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ID1823708100

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    Plenarprotokoll 18/237 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 237. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 1. Juni 2017 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Dr. Egon Jüttner und Philipp Graf Lerchenfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23971 A Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23971 B Absetzung des Tagesordnungspunktes 23 . . . . 23973 C Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . 23973 C Tagesordnungspunkt 9: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grund- gesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) Drucksachen 18/11131, 18/11186, 18/12588 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23974 A b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des bun- desstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschriften Drucksachen 18/11135, 18/11185, 18/12589 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23974 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Autobahn- privatisierungen im Grundgesetz aus- schließen Drucksachen 18/11165, 18/12588 . . . . . . . 23974 B d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr . Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bildungsherausforderungen gemein- sam verantworten – Kooperations- verbot in der Bildung endlich aufhe- ben – zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Finanzierung der Wissenschaft auf eine arbeitsfä- hige Basis stellen – Bildung und For- schung in förderbedürftigen Regio- nen solide ausstatten – zu dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: In die Zukunft investieren – Ein Wissenschaftswunder initiieren Drucksachen 18/6875, 18/7643, 18/5207, 18/12599 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23974 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr und digitale Infrastruk- tur zu dem Antrag der Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden), Matthias Gastel, Dr . Valerie Wilms, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Inves- titionsstau auflösen – Zukunft des ÖPNV Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017II sichern – Jetzt die Weichen für den öffentli- chen Verkehr von morgen stellen Drucksachen 18/10747, 18/12536 . . . . . . . . . 23974 D Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 23975 A Dr . Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) . . . . . . 23976 D Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 23980 A Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23982 A Dr . Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23984 A Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 23986 A Olaf Scholz, Erster Bürgermeister (Hamburg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23987 A Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23988 B Alexander Dobrindt, Bundesminister BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23989 C Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 23991 A Alexander Dobrindt, Bundesminister BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23991 B Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23991 C Manuela Schwesig, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23992 C Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 23993 C Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 23994 D Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 23995 D Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 23997 A Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23998 B Volker Bouffier, Ministerpräsident (Hessen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23999 C Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) . . . 24001 A Dr . Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Erklärung nach § 31 GO) . . . . . . . . 24014 C Namentliche Abstimmungen . . . . . . . . 24002 D, 24003 A, 24003 C, 24013 D, 24014 A, 24014 A, 24014 B, 24025 A, 24031 A Ergebnisse . . . . . . . . . . . 24003 D, 24006 D, 24009 D, 24015 D, 24018 D, 24025 C, 24021 D, 24028 C, 24031 D Tagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des von den Abgeordneten Katrin Göring-Eckardt, Volker Beck (Köln), Brigitte Pothmer, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung eines Einwanderungsgesetzes Drucksache 18/11854 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24035 B Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24035 C Dr . Ole Schröder, Parl . Staatssekretär BMI . . . 24036 C Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 24038 D Sebastian Hartmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24040 A Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24041 D Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . 24043 A Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24044 A Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 24045 C Dr . Karamba Diaby (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24046 C Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24047 D Wolfgang Bosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24048 D Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24050 A Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24050 D Dr . Hans-Joachim Schabedoth (SPD) . . . . . . . 24051 D Nina Warken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 24053 A Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . . 24054 A Tagesordnungspunkt 11: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze (Betriebsrentenstärkungsgesetz) Drucksachen 18/11286, 18/12612 . . . . 24054 D – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/12613 . . . . . . . . . . . . . 24055 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales – zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W . Birkwald, Katja Kipping, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gesetzliche Rente stabi- lisieren – Gute Rente für alle sichern – zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Kerstin Andreae, Maria Klein-Schmeink, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine faire und nach- haltige betriebliche Altersversorgung und ein stabiles Drei-Säulen-System Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 III Drucksachen 18/11402, 18/10384, 18/12612 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24055 A c) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Katja Keul, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), weiteren Abgeord- neten und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Versor- gungsausgleichsgesetzes Drucksachen 18/3210, 18/6135 . . . . . . . . . 24055 B Andrea Nahles, Bundesministerin BMAS . . . 24055 C Matthias W . Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . 24056 C Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24058 B Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24059 B Katja Mast (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24060 D Tobias Zech (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 24061 D Ralf Kapschack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24063 B Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . 24064 A Matthias W . Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . 24065 C Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . 24066 A Sarah Ryglewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24066 C Anja Karliczek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 24067 C Dr . Martin Rosemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 24068 D Tagesordnungspunkt 46: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Sicherung der tarifvertraglichen Sozialkassenverfah- ren und zur Änderung des Arbeitsge- richtsgesetzes Drucksache 18/12510 . . . . . . . . . . . . . . . . 24070 B b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Schornstein- feger-Handwerksgesetzes Drucksache 18/12493 . . . . . . . . . . . . . . . . 24070 C c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (elDAS-Durchführungsgesetz) Drucksache 18/12494 . . . . . . . . . . . . . . . . 24070 C d) Antrag der Abgeordneten Dr . Kirsten Tackmann, Heidrun Bluhm, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Ausverkauf des Bodens an landwirtschaftsfremde Investoren stoppen – Bodenmarkt im Interesse der Landwirtschaft strenger regulieren Drucksache 18/12551 . . . . . . . . . . . . . . . . 24070 D e) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Strategie der Bundesregierung zur vor- bildlichen Berücksichtigung von Biodi- versitätsbelangen für alle Flächen des Bundes Drucksache 18/9710 . . . . . . . . . . . . . . . . . 24070 D f) Antrag des Präsidenten des Bundesrech- nungshofes: Rechnung des Bundes- rechnungshofes für das Haushaltsjahr 2016 – Einzelplan 20 – Drucksache 18/12350 . . . . . . . . . . . . . . . . 24071 A Zusatztagesordnungspunkt 5: a) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines ... Strafrechts- änderungsgesetzes ‒ Strafbarkeit nicht genehmigter Kraftfahrzeugrennen im Straßenverkehr Drucksache 18/10145 . . . . . . . . . . . . . . . . 24071 A b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnver- kehr (COTIF) vom 9. Mai 1980 Drucksache 18/12513 . . . . . . . . . . . . . . . . 24071 A c) Erste Beratung des von den Abgeordne- ten Brigitte Pothmer, Volker Beck (Köln), Kerstin Andreae, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Aufenthaltsgeset- zes Drucksache 18/12546 . . . . . . . . . . . . . . . . 24071 B d) Erste Beratung des von den Abgeordneten Corinna Rüffer, Britta Haßelmann, Kerstin Andreae, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie den Abgeordneten Katrin Werner, Sigrid Hupach, Nicole Gohlke, weite- ren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Umsetzung der UN-Behinder- tenrechtskonvention im Wahlrecht Drucksache 18/12547 . . . . . . . . . . . . . . . . 24071 B e) Antrag der Abgeordneten Steffi Lemke, Dr . Valerie Wilms, Peter Meiwald, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Todesfal- le Geisternetze – Artenvielfalt im Meer wirkungsvoll schützen Drucksache 18/12109 . . . . . . . . . . . . . . . . 24071 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017IV f) Antrag der Abgeordneten Steffi Lemke, Dr . Valerie Wilms, Uwe Kekeritz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Umsetzung des Nachhaltigkeitsziels 14 – Meeresschutz Drucksache 18/12380 . . . . . . . . . . . . . . . . 24071 C g) Antrag der Abgeordneten Dr . Thomas Gambke, Kerstin Andreae, Dieter Janecek, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Umsatz- steuerbetrug auf Online-Handelsplatt- formen wirksam bekämpfen – Platt- formbetreiber in Haftung nehmen Drucksache 18/12556 . . . . . . . . . . . . . . . . 24071 D h) Antrag der Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Stephan Kühn (Dresden), Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Verkehrssicherheit erhöhen – Raserei und illegale Autorennen wirksam be- kämpfen Drucksache 18/12558 . . . . . . . . . . . . . . . . 24071 D Tagesordnungspunkt 47: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der Geset- ze über Bergmannssiedlungen Drucksachen 18/12049, 18/12478, 18/12593 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24072 A b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Akkreditierungsstelle Drucksachen 18/12333, 18/12566 . . . . . . . 24072 B c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Festlegung eines Mehrjahresrahmens für die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte für den Zeitraum 2018–2022 Drucksachen 18/12332, 18/12609 . . . . . . . 24072 C d) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 29. Juni 2016 zwischen der Bundesre- publik Deutschland und der Republik Armenien zur Vermeidung der Doppel- besteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Ver- mögen Drucksachen 18/11867, 18/12575 . . . . . . . 24072 D e) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer wasserrechtlichen Genehmigung für Behandlungsanlagen für Deponiesicker- wasser und zur Änderung der Vorschrif- ten zur Eignungsfeststellung für Anlagen zum Lagern, Abfüllen oder Umschlagen wassergefährdender Stoffe Drucksachen 18/11946, 18/12573 . . . . . . . 24073 A f) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Chemi- kaliengesetzes und zur Änderung weite- rer chemikalienrechtlicher Vorschriften Drucksachen 18/11949, 18/12582 . . . . . . . 24073 C g) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einbeziehung von Polymerisationsanlagen in den Anwen- dungsbereich des Emissionshandels Drucksache n18/11844, 18/12572 . . . . . . . 24073 D h) – Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Protokolls vom 24. Juni 1998 zu dem Überein- kommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunrei- nigung betreffend persistente organi- sche Schadstoffe (POP) Drucksachen 18/11843, 18/12569 . . . . 24074 B – Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Protokolls vom 30. November 1999 (Multikompo- nenten-Protokoll) zu dem Überein- kommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunrei- nigung betreffend die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon Drucksachen 18/11845, 18/12569 . . . . 24074 B – Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Protokolls vom 24. Juni 1998 zu dem Überein- kommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunrei- nigung betreffend Schwermetalle Drucksachen 18/11846, 18/12569 . . . . 24074 B i) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der am 15. Oktober 2016 in Kigali beschlos- senen Änderung des Montrealer Pro- tokolls vom 16. September 1987 über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozon- schicht führen Drucksachen 18/12048, 18/12480, 18/12570 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24074 D Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 V – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/12617 . . . . . . . . . . . . . 24074 D j) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Pro- tokoll vom 12. November 2012 zur Un- terbindung des unerlaubten Handels mit Tabakerzeugnissen Drucksachen 18/11868, 18/12605 . . . . . . . 24075 A k) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Siebten Gesetzes zur Ände- rung des Bundeszentralregistergesetzes (7. BZRGÄndG) Drucksachen 18/11933, 18/12592 . . . . . . . 24075 B l) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Kipping, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W . Birkwald, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Für ein menschenwürdiges Existenz- und Teilhabeminimum Drucksachen 18/6589, 18/7110 . . . . . . . . . 24075 C m) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Sozialen Basisschutz in Entwicklungs- ländern schaffen Drucksachen 18/8862, 18/11650 . . . . . . . . 24075 D o) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/ CSU und SPD: Für gute Bildung in Europa – Erfolgreiches Programm Erasmus+ weiterentwickeln – zu dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Beate Walter-Rosenheimer, Özcan Mutlu, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mit Erasmus+ europäi- sche Gemeinschaft erleben Drucksachen 18/11726, 18/11737, 18/12539 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24076 A p) Antrag der Abgeordneten Dr . Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Dr . Diether Dehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bildungsprogramm Eras- mus+ stärken – Teilprogramme sichtba- rer machen Drucksache 18/12552 . . . . . . . . . . . . . . . . 24076 B q) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Christian Kühn (Tübin- gen), Sven-Christian Kindler, Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nicht um jeden Preis – Großprojekte im Zeit- und Kostenrahmen realisieren Drucksachen 18/8402, 18/12571 . . . . . . . . 24076 B r)–u) Beratung der Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersich- ten 440, 441, 442 und 443 zu Petitionen Drucksachen 18/12388, 18/12389, 18/12390, 18/12391 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24076 C Zusatztagesordnungspunkt 6: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung und Landwirt- schaft zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Tressel, Nicole Maisch, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Eine transparente Regionalkennzeich- nung einführen – Regionale Produktion, Verarbeitung und Vermarktung von Le- bensmitteln stärken Drucksachen 18/9544, 18/11230 . . . . . . . . 24077 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung und Land- wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordne- ten Friedrich Ostendorff, Nicole Maisch, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Reduzierung, Beschränkung und Verbesserung von Tiertransporten Drucksachen 18/10251, 18/11231 . . . . . . . 24077 A c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung und Land- wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordne- ten Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Missstände und Stillstand beim Tierschutz beenden – Gesellschaftlichen Konsens umsetzen Drucksachen 18/9798, 18/11824 . . . . . . . . 24077 B d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung und Landwirt- schaft zu dem Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Harald Ebner, Nicole Maisch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Landwirtschaft braucht Zukunft – Gu- tes Essen braucht eine gute Landwirt- schaft Drucksachen 18/10872, 18/12579 . . . . . . . 24077 C e) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Katja Keul, Renate Künast, weiterer Abgeord- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017VI neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zukunftsfähige Unterneh- mensverantwortung – Menschenrecht- liche Sorgfaltspflichten im deutschen Recht verankern Drucksachen 18/10255, 18/12209 . . . . . . . 24077 C f) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucher- schutz zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Keul, Renate Künast, Uwe Kekeritz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zukunfts- fähige Unternehmensverantwortung – Wirksame Sanktionen bei Rechtsverstö- ßen von Unternehmen Drucksachen 18/10038, 18/11783 . . . . . . . 24077 D Tagesordnungspunkt 12: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes über den Ab- schluss der Rentenüberleitung (Ren- tenüberleitungs-Abschlussgesetz) Drucksachen 18/11923, 18/12584 . . . . 24078 A – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/12614 . . . . . . . . . . . . . 24078 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales – zu dem Antrag der Abgeordne- ten Matthias W . Birkwald, Susanna Karawanskij, Sabine Zimmermann (Zwickau), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Rentenein- heit verwirklichen – Lebensleistung anerkennen – zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Annalena Baerbock, Dr . Wolfgang Strengmann-Kuhn, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Renten einheit vollenden – Gleiches Rentenrecht in Ost und West Drucksachen 18/10862, 18/10039, 18/12584 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24078 B c) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Verbesse- rung der Leistungen bei Renten we- gen verminderter Erwerbsfähigkeit und zur Änderung anderer Gesetze (EM-Leistungsverbesserungsgesetz) Drucksachen 18/11926, 18/12590 . . . . 24078 B – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/12615 . . . . . . . . . . . . . 24078 B d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Matthias W . Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau), Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Die Erwerbs- minderungsrente stärken und den Zu- gang erleichtern Drucksachen 18/12087, 18/12590 . . . . . . . 24078 B Gabriele Lösekrug-Möller, Parl . Staatssekre- tärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24078 C Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24079 C Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24081 B Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24082 B Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 24083 B Michael Gerdes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24084 B Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . 24085 A Susanna Karawanskij (DIE LINKE) . . . . . . 24085 D Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24087 B Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . . 24088 B Jana Schimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 24089 A Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 24090 D Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24093 C Tagesordnungspunkt 13: a) Antrag der Abgeordneten Susanna Karawanskij, Cornelia Möhring, Matthias W . Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Forderung der Vereinten Nationen zu den in der DDR geschiedenen Frauen sofort umsetzen Drucksache 18/12107 . . . . . . . . . . . . . . . . 24091 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Matthias W . Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau), Katja Kipping, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gesetzliche Rente stärken, Rentenniveau anheben und die solidarische Mindestrente ein- führen Drucksachen 18/10891, 18/12434 . . . . . . . 24091 C c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales – zu dem Antrag der Abgeordne- ten Matthias W . Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau), Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Frakti- on DIE LINKE: Zeit für einen Kurs- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 VII wechsel – Rentenniveau deutlich an- heben – zu dem Antrag der Abgeordne- ten Matthias W . Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau), Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Die Riester-Rente in die gesetzliche Ren- tenversicherung überführen – zu dem Antrag der Abgeordne- ten Markus Kurth, Nicole Maisch, Dr . Gerhard Schick, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Für eine faire und transparente private Altersvorsorge und ein stabiles Drei-Säulen-System Drucksachen 18/10471, 18/8610, 18/7371, 18/11222 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24091 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales zu dem An- trag der Abgeordneten Markus Kurth, Kerstin Andreae, Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Gesamtkonzept Alterssicherung – Verlässlich, nachhaltig, solidarisch und ge- recht Drucksachen 18/12098, 18/12586 . . . . . . . . . 24091 D Matthias W . Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . 24091 D Dr . h . c . Albert Weiler (CDU/CSU) . . . . . . . . 24096 A Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24098 C Dr . Martin Rosemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 24099 C Dr . Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 24101 A Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . . 24102 C Tagesordnungspunkt 14: Beratung der Unterrichtung durch den Wehr- beauftragten: Jahresbericht 2016 (58. Be- richt) Drucksache 18/10900 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24104 B Dr . Hans-Peter Bartels, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages . . . . . . . . . . . . . . . 24104 C Markus Grübel, Parl . Staatssekretär BMVg . . . 24106 A Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . 24107 A Heidtrud Henn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24108 A Doris Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24109 C Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . . 24110 D Julia Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24111 D Tagesordnungspunkt 15: a) Antrag der Abgeordneten Annalena Baerbock, Oliver Krischer, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Zeit ist reif für den Kohleausstieg Drucksache 18/12108 . . . . . . . . . . . . . . . . 24112 D b) Antrag der Abgeordneten Dr . Gerhard Schick, Annalena Baerbock, Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Finanzwende einleiten – Öffentliche Gelder nachhaltig anlegen Drucksache 18/12381 . . . . . . . . . . . . . . . . 24112 D c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Birgit Wöllert, Hubertus Zdebel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Kohleausstieg ein- leiten – Strukturwandel sozial absichern Drucksachen 18/8131, 18/11151 . . . . . . . . 24113 A Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24113 A Dr . Matthias Heider (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 24114 A Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 24116 A Thomas Jurk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24117 B Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24117 C Dr . Klaus-Peter Schulze (CDU/CSU) . . . . . . . 24119 A Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24119 C Dr . Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24120 C Ulrich Freese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24121 C Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24122 C Tagesordnungspunkt 16: a) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Über- einkommen des Europarats vom 11. Mai 2011 zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusli- cher Gewalt Drucksachen 18/12037, 18/12479, 18/12610 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24122 D b) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Möhring, Matthias W . Birkwald, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Rechts- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017VIII anspruch auf Schutz und Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen – Bundesein- heitliche Finanzierung voranbringen Drucksachen 18/7540, 18/12610 . . . . . . . . 24123 A Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24123 A Cornelia Möhring (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 24124 D Christina Schwarzer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 24126 A Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24127 C Gülistan Yüksel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24128 C Dr . Silke Launert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 24129 C Tagesordnungspunkt 17: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales zu dem An- trag der Abgeordneten Klaus Ernst, Matthias W . Birkwald, Susanna Karawanskij, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Einen armutsfesten, gesetzlichen Mindest- lohn sicherstellen Drucksachen 18/11599, 18/12177 . . . . . . . . . . 24131 B Bernd Rützel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24131 B Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 24132 C Dr . Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24133 B Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24134 C Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 24135 D Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24136 A Markus Paschke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24136 B Tobias Zech (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 24137 A Tagesordnungspunkt 47: n) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Luise Amtsberg, Omid Nouripour, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Abschiebungen nach Afghanistan aussetzen Drucksachen 18/12099, 18/12414 . . . . . . . 24138 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Fraktion DIE LINKE: Sofortiger Abschiebestopp nach Afghanistan Drucksache 18/12639 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24138 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 11: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Neue Lagebeurteilung für Afghanis- tan Drucksache 18/12638 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24138 B Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24138 C Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 24139 C Burkhard Lischka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24140 D Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24142 A Dr . Martin Rosemann (SPD) . . . . . . . . . . . . 24142 D Michael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24143 D Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24145 A Michael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24145 D Namentliche Abstimmungen . . . . . . . . 24146 B, 24146 B, 24146 C Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . 24149 C, 24152 C, 24155 C Tagesordnungspunkt 18: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Beschlüsse zum Freiheits- und Ein- heitsdenkmal konsequent umsetzen Drucksache 18/12550 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24146 C Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 24146 D Dr . Thomas Feist (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 24147 B Sigrid Hupach (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 24148 A Hiltrud Lotze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24158 A Dr . Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24158 D Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24160 A Matthias Schmidt (Berlin) (SPD) . . . . . . . . . . 24161 A Tagesordnungspunkt 19: Bericht des Innenausschusses gemäß § 62 Ab- satz 2 der Geschäftsordnung – zu dem von den Abgeordneten Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Dr . Franziska Brantner, weiteren Abgeord- neten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Aufenthalts- gesetzes (Familiennachzug für subsidiär Geschützte) – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dağdelen, Frank Tempel, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 IX weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Familiennachzug zu aner- kannten Flüchtlingen uneingeschränkt gewährleisten Drucksachen 18/10044, 18/10243, 18/12399 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24161 D Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24162 A Andrea Lindholz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 24163 A Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 24164 C Dr . Lars Castellucci (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24165 D Nina Warken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 24166 D Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24168 A Tagesordnungspunkt 20: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Zwei- ten Zahlungsdiensterichtlinie Drucksachen 18/11495, 18/11929, 18/12181 Nr . 1 .9, 18/12568 . . . . . . . . . . . . 24169 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Nicole Maisch, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Kontogebühren – Transparenz und Verbraucherschutz erhöhen Drucksachen 18/12367, 18/12568 . . . . . . . 24169 B Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Abgeordneten Dr . Gesine Lötzsch, Dr . Gregor Gysi, Dr . Dietmar Bartsch, Dr . Sahra Wagenknecht und der Fraktion DIE LINKE: Weltfriedenstag als europäischer Feiertag Drucksache 18/9587 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24169 D Tagesordnungspunkt 22: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Änderung der Geschäfts- ordnung des Deutschen Bundestages hier: Änderung der Regelung zum Altersprä- sidenten (§ 1 Absatz 2 GO-BT) sowie weitere Änderungen in den §§ 93, 93a und 93b GO-Beschäftigte Drucksache 18/12376 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24169 D Bernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24170 A Dr . Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 24170 D Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24171 C Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24172 C Erika Steinbach (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . 24173 C Dr . Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24174 B Tagesordnungspunkt 24: Beratung der Unterrichtung durch den Par- lamentarischen Beirat für nachhaltige Ent- wicklung: Bericht des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung (Ar- beitsbericht der 18. Legislaturperiode) Drucksache 18/12511 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24175 C Tagesordnungspunkt 25: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung eines Wettbe- werbsregisters Drucksachen 18/12051, 18/12497, 18/12583 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24175 C Tagesordnungspunkt 26: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung der epide- miologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten Drucksachen 18/10938, 18/11187, 18/11225 Nr . 9, 18/12604 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24176 A Tagesordnungspunkt 27: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuer- gesetzes Drucksachen 18/11493, 18/11927, 18/12181 Nr . 1 .7, 18/12580 . . . . . . . . . . . . 24176 B – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/12616 . . . . . . . . . . . . . . . . 24176 B Tagesordnungspunkt 28: – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Be- kämpfung von Kinderehen Drucksachen 18/12086, 18/12607 . . . . . . . 24176 C – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung von Kin- derehen Drucksachen 18/12377, 18/12607 . . . . . . . 24176 C Dr . Johannes Fechner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 24176 C Frank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 24177 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017X Alexander Hoffmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24178 B Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . 24179 C Dr . Fritz Felgentreu (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24180 D Michael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24181 C Tagesordnungspunkt 29: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Strafta- ten gegen ausländische Staaten Drucksachen 18/11243, 18/11616, 18/12602 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24183 A – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Harald Petzold (Havel- land), Frank Tempel, Dr . André Hahn, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafge- setzbuches – Neuordnung der Beleidi- gungsdelikte Drucksache 18/8272, 18/12602 . . . . . . . . . 24183 A – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Renate Künast, Dr . Konstantin von Notz, weiteren Abgeordneten und der Frakti- on BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches zur Streichung des Majestätsbeleidigungs- paragrafen (§ 103 StGB) Drucksache 18/8123, 18/12602 . . . . . . . . . 24183 A – Zweite und dritte Beratung des vom Bun- desrat eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Aufhebung des § 103 des Strafgesetzbuches – Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten – Drucksachen 18/10980, 18/12602 . . . . . . . 24183 B Tagesordnungspunkt 30: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetz- buches – Umsetzung des Rahmenbeschlus- ses 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität Drucksachen 18/11275, 18/12608 . . . . . . . . . . 24183 D Tagesordnungspunkt 31: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung reiserecht- licher Vorschriften Drucksachen 18/10822, 18/12600 . . . . . . . . . 24184 A Tagesordnungspunkt 32: Beschlussempfehlung und Bericht des Finanz- ausschusses zu der Verordnung des Bundes- ministeriums der Finanzen: Verordnung zur Bestimmung der technischen Anforderun- gen an elektronische Aufzeichnungs- und Sicherungssysteme im Geschäftsverkehr (Kassensicherungsverordnung – Kassen- SichV) Drucksachen 18/12221, 18/12443 Nr . 2 .2, 18/12581 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24184 C Tagesordnungspunkt 33: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Telemedienge- setzes Drucksachen 18/12202, 18/12496 . . . . . . . . . 24184 C Tagesordnungspunkt 34: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundes- versorgungsgesetzes und anderer Vor- schriften Drucksachen 18/12041, 18/12481, 18/12611 . 24184 D Tagesordnungspunkt 35: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortschreibung der Vorschriften für Blut- und Gewebezu- bereitungen und zur Änderung anderer Vorschriften Drucksachen 18/11488, 18/11930, 18/12181 Nr . 1 .10, 18/12587 . . . . . . . . . . . 24185 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, Renate Künast, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Pflege-TÜV hat versagt – Jetzt echte Transparenz schaffen: Pfle- genoten aussetzen und Ergebnisquali- tät voranbringen Drucksachen 18/3551, 18/12606 . . . . . . . . 