimmung über den von
der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur
Verbesserung der Leistungen bei Renten wegen ver-
minderter Erwerbsfähigkeit und zur Änderung anderer
Gesetze . Der Ausschuss für Arbeit und Soziales emp-
fiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 18/12590, den Gesetzentwurf der Bundesre-
gierung auf Drucksache 18/11926 in der Ausschussfas-
sung anzunehmen . Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz-
entwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um
das Handzeichen . – Wer stimmt dagegen? – Enthaltun-
gen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung
mit den Stimmen aller Fraktionen angenommen .

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung . Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben . –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetz-
entwurf ist mit dem gleichen Stimmergebnis wie eben
angenommen .

Tagesordnungspunkt 12 d . Wir setzen die Abstim-
mung zu der Beschlussempfehlung des Ausschusses für
Arbeit und Soziales auf Drucksache 18/12590 fort . Der
Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschluss-
empfehlung die Ablehnung des Antrags der Fraktion Die
Linke auf Drucksache 18/12087 mit dem Titel „Die Er-
werbsminderungsrente stärken und den Zugang erleich-
tern“ . Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-
genprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist mit den Stimmen der SPD-Fraktion und der CDU/
CSU-Fraktion gegen die Stimmen der Linken bei Enthal-
tung der Grünen angenommen .

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 13 a bis 13 c sowie
Zusatzpunkt 7 auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Susanna
Karawanskij, Cornelia Möhring, Matthias W .
Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Frakti-
on DIE LINKE

Forderung der Vereinten Nationen zu den in
der DDR geschiedenen Frauen sofort umset-
zen

Drucksache 18/12107

Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Petitionsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Energie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11 . Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne-

ten Matthias W . Birkwald, Sabine Zimmermann

(Zwickau), Katja Kipping, weiterer Abgeordne-

ter und der Fraktion DIE LINKE

Gesetzliche Rente stärken, Rentenniveau an-
heben und die solidarische Mindestrente ein-
führen

Drucksachen 18/10891, 18/12434

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11 . Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Matthias W .
Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau),
Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE

Zeit für einen Kurswechsel – Rentenniveau
deutlich anheben

– zu dem Antrag der Abgeordneten Matthias W .
Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau),
Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion DIE LINKE

Die Riester-Rente in die gesetzliche Renten-
versicherung überführen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Markus
Kurth, Nicole Maisch, Dr . Gerhard Schick,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Für eine faire und transparente private
Altersvorsorge und ein stabiles Drei-Säu-
len-System

Drucksachen 18/10471, 18/8610, 18/7371,
18/11222

ZP 7 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11 . Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten

Markus Kurth, Kerstin Andreae, Katja Dörner,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Gesamtkonzept Alterssicherung – Verlässlich,
nachhaltig, solidarisch und gerecht

Drucksachen 18/12098, 18/12586

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 38 Minuten vorgesehen . – Ich höre kei-
nen Widerspruch . Dann ist das so beschlossen .

Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst dem
Kollegen Matthias Birkwald von der Fraktion Die Linke
das Wort .


(Beifall bei der LINKEN)



Matthias W. Birkwald (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823716400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und

Herren! Zunächst begrüße ich Frau Barbara Riechert
und ihre Mitstreiterinnen vom Verein der in der DDR
geschiedenen Frauen e . V . ganz herzlich auf der Besu-
chertribüne .


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vizepräsidentin Michaela Noll






(A) (C)



(B) (D)


Diese bemerkenswerten Frauen haben vor dem UN-Aus-
schuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau
recht bekommen . Dieser UN-Ausschuss fordert den
Gesetzgeber – also uns – auf, ein staatliches Entschädi-
gungssystem zur Ergänzung der Renten von in der DDR
geschiedenen Frauen zu errichten . Die SPD-Kollegin
Kolbe hat das in einer Presseerklärung zum Internationa-
len Frauentag aufgegriffen. Ich sage mal: Falls die SPD
nach der Wahl noch regieren sollte und falls sie dann
diese Forderung vergessen sollte, werden wir sie daran
erinnern .


(Beifall bei der LINKEN)


Meine Damen und Herren, lassen Sie uns dieses Unrecht
und diese Diskriminierung der in der DDR geschiedenen
Frauen schnell beenden .


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nun zu unserem Rentenkonzept . Das Rentenkonzept
der Linken umfasst elf Bausteine . Jeder dieser elf Bau-
steine dient den zwei Zielen unserer Rentenpolitik: Ers-
tens soll die gesetzliche Rente wieder den einmal erreich-
ten Lebensstandard angemessen sichern, und zweitens
soll niemand im Alter in Armut leben müssen .


(Beifall bei der LINKEN)


Die zwei wichtigsten Bausteine stelle ich Ihnen jetzt
vor . Zum Jahrtausendbeginn haben SPD, Grüne und die
Union das Rentenniveau in den Sinkflug geschickt. Mei-
ne Damen und Herren, dieser Sinkflug muss in einem
ersten Schritt gestoppt werden .


(Beifall bei der LINKEN)


Und wie? Die Linke will die unsäglichen Kürzungsfakto-
ren aus der Rentenanpassungsformel streichen . Zweitens
muss das Rentenniveau dringend wieder auf die lebens-
standardsichernden 53 Prozent angehoben werden,


(Anja Karliczek [CDU/CSU]: Nein!)


also auf das Niveau des Jahres 2000 .


(Beifall bei der LINKEN)


Dann erhielte eine Kölner Erzieherin mit einem Brut-
togehalt von circa 3 100 Euro nach 45 Jahren Arbeit
130 Euro mehr Rente – netto! Diese Frau müsste dann für
eine lebensstandardsichernde Alterssicherung – wie auch
ihre Arbeitgeberin – nur 32 Euro mehr in die gesetzliche
Rentenkasse einzahlen .


(Dr . Martin Rosemann [SPD]: Ja, heute!)


Da sage ich: Das muss doch drin sein .


(Beifall bei der LINKEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: Wann war das? Im Jahr 2000?)


– Jetzt . Im Jahr 2030 wären es 92 Euro . Dann, sagt die
Ministerin, würden aber auch schon 4 337 Euro durch-
schnittlich verdient . Das alles kann man berechnen . Es
ist auf jeden Fall günstiger als Ihr Dreisäulensystem . –
Meine Damen und Herren, Sie sehen: Die Anhebung des

Rentenniveaus ist finanzierbar. Sie ist der richtige Weg,
damit wieder gilt: Die Rente muss zum Leben reichen .


(Beifall bei der LINKEN)


Was fordert die Linke außerdem?

Erstens . Wir wollen Zeiten niedriger Löhne und der
Erwerbslosigkeit deutlich besser in der Rente anerken-
nen, wir wollen die sogenannte Mütterrente erhöhen, und
wir wollen bei Erwerbsminderungsrenten die Abschläge
abschaffen


(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Kostet noch mal 6 Milliarden!)


und die Rente verbessern, und zwar nicht, wie Sie es wol-
len, erst 2025, sondern schon heute . Das soll auch für die
Menschen gelten, die schon eine Erwerbsminderungs-
rente beziehen .


(Beifall bei der LINKEN)


Zweitens . Wir wollen, dass für alle Erwerbseinkom-
men Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt werden, und
wir wollen, dass auch auf hohe Erwerbseinkommen Ren-
tenbeiträge gezahlt werden müssen .

Drittens . Statt Riester und schlechter betrieblicher
Altersvorsorge wollen wir gute Betriebsrenten, und wir
wollen, dass alle Arbeitgeber und alle Beschäftigen bis
zu einer Grenze freiwillig zusätzliche Beiträge auf ihr
persönliches Rentenkonto einzahlen können .

Viertens . Wir wollen die Rente erst ab 67 abschaf-
fen und die Ostrenten deutlich schneller und vollständig
steuerfinanziert an das Westniveau angleichen.


(Beifall bei der LINKEN)


Fünftens . Wenn das alles nicht reicht, um Menschen
eine existenzsichernde Rente im Alter zu sichern, dann,
und nur dann, sollen über 65-Jährige einen Zuschlag auf
ihre Alterseinkommen erhalten, der ihnen nicht nur das
Überleben, sondern ein würdevolles Leben ohne Alters-
armut ermöglicht .


(Beifall bei der LINKEN)


Damit niemand im Alter von weniger als 1 050 Euro
netto leben muss, wollen wir eine von der Rentenversi-
cherung auszuzahlende einkommens- und vermögensge-
prüfte solidarische Mindestrente einführen, die als Zu-
schlag gezahlt wird, zum Beispiel auf eine kleine Rente .


(Beifall bei der LINKEN – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Dann wären wir bei über 60 Milliarden Euro! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Das ist eine kleine Rente wie in der DDR!)


Wer also wegen Krankheit, Leiharbeit, eines viel zu nied-
rigen gesetzlichen Mindestlohns oder wegen Teilzeitar-
beit und Kindererziehung beispielsweise nur eine Rente
von 800 Euro erhielte, bekäme von der Rentenversiche-
rung einen steuerfinanzierten Zuschlag von 250 Euro. –
Die 1 050 Euro entsprechen übrigens exakt der Armuts-
risikogrenze des Sozio-oekonomischen Panels für einen
Einpersonenhaushalt im Jahr 2014 . Wir meinen es ernst
mit dem Kampf gegen Altersarmut . Deshalb darf die

Matthias W. Birkwald






(A) (C)



(B) (D)


exakt berechnete Armutsschwelle von 1 050 Euro nicht
unterschritten werden .


(Beifall bei der LINKEN)


Bei der Vermögensprüfung bleiben bis zu 68 750 Euro
anrechnungsfrei, damit die Menschen bis weit in die Mit-
telschicht keine Angst vor Altersarmut haben müssen .
Auch Menschen mit kleinen Renten sollen nicht gezwun-
gen werden, ihre Häuser oder ihre Wohnungen zu verlas-
sen . Deshalb wollen wir selbstgenutzte Wohnungen oder
Häuser bis zu 130 Quadratmeter nicht berücksichtigen .


(Beifall bei der LINKEN)


Und ich sage Ihnen: Die solidarische Mindestrente ist
finanzierbar. Dazu muss sich allerdings etwas ändern:
Wenn das Rentenniveau wieder bei 53 Prozent und der
gesetzliche Mindestlohn bei armutsfesten 12 Euro läge,
wenn Frauen jederzeit von Teilzeit in Vollzeit zurückkeh-
ren dürften und für Geringverdienende die Rente nach
Mindestentgeltpunkten gälte, es keine Abschläge bei Er-
werbsminderungsrenten gäbe und manches mehr, dann
prophezeie ich Ihnen, dass die Zuschläge der solidari-
schen Mindestrente mit einem einstelligen Milliardenbe-
trag zu finanzieren wären.

Liebe Bundesregierung, hören Sie auf, Steuergelder
für Riester, für Rüstung oder für Reiche zu verpulvern .

Das Mindeste im Alter sind 1 050 Euro im Monat, und
das garantiert nur die solidarische Mindestrente der Lin-
ken .


(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Kommen über 100 Milliarden Euro zusammen!)


Die Garantierente der Grünen würde die Grundsiche-
rung im Alter nur um ein paar Euro anheben: von durch-
schnittlich 804 Euro auf gerade einmal 830 Euro . Das
ist nur weiße Salbe . Nein, in diesem reichen Land darf
niemand von weniger als 1 050 Euro leben müssen .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der LINKEN)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823716500

Vielen Dank, Herr Kollege . – Bevor ich dem nächs-

ten Redner das Wort erteile, möchte ich Ihnen kurz das
von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte
Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den von
der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Ge-

(Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz)

Stimmen 566 . Mit Ja haben gestimmt 462, mit Nein ha-
ben gestimmt 56, Enthaltungen 48 . Der Gesetzentwurf ist
damit angenommen .

Endgültiges Ergebnis

Abgegebene Stimmen: 566;
davon

ja: 462
nein: 56
enthalten: 48

Ja

CDU/CSU

Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Artur Auernhammer
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Maik Beermann
Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Sybille Benning
Dr . André Berghegger
Dr . Christoph Bergner
Ute Bertram
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr . Maria Böhmer
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig

Michael Brand
Dr . Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr . Ralf Brauksiepe
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Alexander Dobrindt
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Iris Eberl
Jutta Eckenbach
Dr . Bernd Fabritius
Uwe Feiler
Dr . Thomas Feist
Enak Ferlemann
Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsru he-Land)

Dr . Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Thorsten Frei
Dr . Astrid Freudenstein
Dr . Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser

Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr . Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Josef Göppel
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann
Monika Grütters
Dr . Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn
Rainer Hajek
Dr . Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr . Stefan Heck
Dr . Matthias Heider

Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich (Chemnitz)

Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Dr . Heribert Hirte
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Alexander Hoffmann

(Dort mund)

Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr . Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Dr . Mathias Edwin Höschel
Charles M . Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Dr . Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr . Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb

Matthias W. Birkwald






(A) (C)



(B) (D)


Hans-Werner Kammer
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr . Stefan Kaufmann
Ronja Kemmer
Roderich Kiesewetter
Dr . Georg Kippels
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr . Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr . Roy Kühne
Uwe Lagosky
Dr . Dr . h . c . Karl A . Lamers
Andreas G . Lämmel
Dr . Norbert Lammert
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Barbara Lanzinger
Dr . Silke Launert
Paul Lehrieder
Dr . Katja Leikert
Dr . Philipp Lengsfeld
Dr . Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Dr . Ursula von der Leyen
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Dr . Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr . Claudia Lücking-Michel
Dr . Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Gisela Manderla
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Reiner Meier

Dr . Michael Meister
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr . h . c . Hans Michelbach
Dr . Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Volker Mosblech
Elisabeth Motschmann
Dr . Gerd Müller

(Braun schweig)

Stefan Müller (Erlangen)

Dr . Philipp Murmann
Dr . Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr . Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr . Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr . Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Thomas Rachel
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Alois Rainer
Dr . Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr . Heinz Riesenhuber
Iris Ripsam
Johannes Röring
Kathrin Rösel
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer (Saalstadt)

Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Jana Schimke
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Christian Schmidt (Fürth)

Gabriele Schmidt (Ühlingen)

Patrick Schnieder
Nadine Schön (St . Wendel)


Dr . Ole Schröder

(Wies baden)

Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr . Klaus-Peter Schulze
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr . Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Tino Sorge
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Albert Stegemann
Peter Stein
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Frhr . von Stetten
Dieter Stier
Rita Stockhofe
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Stritzl
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr . Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr . Hans-Peter Uhl
Dr . Volker Ullrich
Arnold Vaatz
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Dr . Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Karl-Heinz Wange
Nina Warken
Kai Wegner
Dr . h . c . Albert Weiler
Marcus Weinberg (Hamburg)

Dr . Anja Weisgerber
Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther

Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Oliver Wittke
Dagmar G . Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr . Matthias Zimmer
Gudrun Zollner

SPD

Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Bettina Bähr-Losse
Heinz-Joachim Barchmann
Dr . Katarina Barley
Doris Barnett
Dr . Matthias Bartke
Sören Bartol
Bärbel Bas
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Burkhard Blienert
Willi Brase
Dr . Karl-Heinz Brunner
Dr . h . c . Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Dr . Lars Castellucci
Jürgen Coße
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr . Daniela De Ridder
Dr . Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Dr . h . c . Gernot Erler
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr . Johannes Fechner
Dr . Fritz Felgentreu
Dr . Ute Finckh-Krämer






(A) (C)



(B) (D)


Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Dagmar Freitag
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Angelika Glöckner
Ulrike Gottschalck
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Michael Groß
Uli Grötsch
Wolfgang Gunkel
Bettina Hagedorn
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel

(Wa ckernheim)

Hubertus Heil (Peine)

Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Thomas Hitschler
Dr . Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz-Herrmann
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Ulrich Kelber
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Dr . Hans-Ulrich Krüger
Angelika Krüger-Leißner
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr . Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Hiltrud Lotze
Kirsten Lühmann

Dr . Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Dr . Matthias Miersch
Klaus Mindrup
Susanne Mittag
Bettina Müller
Detlef Müller (Chemnitz)

Michelle Müntefering
Dr . Rolf Mützenich
Ulli Nissen
Mahmut Özdemir (Duisburg)

Aydan Özoğuz
Markus Paschke
Christian Petry
Jeannine Pflugradt
Detlev Pilger
Sabine Poschmann
Joachim Poß
Achim Post (Minden)

Dr . Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr . Sascha Raabe
Dr . Simone Raatz
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr . Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Petra Rode-Bosse
Dennis Rohde
Dr . Martin Rosemann
René Röspel
Dr . Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Sarah Ryglewski
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr . Hans-Joachim

Schabedoth
Axel Schäfer (Bochum)

Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr . Dorothee Schlegel
Matthias Schmidt (Berlin)

Dagmar Schmidt (Wetzlar)

Carsten Schneider (Erfurt)

Elfi Scho-Antwerpes
Ursula Schulte
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer

Frank Schwabe
Stefan Schwartze
Andreas Schwarz
Rita Schwarzelühr-Sutter
Rainer Spiering
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Claudia Tausend
Michael Thews
Dr . Karin Thissen
Franz Thönnes
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Gabi Weber
Bernd Westphal

(Wol mirstedt)

Gülistan Yüksel
Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr . Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer

Fraktionslos

Erika Steinbach

Nein

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck (Bremen)

Agnieszka Brugger
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Dr . Thomas Gambke
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Dr . Anton Hofreiter
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Sven-Christian Kindler

Maria Klein-Schmeink
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Stephan Kühn (Dresden)

Christian Kühn (Tübingen)

Renate Künast
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Dr . Tobias Lindner
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Cem Özdemir
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)

Corinna Rüffer
Elisabeth Scharfenberg
Ulle Schauws
Dr . Gerhard Schick
Dr . Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr . Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr . Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr . Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Dr . Valerie Wilms

Enthalten

SPD

Klaus Barthel
Dirk Heidenblut

DIE LINKE

Jan van Aken
Dr . Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder
Matthias W . Birkwald
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen






(A) (C)



(B) (D)


Dr . Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Dr . André Hahn
Heike Hänsel
Dr . Rosemarie Hein
Inge Höger
Andrej Hunko
Sigrid Hupach

Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Caren Lay
Ralph Lenkert
Stefan Liebich

Dr . Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Norbert Müller (Potsdam)

Dr . Alexander S . Neu
Richard Pitterle
Martina Renner
Dr . Petra Sitte

Dr . Kirsten Tackmann
Azize Tank
Frank Tempel
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Hubertus Zdebel
Sabine Zimmermann


(Zwickau)


Wir können die Debatte fortsetzen . Als Nächs-
tes spricht der Kollege Albert Weiler von der CDU/
CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Albert Weiler (CDU):
Rede ID: ID1823716600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Nach
Birkwalds Märchenstunde wollen wir wieder zur Reali-
tät kommen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


– Danke schön . – Wer sein Leben lang gearbeitet und
damit einen wichtigen Beitrag zur Gesellschaft geleis-
tet hat, muss im Alter abgesichert sein . Deshalb müssen
wir – da sind wir uns alle einig – Altersarmut verhindern .
Das muss das Ziel eines nachhaltigen Altersvorsorgesys-
tems in Deutschland sein . Dazu müssen wir Rahmenbe-
dingungen schaffen, die den Menschen Sicherheit geben,
damit niemand Angst davor haben muss, dass seine Ren-
te im Alter nicht ausreicht .

Wir haben in dieser Legislatur bereits wichtige Ver-
besserungen unseres Rentensystems auf den Weg ge-
bracht – ich will ein paar aufzählen –: die Ausweitung der
Mütterrente, die Verbesserung der Erwerbsminderungs-
rente, wir haben die Flexirente eingeführt, wir haben die
Angleichung der Renten in Ost- und Westdeutschland
beschlossen, wir stärken die Renten durch das Betriebs-
rentenstärkungsgesetz und, und, und .

Meine Damen und Herren, Sie sehen: Wir haben unser
bestehendes Rentensystem nachhaltig gestärkt und unse-
re Hausaufgaben ernst genommen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Höhe der Renten hat sich sehr positiv entwickelt:
in den Jahren 2014 bis 2017 um bis zu 15 Prozent . Die
gesetzliche Rentenversicherung steht gut da . Dies liegt
auch an der sehr guten Beschäftigungslage und den mitt-
lerweile rund 45,2 Millionen erwerbstätigen Menschen
in Deutschland .


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn die alle Beiträge zahlen würden, wäre es noch besser!)


Das ist eine der höchsten Beschäftigungsquoten in Euro-
pa . Gleichzeitig sank die Zahl der Arbeitslosen auf we-
niger als 2,5 Millionen . Das gab es seit 1990 noch nie .

Die von Angela Merkel geführte Bundesregierung
schafft durch ihre beständige Wirtschafts- und Arbeits-
marktpolitik sehr gute und verlässliche Rahmenbedin-
gungen . Die Linke torpediert mit ihren Anträgen unser
Drei-Säulen-Modell und schwächt damit unser bewähr-
tes System . Präsentieren Sie doch bitte Vorschläge, die
unser System stärken,


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Ja! Machen wir doch!)


und stellen Sie nicht immer alles grundsätzlich infrage .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Das tun wir doch gar nicht! Wir haben sogar bei der Erwerbsminderungsrente zugestimmt, Herr Kollege!)


Ihre Anträge sind ein Überbietungswettbewerb der Ver-
sprechungen . Sie lassen an der Ernsthaftigkeit Ihrer Vor-
schläge stark zweifeln .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Quatsch!)


Sie befinden sich ausschließlich im Wahlkampfmodus
und sind an konstruktiver Parlamentsarbeit überhaupt
nicht mehr interessiert .


(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Das ist eine Unverschämtheit! Keine Ahnung von Rentenpolitik haben und dann das hier ablassen!)


Angesichts des demografischen Wandels schaffen wir
Lösungen für eine nachhaltige Finanzierung der Renten .
Sie reden alles schlecht und stellen sich als göttliche
Heilsbringer dar .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Sie haben überhaupt kein einziges Argument genannt! Reden Sie mal zur Sache!)


Zur Frage der Finanzierung liefern Sie hier wieder ein-
mal nichts . Die Kosten auf die nächste Generation abzu-
schieben, lehne ich persönlich ab .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Unsinn! Das kann ich Ihnen alles vorrechnen! Das verstehen Sie wahrscheinlich nicht! Also echt!)


Ein umlagefinanziertes System erfordert Solidarität in
beide Richtungen; sonst verliert es an Akzeptanz . Durch
Ihren willkürlichen Umgang mit den Beiträgen derjeni-






(A) (C)



(B) (D)


gen, die durch ihre Leistungen unseren Sozialstaat tra-
gen, gefährden Sie das Vertrauen in den Generationen-
vertrag .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Begründen Sie mal „willkürlich“!)


– Kommt noch. – Dieser Angriff ist erschreckend. Die
Jungen gegen die Alten beim Thema Rente auszuspielen,


(Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Das machen Sie doch gerade! – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Das machen doch Sie!)


halte ich für den falschen Weg .

Ich komme nun zu dem Antrag der Linken, der zu
mehr Gerechtigkeit für in der DDR geschiedene Frau-
en beitragen soll . Das ist ein Thema, das mir persönlich
sehr am Herzen liegt . Seit über drei Jahren beschäftige
ich mich regelmäßig mit den Anliegen der in der DDR
geschiedenen Frauen . Ich habe sie in meinem Wahlkreis
in Gera viele Male besucht . Ich habe Briefe geschrieben,
Telefonate geführt und sogar die zuständige Ministerin
auf diese Frage persönlich angesprochen .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Und was hat es gebracht?)


Bisher sah niemand eine konstruktive und mehrheitsfä-
hige Lösung bzw . Möglichkeit, das Anliegen der Frauen
umzusetzen .


(Dr . Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zum Beispiel!)


Dafür gibt es Gründe; diese möchte ich aufzählen .

Bereits seit 25 Jahren ist das Renten-Überleitungsge-
setz in Kraft . Die Zusammenlegung zweier Staaten mit
unterschiedlichen Sozialsystemen war für den damaligen
Gesetzgeber keine leichte Aufgabe . Insbesondere das
DDR-Rentenrecht mit seinen vielen Sonderregelungen
für verschiedene Berufs- und Personengruppen stellte die
Macher der Rentenüberleitung vor eine schwierige Auf-
gabe . Damals wurden wichtige Grundentscheidungen
getroffen. Eine Abkehr würde viele Fragen aufwerfen.

Erstens . Mögliche Änderungen wären kaum mit den
Grundsätzen des lohn- und beitragsbezogenen Renten-
rechts des SGB VI vereinbar .

Zweitens . Es wäre aus meiner Sicht problematisch,
eine Konkurrenzsituation zwischen Versicherten mit ver-
gleichbaren Lebenssachverhalten in den alten und neuen
Ländern zu forcieren .

Ich frage mich: Wenn wir die Grundsätze des Ren-
ten-Überleitungsgesetzes an einer Stelle ändern würden,
müssten wir das nicht auch für weitere Personengrup-
pen tun, deren Situation vergleichbar ist und die ähnli-
che Forderungen haben? Immer noch ist unklar, welche
Kosten hierbei auf uns zukommen würden und wer dafür
aufkommen soll .

Meine Damen und Herren, die Politik und jedes Ge-
setz haben den Anspruch, Gerechtigkeit bestmöglich
abzubilden . Auch bei der Erarbeitung des Renten-Über-
leitungsgesetzes vor 25 Jahren galt dieser Anspruch . Er

wirkt bis heute nach . Das wissen wir, aber das weiß auch
die Linke .

Trotzdem sind die Auswirkungen dieses Gesetzes bis
heute für bestimmte Gruppen unbefriedigend . Auch die
hier und heute diskutierten Probleme der in der DDR ge-
schiedenen Frauen gehören dazu . Als Verein der in der
DDR geschiedenen Frauen e. V. haben die Betroffenen
auf ihr Anliegen unentwegt aufmerksam gemacht . Sie
haben den Kontakt mit Experten, Ministerien und vielen
Abgeordneten gesucht . Sie haben Petitionen eingereicht,
die wir ausführlich im Ausschuss und in Expertenrunden
beraten haben . Mehrere Verfahren und Gerichtsprozesse
haben sie auf Landes-, Bundes- und sogar auf EU-Ebene
geführt . Dieses Engagement ist beeindruckend . Ich habe
großen Respekt vor den Anstrengungen jener Frauen, die
oft in hohem Alter viel Kraft aufwenden, um für ihre Be-
lange zu kämpfen .

Es ist diesem Einsatz zu verdanken, dass sich im Fe-
bruar dieses Jahres der UN-Fachausschuss zur Frauen-
rechtskonvention mit der Rentenproblematik der be-
troffenen Frauen befasst hat. Im Ergebnis gab er eine
Empfehlung an die Bundesregierung ab, ein Entschä-
digungssystem zu schaffen und den Ausschuss über die
geplanten Schritte zu unterrichten .

Ich habe gerade in dieser Woche einen neuen Vorstoß
unternommen und will Bewegung in die Angelegen-
heit bringen, indem ich gemeinsam mit dem Kollegen
Tankred Schipanski in einem Brief an Bundesministerin
Schwesig einen Lösungsentwurf eingefordert habe . Die-
ser ist aus meiner Sicht angebracht . Es wäre nur fair und
richtig, die Empfehlungen des UN-Ausschusses ernst zu
nehmen .


(Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Dann machen Sie das doch mal!)


Aus meiner Sicht muss die Frau Ministerin nun handeln .
Hoffentlich war das nicht der Grund dafür, dass sie jetzt
den Bundestag verlässt und woanders hinwill .

Angesichts der Konstruktion des Rentensystems in
Deutschland sind Kinder aufgrund der Umlagefinanzie-
rung ein wichtiges Element . Mütter leisten daher einen
wichtigen Beitrag zum Generationenvertrag . Aus diesem
Grunde sollten Kindererziehungszeiten bei der Ren-
te berücksichtigt werden . Dieser Grundsatz ist bereits
bei der Mütterrente angewandt worden und könnte nun
auch Grundlage möglicher Lösungsvorschläge für die
Altersversorgung der in der DDR geschiedenen Frauen
sein .

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie
uns gemeinsam an einer Lösung dieser Problematik ar-
beiten . Aber leider kann ich den Antrag der Linken nicht
unterstützen .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Schade!)


Warum nicht? Weil Ihre Frist, liebe Kolleginnen und
Kollegen von den Linken, bis zum 30 . Juni 2017 leider
absolut unrealistisch ist .


(Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Ein Konzept vorzulegen? – Matthias W . Birkwald Dr. h. c. Albert Weiler [DIE LINKE]: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil!)





(A) (C)


(B) (D)


Eine Kurzschlussreaktion kurz vor der Wahl schreit nach
Populismus und Wahlkampfgetöse und lässt mich daran
zweifeln, dass Sie dieses Thema wirklich ernst nehmen .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Oh Mann! 27 Jahre! Also echt!)


Eine gute Lösung erfordert die Zusammenarbeit der
Bereiche Arbeit und Soziales und Familie . Auch bei den
Kosten sind bisher noch alle Fragen offen.


(Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Das können wir doch gemeinsam ausgestalten!)


Eine Lösung zur Finanzierung liefern Sie hier leider
nicht,


(Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Nein, weil wir das gemeinsam machen müssen! – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Sie haben die Möglichkeit eines Konzeptes, aber Sie kriegen leider nichts hin!)


nicht einmal Ansätze dazu, nur Forderungen, Forderun-
gen, Forderungen . Von einer ordentlichen Partei erwarte
ich zumindest Lösungsansätze .

Meine Damen und Herren, wir müssen den unent-
wegten Einsatz der Betroffenen und deren Anliegen sehr
ernst nehmen . Ich respektiere besonders das Engagement
des Vereins der in der DDR geschiedenen Frauen e . V .
und hoffe nun auf Unterstützung und einen konstruktiven
Beitrag durch das Familienministerium .

Eine nachhaltige Lösung ist in einem Monat sicher nicht
zu erreichen .


(Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Das haben wir auch nicht gefordert!)


Daher kann ich den vorliegenden Antrag auch nicht un-
terstützen .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Das ist ganz schmal, Herr Weiler!)


Ich werde mich aber weiterhin persönlich für eine
gute Lösung in der Angelegenheit einsetzen, damit den
betroffenen Frauen nach so langer Zeit endlich geholfen
werden kann .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823716700

Vielen Dank, Herr Kollege Weiler . – Ich erlaube mir

den Hinweis: Nach Ende dieser Debatte werden wir die
Sitzung kurz unterbrechen. Gegen 18.30 Uhr finden Frak-
tionssitzungen der CDU/CSU und der SPD statt . Den
Wiederbeginn werden wir über einen Hausruf kundtun .

Ich bitte als nächsten Redner den Kollegen Markus
Kurth für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nach vor-
ne .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Ein Déjà-vu! Aller guten Dinge sind drei! – Ralf Kapschack [SPD]: Hast du was vergessen, Markus?)



Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823716800

Ja, zum dritten Mal . – Frau Präsidentin! Liebe Kolle-

ginnen und Kollegen! Wir haben bei diesem Tagesord-
nungspunkt eine etwas eigentümliche Zusammenstellung
der Anträge, zum einen Gesamtkonzepte der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen, aber auch der Linken, zum an-
deren einen schwerwiegenden Antrag zur Situation der in
der DDR geschiedenen Frauen .

Wir als Bündnis 90/Die Grünen verfolgen die Situa-
tion dieser Frauen schon seit vielen Jahren und haben in
den vergangenen Legislaturperioden immer – nicht nur
in der letzten, sondern auch schon davor – Anträge vor-
gelegt, mit denen eine Lösung für diese Situation gefun-
den werden soll. Ich finde es auch angemessen, wenn ich
damit anfange .

Wir haben es mit Frauen zu tun, die nicht im klassi-
schen Recht des Versorgungsausgleichs waren und die
im Renten-Überleitungsgesetz auch nicht beim Versor-
gungsausgleich berücksichtigt wurden . Das bedeutet,
dass diese Frauen vielfach in bitterer Armut leben .

Natürlich kann man jetzt, Kollege Weiler, nicht jede
rentenrechtliche Besonderheit der DDR nachträglich auf-
schnüren . Im Fall der in der DDR geschiedenen Frauen
ist es aber anders: Wir haben es hier mit einer geschlech-
terspezifischen Diskriminierung zu tun.


(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Das sieht das Bundesverfassungsgericht völlig anders!)


Das ist auch der Grund, warum der UN-Ausschuss das
an der Stelle zu seinem eigenen Anliegen gemacht hat .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Aus diesem Grunde finde ich, dass eine Umweglö-
sung – Ihr Engagement in allen Ehren – über die Aner-
kennung von Kindererziehungszeiten nach dem Vorbild
der Mütterrente völlig am Sachverhalt vorbeigeht . Wir
als Grüne wollen – und das ist auch vernünftig –, dass
man in Anlehnung an den Versorgungsausgleich die indi-
viduellen Ansprüche dieser Frauen aus der Ehezeit ermit-
telt, sie halbiert und dann dem Rentenkonto zuschreibt .
Das kann man natürlich auch mit Steuermitteln – das
wird den Bundeshaushalt nicht überfordern – im Rahmen
einer Härtefalllösung machen .


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Und was ist mit Männern?)


Wir als Grüne werden uns dafür in der nächsten Legis-
laturperiode weiterhin einsetzen; seien Sie sich dessen
gewiss .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dr. h. c. Albert Weiler






(A) (C)



(B) (D)


Da die bescheidene Redezeit auch dafür herhalten
muss, unsere rentenpolitische Gesamtvorstellung we-
nigstens kurz anzureißen – die Linke hat ihre bereits
dargestellt –, möchte ich darauf im Folgenden eingehen .
Entscheidender Punkt ist, dass wir für eine Rente für alle
und eine Rentenversicherung für alle einstehen . Herr
Weiler, Sie haben gesagt, ein Grund für die gute Lage
der Rentenversicherung sei, dass wir 45,2 Millionen Er-
werbstätige in Deutschland haben .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Die zahlen aber nicht alle in die Rentenversicherung ein!)


Die zahlen aber nicht alle Beiträge .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Das ist der Punkt!)


Wir wollen, dass nach einem längeren Prozess letzten
Endes alle in der Bürgerversicherung sind und alle Ren-
tenversicherungsbeiträge bezahlen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wer kann und will, soll sich darüber hinaus zusätzlich
absichern . Aber: Minijobber, Arbeitslose, Selbstständige
und natürlich auch wir Abgeordnete sollten in die gesetz-
liche Rentenversicherung einzahlen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Mit der Folge, dass sie auch Ansprüche hätten! – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Ja, aber wir wollen ja noch mehr!)


Wir geben ein neues Sicherungsversprechen, indem
wir das Rentenniveau stabilisieren wollen . Allerdings
muss ich an die Adresse der Linken sagen: Ihre darüber
hinausgehenden Steigerungsvorschläge würden zu mehr-
stelligen Milliardenbelastungen führen


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: 32 Euro, Markus! Das habe ich dir schon 50mal vorgerechnet!)


und würden ab dem Jahr 2030 – bis dahin reichen die
Berechnungen von Matthias Birkwald meistens nur – den
Sozialversicherungsbeitrag in enorme Höhen steigen las-
sen .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Das ist billiger als das Drei-Säulen-Modell!)


Wir müssen ebenfalls berücksichtigen, dass wir mit der
Alterung der Gesellschaft auch Pflegeversicherungsbei-
träge erhöhen werden müssen . Das beabsichtigen wir
auch, weil wir eine bessere Bezahlung von Pflegekräf-
ten und mehr Qualität in der Pflege wollen. Wir werden
außerdem höhere Krankenversicherungsbeiträge haben .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Nicht, wenn wir eine Bürgerversicherung einführen!)


Am Ende des Tages muss man die Gesamtschau betrach-
ten und dabei halbwegs realistisch sein .

Wir wollen Frauen eine eigenständige Alterssiche-
rung aufbauen . Wir wollen eine faire Verteilung von
Haus- und Familienarbeit, eine neue Verteilung von Zeit

im Arbeitsleben . Das ist nicht unmittelbar Rentenpolitik,
hat aber am Ende große Auswirkung auf die Lebens- und
Einkommenssituation von Frauen im Alter .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben gestern
mit unseren beiden Spitzenkandidaten für die Wahl den
Kern dieser Vorstellung in einem Zehnpunkteprogramm
vorgestellt . Es beinhaltet die Eckpunkte, bei denen wir
jeweils Fortschritte erreichen wollen und auch werden,
wenn wir in eine Regierungsbeteiligung kommen; das
will ich hier noch einmal ganz klar festhalten . Nicht zu-
letzt ich persönlich werde darauf achten, dass das genau
so ist; ansonsten gibt es auch meine Stimme nicht .

Vielen Dank .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823716900

Vielen Dank, Herr Kollege . – Als Nächster spricht

Dr . Martin Rosemann für die SPD-Fraktion .


(Beifall bei der SPD)



Dr. Martin Rosemann (SPD):
Rede ID: ID1823717000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Rentenpolitik verlangt Serio-
sität . Die Anträge der Linken sind das Gegenteil davon .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Quatsch!)


Sie machen Politik nach dem Motto: Im Himmel ist Jahr-
markt . Ich will nur ein Beispiel aus Ihrem Antrag her-
ausgreifen . Sie fordern allen Ernstes die abschlagsfreie
Rente mit 60 Jahren nach 40 Beitragsjahren . Sie machen
keinerlei Aussagen zu den finanziellen Auswirkungen
und dazu, wie Sie sich die Finanzierung vorstellen . Of-
fensichtlich soll alles auf dem Rücken der jungen Gene-
ration ausgetragen werden . Ihnen ist egal, wie hoch der
Beitragssatz ist, uns nicht, meine Damen und Herren .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Ihr verballert das Geld lieber auf den Kapitalmärkten!)


Deshalb hat unsere Bundesministerin Andrea Nahles den
Vorschlag der doppelten Haltelinie gemacht: eine Halte-
linie nach unten für das Rentenniveau und eine Haltelinie
nach oben für den Beitragssatz; denn wir wollen keine
Politik zulasten der zukünftigen Generationen . Die He-
rausforderungen des demografischen Wandels müssen
fair auf die Generationen verteilt werden .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zustimmung zu dem Vorschlag der doppelten Hal-
telinie kam in einer Anhörung unseres Ausschusses im
Januar dieses Jahres auch von der Deutschen Rentenver-
sicherung .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Uns liegt kein Gesetzentwurf vor!)


Markus Kurth






(A) (C)



(B) (D)


Ich darf mit Erlaubnis der Frau Präsidentin Dr . Reinhold
Thiede von der Deutschen Rentenversicherung zitieren:

Wir halten dieses Konzept für sehr sinnvoll, weil es
sicherstellt, dass die demographischen Belastungen
nicht einseitig einer Gruppe zugewiesen werden .
Wenn man gar keine Haltelinie hätte, oder nur eine,
dann wäre die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass
die demographische Belastung ganz überwiegend
oder sogar komplett entweder die Beitragszahler
oder die Rentenempfänger tragen müssten .

Ein weiteres Problem Ihres sogenannten Gesamtkon-
zepts ist, dass Sie keine Antwort auf zentrale Gerechtig-
keitsfragen geben . Dies gilt zum Beispiel für das zentrale
Gerechtigkeitsproblem, das darin besteht, dass 60 Pro-
zent der Beschäftigten in Deutschland eine betriebliche
Altersvorsorge haben,


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Entschuldigung! Natürlich haben wir darauf eine Antwort drin! Sie haben den Antrag wohl nicht gelesen!)


vor allem in Großbetrieben und bestimmten Branchen,
und 40 Prozent eben nicht . Sie machen keinen Vorschlag
zur Verbesserung und Verbreitung von Betriebsrenten .
Gut, dass wir gehandelt und die Betriebsrente plus be-
schlossen haben .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Haben Sie nicht zugehört? Ich habe den Vorschlag doch eben gesagt!)


Sie haben das abgelehnt .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Ja, zu Recht!)


Meine Damen und Herren von den Linken, Sie stel-
len sich damit gegen die Position der Gewerkschaften
in Deutschland. Das wird bei Ihnen offenbar zur Mode.
So fordern Sie ja auch die Aufweichung des Äquivalenz-
prinzips bei der beitragsfinanzierten Rente. Wir wollen
die gesetzliche Rente stärken, und wir wollen Altersar-
mut zielgerichtet bekämpfen .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Davon habe ich noch nichts gesehen! Ihr habt einen Koalitionsvertrag, und bei eurer Solidarrente ist nichts herausgekommen!)


Wir wissen, dass es drei Gruppen gibt, die besonders
von Altersarmut bedroht sind: Kleinselbstständige, die
nichts oder fast nichts eingezahlt haben und auch nicht in
der gesetzlichen Rentenversicherung sind, die Erwerbs-
geminderten und Leute, die in ihrem Erwerbsleben nur
geringe Einkommen bezogen haben, zum Beispiel, weil
sie im Niedriglohnsektor gearbeitet haben, weil sie lan-
ge arbeitslos waren oder weil sie längere Familienpha-
sen hatten – dies betrifft vor allem Frauen – und dann in
Teilzeitbeschäftigung oder sogar nur in geringfügige Be-
schäftigungsverhältnisse gegangen sind . Hier brauchen
wir zielgenaue Lösungen . Deswegen haben wir vorhin

schon zum zweiten Mal in dieser Wahlperiode Verbes-
serungen bei der Erwerbsminderungsrente beschlossen .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: 4,58 Euro netto in 2018! Super!)


Wir Sozialdemokraten wollen Selbstständige verbind-
lich in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen .
Wie genau das gelingen kann, haben wir in einem Posi-
tionspapier unserer Fraktion dargestellt, das weitgehend
in das Konzept der Bundesarbeitsministerin eingeflossen
ist .

Wir wollen die Solidarrente . Wir wollen, dass derje-
nige, der ein Leben lang gearbeitet, Kinder erzogen oder
Angehörige gepflegt hat, seine Rente im Alter nicht beim
Sozialamt abholen muss . Wir wollen, dass Würde auch
im Alter sichergestellt ist .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Wie viel Euro mehr als die Sozialhilfe soll das denn sein?)


Deshalb meine ich, dass der Vorschlag, den Andrea
Nahles gemacht hat, nämlich den einer Solidarrente,


(Kerstin Griese [SPD]: Gute Idee! – Dr . Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch gar keine Rente!)


die steuerfinanziert ist, immer 10 Prozent oberhalb des
örtlichen Grundsicherungsniveaus liegt und damit si-
cherstellt, dass man nicht in Altersarmut fällt –


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Das ist doch falsch! Das liegt unter allen Armutsgrenzen! Guck mal in euren Armutsund Reichtumsbericht!)


ob man, wie ich, in Tübingen wohnt, wo die Preise und
die Wohnkosten hoch sind, oder in Mecklenburg-Vor-
pommern auf dem flachen Land –, ein richtig guter und
zielgerichteter Vorschlag ist .


(Beifall bei der SPD – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Nein, überhaupt nicht!)


Leider konnten wir den Koalitionspartner davon nicht
überzeugen . Weder bei der Solidarrente noch bei der
Einbeziehung Selbstständiger war die Union bereit, die-
se Schritte zu gehen . Wir hätten damit das Vertrauen in
die Politik wieder stärken können . Ich bedaure, dass Sie
dabei nicht mitgemacht haben .

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme
zum Schluss . Mein Fazit ist: Wir lehnen Ihre Anträge ab .
Für uns gilt: Wir wollen eine verlässliche und finanzier-
bare Alterssicherung für Jung und Alt, heute und auch für
die kommenden Generationen . Genau dies wird durch
das Gesamtkonzept, das Andrea Nahles vorgelegt hat,
sichergestellt . Erste Schritte haben wir bereits heute um-
gesetzt . Die nächsten Schritte wollen wir gerne nach der
Bundestagswahl in diesem Haus umsetzen .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dr. Martin Rosemann






(A) (C)



(B) (D)


Wir haben schon in dieser Legislaturperiode gezeigt:
Wir reden nicht nur, wir handeln auch .


(Beifall bei der SPD)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823717100

Vielen Dank, Herr Kollege . – Als Nächste spricht die

Kollegin Dr . Astrid Freudenstein für die CDU/CSU-Frak-
tion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Astrid Freudenstein (CSU):
Rede ID: ID1823717200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

gen! Die Rente ist eine Dauerbaustelle, allerdings nicht
deshalb, weil hinten und vorne nichts funktioniert, Herr
Kollege Birkwald,


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Habe ich nicht behauptet!)


sondern wir bauen deshalb ständig am System und justie-
ren nach, weil die Rente an sich ein wertvolles Konstrukt
ist, das wir immer wieder nachjustieren wollen, immer
noch besser machen wollen und immer den aktuellen Be-
dürfnissen anpassen wollen . Wir wollen jedenfalls nicht
all das, was wir an Alterssicherung haben, niederreißen,


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Wer will das denn?)


sondern es stabil für die Zukunft machen . Die Jungen
müssen das, was die Alten brauchen, eben immer auch
bezahlen können . Darauf kommt es im Rentensystem an .


(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Auch die Mittelalten und die Älteren! Alle die, die einen Job haben!)


Herr Kollege Kurth, Sie haben von der Bürgerversi-
cherung gesprochen . Es klingt ganz toll, dass dann mehr
Leute einzahlen würden . Fairerweise müssten Sie aber
dazusagen, dass dann auch mehr Leute Leistungen be-
ziehen können . Das gehört bei der Bürgerversicherung ja
zur Wahrheit dazu und macht die Rechnung schwieriger .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, ja, sicher! – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Genau so ist es! Das ist ein Nullsummenspiel! – Gegenruf des Abg . Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber zeitversetzt!)


Wir haben in dieser Legislaturperiode schon einige
Herausforderungen angepackt . Allein in den vergange-
nen Stunden haben wir einige davon diskutiert .

Zunächst ist hier die Mütterrente zu nennen . Altersar-
mut ist vor allem ein Problem für Frauen . Mit der Müt-
terrente bekommen passgenau jene Frauen, die durch die
Erziehung von Kindern keine durchgängigen Erwerbs-
biografien haben, eine zusätzliche Leistung.


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Aber im Osten weniger als im Westen!)


– Herr Kollege Birkwald, bei dem Punkt sind die Linken
und die CSU ja sogar auf einer Linie; das ist wohl richtig .


(Beifall des Abg . Matthias W . Birkwald [DIE LINKE] – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Ist doch auch mal schön! Kann ich auch mal klatschen!)


Auch die Flexirente haben wir auf den Weg gebracht .
Erfreulicherweise werden wir immer älter; die Lebens-
erwartung steigt . Viele Menschen möchten keine starren
Regelaltersgrenzen mehr, sondern so lange arbeiten, wie
sie können . Die Flexirente gibt ihnen dafür die Möglich-
keit .

Die Ost-West-Angleichung der Renten ist nicht ganz
so schnell erfolgt wie erwartet, sie hat sich in den vergan-
genen Jahren aber beschleunigt . Mit dem Rentenüberlei-
tungs-Abschlussgesetz, das wir gerade beschlossen ha-
ben, wird das auch weiter forciert .

Davor haben wir noch die Stärkung der betrieblichen
Altersversorgung beschlossen . Auch hier gab es Nach-
holbedarf. Das Gesetz eröffnet jetzt mehr Beschäftigten
die Möglichkeit einer Betriebsrente .

Das vielleicht wichtigste Problem war jedoch die Si-
tuation der Erwerbsminderungsrentner . Dafür haben wir
bereits im Rentenpaket 2014 deutliche Verbesserungen
auf den Weg gebracht, und heute haben wir noch einmal
weitere Fortschritte beschlossen .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Aber nicht für die Bestandsrentner!)


So kann die Erwerbsminderungsrente für die Betroffenen
wieder eine feste Größe werden .

Alle Maßnahmen haben gemeinsam, dass sie die bis-
herigen Leistungen erweitern oder flexibilisieren, wo das
nötig wurde . An keinem Punkt haben wir die Grundsätze
unseres Drei-Säulen-Systems der Alterssicherung infra-
ge gestellt oder erschüttert,


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Das ist das Problem!)


und zwar aus gutem Grund, Herr Kollege Birkwald .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Nein!)


Das ist also nicht das Problem, sondern dafür gibt es gute
Gründe .

Ich meine, dass man an kein anderes System der sozia-
len Sicherung so bedacht und klug herangehen muss wie
an die Rente . Aktionismus kann hier tatsächlich schnell
schaden . Dreht man an nur einem kleinen Rädchen, kann
das auf der anderen Seite Milliardenkosten verursachen –
für die Beitragszahler, für den Staat oder auch für die
Rentner. Alle Beteiligten profitieren eben ganz besonders
von der Stabilität und von der Kontinuität dieses Kon-
strukts . Das bleibt das A und O .

Heute liegen uns nicht weniger als fünf Anträge der
Opposition vor, einer von den Grünen, vier von der

Dr. Martin Rosemann






(A) (C)



(B) (D)


Linksfraktion . Damit haben Sie sich auf jeden Fall schon
einmal ein Fleißkärtchen verdient,


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Danke!)


aber um Fleiß geht es hier halt leider nicht .


(Dagmar Schmidt [Wetzlar] [SPD]: Ein bisschen schon auch!)


Sie sprechen von einer Stärkung der Rente durch Ihre
Vorschläge . Ich meine aber, dass Ihre Vorschläge unser
Konstrukt gehörig ins Wackeln bringen würden .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Die gesetzliche Rente würde sehr gestärkt!)


Der Riester-Faktor und der Nachhaltigkeitsfaktor ha-
ben nicht umsonst Eingang in die Rentenformel gefun-
den . Sie gewährleisten nachhaltige Stabilität über eine
einzelne Legislaturperiode hinaus und können eben nicht
einfach gestrichen werden, wie Sie das fordern .

Und schon gar nicht kann man das Rentenniveau eben
einmal auf 53 Prozent anheben und fixieren. Die Ren-
te war immer ein atmendes System, in dem nicht eine
Variable beliebig festgelegt werden kann, ohne dass es
an anderer Stelle knapp werden würde, und das zeigen
Ihre Rechnungen eben leider nicht . Dort ist zwar von ei-
nem Rentenniveau von 53 Prozent und vom Jahr 2030
die Rede . Weil die damit einhergehenden Beitragserhö-
hungen aber mit dem heutigen Wert berechnet werden,
lägen sie dann nur knapp über 20 Prozent . Das wären
quasi Pea nuts, das macht nichts aus . Aber tatsächlich
würde der Beitragssatz bis zum Jahr 2030 natürlich auf
weit über 25 Prozent ansteigen .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Dafür braucht man keine Betriebsrente und keine Riester-Rente! Das wird unterm Strich billiger!)


Das verschweigen Sie aus gutem Grund geflissentlich.

Die Sozialversicherungsbeiträge sind aber sozusagen
die Steuern des kleinen Mannes . Deshalb würde es dann
mit Ihrem Modell vor allem für die Gering- und Durch-
schnittsverdiener plötzlich eng und teurer, während die
Großverdiener von einem höheren Rentenniveau profi-
tieren würden . Jetzt kenne ich alle möglichen Umvertei-
lungsideen von Ihnen . Aber eine Umverteilung von unten
nach oben von Ihrer Seite ist eher neu .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Dafür gibt es ja die Mindestrente!)


Eine der Säulen stand in den vergangenen Jahren sehr
oft und zu Recht im Zentrum der Diskussionen, nämlich
die private Vorsorge . Über die Leistungsfähigkeit der
Riester-Rente ist viel gesprochen worden – zu Recht .
Hier gibt es deutlichen Verbesserungsbedarf .

Der Vorschlag der Grünen ist vielleicht noch nicht
ganz ausgereift. Ich finde aber, dass man über ein solches
Basisproduktmodell durchaus nachdenken kann .

Im Bereich der privaten Vorsorge gibt es auf jeden Fall
in der kommenden Legislaturperiode etwas zu tun . So
bleibt die Rente, was sie ist: eine Dauerbaustelle .

Ich danke Ihnen .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823717300

Vielen Dank, Frau Dr . Freudenstein . – Als nächste

Rednerin spricht Waltraud Wolff für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Waltraud Wolff (SPD):
Rede ID: ID1823717400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wir haben heute schon drei Rentenbeschlüsse gefasst .
Ich erlebe es in 19 Jahren als Abgeordnete zum ersten
Mal, dass an einem Tag drei so entscheidende Beschlüs-
se, deren Beschlussempfehlungen aus einem Ausschuss
kommen, gefasst werden: zu den Betriebsrenten, zur
Rentenangleichung zwischen Ost und West und zur Er-
werbsminderungsrente . Wir haben – das kann man fest-
stellen – die Rente wieder ein Stück besser gemacht . Die-
sen Weg müssen wir weitergehen .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei den vorliegen-
den Anträgen wird auf Ungerechtigkeiten in der Renten-
überleitung hingewiesen . Ich habe es schon in der vorher-
gehenden Debatte gesagt: Ja, es gibt Ungerechtigkeiten .
Herr Birkwald, Sie haben – ich sehe sie auf der Tribüne
sitzen – die davon betroffenen Damen wieder eingeladen.
Es ist nicht das erste Mal, dass Sie auf die Situation der in
der DDR geschiedenen Frauen eingehen .

In der DDR gab es keinen solchen Versorgungsaus-
gleich, wie es ihn in der Bundesrepublik gibt .


(Kerstin Griese [SPD]: Genau!)


Daher haben die Frauen, die in der DDR geschieden wur-
den, geringere Rentenansprüche . Das ist ganz klar, das ist
logisch . Aber dieses Problem können wir doch nicht im
Rentenrecht lösen .


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Nein! – Albert Stegemann [CDU/CSU]: So sieht es aus!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde, das ist der
falsche Weg . Sie laden in jeder Legislaturperiode in der
DDR geschiedene Frauen aus 15 bis 18 Berufsgruppen –


(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: 18!)


– ja, 18 – hier in den Bundestag ein . Aber dieses Problem
ist im Rentenrecht nicht zu lösen .


(Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Dann machen Sie was!)


1992 sind die Regelungen zur DDR-Rente ins Sozi-
algesetzbuch VI übernommen worden, aber – das muss
man dazusagen – die Sondersysteme eben nicht . 1999
ist darüber vom Bundesverfassungsgericht abschließend

Dr. Astrid Freudenstein






(A) (C)



(B) (D)


entschieden worden . Diese Tatsachen kann man nicht
einfach von der Hand weisen .


(Beifall des Abg . Karl Schiewerling [CDU/ CSU] – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/ CSU]: Richtig!)


Wir als SPD-Fraktion haben zwar nicht immer, aber
schon seit Jahren einen steuerfinanzierten Härtefallfonds
gefordert .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Ihr seid in der Regierung! Ihr habt es nicht gemacht!)


– Ich rede nicht von der Regierungskoalition, sondern
ich rede von der SPD . – Dieser Vorschlag liegt auf dem
Tisch .


(Dr . Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auf welchem Tisch?)


Gerade die Diskriminierung von Frauen wäre ein Fall für
eine Härtefalllösung .


(Beifall bei der SPD)


Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann es nur
der Auftrag für die nächste Legislaturperiode sein, an der
Einrichtung eines solchen Härtefallfonds zu arbeiten und
hier eine Lösung herbeizuführen .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Dann dürft ihr nicht mit der CDU regieren! – Gegenruf des Abg . Albert Stegemann [CDU/CSU]: Misch dich da mal nicht ein! – Gegenruf der Abg . Anja Karliczek [CDU/CSU]: Das stimmt ja gar nicht!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir uns die
Renten im Osten der Republik ansehen, dann sehen wir
eines ganz besonders deutlich: Renten sind das Spiegel-
bild des Erwerbslebens . Arbeitslosigkeit und Krankheit
spiegeln sich darin genauso wider wie prekäre Beschäf-
tigung und schlecht bezahlte Arbeit . Davon – ich komme
ja aus Sachsen-Anhalt – kann ich ein Lied singen . Diese
gebrochenen Erwerbsbiografien vieler Menschen im Os-
ten, die es seit der deutschen Einheit gibt, haben natürlich
ihren Preis, und zwar niedrige Renten in der Zukunft .

Der Blick nach Ostdeutschland zeigt aber auch noch
eine andere Entwicklung auf, die wir in der Zukunft in
ganz Deutschland zu verzeichnen haben . Durch Um-
brüche und Wegbrechen der Industrie – das zeigt zum
Beispiel ein Blick nach Nordrhein-Westfalen auf jede
Zeche und jedes Stahlwerk, die dort schließen – werden
wir in der Zukunft dieselben Probleme haben wie in Ost-
deutschland .


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In welcher Zukunft? Wir haben die Probleme seit 30, 40 Jahren!)


Darum finde ich es richtig, dass wir uns die Köpfe da-
rüber heißreden und diskutieren, wie wir die gesetzliche
Rente als wichtigste Säule der Alterssicherung zukunfts-
fest machen können .


(Beifall bei der SPD)


Natürlich müssen wir an dieser Stelle auch über das
Rentenniveau sprechen und diskutieren, aber – heute
sind auch viele junge Leute anwesend – wir dürfen auch
nicht vergessen, über die Finanzierung zu reden . Deshalb
finde ich den Ansatz von Bundesministerin Nahles, eine
doppelte Haltelinie einzuführen, sehr richtig . So brau-
chen wir eine Haltelinie für ein garantiertes Rentenni-
veau, damit es nicht weiter sinkt . Man muss es aber nicht
nur halten, sondern es geht auch darum, dass es in der
Zukunft in höherem Maße steigt . Dazu sage ich: 50 Pro-
zent müssen eine Richtschnur für die Zukunft sein .

Die Solidarrente für den einzelnen Rentner und die
einzelne Rentnerin einzuführen – ich komme gleich zum
Schluss, Frau Präsidentin –, ist für uns als SPD auch ein
ganz wichtiger Punkt . Denn wer sein Leben lang gearbei-
tet hat, darf nicht in der Grundsicherung landen .


(Beifall bei der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben mit dem
gesetzlichen Mindestlohn gerade für die neuen Bundes-
länder eine stärkere Rentensteigerung erreicht . Genau
das muss die wichtigste Aufgabe sein: gute Arbeit und
gute Löhne . Dann kann man auch zu einer guten Rente
kommen .


Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823717500

Das war ein guter Schlusssatz .


Waltraud Wolff (SPD):
Rede ID: ID1823717600

Ja, so ist es . – Mit einer Solidarrente, die die Lebens-

leistung absichert, schaffen wir insgesamt eine verlässli-
che Altersversorgung . Aber es gibt noch viele Aufgaben
in der Zukunft .

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit .


(Beifall bei der SPD)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823717700

Vielen Dank, Frau Kollegin . – Ich schließe die Aus-

sprache .

Tagesordnungspunkt 13 a . Interfraktionell wird die
Überweisung der Vorlage auf Drucksache 18/12107 an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vor-
geschlagen . Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall . Dann ist die Überweisung so beschlossen .

Tagesordnungspunkt 13 b . Wir kommen zur Be-
schlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozi-
ales zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel
„Gesetzliche Rente stärken, Rentenniveau anheben und
die solidarische Mindestrente einführen“ . Der Ausschuss
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 18/12434, den Antrag der Fraktion Die Linke auf
Drucksache 18/10891 abzulehnen . Wer stimmt für die
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Mit beiden Händen! – Heiterkeit)


Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen der Koalition und den Stimmen der Fraktion

Waltraud Wolff (Wolmirstedt)







(A) (C)



(B) (D)


Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Linken
angenommen .

Tagesordnungspunkt 13 c . Abstimmung über die Be-
schlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozi-
ales auf Drucksache 18/11222. Der Ausschuss empfiehlt
unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Druck-
sache 18/10471 mit dem Titel „Zeit für einen Kurswech-
sel – Rentenniveau deutlich anheben“ . Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen der Regierungskoalition und den Stimmen der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der
Fraktion Die Linke angenommen .

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Druck-
sache 18/8610 mit dem Titel „Die Riester-Rente in
die gesetzliche Rentenversicherung überführen“ . Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen gibt es keine . Diese Beschluss-
empfehlung ist mit dem gleichen Stimmverhalten ange-
nommen .

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buch-
stabe c seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung
des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf
Drucksache 18/7371 mit dem Titel „Für eine faire und
transparente private Altersvorsorge und ein stabiles
Drei-Säulen-System“ . Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die
Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der CDU/
CSU-Fraktion, der SPD-Fraktion und der Fraktion Die
Linke gegen die Stimmen der Grünen angenommen .

Zusatzpunkt 7 . Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Gesamtkonzept
Alterssicherung – Verlässlich, nachhaltig, solidarisch
und gerecht“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 18/12586, den An-
trag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck-
sache 18/12098 abzulehnen . Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltun-
gen gibt es keine . Die Beschlussempfehlung ist mit dem
gleichen Abstimmungsverhältnis wie eben angenommen .