24185 B Tagesordnungspunkt 36: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Geset- zes zur Änderung des Telekommunikations- gesetzes Drucksache 18/12509 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24185 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 XI Tagesordnungspunkt 37: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: 25 Jahre Ostseerat – Das Modell für eine gelungene Integration von Ost und West weiterentwickeln Drucksache 18/12541 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24185 D Tagesordnungspunkt 38: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung gebührenrechtli- cher Regelungen im Aufenthaltsrecht Drucksachen 18/12050, 18/12402 . . . . . . . . . 24186 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24186 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 24187 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr . h . c . Edelgard Bulmahn, Dr . h . c . Gernot Erler, Ulrich Hampel, Ralf Kapschack, Dr . Matthias Miersch, Bettina Müller, Bernd Rützel, Dr . Hans-Joachim Schabedoth und Kerstin Tack (alle SPD) zu den namentlichen Abstimmungen über a) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) b) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Neure- gelung des bundesstaatlichen Finanzaus- gleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschrif- ten c) die Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Autobahnprivatisierungen im Grundgesetz ausschließen und d) die Abstimmungen über die Beschluss- empfehlungen zu – dem Antrag der Abgeordneten Dr . Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bildungsherausforderungen gemein- sam verantworten – Kooperationsver- bot in der Bildung endlich aufheben – dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion DIE LINKE: Finanzierung der Wissenschaft auf eine arbeitsfähige Basis stellen – Bildung und Forschung in förderbedürftigen Regionen solide ausstatten – dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: In die Zukunft investieren – Ein Wissenschaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) . . . . . . . . . . . . . . 24187 B Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Martin Burkert, Petra Crone, Elvira Drobinski- Weiß, Dagmar Freitag, Birgit Kömpel, Anette Kramme, Petra Rode-Bosse und Dagmar Ziegler (alle SPD) zu den namentlichen Ab- stimmungen über a) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) b) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Neure- gelung des bundesstaatlichen Finanzaus- gleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschrif- ten c) die Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Autobahnprivatisierungen im Grundgesetz ausschließen und d) die Abstimmungen über die Beschluss- empfehlungen zu – dem Antrag der Abgeordneten Dr . Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bildungsherausforderungen gemein- sam verantworten – Kooperationsver- bot in der Bildung endlich aufheben – dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Finanzierung der Wissen- schaft auf eine arbeitsfähige Basis stel- len – Bildung und Forschung in förder- bedürftigen Regionen solide ausstatten – dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: In die Zukunft investieren – Ein Wissenschaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) . . . . . . . . . . . . . . 24188 D Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017XII Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordne- ten Dr . Hendrik Hoppenstedt und Dr . Sabine Sütterlin-Waack (beide CDU/CSU) zu den na- mentlichen Abstimmungen über a) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) b) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Neure- gelung des bundesstaatlichen Finanzaus- gleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschrif- ten c) die Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Autobahnprivatisierungen im Grundgesetz ausschließen und d) die Abstimmungen über die Beschluss- empfehlungen zu – dem Antrag der Abgeordneten Dr . Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bildungsherausforderungen gemein- sam verantworten – Kooperationsver- bot in der Bildung endlich aufheben – dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion DIE LINKE: Finanzierung der Wissenschaft auf eine arbeitsfähige Basis stellen – Bildung und Forschung in förderbedürftigen Regionen solide ausstatten – dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: In die Zukunft investieren – Ein Wissenschaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) . . . . . . . . . . . . . . 24190 A Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Florian Post und Claudia Tausend (beide SPD) zu den namentlichen Abstimmungen über a) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) b) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Neure- gelung des bundesstaatlichen Finanzaus- gleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschrif- ten c) die Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Autobahnprivatisierungen im Grundgesetz ausschließen und d) die Abstimmungen über die Beschluss- empfehlungen zu – dem Antrag der Abgeordneten Dr . Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bildungsherausforderungen gemein- sam verantworten – Kooperationsver- bot in der Bildung endlich aufheben – dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Finanzierung der Wissen- schaft auf eine arbeitsfähige Basis stel- len – Bildung und Forschung in förder- bedürftigen Regionen solide ausstatten – dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: In die Zukunft investieren – Ein Wissenschaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) . . . . . . . . . . . . . . 24191 B Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ursula Schulte und Gülistan Yüksel (beide SPD) zu den namentlichen Abstimmungen über a) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) b) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Neure- gelung des bundesstaatlichen Finanzaus- gleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschrif- ten c) die Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Autobahnprivatisierungen im Grundgesetz ausschließen und d) die Abstimmungen über die Beschluss- empfehlungen zu – dem Antrag der Abgeordneten Dr . Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bildungsherausforderungen gemein- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 XIII sam verantworten – Kooperationsver- bot in der Bildung endlich aufheben – dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Finanzierung der Wissen- schaft auf eine arbeitsfähige Basis stel- len – Bildung und Forschung in förder- bedürftigen Regionen solide ausstatten – dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: In die Zukunft investieren – Ein Wissenschaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) . . . . . . . . . . . . . . 24191 D Anlage 7 Erklärungen nach § 31 GO zu den namentli- chen Abstimmungen über a) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) b) den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Neure- gelung des bundesstaatlichen Finanzaus- gleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschrif- ten c) die Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Autobahnprivatisierungen im Grundgesetz ausschließen und d) die Abstimmungen über die Beschluss- empfehlungen zu – dem Antrag der Abgeordneten Dr . Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bildungsherausforderungen gemein- sam verantworten – Kooperationsver- bot in der Bildung endlich aufheben – dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Finanzierung der Wissen- schaft auf eine arbeitsfähige Basis stel- len – Bildung und Forschung in förder- bedürftigen Regionen solide ausstatten – dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: In die Zukunft investieren – Ein Wissenschaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) . . . . . . . . . . . . . . 24193 A Ingrid Arndt-Brauer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24193 B Bärbel Bas (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24194 A Veronika Bellmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24195 A Marco Bülow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24195 C Dr . Daniela De Ridder (SPD) . . . . . . . . . . . . . 24196 D Dr . Karamba Diaby (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24197 D Thomas Dörflinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24198 D Michaela Engelmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 24199 C Thorsten Frei (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 24201 A Josef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 24202 B Ursula Groden-Kranich (CDU/CSU) . . . . . . . 24202 C Gabriele Groneberg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24203 A Michael Groß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24203 D Sebastian Hartmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24204 C Gustav Herzog (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24206 A Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 24206 C Dr . Heribert Hirte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 24207 C Alexander Hoffmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24208 C Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24209 A Helga Kühn-Mengel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24209 D Dr . Norbert Lammert (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24210 D Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU) . . . . . . 24211 B Antje Lezius (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 24211 C Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 24212 A Dr . Claudia Lücking-Michel (CDU/CSU) . . . . 24213 B Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24213 D Matern von Marschall (CDU/CSU) . . . . . . . . 24214 D Susanne Mittag (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24215 A Karsten Möring (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24216 A Ulli Nissen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24216 B Eckhard Pols (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 24217 B Mechthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24217 C Andreas Rimkus (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24218 C Annette Sawade (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24220 D Dr . Nina Scheer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24221 D Udo Schiefner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24223 C Dr . Dorothee Schlegel (SPD) . . . . . . . . . . . . . 24224 B Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . 24225 A Ewald Schurer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24225 D Reinhold Sendker (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 24226 D Norbert Spinrath (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24227 B Svenja Stadler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24228 B Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017XIV Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 24229 A Dr . Karin Thissen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24229 D Michael Vietz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 24230 C Barbara Woltmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24231 C Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Stefan Liebich (DIE LINKE) zu der sechsten namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf ei- nes Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 125c) (Tagesordnungspunkt 9) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24231 D Anlage 9 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der achten namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) (Tagesordnungspunkt 9) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24231 D Anlage 10 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Birgit Wöllert, Kerstin Kassner und Kersten Steinke (alle DIE LINKE) zu der Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Petitionsaus- schusses: Sammelübersicht 443 zu Petitionen (Beschlussempfehlung 1, laufende Nummer 1 – 11, Leitakte 2-18-15-2124-005471, Frau Skott u . a .) (Hebammen) (Tagesordnungspunkt 47 u) . . . . . . . . . . . . . . . 24232 A Anlage 11 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Katja Keul und Beate Müller-Gemmeke (beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der nament- lichen Abstimmung über den von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurf eines Geset- zes über den Abschluss der Rentenüberleitung (Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz) (Tagesordnungspunkt 12 a) . . . . . . . . . . . . . . . 24232 D Anlage 12 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) zu der na- mentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung zu dem Antrag der Abgeordne- ten Luise Amtsberg, Omid Nouripour, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ab- schiebung nach Afghanistan aussetzen (Tagesordnungspunkt 47 n) . . . . . . . . . . . . . . . 24233 B Anlage 13 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Johannes Kahrs (SPD) zu der namentlichen Abstimmung über den Antrag der Fraktion Die Linke: Sofortiger Abschiebestopp nach Afgha- nistan (Zusatztagesordnungspunkt 10) . . . . . . . . . . . 24233 C Anlage 14 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Johannes Kahrs (SPD) zu der namentlichen Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Neue Lagebeurtei- lung für Afghanistan (Zusatztagesordnungspunkt 11) . . . . . . . . . . . 24233 C Anlage 15 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset- zung der Zweiten Zahlungsdiensterichtli- nie – der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Kontogebühren – Transparenz und Verbraucherschutz erhö- hen (Tagesordnungspunkt 20 a und b) . . . . . . . . . . 24233 D Matthias Hauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24233 D Dr. Frank Steffel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24234 C Sarah Ryglewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24235 A Christian Petry (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24235 C Dr . Jens Zimmermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . 24236 A Susanna Karawanskij (DIE LINKE) . . . . . . . . 24236 D Dr . Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24237 D Anlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr . Gesine Lötzsch, Dr . Gregor Gysi, Dr . Dietmar Bartsch, Dr . Sahra Wagenknecht und der Fraktion DIE LINKE: Weltfriedenstag als europäischer Fei- ertag (Tagesordnungspunkt 21) . . . . . . . . . . . . . . . . 24238 D Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 XV Dr . Tim Ostermann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24238 D Barbara Woltmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24239 C Sebastian Hartmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24240 B Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . . 24240 D Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24241 C Anlage 17 Erklärungen nach § 31 GO zu der Abstim- mung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Änderung der Geschäfts- ordnung des Deutschen Bundestages hier: Änderung der Regelung zum Altersprä- sidenten (§ 1 Absatz 2 GO-BT) sowie weitere Änderungen in den §§ 93, 93a und 93b GO-BT (Tagesordnungspunkt 22) . . . . . . . . . . . . . . . . 24242 A Klaus Brähmig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 24242 A Katrin Werner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 24242 C Anlage 18 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Unterrichtung durch den Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung: Bericht des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung – (Arbeitsbericht der 18 . Legis- laturperiode) (Tagesordnungspunkt 24) . . . . . . . . . . . . . . . . 24242 D Josef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 24242 D Dr . Lars Castellucci (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24243 C Carsten Träger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24244 A Birgit Menz (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 24244 D Dr . Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24245 C Anlage 19 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung eines Wettbewerbsregisters (Tagesordnungspunkt 25) . . . . . . . . . . . . . . . . 24246 A Dr . Herlind Gundelach (CDU/CSU) . . . . . . . . 24246 A Barbara Lanzinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24246 D Marcus Held (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24247 C Michael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 24248 A Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24248 D Anlage 20 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung über- tragbarer Krankheiten (Tagesordnungspunkt 26) . . . . . . . . . . . . . . . . 24249 C Rudolf Henke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 24249 C Dr . Katja Leikert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24250 D Sabine Dittmar (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24251 C Hilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24252 B Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 24253 C Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24254 B Anlage 21 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Ände- rung des Energiesteuer- und des Stromsteuer- gesetzes (Tagesordnungspunkt 27) . . . . . . . . . . . . . . . . 24255 A Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU) . . . . . . 24255 A Norbert Schindler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 24255 D Christian Petry (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24257 A Andreas Rimkus (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24257 D Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 24258 B Dr . Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24259 A Anlage 22 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Nadine Schön (St . Wendel) (CDU/CSU) zu der Abstimmung über den von den Fraktio- nen der CDU/CDU und SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen (Tagesordnungspunkt 28) . . . . . . . . . . . . . . . . 24259 C Anlage 23 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: - des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Straftaten gegen ausländische Staaten - des von den Abgeordneten Harald Petzold (Havelland), Frank Tempel, Dr . André Hahn, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Ent- wurfs eines . . . Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Neuordnung der Be- leidigungsdelikte Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017XVI – des von den Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Renate Künast, Dr . Konstantin von Notz, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines . . . Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches zur Streichung des Majestätsbeleidigungspara- grafen (§ 103 StGB) – des vom Bundesrat eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des § 103 des Strafgesetzbuches – Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten – (Tagesordnungspunkt 29) . . . . . . . . . . . . . . . . 24260 A Dr . Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24260 B Dr . Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 24261 C Dr . Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24262 A Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . . 24262 C Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24263 B Anlage 24 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines . . . Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Umsetzung des Rah- menbeschlusses 2008/841/JI des Rates vom 24 . Oktober 2008 zur Bekämpfung der organi- sierten Kriminalität (Tagesordnungspunkt 30) . . . . . . . . . . . . . . . . 24264 A Dr . Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24264 A Dr . Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 24265 B Bettina Bähr-Losse (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 24266 A Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 24267 A Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24267 D Anlage 25 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 31) . . . . . . . . . . . . . . . . 24268 C Daniela Ludwig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24268 C Kathrin Rösel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 24269 D Sabine Dittmar (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24270 B Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . 24271 B Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 24272 A Markus Tressel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24272 D Anlage 26 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Axel E . Fischer (Karlsruhe-Land) und Olav Gutting (beide CDU/CSU) zu der Abstim- mung über den von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 31) . . . . . . . . . . . . . . . . 24273 C Anlage 27 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm und Michael Roth (He- ringen) (beide SPD) zu der Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 31) . . . . . . . . . . . . . . . . 24274 C Anlage 28 Erklärungen nach § 31 GO zu der Abstim- mung über den von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 31) . . . . . . . . . . . . . . . . 24275 A Klaus Brähmig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 24275 A Ronja Kemmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 24276 A Ingo Wellenreuther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24276 C Anlage 29 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Fi- nanzausschusses zu der Verordnung des Bun- desministeriums der Finanzen: Verordnung zur Bestimmung der technischen Anforderungen an elektronische Aufzeichnungs- und Siche- rungssysteme im Geschäftsverkehr (Kassensi- cherungsverordnung – KassenSichV) (Tagesordnungspunkt 32) . . . . . . . . . . . . . . . . 24277 B Uwe Feiler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24277 C Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . 24278 B Andreas Schwarz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24279 B Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 24279 D Dr . Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24280 B Anlage 30 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes (Tagesordnungspunkt 33) . . . . . . . . . . . . . . . . 24281 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 XVII Hansjörg Durz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 24281 C Axel Knoerig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 24282 C Marcus Held (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24283 A Lars Klingbeil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24283 C Dr . Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 24284 C Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24285 A Anlage 31 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vor- schriften (Tagesordnungspunkt 34) . . . . . . . . . . . . . . . . 24285 D Jutta Eckenbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24285 D Dr . Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 24286 C Dr . Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24287 B Frank Junge (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24288 B Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 24289 A Dr . Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . 24289 D Anlage 32 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke und Katja Keul (bei- de BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der Ab- stimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Än- derung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften (Tagesordnungspunkt 34) . . . . . . . . . . . . . . . . 24290 C Anlage 33 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Fort- schreibung der Vorschriften für Blut- und Gewebezubereitungen und zur Änderung anderer Vorschriften – der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Pflege-TÜV hat versagt – Jetzt echte Transparenz schaffen: Pflegenoten ausset- zen und Ergebnisqualität voranbringen (Tagesordnungspunkt 35 a und b) . . . . . . . . . . 24291 A Rudolf Henke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 24291 B Dietrich Monstadt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24292 A Hilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24292 D Mechthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24294 C Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 24295 A Dr . Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24295 D Anlage 34 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes (Tagesordnungspunkt 36) . . . . . . . . . . . . . . . . 24296 B Andreas G . Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 24296 C Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24297 A Thomas Lutze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 24298 C Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24299 A Anlage 35 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: 25 Jahre Ostseerat – Das Modell für eine gelungene Integration von Ost und West wei- terentwickeln (Tagesordnungspunkt 37) . . . . . . . . . . . . . . . . 24299 C Dr . Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24299 D Franz Thönnes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24301 B Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 24303 B Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24304 A Anlage 36 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung gebüh- renrechtlicher Regelungen im Aufenthaltsrecht (Tagesordnungspunkt 38) . . . . . . . . . . . . . . . . 24304 D Andrea Lindholz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24304 D Sebastian Hartmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24306 A Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 24306 B Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24307 B (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 23971 237. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 1. Juni 2017 Beginn: 9 .02 Uhr
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    Präsident Dr. Norbert Lammert (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24187 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Albsteiger, Katrin CDU/CSU 01 .06 .2017 Amtsberg, Luise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 01 .06 .2017 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 01 .06 .2017 Färber, Hermann CDU/CSU 01 .06 .2017 Gabriel, Sigmar SPD 01 .06 .2017 Groth, Annette DIE LINKE 01 .06 .2017 Hornhues, Bettina CDU/CSU 01 .06 .2017 Jung, Andreas CDU/CSU 01 .06 .2017 Kolbe, Daniela SPD 01 .06 .2017 Notz, Dr . Konstantin von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 01 .06 .2017 Paus, Lisa BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 01 .06 .2017 Vries, Kees de CDU/CSU 01 .06 .2017 Wawzyniak, Halina DIE LINKE 01 .06 .2017 Weinberg, Harald DIE LINKE 01 .06 .2017 Wicklein, Andrea SPD 01 .06 .2017 Wiese, Dirk SPD 01 .06 .2017 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 01 .06 .2017 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. h. c. Edelgard Bulmahn, Dr. h. c. Gernot Erler, Ulrich Hampel, Ralf Kapschack, Dr. Matthias Miersch, Bettina Müller, Bernd Rützel, Dr. Hans-Joachim Schabedoth und Kerstin Tack (alle SPD) zu den namentlichen Ab- stimmungen über a) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) b) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haus- haltsrechtlicher Vorschriften die Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu c) dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Auto- bahnprivatisierungen im Grundgesetz aus- schließen und die Abstimmungen über die Beschlussempfeh- lungen zu d) dem Antrag der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Bildungsherausforderungen gemeinsam ver- antworten – Kooperationsverbot in der Bil- dung endlich aufheben dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE Finanzierung der Wissenschaft auf eine ar- beitsfähige Basis stellen – Bildung und For- schung in förderbedürftigen Regionen solide ausstatten dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN In die Zukunft investieren – Ein Wissen- schaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) Der Deutsche Bundestag stimmt heute über die Neu- regelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab . Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bun- destagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ur- sprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Erstens . Zunächst ist zu beachten, dass der Bundes- tag über ein Regelungspaket zu entscheiden hat, das im Vorfeld bereits zwischen allen Ministerpräsidenten und der Bundesregierung abgestimmt worden ist . Da die Länder in den Finanzbeziehungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zuge- standen, ein Stück ihrer Kompetenz im Bildungsbereich wieder an den Bund zu geben und in diesem Zusam- menhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bun- desstraßen bzw . Autobahnen dem Bund zu übertragen . Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724188 (A) (C) (B) (D) Bundesregierung halten wir für äußerst kritikwürdig . Die Beratungen des Bundestages wurden deutlich da- durch erschwert, dass die Ministerpräsidenten gemein- sam mit der Bundesregierung ein Gesamtpaket völlig unterschiedlicher Regelungsbereiche verabschiedeten, die im Parlament faktisch nicht mehr entkoppelt werden können . Umso beachtlicher sind die Veränderungen, die nun zur Abstimmung stehen. Unabhängig davon hoffen wir aber, dass alle Parteien aus dieser Situation zukünftig lernen . Zweitens . Aus SPD-Sicht war in dem Regelungspaket von Anfang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschus- ses zu begrüßen . Für fast 1 Million alleinerziehende El- tern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen der un- terhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staat- liche Unterstützung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird dazu führen, dass die Doppelbelastung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigt werden kann . Drittens . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bildungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen bereitzustellen. Eine vollständige Abschaffung des Ko- operationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wich- tiges Ziel sozialdemokratischer Politik . Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe . Dies ist aber zwischen den Koalitionspartnern umstritten . Viertens . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflich- tet, unter anderem die Verwaltung der Bundesautobah- nen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne . Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigentum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist . Allerdings befürchte- ten viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Zusammen- hang, dass private Investoren über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könnten . Die Verlautba- rungen aus Bundesfinanzministerium und Bundesver- kehrsministerium verstärkten diesen Verdacht . Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bundes- rechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf . Die Ge- werkschaft Verdi problematisierte insbesondere Fragen beim Personalübergang . Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfassungstextes vor, der eine unmit- telbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Ge- sellschaft und deren Tochtergesellschaften ausdrücklich ausschließt . Dem Engagement der SPD-Bundestagsfrak- tion ist es zu verdanken, dass somit alle Hintertüren für eine mögliche Privatisierung in der Verfassung selbst ge- schlossen worden sind . Zudem ist es gelungen, dass alle wechselbereiten Beschäftigten der Straßenbauverwaltun- gen der Länder vom Bund übernommen und grundsätz- lich dort eingesetzt werden, wo sie bisher arbeiten . Die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft ist verpflichtet, Tarif- verträge für alle Beschäftigen abzuschließen . Wir emp- finden es als Bestätigung dieser Position, dass auch die Gewerkschaft Verdi sowie der Bundesrechnungshof die Erfolge des parlamentarischen Verfahrens ausdrücklich anerkennen . Darüber hinaus werden in der Debatte sogenannte öf- fentlich-private Partnerschaften (ÖPP) problematisiert . Die Partnerschaften gibt es bereits – sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungspaket ermög- licht . Doch selbst in diesem Bereich konnte nun durch das parlamentarische Verfahren eine Verbesserung er- reicht werden: Erstmalig werden in der Verfassung öf- fentlich-private Partnerschaften für ganze Streckennetze oder wesentliche Teile explizit ausgeschlossen . Damit wird im Grundgesetz selbst ein klares Zeichen gegen die Ausweitung von ÖPP gesetzt . Die SPD-Bundestagsfraktion hätte sich eine noch wei- tergehende Regelung gewünscht . Dies war jedoch mit der CDU/CSU-Fraktion nicht möglich . Deshalb stimmen wir dem Gesetzespaket zu . Demokratie und das Ringen im parlamentarischen Verfahren bringen selten Ergebnisse, die zu 100 Prozent den Forderungen einer einzelnen Fraktion entsprechen . Wer künftig ÖPP vollständig verhindern will, muss dafür eintreten, dass der Staat mehr Mittel in die Infrastruk- tur investiert, wie es die SPD fordert . Ein völliger Aus- schluss von ÖPP im Grundgesetz, der einer Zweidrittel- mehrheit in Bundestag und Bundesrat bedarf, war in der bestehenden Koalition nicht realisierbar . Deshalb wer- ben wir für die Anerkennung der Verhandlungserfolge im parlamentarischen Verfahren und die Erhöhung des Drucks auf all die politischen Kräfte, die eine schwarze Null im Bundeshaushalt über politische Gestaltungsmög- lichkeiten stellen . Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Martin Burkert, Petra Crone, Elvira Drobinski-Weiß, Dagmar Freitag, Birgit Kömpel, Anette Kramme, Petra Rode-Bosse und Dagmar Ziegler (alle SPD) zu den namentlichen Abstimmungen über a) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) b) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haus- haltsrechtlicher Vorschriften die Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu c) dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeord- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24189 (A) (C) (B) (D) neter und der Fraktion DIE LINKE: Auto- bahnprivatisierungen im Grundgesetz aus- schließen und die Abstimmungen über die Beschlussempfeh- lungen zu d) dem Antrag der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Bildungsherausforderungen gemeinsam ver- antworten – Kooperationsverbot in der Bil- dung endlich aufheben dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE Finanzierung der Wissenschaft auf eine ar- beitsfähige Basis stellen – Bildung und For- schung in förderbedürftigen Regionen solide ausstatten dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN In die Zukunft investieren – Ein Wissen- schaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) Dieser Bundestag hat für die Finanzierung der Ver- kehrsinfrastruktur in den letzten Jahren deutlich mehr Mittel zur Verfügung gestellt, auch um den Investitions- stau bei unseren Straßen zu beenden . Organisatorische Mängel verhindern häufig, dass das zur Verfügung stehende Geld für den Bau von Bundes- fernstraßen zielgenau und an verkehrlichen Maßstäben orientiert abfließen kann. Auch bei Planung und Betrieb gibt es vielerorts unbestreitbaren Optimierungsbedarf . Das ist auf nahezu allen politischen Ebenen erkannt und benannt worden . Eine Reform dieser Strukturen ist des- halb dringend geboten . Neben einer Reform der Auftragsverwaltung war hier- zu schon länger die Gründung einer Bundesfernstraßen- gesellschaft im Gespräch, die Planung, Bau und Betrieb in die Hände des Bundes legt . Da der Bund am besten in der Lage ist, seine eigenen Prioritäten umzusetzen und ich das angesichts des Nachholbedarfs in der Verkehrs- infrastruktur für notwendig erachte, habe ich diese Idee immer befürwortet . Ein entsprechendes Konzept, wie es die Arbeitsgruppen Verkehr, Wirtschaft und Haushalt der SPD-Bundestagsfraktion vorgelegt haben, fand und fin- det meine volle Unterstützung . Der von der Bundesregierung ursprünglich vorgelegte Entwurf hat den verkehrspolitischen Anforderungen je- doch zum einen nicht ausreichend Rechnung getragen, zum anderen gravierende Mängel hinsichtlich Privatisie- rung, Struktur, Beteiligung der Politik und Mitarbeiter- rechten aufgewiesen . Er war daher nicht zustimmungs- fähig . Deshalb haben wir in langen Verhandlungen aus meiner Sicht wesentliche Änderungen durchgesetzt . Der häufigste Vorwurf gegen den vorliegenden Vor- schlag zur Bundesfernstraßengesellschaft ist der, er ermögliche Privatisierungen durch die Hintertür . Fest- gemacht wird dies an der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung . Es gibt aber genug Praxisbei- spiele – zum Beispiel die Verkehrsinfrastrukturfinanzie- rungsgesellschaft (VIFG) oder die Gesellschaft für Inter- nationale Zusammenarbeit (GIZ) –, die beweisen, dass eine GmbH in öffentlichem Besitz nicht gewinnorientiert sein muss . Hierfür galt es die notwendigen Schranken dauerhaft zu setzen . Die von der SPD verhandelten Be- grenzungen für die Privatisierung sind daher für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung . Der Einfluss von öffentlich-privaten Partnerschaf- ten (ÖPP) wird mit der vorliegenden Reform weiter beschränkt . ÖPP für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentlicher Teile davon umfassen, sind ausgeschlossen . Es werden Möglichkeiten zur Einbeziehung privater Betreiber und institutioneller Investoren ausgeschlossen, die bislang noch bestehen . Hier ist der Gesetzentwurf ein echter Fortschritt . Dem Deutschen Bundestag – namentlich dem Haushalts- und dem Verkehrsausschuss – werden durch die Reform neue Kontrollmöglichkeiten eingeräumt, die dieser auch im Sinne des Interesses der Bürgerinnen und Bürger nutzen wird . Bereits vor dieser Reform hat die Koalition im aktu- ellen Bundesverkehrswegeplan den Anreiz für ÖPP ge- mindert, da Gelder nicht mehr nach Ländern, sondern nach Prioritäten vergeben werden . Auch durch die neu eingeführten, realistischeren Wirtschaftlichkeitsberech- nungen werden ÖPP reduziert, ebenso wie das in der neuen Gesellschaft eingeführte Planungsprinzip nach der Lebenszeit . Wichtig für mich ist auch, dass mit der vorliegen- den Reform das wirtschaftliche Eigentum der Bundes- fernstraßen unveräußerlich beim Bund bleibt . Die neue Gesellschaft ist lediglich für die Verwaltung zuständig . Auch die Übertragung von Nießbrauchrechten – also die gewinnbringende Nutzung durch die Gesellschaft – ist ausgeschlossen . Die Gesellschaft wird nicht als Maut- gläubigerin auftreten . Eine funktionale Privatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesell- schaft auf Dritte ist ebenfalls nicht möglich . In enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften haben wir zudem die Rechte der Beschäftigten beim geplanten Personalübergang von den Straßenbauver- waltungen der Länder auf den Bund festgeschrieben . So gibt es zum Beispiel ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang, und die besondere Situation des beamteten Personals wird berücksichtigt . Auch das ist für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung . Bedenken habe ich allerdings, ob ein Wechsel des Systems ohne größere Friktionen möglich ist und ob in absehbarer Zeit die gewünschte größere Effizienz und Effektivität tatsächlich erreicht werden kann. Vielmehr sind durch die Umstellung deutliche Verzögerungen und Effizienzverluste möglich. Wichtig ist nun, dass der Ge- sellschaftsvertrag im Sinne einer effizienten Arbeitswei- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724190 (A) (C) (B) (D) se der neuen Gesellschaft entsprechend gestaltet wird . Durch unsere Änderungen am Gesetz wird hierfür das Parlament zuständig sein . Obwohl ich weiterhin nicht sicher bin, dass die er- hofften Verbesserungen mit der vorliegenden Reform der Straßenbauverwaltung tatsächlich erreicht werden kön- nen, habe ich bei meiner Entscheidung auch die anderen Aspekte dieses Gesetzes zu berücksichtigen . Die um- fassende Reform der Bund-Länder-Beziehungen ist ein wichtiger Schritt zu einer nachhaltigen Finanzierung der Länder . Zusätzlich sind die Einschränkung des Koopera- tionsverbots, das Investitionsprogramm für Kommunen und der Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende wich- tige Zukunftsprojekte, die das Leben vieler Menschen spürbar verbessern werden . In Abwägung dieser Dinge und angesichts der Tatsache, dass die wesentlichen Män- gel der Infrastrukturgesellschaft Verkehr einfachgesetz- lich behoben werden können, stimme ich dem Gesetz- entwurf zu . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Hendrik Hoppenstedt und Dr. Sabine Sütterlin-Waack (beide CDU/CSU) zu den namentlichen Abstimmungen über a) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) b) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haus- haltsrechtlicher Vorschriften die Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu c) dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Auto- bahnprivatisierungen im Grundgesetz aus- schließen und die Abstimmungen über die Beschlussempfeh- lungen zu d) dem Antrag der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Bildungsherausforderungen gemeinsam ver- antworten – Kooperationsverbot in der Bil- dung endlich aufheben dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE Finanzierung der Wissenschaft auf eine ar- beitsfähige Basis stellen – Bildung und For- schung in förderbedürftigen Regionen solide ausstatten dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN In die Zukunft investieren – Ein Wissen- schaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) In unserer bundesstaatlichen Kompetenzverteilung gab es seit 1949 stete Veränderungen . Die Verfassungs- geber haben 1949 noch eine relativ klare Trennung zwi- schen den Verantwortlichkeiten von Bund und Ländern gezogen . Grundsätzlich sind die Ausübung der staatli- chen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Auf- gaben Ländersache, vergleiche Artikel 30, 70 Absatz 1, 83 GG . In den folgenden Jahrzehnten gab es – bedingt durch Urteile des Bundesverfassungsgerichtes und ab 1969 durch verschiedene Änderungen des Grundgesetzes – eine Verschiebung hin zu einem kooperativen Föderalis- mus, der das Kompetenzgefüge zugunsten des Bundes und zulasten der Länder verschob . Im Gegenzug er- hielten die Bundesländer bei der Gesetzgebung größere Mitwirkungsrechte in Bundesangelegenheiten über den Bundesrat . Im Ergebnis führte dies zu Intransparenz und Unklarheiten bei der Verantwortlichkeit, die es Bürgerin- nen und Bürgern erschwert, sich ein Urteil über die poli- tischen Akteure der jeweiligen Entscheidungsebenen zu bilden und anschließend auf dieser Grundlage ihre demo- kratischen Teilhaberechte in Wahlen und Abstimmungen auszuüben . Unser demokratisches Gemeinwesen war stets dann besonders stark, wenn Bürgerinnen und Bürger in einem überschaubaren Rahmen Entscheidungen treffen können. Ein lebendiger Föderalismus garantiert dies . Umso wich- tiger war 2006 daher die Föderalismusreform I, die Fehl- entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte versucht hat zu korrigieren, um wieder eine deutlichere Trennung der Verantwortlichkeiten zu schaffen. Mit den heute zur namentlichen Abstimmung gestell- ten insgesamt 13 Änderungen des Grundgesetzes werden die mit der Föderalismusreform I verbundenen Reform- bemühungen teilweise konterkariert . Mit der Neufassung des Länderfinanzausgleiches werden die Bundesländer noch stärker zu Kostgängern des Bundes . Gleichzeitig steigt die finanzielle Belastung des Bundes signifikant. Mit der Überführung von Bundesautobahnen in die bundesunmittelbare Verwaltung wird den Ländern eine erhebliche Kompetenz im Verwaltungsvollzug genom- men . Schließlich verlieren die Länder über die Änderun- gen im Rahmen des Artikel 104c GG ihre ausschließli- che Zuständigkeit für das Schulwesen, indem der Bund Finanzhilfen für besonders sanierungsbedürftige Schulen leistet . All diese Veränderungen halte ich in der Summe für ablehnungswürdig . Ich muss allerdings zur Kenntnis nehmen, dass alle 16 Bundesländer diese grundgesetz- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24191 (A) (C) (B) (D) lichen Veränderungen nicht nur akzeptiert, sondern zum Teil erbeten haben . Es ist zu konstatieren, dass nicht alle Länder mehr willens und in der Lage sind, ihrer Verant- wortung vollumfänglich nachzukommen . Das manifes- tiert sich darin, dass kaum noch leistungsfähige Lan- desverwaltungen für die Planung und den Unterhalt für Bundesautobahnen bestehen . Auch dass der kommunale Finanzausgleich nicht so gestaltet wird, dass besonders finanzschwache Kommunen in die Lage versetzt werden, ihre Schulgebäude zu unterhalten, unterstreicht dies . Als Abgeordnete des Deutschen Bundestages ste- he ich daher vor der Frage, entweder aus verfassungs- politischen Gründen die Änderung abzulehnen und die entstandenen Missstände, die zu einem immer größeren Gefälle zwischen unseren Bundesländern führten, zu akzeptieren . Die Alternative ist, den grundgesetzlichen Änderungen zuzustimmen und damit hinzunehmen, dass unsere bundesstaatliche Ordnung sich wieder in eine Richtung entwickelt, die ich für schädlich halte . Als be- sonders schwerwiegend empfinde ich den Eingriff des Artikel 104c GG, mit dem der Bund in die Finanzierung von Schulen hineinwirkt . Um die erheblichen Folgen des Reformstaus bei den Bundesländern abzuwenden, entscheide ich mich schwe- ren Herzens dafür, zuzustimmen . Ich verbinde damit die Hoffnung, dass wir im Dialog zwischen Bund und Län- dern zukünftig wieder einen Konsens finden, um eine weitere Aushöhlung unseres föderalen Systems zu ver- hindern . Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Florian Post und Claudia Tausend (beide SPD) zu den namentlichen Abstim- mungen über a) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g ) b) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haus- haltsrechtlicher Vorschriften die Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu c) dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Auto- bahnprivatisierungen im Grundgesetz aus- schließen und die Abstimmungen über die Beschlussempfeh- lungen zu d) dem Antrag der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Bildungsherausforderungen gemeinsam ver- antworten – Kooperationsverbot in der Bil- dung endlich aufheben dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE Finanzierung der Wissenschaft auf eine ar- beitsfähige Basis stellen – Bildung und For- schung in förderbedürftigen Regionen solide ausstatten dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN In die Zukunft investieren – Ein Wissen- schaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) Nach den Erfahrungen mit der Privatisierung unter anderem der Post, der Telekom und der Bahn lehnen wir eine private Rechtsform der Verwaltung der Bundesauto- bahnen ab und stimmen daher gegen die entsprechenden geplanten Änderungen des Grundgesetzes . Auch wenn es gelungen ist, eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Dritter an der geplanten Infra- strukturgesellschaft und möglicher Tochtergesellschaften im Grundgesetz auszuschließen, kann zu einem späteren Zeitpunkt eine Umwandlung der geplanten GmbH in eine Aktiengesellschaft durch einfachgesetzliche Rege- lung erfolgen . ÖPP-Modelle haben nach Berichten des Bundes- rechnungshofes in der Vergangenheit immer zu einem erheblichen Mehraufwand für den Bund und damit den Steuerzahler geführt . Auch mit der neuen Formulierung in Artikel 90 Absatz 2 des Grundgesetzes, die den aus- legungsfähigen Begriff „wesentliche Teile“ verwendet, werden ÖPP möglich bleiben . Wir kritisieren, dass die nähere Begrenzung wiederum nur einfachgesetzlich ge- regelt wird . Wir sehen die Gefahr, dass ÖPP künftig bei Autobahnprojekten Standard werden . Ebenfalls nur einfachgesetzlich wird die Kreditfähig- keit der neuen Infrastrukturgesellschaft und möglicher Tochtergesellschaften geregelt; sie kann von anderen Mehrheiten jederzeit geändert werden . Somit bleibt aus unserer Sicht eine grundgesetzlich verankerte Privatisie- rung der Rechtsform der Bundesautobahnen mit einer nicht auszuschließenden späteren Kapitalprivatisierung der Bundesfernstraßen, der wir nicht zustimmen können . Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ursula Schulte und Gülistan Yüksel (beide SPD) zu den namentlichen Abstim- mungen über Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724192 (A) (C) (B) (D) a) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g ) b) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haus- haltsrechtlicher Vorschriften die Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu c) dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Auto- bahnprivatisierungen im Grundgesetz aus- schließen und die Abstimmungen über die Beschlussempfeh- lungen zu d) dem Antrag der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Bildungsherausforderungen gemeinsam ver- antworten – Kooperationsverbot in der Bil- dung endlich aufheben dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE Finanzierung der Wissenschaft auf eine ar- beitsfähige Basis stellen – Bildung und For- schung in förderbedürftigen Regionen solide ausstatten dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN In die Zukunft investieren – Ein Wissen- schaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) Der Bundestag stimmt heute ab über den „Entwurf ei- nes Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Fi- nanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Ände- rung haushaltsrechtlicher Vorschriften“ . Dabei handelt es sich um ein Gesetzespaket, das verschiedene politische Vorhaben miteinander verknüpft: – die Gründung einer Infrastrukturgesellschaft für Au- tobahnen und andere Bundesfernstraßen, – die Neuordnung des Finanzausgleichs zwischen Bund und Ländern, – die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses für Al- leinerziehende und – Bildungsinvestitionen des Bundes zur Schulsanie- rung in finanzschwachen Kommunen. In dem Gesetzespaket wurden also Themen miteinan- der verknüpft, die inhaltlich in keinem Zusammenhang stehen . So gut und wichtig vor allem Bildungsinvestiti- onen auch seitens des Bundes und eine Ausweitung des Unterhaltsvorschusses sind, so kritisch stehe ich der Ge- fahr einer Autobahnprivatisierung gegenüber . Diese wird durch den Gesetzentwurf nicht gänzlich ausgeschlossen . Deswegen werde ich dem Regierungsentwurf – trotz zahlreicher Verbesserungen durch die SPD-Fraktion im parlamentarischen Verfahren – nicht zustimmen . Ich erkenne ausdrücklich an, dass unsere Fraktion im Ringen um einen Kompromiss viele entscheidende Änderungen erreichen konnte . Der ursprüngliche Ge- setzentwurf von Wolfgang Schäuble (CDU) sah eine staatsferne Autobahngesellschaft vor, der es möglich sein sollte, Schulden neben dem Staatshaushalt aufzu- nehmen . Auf diese Weise hätten die vom Volk gewählten Parlamentarier keinen Einfluss mehr auf die Schulden- aufnahme gehabt . Außerdem wäre der unbegrenzte Ein- bezug privater Investoren möglich gewesen . Dazu wird es dank der kritischen Öffentlichkeit und des vehemen- ten Einsatzes der SPD-Fraktion nun nicht kommen . So wird im Grundgesetz ausdrücklich festgeschrieben, dass der Bund hundertprozentiger Eigentümer sowohl der Bundesfernstraßen als auch der Infrastrukturgesellschaft bleibt . Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung privater Investoren an der Infrastrukturgesellschaft oder möglichen Tochtergesellschaften ist grundgesetzlich ebenfalls ausgeschlossen . Trotz dieser Verbesserungen werde ich dem Entwurf nicht zustimmen . Denn: Eine funktionale Privatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesell- schaft auf Dritte, etwa durch öffentlich-private Partner- schaft (ÖPP), wird im Grundgesetz nur teilweise aus- geschlossen . Wörtlich soll im Grundgesetz Folgendes festgeschrieben werden: „Eine Beteiligung Privater im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften ist aus- geschlossen für Streckennetze, die das gesamte Bundes- autobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundes- fernstraßen in einem Land oder wesentliche Teile davon umfassen .“ Unklar bleibt, was unter der Formulierung „wesentliche Teile“ gemeint ist . Genaueres hierzu ist nur einfachgesetzlich geregelt – könnte also auch durch eine etwaige schwarz-gelbe Regierung geändert werden . Vorerst würden ÖPPs nach der Gesetzesänderung nur auf nicht miteinander verbundenen Teilstrecken von maxi- mal 100 Kilometer möglich gemacht . Dieser möglichen Form der Teilprivatisierung – geschweige denn der Er- möglichung der zukünftigen Ausweitung im Umfang – kann ich nicht zustimmen . Ich bin davon überzeugt, dass wir die Alleinerzie- henden in unserem Land besser unterstützen und unsere Schulen sanieren müssen . Ich plädiere dafür, schnellst- möglich ein solches umfangreiches Konjunkturpro- gramm zur Sanierung unserer Schulen umzusetzen . Dies wäre möglich, ohne im Gegenzug weitreichende Grund- gesetzänderungen zu beschließen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24193 (A) (C) (B) (D) Anlage 7 Erklärungen nach § 31 GO zu den namentlichen Abstimmungen über a) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) b) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haus- haltsrechtlicher Vorschriften die Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu c) dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Roland Claus, Caren Lay, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Auto- bahnprivatisierungen im Grundgesetz aus- schließen und die Abstimmungen über die Beschlussempfeh- lungen zu d) dem Antrag der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Bildungsherausforderungen gemeinsam ver- antworten – Kooperationsverbot in der Bil- dung endlich aufheben dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE Finanzierung der Wissenschaft auf eine ar- beitsfähige Basis stellen – Bildung und For- schung in förderbedürftigen Regionen solide ausstatten dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN In die Zukunft investieren – Ein Wissen- schaftswunder initiieren (Tagesordnungspunkt 9) Ingrid Arndt-Brauer (SPD): In den letzten Monaten und Wochen wurde intensiv über eine Reform der Auf- tragsverwaltung bei den Bundesfernstraßen diskutiert . Darüber hinaus wurde um ein Modell gerungen, mit dem zusätzliches privates Kapital für öffentliche Investitionen in die Bundesfernstraßen mobilisiert werden kann . Dabei war für die SPD die Errichtung einer Infrastrukturgesell- schaft des Bundes eine Option, um die beiden Ziele zu erreichen . Im Kontext dieser Debatte haben wir als SPD immer betont, dass es eine Privatisierung der Bundes- fernstraßen nicht geben wird. Investitionen in die öffent- liche Verkehrsinfrastruktur sind für uns Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge. ÖPP (öffentlich-private Partnerschaft) – also die Beteiligung privaten Kapitals – ist nur (noch) auf Teilabschnitten (maximal 100 Kilo- meter Länge) möglich, die nur unwesentliche Teile des Autobahnnetzes betreffen dürfen. Ungeachtet dessen habe ich mich aus nachfolgend aufgeführten Gründen entschlossen, bei den heutigen Abstimmungen mit Nein zu stimmen: Die Errichtung der Bundesfernstraßengesellschaft stellt kein isoliertes Gesetzesvorhaben dar, sondern ist mit der Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzaus- gleichssystems ab dem Jahr 2020 verknüpft . An den Ver- handlungen zwischen Bund und Ländern war der Bun- destag, das heißt auch ich als Parlamentarierin, zu keiner Phase beteiligt . Ich darf also nur noch über ein fertiges Gesetzespaket abstimmen . Der mit 16 : 0 Länderstim- men erreichte Kompromiss beinhaltet eine grundlegende Änderung des Länderfinanzausgleichs. Den Ausgleich der unterschiedlichen Finanzkraft übernimmt zukünftig der Bund, indem er die Mehrkosten trägt . Dieses wider- spricht meines Erachtens dem Grundgedanken der Soli- darität der Länder untereinander, bei dem die Stärkeren die Schwächeren unterstützen . Ein stärkerer Geist der Solidarität würde unserer Gesellschaft insgesamt gut- tun; der jetzige Beschluss wirkt diesbezüglich „mental“ kontraproduktiv . Die Sachverständigen in der Anhörung haben deutlich gemacht, dass das neue Finanzausgleichs- system keinen Beitrag dazu liefern wird, die gewünschte Konvergenz der unterschiedlichen Lebensverhältnisse zu befördern . Die Errichtung der Bundesverkehrsstraßengesell- schaft wird in vielen Einzelheiten im Grundgesetz festge- schrieben . Damit entsteht für kommende Parlamente eine Bindungswirkung, die sehr schwer aufzulösen sein wird (Zweidrittelmehrheit in Bundestag/Bundesrat nötig) . Dadurch geht einem zukünftigen Bundestag als Gesetz- geber Handlungsspielraum verloren, was den Parlamen- tarismus und den Demokratiegedanken per se schwächt: nämlich, dass wechselnde parlamentarische Mehrheiten ihre politischen Vorstellungen realisieren können . Die Bürgerinnen und Bürgern sollten an der Wahlurne ent- scheiden können, ob und wie weit eine private Finan- zierung von Autobahnen/Bundesstraßen gewünscht ist oder nicht . Eine einfachgesetzliche – das heißt leichter änderbare – Regelung hätte dieses besser ermöglicht . Die jetzige Zementierung im Grundgesetz halte ich daher für einen Fehler . Sie ist zudem praxisfern: Was geschieht ei- gentlich, wenn ein ÖPP-Teilabschnitt doch einmal etwas länger als 100 Kilometer sein muss? Kurze Anmerkung am Rande: ÖPPs stellen keine „Privatisierung“ dar und sind nicht a priori schlecht . Es gab in der Vergangenheit sogar rein private Finanzierun- gen . Niemand kann verlässlich vorhersagen, ob wir als Staat auch zukünftig genügend Investitionsmittel werden bereitstellen können, um notwendige Straßenbaumaß- nahmen umzusetzen . Niedrigzinsen und gute konjunk- turelle Bedingungen können (und werden) sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit irgendwann auch wieder ändern . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724194 (A) (C) (B) (D) Das vorliegende Gesetzespaket wurde mit „artfremden Gesetzen“ verknüpft, namentlich mit der Verlängerung des Unterhaltsvorschusses und Hilfen für finanzschwa- che Kommunen bei der Schulinfrastruktur in Höhe von 3,5 Milliarden Euro (teilweise Aufhebung Kooperations- verbot!) . Für diese beiden Gesetzesänderungen hatte sich die SPD sehr stark und erfolgreich engagiert . Ich lehne eine solche Verknüpfung aber aus Prinzip entschieden ab . Als Abgeordnete gerate ich so unver- meidbar in einen Konflikt, dass ich bei Ablehnung des gesamten Gesetzespaketes auch sinnvolle und von mir ausdrücklich gewünschte Vorhaben negiere/verhindere . Bärbel Bas (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über die Neuregelung des bundesstaatlichen Finanz ausgleichssystems ab . Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Erstens . Zunächst ist zu beachten, dass der Bundes- tag über ein Regelungspaket zu entscheiden hat, das im Vorfeld bereits zwischen allen Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten und der Bundesregierung abge- stimmt worden ist . Da die Länder in den Finanzbezie- hungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zugestanden, ein Stück ihrer Kompetenz im Bildungsbereich wieder an den Bund zu geben und in diesem Zusammenhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bundesstraßen bzw . Autobahnen dem Bund zu übertragen . Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Bundesregierung halte ich für äußerst kritikwürdig . Die Beratungen des Bundestages wurden deutlich dadurch erschwert, dass die Ministerprä- sidentinnen und Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Bundesregierung ein Gesamtpaket völlig unterschied- licher Regelungsbereiche verabschiedeten, die im Par- lament faktisch nicht mehr entkoppelt werden können . Umso beachtlicher sind die Veränderungen, die nun zur Abstimmung stehen. Unabhängig davon hoffe ich aber, dass alle Parteien aus dieser Situation zukünftig lernen . Zweitens . Aus SPD-Sicht war in dem Regelungspaket von Anfang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschus- ses zu begrüßen . Für fast eine Million alleinerziehende Eltern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fort- schritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen der unterhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staatliche Unterstützung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeit- liche Befristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird auch in Duisburg dazu führen, dass Allein- erziehende die Doppelbelastung von Job und Kinderbe- treuung besser bewältigen können . Drittens . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bil- dungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen be- reitzustellen . Diese Investitionen werden auch Duisburgs Schulen zugute kommen. Eine vollständige Abschaffung des Kooperationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wichtiges Ziel sozialdemokratischer Politik . Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe . Dies ist aber zwischen den Koalitionspartnern umstritten . Viertens . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflich- tet, unter anderem die Verwaltung der Bundesautobah- nen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne . Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigentum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist . Allerdings befürchte- ten viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Zusammen- hang, dass private Investorinnen und Investoren über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könnten . Die Verlautbarungen aus Bundesfinanzministerium und Bundesverkehrsministerium verstärkten diesen Verdacht . Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bun- desrechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf . Die Gewerkschaft Verdi problematisierte insbesondere Fra- gen beim Personalübergang . Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfassungstextes vor, der eine unmit- telbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Ge- sellschaft und deren Tochtergesellschaften ausdrücklich ausschließt . Dem Engagement der SPD-Bundestagsfrak- tion ist es zu verdanken, dass somit alle Hintertüren für eine mögliche Privatisierung in der Verfassung selbst ge- schlossen worden sind . Zudem ist es gelungen, dass alle wechselbereiten Beschäftigten der Straßenbauverwaltun- gen der Länder vom Bund übernommen und grundsätz- lich dort eingesetzt werden, wo sie bisher arbeiten . Die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft ist verpflichtet, Tarif- verträge für alle Beschäftigen abzuschließen . Ich emp- finde es als Bestätigung dieser Position, dass auch die Gewerkschaft Verdi sowie der Bundesrechnungshof die Erfolge des parlamentarischen Verfahrens ausdrücklich anerkennen . Darüber hinaus werden in der Debatte sogenannte öf- fentlich-private Partnerschaften (ÖPP) problematisiert . Die Partnerschaften gibt es bereits – sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungspaket ermöglicht . Doch selbst in diesem Bereich konnte nun durch das par- lamentarische Verfahren eine Verbesserung erreicht wer- den: Erstmalig werden in der Verfassung öffentlich-pri- vate Partnerschaften für ganze Streckennetze oder wesentliche Teile explizit ausgeschlossen . Damit wird im Grundgesetz selbst ein klares Zeichen gegen die Auswei- tung von ÖPP gesetzt . Die SPD-Bundestagsfraktion hätte sich eine noch weitergehende Regelung gewünscht . Dies war jedoch mit der CDU/CSU-Fraktion nicht möglich . Ich stimme dem Gesetzespaket zu . Demokratie und das Ringen im parlamentarischen Verfahren bringen selten Ergebnisse, die zu 100 Prozent den Forderungen einer einzelnen Fraktion entsprechen . Wer künftig ÖPP vollständig verhindern will, muss dafür eintreten, dass der Staat mehr Mittel in die Infrastruk- tur investiert, wie es die SPD fordert . Ein völliger Aus- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24195 (A) (C) (B) (D) schluss von ÖPP im Grundgesetz, der einer Zweidrittel- mehrheit in Bundestag und Bundesrat bedarf, war in der bestehenden Koalition nicht realisierbar . Deshalb werbe ich für die Anerkennung der Verhandlungserfolge im par- lamentarischen Verfahren und die Erhöhung des Drucks auf all die politischen Kräfte, die eine schwarze Null im Bundeshaushalt über politische Gestaltungsmöglichkei- ten stellen . Ich stimme aufgrund der Verhandlungserfolge zu . Veronika Bellmann (CDU/CSU): Ich kann aus ganz grundsätzlichen Erwägungen heraus den vorliegenden Grundgesetzänderungen nicht zustimmen und werde mich der Stimme enthalten . Natürlich müssen die Bund-Länder-Finanzbeziehun- gen infolge Auslaufen des Solidarpaktes neu geregelt werden . Die inhaltlichen Vorgaben dazu und zu den anderen vorgeschlagenen Regelungen (Unterhaltsvor- schuss, Infrastruktur, Bildung usw .) sind auch akzeptabel und in sich schlüssig, was das Verhältnis „Mehr Geld des Bundes an die Länder“ gegen „Mehr Kontrollrechte des Bundes“ angeht . Aber dass mit dieser Reform das Grundgesetz an ins- gesamt 14 Stellen geändert werden soll, ist eben nicht ak- zeptabel. Ähnlich weitreichende Eingriffe in das Grund- gesetz gab es zuletzt bei den Föderalismusreformen nach umfangreichen und tiefgreifenden Debatten einer eigens zu diesem Zweck gegründeten Föderalismuskommis- sion . Seinerzeit ist es darum gegangen, die Eigenstän- digkeit und Selbstverantwortung der Länder zu stärken . Nun wird diese erst vor einigen wenigen Jahren justierte bundesstaatliche Grundordnung konterkariert, indem der Bund immer mehr Finanzverantwortung für Aufgaben der Länder übernimmt, die diese aus den verschiedensten politischen Gründen nur allzu gerne abgeben . Das sind unter dem Deckmäntelchen eines vermeintlichen Födera- lismus daherkommende erste Schritte in einen Zentral- staat . Dabei ist die Neuordnung der Finanzbeziehungen, die eigentlich Ziel der Reform war, zunehmend aus dem Blick geraten . Das Grundgesetz soll Regelungen enthalten, die für „möglichst immer“ gelten, das heißt, eine sogenannte Ewigkeitsgarantie besitzen . Diese bestimmt auch, dass Regeln des politischen Tagesgeschäfts – und seien sie noch so hochkomplex und numerische Aufzählungen – nichts im Grundgesetz zu suchen haben . Stattdessen wer- den jetzt Milliardenzuschüsse von 3,5 Milliarden Euro für Schulen in finanzschwachen Kommunen ausgegeben (– damit werden jahrelange Versäumnisse bzw . das Un- vermögen bei Investitionen in die Bildungsinfrastruktur durch SPD-regierte Bundesländer ausgeglichen –) und die Ausgestaltung einer Autobahngesellschaft geregelt . Hier wie bei den weiteren Neuerungen wären einzelge- setzliche Regelungen vollkommen ausreichend gewesen . Dann könnte es jederzeit Evaluationen und nachfolgend, falls notwendig, auch Korrekturen geben . Wir blieben politisch relativ handlungsfähig, da die im Ergebnis um- strittenen Neuregelungen durch Änderungen des Grund- gesetzes praktisch nicht irreversibel gemacht würden . Stattdessen wird durch ein Sammelsurium von Rege- lungen das Grundgesetz inflationiert und quasi entwertet. Stattdessen werden Forderungen, die ohne Frage Verfas- sungsrang haben, wie die Aufnahme der deutschen Spra- che ins Grundgesetz, trotz einer breiten Unterstützung der Öffentlichkeit (vom Deutschen Kulturrat über den Verein Deutsche Sprache e . V . bis hin zu CDU-Parteitagsbe- schlüssen und sogar entsprechenden Unterstützungszu- sagen der Bundeskanzlerin in mehreren Veranstaltungen) regelmäßig von Grundgesetzänderungen ausgenommen . Marco Bülow (SPD): Heute beschließt der Deutsche Bundestag den neuen Bund-Länder-Finanzausgleich, der auch die Regelungen zur Errichtung einer Infrastruktur- gesellschaft enthält. Nach reiflicher Abwägung habe ich mich dazu entschieden, gegen dieses Paket zu stimmen . Dieses Gesetzespaket enthält umfassende Änderungen des Grundgesetzes sowie einfachgesetzliche Änderun- gen . Es geht zurück auf eine Einigung zwischen der Bun- desregierung und den Ländern vom Dezember 2016 als Ersatz für die derzeitigen Regelungen zum Bund-Län- der-Finanzausgleich, die 2019 auslaufen . Der Hauptgrund für mich, dem Gesetzespaket mei- ne Zustimmung zu verweigern, ist die darin enthaltene Einführung einer Infrastrukturgesellschaft zur Sicher- stellung der Finanzierung und Effizienz bei Bau und Verwaltung der Bundesautobahnen. Die Schaffung ei- ner Gesellschaft privaten Rechts widerspricht meinem Grundsatz, dass die Bereitstellung öffentlicher Güter, wie der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur, in die öffentliche Hand gehört . Einer Infrastrukturgesellschaft könnte ich nur zustimmen, wenn diese die Form einer Gesellschaft öffentlichen Rechts hat. Das ist in dem vorliegenden Kompromiss nicht der Fall . CDU/CSU haben dies vehe- ment abgelehnt . Ich halte das für einen großen Fehler . Eine späte- re Privatisierung von Teilen des Autobahnnetzes bleibt nicht ausgeschlossen . Da für eine erneute Änderung eine Zweidrittelmehrheit nötig ist, wird diese Entscheidung so gut wie nicht mehr umkehrbar sein . Damit haben erneut einzelne Lobbyinteressen den Vorzug vor dem Allge- meinwohl erhalten . Zudem wird der Bundestag ein weiteres Mal entmach- tet . Dies setzt den schon länger bestehenden Prozess der schleichenden Entmachtung der gewählten Volksvertre- terinnen und Volksvertreter fort, bei dem immer mehr Befugnisse auf andere Ebenen übertragen werden . Des- halb werde ich mich weiterhin gegen die Entmachtung des Parlamentes und gegen den Ausverkauf von originä- ren Staatsaufgaben zugunsten von Einzelinteressen zur Wehr setzen . Meine Fraktionskollegen und -kolleginnen haben lange und hart verhandelt, um möglichst viele Privati- sierungsschranken einzubauen . So wurden auch Ände- rungen bereits im Grundgesetz hineinverhandelt, durch die die mittelbare und unmittelbare Beteiligung Dritter an der Infrastrukturgesellschaft und deren Tochterge- sellschaften ausgeschlossen wird . Außerdem ist aus- geschlossen, dass sich Private im Rahmen von öffent- lich-privaten Partnerschaften (ÖPP) für Streckennetze, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724196 (A) (C) (B) (D) die das gesamte Bundesautobahnnetz oder wesentliche Teile davon betreffen, beteiligen. Insbesondere Bundes- verkehrsminister Dobrindt wollte ursprünglich sogar bis zu 49 Prozent der Gesellschaft an private Investoren ver- äußern . Dies ist unglaublich . Trotz der Veränderungen im aktuellen Gesetz besteht aber immer noch die Mög- lichkeit, ÖPP in höherem Maße durchzuführen . Zudem ist der Begriff „wesentliche Teile“ zu unkonkret, als dass damit ein wirklicher Ausschluss Privater garantiert ist . Darüber hinaus wird erstmals geradezu dazu aufgeru- fen, dass die Sanierung und der Bau von Schulen durch ÖPP-Vorhaben umgesetzt werden . Diesem widerspreche ich mit aller Entschiedenheit . Die Bereitstellung von Bil- dungsinfrastruktur ist elementare Aufgabe des Staates . Des Weiteren ist ein möglicher Wechsel der Rechts- form, zum Beispiel der GmbH in eine AG, lediglich einfachgesetzlich geregelt . Das bedeutet, eine andere Bundesregierung kann diese Umwandlung ohne eine Änderung des Grundgesetzes mit einfacher Mehrheit vollziehen . Gleiches gilt für die Kreditfähigkeit der Ge- sellschaft . Es ist zwar nicht erlaubt, dass diese selbst Kredite aufnimmt, aber dieser Punkt ist ebenfalls nur einfachgesetzlich geregelt . Gleiches gilt für den vorge- sehenen Parlamentsvorbehalt, der damit ebenso durch eine andere politische Mehrheit jederzeit verändert wer- den kann . Auch die Übernahme des Angestellten ist nur einfachgesetzlich abgesichert, so dass die Gefahr besteht, dass eine andere politische Mehrheit den Abbau von bis- lang gesicherten Arbeitsplätzen mit Tariflöhnen und gu- ter Mitbestimmung organisiert . Ich halte es ebenso unter demokratischen Gesichts- punkten für höchst problematisch, weitgehend unbe- merkt von der breiten Öffentlichkeit nicht weniger als 13 Grundgesetzänderungen in einer Abstimmung im Paket zu beschließen . Hier geht es nicht nur um die Bund-Länder-Finanzierung, sondern eben auch um die Autobahnprivatisierung oder den Unterhaltsvorschuss . Alles wichtige Gesetze, für die man sich die Zeit nehmen sollte, sie einzeln zu diskutieren . Der Unterhaltsvorschuss beispielsweise wird ausge- weitet und zukünftig bis zum 18 . Lebensjahr gezahlt . Die Begrenzung auf sechs Jahre soll entfallen . Es ist eine wichtige Regelung, wenn der unterhaltspflichtige Eltern- teil nicht oder nicht regelmäßig zahlt . Bund und Länder haben das gemeinsam vereinbart . Wir müssen aber auf jeden Fall dafür sorgen, dass die Mehrkosten bei den Kommunen zukünftig aufgefangen werden . Ein wichti- ger Fortschritt, der aber nicht gemeinsam mit den ande- ren Punkten in einem Paket beschlossen werden darf . Für mich ist klar: Die Union wollte von Anfang an eine echte Privatisierung der Autobahnen und wird das auch weiterhin vorantreiben . Der vorliegende Kompromiss schließt dies nicht vollumfänglich aus, und daher kann ich ihm nicht zustimmen . Den weiteren Regelungen, die sich beispielsweise auf die Neuordnung des Finanzaus- gleichs oder das Aufheben des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich beziehen, werde ich zustimmen . Zu den einzelnen namentlichen Abstimmungen: 1 .: Änderungsantrag der Linken zu Artikel 90 GG – Autobahngesellschaft: Votum: Enthaltung 2 .: Änderungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen: Votum: Enthaltung 3 .: Änderungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen zu den Artikeln 90 und 143e GG – Autobahngesellschaft: Votum: Enthaltung 4 .: Änderung des Artikel 90 GG – Autobahngesell- schaft: Votum: Nein 5 .: Änderung des Artikel 107 GG –Steuern: Votum: Ja 6 .: Änderung des Artikel 125c GG – Verlängerung Ge- meindeverkehrsfinanzierung und Hilfen für Bremen und Saarland: Votum: Ja 7 .: Änderung des Artikel 143e GG –Verbleib der Bun- desautobahnen in Länderverwaltung: Votum: Enthaltung 8 .: Gesamtgesetz – Änderung von insgesamt 13 Arti- keln des GG: Votum: Nein Dr. Daniela De Ridder (SPD): Dieser Bundestag hat für die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur in den letzten Jahren deutlich mehr Mittel zur Verfügung ge- stellt, auch um den Investitionsstau bei unseren Straßen zu beenden . Organisatorische Mängel verhindern häufig, dass das zur Verfügung stehende Geld für den Bau von Bundes- fernstraßen zielgenau und an verkehrlichen Maßstäben orientiert abfließen kann. Auch bei Planung und Betrieb gibt es vielerorts unbestreitbaren Optimierungsbedarf . Das ist auf nahezu allen politischen Ebenen erkannt und benannt worden . Eine Reform dieser Strukturen ist des- halb dringend geboten . Neben einer Reform der Auftragsverwaltung war hier- zu schon länger die Gründung einer Bundesfernstraßen- gesellschaft im Gespräch, die Planung, Bau und Betrieb in die Hände des Bundes legt . Da der Bund am besten in der Lage ist, seine eigenen Prioritäten umzusetzen und ich das angesichts des Nachholbedarfs in der Verkehrs- infrastruktur für notwendig erachte, habe ich diese Idee immer befürwortet . Ein entsprechendes Konzept, wie es die Arbeitsgruppen Verkehr, Wirtschaft und Haushalt der SPD-Bundestagsfraktion vorgelegt haben, fand und fin- det meine volle Unterstützung . Der von der Bundesregierung ursprünglich vorgelegte Entwurf hat den verkehrspolitischen Anforderungen je- doch zum einen nicht ausreichend Rechnung getragen, zum anderen gravierende Mängel hinsichtlich Privatisie- rung, Struktur, Beteiligung der Politik und Mitarbeiter- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24197 (A) (C) (B) (D) rechten aufgewiesen . Er war daher nicht zustimmungs- fähig . Deshalb haben wir in langen Verhandlungen aus meiner Sicht wesentliche Änderungen durchgesetzt . Der häufigste Vorwurf gegen den vorliegenden Vor- schlag zur Bundesfernstraßengesellschaft ist der, er ermögliche Privatisierungen durch die Hintertür . Fest- gemacht wird dies an der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung . Es gibt aber genug Praxisbei- spiele – zum Beispiel die Verkehrsinfrastrukturfinanzie- rungsgesellschaft (VIFG) oder die Gesellschaft für Inter- nationale Zusammenarbeit (GIZ) –, die beweisen, dass eine GmbH in öffentlichem Besitz nicht gewinnorientiert sein muss . Hierfür galt es die notwendigen Schranken dauerhaft zu setzen . Die von der SPD verhandelten Be- grenzungen für die Privatisierung sind daher für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung . Wichtig für mich ist auch, dass mit der vorliegen- den Reform das wirtschaftliche Eigentum der Bundes- fernstraßen unveräußerlich beim Bund bleibt . Die neue Gesellschaft ist lediglich für die Verwaltung zuständig . Auch die Übertragung von Nießbrauchrechten – also die gewinnbringende Nutzung durch die Gesellschaft – ist ausgeschlossen . Die Gesellschaft wird nicht als Maut- gläubigerin auftreten . Eine funktionale Privatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesell- schaft auf Dritte ist ebenfalls nicht möglich . In enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften haben wir zudem die Rechte der Beschäftigten beim geplanten Personalübergang von den Straßenbauver- waltungen der Länder auf den Bund festgeschrieben . So gibt es zum Beispiel ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang, und die besondere Situation des beamteten Personals wird berücksichtigt . Auch das ist für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung . Bedenken habe ich allerdings, ob ein Wechsel des Systems ohne größere Friktionen möglich ist und ob in absehbarer Zeit die gewünschte größere Effizienz und Ef- fektivität tatsächlich erreicht werden können . Vielmehr sind durch die Umstellung deutliche Verzögerungen und Effizienzverluste möglich. Wichtig ist nun, dass der Ge- sellschaftsvertrag im Sinne einer effizienten Arbeitswei- se der neuen Gesellschaft entsprechend gestaltet wird . Durch unsere Änderungen am Gesetz wird hierfür das Parlament zuständig sein . Obwohl ich weiterhin nicht sicher bin, dass die er- hofften Verbesserungen mit der vorliegenden Reform der Straßenbauverwaltung tatsächlich erreicht werden kön- nen, habe ich bei meiner Entscheidung auch die anderen Aspekte dieses Gesetzes zu berücksichtigen . Die um- fassende Reform der Bund-Länder-Beziehungen ist ein wichtiger Schritt zu einer nachhaltigen Finanzierung der Länder . Zusätzlich sind die Einschränkung des Koopera- tionsverbots, das Investitionsprogramm für Kommunen und der Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende wich- tige Zukunftsprojekte, die das Leben vieler Menschen spürbar verbessern werden . Schließlich wollen wir es im Rahmen unserer Verant- wortung in der Bildungspolitik nicht hinnehmen, dass finanzschwache Kommunen nicht mithalten können: Lebenschancen werden auch durch den Zugang zu Bil- dungsangeboten bestimmt, und diese dürfen nicht vom Portemonnaie der Eltern oder der Finanzkraft der Kom- mune abhängen . Daher sehe ich den Bund hier in der Ver- antwortung, ein qualitativ hochwertiges Bildungssystem und die damit verbundenen Chancen allen Menschen gleichberechtigt zur Verfügung zu stellen . Auch wenn ich mich für eine vollständige Abschaffung des Koope- rationsverbotes einsetze, sehe ich in der nun realisierten Aufweichung einen wichtigen Schritt in Richtung einer zukunftsfähigen, gerechten und modernen Schulland- schaft . Als Bildungspolitikerin sehe ich mich aber auch nach der heutigen Entscheidung verpflichtet, an der Auf- hebung des Kooperationsverbotes mit aller Kraft weiter- zuarbeiten . Auch die Neuregelung des Unterhaltsvorschusses ist für mich ein besonders wichtiges Anliegen, da wir durch die Verlängerung des Bezugsrechts für Eltern von Kin- der und Jugendliche im Alter zwischen 12 und 18 Jahren die Alleinerziehenden spürbar entlasten . Das ist dringend notwendig, weil unter den Alleinerziehenden zumeist Frauen in der Verantwortung stehen und folglich eine größere finanzielle Last tragen. Alleinerziehende Müt- ter sind doppelt belastet: Sie verdienen im Durchschnitt immer noch weniger als Männer pro Arbeitsstunde, was wir alljährlich beim „Equal Pay Day“ beklagen müs- sen. Darüber hinaus sind Alleinerziehende auch häufig aufgrund ihrer familiären Situation lediglich in Teilzeit beschäftigt . Das hat auch bittere Konsequenzen für die individuelle Rente; so sind besonders Frauen von der Al- tersarmut bedroht . Als Bundespolitikerin werde ich mich in der Gleichstellungspolitik auch weiterhin einsetzen . Die Reform des Unterhaltsvorschusses ist da ein wichti- ger Schritt in die richtige Richtung, den ich ausdrücklich unterstütze . In Abwägung dieser Dinge und angesichts der Tat- sache, dass die wesentlichen Mängel der Infrastruktur- gesellschaft Verkehr einfachgesetzlich behoben werden können, stimme ich dem Gesetzentwurf zu . Dr. Karamba Diaby (SPD): Dieser Bundestag hat für die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur in den letzten Jahren deutlich mehr Mittel zur Verfügung gestellt, auch um den Investitionsstau bei unseren Straßen zu beenden . Organisatorische Mängel verhindern häufig, dass das zur Verfügung stehende Geld für den Bau von Bundes- fernstraßen zielgenau und an verkehrlichen Maßstäben orientiert abfließen kann. Auch bei Planung und Betrieb gibt es vielerorts unbestreitbaren Optimierungsbedarf . Das ist auf nahezu allen politischen Ebenen erkannt und benannt worden . Eine Reform dieser Strukturen ist des- halb dringend geboten . Neben einer Reform der Auftragsverwaltung war hier- zu schon länger die Gründung einer Bundesfernstraßen- gesellschaft im Gespräch, die Planung, Bau und Betrieb in die Hände des Bundes legt . Da der Bund am besten in der Lage ist, seine eigenen Prioritäten umzusetzen und ich das angesichts des Nachholbedarfs in der Verkehrs- infrastruktur für notwendig erachte, habe ich diese Idee immer befürwortet . Ein entsprechendes Konzept, wie es die Arbeitsgruppen Verkehr, Wirtschaft und Haushalt der Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724198 (A) (C) (B) (D) SPD-Bundestagsfraktion vorgelegt haben, fand und fin- det meine volle Unterstützung . Der von der Bundesregierung ursprünglich vorgelegte Entwurf hat den verkehrspolitischen Anforderungen je- doch zum einen nicht ausreichend Rechnung getragen, zum anderen gravierende Mängel hinsichtlich Privatisie- rung, Struktur, Beteiligung der Politik und Mitarbeiter- rechten aufgewiesen . Er war daher nicht zustimmungs- fähig . Deshalb haben wir in langen Verhandlungen aus meiner Sicht wesentliche Änderungen durchgesetzt . Der häufigste Vorwurf gegen den vorliegenden Vor- schlag zur Bundesfernstraßengesellschaft ist der, er ermögliche Privatisierungen durch die Hintertür . Fest- gemacht wird dies an der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung . Es gibt aber genug Praxisbei- spiele – zum Beispiel die Verkehrsinfrastrukturfinanzie- rungsgesellschaft (VIFG) oder die Gesellschaft für Inter- nationale Zusammenarbeit (GIZ) –, die beweisen, dass eine GmbH in öffentlichem Besitz nicht gewinnorientiert sein muss . Hierfür galt es die notwendigen Schranken dauerhaft zu setzen . Die von der SPD verhandelten Be- grenzungen für die Privatisierung sind daher für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung . Den Einfluss von öffentlich-privaten Partnerschaf- ten (ÖPP) wird mit der vorliegenden Reform weiter beschränkt . ÖPP für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentlicher Teile davon umfassen, sind ausgeschlossen . Es werden Möglichkeiten zur Einbeziehung privater Betreiber und institutioneller Investoren ausgeschlossen, die bislang noch bestehen . Hier ist der Gesetzentwurf ein echter Fortschritt . Dem Deutschen Bundestag – namentlich dem Haushalts- und dem Verkehrsausschuss – werden durch die Reform neue Kontrollmöglichkeiten eingeräumt, die dieser auch im Sinne des Interesses der Bürgerinnen und Bürger nutzen wird . Bereits vor dieser Reform hat die Koalition im aktu- ellen Bundesverkehrswegeplan den Anreiz für ÖPP ge- mindert, da Gelder nicht mehr nach Ländern, sondern nach Prioritäten vergeben werden . Auch durch die neu eingeführten, realistischeren Wirtschaftlichkeitsberech- nungen werden ÖPP reduziert, ebenso wie das in der neuen Gesellschaft eingeführte Planungsprinzip nach der Lebenszeit . Wichtig für mich ist auch, dass mit der vorliegen- den Reform das wirtschaftliche Eigentum der Bundes- fernstraßen unveräußerlich beim Bund bleibt . Die neue Gesellschaft ist lediglich für die Verwaltung zuständig . Auch die Übertragung von Nießbrauchrechten – also die gewinnbringende Nutzung durch die Gesellschaft – ist ausgeschlossen . Die Gesellschaft wird nicht als Maut- gläubigerin auftreten . Eine funktionale Privatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesell- schaft auf Dritte ist ebenfalls nicht möglich . In enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften haben wir zudem die Rechte der Beschäftigten beim geplanten Personalübergang von den Straßenbauver- waltungen der Länder auf den Bund festgeschrieben . So gibt es zum Beispiel ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang, und die besondere Situation des beamteten Personals wird berücksichtigt . Auch das ist für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung . Bedenken habe ich allerdings, ob ein Wechsel des Systems ohne größere Friktionen möglich ist und ob in absehbarer Zeit die gewünschte größere Effizienz und Effektivität tatsächlich erreicht werden kann. Vielmehr sind durch die Umstellung deutliche Verzögerungen und Effizienzverluste möglich. Wichtig ist nun, dass der Ge- sellschaftsvertrag im Sinne einer effizienten Arbeitswei- se der neuen Gesellschaft entsprechend gestaltet wird . Durch unsere Änderungen am Gesetz wird hierfür das Parlament zuständig sein . Obwohl ich weiterhin nicht sicher bin, dass die er- hofften Verbesserungen mit der vorliegenden Reform der Straßenbauverwaltung tatsächlich erreicht werden können, habe ich bei meiner Entscheidung auch die an- deren Aspekte dieses Gesetzes zu berücksichtigen . Die umfassende Reform der Bund-Länder-Beziehungen ist ein wichtiger Schritt zu einer nachhaltigen Finanzierung der Länder . Zusätzlich sind gerade auch für mich als Bildungspolitiker die Einschränkung des Kooperations- verbots und die damit verbundene Zurverfügungstellung von 3,5 Milliarden Euro zur Sanierung von Schulen und Turnhallen für finanzschwache Kommunen sowie der Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende wichtige Zu- kunftsprojekte, die das Leben vieler Menschen spürbar verbessern werden . In Abwägung dieser Dinge und angesichts der Tat- sache, dass die wesentlichen Mängel der Infrastruktur- gesellschaft Verkehr einfachgesetzlich behoben werden können, stimme ich dem Gesetzentwurf zu . Thomas Dörflinger (CDU/CSU): Ich werde heute den beiden von der Bundesregierung vorgelegten Ge- setzentwürfen nach reiflicher Überlegung meine Zustim- mung erteilen . Dies geschieht unter Zurückstellung fol- gender schwerwiegender Bedenken: Erstens . Der Deutsche Bundestag und der Bundesrat haben seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland das Grundgesetz in insgesamt 52 Fällen geändert . Die allermeisten dieser Änderungen waren rechtstechnisch überschaubar, auch wenn die politische Bedeutung eine andere gewesen sein mag . Im vorliegenden Fall ist dies anders . Ich betrachte diese Verfassungsänderung als eine der umfangreichsten seit der Verabschiedung des Grund- gesetzes . Die wesentlichen Eckpunkte hierzu wurden in einem Beratungsformat erarbeitet, dem die Ministerprä- sidentenkonferenz der Länder, Vertreter der Bundesre- gierung sowie einige wenige Abgeordnete des Deutschen Bundestages angehörten . Die Funktion des Deutschen Bundestages als Legislativorgan ist für mich nicht in aus- reichender Weise abgebildet . Demokratietheoretisch und verfassungsrechtlich halte ich ein solches Prozedere für in hohem Maße problematisch . Zweitens . Der bisher bestehende sogenannte hori- zontale Länderfinanzausgleich hatte erwiesenermaßen deutliche Schwächen, weil er finanzstarke Bundesländer auf Dauer zu Gebern und finanzschwächere Bundeslän- der auf Dauer zu Nehmern machte und keinerlei Anreize Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24199 (A) (C) (B) (D) setzte, diese Ungleichbehandlung mittel- und langfristig zu beheben . Diese Tatsache führte bekanntermaßen zu mehreren Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht . Anstatt das prinzipiell vernünftige System des horizonta- len Länderfinanzausgleichs so angemessen zu reformie- ren, dass sich die unterschiedlichen Interessen von bis- herigen Nehmer- und Geberländern darin wiederfinden, beseitigt der Gesetzgeber nun den horizontalen Länderfi- nanzausgleich in seiner bisherigen Form und ersetzt ihn durch eine deutliche Stärkung bisher schon vorhandener vertikaler Systeme zwischen dem Bund und den Län- dern . Diese setzen aber keinerlei Anreiz zur Haushalts- konsolidierung bei den Ländern und laufen mittelfristig auf eine deutliche Mehrbelastung des Bundeshaushalts hinaus . Das ist ordnungspolitisch falsch . Drittens . Die Verfassungsrealität der Bundesrepublik Deutschland versteht die Kommunen als Teil der Bun- desländer . Daraus folgt erstens, dass originär die Bun- desländer für die Finanzausstattung der Kommunen zuständig sind, und zweitens, dass der Bund gegenüber den Kommunen grundsätzlich keine direkten, eigenen Finanzbeziehungen unterhält . Durch die vorliegenden Gesetzentwürfe wird das Gegenteil dessen ermöglicht . Dies ist nach meiner Einschätzung verfassungsrechtlich höchst bedenklich . Viertens . Bundesrat und Bundestag haben in den zu- rückliegenden Jahren in zwei Föderalismuskommissio- nen aus meiner Sicht erfolgreich den Versuch unternom- men, die Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern zu entflechten, auch wenn der Status quo noch nicht als optimal bezeichnet werden kann . Die vor- liegenden Gesetzentwürfe bedeuten faktisch die Rückab- wicklung dessen, was durch die Arbeit der Föderalismus- kommissionen erreicht worden ist . Fünftens . Politisch gesehen bereitet der Gesetzgeber den Weg weg vom föderalen Staatsaufbau hin zur Zen- traladministration . Dies haben die Eltern des Grundge- setzes nach meiner Meinung aus guten Gründen nicht gewollt . Die Bundesländer werden in ihrer Entschei- dungshoheit geschwächt und finden sich finanziell gese- hen stattdessen am „goldenen Zügel“ des Bundes wie- der . Ob dies den Interessen der Bundesländer strukturell dient, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden, auch wenn der temporäre finanzielle Nutzen für sie eindeutig ist . Wenn ich den vorgelegten Gesetzentwürfen trotz der vorgetragenen Bedenken heute zustimme, dann geschieht dies aus folgenden Überlegungen: Die Praxis in Planung und Bau von Bundesautobah- nen hat sich im System der Auftragsverwaltung durch die Länder schon seit geraumer Zeit sowohl in finanzieller als auch in organisationstechnischer und zeitlicher Hin- sicht als ineffizient erwiesen. Der Ansatz, die Kompe- tenzen für Finanzierung, Planung, Bau und Betrieb von Bundesautobahnen auf der Bundesebene zu bündeln, ist also grundsätzlich richtig . Ebenso ist es meines Er- achtens richtig, den Vollzug dieser Punkte in einer Inf- rastrukturgesellschaft des Bundes vorzusehen und damit dem Vorbild Österreichs (ASFINAG) zu folgen . Dabei ist sicherzustellen, dass der Bund bei der Realisierung von Bundesautobahnen personell in den Regionen ange- messen präsent bleibt . Die Berücksichtigung möglicher regionaler Besonderheiten und die Sicherstellung der Akzeptanz der Bevölkerung sind in einem Verfahren, das bundesweit von Berlin aus gesteuert werden soll, nicht möglich . Es hätte aber aus ordnungspolitischen Gründen noch mehr Sinn gemacht, auch die Bundesstraßen unter diesem Dach zusammenzufassen . Künftig werden so das bisherige System der Auftragsverwaltung für Bundes- straßen und die Infrastrukturgesellschaft für Bundesau- tobahnen nebeneinander bestehen . Michaela Engelmeier (SPD): Der Deutsche Bun- destag stimmt heute über den Gesetzentwurf zur Neu- regelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichsystems ab. Ich finde es bedauerlich, dass diese Beratung und Abstimmung nur im Paket erfolgt, weil dadurch in der Öffentlichkeit keine Differenzierung und Akzentuierung der unterschiedlichen Themenbereiche Autobahnrege- lungen, Veränderung des Kooperationsverbotes in der Bildung und Unterhaltsregelungen möglich sind . Ausgangspunkt dieses Gesetzgebungsverfahrens war eine Einigung zwischen allen 16 Landesregierun- gen und der Bundesregierung im Oktober und Dezem- ber 2016 über ein Paket von Maßnahmen, die zum Teil Änderungen des Grundgesetzes erfordern, zum Teil ein- fachgesetzlich geregelt werden . Kernpunkt des Pakets ist die Neuregelung des Länderfinanzausgleichs ab dem Jahr 2020 . In dem Paket enthalten ist auch eine Locke- rung des Kooperationsverbots im Bildungsbereich, die es dem Bund ermöglicht, Geld für Bildungsinfrastruktur in finanzschwachen Kommunen zur Verfügung zu stellen, um beispielsweise Schulgebäude zu sanieren und zu mo- dernisieren Des Weiteren wird im Rahmen des Pakets der Unter- haltsvorschuss neu geregelt, den Alleinerziehende erhal- ten, wenn der eigentlich unterhaltspflichtige Elternteil nicht zahlt: Künftig wird nicht nur bis zum 12 . Geburts- tag des Kindes gezahlt, sondern bis zum 18 . Geburtstag, und während bislang maximal sechs Jahre lang gezahlt wurde, entfällt diese Befristung künftig komplett . Weil mein Votum klar für die Regelungen in den Bil- dungsbereichen und zur Unterhaltsregelung steht, stim- me ich deshalb trotz persönlicher Bedenken den Auto- bahnregelungen zu . Daher mache ich in dieser Erklärung deutlich, dass ich mich persönlich und auch die SPD Fraktion sich immer gegen eine Privatisierung der deutschen Autobahnen und Bundesstraßen gestellt und diese Position auch im Ge- setzgebungsverfahren zur Neuregelung der Bund-Län- der-Finanzbeziehungen durchgesetzt hat . Schon innerhalb der Bundesregierung ist es der SPD gelungen, eine doppelte Privatisierungsschranke im Ge- setzentwurf der Regierung zur Änderung des Grundge- setzes durchzusetzen . Im Grundgesetz selbst wird des- wegen in Artikel 90 geregelt werden, dass nicht nur die Bundesfernstraßen selbst im unveräußerlichen, hundert- prozentigen Eigentum des Bundes stehen, sondern auch die Infrastrukturgesellschaft, die für deren Planung, Bau und Betrieb zuständig sein wird . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724200 (A) (C) (B) (D) In intensiven und schwierigen Verhandlungen mit CDU/CSU haben wir als SPD-Bundestagsfraktion nun zwei weitere Grundgesetzänderungen durchgesetzt . Erstens . Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Dritter an der Infrastrukturgesellschaft und deren Toch- tergesellschaften wird in Artikel 90 Absatz 2 des Grund- gesetzes ausgeschlossen . Damit ist klar: Die Gesellschaft bleibt zu 100 Prozent staatlich, 0 Prozent privat . Zweitens . Ausgeschlossen wird auch eine funktionale Privatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesellschaft auf Dritte, zum Beispiel durch soge- nannte Teilnetz-ÖPP . In Artikel 90 Absatz 2 des Grund- gesetzes wird dazu der Satz eingefügt: „Eine Beteiligung Privater im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partner- schaften ist ausgeschlossen für Streckennetze, die das ge- samte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sons- tiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentliche Teile davon umfassen .“ Einfachgesetzlich wird geregelt, dass öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) nur auf der Ebene von Einzelprojekten bis maximal 100 Kilometer Länge erfolgen, die nicht räumlich miteinander verbun- den sein dürfen . Mit diesen Grundgesetzänderungen und vielen ein- fachgesetzlichen Änderungen stellen wir sicher, dass auch theoretisch mögliche Hintertüren für eine Privati- sierung fest verschlossen sind . Vieles, was bislang recht- lich möglich gewesen wäre bei der Einbeziehung privater Betreiber und institutioneller Investoren, ist jetzt erstmals rechtlich ausgeschlossen . Manche Kritiker und manche Kampagne haben absurderweise gerade uns als SPD in den letzten Wochen unterstellt, mit den Grundgesetzän- derungen würden wir die Türen für eine Privatisierung öffnen. Das Gegenteil ist richtig: Wir schließen Türen, die bislang offen standen. Dies bestätigt uns auch der Bundesrechnungshof (BRH), der das Gesetzgebungsverfahren mit mehreren Berichten begleitet hat . Im Ergebnis haben wir als SPD die doppelte Priva- tisierungsschranke des Regierungsentwurfs – Bund ist hundertprozentiger Eigentümer erstens der Autobahnen und zweitens der Autobahngesellschaft – mit weiteren Privatisierungsschranken verstärkt . Neben den beiden Grundgesetzänderungen verweise ich auf folgende Punkte, die in der öffentlichen Diskus- sion immer wieder auftauchen und oft falsch dargestellt werden: – Die Gesellschaft wird nicht kreditfähig . Damit ist die Gefahr einer Aufnahme von privatem Kapital zu ho- hen Zinsen gebannt. Um effizient wirtschaften und „atmen“ zu können, kann die Gesellschaft aber Liqui- ditätshilfen – zinslose Darlehen – aus dem Bundes- haushalt erhalten, wie andere Bundesgesellschaften auch . – Eine Übertragung von sogenannten Altschulden auf die Gesellschaft wird ausgeschlossen . – Das wirtschaftliche Eigentum an den Bundesautobah- nen geht nicht an die Gesellschaft über, sondern bleibt beim Bund . Die Übertragung und die Überlassung von Nießbrauchrechten und anderen Rechten werden aus- geschlossen . – Mautgläubiger der Lkw-Maut und der Pkw-Maut bleibt der Bund . Die Option, dass die Gesellschaft das Mautaufkommen direkt vereinnahmen kann, wird ge- strichen . – Die neue Gesellschaft wird als GmbH errichtet und damit als juristische Person des privaten Rechts . Es ist aber grob irreführend, „privatrechtlich“ mit „Privati- sierung“ gleichzusetzen . Deutschland organisiert zum Beispiel einen Großteil seiner internationalen Ent- wicklungshilfe über die Deutsche Gesellschaft für In- ternationale Zusammenarbeit (GIZ), die ebenfalls eine GmbH ist . Trotzdem hat wohl noch niemand ernsthaft behauptet, Deutschland habe seine Entwicklungshilfe privatisiert . – Genauso irreführend ist die Behauptung, durch die Zulässigkeit einzelner ÖPP-Projekte werde die Priva- tisierung eben doch noch ermöglicht . Erstens: Eine öf- fentlich-private Partnerschaft ist nicht das gleiche wie Privatisierung . Aber selbst wenn man das annehmen möchte, gilt zweitens: ÖPP sind immer nur dann er- laubt, wenn sie wirtschaftlicher sind als die herkömm- liche Beschaffung (Staat bzw. Gesellschaft bauen und betreiben selbst) – was bei einer effizient arbeitenden neuen Gesellschaft seltener der Fall sein wird als in den jetzigen Strukturen (weswegen beispielsweise die österreichische Autobahngesellschaft ASFINAG kein einziges ÖPP-Projekt macht, obwohl sie könnte) . Drit- tens und aus meiner Sicht am Wichtigsten: ÖPP bleibt auf Einzelprojekte beschränkt, und durch die von uns durchgesetzte Grundgesetzänderung ist es dauerhaft verboten, ein ÖPP-Projekt an das andere zu setzen, bis irgendwann wesentliche Teile des Autobahnnetzes oder des Bundesstraßennetzes in einem Bundesland als ÖPP betrieben werden . Uns Sozialdemokraten war aber nicht nur der Aus- schluss von Privatisierungsoptionen wichtig, sondern auch die Zukunft der Beschäftigten, die gegenwärtig in den Straßenbauverwaltungen der Länder beschäftigt sind und künftig zum Bund wechseln sollen . In der Summe ergibt sich damit ein Gesetz, dem ich mit guten Gewissens zustimmen kann . Die im Regie- rungsentwurf angelegte Reform und teilweise Been- digung der Auftragsverwaltung für die Autobahnen ist sinnvoll . Die bundeseigene Verwaltung verspricht zügi- gere Baumaßnahmen und einen effizienteren Mittelein- satz . Der Bund ist künftig durch die zentrale Steuerung weniger abhängig von der Kooperationsbereitschaft und der Leistungsfähigkeit von Landesstraßenbauverwaltun- gen, um seine Prioritätensetzungen bei den Verkehrsin- vestitionen umzusetzen . Ferner wird der Lebenszyklus einer Bundesautobahn in den Fokus gerückt . Entscheidend sind aber die Verbesserungen, die wir im parlamentarischen Verfahren erreicht haben . Erstens . Eine Privatisierung der Autobahnen und Bundesstraßen findet nicht statt; mit dem Gesetz errichten wir Schran- ken, wo es vorher keine gab, auch im Grundgesetz . Zweitens . Wir haben die berechtigten Interessen der Be- schäftigten geschützt und schaffen eine leistungsfähige Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24201 (A) (C) (B) (D) neue Organisation, die ein attraktiver Arbeitgeber wird . Drittens. Der Einfluss des demokratisch gewählten Parla- ments auf die Verkehrsinvestitionen bleibt gewahrt . Thorsten Frei (CDU/CSU): Die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ist ein elementar wich- tiges Vorhaben der laufenden Wahlperiode . Dabei ist es richtig und wichtig, das Gesetzgebungsverfahren noch in dieser Wahlperiode abzuschließen, damit alle Beteiligten mit ausreichendem Vorlauf Planungssicherheit haben . Das großzügige finanzielle Engagement des Bundes ist für viele Kommunen eine große Hilfe, auch wenn Misch- zuständigkeiten und Mischfinanzierungen zu keiner Klä- rung von Verantwortung führen, oft als „goldener Zügel“ wirken und die grundgesetzlich garantierte kommunale Selbstverwaltung eher einschränken . Auch wenn ich den Entwürfen insgesamt zustimmen werde, möchte ich Folgendes anmerken: Die Einfügung des Artikel 104c GG setzt ein schwie- riges Signal und falsche Anreize . Statt Bundeshilfen für finanzschwache Kommunen im Grundgesetz zu normie- ren, sollten die finanziell zuständigen Länder alles da- ransetzen, die Finanzschwäche von Kommunen zu be- heben . Das eigentliche Ziel müsste es sein, dass es keine finanzschwachen Kommunen gibt. Stattdessen werden finanzschwache Kommunen jetzt sogar in der Verfassung verankert . Ziel der Föderalismusreform 2006 ist gewesen, klare Strukturen und Verantwortlichkeiten in der Aufgaben- wahrnehmung durch Bund und Länder zu schaffen. Die- ses Ziel war richtig und ist weiterhin richtig . Mit Arti- kel 104c GG wird dieses Ziel ein Stück aus den Augen verloren . Am Grundsatz, dass für eine aufgabenange- messene auskömmliche Finanzausstattung der Kommu- nen die jeweiligen Bundesländer verantwortlich und zu- ständig sind, ist festzuhalten . Dies gilt nicht nur für den Bereich der Bildungsinfrastruktur, sondern insgesamt für alle von den Kommunen auszuführenden Aufgaben . Aus dieser Sicht besteht durch die Einfügung des Arti- kel 104c GG die Gefahr, dass ein dauerhafter Fehlanreiz gesetzt wird, dass Länder künftig Kommunen bei Inves- titionsbedarf an den Bund verweisen und somit aus der Erweiterung der Mitfinanzierungsmöglichkeit eine Mitfi- nanzierungszuständigkeit wird . Wir werden dies kritisch beobachten . Gut ist auch, dass der Bundesrechnungshof im Rahmen von Mischfinanzierungen künftig stärkere Prüfungsrechte hat . Wir müssen in Zukunft auch aufpassen, dass aus dem ersten Schritt des Artikel 104c GG mit der Mitfinanzie- rungsmöglichkeit für den Bund in der Bildungsinfrastruk- tur finanzschwacher Kommunen keine Allgemeinzustän- digkeit des Bundes für alle Probleme vor Ort wird . Das Argument, die Menschen würden es nicht verstehen, dass der Bund nicht für marode Schulen zuständig sei, ließe sich genauso auf marode Straßen und Brücken, andere öffentliche Einrichtungen oder geschlossene Schwimm- bäder ausdehnen . Der Bund wird aber nicht in der Lage sein, alle Missstände vor Ort zu lösen – erst recht nicht, wenn Länder die Hilfen des Bundes unterlaufen und den Kommunen immer größere Lasten aufbürden, um den eigenen Landeshaushalt zu schonen . Die SPD-Landesre- gierungen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben vorgemacht, wie dieses schlechte Spiel zulasten der Kommunen funktioniert . Mit dem neuen Artikel 104c GG ist auch die Aufsto- ckung des Kommunalinvestitionsförderprogramms von 3,5 Milliarden Euro auf 7 Milliarden Euro verbunden . Das ist immerhin einmal mehr ein Zeichen, dass wir als CDU/CSU-geführte Regierung bereit sind, den Kommu- nen zu helfen – wie wir dies in dieser Wahlperiode bereits vielfältig getan haben . Bei aller strukturellen Kritik ergeben sich aus kommu- naler Sicht aber auch Chancen aus der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen: Die stärkere Berück- sichtigung der kommunalen Finanzkraft bei der Zutei- lung der Finanzmittel auf die Länder in Artikel 107 GG ist ein wichtiger Schritt zur Behebung struktureller kom- munaler Finanzschwäche . Dabei ist zwingend darauf zu achten, dass höhere Zuweisungen an die Länder tatsäch- lich dazu genutzt werden, die Steuerkraftunterschiede auf Gemeindeebene auszugleichen . Keinesfalls darf aus Artikel 107 GG ein Anreiz entstehen, die Steuerkraft der Kommunen zu senken, um höhere Beträge aus der Verteilung der Finanzmittel auf die Länder zu erhalten, um diese Finanzmittel dann im Landeshaushalt zu ver- buchen . Wichtig ist, dass die vom Bund für die Kommunen be- reitgestellten Finanzmittel von den Ländern an die Kom- munen weitergeleitet werden und dann auch ungekürzt und zusätzlich vor Ort ankommen. Kommunalfinanzen sind kein Beitrag zur Konsolidierung von Landeshaus- halten . Eine gekürzte Weiterleitung der Bundesmittel oder eine Verrechnung im Zuge des kommunalen Finanz- ausgleichs sind ebenso inakzeptabel wie der Ersatz von Landesmitteln durch Bundeshilfen beispielsweise bei Investitionszuschüssen . Die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel müssen seitens der Länder ungekürzt und zusätzlich den Kommunen zur Verfügung gestellt werden, um – in Umsetzung der Bundesintention – deren Finanzkraft zu stärken . Auch eine Verrechnung im Rah- men des kommunalen Finanzausgleichs ist unzulässig und mit der Absicht, die kommunale Selbstverwaltung zu stärken, unvereinbar . Entsprechende Regelungen in Fi- nanzausgleichsgesetzen der Länder sind zu korrigieren . Auch der in der Änderung des Kommunalinvestitions- förderungsgesetzes fortgeschriebene Verteilungsschlüs- sel zur Zuteilung der zur Stärkung der kommunalen In- vestitionskraft vorgesehenen 3,5 Milliarden Euro auf die Länder ist alles andere als unumstritten . Eine Einbezie- hung der kommunalen Kassenkredite in den Verteilungs- schlüssel greift in der vorgenommenen Form für eine dauerhafte Lösung zu kurz und setzt falsche Anreize . Es ist Aufgabe der Länder, für eine ausreichende Finanzaus- stattung der Kommunen zu sorgen und deren Liquidität zu sichern, sodass die Aufnahme von Kassenkrediten und ein Ausweichen auf Anleihen und Wertpapierverschul- dung erst gar nicht erforderlich werden . Haushalterische Disziplin darf nicht bestraft werden – ebenso wenig An- sätze der Länder, ihre Kommunen zu entschulden und vor struktureller Finanzschwäche zu bewahren . Es wäre schön gewesen, einen besseren Verteilungsschlüssel zu Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724202 (A) (C) (B) (D) finden; letztlich ist dies angesichts der vielschichtigen Interessenslage dieses Mal aber nicht gelungen . Zur Verantwortung und Zuständigkeit der Länder für eine aufgabenangemessene Finanzausstattung der Kommunen gehört auch, Mehrbelastungen aus Aufga- benübertragungen im Rahmen der Konnexität auszu- gleichen . Dies gilt insbesondere für die Mehrbelastung aus der Umsetzung des Unterhaltsvorschussgesetzes . Wenn die Länder im Bundesrat einer Regelung zustim- men, die zu Mehrausgaben bei den Kommunen führen, können sie anschließend nicht auf den Bund verweisen, sondern müssen diese Mehrausgaben selber ausgleichen . Der Bund hat seinen Beitrag durch eine Erhöhung des Bundesanteils an den Leistungsausgaben des Unterhalts- vorschussgesetzes auf 40 Prozent geleistet . Dies allein wird jedoch nicht reichen, die Ausgabensteigerungen bei den Kommunen, bei denen zu den reinen Auszahlungen noch Kosten für Personal und Sachmittel hinzukommen, auszugleichen . Hier sind die Länder gefordert, die Betei- ligung der Kommunen an den vom Land zu tragenden 60 Prozent so zu gestalten, dass es nicht zu kommunalen Ausgabensteigerungen kommt . Das gilt insbesondere für Nordrhein-Westfalen mit der mit 80 Prozent höchsten Beteiligungsquote der Kommunen am Unterhaltsvor- schussgesetz . Im Rahmen der Neuordnung der Bund-Länder-Fi- nanzbeziehungen werden die bislang vom Bund bereit- gestellten Entflechtungsmittel – ehemals unter anderem GVFG, sozialer Wohnungsbau – ab dem Jahr 2020 nicht mehr als eigenes Bundesprogramm, sondern über einen höheren Umsatzsteueranteil der Länder bereitgestellt . Das bedeutet, dass nicht nur die investive Zweckbindung entfällt, sondern dass die Gefahr droht, dass diese Mittel auch im allgemeinen Haushaltsaufkommen der Länder zunächst untergehen . Die Länder müssen die bislang in den Entflechtungsmitteln enthaltenen Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden künftig den Kommunen über entsprechende Landesprogramme zur Verfügung stellen. Die Auflösung der Entflechtungsmittel zugunsten eines höheren Län- deranteils an der Umsatzsteuer darf auf keinen Fall dazu führen, dass die bislang bereitstehenden Mittel künftig nicht mehr zur Verfügung stehen und in Landeshaushal- ten versickern . Josef Göppel (CDU/CSU): Das Abstimmungspaket widerspricht in zwei zentralen Punkten den ordnungspo- litischen Grundvorstellungen der Unionsparteien . Erstens . Subsidiarität und Finanzbeziehungen: Wenn einzelne Länder ihre Aufgaben nicht mehr bewältigen können und ein horizontaler Finanzausgleich nicht mehr gewollt wird, wäre die nächste Stufe der Subsidiarität eine Länderreform zur Herstellung annähernd gleich starker Einheiten. Der Durchgriff des Bundes auf die Kommunen mit dem goldenen Zügel ist für die Länder ein vergiftetes Geschenk . Es ist der Weg in den Zentral- staat . Zweitens . Privatisierung der Autobahnverwaltung: Mit der Errichtung einer Gesellschaft privaten Rechts für die Autobahnverwaltung überträgt der Bund den Wachs- tumszwang des privaten Kapitals auf einen wesentlichen Teil der staatlichen Infrastruktur. Öffentliche Einrichtun- gen sollen auf ein raumordnerisches Optimum hin aus- gebaut werden, doch der fortlaufende Ertragsanspruch privater Gläubiger verlangt unaufhörlich weitere Stra- ßenbauinvestitionen zur Verbreiterung der gewinnbrin- genden Kapitalbasis . Das widerspricht elementar dem Prinzip der Nachhaltigkeit . Gleichzeitig nimmt die demokratische Kontrollierbar- keit durch gewählte Volksvertreter ab . Das ist auch des- wegen von Nachteil, weil unternehmerisches Kalkül im- mer auf die rentierlichsten Investitionen zielt . Vertreter peripherer Räume mit wenig Mauteinnahmen werden es noch schwerer haben, ihre Anliegen durchzusetzen . Mit der Maut bezahlt die Gesamtheit der Bürger letzt- endlich doch die Zinserträge privater Investitionen . Die Schaffung von Anlagemöglichkeiten für privates Kapital in öffentliche Güter ist jedoch kein Gemeinwohlziel. Aus diesen Gründen lehne ich die beantragten Grund- gesetzänderungen und das Gesetz zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems einschließ- lich der Schaffung einer Infrastrukturgesellschaft ab. Ursula Groden-Kranich (CDU/CSU): Dem Gesetz- entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Grund- gesetzes werde ich in der Ausschussfassung zustimmen . Entscheidend ist dabei für mich, dass den finanz- schwachen Städten und Gemeinden – und damit den Bürgern vor Ort – künftig leichter von Bundesseite aus geholfen werden kann . Ich bedauere es, dass diese Grundgesetzänderung nötig geworden ist . Jedoch muss ich feststellen, dass einige Bundesländer in der Vergan- genheit ihrer Verantwortung, für eine auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen zu sorgen, nicht in erforderlichem Umfang nachgekommen sind . Der Bund springt nunmehr hier ein und stellt den Ländern ab 2020 jährlich mindestens 9,5 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung . Meine Zustimmung zu diesem Gesetz ver- binde ich mit der Aufforderung an die Landesregierun- gen, explizit den Kommunen zugewiesene Bundesmittel diesen auch ungekürzt zukommen zu lassen . Mit der Errichtung einer Infrastrukturgesellschaft des Bundes leiten wir heute zudem einen Paradigmenwech- sel in der Verwaltung der bundeseigenen Straßen ein . Durch die Gesetzesänderung alleine wird jedoch noch keine einzige Straße in Rheinland-Pfalz schneller ge- baut oder die Schiersteiner Brücke zügiger saniert . Hier kommt es nach wie vor auch auf den politischen Willen der jeweiligen Landesregierung an . Insbesondere an die- ser Stelle hätte ich mir klarere Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten gewünscht . Nach intensiven Beratungen stellen wir die Finanzbe- ziehungen zwischen Bund und Ländern heute auf eine neue Grundlage und schließen damit eines der wichtigs- ten Reformvorhaben dieser Koalition ab . Im Vordergrund dieser Reform steht für mich die gesamtstaatliche Ent- scheidungs- und Handlungsfähigkeit . Daher stimme ich dem Gesetzentwurf zu . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24203 (A) (C) (B) (D) Gabriele Groneberg (SPD): Dieser Bundestag hat für die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur in den letzten Jahren deutlich mehr Mittel zur Verfügung ge- stellt, auch um den Investitionsstau bei unseren Straßen zu beenden . Organisatorische Mängel verhindern häufig, dass das zur Verfügung stehende Geld für den Bau von Bundes- fernstraßen zielgenau und an verkehrlichen Maßstäben orientiert abfließen kann. Auch bei Planung und Betrieb gibt es vielerorts unbestreitbaren Optimierungsbedarf . Das ist auf nahezu allen politischen Ebenen erkannt und benannt worden . Eine Reform dieser Strukturen ist des- halb dringend geboten . Neben einer Reform der Auftragsverwaltung war hier- zu schon länger die Gründung einer Bundesfernstraßen- gesellschaft im Gespräch, die Planung, Bau und Betrieb in die Hände des Bundes legt . Da der Bund am besten in der Lage ist, seine eigenen Prioritäten umzusetzen und ich das angesichts des Nachholbedarfs in der Verkehrsin- frastruktur für notwendig erachte, halte ich eine Reform grundsätzlich für notwendig . Ein entsprechendes Kon- zept, wie es die Arbeitsgruppen Verkehr, Wirtschaft und Haushalt der SPD-Bundestagsfraktion vorgelegt haben, fand und findet meine Unterstützung. Der von der Bundesregierung ursprünglich vorgelegte Entwurf hat den verkehrspolitischen Anforderungen je- doch zum einen nicht ausreichend Rechnung getragen, zum anderen gravierende Mängel hinsichtlich Privatisie- rung, Struktur, Beteiligung der Politik und Mitarbeiter- rechten aufgewiesen . Er war daher nicht zustimmungsfä- hig . Deshalb haben die Mitglieder der SPD-Fraktion bei den Beratungen im Bundestag aus meiner Sicht wichtige wesentliche Änderungen durchgesetzt . Der häufigste Vorwurf gegen den vorliegenden Vor- schlag zur Bundesfernstraßengesellschaft ist der, er ermögliche Privatisierungen durch die Hintertür . Fest- gemacht wird dies an der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung . Es gibt aber genug Praxisbei- spiele – zum Beispiel die Verkehrsinfrastrukturfinanzie- rungsgesellschaft (VIFG) oder die Gesellschaft für Inter- nationale Zusammenarbeit (GIZ) –, die beweisen, dass eine GmbH in öffentlichem Besitz nicht gewinnorientiert sein muss . Hierfür galt es die notwendigen Schranken dauerhaft zu setzen . Der Einfluss von öffentlich-privaten Partnerschaf- ten (ÖPP) wird mit der vorliegenden Reform weiter beschränkt . ÖPP für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentlicher Teile davon umfassen, sind ausgeschlossen . Es werden Möglichkeiten zur Einbeziehung privater Betreiber und institutioneller Investoren ausgeschlossen, die bislang noch bestehen . Hier ist der Gesetzentwurf ein echter Fortschritt . Bereits vor dieser Reform hat die Koalition im aktu- ellen Bundesverkehrswegeplan den Anreiz für ÖPP ge- mindert, da Gelder nicht mehr nach Ländern, sondern nach Prioritäten vergeben werden . Auch durch die neu eingeführten, realistischeren Wirtschaftlichkeitsberech- nungen werden ÖPP reduziert, ebenso wie das in der neuen Gesellschaft eingeführte Planungsprinzip nach der Lebenszeit . Wichtig für mich ist auch, dass mit der vorliegen- den Reform das wirtschaftliche Eigentum der Bundes- fernstraßen unveräußerlich beim Bund bleibt . Die neue Gesellschaft ist lediglich für die Verwaltung zuständig . Auch die Übertragung von Nießbrauchrechten – also die gewinnbringende Nutzung durch die Gesellschaft – ist ausgeschlossen . Die Gesellschaft wird nicht als Maut- gläubigerin auftreten . Eine funktionale Privatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesell- schaft auf Dritte ist ebenfalls nicht möglich . In enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften haben wir zudem die Rechte der Beschäftigten beim ge- planten Personalübergang von den Straßenbauverwaltun- gen der Länder auf den Bund festgeschrieben . So gibt es zum Beispiel ein Widerspruchsrecht gegen den Über- gang, und die besondere Situation des beamteten Perso- nals wird berücksichtigt . Bedenken habe ich allerdings, ob ein Wechsel des Systems ohne größere Friktionen möglich ist und ob in absehbarer Zeit die gewünschte größere Effizienz und Effektivität tatsächlich erreicht werden kann. Vielmehr sind durch die Umstellung deutliche Verzögerungen und Effizienzverluste möglich. Dem Deutschen Bundestag – namentlich dem Haus- halts- und dem Verkehrsausschuss – werden durch die Reform neue Kontrollmöglichkeiten eingeräumt, die dieser auch im Sinne des Interesses der Bürgerinnen und Bürger nutzen kann . Dies ist in einer Hinsicht selbstver- ständlich positiv; dennoch können durch einfachgesetz- liche Änderungen unsere heutigen Intentionen konterka- riert werden . Die umfassende Reform der Bund-Länder-Beziehun- gen ist ein wichtiger Schritt zu einer nachhaltigen Fi- nanzierung der Länder . Durch die Übernahme weiterer finanzieller Verpflichtungen durch den Bund sehe ich allerdings dessen Handlungsspielräume für die Zukunft drastisch eingeschränkt, vor allem wenn sich die Finanz- lage sehr verschlechtert . Die Einschränkung des Kooperationsverbots betrach- te ich als positiven Beginn einer neuen Zusammenarbeit . Hierbei sehe ich es als unzureichend an, dass dies nur für Kommunen in besonderen Haushaltslagen gelten wird . Das Investitionsprogramm für Kommunen, vor allem die neue Regelung des Unterhaltsvorschusses für Allein- erziehende, sind für mich persönlich positive Aspekte dieses Paketes – wichtige Zukunftsprojekte, welche das Leben vieler Menschen spürbar verbessern werden . Dennoch stimme ich dem Gesetzespaket, vor allem wegen der Mängel bei der geplanten Infrastrukturgesell- schaft Verkehr, nicht zu . Michael Groß (SPD): Heute hat der Deutsche Bun- destag den neuen Bund-Länder-Finanzausgleich be- schlossen, der auch die Regelungen zur Errichtung einer Infrastrukturgesellschaft enthält. Nach reiflicher Ab- wägung habe ich mich dazu entschieden, gegen dieses Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724204 (A) (C) (B) (D) Paket zu stimmen . Dieses Gesetzespaket enthält umfas- sende Änderungen des Grundgesetzes sowie einfachge- setzliche Änderungen . Es geht zurück auf eine Einigung zwischen der Bundesregierung und den Ländern vom Dezember 2016 als Ersatz für das Auslaufen der Rege- lungen zum Bund-Länder-Finanzausgleich 2019 . Der Grund für mich, dem Gesetzpaket meine Zustim- mung zu verweigern, ist die darin enthaltene Einführung einer Infrastrukturgesellschaft zur Sicherstellung der Fi- nanzierung und Effizienz bei Bau und Verwaltung der Bundesautobahnen. Die Schaffung einer Gesellschaft privaten Rechts widerspricht meinem Grundsatz, dass die Bereitstellung öffentlicher Güter, wie der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur, in die öffentliche Hand gehört. Ei- ner Infrastrukturgesellschaft könnte ich nur zustimmen, wenn diese die Form einer Gesellschaft öffentlichen Rechts hat . Das ist in dem vorliegenden Kompromiss nicht der Fall . CDU/CSU haben dies vehement abge- lehnt . Meine Fraktionskollegen und -kolleginnen haben lan- ge und hart verhandelt, um möglichst viele Privatisie- rungsschranken einzubauen . So wurden auch Änderun- gen bereits im Grundgesetz hineinverhandelt, dass die mittelbare und unmittelbare Beteiligung Dritter an der Infrastrukturgesellschaft und deren Tochtergesellschaf- ten ausgeschlossen wird . Außerdem ist ausgeschlossen, dass sich Private im Rahmen von öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) für Streckennetze, die das gesam- te Bundesautobahnnetz oder wesentliche Teile davon betreffen, beteiligen. Wenn man bedenkt, dass insbe- sondere Bundesverkehrsminister Dobrindt ursprünglich bis zu 49 Prozent der Gesellschaft an private Investoren veräußern wollte, ist das ein erstaunliches Verhandlungs- ergebnis . Mir persönlich geht das aber nicht weit genug . Denn das bedeutet auch, dass auf der anderen Seite die Mög- lichkeit besteht, ÖPP in höherem Maße durchzuführen . Zudem ist der Begriff „wesentliche Teile“ zu unkonkret, als dass damit ein wirklicher Ausschluss von Privatisie- rung garantiert ist . Darüber hinaus wird erstmals gera- dezu dazu aufgerufen, dass die Sanierung und der Bau von Schulen durch ÖPP-Vorhaben umgesetzt werden . Diesem widerspreche ich mit aller Entschiedenheit . Die Bereitstellung von Bildungsinfrastruktur ist elementare Aufgabe des Staates . Des Weiteren ist ein möglicher Wechsel der Rechts- form, zum Beispiel der GmbH in eine AG, lediglich ein- fachgesetzlich geregelt . Das heißt, eine andere Bundes- regierung kann diese Umwandlung ohne eine Änderung des Grundgesetzes mit einfacher Mehrheit vollziehen . Gleiches gilt für die Kreditfähigkeit der Gesellschaft . Es ist zwar nicht erlaubt, dass diese selbst Kredite auf- nimmt, aber dieser Punkt ist ebenfalls nur einfachgesetz- lich geregelt . Auch der vorgesehene Parlamentsvorbehalt ist lediglich einfachgesetzlich geregelt und kann durch eine andere politische Mehrheit jederzeit verändert wer- den . Auch die Übernahme des Angestellten ist nur ein- fachgesetzlich abgesichert . Auch hier besteht die Gefahr, dass eine andere politische Mehrheit den Abbau von bis- lang gesicherten Arbeitsplätzen mit Tariflöhnen und gu- ter Mitbestimmung organisiert . Für mich ist klar: Die Union wollte von Anfang an eine echte Privatisierung der Autobahnen und wird das auch weiterhin vorantreiben . Der vorliegende Kompro- miss schließt dies nicht vollumfänglich aus, und daher habe ich ihm nicht zugestimmt . Den weiteren Regelun- gen, die sich beispielsweise auf die Neuordnung des neuen Finanzausgleichs oder das Aufheben des Koope- rationsverbotes im Bildungsbereich beziehen, werde ich zustimmen . Sebastian Hartmann (SPD): Der Deutsche Bundes- tag stimmt heute über die Neuregelung des bundesstaatli- chen Finanzausgleichssystems ab . Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Erstens . Der Bundestag entscheidet über ein Rege- lungspaket, das im Vorfeld bereits zwischen allen Mi- nisterpräsidenten und der Bundesregierung abgestimmt worden ist . Da die Länder in den Finanzbeziehungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zugestanden, ein Stück ihrer Kompe- tenz im Bildungsbereich wieder an den Bund zu geben und in diesem Zusammenhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bundesstraßen bzw . Autobahnen dem Bund zu übertragen . Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Bundesregierung halte ich für äußerst kritikwürdig . Die Beratungen des Bundestages wurden deutlich dadurch erschwert, dass die Minister- präsidenten gemeinsam mit der Bundesregierung ein Ge- samtpaket völlig unterschiedlicher Regelungsbereiche verabschiedeten, die im Parlament faktisch nicht mehr entkoppelt werden können . Der Argumentation, man könne sich dem heute zu entscheidenden „Gesamtpa- ket“ an Verfassungsänderungen nicht verschließen, da es auch sehr viele gute Punkte enthalte, entziehe ich mich nicht, sondern nehme sie zum Ausgangspunkt meiner Überlegungen und Argumentation . Deswegen stimme ich ausdrücklich beispielsweise den Veränderungen im Bereich der Verbesserungen in der Bildungskooperati- on sowie zum Unterhaltsvorschuss zu . Dennoch bleibt das gewählte Verfahren selbst problematisch, eine so umfangreiche Verfassungsänderung den Abgeordneten nur im Gesamtpaket vorzulegen . Es widerspricht mei- nem Verständnis parlamentarischer Arbeit hinsichtlich so weitreichender Veränderungen der bundesstaatlichen (Finanz-)beziehungen bis hin zu fachpolitischen Einzel- fragen und ihrer Regelung in der Verfassung . Aber ich bin eben nicht der Auffassung, dass es „keine Alternati- ve“ gebe . Auch andere Verfassungsänderungen wurden schlussendlich noch einmal geöffnet oder „Paketlösun- gen“ vermieden . Für zukünftige Verfassungsänderungen böte sich daher erst recht an, diese in Teilabschnitten abzustimmen beziehungsweise auch in solchen Blöcken vorzubereiten . Es böte sich ebenso an, die Zeit einer ge- samten Legislaturperiode für die Zusammenarbeit zwi- schen den Delegierten der Länder(parlamente) und des Bundestages in anderen Strukturen zu nutzen, um dies vorzuberaten und Fragen des bundesstaatlichen Zusam- menwirkens zu debattieren . Es kann ja nicht sein, dass nur der Zusammenschluss zweier sehr großer Fraktionen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24205 (A) (C) (B) (D) aufgrund ihrer Mehrheit wie in dieser Legislaturperiode überhaupt eine Verfassungsänderung ermöglicht . Dem stehen schon mutmaßlich andere Mehrheitsverhältnissen in den Landtagen und damit im Bundesrat argumenta- tiv entgegen . Im Gegenteil ist dies doch dem Gedanken der Verfassung selbst geschuldet und der notwendigen breiten verfassungsändernden Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat . Dort muss es letztendlich zum Zusam- menwirken vieler politischer Fraktionen in Ländern und im Bund kommen – nicht getrennt in Opposition und re- gierungstragende Mehrheiten, sondern entlang der Sache der verfassungsrechtlich zu regelnden Fragen . Zweitens . Jenseits der Würdigungen des Verfahrens der Verfassungsänderung sind die Veränderungen her- auszustellen, die nun zur Abstimmung stehen . Aus SPD- Sicht war in dem Regelungspaket von Anfang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses zu begrüßen . Für fast eine Million alleinerziehende Eltern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstäti- ge Alleinerziehende, bei denen das unterhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staatliche Unterstützung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung von ma- ximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird dazu führen, dass die Doppelbelastung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigt werden kann . Drittens . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bildungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen bereitzustellen. Eine vollständige Abschaffung des Ko- operationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wich- tiges Ziel sozialdemokratischer Politik . Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe . Dies ist aber zwischen den Koalitionspartnern umstritten . Viertens . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflichtet, unter anderem die Verwaltung der Bundesautobahnen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten in hundert- prozentigem Bundeseigentum bedienen kann . Allerdings befürchteten viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Zusammenhang, dass private Investoren über eine Be- teiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könnten . Die Verlautbarungen aus Bundesfinanzministerium und Bundesverkehrsministerium verstärkten diesen Verdacht . Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bundesrechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf . Die Gewerkschaft Verdi problematisierte insbesonde- re Fragen beim Personalübergang . Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfas- sungstextes vor, der eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Gesellschaft und deren Toch- tergesellschaften ausdrücklich ausschließt . Es ist gelun- gen, dass alle wechselbereiten Beschäftigten der Stra- ßenbauverwaltungen der Länder vom Bund übernommen und grundsätzlich dort eingesetzt werden, wo sie bisher arbeiten. Ich empfinde es als Bestätigung dieser Position, dass auch die Gewerkschaft Verdi sowie der Bundesrech- nungshof die Erfolge des parlamentarischen Verfahrens ausdrücklich anerkennen . Darüber hinaus werden in der Debatte sogenannte öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) problematisiert . Die Partnerschaften gibt es be- reits – sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungspaket ermöglicht . ÖPP für ganze Streckennet- ze oder wesentliche Teile werden in der Verfassung ex- plizit ausgeschlossen . Die SPD-Bundestagsfraktion hätte sich eine noch weitergehende Regelung gewünscht . Dies war jedoch mit der CDU/CSU-Fraktion nicht möglich . Meine Ablehnung der Infrastrukturgesellschaft Ver- kehr fußt auf drei Kernpunkten: Erstens halte ich die nun verabredete und gefundene Struktur für nicht effi- zient und leistungsfähig . So wurde die Übergangsphase entgegen dem Rat des Bundesrechnungshofes und von Experten um ein weiteres Jahr verkürzt . Damit droht ein lähmender und nicht die Funktionsfähigkeiten erhalten- der Übergangsprozess . Der zweite Punkt ist in der man- gelnden Absicherung der späteren Finanzierungsstruktur zu sehen. Zwar wird die Möglichkeit der Beschaffungs- variante ÖPP deutlich eingeschränkt und auch erstmalig im Verfassungsrang geklärt . Dennoch ist keine Staatsga- rantie für die Gesellschaft in die Verfassung aufgenom- men worden und das Kreditaufnahmeverbot nur einfach- gesetzlich geregelt . Ein späterer Gesetzgeber kann dies verändern . Man mag argumentieren, dass ein Gesetzge- ber alle einfachen Bundesgesetze ändern kann . In diesem konkreten Fall wird aber durch eine Verfassungsände- rung der Auftragsverwaltung eine neue Möglichkeit er- öffnet. Ohne eine Staatsgarantie sind jedoch Kredite der Gesellschaft teurer als die reine staatliche Finanzierung durch den Bundeshaushalt . Das dritte Argument fasst die beiden Problemkreise zusammen . In Kombination mit einer nicht leistungsfähigen Gesellschaft und einer nicht ausreichenden Kreditabsicherung droht nach dem möglichen Willen eines späteren Gesetzgebers eine zu teure Beschaffung der Infrastruktur. Die verkehrspo- litischen Bedenken bezüglich zukünftig zugeordneter Netzstrukturen – aus Bundesautobahnen und willkürlich gewählten Bundesstraßen – bis hin zu einer begrenzten Zahl regionaler Strukturen mit Tochtergesellschaften – die in dieser Form nicht sinnvoll sind – bedrohen auch die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft . Umgekehrt wird dadurch die Beschaffungsvariante in Form öffentlich-pri- vater Partnerschaften leider attraktiver . Denn in der Bun- desrepublik sind Einzel-ÖPP-Projekte nach wie vor als Hauptkonkurrenz zu konventionellen Beschaffungen des Staates zu betrachten – auch wenn sie zu teuer sind . Zusammengefasst ist festzuhalten: Im Gesetzgebungs- verfahren wurden wesentliche Verbesserungen erreicht und im aktuellen Entwurf Privatisierungsmöglichkeiten so weit wie nie zuvor ausgeschlossen . Gleichwohl über- zeugt mich die Gesamtkonstruktion nicht . Eine geteilte Aufgabenverantwortung zwischen Bund und Ländern für die öffentliche Infrastruktur wäre nach Vorschlägen der Bodewig-II-Kommission jedenfalls in anderer Form möglich gewesen . Es ist mir wichtig, abschließend deutlich herauszustel- len, dass die öffentlich geführte Debatte um eine angeb- liche „Privatisierung durch die Hintertür“ am Kern der Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724206 (A) (C) (B) (D) Fragestellung vorbeigeht . Diese Kampagne kann für die Entscheidungsfindung nicht ausschlaggebend sein. In der Abwägung aller vorgenannten Argumente ha- ben mich konkrete Verhandlungsergebnisse, aber vor al- lem das verbundene Verfahren zur Grundgesetzänderung dieses Umfangs zweifeln lassen . Die Sorge um die ge- wählte Konstruktion und die leistungsfähige Infrastruk- turgesellschaft waren der Schlusspunkt meiner Entschei- dung . Gustav Herzog (SPD): Nach zweijährigen Verhand- lungen hat sich die Bundeskanzlerin am 14 .10 .2016 mit den 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder auf ein „Reformpaket“ geeinigt . An diesen Beratungen war der Deutsche Bundestag nicht beteiligt . Das Gesetzespaket beinhaltet neben der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen auch die finanzielle Unter- stützung für finanzschwache Kommunen, die Auswei- tung des Unterhaltsvorschusses für Alleinerziehende und die Übertragung der Bundesautobahnen von der Auf- tragsverwaltung der Länder auf den Bund . Die Führungsspitzen der Koalitionsfraktionen haben sich der Vorgabe der „16+1-Runde“ angeschlossen, das Reformprojekt nur als Paket abzustimmen . Bis auf die Umstrukturierung der Autobahnverwal- tung finden die Gesetzesänderungen meine volle Unter- stützung: Erstens. Wir sichern die finanzielle Handlungsfähig- keit von Ländern und Kommunen nach Auslaufen des Solidarpakts . Zweitens . Wir brechen das Kooperationsverbot auf und versetzen den Bund in die Lage, 3,5 Milliarden Euro in Bildungsinfrastruktur von finanzschwachen Kommu- nen zu investieren . Drittens . Wir weiten den Unterhaltsvorschuss aus und unterstützen damit berufstätige Alleinerziehende und ihre Kinder . Die Neuorganisation von Planung, Bau, Unterhal- tung und Betrieb der Bundesautobahnen ist nach meiner persönlichen Auffassung aber der falsche Weg, um die bestehenden Infrastrukturprobleme zu beheben und den dringend notwendigen Investitionshochlauf voranzubrin- gen . Ich befürchte, dass die Jahre der Neuorganisation für einen Stillstand statt für einen Mobilitätsschub sorgen werden . Seit vielen Jahren engagiere ich mich in meiner parla- mentarischen Arbeit für mehr Effizienz in der Verkehrs- politik und kann deshalb der geplanten Bundesverwal- tung und damit dem Gesamtpaket nicht zustimmen . An dieser Stelle möchte ich mich aber ausdrücklich bei meinen Kolleginnen und Kollegen bedanken, die im parlamentarischen Verfahren erhebliche Verbesserungen des Gesetzentwurfs erarbeiten konnten . Erstens . Eine Privatisierung der Autobahnen und Bun- desstraßen findet nicht statt; mit dem Gesetz errichten wir Schranken, wo es vorher keine gab, auch im Grund- gesetz . Zweitens . Wir haben die berechtigten Interessen der Beschäftigten geschützt . Drittens. Der Einfluss des demokratisch gewählten Parlaments auf die Verkehrsinvestitionen bleibt gewahrt und wird meines Erachtens gegenüber heute sogar ver- bessert . Gabriele Hiller-Ohm (SPD): Der Deutsche Bundes- tag stimmt heute über die Neuregelung des bundesstaatli- chen Finanzausgleichssystems ab . Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Erstens . Zunächst ist zu beachten, dass der Bundes- tag über ein Regelungspaket zu entscheiden hat, das im Vorfeld bereits zwischen allen Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten und der Bundesregierung abge- stimmt worden ist . Da die Länder in den Finanzbezie- hungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zugestanden, ein Stück ihrer Kompetenz im Bildungsbereich wieder an den Bund zu geben und in diesem Zusammenhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bundesstraßen bzw . Autobahnen dem Bund zu übertragen . Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Bundesregierung halte ich für äußerst kritikwürdig . Die Beratungen des Bundestages wurden deutlich dadurch erschwert, dass die Ministerprä- sidentinnen und Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Bundesregierung ein Gesamtpaket völlig unterschied- licher Regelungsbereiche verabschiedeten, die im Par- lament faktisch nicht mehr entkoppelt werden können . Umso beachtlicher sind die Veränderungen, die nun zur Abstimmung stehen. Unabhängig davon hoffe ich aber, dass alle Parteien aus dieser Situation zukünftig lernen . Zweitens . Aus SPD-Sicht war in dem Regelungspaket von Anfang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschus- ses zu begrüßen . Für fast 1 Million alleinerziehende El- tern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen der un- terhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staat- liche Unterstützung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird dazu führen, dass die Doppelbelastung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigt werden kann . Drittens . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bil- dungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen be- reitzustellen . Das Geld geht vom Bund über die Länder an die Kommunen, die dann vor Ort entscheiden, wie es investiert wird. Eine vollständige Abschaffung des Ko- operationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wich- tiges Ziel sozialdemokratischer Politik . Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe . Leider sträuben sich CDU und CSU vehement dagegen . Viertens . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24207 (A) (C) (B) (D) die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflich- tet, unter anderem die Verwaltung der Bundesautobah- nen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne . Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigentum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist . Allerdings befürchte- ten viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Zusammen- hang, dass private Investoren über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könnten . Die Verlautba- rungen aus Bundesfinanzministerium und Bundesver- kehrsministerium verstärkten diesen Verdacht . Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bundes- rechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf . Die Ge- werkschaft Verdi problematisierte insbesondere Fragen beim Personalübergang . Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfassungstextes vor, der eine unmit- telbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Ge- sellschaft und deren Tochtergesellschaften ausdrücklich ausschließt . Dem Engagement der SPD-Bundestagsfrak- tion ist es zu verdanken, dass somit alle Hintertüren für eine mögliche Privatisierung in der Verfassung selbst ge- schlossen worden sind . Zudem ist es gelungen, dass alle wechselbereiten Beschäftigten der Straßenbauverwal- tungen der Länder vom Bund übernommen und grund- sätzlich dort eingesetzt werden, wo sie bisher arbeiten . Die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft ist verpflichtet, Tarifverträge für alle Beschäftigten abzuschließen . Ich empfinde es als Bestätigung dieser Position, dass auch die Gewerkschaft Verdi sowie der Bundesrechnungshof die Erfolge des parlamentarischen Verfahrens ausdrück- lich anerkennen . Darüber hinaus werden in der Debatte sogenannte öf- fentlich-private Partnerschaften (ÖPP) problematisiert . Diese Partnerschaften gibt es bereits bei Autobahnpro- jekten – sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungspaket ermöglicht . Die SPD-Bundestagsfrak- tion hat sich im parlamentarischen Verfahren dafür ein- gesetzt, dass der Einfluss von ÖPP mit der vorliegenden Reform weiter beschränkt wird: Erstmalig werden in der Verfassung öffentlich-private Partnerschaften für ganze Streckennetze oder wesentliche Teile explizit ausge- schlossen . Damit wird im Grundgesetz selbst ein klares Zeichen gegen die Ausweitung von ÖPP gesetzt . Es wer- den Möglichkeiten zur Einbeziehung privater Betreiber und institutioneller Investoren ausgeschlossen, die bis- lang noch bestehen . Dem Deutschen Bundestag – na- mentlich dem Haushalts- und dem Verkehrsausschuss – werden durch die Reform neue Kontrollmöglichkeiten eingeräumt, die dieser auch im Sinne des Interesses der Bürgerinnen und Bürger nutzen wird . ÖPP sind zudem immer nur dann erlaubt, wenn sie wirtschaftlicher sind als die herkömmliche Beschaffung (Staat bzw . Gesellschaft bauen und betreiben selbst) – was bei einer effizient arbeitenden neuen Gesellschaft seltener der Fall sein wird als in den jetzigen Struktu- ren (weswegen beispielsweise die österreichische Auto- bahngesellschaft ASFINAG kein einziges ÖPP-Projekt macht, obwohl sie könnte) . ÖPP bleibt mit der Neure- gelung auf Einzelprojekte beschränkt, und durch die von uns durchgesetzte Grundgesetzänderung ist es dauerhaft verboten, ein ÖPP-Projekt an das andere zu setzen, bis irgendwann wesentliche Teile des Autobahnnetzes in ei- nem Bundesland als ÖPP betrieben würden . Bereits vor dieser Reform hat die Koalition im aktu- ellen Bundesverkehrswegeplan 2030 den Anreiz für ÖPP gemindert, da Gelder nicht mehr nach Ländern, sondern nach Prioritäten vergeben werden . Auch durch die neu eingeführten, realistischeren Wirtschaftlichkeitsberech- nungen werden ÖPP reduziert, ebenso wie das in der neuen Gesellschaft eingeführte Planungsprinzip nach der Lebenszeit . Gemeinsam mit der SPD-Bundestagsfraktion hätte ich mir dennoch eine weitergehende Eindämmung von ÖPP gewünscht . Demokratie und das Ringen im parlamenta- rischen Verfahren bringen jedoch selten Ergebnisse, die zu 100 Prozent den Forderungen einer einzelnen Fraktion entsprechen . Ein völliger Ausschluss von ÖPP im Grund- gesetz, der einer Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat bedarf, war in der bestehenden Koalition mit CDU und CSU leider nicht realisierbar . Wer künftig ÖPP vollständig verhindern will, muss dafür eintreten, dass der Staat noch mehr Mittel in die Infrastruktur investiert, wie wir es als SPD fordern . Den Gesetzentwürfen stimme ich in der Gesamtab- wägung der Erfolge und Fortschritte, die die SPD damit erreicht hat, zu . Dr. Heribert Hirte (CDU/CSU): Dem Gesetz zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichsys- tems ab dem Jahre 2020 und zur Änderung haushalts- rechtlicher Vorschriften stimme ich zu . Nach eingehender Prüfung überwiegen für mich die politischen Vorteile des Gesetzes gegenüber den wei- terhin bestehenden verfahrenstechnischen, verfassungs- rechtlichen und inhaltlichen Bedenken . 1 . Verfahrenstechnische Bedenken Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf werden massive Änderungen an der gelebten Verfassungswirklichkeit vorgenommen . Insbesondere die (weitere) Abkehr von dem Kooperationsverbot und die faktische Abschaf- fung des horizontalen Länderfinanzausgleichs greifen deutlich in die bisherige Organisation unseres Staates ein . Wie bereits bei den letzten beiden Föderalismusrefor- men der letzten Dekade wäre hier eine frühere Betei- ligung sowohl des Deutschen Bundestages als auch der Länderparlamente aufgrund der hohen Bedeutung der Entscheidung angebracht gewesen . Dies gilt umso mehr, als die zu regelnden Finanzbeziehungen auf un- absehbar lange Zeit festgelegt werden . 2 . Verfassungsrechtliche Bedenken Durch die getroffenen Regeln wird massiv in die föde- rale Struktur der Bundesrepublik Deutschland einge- griffen, die mit den Föderalismuskommissionen I und II auf verlässliche und klare Säulen gestellt wurden . Die klare Trennung zwischen Aufgaben und Verant- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724208 (A) (C) (B) (D) wortlichkeiten von Bund und Ländern wird wieder zu- rückgenommen und in Teilen sogar aufgegeben . So erlaubt Artikel 104b Absatz 2-neu nun dem Bund, Bestimmungen über die Ausgestaltung der jeweiligen Länderprogramme zur Verwendung der Finanzhilfen vorzusehen und greift damit massiv in die Verwal- tungshoheit der Länder ein . Durch die Abschaffung des horizontalen Länderfinanz- ausgleiches zugunsten einer vertikalen Verteilung wer- den die Länder faktisch zu Untereinheiten des Bundes, von dessen Finanzausstattung sie abhängen; Anreize für eine Solidarität unter den Bundesländern gehen damit verloren . Auch die Finanzausstattung von finanzschwachen Kommunen im Bereich der Bildung begegnet massi- ven Bedenken, handelt es sich doch bei Bildung ne- ben der Inneren Sicherheit um die Kernkompetenz der Bundesländer, die ausgehöhlt wird . In gleicher Weise wird mit der Übertragung der Bun- desfernstraßenverwaltung von den Ländern auf den Bund den jeweiligen Ländern eine für jeden Bürger sichtbare Differenzierungsmöglichkeit – und damit auch ein Teil ihrer Staatlichkeit – genommen . Eine verfassungsrechtlich sauberere Ausgestaltung zur Steigerung der Qualität wäre hierbei eine bessere Fi- nanzausstattung der Länder in Form von höheren An- teilen an Bundessteuern bzw . die Übertragung (weite- rer) eigener, auch anpassbarer Steuern gewesen . Ausdrücklich keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen bei der nun auch ausdrücklich möglichen Teilprivatisierung der Autobahnverwaltung . 