Jetzt unterbrechen wir für eine Fraktionssitzung . Wir
werden den Wiederbeginn durch Klingelzeichen oder
durch Hausruf bekannt geben .

Vielen Dank .


(Unterbrechung von 18 .35 bis 19 .37 Uhr)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1823717800

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, Platz

zu nehmen . Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt .

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Beratung der Unterrichtung durch den Wehrbe-
auftragten

Jahresbericht 2016 (58. Bericht)


Drucksache 18/10900

Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-
lung

Hierzu liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen vor .

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 38 Minuten vorgesehen . – Ich höre kei-
nen Widerspruch . Dann ist so beschlossen .

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Wehr-
beauftragte des Deutschen Bundestages, Herr Dr . Hans-
Peter Bartels . – Bitte schön .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Hans-Peter Bartels, Wehrbeauftragter des Deut-
schen Bundestages:

Vielen Dank . – Frau Präsidentin! Meine Damen
und Herren! Seit der Vorlage meines Berichts für das
Jahr 2016 Ende Januar dieses Jahres ist viel passiert .
Aufgrund einiger sehr unterschiedlicher Vorfälle wurde
die innere Lage der Bundeswehr einmal mehr zu einem
besonderen öffentlichen Thema. Darüber sollten aber die
Hauptbelastungen der Soldatinnen und Soldaten nicht
vergessen oder verdrängt werden .

Von der kleinsten Bundeswehr aller Zeiten ist gegen-
wärtig das breiteste Aufgabenspektrum zu bewältigen .
Es gibt 13 mandatierte Auslandsmissionen . Sie kennen
die Einsatzorte: Prizren, Pristina, Catania, Limassol,
Naqoura, Gao, Koulikoro, Bamako, Niamey, Dschibu-
ti, Mogadischu, Juba, al-Faschir, Incirlik, Konya, Erbil,
Masar-i-Scharif, Kunduz, Kabul . Hinzu kommen unse-
re NATO-Verpflichtungen im Rahmen der kollektiven
Verteidigung in Litauen, Estland, Lettland und Polen . Es
wird nicht weniger, sondern mehr . Nicht zu vergessen ist
die Flüchtlingshilfe, die mehr als 20 000 Bundeswehran-
gehörige leisteten .

Viele Soldaten tun ihren Dienst gern, weil sie als Staats-
bürger wissen, dass der Frieden nicht umsonst zu haben
ist . Aber viele Soldaten, die mir schreiben und die ich ge-
sprochen habe, sind am Limit: zu oft unterwegs, zu wenig
Zeit für die Familie, zu unplanbar die Zukunft . Trotzdem
hängen sie sich rein. Viele tun weit mehr als ihre Pflicht.
Ihnen allen, unserer ganzen Parlamentsarmee, gebühren
dafür Anerkennung, Vertrauen und Dank . Es ist gut zu
wissen, dass es sie gibt .


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In meinem Jahresbericht 2016 warne ich vor einer
Überlastung der Truppe . Es fehlt an Personal, es fehlt an
Ausrüstung, es fehlt allzu oft gute Infrastruktur .

Ich bin dankbar, dass es für all diese Mängelanzeigen
jetzt politische Trendwendebeschlüsse gibt . Parlament
und Regierung wollen die vielen Lücken nicht länger
hinnehmen . Das wird Geld kosten, aber ich bin zuver-
sichtlich, dass das Geld kommen wird .

Vizepräsidentin Michaela Noll






(A) (C)



(B) (D)


Das alles – neues Personal, neues Material und eine
bessere Infrastruktur – geht aber viel zu langsam . Die
Trendwendebeschlüsse sind gut, aber sie müssen mit
einer Beschleunigungsinitiative verbunden werden . Be-
schleunigung tut not .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Vielleicht muss man dafür einige selbstgemachte Regeln
und auch bestimmte Mentalitäten aus 25 Jahren des per-
manenten Schrumpfens ändern . Nur zu!

Unsere Soldatinnen und Soldaten wollen am Original-
gerät ausgebildet werden, und sie wollen vollständig aus-
gerüstet sein; denn die Aufträge für die vollausgerüstete
Bundeswehr gibt es ja heute schon, nur eben die Ausrüs-
tung nicht: die Hubschrauber, die Schiffe, die geschützten
Fahrzeuge, die Tieflader, die Funkgeräte, die Schutzwes-
ten, die Nachtsichtbrillen, das Kasernen-WLAN, die
Taucherübungshalle .

In Bezug auf das Personal will ich den Fortschritt in
der Planung loben . Ich habe im Jahresbericht 2016 kriti-
siert, dass es zu unterambitioniert ist, bis 2023 nur 7 000
zusätzliche militärische Dienstposten zu schaffen, wenn
die eigene Lückenanalyse gleichzeitig ein Fehlen von
14 000 Posten ergeben hatte . Inzwischen gibt es neue
Zielzahlen aus dem Ministerium . Jetzt soll es ein Plus
von 12 000 Soldaten bis 2024 geben . Das ist ein besserer
Plan .

Allerdings muss man die zusätzlichen Soldaten nun
auch wirklich auf dem freien Markt gewinnen . Die Po-
lizei stockt ihr Personal im Moment ja auch auf . Hier ist
viel Konkurrenz . Das wird nicht leicht . Um für junge
Leute wie für qualifizierte Seiteneinsteiger attraktiv zu
sein, kann und muss man gewiss noch viel verbessern .
Aber auch das Bestandspersonal muss sich vom Attrakti-
vitätsprogramm gemeint fühlen .

Manche der kritischen Punkte in diesem Zusammen-
hang finden Sie in meinem Jahresbericht: Besoldungs-
struktur, Beurteilung, Beförderung, Zulagen, Dienstal-
tersstufen, finanzieller Ausgleich für Mehrarbeit nach
der neuen Arbeitszeitverordnung, Einplanungsfehler,
Kinderbetreuung am Standort usw .

Es geht um Materielles und um Ideelles . Vertrauen ist
eine der ideellen Kategorien, vielleicht die wichtigste –
Vertrauen der Gesellschaft in ihre Streitkräfte, Vertrauen
der Soldatinnen und Soldaten in ihre Führung, Vertrauen
der Führung in das Personal, das sie führt . Ich will nicht
drumherum reden: In den letzten Wochen ist viel Vertrau-
en beschädigt worden .

Im Ansehen der Bevölkerung hat die Bundeswehr
quasi von jetzt auf gleich 10 Prozentpunkte verloren .
Viele Soldatinnen und Soldaten – auch Soldatenfamili-
en – berichten mir von einer veränderten Wahrnehmung
durch ihr persönliches soziales Umfeld . Das belastet vie-
le Soldaten, die jeden Tag ganz tadellos für unsere Si-
cherheit einstehen .

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Jeder Jahresbe-
richt enthält immer wieder Beispiele für inakzeptables
Vorgesetztenverhalten, für unangemessene Ausbildungs-
methoden, für fremdenfeindliche und rechtsextremis-

tische Ausfälle wie auch für sexuelle Übergriffe und
Mobbing . Das sind Dauerthemen in den Jahresberich-
ten . Damit ist aber auch klar: Wir erfahren das! Es wird
gemeldet, es gibt Eingaben, es wird gehandelt – nicht
immer und nicht immer angemessen, aber doch sehr oft
mit großem Verantwortungsbewusstsein der Verantwort-
lichen .

Sicherlich gibt es auch hier manche Mentalitäten,
die sich ganz bestimmt noch ändern müssen . Ein Auf-
enthaltsraum mit einer Tanzstange, einer Leine mit Slips
und einem obszönen Wort an der Wand: Das ist unwür-
dig . Hier hätte es keine Frau und keine Vorgesetzten
gebraucht, um zu sagen: Weg damit! – Das kann jeder
sehen . So ist Innere Führung gemeint .

Die deutsche Öffentlichkeit diskutiert heute über Tra-
ditionsverständnis und Rechtsextremismus in der Bun-
deswehr . Es sind wiederkehrende Diskussionen . Auch
Soldaten beteiligen sich daran . Das ist gut .

Wir alle leben mit der Geschichte unseres Landes .
Mein Großvater hatte nur einen Arm . Den anderen ließ
er im Ersten Weltkrieg . Mein ältester Onkel, Heinrich,
liegt im Kaukasus . Ob er ein Grab hat, weiß ich nicht . Er
war dort mit der Wehrmacht . Geschichte lässt sich nicht
entsorgen . Wir müssen sie kennen, um aus ihr zu lernen .
Auch das ist ein Aspekt und eine Aufgabe der politischen
Bildung in der Bundeswehr . Da kann man noch mehr tun .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich bin aber überzeugt: Wir haben heute die demokra-
tischsten Streitkräfte, die Deutschland je hatte . Wann soll
es besser gewesen sein? Das bizarre Doppelleben eines
in Frankreich gerade fertigstudierten Offiziers für bun-
deswehrtypisch zu halten, wäre absurd . Unser Rechts-
staat muss alles, auch das Umfeld, komplett aufklären .
Dies ist ein schwerwiegender Kriminalfall . Für mich
ist glasklar: Wer die freiheitliche Ordnung verächtlich
macht und bekämpft, kann kein Kamerad der Verteidiger
der Freiheit sein .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Was wir jetzt allerdings vermeiden müssen, ist, in
eine Kultur des Misstrauens abzurutschen . Die Durch-
suchungsaktion in 1 600 Bundeswehrliegenschaften mit
33 000 Gebäuden geht vielen Soldatinnen und Soldaten
sehr an die Nieren . Ich weiß nicht, ob das nötig war . Falls
ja, war jedenfalls die Kommunikation dazu nicht wirk-
lich ideal .

Abschließend danke ich all unseren Ansprechpartnern
in der Bundeswehr, dem Verteidigungsausschuss und
dem Verteidigungsministerium für die gute Zusammen-
arbeit . Ein Dank geht natürlich auch an die engagierten
Kolleginnen und Kollegen in meinem Amt, ohne die
4 500 Vorgänge im Jahr nicht zu bewältigen wären und
ohne die es diesen Jahresbericht nicht geben könnte .

Dr. Hans-Peter Bartels






(A) (C)



(B) (D)


Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Christine Buchholz [DIE LINKE])



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1823717900

Vielen Dank . – Bevor ich dem Parlamentarischen

Staatssekretär Markus Grübel für die Bundesregierung
das Wort erteile, möchte ich Ihnen, Herr Wehrbeauftrag-
ter, und Ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen für die
Vorlage dieses Jahresberichtes ganz herzlich danken . Die
Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee . Ihre Berichte sind
für uns immer wichtig, damit wir unsere Funktion als
Parlament wahrnehmen können . Wir freuen uns auf die
weiteren Debatten . Danke schön .


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Herr Staatssekretär .

M
Markus Grübel (CDU):
Rede ID: ID1823718000


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Sehr geehrter Herr Wehrbeauftragter Dr . Bartels! Zu Be-
ginn darf ich Ihnen ganz herzlich für die gute Zusam-
menarbeit und für Ihr Engagement für unsere Soldatin-
nen und Soldaten danken . In den Dank schließe ich Ihre
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein .

Sehr geehrte Damen und Herren, die Legislaturperio-
de neigt sich dem Ende zu . Es waren vier ereignisreiche
Jahre voller Herausforderungen . Schon 2014 erfolgten
die Paukenschläge: Annexion der Krim und Vormarsch
des IS . Der internationale Terrorismus wütete immer
wieder in den Städten Europas: in Paris, Nizza, London,
Berlin und zuletzt in Manchester . Freiheit und Frieden
sind bedroht . Deutschland wird gefordert . Wir handeln
verantwortungsvoll, um dem Anspruch gerecht zu wer-
den, den wir uns selbst in der Präambel des Grundgeset-
zes gegeben haben, nämlich „dem Frieden der Welt zu
dienen“ .

Wir sind über unseren Schatten gesprungen und ha-
ben den Kurden Waffen geliefert. Wir erweisen uns des
Vertrauens unserer Bündnispartner als würdig und treten
für sie ein, zum Beispiel im Baltikum . Darin lagen und
liegen große Anforderungen an die Bundeswehr und ihre
Angehörigen: in den Einsätzen und einsatzgleichen Ver-
pflichtungen, bei der Landes- und Bündnisverteidigung
und in der Heimat, etwa bei der Flüchtlingshilfe .

Die Menschen in unserem Land vertrauen zu Recht
ihrer Bundeswehr, unserer Bundeswehr . Was die Männer
und Frauen der Bundeswehr mit und ohne Uniform in
diesen vier Jahren geleistet haben, ist großartig . Dafür
sind wir ihnen unendlich dankbar .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese vier
Jahre waren sehr wertvoll für die Zukunft der Bundes-
wehr . Wir haben vieles angestoßen und viel erreicht . Die

Bundeswehr wächst wieder . Wir haben die Trendwende
Personal eingeleitet; der Wehrbeauftragte hat darauf hin-
gewiesen . Wir haben die Personalstrategie verabschiedet
und so den Weg zu einer zeitgemäßen Personalführung
im 21. Jahrhundert geöffnet. Die Agenda Attraktivität
greift . Ihre Maßnahmen sind zu einem Standard gewor-
den, auf den niemand mehr verzichten will . Wenn es Kri-
tik gibt, dann nur, dass es nicht schnell genug geht .

Ich nenne die Trendwende Finanzen . Mit knapp
39 Milliarden Euro gemäß dem Eckwertebeschluss für
2018 wächst der Etat gemessen am Haushalt zu Beginn
der Legislaturperiode um gut 14 Prozent .

Hinzu kommt die Trendwende Material . Wir haben
bis zum heutigen Tag schon 50 sogenannte 25-Milli-
onen-Vorlagen mit einem Volumen von rund 17 Mil-
liarden Euro durch den Bundestag billigen lassen . Wir
wollen noch über 20 25-Millionen-Vorlagen mit einem
Gesamtvolumen von über 10 Milliarden Euro vor der
Sommerpause in das Parlament einbringen . Da gilt es zu
entscheiden und nicht zu verzögern . Unsere Soldatinnen
und Soldaten brauchen das Material dringend .

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in den ver-
gangenen vier Jahren haben wir vor allem die europäi-
sche Verteidigung vorangebracht . Wir wollen den Weg
zu einer europäischen Verteidigungsunion weiter ge-
meinsam, insbesondere mit Frankreich, beschreiten .
Deutschland und Frankreich haben seit über einem Jahr
hart daran gearbeitet und viel erreicht .

Wir haben die europäische Kommandozentrale, und
jetzt schaffen wir die Pesco, die Ständige Strukturierte
Zusammenarbeit, mit vielen ambitionierten Projekten .
Wenn wir wachsen, dann wollen wir vor allem europä-
isch wachsen .

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in diesem
europäischen Sinn überprüfen wir auch den geltenden
Traditionserlass von 1982. Wir wollen dies offen und
transparent, in vielen Workshops und unter Mitwirkung
der Öffentlichkeit machen.

Vor allem aber sollen sich die Soldatinnen und Sol-
daten selbst breit und intensiv einbringen . Die zentrale
Frage wird sein, was wir als Bundeswehr zukünftig aus
unserer eigenen erfolgreichen 60-jährigen Geschichte
ziehen können: eine über 60-jährige Geschichte voller
herausragender Leistungen, voller beispielhafter Persön-
lichkeiten . Es ist eine Geschichte, auf die wir alle unend-
lich stolz sein können .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1823718100

Vielen Dank . – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt

Christine Buchholz das Wort . Bitte schön .


(Beifall bei der LINKEN)


Dr. Hans-Peter Bartels






(A) (C)



(B) (D)



Christine Buchholz (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823718200

Frau Präsidentin! Lieber Herr Bartels! Liebe Mitar-

beiterinnen und Mitarbeiter des Wehrbeauftragten! Mei-
ne Damen und Herren! Heute Abend ist Afghanistan in
aller Munde . Ich möchte nicht die Debatte, die wir später
dazu führen, vorwegnehmen, sondern nur eines sagen:
Dass überhaupt über den Stopp von Abschiebungen dis-
kutiert wird, ist einzig und allein dem couragierten Auf-
treten von Schülerinnen und Schülern und vielen, vielen
Flüchtlingshelferinnen und -helfern zu verdanken . Daher
ein ganz, ganz herzlicher Dank an diese couragierten
Mitbürgerinnen und Mitbürger .


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Das ist ein Tagesordnungspunkt später!)


Das hat auch etwas mit der Bundeswehr zu tun .


(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Ah! Dann kommen wir zum Thema!)


Denn die Bundeswehr ist von mehreren Skandalen er-
schüttert worden, die gerade mit dem Thema „Courage
und couragiertes Auftreten“ zu tun haben . Es ging um
die systematische Erniedrigung von Rekruten, um sexis-
tische Vorfälle und um rechte Umtriebe .

Ich möchte an der Stelle daran erinnern, dass es letzt-
endlich einer aufmerksamen Reinigungskraft am Wiener
Flughafen gelungen ist, die Herausbildung eines NSU
in der Bundeswehr zu verhindern . Es waren nicht die
Bundeswehr selbst oder der MAD, die eine aktive rechte
Terrorzelle verhindert haben . Auch das muss hier gesagt
werden .


(Henning Otte [CDU/CSU]: Die ist auch nicht in Österreich tätig, die Bundeswehr!)


Es gibt ein systematisches Problem mit dem Wegse-
hen bei der Bundeswehr, und es gibt ein systematisches
Problem mit der extremen Rechten . Ich konzentriere
mich hier auf die extreme Rechte .

Uns haben Zuschriften von Soldaten erreicht, die aus
Einsätzen berichten .


(Henning Otte [CDU/CSU]: Können wir die Briefe mal sehen? – Gegenruf des Abg . Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Bestimmt nicht! Die gibt es ja gar nicht!)


– Die leite ich Ihnen gerne weiter . – Sie schreiben, dass
es gang und gäbe war, dass an den Abenden im Einsatz
Nazilieder gesungen wurden und Kameraden entspre-
chende Abzeichen an der Brust hatten .

Diese Soldatinnen und Soldaten zeigen, dass nicht alle
in der Bundeswehr so ticken; aber sie sind es, die wir
unterstützen müssen .


(Beifall bei der LINKEN – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Das glaubt nicht mal Ihre eigene Fraktion!)


– Ich weiß, dass Sie damit ein Problem haben . Denn Sie
erhalten nicht die Zuschriften der Soldatinnen und Solda-
ten, die tatsächlich kritisch denken, sondern Sie erhalten

die Zuschriften der Soldatinnen und Soldaten, die sich
beispielsweise durch die Begehung gestört fühlen .


(Beifall bei der LINKEN)


Auch im Bericht des Wehrbeauftragten ist von Face-
book-Einträgen und WhatsApp-Gruppen die Rede, aus
denen ganz klar hervorgeht, dass es so etwas in der Bun-
deswehr gibt . Das hat der Wehrbeauftragte eben ja noch
einmal deutlich aufgezeigt .

Es gibt auch Fälle – das berichtet der Wehrbeauftragte
ebenfalls –, die geahndet werden . Ich möchte aber daran
erinnern, dass 80 Prozent der Verfahren, in denen es um
rechtsextreme Verdachtsfälle geht, eingestellt werden .
Das kann nicht angehen .


(Beifall bei der LINKEN)


Während Sie jetzt nach den aktuellen Vorkommnis-
sen um Franco A . sehr schnell dabei sind, zehntausend
Flüchtlinge zu überprüfen, ist es nicht möglich, die
rechtsextremen Verdachtsfälle zu überprüfen. Ich finde,
das ist ein Skandal .

Wir brauchen eine Aufarbeitung der rechtsextremen
Vorfälle . Sie müssen wir aber auch in den Kontext einer
Einsatzarmee einordnen. Denn es ist auffällig, dass das
Fehlverhalten besonders in den Einheiten vorkommt, die
auf Kampf und Einsatz orientiert sind . Auch das ist kein
Zufall .


(Henning Otte [CDU/CSU]: Das hätten Sie wohl gern!)


Des Weiteren müssen wir den Korpsgeist durchbre-
chen . Von daher verstehe ich auch nicht, Herr Bartels,
dass Sie jetzt die Begehung der Liegenschaften kritisiert
haben . Denn ich glaube, es ist das Mindeste, dass man
sich ein Bild verschafft, ob und in welcher Form tat-
sächlich rechtsextreme Devotionalien und andere Wehr-
machtsgegenstände in den Liegenschaften vorhanden
sind . Deshalb verstehe ich Ihre Kritik an der Stelle nicht .


(Beifall bei der LINKEN)


Wir brauchen einen hundertprozentigen Bruch mit
der Wehrmachtstradition . Meine Kritik an Frau von der
Leyen geht auch nicht in die Richtung, dass sie das nicht
angekündigt hätte . Meine Kritik an ihr lautet, dass sie
das jetzt nicht konsequent durchführt . Von daher sage
ich noch einmal an der Stelle: Die Wehrmacht hat in den
Köpfen und Stuben der Bundeswehrangehörigen nichts
zu suchen .


(Beifall bei der LINKEN)


Meine Kritik an der Ministerin bezieht sich auf zwei
Punkte . Zum einen gibt es einen neuen Rekord an min-
derjährigen Rekruten . Herr Bartels hat das angesprochen,
es ist aber noch nicht im Wehrbeauftragtenbericht ent-
halten . Es gab bei der Einstellung minderjähriger Rekru-
ten 2016 eine Steigerung um 25 Prozent. Das ist, finde
ich, absolut inakzeptabel . Da ist auch die Bewertung des
Wehrbeauftragten zahnlos .

Zum anderen geht es – Herr Grübel hat das eben noch
einmal betont – um eine beispiellose Aufrüstung, welche
die Ministerin vorangetrieben hat . Von daher können wir






(A) (C)



(B) (D)


nur sagen: Herr Bartels, wenn Sie jetzt noch mehr Tempo
einfordern, heißt das mehr Aufrüstung und mehr Aus-
landseinsätze . Damit werden die Probleme nicht gelöst,
sondern verstärkt .

Wir wollen diejenigen in der Bundeswehr stärken, die
sich gegen die Missstände auflehnen. Wir wollen diejeni-
gen stärken, die Courage haben . Ich glaube, das ist auch
bitter nötig .

Vielen Dank .


(Beifall bei der LINKEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1823718300

Vielen Dank . – Als Nächste hat Heidtrud Henn,

SPD-Fraktion, das Wort .


(Beifall bei der SPD)



Heidtrud Henn (SPD):
Rede ID: ID1823718400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr

Wehrbeauftragter! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Soldatinnen und
Soldaten! Mein großer Dank gilt unserem Wehrbeauf-
tragten Hans-Peter Bartels für die Vorlage seines zwei-
ten Berichtes . Dieser Dank gilt aber nicht nur dir, lieber
Hans-Peter, sondern auch allen deinen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern, die sich in der Neustädtischen Kirch-
straße um die Eingaben kümmern und die Ergebnisse zu
einem Bericht für uns zusammenfassen .

Dies wird meine letzte Rede hier im Deutschen Bun-
destag sein . Bitte, gestatten Sie mir, dass diese Rede vom
Gefühl und von dem Wunsch getragen wird, Ihnen bzw .
Euch etwas von meinen Erfahrungen und Erkenntnissen
mit auf den Weg zu geben .

Ich will mit einem Zitat von Carl Spitteler anfangen:

Menschen zu finden, die mit uns fühlen und empfin-
den, ist wohl das schönste Glück auf Erden .

Ich frage hier in die Runde und schaue dabei in Richtung
Regierungsbank sowie auf alle Zuhörerinnen und Zuhö-
rer auf den Tribünen . Ich frage nicht nur unsere Politike-
rinnen und Politiker, sondern auch unsere Gesellschaft:
Wie fühlen wir mit unseren Soldatinnen und Soldaten?
Was empfinden wir für sie? Bei jedem Gelöbnis legen
junge Rekruten den Eid ab, dem Vaterland treu zu dienen,
dem Vaterland: Deutschland . Damit meinen sie, uns, der
Gesellschaft, zu dienen . Das sollte allen ganz bewusst
sein, die in der letzten Zeit über die Bundeswehr spotten .
Es gibt ein altes Sprichwort: Kehre vor deiner eigenen
Haustür, dann hast du genug zu tun . – Eines ist ganz si-
cher: Es gibt keinen Menschen, der unfehlbar ist .

Ja, es ist gut, wenn genau hingeschaut wird . Es gehört
aber mehr dazu, als nur genau hinzuschauen . Die Kom-
munikation ist das A und O . Dazu gehört ein ehrlicher
Austausch auf der Kommandeursebene, zwischen Vor-
gesetzten und Mannschaft sowie zwischen der Ministe-
rin und den Führungskräften . Auch die Kommunikation
zwischen zivilen und militärischen Bundeswehrangehö-

rigen ist wichtig . Hinschauen gilt nicht nur bei den Sol-
daten . Hinschauen gilt auch im zivilen Bereich .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Seine Meinung kundzutun, hat nichts damit zu tun,
keinen Respekt vor dem Vorgesetzten zu haben . Seine
Meinung kundzutun, darf kein Nachteil bei der Beför-
derung sein,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


was bei manchem Vorgesetzten noch immer der Fall ist .

Genaues Hinschauen! Ich vermisse das genaue Hin-
schauen auch im zivilen Bereich . Keiner kann mir richtig
erklären, warum manche Dinge nicht vorwärtsgehen . In
den letzten Wochen sind Stuben durchsucht worden; so
haben es Soldatinnen und Soldaten empfunden . Besu-
chen ist besser als durchsuchen . Vertrauen ist besser als
Verdacht .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dies möchte ich der Ministerin mit auf den Weg geben .
Ich habe in den letzten Wochen viele Anrufe und E-Mails
von Soldaten bekommen, die die Uniform ausziehen
wollten . Ja, in der Truppe ist ein großer Vertrauensbruch
im Verhältnis zur Ministerin entstanden .

Zurück zum genauen Hinschauen . Seit Jahren fällt kei-
nem auf oder will keinem auffallen, dass Fenster in den
Unterbringungen herausfallen, dass im Winter die Hei-
zung nicht funktioniert, dass sanitäre Einrichtungen so
versifft sind, dass man sich ekelt, duschen zu gehen, und
dass immer mehr Betreuungseinrichtungen geschlossen
werden, weil nach Meinung des Versorgungsamtes nicht
alles den Bestimmungen entspricht .

Karrierecenter: Ohne die Wehrpflicht müssen wir alle
gut beraten, die Interesse an der Arbeitgeberin Bundes-
wehr haben . Begeisterung für die Berufung Soldat und
auch ein authentisches Darstellen der schweren Stunden
im Dienst können manche Fehlentscheidung bei guter
Beratung verhindern .

Weiter geht es mit der Klotzberg-Kaserne Idar-Ober-
stein. Das Freibad wird nun endlich eröffnet. Seit 2014
versucht man dort, eine Betreuungseinrichtung in Form
von Containern hinzustellen . Noch nicht einmal die Bo-
denplatte ist vorhanden .

Zweibrücken, Abriss der Sporthalle . Zumindest hatte
der Bagger vor zwei Wochen einen Versuch gemacht .
Dann war der Bagger kaputt . Was ist seitdem passiert?
Von Stillstand kann man nicht direkt reden . Immerhin
gab es einen Anfang nach sieben Jahren .

Unsere Fallschirmjäger sollen 2018 in den Einsatz
gehen . Darauf müssen sie gut vorbereitet sein . Bei den
Helmen war nach Überprüfung der TÜV abgelaufen .
Die EU-Ausschreibung erfolgte . Der Zuschlag wurde er-
teilt – dem billigsten Anbieter . Die Helme kamen zurück:
unbrauchbar, Risse in der neuen Beschichtung . Ende vom
Lied: keine Sprungübungen . Das ist unser Vergaberecht .

Ganz zu schweigen von dem, was wir unseren Sol-
datinnen und Soldaten im Einsatz zumuten . Sie fühlen
sich manchmal von ihrer Heimat vergessen . Die Einsät-

Christine Buchholz






(A) (C)



(B) (D)


ze sind kein Traumurlaub und keine Kreuzfahrt . Risse
in Helmen! Seit Jahren weiß man, dass Schutzwesten
fehlen. Die Beschaffung von Fahrzeugen, Munition und
Kleidung dauert viel zu lang . Genaues Hinschauen! Und
unsere Soldatinnen und Soldaten? Sie dienen treu und
sind gehorsam .

Ich habe einen Appell an alle zivilen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter: Unterstützen Sie unsere Soldatinnen
und Soldaten! Bringen Sie die Beschaffung voran! Wir
müssen unsere Soldatinnen und Soldaten gut ausgestattet
in die Einsätze schicken, und gut ausgestattet müssen sie
auch beim Üben sein, und zwar mit dem Material, mit
dem wir sie in die Einsätze schicken .

Ein Appell auch an uns Abgeordnete: Ja, der Wahl-
kampf hat begonnen; aber bitte nicht auf dem Rücken
unserer Soldatinnen und Soldaten,


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


für deren Schutz wir alle verantwortlich sind .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe zu Be-
ginn meiner Zeit als zuständige Berichterstatterin den
Sanitätsdienst der Bundeswehr als Schmuckkästchen
bezeichnet . Zum Ende meines Mandates möchte ich das
wiederholen: Ja, Schmuckkästchen . „Der Menschlichkeit
verpflichtet“ ist euer Leitsatz, und das kann ich bestäti-
gen: Ihr kümmert euch . Insbesondere allen, die sich um
die traumatisierten Soldatinnen und Soldaten kümmern,
möchte ich sagen, dass ihre Arbeit unverzichtbar ist . Bit-
te denken Sie dabei immer an die mitleidenden Angehö-
rigen . Sie werden oft vergessen .

Heilende Hände haben auch Militärseelsorger . Das
Wort Gottes ist hier das Skalpell und das Medikament .
Das Halten einer zweifelnden Hand, die Umarmung ei-
ner ängstlichen Seele gehören aber ebenfalls in den Kof-
fer aller, die in der Militärseelsorge tätig sind . Vor allem
im Einsatz in diesem Bereich hat der Wehrbeauftragte
nichts zu monieren . Das zeigt, wie gut die Seelsorge allen
tut, und zwar ohne Ansehen der Konfession . Hier gilt das
Gesetz „Nächstenliebe“ .

Liebe Soldatinnen und Soldaten, ich habe viele von
euch kennenlernen dürfen und viele Eindrücke mitge-
nommen . Ich kann eins bestimmt sagen: dass ihr loyal
gegenüber eurer Arbeitgeberin Bundeswehr seid und
uns allen mit Leib und Leben dient . Lasst euch nicht den
Stolz nehmen, Soldatin oder Soldat zu sein, nicht von de-
nen, die nichts von euch wissen oder euch nicht kennen
oder die gar das Sprachrohr anderer sind . Ich habe große
Achtung vor euch .

Von 2013 bis 2017 war ich viel unterwegs . Ich habe
immer gesagt: Die Bundeswehr ist wie ein Puzzle für
mich . Je mehr man die Bundeswehr kennenlernt, umso
vollständiger wird das Bild . In meiner Kreuznacher Di-
akonie haben wir einen Leitsatz: „Gemeinsam sind wir
stark .“ Diesen Leitsatz möchte ich Ihnen und euch mit
auf den Weg geben .

Ich habe im Evangelischen Gesangbuch ein Lieb-
lingslied; das Lied 604: „Ein Schiff, das sich Gemeinde

nennt“ . Es beschreibt Gemeinschaft . Ein Kapitän geht
unter, wenn er nicht hinter seiner Mannschaft steht .


(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: So ist das!)


Ich lege es Ihnen und euch wirklich ans Herz, sich die
Zeit zu nehmen und die Strophen zu lesen . Nur in Ge-
meinschaft und Zusammenhalt kann man gemeinsam
etwas bewegen .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche Ihnen
für Ihre Zukunft Gesundheit, Kraft, Liebe und Gottes Se-
gen – lieber Tobias .


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1823718500

Vielen Dank . – Wir nehmen Gottes Segen jetzt an .

Als nächste Rednerin rufe ich Doris Wagner, Bünd-
nis 90/Die Grünen, auf .


Doris Wagner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823718600

Frau Präsidentin! Lieber Hans-Peter Bartels! Werte

Kolleginnen und Kollegen! Heute sprechen wir über den
letzten Jahresbericht des Wehrbeauftragten in dieser Le-
gislatur. Ich finde, das ist Grund genug für einen kurzen
Blick zurück .

Die Bundeswehr ist in weiten Bereichen in einem
beklagenswerten Zustand .

So lautete das Urteil von Hellmut Königshaus im ersten
Jahresbericht des Wehrbeauftragten in dieser Wahlperio-
de . Wenn ich mir den aktuellen Bericht so ansehe, stelle
ich fest, dass sich in wesentlichen Punkten nicht wirklich
etwas geändert hat . Der Wehrbeauftragte fasst nämlich
zusammen: Nach wie vor gilt die Erkenntnis: „Es ist von
allem zu wenig da .“

Das gilt auch für das Personal . Im Sanitätswesen bei-
spielsweise ist die Personallage so schlecht, dass in den
Bundeswehrkrankenhäusern zeitweise ganze Abteilun-
gen geschlossen werden müssen . Herr Bartels kommt zu
dem Schluss, dass der Grundbetrieb in den Sanitätsregi-
mentern und Sanitätsstaffeln Einsatz nicht mehr in vol-
lem Umfang gewährleistet werden kann . Da müssen wir
uns doch fragen, ob die Bundesregierung die Soldatinnen
und Soldaten in den Einsatz schickt, ohne garantieren zu
können, dass sie im Fall der Fälle ausreichend medizi-
nisch versorgt werden können. Ich finde das unverant-
wortlich .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Christine Buchholz [DIE LINKE])


Wir sehen also: Die Personallage ist immer noch äu-
ßerst beklagenswert . Jetzt will die Ministerin 7 000 wei-
tere Dienstposten schaffen. Es wäre doch interessant,
wenn sie uns zunächst einmal erklären würde, wie sie
eigentlich die jetzt schon bestehenden Personallücken
schließen will .


(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Das wird doch erklärt!)


Heidtrud Henn






(A) (C)



(B) (D)


Durch ein paar Plakate und YouTube-Filmchen allein
wird sich dieses Personalproblem nicht lösen .

Meine Damen und Herren, die besten Werbeträger für
die Bundeswehr sind doch die Soldatinnen und Soldaten
selber – wenn sie zufrieden sind, zum Beispiel wenn sie
eine gute und funktionierende Ausrüstung haben . Aber
leider spricht gerade die persönliche Ausstattung der Sol-
datinnen und Soldaten nicht wirklich für den Dienst in
der Truppe . Im aktuellen Bericht ist zu lesen, dass manch
neuer Soldat oder manch neue Soldatin mindestens – ich
wiederhole das: mindestens – 45 Wochen warten müssen,
bis sie vollständig eingekleidet sind . Sie wären wahr-
scheinlich viel schneller eingekleidet, wenn sie sich ihre
Uniform eigenhändig zusammennähen würden .


(Henning Otte [CDU/CSU]: Das wird aber dann krumm und schief!)


Das ist doch wirklich ein Armutszeugnis . Das geht gar
nicht .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Manchmal ist es aber weniger die Wartezeit als die Art
der Ausstattung . Kürzlich habe ich mir die neuentwickel-
te Dienst- und Ausgehbekleidung von Soldatinnen zeigen
lassen . Als ich mir die Handtasche zur Ausgehuniform
angeguckt habe – groß genug, um damit mehrere Tage
zu verreisen –, habe ich mich unweigerlich gefragt, ob
überhaupt eine Soldatin an diesem Prozess beteiligt war .

Apropos Mode, meine Damen und Herren von der
Union: Der Kollege Hahn von der CSU – leider heute
nicht da – ist der Ansicht – ich zitiere aus der Süddeut-
schen Zeitung –, dass rechte Ideologie in der Truppe
„Ausdruck einer sehr negativen Modeerscheinung“ ist .
Meine Damen und Herren der Union, damit verharmlost
der Kollege Hahn diese Vorfälle in völlig inakzeptabler
Weise .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Anstatt diese Vorgänge zu verharmlosen, brauchen
wir jetzt schonungslose Aufklärung darüber, wie die be-
stehenden Strukturen, Instrumente und Meldewege der-
art versagen konnten – das auch, um Schaden von der
Bundeswehr und von den vielen demokratisch gesinnten
Soldatinnen und Soldaten abzuwenden, die einen tadel-
losen Dienst verrichten .

Wenig hilfreich ist es in diesem Zusammenhang auch,
wenn die Ministerin in ihrem Haus an einem sogenannten
Verhaltenskodex arbeitet, den viele Soldatinnen und Sol-
daten, wie ich finde: zu Recht, als Maulkorb empfinden.
Es kann doch nicht sein, dass sie lieber schweigen, weil
sie Angst haben müssen, dass sich eine Meldung mögli-
cherweise negativ auf ihre Karriere auswirkt . Da muss
die Ministerin in dieser Lage doch wirklich jede Anstren-
gung für ein offenes und demokratisches Diskussionskli-
ma unternehmen . Dazu reicht es nicht, medienwirksame
Auftritte hinzulegen . Die Ministerin hat jetzt eine Reihe
von Reformen angekündigt, und ich erwarte von ihr, dass
diese Prozesse tatsächlich zügig vorangetrieben werden .

Wie Sie unserem Entschließungsantrag zum Wehrbe-
richt – Sie verweigern heute die Abstimmung über diesen
Antrag – entnehmen können, erwarten wir noch vor dem
Ende dieser Legislaturperiode einen konkreten Zeitplan
zur Umsetzung dieser Reformen . Dazu gehört selbstver-
ständlich auch, dass der Bundestag umfassend in diesen
Prozess eingebunden ist und regelmäßig informiert wird .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Eigentlich Regierungsverantwortung!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist auch meine
letzte Rede hier im Haus,


(Anita Schäfer [Saalstadt] [CDU/CSU]: Oh, das tut mir aber leid!)


und deswegen möchte ich mich zum Schluss von Ihnen
allen verabschieden . Ich mache Politik, weil ich zutiefst
davon überzeugt bin, dass jeder und jede Einzelne von
uns Verantwortung für unsere Gesellschaft und für unse-
re Demokratie trägt, weil ich wirklich fest daran glaube,
dass Einsatz sich lohnt, dass jede und jeder Einzelne et-
was zum Besseren bewirken kann . Ich habe gezeigt – da
gucke ich extra in Ihre Richtung –, dass das auch für Po-
litiker und Politikerinnen der Opposition gilt .

Ich möchte gern einen Appell an Sie richten, werte
Kolleginnen und Kollegen des Verteidigungsausschus-
ses: Tun Sie das Beste für unsere Soldatinnen und Sol-
daten; denn das tun sie in aller guten Regel auch für uns .
Gerade für Sie in diesem Ausschuss wünsche ich mir
von Herzen, dass Sie sich vom Streben nach Frieden als
oberster Priorität leiten lassen . Machen Sie es gut!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1823718700

Auch Ihnen vielen Dank . – Als Nächstes hat Anita

Schäfer, CDU/CSU-Fraktion, das Wort .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Ingo Gädechens [CDU/ CSU]: Sag mal, dass das nicht deine letzte Rede ist!)



Anita Schäfer (CDU):
Rede ID: ID1823718800

Das weiß niemand, ob es die letzte Rede ist . Wir treten

noch einmal an . Der Wähler hat zu entscheiden, ob er
mich noch einmal hierherschickt oder nicht .


(Henning Otte [CDU/CSU]: Wir würden dich wählen!)


– Wir würden uns gerne sehen, ja .

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kol-
legen! Sehr geehrter Herr Wehrbeauftragter, lieber Herr
Bartels! Danken möchte ich zunächst wieder Ihnen
und Ihren Mitarbeitern im Namen der gesamten CDU/
CSU-Fraktion für Ihre wichtige Tätigkeit und die Arbeit
am Jahresbericht 2016 . Wie immer beleuchten Sie darin
eine Vielzahl von Themen, die beim inneren Zustand der

Doris Wagner






(A) (C)



(B) (D)


Bundeswehr eine Rolle spielen. Ich finde es gut, dass
dazu auch die Trendwenden bei Personal, Material und
Infrastruktur gehören, die Bundesverteidigungsministe-
rin von der Leyen eingeleitet hat . Sie stellen fest, Herr
Wehrbeauftragter, dass damit die richtigen Entscheidun-
gen getroffen worden sind. Es kommt nun darauf an, die
getroffenen Beschlüsse möglichst rasch mit konkreten
Maßnahmen umzusetzen, damit die Verbesserungen bei
allen Soldaten ankommen . Dabei geht es um die Bewil-
ligung zusätzlicher Mittel zur Schließung von Lücken,
um Beschaffungs- und Sanierungsaufträge sowie um die
weitere Steigerung der Attraktivität des Dienstes bei der
Bundeswehr .

Auch die Personalgewinnung muss sich fortentwi-
ckeln . Wir begrüßen, dass die Bundeswehr bei der Nach-
wuchswerbung neue Wege in den sozialen Medien geht,
etwa mit der jüngst mit dem Deutschen Digital Award
ausgezeichneten YouTube-Serie Die Rekruten . Die
teilweise daran geäußerte Kritik kann ich nicht nach-
vollziehen . Die Streitkräfte sind Teil unserer modernen
Gesellschaft, und der Dienst zum Schutz von Sicherheit
und Werten dieser Gesellschaft sollte selbstverständlich
sein – angesichts aktueller Entwicklungen mehr denn je .

Auch im letzten Jahr sind neue Einsätze hinzuge-
kommen oder bestehende erweitert worden, an denen
Deutschland sich im Rahmen von UN, EU und NATO
beteiligt . Zugleich müssen wir uns nach den politischen
Veränderungen dieses letzten Jahres darauf einstellen,
insgesamt einen größeren und gewichtigeren Beitrag zur
gemeinsamen Verteidigung im Bündnis zu leisten . Die
CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird sich dafür einset-
zen, dass die Bundeswehr schnell die Mittel erhält, um
den sich rasch entwickelnden Herausforderungen zu be-
gegnen .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg . Heidtrud Henn [SPD])


Meine Damen und Herren, die vielleicht traditionells-
ten Aspekte der Berichte des Wehrbeauftragten sind der
Umgang untereinander in der Truppe und der Hinweis
auf Fehlentwicklungen. Im aktuellen Bericht findet sich
dies im Kapitel „Führung und Soldatenalltag“, hier ins-
besondere „Führungsverhalten und Fehlerkultur“, und
im Kapitel „Rechtsverstöße und Rechtspflege“, hier be-
sonders die Punkte „Extremismus, Antisemitismus und
Fremdenfeindlichkeit“ sowie „Mobbing und sexuelle
Belästigung“ . Diese Punkte haben durch die Vorgänge
in Pfullendorf und Illkirch zuletzt große öffentliche Auf-
merksamkeit erfahren. Die Ministerin hat in ihrem offe-
nen Brief an die Bundeswehr um Unterstützung bei der
Diskussion über wichtige Punkte gebeten, die sich aus
diesen Vorgängen ergeben .

In einer auf Befehl und Gehorsam beruhenden Orga-
nisation wie der Bundeswehr erscheint offene Diskussion
zunächst schwierig . Denn wer sagt seinem Vorgesetzten
schon unbefangen die Meinung? Eigentlich sollte das
aufgrund des Prinzips des Staatsbürgers in Uniform, ei-
nes der Markenzeichen der Bundeswehr, kein Problem
sein. Aber vielleicht fehlt es dennoch an Offenheit in der
Truppe . Der Bericht des Wehrbeauftragten weist unter
dem Punkt „Führungsverhalten und Fehlerkultur“ auf

eine Zunahme des Gefühls bürokratischer Eingeengtheit
und auf eine Absicherungsmentalität hin . Dies beein-
trächtigt nicht nur das Prinzip des Führens mit Auftrag,
eines weiteren Markenzeichens der deutschen Streitkräf-
te, sondern hat auch andere Folgen . Vorgesetzte sind so
mit Bürokratie beschäftigt, dass sie immer weniger zur
Dienstaufsicht kommen . Das wurde beispielsweise auch
im Fall Pfullendorf beklagt .

Für andere wichtige Dinge wie politische Bildung
steht ebenfalls entsprechend weniger Zeit zur Verfü-
gung . Auch scheinen Fehlermeldungen zunehmend un-
erwünscht, sodass nach oben meist nur gemeldet wird:
Alles in Ordnung . – Das hat möglicherweise auch im Fall
der Masterarbeit des späteren Oberleutnants aus Illkirch
eine Rolle gespielt . Etwas mehr Fehlerkultur könnte der
Bundeswehr also nicht nur bei der Erfüllung ihres Auf-
trags helfen, sondern auch solchen Entwicklungen entge-
genwirken . Dafür müssen wir allerdings die Bedingun-
gen schaffen, also Bürokratie abbauen und auch Fehler
zulassen. Meine Hoffnung ist, dass dies ebenfalls eine
Konsequenz aus den jüngsten Vorgängen sein wird .

Ich möchte aber zum Schluss die Gelegenheit nutzen,
allen Soldatinnen und Soldaten und den zivilen Beschäf-
tigten der Bundeswehr für ihren großartigen Dienst zu
danken, den sie im In- und Ausland häufig unter schwie-
rigen Bedingungen und teilweise unter großer Gefahr für
Leib und Leben leisten – für die Sicherheit Deutschlands
und unserer Verbündeten und zum Schutz der Schwächs-
ten in Krisengebieten . Dafür sollte ihnen unser aller An-
erkennung gebühren .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1823718900

Vielen Dank . – Als letzte Rednerin zu diesem Ta-

gesordnungspunkt hat jetzt Julia Obermeier, CDU/
CSU-Fraktion, das Wort .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg . Heidtrud Henn [SPD])



Julia Bartz (CSU):
Rede ID: ID1823719000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! In den vergangenen beiden Jahren haben wir
den Verteidigungshaushalt erhöht . Das ist kein Selbst-
zweck, sondern wichtig und richtig . Mit der Trendwende
Finanzen machen wir auch deutlich: Wir brauchen eine
starke Bundeswehr . Deutschland braucht engagierte
Männer und Frauen in Uniform, um den aktuellen globa-
len Bedrohungen zu begegnen .

Unsere Truppe ist international immer stärker ge-
fordert, etwa im Kampf gegen den IS oder in der
NATO-Speerspitze . Die Landes- und Bündnisverteidi-
gung wird wieder wichtiger . Gleichzeitig aber bleiben
die Friedens- und Stabilisierungsmissionen weiterhin
notwendig .

Angesichts der gestiegenen Belastungen haben wir
nicht nur die Trendwende bei den Finanzen gestemmt,
sondern auch die Trendwenden beim Personal und beim

Anita Schäfer (Saalstadt)







(A) (C)



(B) (D)


Material eingeläutet . Allerdings braucht es etwas Zeit,
bis die Verbesserungen bei den Soldatinnen und Solda-
ten ankommen . Daher ist es zwar bedauerlich, aber auch
nicht ganz verwunderlich, dass die Zahl der Eingaben
beim Wehrbeauftragten im Berichtsjahr angestiegen ist .
Aber mit den Trendwenden bei Finanzen, Personal und
Material sprechen wir auch den Angehörigen der Bun-
deswehr unsere Anerkennung aus; denn sie nehmen eine
unverzichtbare Aufgabe für unseren Staat und für unse-
re gesamte Gesellschaft wahr . Sie schützen durch ihren
Dienst in der Bundeswehr unsere Freiheit und setzen sich
für eine bessere, eine gerechtere, eine freie und eine si-
chere Welt ein . Sie setzen sogar ihr Leben ein, damit wir
in Deutschland in Sicherheit leben können .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Hierzulande sind wir an Frieden und Sicherheit ge-
wöhnt, aber Frieden und Sicherheit sind nicht selbst-
verständlich . Sie müssen tagtäglich aufs Neue verteidigt
werden .

Mein Dank und der Dank meiner CDU/CSU-Frakti-
on gilt all unseren aktiven und ehemaligen Soldatinnen
und Soldaten sowie den zivilen Beschäftigten, die die
immer anspruchsvoller und mehr werdenden Aufgaben
engagiert erfüllen . Ganz besonders danke ich auch ihren
Familien und Freunden, die ihnen dabei zur Seite stehen .
Wir danken euch .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Der Wehrbeauftragte ist ein wichtiges Hilfsorgan des
Bundestages. Aber, Herr Bartels, wenn Sie schon öffent-
lich verkünden, das Militär sei für Rechtsextremismus
strukturell besonders anfällig,


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Recht hat er!)


dann frage ich schon, warum Sie in Ihrem 95-seitigen
Jahresbericht nicht einmal eine ganze DIN-A4-Seite dem
Thema Extremismus gewidmet haben . Sehr geehrte Da-
men und Herren, damit Sie mich richtig verstehen: Ich
will keinen der Fälle beschönigen oder gar kleinreden .
Aufklärung ist wichtig . Klare Konsequenzen wurden ge-
zogen und werden gezogen . Das sind wir unserer Bun-
deswehr schuldig . Aber als Parlament sind wir es unseren
Soldatinnen und Soldaten auch schuldig, dass wir wei-
terhin mehr in ihren Schutz und ihre Ausrüstung inves-
tieren .

Wenn Sie, Herr Wehrbeauftragter, in Ihrem Jahresbe-
richt schreiben, das größte Problem sei jetzt das Tempo,
dann schreiben Sie das bitte auch Ihren Parteigenossen
von der SPD ins Stammbuch; denn es ist die SPD, die
wichtige Beschaffungsvorhaben über Wochen verzögert.


(Thomas Hitschler [SPD]: Das ist ja unerhört!)


Ginge es nach uns, wären die neuen Schutzwesten und
die wichtigen Funkgeräte schon auf dem Weg .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie aber tragen Ihren Wahlkampf auf dem Rücken der
Soldaten aus, und das ist verantwortungslos .


(Wolfgang Hellmich [SPD]: Ja, es ist Wahlkampf! – Dr . Karl-Heinz Brunner [SPD]: Das kann man in München machen bei der CSU, aber nicht hier!)


Wir als CDU/CSU wollen den besten Schutz und die bes-
te Ausrüstung für unsere Bundeswehr . Wir stehen an der
Seite der Truppe .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr . Karl-Heinz Brunner [SPD]: So was Verlogenes bin ich nur aus dem Bayerischen Landtag gewohnt!)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1823719100

Vielen Dank . – Damit ist die Aussprache beendet .

Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, dass die
Vorlage auf Drucksache 18/10900 an die in der Tages-
ordnung aufgeführten Ausschüsse überwiesen wird . –
Ich sehe, Sie sind damit einverstanden . Dann ist das so
beschlossen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf
Drucksache 18/12574 . Die Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen wünscht Abstimmung in der Sache . Die Fraktio-
nen der CDU/CSU und der SPD wünschen Überweisung
an dieselben Ausschüsse, an die der Jahresbericht 2016
des Wehrbeauftragten überwiesen wurde . Wir stimmen
nach ständiger Übung zuerst über den Antrag auf Aus-
schussüberweisung ab . Ich frage deshalb: Wer stimmt
für die beantragte Überweisung? – Das ist die Koalition .
Wer stimmt dagegen? – Das ist die Opposition . Und wer
enthält sich? – Niemand . Damit ist die Überweisung so
beschlossen .

Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 15 a bis
15 c:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Annalena Baerbock, Oliver Krischer, Bärbel
Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Zeit ist reif für den Kohleausstieg

Drucksache 18/12108
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Energie (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicher-
heit

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr . Gerhard Schick, Annalena Baerbock, Kerstin
Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Finanzwende einleiten – Öffentliche Gelder
nachhaltig anlegen

Drucksache 18/12381
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Energie

Julia Obermeier






(A) (C)



(B) (D)


Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktor-
sicherheit
Haushaltsausschuss

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Energie

(9 . Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten

Eva Bulling-Schröter, Birgit Wöllert, Hubertus
Zdebel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Kohleausstieg einleiten – Strukturwandel so-
zial absichern

Drucksachen 18/8131, 18/11151

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die
Aussprache 38 Minuten vorgesehen . – Ich höre von Ihrer
Seite keinen Widerspruch . Dann ist das so beschlossen .

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Annalena
Baerbock für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen . – Bit-
te schön .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
So absurd es ist: Während wir hier stehen, blickt die Welt
gebannt auf einen berühmt-berüchtigten Twitter-Ac-
count . Und zu Recht wird es aller Wahrscheinlichkeit
nach ganz empörte Tweets und Bierzeltreden geben .
Doch mit Empörung allein werden wir diesem Donald
Trump nicht begegnen können, und mit Empörung allein
werden wir auch das Weltklima nicht retten können .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Jetzt braucht es kein Geschwätz, sondern jetzt braucht
es Taten . Auf Donald Trumps Ankündigung, aus dem
Klimavertrag auszusteigen, muss aus Deutschland die
eindeutige Antwort kommen: Deutschland leitet den
Kohleausstieg ein .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE])


Alles andere, alle anderen hehren Worte werden ansons-
ten wie ein Bumerang zu uns zurückkommen .

Nehmen wir nur die letzte Woche: Beim Petersberger
Klimadialog riet Frau Merkel den Vertretern aus Sau-
di-Arabien, jetzt in neueste Technologien zu investieren .
Weise Worte! Doch ein paar Wochen davor eröffnete die
LEAG, dass sie plane, vielleicht auch noch 2030 Men-
schen, Dörfer, Kirchen und Betriebe dem Boden gleich-
zumachen und weiter Braunkohle abzubaggern . Und
warum? Weil diese Bundesregierung nicht in der Lage
ist, eine klimapolitische Entscheidung zu treffen und zu
sagen: Wir brauchen keine neuen Tagebaue . – Das ist
schizophren, meine sehr verehrten Damen und Herren .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie können die klimapolitische Schizophrenie, Sau-
di-Arabien zu raten, in Erneuerbare einzusteigen, und

selber an der Kohle festzuhalten, heute beenden, indem
Sie unserem Antrag zustimmen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Um Gottes willen!)


Liebe SPD, Ihr Kanzlerkandidat macht es der Kanz-
lerin mit seiner Schizophrenie gleich: Heute verkündet
er, in Zukunft müssten Handelsabkommen internationale
Klimaverträge berücksichtigen, und zwar verbindlich .
Sehr schön, wenn Sie diese grüne Forderung, die wir seit
langem erheben, wirklich ernst meinen! Dann können
Sie zum einen erst einmal bei allen anderen Handelsver-
trägen aufräumen . Aber zum anderen erwarte ich dann
von Ihrem Kanzlerkandidaten, dass er sich ab sofort für
die Einführung der CO2-Emissionsstandards für Kohle-
kraftwerke aus den USA in Deutschland einsetzt . Diese
hatte Obama nämlich mit seinem Clean Air Act im Lichte
von Paris erlassen . Wenn jetzt Herr Schulz sagt, es sei
eine Schande, dass dieser Clean Air Act abgewickelt
wird, dann muss er doch in Deutschland dafür sorgen,
dass wir diese Standards einführen . Alles andere wäre
klimapolitische Schizophrenie, meine sehr verehrten Da-
men und Herren .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wenn wir schon beim Handel sind: Sie feiern sich da-
für ab, dass Sie mit der KfW in das größte Solarkraftwerk
der Welt – leider nicht in Deutschland, sondern in Marok-
ko – investieren .


(Dr . Matthias Heider [CDU/CSU]: Da scheint die Sonne länger!)


Zeitgleich geben Sie Hermesbürgschaften für dreckige
fossile Kraftwerke in Südafrika . Warum hat denn Marok-
ko eine Zukunft verdient und Südafrika nicht? Das ist
schizophren .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg . Hubertus Zdebel [DIE LINKE])


Wir können Ihnen nur sagen: Hören Sie damit auf!
Kommen Sie zu der Erkenntnis, dass die Unterschrift un-
ter dem Abkommen von Paris nicht nur ein Auftrag an
Amerika und den Rest der Welt war . Es war ein Auftrag
an Deutschland, den Kohleausstieg endlich einzuleiten
und aus den fossilen Energien auszusteigen . Geben Sie
sich einen Ruck! Zeigen Sie heute, was auf dieser Seite
des Atlantiks wahre Größe ist, und stimmen Sie unserem
Antrag zum Kohleausstieg zu! Dann haben wir morgen
die Headline: Amerika steigt aus dem Abkommen von
Paris aus, Deutschland leitet den Kohleausstieg ein . –
Wir hoffen auf Ihre Vernunft.

Herzlichen Dank .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1823719200

Vielen Dank . – Für die CDU/CSU-Fraktion hat jetzt

der Kollege Dr . Matthias Heider das Wort .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Vizepräsidentin Ulla Schmidt






(A) (C)



(B) (D)



Dr. Matthias Heider (CDU):
Rede ID: ID1823719300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-

nen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Nachdem
die Kollegin Baerbock sich drei Minuten Zeit genommen
hat, die Industriefeindlichkeit des Wahlprogramms der
Grünen zu skizzieren,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja lächerlich! – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht um Klimaschutz, gerade heute Abend!)


ist es jetzt einmal Zeit, zu erklären, warum Energiepolitik
auch Industrie- und Wettbewerbspolitik ist .

Meine Damen und Herren, den Antrag der Grünen
könnte man in einem Satz zusammenfassen: Hochwerti-
ge, tarifgebundene Arbeitsplätze in der Energiewirtschaft
sollen aufs Spiel gesetzt werden,


(Widerspruch bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


und mit der Energieversorgung in Deutschland wollen
die Grünen und auch die Linken spielen wie mit einem
Baukasten . Das wird nicht funktionieren; das sage ich
Ihnen gleich .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg . Thomas Jurk [SPD])


Weder das eine noch das andere werden wir zulassen,
und deshalb werden wir Ihre Anträge ablehnen .

Denken wir einmal an das Jahr 2010 zurück . Deutsch-
land befand sich in einer guten Lage . Es wurde von ei-
ner christlich-liberalen Koalition regiert . 45 Prozent der
Stromerzeugung waren CO2-frei . Damals kam der Strom
nämlich noch aus CO2-freier Kernenergie .


(Max Straubinger [CDU/CSU]: So ist es!)


Nachdem wir aber gemeinsam aufgrund einer neuen Be-
wertung des Restrisikos beschlossen hatten, dass wir die-
se Form der Energieerzeugung nicht mehr nutzen wollen,
haben wir doch alle eine hohe Verantwortung, die Versor-
gungssicherheit in Deutschland weiter zu gewährleisten .
Sie ist aber gefährdet, wenn man neben der Kernenergie
im Hauruckverfahren auch aus der Kohle aussteigen will .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: „Hauruckverfahren“?)


Wir werden nach dem aktuellen Stand die Energie aus
Kernkraft und Kohle nicht eins zu eins mit volatiler Ener-
gie aus Wind und Sonne ersetzen können .


(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aha! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wodurch denn? Beantworten Sie doch mal die Frage!)


Das wissen Sie auch ganz genau . Sie ignorieren das aber
lieber, weil Sie ideologiegetrieben sind und das Augen-
maß für das Machbare einfach nicht haben .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also finden Sie gut, was Trump macht, ja?)


Ich will Sie an ein Datum erinnern, den 24 . Januar 2017 .
Das war der Tag der sogenannten Dunkelflaute. Der
Strombedarf in Deutschland betrug an diesem Tag 83 Gi-
gawatt . Die erneuerbaren Energien konnten an diesem
Tag gerade einmal 3 Gigawatt liefern . Was mussten wir
also tun? Wir haben Strom aus Kernenergie aus Frank-
reich importiert .


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sonst exportieren wir immer nur nach Frankreich!)


Das kostete uns einerseits richtig viel Geld, und anderer-
seits belastete es die Netze erheblich .

Warum ist die Versorgungssicherheit so wichtig? Ich
will Ihnen dazu eine anschauliche Geschichte aus mei-
nem Wahlkreis im Sauerland erzählen. Dort befindet sich
eine Papierfabrik, ein echtes mittelständisches Familien-
unternehmen, über 100 Jahre alt, mit knapp 100 Mitar-
beitern . Für eine Papierfabrik ist eine verlässliche Strom-
versorgung so wichtig wie die Luft zum Atmen . Kleinste
Schwankungen im Netz können bei einem kontinuierli-
chen Prozess wie der Papierherstellung zu einem Still-
stand der Produktion führen . Und wenn die Maschinen
einmal stehen, kann es bis zu einer Stunde dauern, bis die
Produktion wieder richtig läuft . Dieser Stillstand kostet
das Unternehmen einen gut fünfstelligen Betrag; das ist
für ein mittelständisches Unternehmen eine Menge Geld .
Das gilt umso mehr, wenn sie an andere Konti-Prozes-
se denken, etwa in einem Elektrostahlwerk oder in einer
Aluminiumhütte im Ruhrgebiet .

Wenn wir also nicht genau darauf achten, dass die Ver-
sorgungssicherheit gewahrt bleibt, verlieren wir im Wett-
bewerb und gefährden die Existenz von Arbeitsplätzen .
Mehr noch: Wenn der Unternehmer nicht nur mehr Geld
für den Strom wegen der Energiewende bezahlen muss,
sondern sich auch nicht mehr auf die Energieversorgung
verlassen kann, dann sind das zwei ganz gefährliche
Wettbewerbsnachteile . Dann machen wir Deutschland
als Wirtschaftsstandort unattraktiv .

Wir als Unionsfraktion wollen das Gegenteil . Wir
wollen


(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In der Kohle bleiben!)


unseren attraktiven Wirtschaftsstandort schützen . Wir
wollen, dass hier Arbeitsplätze entstehen . Richtig ist
auch: Wenn wir die sehr ambitionierten Ziele von Pa-
ris einhalten wollen, brauchen wir Veränderungen im
Bereich der konventionellen Kraftwerke . Uns muss
aber klar sein, dass der Anteil der Kohle an der Strom-
erzeugung dadurch langsam sinken wird . Die Liste der
Bundesnetzagentur über die Stilllegungsanzeigen doku-






(A) (C)



(B) (D)


mentiert, dass dieser Transformationsprozess im Markt
langsam in Gang kommt .


(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja keine Klimapolitik! Da geht es um Wirtschaftspolitik!)


Wir sollten eines aber nicht vergessen: Wir haben in
Paris keinen Ausstieg aus der Kohle beschlossen . Die
Reduzierung der Kohleverstromung, liebe Kolleginnen
und Kollegen von den Grünen, ist kein Selbstzweck .
Unser Beitrag ist im internationalen Vergleich durchaus
größer als der, den andere Industrienationen angekündigt
haben, und es wäre schön, wenn es nicht nur bei Ankün-
digungen bliebe .

Die in Ihrem Antrag aufgezählten Länder haben alle
nur Absichtserklärungen zur Reduzierung der Kohlever-
stromung vorgelegt .


(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch! 100 Standorte!)


Großbritannien hat für 2025 angekündigt, keine Kohle
mehr verstromen zu wollen, beschlossen ist nichts; die
haben mit dem Brexit jetzt auch ganz andere Probleme .
Der Trilog in Brüssel stoppt gerade . Die Niederlande ha-
ben keine CO2-Reduzierung beschlossen; von Kohle war
da direkt gar keine Rede . Sie hatten auch China genannt .
China will die Kohleförderung um ein Drittel reduzieren;
die pusteten im Jahr 2014 insgesamt 8,5 Milliarden Ton-
nen CO2 in die Luft .


(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die haben auch ein paar mehr Leute als wir!)


In den hochindustrialisierten Ländern der EU sind es ins-
gesamt 3,4 Milliarden Tonnen CO2, davon entfielen auf
Deutschland gerade einmal 794 Millionen Tonnen CO2 .


(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gucken Sie sich einmal die Bevölkerungszahlen an! Was ist das denn?)


Dann führen Sie uns Frankreich als Musterbeispiel für
saubere Energie an,


(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie was Falsches gelesen im Antrag! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie mal unsere Anträge!)


weil dort 2023 angeblich das letzte Kohlekraftwerk ab-
geschaltet werden soll . Dabei wird dort mit 75 Prozent
der höchste Anteil der Energie in Kernkraftwerken pro-
duziert . Wen wollen Sie eigentlich verschaukeln?


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich sage Ihnen: In der Wirtschaftspolitik müssen Sie
einmal das Fernlicht einschalten . Da reicht ein Öllämp-
chen nicht aus, nicht einmal, wenn man daran reibt .

Es besteht also überhaupt kein Anlass, eine kurzfristi-
ge, einseitige Verschärfung der bestehenden Klimaziele
durchzuführen, und es besteht auch kein Anlass, neue

Daumenschrauben zu erfinden, um den Wirtschaftsstand-
ort Deutschland zusätzlich zu benachteiligen .


(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wurde die Rede eigentlich in Washington geschrieben, oder wo?)


Im Übrigen gilt – ich will noch auf das ETS zu spre-
chen kommen –: Die aktuell in Brüssel diskutierten Re-
formschritte führen durch die entsprechenden Maßnah-
men sicherlich zu einer weiteren Belebung des Marktes .
Aber ich rate auch hier zu Augenmaß . Zentrales Problem
sind die Benchmarks für den künftig erlaubten CO2-Aus-
stoß . Im Moment bedeutet das, jedenfalls für Deutsch-
land, 3 bis 4 Milliarden Euro mehr an Belastungen . Ich
habe deshalb eine große Sympathie


(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit Trump? Das haben wir gehört!)


für die Bitte der Bürgermeister deutscher Stahlstandorte
an die Bundeskanzlerin, die Erzeugung von Stahl im ei-
genen Land nicht zu gefährden .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ein paar Milliarden Euro mehr sind schwer zu erwirt-
schaften .


(Beifall bei der CDU/CSU – Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann sollte Thyssen nicht in Brasilien investieren!)


Das macht man nicht einfach so . Das geht zulasten des
Ergebnisses . Das geht zulasten von Wertschöpfungsket-
ten; diese brechen dadurch weg . Das geht zulasten von
Arbeitsplätzen in Deutschland . Die Folge ist: Billiger
chinesischer Stahl gewinnt, der zu wesentlich höheren
Umweltbelastungen hergestellt wird . Das alles wollen
Sie . Wir als Union wollen das nicht . Deshalb sind Sie in
Nordrhein-Westfalen abgewählt worden .


(Beifall bei der CDU/CSU – Thomas Jurk [SPD]: Das trifft uns hart!)


Wir wollen keine kurzfristigen und kurzsichtigen
Kraftwerksschließungen in Deutschland .


(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach!)


Das träfe Nordrhein-Westfalen hart . Durch die Abhän-
gigkeiten im Braunkohlesystem würden im Rheinischen
Revier unmittelbar 17 Kraftwerke und 2 Tagebaue un-
wirtschaftlich. Das ginge zulasten von qualifizierten Ar-
beitsplätzen . Das bedeutet, dass bei einem solchen Aus-
stieg in Nordrhein-Westfalen 40 000 Arbeitsplätze und
bundesweit 70 000 Arbeitsplätze betroffen wären. Das
können wir zusätzlich zu dem Ausstieg aus der Kernener-
gie nicht tragen .


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In Nordrhein-Westfalen sind das nicht 40 000 Arbeitsplätze! Das sind Märchen, die Sie erzählen! Das sind nicht einmal mehr 10 000!)


Dr. Matthias Heider






(A) (C)



(B) (D)


Deshalb ist Augenmaß gefordert .

Eines haben Sie vergessen: das Preisschild an Ihrem
Vorschlag . Dieses werden wir hier heute an Ihrem Vor-
schlag anbringen müssen . Hier ist wirtschaftliche Ver-
nunft gefragt . Sie müssen an die Menschen denken, die
davon betroffen sind. Dafür werden wir uns einsetzen.

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1823719400

Vielen Dank . – Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich

möchte Ihnen eine Änderung der Tagesordnung bekannt
geben: Die Fraktionen haben sich darauf verständigt,
dass nach TOP 17, also gegen 22 .30 Uhr, die Debatte und
drei namentliche Abstimmungen zum Thema „Abschie-
bungen nach Afghanistan“ stattfinden. Stellen Sie sich
bitte darauf ein .

Jetzt hat als Nächste Eva Bulling-Schröter, Fraktion
Die Linke, das Wort .


(Beifall bei der LINKEN)



Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823719500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wer über den Klimawandel spricht, darf über den Koh-
leausstieg nicht schweigen . Ich sage Ihnen: Es ist eigent-
lich schon fünf nach zwölf .


(Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Wenn Sie reden, immer!)


Wir müssen beim Klimawandel das Schlimmste verhin-
dern . Das heißt, das 2-Grad-Ziel muss eingehalten wer-
den . Hier haben auch wir eine Verantwortung .


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Heute wird der Präsident der USA, Donald Trump,
voraussichtlich bekannt geben, dass er aus dem Pari-
ser Abkommen aussteigen will . Ich sage Ihnen: Das ist
furchtbar .


(Beifall der Abg . Ulla Jelpke [DIE LINKE])


Er will die Uhr zurückdrehen . Das geht nicht .


(Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Das macht ihr doch jeden Tag!)


Das wird auch nicht funktionieren; denn jegliche Ver-
nunft sagt: Weg von fossilen Rohstoffen, weg von Öl und
Kohle!


(Beifall bei der LINKEN)


Das hieße dann auch: keine Kriege mehr um Rohstof-
fe . Dann bräuchten wir hier auch nicht über fehlende
Schutzjacken zu diskutieren, sondern könnten über ver-
nünftige Dinge sprechen .

Zurück zu Deutschland . Wir brauchen ein Kohleaus-
stiegsgesetz .


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Thomas Jurk [SPD]: Nein!)


Wir wollen ein Enddatum festlegen . Wir als Linke sagen:
2035 . Herr Heider, wir wollen dies also nicht im Hau-
ruckverfahren erreichen, sondern bis 2035 . Wir brau-
chen Investitionssicherheit, wir brauchen Sicherheit für
die Beschäftigten, aber wir brauchen auch einen Struk-
turwandel . Wir brauchen einen Strukturwandelfonds .
Menschen müssen vorbereitet werden . Sie müssen zum
Teil umgeschult werden . Sie müssen sozial abgesichert
werden, um ihnen ihre Ängste zu nehmen . Menschen
brauchen zukunftsfähige Arbeitsplätze, die natürlich ta-
rifgebunden und armutssicher sind .


(Beifall bei der LINKEN – Ulrich Freese [SPD]: Die sind gut ausgebildet! Die brauchen nicht unsere Hilfe! Sie brauchen gute Arbeit!)


Wenn hier von Arbeitsplatzvernichtung gesprochen
wird, dann frage ich Sie: Was ist denn mit der Solarin-
dustrie in Thüringen? Wie ist das mit der Deckelung bei
KWK? Schauen Sie doch einmal diese Industrien an . Da-
rüber reden Sie überhaupt nicht .

In der energiepolitischen Bilanz dieser Bundesre-
gierung sind der versäumte Kohleausstieg und die Er-
pressbarkeit der Bundesregierung im Sommer 2015 die
schlimmsten Makel . Wirtschaftsminister Gabriel machte
einen Rückzieher vom Klimabeitrag, den wir unterstützt
hätten, und einige Uraltkohlemeiler wurden vergoldet,
natürlich aus dem Geldbeutel von Stromkundinnen und
Stromkunden. Wir finden, das ist ein starkes Stück. Hier
werden wieder Konzerne subventioniert . Wir halten das
für falsch .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Inzwischen gibt es Ausschreibungen für Strom aus
regenerativen Energien . Damit kann man regenerative
Energien deckeln, was die Bundesregierung beschlossen
hat . Wir halten das für falsch . Wir brauchen mehr regene-
rative Energien und nicht weniger .


(Beifall bei der LINKEN)


Überall hört man, wie die Null-Cent-Zuschläge der
Offshorewindindustrie gefeiert werden, Null-Cent-Zu-
schläge für EnBW und DONG Energy . Auf einmal hört
man auch Kritik am Deckel, also an der Begrenzung,
aus den Reihen der CDU . Man höre und staune! Enak
Ferlemann fordert sogar die Abschaltung von Kohle-
kraftwerken . Ich kann nur sagen: Sehr vernünftig, der
Mann; denn die Kohlekraftwerke verhindern das Durch-
leiten von Ökostrom . Das ist natürlich auf Dauer ein Pro-
blem . Ich begrüße, dass langsam die Front der fossilen
Lobby bröckelt . Allerdings kommt mein Vorredner noch
aus der Steinzeit; es gibt auch andere . Wenn es um den
Konzernwillen geht, dann verstehen CDU-Ohren das of-
fensichtlich und sind nicht mehr taub, wenn es um die
Anhebung des Ausbaudeckels geht. Ich finde das richtig.
Wir Linke sagen schon lange: Ein zu niedriger Ausbau-
deckel ist Bestandsschutz für Kohlekraftwerke .

Die Welt verändert sich . Sie verlangen Flexibilität und
Mut zur Veränderung von den Menschen, die Sie wählen
hier im Land . Gehen Sie voraus! Haben auch Sie Mut,

Dr. Matthias Heider






(A) (C)



(B) (D)


und tun Sie das, was notwendig ist: raus aus der Kohle .
Das ist dringend notwendig .


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Zum Schluss noch ein Satz zur Versorgungssicherheit .
Ich habe mir das genau angehört . Ich würde gerne ein-
mal über Smart Grids, Digitales, Sicherheit und Hacker
diskutieren . Dann kann es ganz schnell aus sein mit der
Versorgungssicherheit . Darüber verlieren Sie aber keinen
Ton .


(Zuruf von der CDU/CSU: Ist auch nicht das Thema heute!)


– Sie haben ja auch über Themen gesprochen, die
nicht Thema waren . Also, was soll das?


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir brauchen eine andere Energieversorgung . Das ist
dringend notwendig, auch für die Jugend, die eine Zu-
kunft haben soll, und zwar ohne große Auswirkungen des
Klimawandels .


(Beifall bei der LINKEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1823719600

Vielen Dank . – Für die SPD-Fraktion hat jetzt Thomas

Jurk das Wort .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Thomas Jurk (SPD):
Rede ID: ID1823719700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! In dieser Legislatur wurde durch die
Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen der ge-
setzliche Rahmen für den Umbau unserer Energieversor-
gung neu geordnet und erheblich konkretisiert . Mit dem
Klimaschutzplan der Bundesregierung wurden die Ein-
sparziele für verschiedene Sektoren festgelegt . Damit ist
auch Planungssicherheit verbunden . Planungssicherheit
erfolgt auch durch das Strommarktgesetz und die damit
verbundene Sicherheitsbereitschaft zur geplanten Stillle-
gung von Kraftwerken . Mit den EEG 2014 und 2017 sind
die Entwicklungsperspektiven für die erneuerbaren Ener-
gien fixiert worden. Damit verbunden ist die dringende
Erhöhung der Wirtschaftlichkeit durch Ausschreibungs-
modelle bei Photovoltaik und Windkraft . Ein weiterer
wesentlicher Beitrag zur Energiewende ist die finanzielle
Förderung von Energieeffizienz, die in dieser Legislatur
auf circa 3 Milliarden Euro im Jahr 2017 erhöht wurde .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1823719800

Herr Kollege Jurk, darf ich Sie unterbrechen? – Ge-

statten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Baerbock?


Thomas Jurk (SPD):
Rede ID: ID1823719900

Na klar .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1823720000

Bitte schön .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kollege Jurk, Sie zählen ja jetzt alles auf, was er-
reicht wurde . Wir reden an diesem Abend aber auch über
das Klimaabkommen . Seit 2009 wurde in Deutschland
keine Tonne CO2 eingespart; wir haben über sieben Jahre
keine weitere Reduktion erreicht . Wie gedenken Sie trotz
all Ihrer Maßnahmen und ohne Kohleausstieg dem Kli-
maabkommen gerecht zu werden, wenn Sie keine einzige
Tonne CO2 in den letzten Jahren eingespart haben?


Thomas Jurk (SPD):
Rede ID: ID1823720100

Wir wollen nach vorne schauen, sehr verehrte Frau

Kollegin . Wenn Sie meiner Rede weiter folgen, werde
ich Ihnen eine Antwort darauf geben .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Man kann es nicht oft genug sagen: Im energiepoliti-
schen Dreieck von Umwelt- und Klimaschutz, Bezahl-
barkeit sowie Versorgungssicherheit wird das hohe Gut
der Versorgungssicherheit momentan durch viele Ak-
teure gewährleistet . Versorgungssicherheit ist übrigens
keine Selbstverständlichkeit . Deshalb sollte niemand der
Illusion verfallen, man müsste nur intelligent hin- und
herschalten und das System bliebe einfach stabil . Das
Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende leistet dazu
einen kleinen, aber nicht unwichtigen Beitrag . Aber das
Funktionieren unseres Energiesystems macht nach wie
vor einen erheblichen Anteil an grundlastfähigen Er-
zeugungskapazitäten erforderlich . Bei aller erfreulichen
Entwicklung beim Ausbau der erneuerbaren Energien,
die mittlerweile ein Drittel des Strombedarfes abdecken,
werden konventionelle Kraftwerke weiterhin gebraucht .
Deshalb ist die Forderung in Ihrem Antrag, sehr verehrte
Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, wir sollten
uns an Großbritannien und Frankreich orientieren, ein
völliger Trugschluss .

Wir verabschieden uns aus guten Gründen Ende 2022
von der Kernenergie; da bin ich anderer Meinung als mein
Vorredner von der CDU/CSU-Fraktion . Großbritannien
setzt auf Windenergie und Kernkraft; neue Kernkraft-
werke sollen gebaut werden . Hinkley Point C soll 2025
ans Netz gehen . Vor diesem Hintergrund ist es einfach,
die Kohlekraftwerke abzuschalten . Der frisch gewählte
französische Präsident Macron sieht sich den Wünschen
der Energieversorger auf finanzielle Unterstützung für
Kernkraft ausgesetzt . Übrigens ist der französische Ener-
giekonzern EDF Bauherr beim britischen Kernkraftwerk
Hinkley Point C .

Wenn wir aus der Atomkraft aussteigen, müssen wir
für die Versorgungssicherheit auch Kapazitäten an Koh-
lekraft haben . Dabei rede ich nicht einmal über die Be-
schäftigung und Wertschöpfung in strukturschwachen
Räumen wie meiner Heimatregion, der Lausitz . Ein er-
folgreiches Industrieland wie Deutschland braucht eine
verlässliche, eine stabile Energieversorgung .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Eva Bulling-Schröter






(A) (C)



(B) (D)


Das im Antrag der Linken genannte Ziel, bis 2035 alle
kohlebasierten Kraftwerke in Deutschland stillzulegen –
das ist auch, sehr verehrte Frau Kollegin, im Ausschuss
diskutiert worden –, würde bedeuten, 67 Standorte,
von denen übrigens 35 Standorte Kraft-Wärme-Kopp-
lungsanlagen mit 51 000 Megawatt elektrischer und
14 000 Megawatt thermischer Leistung sind, aus dem
Energieversorgungssystem herauszunehmen . Dass das
nicht funktionieren kann, liegt auf der Hand .

Aber wie bereits eingangs dargestellt, werden wir
in den nächsten Jahren durch die Außerbetriebnahme –
Frau Baerbock, jetzt dürfen Sie zuhören –


(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich höre!)


von Braunkohlekraftwerksblöcken nicht nur einen Bei-
trag für den Klimaschutz leisten, sondern auch struktur-
schwache Räume vor erhebliche Probleme stellen .


(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


Allein Sicherheitsbereitschaft und Stilllegung von zwei
Blöcken, nämlich F und E in 2018 und 2019, in Jänsch-
walde in Brandenburg bedeuten den Verlust von 600 Ar-
beitsplätzen .


(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, der Arbeitsrückbau war doch eh schon eingeplant!)


Deshalb ist es richtig, dass wir eine Vielzahl von enga-
gierten regionalen Akteuren haben, die sich der Aufgabe
des neuerlichen Strukturwandels stellen . Die überwie-
gende Zahl dieser Initiativen sieht den Strukturwandel
mit Kohle und nicht, wie Sie behaupten, ohne Kohle .


(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, und Sie als Politiker schauen zu! Genau!)


Ich finde es hervorragend, dass sich Bürgermeisterinnen
und Bürgermeister sowie die Landräte der Region in ei-
nem Bündnis zusammengefunden haben . Sie sind auch
nicht bekloppt; sie verzichten nicht auf das, was die Re-
gion reich gemacht hat, meine sehr verehrten Damen und
Herren .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und warum werden 4 Millionen für Strukturwandel nicht abgerufen? – Zuruf von der CDU/CSU: Auf die Grünen können wir verzichten!)


Frau Baerbock, das müssen Sie doch zugeben: Alle
Erfahrungen vom Strukturwandel in Kohleregionen ma-
chen deutlich, vor welcher Herkulesaufgabe man steht,
diese wirklich gut bezahlten Arbeitsplätze irgendwie zu
kompensieren . Deshalb war es richtig, unter anderem
im Energie- und Klimafonds Mittel für Begleitmaßnah-
men – ich betone: für Begleitmaßnahmen – des Struktur-
wandels einzustellen .


(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, die können nicht abgerufen werden!)


Unsere Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpoliti-
ker dürfen nicht alleingelassen werden .


(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, sie können sie nicht abrufen!)


In 14 Tagen wird Frau Bundeswirtschaftsministerin
Zypries die Gemeinde Boxberg in der Oberlausitz besu-
chen – einen Kraftwerksstandort, aber einen Standort mit
Ansätzen des Strukturwandels –, um mit den Akteuren
vor Ort einem erfolgreichen Strukturwandel einen weite-
ren Schub zu verleihen .

Für den Strukturwandel in betroffenen Regionen ist
aber noch weitere Unterstützung notwendig . Einerseits
gilt dies in organisatorischer Hinsicht: Das Bundeswirt-
schaftsministerium hat eine Stabsstelle für den Struk-
turwandel in Braunkohleregionen geschaffen, die im
Klimaschutzplan genannte Kommission „Wachstum,
Strukturwandel und Regionalentwicklung“ wird vorbe-
reitet,


(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, 2018!)


und es finden Gespräche zwischen dem Bund und den
betroffenen Ländern statt. Andererseits geht es auch da-
rum, den Strukturwandel finanziell zu begleiten. Hier
nenne ich vor allem die Förderung durch die bewährte
Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen
Wirtschaftsstruktur“, kurz GRW, mit ihrer Experimen-
tierklausel . Das ist etwas Neues und Erfolgversprechen-
des .

Darüber hinaus muss es um einen weiteren Ausbau
der Infrastruktur gehen . Deshalb ist es äußerst kontrapro-
duktiv, dass die Deutsche Bahn – offensichtlich auf Ge-
heiß des Bundesverkehrsministeriums – keine Planungs-
vereinbarung mit den beteiligten Ländern mehr schließen
darf, um eine Eisenbahnverbindung wie die von Berlin
nach Görlitz aus dem Potenziellen Bedarf in den Vor-
dringlichen Bedarf zu befördern .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben die in den Bundesverkehrswegeplan reingenommen!)


– Hören Sie doch zu, und unterstützen Sie uns!


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1823720200

Frau Kollegin Baerbock, jetzt ist es gut . Der Herr Kol-

lege Jurk kommt jetzt zum Ende .


Thomas Jurk (SPD):
Rede ID: ID1823720300

Vielen Dank, Frau Präsidentin; ich folge Ihrem

Wunsch und komme zum Schluss . – Es bleibt viel zu
tun . Ausstiegsszenarien, immer neuer Ballast oder ideo-
logische Debatten sind dabei nicht hilfreich . Ich bin mir
sicher, dass wir gemeinsam mit der Kraft der Menschen
vor Ort Stück für Stück vorankommen .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Thomas Jurk






(A) (C)



(B) (D)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1823720400

Vielen Dank . – Als Nächstes hat jetzt Dr . Klaus-Peter

Schulze für die CDU/CSU-Fraktion das Wort .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Klaus-Peter Schulze (CDU):
Rede ID: ID1823720500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Kollege Jurk hat viele Punkte, die auch ich auf meinem
Zettel habe, angesprochen; das gilt auch für Dr . Heider .
Ich möchte ein ganz anderes Thema beleuchten, das aus
meiner Sicht in der gesamten Debatte, solange ich im
Deutschen Bundestag und in den Ausschüssen dabei bin,
noch nicht angesprochen wurde .

Die deutsche Gipsindustrie benötigt jährlich etwa
9,5 Millionen Tonnen Gips . Davon kommen 5 Millio-
nen Tonnen aus den REA-Anlagen der Braunkohle- und
Steinkohlekraftwerke . Dort wird das SO2, das ja im
Wesentlichen an der Bildung des sauren Regens in den
70er- und 80er-Jahren beteiligt war, eliminiert, und über
Kalkstein entsteht Gips . Dieser Gips ist im Vergleich zu
Naturgips chemisch reiner, und er wird von der Gipsin-
dustrie sehr gerne weiterverarbeitet . Bei uns im Kraft-
werk Schwarze Pumpe, aber auch am Kraftwerksstand-
ort Jänschwalde und an vielen Kraftwerksstandorten in
NRW hat sich die Gipsindustrie angesiedelt, und sie nutzt
diesen Rohstoff. Damit werden die natürlichen Vorkom-
men geschont .

Gleichzeitig möchten wir gerne, dass die Bautätigkeit
in Deutschland weiter vorangeht . Ich sage nur: Wir brau-
chen dringend mehr Wohnungen . Dazu wollen wir neue
Wohngebiete erschließen, wir wollen aber auch verdich-
ten . Wenn wir verdichten, heißt das, dass wir auf beste-
hende Gebäude noch die eine oder andere Etage draufset-
zen müssen . Das wird dazu führen, dass wir zusätzliche
Mengen benötigen .


(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: An Kohle oder an Gips?)


– Ich rede immer noch von Gips .

Die Gipsvorkommen, die wir in vier Bundesländern
und in Süddeutschland haben, kann man auch bergmän-
nisch gewinnen . Dazu muss man dann neue Steinbrüche
bzw . Bergwerke erschließen . Ich erwarte natürlich, dass
sich diejenigen, die den Kohleausstieg jetzt schnell vo-
rantreiben wollen, auch vor dem Hintergrund, dass min-
destens 60 Prozent des in Deutschland benötigten Roh-
stoffs über Kohlekraftwerke gesichert werden, an die
Spitze der Bewegung stellen und sagen werden: Wir un-
terstützen im Südharz, in Nordthüringen, in Nordhessen,
im Keuper von Baden-Württemberg und in Bayern den
Aufschluss neuer Tagebaue . – Ich bin gespannt, ob die
Bundestagsabgeordneten von Linken und Grünen in Ver-
antwortung für ihre Region an der Spitze dieser Bewe-
gung stehen und diese Entwicklung vorantreiben werden .
Das, was ich derzeit aus Thüringen und Sachsen-Anhalt
höre, lässt erwarten, dass man dies nicht tun möchte .

Ich will noch auf die Kommission „Wachstum, Struk-
turwandel, Regionalentwicklung“ eingehen – sie wurde
schon erwähnt –, die im Zusammenhang mit dem Kli-

maplan etabliert wird . Es ist aus meiner Sicht wichtig,
dass dies mitverfolgt wird und dass wir uns auch darüber
Gedanken machen .


(Beifall des Abg . Thomas Jurk [SPD])



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823720600

Herr Kollege Dr . Schulze, gestatten Sie eine Zwi-

schenfrage des Kollegen Krischer?


Dr. Klaus-Peter Schulze (CDU):
Rede ID: ID1823720700

Natürlich .


Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823720800

Herr Kollege, ich finde, es ist eine interessante Theo-

rie, die Sie hier aufstellen .


Dr. Klaus-Peter Schulze (CDU):
Rede ID: ID1823720900

Das ist keine Theorie, das ist Praxis .


Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823721000

Sie sagen, wir müssen Kohle abbauen, um die

Gipsproduktion in Deutschland zu sichern . Das ist eine
sehr interessante These . Damit sollten Sie öfters auftre-
ten . Man könnte jetzt einmal weiter darüber nachden-
ken, was das alles für Konsequenzen hat . Wir baggern
viele Quadratkilometer Fläche im Rheinland und in der
Lausitz ab, schädigen das Klima und verschmutzen das
Grundwasser, um am Ende das Abfallprodukt Gips zu er-
halten, das bei der Stromerzeugung entsteht .

Meine Frage an Sie ist: Ist Ihnen bekannt, dass im
Rheinland große Mengen Kalk zur Verhinderung der
Versauerung und Verockerung in den Tagebau geschüt-
tet werden, dass dieser Kalk in vielen Gebieten abgebaut
und ins Rheinland transportiert werden muss und dass
der Braunkohlebergbau, den Sie gerade als Rechtferti-
gung dafür benutzt haben, weiter Gips abzubauen, selber
wieder einen Abbau von Kalk an anderen Stellen verur-
sacht? Damit dreht sich Ihre ganze Geschichte im Kreis .
Ich glaube, wenn ich noch ein bisschen länger darüber
nachdenken würde, dann fielen mir noch ganz andere Sa-
chen dazu ein .

Ich bitte Sie einfach einmal um eine Stellungnahme
dazu .


Dr. Klaus-Peter Schulze (CDU):
Rede ID: ID1823721100

Sie haben die Dinge gerade nicht vollständig benannt .


(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


Natürlich brauche ich auch Kalk, um das Rauchgas zu
entschwefeln . Diese Mengen müssen Sie also einfach mit
dazurechnen . Ich habe bewusst auf diesen Teil hingewie-
sen .


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also noch mehr!)


Wir haben ja schon eine Debatte über die Vermaisung
der Landschaft geführt . Wir haben Biogasanlagen in nen-
nenswerten Größenordnungen aufgebaut und deshalb






(A) (C)



(B) (D)


die Maisanbaufläche um über 1 Million Hektar erhöht.
Damit haben wir die Landschaft vermaist, um die Bio-
gasanlagen mit Mais zu füttern . Damals hat sich keiner
Gedanken darüber gemacht, welche Auswirkungen das
langfristig auf die Biodiversität hat . Darauf hat keiner
Rücksicht genommen .

Es wird mir doch wohl erlaubt sein, darauf hinzu-
weisen, dass auch diese Dinge ganz einfach mit berück-
sichtigt werden müssen, wenn man einen Kohleausstieg
fordert .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich komme jetzt einmal zu Ihren Arbeitsplatzzahlen,
die in dem Antrag hier angeführt werden . Sie sagen, es
sind etwa 30 000 . Ich kann diese Zahl nicht nachvoll-
ziehen . In den deutschen Kohlekraftwerken und in den
Bergwerken haben wir zusammen 36 000 Arbeitsplätze .
Da jeder dortige Arbeitsplatz mindestens einen Arbeits-
platz bei Industrieleistern nach sich zieht, sind wir bei
knapp über 70 000 . Kollege Jurk, Sie haben die 600 Ar-
beitsplätze vom Kraftwerk Jänschwalde angesprochen .
Das sind die bei LEAG . Ich muss also die gleiche Anzahl
auch noch einmal bei den Industriedienstleistern berück-
sichtigen .

Ich glaube nicht, dass es uns in dem von Ihnen angege-
benen Zeitraum bis 2035 gelingen wird, die entsprechen-
de Anzahl von Ersatzindustriearbeitsplätzen zu schaffen.
Mit Paddelbootverleihern am Senftenberger See oder an-
derswo werden wir eine Region nicht ernähren können .
Wir brauchen Industriearbeitsplätze .

Der sächsischen Wirtschaftsförderung in Rothen-
burg ist hier etwas gelungen, wenn denn die Ansiedlung
kommt


(Ulrich Freese [SPD]: Wenn sie denn mal kommt!)


– das habe ich ja gesagt, Herr Freese – und 1 000 Ar-
beitsplätze entstehen . Das wäre dann aber nur ein erster
Schritt . Damit muss es auf dieser Strecke insgesamt wei-
tergehen .

Abschließend möchte ich noch auf das Thema Stein-
kohle eingehen . Frau Baerbock, Sie haben ja gesagt, es
gehe Ihnen erst einmal um die Braunkohlekraftwerke .
Mit anderen Worten – das hat Rot-Rot-Grün hier in Ber-
lin ja verkündet –: Sie wollen noch einige Jahrzehnte
weiter mit den Steinkohlekraftwerken wirtschaften .


(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, wir wollen auch aus der Steinkohle aussteigen!)


Darüber muss man einmal nachdenken .

2018 stellen wir die deutsche Steinkohlenförderung
ein . Dann werden wir alles, was wir benötigen, impor-
tieren . Schauen Sie sich einmal an, unter welchen Be-
dingungen zum Beispiel in Kolumbien – ein Fraktions-
mitglied von Ihnen war mit vor Ort – Kohle gefördert
wird und welche Umwelt- und Sozialstandards dort
gelten . Hinzu kommt, dass dort Tausende Hektar nicht
rekultiviert werden . Das Grubengas, das im Ruhrgebiet

und in anderen Steinkohlenabbaugebieten aufgefangen
und thermisch verwertet wird, steigt dort auf Hunderten
und Tausenden Hektar Fläche ungehindert in die Atmo-
sphäre . Jedes Molekül Methan hat als Treibhausgas eine
Wirkung wie etwa 25 Moleküle CO2 . Auch das muss man
berücksichtigen .

Dann muss man auch die Transportwege berücksich-
tigen . Ich erinnere hier auch an die Bedingungen, unter
denen Menschen umgesiedelt werden und unter denen
sie dort arbeiten . Da sage ich Ihnen: Solange wir Koh-
le noch benötigen, ist es mir lieber, dass wir Kohle mit
den hohen Umweltstandards, die bei uns in Deutschland
gelten, abbauen und sie nicht irgendwo anders herholen,
zum Beispiel aus 8 000 Kilometer Entfernung . Das liefe
dann nach dem Motto: Aus dem Auge, aus dem Sinn . Das
ist im Sinne des globalen Klimaschutzes sicherlich nicht
der richtige Weg .

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823721200

Nächster Redner ist der Kollege Dr . Gerhard Schick

für Bündnis 90/Die Grünen .


Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823721300

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Diese De-

batte machte eines erschreckend deutlich: Energiepoli-
tisch steht diese Bundesregierung leider näher bei Donald
Trump als beim Pariser Klimaabkommen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE])


Das ist fatal, und zwar gerade ökonomisch . Wenn Sie nur
auf das blicken, was Wertschöpfung bisher geleistet hat,
verschlafen Sie einen wichtigen Trend . Die Märkte sind
längst weiter als diese Bundesregierung .

700 institutionelle Investoren, die Kapitalanlagen von
über 5 Billionen US-Dollar verwalten, haben sich in der
„Go Fossil Free“-Initiative zusammengeschlossen und
haben angekündigt und dazu Pläne vorgelegt, aus Kapi-
talanlagen, die bisher in fossilen Energien investiert sind,
auszusteigen . Sie haben eines kapiert: Wenn das Pariser
Klimaabkommen ernst genommen wird – das muss es,
wenn wir die Klimakrise vermeiden oder eingrenzen
wollen –, dann darf maximal noch ein Drittel der bekann-
ten Vorräte verbrannt werden . Das bedeutet, dass vieles
von dem, was heute in den Büchern von den Unterneh-
men steht, die noch auf fossile Energien setzen, seinen
Wert verlieren muss .

Deswegen sind wichtige Kapitalmarktteilnehmer,
etwa der größte Versicherungskonzern Allianz, der größ-
te Kapitalverwalter BlackRock, längst viel weiter als die-
se Bundesregierung und sagen ihren Anlegern: Wir müs-
sen bei den Kapitalanlagen raus aus fossilen Energien,
weil man damit in Zukunft Geld verlieren wird . – Genau

Dr. Klaus-Peter Schulze






(A) (C)



(B) (D)


das ist es, was diese Bundesregierung diesem Land leider
vorschreibt: Geld zu verlieren .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Letzte Woche in Frankfurt: Das Who is Who der
Finanzbranche in Deutschland, eingeladen von der
Deutschen Börse AG, unterzeichnet eine Frankfur-
ter Erklärung mit dem klaren Willen, Kriterien für eine
nachhaltige Finanzwirtschaft zu definieren und diese
ins Kerngeschäft zu integrieren, weil auch die deutsche
Finanzwirtschaft inzwischen ganz klar die Perspektive
sieht: Fossile Energien sind von gestern . Morgen sind
erneuerbare Energien . – Das sollten auch Sie endlich ka-
pieren .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen legen wir Ihnen einen Divestment-Antrag
vor, einen Antrag, in dem Sie dazu aufgefordert werden,
diese Perspektive dort, wo der Bund Kapitalanlagen hat,
endlich einzunehmen . Die Gefahr ist, dass der Finanz-
anleger, der dies als Letzter kapiert, der mit den größten
Verlusten sein wird . Das soll bitte nicht bei den Pensi-
onen unserer Bundesbeamten sein . Das soll nicht beim
Gesundheitsfonds sein . Das soll nicht bei den Rücklagen
der Bundesagentur für Arbeit sein . Deswegen ist es wich-
tig, dass Divestment auch endlich in dieser Bundesregie-
rung ankommt .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE])


Es ist doch fatal: Es gibt eine Nachhaltigkeitsstrategie .
Es gibt sogar einen Leitfaden Nachhaltiges Bauen . Aber
beim Thema Finanzen haben Sie den ganzen Aspekt
Klimaschutz und nachhaltige Geldanlage bisher völ-
lig ausgeblendet . Das Bundesland Berlin ist hier weiter
und macht es Ihnen vor: keine Kapitalanlage des Versor-
gungsfonds für Beamte mehr in fossile Energien, damit
hier kein Geld verloren geht .

Man muss auch konsistent sein . Es ergibt doch keinen
Sinn, eine Nachhaltigkeitsstrategie zu verabschieden,
wenn man sie nachher im Alltagsgeschäft der Regierung
nicht ernst nimmt .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ökonomisch rechnet es sich sogar, das zu berücksich-
tigen . Hessen hat es gezeigt: Sie sind 2012 eingestiegen
und haben nun 2 Prozentpunkte mehr als Outperforman-
ce gegenüber einer vergleichbaren Geldanlage erzielt .
Nehmen Sie das also ernst! Der Markt ist weiter als Sie .
Hören Sie auf die Leute, die vorausdenken!

Wenn Trump aus dem Pariser Abkommen aussteigt,
dann sollten wir nicht denselben Fehler machen, sondern
wir sollten auch aus Kapitalanlagen in fossile Energie
aussteigen . Divestment ist die Zukunft, nicht das Fest-
halten an der Kohle .

Danke .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE])



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823721400

Abschließender Redner in dieser Aussprache ist der

Kollege Ulrich Freese für die SPD .


(Beifall bei der SPD)



Ulrich Freese (SPD):
Rede ID: ID1823721500

Schönen Dank, Herr Präsident . – Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich will es einmal mit einer Diskussion versuchen . Herr
Heider, Herr Dr . Klaus-Peter Schulze, die Bergleute an
der Ruhr hätten sich über Ihre Reden im Jahre 2007 sehr
gefreut; denn damals haben Sie als CDU/CSU und FDP
den Steinkohleausstieg auf den Weg gebracht . Heute fei-
ern Sie sich als Retter der Kohleindustrie in Deutschland .
Das ist, denke ich, in hohem Maße widersprüchlich .

Weil vom Strukturwandel die Rede ist, bin ich ge-
spannt, wie Sie die Schuttberge, die dieser Kohleaus-
stieg im Ruhrgebiet hinterlassen hat, strukturpolitisch
ordentlich auf den Weg bringen . Die Arbeitslosigkeit
in Gelsenkirchen, Bottrop, Herten, Herne, Marl und an-
derswo spricht eine klare und deutliche Sprache: Der
Strukturwandel hat nicht zu industriell gut bezahlten
und vernünftig wertschöpfenden Arbeitsplätzen geführt .
Deshalb war es mit Sicherheit falsch, erst auszusteigen,
wenn Sie heute, Herr Dr . Klaus-Peter Schulze, darüber
jammern, dass wir 56 Millionen Tonnen durch Kinder-
arbeit und nicht umweltverträglich geförderte Kohle aus
aller Welt nach Deutschland holen . Für die Stahlindus-
trie führen wir 11 Millionen Tonnen Kohle ein, damit die
Stahlindustrie in Deutschland fortleben kann . Das war
meine erste Bemerkung .

Zweite Bemerkung: Frau Baerbock, Sie haben gerade
gesagt, dass wir aus Deutschland heraus in schmutzige
Kohlegeschäfte investieren . Sie haben doch eine Anfrage
gestellt und darauf auch am 20 . April 2017 eine Antwort
bekommen . Die Kreditanstalt für Wiederaufbau bzw . die
Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft hat
Ihnen klar und deutlich geantwortet, in welchen Berei-
chen sie in Kohle investieren, und zwar in die Moder-
nisierung von Kohlekraftwerken unter ganz besonders
engen Bedingungen, nämlich wenn der Empfänger eine
Klimastrategie hat, wenn Anwendungen bestverfüg-
barer Technik zur Verfügung stehen, wenn keine Ener-
giealternativen in den Regionen vorhanden sind, wenn
KWK-Anlagen mindestens 75 Prozent Wirkungsgrad
haben, wenn eine signifikante Verbesserung der Energie-
versorgungssicherheit gegeben ist und, was wichtig ist,
Umwelt- und Sozialverträglichkeitsstandards eingehal-
ten werden .


(Beifall bei der SPD)


Das ist ein guter Beitrag zur Wirtschaftsentwicklung
und auch zur CO2-Minderungsstrategie, die weltweit
wirken muss .


(Abg . Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage] Dr. Gerhard Schick – Wir diskutieren so oft auf offener Bühne; da können wir uns das heute sparen . Das ist meine Antwort auf Ihre Wortmeldung . (Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wurden doch noch gar nicht gefragt!)





(A) (C)


(B) (D)


Ich will in dieser Diskussion eine weitere Bemerkung
machen . Sie haben Trump angesprochen und gesagt, dass
Deutschland jetzt der Welt etwas beweisen muss . Wir
haben seit 1990 über 250 Millionen Tonnen CO2 einge-
spart, und das weitestgehend in der Energieerzeugung,
nirgendwo anders .


(Beifall des Abg . Thomas Jurk [SPD])


Wenn wir jetzt noch, wie Sie es wollen, aus der Braun-
kohleverstromung aussteigen und etwa 180 Millionen bis
200 Millionen Tonnen CO2 einsparen, dann ist das in der
Wirkung für das Weltklima so ähnlich, als wenn in China
ein Sack Reis umfällt . Es ist auch nicht richtungsweisend .


(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt, Sie wollen auch nicht das Pariser Klimaabkommen befolgen? Es wird immer besser!)


Nein, wir in Deutschland müssen unsere Blockaden
aufgeben und die bestmöglichen verfügbaren Techniken,
die wir haben, nicht nur im Bereich der regenerativen
Energien und der Speichertechnologien, sondern auch in
der Verwendung von fossilen Energien wie Erdgas, Erdöl
und Braunkohle einsetzen .

Wir werden – das garantiere ich Ihnen – in der nächs-
ten Wahlperiode darüber zu reden haben, weil die Eva-
luierung des von CDU/CSU und FDP auf den Weg ge-
brachten CCS-Gesetzes ansteht, wo es ja auch um die
Opt-out-Regelung geht . Wir werden nicht daran vorbei-
kommen, in Deutschland darüber nachzudenken, was wir
mit dem abgeschiedenen CO2 aus industriellen Prozes-
sen machen sollen. Stoffliche Verwertung: Ja. Das wird
aber nicht reichen . Wir werden auch darüber nachdenken
müssen, ob wir die CCS-Technik nicht in ganzheitlicher
Art und Weise anwenden und dabei Untergrund nutzen .
Wo Gas drin war, kann auch wieder Gas hinein . Das wäre
ein wichtiger Beitrag auch für alle anderen in der Welt,
die derzeit noch 7 Milliarden Tonnen Kohle fördern und
verstromen, um ihre Investitionen dann in CO2-Treib-
hausgasfreiheit zu stecken .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der SPD)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823721600

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben heute

noch eine sehr anspruchsvolle Tagesordnung vor uns .
Das bitte ich bei den dringend gewünschten Kurzinter-
vention und Nachfragen zu bedenken . Ich lasse jetzt eine
Kurzintervention der Kollegin Baerbock zu, die sich
nicht richtig interpretiert gefühlt hat .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ja . – Herr Freese, Sie hätten mir schon richtig zuhören
müssen . Ich habe über die KfW-Kredite für das Solar-
kraftwerk in Marokko geredet und dann gesagt: Auf der
anderen Seite sichern Sie mit Hermesbürgschaften, was
etwas anderes ist, Kohlekraftwerke zum Beispiel in Me-
dupi in Südafrika ab . Genau für diese Hermesbürgschaf-
ten haben Sie eben keine Klimastrategien . Das machen
Sie einfach weiter . Aus diesem Projekt ist zum Beispiel
die Weltbank bei der Kreditabsicherung ausgestiegen .
Hermesbürgschaften machen das aber weiter nötig . Das
halten wir für absolut falsch . Denn warum soll die KfW
nur noch klimafreundlich investieren, Hermes aber wei-
ter fossile Energie wie Kohle absichern?

Rundherum betrachtet ist es ja sehr interessant, dass
die SPD offensichtlich den Ausstieg aus der Steinkohle
in NRW als falsch empfunden hat und jetzt auch noch
in CCS einsteigen wollte . Vielleicht sollten Sie das alles
Ihrem Kanzlerkandidaten Martin Schulz noch einmal mit
auf den Weg geben . Dann können Sie auch gleich selbst
aus dem Klimaschutzabkommen aussteigen .


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823721700

Herr Kollege Freese, Sie haben die Gelegenheit, da-

rauf zu erwidern, wenn Sie das wünschen .


(Ulrich Freese [SPD]: Es ist alles gesagt!)


– Das ist nicht der Fall .

Dann sind wir am Ende der Aussprache, die ich damit
auch schließe .

Wir kommen jetzt zu den Tagesordnungspunkten 15 a
und 15 b . Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen
auf den Drucksachen 18/12108 und 18/12381 an die in
der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschla-
gen . Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall . Es
gibt keinen Widerspruch . Dann sind die Überweisungen
so beschlossen .

Wir kommen jetzt zum Tagesordnungspunkt 15 c . Be-
schlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und
Energie zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem
Titel „Kohleausstieg einleiten – Strukturwandel sozial
absichern“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 18/11151, den Antrag der
Fraktion Die Linke auf Drucksache 18/8131 abzulehnen .
Wer stimmt für die Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Keine .
Die Beschlussempfehlung ist damit mit den Stimmen von
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion Die
Linke und von Bündnis 90/Die Grünen angenommen .

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 16 a und 16 b auf:

a) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen
des Europarats vom 11. Mai 2011 zur Ver-
hütung und Bekämpfung von Gewalt gegen
Frauen und häuslicher Gewalt

Drucksachen 18/12037, 18/12479

Ulrich Freese






(A) (C)



(B) (D)


Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

(13 . Ausschuss)


Drucksache 18/12610

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts des Ausschusses für Familie, Senio-
ren, Frauen und Jugend (13 . Ausschuss) zu dem
Antrag der Abgeordneten Cornelia Möhring,
Matthias W . Birkwald, Eva Bulling-Schröter,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe für von
Gewalt betroffene Frauen – Bundeseinheitli-
che Finanzierung voranbringen

Drucksachen 18/7540, 18/12610

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
diese Aussprache 38 Minuten vorgesehen . – Ich sehe
hierzu nur Einverständnis . Dann ist das so beschlossen .

Ich darf die Aussprache unverzüglich eröffnen und
erteile als erster Rednerin Elke Ferner für die SPD-Frak-
tion das Wort .


(Beifall bei der SPD)



Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1823721800

Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Die

Ratifizierung der Istanbul-Konvention ist ein weiterer
Meilenstein in einer langen Reihe gleichstellungspoli-
tischer Meilensteine . Gewalt gegen Frauen ist auch bei
uns kein Randphänomen und findet mitten in unserer
Gesellschaft statt . Viele Frauen erleiden Gewalt . Alleine
2015 waren 104 000 Frauen von häuslicher Gewalt in
der Partnerschaft betroffen. Doch auch heute schweigen
viele von ihnen aus Angst vor weiterer Gewalt oder aus
Angst, dass ihnen niemand glaubt, und das trotz eines gut
ausgebauten Hilfesystems, trotz des Gewaltschutzgeset-
zes und trotz anderer gesetzlicher Regelungen .

Eine der zentralen Forderungen der Istanbul-Konven-
tion ist, alle nicht einvernehmlichen sexuellen Handlun-
gen unter Strafe zu stellen . Diese letzte Lücke im deut-
schen Sexualstrafrecht haben wir im letzten Sommer
nach langen Diskussionen gemeinsam geschlossen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben das im Bundestag einstimmig beschlossen,
mit großer Unterstützung aus der Zivilgesellschaft, für
die ich mich bei allen Beteiligten ganz herzlich bedan-
ken möchte . Ohne die Vertreterinnen und Vertreter der
Zivilgesellschaft hätten wir diesen Paradigmenwechsel
wahrscheinlich nicht geschafft.


(Beifall bei der SPD)


Jetzt gilt der Grundsatz „Nein heißt nein“ ohne Wenn und
Aber . Wer diese Grenze überschreitet, macht sich straf-
bar . Das ist eindeutig und – das will ich klar sagen – auch
für mittelmäßig begabte Männer zu verstehen .


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Mit der Ratifizierung der Istanbul-Konvention stehen
wir aber nicht am Ende, sondern am Anfang eines Pro-
zesses. Mit der Ratifizierung verpflichten wir uns, die
geschaffenen Standards im Kampf gegen Gewalt gegen
Frauen dauerhaft aufrechtzuerhalten und weiterzuentwi-
ckeln . Deshalb ist für mich ganz klar, dass in der nächsten
Wahlperiode im Bundestag ein drittes Aktionsprogramm
zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und Mädchen
beschlossen werden muss .


(Beifall bei der SPD)


Die Istanbul-Konvention muss auch im Alltag Wirklich-
keit werden und in der Rechtsprechung angewandt wer-
den . Dazu gehören auch Fortbildungen für Angehörige
von Justiz, Ermittlungsbehörden und Polizei . Das liegt
im Zuständigkeitsbereich der Länder . Ich kann diese nur
ermutigen, Justiz-, Ermittlungs- und Strafverfolgungsbe-
hörden schnell mit den neuen Anforderungen vertraut zu
machen; denn nur wenn Gewalt gegen Frauen erkannt
wird, kann sie auch bekämpft und geahndet werden .


(Beifall bei der SPD)


Deshalb müssen die Istanbul-Konvention und die sich
daraus ergebenden Rechte auch in der Bevölkerung bes-
ser bekannt gemacht werden . Nur so können gewaltbe-
troffene Frauen und Mädchen ihre Rechte einfordern und
besser geschützt werden .

Ich will ein Beispiel nennen . Die BVG hier in Berlin
hat – vielleicht hat das der eine oder die andere schon
mitbekommen – eine Kampagne zur Bekanntmachung
des Prinzips „Nein heißt nein“ initiiert, die auf den Bild-
schirmen der U-Bahnen zu sehen ist . Das ist eine groß-
artige Aktion . Ich wünsche mir, dass viele andere dieser
Aktion folgen, um dieses Prinzip klarzumachen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mit Ende dieser Legislaturperiode werde ich nach fast
27 Jahren – mit einer Unterbrechung – aus dem Deutschen
Bundestag ausscheiden . Ich habe meine Tätigkeit als Ab-
geordnete über all die Jahre immer als großes Privileg
empfunden . Es ist für viele von uns das Spannendste und
Vielseitigste, was man kennenlernen kann . Ich durfte un-
glaublich viele Menschen kennen- und schätzen lernen .
Ich konnte für die Menschen in meinem Wahlkreis und
darüber hinaus viel bewegen und bei der Lösung ganz
konkreter Probleme helfen . Ich habe hier im Parlament
die Gelegenheit gehabt, auf unterschiedlichen Feldern
zu arbeiten: in der Verkehrs-, Europa-, Haushalts-, Um-
welt-, Gesundheits- und Sozialpolitik und nun in dieser
Wahlperiode im Bereich der Familien-, Senioren-, Frau-
en- und Jugendpolitik . Das war immer mein persönliches
Hobby . Es war toll, das sozusagen hauptamtlich in der
Politik machen zu können .


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Als verkehrspolitische Sprecherin meiner Fraktion,
als stellvertretende Fraktionsvorsitzende und jetzt als
Parlamentarische Staatssekretärin – zwischendurch war
ich einmal beamtete Staatssekretärin im Verkehrsminis-

Vizepräsident Johannes Singhammer






(A) (C)



(B) (D)


terium – habe ich in unterschiedlichen Bereichen Ver-
antwortung übernehmen dürfen . Ich bin sehr dankbar,
dass ich wie heute an vielen gleichstellungspolitischen
Meilensteinen in der Gesetzgebung mitwirken und damit
auch ein Stück Frauengeschichte in Deutschland schrei-
ben konnte .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


An vielen Punkten haben wir Frauen hier in diesem
Parlament viel bewegt: bei § 218, bei der Erweiterung
von Artikel 3 Grundgesetz, bei der Strafbarkeit von
Vergewaltigung in der Ehe oder wie im letzten Jahr bei
der Reform des Sexualstrafrechts . Ich hätte mir auch
gewünscht – das sage ich hier ganz offen –, dass wir in
dieser Wahlperiode die vorhandenen Mehrheiten im Par-
lament genutzt hätten, um zu beschließen, dass gleichge-
schlechtliche Paare die Ehe eingehen können .


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Vielleicht kann sich die Unionsfraktion noch dazu hin-
reißen lassen, in den letzten beiden Sitzungswochen den
Fraktionszwang aufzuheben .

Wir haben auch dann sehr viele gleichstellungspoli-
tische Meilensteine umsetzen können, wenn die SPD in
der Regierungsverantwortung war . Ich will nur einige
aus der Zeit nennen, in der ich im Parlament war: das
Gewaltschutzgesetz; das Bundesgleichstellungsgesetz;
die Einführung von Gender-Mainstreaming in der Ge-
meinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien;
das Elterngeld; das Elterngeld Plus; Verbesserungen im
Rentenrecht; der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz;
die sogenannte Frauenquote, die ja in Wahrheit eine Ge-
schlechterquote ist; die Entgelttransparenz . Wir hätten
eigentlich auch noch in dieser Wahlperiode – das wäre
wirklich wichtig gewesen – das Recht auf Rückkehr von
Teilzeit- zu Vollzeitarbeit


(Beifall bei der SPD)


und auch die Verbesserung der Rentenanwartschaften für
die Niedrigverdienenden, was ja insbesondere den Frau-
en zugutekommt, beschließen müssen . Insofern bleibt für
die, die dem Bundestag in den nächsten Wahlperioden
angehören, noch viel zu tun .

Ich würde mir sehr wünschen, dass in der nächsten
Wahlperiode das Tempo erhöht wird . Wir haben in dieser
Wahlperiode viel vorgelegt . Ich wünsche mir, dass die
gesetzlichen Rahmenbedingungen den Lebensmodellen
des 21 . Jahrhunderts angepasst werden und nicht in den
50er-Jahren des letzten Jahrhunderts verharren . Dies gilt
beispielsweise für das Ehegattensplitting, das wirklich
ein Relikt aus dem letzten Jahrhundert ist .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich mir wün-
schen, dass Gesetze nur verabschiedet werden, wenn sie
die bestehenden Benachteiligungen zwischen Frauen und
Männern wirklich verringern . Die Aussage „Gleichstel-

lungspolitische Auswirkungen: keine“ spricht eigentlich
nicht für gute Gesetze . Vielleicht kann man sich diesen
Punkt in der nächsten Wahlperiode vornehmen .

Ich würde mir wirklich sehr wünschen, dass end-
lich bei großen Teilen der Wirtschaft, aber auch bei den
gleichstellungspolitischen Bremsern in diesem Parlament
die Einsicht einkehrt, dass die Gleichstellung von Frauen
und Männern in allen gesellschaftlichen Bereichen ein
Gewinn ist – für alle: für die Männer, für die Frauen, für
die gesamte Gesellschaft .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte jetzt schließen . Ich bedanke mich für die
gute fraktionsübergreifende Zusammenarbeit . Ich möch-
te mich insbesondere bei meiner Fraktion, bei meinen
Parteifreundinnen und -freunden zu Hause bedanken .


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Bei der CDU/ CSU-Fraktion!)


– Ja, bei allen hier im Parlament . Alle sind natürlich ein-
geschlossen .

Natürlich bedanke ich mich auch bei den Vertreterin-
nen und Vertretern der Zivilgesellschaft, mit denen ich
viel zusammenarbeiten konnte . Darüber hinaus bedanke
ich mich bei meinem Team, bei meinen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern und meiner Familie .

Ich wünsche Ihnen alles Gute für die nächste Wahlpe-
riode und möchte, wie das bei uns im Saarland so üblich
ist, mit einem herzlichen Glückauf schließen .

Vielen Dank .


(Beifall im ganzen Hause – Die Abgeordneten der SPD erheben sich)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823721900

Liebe Kollegin Ferner, das hat sich so angehört, als ob

das Ihre letzte Rede hier im Deutschen Bundestag gewe-
sen wäre . Deshalb möchte ich diese Gelegenheit nutzen,
Ihnen im Namen der Kolleginnen und Kollegen für diese
lange Zeit als Abgeordnete und für Ihre Arbeit im Hohen
Haus herzlich zu danken .


(Beifall)


Wir fahren fort in der Aussprache . Ich erteile das Wort
der Kollegin Cornelia Möhring für die Fraktion Die Lin-
ke .


(Beifall bei der LINKEN)



Cornelia Möhring (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823722000

Vielen Dank . – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Bevor ich mich der Istanbul-Konvention zu-
wende, ganz kurz zu Elke Ferner: Liebe Elke, ich finde,
es ist eigentlich völlig inakzeptabel – das habe ich auch
schon zu anderen Zeiten gesagt –, dass du aufhörst .


(Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Genau!)


Elke Ferner






(A) (C)



(B) (D)


Aber ich konnte mich damit ja nicht durchsetzen . Des-
wegen an dieser Stelle auch von mir und meiner Fraktion
noch einmal: Danke für die klasse Zusammenarbeit!


(Beifall im ganzen Hause)


Jetzt zur Istanbul-Konvention, über die wir heute re-
den, die nun endlich ratifiziert wird. Damit sollen Frauen
besser vor Gewalt geschützt werden . Die Istanbul-Kon-
vention hat auch deshalb eine so hohe Bedeutung, weil
die völkerrechtlichen Vereinbarungen von allen staatli-
chen Organen umzusetzen sind . Diese Vereinbarungen
umfassen eigentlich sehr viel . Es müssen nämlich ein-
heitliche Schutzstandards in den Bereichen der Präven-
tion, des Opferschutzes, des Hilfesystems und der Straf-
verfolgung geschaffen werden, um Gewalt an Frauen zu
beseitigen .

Außerdem ist wichtig, dass das Übereinkommen dis-
kriminierungsfrei umgesetzt werden soll . Was heißt das?
Spezielle Bedürfnisse von Personen, die durch beson-
dere Umstände besonders verletzlich sind, müssen auch
besonders berücksichtigt werden . Damit sind Frauen
mit Beeinträchtigungen gemeint, geflüchtete Frauen,
Migrantinnen mit einem prekären Aufenthaltsstatus, die
logischerweise spezielle Bedürfnisse haben, wenn sie in
einer solchen Gewaltsituation sind . Es ist also wirklich
an der Zeit, dass die Istanbul-Konvention nun endlich
auch von Deutschland ratifiziert wird.


(Beifall bei der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns hier
immer völlig einig, wenn es darum geht, zu sagen: Ge-
walt gegen Frauen ist nicht hinnehmbar . – Wir sind uns
auch immer völlig einig, wenn gesagt wird: Es muss jetzt
endlich etwas getan werden . – Wir freuen uns natürlich
auch über gemeinsame Erfolge wie die Verankerung des
eben schon genannten Grundsatzes „Nein heißt nein“ im
Strafrecht. Das war wirklich, finde ich, das politische
Highlight der letzten Jahre in diesem Haus .


(Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Man könnte jetzt sagen und denken „alles chic“, aber
das ist es eben leider nicht . Wenn ich mir Ihre Denk-
schrift zur Istanbul-Konvention angucke, habe ich die
Sorge, dass sie womöglich zum Papiertiger wird und da-
mit ein politisches Ruhekissen geschaffen wird.


(Mechthild Rawert [SPD]: Nein, nein, nein! Keine Panik!)


– Ich hoffe ja, dass es nicht so ist. – In dieser Denkschrift
schreiben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Re-
gierungsfraktionen, dass es nur „punktuelle Versorgungs-
lücken und Zugangsschwierigkeiten zum Hilfesystem“
gibt . Das sehe ich wirklich anders .

Jährlich werden circa 18 000 Frauen und ihre Kinder
in Frauenhäusern aufgenommen, aber ungefähr genau-
so viele finden keinen Platz. Im Ausschuss gab es die
Frage, woher diese Zahlen kommen . Sie sind aus dem
CEDAW-Alternativbericht . Da kann man also nicht von
einer punktuellen Versorgungslücke sprechen . Um die
nächstgelegene Hilfeeinrichtung zu erreichen, müssen

Frauen oft etliche Kilometer zurücklegen . Im ländlichen
Raum ist das ohne Auto und öffentliche Verkehrsmittel
eine recht hohe Hürde . 90 Prozent der Schutzeinrichtun-
gen sind nicht oder nur teilweise barrierefrei, für Frauen
mit körperlichen Beeinträchtigungen und speziellen Be-
dürfnissen also nicht zugänglich .

Was Sie als punktuelle Versorgungslücke schönreden,
nenne ich „eklatante Unterversorgung“ . Ein ausreichen-
des flächendeckendes Hilfesystem braucht Frauenhaus-
plätze, Beratungsstellen mit einer entsprechenden Per-
sonalausstattung . Die Kolleginnen und Kollegen, die in
dem Bereich arbeiten, gehen echt auf dem Zahnfleisch.
Ein solches flächendeckendes Hilfesystem existiert
schlichtweg nicht .

Die Istanbul-Konvention und ihre vorbehaltlose Rati-
fizierung zielt aber auch noch auf mehr als auf die Ver-
sorgung mit Hilfeeinrichtungen . Es ist ein sehr wichtiges
Abkommen, weil es auf die Beendigung von Gewalt ge-
gen Frauen und von häuslicher Gewalt dringt, und zwar
durch eine koordinierte Gesamtstrategie . Solch eine Ge-
samtstrategie ist in Ihrer Denkschrift – das ist die Ge-
setzesbegründung – nicht zu finden. Ich weiß: Sie haben
auch keine .

Wenn Sie jetzt wieder mantramäßig einwenden, dass
Länder und Kommunen zuständig sind, dann bitte ich
Sie wirklich, zur Kenntnis zu nehmen, dass gerade bei
der föderalen Struktur der Bundesrepublik solch eine
Gesamtstrategie und vor allem eine Koordinierung der
verschiedenen Maßnahmen notwendig sind .


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg . Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Zu einer solchen Gesamtstrategie gehören auch Berei-
che wie Datensammlung, Forschung, Präventionsarbeit .
Auch in diesen Fragen beschränkt sich Ihre Denkschrift
leider nur auf die Aufzählung verschiedener Beispiele .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir mit Ak-
teurinnen im Hilfesystem oder auch mit kommunalen
Gleichstellungsbeauftragten sprechen, erfahren wir: Die
haben wirklich langsam die Faxen dicke . Die wollen,
dass endlich mehr getan wird und nicht nur geredet wird .


(Beifall bei der LINKEN)


Es ist wirklich an der Zeit, zu handeln .

Ich will zum Abschluss deswegen wirklich den ein-
dringlichen Appell an die Regierungsfraktionen richten:
Nutzen Sie die noch verbleibende Zeit und die Ratifi-
zierung der Istanbul-Konvention, und bringen Sie eine
Gesamtstrategie auf den Weg! Holen Sie alle relevanten
Akteure an einen Tisch, und arbeiten Sie daran . Die Lin-
ke ist in dieser Frage auf jeden Fall an Ihrer Seite .

Vielen Dank .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Cornelia Möhring






(A) (C)



(B) (D)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823722100

Die Kollegin Christina Schwarzer spricht jetzt für die

Fraktion von CDU und CSU .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Christina Schwarzer (CDU):
Rede ID: ID1823722200

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau
Ferner, auch aus unserer Fraktion Ihnen alles Gute! Wir
haben sehr gerne mit Ihnen zusammengearbeitet . Ein
paar gemeinsame Monate haben wir ja noch .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben ja auch noch große Dinge vor . So ist das ja
nicht .

Es passiert so häufig bei uns in Deutschland, und doch
wird darüber so wenig gesprochen: Häusliche Gewalt
und sexueller Missbrauch von Frauen sind noch immer
ein Tabuthema . Kaum jemand spricht darüber . Dabei
findet die Gewalt eigentlich immer statt, auch jetzt, ir-
gendwo, in allen sozialen Schichten, oft nicht einmal
heimlich . Das wissen wir nicht erst seit den Ereignissen
in der Kölner Silvesternacht . Gewalt macht vor nieman-
dem halt. Es betrifft alte Frauen und junge Frauen, es be-
trifft reiche Frauen und arme Frauen, es betrifft Frauen
mit heller Hautfarbe und Frauen mit dunkler Hautfarbe,
Frauen mit dunklen Haaren und Frauen mit roten Haaren .
Wir alle sind betroffen.

Dass so viele Frauen in Deutschland bereits Gewalt
erfahren haben, ist erschreckend, die meisten davon üb-
rigens in den eigenen vier Wänden . Der Täter ist oft der
Partner, den man häufig nicht verlieren will. Und wir
reden hier nicht von einer Backpfeife oder verbaler Ge-
walt, was schlimm genug wäre . Wir reden von Delikten
wie Mord, Totschlag, Körperverletzung, Vergewaltigung,
sexueller Nötigung oder Stalking . Etwa 35 Prozent der
Frauen in Deutschland wurde in ihrem Leben bereits
körperliche oder sexuelle Gewalt angetan . Ob in der
U-Bahn, im Restaurant, im Freundeskreis oder auch hier
im Bundestag: Statistisch gesehen sitzt mindestens eine
Frau neben uns, die bereits Gewalt erfahren hat . Wenn
man sich das so vor Augen führt, dann stellt man fest:
Das ist eine erschreckende Zahl . Es ist also ein wichtiger
Schritt, wenn wir das Übereinkommen des Europarats
zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frau-
en und häuslicher Gewalt nun ratifizieren. Ich glaube, da-
ran hat niemand einen Zweifel .

Die sogenannte Istanbul-Konvention stuft Gewalt ge-
gen Frauen als das ein, was sie ist: diskriminierend und
eine Verletzung der Menschenrechte. 81 Artikel definie-
ren politische und juristische Maßnahmen, die Staaten
ergreifen müssen, um die vorgeschriebenen Ziele zu
erreichen . Deutschland hat das Abkommen bereits am
11 . Mai 2011 direkt in Istanbul unterzeichnet . Für die
Ratifizierung – Frau Möhring, das haben Sie ja auch er-
wähnt – waren noch einige Änderungen am nationalen
Gesetz notwendig, von denen wir hier im Haus die meis-
ten gemeinsam beschlossen haben .

Ein wichtiges Beispiel ist das Hilfetelefon „Gewalt
gegen Frauen“ . Weil das so wichtig ist, frage ich jetzt
einmal: Wer hat die Nummer im Kopf? Frau Ferner, Sie
dürfen jetzt gerade nichts sagen . – Entweder Sie hören
mir alle nicht zu oder die Nummer ist einfach noch zu
unbekannt . Ich glaube, es ist vielleicht gerade eine Mi-
schung aus beidem .


(Gudrun Zollner [CDU/CSU]: 08000 116 016!)


– Gudrun Zollner sagt es gerade: 08000 116 016 .

Ich finde, jeder von uns müsste diese Telefonnummer
aus dem Effeff können. Das Hilfetelefon bietet ganz un-
kompliziert Unterstützung und Beratung an – rund um
die Uhr, kostenlos, vertraulich, anonym, in 17 Sprachen .
Auch ganz wichtig: Es gibt ein barrierefreies Angebot in
Deutscher Gebärdensprache. Immer häufiger gehen beim
Hilfetelefon auch Anfragen im Zusammenhang mit ge-
schlechtsspezifischen Gewalterfahrungen von geflüchte-
ten Frauen ein . Dabei melden sich oft Mitarbeiter und
Ehrenamtliche von Flüchtlingsunterkünften, die sich mit
dem Thema überfordert fühlen oder einfach schlichtweg
nicht wissen, was sie tun sollen, wenn sie Gewalt beob-
achten . Oft geht es aber auch nur um das Zuhören und um
Entlastung . Auch in diesen Fällen kann das Hilfetelefon
natürlich helfen .

Ich möchte an dieser Stelle nicht versäumen, darauf
hinzuweisen, dass wir mittlerweile auch großartige An-
gebote im Internet haben. Das finde ich sehr wichtig;
denn Niederschwelligkeit ist oft der wichtigste Faktor bei
der Frage, ob eine Frau Hilfe sucht oder nicht . Die Hilfe
muss da angeboten werden, wo sich die Frauen bewegen,
und das ist heutzutage auch im Internet . Dabei kommt es
nicht darauf an, was wir hier im Bundestag unkompli-
ziert finden. Vielmehr es ist wichtig, was für die Frauen
unkompliziert ist .


(Beifall der Abg . Ursula Groden-Kranich [CDU/CSU])


Denn für sie ist jeder Schritt zur Hilfe sowieso schon sehr
schwierig .

Ich möchte auch noch einmal das Projekt gewaltlos .de
hervorheben . Hier erhalten Mädchen und Frauen, die von
häuslicher Gewalt oder Stalking betroffen sind, Beratung
und Hilfe, und zwar ausschließlich im Internet . Zentrales
Medium ist hier ein Chat, der rund um die Uhr erreich-
bar ist. Eine konkrete Beratung findet dann in öffentlich
nicht zugänglichen Einzelchats statt . Wir haben – daran
können Sie sich sicherlich erinnern – in den vergangenen
Haushaltsberatungen den richtigen Beschluss gefasst,
dieses Projekt mit 500 000 Euro vom Bund zu fördern .
Eine erste Amtshandlung der neuen Familienministerin –
morgen werden wir sie treffen – ist es hoffentlich, dieses
Projekt zur Kenntnis zu nehmen . Ich werde ihr morgen
einen netten Brief überreichen. Ich hoffe, dass sie sich
weiterhin für dieses Projekt einsetzt .

Wir haben – das wurde auch schon gesagt – in den
letzten Monaten eine Reform des Sexualstrafrechts be-
schlossen . Der alte Vergewaltigungsparagraf, der un-
ter anderem eine Gewaltanwendung oder Nötigung des
Opfers voraussetzte, wurde aufgehoben . Der Grundsatz






(A) (C)



(B) (D)


„Nein heißt nein“ ist hier schon oft genug genannt wor-
den. Aber ich finde, man kann das nicht oft genug er-
wähnen .

Ein wichtiges Thema, über das wir heute noch be-
schließen werden – zwar sehr spät, aber wir beschließen
es –, ist die Kinderehe, also ein Verbot der Kinderehe . Ich
glaube, ich trete niemandem zu nahe – es ist umgangs-
sprachlich so gesagt, aber wir alle wissen, was gemeint
ist; es ist ein wahnsinnig wichtiges Thema, das in den
letzten Monaten immer wieder in den Medien stand –,
wenn ich sage, dass ein 14-jähriges Mädchen in keiner
Kultur der Welt die geistige Reife besitzt, freiwillig eine
Ehe einzugehen . Hier ist immer Zwang im Spiel, ob di-
rekter körperlicher oder moralischer Zwang oder anderer
Druck . Davon bin ich überzeugt . Insofern gehen wir mit
dem, was unter Verbot der Kinderehe subsummiert wird,
einen wichtigen Schritt im Sinne der Istanbul-Konven-
tion .

Die WHO bezeichnet Gewalt gegen Frauen als ei-
nes der größten Gesundheitsrisiken von Frauen welt-
weit . Lange war das Thema vollständig tabuisiert . Viele
der betroffenen Frauen fühlen sich immer noch hilflos.
Scham und Angst vor Gerede oder weiteren Übergriffen
hemmen sie, ihre Rechte einzufordern und Hilfe zu su-
chen . Viele sprechen einfach nicht und suchen sich keine
Hilfe . Noch einmal: Es ist richtig und wichtig, dass wir
das Übereinkommen ratifizieren. Ich sage aber auch –
Frau Möhring, das haben Sie schon erwähnt –: Papier ist
geduldig. Allein das Ratifizieren schützt nämlich keine
Frau vor Gewaltanwendungen . Es hält keinen Mann da-
von ab, die Hand gegen seine Frau zu erheben oder sie zu
vergewaltigen . Es hilft keiner Frau dabei, sich zu weh-
ren oder nach Unterstützung zu fragen. Die Ratifizierung
muss nun mit politischen und gesellschaftlichen Inhalten
gefüllt sein . Und das ist sie nun bei uns .

Viele kritisieren – Sie auch –, dass die Ratifizierung
so lange gedauert hat . Ja, wir sind erst der 24 . Staat,
der ratifiziert. Das mag man falsch finden. Ein Land
wie Deutschland müsste in diesen Dingen besser sein,
schneller, möchte man meinen . Aber Schnelligkeit allein
ist jedoch nicht der Weisheit letzter Schluss . Weniger als
ein Jahr nach der Unterzeichnung hat beispielsweise die
Türkei das Abkommen ratifiziert. Kurze Zeit später fand
an einer Universität eine Umfrage statt . Hier fand man
heraus, dass 62 Prozent der türkischen Männer Gewalt
gegen Ehefrauen befürworten, 28 Prozent hielten sie gar
für unerlässlich, um Frauen zu disziplinieren und zu er-
ziehen . Dann wundert man sich auch nicht über folgende
Zahl: In der Türkei hat fast jede zweite verheiratete Frau
bereits Gewalterfahrung gemacht .


(Mechthild Rawert [SPD]: Wir wären erstaunt, wie hoch die Zahlen in Deutschland sind!)


Über die Dunkelziffer lässt sich, wie auch bei uns in
Deutschland, nur spekulieren . Noch einmal: Die Türkei
hat längst ratifiziert.

Daher möchte ich wiederholen: Die Ratifizierung
ist richtig und wichtig, selbstverständlich . Aber es sind
auch konkrete politische Maßnahmen, die helfen . Die
regionalen Unterstützungsangebote, die gesellschaftliche
Aufmerksamkeit und das Nichtwegsehen können helfen,

Frauen vor sexueller oder körperlicher Gewalt zu schüt-
zen . Anders gesagt: Wir alle sind verantwortlich, nie-
mand darf wegschauen .

Die Voraussetzung zur Ratifizierung der sogenannten
Istanbul-Konvention haben wir erfüllt . Mit dem Gesetz
zur Ratifizierung verpflichten wir uns nun, die geschaf-
fenen Standards im Kampf gegen Gewalt gegen Frauen
dauerhaft aufrechtzuerhalten und weiterzuentwickeln .
Das ist ein ganz wichtiger Schritt . Das heißt ganz eindeu-
tig, Frau Möhring: Die Ratifizierung ist kein Anlass, sich
jetzt zurückzulehnen. Der Schutz von gewaltbetroffenen
Frauen und Mädchen bleibt gesellschaftliche und vor al-
len Dingen auch politische Aufgabe .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823722300

Nächste Rednerin ist die Kollegin Ulle Schauws,

Bündnis 90/Die Grünen .


Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823722400

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Liebe Elke Ferner, von meiner Fraktion und
von mir persönlich: Ganz herzlichen Dank für die gute
Zusammenarbeit . Vielen Dank für die vielen Herausfor-
derungen . Es wird eine riesige Lücke bleiben .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Istanbul-Konvention ist ein Meilenstein im Kampf
gegen Gewalt an Frauen in Europa . Dass die Bundesre-
gierung diesen wichtigen völkerrechtlichen Vertrag in
Deutschland ratifiziert, ist überfällig. Wir werden diesem
Gesetzentwurf heute zustimmen, auch weil wir Grüne
lange darauf gedrängt haben. Effektiver gegen Gewalt
gegen Frauen vorzugehen, duldet keinen Aufschub .

Es geht nicht um ein individuelles, sondern um ein ge-
sellschaftliches Problem . Jede dritte Frau in Deutschland
wurde bereits einmal Opfer von körperlicher oder sexua-
lisierter Gewalt – Frauen jeden Alters, jeder Schicht und
jeder Nationalität . Hinter jeder Statistik, hinter jedem
Gewaltszenario, das wir in Zahlen auflisten, verbirgt sich
die Angst der betroffenen Frauen, oft sogar die tägliche
Angst vor Erniedrigung, vor Verletzung der Würde, vor
psychischer oder massiver körperlicher Gewalt .

Ich möchte daran erinnern, dass der Justizminister und
auch das Kanzleramt sehr, sehr lange blockiert haben, be-
vor sie bei der Reform des Sexualstrafrechts überhaupt
etwas bewegt haben . Ohne den Druck der Frauenverbän-
de, den frühen Gesetzentwurf meiner Fraktion und ohne
die Debatte nach der Silvesternacht in Köln wäre der
Entwurf des Nein-heißt-nein-Gesetzes vermutlich nicht
eingebracht worden. Ohne all das wäre auch die Ratifi-
zierung der Istanbul-Konvention kaum möglich gewesen .
Darum sage ich Ihnen: Es wäre vermessen, diesen Erfolg

Christina Schwarzer






(A) (C)



(B) (D)


als Erfolg der Bundesregierung zu feiern . Das hier ist ein
frauenpolitischer Erfolg, und zwar ein ganz wichtiger .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, dennoch gibt es
Gründe für deutliche Kritik . Meine Vorrednerinnen ha-
ben schon viele Punkte genannt . Die Weigerung der
Bundesregierung, ein klares Bekenntnis zum Schutz von
geflüchteten oder migrierten Frauen und Mädchen ab-
zugeben, die von häuslicher Gewalt betroffen sind oder
als Zeuginnen in Strafverfahren aussagen, kann ich nicht
nachvollziehen . Sie verweigern ihnen weiterhin ein ei-
genständiges Aufenthaltsrecht . Deshalb sage ich es ganz
klar: Ich fordere Sie auf, Artikel 59 der Istanbul-Kon-
vention endlich vorbehaltlos zu ratifizieren, und zwar
schnell . Alles andere wäre nicht glaubhaft .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Frauen- und Menschenrechtsverbände mahnen
in ihren Stellungnahmen zum Gesetzentwurf weiteren
Handlungsbedarf an . Es bedarf einer Gesamtstrategie,
einer effektiv gestalteten Koordinierung und eines Moni-
torings vonseiten des Bundes . Meine Fraktion teilt diese
Forderungen .

Was nach wie vor fehlt, sind auch Maßnahmen für
eine qualifizierte Notfallversorgung der Opfer, eine gute
Ausstattung, systematische Sensibilisierung und Schu-
lungen von Polizei und Justiz . Sie wissen alle, dass es
hier Handlungsbedarf gibt . Da könnte aus meiner Sicht
die Bundesebene auf die Länder positiv einwirken .

Meine Damen und Herren, die Regierung hat mit dem
Hilfetelefon bei Gewalt gegen Frauen eine der Forderun-
gen der Istanbul-Konvention, nämlich die Telefonbera-
tung, umgesetzt – erfolgreich . Das ist erst einmal gut;
aber obwohl Sie wissen, dass das nicht reicht, bringen
Sie das Hilfetelefon immer als das Vorzeigebeispiel –
Punkt, und das war es dann . Was bringt es einer Frau,
die dringend einen Schutzraum braucht, wenn sie am
Hilfetelefon hört, dass es in ihrer akuten Situation keinen
Frauenhausplatz für sie gibt? Nach vier weiteren Jahren
kann Ihre Antwort nicht lauten: Dafür sind allein die Län-
der zuständig . Nach 40 Jahren müssen die Länder, aber
auch der Bund endlich gewährleisten, dass allen von Ge-
walt betroffenen Frauen ein schnellerer, ein sicherer und
ein unbürokratischer Zugang zu Frauenhäusern gewährt
wird . Darum fordere ich die Bundesregierung auf: Gehen
Sie endlich gesamtverantwortlich vor . Tun Sie alles, dass
Frauenhäuser, Notrufe und Frauenberatungsstellen finan-
ziell und personell ausreichend ausgestattet werden .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Länder und Kommunen leisten die schwierige Finan-
zierung der Frauenhäuser seit Jahrzehnten . Ich betone
es ausdrücklich: Hier eine bessere Lösung zu finden, ist
eine Mammutaufgabe . Die Frage nach der Zuständigkeit
von Bund und Ländern hat ihre Berechtigung, aber nicht,

wenn daraus ein Totschlagsargument fürs Nichtstun
wird . Wo ein Wille, da ein Weg!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir Grüne haben 2015 zusammen mit der Fraktion der
Linken in einem öffentlichen Fachgespräch mit Sachver-
ständigen über Lösungen hinsichtlich einer Bundesbetei-
ligung und zum Beispiel über einen Rechtsanspruch für
Frauen gesprochen . Das ist keine einfache Hürde, die es
zu überwinden gilt . Aber wir wollen über solche Lösun-
gen nachdenken; denn wir wollen allen Frauen mit einem
sicheren Frauenhausplatz Schutz bieten, unabhängig von
Einkommen, Wohnort, Aufenthaltstitel oder Behinde-
rung . Deshalb fordern wir Sie als Bundesregierung und
Sie als Koalition auf: Fangen Sie endlich an, Lösungen
zu finden. Wir Grüne sind dabei.

Herzlichen Dank .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823722500

Vielen Dank . – Das Wort hat jetzt die Kollegin

Gülistan Yüksel für die Fraktion der SPD .


(Beifall bei der SPD)



Gülistan Yüksel (SPD):
Rede ID: ID1823722600

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zweck dieses Übereinkommens ist es, Frauen vor
allen Formen von Gewalt zu schützen und Gewalt
gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verhüten, zu
verfolgen und zu beseitigen …

So lautet Artikel 1 Absatz 1a der sogenannten Istan-
bul-Konvention .

Sehr geehrte Damen und Herren, 2011 hat Deutsch-
land das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung
und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häus-
licher Gewalt unterzeichnet . Sechs Jahre hat es seitdem
gedauert, bis der Vertrag nun endlich in nationales Recht
umgesetzt wird .

Ich freue mich, dass wir über Parteigrenzen hinweg in
den letzten Jahren viel erreichen konnten, was die Rechte
und den Schutz von Frauen und Mädchen angeht . Das
Hilfetelefon und die Reform des Sexualstrafrechtes wur-
den heute schon mehrmals erwähnt . Gewalt an Frauen
ist eine Menschenrechtsverletzung, die nicht tabuisiert
werden darf, sondern immer wieder thematisiert werden
muss . Wie die Kampagne des Hilfetelefons richtigerwei-
se fordert, müssen wir das Schweigen brechen – immer
wieder . Und wir müssen präventiv denken und handeln .

Hierzu zählt auch die gesellschaftliche Gleichstel-
lung von Mann und Frau . Somit gehören nicht nur die
Angebote von Frauenhäusern und Beratungsstellen zum
Kampf gegen Gewalt an Frauen, sondern auch gleichstel-
lungspolitische Gesetzgebungen . Liebe Kolleginnen und
Kollegen, in dieser Legislaturperiode haben wir oft das
Schweigen gebrochen und vieles durchsetzen können,
was die Gleichstellung von Männern und Frauen fördert:
mit unserer Familienministerin Manuela Schwesig die

Ulle Schauws






(A) (C)



(B) (D)


Frauenquote und das Entgelttransparenzgesetz, mit un-
serer Arbeitsministerin Andrea Nahles den Mindestlohn
und mit unserem Justizminister Heiko Maas die Reform
des Sexualstrafrechts .


(Beifall bei der SPD)


Auf viele weitere Bereiche bist du, liebe Elke, eingegan-
gen; ich lasse sie jetzt einfach weg .

Mit der Ratifizierung der Istanbul-Konvention tragen
wir weiter dazu bei, den Schutz vor Gewalt zu stärken
und weiterzuentwickeln . Aber unsere Arbeit ist noch
nicht zu Ende . Jetzt kommt es darauf an, dass wir die
Istanbul-Konvention mit Leben füllen . Auch darauf sind
meine Vorredner schon eingegangen . Ein gut funktionie-
render Überwachungsmechanismus, Schulungsangebote
für Justiz und Polizei sowie eine verstärkte Sensibilisie-
rung sind dafür grundlegend .

Wichtig sind auch der Ausbau unserer Hilfsangebote
und eine bedarfsgerechte Finanzierungslösung für die
Frauenhäuser . Denn jede Frau und auch deren Kinder
müssen Schutz und Zuflucht vor Gewalt finden können,
und das unabhängig vom Einkommen, vom Wohnort, un-
abhängig vom Aufenthaltsstatus oder einer Behinderung .


(Beifall bei der SPD sowie der Abg . Dr . Petra Sitte [DIE LINKE])


Dies können wir nur gemeinsam mit den Ländern errei-
chen . Denn diese können am besten eine bedarfsgerechte
Infrastruktur gemäß den Gegebenheiten vor Ort bereit-
stellen . Wir werden aber im Gespräch bleiben und ver-
suchen, einen gangbaren gemeinsamen Weg zu finden.

Wir dürfen weiterhin nicht schweigen, sondern müs-
sen jegliche Gewalt – insbesondere gegen Frauen – aktiv
ansprechen, verfolgen und beseitigen und uns auch auf
internationaler Ebene, bei unseren Partnern und Nach-
barn, weiterhin für ein gewaltfreies Leben und für die
Rechte von Frauen einsetzen .

Zum Schluss möchte ich noch kurz dir, liebe Elke
Ferner, auch im Namen der Kolleginnen und Kollegen –
heute sind ja sehr viele da, aber es sind auch einige leider
nicht dabei, weil sie verhindert sind – für deinen uner-
müdlichen Einsatz für die Rechte der Frauen ganz herz-
lich danken .


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Du hast während deiner Zeit hier im Deutschen Bundes-
tag nie lockergelassen und viel bewegt . Das ist heute in
deiner Rede noch einmal ganz deutlich geworden . Auch
wenn du nicht mehr kandidierst – ich denke, du hinter-
lässt eine große Lücke –, bin ich mir sicher, dass du eine
treibende Kraft bei den Frauenrechten bleiben wirst . Wir
wünschen dir alles Gute, viel Kraft und Freude bei den
Aufgaben, die vor dir stehen .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823722700

Zum Ende dieser Aussprache hat für die CDU/

CSU-Fraktion das Wort die Kollegin Dr . Silke Launert .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Silke Launert (CSU):
Rede ID: ID1823722800

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor nunmehr
fast genau 20 Jahren wurde die Vergewaltigung in der
Ehe eine Straftat . Am 15 . Mai 1997 stimmte die Mehrheit
der Abgeordneten des Deutschen Bundestages für eine
Gleichstellung des Straftatbestandes der Vergewaltigung
innerhalb und außerhalb der Ehe .


(Ulli Nissen [SPD]: Die CDU hat damals aber dagegengestimmt!)


Was für uns heute selbstverständlich ist, galt im Jah-
re 1997 noch als fortschrittlich und als ein großer Erfolg
für die Frauenbewegung . Lange Zeit war in der Gesell-
schaft die Annahme verbreitet, dass es zu den Pflichten
einer guten Ehefrau gehöre, die sexuellen Bedürfnisse ih-
res Ehemannes zu befriedigen, auch dann, wenn die Frau
nicht einverstanden war . Sexualisierte Gewalt in der Ehe
konnte bis zu diesem Zeitpunkt daher nur als schwere
Nötigung oder Körperverletzung strafrechtlich zur An-
zeige gebracht werden .

Und das ist nicht der einzige Meilenstein, den wir er-
rungen haben . So war insbesondere die Einführung des
Gewaltschutzgesetzes im Jahre 2002 – Frau Kollegin
Ferner hat es angesprochen – wegweisend . In diesem
Gesetz ist der Kerngedanke „Wer schlägt, muss gehen –
das Opfer bleibt in der Wohnung“ festgeschrieben . Mit
diesen Regeln können die Täter der Wohnung verwiesen
werden, während die Opfer, zumeist Frauen, in der Woh-
nung verbleiben dürfen . So werden die Opfer unmittel-
bar geschützt, und zugleich wird zwischen den Parteien
die notwendige Distanz hergestellt, die erforderlich ist,
um die Gewaltspirale zu durchbrechen . Auch das ist für
uns heute eine Selbstverständlichkeit, aber lange war das
nicht so .

Gewalt innerhalb der Familie ist heutzutage zum
Glück nicht mehr nur reine Privatsache . Wir schauen hin,
und das ist auch richtig so; denn Gewalt gegen Frauen und
insbesondere häusliche Gewalt ist bei uns in Deutschland
noch weit verbreitet – das wurde oft angesprochen –, und
das geht in Einzelfällen bis hin zu brutaler Gewalt .

So hat mich ein Fall besonders erschüttert, über den
gestern das Landgericht Hannover entschieden hat . Es
handelt sich um den sogenannten Hameln-Prozess . Vor
gut einem halben Jahr hat ein Mann in Hameln seine
vormalige Partnerin, nachdem er sie zunächst mit einem
Messer und einer Axt schwer körperlich misshandelt hat,
mit einem Seil an sein Auto gebunden und ist dann losge-
fahren . Er hat die Dame schwer verletzt einfach auf dem
Gehweg liegen gelassen . Wie durch ein Wunder hat die
Frau überlebt . Der Mann ist wegen versuchten Mordes
zu 14 Jahren Haft verurteilt worden . In der Gerichtsver-
handlung hat die Frau geschildert, wie sehr sie unter ih-
rem Partner gelitten hat . Sobald das Paar verheiratet war,
begann der Mann, seine damalige Partnerin systematisch

Gülistan Yüksel






(A) (C)



(B) (D)


zu beleidigen und zu schlagen . Nach der Trennung kam
es zu Streit über Unterhaltszahlungen für den gemein-
samen Sohn und Drohungen mit Gewalt, wenn sie die
Unterhaltsforderungen nicht einstellt . Letztendlich gip-
felten sein Hass und seine Verachtung gegenüber seiner
Partnerin in seiner grauenvollen Tat an diesem Tag im
November letzten Jahres .

Doch das ist nur ein Beispiel von vielen . Gewalt ge-
gen Frauen findet nicht nur in Partnerschaften statt, ob-
wohl dies einen großen Anteil ausmacht . Nach der jüngs-
ten Statistik des Bundeskriminalamtes wurden allein im
Jahre 2015 – die Zahl wurde heute schon genannt – über
100 000 Frauen Opfer von Gewalt durch ihren Partner
oder Expartner. Nein, Gewalt findet nicht nur in den eige-
nen vier Wänden oder innerhalb von persönlichen Bezie-
hungen statt – es wurde schon angesprochen –, sondern
sie existiert am Arbeitsplatz, in der U-Bahn, bei Volks-
festen, an der Uni, und sie beschränkt sich nicht auf se-
xuelle Gewalt . Gewalt hat viele Gesichter: von Stalking,
Körperverletzung und Beleidigung bis hin zu Mord und
Totschlag .

Und ebenso vielfältig wie die Gewalt auftreten kann,
so vielfältig müssen unsere Maßnahmen sein, die wir an-
bieten . Ich habe ein Bild vor Augen: Wir benötigen ein
Sicherheitsnetz, das die Frauen auffängt. Wir müssen es
so groß und so dicht wie möglich knüpfen . Das gelingt
uns durch Gesetze, durch eine effektive Strafverfolgung,
durch die Einrichtung von Beratungsstellen, durch Frau-
ennotrufe, aber auch durch Prävention in Form von Hilfs-
programmen für Gewalttäter . Es gelingt uns auch durch
internationale Übereinkommen wie die Istanbul-Kon-
vention, die wir heute in deutsches Recht umsetzen . Wir
haben uns damit auf die Fahne geschrieben, Gewalt ge-
gen Frauen und häusliche Gewalt zu verhüten und zu be-
kämpfen . Im Rahmen der Istanbul-Konvention wird auch
dafür gesorgt, dass wir international einheitliche Schutz-
standards im Bereich Gewalt gegen Frauen schaffen.

Deutschland – auch das ist schon mehrfach gesagt
worden – hat die Istanbul-Konvention bereits im Jah-
re 2011 unterzeichnet . Sie hat uns seither wichtige Im-
pulse gegeben, die unser Sicherheitsnetz zum Schutz vor
jeglicher Form von Gewalt gegen Frauen in Deutschland
gefestigt habe . Es wurde bereits angesprochen: Wir ha-
ben seitdem ein bundesweites, kostenloses und rund um
die Uhr erreichbares Hilfetelefon eingerichtet . Dass das
Angebot gut angenommen wird, zeigen die Zahlen . In
den letzten beiden Jahren wurden über 100 000 Bera-
tungsgespräche geführt .

Zudem haben wir die Erfassung in der Polizeilichen
Kriminalstatistik dahin gehend geändert, dass nun ge-
nauere Angaben über die Täter-Opfer-Beziehung aufge-
zeichnet werden . Damit können wir die Fälle häuslicher
Gewalt bei vielen Delikten besser identifizieren und
Licht in das Dunkel bringen .

Besonders am Herzen lag mir – auch dieser Punkt
wurde schon mehrfach angesprochen – die Umsetzung
von Artikel 36 der Istanbul-Konvention, mit der wir die
sexuellen Selbstbestimmungsrechte der Frau gestärkt
haben . Seit November letzten Jahres gilt der Grundsatz
„Nein heißt nein“ . Das heißt, jede sexuelle Handlung,

die nicht einvernehmlich ist, ist strafbar . Wir haben fest-
gelegt, dass jetzt auch das Grapschen als Straftatbestand
gilt; Anlass waren sicherlich auch die Ereignisse in der
Silvesternacht in Köln .

Seit der Einführung der Strafbarkeit der Vergewalti-
gung in der Ehe vor 20 Jahren hat sich im Bereich von
Gewalt gegen Frauen wirklich einiges getan . Die Istan-
bul-Konvention hat daran einen wertvollen Anteil .

Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich noch Fol-
gendes sagen: Ein Sicherheitsnetz, wie ich es gerade be-
schrieben habe, kann nur so zuverlässig auffangen, wie
es ausreichend Menschen gibt, die dieses Netz engagiert
und mit viel Kraft festhalten . Ich denke da vor allem an
die Frauenhäuser und die Beratungsstellen vor Ort, also
die ersten Anlaufstellen für die Opfer . Sie leisten Groß-
artiges; denn sie zeigen einen Ausweg aus der Gewalt-
spirale . Sie bieten Schutz und Halt in akuten Notsituatio-
nen . Deshalb muss in Zukunft – ich sehe, dass wir uns da
zunehmend einig sind – mehr Geld genau dorthinfließen,
auch im ländlichen Raum, denn sie leisten eine wertvolle
Arbeit vor Ort; das dürfen wir nicht vergessen . Insofern
bin ich durchaus einverstanden mit der Zielrichtung des
Antrags der Linken – über diesen entscheiden wir heute
auch –, die Frauenberatungsstellen und Frauenhäuser fi-
nanziell stärker zu unterstützen .


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg . Christina Schwarzer [CDU/CSU])


Allerdings ist es nicht ganz so einfach . Wir können
nicht einfach auf Bundesebene alles übernehmen; die
Grünen und die Linken haben es angesprochen . Es gibt
natürlich trotz alledem noch die Aufteilung, und auch die
Länder müssen ihren Teil dazu beitragen und das Netz
ein bisschen stützen . Ich weiß von Emilia Müller, dass
sie durchaus bereit ist, ihren Anteil zu leisten . Ich sehe
gerne ein, dass der Bund nicht immer die Feuerwehr
spielen und alles alleine machen muss . Aber einen klei-
nen Anstoß – vielleicht einen Schlauch legen – können
wir schon geben. Ich hoffe, dass wir das in der nächsten
Legislatur angehen können .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823722900

Damit schließe ich die Aussprache .

Wir kommen zur

zweiten Beratung

und Schlussabstimmung über den von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu dem
Übereinkommen des Europarats vom 11 . Mai 2011 zur
Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen
und häuslicher Gewalt . Weil es sich dabei um ein Ver-
tragsgesetz handelt, finalisieren wir mit der zweiten Le-
sung . Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschluss-
empfehlung auf der Drucksache 18/12610, den Gesetz-
entwurf der Bundesregierung auf Drucksachen 18/12037
und 18/12479 anzunehmen . Ich bitte jetzt diejenigen,

Dr. Silke Launert






(A) (C)



(B) (D)


die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erhe-
ben . –


(Petra Crone [SPD]: Das ist aber ein schönes Bild!)


Wer stimmt dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Der Ge-
setzentwurf ist damit einstimmig, mit allen Stimmen des
Hohen Hauses, angenommen .


(Beifall im ganzen Hause)


Wir setzen die Abstimmungen zu den Beschlussemp-
fehlungen des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend auf Drucksache 18/12610 fort . Der Ausschuss
empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung
die Ablehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf
der Drucksache 18/7540 mit dem Titel „Rechtsanspruch
auf Schutz und Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen –
Bundeseinheitliche Finanzierung voranbringen“ .

Wer stimmt für die Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Keine .
Die Beschlussempfehlung ist damit angenommen mit
den Stimmen von CDU/CSU und SPD gegen die Stim-
men der Fraktion Die Linke und von Bündnis 90/Die
Grünen .

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11 . Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne-

ten Klaus Ernst, Matthias W . Birkwald, Susanna
Karawanskij, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE

Einen armutsfesten, gesetzlichen Mindestlohn
sicherstellen

Drucksachen 18/11599, 18/12177

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 25 Minuten vorgesehen . – Widerspruch
erhebt sich dagegen keiner . Dann werden wir genau so
verfahren .

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner das Wort dem Kollegen Bernd Rützel für die Fraktion
der SPD .


(Beifall bei der SPD)



Bernd Rützel (SPD):
Rede ID: ID1823723000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich danke den Linken
für diesen Antrag .


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Denn er ermöglicht mir, noch einmal darauf hinzuwei-
sen, wie wichtig diese größte Arbeitsmarkt- und Sozial-
reform in unserem Land gewesen ist . Dieser Mindestlohn
ist ein Meilenstein . Über 4 Millionen Menschen haben
mehr auf ihrem Gehaltszettel . Das hilft den Menschen,
aber vor allem auch der Binnennachfrage in unserem
Land . Viele Minijobs sind in sichere und reguläre sozi-
alversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse umgewan-
delt worden . Darüber hinaus haben durch die beschriebe-

nen Übergangsregeln sehr viele erstmals in Tarifverträge
gefunden . Mit Blick auf die Tarifbindung war das eine
deutliche Verbesserung . Das war alles positiv .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zahlen hätte ich mal gerne!)


Wir haben absichtlich darauf verzichtet, einen diffe-
renzierten Mindestlohn zu machen . Wir wollten einen
einheitlichen Mindestlohn . Wir haben zur Kontrolle den
Zoll aufgestockt. Wir haben 1 600 Stellen geschaffen.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die sind doch gar nicht besetzt!)


– Dafür braucht man Zeit . Das haben wir damals auch
hineingeschrieben .


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber was nützt es denn in zehn Jahren?)


Man braucht die Zeit von 2015 bis 2019,


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die waren viel früher versprochen!)


um diese 1 600 Menschen einzustellen und auszubilden .
Dass der Zoll eine sehr gute Arbeit macht, aufklärt, in-
formiert, aber auch kontrolliert, das sehen wir immer
wieder .


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber sie können immer weniger kontrollieren! Die Zahlen liegen doch auf dem Tisch!)


Darüber hinaus war nie geplant, zumindest nicht aus
Sicht der Sozialdemokratie – ich glaube, auch nicht von
großen Teilen der Union; von manchem Lautsprecher
schon –, dass es Ausnahmen für Flüchtlinge und Zuwan-
derer beim Mindestlohn gibt . Das war nie unser Thema .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Des Weiteren hilft der vorliegende Antrag, deutlich zu
machen, dass wir verschiedene Blickwinkel auf den Min-
destlohn haben . Sehr geehrte Damen und Herren, liebe
Kolleginnen und Kollegen, Praktika sind keine Arbeits-
verhältnisse . Praktika sind Lernverhältnisse . Von daher
muss man genau abwägen, welche Praktika man mit
Mindestlohn versieht . Wir haben die Generation Prakti-
ka beendet, aber da, wo ein Praktikum gebraucht wird,
für Schule, Ausbildung, Beruf, Studium, da ist es auch
möglich, und bei diesem Praktikum wollen wir nicht den
Mindestlohn haben .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Vizepräsident Johannes Singhammer






(A) (C)



(B) (D)


Bei der Sonderregel für Langzeitarbeitslose hat sich
gezeigt, dass diese keine Rolle spielt . Es ist nicht der
Fall, dass sie massenhaft angewendet wird .


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum schaffen wir sie nicht ab, lieber Herr Rützel?)


– Man kann sie abschaffen. Da sind wir uns einig. Sie
hilft nicht, wir brauchen sie nicht, aber haben sie auch
nie gefürchtet .

Ein ganz elementarer Punkt ist: Ja, wir haben in die
Tarifautonomie eingegriffen. Ja, wir haben den Lohn po-
litisch festgelegt. Das war ein großer Eingriff. Vor zehn
Jahren haben die Gewerkschaften gesagt: Lasst die Fin-
ger davon . Das machen wir selber .


(Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Genau!)


Weil die Tarifbindung nicht da war, weil die Flächenta-
rifverträge nicht da waren, weil die Kraft nicht da war,
weil auch die Arbeitgeber ein wenig gebunden waren,
hat man gesagt: Helft uns . Wir brauchen einen Mindest-
lohn . – Und die Gewerkschaften haben gesagt: 8,50 Euro
sind genau richtig .

Wir haben das durchgesetzt, aber wir machen das
nicht noch einmal . Wir überlassen in Zukunft die Höhe
des Mindestlohnes der Mindestlohnkommission . Darin
sitzen neun Leute: ein Vorsitzender, sechs Stimmbe-
rechtigte und zwei Berater . Die machen das richtig, die
machen das gut . Sie bewerten das, und sie werden den
Mindestlohn entwickeln und angleichen . Die Politik soll-
te, wenn sie gut beraten ist, die Finger davon lassen . Das
unterscheidet uns: Sie wollen jetzt 12 Euro, dann wollen
Sie irgendwann 14 Euro; das hört nicht mehr auf . Das
muss diese Kommission entscheiden .


(Abg . Matthias W . Birkwald [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh nein, jetzt keine Zwischenfrage! – Katja Mast [SPD]: Ach nein, Matthias!)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823723100

Der Herr Kollege Birkwald hat den Wunsch nach ei-

ner Zwischenfrage .


Bernd Rützel (SPD):
Rede ID: ID1823723200

In Anbetracht der Zeit: nein . – Der Mindestlohn ist

gut, er wirkt, und ich sehe keine Möglichkeit und Not-
wendigkeit, den Mindestlohn noch einmal anzugehen
und abzuändern .

Vielen Dank .


(Beifall bei der SPD)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823723300

Die Kollegin Jutta Krellmann hat jetzt das Wort für die

Fraktion Die Linke .


(Beifall bei der LINKEN)



Jutta Krellmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823723400

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir machen das jetzt genauso wie eben: Wir
stimmen über unseren Antrag ab, und es wird einstim-
mig .


(Tobias Zech [CDU/CSU]: Ihr stimmt gegen euren eigenen Antrag?)


– Wir stimmen für unseren Antrag, und dann wird das
einstimmig wie eben; damit haben wir den Mindestlohn
erhöht .


(Beifall bei der LINKEN)


Wer Vollzeit arbeitet, muss von seiner Arbeit leben
und natürlich auch eine Familie ernähren können . Das
ist meine feste Überzeugung . Anders geht das doch über-
haupt nicht .


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Zeiten sind vorbei! Die Frauen arbeiten halb!)


– Ja, Frau Pothmer, Sie kommen gleich dran . – Der Min-
destlohn ist von 8,50 Euro auf 8,84 Euro angehoben wor-
den . Das sind 34 Cent mehr pro Stunde – 34 Cent mehr
pro Stunde! –, und das zwei Jahre nach der Einführung .


(Bernd Rützel [SPD]: Das sind 4 Prozent!)


Trotz der Anhebung liegt dieser Mindestlohn deutlich
unterhalb der Niedriglohnschwelle von 10 Euro; das wis-
sen Sie ganz genau, meine Damen und Herren der Gro-
ßen Koalition .

Ich finde es einen Skandal, es soziale Gerechtigkeit zu
nennen, wenn Menschen, die von morgens bis abends ar-
beiten, einen Bruttolohn verdienen, der nicht zum Leben
reicht . Das geht doch gar nicht!


(Beifall bei der LINKEN)


Der Mindestlohn von 8,84 Euro ist und bleibt ein
Mangellohn . Selbst für alleinstehende Personen reicht
dieser Mindestlohn trotz Vollzeitarbeit häufig hinten und
vorne nicht . Sie können ihr Leben nicht unabhängig von
staatlichen Leistungen finanzieren. Auch Alleinerziehen-
de mit Kindern unter sechs Jahren kommen bei diesem
Mindestlohn in Deutschland nahezu flächendeckend
nicht aus der Hartz-IV-Falle . Allein dafür müsste der
Mindestlohn über 10 Euro liegen .

Beschäftigte, die ihr Leben lang zum Mindestlohn
in Vollzeit gearbeitet haben, müssen im Alter ihr Ein-
kommen mit Hartz-IV-Leistungen aufstocken . Wie viel
Beschäftigte heute verdienen müssten, um nicht im
Alter unterhalb der Grundsicherung zu landen, haben
wir die Bundesregierung gefragt . Die Antwort aus dem
Hause Nahles lautete: 11,85 Euro – 11,85 Euro und nicht
8,84 Euro; das ist an der Stelle ein erheblicher Unter-
schied .


(Beifall bei der LINKEN)


Wer ein Leben lang hart gearbeitet hat, muss vor Al-
tersarmut sicher sein . Das ist doch wohl die Mindestan-
forderung, die man an einen Mindestlohn stellen muss .

Bernd Rützel






(A) (C)



(B) (D)


Daher fordern wir einen Mindestlohn von 12 Euro, damit
es auch für diese Kolleginnen und Kollegen langt .


(Beifall bei der LINKEN)


Der Mindestlohn von 8,84 Euro ist zudem zu niedrig,
um die Binnennachfrage zu stärken, auch wenn das im-
mer so locker gesagt wird . Die Binnennachfrage müsste
man noch viel wirksamer stärken . Durch die enormen
Leistungsbilanzüberschüsse in Deutschland sowie die
geringen Löhne werden unsere Partnerländer und damit
alle Beschäftigten in Europa massiv unter Druck gesetzt .

Aber: Aufstockerleistungen sind Subventionsleistun-
gen für die deutsche Wirtschaft . Allein der Wirtschafts-
zweig Handel wurde 2016 mit 1 400 Millionen Euro in
Form von Aufstockerleistungen durch Steuergelder sub-
ventioniert . Damit muss endlich Schluss sein .


(Beifall bei der LINKEN – Tobias Zech [CDU/ CSU]: Wir schaffen die Aufstockung ab!)


Die Arbeitgeber müssen endlich gerechte Löhne zah-
len . Der Fehler lag von Anfang an bei der Bundesregie-
rung und daran, wie das Mindestlohngesetz angelegt war .
Bereits bei seiner Einführung war der Mindestlohn deut-
lich zu niedrig . Es geht mir auf die Nerven,


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Ui!)


mit welcher Überheblichkeit sich die Große Koalition
lobt, ohne wenigstens ansatzweise die Probleme, die be-
stehen, wahrzunehmen .


(Bernd Rützel [SPD]: Ihr habt ja gar nicht mitgestimmt! – Gegenruf des Abg . Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Aber deswegen ja, Bernd!)


Wenn Sie nichts tun, wird sich die Schere zwischen
den Beschäftigten im unteren und oberen Entlohnungs-
bereich immer weiter öffnen. Sie haben heute die Chan-
ce, diesen Konstruktionsfehler zu korrigieren, sich für
faire Löhne einzusetzen und gegen Altersarmut vorzuge-
hen . Stimmen Sie dem Antrag der Linken zu, damit der
Mindestlohn endlich erhöht werden kann!


(Beifall bei der LINKEN)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823723500

Nächster Redner für die CDU/CSU-Fraktion ist der

Kollege Professor Dr . Matthias Zimmer .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Matthias Zimmer (CDU):
Rede ID: ID1823723600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau

Krellmann, so ganz habe ich die Ableitung der Höhe der
Mindestlöhne, die Sie hier vorschlagen – mal 10 Euro,
mal 12 Euro –, nicht verstanden . Aber ich glaube, bei
jemandem, der der Meinung ist, wenn er selbst für den
eigenen Antrag stimmt, sei dieser damit einstimmig ver-

abschiedet, ist es kein Wunder, dass er auch in diesen
Formen der Mathematik nicht ganz nachkommt .


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war jetzt aber schwach!)


Meine Damen und Herren, der Mindestlohn – der Kol-
lege Rützel hat es gesagt – funktioniert . Der Mindestlohn
ist gut eingeführt . Der Mindestlohn ist nach anfänglichen
Debatten heute in ruhigem Fahrwasser .


(Dr . Diether Dehm [DIE LINKE]: Aber er ist zu niedrig!)


Die meisten Firmen haben sich hervorragend darauf ein-
gestellt . Mit anderen Worten: Der Mindestlohn ist nicht
mehr ein gesellschaftlich dringendes Thema . Das könn-
te vielleicht auch erklären, warum wir darüber zu einem
solch späten Zeitpunkt diskutieren .

Das war einmal anders . Ich erinnere mich daran, dass
der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamt-
wirtschaftlichen Entwicklung 2006 ausdrücklich vor
dem Mindestlohn gewarnt hat .


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genauso wie Ihre Kollegen!)


Ich erinnere mich auch daran, dass es in den Anhörun-
gen, die wir zum Mindestlohn durchgeführt haben, Sach-
verständige gegeben hat, die gesagt haben: Mit dem Min-
destlohn werden wir bis zu 1 Million mehr Arbeitslose
haben .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Professor Sinn aus München!)


Es ist aber überhaupt nichts passiert . Der erste Be-
richt der Mindestlohnkommission hat das sehr deutlich
gemacht, und auch die Analysen des Bundesinstituts für
Berufsbildung haben das gezeigt . Ich kann nur sagen:
Wenn die deutsche Volkswirtschaftslehre darin besteht,
aus schiefen Prämissen unter Einfütterung von Zahlen
Prognosen abzuleiten, die der Wirklichkeit überhaupt
nicht standhalten – ich glaube, das nennt man „garbage
in, garbage out“; wenn man Müll hineingefüllt hat, dann
kommt am Ende auch nur Müll heraus –,


(Heiterkeit des Abg . Matthias W . Birkwald [DIE LINKE])


dann ist ihr Stand nicht sehr viel besser als der der Scho-
lastik im Mittelalter, die sich sehr dafür begeistern konn-
te, wie viele Engel auf eine Nadelspitze passen könnten .
Dann kann man zukünftig getrost darauf verzichten, sol-
che Aussagen ernst zu nehmen .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, wir haben den Mindest-
lohn bei 8,50 Euro festgelegt .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Das war der Fehler!)


Das taten wir aber nicht, weil die SPD das gewollt hat . Es
war zwar euer Vorschlag; das ist sicherlich richtig . Aber

Jutta Krellmann






(A) (C)



(B) (D)


ich glaube, es gab auch eine gute Begründung dafür, das
zu machen . Denn zur damaligen Zeit lag der Mindestlohn
auch in der Zeitarbeit genau bei jenen 8,50 Euro,


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Diese Ableitung ist jetzt aber auch abenteuerlich!)


und die Zeitarbeit als einer der branchenübergreifenden
Sektoren hatte an dieser Stelle gewissermaßen eine Leit-
funktion .


(Katja Mast [SPD]: Jetzt tut doch nicht so, als wärt ihr für den flächendeckenden Mindestlohn gewesen!)


Deswegen war es vernünftig, mit 8,50 Euro in den Min-
destlohn einzusteigen .

Wir waren auch zusammen in London und haben uns
mit den englischen Erfahrungen befasst .


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben!)


Dort gibt es den sogenannten Kaitz-Index, der besagt,
wie viel Prozent des Medianeinkommens es sind . Es sind
bei uns etwa 48 Prozent . Bei den Engländern ist diese
Zahl genauso hoch .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Wir brauchen 60 Prozent! – Katja Mast [SPD]: Aber ihr wolltet doch gar keinen flächendeckenden Mindestlohn! – Beate MüllerGemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat aber nichts mit der Leiharbeit zu tun!)


Fast alle europäischen Staaten liegen, was den Kaitz-In-
dex angeht, zwischen 45 und 50 Prozent . Wir sind also
relativ gut unterwegs, was den Mindestlohn, seine Be-
gründung und seine volkswirtschaftliche Einordnung
anbetrifft.

Was mich aber immer ein bisschen nervt – jetzt ver-
falle ich schon in die Diktion der Kollegin Krellmann –,


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ist die Tatsache, dass hier zwei Dinge miteinander ver-
wechselt werden . Der Mindestlohn ist eben keine sozi-
alpolitische, sondern eine ordnungspolitische Maßnah-
me . Er soll Ordnung in den Markt bringen . Das ist der
entscheidende Punkt, den die Linken bei ihrem Antrag
offensichtlich nicht verstanden haben, meine Damen und
Herren .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich weiß sehr wohl: Sowohl in der Enzyklika Rerum
Novarum von 1891 als auch schon in Der Wohlstand der
Nationen von Adam Smith wird von einem gerechten
Lohn, einem Lohn, der es einem Arbeitnehmer gestattet,
sich selbst und seine Familie zu ernähren, gesprochen .

Wenn man das mit dem gerechten Lohn wirklich ernst
nehmen würde, dann müsste er von Stadt zu Stadt wirk-
lich unterschiedlich sein . Die Engländer haben uns das
gesagt . Das ist der Unterschied zwischen Minimum Wage
und Living Wage . Es macht ja eine ganze Menge Sinn,

dass man den Mindestlohn landeseinheitlich festlegt;
aber er entspricht natürlich nicht dem gerechten Lohn,
dem Living Wage, den wir eigentlich brauchen . Dieser
ist in London natürlich deutlich höher als beispielsweise
in den schottischen Highlands .

Ich glaube, man muss letztlich auch immer in Betracht
ziehen, dass wir zwar ordnungspolitisch über einen Min-
destlohn reden, sozialpolitisch aber nicht einen gerechten
Lohn verordnen könnten, weil wir dann Einzelfallent-
scheidungen treffen müssten.

An der einen oder anderen Stelle mag es vielleicht
problematisch sein, Gerechtigkeit zu erzielen, aber ich
glaube, was wir hier mit der Festlegung des Mindestloh-
nes für die Ordnung des Marktes getan haben, ist schon
ein Meilenstein in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik,
und darauf können wir zu Recht stolz sein .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823723700

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt

die Kollegin Brigitte Pothmer .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Keine Zwischenfrage!)



Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823723800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, Herr

Zimmer, Sie haben recht. Ich finde auch, dass der Min-
destlohn wirklich ein Erfolgsprojekt ist . Er ist aber kein
Allheilmittel .


(Beifall der Abg . Katja Mast [SPD] – Bernd Rützel [SPD]: Stimmt! Da hast du recht!)


Er ist eine Haltelinie nach unten, wirkt gegen Schmutz-
löhne und Lohndumping und sorgt für fairen Wettbewerb,
der eben über gute Leistungen und nicht über Schmutz-
löhne ausgetragen wird .

Der Mindestlohn ist im Interesse der Arbeitnehmerin-
nen und Arbeitnehmer, aber auch im Interesse der Arbeit-
geberinnen und Arbeitgeber . Diese haben das erst relativ
spät verstanden, genauso wie erhebliche Teile der CDU/
CSU-Fraktion . Aber wir freuen uns ja über jeden, der da-
zulernt .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Herr Zimmer, der Mindestlohn ist aber durchaus auch
ein Baustein zur Armutsvermeidung – aber eben nur ein
Baustein . Liebe Frau Krellmann, der Mindestlohn ist da-
gegen nicht eine eierlegende Wollmilchsau, nach dem
Motto: Rauf auf 12 Euro die Stunde, und schon sind die
schwierigsten Probleme aus der Welt geschafft. Armut:
Weg! Zu hohe Mieten: Vergangenheit! Altersarmut: Er-
ledigt! Binnennachfrage: Läuft! Leistungsbilanzüber-
schuss: Abgehakt!

Dr. Matthias Zimmer






(A) (C)



(B) (D)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823723900

Frau Kollegin Pothmer, die Frau Kollegin Krellmann

hat den Wunsch, eine ganz kurze Zwischenfrage zu stel-
len, wenn Sie sie zulassen .


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823724000

Nein. Ich finde, zu dieser Zeit muss man einfach auch

einmal ein bisschen gnädig sein .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


Liebe Frau Krellmann, liebe Kolleginnen und Kolle-
gen von den Linken, ich frage mich manchmal wirklich,
ob Sie das, was Sie aufschreiben und hier reden, auch
glauben . Wir brauchen wirklich keinen populistischen
Überbietungswettbewerb . Wir brauchen für die durchaus
vorhandenen Probleme Lösungen .

Ja, wir müssen die Altersarmut bekämpfen . Das tun
wir aber doch am besten zum Beispiel gezielt mit der Ga-
rantierente .


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Nein, ganz bestimmt nicht! Das ist nur weiße Salbe!)


Und nein, Herr Birkwald, wir wollen explodierende Mie-
ten nicht mit dem Mindestlohn bekämpfen, sondern in-
dem wir mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen.

Das sind die Antworten auf diese Fragen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg . Dr . Matthias Zimmer [CDU/CSU])


Ich gebe zu: Sie sind komplizierter als die simplen Lö-
sungen, die Sie hier anbieten,


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Sie sind gut begründet!)


aber sie sind zielgenauer und vor allen Dingen ehrlicher .


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich finde es schon bezeichnend, dass in Ihren Debat-
tenbeiträgen und auch in Ihrem Antrag mit keinem Wort
auf die Frage eingegangen wird, ob ein Mindestlohn von
12 Euro vielleicht auch mit Jobverlusten verbunden sein
könnte. Das ist für Sie offensichtlich überhaupt keine
Frage .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Sie müssen mal dem Kollegen Zimmer zuhören! Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, an einigen Stellen
muss ich den Linken allerdings recht geben . Ja, wir ha-
ben Probleme im Kontext mit dem Mindestlohn . Es ist
wirklich eine Schande, dass es immer noch die Ausnah-
me für Langzeitarbeitslose gibt .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Bernd Rützel [SPD]: Die können wir abschaffen!)


Sie wird nicht gebraucht . Sie wird nicht angewendet .
Aber trotzdem wirkt sie stigmatisierend . Liebe Kollegin-
nen und Kollegen von der SPD, das war das Bauernopfer,
das Sie damals der CDU gebracht haben . Das nehme ich
Ihnen noch heute übel .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr . Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Gefährlich! – Bernd Rützel [SPD]: So ist Politik!)


Ja, Herr Rützel, wir bräuchten deutlich mehr Kontrol-
len . Es ist eine Schande, dass Sie bei der Ausstattung der
Finanzkontrolle Schwarzarbeit immer noch nicht weiter-
gekommen sind . Wenn Sie hier heute Abend erzählen,
dass dieses Gesetz zu mehr Tarifbindung geführt hat,
dann möchte ich wirklich wissen, woher Sie diese Zah-
len haben .


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Katja Mast [SPD]: Die Landwirtschaft hat den Tarifabschluss gemacht!)


Mit anderen Worten: Ja, es gibt Nachbesserungsbedarf
beim Mindestlohn . Was es nicht braucht, Frau Krellmann,
ist ein Überbietungswettbewerb . Das ist keine Lösung .
Diesen Antrag lehnen wir deshalb ab .

Ich danke Ihnen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823724100

Frau Kollegin Krellmann, ich erteile Ihnen das Wort

zu einer kurzen Kurzintervention . Bitte bedenken Sie,
dass wir heute noch eine außerordentlich anspruchsvolle
Tagesordnung haben .


(Dr . Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Unsolidarisch gegenüber den Kollegen!)



Jutta Krellmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823724200

Ich möchte in diesem Zusammenhang gerne feststel-

len: Die Tatsache, dass man 11,85 Euro verdienen muss,
um später nicht in die Altersarmut zu rutschen, ist nichts,
was wir als Linke berechnet haben, sondern diese Zahl
stammt aus dem Ministerium von Frau Nahles, nichts
anderes .

Ich habe von Herrn Zimmer etwas erfahren, was ich
bislang nicht wusste: dass sich der Mindestlohn anschei-
nend an dem orientiert hat, was Leiharbeiter verdient ha-
ben . Selbst wenn sich der Mindestlohn an der Bezahlung
von Leiharbeitern anlehnen würde, würden wir nicht
über 8,84 Euro reden, sondern über eine Zahl von über
9 Euro . Das geht ganz einfach nicht . Das ist ein Kon-
struktionsfehler des ganzen Mindestlohngesetzes . Dazu
stehen wir .

Es wird niemals gelingen, dass der Mindestlohn auch
nur annähernd an die allgemeine Lohnentwicklung he-
rankommt . Die Höhe des Mindestlohns wird der Lohn-
entwicklung immer hinterherlaufen . Wenn wir nicht
ordnungspolitisch – um ebenfalls diesen Begriff zu be-






(A) (C)



(B) (D)


nutzen, Herr Zimmer – den Schritt machen, den Mindest-
lohn zwischendrin deutlich zu erhöhen,


(Dr . Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Kurz!)


wird der Mindestlohn immer der allgemeinen Lohnent-
wicklung hinterherlaufen .


(Dr . Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Koreferat!)


Das wollen wir nicht .


(Beifall bei der LINKEN)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823724300

Frau Kollegin Pothmer, Sie haben die Gelegenheit,

darauf zu erwidern .


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823724400

Liebe Frau Krellmann, natürlich spielt das Einkom-

men bei der Rente eine Rolle . Das will hier überhaupt
niemand bestreiten .


(Beifall des Abg . Dr . Diether Dehm [DIE LINKE])


Es geht aber nicht, dass wir die Fehler, die wir in der
Rente machen, alleine durch den Mindestlohn korrigie-
ren .


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nein, wir müssen die Fehler da korrigieren, wo sie ent-
standen sind, nämlich in der Rentenpolitik .

Danke schön .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Aber die Löhne müssen zu einer guten Rente führen!)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823724500

Das Wort hat jetzt für die SPD-Fraktion der Kollege

Markus Paschke .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Markus Paschke (SPD):
Rede ID: ID1823724600

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Min-
destarbeitsbedingungen – dazu gehören auch die Min-
destlöhne – sind Kernelemente sozialer Gerechtigkeit .
Manche interpretieren da allerdings völlig andere Sachen
hinein . Diese Arbeitsbedingungen sind kein geeignetes
Instrument zur Armutsbekämpfung . Sie eignen sich auch
nicht, um lebensstandardsichernde Renten zu garantie-
ren .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Hier ging es nicht um Lebensstandardsicherung, sondern um Armutsfestigkeit! Das ist eine andere Baustelle!)


Bei dem gesetzlichen Mindestlohn handelt es sich um
eine untere Haltelinie in der Entlohnung, vergleichbar

mit dem Bundesurlaubsgesetz . Darin sind vier Wochen
bezahlter Urlaub geregelt .


(Dr . Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Völlig richtig!)


Den Wert der Arbeit bestimmen nicht die Mindest-
löhne, sondern den bestimmen Tariflöhne, meine Damen
und Herren .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Jeder Arbeitgeber, der engagierte und qualifizierte Mit-
arbeiter haben möchte, zahlt deutlich mehr als den Min-
destlohn . Mit der Einführung des Mindestlohns haben
wir eines unser zentralen Wahlversprechen umgesetzt,
und wir haben sichergestellt, dass über 4 Millionen Men-
schen mehr Geld in der Tasche haben. Ich finde, das ist
ein Erfolg .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Fakt ist aber auch, dass die Festsetzung angemessener
Löhne in die Verantwortung der Tarifvertragsparteien ge-
hört. Das ist auch gut so. Ich finde, die Tarifautonomie
ist ein wertvolles Gut . Eines ist uns allen klar: Wer gute
und gerechte Löhne will und Armut bekämpfen will, der
muss Gewerkschaften und Tarifautonomie stärken, statt
alle paar Monate über politisch festgelegte Lohnhöhen
zu reden .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mittlerweile haben Gewerkschaften und Arbeitgeber
in 18 Branchen Mindestlöhne und Arbeitsbedingungen
nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz vereinbart . Die-
se Mindestlöhne liegen in der Spitze bei 16,53 Euro . In
dieser Wahlperiode wurden für sechs neue Branchen sol-
che Mindestlöhne vereinbart .


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt einfach nicht!)


Die Tarifautonomie funktioniert also, und unsere
Maßnahmen zur Stärkung der Tarifautonomie wirken .
Ich finde, wir haben da eindeutig die bessere Strategie.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wichtig wird es sein, nach der nächsten Wahl die All-
gemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen deutlich zu
stärken,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


damit es keine Konkurrenz um die niedrigsten Löhne,
sondern um die besten Produkte und Dienstleistungen
gibt . Ihr Vorschlag würde indirekt die Tarifautonomie
schädigen und den Beschäftigten schaden . Deshalb leh-
nen wir diesen Antrag ab .

Danke schön .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Jutta Krellmann






(A) (C)



(B) (D)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823724700

Zum Abschluss dieser Aussprache spricht der Kollege

Tobias Zech für die CDU/CSU .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Tobias Zech (CSU):
Rede ID: ID1823724800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erst ein-

mal muss ich sagen: Ich bin begeistert, wie viele sich um
diese Uhrzeit noch für den Mindestlohn interessieren .
Das zeigt, dass Sie ein wichtiges Thema getroffen haben.

Aber ein paar wichtige Dinge vorweg – Frau
Krellmann, vielleicht können Sie Ihr bilaterales Ge-
spräch später fortführen, wenn ich fertig bin –:

Erstens . Der Mindestlohn ist ein ordnungspolitisches
Instrument und setzt die Untergrenze . Wir sprechen nicht
über einen Deutschlandtarif, und es ist nicht die Aufga-
be des Staates, deutschlandweit Löhne festzusetzen . Das
wäre Gleichmacherei und Planwirtschaft . Sie haben ja
die beste Erfahrung damit, wie man so etwas an die Wand
fahren kann . Das wollen wir mit dem Mindestlohn nicht .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Deswegen haben wir uns auch immer gegen einen ge-
setzlichen Mindestlohn gewehrt und wollten einen tarif-
lichen – das war leider nicht möglich;


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war doch gut! Mein Gott, ihr habt noch nichts kapiert!)


jetzt haben wir einen gesetzlichen –, weil wir wussten,
dass dieser Tag kommt und dass Sie den gesetzlichen
Mindestlohn nicht im Sinne der Arbeitnehmer gestalten,
sondern dass Sie ihn jetzt drei Monate vor der Bundes-
tagswahl für Wahlkampfklamauk benutzen . Das tun Sie
heute, nicht mehr und nicht weniger .


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN)


Zweitens . Wir haben den gesetzlichen Mindestlohn
vor zwei Jahren eingeführt .


(Katja Mast [SPD]: Sie haben gar nichts eingeführt!)


Geben Sie dem Gesetz doch die Zeit, auch zu wirken . Es
gab jetzt die erste Erhöhung durch die Tarifkommission .
Wir haben uns bewusst dafür entschieden, dass wir nicht
in diesem Hause politisch den Lohn festlegen, sondern
dass wir das den Fachleuten überordnen .

Haben Sie denn zu diesem paritätisch besetzten Gre-
mium aus Arbeitgebern und Gewerkschaften kein Ver-
trauen? Anscheinend nicht . Wir schon, und deshalb ar-
beiten wir mit dieser Tarifkommission weiter . Ich bin
davon überzeugt, dass es im Sinne der Wirtschaft und der
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dieses Landes gut
ist, wie es ist . Was Sie machen, hat nicht das Interesse
der Arbeiter und der Menschen in diesem Lande, sondern
billigen Populismus im Sinn .


(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN: Oh! – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn einer weiß, was Populismus ist!)


Meine Damen und Herren, Lohngestaltung ist nicht
Aufgabe der Tarifparteien und Betriebe . Wir haben die
Tarifautonomie im Grundgesetz verankert . Das Grundge-
setz gebietet uns, den richtigen Rahmen für vernünftige
Arbeit zu schaffen. Natürlich muss man von gutem Lohn
auch leben können . Natürlich ist guter Lohn gerecht;
denn er ermöglicht es, dass man nicht in Altersarmut ge-
rät und nicht auf Aufstockung angewiesen ist .

Aber Ihr Denkfehler ist, Frau Krellmann, davon aus-
zugehen, dass man von einem Alter von 16 oder 17 Jah-
ren bis zur Verrentung im Mindestlohn bleibt .


(Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Redezeit!)


Das wollen wir nicht . Wir wollen die Menschen ausbil-
den und gute Beschäftigung anbieten; wir wollen nicht,
dass die Menschen 60 Jahre in prekärer Beschäftigung
bleiben . Was Sie vorschlagen hat nichts mit vernünftiger
Wirtschaftspolitik, vor allem aber nichts mit vernünftiger
Politik für die Arbeitnehmer in diesem Land zu tun .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es gibt momentan einen historischen Tiefstand der Ar-
beitslosenquote . In Bayern beträgt sie 3 Prozent . Das ist
quasi Vollbeschäftigung . Es gibt nur noch eine natürliche
Fluktuation . Je nachdem, wie die Politik in den einzel-
nen Ländern ist, ist die Lage unterschiedlich . Ich würde
Ihnen raten – bevor Sie hier weiter Wahlgeschenke ver-
teilen wollen –, sich in den von Ihnen mitregierten Län-
dern um Wachstum zu kümmern, damit eine vernünftige
Beschäftigungssituation geschaffen werden kann.

Horst Seehofer hat gestern ein 3-Milliarden-Euro-Pro-
gramm vorgestellt, um die Wettbewerbsfähigkeit von
Bayern noch stärker auszubauen . Das ist die richtige Po-
litik. Das ist Politik mit Augenmaß. Das schafft auch gute
und sichere Arbeitsplätze .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben jetzt mit dem gesetzlichen Mindestlohn ei-
nen Eckpfeiler gesetzt . Bei ihm muss es aber auch noch
eine langfristige und nachhaltige Entwicklung geben .
Das heißt, er muss auch in einer nicht so robusten kon-
junkturellen Lage funktionieren . Deshalb wird er sich
auch nicht immer auf Grundlage der Lebenshaltungs-
kosten entwickeln können, was Sie vorher eingefordert
haben . Der Kollege hat das vorhin gesagt: Wir sprechen
hier von der untersten Haltelinie . Es sollte nicht der An-
spruch sein, dass man mit dieser untersten Haltelinie in
Pension geht .

Natürlich muss es auch Ausnahmen vom Mindestlohn
geben . Wer glaubt, er könne mehr Menschen in die rich-
tigen Jobs bringen, wenn er für Praktikanten-Arbeitsver-
hältnisse den Mindestlohn verlangt, der irrt . Ein Prakti-
kum ist natürlich kein Arbeitsverhältnis . Deshalb ist es
auch richtig, Ausnahmen einzuführen .

Das Schlimme an Ihrer heutigen Forderung ist, dass
Sie vor allen Dingen die Unternehmen, die eh unter
rot-grüner Standortpolitik leiden – diese Politik ist ja bei






(A) (C)



(B) (D)


den letzten Wahlen abgewählt worden –, noch mehr gän-
geln wollen . Machen Sie einfach zu Hause, wo Sie noch
regieren, eine vernünftige Politik . Dann haben Sie ver-
nünftige Arbeitsplätze, und wir müssen uns über dieses
Thema hoffentlich nicht noch weiter unterhalten.

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823724900

Damit schließe ich die Aussprache .

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der
Fraktion Die Linke mit dem Titel „Einen armutsfesten
gesetzlichen Mindestlohn sicherstellen“ . Der Ausschuss
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf der Druck-
sache 18/12177, den Antrag der Fraktion Die Linke auf
Drucksache 18/11599 abzulehnen . Wer stimmt für die
Beschlussempfehlung des Ausschusses? – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfeh-
lung ist damit mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und
Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktion
Die Linke angenommen .

Wir kommen jetzt zu einem neuen vorgezogenen Ta-
gesordnungspunkt . Die Fraktionen sind übereingekom-
men, den Tagesordnungspunkt 47 n nach dem Tagesord-
nungspunkt, den wir soeben beraten haben, aufzusetzen .
Sie sind außerdem übereingekommen, die heutige Tages-
ordnung um die Beratung des Antrags der Fraktion Die
Linke auf Drucksache 18/12639 sowie um die Beratung
des Antrags der Fraktionen von CDU/CSU und SPD auf
Drucksache 18/12638 zum Thema „Abschiebungen nach
Afghanistan“ zu erweitern und jetzt als Zusatzpunkte 10
und 11, verbunden mit dem Tagesordnungspunkt 47 n, zu
beraten . – Ich sehe keinen Widerspruch . Daher gehe ich
davon aus, dass Sie alle damit einverstanden sind .

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 47 n sowie die eben
aufgesetzten Zusatzpunkte 10 und 11 auf:

47 n) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Innenausschusses (4 . Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Luise Amtsberg,
Omid Nouripour, Volker Beck (Köln), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Abschiebungen nach Afghanistan aussetzen

Drucksachen 18/12099, 18/12414

ZP 10 Beratung des Antrags der Fraktion DIE LINKE

Sofortiger Abschiebestopp nach Afghanistan

Drucksache 18/12639

ZP 11 Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD

Neue Lagebeurteilung für Afghanistan

Drucksache 18/12638

Über die Beschlussempfehlung und die beiden Anträ-
ge werden wir später jeweils namentlich abstimmen .

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 25 Minuten vorgesehen . – Widerspruch
erhebt sich nicht . Dann ist das so beschlossen .

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Kollegen Roderich Kiesewetter für die Fraktion
von CDU und CSU das Wort .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Roderich Kiesewetter (CDU):
Rede ID: ID1823725000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundes-
regierung und die Ministerpräsidenten haben heute einen
bemerkenswerten Beitrag zur Versachlichung der Debat-
te über Abschiebungen nach Afghanistan geleistet . Unser
Koalitionsantrag möchte dies aufgreifen und mit dem
Antrag „Neue Lagebeurteilung für Afghanistan“ gleich-
falls einen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion
leisten . Nach vielen Jahren Erfahrungen mit Afghanistan
liegt mir persönlich etwas daran, mitzuwirken, dass wir
einen solchen Beitrag hinbekommen .

Blicken wir auf Afghanistan, dann müssen wir fest-
stellen, dass es schwierig ist, die Situation mit mitteleu-
ropäischen Maßstäben zu messen:


(Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie wäre es mit menschenrechtlichen?)


32 Millionen Einwohner, über 50 verschiedene Volks-
stämme sowie über 40 verschiedene Sprachen und Dia-
lekte . Dabei dürften Paschtu, Urdu und Farsi die bekann-
testen sein . Von den Volksgruppen dürften uns Usbeken,
Tadschiken, Hazara, Paschtunen und vielleicht noch Be-
lutschen bekannt sein . Wenn wir dieses Land mit 32 Mil-
lionen Einwohnern betrachten, muss uns bewusst sein,
dass etwa 10 Millionen in heiß umkämpften Gebieten
leben, aber 23 Millionen Menschen in befriedeten und
ruhigen Regionen .


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wo denn? – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nennen Sie diese doch einmal! – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nennen Sie nur eine!)


Hinzu kommt, dass wir die Lage in Afghanistan immer
wieder betrachten müssen . Deshalb ist es zu begrüßen,
dass Bundesregierung und Ministerpräsidenten ein neues
Lagebild nach den Anschlägen in den letzten Wochen an-
geraten haben . Wir unterstützen dies .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Genauso vorsichtig, wie ich eben die komplexe Lage
holzschnittartig skizziert habe, müssen wir uns die An-
träge, die heute zur Debatte stehen, anschauen . Hier fällt
aus meiner Sicht von vornherein der mit heißer Nadel
gestrickte Antrag der Linken heraus; denn er nimmt über-
haupt keine Rücksicht auf die Besonderheiten Afghanis-
tans, sondern fällt ein Pauschalurteil .


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN)


Tobias Zech






(A) (C)



(B) (D)


Bei dem Antrag der Grünen lässt sich durchaus eine
gemeinsame Linie finden. Gemäß dem Koalitionsantrag
werden Abschiebungen von normalen Flüchtlingen, die
ausreisepflichtig sind, zunächst ausgesetzt.


(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Heiße Nadel“ kann ich nur dazu sagen!)


Aber Ihr Antrag hat einen gravierenden Fehler . Sie setzen
mit Ihrem Antrag das Migrationsabkommen aufs Spiel,
das die Bundesrepublik Deutschland mit Afghanistan
verhandelt hat . Dieses Migrationsabkommen hat zu et-
was ganz Besonderem geführt: 18-mal mehr Menschen
kehren freiwillig nach Afghanistan zurück, als dorthin
abgeschoben werden .


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wegen des Abkommens?)


Sie wollen die freiwillige Rückkehr aufs Spiel setzen .
Das halte ich für falsch . Unser Antrag stellt die ausgewo-
genere Lösung dar .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich will das mit Zahlen belegen . Im letzten und in die-
sem Jahr sind insgesamt 3 700 Menschen freiwillig nach
Afghanistan zurückgekehrt .


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nicht einmal 200 sind abgeschoben worden . Es geht also
nicht um massenhafte Abschiebungen, sondern um Ab-
schiebungen in einem niedrigen dreistelligen Bereich .


(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn mit der Sicherheitslage?)


Wen schieben wird denn ab? Der Antrag, für den ich
werbe, sieht vor, dass wir weiterhin die freiwillige Rück-
kehr fördern; das ist wichtig. Wir schaffen entsprechende
Anreize und arbeiten mit der afghanischen Regierung gut
zusammen. So können wir Einfluss auf die Art und Weise
nehmen, wie mit zurückgekehrten Migranten in Afgha-
nistan umgegangen wird . Diese Menschen werden durch
Förderprogramme unterstützt .


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn jetzt mit der Sicherheitslage?)


Was die abgeschobenen Personen angeht: Wir schie-
ben Straftäter, Identifizierungsverweigerer und all dieje-
nigen ab, die als Gefährder gelten . Das ist doch genau
richtig . Diese Antwort erwartet unsere Bevölkerung .


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die Unwahrheit! Das ist schlichtweg falsch, was Sie sagen! Das haben wir bei dem Schüler in Nürnberg sehen können!)


Ein Letztes . Es war Deutschland, das im Jahr 2001
und im Jahr 2011 Gastgeber der Petersberg-Konferen-
zen war; einige von uns waren dabei . Im Jahr 2011 hat
sich unser Land zusammen mit den anderen 40 Staaten in
der Gemeinschaft für Afghanistan dazu verpflichtet, alle
Kraft dafür aufzuwenden, Afghanistan bis zum Jahr 2024

zu einem normalen Entwicklungsland zu machen . Wir
sind weit davon entfernt . Aber wenn wir ständig die Bes-
ten aus diesem Land weglocken und einen Braindrain
verursachen, dann ist das genau das Falsche .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir müssen kluge, gut ausgebildete Leute in das Land
zurückbringen und Anreize schaffen. Dann werden wir
auch unserer Verantwortung gerecht . Deshalb rate ich
dazu, dass wir diesem gemäßigten Antrag zustimmen .

Wir werden im Juli dieses Jahres die Lagebeurteilung
bekommen, und wir werden dann auch keine pauscha-
lierten Abschiebungen durchführen, sondern wir werden
nach Einzelfallprüfung weiterhin im niedrigen dreistel-
ligen Bereich Abschiebungen vornehmen . Wir setzen
auf freiwillige Rückkehr und auf den Wiederaufbau von
Afghanistan . Dafür braucht es die Unterstützung des ge-
samten Hauses . Ich bitte Sie darum, uns zu folgen .

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823725100

Die Kollegin Ulla Jelpke spricht jetzt für die Fraktion
Die Linke .


(Beifall bei der LINKEN)



Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823725200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr

Kiesewetter, der Antrag, den Sie hier heute verteidigen
wollen, ist wirklich ein schändlicher Versuch, auf Zeit zu
spielen . Ich sage Ihnen ganz klar: Wir wollen hier heu-
te einen sofortigen Abschiebestopp, und wir können das
auch ganz eindeutig begründen .


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Was sagt denn der Herr Ramelow?)


Ich möchte Sie daran erinnern: Seit fast zwei Jahren
und besonders in den letzten Monaten haben diverse
Menschenrechtsorganisationen – UNO, UNHCR – und
sogar das US-Militär übereinstimmend berichtet, dass
Afghanistan nicht sicher ist . Schon deswegen brauchen
wir einen Abschiebestopp; völlig klar .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es gibt in der Tat einen ganz kleinen Erfolg – darü-
ber freue ich mich –: dass Sie endlich einmal über die
Sicherheitslage in Afghanistan überhaupt nachdenken;
denn bisher haben Sie das verweigert . Man könnte noch
sehr viel dazu sagen, mit welchen dubiosen und komi-
schen Argumenten Sie hier immer wieder die Behaup-
tung verteidigt haben, dass es dort sichere Regionen gibt .
Sie hören einfach nicht auf die NGOs


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Nein, auf Herrn Ramelow!)


Roderich Kiesewetter






(A) (C)



(B) (D)


und schon gar nicht auf die internationalen Organisatio-
nen . Das ist wirklich ein Riesenskandal .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Jetzt zu den freiwilligen Rückkehrern, die hier im-
mer wieder angesprochen wurden, auch von Herrn
Kiesewetter . Ich halte es wirklich für zynisch, dass Men-
schen, die hier unter Druck gesetzt werden, freiwillig
zurückzukehren, weil ihnen nur die Alternative bleibt,
entweder abgeschoben zu werden oder aber in Abschie-
behaft zu kommen, als freiwillige Rückkehrer bezeichnet
werden . Es gibt keine freiwillige Rückkehr in ein Land,
wo Krieg und Terror herrschen .


(Beifall bei der LINKEN)


Meine Damen und Herren, der UN-Nothilfekoordina-
tor hat gerade erst erklärt, 9,3 Millionen Menschen lebten
dort in akuter Not; es gebe dort 1 Million Binnenflücht-
linge; die medizinische Versorgung sei unhygienisch und
menschenunwürdig, und die Menschen dort seien von
Hunger bedroht . Angesichts all dessen kommen Sie und
sagen, Sie wüssten nichts über die Sicherheitslage . Es ist
doch einfach lächerlich, was Sie hier machen .


(Beifall bei der LINKEN)


Es gibt Gruppen, bei denen Sie Abschiebungen nach
Afghanistan einschränken wollen . Wie gesagt, Sie wol-
len die Menschen zur freiwilligen Rückkehr nach Af-
ghanistan bewegen . Sie wollen aber weiterhin Straftäter
nach Afghanistan abschieben . Was für Straftäter sind das
denn? Sie berieseln die Bevölkerung permanent mit der
Behauptung: Wir schieben ja nur Straftäter ab . – Ich habe
versucht, die Bundesregierung zu fragen: Was sind denn
das für Straftäter? – Man konnte darauf keine Antwort
geben .

Es gibt genügend Beispiele dafür – zum Beispiel das
Nürnberger Beispiel, aber auch viele andere; ich komme
darauf gleich noch zu sprechen –, dass man Menschen
aus der Arbeit herausgeholt und abgeschoben hat, insbe-
sondere junge Männer . Es ist wirklich ein Skandal, dass
auch hierzu immer wieder gesagt wird: Junge Männer
können abgeschoben werden . – Sie sind besonders davon
bedroht, von den Warlords zwangsrekrutiert zu werden
und in den Krieg geschickt zu werden . Auch das werden
wir nicht mitmachen .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Jetzt zu den Gefährdern . Ich bitte Sie: Wenn Sie wirk-
lich Erkenntnisse haben, dass es bei uns Bombenleger
gibt, dann stecken Sie sie hier in den Knast, und bedro-
hen Sie nicht zusätzlich die afghanische Bevölkerung
und uns auch nicht . Es ist doch ein Skandal, Menschen
dorthin zu schicken, wo Bomben fallen .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich will Ihnen sagen: Was gerade in Nürnberg passiert
ist, ist doch beispielhaft .


(Henning Otte [CDU/CSU]: Kommen Sie mal zum Thema!)


Der Kollege Mayer tut nach dem Polizeieinsatz an einer
Berufsschule ganz betroffen. Das ist aber übliche Praxis.
Sie haben beschlossen, dass unangekündigte Abschie-
bungen, Überraschungsabschiebungen durchgeführt
werden können . Das haben Sie hier gesetzlich durchge-
setzt, und nichts anderes . Das ist unmenschlich und muss
total zurückgewiesen werden .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Was ist passiert, nachdem die Jugendlichen in der
Schule gegen die Abschiebung protestiert haben? Sie
wollten den jungen Menschen ins Abschiebegefängnis
stecken . Zum Glück hat ein Amtsgericht das verhindert .
Ich will wissen, wie viele Menschen im Moment in Ab-
schiebegefängnissen sitzen . In Hamburg zum Beispiel
sind es vier junge Afghanen . Es ist ein Skandal, dass man
die nicht freilässt . Das fordern wir hier auch .

Wir wollen auf jeden Fall heute hier einen Abschie-
bestopp durchsetzen . Es gibt genügend Argumente,


(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Die Sie nicht angeführt haben!)


und die kennen Sie viel zu gut . Es ist wirklich zynisch,
wenn Sie jetzt so tun, als wenn Sie nicht wüssten, dass
die Lage in Afghanistan unsicher ist . Es ist wirklich trau-
rig .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Peter Beyer [CDU/CSU]: Sie hatten die Gelegenheit, Argumente zu nennen!)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1823725300

Das Wort hat jetzt der Kollege Burkhard Lischka für

die Fraktion der SPD .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Burkhard Lischka (SPD):
Rede ID: ID1823725400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir debat-

tieren heute Abend wirklich über ein Dilemma,


(Zuruf der Abg . Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


das schon seit mehreren Monaten besteht, und zwar ein
Dilemma in mehrfacher Hinsicht . Das grundsätzliche Di-
lemma haben wir eigentlich in jedem Asylverfahren . Es
beginnt damit, dass wir selbstverständlich sagen: Denje-
nigen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, geben wir
Schutz . – Das wollen wir auch weiterhin tun . Jeden Ein-
zelfall prüfen wir dann in ganz aufwendigen rechtsstaat-
lichen Verfahren:


(Zuruf der Abg . Ulla Jelpke [DIE LINKE])


mit Anhörung im Bundesamt für Migration und Flücht-
linge, mit Entscheidungen, mit Rechtsmittelmöglichkei-
ten, mit verwaltungsgerichtlicher Überprüfung . Am Ende
steht häufig sogar eine verwaltungsgerichtliche Entschei-
dung: Bedarfst du unseres Schutzes, oder kannst du keine
Flucht vor Krieg und Verfolgung geltend machen?

Ulla Jelpke






(A) (C)



(B) (D)


Dann kommen wir jedes Mal zu der schwierigen Seite
des Asylrechts, nämlich denjenigen, die nicht vor Krieg
und Verfolgung fliehen, zu sagen: Du musst zurück.
Wenn du nicht freiwillig zurückgehst, dann musst du mit
einer Abschiebung rechnen; dann werden wir dich zu-
rückführen . – Übrigens: Auch diese Seite des Asylrechts
unterliegt einer kompletten gerichtlichen Überprüfung .


(Zuruf des Abg . Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das sind die beiden Seiten unseres Asylrechts .


(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Und das bei eurem Lagebild!)


Ich finde, sie sind auch notwendig. Wir werden ganz
generell die nach wie vor hohe Bereitschaft in unserer
Bevölkerung, Schutzbedürftige auch in Zukunft aufzu-
nehmen, nur dann erhalten, wenn wir andere, die einen
Asylgrund nicht geltend machen können, wieder zurück-
führen .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir können uns sonst übrigens das ganze aufwendige
Asylverfahren komplett sparen .


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann reden Sie über die Sicherheitslage?)


Das erste Dilemma, über das wir hier reden, ist, dass
wir Menschen, die aus zum Teil absolut verständlichen
und nachvollziehbaren Gründen kommen, wieder nach
Hause schicken, wenn sie nicht Verfolgungsgründe gel-
tend machen können,


(Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht um Afghanistan!)


und, ja, das fällt niemandem leicht .


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und wann reden Sie über die Sicherheitslage?)


In Afghanistan kommt noch mindestens ein weiteres
Dilemma hinzu . Ich selber war viermal in Afghanistan .
Es sind absolut widersprüchliche Eindrücke, die ich
mitgenommen habe . Ich habe bei meiner letzten Reise
an einem Tag drei Anschläge in Kabul erlebt . Ich habe
dort mit Menschen gesprochen, die Terror durch Taliban,
durch Warlords, durch Drogenbarone selbst erlebt haben .
Ich habe mit Frauen gesprochen, die über furchtbarste
Gewalterlebnisse berichtet haben . Aber ich habe in dem
gleichen Land Afghanistan auch in strahlende Schüler-
augen geschaut . Diese Schüler haben mir in perfektem
Englisch erklärt, dass sie mal Arzt oder Manager werden
wollen .

Ich habe mit Führungskräften aus der Wirtschaft, aus
der Landwirtschaft und aus der Verwaltung gesprochen,
die mir gesagt haben, dass sie in Afghanistan bleiben
wollen, weil sie sich von Extremisten und vermeintlichen
Gotteskriegern nicht ihre Zukunft klauen lassen wollen,
so wie es ihren Eltern und Großeltern ergangen ist .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich habe auch an Dorfjirgas teilgenommen, wo mir
Dorfälteste über Taliban-Angriffe berichtet haben, als sie
eine Mädchenschule gebaut haben,


(Zuruf von der LINKEN: Aber immer mit BKA-Schutz!)


die mir aber auch stolz erzählt haben, dass sie erstmals in
ihrem Dorf Elektrizität und fließendes Wasser haben, Fel-
der bestellen und ihre Kinder zur Schule schicken kön-
nen . Nein, Afghanistan ist nicht nur schwarz und nicht
nur weiß . Es hat teilweise vollkommen widersprüchliche
Facetten .


(Dr . Diether Dehm [DIE LINKE]: Sie sind ja ein Heimatdichter!)


Das ist das Dilemma, wenn man über Afghanistan
spricht . Deshalb sage ich auch: Afghanistan eignet sich
nicht für rein ideologisch aufgeheizte Debatten .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir werden übrigens diesem Afghanistan auch nicht
gerecht, wenn hier in Deutschland der Zufall oder der
Aufenthalt in einem bestimmten Bundesland darüber
entscheidet, ob jemand zurückgehen muss und wer zu-
rückgeht .


(Dr . Diether Dehm [DIE LINKE]: Hier spricht Karl May!)


Wir haben Bundesländer, die niemanden zurückführen,
wir haben Bundesländer, die Gefährder und Straftäter zu-
rückführen, und wir haben wieder andere Bundesländer,
die gut integrierte Menschen zurückführen – aus ihrem
Job, aus der Ausbildung oder aus der Schule. Ich finde,
wir wären alle einen bedeutenden Schritt weiter, wenn
wir uns auf einen Kompromiss für die Zukunft einigen
könnten, dass wir uns bei Abschiebungen nach Afgha-
nistan auf Gefährder und schwerste Straftäter konzen-
trieren und dass wir nicht gut integrierte Menschen aus
den Schulen oder aus dem Job holen und in ein Flugzeug
nach Kabul stecken .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das wäre, glaube ich, ein richtiger und wichtiger An-
fang bei einem schwierigen Thema, das sich nicht für
irgendwelche plakativen Anträge eignet . Wir haben die
Möglichkeit, darüber in den nächsten Wochen zu spre-
chen, nachdem sich Auswärtiges Amt und Bundesinnen-
ministerium, und zwar auf Initiative der SPD, auf einen
Abschiebestopp für die nächsten Wochen geeinigt haben .


(Beifall bei der SPD – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche SPD?)


Ich darf auch unseren Koalitionspartner auffordern, in
den nächsten Wochen einmal über die Frage nachzuden-
ken: Ist es eigentlich mit einem guten Rechtsstaat ver-
einbar, dass der Zufall und nicht klare Regeln darüber

Burkhard Lischka






(A) (C)



(B) (D)


entscheiden, ob man in ein Land wie Afghanistan zu-
rückführt oder nicht und wen man zurückführt?


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den ganzen Tag habt ihr überlegt, wie ihr den Antrag wegkriegt!)


Ich finde, es wäre ein Versagen der Politik, wenn wir
keine Einigung über solche Regelungen hinbekommen
würden .

Vielen Dank .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823725500

Vielen Dank, Herr Kollege . – Als Nächste spricht die

Kollegin Katrin Göring-Eckardt von Bündnis 90/Die
Grünen .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ja, das war ein furchtbarer Anschlag in Kabul . Es war üb-
rigens nicht der erste Anschlag . Es gab viele . Es gab auch
vor wenigen Wochen einen großen Anschlag . Deswegen
haben wir vor wenigen Wochen den Antrag eingebracht,
über den wir heute hier diskutieren . Herr Lischka, wir
reden heute hier nicht auf Initiative der SPD . Wir reden
hier, weil wir mit unserem Antrag die Initiative ergriffen
haben .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Und wir reden hier, weil Sie den ganzen Tag darüber
nachgedacht haben, wie Sie es wohl hinkriegen, dass
nicht eine ganze Reihe von Abgeordneten aus Ihrer Frak-
tion unserem Antrag zustimmt .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, das ist doch zynisch . Es
ist doch zynisch, dass Sie genau in dem Moment, wo ein
fürchterlicher Anschlag in der Nähe der deutschen Bot-
schaft in Kabul stattfindet, finden, jetzt müsse man doch
einmal die Lage neu bewerten . Das ist ein Schritt, von
dem ich sage: Erst einmal ganz gut für die Situation, in
der wir sind . Aber er kommt natürlich zu spät . Er kommt
zu spät für viele Menschen, die bereits abgeschoben sind,
die in Gefahr sind und die mitnichten in Afghanistan si-
cher sind .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir brauchen jetzt endlich einen neuen Lagebericht .
Und: Nein, wir müssen nicht darauf warten, bis die Bot-
schaft in Kabul wieder arbeitsfähig ist; denn die Fakten
liegen auf dem Tisch, meine Damen und Herren .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Welche?)


Schon vor Monaten hat der Außenminister einen Brief
von Ministerpräsident Winfried Kretschmann bekom-
men, als der UNHCR festgestellt hat, dass Afghanistan

kein sicheres Land ist . Meine Damen und Herren, dem
müssen Sie sich endlich stellen . Sie können sich doch
nicht hierhinstellen und sagen: Wir wissen eigentlich
nicht, wie die Lage in Afghanistan ist . – Herr Kiesewetter,
Sie können sich nicht hierhinstellen und sagen: Wir reden
jetzt einmal sachlich . – Was ist denn sachlich? Sachlich
ist die Tatsache, dass immer wieder Anschläge stattfin-
den . Sachlich ist übrigens auch die Tatsache, dass und
wie Ihre Bundesregierung auf unsere Frage, welche Re-
gion denn genau in Afghanistan sicher ist, am 24 . April
geantwortet hat .


(Zurufe von der CDU/CSU)


Sie konnte darauf keine Antwort geben, und daraus
schließe ich: Keine Region ist sicher!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU)


Es kann doch nicht ernsthaft sein, dass Lageberichte
für Afghanistan gemacht werden, indem sich der deut-
sche Innenminister und der deutsche Außenminister ei-
nigen . Das ist doch verrückt . Es kann doch nur so sein,
dass das Außenministerium einen Lagebericht macht .
Den muss es mit den Menschenrechtsorganisationen, mit
dem UNHCR und mit den Leuten machen, die wissen,
wie die Lage vor Ort ist .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Tobias Zech [CDU/CSU]: Wieso mit den Menschenrechtsorganisationen? – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Das hätte sich Herr Gabriel, aber auch Herr Steinmeier
von Joschka Fischer abschauen können, der nämlich ge-
nau das gemacht hat .


Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823725600

Frau Kollegin, lassen Sie eine Zwischenfrage von

Dr . Rosemann zu?


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Nein!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich lasse eine Zwischenfrage zu . Natürlich, sehr ger-
ne . Bitte schön .


(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Wenn Sie nicht so in das Mikrofon brüllen würden!)


– Sie müssen ja auch wach bleiben, oder?


(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Wir sind hellwach! Wir sind nicht bei den Grünen!)



Dr. Martin Rosemann (SPD):
Rede ID: ID1823725700

Frau Göring-Eckardt, vielen Dank, dass Sie die Zwi-

schenfrage zulassen . – Ich frage mich ernsthaft, was Sie
hier eigentlich machen .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Burkhard Lischka






(A) (C)



(B) (D)


Sie haben gerade gesagt, der Antrag der Koalitions-
fraktionen käme zu spät angesichts der großen Anzahl
von Menschen – ich weiß nicht, wie viele –, die schon
zurückgeschickt worden wären . Finden Sie das nicht zy-
nisch angesichts der Tatsache, dass die Menschen von
Landesregierungen zurückgeschickt worden sind, an
denen auch Sie beteiligt sind und die Sie teilweise auch
führen?


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich frage mich, und ich frage Sie: Geht es Ihnen hier
um die betroffenen Menschen? Geht es Ihnen darum, tat-
sächlich eine realistische Einschätzung der Lage zu be-
kommen?


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Oder geht es Ihnen hier um Wahlkampf, Selbstdarstel-
lung, Selbstgefälligkeit und ein billiges politisches Spiel?


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Sagen Sie: Ja, sie haben recht! – Zurufe vom BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Rosemann, ich kann Ihnen gerne sagen, worum
es mir geht . Mir geht es um das, was alle Landesregie-
rungen, an denen Bündnis 90/Die Grünen beteiligt sind,
eingefordert haben . Das ist ihre Aufgabe . Sie alle haben
nämlich eingefordert, dass diejenige Ebene, die dafür
verantwortlich ist, einen Lagebericht vorzulegen, auf
dessen Grundlage nicht mehr abgeschoben werden kann,
dies macht .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr . Lars Castellucci [SPD]: Das Schwarze-Peter-Spiel! Sie schieben es doch nur weg! – Weitere Zurufe von der SPD)


Ich sage Ihnen, dass es dafür nur eine Ebene gibt . Diese
eine Ebene ist das Bundesaußenministerium . Die machen
den Lagebericht und niemand anders .


(Beifall der Abg . Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr . Lars Castellucci [SPD]: Wir sind nicht auf dem Kirchentag!)


Ich will Ihnen noch etwas sagen: Die Lageberichte des
Auswärtigen Amtes, meine Damen und Herren von der
SPD, sind keine Koalitionsfrage . Sie werden nur dort im
Auswärtigen Amt gemacht . Wenn sich Herr Schulz heute
hinstellt und sagt: „Wir brauchen einen Abschiebestopp“,


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


dann erwarte ich, dass er das schon längst Herrn
Steinmeier und Herrn Gabriel gesagt hat: Wir brauchen
eine neue Lageeinschätzung . – Dort ist die Adresse für
Ihre Aufregung, Herr Rosemann, genau dort .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Ja, es geht um die Realität und nicht mehr um die Ab-
schiebefantasien, die manche hier haben . Herr Lischka,
wir sind nicht in einem Dilemma . Ja, wir sind in vielen
Fragen bezüglich der Flüchtlingspolitik in einem Dilem-
ma, aber in dieser Frage sind wir in keinem Dilemma .
Deswegen sage ich Ihnen eines: Wir stehen an der Seite
der Schülerinnen und Schüler von Nürnberg .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Zurufe von der CDU/ CSU und der SPD: Oh!)


– Ja . – Wir stehen an der Seite von vielen Menschen in
diesem Land, die dafür sorgen, dass Menschen aus Af-
ghanistan hier integriert werden . Wir stehen auch an der
Seite derer, die durch Gewährung von Kirchenasyl da-
für sorgen, dass hier ein bisschen mehr Menschlichkeit
bleibt .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU)


Ich sage Ihnen eines, weil ich hier immer wieder den
Zwischenruf „Kirchentag!“ höre: Dabei geht es nicht um
den Kirchentag . Es geht um einen realistischen Blick .

Herr Kiesewetter, da Sie eine realistische Einschät-
zung hören wollen, sage ich Ihnen jetzt als Letztes zu den
mitteleuropäischen Maßstäben, die Sie gerne anlegen
wollen: Im letzten Jahr sind in Afghanistan 3 500 Men-
schen zu Tode gekommen und 7 900 Menschen wurden
verletzt . Ein Drittel davon waren Kinder . – Das ist die
Realität . Das ist die Lage in Afghanistan .

Deswegen sage ich: Zeigen Sie endlich Haltung! Ein
Abschiebestopp muss her, und zwar jetzt, und nicht ein
Aussetzen . Jetzt brauchen wir den Abschiebestopp! Jetzt
brauchen wir Sicherheit! In Afghanistan ist nur eines
klar: Dieses Land ist nicht sicher . Zeigen Sie endlich Hal-
tung, zeigen Sie Menschlichkeit, und zeigen Sie, dass Sie
politisch nicht länger vor Herrn de Maizière kriechen, der
nur eines will: Menschen abschieben .


Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823725800

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es geht darum, dass wir klar sagen: Afghanistan ist
nicht sicher . Abschiebestopp jetzt, meine Damen und
Herren!


(Anhaltender Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei der LINKEN)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823725900

Als Nächster spricht der Kollege Michael Frieser von

der CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Michael Frieser (CSU):
Rede ID: ID1823726000

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Man stellt sich zum Abschluss dieser De-
batte die einzige wirklich erhebliche Frage: Worum geht

Dr. Martin Rosemann






(A) (C)



(B) (D)


es den Grünen heute Abend eigentlich? Geht es ihnen um
die Frage der Abschiebung, oder geht es ihnen um sich
selbst und ihre Daseinsberechtigung?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Man hat fast das Gefühl, dass man eine solche Situation
herbeigesehnt hat .


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist billig!)


Ich kann nur sagen: Es ist der Dramaturgie dieser Debatte
geschuldet, dass jetzt ein Nürnberger am Redepult steht .
Ich muss Ihnen sagen, Frau Göring-Eckardt: Ich weiß
ganz genau, an wessen Seite Sie stehen . Diejenigen, die
in Nürnberg demonstriert haben, die zehn Polizisten ver-
letzt haben, die mit Fahrrädern und Flaschen geworfen
haben, waren Linksautonome und keine Schüler .


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr . Petra Sitte [DIE LINKE]: Quatsch! – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Bayern! – Zuruf vom BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Empörend! – Weitere Zurufe von der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nehmen Sie das zur Kenntnis! Ich habe das Gefühl, dass
es bei dieser Debatte schon längst nicht mehr um einzel-
ne Abschiebungen geht . Wir haben alle gehört, wie diese
Debatte geführt wurde .

Ich bin voll des Lobes und des Stolzes, nicht nur auf
die Verantwortung tragenden Ministerpräsidenten, son-
dern auch auf die Bundesregierung,


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Auf Herrn Herrmann heute Morgen!)


die in einer schwierigen Situation genau das herbeiführt,
wozu erstens der deutsche Wähler und zweitens das Ge-
setz uns veranlassen,


(Zuruf des Abg . Dr . Diether Dehm [DIE LINKE])


nämlich in dieser Situation eine neue Lagebewertung
herbeizuführen, um keine Fehler zu machen . Das ist es,
was Recht und Ordnung in diesem Land bedeuten . Des-
halb bedanke ich mich an dieser Stelle beim Bundesin-
nenminister und dem Außenministerium .


(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU], an die SPD gewandt: Bei Gabriel könnt ihr schon klatschen! – Gegenruf des Abg . Thomas Oppermann [SPD])


Es geht um nicht weniger als die Durchsetzung nati-
onalen und internationalen Rechtes . Wer bei der Frage
der Rückführungen nicht unterscheiden will zwischen
demjenigen, der nach einem gerichtlichen Verfahren,
nach einer schweren Entscheidung in einem Asylverfah-
ren – durch die Instanzen hindurch – letztendlich eine
Abschiebungsverfügung erhält, und demjenigen, dem
nach einem Asylverfahren in diesem Land Schutz vor
Verfolgung gewährt wird, der versündigt sich nicht nur

an unserem Auftrag, für unsere Bürger zu sorgen, son-
dern der versündigt sich auch an dem Auftrag unseres
Gesetzes, weil er letztendlich nicht gegen Abschiebun-
gen ist, sondern gegen den Rechtsstaat .


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wer konsequent Recht anwendet, muss das Recht auch
dann konsequent anwenden, wenn es um Rückführungen
geht .


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Genau!)


Ich glaube, es ist entscheidend, dass wir die Situation
in Afghanistan unter die Lupe nehmen .


(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Wie die AfD!)


Wir haben es nicht nur gehört, sondern wir wissen – auch
Sie wissen das –, dass es sich um eine durchwachsene
Situation handelt,


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: „Durchwachsen“?)


dass es sehr wohl inländische Fluchtalternativen gibt .


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die UNO sagt: Eines der gefährlichsten Länder der Welt!)


In Richtung der Linken sage ich: Wenn man den UNHCR
hier anführt, dann muss man auch zur Kenntnis nehmen,
dass unter Mithilfe bzw . Mitorganisation des UNHCR
Hunderttausende von Paschtunen aus Pakistan nach Af-
ghanistan freiwillig zurückgeführt wurden .


(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Quatsch!)


Man kann doch nicht in jedem dieser Fälle sagen, dass
man die Leute in ein total unsicheres, in ein total dokt-
rinäres, in ein total zerbombtes Land bringen würde . Es
führt an der Realität vorbei, wenn man diese Tatsache
nicht zur Kenntnis nehmen will .


(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN)


Letztendlich bleibt es gegenüber denjenigen, die
wirklich ein Anrecht haben, in unserem Land zu bleiben,
nicht nur eine Frage der Gleichbehandlung, sondern auch
eine Frage der Humanität,


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Humanität! Da steht Herr Herrmann in Bayern ganz vorne!)


dass wir ihnen einen Hafen geben, dass wir ihnen die Ka-
pazitäten unseres Landes zur Verfügung stellen und sie
nicht aufzehren, indem wir alles gleichmachen . Das ist
ein Davonlaufen vor der moralischen Frage,


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Reden Sie nicht von Moral!)


vor der Tatsache, dass Sie persönlich eine Entscheidung
treffen müssen. Diese Entscheidung sollte nicht lauten,
gegen jegliche Art von Rückführung zu sein, sondern
diese Entscheidung sollte lauten, die Fälle zu unterschei-
den, anhand der Situation im jeweiligen Rückführungs-

Michael Frieser






(A) (C)



(B) (D)


land und der Tatsache, ob der Antragsteller ein Recht hat,
in unserem Land zu bleiben, oder die Pflicht hat, zurück-
zugehen – gerne mit unserer Unterstützung, gerne mit
unserer Hilfe . Aber wer das nicht zur Kenntnis nehmen
will, der hebelt am Ende den Rechtsstaat und das gesam-
te Asylverfahren aus .


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das macht der Herr Herrmann!)


Deshalb ist dieser Kompromiss richtig .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD Vielen Dank, Herr Kollege Frieser . – Bevor ich die se Aussprache schließe, gebe ich dem Kollegen Omid Nouripour das Wort für eine Kurzintervention . Herzlichen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Kollege Frieser, Sie haben gerade den Anspruch erhoben, dass es sachlich sein soll . Ich habe das in Ihrer Rede noch nicht gefunden, aber wenn Sie das Protokoll überarbeitet haben, finde ich das sicherlich. (Widerspruch bei der CDU/CSU – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Sehr deutlich! Hören Sie mal zu! – Weiterer Zuruf von der CDU/ CSU: Es war sehr sachlich!)

Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823726100
Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823726200

– Man merkt, wie angefasst Sie sind . Hervorragend!

Hören Sie zu .


(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Nee! Wir wollen doch bei der Wahrheit bleiben!)


– Hören Sie mir zu! – Erstens . Die Frau Bundeskanzlerin
hat heute in ihrem Statement gesagt, man müsse sich die
Sicherheitslage anschauen, und zwar von Region zu Re-
gion . Wenn man das macht und die Bundesregierung uns
seit Monaten erzählt, dass es sichere Regionen gibt, dann
ist es doch notwendig, dass sie ein einziges Mal eine ein-
zige dieser Regionen benennt . Das hat sie bis heute kein
einziges Mal gemacht .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Zweitens . Ich habe am 28 . Februar die Bundesregie-
rung in ihrer ungemein großen Kompetenz gefragt: Wo
kommen diese Leute eigentlich her, wohin schickt ihr
sie eigentlich zurück? Ich habe hier eine Liste . Hier gibt
es viele, viele Städte, bei denen die Bundesregierung
die Herkunftsprovinz – in der Spalte steht nichts – nicht
weiß . Und dann gibt es dort eine Stadt, die Maschhadi
heißt . Es gibt aber keine Stadt Maschhadi in Afghanis-
tan . Es gibt eine Stadt Maschhad im Iran . Die Leute aus
der Stadt im Osten Irans heißen Maschhadi . Das ist eine
Stadt, in der es seit 1979 sehr viele afghanische Flücht-
linge gibt . Da kommen diese Leute her . Wenn Sie uns
jetzt erzählen, es gäbe sichere Regionen, und dann auf

eine Region im Iran verweisen, dann ist das einfach nur
Hohn und Zynismus .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Das Letzte, was ich Ihnen noch sagen will . Es gab
einmal einen Generalsekretär der Bundes-CDU . Dieser
Mann heißt Ruprecht Polenz .


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Guter Mann!)


Ich möchte Ihnen einfach nur vorlesen, was er heute auf
Facebook geschrieben hat . Ich zitiere:

Niemand zwingt Deutschland dazu, abgelehnte
Asylbewerber abzuschieben . Wir können die Ab-
schiebung aussetzen, wenn das Herkunftsland unsi-
cher ist . Ob das der Fall ist, beurteilen wir selbst .
Wir können abgelehnte Asylbewerber sogar einbür-
gern, wenn sie wegen langjähriger Duldung inzwi-
schen unsere Sprache sprechen, gut integriert sind
und für sich selbst sorgen können . Es liegt ganz an
uns . Der schreckliche Terroranschlag in Kabul sollte
uns bei den Abschiebungen nach Afghanistan inne-
halten lassen . Ich teile die Sorge der Schülerinnen
und Schüler in Nürnberg und Duisburg .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich finde, Sie sollten einmal auf den ehemaligen Ge-
neralsekretär der CDU hören .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823726300

Kollege Frieser, möchten Sie darauf antworten?


Michael Frieser (CSU):
Rede ID: ID1823726400

Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Sehr geehrter Herr

Kollege, anscheinend haben Sie sich die Frage vor dem
heutigen Tag überlegt, vor der Tatsache, dass wir genau
das tun, was nicht nur das Gesetz, sondern auch die Situ-
ation von uns erfordert .


(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Das machen Sie gerade nicht!)


Ich meine, dass das Auswärtige Amt sehr gründlich über
die Frage zu entscheiden hat, in welche Regionen zu-
rückgeführt werden kann –


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nennen Sie einen Namen, bitte!)


auf Grundlage der Kenntnisse vor Ort, die nicht nur von
Beamten, sondern auch von anderen Mitarbeitern zusam-
mengetragen werden .


(Dr . Diether Dehm [DIE LINKE]: Nennen Sie eine!)


Michael Frieser






(A) (C)



(B) (D)


Letztendlich zeugt das von extremstem Misstrauen in
den eigenen Rechtsstaat, in die eigenen Fähigkeiten .


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Spalte ist leer! – Dr . Diether Dehm [DIE LINKE]: Nennen Sie einen! – Weitere Zurufe von Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie wollen um Gottes willen eines begründen: ein mora-
lisches Recht für sich selbst .


(Dr . Diether Dehm [DIE LINKE]: Eine Region, eine Stadt, bitte!)


Ich bleibe dabei: Wenn Sie den Rechtsstaat anerken-
nen, dann geben Sie Ihren Behörden und Ihrer Regierung
die Möglichkeit, die Lage zu überprüfen und zu Recht zu
dem Ergebnis zu kommen: Es gibt sehr wohl Regionen
und Städte in Afghanistan, in die man Menschen zurück-
führen kann .


(Beifall bei der CDU/CSU – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einen Namen! Ich flehe Sie an! – Weitere Zurufe von Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823726500

Ich schließe die Aussprache .

Wir kommen nun zu drei namentlichen Abstimmun-
gen .

Tagesordnungspunkt 47 n . Beschlussempfehlung des
Innenausschusses zu dem Antrag der Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen mit dem Titel „Abschiebungen nach
Afghanistan aussetzen“. Der Ausschuss empfiehlt in sei-
ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/12414, den
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck-
sache 18/12099 abzulehnen . Ich bitte die Schriftführe-
rinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze an den
Urnen einzunehmen . – Sind alle Urnen besetzt? – Das ist
der Fall. Ich eröffne die erste namentliche Abstimmung
über die Beschlussempfehlung .

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall .

Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftfüh-
rerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin-
nen .1)

Zusatzpunkt 10 . Abstimmung über den Antrag der
Fraktion Die Linke auf Drucksache 18/12639 mit dem
Titel „Sofortiger Abschiebestopp nach Afghanistan“ .
Sind die Plätze an den Urnen besetzt? – Das ist der Fall .
Ich eröffne die zweite namentliche Abstimmung.

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das sei-
ne Stimme bei der zweiten namentlichen Abstimmung
nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall . Ich schlie-
ße die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und
Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen .2)

1) Ergebnis Seite 24149 C
2) Ergebnis Seite 24152 C

Zusatzpunkt 11 . Abstimmung über den Antrag der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Drucksa-
che 18/12638 mit dem Titel „Neue Lagebeurteilung für
Afghanistan“ . Sind die Plätze an den Urnen besetzt? –
Das ist der Fall. Damit eröffne ich die dritte namentliche
Abstimmung .

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall . Ich
schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerin-
nen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen .3)

Die Ergebnisse der Abstimmungen werden Ihnen spä-
ter bekannt gegeben .

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf

Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD

Beschlüsse zum Freiheits- und Einheitsdenk-
mal konsequent umsetzen

Drucksache 18/12550

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 25 Minuten vorgesehen . – Ich höre kei-
nen Widerspruch . Dann ist das so beschlossen .

Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst dem
Kollegen Michael Kretschmer von der CDU/CSU-Frak-
tion das Wort .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1823726600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das

Wort „Denkmal“ lässt sich erstmals in den Schriften von
Martin Luther nachweisen, wo es die Bedeutung „Ge-
dächtnisstütze“ hat. Genau darum geht es. Wir schaffen
Denkmäler, um uns an Ereignisse und Personen zu erin-
nern . Wir tun dies meist aus der Verantwortung für unse-
re Geschichte . Denkmäler vergegenwärtigen unser Erbe .
Sie konfrontieren uns mit einer fortwirkenden Vergan-
genheit . Denken wir an das Holocaust-Mahnmal, an das
Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Ho-
mosexuellen oder für die Opfer der „Euthanasie“-Morde .
Wir haben sie gebaut, um an die traurigsten und dunkels-
ten Flecken in unserer deutschen Geschichte zu erinnern,
um kommende Generationen mit dieser uns prägenden
Geschichte zu konfrontieren und uns unserer Verantwor-
tung immer wieder aufs Neue bewusst zu werden .

Beim Freiheits- und Einheitsdenkmal, über das wir
heute sprechen, geht es um den glücklichsten Teil unse-
rer deutschen Geschichte . Frei von Gewalt, getrieben von
dem Wunsch nach Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat
sind die Menschen in der früheren DDR für ihre Über-
zeugungen auf die Straße gegangen und haben ein Sys-
tem zu Fall gebracht .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es ist nicht nur wichtig, dass an diesen einmaligen
und wohl glücklichsten Moment in unserer Geschichte
erinnert wird, es ist auch hochaktuell, wenn man sich die

3) Ergebnis Seite 24155 C

Michael Frieser






(A) (C)



(B) (D)


Lage in anderen Ländern der Welt anschaut . Es ist unsere
Aufgabe, daran zu erinnern, dass es sich lohnt, für Frei-
heit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu kämpfen,
und dass dies leider keine Selbstverständlichkeit ist .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg . Dr . Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Deshalb, meine Damen und Herren, ist es richtig, einen
Ort zu schaffen, an dem Menschen darauf gestoßen wer-
den, sich die Verletzlichkeit und den Wert unserer Demo-
kratie zu vergegenwärtigen .

Dies ist ganz unabhängig von der Frage, ob einem der
vorliegende Siegerentwurf des Freiheits- und Einheits-
denkmals „Bürger in Bewegung“ gefällt oder nicht . Ab-
gesehen davon kennen wir genügend Beispiele aus der
Architektur und von Kunstwerken, an deren Errichtung
sich die Geister schieden und die heute Publikumsmag-
neten sind . Denken wir allein in Berlin an die Reichstags-
kuppel, an die Verhüllung des Reichstagsgebäudes oder
an den Bau des Holocaust-Mahnmals . Unterschiedliche
Meinungen und Streit über einen Denkmalsentwurf spre-
chen nicht gegen diesen, im Gegenteil .

Der Errichtung des Freiheits- und Einheitsdenkmals
liegt ein demokratisch legitimierter Entscheidungspro-
zess zugrunde . Wir haben zweimal mit klarer Mehrheit
hier im Deutschen Bundestag Beschlüsse gefasst, die die
Errichtung dieses Denkmals möglich gemacht haben . Im
Jahr 2007 hat der Deutsche Bundestag über die Errich-
tung des Denkmals in der Berliner Mitte entschieden . Im
Jahr 2008 wurde nach Abwägung der historischen und
räumlichen Aspekte der Beschluss für die Errichtung
auf dem Sockel des Kaiser-Wilhelm-Denkmals auf der
Berliner Schlossfreiheit gefasst . Diese Beschlüsse haben
nach wie vor ihre Gültigkeit .

Der Entwurf „Bürger in Bewegung“ von Milla &
Partner ging schließlich aus zwei internationalen Wettbe-
werben mit insgesamt 920 Einreichungen hervor . Durch
Bewertung einer 15-köpfigen Jury und nach ausführli-
cher Prüfung unter Beteiligung des Landes Berlin, des
Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung und der
Entscheidung der Auslober ist dieser Sieger ausgewählt
worden .


Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823726700

Herr Kollege Kretschmer, lassen Sie die Frage des

Kollegen Dr . Feist zu?


Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1823726800

Ja, Frau Präsidentin .


Dr. Thomas Feist (CDU):
Rede ID: ID1823726900

Vielen Dank, Herr Kollege . – Hier draußen vor dem

Reichstag läuft jeden Abend eine wunderbare und ergrei-
fende Dokumentation über den Weg zur deutschen Ein-
heit . Wir reden heute über das Freiheits- und Einheits-
denkmal in Berlin . Ich freue mich, dass in dem Antrag
auch Leipzigs Rolle bei der friedlichen Revolution er-
wähnt worden ist; das spielt auch in dieser Präsentation
eine wichtige Rolle .

Weil ich aus Leipzig komme –


(Zurufe von der SPD: Ah!)


– Sie können ruhig einmal zuhören – und weil wir dort
nicht unbedingt die besten Erfahrungen mit einer Aus-
schreibung der Stadtverwaltung gemacht haben, die eine
solche gegen die Wand gefahren hat,


(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine Redezeit gekriegt, was?)


möchte ich einmal fragen, wie die Meinung des Deut-
schen Bundestages für ein Freiheits- und Einheitsdenk-
mal in Leipzig wäre . Das frage ich nicht nur für mich,
sondern das frage ich für die vielen mutigen Menschen,
die dort auf die Straße gegangen sind, für Vereine und
die Stiftung Friedliche Revolution oder auch für Bürger-
rechtlerinnen und Bürgerrechtler wie Gesine Oltmanns,
die an der Errichtung eines solchen Freiheits- und Ein-
heitsdenkmals ein großes Interesse haben .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Danke schön für diesen Beitrag!)



Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1823727000

Kollege Feist, ich kann nicht für den gesamten Bun-

destag sprechen, aber für mich ist klar: Dieses Frei-
heits- und Einheitsdenkmal gehört in die Hauptstadt der
Bundesrepublik Deutschland, nach Berlin, und zwar des-
wegen, weil hier die Teilung Deutschlands am deutlichs-
ten war, weil hier die Stasigefängnisse gestanden haben,
weil es hier im Verhältnis zu allen anderen Denkmälern
zum Holocaust und zu anderen traurigen Orten der deut-
schen Geschichte steht .

Natürlich ist die friedliche Revolution, der Einsturz
der Mauer, nicht zu denken ohne die vielen Menschen
in Plauen, in Görlitz, in Jena, in Leipzig . Deswegen steht
es für mich außer Frage, dass, wenn es in Leipzig eine
Mehrheit für ein Freiheits- und Einheitsdenkmal gibt, wir
uns auch in Zukunft zu unserem Beschluss bekennen und
dass es dort ein solches Denkmal geben kann. Ich finde
es traurig, dass es bisher nicht gelungen ist, diese Initia-
tive zu einem Erfolg zu führen. Ich finde es großartig,
dass an anderen Stellen, wie beispielsweise in Plauen, ein
solches Denkmal ohne Unterstützung des Bundes, alleine
von den Menschen vor Ort gemacht wird . Das zeigt eine
starke Bürgergesellschaft . Wir würden uns freuen, wenn
es an vielen Stellen so ist, auch in Leipzig .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, das Baurecht liegt vor . Es
ist jetzt nur noch eine Frage unseres Beschlusses, dass
dieses Denkmal realisiert wird . Ich bin frohen Mutes und
freue mich darüber, dass dieser letzte Schritt gegangen
werden kann . Wir haben allen Grund, uns über die deut-
sche Einheit und über das, was damals erreicht worden
ist, zu freuen . Wir sollten das mit einem solchen Denk-
mal deutlich dokumentieren .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Michael Kretschmer






(A) (C)



(B) (D)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823727100

Vielen Dank, Herr Kollege . – Als Nächstes spricht die

Kollegin Sigrid Hupach von der Fraktion Die Linke .


(Beifall bei der LINKEN)



Sigrid Hupach (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823727200

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es

sind ja nur noch wenige Zuschauer auf der Besuchertri-
büne . Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegen-
de Antrag der Koalition erweckt den Eindruck, es hätte
seit 2007 eine breite öffentliche Debatte, einen breiten
öffentlichen Diskurs über ein Freiheits- und Einheits-
denkmal in Berlin gegeben . Richtig ist: Die Entschei-
dungen wurden verkündet . Wir Linken verstehen unter
„Beteiligung“ aber mehr als bloße Information, nämlich
Mitbestimmung .


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie war auch dem Kulturausschuss des Bundestags nicht
vergönnt .

Mitbestimmung meint nicht, der Künstlerin oder
dem Künstler ins Werk zu reden, wie immer behauptet
wird . Vielmehr ist damit einfach ein aktives Mittun bei
der Konzeption der Ausschreibung, bei der Gestaltung
der Wettbewerbsbedingungen und auch ein Mitentschei-
den-Dürfen gemeint, und gerade bei einem Denkmal, das
an die Selbstermächtigung der Bürgerinnen und Bürger
der DDR 1989/90 erinnern soll, wäre sie mehr als ge-
boten gewesen . Insofern verwundert es auch nicht, dass
das Denkmal in dieser Form und an diesem Ort kaum auf
Akzeptanz stößt .


(Lachen des Abg . Michael Brand [CDU/ CSU])


Ich weiß nicht, wo Sie die Behauptung hernehmen,
dass es eine breite Zustimmung zur goldenen Wippe,
Waage oder Schale gibt . Umfragen, Leserbriefspalten,
soziale Medien und nicht zuletzt das Feuilleton zeichnen
ein ganz anders Bild .


(Michael Brand [CDU/CSU]: Ihnen ist das ganze Denkmal ein Dorn im Auge!)


Den öffentlichen Veranstaltungen fehlte in aller Regel vor
allem eines: Besucherinnen und Besucher . Es gab auch
keinen Aufschrei, als der Haushaltsausschuss im April
2016 das Projekt stoppte, sondern vielmehr Erleichte-
rung, vor allem in Berlin – abgesehen von der Handvoll
Initiatoren und den Gestaltern des Entwurfes . Das sollte
und muss uns doch zu denken geben .


(Beifall bei der LINKEN – Michael Brand [CDU/CSU]: Ihr bedauert noch die Einheit!)


Das gilt auch für die Tatsache, dass es innerhalb von
fast 20 Jahren nicht gelungen ist, das Denkmal zu reali-
sieren . Die ersten Ideen reichen ja bis in das Jahr 1998
zurück . Nur weil im Herbst letzten Jahres plötzlich die
Idee der Rekonstruktion der Preußischen Kolonnaden
auftauchte, wird das, was wir heute hier beschließen sol-
len, nicht besser . Wir Linken haben uns nie prinzipiell ge-

gen ein Gedenken an die friedliche Revolution 1989/90
ausgesprochen .


(Beifall bei der LINKEN – Dr . Thomas Feist [CDU/CSU]: Ihr habt euch nie über die deutsche Einheit gefreut! Das ist doch der Punkt! – Michael Brand [CDU/CSU]: Ihr wolltet die deutsche Einheit nie!)


Kritisiert haben wir aber den konkreten Standort, die
mangelnde Beteiligung der Bevölkerung und auch die
Verfahrensweise .


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Das waren gute und auch sachliche Gründe, Gründe
übrigens, die in den vergangenen Monaten auch von der
Kulturstaatsministerin vorgebracht wurden . Noch im Fe-
bruar dieses Jahres hatte Frau Grütters im Spiegel ein
verbreitetes Unbehagen wahrgenommen und den Sockel
mit seiner wilhelminischen Herrschaftssymbolik als un-
passend für ein Freiheits- und Einheitsdenkmal charak-
terisiert .


(Beifall bei der LINKEN)


Sie sah das ganze Vorhaben durch den Kolonnadenvor-
schlag konterkariert und hat einen Neustart der Diskussi-
on angeregt, gegebenenfalls auch für Leipzig . In Leipzig
macht man es nach dem gescheiterten ersten Versuch nun
richtig . Gerade in Sachen Bürgerbeteiligung sollte man
sich daran ein Beispiel nehmen .


(Beifall bei der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition,
haben Sie sich eigentlich einmal den Beschluss von 2008
genau angesehen? Dort ist ausdrücklich die Beteiligung
der Öffentlichkeit gefordert. Wir haben immer kritisiert,
dass genau dies nicht geschehen ist . Erinnert werden soll
doch vor allem an die friedliche Revolution von 1989/90 .
Sie hat an vielen Orten in der DDR stattgefunden, ganz
sicher aber nicht auf dem Platz des zukünftigen Denk-
mals . Als Orte sind doch vor allem Leipzig und der Alex-
anderplatz in Berlin im kollektiven Gedächtnis vorhan-
den .


(Dr . Thomas Feist [CDU/CSU]: Warum sind denn die Linken in Leipzig dagegen?)


– Nein, das sind wir nicht . Es gibt eine Neustartinitiative
linker Stadträte .


(Michael Brand [CDU/CSU]: Dass Sie bei der Rede so ernst bleiben können, ist beeindruckend! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das ist ja zynisch!)


Ganz grundsätzlich stellt sich die Frage: Kann man
überhaupt mit einem zentralen Denkmal einer dezen-
tralen Selbstermächtigung der Bürgerinnen und Bürger
entsprechen?


(Zuruf von der CDU/CSU: „Dezentrale Selbstermächtigung“? Was ist denn das?)


– Sie hat nicht nur an einem Ort stattgefunden, sondern
an vielen, vielen Orten in der DDR .


(Beifall bei der LINKEN)







(A) (C)



(B) (D)


Ich zum Beispiel finde die Idee interessant, den Sockel
des ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Denkmals einfach frei
zu lassen –


Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823727300

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss .


Sigrid Hupach (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823727400

– und regelmäßig Künstlerinnen und Künstler ein-

zuladen – ich komme zum Schluss –, ihn temporär zu
bespielen . Dadurch könnte sich eine permanente Debat-
te entwickeln . Das wäre eine wunderbare Form, an die
Diskussionen und die Aufbruchsstimmung von 1989 zu
erinnern und die Auseinandersetzungen damit zu üben .


(Michael Brand [CDU/CSU]: Oh! Noch so eine tolle Idee!)


Aufgrund der unterschiedlichen Lebensverhältnisse in
Ost und West empfinden viele Menschen in ihrem Alltag
noch nicht, dass die Einheit wirklich schon hergestellt ist .
Unterschiedliche Lohn- und Rentenzahlungen kann man
hier nur als zwei Stichworte nennen .


(Michael Brand [CDU/CSU]: Dass Sie die Rente noch in die Rede reinkriegen: beeindruckend!)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823727500

Frau Kollegin .


Sigrid Hupach (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823727600

Vielleicht ist die Zeit für ein solches Denkmal einfach

noch nicht reif .

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823727700

Frau Kollegin .


Sigrid Hupach (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823727800

Ich finde, das ist noch ein Grund mehr dafür, über Al-

ternativen nachzudenken .


(Michael Brand [CDU/CSU]: Für Sie kriegt die Rente ein Einheitsdenkmal!)


Aus all diesen genannten Gründen lehnen wir den
heute hier vorliegenden Antrag ab .

Vielen Dank .


(Beifall bei der LINKEN – Michael Brand [CDU/CSU]: Sie wollen kein Einheitsdenkmal!)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823727900

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir mit der

Aussprache fortfahren, möchte ich Ihnen gerne die Er-
gebnisse der namentlichen Abstimmungen mitteilen .

Erste namentliche Abstimmung . Ich gebe Ihnen das
von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittel-
te Ergebnis der namentlichen Abstimmung über die
Beschlussempfehlung des Innenausschusses zu dem An-
trag der Abgeordneten Luise Amtsberg, Omid Nouripour,
Volker Beck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Abschiebungen
nach Afghanistan aussetzen“ bekannt: abgegebene Stim-
men 559 . Mit Ja haben gestimmt 438, mit Nein haben
gestimmt 107, Enthaltungen 14 .1) Die Beschlussempfeh-
lung ist damit angenommen .

1) Anlage 12

Endgültiges Ergebnis

Abgegebene Stimmen: 561;
davon

ja: 439
nein: 108
enthalten: 14

Ja

CDU/CSU

Stephan Albani
Artur Auernhammer
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Maik Beermann
Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Sybille Benning
Dr . André Berghegger
Dr . Christoph Bergner
Ute Bertram

Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr . Maria Böhmer
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr . Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr . Ralf Brauksiepe
Dr . Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Alexander Dobrindt
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz

Iris Eberl
Jutta Eckenbach
Dr . Bernd Fabritius
Uwe Feiler
Dr . Thomas Feist
Enak Ferlemann
Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsru he-Land)

Dr . Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Thorsten Frei
Dr . Astrid Freudenstein
Dr . Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr . Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger

Cemile Giousouf
Josef Göppel
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann
Monika Grütters
Dr . Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn
Rainer Hajek
Dr . Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann

Sigrid Hupach






(A) (C)



(B) (D)


Dr . Stefan Heck
Dr . Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich (Chemnitz)

Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Dr . Heribert Hirte
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Alexander Hoffmann

(Dort mund)

Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr . Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Dr . Mathias Edwin Höschel
Charles M . Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Dr . Franz Josef Jung
Xaver Jung
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr . Stefan Kaufmann
Ronja Kemmer
Dr . Georg Kippels
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr . Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr . Roy Kühne
Uwe Lagosky
Dr . Dr . h . c . Karl A . Lamers

Andreas G . Lämmel
Dr . Norbert Lammert
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Barbara Lanzinger
Dr . Silke Launert
Paul Lehrieder
Dr . Katja Leikert
Dr . Philipp Lengsfeld
Dr . Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Dr . Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr . Claudia Lücking-Michel
Dr . Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr . Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Reiner Meier
Dr . Michael Meister
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr . h . c . Hans Michelbach
Dr . Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Volker Mosblech
Elisabeth Motschmann
Dr . Gerd Müller

(Braun schweig)

Stefan Müller (Erlangen)

Dr . Philipp Murmann
Dr . Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr . Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr . Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel

Martin Patzelt
Dr . Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Thomas Rachel
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Alois Rainer
Dr . Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr . Heinz Riesenhuber
Iris Ripsam
Johannes Röring
Kathrin Rösel
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer (Saalstadt)

Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Christian Schmidt (Fürth)

Gabriele Schmidt (Ühlingen)

Patrick Schnieder
Nadine Schön (St . Wendel)

Dr . Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr . Klaus-Peter Schulze
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr . Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Tino Sorge
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Albert Stegemann
Peter Stein
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Frhr . von Stetten
Dieter Stier
Rita Stockhofe
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger

Matthäus Strebl
Thomas Stritzl
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr . Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr . Hans-Peter Uhl
Dr . Volker Ullrich
Arnold Vaatz
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Dr . Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Karl-Heinz Wange
Nina Warken
Kai Wegner
Dr . h . c . Albert Weiler
Marcus Weinberg (Hamburg)

Dr . Anja Weisgerber
Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Oliver Wittke
Dagmar G . Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr . Matthias Zimmer
Gudrun Zollner

SPD

Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Bettina Bähr-Losse
Heinz-Joachim Barchmann
Dr . Katarina Barley
Doris Barnett
Dr . Matthias Bartke






(A) (C)



(B) (D)


Sören Bartol
Bärbel Bas
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Burkhard Blienert
Dr . Karl-Heinz Brunner
Dr . h . c . Edelgard Bulmahn
Dr . Lars Castellucci
Jürgen Coße
Petra Crone
Dr . Daniela De Ridder
Dr . Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr . Johannes Fechner
Dr . Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Dr . Ute Finckh-Krämer
Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Dagmar Freitag
Michael Gerdes
Martin Gerster
Angelika Glöckner
Ulrike Gottschalck
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Michael Groß
Uli Grötsch
Wolfgang Gunkel
Bettina Hagedorn
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel

(Wa ckernheim)

Hubertus Heil (Peine)

Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Thomas Hitschler
Dr . Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz-Herrmann
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek

Johannes Kahrs
Gabriele Katzmarek
Ulrich Kelber
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Arno Klare
Lars Klingbeil
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Angelika Krüger-Leißner
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr . Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Hiltrud Lotze
Kirsten Lühmann
Dr . Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Katja Mast
Dr . Matthias Miersch
Susanne Mittag
Detlef Müller (Chemnitz)

Michelle Müntefering
Dr . Rolf Mützenich
Ulli Nissen
Thomas Oppermann
Mahmut Özdemir (Duisburg)

Aydan Özoğuz
Markus Paschke
Christian Petry
Jeannine Pflugradt
Sabine Poschmann
Achim Post (Minden)

Dr . Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr . Sascha Raabe
Dr . Simone Raatz
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Gerold Reichenbach
Dr . Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Petra Rode-Bosse
Dennis Rohde
Dr . Martin Rosemann
Dr . Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Bernd Rützel
Sarah Ryglewski
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr . Hans-Joachim

Schabedoth

Axel Schäfer (Bochum)

Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr . Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt (Aachen)

Matthias Schmidt (Berlin)

Dagmar Schmidt (Wetzlar)

Carsten Schneider (Erfurt)

Elfi Scho-Antwerpes
Ursula Schulte
Swen Schulz (Spandau)

Frank Schwabe
Stefan Schwartze
Andreas Schwarz
Rita Schwarzelühr-Sutter
Rainer Spiering
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Kerstin Tack
Claudia Tausend
Dr . Karin Thissen
Franz Thönnes
Carsten Träger
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Gabi Weber
Bernd Westphal

(Wol mirstedt)

Gülistan Yüksel
Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr . Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer

Fraktionslos

Erika Steinbach

Nein

CDU/CSU

Roderich Kiesewetter

SPD

Marco Bülow
Dr. Bärbel Kofler
Rüdiger Veit

DIE LINKE

Jan van Aken
Dr . Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder

Matthias W . Birkwald
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr . Diether Dehm
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Dr . André Hahn
Heike Hänsel
Dr . Rosemarie Hein
Inge Höger
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Stefan Liebich
Dr . Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Norbert Müller (Potsdam)

Dr . Alexander S . Neu
Petra Pau
Harald Petzold (Havelland)

Richard Pitterle
Martina Renner
Dr . Petra Sitte
Kersten Steinke
Dr . Kirsten Tackmann
Azize Tank
Frank Tempel
Dr . Axel Troost
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Hubertus Zdebel
Sabine Zimmermann


(Zwickau)


BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Agnieszka Brugger






(A) (C)



(B) (D)


Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Dr . Thomas Gambke
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Dr . Anton Hofreiter
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Maria Klein-Schmeink
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl

Oliver Krischer
Stephan Kühn (Dresden)

Christian Kühn (Tübingen)

Renate Künast
Monika Lazar
Steffi Lemke
Dr . Tobias Lindner
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Cem Özdemir
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner

Claudia Roth (Augsburg)


Corinna Rüffer

Elisabeth Scharfenberg

Ulle Schauws
Dr . Gerhard Schick

Dr . Frithjof Schmidt

Kordula Schulz-Asche

Dr . Wolfgang Strengmann-
Kuhn

Hans-Christian Ströbele

Dr . Harald Terpe

Markus Tressel

Jürgen Trittin

Dr . Julia Verlinden

Doris Wagner

Beate Walter-Rosenheimer

Enthalten

CDU/CSU

Dr . Egon Jüttner
SPD

Klaus Barthel
Willi Brase
Bernhard Daldrup
Michaela Engelmeier
Dirk Heidenblut
Ralf Kapschack
Hilde Mattheis
Bettina Müller
René Röspel
Susann Rüthrich
Ewald Schurer
Christoph Strässer
Michael Thews

Zweite namentliche Abstimmung . Ich gebe Ihnen das
von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittel-
te Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den
Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Sofortiger
Abschiebstopp nach Afghanistan“ bekannt: abgebebene

Stimmen 562 . Mit Ja haben gestimmt 53, mit Nein haben
gestimmt 453, Enthaltungen 56 .1) Der Antrag ist damit
abgelehnt .

1) Anlage 13

Endgültiges Ergebnis

Abgegebene Stimmen: 561;
davon

ja: 52
nein: 453
enthalten: 56

Ja

SPD

Johannes Kahrs

DIE LINKE

Jan van Aken
Dr . Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder
Matthias W . Birkwald
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr . Diether Dehm
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Dr . André Hahn
Heike Hänsel

Dr . Rosemarie Hein
Inge Höger
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Stefan Liebich
Dr . Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Norbert Müller (Potsdam)

Dr . Alexander S . Neu
Petra Pau
Harald Petzold (Havelland)

Richard Pitterle
Martina Renner
Dr . Petra Sitte
Kersten Steinke
Dr . Kirsten Tackmann
Azize Tank

Frank Tempel
Dr . Axel Troost
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Jörn Wunderlich
Sabine Zimmermann


(Zwickau)


BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Volker Beck (Köln)


Nein

CDU/CSU

Stephan Albani
Artur Auernhammer
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Maik Beermann
Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Sybille Benning
Dr . André Berghegger
Dr . Christoph Bergner

Ute Bertram
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr . Maria Böhmer
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr . Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr . Ralf Brauksiepe
Dr . Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Alexander Dobrindt
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Iris Eberl
Jutta Eckenbach
Dr . Bernd Fabritius
Uwe Feiler
Dr . Thomas Feist






(A) (C)



(B) (D)


Enak Ferlemann
Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsru he-Land)

Dr . Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Thorsten Frei
Dr . Astrid Freudenstein
Dr . Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr . Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Josef Göppel
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann
Monika Grütters
Dr . Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn
Rainer Hajek
Dr . Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr . Stefan Heck
Dr . Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich (Chemnitz)

Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Dr . Heribert Hirte
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Alexander Hoffmann

(Dort mund)


Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr . Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Dr . Mathias Edwin Höschel
Charles M . Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Dr . Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr . Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr . Stefan Kaufmann
Ronja Kemmer
Roderich Kiesewetter
Dr . Georg Kippels
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr . Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr . Roy Kühne
Uwe Lagosky
Dr . Dr . h . c . Karl A . Lamers
Andreas G . Lämmel
Dr . Norbert Lammert
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Barbara Lanzinger
Dr . Silke Launert
Paul Lehrieder
Dr . Katja Leikert
Dr . Philipp Lengsfeld
Dr . Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz

Dr . Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr . Claudia Lücking-Michel
Dr . Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr . Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Reiner Meier
Dr . Michael Meister
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr . h . c . Hans Michelbach
Dr . Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Volker Mosblech
Elisabeth Motschmann
Dr . Gerd Müller

(Braun schweig)

Stefan Müller (Erlangen)

Dr . Philipp Murmann
Dr . Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr . Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr . Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr . Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Thomas Rachel
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Alois Rainer
Dr . Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr . Heinz Riesenhuber

Iris Ripsam
Johannes Röring
Kathrin Rösel
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer (Saalstadt)

Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Christian Schmidt (Fürth)

Gabriele Schmidt (Ühlingen)

Patrick Schnieder
Nadine Schön (St . Wendel)

Dr . Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr . Klaus-Peter Schulze
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr . Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Tino Sorge
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Albert Stegemann
Peter Stein
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Frhr . von Stetten
Dieter Stier
Rita Stockhofe
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Stritzl
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr . Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr . Hans-Peter Uhl
Dr . Volker Ullrich
Arnold Vaatz
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Sven Volmering






(A) (C)



(B) (D)


Christel Voßbeck-Kayser
Dr . Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Karl-Heinz Wange
Nina Warken
Kai Wegner
Dr . h . c . Albert Weiler
Marcus Weinberg (Hamburg)

Dr . Anja Weisgerber
Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Oliver Wittke
Dagmar G . Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr . Matthias Zimmer
Gudrun Zollner

SPD

Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Bettina Bähr-Losse
Heinz-Joachim Barchmann
Dr . Katarina Barley
Doris Barnett
Klaus Barthel
Dr . Matthias Bartke
Sören Bartol
Bärbel Bas
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Burkhard Blienert
Willi Brase
Dr . Karl-Heinz Brunner
Dr . h . c . Edelgard Bulmahn
Dr . Lars Castellucci
Jürgen Coße
Petra Crone
Dr . Daniela De Ridder
Dr . Karamba Diaby
Sabine Dittmar

Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr . Johannes Fechner
Dr . Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Dr . Ute Finckh-Krämer
Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Dagmar Freitag
Michael Gerdes
Martin Gerster
Angelika Glöckner
Ulrike Gottschalck
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Michael Groß
Uli Grötsch
Wolfgang Gunkel
Bettina Hagedorn
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel

(Wa ckernheim)

Dirk Heidenblut
Hubertus Heil (Peine)

Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Thomas Hitschler
Dr . Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz-Herrmann
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Ulrich Kelber
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Anette Kramme
Angelika Krüger-Leißner
Christine Lambrecht

Christian Lange (Backnang)

Dr . Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Hiltrud Lotze
Kirsten Lühmann
Dr . Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Dr . Matthias Miersch
Klaus Mindrup
Susanne Mittag
Bettina Müller
Detlef Müller (Chemnitz)

Michelle Müntefering
Dr . Rolf Mützenich
Ulli Nissen
Thomas Oppermann
Mahmut Özdemir (Duisburg)

Aydan Özoğuz
Markus Paschke
Christian Petry
Jeannine Pflugradt
Sabine Poschmann
Achim Post (Minden)

Dr . Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr . Sascha Raabe
Dr . Simone Raatz
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Gerold Reichenbach
Dr . Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Petra Rode-Bosse
Dennis Rohde
Dr . Martin Rosemann
René Röspel
Dr . Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Bernd Rützel
Sarah Ryglewski
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr . Hans-Joachim

Schabedoth
Axel Schäfer (Bochum)

Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr . Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt (Aachen)

Matthias Schmidt (Berlin)

Dagmar Schmidt (Wetzlar)


Carsten Schneider (Erfurt)

Elfi Scho-Antwerpes
Ursula Schulte
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Stefan Schwartze
Andreas Schwarz
Rita Schwarzelühr-Sutter
Rainer Spiering
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Claudia Tausend
Michael Thews
Dr . Karin Thissen
Franz Thönnes
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Gabi Weber
Bernd Westphal

(Wol mirstedt)

Gülistan Yüksel
Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr . Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer

Fraktionslos

Erika Steinbach

Enthalten

SPD

Marco Bülow
Birgit Kömpel
Susann Rüthrich

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck (Bremen)

Agnieszka Brugger
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Dr . Thomas Gambke






(A) (C)



(B) (D)


Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Dr . Anton Hofreiter
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Maria Klein-Schmeink
Tom Koenigs

Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Stephan Kühn (Dresden)

Christian Kühn (Tübingen)

Renate Künast
Monika Lazar
Steffi Lemke
Dr . Tobias Lindner
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic

Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Cem Özdemir
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)

Corinna Rüffer
Elisabeth Scharfenberg
Ulle Schauws

Dr . Gerhard Schick
Dr . Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr . Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr . Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr . Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer

Dritte namentliche Abstimmung . Ich teile Ihnen jetzt
das von den Schriftführerinnen und Schriftführern er-
mittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über
den Antrag der Fraktionen CDU/CSU und SPD mit dem
Titel „Neue Lagebeurteilung für Afghanistan“ mit: abge-

gebene Stimmen 561 . Mit Ja haben gestimmt 445, mit
Nein haben gestimmt 109, Enthaltungen 7 .1) Der Antrag
ist damit angenommen .

1) Anlage 14

Endgültiges Ergebnis

Abgegebene Stimmen: 562;
davon

ja: 446
nein: 109
enthalten: 7

Ja

CDU/CSU

Stephan Albani
Artur Auernhammer
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Maik Beermann
Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Sybille Benning
Dr . André Berghegger
Dr . Christoph Bergner
Ute Bertram
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr . Maria Böhmer
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr . Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr . Ralf Brauksiepe
Dr . Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus

Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Alexander Dobrindt
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Iris Eberl
Jutta Eckenbach
Dr . Bernd Fabritius
Uwe Feiler
Dr . Thomas Feist
Enak Ferlemann
Dirk Fischer (Hamburg)

Dr . Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Thorsten Frei
Dr . Astrid Freudenstein
Dr . Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr . Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Josef Göppel
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund

Oliver Grundmann
Monika Grütters
Dr . Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn
Rainer Hajek
Dr . Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr . Stefan Heck
Dr . Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich (Chemnitz)

Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Dr . Heribert Hirte
Christian Hirte
Robert Hochbaum

(Dort mund)

Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr . Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Dr . Mathias Edwin Höschel
Charles M . Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe

Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Dr . Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr . Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr . Stefan Kaufmann
Ronja Kemmer
Roderich Kiesewetter
Dr . Georg Kippels
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr . Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr . Roy Kühne
Uwe Lagosky
Dr . Dr . h . c . Karl A . Lamers
Andreas G . Lämmel
Dr . Norbert Lammert
Katharina Landgraf






(A) (C)



(B) (D)


Ulrich Lange
Barbara Lanzinger
Dr . Silke Launert
Paul Lehrieder
Dr . Katja Leikert
Dr . Philipp Lengsfeld
Dr . Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Dr . Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr . Claudia Lücking-Michel
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr . Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Reiner Meier
Dr . Michael Meister
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr . h . c . Hans Michelbach
Dr . Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Volker Mosblech
Elisabeth Motschmann
Dr . Gerd Müller

(Braun schweig)

Stefan Müller (Erlangen)

Dr . Philipp Murmann
Dr . Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr . Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr . Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr . Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols

Thomas Rachel
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Alois Rainer
Dr . Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr . Heinz Riesenhuber
Iris Ripsam
Johannes Röring
Kathrin Rösel
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer (Saalstadt)

Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Christian Schmidt (Fürth)

Gabriele Schmidt (Ühlingen)

Patrick Schnieder
Nadine Schön (St . Wendel)

Dr . Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr . Klaus-Peter Schulze
Uwe Schummer
Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr . Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Tino Sorge
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Albert Stegemann
Peter Stein
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Frhr . von Stetten
Dieter Stier
Rita Stockhofe
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Stritzl
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr . Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr . Hans-Peter Uhl
Dr . Volker Ullrich
Oswin Veith
Thomas Viesehon

Michael Vietz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Dr . Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Karl-Heinz Wange
Nina Warken
Dr . h . c . Albert Weiler
Marcus Weinberg (Hamburg)

Dr . Anja Weisgerber
Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Oliver Wittke
Dagmar G . Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr . Matthias Zimmer
Gudrun Zollner

SPD

Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Bettina Bähr-Losse
Heinz-Joachim Barchmann
Dr . Katarina Barley
Doris Barnett
Klaus Barthel
Dr . Matthias Bartke
Sören Bartol
Bärbel Bas
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Burkhard Blienert
Willi Brase
Dr . Karl-Heinz Brunner
Dr . h . c . Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Dr . Lars Castellucci
Jürgen Coße
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr . Karamba Diaby

Sabine Dittmar
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr . Johannes Fechner
Dr . Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Dr . Ute Finckh-Krämer
Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Dagmar Freitag
Michael Gerdes
Martin Gerster
Angelika Glöckner
Ulrike Gottschalck
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Michael Groß
Uli Grötsch
Wolfgang Gunkel
Bettina Hagedorn
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel

(Wa ckernheim)

Dirk Heidenblut
Hubertus Heil (Peine)

Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Thomas Hitschler
Dr . Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz-Herrmann
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Ulrich Kelber
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Angelika Krüger-Leißner
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)







(A) (C)



(B) (D)


Dr . Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Hiltrud Lotze
Kirsten Lühmann
Dr . Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Dr . Matthias Miersch
Klaus Mindrup
Susanne Mittag
Bettina Müller
Detlef Müller (Chemnitz)

Michelle Müntefering
Dr . Rolf Mützenich
Ulli Nissen
Thomas Oppermann
Mahmut Özdemir (Duisburg)

Aydan Özoğuz
Markus Paschke
Christian Petry
Jeannine Pflugradt
Sabine Poschmann
Achim Post (Minden)

Dr . Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr . Sascha Raabe
Dr . Simone Raatz
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Gerold Reichenbach
Dr . Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Petra Rode-Bosse
Dennis Rohde
Dr . Martin Rosemann
René Röspel
Dr . Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Bernd Rützel
Sarah Ryglewski
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr . Hans-Joachim

Schabedoth
Axel Schäfer (Bochum)

Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr . Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt (Aachen)

Matthias Schmidt (Berlin)

Dagmar Schmidt (Wetzlar)

Carsten Schneider (Erfurt)

Elfi Scho-Antwerpes
Ursula Schulte

Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Stefan Schwartze
Andreas Schwarz
Rita Schwarzelühr-Sutter
Rainer Spiering
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Claudia Tausend
Michael Thews
Dr . Karin Thissen
Franz Thönnes
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Gabi Weber
Bernd Westphal

(Wol mirstedt)

Gülistan Yüksel
Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr . Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer

Nein

CDU/CSU

Alexander Hoffmann

SPD

Dr . Daniela De Ridder
Frank Junge
Johannes Kahrs

DIE LINKE

Jan van Aken
Dr . Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder
Matthias W . Birkwald
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr . Diether Dehm
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Dr . André Hahn
Heike Hänsel

Dr . Rosemarie Hein
Inge Höger
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Stefan Liebich
Dr . Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Norbert Müller (Potsdam)

Dr . Alexander S . Neu
Petra Pau
Harald Petzold (Havelland)

Richard Pitterle
Martina Renner
Dr . Petra Sitte
Kersten Steinke
Dr . Kirsten Tackmann
Azize Tank
Frank Tempel
Dr . Axel Troost
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Jörn Wunderlich
Sabine Zimmermann


(Zwickau)


BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Agnieszka Brugger
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Dr . Thomas Gambke
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Dr . Anton Hofreiter
Dieter Janecek

Uwe Kekeritz
Katja Keul
Maria Klein-Schmeink
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Stephan Kühn (Dresden)

Christian Kühn (Tübingen)

Renate Künast
Monika Lazar
Steffi Lemke
Dr . Tobias Lindner
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Cem Özdemir
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)

Corinna Rüffer
Elisabeth Scharfenberg
Ulle Schauws
Dr . Gerhard Schick
Dr . Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr . Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr . Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr . Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer

Fraktionslos

Erika Steinbach

Enthalten

CDU/CSU


(Karlsruhe-Land)


Dr . Jan-Marco Luczak
Tankred Schipanski

(Weil am Rhein)

Arnold Vaatz
Kai Wegner

SPD

Susann Rüthrich






(A) (C)



(B) (D)


Wir setzen die Aussprache fort . – Als Nächstes hat die
Kollegin Hiltrud Lotze von der SPD-Fraktion das Wort .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Hiltrud Lotze (SPD):
Rede ID: ID1823728000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich möchte gerne an 1989, an das Jahr der po-
litischen Umwälzungen in den europäischen Ostblock-
staaten, erinnern . Die Menschen wollten sich nicht län-
ger unterdrücken lassen und protestierten . Solidar nosc,
Glasnost, Perestroika, Gorbatschow: Daran knüpften
sich Hoffnung und Mut.

Auch in der DDR, wo die Staatssicherheit die Bürger
bespitzelte und überwachte, wo ein Grenzzaun und der
Schießbefehl die Menschen daran hinderten, die Grenze
zu überwinden, wo im Laufe der Jahre mehr als 800 Bür-
gerinnen und Bürger bei der Flucht ihr Leben ließen, wo
rund 250 000 Menschen politisch inhaftiert waren und
wo es keine freien Wahlen gab, zeigten immer mehr
friedlich demonstrierende Menschen ihre Unzufrieden-
heit mit dem SED-Regime . Sie waren zum damaligen
Zeitpunkt nicht mehr bereit, sich der staatlichen Repres-
sion zu beugen .

Als die Demonstranten immer mehr werden und der
politische Druck immer größer wird, lässt die SED-Füh-
rung am 9. November 1989 schließlich die Grenzöffnung
an der Berliner Mauer zu. Diese Grenzöffnung verdan-
ken wir den Menschen in Ostdeutschland, ihrem Mut und
ihrer Ausdauer .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Durch den Willen und die Sehnsucht nach Freiheit und
nach Demokratie wurde die Diktatur friedlich überwun-
den .

Erinnern Sie sich einmal an Ihre Gefühle am 9 . No-
vember 1989 und an den Tagen danach . Erinnern Sie sich
daran, was Sie empfunden haben, als Sie gesehen haben,
dass Menschen friedlich eine Diktatur überwinden kön-
nen? Die Menschen haben mit ihrem Handeln die Mauer
von innen eingedrückt, und genau daran soll das Frei-
heits- und Einheitsdenkmal erinnern .


(Michael Brand [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Der preisgekrönte Denkmalentwurf stellt eine riesi-
ge Waage dar . Die Menschen können sie betreten, sich
zusammentun und die Waage gemeinsam bewegen . Ge-
meinsam können sie etwas bewegen: Das ist genau die
Botschaft des Denkmals .

Der Schlossplatz, der geplante Standort des Denk-
mals, ist ein wichtiger Schauplatz deutscher Demokratie-
geschichte . Auch die Protestzüge der DDR-Bürgerinnen
und -Bürger sind hier vorbeigezogen . Ein Freiheits- und
Einheitsdenkmal wird an dieser Stelle deswegen genau
richtig stehen .


(Michael Brand [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Auch Leipzig hat bei der friedlichen Revolution eine
tragende Rolle gespielt .


(Dr . Thomas Feist [CDU/CSU]: Danke schön!)


Der Bund unterstützt daher die Planungen der Leipziger,
dort vor Ort einen Gedenkort zu schaffen. Wir setzen mit
unserer Entscheidung heute Abend auch ein Signal für
Leipzig . Wie ich weiß, hat der Oberbürgermeister eine
Initiative gestartet . Ich selbst bin vor kurzem dort gewe-
sen und habe unter anderem mit Vertretern des Bürgerar-
chivs geredet, die sich genau dafür einsetzen .

Die Entscheidung für das Freiheits- und Einheitsdenk-
mal geht auf Bundestagsbeschlüsse von 2007 und 2008
zurück . Weil mit Kostensteigerungen zu rechnen war,
wurde das Projekt vorläufig gestoppt. Das war richtig
und wichtig; denn die Debatte, die sich daran angeschlos-
sen hat und die zum Teil heftig und polemisch geführt
wurde, hat gezeigt, worum es hierbei eigentlich geht . Es
geht darum – ich sage es noch einmal –, die Leistungen
der Ostdeutschen zu würdigen . Es geht darum, an einen
der herausragenden und – das sage ich – wunderbarsten
Momente unserer Demokratiegeschichte zu erinnern


(Beifall des Abg . Michael Brand [CDU/ CSU])


und diesen Moment lebendig zu erhalten .

Demokratie ist nicht selbstverständlich . Sie ist ein
Schatz. Wir müssen sie pflegen. Wir müssen sie jederzeit
verteidigen . Demokratie braucht mündige Bürger . Sie
braucht Bewegung . Sie braucht aktive Demokratinnen
und Demokraten . Genau dafür steht das Freiheits- und
Einheitsdenkmal . Es ist genau das richtige Zeichen . Es
ist genau das richtige Denkmal am richtigen Ort zur rich-
tigen Zeit . Deswegen bitte ich sehr um Zustimmung zu
diesem Antrag .

Vielen Dank .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823728100

Vielen Dank, Frau Kollegin . – Als Nächster hat das

Wort Dr . Harald Terpe von der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen .


Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823728200

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Abweichend von

meinem Redemanuskript werde ich zu Anfang meiner
Kollegin Lotze ausrichten, dass sie für mich eine Freun-
din im Geiste ist . Genau das, was sie in ihrem Schlusssatz
ausgedrückt hat, ist auch mein Gefühl .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Für uns in Deutschland hat das Streben nach Einheit
und Freiheit eine lange und wechselvolle Geschichte .
Dafür wurde gestritten, gekämpft und vielfach mit dem
Leben bezahlt . Nicht immer waren die Protagonisten der

Vizepräsidentin Michaela Noll






(A) (C)



(B) (D)


Einheit auch Protagonisten der Freiheit . Das gilt auch
umgekehrt .

Es stellt sich die Frage, ob es genau daran liegt, dass
um das Freiheits- und Einheitsdenkmal bis heute gerun-
gen wird, oder ob es vielleicht sogar viel profanere Grün-
de sind . Der Beitrag der Kollegin der Linken, die die Dis-
kussion zu unserem Freiheits- und Einheitsdenkmal mit
einer Rentendiskussion vermengt hat, ist ein deutliches
Zeichen für die Profanität mancher Diskutanten .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


Aufgewachsen im geteilten Deutschland und in der
Diktatur bin ich immer wieder dankbar, dass uns die
Freiheit und Einheit friedlich gelungen ist, weil wir sie
uns gemeinsam geschenkt haben . Die Bürgerinnen und
Bürger in Leipzig, in Berlin und anderswo in Ostdeutsch-
land – das soll man nicht vergessen – haben sich bewegt,
haben etwas riskiert und ihr Schicksal in die Hand ge-
nommen . Sie haben gemeinsam die Gunst der Stunde
genutzt . Ich bin davon überzeugt, dass schon das Grund
genug ist, ein Denkmal zu setzen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


Aber ich glaube, es geht um mehr . Es geht um ein
sichtbares und erfahrbares Symbol der Freiheit und der
Einheit, das zum Denken und Gedenken einlädt und uns
daran erinnert, dass Einheit ohne Freiheit nicht gelingen
kann .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich glaube, das gilt auch in Zukunft, ist nicht nur auf
Deutschland beschränkt und garantiert uns auch unsere
Vielfalt .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mein Bauchgefühl
sagt mir, dass der Standort für das Denkmal auf der Ber-
liner Schlossfreiheit anstelle des Kaiser-Wilhelm-Denk-
mals genau der richtige ist .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Der handstreichartige Versuch im Haushaltsausschuss,
sowohl den Standort zu torpedieren als auch die Finan-
zierungsmittel umzuleiten, bestärkt mich darin sogar
noch .


(Michael Brand [CDU/CSU]: Stimmt!)


Auch der Siegerentwurf überzeugt mich; denn wo
Bürgerinnen und Bürger sich bewegen und friedlich das
Gleichgewicht austarieren, kann Freiheit und Einheit in
Verantwortung gedeihen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Meine Fraktion und ich unterstützen deshalb den An-
trag der Koalitionsfraktionen, verbunden mit der Erwar-
tung, dass der Haushaltausschuss des Bundestages die
Finanzierung jetzt würdig begleitet und das Freiheits-

und Einheitsdenkmal zum 30 . Jahrestag des Mauerfalls
eingeweiht werden kann .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für mich schließt
sich heute der Kreis des bürgerbewegten Oppositionellen
aus dem Norden im Osten, der 1989 auf der Straße für
Freiheit und Demokratie demonstrierte, der 25 Jahre lang
in seiner Heimatstadt Rostock als kommunaler Abgeord-
neter die kommunale Selbstverwaltung mit aufgebaut
und belebt hat und in den zwölf Jahren im Bundestag
die Entscheidungen zum Freiheits- und Einheitsdenkmal
miterleben durfte .

Ich stehe hier auch für meinen Vater, der, solange ich
mich erinnern kann, die Einheit Deutschlands ersehnt
hat und als Minister der de-Maizière-Regierung in Ost-
deutschland zu den Architekten der Einheit in Freiheit
werden konnte .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich möchte mich – es ist meine letzte Rede im Bun-
destag – bei den Kolleginnen und Kollegen meiner
Fraktion und den vielen Kolleginnen und Kollegen aus
den anderen Fraktionen für die kollegiale und vertrau-
ensvolle Zusammenarbeit bedanken und hoffe, dass ich
das Vertrauen gerechtfertigt habe . Der Dank gilt auch den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Büros der Frak-
tionen, des Parlaments und auch in den Ministerien, wo
ich viele konstruktive Gespräche führen konnte . Ich bin
eigentlich Gesundheitspolitiker und Drogen- und Sucht-
politiker . Ich habe seit 2005 auch fast jedes bioethische
Gesetz mitbegleitet, entweder mit einem eigenen Gesetz-
entwurf oder in Initiativgruppen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


Wie das immer so ist: Es fällt schwer, sich zu verab-
schieden .


(Michael Brand [CDU/CSU]: Du wirst uns fehlen!)


Ich wünsche Ihnen alles Gute für Ihre weitere politische
Tätigkeit, und ich hoffe, dass ich nicht so unpolitisch
werde oder werden muss, dass ich nicht die politische
Arbeit in Deutschland auch für die Freiheit und Demo-
kratie begleiten kann .


(Anhaltender Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823728300

Herzlichen Dank, Herr Kollege . Sie sehen an der Re-

aktion aller Kollegen: Sie haben durch Ihr Engagement
immer überzeugt . Herzlichen Dank und alles Gute!


(Beifall)


Als nächster Redner spricht Marco Wanderwitz von
der CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. Harald Terpe






(A) (C)



(B) (D)



Marco Wanderwitz (CDU):
Rede ID: ID1823728400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Lieber Harald, ich will die Huldigung ungern unterbre-
chen, möchte mich aber den Dankeswünschen anschlie-
ßen . Wir haben die eine oder andere Berichterstattung
miteinander geteilt . Es hat immer Freude gemacht . Auf
dich war Verlass, und du hast viel Sachverstand und vor
allen Dingen gesunden Menschenverstand mit einge-
bracht . Herzlichen Dank dafür!


(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Vor ziemlich genau zehn Jahren, am 14 . Juni 2007,
liebe Sigrid Hupach, wurde auf einer der vielen öffent-
lichen Veranstaltungen, die es zum Freiheits- und Ein-
heitsdenkmal gab, von Dorothee Wilms, der ehemaligen
Bundesministerin für innerdeutsche Angelegenheiten,
Folgendes gefragt:

Wer von uns aus der Zeitzeugengeneration könnte
jemals die bewegenden Ereignisse und Szenen ver-
gessen, als im Herbst 1989 eine wachsende Zahl
mutiger Menschen in Ost-Berlin und in vielen Städ-
ten der DDR gegen die Allgewalt eines totalitären
Staates friedlich demonstrierte?

… Aber wie ist es heute bei den jungen Menschen?
Wissen sie noch um die Menschenrechtsverletzun-
gen in der DDR und um die Vorgänge in der Zeit
der friedlichen Revolution? … Oder müssen wir, die
Älteren, verstärkt tätig werden, damit diese Ereig-
nisse um den Prozess der Vereinigung Deutschlands
in Freiheit im kollektiven Gedächtnis der kommen-
den Generationen lebendig bleiben? Kann da ein
Denkmal zu Freiheit und Einheit hilfreich sein?

Ich meine, die Antwort lautet damals wie heute: Ja .
Dieses Ja haben wir auch hier im Deutschen Bundestag
schon mehrmals ausgesprochen .

Am 9 . November 2007 hat die große Mehrheit des
damaligen Bundestages den Antrag zur Errichtung eines
Freiheits- und Einheitsdenkmals beschlossen . Ein Jahr
später, am 4 . Dezember 2008, haben wir den Standort
des Freiheits- und Einheitsdenkmals auf der Berliner
Schlossfreiheit beschlossen .

Seit April 2011 gibt es nun den Siegerentwurf für die-
ses Freiheits- und Einheitsdenkmal . Die Waage mit dem
Titel „Bürger in Bewegung“ von Milla & Partner ging
aus einem Wettbewerb mit über 900 Entwürfen als Jury-
sieger hervor. Und anders als öffentlich ab und zu gerne
behauptet, ist das Projekt TÜV-geprüft und baureif und
wird barrierefrei und ganztägig wie ganzjährig öffentlich
zugänglich sein . Ich persönlich meine im Übrigen auch,
dass es vom Künstlerischen her ein gelungener Entwurf
ist .


(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es ist aber schon gesagt worden: Das kann man sicher-
lich – wie bei allen künstlerischen Denkmalen – so oder
so sehen .

Seit Oktober 2015 gibt es eine mühsam erkämpfte
Baugenehmigung . Der Vorwurf einer angeblich mangeln-
den öffentlichen Diskussion zum Freiheits- und Einheits-
denkmal geht, meine ich, ins Leere . Seit 1998 gibt es die
Initiative für ein Freiheits- und Einheitsdenkmal . Es gab
zahlreiche bundesweite Veranstaltungen der Deutschen
Gesellschaft, zwei Wettbewerbe, öffentliche Ausstellun-
gen der Entwürfe, viele Sitzungen des Kulturausschusses
und fünf Debatten hier im Plenum . Da kann man wirklich
nicht davon sprechen, dass es eine mangelnde öffentliche
Debatte gegeben hat .

Es gab leider viele Zeitverzögerungen – vor allem
durch einen erheblichen Abstimmungsbedarf mit dem
Land Berlin, insbesondere zu Fragen des Denkmalschut-
zes . Diese Verzögerungen hätte es so nicht geben müs-
sen, wenn das Freiheits- und Einheitsdenkmal im Land
Berlin zu so etwas wie einer Chefsache gemacht worden
wäre, was es offensichtlich nicht war.

Ja, es gab Kostensteigerungen von 10 Millionen Euro
auf 14,2 Millionen Euro . Das ist aber eben auch nicht die
Kostenexplosion, von der hier und da einmal gesprochen
wird . Vor allen Dingen sind es keine entwurfsbedingten
Mehrkosten, sondern solche, die vor allen Dingen durch
die Auflagen des Landes Berlin entstanden sind. Die Ur-
sachen reichen von der Wiederentdeckung der wilhelmi-
nischen Mosaike bis hin zu den berühmten Fledermäusen
im Sockel . Die Mehrkosten kamen auch nicht plötzlich;
bereits im November 2014 hat Kulturstaatsministerin
Monika Grütters uns diese im Kulturausschuss das erste
Mal dem Grunde nach angekündigt .

Diese Kostensteigerungen haben dann die Kollegin-
nen und Kollegen im Haushaltsausschuss – ich würde es
so sagen – pflichtgemäß moniert. Für uns als Kulturpoli-
tiker war dies Gebot und Anlass, erneut über das weitere
Verfahren zu beraten . Das haben wir im Ausschuss für
Kultur und Medien intensiv getan . Wir haben das auch in
den Fraktionen gemacht, und das Ergebnis ist der heuti-
ge Antrag . Der Bau des Freiheits- und Einheitsdenkmals
darf und wird nicht an der Finanzierung scheitern . Wir
wollen bauen .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich denke, für die allermeisten von uns ist und bleibt
die Erinnerung an die friedliche Revolution, an die deut-
sche Einheit und an alle Freiheitsbestrebungen unserer
Nation eine tiefe innere Verpflichtung. Das ist beispiels-
weise gerade auch wegen des 17 . Juni 1953 so, der in
Berlin seinen Ausgang nahm . Wir hatten ja vorhin gerade
die Debatte darüber, wo so ein Freiheits- und Einheits-
denkmal richtigerweise stehen sollte . Diese erste große
Freiheitsbewegung gegen die kommunistische Diktatur
wurde seinerzeit von sowjetischen Panzern niederge-
walzt . Der 17 . Juni 1953 gehört zu unserer Freiheitsge-
schichte wie die Ereignisse von 1989 .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich wünsche mir, dass unsere Kinder und Enkel –
nachdem wir möglichst bald gebaut und eingeweiht ha-
ben – regelmäßig und vor allen Dingen zu den Jubiläen






(A) (C)



(B) (D)


die Feierlichkeiten miterleben können . Ich wünsche mir,
dass sie sich im Rahmen einer öffentlichen Gedenkstun-
de am Freiheits- und Einheitsdenkmal mit Gästen aus
aller Welt an die glücklichen Stunden der Freiheits- und
Einheitsbewegungen erinnern können, vor allen Dingen
aber auch an das, was eben die Unfreiheit ausmachte . Es
ist Kennzeichen von Diktaturen, geschichtliche Erinne-
rungen auszulöschen oder zu verfälschen .


Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823728500

Lieber Kollege, achten Sie auf die Zeit .


Marco Wanderwitz (CDU):
Rede ID: ID1823728600

Ich bin bei meinem letzten Satz . – Deshalb ist es der

Auftrag von Demokratien, die geschichtlichen Erinne-
rungen wachzuhalten . Deshalb bauen wir dieses Frei-
heits- und Einheitsdenkmal .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823728700

Vielen Dank, Herr Kollege Wanderwitz . – Als Nächs-

ter hat Matthias Schmidt für die SPD-Fraktion das Wort .


(Beifall bei der SPD)



Matthias Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1823728800

Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Dr . Terpe, unse-

re Wege haben sich noch nicht oft gekreuzt . Aber es freut
mich, die Kollegialität und insbesondere die parteiüber-
greifende Anerkennung, die Ihnen entgegengebracht
werden, zu sehen . Alles Gute für Ihren weiteren Weg!


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ohne den Fall der Berliner Mauer, ohne den Einsatz
von zunächst Einzelnen, später Hunderten, Tausenden,
dann Zehntausenden und gar Hunderttausenden, die sich
mit einer Kerze oder Hand in Hand der Staatsgewalt ent-
gegengestellt haben, wären wir heute nicht hier . Weder
wären wir in diesem Gebäude, noch wären wir in die-
ser Zusammensetzung hier . Nun, siebenundzwanzigein-
halb Jahre nach dem Mauerfall, ist es höchste Zeit, dass
wir diesen Männern und diesen Frauen, den Menschen
in Ostdeutschland, ein Denkmal setzen . Im Westen er-
scheint die Einheit manchmal als wunderbares Geschenk
der Geschichte . Aber im Osten weiß man, dass es Mut,
Ausdauer, Engagement und Eifer bedurfte, um zum Ziel
zu kommen .

Heute genauso wie in Zukunft brauchen wir Men-
schen, die bereit sind, sich für Demokratie und Freiheit
einzusetzen . Genau diesen Gedanken greifen Milla &
Partner mit dem Entwurf „Bürger in Bewegung“ auf . Es
ist ein schönes Bild der Bürger, die sich bewegen, die
miteinander kommunizieren, die nach Mehrheiten su-
chen, die dann langsam Bewegung schaffen und durch
die Bewegung zu neuen Sichten, zu neuen Einsichten
kommen. Ich finde diesen Entwurf deshalb überzeugend.
Aber es kommt auf meine Meinung genauso wenig an
wie auf die eines jeden anderen Bundestagsabgeordne-
ten .

Der Bundestag hat eine Jury beauftragt, die aus über
900 Entwürfen einen zu küren hatte . Sie hat das getan .
Nach diesem Prozess, der Jahre der Diskussion in An-
spruch nahm, kam es in meinem Wahlkreis überhaupt
nicht gut an, dass der Bundestag sein eigenes Projekt in-
frage gestellt und im letzten Jahr sogar gestoppt hat . In
meine Bürgersprechstunde, Frau Hupach, kamen mehre-
re Bürgerinnen und Bürger, die sich darüber beklagt ha-
ben, dass ausgerechnet dieses Projekt gestoppt werden
sollte . Da habe ich gemerkt: Das geht an die Seele der
Ostdeutschen . Wir müssen hier sehr vorsichtig sein . –
Ich bin daher ganz sicher: Wir brauchen jetzt eine konse-
quente Umsetzung dieses Denkmals an diesem Ort .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg . Dr . Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Zum Abschluss wage ich eine Prognose: Nach der
Fertigstellung 2019 wird das Denkmal „Bürger in Bewe-
gung“ auf der Berliner Schlossfreiheit sehr schnell zum
Publikumsmagnet . Ich freue mich schon darauf .

Vielen herzlichen Dank .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823728900

Vielen Dank, Herr Kollege . – Ich schließe die Aus-

sprache .

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Drucksa-
che 18/12550 mit dem Titel „Beschlüsse zum Freiheits-
und Einheitsdenkmal konsequent umsetzen“ . Wer stimmt
für den Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Ent-
haltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der CDU/
CSU, der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
gegen die Stimmen der Linken angenommen .

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 19 auf:

Beratung des Berichts des Innenausschusses

(4 . Ausschuss) gemäß § 62 Absatz 2 der Ge-

schäftsordnung

– zu dem von den Abgeordneten Luise
Amtsberg, Volker Beck (Köln), Dr . Franziska
Brantner, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein-
gebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Än-

(Familiennachzug für subsidiär Geschützte)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke,
Sevim Dağdelen, Frank Tempel, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion DIE LINKE

Familiennachzug zu anerkannten Flücht-
lingen uneingeschränkt gewährleisten

Drucksachen 18/10044, 18/10243, 18/12399

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 25 Minuten vorgesehen . – Ich höre kei-
nen Widerspruch . Dann ist das so beschlossen .

Marco Wanderwitz






(A) (C)



(B) (D)


Ich eröffne die Aussprache und gebe zunächst das
Wort an die Kollegin Katja Dörner von der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen .


Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823729000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen!

Liebe Kollegen! Erneut wurden die Beratungen und die
Abstimmungen über unseren grünen Gesetzentwurf und
den Antrag der Linken zum Familiennachzug mit der
Mehrheit von Union und SPD verhindert . Hierfür gibt
es keinen sachlichen Grund, noch nicht einmal ein Ar-
gument . Was es gibt, ist ein peinliches Wegducken der
Regierungsfraktionen davor, Verantwortung in einer so
wichtigen Frage wie dem Familiennachzug zu überneh-
men und endlich zu entscheiden . Dieses Wegducken ist
nicht akzeptabel .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Ulla Jelpke [DIE LINKE])


Hier weiterhin nicht zu entscheiden, ist übrigens nicht
nur ein miserabler Umgang mit der Opposition; es ist ein
miserabler und auch unmenschlicher Umgang mit den
Geflüchteten, die bei uns leben, die subsidiären Schutz
genießen, das heißt mit Menschen, die erwiesenermaßen
aufgrund von Folter, Todesstrafe oder aufgrund eines
innerstaatlichen Konflikts nicht in ihr Herkunftsland zu-
rückkehren können und deshalb eine Aufenthaltserlaub-
nis haben . Wir sollten uns doch tatsächlich noch einmal
vor Augen führen, über wen wir sprechen, wem die Bun-
desregierung und die Regierungsfraktionen die Zusam-
menführung mit ihren Familien weiterhin verweigern
wollen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Ulla Jelpke [DIE LINKE])


Diese sogenannten subsidiär Geschützten werden
über Jahre von ihren Familien getrennt .


(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Das ist doch Quatsch!)


Es sind ja nicht „nur“ – in Anführungszeichen – die zwei
Jahre, in denen sie seit dem Asylpaket II keinen Antrag
auf Familiennachzug stellen dürfen . Flucht, die Dau-
er des Asylverfahrens, das Warten der Angehörigen auf
die Termine in der deutschen Botschaft, um ein Visum
zu erhalten, da kommen schnell drei bis vier Jahre – in
der Vergangenheit waren es sogar fünf Jahre – zusam-
men. Das sind Jahre, in denen die Geflüchteten rund um
die Uhr Angst um ihre Ehefrauen oder Ehemänner, um
ihre Kinder haben müssen, die im Krieg in Unsicherheit
zurückgeblieben sind . Einer solchen Situation sollte nie-
mand ausgesetzt sein . Deshalb ist es überfällig, dass die
Aussetzung des Familiennachzugs rückgängig gemacht
wird .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg . Ulla Jelpke [DIE LINKE])


Es ist doch offenkundig: Wer Angst um seine Familie
hat, der kann sich kaum integrieren . Wie soll ich mich auf
meinen Deutschkurs, auf meinen Integrationskurs kon-
zentrieren, wenn ich existenzielle Angst um meine Kin-

der haben muss? Deshalb ist die Aussetzung des Fami-
liennachzugs auch Gift für die Integration, die wir doch
alle gemeinsam immer für richtig erachten .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg . Ulla Jelpke [DIE LINKE])


Auch deshalb verstehe ich nicht, dass hier weiterhin Poli-
tik auf dem Rücken der Schwachen gemacht wird .


(Dr . Volker Ullrich [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)


Ich bin sehr froh über die klaren Worte, die beim Evan-
gelischen Kirchentag, aber auch beim Jahresempfang der
Caritas vorgestern Abend, beispielsweise von Erzbischof
Koch, pro Familiennachzug gefunden wurden .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Ich will noch sagen: Die Union hängt Ehe und Familie
immer so hoch . Aber wem die muslimische Familie we-
niger wert ist als die christliche und die syrische Familie
weniger als die deutsche, dem kann Familie nicht so viel
wert sein .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Dr . Volker Ullrich [CDU/CSU]: Das ist doch ein ganz flacher Spruch!)


Wir sagen: Eltern gehören zu ihren Kindern . Familien ge-
hören zusammen, auch und gerade, wenn sie vor Krieg,
Terror und Unsicherheit fliehen mussten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Nun wird vonseiten der Regierungsfraktionen gerne
auf die Härtefallregelung verwiesen . Fakt ist: Bis heute
ist noch keine einzige Person auf der Grundlage dieser
Härtefallregelung in Deutschland eingereist . Das zeigt:
Sie ist bürokratisch, ihre Anwendung dauert viel zu lan-
ge . Deshalb sollten wir uns damit nicht länger aufhalten,
und wir sollten den Familiennachzug wieder ermögli-
chen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg . Susann Rüthrich [SPD])


Vor drei Wochen hat die SPD das Fehlen von Informa-
tionen dafür ins Feld geführt, dass Beratung und Abstim-
mung vertagt wurden . Das ist absoluter Humbug . Schon
vor zwei Monaten hat eine Anhörung im Innenausschuss
zu den vorliegenden Vorschlägen stattgefunden . Gestern
hat die Bundesregierung einen Bericht zur Umsetzung
der Härtefallregelung vorgelegt. Ich finde es einfach nur
skandalös, dass die Koalition eine Entscheidung, bei der
jeder Tag weiteres Leid für die Angehörigen bedeutet,
offenkundig aus wahltaktischen Gründen hinauszögert.
Wir stimmen einem solchen Verfahren auf keinen Fall
zu, und wir plädieren dafür, den Familiennachzug wieder
möglich zu machen .

Vizepräsidentin Michaela Noll






(A) (C)



(B) (D)


Vielen Dank für die Aufmerksamkeit .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823729100

Vielen Dank, Frau Kollegin . – Als Nächste spricht die

Kollegin Andrea Lindholz von der CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Andrea Lindholz (CSU):
Rede ID: ID1823729200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir haben als Koalition im Januar 2016 vereinbart, den
Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte – und
nur für diesen Personenkreis – für zwei Jahre auszuset-
zen .


(Rüdiger Veit [SPD]: Leider!)


Sie fordern jetzt, dass die Aussetzung des Familiennach-
zugs für diese Gruppe sofort wieder aufgehoben wird .
Wir, die Unionsfraktion, können uns diesen Anträgen
nicht anschließen . Warum? Über 1,2 Millionen Asylbe-
werber sind in den letzten zwei Jahren nach Deutschland
gekommen . Die Versorgung, die Unterbringung und die
Integration sind eine enorme Aufgabe, die unseren Kom-
munen, unseren Behörden und auch den ehrenamtlichen
Helfern viel abverlangt .

Sehr geehrte Frau Kollegin Dörner, es war sehr emoti-
onal, wie Sie heute vorgetragen haben . Sie waren bei der
Anhörung am 20 . März 2017 wahrscheinlich nicht dabei,


(Zuruf der Abg . Katja Dörner [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


in der uns unter anderem der Städtetag berichtet hat, dass
heute schon rund 200 000 Flüchtlingskinder in die Schu-
len integriert werden müssen, dass uns rund 60 000 Kita-
plätze fehlen, dass laut Bildungsbericht bis zu 44 000 Er-
zieherinnen, Lehrer und Sozialarbeiter fehlen,


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann man aufbauen!)


dass es Wohnungsknappheit gibt, dass es an Unterbrin-
gungsmöglichkeiten fehlt . Der Deutsche Städtetag hat
uns ausdrücklich darum gebeten, an der Aussetzung des
Familiennachzugs für die subsidiär Schutzberechtigten
bis zum März nächsten Jahres festzuhalten .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will auch daran
erinnern, dass es bis zum August 2015 geltendes Recht
war, dass bei subsidiär Schutzberechtigten grundsätzlich
kein Anspruch auf Familiennachzug besteht .

Wir haben darüber hinaus in dieser Woche im In-
nenausschuss vom Auswärtigen Amt einen Bericht be-
kommen, nach dem aktuell mit 200 000 bis 300 000
nachzugsberechtigten Personen zu rechnen ist und dass
unsere Visastellen in der Türkei, in Erbil und auch in
Beirut Wartezeiten von einem Monat bis zu zwölf Mo-
naten haben . Das heißt: Wenn man jetzt, so wie Sie es
fordern, diesen rund 200 000 Personen sofort gestatten

würde, Anträge zu stellen, würde das bedeuten, dass für
die Flüchtlinge nach der GFK, für die Flüchtlinge nach
der Genfer Flüchtlingskonvention, die Wartezeit noch
länger würde . Das haben wir auch schon in der Anhö-
rung am 20 . März, die zu diesem Thema stattgefunden
hat, mitgeteilt bekommen .

Was ich damit sagen will: Wenn wir nicht in der Lage
sind, den Familiennachzug vernünftig zu ordnen, zu steu-
ern und zu begrenzen, dann schaden wir auch den Flücht-
lingen nach der Genfer Flüchtlingskonvention, weil sie
dann wesentlich länger auf die Bearbeitung ihrer Anträge
warten müssen .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie kommen einfach Ihrer humanitären Pflicht nicht nach!)


Es geht uns nicht darum, dass wir keinen Famili-
ennachzug gewähren wollen . Wir haben eine euro-
parechtlich zulässige Wertung vorgenommen, die bis
August 2015 geltendes Recht in Deutschland war, und
haben gesagt: Wir konzentrieren uns jetzt erst einmal auf
die Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention
und dann auf die subsidiär Schutzberechtigten . – Dafür
gibt es gute sachliche Gründe . Die liegen auch in der
Aufnahmekapazität, in den Aufnahmemöglichkeiten un-
seres Landes .

Sie wollen mir ja wohl nicht allen Ernstes erzählen,
dass Ihre Bürgermeister zu Hause sagen: Oh prima, das
klappt bei uns alles ganz gut. Wir schaffen es völlig
problemlos, die alle hier aufzunehmen . – Das mag viel-
leicht daran liegen, dass es Länder wie Bayern und Ba-
den-Württemberg gibt, die mehr belastet sind als andere
Länder .


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch gar nicht!)


Man kann solche Argumente nicht einfach vom Tisch fe-
gen und sagen: Uns interessiert überhaupt nicht, welche
Probleme die Länder und Kommunen vor Ort tatsächlich
haben .


(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagt denn die Caritas dazu?)


Ich finde, wir handeln damit auch verantwortungsvoll,
weil subsidiär Schutzberechtigte nun mal per se einen
anderen, einen geringeren Schutzanspruch haben als
Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention .


(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sieht die Caritas anders! – Rüdiger Veit [SPD]: Was wäre wohl, wenn die Libanesen das genauso sehen würden?)


Deswegen sind wir bei unserer Beurteilung Ihrer Vorla-
gen auch ganz klar .

Ich halte es im Übrigen für absolut unzutreffend, Frau
Kollegin, wenn Sie sagen, dass es in Härtefällen nicht

Katja Dörner






(A) (C)



(B) (D)


möglich sei, nach § 22 des Aufenthaltsgesetzes nach
Deutschland zu kommen .


(Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich nicht gesagt! Ich habe nur gesagt: Es ist niemand gekommen!)


Hierzu haben wir im Innenausschuss in dieser Woche –
ich halte Ihnen zugute, dass Sie dort nicht vertreten
sind – vom Auswärtigen Amt beispielhaft zwei Fälle ge-
schildert bekommen, in denen nach § 22 die Möglichkeit
eröffnet worden ist, hierherzukommen.


(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben gar nicht richtig zugehört!)


In dem einen Fall war es eine syrische Familie mit vier
Kindern, deren Mutter gestorben war, und die nach
Deutschland kommen konnte . In dem anderen Fall war es
der Nachzug einer Familie mit einem epileptischen Kind .
Das waren zwei von mehreren Beispielsfällen .

Wir müssen schauen, dass wir an dieser Stelle Härte-
fälle abfedern . Das, was Sie wollen, nämlich zum jetzi-
gen Zeitpunkt, vor März 2018, das für alle Flüchtlinge zu
öffnen, ist für uns und für die Situation in Deutschland
verantwortungslos . Und deswegen werden wir nicht zu-
stimmen . Ich will es auch gleich schon einmal ankündi-
gen: Wir werden uns sehr wohl überlegen müssen, wie
wir ab März 2018 vorgehen,


(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Sehr richtig! – Dr . Volker Ullrich [CDU/CSU]: Wir verlängern die Aussetzung!)


weil ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht glaube, dass wir
dann hinsichtlich der Aufnahmemöglichkeiten in un-
serem Land sagen können: So – von heute auf morgen
funktioniert das mal so ganz einfach .


Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823729300

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss .


Andrea Lindholz (CSU):
Rede ID: ID1823729400

Das wird aber die nächste Koalition zu entscheiden

haben . Das, was Sie wollen, ist nicht humanitär, hat mit
Humanität nichts zu tun .


Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823729500

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss .


Andrea Lindholz (CSU):
Rede ID: ID1823729600

Sie würden die einzelnen Flüchtlinge nur noch län-

ger auf die Bearbeitung ihres Antrags warten lassen, und
das, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, kann ich in
keinster Weise vertreten .

Danke schön .


(Beifall bei der CDU/CSU – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagt denn die Kirche dazu? Die Kirche sieht das anders! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das müssen Sie mal mit dem Pfarrer vor Ort besprechen! – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das müssen Sie mal beichten!)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823729700

Vielen Dank, Frau Kollegin . – Als Nächste spricht die

Kollegin Ulla Jelpke von der Fraktion Die Linke .


(Beifall bei der LINKEN)



Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823729800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau

Kollegin Lindholz, es ist doch wirklich eine Frage des
politischen Willens . Sie können mir doch nicht erzählen,
dass ein so reiches Land wie Deutschland dazu nicht in
der Lage ist .


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Ja! Genau! – Nina Warken [CDU/CSU]: Jeden nehmen, oder was? Alle?)


Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich glaube, dass Sie totalen
Unfug reden .


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Max Straubinger [CDU/CSU]: Mit euch werden wir noch arm! Mit Ihrer Hilfestellung werden wir sofort arm!)


Wenn man es will, dann wird man nicht in erster Linie
Angst und Panik verbreiten, weil hierher Menschen kom-
men, die mit ihren Familien zusammenleben wollen . Sie
haben da auch eine ganz klare Verpflichtung. Die Kin-
derrechtskonvention, das Grundgesetz, all diese Dinge
müssen Sie einhalten .


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Das Grundgesetz gilt nicht dafür!)


Ich sage es noch einmal: Es gibt so viele Paten, die bereit
sind, Familien aufzunehmen, ihnen zu helfen . Es gibt im
Übrigen sehr viele Verwandte und Bekannte,


(Nina Warken [CDU/CSU]: Die sollen auch alle kommen!)


die ebenfalls bereit sind, Familien mit aufzunehmen . Das,
was Sie hier machen, ist meiner Meinung nach wirklich
eine menschliche Grausamkeit, die schleunigst beendet
werden muss .


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr . Volker Ullrich [CDU/CSU]: Einige dieser Menschen sind aufgenommen worden! Und Sie sprechen von menschlicher Grausamkeit! Das ist nicht in Ordnung, was Sie da sagen!)


Überlegen Sie doch einfach mal, was Sie für ein De-
mokratieverständnis haben .


(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Wissen Sie was, Frau Jelpke? Schauen Sie sich mal Ihr Demokratieverständnis an! – Dr . Volker Ullrich [CDU/CSU]: Sie reden von Demokratieverständnis, wenn jemand eine andere Meinung hat, Frau Jelpke!)


Andrea Lindholz






(A) (C)



(B) (D)


Es gibt hier zwei Vorlagen von der Opposition: von den
Grünen und von den Linken . Sie versuchen seit Wochen,
zu verhindern, dass hier eine Entscheidung zustande
kommt . Sie oder auch die SPD könnten hier einfach Far-
be bekennen,


(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Habe ich ja gerade!)


indem Sie sagen: Okay, wir stimmen dagegen . – Dann
wissen wir auch, woran wir sind . Aber das, was Sie im
Moment hier machen, ist einfach undemokratisch und
zutiefst abzulehnen .


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das will ich auch ganz eindeutig den Kolleginnen und
Kollegen der SPD sagen: Sie sind doch über den Tisch
gezogen worden . Der Innenminister hat Ihnen damals
gesagt: Es wird nur wenige Fälle geben, wo der Famili-
ennachzug ausgesetzt wird . – Syrische Familien sollten
es schon gar nicht sein . Deswegen verstehe ich nach wie
vor nicht, warum Sie in diesem Fall nicht ganz eindeutig
sagen: Das entspricht nicht der Wahrheit und dem, was
uns vorgelegt wurde . Deshalb stimmen wir zu und sagen,
dass es subsidiär Schutzbedürftigen möglich sein muss,
ihre Familien nachzuholen . – Wir wissen doch alle, wie
lange das Verfahren dauert, wie lange das Antragsverfah-
ren dauert . Es geht meines Erachtens überhaupt nicht,
dass Familienmitglieder zwei oder drei Jahre voneinan-
der getrennt sind .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ganz besonders möchte ich hier noch einmal die Ju-
gendlichen erwähnen . Wir bekommen im Moment so
viele Briefe, wo wirklich schlimme Schicksale dabei
sind . Ich habe hier so einen Fall: Er heißt Basar, 15 Jahre
alt, hat nur subsidiären Schutz bekommen, also vorüber-
gehend für ein Jahr, ist schwer traumatisiert, hat einen
Tumor, hat schlimme Angstzustände jede Nacht . Trotz-
dem wird nicht erlaubt, dass seine Familie nachkommt .
Ich finde, das ist einfach ein menschlicher Skandal.


(Nina Warken [CDU/CSU]: Die Rechtsprechung stellt immer auf die im Land ab, die noch dort sind!)


Sie bekommen hundertprozentig auch solche Briefe . Ich
möchte wirklich einmal wissen, wo eigentlich Ihr Herz
hingerutscht ist . Wenn ich Sie hier so reden höre, dann
wird mir angst und bange, in was für einer Republik wir
demnächst leben müssen .


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Nina Warken [CDU/ CSU]: Sie müssen auch mal die Rechtsprechung akzeptieren!)


Ja, das finde ich wirklich.

Ich will Ihnen auch sagen: Gerade die Helfer und Hel-
ferinnen – von den Kirchen, von den Wohlfahrtsverbän-
den, von den Beratungsstellen – sind schwer frustriert .
Sie wissen ganz genau – das ist übrigens auch ein Grund,

warum Sie nicht bereit sind, über die Vorlagen hier ab-
stimmen zu lassen –,


(Nina Warken [CDU/CSU]: Wir stimmen gern ab! – Gegenruf der Abg . Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sehen wir jetzt! Das machen Sie ja nicht! Erzählen Sie mir doch nichts!)


dass wir in der Gesellschaft gerade unter den Helfern
und Helferinnen eine große Mehrheit haben, die verur-
teilt, dass Sie permanent gegen die Kinderrechtskonven-
tion verstoßen . Im Übrigen hat das Deutsche Institut für
Menschenrechte ganz klar an Sie appelliert, den Famili-
ennachzug stattfinden zu lassen.


Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823729900

Frau Kollegin, achten Sie auf die Zeit .


Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823730000

Ja, ich komme gleich zum Ende . – Aber ich möchte

gerne noch sagen: Selbst das interessiert Sie nicht . Sie
sollten nicht zulassen, die Menschen hier weiter zu frus-
trieren, vor allen Dingen Jugendliche ohne Eltern hier zu
lassen und damit eine Integration unmöglich zu machen .
Das ist besonders ein Appell an die Kollegen der SPD:
Stimmen Sie endlich im Innenausschuss unseren Anträ-
gen zu, damit wir noch in dieser Legislaturperiode zu ei-
ner neuen Politik in dieser Frage kommen!

Danke .


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823730100

Vielen Dank . – Als Nächster spricht Dr . Lars

Castellucci von der SPD-Fraktion .


(Beifall bei der SPD)



Dr. Lars Castellucci (SPD):
Rede ID: ID1823730200

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Trauergemeinde!


(Dr . Volker Ullrich [CDU/CSU]: Dass Sie eine Rede so beginnen!)


Leider müssen wir heute Abschied nehmen


(Barbara Lanzinger [CDU/CSU]: Von Ihnen!)


vom C in der CDU . Die christlichen Kirchen haben uns
zum Thema Familiennachzug angeschrieben . Ich zitiere
aus dem Schreiben:

Familie bietet den Raum, in dem Vertrauen wächst
und in dem dauerhaft Verantwortung für den ande-
ren übernommen wird . Für die Kirchen ist Familie
ein sehr hohes Gut, welches es zu schützen gilt .


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Haben wir die Familien verlassen, oder haben die anderen die Familien verlassen?)


Sie geben uns dann den Rat und die Bitte – die beiden
Kirchen plädieren dafür –, die Aussetzung des Famili-

Ulla Jelpke






(A) (C)



(B) (D)


ennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte ersatzlos zu
streichen .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie folgen dem nicht . Diese Missachtung christlicher
Werte hat das C in CDU leider nicht überlebt . Es ruhe in
Frieden .


(Dr . Volker Ullrich [CDU/CSU]: Geht es eine Nummer kleiner?)


Mit ihm verstarb die Familienpartei CDU . Auf der
Homepage der CDU in Baden-Württemberg lese ich:
Weil die CDU Familienpartei ist, solle man eintreten .


(Max Straubinger [CDU/CSU]: So ist es! Das stimmt auch!)


Dann steht dort weiter:

Die Familie prägt Werte, bietet Sicherheit und Halt
in Zeiten des Umbruchs .


(Dr . Volker Ullrich [CDU/CSU]: Alles richtig!)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolle-
ginnen und Kollegen von der Union, das ist so: Familie
prägt Werte, bietet Sicherheit und Halt in Zeiten des Um-
bruchs – das soll sie tun –, aber das kann sie nicht, wenn
man sie auseinanderreißt . Wir sind deshalb traurig, heu-
te Abschied nehmen zu müssen von der Familienpartei
CDU . Wir werden ihr ein ehrendes Andenken bewahren,
und ihr Ableben ist uns Verpflichtung.

In Familien lernen Menschen, dass man sich aufei-
nander verlassen kann . Verlässlichkeit ist ein hoher Wert .
Hier möchte ich den Innenminister, der nicht anwesend
ist, ansprechen, aber man kann es ihm ausrichten . 2016
ist der Innenminister zitiert worden, der Familiennach-
zug solle eingeschränkt werden und das gelte auch für
die Syrerinnen und Syrer . Daraufhin war er bei uns in
der Fraktion – das ist beschrieben worden – und hat ge-
sagt: Nein, das soll nicht für die Syrerinnen und Syrer
gelten, sondern das solle für diejenigen unter ihnen gel-
ten, die subsidiär schutzberechtigt sind . Dann hat er da-
rauf verwiesen, dass es sich nur um eine ganz kleine Zahl
handeln würde – damals etwa 1,7 Prozent aller Fälle .
Mittlerweile sind die Zahlen bei fast der Hälfte der Fälle
angelangt . Deswegen sage ich: Das ist nicht Verlässlich-
keit . Wenn die Geschäftsgrundlage entfällt, dann muss
man den Vertrag anpassen oder von ihm zurücktreten .
Stattdessen – Frau Lindholz hat es vorgetragen – kom-
men von Ihnen nun Forderungen, den Familiennachzug
dauerhaft auszusetzen .


(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: So ist es!)


Dann stirbt auch die Verlässlichkeit . Niemand hier im
Raum wollte dauerhaft von seiner Familie getrennt sein .
Ich frage Sie: Mit welchem Recht erwarten wir es von
anderen? Umgekehrt: Was wir selbst für uns wollen, soll-

ten wir auch anderen zugestehen . Familien dürfen wir
nicht auseinanderreißen .


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Lindholz, natürlich ist die Situation nicht leicht:
die Versorgung, die Unterbringung, die Integration . Aber
zuerst ist die Situation von den Familien, von den Eltern
und von den Kindern nicht leicht . Wir müssen zuallererst
die Menschen in den Blick nehmen . Wenn wir uns ent-
scheiden müssen, dann müssen wir uns für die Schwächs-
ten zuerst entscheiden . Die Kinder gehören dazu .


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Ich danke dennoch allen, die in den letzten Monaten
verhandelt und gehandelt haben, mit dem Ergebnis, dass
das Auswärtige Amt Personal aufgestockt hat, dass die
Wartezeiten sinken, dass Härtefälle geprüft werden, dass
Anträge frühzeitiger angenommen werden .

Natürlich tun wir insgesamt sehr viel . Aber gestern,
1 . Juni, war der Internationale Kindertag . Es wäre ein
guter Anlass gewesen, um wenigstens Kinder zu ihren
Eltern zu lassen . Ich will es in dieser Deutlichkeit sagen:
Ich schäme mich dafür, dass wir in der Koalition nicht
wenigstens das hinbekommen .

Vielen Dank .


(Beifall bei der SPD)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823730300

Vielen Dank, Herr Kollege . – Als Nächstes spricht

Nina Warken für die CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Nina Warken (CDU):
Rede ID: ID1823730400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir diskutieren hier nicht zum ersten Mal über das The-
ma . Wir diskutieren auch nichts Neues .


(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir müssen das weiter diskutieren! Es ist so nötig, das mit Ihnen zu diskutieren!)


Am 10 . November des letzten Jahres haben wir über das
Thema schon einmal im Plenum diskutiert . Wir haben
zig Sachverständige angehört und uns mit diversen Stel-
lungnahmen befasst . Heute diskutieren wir auch über den
Bericht des Innenausschusses . Es ist richtig und wich-
tig, dass wir diskutieren, dass wir den Dialog aufrecht-
erhalten . Man darf es sich bei so einem Thema nicht zu
einfach machen . Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich
glaube, die Haltung unserer Fraktion ist eindeutig und
bekannt .


(Rüdiger Veit [SPD]: Aber falsch!)


An unserer Haltung hat sich nichts geändert . Ich kann sie
Ihnen gerne noch einmal darlegen .

Ich glaube, was falsch ist, ist, an dieser Stelle einen
Wettkampf um Emotionen oder darum, wer mehr Einzel-

Dr. Lars Castellucci






(A) (C)



(B) (D)


schicksale kennt, zu veranstalten . Damit ist nämlich an
dieser Stelle keinem gedient .


(Beifall bei der CDU/CSU – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein bisschen Empathie schadet auch nicht! – Weiterer Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Unchristlich!)


Ich darf noch eine Bemerkung dazu machen, weil im-
mer ein bisschen unterstellt wird, als ob es unsere Ver-
antwortung wäre,


(Rüdiger Veit [SPD]: Natürlich!)


als ob wir die Schuld an den Schicksalen tragen würden,
die hier vorgetragen werden: Der Familiennachzug ist
keine zufällige Nebenerscheinung . Er ist fast immer Teil
der Motivation, und als solchen müssen wir ihn wahrneh-
men . Es geht nämlich nicht hauptsächlich um Familien,
die zufällig auf der Flucht getrennt wurden, und auch wir
haben diese Familien nicht getrennt . Das müssen wir be-
reden können, ohne uns gegenseitig moralische Vorwürfe
zu machen .


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr . Volker Ullrich [CDU/CSU]: Genau so ist es! – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was für ein Menschenbild!)


Die Frage lautet: Wer hat die Folgen dieser Entschei-
dungen zu tragen, wer hat sie aufzufangen? Dazu sage
ich Ihnen: Sicherlich haben nicht diejenigen, die Zuflucht
bei uns gesucht haben, aber sicherlich auch nicht wir, also
diejenigen, die Schutz gewähren, die Folgen zu tragen .


(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht doch nicht um Schuld hier!)


– Die Folgen zu tragen, nicht die Schuld .


(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie reden über Schuld!)


Meine Damen und Herren, Sie alle kennen die Gründe
für die Aussetzung des Familiennachzuges – die Kolle-
gin hat sie vorhin noch einmal dargelegt –: Die Men-
schen mussten und müssen angemessen versorgt und
untergebracht werden, sie müssen in der Gesellschaft
aufgenommen werden können; denn – das darf man
nicht vergessen – es handelt sich um einen privilegierten
Nachzug . Das bedeutet, dass die Nachziehenden gerade
keinen Nachweis über Wohnraum, Lebensunterhalt und
die Krankenversicherung führen müssen . Das sieht in
anderen Ländern ganz anders aus . Auch wenn die Erst-
aufnahmeeinrichtungen leerer geworden sind, wissen wir
doch, dass es mit der Aufnahme in den Erstaufnahme-
einrichtungen allein nicht getan ist, schon gar nicht bei
nachziehenden Familien . Die Kommunen arbeiten hart
daran, die Flüchtlinge, die bei uns leben, mit Wohnraum
zu versorgen . Mithilfe vieler engagierter Bürger leisten
sie Herausragendes, und zwar nicht nur im Hinblick auf
die elementare Versorgung, sondern auch im Hinblick
auf die Integration . Nur weil der Familiennachzug le-
gal, ungefährlich und geordnet erfolgt, ändert sich doch
nichts an der Tatsache, dass die Menschen hier angemes-
sen untergebracht und die Kinder angemessen betreut
und beschult werden müssen . Die Familien müssen ir-

gendwo wohnen, und zwar gerade nicht in Erstaufnah-
meeinrichtungen oder in Sammelunterkünften, sondern
in angemessenen Wohnungen . Die Aufnahme der Men-
schen muss einfach funktionieren, und sie müssen sich
integrieren können . Die Leistungsfähigkeit der Kommu-
nen ist begrenzt, und an der Belastung hat sich – so sehen
wir das jedenfalls – nichts geändert .

Es wird auch immer viel über rechtliche Rahmenbe-
dingungen und rechtliche Voraussetzungen geredet . Aber
auch da hat sich nichts geändert . Es gibt kein generel-
les Recht auf Familiennachzug, weder laut Grundgesetz
noch laut UN-Menschenrechtskonvention, auch nicht
laut UN-Kinderrechtskonvention . Es kann mir auch von
Ihnen, glaube ich, keiner darlegen, woraus sich ein An-
spruch oder ein generelles Recht auf Familiennachzug
ergibt .

Das Wie und das Wann des Familiennachzugs für
subsidiär Schutzberechtigte müssen und dürfen wir als
Zufluchtsort gestalten. Es ist selbstverständlich, dass
wir dabei Unterschiede machen und die Interessen ab-
wägen, und zwar die Interessen des Staates und unserer
Bevölkerung gegen die des wartenden Flüchtlings . Das
ist völlig legitim . Das tun andere Staaten auch . Dass die
Abwägung sorgfältig vorgenommen werden muss, ist
auch klar; denn wir tragen nicht nur Verantwortung für
diejenigen, die es zu uns geschafft haben, sondern wir
tragen auch die Verantwortung für unsere Bevölkerung .
Da finden wir uns dann auch beim C wieder, das Sie,
lieber Herr Kollege, so vermisst haben .

Die rechtlichen Maßstäbe dafür, wer die Flüchtlingsei-
genschaft hat, wer subsidiären Schutz bekommt und wer
ausreisepflichtig ist, sind gleich geblieben. Die Rechts-
mittel gegen diese Entscheidungen bestehen unverän-
dert, und die Rechtsmittel werden auch ausgeschöpft .
Das zeigen die vielen Klagen gegen die Zuerkennung
lediglich des subsidiären Schutzes .

Es wird hier immer der Vorwurf erhoben, dass man
damals von anderen Voraussetzungen ausgegangen ist .
Dazu darf ich Ihnen sagen: Es stimmt zwar, dass im letz-
ten Jahr mehr Menschen lediglich subsidiären Schutz
erhalten haben, als bei der Aussetzung des Familien-
nachzugs zu erwarten war, aber das ist doch gerade kein
Argument für eine vorzeitige Beendigung der Ausset-
zung . Es verändert ja die Abwägungsfaktoren nicht . Es
sagt lediglich etwas über die eigentliche Zusammenset-
zung des Flüchtlingsstroms und die Unterscheidung zwi-
schen dem klassischen Bürgerkriegsflüchtling und dem
Verfolgten im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention
aus . Das ist ja gerade Bestandteil unserer Abwägung .
Davon, dass wir prüfen, wird man wohl auch angesichts
der Vorkommnisse in den letzten Wochen nicht Abstand
nehmen wollen .


(Dr . Lars Castellucci [SPD]: Mit den Bundeswehrsoldaten, oder was?)


Schon gar nicht kann eine rechtlich unzutreffende, der
Vergangenheit angehörende Behördenpraxis die Fakto-
ren einer Interessenabwägung beeinflussen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Herausforde-
rungen sind nicht geringer geworden, nicht für die Kom-

Nina Warken






(A) (C)



(B) (D)


munen, die die Bereitstellung des Wohnraums und die
Integration bewerkstelligen müssen, nicht für unsere Be-
völkerung, aber auch nicht für die Botschaften in Beirut,
Erbil und anderen Orten, die regelrecht Fließbandarbeit
leisten, um Familiennachzüge zu anerkannten Flüchtlin-
gen zu ermöglichen .


Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823730500

Frau Kollegin, achten Sie auf die Zeit .


Nina Warken (CDU):
Rede ID: ID1823730600

Wenn wir die Aufnahmefähigkeit unserer Kommunen,

unserer Gesellschaft weiter überschreiten, dann wird das
massive Folgen haben . Die Bürger erwarten von uns eine
sachliche Abwägung, in die alle Interessen einfließen,
auch ihre .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823730700

Vielen Dank, Frau Kollegin Warken . – Als letzter

Redner in dieser Aussprache spricht Rüdiger Veit für die
SPD-Fraktion .


(Beifall bei der SPD)



Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1823730800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zunächst eine kurze Bemerkung zur Geschäftsordnung:
Für mich ist es nicht zweifelsfrei, ob es zulässig ist, einen
Oppositionsantrag ad infinitum zu schieben. Ich persön-
lich bin der Auffassung, dass man, wenn der Antragstel-
ler das will, nach einer Höchstfrist von vielleicht sechs
Monaten im Plenum über den Antrag befinden sollte.
Vielleicht kann der nächste Deutsche Bundestag einmal
über diese wünschenswerte Änderung der Geschäftsord-
nung nachdenken .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das lassen wir ja gerade vom Verfassungsgericht klären! – Dr . Volker Ullrich [CDU/CSU]: Stimmen wir doch ab!)


– Ja, wir können sehr gerne abstimmen . Ich habe schon
einmal vergeblich versucht, Ihnen mein Abstimmungs-
verhalten zu erklären . Wie die Mehrheit der SPD-Frak-
tion nach einer sehr lebhaften Debatte über diese Frage
abstimmen würde, davon habe ich auch eine Vorstellung .
Unser Problem ist – jetzt bringe ich es einmal politisch
auf den Punkt –, dass, wenn wir dem Antrag der Oppo-
sition zustimmen würden, Sie sagen könnten, möglicher-
weise sei die Koalition gebrochen, weil wir nicht koali-
tionstreu sind .


(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Nicht nur möglicherweise! – Dr . Volker Ullrich [CDU/CSU]: Dann sind Sie halt schon früher in der Opposition!)


Wissen Sie, was meine persönliche Meinung ist? Meine
persönliche Meinung ist: Sie haben die Koalition bereits
gebrochen, indem Sie den Anspruch auf Rückkehr in
Vollzeitbeschäftigung abgelehnt haben .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU/CSU: Ach!)


Jetzt zurück zu den syrischen Flüchtlingen . Die
CDU/CSU hat ganz offensichtlich Angst vor ungefähr
50 000 Frauen und Kindern; das ist die Wahrheit . Dahin-
ter verbirgt sich im Grunde das Motiv, mit dem Sie uns
gegenübergetreten sind . Ich will einmal auf Folgendes
hinweisen: Als wir darüber geredet haben, dass man die
Aussetzung des Familiennachzuges rückgängig machen
sollte, haben wir einerseits von Ihrem Minister gehört,
er habe nicht geglaubt, dass es so viele werden würden,
die subsidiären Schutz bekämen . Wenn das richtig wäre,
wäre das ein typischer Wegfall der Geschäftsgrundlage,
und man müsste neu verhandeln und das neu regeln . An-
dererseits haben einige Vertreter aus Ihren Reihen ge-
sagt: Nein, wir sind sehr zufrieden damit, dass es so viele
sind; das haben wir uns so gewünscht . – Frau Lindholz
hat eben bekräftigt, wenn Sie die Möglichkeit dazu hät-
ten, würden Sie versuchen, das Gesetz noch weiter zu
verschärfen und den Familiennachzug zu subsidiär Ge-
schützten auf Dauer auszuschließen .


(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Nicht verschärfen! Verlängern! – Dr . Volker Ullrich [CDU/CSU]: Die Rechtslage von vor 2015 fortschreiben!)


– Und warum haben Sie dann die Rechtslage sinnvoller-
weise im Lichte des europäischen Rechts und der Koali-
tionsvereinbarung und mit voller Überzeugung Ihres ei-
genen Innenministers so geändert? Das müssten Sie dann
einmal der erstaunten Bevölkerung erklären .

Wenn ich dann noch höre, dass in Deutschland die
Kapazitäten bei den Schulen – bei den Lehrern, bei den
Räumlichkeiten –


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Besonders in Nordrhein-Westfalen!)


und bei den Wohnungen in den Städten nicht ausreichen,
um bis zu 50 000 Kinder und Frauen hier bei uns aufzu-
nehmen, dann möchte ich einmal wissen: Mit welchem
Zynismus diskutieren Sie hier eigentlich?


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der Libanon oder die Türkei könnten sagen: Wir haben
zu wenig Leute, wir haben zu wenig Platz, wir haben zu
wenig Arbeit, wir haben zu wenig Geld . Aber wo sollen
die Flüchtlinge dann hin? Wenn unser Land die Aufnah-
me von Flüchtlingen gerade angesichts seiner demografi-
schen Probleme nicht bewältigt, kann ich nur sagen: Ich
bin abgestoßen von der Haltung, die hier offenbar wird.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Nach Ihrer Logik müssen wir die ganze Welt aufnehmen!)


Nina Warken






(A) (C)



(B) (D)


Sie haben Angst vor bis zu 50 000 Frauen und Kindern .


(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Sie wissen ganz genau, dass es deutlich mehr werden!)


Das müssen Sie der Bevölkerung und den Kirchen ein-
mal erklären .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Uns können Sie es nicht erklären . Mir ist wichtig, der
Opposition ganz klar und deutlich zu sagen: An uns liegt
es nicht . Ich habe darauf hingewiesen: Entweder sind wir
über den Tisch gezogen und getäuscht worden, –


Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823730900

Herr Kollege, achten Sie bitte auf die Zeit .


Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1823731000

– oder aber die entsprechenden Kollegen haben selber

geglaubt, dass es nicht so viele betreffen würde. Dann
müssten Sie erst recht bereit sein, das gemeinsam mit uns
wieder zu ändern .

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und Ihre Geduld .


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823731100

Ich schließe die Aussprache .

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 20 a und 20 b auf:

a) Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes zur Umsetzung der Zweiten Zahlungs-
diensterichtlinie

Drucksachen 18/11495, 18/11929, 18/12181
Nr. 1.9

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanz-
ausschusses (7 . Ausschuss)


Drucksache 18/12568

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Finanzausschusses (7 . Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch,
Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kontogebühren – Transparenz und Verbrau-
cherschutz erhöhen

Drucksachen 18/12367, 18/12568

Die Reden sollen zu Protokoll gegeben werden . – Ich
sehe, Sie sind damit einverstanden .1)

Tagesordnungspunkt 20 a . Wir kommen zur Abstim-
mung über den von der Bundesregierung eingebrachten
Gesetzentwurf. Der Finanzausschuss empfiehlt unter

1) Anlage 15

Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 18/12568, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
auf den Drucksachen 18/11495 und 18/11929 in der Aus-
schussfassung anzunehmen . Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wol-
len, um das Handzeichen . – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter
Beratung mit den Stimmen der CDU/CSU, der SPD und
der Fraktion Die Grünen bei Enthaltung der Linken und
Frau Steinbach angenommen .

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung . Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben . –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist mit dem gleichen Stimmverhalten angenommen .

Tagesordnungspunkt 20 b . Beschlussempfehlung des
Finanzausschusses zu dem Antrag der Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen. Der Ausschuss empfiehlt unter
Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 18/12568, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen auf Drucksache 18/12367 abzulehnen . – Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenpro-
be! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit
den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stim-
men der Opposition angenommen . Kollegin Steinbach
stimmt mit der CDU/CSU .

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr . Gesine Lötzsch, Dr . Gregor Gysi, Dr . Dietmar
Bartsch, Dr . Sahra Wagenknecht und der Frakti-
on DIE LINKE

Weltfriedenstag als europäischer Feiertag

Drucksache 18/9587

Die Reden sollen zu Protokoll gegeben werden . – Ich
sehe, Sie sind damit einverstanden .2)

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
Fraktion Die Linke auf Drucksache 18/9587 . Wer stimmt
für den Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltun-
gen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der Koalitions-
fraktionen, der Grünen und der Kollegin Steinbach ab-
gelehnt .

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immu-
nität und Geschäftsordnung (1 . Ausschuss)


Änderung der Geschäftsordnung des Deut-
schen Bundestages

hier: Änderung der Regelung zum Alterspräsi-
denten (§ 1 Absatz 2 GO-BT) sowie weite-
re Änderungen in den §§ 93, 93a und 93b
GO-BT

Drucksache 18/12376

2) Anlage 16

Rüdiger Veit






(A) (C)



(B) (D)


Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 25 Minuten vorgesehen . – Ich höre kei-
nen Widerspruch . Dann ist das so beschlossen .

Ich eröffne die Aussprache. Es beginnt der Kollege
Bernhard Kaster für die CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Bernhard Kaster (CDU):
Rede ID: ID1823731200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen

und Kollegen! „Änderung der Geschäftsordnung“ heißt
der jetzige Tagesordnungspunkt . Die Geschäftsordnung
des Deutschen Bundestages ist Ausdruck der in Arti-
kel 40 unserer Verfassung garantierten Parlamentsauto-
nomie, ja, sie beinhaltet letztlich die Spielregeln der De-
mokratie hier in unserem Parlament . Sie muss daher der
Diskontinuität unterliegen . Jeder neu gewählte Bundes-
tag muss sie neu beschließen und wie in fast jeder Legis-
laturperiode klug weiterentwickeln . Genau das machen
wir heute .

Die Konstituierung eines Parlamentes nach einer Wahl
gehört unbestritten zu den ganz besonderen Momenten
einer Demokratie . Manch einer denkt vielleicht an die
Bilder von der Parlamentseröffnung durch die Queen in
London . So feierlich geht es bei uns nicht zu; aber das
zeigt die Bedeutung .


(Bärbel Bas [SPD]: Aber fast! – Dr . Eva Högl [SPD]: Wir haben doch Riesenhuber!)


Wir, der Deutsche Bundestag – das ist durchaus eine Be-
sonderheit und Ausdruck der Stärke unseres Parlamen-
tes –, brauchen zur Eröffnung weder einen Monarchen
noch einen Bundespräsidenten wie zum Beispiel in Ös-
terreich noch einen Staatsbeamten wie zum Beispiel in
den Vereinigten Staaten . Der Bundestag konstituiert sich
schlichtweg selbst . Weil es aber zum Zeitpunkt der Kons-
tituierung, also zu Beginn, noch keine Geschäftsordnung
geben kann, hat sich ein parlamentarisches Gewohnheits-
recht entwickelt, das besagt, dass bestimmte Regelungen
aus der vorangegangenen Wahlperiode übernommen
werden, um den neuen Bundestag überhaupt konstituie-
ren zu können . Deswegen ist die Konstituierung in § 1
der Geschäftsordnung ganz konkret festgehalten .

Nur wegen dieses Paragrafen kann beispielsweise der
bisherige Bundestagspräsident den neuen Bundestag ein-
laden, selbst dann, wie es in diesem Jahr der Fall sein
wird, wenn er dem neuen Bundestag gar nicht mehr an-
gehört. Ich denke, Letzteres finden wir alle schade, auch
deshalb, weil gerade unser jetziger Bundestagspräsident
so manche kluge Anregung und Initiative gegeben hat –
das sage ich bewusst auch in dieser Debatte –, die vor
allem und oft den Rechten des einzelnen Abgeordneten,
den kleinen Fraktionen, der Minderheit und ganz beson-
ders dem Ansehen des Parlamentes gegolten haben .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Es entspricht langjähriger Parlamentstradition, dass
das an Lebensjahren älteste Mitglied des Hauses die
erste Sitzung zu Beginn leitet . Aber auch Parlaments-
traditionen sind abänderbar und weiterzuentwickeln . Auf
Initiative des Ältestenrates wollen wir die bisherige Re-

gelung letztlich in Sinn und Kern präzisieren . Lebens-
alter in § 1 der Geschäftsordnung meint Erfahrung . Ob
Paul Löbe, Konrad Adenauer, Willy Brandt oder jetzt
Heinz Riesenhuber, hier ging Lebensalter mit parlamen-
tarischer Erfahrung oft Hand in Hand . Genau das wollen
wir weiterhin gewährleisten . Wir wollen das nicht dem
Zufall überlassen . Deshalb soll künftig nicht mehr der
älteste Abgeordnete, sondern der Abgeordnete mit der
größten Parlamentserfahrung die konstituierende Sitzung
des Bundestages eröffnen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


In der Öffentlichkeit und auch im Geschäftsordnungs-
ausschuss hat es Diskussionen darüber gegeben, ob der
Zeitpunkt richtig gewählt ist . Zu Beginn dieser Legisla-
turperiode in 2013 haben wir umfangreiche Änderungen
für die Arbeit in der Legislaturperiode, insbesondere
hinsichtlich der Oppositionsrechte, zeitnah gemeinsam
beschlossen . Jetzt nehmen wir die Konstituierung des
19 . Deutschen Bundestages im Herbst in den Blick und
wollen deshalb zeitnah eine, wie ich gesagt habe, Verfei-
nerung, Präzisierung des § 1 Absatz 2 unserer Geschäfts-
ordnung beschließen .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dem neuen Deut-
schen Bundestag werde ich selbst nicht mehr angehören .
Deswegen lassen Sie mich abschließend sagen: Ich wün-
sche ganz persönlich für den Herbst einen guten Start
mit einem erfahrenen Alterspräsidenten . Viel mehr – das
ist noch wichtiger; das ist der Kern – wünsche ich eine
erfolgreiche Legislaturperiode für unser Land, für unse-
re Verantwortung in Europa und einen Bundestag, das
wichtigste Verfassungsorgan – dieses Selbstbewusstsein
müssen wir haben –, der von der ersten bis zur letzten
Rede unserer lebendigen Demokratie – ein wirkliches
Arbeitsparlament – und damit dem Ansehen und dem
Wohl unseres Landes dient .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823731300

Lieber Bernhard Kaster, ich wünsche dir aus langer

Verbundenheit alles Gute . Wir werden deine Anregung
entsprechend befolgen .


(Beifall im ganzen Hause)


Als Nächstes spricht jetzt Dr . Petra Sitte für die Frak-
tion Die Linke .


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823731400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das

Bundeswahlgesetz ermöglicht grundsätzlich Parteien,
sofern sie die Fünfprozenthürde überspringen, in Län-
derparlamente und in den Bundestag einzuziehen . Un-
sere Demokratie bietet dabei auch Parteien politischen
Handlungsspielraum, die das Bundesverfassungsgericht
zwar nicht verboten, aber immerhin als verfassungswid-
rig bezeichnet hat . Eine starke Demokratie muss auch po-
litische Positionen von Parteien ertragen, die sich gegen

Vizepräsidentin Michaela Noll






(A) (C)



(B) (D)


sie selbst richten . Insofern gebe ich all jenen recht, die
sagen, dass diese Auseinandersetzung politisch geführt
werden muss und Geschäftsordnungen dafür nicht her-
halten sollten .


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Demokratie konnte und kann das aushalten, aber sie
muss es nicht . Nicht alles muss sie aushalten, bestimmte
Positionen ausdrücklich nicht . Im Gegenteil, diese fal-
len unter Verbotsgesetze . So ist Holocaustleugnung in
zahlreichen europäischen Staaten illegal, darunter allen
deutschsprachigen . Viele Staaten haben erweiterte Ge-
setze, die Holocaustleugnung als Verleumdung, als Ras-
sismus oder zusammen mit der Leugnung von weiteren
Völkermorden verbieten .

Es gibt nun aber Politiker, die bewusst immer wieder
die furchtbaren Verbrechen der faschistischen Diktatur
an Millionen Menschen, insbesondere die industriemäßig
organisierte Vernichtung von Juden und Jüdinnen, Sinti
und Roma, Homosexuellen und Menschen aus dem Wi-
derstand, in Zweifel ziehen . Wer also von Holocaust als
„Mythos“ und als „wirksames Instrument zur Kriminali-
sierung der Deutschen und ihrer Geschichte“ bezeichnet,
dem müssen wir allein seines erreichten Alters wegen
nicht das Podium bieten, die konstituierende Sitzung des
obersten Verfassungsorgans dieses Landes zu eröffnen,


(Beifall bei der LINKEN und des Abg . Dr . Johann Wadephul [CDU/CSU])


mithin genau des Landes, welches aus seiner Geschichte
gelernt hat und mit Blick auf nachwachsende Generati-
onen weiter lernen muss. Die Eröffnungsrede eines sol-
chen Politikers muss in seinem biografischen und poli-
tischen Kontext gesehen werden . Ich will ausdrücklich
sagen, dass es dabei völlig zweitrangig ist, aus welcher
Partei ein solcher Politiker kommt .

Meine Großeltern haben als Sozialdemokraten Wi-
derstand gegen den Naziterror geleistet . Mein Opa war
inhaftiert, und meine Oma hat sich mit zwei Töchtern
durch diese schlimmen Zeiten mit Anstand und Würde
gebracht . Ich könnte beiden nicht erklären, warum wir
nicht verhindert haben, dass ein Politiker mit solchen Po-
sitionen Alterspräsident wird . Dieser Mann ist nur alt ge-
worden, aber nicht weise; denn er will aus der deutschen
Geschichte nichts lernen .

Ich sehe uns in der Verantwortung gegenüber Über-
lebenden und ihren Nachfahren . Ich glaube auch, dass
der Bundestag in anderen Ländern Unverständnis und
Fragen auslösen würde . Für mich gehört daher zu dieser
politischen Auseinandersetzung, dass wir aktiv etwas da-
gegen tun . Zu unseren Möglichkeiten gehört eben auch,
die Geschäftsordnung zu ändern .

Nun hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gesagt,
es handele sich um einen guten Vorschlag zur falschen
Zeit. Ich finde, jetzt ist sehr wohl der richtige Zeitpunkt,
auch wenn dabei Abgeordnete jüngerer Parteien benach-
teiligt werden . Mithin sind diese schon einmal eine Le-
gislatur nicht im Bundestag gewesen und können somit
auch keine dienstältesten Abgeordneten haben .

In Abwägung all dieser Fragen haben wir uns in unse-
rer Fraktion für eine Enthaltung entschieden .

Danke schön .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823731500

Vielen Dank, Frau Kollegin . – Als Nächste spricht die

Kollegin Sonja Steffen für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Sonja Steffen (SPD):
Rede ID: ID1823731600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir beraten und beschließen heute die Ände-
rung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages .
§ 1 der Geschäftsordnung soll dergestalt geändert wer-
den, dass zukünftig nicht mehr das lebensälteste Mitglied
des Bundestages als Alterspräsident vorgesehen ist und
damit die Eröffnungsrede in dem neu gewählten Bundes-
tag hält, sondern das am längsten dem Bundestag ange-
hörende Mitglied, das hierzu bereit ist .

Warum nun empfiehlt der Ausschuss für Wahlprü-
fung, Immunität und Geschäftsordnung diese Änderung?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der Vorbereitung
dieser Rede habe ich einen Blick in die Geschichte des
Amtes des Alterspräsidenten geworfen . Erlauben Sie mir,
dass ich Sie zu dieser späten Stunde zu einer kleinen Ge-
schichtsstunde einlade .

Seinen Ursprung hat das Amt des Alterspräsidenten
in der Französischen Revolution . Der Kollege Kaster hat
vorhin auf die Briten hingewiesen, die den Monarchen
oder die Monarchin dazu in Anspruch nehmen . Genau
das wollte man in der Französischen Revolution vermei-
den . Deshalb hat man damals beschlossen, dass es ein
Parlamentarier sein muss, der mit möglichst viel Autori-
tät und Würde die Eröffnungsrede hält.

In deutschen Versammlungen und Parlamenten ha-
ben wir die sogenannte Lebensaltersregelung schon seit
dem Ende des 18 . Jahrhunderts . Nun hat es aber in der
Geschichte des Alterspräsidenten seit der Weimarer Re-
publik einige erstaunliche Fälle gegeben . 1932 war die
Alterspräsidentin Clara Zetkin .


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie war damals schon hochbetagt, und sie war sehr
krank . Sie musste eigens aus Moskau anreisen, um die
Eröffnungsrede zu halten. Sie hat damals eine sehr er-
staunliche Rede gehalten; das hat der NSDAP überhaupt
nicht gefallen . Ein paar Monate später, im November des
Jahres 1932, war das Parlament aufgelöst . Als ein neu-
es Parlament gewählt wurde, hat die NSDAP Folgendes
gemacht: Sie hat ein 82-jähriges Parteimitglied in den
Reichstag wählen lassen, damit die Eröffnungsrede nicht
mehr von Clara Zetkin gehalten werden konnte . Dieser
hat die Rede gehalten und ist nach neun Tagen zurück-
getreten .

Aber auch die jüngere Vergangenheit zeigt Beispiele,
die belegen, wie das Amt durch die Regelung nach dem

Dr. Petra Sitte






(A) (C)



(B) (D)


Lebensalter zum Spielball werden kann . Liebe Kollegin-
nen und Kollegen von den Grünen, ich kann auch Ihnen
eine kleine Geschichte nicht ersparen . 1983 gab es den
Kandidaten Werner Vogel, der ebenfalls relativ betagt
war . Er hat in Kandidatenbriefen dafür geworben, dass
er in seiner ersten Rede eine grüne Rede halten werde .
Nicht nur, aber auch mit dieser Argumentation hat er es
tatsächlich in NRW auf Listenplatz 1 geschafft. Er muss-
te aber noch vor Antritt des Amtes zurücktreten, weil ihm
eine NS-Vergangenheit nachgewiesen werden konnte .

Einen weiteren bemerkenswerten Höhepunkt fand das
Amt des Alterspräsidenten schließlich bei der Wahl 1994,
als Stefan Heym, über die Liste der PDS in den Bun-
destag eingezogen, zum lebensältesten Parlamentarier
bestimmt wurde . Schon im Vorfeld ist diese Personalie
öffentlich und zum Teil recht unschön diskutiert worden.
Den traurigen Höhepunkt fand die Diskussion schließ-
lich in dem sich später als unbegründet erwiesenen Vor-
wurf – übrigens einen Tag vor der Eröffnungsrede –, dass
Stefan Heym für die Stasi gearbeitet habe . Es war übri-
gens unser ehrenwerter ehemaliger Kollege Wiefelspütz,
der den GO-Ausschuss leitete und der sich, soweit meine
Recherchen zurückgehen, schon damals dafür ausge-
sprochen hat, über diese Regelung nachzudenken .

Zu welchem Ergebnis führt uns denn nun der Blick
in die Geschichte? Er zeigt, dass das Amt des Altersprä-
sidenten in der öffentlichen Wahrnehmung sehr bedeu-
tend ist; denn er hat eine herausragende Position . Der
Alterspräsident vertritt den Bundestagspräsidenten, und
der Bundestagspräsident steht in der protokollarischen
Rangfolge direkt unter dem Bundespräsidenten . Das
heißt also, für diese kurze Zeit ist der Alterspräsident
der zweitwichtigste Mann bzw. – hoffentlich werden wir
auch das einmal erleben – die zweitwichtigste Frau in
der Republik .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Er leitet die konstituierende Sitzung des neuen Bundes-
tages und ebnet damit den Weg in eine neue Legislatur-
periode .

Wahltaktische Spielereien und breite Diskussionen
über Personen im Vorfeld sollte es nicht geben . Deshalb
haben wir uns jetzt darauf verständigt, dem Abgeord-
neten oder der Abgeordneten, der oder die am längsten
dem Bundestag angehört, den Vorsitz zu übertragen . Dies
ermöglicht, dass ein erfahrener Parlamentarier oder eine
erfahrene Parlamentarierin die konstituierende Sitzung
leitet, jemand, der die parlamentarischen Gepflogenhei-
ten kennt, mit den Abläufen vertraut und in der Lage ist,
seine Erfahrungen in das Amt mit einzubringen; denn wir
wollen an dieser Stelle nichts dem Zufall überlassen . Es
ist völlig richtig, dass eben nicht zufällig der älteste Ab-
geordnete diesen feierlichen Moment der Plenumseröff-
nung prägen sollte, sondern einer, der lange Erfahrung
hat und weiß, worauf es im Parlamentsbetrieb ankommt .

Nun könnte man allenfalls noch über den Zeitpunkt
streiten: Ist die vorgesehene Änderung der Geschäfts-
ordnung zwar eine gute Idee, aber der Zeitpunkt nicht
der richtige? Dazu hat mein Kollege Kaster vorhin schon
ausgeführt: Der Blick geht in die Zukunft, in die nächste
Wahlperiode .

Ich möchte das Ende meiner Rede dazu nutzen, aus
der Eröffnungsrede von Willy Brandt zu zitieren, der
übrigens 1983 Alterspräsident wurde . Willy Brandt hat
damals gesagt:

Gemeinsam wollen wir darüber wachen, daß sich
die Schrecken der Vergangenheit, in welcher Form
auch immer, nicht wiederholen .

Dann hat er angemahnt:

Das Parlament in seiner Gesamtheit – und jeder Ab-
geordnete für sich – ist dazu berufen, darüber zu wa-
chen, daß die auf Zeit vergebene demokratisch-poli-
tische Macht zum Wohle aller gebraucht wird .

Ich möchte Folgendes hinzufügen: Wir sollten daran
denken, dass wir eine streitbare Demokratie sind, die
sich gegen ihre Feinde zur Wehr setzt . Dabei sollten wir
alle demokratischen Mittel nutzen, um die Würde dieses
Hauses zu verteidigen .

Vielen Dank .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1823731700

Vielen Dank, Frau Kollegin Steffen. – Als nächs-

te Rednerin spricht Britta Haßelmann für die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen .


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823731800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD
wollen heute die Geschäftsordnung ändern und festle-
gen, dass in Zukunft derjenige Abgeordnete oder dieje-
nige Abgeordnete Alterspräsident wird, der oder die dem
Bundestag am längsten angehört. Frau Steffen, es tut mir
echt leid, aber an dieser Stelle muss ich sagen: Was den-
ken Sie eigentlich, wer so naiv ist, zu glauben, dass uns
das einfach so im luftleeren Raum einen Monat vor dem
Ende der Legislatur einfällt?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Jeder Mensch, der sich mit Politik beschäftigt – Petra
Sitte hat das gerade angesprochen –, weiß, dass Sie zum
Ende der Legislatur auf diese Idee gekommen sind, und
zwar mit Blick auf die Bundestagswahl und mögliche
Konstellationen, die sich daraus ergeben . Das ist das Fal-
sche an Ihrem Vorschlag .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Natürlich kann man im Deutschen Bundestag darüber
reden, ob der oder die Älteste, der oder die am längsten
dem Parlament Angehörige diese Sitzung eröffnen sollte.
Ich finde es auch verrückt, diese Funktion so zu überhö-
hen. Bitte, es geht um die Eröffnung der konstituierenden
Sitzung; da hält der oder die Älteste hier eine Rede . Dann
wählen wir den Bundestagspräsidenten, und dann stim-
men wir über die Geschäftsordnung ab, nicht mehr und
nicht weniger . Von daher bitte ich darum, dass wir diese
Situation und diese Rede nicht überhöhen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sonja Steffen






(A) (C)



(B) (D)


Natürlich kann man das so entscheiden . Weil Ihnen
das mit den Frauen so wichtig war: Wir könnten auch
entscheiden, dass demnächst die älteste oder die dem
Parlament am längsten angehörende Frau die Sitzung
eröffnet, weil das über Generationen hinweg Männer ge-
macht haben .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Deshalb hat unsere Fraktion gesagt: Natürlich kann man
das machen, wie das auch Petra Sitte gesagt hat, aber der
Zeitpunkt ist eindeutig falsch .

Wir alle wissen doch, Bernhard Kaster, dass wir die
Geschäftsordnung hier nicht präzisieren . Das ist jetzt
also auch ein bisschen unterkomplex . Wir ändern die Ge-
schäftsordnung, wir präzisieren sie nicht . Man darf nach
außen doch nicht so einen Eindruck erwecken . Man muss
dann sagen, was man will, und dazu auch stehen . Darum
bitte ich einfach .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb können wir dieser Änderung der Geschäfts-
ordnung heute auch nicht zustimmen . Sie reden nicht mit
offenem Visier darüber, was Sie damit eigentlich bezwe-
cken .

Es ist ja auch noch zweifelhaft, ob Ihnen das, was Sie
möchten, überhaupt gelingen wird; denn wenn der nächs-
te Bundestag zusammentritt, ist überhaupt gar keine Ge-
schäftsordnung in Kraft . Wir werden dann möglicherwei-
se darüber streiten müssen, was jetzt Gewohnheitsrecht
ist und was nicht. Ich finde, wir sollten uns diese Situa-
tion ersparen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe sehr viel Zutrauen in dieses Parlament und
empfinde dieses Parlament als so selbstbewusst und sou-
verän, dass ich glaube, dass wir mit jeder Situation fertig
werden, und zwar in der großen Breite, also aufseiten der
CDU/CSU, der SPD, der Linken und der Grünen . Ich bin
mir ganz sicher, dass wir gemeinsam so souverän und
selbstbewusst sind, dass wir mit jeder Situation im neuen
Parlament umgehen können . Das sollten wir doch auch
ausstrahlen,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


und wir sollten zum Ende der Legislatur jetzt nicht noch
so eine „verschwiemelte“ Regelung treffen.


(Christian Petry [SPD]: Das ist aber eine schräge Meinung! – Gegenruf der Abg . Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, eine ganz richtige!)


Ich will gar keinen Zweifel aufkommen lassen: Na-
türlich empfände ich es auch als Zumutung, wenn ein
Rechtspopulist hier eine Sitzung eröffnen würde. Ich
glaube aber, wir sind souverän und selbstbewusst genug,
in der Situation dann zu entscheiden, wie wir als Parla-
ment damit umgehen:


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ich will auch nicht, dass wir in irgendeiner Art und Weise
für Legendenbildung oder Märtyrerrollen verantwortlich
sind .

Lassen Sie uns selbstbewusst, offen und ganz souve-
rän für unsere wirklich lebendige Demokratie und unser
gutes und starkes Parlament eintreten . Das würde ich mir
wünschen . Deshalb können wir Ihrem Vorschlag heute
nicht folgen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823731900

Das Wort erhält nun die Kollegin Erika Steinbach .


Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1823732000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der Deutsche Bundestag kann selbstverständlich sei-
ne Geschäftsordnung ändern und neuen Gegebenheiten
anpassen, keine Frage . Ich teile aber die Aussagen, die
eben hier zu hören waren . Ist es politisch und moralisch
vertretbar, eine solche Änderung


(Christian Petry [SPD]: Hört, hört!)


weniger als vier Monate vor der Bundestagswahl im be-
reits angelaufenen Wahlkampf durchzuführen, und zwar
nur deshalb, weil seitens der Regierungskoalition der
Einzug einer neuen, ihr missliebigen Partei befürchtet
wird, deren Protagonisten möglicherweise – man weiß
es ja nicht – den Alterspräsidenten stellen könnten? Ich
sage: Nein . Es beschädigt doch das Vertrauen in unseren
Parlamentarismus und in unsere wehrhafte Demokra-
tie, die wir seit Jahrzehnten haben, wenn man sich nicht
mehr in der Lage sieht, ein breites Parteien- und vor al-
lem auch Meinungsspektrum auszuhalten, wie schwer
das manchmal auch sein mag . Das auch in den Medien
als Begründung vorab schon vorgetragene Argument der
politischen Unerfahrenheit, liebe Kolleginnen und Kolle-
gen, ist natürlich ein sehr durchsichtiger Vorwand .


(Dr . Johann Wadephul [CDU/CSU]: Warum?)


Ich muss in Richtung meiner früheren Fraktion sagen:
Besonders peinlich an dieser Aktion ist natürlich, dass
beide eventuell infrage kommenden Männer in der kom-
menden Legislatur, die als Alterspräsidenten unter Um-
ständen fungieren könnten, jahrzehntelang Mitglieder
der CDU gewesen sind,


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Ist das peinlich?)


und zwar in politischen Funktionen mit Erfahrung . Jetzt
wird ihnen seitens ihrer ehemaligen Partei alles Mögliche
unterstellt und geradezu eine demokratische Gesinnung
abgesprochen . Wenn seitens der CDU so dramatische
Demokratiedefizite bei diesen Männern erkannt werden,
dass sie hier nicht einmal mehr als Alterspräsidenten fun-
gieren können: Warum wurde dann nicht reagiert, als sie
noch Mitglieder der CDU gewesen sind? Das wäre doch
das Normalste von der Welt .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere parlamenta-
rische Demokratie bedarf immer der Achtung der Mei-

Britta Haßelmann






(A) (C)



(B) (D)


nung anderer . Ja, sie lebt geradezu davon, andere Mei-
nungen auszuhalten und darüber zu diskutieren .


(René Röspel [SPD]: Freiheit ist immer die Freiheit des anderen!)


Sie hat in der Vergangenheit immer wieder sogar extre-
me politische Positionen ertragen . Während der Weima-
rer Republik wurden die Redebeiträge der Kommunistin
Clara Zetkin als Alterspräsidentin ebenso gut überstan-
den


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: War aber keine Extremistin!)


wie in den letzten Jahren die Reden der Alterspräsiden-
ten Stefan Heym von der PDS oder Fred Gebhardt, auch
PDS, ehemals SPD, im Deutschen Bundestag .

Genau darin, finde ich, hat sich doch immer wieder
die Reife unserer parlamentarischen Demokratie gezeigt .
Das, was heute mit der Änderung der Geschäftsordnung
auf den Weg gebracht wird, halte ich für ein beunruhi-
gendes Zeichen der Schwäche und des Kleingeistes . Ich
glaube, dieser Antrag schadet dem Vertrauen in unsere
parlamentarische Demokratie . Ich bedaure, dass dieser
Antrag gestellt wurde . Ich hätte mir gewünscht, es wäre
nicht geschehen .

Danke schön .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823732100

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der

Kollege Dr . Johann Wadephul für die CDU/CSU-Frak-
tion .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Johann Wadephul (CDU):
Rede ID: ID1823732200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-

ren! Da sage noch jemand, Geschäftsordnungsdebatten
wären langweilig, staubtrocken oder würden nur rein
juristisch geführt . Sie sind hochpolitisch . Das hat dieses
Parlament in dieser Legislaturperiode auf eindrucksvolle
Art und Weise gezeigt . Wir haben – darauf ist hingewie-
sen worden – zu Beginn der Legislaturperiode in wirk-
lich vorbildlicher Art und Weise dafür gesorgt, dass die
in der Opposition befindlichen Abgeordneten ihre Rechte
wirksam wahrnehmen können .


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das Bundesverfassungsgericht hat uns dafür ausdrück-
lich gelobt . Deswegen war das ein guter Start .

Ich glaube, wir machen jetzt einen guten Abschluss
in der Geschäftsordnungskultur und -debatte unseres
Hauses, wenn wir diese Korrektur vornehmen . Ich will
mich bei dem ersten Punkt nicht lange aufhalten . Es ist
aber nicht von vornherein so, dass die lebensälteste Per-
son – das kann auch gerne eine Dame sein, Frau Kolle-
gin Haßelmann – die geeignetste ist, um ein völlig neues
Parlament zu eröffnen. Das mag in früheren Jahren der
Fall gewesen sein . Aber wenn Sie sich – wir haben ja
schon geschichtliche Fragen beleuchtet – die Diskussion
von 1848 angeschaut haben, haben Sie festgestellt, dass

es an dieser Regelung schon damals starke Kritik gab . Es
spricht sehr viel dafür, dass die erste Sitzung des Deut-
schen Bundestages, in der wichtige Entscheidungen zu
treffen sind, von einer Person mit Parlamentserfahrung
geführt wird . Das ist per se erst einmal ein Argument .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Nun komme ich zum zweiten Punkt, der uns hier be-
schäftigt . Ich glaube nicht, dass wir diesem Thema in ir-
gendeiner Art und Weise ausweichen müssen . Ich habe
auch nicht festgestellt, dass die Kollegin Steffen dem aus-
gewichen ist . Da ist in der Tat die Frage, ob es in der jet-
zigen Situation falsch ist, das zu machen. Meine Auffas-
sung ist die, die übrigens auch Auffassung der Grünen im
Landtag von Schleswig-Holstein war, als die DVU, die
Deutsche Volksunion, dort eingezogen ist . Damals waren
auch die Grünen massiv dafür, sofort die Geschäftsord-
nung zu ändern und dafür zu sorgen, dass nicht jemand
von der DVU das Parlament in Schleswig-Holstein eröff-
net . Ich denke, von den schleswig-holsteinischen Grünen
können die Bündnisgrünen sowieso ein bisschen lernen,
und vielleicht auch in dieser Frage .


(Lachen bei der SPD)


Einen Punkt möchte ich noch einmal aufgreifen . Der
Herr Bundestagspräsident ist auch gestern in einem Zei-
tungsinterview darauf eingegangen . Meine lieben Kolle-
ginnen und Kollegen, es geht doch überhaupt nicht um
die Frage, ob wir das, was wir von der sogenannten Al-
ternative für Deutschland zu erwarten haben, verkraften
können oder ob wir dem argumentativ gewachsen sind .
Natürlich können wir das verkraften . Natürlich hält die-
ses Parlament das aus . Natürlich werden wir diesen Un-
sinn widerlegen können, und wir werden sicherlich auch
die eine oder andere empörte Debatte führen . Wir reden
hier nicht über Kleinigkeiten, sondern es geht immerhin
um eine der zentralen Fragen des deutschen historischen
Selbstverständnisses, nämlich die Relativierung dessen,
was Nationalsozialisten in Deutschland an Verbrechen
begangen haben .


(Beifall der Abg . Dr . Petra Sitte [DIE LINKE])


Natürlich werden wir dem in Debatten begegnen
können . Aber die entscheidende Frage ist: Muss es sich
dieses Parlament bieten lassen, gerade durch eine solche
Person die erste Parlamentssitzung eröffnen zu lassen,


(Beifall der Abg . Dr . Petra Sitte [DIE LINKE])


von der wir viel erwarten? Denn – das sieht unsere Ver-
fassung so vor – die gewählten Abgeordneten im deut-
schen Parlament sind die ersten, die vom Volke die de-
mokratische Macht verliehen bekommen . Deswegen
erwarten wir auch, dass alle Menschen hierherschauen,
und sie schauen auch alle her . Aus Deutschland und aus
vielen Ländern der Welt wird der Fokus auf diese Eröff-
nungssitzung des Parlaments gerichtet sein .

Natürlich kann man die Frage stellen, ob möglicher-
weise dieser Herr derjenige sein wird, der gewählt wor-
den ist . Dabei ist nicht die Frage, ob er früher einmal in

Erika Steinbach






(A) (C)



(B) (D)


der CDU gewesen ist . Es ist manch einer in der CDU ge-
wesen, bei dem ich im Nachhinein froh bin, dass er oder
sie nicht mehr in der CDU ist . Aber das ist eine andere
Frage . Die müssen wir nicht an dieser Stelle erörtern .

Die zentrale Frage ist, ob wir das Risiko eingehen, ei-
ner Person, die nichts weniger getan hat – und daran fest-
hält –, als die nationalsozialistischen Verbrechen an den
europäischen Juden, insbesondere die Judenvernichtung,
zu relativieren, diese Bühne bei der Eröffnung des Parla-
mentes geben . Da komme ich – darüber können wir ganz
offen reden – eindeutig zu der Entscheidung: Das sollten
wir nicht machen . Es wird andere Debatten geben, aber
bei der Eröffnung des Parlamentes sollten wir das nicht
machen .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823732300

Ich schließe die Aussprache .

Ich möchte mich als jemand, der an diesem Thema und
der Debatte nicht gänzlich unschuldig ist, herzlich bei all
den Kolleginnen und Kollegen bedanken, die sich in den
letzten Wochen und auch in der heutigen Debatte erkenn-
bar redlich darum bemüht haben, die nicht ganz einfache
Abwägung zwischen jeweils relevanten Gesichtspunkten
zu treffen. Und so, wie es bei Grundgesetzänderungen,
die wir gerade gestern gleich 13-mal vorgenommen ha-
ben, gelegentlich nicht zu vermeiden ist, zwischen diesen
und jenen Gesichtspunkten am Ende eine Abwägung zu
treffen, gilt das bei der Selbstorganisation eines Parla-
mentes über die Geschäftsordnung auch. Ich finde inso-
fern auch passend und beinahe beruhigend, dass das of-
fenkundig auch im Abstimmungsverhalten deutlich wird .

Dann stimmen wir jetzt in der gebotenen Gelassen-
heit über die Beschlussempfehlung des zuständigen Aus-
schusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsord-
nung ab, die Sie auf der Drucksache 18/12376 alle sicher
schon seit Tagen mit sich herumtragen .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Haben wir auswendig gelernt!)


Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist diese
Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Koaliti-
on gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen bei
Stimmenthaltung der Fraktion Die Linke und einer Ge-
genstimme von Frau Steinbach angenommen .

Es liegen dazu zwei persönliche Erklärungen zur Ab-
stimmung vor, die wie immer dem Protokoll selbstver-
ständlich beigefügt werden .1)

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 24 auf:

Beratung der Unterrichtung durch den Parlamen-
tarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung

1) Anlage 17

Bericht des Parlamentarischen Bei-
rats für nachhaltige Entwicklung

(Arbeits bericht der 18. Legislaturperiode)


Drucksache 18/12511
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktor-
sicherheit (f)

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Energie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-
lung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien

Die Reden sollen zu Protokoll gegeben werden . –
Widerspruch dagegen sehe ich nicht .2)

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
der Drucksache 18/12511 an die in der Tagesordnung
aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen . Sind Sie da-
mit einverstanden? – Auch das sieht so aus . Dann ist die
Überweisung so beschlossen .

Ich rufe Tagesordnungspunkt 25 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Einführung eines Wettbewerbsregisters

Drucksachen 18/12051, 18/12497
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirt-
schaft und Energie (9 . Ausschuss)


Drucksache 18/12583

Auch hier werden die Reden zu Protokoll gegeben .3)

Wir kommen zur Abstimmung . Der Ausschuss für
Wirtschaft und Energie empfiehlt in seiner Beschlussemp-
fehlung auf der Drucksache 18/12583, den Gesetzentwurf
der Bundesregierung auf den Drucksachen 18/12051 und
18/12497 in der Ausschussfassung anzunehmen . Dieje-
nigen, die dem Gesetzentwurf in dieser Fassung zustim-
men wollen, bitte ich um das Handzeichen . – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Nicht alle haben dazu
eine Meinung . Hinreichend klar war aber, dass damit der
Gesetzentwurf in zweiter Beratung angenommen wurde .

Wir kommen zur

dritten Beratung

und Schlussabstimmung . Das erleichtert ja in der Zwi-
schenzeit die Vervollständigung der Urteilsbildung . Wer
dafür ist, den bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben . –
Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist dieser
Gesetzentwurf mit den Stimmen der Koalition gegen die
Stimmen der Opposition angenommen .

Ich rufe Tagesordnungspunkt 26 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes

2) Anlage 18
3) Anlage 19

Dr. Johann Wadephul






(A) (C)



(B) (D)


zur Modernisierung der epidemiologischen
Überwachung übertragbarer Krankheiten

Drucksachen 18/10938, 18/11187, 18/11225
Nr. 9
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ge-
sundheit (14 . Ausschuss)


Drucksache 18/12604

Die Reden werden zu Protokoll gegeben .1)

Wir kommen zur Abstimmung . Der Ausschuss für
Gesundheit empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung
auf der Drucksache 18/12604, den Gesetzentwurf der
Bundesregierung auf den Drucksachen 18/10938 und
18/11187 in der Ausschussfassung anzunehmen . Wer ist
dafür? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist
der Gesetzentwurf mit den Stimmen der Koalition gegen
die Stimmen der Grünen bei Enthaltung der Fraktion Die
Linke in zweiter Beratung angenommen .

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung . Wer dem Gesetzentwurf zu-
stimmen will, möge sich bitte von den Plätzen erheben . –
Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist mit den
gleichen Mehrheitsverhältnissen der Gesetzentwurf an-
genommen .

Ich rufe Tagesordnungspunkt 27 auf:

– Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten
Gesetzes zur Änderung des Energiesteuer-
und des Stromsteuergesetzes

Drucksachen 18/11493, 18/11927, 18/12181
Nr. 1.7
Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses

(7 . Ausschuss)


Drucksache 18/12580

– Bericht des Haushaltsausschusses (8 . Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung

Drucksache 18/12616

Die Reden werden zu Protokoll gegeben .2)

Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 18/12580, den Gesetzent-
wurf der Bundesregierung auf den Drucksachen 18/11493
und 18/11927 in der Ausschussfassung anzunehmen .
Diejenigen, die dieser Fassung zustimmen wollen, bit-
te ich um das Handzeichen . – Wer ist dagegen? – Wer
enthält sich? – Bei Stimmenthaltung der Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen ist der Gesetzentwurf mit Mehrheit in
zweiter Beratung angenommen .

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung . Wer dafür ist, bitte ich, sich von
den Plätzen zu erheben . – Wer dagegen ist, hat das jetzt
gegebenenfalls deutlich zu machen . – Niemand . Wer ent-

1) Anlage 20
2) Anlage 21

hält sich der Stimme? – Damit ist der Gesetzentwurf mit
Mehrheit angenommen .

Ich rufe Tagesordnungspunkt 28 auf:

– Zweite und dritte Beratung des von den Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung von
Kinderehen

Drucksache 18/12086

– Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Bekämpfung von Kinderehen

Drucksache 18/12377

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-

(6 . Ausschuss)


Drucksache 18/12607

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die
Aussprache 25 Minuten dauern. Auch das findet offen-
kundig jubelnde Zustimmung .

Dann eröffne ich die Aussprache und erteile das
Wort zunächst dem Kollegen Johannes Fechner für die
SPD-Fraktion .


(Beifall bei der SPD)



Dr. Johannes Fechner (SPD):
Rede ID: ID1823732400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lie-

be beide Zuhörer auf den Tribünen!


(Heiterkeit)


Immerhin!


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823732500

Also, Herr Kollege, das gibt mir Gelegenheit, doch

einmal geradezustellen, dass ich hier auch schon Debat-
ten erlebt habe, wo auf der Tribüne mehr Leute anwesend
waren als im Plenum . Dass wir um diese Zeit hier eine so
eindrucksvolle Relation vorführen können, gehört beina-
he zu den Sternstunden dieser Legislaturperiode .


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Johannes Fechner (SPD):
Rede ID: ID1823732600

Das war auch der Sinn meines Grußes an die beiden

Herren .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir behandeln heu-
te ein ernstes Thema . Wenn ein Kind heutzutage heiratet
oder, besser gesagt, verheiratet wird, dann kann das ganz
erheblichen negativen Einfluss auf seine Entwicklung
haben . Das Kindeswohl kann hier massiv beeinträchtigt
werden . Je jünger ein Kind ist, das verheiratet wird, desto
schwerwiegender sind die Auswirkungen auf das Kind .
Wenn nach heutiger Rechtslage eine 14-Jährige einen
22-Jährigen heiraten kann – das sehen wir an dem Urteil
des Oberlandesgerichts, das die ganze Diskussion aus-

Präsident Dr. Norbert Lammert






(A) (C)



(B) (D)


gelöst hat –, dann ist der Gesetzgeber gefragt . Deswe-
gen legen wir heute mit diesem Gesetz das Ehemündig-
keitsalter in Deutschland ausnahmslos auf 18 Jahre fest .
Damit schaffen wir die Kinderehen in Deutschland ab.
Wir machen ganz klar: Wir wollen bei uns keine Kin-
derehen . Mädchen gehören nicht in die Ehe, sondern in
die Schule .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg . Frank Tempel [DIE LINKE])


Einem Bericht des Deutschen Instituts für Menschen-
rechte zufolge wird mittlerweile jede zweite Ehe in
Flüchtlingslagern mit einem minderjährigen Partner –
in der Regel sind das Mädchen – geschlossen . Das hat
in den seltensten Fällen etwas mit einem konservativen
Islam zu tun, sondern damit, dass Eltern vermeintlich
glauben, dem Kind etwas Gutes zu tun und es in ein
gesichertes Leben zu führen . Die Antwort eines moder-
nen Sozialstaates muss sein, dass wir solchen Mädchen
Schutz bieten, aber nicht in Form einer Ehe mit einem
älteren Mann . Vielmehr müssen wir solchen Mädchen
Ausbildungsperspektiven und eine gute Betreuung bie-
ten . Es kann nicht sein, dass wir als Antwort solchen
schutzbedürftigen Mädchen die Ehe mit älteren Männern
ermöglichen .

Erstens . Mit diesem Gesetz werden wir grundsätzlich
das Ehemündigkeitsalter auf 18 Jahre anheben .

Wir werden zweitens dafür sorgen, dass Ehen von
16- bis 18-Jährigen nur im Ausnahmefall weiterhin be-
stehen . Es wird eine Härtefallklausel geben, wonach die
Bedingungen, unter denen eine solche Ehe in Deutsch-
land Bestand haben kann, sehr streng sind . Damit stellen
wir sicher, dass künftig ausnahmslos alle Kinderehen ge-
richtlich überprüft und regelmäßig aufgehoben werden .


(Beifall bei der SPD)


Drittens . Weil auch von religiösen Trauungen eine
erhebliche Bindungswirkung ausgehen kann, führen
wir das sogenannte Voraustrauungsverbot wieder ein .
Das bedeutet, dass einer Person ein Bußgeld von bis zu
5 000 Euro auferlegt werden kann, wenn diese Person
eine religiöse Verbindung zwischen einem Minderjähri-
gen und einem Erwachsenen oder zwischen zwei Min-
derjährigen schafft, ohne dass zuvor eine standesamtliche
Trauung stattgefunden hat . Auch das ist eine wichtige
Maßnahme, weil eine religiöse Trauung erhebliche Bin-
dungswirkung entfalten und Druck auf junge Mädchen
ausüben kann .


(Beifall bei der SPD)


Schließlich will ich auf den Entschließungsantrag ver-
weisen, über den wir im Anschluss an die Abstimmung
über den Gesetzentwurf entscheiden werden . Wir setzen
uns hier dafür ein, dass weltweit Kinderehen verboten
werden und dass weltweit das Ehemündigkeitsalter auf
18 Jahre heraufgesetzt wird . Das ist ein wichtiger Appell .
Damit positionieren wir uns entsprechend .

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823732700

Nächster Redner ist der Kollege Frank Tempel für die

Fraktion Die Linke .


(Beifall bei der LINKEN)



Frank Tempel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823732800

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

und Herren! Fast 1 500 Fälle von minderjährig Verheira-
teten sind ohne Zweifel eine Aufforderung an die Politik
und die zuständigen Behörden, aktiv zu werden . Es geht
nicht darum, unsere Rechts- und Moralvorstellungen
durchzusetzen, sondern ganz konkret um die Rechte, um
das Wohl der betroffenen Menschen, also der minderjäh-
rig Verheirateten .


(Beifall bei der LINKEN und der SPD)


Bei Ehen von Minderjährigen handelt es sich häufig um
Zwangsehen – das haben wir bereits gesetzlich gere-
gelt –, aber auch – das hat Herr Fechner beschrieben –
um Zweck ehen, die oft durch die Umstände in Krisen-
situationen in den Herkunftsländern und auf der Flucht
entstanden sind . Auch da liegt zumindest eine Zwangsla-
ge vor, also kein freies selbstbestimmtes Handeln, zumal
die Reife für eine solche Entscheidung bei Minderjäh-
rigen nicht gegeben ist . Die Frage lautet also nicht, ob,
sondern, wie wir als Staat darauf reagieren müssen .

Welche Wege schlagen also die Regierungsfraktio-
nen zur sogenannten Bekämpfung der Kinderehe vor?
Ehen, bei deren Schließung ein Ehegatte minderjährig,
aber mindestens 16 Jahre alt war, sollen grundsätzlich für
aufhebbar erklärt werden . Zur Erläuterung für Nichtju-
risten: Das ist in etwa wie bei einer Scheidung, nur dass
keiner der Ehegatten einen entsprechenden Antrag stellt .
Vielmehr wird die Ehe vom Staat aufgelöst, aber die An-
sprüche der Ehepartner bleiben – ähnlich wie bei einer
Scheidung – erhalten . Das ist natürlich wichtig; denn
sonst verliert zum Beispiel die 17-Jährige, die das betref-
fen könnte, mögliche Unterhaltsansprüche an den Ehe-
partner, Ausgleichsansprüche der Altersversorgung usw .
Auch die Rechte möglicher Kinder wären unklar . Es ist
also wichtig, dass es so geregelt ist . Neu wäre, dass diese
Aufhebung dann nicht mehr eine Kannbestimmung sein
soll, sondern zum Regelfall wird .

Zunächst komme ich aber noch zu den Ehen, bei de-
nen einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschlie-
ßung unter 16 Jahre alt war . Diese Ehen wollen Sie nicht
aufheben, sondern Sie wollen sie für nichtig erklären .
Was heißt das übersetzt? Die Ehe hat dann praktisch nie
bestanden . Es gibt also auch keine aus der Ehe erworbe-
nen Ansprüche . Die Minderjährige steht dann ohne sozi-
ale Absicherung da .

Eine solche Ehe pauschal per Gesetz für nichtig zu er-
klären, ist für den Staat ganz sicher der einfachste und
schnellste Weg. Für die betroffene Minderjährige bringt
er aber zusätzliche Risiken und Nachteile . Die Linke plä-
diert daher dafür, auch in diesen Fällen eine Aufhebung
der Ehe zu prüfen – wie bei den mit 16 oder 17 Jahren
geschlossenen Ehen –; denn das Wohl der zu schützen-
den Minderjährigen muss deutlichen Vorrang haben ge-
genüber dem einfachen Vollzug staatlichen Willens . Das

Dr. Johannes Fechner






(A) (C)



(B) (D)


heißt, sie darf nicht sozialer Ansprüche und Absicherun-
gen beraubt werden .


(Beifall bei der LINKEN)


Ich sage übrigens auch ganz bewusst „eine Aufhe-
bung prüfen“, so wie das jetzt bereits rechtlich möglich
ist . Pauschale Regelungen sind einfacher und billiger,
aber nie besser und gerechter . Wie wir aus der Sachver-
ständigenanhörung wissen, wurde dies auch so von der
UN-Kinderrechtskonvention festgehalten . Diese verlangt
in jedem Fall eine individuelle Prüfung, ob die Auflösung
tatsächlich dem Kindeswohl diene .

Auch die von Ihnen, Herr Kollege Fechner, vorge-
sehene Härtefallklausel für die mit 16 oder 17 Jahren
geschlossenen Ehen ist zu eng gefasst, um wirklich
Entscheidungsspielräume für Gerichte zu belassen; zu-
mindest fassen wir das so auf .

In Ihrem Gesetzentwurf ignorieren Sie, liebe Kollegen
von Union und SPD, die UN-Kinderrechtskonvention .
Natürlich haben Sie dafür auch Motive . Einzelfallprü-
fungen brauchen kompetentes und geschultes Personal in
der sozialen Betreuung, bei den Jugendämtern und auch
bei den Gerichten – und das fehlt oft . Dann wären gründ-
liche, sachgerechte Einzelfallprüfungen möglich . Mit
ausreichendem, entsprechend geschultem Personal ist es
ebenso möglich, betroffene Minderjährige zu betreuen,
zu beraten und ihnen Hilfestellung zu geben .

Stattdessen wollen Sie personelle Unterbesetzung in
allen notwendigen Bereichen nun durch eine Pauschallö-
sung mit erheblichen Risiken für die eigentlich zu schüt-
zenden Minderjährigen kaschieren . Es ist wie ein roter
Faden in der Politik dieser Bundesregierung: Statt Voll-
zugsdefizite, die tatsächlich da sind, zu beseitigen, wird
das Recht verschärft .

Abschließend möchte ich auch sagen: Ihnen ist hof-
fentlich klar, dass mit Ihrem Vorschlag sogar die Gefahr
erhöht wird, dass Ehen mit Minderjährigen künftig häu-
figer geheim und unentdeckt bleiben. Die Statistik sieht
dann zwar offiziell besser aus, doch den eigentlich Be-
troffenen wird noch schlechter Hilfe zuteilwerden kön-
nen .


(Dr . Matthias Bartke [SPD]: Unsinn!)


Deswegen ist das Gesetz zur Bekämpfung der Kin-
derehen als untaugliches Mittel leider abzulehnen .


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823732900

Für die CDU/CSU-Fraktion hat der Kollege Alexander

Hoffmann das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Alexander Hoffmann (CSU):
Rede ID: ID1823733000

Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen

und Kollegen! Das Gesetz zur Bekämpfung von Kin-
derehen: Bisweilen hat allein schon die Bezeichnung an
mancher Stelle Kritik erzeugt. Ich finde die Bezeichnung
eigentlich eher unproblematisch . Wir reden über eine

Situation, in der der Rechtsstaat gefragt ist . Die Zahlen
sprechen Bände: Im September 2015 waren 1 475 ver-
heiratete Minderjährige im Ausländerzentralregister
registriert, davon sage und schreibe 361 unter 14 . Im
Jahr 2016, Stand 31 . Juli 2016, waren es immer noch cir-
ca 1 500 Minderjährige . Aber – hören Sie genau hin! –
631 Personen waren unter 14 . Ich glaube, wir brauchen
ein ganz klares Signal in unserem Rechtsstaat . Dieses
Signal muss lauten: Wir dulden in unserem Land keine
Kinderehen .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich glaube im Übrigen auch, dass dieses Signal durch-
aus in der Bezeichnung zum Ausdruck kommen kann .
Dann wird gesagt: Ja, das vorliegende Gesetz schützt
gerade die schutzbedürftigen Minderjährigen nicht, weil
es ihnen Unterhaltsansprüche und erbrechtliche Ansprü-
che nimmt; das haben wir gerade gehört . Liebe Kolle-
ginnen und Kollegen, ich will Ihnen ganz ehrlich sagen:
In den Fällen, die wir vor Augen haben – da wird eine
12-Jährige mit einem 35-Jährigen im Flüchtlingslager
verheiratet –, stellt sich diese Frage doch gar nicht . Es
ist ein rein theoretischer Fall . Dort ist keinerlei Vermö-
gen vorhanden, und wir alle wissen, dass auch die unter-
haltsrechtliche Fragestellung in den nächsten Jahren hier
in Deutschland oder auch in jedem Asylverfahren völlig
anders abgebildet wird .


(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind ein Gefangener Ihrer Klischees!)


Dann heißt es: Sie verstoßen mit Ihrem Entwurf ge-
gen die UN-Kinderrechtskonvention und gegen die Men-
schenrechtskonvention . – Dazu muss ich Ihnen sagen:
Wir haben in der Anhörung – das ist übrigens nicht so
eindeutig gewesen, wie gerade geschildert worden ist –
von zwei Sachverständigen gehört: Wenn Sie effektiven
Kinderschutz haben wollen, wenn Sie effektiven Frauen-
schutz haben wollen, dann werden Sie den nur über die
Nichtigkeitslösung sicherstellen können . – Warum? Weil
dort auf das Verfahren zur Aufhebung verwiesen wird .
Dazu sagen uns Experten: Das Verfahren dauert leicht
drei bis sechs Monate .


(Frank Tempel [DIE LINKE]: Ja, wegen fehlendem Personal!)


In dieser Zeit gilt die Ehe unter Fortbestand aller Rechte
und Pflichten fort.

Die Kollegin Keul sagte im Ausschuss, da gäbe es
doch die Möglichkeit der vorübergehenden Inobhutnah-
me .


(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Das ist richtig, Kollegin Keul, bedeutet aber, dass man
das in jedem der 631 Fälle, die ich vorhin genannt habe,
im Einzelfall prüfen muss .


(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Das heißt, man braucht eine Befragung . Ich will in dem
Fall gar nicht davon reden, dass Sie tatsächlich glauben,

Frank Tempel






(A) (C)



(B) (D)


dabei von einem 12-, 13-, 14-jährigen Mädchen, das ein-
geschüchtert ist,


(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Genau!)


das Angst hat und dem eine Konvention mit auf den Weg
gegeben worden ist, eine objektive und ehrliche Schil-
derung der Situation zu bekommen . Deswegen glauben
wir: Der Weg, den wir Ihnen heute vorschlagen, ist genau
der richtige .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Frank Tempel [DIE LINKE]: Deutsche Kinder werden sogar mit drei Jahren vor Gericht gehört!)


Dann kam in der Anhörung: Das ist ein Verstoß gegen
die EU-Freizügigkeit . Jemand, der sich in Deutschland
niederlassen will und früher eine Kinderehe eingegangen
ist, wird abgeschreckt, weil die Ehe sofort nichtig ist . –
Dazu sage ich Ihnen ganz ehrlich: Ich halte auch das für
ein erfundenes Argument . Sie glauben doch nicht allen
Ernstes, dass jemand sagt: Früher wäre meine Ehe viel-
leicht nichtig gewesen, aber jetzt muss ich in Deutsch-
land ein Aufhebungsverfahren durchlaufen . Das ist für
mich weitaus attraktiver, und deswegen komme ich jetzt
nach Deutschland .


(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist das für ein dummes Zeug?)


Es geht heute – das wissen Sie ganz genau – um den
Schutz erheblicher Rechtsgüter . Das sind am Ende des
Tages Abwägungsentscheidungen . Wir reden über das
Kindeswohl . Deswegen glaube ich, dass eine solche Ent-
scheidung am Ende des Tages gerechtfertigt ist .

Ich will gegen Ende noch etwas ganz Wichtiges aus-
räumen . Da ist in der Debatte in meinen Augen etwas
immer wieder falsch skizziert worden . In der Debatte ist
immer wieder der Eindruck erweckt worden, dass dieser
Gesetzentwurf auch Ehen erfasst, die seit 10, 20, 30 Jah-
ren bestehen, und die Bundesregierung die Nichtigkeit
dieser Ehen will . Ich empfehle Ihnen da einen Blick in
die Überleitungsvorschriften . Die Überleitungsvorschrif-
ten im Entwurf sehen vor, dass die Nichtigkeit dann ge-
heilt wird, wenn der minderjährige Ehegatte am Tag des
Inkrafttretens unseres Gesetzes 18 Jahre alt ist


(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben Ihren eigenen Ansatz nicht begriffen!)


bzw . wenn die Ehe bis zum 18 . Lebensjahr des minder-
jährigen Ehegatten im Ausland fortbestanden hat . Ich
persönlich glaube: Das Signal der Nichtigkeit wirkt . Ich
habe wahrgenommen, dass die Anhörung lange nicht so
eindeutig war, wie Sie immer glauben machen wollen .

Zur Anhörung noch ein Wort . In der Anhörung saß
ein Sachverständiger, der im Zusammenhang mit Kin-
derehen – liebe Kolleginnen und Kollegen, man mag
es kaum glauben – tatsächlich von „Romeo und Julia“
gesprochen hat . Ich sage es immer wieder: Das war der
Tiefpunkt meines rechtspolitischen Daseins . Liebe Kol-
leginnen und Kollegen, wir reden von Fällen, in denen
eine 12- oder 13-Jährige mit einem 30- oder 40-Jährigen
verheiratet wird . Das ist alles Mögliche, aber bestimmt

nicht „Romeo und Julia“, und deswegen bitte ich um Zu-
stimmung .

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823733100

Katja Keul hat nun das Wort für die Fraktion Bünd-

nis 90/Die Grünen .


Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823733200

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Es erschüttert mich auch nach acht Jahren in
diesem Bundestag immer noch, wenn sehenden Auges
derart schlechte Gesetze eine Mehrheit finden, und so ist
es auch in diesem Fall .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


In der ersten Lesung hatten wir noch überwiegend
sachlich festgestellt, dass die Nichtigkeit gegenüber der
Aufhebung einer Ehe der falsche Weg ist und die Betrof-
fenen benachteiligt, statt ihnen zu helfen . Diese Erkennt-
nis hatten neben der Opposition auch Teile von SPD und
CDU . Ich habe Sie am Ende meiner Rede gebeten: Las-
sen Sie uns im Sinne der Frauen und Kinder eine große
Koalition der Vernunft bilden! – Lassen Sie sich nicht
schon wieder von den Hardlinern der CSU vorführen,
die, wie wir gerade gehört haben, gar nicht begriffen ha-
ben, worum es eigentlich geht!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Und was ist seitdem passiert? Wir hatten am 17 . Mai
2017 eine Expertenanhörung, die an Deutlichkeit nicht
zu überbieten war . Sowohl Herr Bär vom Deutschen In-
stitut für Menschenrechte als auch Frau Riebau von Save
the Children sahen in der rückwirkenden Nichtigkeit ei-
nen Verstoß gegen die Kinderrechtskonvention .


(Beifall der Abg . Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die Nichtigkeit ist eine Schlechterstellung der besonders
jung Verheirateten gegenüber den über 16-Jährigen, weil
sie nicht mehr die Möglichkeit der gerichtlichen Aufhe-
bung haben und dabei ihrer Rechte verlustig gehen . Frau
Meyer-Wehage vom Deutschen Juristinnenbund erläu-
terte uns, warum man sich 1998 zum Schutze der Betrof-
fenen bewusst für die Aufhebung entschieden hatte . Bei
einer Aufhebung gelten nämlich die gleichen Rechtsfol-
gen wie bei der Ehescheidung, und diese Rechtsfolgen
schützen letztlich den wirtschaftlich schwächeren Part-
ner vor Benachteiligung .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Das gilt doch nicht für unter 16-Jährige, für 14-, 13-, 12-Jährige!)


– Sie hätten vielleicht in der Anhörung besser aufpassen
sollen .

Alexander Hoffmann






(A) (C)



(B) (D)


Nach Professor Thomas Pfeiffer von der Uni Heidel-
berg verstößt Ihr Gesetz sowohl gegen die Genfer Flücht-
lingskonvention als auch gegen die EU-Niederlassungs-
freiheit .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Auch Blödsinn! Das ist falsch!)


Herr Schwackenberg vom DAV sah zudem noch einen
Verstoß gegen Artikel 8 der EU-Menschenrechtskonven-
tion und gegen Artikel 6 des Grundgesetzes . Auch der
Sachverständige Professor Weller hat die Nichtigkeit klar
abgelehnt . Lediglich eine Einzelanwältin aus Bayern war
bereit, die Position der Nichtigkeit zu vertreten .


(Michael Frieser [CDU/CSU]: Und die Vertreterin von Terre des Femmes?)


Die Vertreterin von Terre des Femmes schilderte noch
einmal die traumatisierende Wirkung von Kinderehen,
die außer Frage steht, aber ohne Ausführungen zu unter-
schiedlichen Wirkungen von Aufhebbarkeit und Nichtig-
keit zu machen, weil sie, wie sie sagte, ja auch gar keine
Juristin sei .

All diese Erkenntnisse halten Sie trotzdem nicht da-
von ab, heute wider besseres Wissen ein Gesetz zu be-
schließen, das die Rechte der Menschen beschneidet, de-
nen doch angeblich geholfen werden soll . Wer unter 16
geheiratet hat und vor dem 18 . Geburtstag nach Deutsch-
land eingereist ist, wird künftig nicht einmal mehr an-
gehört . Die Nichtigkeit der Ehe wird durch keinerlei
amtliches Verfahren mehr festgestellt . Sie bleibt quasi
unsichtbar. Das schafft Rechtsunsicherheit auf allen Sei-
ten, vor allem wenn dieses Paar seinen Aufenthalt noch
mehrfach wechselt und die sogenannte hinkende Ehe in
dem einen Land wirksam ist und in dem anderen nicht .
Das Gesetz ignoriert zudem den Willen der erwachsenen
Frau, die künftig weder die Möglichkeit hat, ihre Ehe be-
stätigen noch sich scheiden zu lassen .


(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Das ist doch falsch! – Dr . Johannes Fechner [SPD]: Jetzt lies mal das Gesetz!)


Da die Wirksamkeit der Ehe von dem Vorliegen eines
gewöhnlichen Aufenthaltes abhängt, der wiederum vom
subjektiven Bleibewillen abhängt, ergeben sich geradezu
abstruse Konstellationen . So schilderte ein Experte einen
Fall, in dem der jüngere Ehegatte bei der Beantragung
von Asyl in Deutschland noch nicht 18 Jahre alt war und
das Paar nach dem Dublin-Abkommen nach Griechen-
land oder Italien zurückgehen musste . Da sie bei Antrag-
stellung hier ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, ist
ihre Ehe damit für alle Zeit nach deutschem Recht nich-
tig,


(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: So ist es!)


auch dann, wenn sie Jahrzehnte später innerhalb der EU
aus Griechenland nach Deutschland übersiedeln, egal ob
sie dann 60 oder 80 Jahre alt sind .


(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Das ist falsch! – Dr . Johannes Fechner [SPD]: Da ist Quatsch! – Dr . Matthias Bartke [SPD]: Unsinn!)


Ja, so ist die Wirkung Ihres Gesetzes . Sie verlieren
nicht nur ihren Unterhalt, sondern auch ihre Erbansprü-
che, von den Kindern und Enkelkindern einmal ganz
zu schweigen . Das Schlimmste aber ist doch, dass die
Fachleute und die Experten das alles längst wissen und
verstanden haben . Der einzige Grund, warum Sie den
Betroffenen trotzdem gleich per Gesetz ihre Rechte neh-
men, ist angeblich, weil man sich mit der CSU nicht an-
ders hat einigen können . Ich möchte wirklich einmal wis-
sen, wer das in Ihrer Führungsebene so entschieden hat .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Dr . Eva Högl [SPD]: Ja, so ist das!)


Es kann jedenfalls niemand sein, der etwas vom Fach
versteht, und niemand, der in der Expertenanhörung war .


(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Wir waren in der Expertenanhörung!)


Was haben Sie aber eigentlich von der CSU dafür be-
kommen? Das möchte ich einmal wissen . Liebe SPD, ich
kann nicht erkennen, was Sie überhaupt jemals von der
CSU bekommen hätten: kein Recht auf Ehe für alle, kein
Einwanderungsgesetz, keine sachgrundlose Befristung,
kein Rückkehrrecht in Teilzeit .


(Beifall der Abg . Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr . Matthias Bartke [SPD]: Maut!)


Sie sind doch die großen Volksparteien in dieser Repu-
blik, und diese Republik braucht keine CSU .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Aber Sie alle tragen jetzt die Verantwortung, wenn Sie
mit diesem Gesetz die betroffenen Frauen im Stich las-
sen . Wir Grüne wollen diesen Frauen einen Zugang zu
einem gerichtlichen Aufhebungsverfahren ermöglichen
und werden dieses Gesetz aus Überzeugung ablehnen .

Vielen Dank .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Dr . Volker Ullrich [CDU/CSU]: Mit Gottes Segen sind Sie bei 5 Prozent!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823733300

Nächster Redner ist der Kollege Fritz Felgentreu für

die SPD-Fraktion .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Fritz Felgentreu (SPD):
Rede ID: ID1823733400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Bisher war es so, dass in Deutschland Jugendliche mit
16 Jahren heiraten durften, wenn das Familiengericht da-
für eine Ausnahmegenehmigung erteilte . Wir hätten die-

Katja Keul






(A) (C)



(B) (D)


se veraltete Regel längst abschaffen sollen. Aber es gab
dafür keinen politischen Druck;


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reagieren Sie nur auf Druck? Sie können auch auf Verstand reagieren!)


denn sie wurde im Jahr nur noch etwa 100-mal ange-
wandt . Zum Vergleich, liebe Frau Künast: In der Türkei,
die ein ähnliches Recht hat, heirateten nach offiziel-
len Angaben 2016 knapp 30 000 Jugendliche . Das sind
5 Prozent der standesamtlichen Trauungen .

Mit anderen Worten: Deutschland war dabei, auch die
letzten Reste der Ehe von Minderjährigen schlicht durch
gesellschaftlichen Fortschritt zu überwinden . Das ist na-
türlich der beste Weg .


(Beifall bei der SPD)


Aber er ist nicht unumkehrbar, und er ist nicht gegen
Rückschläge gefeit . Wir wollen, dass nur erwachsene
Menschen heiraten; denn wir sind überzeugt, dass Ju-
gendliche die Jugendjahre brauchen, um sich zu freien,
selbstbestimmten Menschen entwickeln zu können .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Aber wir erleben auch, dass durch Einwanderung viele
Bevölkerungsgruppen dazugekommen sind, die von an-
deren Werten geprägt sind . Wer die Familienehre und
die Jungfräulichkeit der unverheirateten Mädchen für
wichtiger hält als den Jugendschutz und die sexuelle
Selbstbestimmung, für den ist eine möglichst frühe Ehe
oft die beste Lösung . Deshalb gibt es heute wieder Nach-
barschaften auch in unserem Land, auch in unserer Stadt
hier in Berlin, in denen es schon für 14-jährige Mädchen
nichts Ungewöhnliches ist, dass sie durch ein religiöses
Ritual die Ehe eingehen . Mit dem Gesetz, das wir heute
beschließen, schieben wir dieser Praxis einen Riegel vor .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir schützen also nicht nur die minderjährigen Ein-
wanderer von heute, von denen bisher immer die Rede
war, vor den Folgen einer zu frühen Verheiratung, wir
stellen zugleich für alle Menschen in Deutschland un-
missverständlich klar, dass nur erwachsene Menschen
verheiratet sein können und dass eine Ehe von Kindern
und Jugendlichen Unrecht ist . Dadurch schützen wir vor
allem das Recht junger Mädchen und Frauen auf eine
ungestörte Entwicklung . Einen Kulturrabatt auf den Ju-
gendschutz und die Rechte von Mädchen und Frauen
können und dürfen wir nicht gewähren .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dennoch, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird die
bloße Gesetzgebung alleine noch nicht viel ändern . Der
Anspruch, den das Gesetz formuliert, muss auch gelebt
werden . Damit neue Bevölkerungsgruppen die Entwick-
lung der Gesamtgesellschaft nachvollziehen können,
sind Aufklärung, Bildung und sozialer Aufstieg viel stär-
kere Triebkräfte als Reglementierung und Repression .
Aber wo beides nötig ist, um Klarheit zu schaffen und

Orientierung zu geben, darf die freiheitliche Demokratie
nicht zögern, auch diese Instrumente zur Anwendung zu
bringen .

Ich danke Ihnen .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823733500

Michael Frieser ist der letzte Redner für die CDU/

CSU-Fraktion zu diesem Tagesordnungspunkt .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Michael Frieser (CSU):
Rede ID: ID1823733600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und

Kollegen! Wir haben die Zahlen schon gehört, die uns in
eine Position gebracht haben, die wir uns so vielleicht
gar nicht ausgesucht hätten . Es ist nicht der Normalfall,
dass ein Staat wie der unsere über eine Frage, die wir
bisher als entschieden angesehen hätten, entscheiden
muss . Aber die Hunderte von Fällen – im Regelfall geht
es um Mädchen – zwingen uns, unsere Haltung zu dem,
was wir nach dem Grundgesetz als schützenswertes Gut
ansehen, zu überdenken . Insofern ist die eine Folge, das
Mindestalter zur Eheschließung anzuheben, ein unstritti-
ges Thema .

Aber der viel wesentlichere Punkt ist natürlich die ent-
scheidende Botschaft: Halten wir es als Gesellschaft aus,
ein Mädchen in einem Alter in einer Ehe zu belassen, bei
dem unsere anderen Gesetze, zum Beispiel das Strafge-
setzbuch, einen ganz besonderen Schutz ausbreiten? Sind
wir aus zumeist religiös motivierter Natur heraus bereit,
diese Rechtsetzung, dieses Beispiel, diese Vorgabe hint-
anzustellen? Wir kommen zu dem Ergebnis: In dieser
Frage kommt es ganz besonders darauf an, dass diesen
Mädchen unter 16 Jahren ein besonderer Schutz zuteil-
wird .


(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie nehmen ihnen ja den Schutz!)


Deshalb ist die Regelung die – auch wenn man versucht,
sich die Welt zurechtzubiegen –, dass wir diesen Mäd-
chen durch die Nichtigkeitslösung am effektivsten, am
direktesten und vor allem am schnellsten wirklich helfen
können .

Worum geht es? Die entscheidende Botschaft ist: Egal
mit welcher Lösung Sie hantieren, es geht immer um
dasselbe Problem: Die Ehe müsste nach unserer Vorstel-
lung freiwillig eingegangen werden – eine Ehe kann nur
selbstbestimmt freiwillig eingegangen werden –; dem
widerspricht aber die Tatsache, dass das Kind noch in ei-
nem Entwicklungsstadium ist . Daher darf die Ehe nicht
einfach als Bestand angesehen werden . Das tun Sie aber,
wenn Sie der Auffassung sind, dass die Aufhebung die
einzige Lösung ist . Dabei nehmen Sie billigend und real
in Kauf, dass das Kind monatelang in einem Zustand ver-
bleibt, den wir eigentlich ablehnen .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg . Dr . Fritz Felgentreu [SPD])


Dr. Fritz Felgentreu






(A) (C)



(B) (D)


Das ist das Gegenteil von dem, was wir eigentlich wol-
len . Das ist das Gegenteil von Schutz .

Gehen Sie die ganzen praktischen Fragen doch bitte
einmal mit uns durch: Wie wollen Sie denn eine unter
16-Jährige bei einem solchen Vorgang laden? Glauben
Sie, dass Sie in irgendeiner Art und Weise an dieses Kind
herankommen, ohne über den Ehemann zu gehen? Glau-
ben Sie allen Ernstes, dass Sie – der Kollege Hoffmann
hat es gesagt – eine freiwillige, selbstbestimmte Einlas-
sung zu diesen Themen bei der Befragung bekommen?


(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Ja, genau! Genau so ist es nämlich!)


Das ist doch irreal . Das kann doch unter keinen Umstän-
den funktionieren .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Frank Tempel [DIE LINKE]: Das machen wir mit deutschen Kindern auch! Mit drei Jahren machen wir das!)


Selbstverständlich sind wir uns der Tatsache be-
wusst – glauben Sie uns, wir haben es uns wahrlich nicht
einfach gemacht –, dass es zu Abgrenzungsproblemen
kommt . Wir wissen genau, dass wir auch verfassungs-
rechtlich sehr gründlich argumentieren müssen . Wir wis-
sen, dass wir bei der Frage nach dem Ehestandsrecht im
Ausland und bei der Frage nach den Folgen dieser Ehe-
schließungen aufpassen müssen . Im Normalfall passiert
dem 16-jährigen Mädchen eigentlich nichts, weil es im
Grunde in den Status eines unbegleiteten Minderjährigen
zurückkehrt .


(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Genau so ist es!)


Vor allen Dingen: Glauben Sie allen Ernstes, dass eine
12-, 13- oder 14-Jährige auf dem Weg nach Deutschland
Versorgungsausgleichsansprüche erwirbt? Viel wichtiger
sind doch die Hunderte von Fällen, in denen die Mädchen
auf der Flucht einem älteren Mann anverkauft werden,
weil derjenige sich dadurch bessere Chancen ausrechnet .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das ist die Realität . Um diesen Umstand geht es und
nicht um eine herbeigeredete Verfassungsdiskussion; die
können wir tatsächlich nicht führen .

Wenn Sie wollen, dass wir das Gebot des Schutzes
der Ehe wirklich ernst nehmen, dann nehmen Sie auch
die Folgen unseres Rechtsstaates ernst . Bei all den Ab-
grenzungsschwierigkeiten brauchen wir eine klare Linie .
Das bedeutet: Wir müssen den Menschen ein deutliches
Zeichen geben, was die Ehe in unserem Land bedeutet .


(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir müssen den Menschen Selbstbestimmung geben! Darum geht es doch!)


Es heißt immer, das könnte man auch durch einen Rich-
terspruch im Zuge der Aufhebung machen . Das Gegen-
teil ist der Fall . Jeder Psychologe, jeder Soziologe, je-
der Historiker sagt uns, dass bei einer Aufhebung durch

einen Richter immer gesagt wird: Der hat etwas gegen
mich; das sind rassistische Erwägungen .


(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)


In diesem Land ist Gesetz Gesetz . Wenn unsere Rechts-
ordnung sagt: „Dieses Recht der Ehe gilt für uns unum-
stößlich“, dann kann eine Ehe mit Minderjährigen unter
16 tatsächlich nur nichtig sein .


(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben solche Schranken im Kopf!)


Daher sind wir der Auffassung: Diese jungen Mädchen
gehören nicht in die Ehe, sondern auf die Schulbank .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU – Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wird nicht ein Mädchen weniger verheiratet auf der Welt durch die Nichtigkeit! Nicht eines! – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir vor 20 Jahren bei der Debatte über Vergewaltigung in der Ehe auch immer gehört von Ihnen!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823733700

Ich schließe die Aussprache .

Wir kommen zur Abstimmung über den von den Frak-
tionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Ge-
setzentwurf zur Bekämpfung von Kinderehen . Der Aus-
schuss für Recht und Verbraucherschutz empfiehlt unter
Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 18/12607, den Gesetzentwurf der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD auf der Drucksache 18/12086 in
der Ausschussfassung anzunehmen . Wer dieser Emp-
fehlung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen . –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der
Gesetzentwurf in zweiter Beratung mit den Stimmen der
Koalition gegen die Stimmen der Opposition angenom-
men .

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung . Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben . –
Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Ich sehe keine . Dann
ist das so beschlossen .

Mir liegt eine persönliche Erklärung zur Abstimmung
vor, die dem Protokoll beigefügt wird .1)

Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 18/12607 empfiehlt der Ausschuss, eine Ent-
schließung anzunehmen . Wer stimmt dieser Beschluss-
empfehlung zu? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit Mehrheit an-
genommen .

Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Recht und Verbraucherschutz zu dem Par-
allelgesetzentwurf der Bundesregierung . Der Ausschuss
empfiehlt unter Buchstabe c seiner Beschlussempfeh-

1) Anlage 22

Michael Frieser






(A) (C)



(B) (D)


lung, diesen Gesetzentwurf für erledigt zu erklären . Wer
stimmt dieser Beschlussempfehlung zu? – Das sieht nach
Einmütigkeit aus . Ist jemand dagegen oder enthält sich? –
Das ist nicht der Fall . Dann ist das so beschlossen .

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 29 auf:

– Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Reform der Straftaten gegen
ausländische Staaten

Drucksachen 18/11243, 18/11616

– Zweite und dritte Beratung des von den Ab-
geordneten Harald Petzold (Havelland), Frank
Tempel, Dr . André Hahn, weiteren Abgeordne-
ten und der Fraktion DIE LINKE eingebrach-
ten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung
des Strafgesetzbuches – Neuordnung der
Beleidigungsdelikte

Drucksache 18/8272

– Zweite und dritte Beratung des von den Ab-
geordneten Hans-Christian Ströbele, Renate
Künast, Dr . Konstantin von Notz, weiteren Ab-
geordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines
... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetz-
buches zur Streichung des Majestätsbelei-
digungsparagrafen (§ 103 StGB)


Drucksache 18/8123

– Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Aufhebung des § 103 des Strafgesetzbuches
– Beleidigung von Organen und Vertretern
ausländischer Staaten –

Drucksache 18/10980
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für
Recht und Verbraucherschutz (6 . Ausschuss)


Drucksache 18/12602

Die Reden sollen zu Protokoll gegeben werden . –
Dagegen sehe ich keinen Widerspruch .1)

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Gesetzentwurf . Der Aus-
schuss für Recht und Verbraucherschutz empfiehlt unter
Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf der Druck-
sache 18/12602, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
anzunehmen . Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzent-
wurf zustimmen wollen, um das Handzeichen . – Wer ist
dagegen? – Wer enthält sich? – Niemand . Dann ist das in
zweiter Beratung einmütig angenommen .

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung . Wer ist dafür? – Wer ist dage-
gen? – Wer enthält sich? – Dieser Gesetzentwurf ist ein-
stimmig angenommen .

Wir stimmen jetzt über den Gesetzentwurf der Frakti-
on Die Linke zur Änderung des Strafgesetzbuches – Neu-

1) Anlage 23

ordnung der Beleidigungsdelikte – ab . Der Ausschuss
für Recht und Verbraucherschutz empfiehlt unter Buch-
stabe b seiner Beschlussempfehlung – wieder auf der
gleichen Drucksache –, den Gesetzentwurf der Fraktion
Die Linke abzulehnen . Ich bitte diejenigen, die dem Ge-
setzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen . –
Wer ist dagegen? – Das sind ein paar mehr . Wer enthält
sich? – Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung
abgelehnt . Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung
die weitere Beratung .

Wir stimmen über den Gesetzentwurf der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des Strafgesetzbu-
ches zur Streichung des Majestätsbeleidigungsparagra-
fen ab . Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
empfiehlt unter Buchstabe c seiner Beschlussempfeh-
lung, auch diesen Gesetzentwurf abzulehnen . Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen,
um das Handzeichen . – Wer ist dagegen? – Wer enthält
sich? – Mit den Stimmen der Koalition ist der Gesetzent-
wurf gegen die Stimmen der Opposition in zweiter Bera-
tung abgelehnt und damit das Verfahren beendet .

Abstimmung über den Gesetzentwurf des Bundesrates
zur Aufhebung des § 103 des Strafgesetzbuches – Belei-
digung von Organen und Vertretern ausländischer Staa-
ten. Auch hier empfiehlt der zuständige Fachausschuss
unter Buchstabe d seiner Beschlussempfehlung – immer
noch auf der gleichen Drucksache –, diesen Gesetzent-
wurf abzulehnen . Wer dem Gesetzentwurf zustimmen
möchte, den bitte ich um das Handzeichen . – Wer ist da-
gegen? – Wer enthält sich? – Wiederum mit der Mehr-
heit der Koalition gegen die Stimmen der Opposition in
zweiter Beratung abgelehnt . Damit entfällt die weitere
Beratung .

Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 30:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines ... Ge-
setzes zur Änderung des Strafgesetzbuches –
Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2008/841/
JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Be-
kämpfung der organisierten Kriminalität

Drucksache 18/11275

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht
und Verbraucherschutz (6 . Ausschuss)


Drucksache 18/12608

Die Reden werden zu Protokoll gegeben .2)

Wir kommen zur Abstimmung . Der Ausschuss für
Recht und Verbraucherschutz empfiehlt in seiner Be-
schlussempfehlung auf der Drucksache 18/12608, die-
sen Gesetzentwurf anzunehmen . Ich bitte diejenigen, die
dem zustimmen wollen, um ihr Handzeichen . – Wer ist
dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Gesetzent-
wurf mit den Stimmen der Koalition in zweiter Beratung
angenommen .

2) Anlage 24

Präsident Dr. Norbert Lammert






(A) (C)



(B) (D)


Dritte Beratung

und Schlussabstimmung . Wer dem Gesetzentwurf zu-
stimmen will, möge sich bitte erheben . – Wer dagegen
ist, möge es jetzt tun . – Wer sich enthalten möchte, hat
jetzt die Möglichkeit . – Damit ist bei gleichen Mehrheits-
verhältnissen der Gesetzentwurf mit den Stimmen der
Koalition angenommen .

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 31 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten
Gesetzes zur Änderung reiserechtlicher Vor-
schriften

Drucksache 18/10822
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht
und Verbraucherschutz (6 . Ausschuss)


Drucksache 18/12600

Hierzu gibt es einen Entschließungsantrag der Frakti-
on Bündnis 90/Die Grünen .

Die Reden werden zu Protokoll gegeben .1)

Wir kommen zur Abstimmung . Der Ausschuss für
Recht und Verbraucherschutz empfiehlt in seiner Be-
schlussempfehlung auf der Drucksache 18/12600, den
Gesetzentwurf der Bundesregierung in der Ausschuss-
fassung anzunehmen . Wer dem zustimmen möchte, den
bitte ich um das Handzeichen . – Wer ist dagegen? – Wer
enthält sich? – Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter
Beratung mit Mehrheit angenommen .

Auch hierzu liegt eine Reihe von persönlichen Erklä-
rungen zur Abstimmung vor .2)

Wir kommen zur

dritten Beratung

und Schlussabstimmung . Wer diesem Gesetzentwurf zu-
stimmen möchte, möge sich bitte erheben . – Wer ist da-
gegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Gesetzentwurf
mit den Stimmen der Koalition gegen die der Opposition
angenommen .

Wir stimmen jetzt über den Entschließungsantrag
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf der Drucksa-
che 18/12619 ab . Wer stimmt für diesen Entschließungs-
antrag? – Wird nicht reichen . Wer ist dagegen? – Wer
enthält sich? – Damit ist der Entschließungsantrag mehr-
heitlich abgelehnt .


(Zuruf von der LINKEN: Hammelsprung!)


– Provoziert mich nicht!


(Heiterkeit – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben Zeit!)


Ich rufe den Tagesordnungspunkt 32 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Finanzausschusses (7 . Ausschuss) zu

1) Anlage 25
2) Anlagen 26 bis 28 sowie Berichtigung, 239 . Sitzung, Seite 24462 D

der Verordnung des Bundesministeriums der Fi-
nanzen

Verordnung zur Bestimmung der technischen
Anforderungen an elektronische Aufzeich-
nungs- und Sicherungssysteme im Geschäfts-

(Kassensicherungsverordnung – KassenSichV)


Drucksachen 18/12221, 18/12443 Nr. 2.2,
18/12581

Auch hier sollen die Reden zu Protokoll gegeben
werden . – Auch hier kann ich keinen Widerspruch erken-
nen .3)

Wir kommen zur Abstimmung . Der Finanzausschuss
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 18/12581, der Verordnung auf Drucksache 18/12221
zuzustimmen . Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die
Beschlussempfehlung ist mit der Mehrheit der Koalition
angenommen .

Ichrufe Tagesordnungspunkt 33 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur
Änderung des Telemediengesetzes

Drucksachen 18/12202, 18/12496
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Energie (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
Ausschuss für Kultur und Medien
Ausschuss Digitale Agenda

Die Reden sollen zu Protokoll gegeben werden .4)

Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf den Drucksachen 18/12202 und 18/12496 an
die in der Tageordnung aufgeführten Ausschüsse vor-
geschlagen . – Hat jemand andere Vorschläge? – Das ist
nicht der Fall . Dann ist die Überweisung so beschlossen .

Ich rufe Tagesordnungspunkt 34 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Änderung des Bundesversorgungsge-
setzes und anderer Vorschriften

Drucksachen 18/12041, 18/12481
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit
und Soziales (11 . Ausschuss)


Drucksache 18/12611

Die Reden werden wieder zu Protokoll gegeben .5)

Wir kommen zur Abstimmung . Der Ausschuss für Ar-
beit und Soziales empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 18/12611, den Gesetzentwurf der
Bundesregierung in der Ausschussfassung anzunehmen .
Wer dieser Empfehlung folgt, den bitte ich um das Hand-

3) Anlage 29
4) Anlage 30
5) Anlage 31

Präsident Dr. Norbert Lammert






(A) (C)



(B) (D)


zeichen . – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit
ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung mit Mehrheit
angenommen .

Bevor wir zur Schlussabstimmung kommen, weise ich
auch hier auf zwei persönliche Erklärungen zur Abstim-
mung hin, die dem Protokoll beigefügt werden .1)

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung . Wer dem Gesetzentwurf zu-
stimmen will, möge sich bitte erheben . – Wer ist dage-
gen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Gesetzentwurf
mit der Mehrheit der Koalition angenommen .

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 35 a und 35 b auf:

a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Fortschreibung der Vorschriften für
Blut- und Gewebezubereitungen und zur Än-
derung anderer Vorschriften

Drucksachen 18/11488, 18/11930, 18/12181
Nr. 1.10

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Gesundheit (14 . Ausschuss)


Drucksache 18/12587

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(14 . Ausschuss)

Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche,
Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Pflege-TÜV hat versagt – Jetzt echte Transpa-
renz schaffen: Pflegenoten aussetzen und Er-
gebnisqualität voranbringen

Drucksachen 18/3551, 18/12606

Die Reden sollen zu Protokoll gegeben werden . – Of-
fenkundig sind damit alle einverstanden .2)

Tagesordnungspunkt 35 a . Wir kommen zur Abstim-
mung über den von der Bundesregierung eingebrachten
Entwurf eines Gesetzes zur Fortschreibung der Vorschrif-
ten für Blut- und Gewebezubereitungen und zur Ände-
rung anderer Vorschriften . Ich nehme mit Interesse zur
Kenntnis, dass die Bundesregierung für sicher hält, dass
das Parlament den Gesetzentwurf verabschiedet, auch
ohne Anwesenheit derselben . Der Ausschuss für Gesund-
heit empfiehlt jedenfalls in seiner Beschlussempfehlung
auf Drucksache 18/12587, den Gesetzentwurf in der Aus-
schussfassung anzunehmen . Wer stimmt dem zu? – Wer
ist dagegen? – Wer enthält sich? – Bei Stimmenthaltung
der Fraktion Die Linke ist der Gesetzentwurf in zweiter
Beratung angenommen .

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung . Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben . – Ist

1) Anlage 32
2) Anlage 33

jemand dagegen? – Wer enthält sich? – Wieder die Frak-
tion Die Linke . Dann ist das so beschlossen .

Tagesordnungspunkt 35 b . Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Gesundheit zum Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Pflege-TÜV hat
versagt – Jetzt echte Transparenz schaffen: Pflegeno-
ten aussetzen und Ergebnisqualität voranbringen“ . Der
Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 18/12606, den Antrag der Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen abzulehnen . Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Damit ist die Beschlussempfehlung mit
Mehrheit angenommen .

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 36 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur
Änderung des Telekommunikationsgesetzes

Drucksache 18/12509
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Energie (f)

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
Ausschuss für Kultur und Medien
Ausschuss Digitale Agenda

Die Reden werden zu Protokoll gegeben .3)

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwur-
fes auf Drucksache 18/12509 an die in der Tagesordnung
aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen . – Anderweitige
Vorschläge gibt es nicht . Dann ist die Überweisung so
beschlossen .

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 37 auf:

Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD

25 Jahre Ostseerat – Das Modell für eine ge-
lungene Integration von Ost und West weiter-
entwickeln

Drucksache 18/12541 (neu)


Dazu gibt es viele kluge Bemerkungen, die wir im
Protokoll nachlesen können .4)

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Drucksa-
che 18/12541 (neu) . Wer stimmt für diesen Antrag? – Ir-
gendjemand dagegen? – Das ist nicht der Fall, und das,
obwohl wir die Reden gar nicht gehört haben . Es ist er-
staunlich, wie so etwas funktioniert . – Enthaltungen gibt
es auch keine .


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind vorbereitet! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir können das noch machen!)


– Ja, eben . Das wollten wir für das Protokoll festgehalten
haben . – Damit ist jedenfalls auch dieser Antrag ange-
nommen .

3) Anlage 34
4) Anlage 35

Präsident Dr. Norbert Lammert






(A) (C)



(B) (D)


Tagesordnungspunkt 38:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Änderung gebührenrechtlicher Rege-
lungen im Aufenthaltsrecht
Drucksache 18/12050
Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses

(4 . Ausschuss)


Drucksache 18/12402
Auch hier werden die Reden zu Protokoll genom-

men .1)

Wir kommen zur Abstimmung . Der Innenausschuss
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf der Druck-
sache 18/12402, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
auf der Drucksache 18/12050 anzunehmen . Diejenigen,
die dieser Empfehlung folgen wollen, bitte ich um das
Handzeichen . – Diejenigen, die dagegen sind, können
das jetzt auch deutlich machen . – Wer sich enthalten
möchte, hat jetzt die Gelegenheit . – Der Gesetzentwurf
ist in zweiter Beratung mehrheitlich angenommen .

1) Anlage 36

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung . Diejenigen, die dem Gesetzent-
wurf zustimmen wollen, mögen sich bitte erheben . – Das
reicht . Wer ist dagegen? – Möchte sich jemand der Stim-
me enthalten? – Damit ist der Gesetzentwurf angenom-
men .

Was machen wir jetzt mit der verbleibenden Zeit? Die
Tagesordnung ist erschöpft und der eine oder andere viel-
leicht auch . Würden wir jetzt mit der Tagesordnung von
morgen früh beginnen, wären wir sehr viel früher mittags
durch .


(Heiterkeit und Beifall)


Ich sehe aber schon, dass keiner diesen Vorschlag ernst-
haft aufgreift .

Ich berufe die nächste Sitzung des Bundestages für
gleich, Beginn 9 Uhr, ein .

Die Sitzung ist geschlossen . Machen Sie noch etwas
aus dem Rest der Nacht .