3 . Inhaltliche Bedenken Durch das (erneute) Vermischen von Landes- und Bun- desaufgaben wird die politische Landschaft sowohl für Bürger als auch für Mandatsträger deutlich komplexer und schwerer zu durchschauen . Unter weiterer Be- rücksichtigung möglicher EU-Förderungen sind nun zum Beispiel im Schulbereich vier Ebenen mit der Finanzierung der Infrastruktur betraut (Kommune/ Landkreis als Schulträger, Land, Bund, Europäische Union) . Nachdem dies jedoch gewollt zu sein scheint, sollte in Zukunft etwaige Kritik an der Aufgaben- und Finanzierungsübernahme durch die Europäische Uni- on wohlbedacht sein . Die Ausstattung finanzschwacher Kommunen mit Bundesmitteln im Bereich der Bildung setzt deutliche Fehlanreize: Zum einen werden Kommunen, die sau- ber wirtschaften, faktisch benachteiligt, da sie gerade nicht von Bundeszuschüssen profitieren können. Zum anderen ist davon auszugehen, dass sich bei einer ver- stetigten Bundesförderung die Kommunen faktisch aus der Schulausstattung zurückziehen und eigentlich dafür vorgesehene Gelder anderweitig verplant wer- den . Die Übertragung der Kompetenz für die Bundesfern- straßenverwaltung auf den Bund wird nicht notwen- digerweise zu einer grundsätzlichen Verbesserung der Planungs- und Unterhaltungssituation führen . Viel- mehr ist – nach dem Beispiel der Bundeswasserstra- ßenverwaltung – zu befürchten, dass sich das Niveau auf einem zwar bundeseinheitlichen, aber für viele Bundesländer deutlich niedrigeren Niveau einpendeln wird; aufgrund höherer Tarife im Bereich des Bundes ist zudem von deutlich höheren Personalkosten auszu- gehen, die letztlich zulasten des Netzes gehen werden . Auch die Möglichkeit, in beschränkten Teilnetzen öf- fentlich-private Partnerschaften zur Finanzierung des Baus und der Unterhaltung einzugehen, überzeugen nicht . Vielmehr hätte man in diesem Bereich einen mutigen Schritt weiter zur völligen Öffnung für pri- vates Investment gehen müssen . Dabei geht es gerade nicht darum, Verdienstchancen für Private zu steigern, sondern die erweiterten Möglichkeiten der Privatwirt- schaft, aber auch deren Haftung in Anspruch zu neh- men . Dagegen sprechen auch nicht bisherige Beispiele für missglückte und überteuerte privat(vor-)finanzierte Projekte. Auch rein öffentlich strukturierte Projekte wie der Berliner Flughafen, die Elbphilharmonie oder Stuttgart 21 können völlig aus dem finanziellen Ru- der laufen. Darum hätte eine vollständige Öffnung für öffentlich-private Partnerschaften mit einer deutlichen Steigerung der Kontrolldichte einhergehen müssen, um sicherzustellen, dass die Leistung eines Privaten billiger und besser als eine staatliche Leistung wäre . Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ist eines der wich- tigsten Reformvorhaben dieser Koalition . Deshalb stim- me ich den damit verbundenen Grundgesetzänderungen auch zu . Allerdings möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass ich einige nicht unerhebliche Bedenken habe – gera- de was die Bundeshilfen für finanzschwache Kommunen durch den neuen Artikel 104c GG angeht . So richtig die Absicht ist, die kommunale Bildungsin- frastruktur zu verbessern, eine faktische teilweise Aufhe- bung des Kooperationsverbots ist aus meiner Sicht nicht der richtige Weg . Die Tatsache, dass für eine angemesse- ne finanzielle Ausstattung der Kommunen das jeweilige Bundesland zuständig ist, könnte somit in der Wahrneh- mung eher noch ab- als zunehmen . Ich habe die Sorge, dass die politischen Zuständigkei- ten verwässert und dadurch unübersichtlicher werden . Künftig werden finanzschwache bzw. schlecht regier- te Bundesländer einfach mit dem Finger auf den Bund zeigen, wenn Kommunen um Mittel für Sanierungen an Schulen bitten – und somit von der eigenen Verantwor- tung ablenken . Ziel der Föderalismusreform im Jahr 2006 war die Entflechtung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen, also die Schaffung klarer Strukturen und Verantwortlichkei- ten in der Aufgabenwahrnehmung . Mit Artikel 104c GG setzen wir ein widersprüchliches Signal – und falsche Anreize . Wir dürfen an dieser Stelle nicht vergessen, dass nicht nur der Bund sondern auch die Länder sowie die Kom- munen in den zurückliegenden Jahren von der hervor- ragenden wirtschaftlichen Lage und von stets steigen- den Steuermehreinnahmen kräftig profitiert haben und Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24209 (A) (C) (B) (D) weiter enorm profitieren. Zudem hat der Bund in dieser sowie bereits in der zurückliegenden Legislaturperio- de die Länder und Kommunen durch eine ganze Reihe von Beschlüssen – etwa die vollständige Übernahme der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbslosigkeit – in nie dagewesener Form finanziell entlastet. Ulrich Kelber (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über die Neuregelung des bundesstaatli- chen Finanzausgleichssystems ab . Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Erstens . Zunächst ist zu beachten, dass der Bundes- tag über ein Regelungspaket zu entscheiden hat, das im Vorfeld bereits zwischen allen Ministerpräsidenten und der Bundesregierung abgestimmt worden ist . Da die Län- der in den Finanzbeziehungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zugestan- den, ein Stück ihrer Kompetenz im Bildungsbereich wie- der an den Bund zu geben und in diesem Zusammenhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bundesstraßen bzw . Autobahnen dem Bund zu übertragen . Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Bundesregierung halte ich für kritikwürdig . Die Beratun- gen des Bundestages wurden deutlich dadurch erschwert, dass die Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Bun- desregierung ein Gesamtpaket völlig unterschiedlicher Regelungsbereiche verabschiedeten, die im Parlament faktisch nicht mehr entkoppelt werden können . Umso beachtlicher sind die durch die SPD erreichten Verände- rungen, die nun zur Abstimmung stehen . Unabhängig da- von hoffe ich aber, dass alle Parteien aus dieser Situation zukünftig lernen . Zweitens . Aus SPD-Sicht war in dem Regelungspaket von Anfang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschus- ses zu begrüßen . Für fast 1 Million alleinerziehende El- tern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen der un- terhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staat- liche Unterstützung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird dazu führen, dass die Doppelbelastung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigt werden kann . Drittens . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, sofort ein erstes Programm in Höhe von 3,5 Milliarden Euro für Bildungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen bereitzustellen. Viertens . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflich- tet, unter anderem die Verwaltung der Bundesautobah- nen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne . Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigentum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist . Allerdings befürchteten viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Zusammenhang, dass private Investoren über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könn- ten. Die ersten Verlautbarungen aus Bundesfinanzminis- terium und Bundesverkehrsministerium verstärkten die- sen Verdacht . Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bundesrechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf . Heute aber liegt nun eine Ergänzung des Verfassungs- textes vor, der eine unmittelbare oder mittelbare Beteili- gung Privater an der Gesellschaft und deren Tochterge- sellschaften ausdrücklich ausschließt . Dem Engagement der SPD-Bundestagsfraktion ist es zu verdanken, dass somit alle Hintertüren für eine mögliche Privatisierung in der Verfassung selbst geschlossen worden sind . Ich empfinde es als Bestätigung dieser Position, dass auch die Gewerkschaft Verdi sowie der Bundesrech- nungshof ihre Bedenken aufgrund dieser Änderungen als ausgeräumt betrachten . Darüber hinaus wurden in der Debatte sogenannte öf- fentlich-private Partnerschaften (ÖPP) problematisiert . Die Partnerschaften gibt es bereits, sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungspaket ermög- licht . Doch selbst in diesem Bereich konnte nun durch das parlamentarische Verfahren eine Verbesserung er- reicht werden: Erstmalig werden in der Verfassung öf- fentlich-private Partnerschaften für ganze Streckennetze oder wesentliche Teile explizit ausgeschlossen . Damit wird im Grundgesetz selbst ein klares Zeichen gegen die Ausweitung von ÖPP gesetzt . Die SPD-Bundestagsfraktion hätte sich eine noch wei- tergehendere Regelung gewünscht . Dies war jedoch mit der CDU/CSU-Fraktion nicht möglich . Ein Nein zum Gesetzesentwurf würde aber auf alle Eingrenzungen von ÖPP verzichten . Daher stimme ich den Grundgesetzänderungen heute zu . Helga Kühn-Mengel (SPD): Der Deutsche Bundes- tag stimmt heute über die Neuregelung des bundesstaatli- chen Finanzausgleichssystems ab . Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Erstens . Zunächst ist zu beachten, dass der Bundes- tag über ein Regelungspaket zu entscheiden hat, das im Vorfeld bereits zwischen allen Ministerpräsidenten und der Bundesregierung abgestimmt worden ist . Da die Länder in den Finanzbeziehungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zuge- standen, ein Stück ihrer Kompetenz im Bildungsbereich wieder an den Bund zu geben und in diesem Zusam- menhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bun- desstraßen bzw . Autobahnen dem Bund zu übertragen . Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724210 (A) (C) (B) (D) Bundesregierung halte ich für äußerst kritikwürdig . Die Beratungen des Bundestages wurden deutlich dadurch er- schwert, dass die Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Bundesregierung ein Gesamtpaket völlig unterschiedli- cher Regelungsbereiche verabschiedeten, die im Par- lament faktisch nicht mehr entkoppelt werden können . Umso beachtlicher sind die Veränderungen, die nun zur Abstimmung stehen. Unabhängig davon hoffe ich aber, dass alle Parteien aus dieser Situation zukünftig lernen . Zweitens . Aus SPD-Sicht war in dem Regelungspaket von Anfang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschus- ses zu begrüßen . Für fast 1 Million alleinerziehende El- tern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen der un- terhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staat- liche Unterstützung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird dazu führen, dass die Doppelbelastung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigt werden kann . Drittens . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bildungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen bereitzustellen. Eine vollständige Abschaffung des Ko- operationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wich- tiges Ziel sozialdemokratischer Politik . Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe . Dies ist aber zwischen den Koalitionspartnern umstritten . Viertens . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflich- tet, unter anderem die Verwaltung der Bundesautobah- nen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne . Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigentum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist . Allerdings befürchte- ten viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Zusammen- hang, dass private Investoren über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könnten . Die Verlautba- rungen aus Bundesfinanzministerium und Bundesver- kehrsministerium verstärkten diesen Verdacht . Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bundes- rechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf . Die Ge- werkschaft Verdi problematisierte insbesondere Fragen beim Personalübergang . Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfassungstextes vor, der eine unmit- telbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Ge- sellschaft und deren Tochtergesellschaften ausdrücklich ausschließt . Dem Engagement der SPD-Bundestagsfrak- tion ist es zu verdanken, dass somit alle Hintertüren für eine mögliche Privatisierung in der Verfassung selbst ge- schlossen worden sind . Zudem ist es gelungen, dass alle wechselbereiten Beschäftigten der Straßenbauverwaltun- gen der Länder vom Bund übernommen und grundsätz- lich dort eingesetzt werden, wo sie bisher arbeiten . Die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft ist verpflichtet, Tarif- verträge für alle Beschäftigen abzuschließen . Ich emp- finde es als Bestätigung dieser Position, dass auch die Gewerkschaft Verdi sowie der Bundesrechnungshof die Erfolge des parlamentarischen Verfahrens ausdrücklich anerkennen . Darüber hinaus werden in der Debatte sogenannte öf- fentlich-private Partnerschaften (ÖPP) problematisiert . Die Partnerschaften gibt es bereits – sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungspaket ermög- licht . Doch selbst in diesem Bereich konnte nun durch das parlamentarische Verfahren eine Verbesserung er- reicht werden: Erstmalig werden in der Verfassung öf- fentlich-private Partnerschaften für ganze Streckennetze oder wesentliche Teile explizit ausgeschlossen . Damit wird im Grundgesetz selbst ein klares Zeichen gegen die Ausweitung von ÖPP gesetzt . Die SPD-Bundestagsfraktion hätte sich eine noch wei- tergehende Regelung gewünscht . Dies war jedoch mit der CDU/CSU-Fraktion nicht möglich . Demokratie und das Ringen im parlamentarischen Verfahren bringen selten Ergebnisse, die zu 100 Prozent den Forderungen einer einzelnen Fraktion entsprechen . Wer künftig ÖPP vollständig verhindern will, muss dafür eintreten, dass der Staat mehr Mittel in die Infrastruk- tur investiert, wie es die SPD fordert . Ein völliger Aus- schluss von ÖPP im Grundgesetz, der einer Zweidrittel- mehrheit in Bundestag und Bundesrat bedarf, war in der bestehenden Koalition nicht realisierbar . Deshalb werbe ich für die Anerkennung der Verhandlungserfolge im par- lamentarischen Verfahren und die Erhöhung des Drucks auf all die politischen Kräfte, die eine schwarze Null im Bundeshaushalt über politische Gestaltungsmöglichkei- ten stellen . Ich stimme dem Gesetz zu . Dr. Norbert Lammert (CDU/CSU): Dem Gesetz zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs- systems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushalts- rechtlicher Vorschriften mit den damit verbundenen GG-Änderungen stimme ich nicht zu . An den zweifellos schwierigen Verhandlungen zwi- schen Bund und Ländern waren – anders als bei den bei- den Föderalismuskommissionen – Parlamente auf beiden Seiten nicht beteiligt . Umso wichtiger und zwingend notwendig ist aber, dass das Resultat dieser Verhandlun- gen in angemessener Weise parlamentarisch bewertet wird, zumal es die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern auf unabsehbar lange Zeit festlegt . Das gilt nicht zuletzt mit Blick auf die im Gesamtpaket dieses Regelwerkes vorgesehenen Verfassungsänderungen, die mit mehr als einem Dutzend vorgesehener Ergänzungen und Änderungen des Grundgesetzes im Umfang, Rege- lungsehrgeiz und Zeitplan in fast jeder Beziehung aus dem Rahmen fallen . Erstens . Der von den Regierungen des Bundes und der Länder am Ende gefundene Konsens ist im finanzi- ellen wie vor allem im politischen Sinne viel zu teuer und verändert die Architektur unserer föderalen Verfas- sungsordnung nachhaltig . Im Ergebnis ist festzustellen, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24211 (A) (C) (B) (D) dass der – bei allen Schwächen im Grundsatz bewähr- te – horizontale Länderfinanzausgleich zugunsten einer neuen, vertikalen Finanzbeziehung zwischen Bund und Ländern abgeschafft wird. Solidarverpflichtungen mit Ausgleichsansprüchen zwischen den Ländern wird es künftig nicht mehr geben . Die Länder werden mehr denn je zu Kostgängern des Bundes . Sie bezahlen diese An- sprüche, die sie gegen den Bund erwerben, einmal mehr mit der Abtretung eigener Kompetenzen an den Bund und geben erneut Gestaltungsrechte auf, die sie in den sogenannten „Föderalismusreformen“ erst vor wenigen Jahren mit Nachdruck eingefordert hatten . Zweitens. Trotz der weitreichenden finanziellen Ver- pflichtungen verweigern die Länder dem Bund weiterhin die seit langem überfällige bundeseinheitliche Steuer- verwaltung . Dagegen wird ohne zwingenden Grund und systemwidrig eine Finanzierungsverpflichtung des Bun- des gegenüber „finanzschwachen Gemeinden im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur“ begründet, für die er weder fachlich noch bundesstaatlich eine origi- näre Verantwortung hat; sie wird zu einer dauerhaften Alimentierung kommunaler Finanzierungsschwächen führen ohne wirksamen Einfluss und Aussicht auf ihre Überwindung . Drittens . Der mühsam gefundene Kompromiss zwi- schen Bund und Ländern zur Neuregelung des bundes- staatlichen Finanzausgleichssystems trägt gegenüber dem bestehenden System zu keiner wesentlichen Ver- besserung mit Blick auf Gleichwertigkeit der Lebensver- hältnisse, Transparenz oder Leistungsgerechtigkeit bei . Im Gegenteil: Die Abhängigkeit der Länder vom Bund wird noch stärker . Dies ist verfassungsrechtlich wie auch finanziell hochgradig riskant. Gerade erst überwundene Verflechtungen von Entscheidungsstrukturen werden in anderer Form wieder eingeführt . Als Folge drohen Ent- scheidungsblockaden und Ineffizienz. Die gerade deshalb unverzichtbare Möglichkeit einer Korrektur ungewollter Wirkungen wird mit über einem Dutzend in der Form in- diskutabler und in der Sache teilweise höchst zweifelhaf- ter GG-Änderungen verfassungsrechtlich betoniert und damit faktisch irreversibel . Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU): Ich stimme dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes nur mit großen Bedenken zu . Durch die verschiedenen Änderungen unseres Grund- gesetzes im Rahmen der Neuordnung des Länderfinanz- ausgleichs wird der Föderalismus in Deutschland merk- lich geschwächt . Eine wesentliche Säule des Föderalismus, die gegen- seitige Solidarität der Bundesländer, wird aus rein finan- ziellen Interessen der Bundesländer aufgegeben . Hinzu kommt, dass die Mischfinanzierung staatlicher Aufgaben durch den Bund und die Bundesländer weiter ausgewei- tet wird . Das wird dazu führen, dass die im Grundgesetz definierten Verantwortlichkeiten für die unterschiedli- chen Aufgaben von Bund und Bundesländern in Zukunft noch weniger erkennbar sein werden . Die Bundesländer haben bisher die alleinige Verant- wortung für ihre Kommunen . Dieses Prinzip der Verant- wortlichkeit der Bundesländer für ihre Kommunen wird mit den Änderungen des Grundgesetzes nun durchbro- chen . Weitergehende Informations- und Prüfungsrechte des Bundes können dies nicht ausgleichen . Meine Zustimmung zu dieser Änderung des Grundge- setzes kann ich nur geben, weil die Bundesländer durch ihr Modell zur Neuordnung des Länderfinanzausgleichs im Jahr 2015, auf dem diese Änderung des Grundgeset- zes basiert, selbst diese Schwächung des Föderalismus herbeigeführt haben . Zudem kann es durchaus auch aus Gründen der bun- desstaatlichen Solidarität zweckmäßig sein, finanz- schwache Kommunen, die von ihrem jeweiligen Bundes- land finanziell nicht ausreichend ausgestattet werden, bei der Erfüllung notwendiger Aufgaben zu unterstützen . Es wäre aber besser gewesen, die Gelegenheit zu ergreifen, die Finanzverfassung insgesamt neu zu ordnen und dabei die öffentlichen Körperschaften zur Erfüllung ihrer je- weiligen Aufgaben entsprechend finanziell auszustatten. Antje Lezius (CDU/CSU): Ich stimme dem Ge- setzentwurf zu, gebe aber hiermit meine Bedenken zur Kenntnis . Ich halte das System des Föderalismus für richtig und wichtig . Kommunen und Landesregierungen sollten so aufgestellt werden und sein, dass sie selbstverantwortlich für die ihnen ureigenen Aufgaben im Sinne der Bürgerin- nen und Bürger handeln können . Ich stimme der Aussage unseres Bundestagspräsidenten Lammert zu, der in einem Interview im Handelsblatt Folgendes geäußert hat: „Mit dieser Regelung werden finanzschwache Kommunen in Zukunft versuchen, möglichst lange finanzschwach zu gelten, um sich Hilfen des Bundes zu sichern .“ Schon immer klagten die Bundesländer über zu wenig Geld vom Bund . Mit vielen Projekten haben wir in der Vergangenheit schon an den Ländern vorbei versucht, den Kommunen finanziell zu helfen, zum Beispiel die Schulen mit modernsten Computern auszustatten . Wir sehen sehr wohl die Notwendigkeit, dass wir, wenn wir weiterhin eine führende Rolle nach außen beanspruchen und das Bestmögliche für unsere Bürger und Bürgerin- nen in unserem Land wollen, eingreifen müssen . Schon deshalb, weil wir im Moment in der einer guten konjunk- turellen Lage sind, können wir dies auch tun . Mein heutiges Stimmverhalten ist eine Ausnahme . Dies kann und sollte nicht die Regel sein . Mir ist für die Zustimmung wichtig, dass wir in Zu- kunft mehr Kompetenzen sowie Steuerungs- und Kon- trollrechte gegenüber den Ländern haben, darüber hinaus als Ergänzung ein Kündigungsrecht für den Bundestag . Verkehrsinfrastruktur muss effizienter und effektiver werden . Aber eine Privatisierung lehne ich ab . Die Bildungsinfrastruktur gerade auch in meiner Hei- mat muss unterstützt werden . Auch die Digitalisierung muss vorangebracht werden . Hierfür müssen ausreichen- de Mittel zur Verfügung stehen . Die Verhandlungen waren angesichts des komplexen Interessengeflechts nicht einfach. Wenn ich das Ergebnis Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724212 (A) (C) (B) (D) aber gesamtstaatlich sehe, ist es notwendig, hier begrenzt einzugreifen . Ingbert Liebing (CDU/CSU): Die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ist ein elementar wich- tiges Vorhaben der laufenden Wahlperiode . Dabei ist es richtig und wichtig, das Gesetzgebungsverfahren noch in dieser Wahlperiode abzuschließen, damit alle Beteiligten mit ausreichendem Vorlauf Planungssicherheit haben . Das großzügige finanzielle Engagement des Bundes ist für viele Kommunen eine große Hilfe, auch wenn Misch- zuständigkeiten und Mischfinanzierungen zu keiner Klä- rung von Verantwortung führen, oft als „goldener Zügel“ wirken und die grundgesetzlich garantierte kommunale Selbstverwaltung eher einschränken . In der Gesamtschau ist das vorliegende Gesetzespaket wichtig und verdient deshalb Zustimmung . Dennoch: Teile wecken auch Skepsis . Die Einfügung des Artikels 104c GG setzt ein schwie- riges Signal und falsche Anreize . Statt Bundeshilfen für finanzschwache Kommunen im Grundgesetz zu normie- ren, sollten die finanziell zuständigen Länder alles da- ransetzen, die Finanzschwäche von Kommunen zu be- heben . Das eigentliche Ziel müsste es sein, dass es keine finanzschwachen Kommunen gibt. Stattdessen werden finanzschwache Kommunen jetzt sogar in der Verfassung verankert . Ziel der Föderalismusreform 2006 ist gewesen, klare Strukturen und Verantwortlichkeiten in der Aufgaben- wahrnehmung durch Bund und Länder zu schaffen. Die- ses Ziel war richtig und ist weiterhin richtig . Mit Arti- kel 104c GG wird dieses Ziel ein Stück aus den Augen verloren . Am Grundsatz, dass für eine aufgabenange- messene auskömmliche Finanzausstattung der Kommu- nen die jeweiligen Bundesländer verantwortlich und zu- ständig sind, ist festzuhalten . Dies gilt nicht nur für den Bereich der Bildungsinfrastruktur, sondern insgesamt für alle von den Kommunen auszuführenden Aufgaben . Aus dieser Sicht besteht durch die Einfügung des Arti- kel 104c GG die Gefahr, dass ein dauerhafter Fehlanreiz gesetzt wird, dass Länder künftig Kommunen bei Inves- titionsbedarf an den Bund verweisen und somit aus der Erweiterung der Mitfinanzierungsmöglichkeit eine Mitfi- nanzierungszuständigkeit wird . Wir werden dies kritisch beobachten . Gut ist auch, dass der Bundesrechnungshof im Rahmen von Mischfinanzierungen künftig stärkere Prüfungsrechte hat . Wir müssen in Zukunft auch aufpassen, dass aus dem ersten Schritt des Artikel 104c GG mit der Mitfinanzie- rungsmöglichkeit für den Bund in der Bildungsinfrastruk- tur finanzschwacher Kommunen keine Allgemeinzustän- digkeit des Bundes für alle Probleme vor Ort wird . Das Argument, die Menschen würden es nicht verstehen, dass der Bund nicht für marode Schulen zuständig sei, ließe sich genauso auf marode Straßen und Brücken, andere öffentliche Einrichtungen oder geschlossene Schwimm- bäder ausdehnen . Der Bund wird aber nicht in der Lage sein, alle Missstände vor Ort zu lösen – erst recht nicht, wenn Länder die Hilfen des Bundes unterlaufen und den Kommunen immer größere Lasten aufbürden, um den eigenen Landeshaushalt zu schonen . Die SPD-Landesre- gierungen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben vorgemacht, wie dieses schlechte Spiel zulasten der Kommunen funktioniert . Mit dem neuen Artikel 104c GG ist auch die Aufsto- ckung des Kommunalinvestitionsförderprogramms von 3,5 Milliarden Euro auf 7 Milliarden Euro verbunden . Das ist immerhin einmal mehr ein Zeichen, dass wir als CDU/CSU-geführte Regierungskoalition bereit sind, den Kommunen zu helfen – wie wir dies in dieser Wahlperio- de bereits vielfältig getan haben . Bei aller strukturellen Kritik ergeben sich aus kommu- naler Sicht aber auch Chancen aus der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen: Die stärkere Berück- sichtigung der kommunalen Finanzkraft bei der Zutei- lung der Finanzmittel auf die Länder in Artikel 107 GG ist ein wichtiger Schritt zur Behebung struktureller kom- munaler Finanzschwäche . Dabei ist zwingend darauf zu achten, dass höhere Zuweisungen an die Länder tatsäch- lich dazu genutzt werden, die Steuerkraftunterschiede auf Gemeindeebene auszugleichen . Keinesfalls darf aus Artikel 107 GG ein Anreiz entstehen, die Steuerkraft der Kommunen zu senken, um höhere Beträge aus der Verteilung der Finanzmittel auf die Länder zu erhalten, um diese Finanzmittel dann im Landeshaushalt zu ver- buchen . Wichtig ist, dass die vom Bund für die Kommunen be- reitgestellten Finanzmittel von den Ländern an die Kom- munen weitergeleitet werden und dann auch ungekürzt und zusätzlich vor Ort ankommen. Kommunalfinanzen sind kein Beitrag zur Konsolidierung von Landeshaus- halten . Eine gekürzte Weiterleitung der Bundesmittel oder eine Verrechnung im Zuge des kommunalen Finanz- ausgleichs sind ebenso inakzeptabel wie der Ersatz von Landesmitteln durch Bundeshilfen beispielsweise bei Investitionszuschüssen . Die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel müssen seitens der Länder ungekürzt und zusätzlich den Kommunen zur Verfügung gestellt werden, um – in Umsetzung der Bundesintention – deren Finanzkraft zu stärken . Auch eine Verrechnung im Rah- men des kommunalen Finanzausgleichs ist unzulässig und mit der Absicht, die kommunale Selbstverwaltung zu stärken, unvereinbar . Entsprechende Regelungen in Fi- nanzausgleichsgesetzen der Länder sind zu korrigieren . Auch der in der Änderung des Kommunalinvestitions- förderungsgesetzes fortgeschriebene Verteilungsschlüs- sel zur Zuteilung der zur Stärkung der kommunalen In- vestitionskraft vorgesehenen 3,5 Milliarden Euro auf die Länder ist alles andere als unumstritten . Eine Einbezie- hung der kommunalen Kassenkredite in den Verteilungs- schlüssel greift in der vorgenommenen Form für eine dauerhafte Lösung zu kurz und setzt falsche Anreize . Es ist Aufgabe der Länder, für eine ausreichende Finanzaus- stattung der Kommunen zu sorgen und deren Liquidität zu sichern, sodass die Aufnahme von Kassenkrediten und ein Ausweichen auf Anleihen und Wertpapierverschul- dung erst gar nicht erforderlich werden . Haushalterische Disziplin darf nicht bestraft werden – ebenso wenig An- sätze der Länder, ihre Kommunen zu entschulden und vor struktureller Finanzschwäche zu bewahren . Es wäre schön gewesen, einen besseren Verteilungsschlüssel zu Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24213 (A) (C) (B) (D) finden; letztlich ist dies angesichts der vielschichtigen Interessenslage dieses Mal aber nicht gelungen . Zur Verantwortung und Zuständigkeit der Länder für eine aufgabenangemessene Finanzausstattung der Kommunen gehört auch, Mehrbelastungen aus Aufga- benübertragungen im Rahmen der Konnexität auszu- gleichen . Dies gilt insbesondere für die Mehrbelastung aus der Umsetzung des Unterhaltsvorschussgesetzes . Wenn die Länder im Bundesrat einer Regelung zustim- men, die zu Mehrausgaben bei den Kommunen führen, können sie anschließend nicht auf den Bund verweisen, sondern müssen diese Mehrausgaben selber ausgleichen . Der Bund hat seinen Beitrag durch eine Erhöhung des Bundesanteils an den Leistungsausgaben des Unterhalts- vorschussgesetzes auf 40 Prozent geleistet . Dies allein wird jedoch nicht reichen, die Ausgabensteigerungen bei den Kommunen, bei denen zu den reinen Auszahlungen noch Kosten für Personal und Sachmittel hinzukommen, auszugleichen . Hier sind die Länder gefordert, die Betei- ligung der Kommunen an den vom Land zu tragenden 60 Prozent so zu gestalten, dass es nicht zu kommunalen Ausgabensteigerungen kommt . Das gilt insbesondere für Nordrhein-Westfalen mit der mit 80 Prozent höchsten Beteiligungsquote der Kommunen am Unterhaltsvor- schussgesetz . Im Rahmen der Neuordnung der Bund-Länder-Fi- nanzbeziehungen werden die bislang vom Bund bereit- gestellten Entflechtungsmittel – ehemals unter anderem GVFG, sozialer Wohnungsbau – ab dem Jahr 2020 nicht mehr als eigenes Bundesprogramm, sondern über einen höheren Umsatzsteueranteil der Länder bereitgestellt . Das bedeutet, dass nicht nur die investive Zweckbindung entfällt, sondern dass die Gefahr droht, dass diese Mittel auch im allgemeinen Haushaltsaufkommen der Länder zunächst untergehen . Die Länder müssen die bislang in den Entflechtungsmitteln enthaltenen Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden künftig den Kommunen über entsprechende Landesprogramme zur Verfügung stellen. Die Auflösung der Entflechtungsmittel zugunsten eines höheren Län- deranteils an der Umsatzsteuer darf auf keinen Fall dazu führen, dass die bislang bereitstehenden Mittel künftig nicht mehr zur Verfügung stehen und in Landeshaushal- ten versickern . Dr. Claudia Lücking-Michel (CDU/CSU): Nach ein- gehender Prüfung überwiegen für mich die politischen Vorteile des Gesetzes gegenüber den weiterhin bestehen- den verfahrenstechnischen, verfassungsrechtlichen und inhaltlichen Bedenken . Ich stimme dem Gesetz deshalb trotz großer Vorbehalte zu . Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf werden massive Änderungen an der gelebten Verfassungswirklichkeit vorgenommen . Insbesondere die (weitere) Abkehr vom Kooperationsverbot und die faktische Abschaffung des horizontalen Länderfinanzausgleichs zugunsten einer neuen vertikalen Finanzbeziehung greifen deutlich in die bisherige Organisation des Staates ein . Hier wäre eine stärkere Beteiligung von Anfang an sowohl des Deut- schen Bundestages als auch der einzelnen Länderparla- mente aufgrund der hohen Bedeutung der Entscheidung angebracht gewesen . Die vorgesehenen Grundgesetzänderungen beein- trächtigen in erheblichem Umfang die föderale Struktur unseres Landes und heben die gesetzlichen Regelungen in der Folge der Arbeit der Föderalismuskommissionen I und II mit dem Ziel, die Regelungsverantwortung für bis dahin gemeinschaftlich wahrgenommenen Aufgaben zu trennen, teilweise wieder auf . Die klare Trennung zwi- schen Aufgaben und Verantwortlichkeiten von Bund und Ländern wird wieder zurückgenommen und in Teilen so- gar aufgegeben . Die jetzt zu beschließende Inanspruchnahme des Bun- des bei der Finanzierung der kommunalen Bildungsin- frastruktur in sogenannten finanzschwachen Kommunen ohne Möglichkeiten der Einflussnahme des Bundes auf die Rahmenbedingungen in den geförderten Kommunen führt zu einer Verschlechterung der Position des Bundes, der lediglich zahlen soll . Zum anderen wird die Bildungs- politik als Kernkompetenz der Bundesländer ausgehöhlt . Die Länder geben erneut Gestaltungsrechte auf . Den Ländern wird mit diesem Regelungspaket zuge- standen, dass sie ihre Verantwortung für ureigene Län- derangelegenheiten gegen Geldzahlungen des Bundes abgeben . Die Abhängigkeit der Länder vom Bund wird noch stärker . Der richtige Weg wäre gewesen, die Finan- zausstattung der Länder so zu verbessern, dass sie ihren ureigenen Aufgaben gegenüber finanzschwachen Kom- munen besser nachkommen könnten . Dass Länder Zu- wendungen des Bundes mit dem Zweck, Kommunen zu unterstützen, vielfach nur teilweise weitergegeben haben und teilweise anderweitig verwendet haben, wäre mit an- deren Mitteln zu unterbinden . Auf der anderen Seite ist es unstreitig, dass die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland eine politisch zentrale Aufgabe ist, bei der sich auch der Bund nicht einfach aus der Verantwortung ziehen kann . Durch erhebliche Unterschiede bei der Bildungsausstat- tung wäre diese Gleichwertigkeit auch langfristig massiv beeinträchtigt . Diesen gesamtstaatlichen Auftrag anders als durch die hier zu entscheidenden gesetzlichen Rege- lungen wahrzunehmen, ist gegenwärtig leider nicht mög- lich . Erst recht als Bildungspolitikerin könnte ich es ge- genüber den Schulen zum Beispiel in meinem Wahlkreis nicht verantworten, ihnen durch eine Ablehnung heute mögliche Verbesserungen des Lernumfelds vorzuenthal- ten, für die es sonst kaum eine Chance gäbe . Kirsten Lühmann (SPD): Dieser Bundestag hat für die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur in den letzten Jahren deutlich mehr Mittel zur Verfügung gestellt, auch um den Investitionsstau bei unseren Straßen zu beenden . Organisatorische Mängel verhindern häufig, dass das zur Verfügung stehende Geld für den Bau von Bundes- fernstraßen zielgenau und an verkehrlichen Maßstäben orientiert abfließen kann. Auch bei Planung und Betrieb gibt es vielerorts unbestreitbaren Optimierungsbedarf . Das ist auf nahezu allen politischen Ebenen erkannt und benannt worden . Eine Reform dieser Strukturen ist des- halb dringend geboten . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724214 (A) (C) (B) (D) Neben einer Reform der Auftragsverwaltung war hier- zu schon länger die Gründung einer Bundesfernstraßen- gesellschaft im Gespräch, die Planung, Bau und Betrieb in die Hände des Bundes legt . Da der Bund am besten in der Lage ist, seine eigenen Prioritäten umzusetzen, und ich das angesichts des Nachholbedarfs in der Verkehrs- infrastruktur für notwendig erachte, habe ich diese Idee immer befürwortet . Ein entsprechendes Konzept, wie es die Arbeitsgruppen Verkehr, Wirtschaft und Haushalt der SPD-Bundestagsfraktion vorgelegt haben, fand und fin- det meine volle Unterstützung . Der von der Bundesregierung ursprünglich vorgelegte Entwurf hat den verkehrspolitischen Anforderungen je- doch zum einen nicht ausreichend Rechnung getragen, zum anderen gravierende Mängel hinsichtlich Privatisie- rung, Struktur, Beteiligung der Politik und Mitarbeiter- rechten aufgewiesen . Er war daher nicht zustimmungs- fähig . Deshalb haben wir in langen Verhandlungen aus meiner Sicht wesentliche Änderungen durchgesetzt . Der häufigste Vorwurf gegen den vorliegenden Vor- schlag zur Bundesfernstraßengesellschaft ist der, er ermögliche Privatisierungen durch die Hintertür . Fest- gemacht wird dies an der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung . Es gibt aber genug Praxisbei- spiele – zum Beispiel die Verkehrsinfrastrukturfinanzie- rungsgesellschaft (VIFG) oder die Gesellschaft für Inter- nationale Zusammenarbeit (GIZ) –, die beweisen, dass eine GmbH in öffentlichem Besitz nicht gewinnorientiert sein muss . Hierfür galt es, die notwendigen Schranken dauerhaft zu setzen . Die von der SPD verhandelten Be- grenzungen für die Privatisierung sind daher für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung . Den Einfluss von öffentlich-privaten Partnerschaf- ten (ÖPP) wird mit der vorliegenden Reform weiter beschränkt . ÖPP für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentlicher Teile davon umfassen, sind ausgeschlossen . Es werden Möglichkeiten zur Einbeziehung privater Betreiber und institutioneller Investoren ausgeschlossen, die bislang noch bestehen . Hier ist der Gesetzentwurf ein echter Fortschritt . Dem Deutschen Bundestag – namentlich dem Haushalts- und dem Verkehrsausschuss – werden durch die Reform neue Kontrollmöglichkeiten eingeräumt, die dieser auch im Sinne des Interesses der Bürgerinnen und Bürger nutzen wird . Bereits vor dieser Reform hat die Koalition im aktu- ellen Bundesverkehrswegeplan den Anreiz für ÖPP ge- mindert, da Gelder nicht mehr nach Ländern, sondern nach Prioritäten vergeben werden . Auch durch die neu eingeführten, realistischeren Wirtschaftlichkeitsberech- nungen werden ÖPP reduziert, ebenso wie das in der neuen Gesellschaft eingeführte Planungsprinzip nach der Lebenszeit . Wichtig für mich ist auch, dass mit der vorliegen- den Reform das wirtschaftliche Eigentum der Bundes- fernstraßen unveräußerlich beim Bund bleibt . Die neue Gesellschaft ist lediglich für die Verwaltung zuständig, auch die Übertragung von Nießbrauchrechten – also die gewinnbringende Nutzung durch die Gesellschaft – ist ausgeschlossen . Die Gesellschaft wird auch nicht als Mautgläubigerin auftreten . Auch eine funktionale Pri- vatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesellschaft auf Dritte ist nicht möglich . In enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften haben wir zudem die Rechte der Beschäftigten beim geplanten Personalübergang von den Straßenbauver- waltungen der Länder auf den Bund festgeschrieben . So gibt es zum Beispiel ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang, und die besondere Situation des beamteten Personals wird berücksichtigt . Auch das ist für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung . Bedenken habe ich allerdings, ob ein Wechsel des Systems ohne größere Friktionen möglich ist und in ab- sehbarer Zeit die gewünschte größere Effizienz und Ef- fektivität tatsächlich erreicht werden können . Vielmehr sind durch die Umstellung deutliche Verzögerungen und Effizienzverluste möglich. Wichtig ist nun, dass der Ge- sellschaftsvertrag entsprechend im Sinne einer effizien- ten Arbeitsweise der neuen Gesellschaft gestaltet wird . Durch unsere Änderungen am Gesetz wird hierfür das Parlament zuständig sein . Obwohl ich weiterhin nicht sicher bin, dass die er- hofften Verbesserungen mit der vorliegenden Reform der Straßenbauverwaltung tatsächlich erreicht werden kön- nen, habe ich bei meiner Entscheidung auch die anderen Aspekte dieses Gesetzes zu berücksichtigen . Die um- fassende Reform der Bund-Länder-Beziehungen ist ein wichtiger Schritt zu einer nachhaltigen Finanzierung der Länder . Zusätzlich sind die Einschränkung des Koopera- tionsverbots, das Investitionsprogramm für Kommunen und der Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende wich- tige Zukunftsprojekte, die das Leben vieler Menschen spürbar verbessern werden . In Abwägung dieser Dinge und angesichts der Tatsache, dass die wesentlichen Män- gel der Infrastrukturgesellschaft Verkehr einfachgesetz- lich behoben werden können, stimme ich dem Gesetz- entwurf zu . Matern von Marschall (CDU/CSU): Dem Gesetzes- paket stimme ich zu, allerdings nur unter größten Beden- ken . Insbesondere der Aushöhlung des Subsidiaritätsprin- zips und einer damit einhergehenden Schwächung des Föderalismus wird dadurch der Weg bereitet, der Weg in den Zentralstaat . Gerade die Unterstützung sogenannter finanzschwacher Kommunen durch den Bund, statt wie bisher durch die Länder, Artikel 104c, ist hier ein Ein- fallstor für künftig immer neue Forderungen nach mehr Übertragung von Pflichten und Kompetenzen an den Bund. Die – finanzschwachen – Länder werden in Zu- kunft abhängig sein von der Zahlungskraft und dem Wil- len des Bundes . Diese Schwächung der Länder entspricht allerdings ihrem eigenen Wunsch . Auch das erscheint mir falsch und kurzsichtig . Zudem gerät das Prinzip der Solidarität der Länder un- tereinander in Gefahr . Da weiterhin das Land für die Mitteleinsetzung zu- ständig bleibt, verschiebt sich nun die Kompetenz der Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24215 (A) (C) (B) (D) Mittelzuweisung auf Bundesebene . Die Länder sind wei- terhin verantwortlich dafür, welche Gemeinden und Ge- meindeverbände förderfähig sind . In der Überzeugung, dass unsere Bundesländer bewusst mit dieser Kompetenz umgehen werden, kann ich meine Zustimmung erteilen . Wir müssen aber an die Länder appellieren, diese Neustrukturierung nicht als Anreiz zu nehmen, fahrlässig Schulden anzuhäufen . Weiterhin muss gelten, dass keine Kommune auf der Strecke bleiben darf . Ich bin gegen die vollständige Auf- gabe des Föderalismus in Deutschland und nur dort für eine zentralistische Regelung, wo sie nötig oder sinnvoll erscheint . Susanne Mittag (SPD): Dieser Bundestag hat für die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur in den letzten Jahren deutlich mehr Mittel zur Verfügung gestellt, auch um den Investitionsstau bei unseren Straßen zu beenden . Organisatorische Mängel verhindern häufig, dass das zur Verfügung stehende Geld für den Bau von Bundes- fernstraßen zielgenau und an verkehrlichen Maßstäben orientiert abfließen kann. Auch bei Planung und Betrieb gibt es vielerorts unbestreitbaren Optimierungsbedarf . Das ist auf nahezu allen politischen Ebenen erkannt und benannt worden . Eine Reform dieser Strukturen ist des- halb dringend geboten . Neben einer Reform der Auftragsverwaltung war hier- zu schon länger die Gründung einer Bundesfernstraßen- gesellschaft im Gespräch, die Planung, Bau und Betrieb in die Hände des Bundes legt . Da der Bund am besten in der Lage ist, seine eigenen Prioritäten umzusetzen und ich das angesichts des Nachholbedarfs in der Verkehrs- infrastruktur für notwendig erachte, habe ich diese Idee befürwortet . Ein entsprechendes Konzept, wie es die Arbeitsgruppen Verkehr, Wirtschaft und Haushalt der SPD-Bundestagsfraktion vorgelegt haben, fand und fin- det meine volle Unterstützung . Der von der Bundesregierung ursprünglich vorgelegte Entwurf hat den verkehrspolitischen Anforderungen je- doch zum einen nicht ausreichend Rechnung getragen, zum anderen gravierende Mängel hinsichtlich Privatisie- rung, Struktur, Beteiligung der Politik und Mitarbeiter- rechten aufgewiesen . Er war daher nicht zustimmungs- fähig . Deshalb haben wir in langen Verhandlungen aus meiner Sicht wesentliche Änderungen durchgesetzt . Der häufigste Vorwurf gegen den vorliegenden Vor- schlag zur Bundesfernstraßengesellschaft ist der, er ermögliche Privatisierungen durch die Hintertür . Fest- gemacht wird dies an der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung . Es gibt aber genug Praxisbei- spiele – zum Beispiel die Verkehrsinfrastrukturfinanzie- rungsgesellschaft (VIFG) oder die Gesellschaft für Inter- nationale Zusammenarbeit (GIZ) –, die beweisen, dass eine GmbH in öffentlichem Besitz nicht gewinnorientiert sein muss . Hierfür galt es, die notwendigen Schranken dauerhaft zu setzen . Die von der SPD verhandelten Be- grenzungen für die Privatisierung sind daher für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung . Den Einfluss von öffentlich-privaten Partnerschaf- ten (ÖPP) wird mit der vorliegenden Reform weiter beschränkt . ÖPP für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentlicher Teile davon umfassen, sind ausgeschlossen . Es werden Möglichkeiten zur Einbeziehung privater Betreiber und institutioneller Investoren ausgeschlossen, die bislang noch bestehen . Hier ist der Gesetzentwurf ein echter Fortschritt . Dem Deutschen Bundestag – namentlich dem Haushalts- und dem Verkehrsausschuss – werden durch die Reform neue Kontrollmöglichkeiten eingeräumt, die dieser auch im Sinne des Interesses der Bürgerinnen und Bürger nutzen wird . Bereits vor dieser Reform hat die Koalition im aktu- ellen Bundesverkehrswegeplan den Anreiz für ÖPP ge- mindert, da Gelder nicht mehr nach Ländern, sondern nach Prioritäten vergeben werden . Auch durch die neu eingeführten, realistischeren Wirtschaftlichkeitsberech- nungen werden ÖPP reduziert, ebenso wie das in der neuen Gesellschaft eingeführte Planungsprinzip nach der Lebenszeit . Wichtig für mich ist auch, dass mit der vorliegen- den Reform das wirtschaftliche Eigentum der Bundes- fernstraßen unveräußerlich beim Bund bleibt . Die neue Gesellschaft ist lediglich für die Verwaltung zuständig . Auch die Übertragung von Nießbrauchrechten – also die gewinnbringende Nutzung durch die Gesellschaft – ist ausgeschlossen . Die Gesellschaft wird nicht als Maut- gläubigerin auftreten . Eine funktionale Privatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesell- schaft auf Dritte ist ebenfalls nicht möglich . In enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften haben wir zudem die Rechte der Beschäftigten beim geplanten Personalübergang von den Straßenbauver- waltungen der Länder auf den Bund festgeschrieben . So gibt es zum Beispiel ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang, und die besondere Situation des beamteten Personals wird berücksichtigt . Auch das ist für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung . Bedenken habe ich allerdings, ob ein Wechsel des Systems ohne größere Friktionen möglich ist und ob in absehbarer Zeit die gewünschte größere Effizienz und Effektivität tatsächlich erreicht werden kann. Vielmehr sind durch die Umstellung deutliche Verzögerungen und Effizienzverluste möglich. Wichtig ist nun, dass der Ge- sellschaftsvertrag im Sinne einer effizienten Arbeitswei- se der neuen Gesellschaft entsprechend gestaltet wird . Durch unsere Änderungen am Gesetz wird hierfür das Parlament zuständig sein . Obwohl ich weiterhin nicht sicher bin, dass die er- hofften Verbesserungen mit der vorliegenden Reform der Straßenbauverwaltung tatsächlich erreicht werden kön- nen, habe ich bei meiner Entscheidung auch die anderen Aspekte dieses Gesetzes zu berücksichtigen . Die um- fassende Reform der Bund-Länder-Beziehungen ist ein wichtiger Schritt zu einer nachhaltigen Finanzierung der Länder . Zusätzlich sind die Einschränkung des Koopera- tionsverbots, das Investitionsprogramm für Kommunen und der Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende wich- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724216 (A) (C) (B) (D) tige Zukunftsprojekte, die das Leben vieler Menschen spürbar verbessern werden . Damit kann der Bund end- lich auch in gute Schulen mit moderner IT-Ausstattung und moderne Klassenräume investieren . Die Finanzmit- tel in Höhe von insgesamt 3,5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2020 helfen den Ländern und Kommunen, den mas- siven Sanierungsstau an deutschen Schulen abzubauen . In Abwägung dieser Dinge und angesichts der Tatsache, dass die wesentlichen Mängel der Infrastrukturgesell- schaft Verkehr einfachgesetzlich behoben werden kön- nen, stimme ich dem Gesetzentwurf zu . Karsten Möring (CDU/CSU): Ich stimme dem Ge- setz trotz erheblicher Vorbehalte zu . Meine Gründe erläu- tere ich nachfolgend . Die Grundgesetzänderungen beeinträchtigen in er- heblichem Umfang die föderalistische Struktur unseres Landes. Der zukünftige Länderfinanzausgleich bekommt statt der horizontalen Struktur eine vertikale, indem der Bund in erheblichem Umfang die Länder alimentiert und der bisherige Solidarausgleich zwischen den Bundeslän- dern dahinter zurücktritt . Die gesetzlichen Regelungen in der Folge der Arbeit der Föderalismuskommissionen I und II mit dem Ziel, die Regelungsverantwortung für bis dahin gemeinschaftlich wahrgenommene Aufgaben zu trennen, werden teilweise aufgehoben . Die jetzt zu beschließende Inanspruchnah- me des Bundes bei der Finanzierung der kommunalen Bildungsinfrastruktur in sogenannten finanzschwachen Kommunen ohne Möglichkeiten der Einflussnahme des Bundes auf die Rahmenbedingungen in den geförderten Kommunen führt zudem zu einer Verschlechterung der Position des Bundes, der lediglich zahlen soll . Den Ländern wird mit diesem Regelungspaket zuge- standen, dass sie ihre Verantwortung für ureigene Län- derangelegenheiten gegen Geldzahlungen des Bundes abgeben . Es wäre besser gewesen, die Finanzausstattung der Länder so zu verbessern, dass sie ihren ureigenen Auf- gaben gegenüber finanzschwachen Kommunen besser nachkommen könnten . Dass Länder Zuwendungen des Bundes mit dem Zweck, Kommunen zu unterstützen, vielfach nur teilweise weitergegeben haben und teilweise anderweitig verwendet haben, wäre mit anderen Mitteln zu unterbinden . Auf der anderen Seite ist es unstreitig, dass die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland durch erhebliche Unterschiede bei der Bildungsausstat- tung auch langfristig massiv beeinträchtigt wäre . Diesen gesamtstaatlichen Auftrag anders als durch die hier zu entscheidenden gesetzlichen Regelungen wahrzuneh- men, ist gegenwärtig leider nicht möglich . Erst recht als ehemaliger Schulleiter könnte ich es den Schulen in meinem Wahlkreis gegenüber nicht verantworten, ihnen durch eine Ablehnung heute mögliche Verbesserungen des Lernumfelds vorzuenthalten, für die es sonst kaum eine Chance gäbe . Ulli Nissen (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über die Neuregelung des bundesstaatlichen Finanz ausgleichssystems ab . Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Erstens . Zunächst ist zu beachten, dass der Bundes- tag über ein Regelungspaket zu entscheiden hat, das im Vorfeld bereits zwischen allen Ministerpräsidenten und der Bundesregierung abgestimmt worden ist . Da die Länder in den Finanzbeziehungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zuge- standen, ein Stück ihrer Kompetenz im Bildungsbereich wieder an den Bund zu geben und in diesem Zusam- menhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bun- desstraßen bzw . Autobahnen dem Bund zu übertragen . Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Bundesregierung halte ich für äußerst kritikwürdig . Die Beratungen des Bundestages wurden deutlich dadurch er- schwert, dass die Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Bundesregierung ein Gesamtpaket völlig unterschiedli- cher Regelungsbereiche verabschiedeten, die im Parla- ment faktisch nicht mehr entkoppelt werden können . Zweitens . Die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses begrüße ich ausdrücklich . Sie war längst überfällig . Für fast 1 Million alleinerziehende Eltern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen der unterhaltspflichtige El- ternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staatliche Unterstüt- zung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Berufstätige Alleiner- ziehende werden so zum 1 . Juli mehr Geld in der Tasche haben . Dieses wird dazu führen, dass die Doppelbelas- tung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigt wer- den kann . Drittens . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bildungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen bereitzustellen. Eine vollständige Abschaffung des Ko- operationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wich- tiges Ziel sozialdemokratischer Politik . Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe . Das ist aber zwischen den Ko- alitionspartnern umstritten . Viertens . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflich- tet, unter anderem die Verwaltung der Bundesautobah- nen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne . Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigentum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist . Allerdings befürchte- ten viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Zusammen- hang, dass private Investoren über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könnten . Die Verlautba- rungen aus Bundesfinanzministerium und Bundesver- kehrsministerium verstärkten diesen Verdacht . Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bundes- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24217 (A) (C) (B) (D) rechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf . Die Ge- werkschaft Verdi problematisierte insbesondere Fragen beim Personalübergang . Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfassungstextes vor, der eine unmit- telbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Ge- sellschaft und deren Tochtergesellschaften ausdrücklich ausschließt . Zudem ist es gelungen, dass alle wechsel- bereiten Beschäftigten der Straßenbauverwaltungen der Länder vom Bund übernommen und grundsätzlich dort eingesetzt werden, wo sie bisher arbeiten . Die Verkehr- sinfrastrukturgesellschaft ist verpflichtet, Tarifverträge für alle Beschäftigen abzuschließen . Dennoch gehen mir die Regelungen zur Eingrenzung der Privatisierung bei den Bundesstraßen nicht weit ge- nug . Wesentliche Regelungen zur Eingrenzung werden in Artikelgesetzen geregelt, diese können bei anderen Mehrheiten im Parlament geändert werden . Auch gehen mir die Regelungen zu den sogenannten öffentlich-pri- vaten Partnerschaften (ÖPP) nicht weit genug . Deshalb werde ich bei den Grundgesetzänderungen in Artikel 90 und 143e mit Nein stimmen . Dem Gesamtpaket jedoch habe ich zugestimmt . Für mich überwiegt das Interesse an der Reform des Unter- haltsvorschusses, das Interesse an erheblichen Bildungs- investitionen und das Interesse an der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen gegenüber der Einführung einer Infrastrukturgesellschaft, die die Auftragsverwaltung für Bundesstraßen übernehmen soll . Eckhard Pols (CDU/CSU): Im Rahmen der heutigen namentlichen Abstimmung stimme ich dem Gesetzent- wurf der Bundesregierung, Drucksache 18/11131, zu . Meine Zustimmung zum neuen Artikel 104c Grund- gesetz resultiert dabei aus meiner tiefen Überzeugung, dass alle Menschen das Recht auf gute Bildung haben, was eine gute Bildungsinfrastruktur voraussetzt . Dies sollte grundsätzlich nicht am Geld scheitern . Der Bund ist sich seiner Verantwortung bewusst und verdoppelt in Verbindung mit der Einführung des Artikels 104c Grund- gesetz seinen Kommunalinvestitionsförderungsfonds zur Unterstützung finanzschwacher Kommunen auf 7 Milli- arden Euro . Das ist sehr gut, und das unterstütze ich . Kritisch sehe ich dagegen, dass Artikel 104c Län- der dazu animieren könnte, sich aus der Finanzierung der Kommunen weiter zurückzuziehen, wozu ihnen die Misch zuständigkeit und Mischfinanzierung im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur eine Gelegen- heit bietet . Vor allem hinsichtlich der von SPD und den Grünen regierten Länder habe ich diese Sorge, wenn ich einen Blick in die Vergangenheit werfe . Ich habe die ernsthafte Befürchtung, dass Länder bei Investitionsbe- darf regelmäßig an den Bund verweisen und sich die Er- weiterung der Mitfinanzierungsmöglichkeit zu einer fak- tischen Mitfinanzierungspflicht entwickelt, obwohl die Kommunen ausdrücklich Gliederungen der Länder sind, nicht des Bundes . Die Föderalismusreform von 2006 hat- te das Ziel, solche für die Bürgerinnen und Bürger ver- wirrenden Situationen durch klare Verhältnisse zwischen Bund und Ländern zu vermeiden . Von dieser Maxime kehrt man nun aber leider ein Stück weit ab . Ebenso werden die Mischzuständigkeit und Mischfi- nanzierung der kommunalen Bildungsinfrastruktur wie „goldene Zügel“ wirken, die die grundgesetzlich garan- tierte kommunale Selbstverwaltung unterhöhlen . Als en- gagierter Kommunalpolitiker sehe ich diese Entwicklung mit Skepsis und stimme dem Gesetzentwurf daher auch nur unter dem beschriebenen Vorbehalt zu . Mechthild Rawert (SPD): Im Deutschen Bundestag wird am 1 . Juni 2017 über ein komplexes Gesetzespaket abgestimmt, welches aus vier keineswegs miteinander in Verbindung stehenden Regelungsbereichen besteht . Das ist durchaus ein Problem für mich, und erforderte harte Abwägungsprozesse . Insgesamt gibt es neun Abstim- mungen . In der dritten Lesung werde ich dem Gesamt- paket zustimmen – vor allem auch, weil damit wichtige Änderungen in Kraft treten, von denen wir in Berlin stark profitieren werden. Tempelhof-Schöneberg und Berlin sind nicht nur mein politisches und privates Zuhause . Für das Wohlergehen der Tempelhof-Schöneberger und -Schönebergerinnen und Berliner und Berlinerinnen tra- ge ich eine besondere Verantwortung . Das Gesetzespaket ist das Ergebnis langjähriger Ver- handlungen und der Einigung zwischen allen Minister- präsidenten und Ministerpräsidentinnen und dem Bund . Kernpunkt des Pakets ist die Neuregelung des Bund-Län- der-Finanzausgleichs ab dem Jahr 2020 . Zusätzlich wer- den ab 2020 den Ländern und Kommunen insgesamt 9,7 Milliarden Euro vom Bund zur Verfügung gestellt, an die allerdings an strukturelle Veränderungen geknüpft sind. Die finanziellen Mittel dienen nicht nur der Sanie- rung von Schulen, sondern auch der Digitalisierung und Modernisierung der Verwaltung . Mit der von uns Sozialdemokraten und Sozialdemo- kratinnen hart erkämpften Auflockerung des Kooperati- onsverbotes zwischen Bund und Ländern im Bildungs- bereich werden Gelder für die Bildungsinfrastruktur in finanzschwachen Kommunen zur Verfügung gestellt, um beispielsweise Schulgebäude zu sanieren und zu moder- nisieren . Dafür stehen weitere 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung . Das Geld geht vom Bund über die Länder an die Kommunen, die dann vor Ort entscheiden, wie es investiert wird . Die Neuregelung bringt für Berlin Rechts- und Planungssicherheit für den Zeitraum von 2020 bis 2030 . Ohne die Neuregelung würden Berlin cir- ca 495 Millionen Euro pro Jahr fehlen . Der Wegfall der Solidarpaktmittel, Entflechtungsmittel und Konsolidie- rungshilfen würde zu schweren Risiken im Landeshaus- halt führen und wichtige Investitionen verhindern . Für uns Berliner und Berlinerinnen bedeutet die Neuregelung im Klartext, dass wir die Finanzierung unseres 5-Milli- arden-Schulsanierungsprogramms in den nächsten zehn Jahren sichergestellt haben . Ein weiterer Punkt ist die Neuregelung des Unter- haltsvorschusses für Alleinerziehende . Viele haben ein Riesenproblem, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil nicht zahlt . Mit der Neuregelung wird der Unterhalt dem- nächst über das 12 . Lebensjahr hinaus bis zum 18 . Le- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724218 (A) (C) (B) (D) bensjahr des Kindes sichergestellt . Dies ist eine immense Hilfe für viele alleinerziehende Eltern, die einem großen Armutsrisiko ausgesetzt sind . Von dieser Verbesserung werden bundesweit über 260 000 Kinder profitieren. Ich freue mich darüber, dass diese von uns Sozialdemokra- ten und Sozialdemokratinnen erkämpften Investitionen direkt bei den Familien ankommen . Der sicherlich umstrittenste und schwierigste Teil des Gesetzespaketes ist die Infrastrukturgesellschaft Verkehr . Der ursprüngliche Gesetzentwurf der Bundesregierung hatte hier die Tür für massive Privatisierungen geöffnet, die bei uns Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen und vielen anderen Vereinen, Verbänden und Organi- sationen auf massiven Widerstand gestoßen sind . Als SPD-Bundestagsfraktion konnten wir bei den parlamen- tarischen Beratungen nun aber Regelungen durchsetzen, die die Privatisierung des Bundesautobahn- und Bun- desfernstraßennetzes verhindern . Ich habe mich für eine Infrastrukturgesellschaft Verkehr als Anstalt des öffentli- chen Rechts und nicht in einer privaten Rechtsform ein- gesetzt . Deswegen habe ich in der zweiten Lesung gegen diese Änderung des Grundgesetzes gestimmt . Im Laufe der Verhandlungen über die Verwaltung und den Bau von Autobahnen und Bundesfernstraßen konnte die SPD-Fraktion eine doppelte Privatisierungsschranke im Grundgesetz verankern, die mögliche Privatisierungs- risiken unterbindet . Dadurch werden nicht nur die Bun- desfernstraßen selbst im unveräußerlichen und hundert- prozentigen Eigentum des Bundes bleiben, sondern auch die Infrastrukturgesellschaft, die für deren Planung, Bau und Betrieb zuständig sein wird . Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Dritter an der Infrastrukturgesell- schaft oder deren Tochtergesellschaften wird ebenfalls ausgeschlossen . Außerdem wird auch die funktionale Pri- vatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesellschaft auf Dritte, zum Beispiel durch sogenannte Teilnetz-ÖPPs verhindert . Ein vollständiger Ausschluss von öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) war gegen den Widerstand von CDU/CSU nicht durchsetzbar . Die erreichte Begrenzung auf Teilstücke ist aber ein deutli- cher Fortschritt gegenüber dem bestehenden Rechtsrah- men . ÖPP werden im Grundgesetz nun zum ersten Mal überhaupt eingeschränkt . Das wirtschaftliche Eigentum an den Bundesfern- straßen bleibt beim Bund, dieser ist Mautgläubiger der Lkw-Maut und der Pkw-Maut . Die neue bundeseigene Infrastrukturgesellschaft wird vollständig staatlich über den Bundeshaushalt finanziert und darf keine Kredite von Dritten aufnehmen . Die demokratische Kontrolle ist auch gesichert: Mit- glieder des Deutschen Bundestages werden im Auf- sichtsrat der Infrastrukturgesellschaft vertreten sein, und der Bundesrechnungshof kontrolliert die Gesellschaft . Mit diesen Änderungen können wir sicherstellen, dass die theoretisch möglichen Hintertüren für eine Privatisie- rung fest verschlossen sind . Als Sozialdemokratin liegt mir die Zukunft der circa 11 000 Beschäftigten, die von den Straßenbauverwaltun- gen der Länder künftig zum Bund wechseln sollen, sehr am Herzen . Wir konnten die Kernforderungen der Ge- werkschaften nach Überleitungstarifverträgen durchset- zen und die Interessen der Beschäftigten unter Wahrung ihrer Besitzstände schützen . Wir haben viel erreicht: Das wurde uns von Verdi auf der SPD-Fraktionssitzung am 30 .05 .2017 auch bestätigt . Auch der Bundesrechnungshof und andere Sachver- ständige, die den ursprünglichen Entwurf der Bundes- regierung zu Recht scharf kritisierten, haben uns ihre positive Bewertung durch die Änderungen des Gesetz- entwurfes bestätigt . Unter Abwägung aller Gesichtspunkte kann ich sagen, dass im Ergebnis ein Gesetzespaket zustande kam, dem ich als Berliner SPD-Abgeordnete zustimmen kann . Er- reicht wird vor allem ein großer Erfolg für Berlin, von dem unsere Schulen, unsere Verwaltung und die Berliner Familien in hohem Maße profitieren werden. Andreas Rimkus (SPD): Heute stimmen wir über das Gesetzespaket zur Neuregelung des bundesstaatli- chen Finanzausgleichs ab . Ausgangspunkt dieses Ge- setzgebungsverfahrens war eine Einigung zwischen al- len 16 Landesregierungen und der Bundesregierung im Oktober und Dezember 2016 über ein Paket von Maß- nahmen, die zum Teil Änderungen des Grundgesetzes erfordern, zum Teil einfachgesetzlich geregelt werden . Kernpunkt des Pakets ist die Neuregelung des Länderfi- nanzausgleichs ab dem Jahr 2020 . In dem Paket enthalten ist auch eine Lockerung des Kooperationsverbots im Bil- dungsbereich, die es dem Bund ermöglicht, Geld für Bil- dungsinfrastruktur in finanzschwachen Kommunen zur Verfügung zu stellen, um beispielsweise Schulgebäude zu sanieren und zu modernisieren . 3,5 Milliarden Euro stehen dafür zur Verfügung . Das Geld geht vom Bund über die Länder an die Kommunen, die dann vor Ort ent- scheiden, wie es investiert wird . Des Weiteren wird im Rahmen des Pakets der Unter- haltsvorschuss neu geregelt, den Alleinerziehende erhal- ten, wenn der eigentlich unterhaltspflichtige Elternteil nicht zahlt: Künftig wird nicht nur bis zum 12 . Geburts- tag des Kindes gezahlt, sondern bis zum 18 . Geburtstag, und während bislang maximal sechs Jahre lang gezahlt wurde, entfällt diese Befristung künftig komplett . Ein weiteres Element des Paketes sind die Gesetzent- würfe, mit denen Verwaltung und Bau von Autobahnen und sonstigen Bundesfernstraßen in Deutschland neu ge- ordnet werden . Schon mit dem Kabinettsbeschluss ist es der SPD gelungen, eine doppelte Privatisierungsschran- ke im Gesetzentwurf der Regierung zur Änderung des Grundgesetzes durchzusetzen . Im Grundgesetz selbst wird deswegen in Artikel 90 geregelt werden, dass nicht nur die Bundesfernstraßen selbst im unveräußerlichen, hundertprozentigen Eigentum des Bundes stehen, son- dern auch die Infrastrukturgesellschaft, die für deren Pla- nung, Bau und Betrieb zuständig sein wird . CDU-Finanz- minister Schäuble und CSU-Verkehrsminister Dobrindt wären bereit gewesen, 49 Prozent dieser Gesellschaft an private Investoren zu verkaufen . Das haben wir schon verhindert, noch bevor das Gesetzgebungsverfahren den Bundestag erreicht hat . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24219 (A) (C) (B) (D) Ich habe viele Zuschriften zu diesem Thema erhalten . Viele Bürgerinnen und Bürger haben mich gebeten, ei- ner Autobahnprivatisierung nicht zuzustimmen . Für die SPD-Fraktion war dies wichtiger Rückenwind in den Verhandlungen mit der Unionsfraktion, die bereit gewe- sen wäre, einen wesentlichen Teil dieser Gesellschaft an private Investoren zu verkaufen . Dies hat die SPD erfolg- reich verhindert und zusätzlich harte Schranken für Pri- vatisierungsvorhaben geschaffen. Auch die wichtige Aufweichung des Kooperations- verbotes, die es uns endlich ermöglicht, in Schulinfra- struktur zu investieren und somit in die Zukunft unserer Kinder, sowie die Neuregelung des Unterhaltsvorschus- ses, die eine echte Entlastung für viele Alleinerziehende in diesem Land ist, wiegen so schwer, dass ich diesem Paket zustimmen werde . Als Sozialdemokrat kann ich die Schülerinnen und Schüler sowie alleinerziehende Väter und Mütter an dieser Stelle nicht im Stich lassen . Am Ende ist das verkehrspolitische Ziel der SPD, die neue Gesellschaft so zu gestalten, dass sie als gemein- wohlorientierte Einrichtung für ein effizientes Auto- bahnnetz in Deutschland sorgt, das allen Menschen in unserem Land zugute kommt . Ein Ausverkauf unserer Verkehrsinfrastruktur wird es mit einer Regierungsbetei- ligung der SPD auch in Zukunft nicht geben . Die SPD hat sich im Laufe des gesamten Verfahrens gegen eine Privatisierung der deutschen Autobahnen und Bundesstraßen gestellt und diese Position auch im Ge- setzgebungsverfahren zur Neuregelung der Bund-Län- der-Finanzbeziehungen durchgesetzt . In intensiven und schwierigen Verhandlungen mit CDU/CSU haben wir als SPD-Bundestagsfraktion nun zwei weitere Grundgesetzänderungen durchgesetzt, ob- wohl die Union dies vorher ausdrücklich ausgeschlossen hat . Dies ist ein besonderer Erfolg der SPD! Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Dritter an der Infrastrukturgesellschaft und deren Tochtergesell- schaften wird in Artikel 90 Absatz 2 des Grundgesetzes ausgeschlossen . Damit ist klar: Die Gesellschaft bleibt zu 100 Prozent staatlich, null Prozent privat . Ausgeschlossen wird auch eine funktionale Priva- tisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesellschaft auf Dritte, zum Beispiel durch sogenannte Teilnetz-ÖPP . In Artikel 90 Absatz 2 des Grundgesetzes wird dazu der Satz eingefügt: „Eine Beteiligung Priva- ter im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften ist ausgeschlossen für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentliche Teile davon umfassen .“ Einfachgesetzlich wird geregelt, dass öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) nur auf der Ebe- ne von Einzelprojekten bis maximal 100 Kilometer Län- ge erfolgen, die nicht räumlich miteinander verbunden sein dürfen . Mit diesen Grundgesetzänderungen und vielen ein- fachgesetzlichen Änderungen stellen wir sicher, dass auch theoretisch mögliche Hintertüren für eine Privati- sierung fest verschlossen sind . Vieles, was bislang recht- lich möglich gewesen wäre bei der Einbeziehung privater Betreiber und institutioneller Investoren, ist jetzt erstmals rechtlich ausgeschlossen . Manche Kritiker und manche Kampagne haben absurderweise gerade uns als SPD in den letzten Wochen unterstellt, mit den Grundgesetzän- derungen würden wir die Türen für eine Privatisierung öffnen. Das Gegenteil ist richtig: Wir schließen Türen, die bislang offen standen! Dies bestätigt uns auch der Bundesrechnungshof (BRH), der das Gesetzgebungsverfahren mit mehreren Berichten begleitet hat . In seinem jüngsten Bericht vom 24 . Mai 2017 gleicht der BRH die Empfehlungen aus seinen Berichten mit den Änderungsanträgen der Koa- litionsfraktionen ab und kommt zusammenfassend unter anderem zu folgenden Ergebnissen: Der Änderungsantrag berücksichtigt in weiten Tei- len die Anregungen des Bundesrechnungshofes zur Organisation der Infrastrukturgesellschaft . Danach muss das Parlament einem möglichen Rechtsform- wechsel der Infrastrukturgesellschaft zustimmen . Darüber hinaus ist jegliche Privatisierung der Bun- desautobahnen ausgeschlossen . Die Gründung von regionalen Tochtergesellschaften ist nicht mehr zwingend vorgegeben, sondern steht nunmehr im Ermessen der Infrastrukturgesellschaft . Der Ände- rungsantrag enthält Regelungen zur Finanzierung der Infrastrukturgesellschaft, die die Empfehlun- gen des Bundesrechnungshofes berücksichtigen . So soll auch künftig der Bundesautobahnbau über den Bundeshaushalt finanziert werden. Dazu sollen der Infrastrukturgesellschaft Mauteinnahmen zur Ver- fügung gestellt werden. Überdies soll der Einfluss des Parlamentes auf die Verwaltung der Bundes- autobahnen gewahrt bleiben . Anstatt der ursprüng- lich geplanten staatsfernen soll eine staatsnahe In- frastrukturgesellschaft entstehen . Zudem sollen die Kreditfähigkeit der Infrastrukturgesellschaft einge- schränkt sowie stille Gesellschaften und Unterbetei- ligungen verhindert werden . Im Ergebnis haben wir als SPD die doppelte Privati- sierungsschranke des Regierungsentwurfs (Bund ist hun- dertprozentiger Eigentümer erstens der Autobahnen und zweitens der Autobahngesellschaft) mit weiteren Privati- sierungsschranken verstärkt . Neben den beiden Grundgesetzänderungen verweise ich auf folgende Punkte, die in der öffentlichen Diskus- sion immer wieder auftauchen und oft falsch dargestellt werden: Die Gesellschaft wird nicht kreditfähig . Damit ist die Gefahr einer Aufnahme von privatem Kapital zu hohen Zinsen gebannt. Um effizient wirtschaften und „atmen“ zu können, kann die Gesellschaft aber Liquiditätshilfen (zinslose Darlehen) aus dem Bundeshaushalt erhalten, wie andere Bundesgesellschaften auch . Eine Übertragung von sogenannten Altschulden auf die Gesellschaft wird ausgeschlossen . Das wirtschaftliche Eigentum an den Bundesautobah- nen geht nicht auf die Gesellschaft über, sondern bleibt beim Bund . Die Übertragung und die Überlassung von Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724220 (A) (C) (B) (D) Nießbrauchrechten und anderen Rechten werden ausge- schlossen . Mautgläubiger der Lkw-Maut und der Pkw-Maut bleibt der Bund . Die Option, dass die Gesellschaft das Mautaufkommen direkt vereinnahmen kann, wird gestri- chen . Die neue Gesellschaft wird als GmbH errichtet und da- mit als juristische Person des privaten Rechts . Es ist aber grob irreführend, „privatrechtlich“ mit „Privatisierung“ gleichzusetzen . Deutschland organisiert zum Beispiel einen Großteil seiner internationalen Entwicklungshilfe über die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusam- menarbeit (GIZ), die ebenfalls eine GmbH ist . Trotzdem hat wohl noch niemand ernsthaft behauptet, Deutschland habe seine Entwicklungshilfe privatisiert . Genauso irreführend ist die Behauptung, durch die Zulässigkeit einzelner ÖPP-Projekte werde die Privati- sierung eben doch noch ermöglicht . Erstens. Eine öffentlich-private Partnerschaft ist nicht das Gleiche wie Privatisierung . Aber selbst wenn man das annehmen möchte, gilt zweitens: ÖPP sind immer nur dann erlaubt, wenn sie wirtschaftlicher sind als die herkömmliche Beschaffung (Staat bzw . Gesellschaft bauen und betreiben selbst) – was bei einer effizient arbeitenden neuen Gesellschaft seltener der Fall sein wird als in den jetzigen Struktu- ren (weswegen beispielsweise die österreichische Auto- bahngesellschaft ASFINAG kein einziges ÖPP-Projekt macht, obwohl sie könnte) . Drittens und aus meiner Sicht am wichtigsten: ÖPP bleibt auf Einzelprojekte beschränkt, und durch die von uns durchgesetzte Grundgesetzänderung ist es dauerhaft verboten, ein ÖPP-Projekt an das andere zu setzen, bis irgendwann wesentliche Teile des Autobahnnetzes oder des Bundesstraßennetzes in einem Bundesland als ÖPP betrieben werden . Uns Sozialdemokraten war aber nicht nur der Aus- schluss von Privatisierungsoptionen wichtig, sondern auch die Zukunft der Beschäftigten, die gegenwärtig in den Straßenbauverwaltungen der Länder beschäftigt sind und künftig zum Bund wechseln sollen . Wir haben Kernforderungen der Gewerkschaften durchgesetzt, um die berechtigten Interessen der Beschäftigten zu schützen und eine leistungsfähige neue Organisation zu schaffen, die ein attraktiver Arbeitgeber wird . So wird der Bund alle wechselbereiten Beschäftigten (Beamte, Arbeitneh- mer und Auszubildende) unter Wahrung ihrer Besitzstän- de übernehmen (keine „Rosinenpickerei“) . Nicht wech- selbereite Beschäftigte bei Ländern und Kommunen werden weiterbeschäftigt, deren Personalkosten werden voll erstattet . Für die Beschäftigten bei der Gesellschaft sind Tarifverträge abzuschließen . Für die Überleitung der Beschäftigten werden Überleitungstarifverträge angestrebt . Beides wird gesetzlich geregelt . Die Perso- nalvertretungen werden an der Arbeit des begleitenden Bund-Länder-Gremiums beteiligt, sofern Belange der Beschäftigten berührt sind . Zu guter Letzt war uns wichtig, dass die Reform nicht zu weniger demokratischer Kontrolle und Einflussnahme führt, sondern dass die Informations- und Steuerungs- rechte des Bundestages gewahrt bleiben . So bedürfen zum Beispiel der Gesellschaftsvertrag der GmbH und wesentliche Änderungen der vorherigen Zustimmung durch den Haushaltsausschuss und den Verkehrsaus- schuss des Deutschen Bundestages . Mitglieder des Deut- schen Bundestages werden im Aufsichtsrat der Gesell- schaft vertreten sein . Der fünfjährige Finanzierungs- und Realisierungsplan der Gesellschaft bedarf der vorherigen Zustimmung durch den Haushaltsausschuss und den Ver- kehrsausschuss des Deutschen Bundestages . Eine unab- hängige externe Prüfung der Haushalts- und Wirtschafts- führung der Gesellschaft sowie möglicher Töchter wird sichergestellt, indem entsprechende Prüfrechte des Bun- desrechnungshofes verankert werden . Aus der ursprüng- lich geplanten staatsfernen Gesellschaft ist somit eine staatliche Gesellschaft geworden, die demokratischer Kontrolle unterliegt . Entscheidend sind am Ende die Verbesserungen, die die SPD-Fraktion im parlamentarischen Verfahren er- reicht hat: Eine Privatisierung der Autobahnen und Bundes- straßen findet nicht statt; mit dem Gesetz errichten wir Schranken, wo es vorher keine gab, auch im Grundge- setz . Wir haben die berechtigten Interessen der Beschäf- tigten geschützt und schaffen eine leistungsfähige neue Organisation, die ein attraktiver Arbeitgeber wird . Der Einfluss des demokratisch gewählten Parlaments auf die Verkehrsinvestitionen bleibt gewahrt . Annette Sawade (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über die Neuregelung des bundesstaatli- chen Finanzausgleichssystems ab . Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Erstens . Zunächst ist zu beachten, dass der Bundes- tag über ein Regelungspaket zu entscheiden hat, das im Vorfeld bereits zwischen allen Ministerpräsidenten und der Bundesregierung abgestimmt worden ist . Da die Länder in den Finanzbeziehungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zuge- standen, ein Stück ihrer Kompetenz im Bildungsbereich wieder an den Bund zu geben und in diesem Zusam- menhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bun- desstraßen bzw . Autobahnen dem Bund zu übertragen . Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Bundesregierung halte ich für äußerst kritikwürdig . Die Beratungen des Bundestages wurden deutlich dadurch er- schwert, dass die Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Bundesregierung ein Gesamtpaket völlig unterschiedli- cher Regelungsbereiche verabschiedeten, die im Par- lament faktisch nicht mehr entkoppelt werden können . Umso beachtlicher sind die Veränderungen, die nun zur Abstimmung stehen. Unabhängig davon hoffe ich aber, dass alle Parteien aus dieser Situation zukünftig lernen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24221 (A) (C) (B) (D) Zweitens . Aus SPD-Sicht war in dem Regelungspaket von Anfang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschus- ses zu begrüßen . Für fast 1 Million alleinerziehende El- tern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen der un- terhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staat- liche Unterstützung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird dazu führen, dass die Doppelbelastung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigt werden kann . Drittens . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bildungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen bereitzustellen. Eine vollständige Abschaffung des Ko- operationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wich- tiges Ziel sozialdemokratischer Politik . Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe . Dies ist aber zwischen den Koalitionspartnern umstritten . Viertens . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflich- tet, unter anderem die Verwaltung der Bundesautobah- nen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne . Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigentum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist . Allerdings befürchte- ten viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Zusammen- hang, dass private Investoren über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könnten . Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfassungstextes vor, der eine unmit- telbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Ge- sellschaft und deren Tochtergesellschaften ausdrücklich ausschließt . Der SPD-Bundestagsfraktion ist es zu ver- danken, dass somit alle Hintertüren für eine mögliche Privatisierung in der Verfassung selbst geschlossen wor- den sind . Öffentlich-private Partnerschaften gibt es bereits – sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungs- paket ermöglicht. Der Einfluss von öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) wird mit der vorliegenden Reform weiter beschränkt . ÖPP für Streckennetze, die das ge- samte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sons- tiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentlicher Teile davon umfassen, sind ausgeschlossen . Es werden Möglichkeiten zur Einbeziehung privater Betreiber und institutioneller Investoren ausgeschlossen, die bislang noch bestehen . Hier ist der Gesetzentwurf ein echter Fortschritt . Dem Deutschen Bundestag – namentlich dem Haushalts- und dem Verkehrsausschuss – werden durch die Reform neue Kontrollmöglichkeiten eingeräumt, die dieser auch im Sinne des Interesses der Bürgerinnen und Bürger nutzen wird . Bereits vor dieser Reform hat die Koalition im aktu- ellen Bundesverkehrswegeplan den Anreiz für ÖPP ge- mindert, da Gelder nicht mehr nach Ländern, sondern nach Prioritäten vergeben werden . Auch durch die neu eingeführten, realistischeren Wirtschaftlichkeitsberech- nungen werden ÖPP reduziert, ebenso wie das in der neuen Gesellschaft eingeführte Planungsprinzip nach der Lebenszeit . Wichtig für mich ist auch, dass mit der vorliegen- den Reform das wirtschaftliche Eigentum der Bundes- fernstraßen unveräußerlich beim Bund bleibt . Die neue Gesellschaft ist lediglich für die Verwaltung zuständig, auch die Übertragung von Nießbrauchrechten – also die gewinnbringende Nutzung durch die Gesellschaft – ist ausgeschlossen . Die Gesellschaft wird auch nicht als Mautgläubigerin auftreten . Auch eine funktionale Pri- vatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesellschaft auf Dritte ist nicht möglich . In enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften haben wir zudem die Rechte der Beschäftigten beim geplanten Personalübergang von den Straßenbauver- waltungen der Länder auf den Bund festgeschrieben . So gibt es zum Beispiel ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang, und die besondere Situation des beamteten Personals wird berücksichtigt . Auch das ist für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung . Bedenken habe ich allerdings, ob ein Wechsel des Systems ohne größere Friktionen möglich ist und in ab- sehbarer Zeit die gewünschte größere Effizienz und Ef- fektivität tatsächlich erreicht werden können . Vielmehr sind durch die Umstellung deutliche Verzögerungen und Effizienzverluste möglich. Wichtig ist nun, dass der Ge- sellschaftsvertrag entsprechend im Sinne einer effizien- ten Arbeitsweise der neuen Gesellschaft gestaltet wird . Durch unsere Änderungen am Gesetz wird hierfür das Parlament zuständig sein . Obwohl ich weiterhin nicht sicher bin, dass die er- hofften Verbesserungen mit der vorliegenden Reform der Straßenbauverwaltung tatsächlich erreicht werden kön- nen, habe ich bei meiner Entscheidung auch die anderen Aspekte dieses Gesetzes zu berücksichtigen . Die um- fassende Reform der Bund-Länder-Beziehungen ist ein wichtiger Schritt zu einer nachhaltigen Finanzierung der Länder . Zusätzlich sind die Einschränkung des Koopera- tionsverbots, das Investitionsprogramm für Kommunen und der Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende wich- tige Zukunftsprojekte, die das Leben vieler Menschen spürbar verbessern werden . In Abwägung dieser Dinge und angesichts der Tatsache, dass die wesentlichen Män- gel der Infrastrukturgesellschaft Verkehr einfachgesetz- lich behoben werden können, stimme ich dem Gesetz- entwurf zu . Dr. Nina Scheer (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über die Entwürfe der Bundesregierung zur Änderung des Grundgesetzes und zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 ab . Erstens . Nach mehr als zwei Jahren Verhandlungen hatten sich Länder und Bundesregierung – ohne Beteili- gung des Parlaments – im Dezember 2016 auf eine Neu- ordnung der Finanzbeziehungen für die Zeit nach 2019 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724222 (A) (C) (B) (D) verständigt . Danach übernimmt der Bund im Ergebnis künftig eine deutlich stärkere Rolle beim Ausgleich der Finanzkraft zwischen den Bundesländern . Finanzstar- ke Länder sollen dabei entlastet werden . Diesen Ansatz sehe ich kritisch; ich halte es für nicht sachgerecht, dass ein solch wesentlich die Ausgeglichenheit von Lebens- verhältnissen und Entwicklungsperspektiven innerhalb Deutschlands mitbestimmendes Regelwerk ohne inhalt- liche Beteiligung des Deutschen Bundestages erfolgt . Zugleich drängt die Zeit und Notwendigkeit einer Neu- regelung des Bund-Länder-Finanzausgleichs, da die bis- herige Solidarsystematik ausläuft . So verbleibt bis heute nur die Möglichkeit, die bereits zwischen den Ländern und der Bundesregierung geeinigte Neuregelung seitens des Bundestages zu beschließen . Zweitens . Ferner enthalten ist die Gründung einer Ver- kehrsinfrastrukturgesellschaft des Bundes, die den Bau, die Planung und Verwaltung der Autobahnen und weiterer Bundesstraßen neu organisieren soll . Auf Druck der SPD wurden die Pläne von CDU-Finanzminister Schäuble und CSU-Verkehrsminister Dobrindt, private Unterneh- men umfangreich an den Autobahnen in Deutschland be- teiligen zu können, entscheidend entschärft . Die Position der SPD hat sich im parlamentarischen Verfahren nicht geändert: Von Beginn an haben wir uns klar gegen eine Privatisierung der Verkehrsinfrastruktur ausgesprochen und entsprechende Änderungen an den Gesetzentwür- fen eingefordert . In mehreren Verhandlungsrunden mit dem Koalitionspartner konnten wir somit umfangreiche Änderungen durchsetzen und Privatisierungsschranken einziehen . Zusammengefasst konnten wir diesbezüglich Folgen- des durchsetzen: 1 . „Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Dritter an der Infrastrukturgesellschaft und möglichen Tochtergesellschaften ist ausgeschlossen .“ Dies wird verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich geregelt . 2 . Eine funktionale Privatisierung durch die Übertra- gung eigener Aufgaben der Gesellschaft auf Dritte, zum Beispiel durch Teilnetz-ÖPP, wird ausgeschlossen . In Ar- tikel 90 Absatz 2 des Grundgesetzes wird dazu der Satz eingefügt: „Eine Beteiligung Privater im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften ist ausgeschlossen für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in ei- nem Land oder wesentliche Teile davon umfassen .“ 3 . Eine Übertragung von Altschulden auf die Gesell- schaft wird ausgeschlossen . 4 . Die Gesellschaft wird nicht kreditfähig . Damit ist die Gefahr einer Aufnahme von privatem Kapital zu hohen Zinsen gebannt. Um effizient wirtschaften und „atmen“ zu können, kann die Gesellschaft aber Liquidi- tätshilfen – zinslose Darlehen – aus dem Bundeshaushalt erhalten – wie andere Bundesgesellschaften auch . 5 . Das wirtschaftliche Eigentum an den Fernstraßen geht nicht an die Gesellschaft über, sondern bleibt beim Bund . Die Übertragung und die Überlassung von (Nieß- brauch-)Rechten werden ausgeschlossen . 6 . Mautgläubiger bleibt der Bund – für Lkw-Maut und Pkw-Maut . Die Option, dass die Gesellschaft das Maut- aufkommen direkt vereinnahmen kann, ist gestrichen . Die zweckgebundenen Einnahmen – Lkw-Maut, Pkw- Maut – fließen der Gesellschaft wie bisher über den Bun- deshaushalt zu . 7 . Das Verkehrsministerium kann Befugnisse und Aufgaben der Gesellschaft und des Fernstraßen-Bundes- amtes nur dann auf andere vom Bund gegründete Ge- sellschaften übertragen, wenn diese im ausschließlichen Eigentum des Bundes stehen . 8 . Spartengesellschaften sind ausgeschlossen . Zur Herstellung der Präsenz in der Fläche kann die Gesell- schaft aber bedarfsgerecht bis zu zehn regionale Toch- tergesellschaften gründen, die denselben Restriktionen unterliegen wie die Muttergesellschaft . 9 . Die Gesellschaft wird als GmbH errichtet . Die Evaluationsklausel, die eine einfache Umwandlung zur AG ermöglicht hätte, wird gestrichen . 10 . Der Gesellschaftsvertrag (= Satzung) der GmbH und wesentliche Änderungen bedürfen der vorherigen Zustimmung durch den Haushaltsausschuss und den Ver- kehrsausschuss des Deutschen Bundestages . 11 . Eine unabhängige externe Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Gesellschaft sowie mögli- cher Töchter wird sichergestellt, indem entsprechende Prüfrechte des Bundesrechnungshofes verankert werden . 12. Kontroll- und Einflussmöglichkeiten des Parla- ments auf Verkehrsinvestitionen bleiben vollumfänglich erhalten . 13 . Der fünfjährige Finanzierungs- und Realisierungs- plan für Verkehrsinvestitionen der Gesellschaft bedarf der vorherigen Zustimmung durch den Haushaltsaus- schuss und den Verkehrsausschuss des Deutschen Bun- destages – während dieser Fünfjahresplan nach heutigem Recht den Ausschüssen vom Verkehrsministerium nur „zur Kenntnis“ und damit ohne Zustimmungsvorbehalt vorgelegt wird . Für die circa 11 000 Beschäftigten der Straßenbauver- waltungen der Länder, die in den nächsten Jahren ver- mutlich überwiegend zum Bund wechseln werden, konn- ten wir folgende Verbesserungen erreichen: 1 . Zum Personalübergang von den Straßenbauverwal- tungen der Länder werden – abweichend vom Regie- rungsentwurf – die Mitbestimmung der Beschäftigten gestärkt, die Freiwilligkeit zum Prinzip erhoben und die vorgesehenen Eingriffe in die Tarifautonomie kor- rigiert – Kernforderungen der Gewerkschaften werden damit umgesetzt . 2 . Der Bund wird alle wechselbereiten Beschäftig- ten – bis zu 11 000 Beamte, Arbeitnehmer und Auszubil- dende – übernehmen . Nicht wechselbereite Beschäftigte bei Ländern und Kommunen werden weiterbeschäftigt, deren Personalkosten werden den Ländern voll erstattet . 3 . Das Widerspruchsrecht wird unmissverständlich verankert: Die Vorschriften des § 613a BGB über den Betriebsübergang finden analog Anwendung. Die Wei- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24223 (A) (C) (B) (D) terverwendung erfolgt grundsätzlich am bisherigen Ar- beitsplatz und Arbeitsort . 4 . Für die Beschäftigten bei der Gesellschaft sind Ta- rifverträge abzuschließen . Für die Überleitung der Be- schäftigten werden Überleitungstarifverträge angestrebt . Beides wird gesetzlich geregelt . 5 . Die Personalvertretungen werden an der Arbeit des begleitenden Bund-Länder-Gremiums beteiligt, sofern Belange der Beschäftigten berührt sind . 6 . Der Übergang erfolgt zügig, die neue Struktur soll schnell leistungsfähig sein . Die Gesellschaft soll deutlich früher den Betrieb aufnehmen als zum 1 . Januar 2021, wie im Regierungsentwurf vorgesehen . Sie wird 2018 gegründet. Ferner wird die Verkehrsinfrastrukturfinan- zierungsgesellschaft (VIFG) zum 1 . Januar 2019 auf die neue Gesellschaft verschmolzen, anstatt ihre Aufgaben scheibchenweise zu übertragen und die VIFG dann auf- zulösen . 7 . Die Auftragsverwaltung kann schon vor dem 31 . Dezember 2020 beendet werden . Die Gesellschaft kann ab dem 1 . Januar 2020 im Einvernehmen mit dem jeweiligen Land die Planung und den Bau von Bundesau- tobahnen wahrnehmen . 8 . Sobald ein Land sein auf die Gesellschaft zu über- tragendes Personal und die Sachmittel vollständig über- tragen hat, übernimmt der Bund auch vor 2021 die Kos- ten für die vom Bund veranlassten Planungen . Damit wird Fehlanreizen für die Länder bei ihren Planungsleis- tungen entgegengesteuert . Drittens . Mit einem weiteren Baustein des Gesetzespa- kets werden 3,5 Milliarden Euro für die Bildungsinfra- struktur in finanzschwachen Kommunen zur Verfügung gestellt . Dadurch kann der teils massive Sanierungsstau an deutschen Schulen – zumindest teilweise – beseitigt werden . Ermöglicht wird dies durch den Aufbruch des im Grundgesetz verankerten Kooperationsverbots . Dies hat die SPD durchgesetzt . Viertens. Im Gesamtpaket findet sich eine wesentliche Erleichterung für alle Alleinerziehenden und ihre Kin- der: Der Unterhaltsvorschuss wird deutlich ausgebaut . Zum einen wird die Altersgrenze angehoben von jetzt 12 auf 18 Jahre . Zum anderen wird die bisherige zeitliche Befristung von maximal sechs Jahren Bezugsdauer ab- geschafft. Der Bund beteiligt sich nach der Ausweitung deutlich mehr an den Kosten des Unterhaltsvorschusses . Da es für Alleinerziehende besonders schwer ist, Er- werbsarbeit und Kinderbetreuung miteinander zu verein- baren, ist diese Reform ein großes Stück mehr Gerechtig- keit in unserem Land . Insgesamt stimme ich dem Gesetzespaket in einer Ab- wägung, wonach die Verbesserungen gegenüber even- tuell eintretenden Verschlechterungen überwiegen, zu . Zwar war ein völliger Ausschluss von ÖPP im Grundge- setz mit dem Koalitionspartner nicht zu realisieren . Mit den ergänzenden einfachgesetzlichen Schranken wird aber eine Eingrenzung von ÖPP vorgenommen, die es mit der bisherigen Rechtslage nicht gab . ÖPP wird somit nun weitgehend ausgeschlossen . Gleichwohl besteht die Gefahr, dass unter einer zu- künftigen schwarz-gelben Koalition im Deutschen Bun- destag die gesetzlichen Restriktionen, die wir von der SPD eingebracht haben und heute für die Verkehrsinfra- strukturgesellschaft des Bundes beschließen, ausgehebelt werden könnten . Mit dem vorliegenden Gesetzespaket konnten wir leider nicht so weitgehende Privatisierungs- schranken grundgesetzlich sichern, dass nicht mit an- deren Mehrheitsverhältnissen und einfachgesetzlichen Änderungen einige jetzt eingezogenen Schranken wieder aufgebrochen werden können . Die Unionsfraktion hat leider alle noch weitergehenden Schranken verweigert . Eben dieser Aspekt, wie auch die Frage, ob die zu grün- dende Infrastrukturgesellschaft zu zeitlichen Verzöge- rungen in der Umsetzung von anstehenden Bauvorhaben führen kann, wirken als politische Aufgabe fort und soll- ten als Appell verstanden werden, mit der anstehenden Bundestageswahl kein Mehrheitsverhältnis zu ermögli- chen, das für Privatisierung spräche . Udo Schiefner (SPD): Deutschland braucht eine leistungsfähige und flächendeckende Verkehrsinfrastruk- tur . Dieser Bundestag hat für die Finanzierung der Ver- kehrsinfrastruktur in den letzten Jahren deutlich mehr Mittel zur Verfügung gestellt . Es braucht jedoch nicht nur Geld, sondern das Geld muss auch effizient einge- setzt werden . Planung, Bau und Erhalt der Bundesauto- bahnen und Bundesfernstraßen in der jetzigen Auftrags- verwaltung der Länder funktionieren aber nicht optimal . Das ist auf allen politischen Ebenen erkannt und benannt worden . Eine Reform dieser Strukturen ist dringend ge- boten . Deshalb ist eine veränderte Auftragsverwaltung nun Teil eines umfangreichen Pakets zur Änderung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen, das zwischen Bund und allen Bundesländern einstimmig verabredet wurde . Neben der Reform der Auftragsverwaltung war hierzu schon länger die Gründung einer Bundesfernstraßenge- sellschaft im Gespräch . Ein entsprechendes Konzept, wie es die Arbeitsgruppen Verkehr, Wirtschaft und Haushalt der SPD-Bundestagsfraktion vorgelegt hatten, fand und findet meine volle Unterstützung. Der von der Bundes- regierung ursprünglich vorgelegte Entwurf hatte unseren verkehrspolitischen Anforderungen allerdings zum ei- nen nicht ausreichend Rechnung getragen; zum anderen wies er gravierende Mängel hinsichtlich Privatisierung, Struktur, Beteiligung der Politik und Mitarbeiterrechten auf . Er war nicht zustimmungsfähig . Deshalb haben wir in langen Verhandlungen aus meiner Sicht wesentliche Änderungen durchgesetzt . Es wird behauptet, die Bundesfernstraßengesellschaft schaffe Hintertüren zur Privatisierung. Dies tue sie vor allem, weil sie eine GmbH, also eine juristische Person des privaten Rechts, sein werde. Eine GmbH in öffent- lichem Besitz ist jedoch nicht per se gewinnorientiert . Die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft oder die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit zum Beispiel oder auch kommunale Unternehmen, wie Stadt- werke, sind dies ebenfalls nicht . Die dafür notwendigen Schranken haben wir durchgesetzt . Die Behauptung, es bestünden weiterhin Hintertüren zur Privatisierung, ist unzutreffend. Die von uns durchgesetzten Änderungen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724224 (A) (C) (B) (D) an den Grundgesetzartikeln und den dazugehörigen Be- gleitgesetzen verhindern ebendies dauerhaft . Auch der Einfluss von öffentlich-privaten Partnerschaften wird mit der vorliegenden Reform weiter beschränkt . Möglichkei- ten zur Einbeziehung privater Betreiber und institutionel- ler Investoren, die bislang noch bestehen, werden ausge- schlossen . Hier stellt der jetzt vorliegende Gesetzentwurf einen echten Fortschritt dar . Dem Deutschen Bundestag, dem Haushalts- und dem Verkehrsausschuss, werden durch die Reform weitreichende neue Kontroll- und Mit- wirkungsmöglichkeiten eingeräumt . Das wirtschaftliche Eigentum der Bundesfernstraßen bleibt zudem unveräu- ßerlich beim Bund . Die neue Gesellschaft ist lediglich für die Verwaltung zuständig . Auch eine funktionale Pri- vatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesellschaft auf Dritte ist nicht möglich . Die SPD-Bundestagsfraktion musste und konnte sich in zentralen Punkten gegenüber ihren Koalitionspartnern durchsetzen . Im Ergebnis führt die Reform nun nicht mehr zu weniger demokratischer Kontrolle und Einfluss- nahme, sondern die Informations- und Steuerungsrechte des Bundestages werden gestärkt . Der Bundesrechnungs- hof unterstreicht die Verhandlungserfolge der SPD-Bun- destagsfraktion: „Anstatt der ursprünglich geplanten staatsfernen soll eine staatsnahe Infrastrukturgesellschaft entstehen .“ Die bundeseigene Verwaltung verspricht zü- gigere Baumaßnahmen, und ich erwarte eine neue Ge- sellschaft, die gemeinwohlorientiert für ein effizienteres Autobahnnetz in Deutschland sorgen kann . So kann ich den Gesetzesänderungen heute zustimmen . Dr. Dorothee Schlegel (SPD): Der Deutsche Bun- destag stimmt heute über die Neuregelung des bundes- staatlichen Finanzausgleichssystems ab . Im parlamen- tarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich einge- brachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Erstens . Zunächst ist zu beachten, dass der Bundes- tag über ein Regelungspaket zu entscheiden hat, das im Vorfeld bereits zwischen allen Ministerpräsidenten und der Bundesregierung abgestimmt worden ist . Da die Länder in den Finanzbeziehungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zuge- standen, ein Stück ihrer Kompetenz im Bildungsbereich wieder an den Bund zu geben und in diesem Zusam- menhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bun- desstraßen bzw . Autobahnen dem Bund zu übertragen . Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Bundesregierung halte ich für äußerst kritikwürdig . Die Beratungen des Bundestages wurden deutlich dadurch er- schwert, dass die Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Bundesregierung ein Gesamtpaket völlig unterschiedli- cher Regelungsbereiche verabschiedeten, die im Par- lament faktisch nicht mehr entkoppelt werden können . Umso beachtlicher sind die Veränderungen, die nun zur Abstimmung stehen. Unabhängig davon hoffe ich aber, dass alle Parteien aus dieser Situation zukünftig lernen . Zweitens . Aus SPD-Sicht war in dem Regelungspaket von Anfang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschus- ses zu begrüßen . Für fast 1 Million alleinerziehende El- tern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen der un- terhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staat- liche Unterstützung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird dazu führen, dass die Doppelbelastung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigt werden kann . Drittens . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bildungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen bereitzustellen. Eine vollständige Abschaffung des Ko- operationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wich- tiges Ziel sozialdemokratischer Politik . Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe . Dies ist aber zwischen den Koalitionspartnern umstritten . Viertens . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflich- tet, unter anderem die Verwaltung der Bundesautobah- nen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne . Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigentum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist . Allerdings befürchte- ten viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Zusammen- hang, dass private Investoren über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könnten . Die Verlautba- rungen aus Bundesfinanzministerium und Bundesver- kehrsministerium verstärkten diesen Verdacht . Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bundes- rechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf . Die Ge- werkschaft Verdi problematisierte insbesondere Fragen beim Personalübergang . Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfassungstextes vor, der eine unmit- telbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Ge- sellschaft und deren Tochtergesellschaften ausdrücklich ausschließt . Dem Engagement der SPD-Bundestagsfrak- tion ist es zu verdanken, dass somit alle Hintertüren für eine mögliche Privatisierung in der Verfassung selbst ge- schlossen worden sind . Zudem ist es gelungen, dass alle wechselbereiten Beschäftigten der Straßenbauverwal- tungen der Länder vom Bund übernommen und grund- sätzlich dort eingesetzt werden, wo sie bisher arbeiten . Die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft ist verpflichtet, Tarifverträge für alle Beschäftigten abzuschließen . Ich empfinde es als Bestätigung dieser Position, dass auch die Gewerkschaft Verdi sowie der Bundesrechnungshof die Erfolge des parlamentarischen Verfahrens ausdrück- lich anerkennen . Darüber hinaus werden in der Debatte sogenannte öf- fentlich-private Partnerschaften (ÖPP) problematisiert . Die Partnerschaften gibt es bereits – sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungspaket ermög- licht . Doch selbst in diesem Bereich konnte nun durch das parlamentarische Verfahren eine Verbesserung er- reicht werden: Erstmalig werden in der Verfassung öf- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24225 (A) (C) (B) (D) fentlich-private Partnerschaften für ganze Streckennetze oder wesentliche Teile explizit ausgeschlossen . Damit wird im Grundgesetz selbst ein klares Zeichen gegen die Ausweitung von ÖPP gesetzt . Die SPD-Bundestagsfraktion hätte sich eine noch wei- tergehende Regelung gewünscht . Dies war jedoch mit der CDU/CSU-Fraktion nicht möglich . Ich stimme dem Gesetzespaket dennoch zu . Demokratie und das Ringen im parlamentarischen Verfahren bringen selten Ergebnisse, die zu 100 Prozent den Forderungen einer einzelnen Fraktion entsprechen . Wer künftig ÖPP vollständig verhindern will, muss dafür eintreten, dass der Staat mehr Mittel in die Infrastruk- tur investiert, wie es die SPD fordert . Ein völliger Aus- schluss von ÖPP im Grundgesetz, der einer Zweidrittel- mehrheit in Bundestag und Bundesrat bedarf, war in der bestehenden Koalition nicht realisierbar . Deshalb werbe ich für die Anerkennung der Verhandlungserfolge im par- lamentarischen Verfahren und die Erhöhung des Drucks auf all die politischen Kräfte, die eine schwarze Null im Bundeshaushalt über politische Gestaltungsmöglichkei- ten stellen . Swen Schulz (Spandau) (SPD): Ich werde der erziel- ten Einigung über die Neuordnung der Finanzbeziehun- gen von Bund und Ländern zustimmen . Auf der Basis dieser Vereinbarungen steht ein Gesetzespaket mit vier Regelungskomplexen zur Abstimmung . In allen vier Komplexen hat sich die SPD-Bundestagsfraktion in we- sentlichen Fragen mit ihren Positionen durchsetzen kön- nen . Hinzu kommt, dass gerade für Berlinerinnen und Berliner erhebliche Vorteile erreicht wurden . Allerdings sehe ich auch schwierige Bestandteile des Gesetzespaketes . Das ist bei einem Kompromiss nicht nur innerhalb einer Koalition, sondern auch zwischen dem Bund und den 16 Bundesländern nicht anders zu er- warten . In der Gesamtbetrachtung überwiegen jedoch die positiven Elemente . Im Einzelnen: Die finanzielle Handlungsfähigkeit von Ländern und Kommunen wird nach dem Auslaufen des Solidarpaktes im Jahr 2019 gesichert . Das ist ein zentrales Anliegen der SPD-Bundestagsfraktion . Für Berlin ist diese Eini- gung nachgerade finanziell überlebenswichtig. Die Neu- regelung bedeutet jährliche Mehreinnahmen von etwa 500 Millionen Euro gegenüber einer Nichteinigung . Wir haben erreicht, dass das bisher im Grundgesetz verankerte Kooperationsverbot von Bund und Ländern in der Bildung dauerhaft aufgebrochen wird . Darüber hi- naus werden ganz konkret 3,5 Milliarden Euro für Bil- dungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen zur Verfügung gestellt, um Schulgebäude zu sanieren und zu modernisieren . Das hat die SPD nach langen und intensi- ven Diskussionen gegen viele Widerstände durchgesetzt . Ich bin sicher, dass die Bildungskooperation eine wich- tige Weichenstellung für die Zukunft unseres Landes ist . Im Gesetzespaket enthalten ist außerdem die Aus- weitung des Unterhaltsvorschusses für Kinder über das 12 . Lebensjahr hinaus bis zur Volljährigkeit . Der SPD-Bundestagsfraktion war wichtig, auf diesem Weg Alleinerziehende und ihre Kinder besser zu unterstützen . Von der Verbesserung werden über 260 000 Kinder pro- fitieren. Der sicherlich umstrittenste und aus meiner Sicht auch schwierigste Teil des Gesetzespaketes ist die Infrastruk- turgesellschaft Verkehr . Der ursprüngliche Gesetzent- wurf der Bundesregierung hatte hier die Tür für massive Privatisierungen geöffnet. Hier haben wir bei den parla- mentarischen Beratungen nun Regelungen durchgesetzt, die die Privatisierung des Bundesautobahn- und Bundes- fernstraßennetzes verhindern . Im Grundgesetz selbst wird deswegen geregelt, dass nicht nur die Bundesfernstraßen selbst im unveräußerli- chen, hundertprozentigen Eigentum des Bundes stehen, sondern auch die Infrastrukturgesellschaft, die für de- ren Planung, Bau und Betrieb zuständig sein wird . An ihr können sich Private weder mittel- noch unmittelbar beteiligen . Auch Privatisierungen von Teilnetzen sind durch die Änderung des Grundgesetzes künftig ausge- schlossen . Das wirtschaftliche Eigentum an den Bundesfernstra- ßen bleibt beim Bund . Die neue bundeseigene Infrastruk- turgesellschaft wird vollständig staatlich über den Bun- deshaushalt finanziert und darf keine Kredite von Dritten aufnehmen . Die Kontrolle der Gesellschaft wird künftig durch den Bundesrechnungshof ebenso wie die Beteili- gung des Deutschen Bundestages sichergestellt . Der SPD-Bundestagsfraktion ist die Zukunft der rund 11 000 Beschäftigten, die von den Straßenbauverwaltun- gen der Länder künftig zum Bund wechseln, sehr wich- tig . Wir konnten die Kernforderungen der Gewerkschaf- ten nach Überleitungstarifverträgen durchsetzen und die Interessen der Beschäftigten unter Wahrung ihrer Besitz- stände schützen . In der unter dem Strich positiven Bewertung der Än- derungen des Gesetzentwurfes werde ich übrigens vom Bundesrechnungshof, von Verdi sowie von weiteren Sachverständigen, die den ursprünglichen Entwurf der Bundesregierung scharf kritisiert hatten, bestätigt . Persönlich hätte ich mir noch mehr vorstellen können, nämlich den vollständigen Ausschluss von öffentlich-pri- vaten Partnerschaften (ÖPP) . Dafür fehlt jedoch die nötige Zweidrittelmehrheit zur Änderung des Grundge- setzes . Die erreichte Begrenzung auf Teilstücke ist aber ein deutlicher Fortschritt gegenüber dem bestehenden Rechtsrahmen, denn nun werden ÖPP zum ersten Mal eingeschränkt . Wir schließen Türen für Privatisierungen, die bislang offen standen. Ewald Schurer (SPD): Mit der heutigen Sitzung des Deutschen Bundestags wird die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen beschlossen . Diese immens umfangreichen Gesetzesänderungen beinhalten unter anderem 13 Grundgesetzänderungen sowie zahlrei- che weitere einfachgesetzliche Regelungen . Das nun vor- liegende Gesetzespaket geht zurück auf eine Einigung zwischen der Bundesregierung und den Ländern vom Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724226 (A) (C) (B) (D) Dezember 2016 als Ersatz für die auslaufenden Regelun- gen zum Bund-Länder-Finanzausgleich 2019 . Nach reif- licher Abwägung habe ich mich dazu entschieden, gegen dieses Paket zu stimmen . Der Grund für mich, dem Gesetzpaket meine Zustim- mung zu verweigern, ist die darin enthaltene Einführung einer Infrastrukturgesellschaft zur Sicherstellung der Fi- nanzierung der Bundesautobahnen . Bereits letztes Jahr habe ich mich zu diesem Thema klar positioniert: Einer Infrastrukturgesellschaft kann ich nur zustimmen, wenn diese die Form einer Gesellschaft öffentlichen Rechts hat und eine Privatisierung der Bundesautobahnen rechtssi- cher und unwiderruflich ausgeschlossen wird. Das ist in dem vorliegenden Kompromiss jedoch leider nicht der Fall . Zunächst möchte ich betonen, dass die SPD-Bundes- tagsfraktion sich in den Verhandlungen während der ver- gangenen Monate mit allem Nachdruck und unter zähem Ringen mit den Koalitionspartnern von CDU und CSU in zahlreichen wichtigen Punkten durchgesetzt und den ur- sprünglichen Inhalt des Regierungsentwurfs um nahezu 180 Grad zugunsten des Allgemeinwohls und der parla- mentarischen Mitbestimmung gedreht hat . In dem Paket enthalten ist auch eine Lockerung des Kooperationsverbots im Bildungsbereich, die es dem Bund ermöglicht, Geld für Bildungsinfrastruktur in fi- nanzschwachen Kommunen zur Verfügung zu stellen, um beispielsweise Schulgebäude zu sanieren und zu mo- dernisieren . 3,5 Milliarden Euro stehen dafür zur Verfü- gung . Das Geld geht vom Bund über die Länder an die Kommunen, die dann vor Ort entscheiden, wie es inves- tiert wird . Des Weiteren wird im Rahmen des Pakets der Unter- haltsvorschuss neu geregelt, den Alleinerziehende erhal- ten, wenn der eigentlich unterhaltspflichtige Elternteil nicht zahlt: Künftig wird nicht nur bis zum 12 . Geburts- tag des Kindes gezahlt, sondern bis zum 18 . Geburtstag, und während bislang maximal sechs Jahre lang gezahlt wurde, entfällt diese Befristung künftig komplett . Ein sehr wichtiger Meilenstein zur Stärkung alleinerziehen- der Eltern und ihrer Kinder! Ein weiteres Element des Paketes sind die Gesetz- entwürfe, mit denen Verwaltung und Bau von Autobah- nen und sonstigen Bundesfernstraßen in Deutschland neu geordnet werden . Die SPD-Bundestagsfraktion hat lange und hart verhandelt, um möglichst viele Privati- sierungsschranken einzubauen . So wurden auch Grund- gesetzänderungen hineinverhandelt, mithilfe derer die mittelbare und unmittelbare Beteiligung Dritter an der Infrastrukturgesellschaft und deren Tochtergesellschaf- ten ausgeschlossen wird . Außerdem ist ausgeschlossen, dass sich Private im Rahmen von öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) für Streckennetze, die das gesam- te Bundesautobahnnetz oder wesentliche Teile davon betreffen, beteiligen. Wenn man bedenkt, dass insbe- sondere Bundesverkehrsminister Dobrindt ursprünglich bis zu 49 Prozent der Gesellschaft an private Investoren veräußern wollte, ist das ein erstaunliches Verhandlungs- ergebnis . Mir persönlich geht das aber nicht weit genug . Denn das bedeutet auch, dass auf der anderen Seite die Mög- lichkeit besteht, ÖPP auf Strecken von einer Länge von maximal 100 Kilometern umzusetzen . Zudem ist der Be- griff „wesentliche Teile“ zu unkonkret, als dass damit ein wirklicher Ausschluss Privater garantiert ist . Ich lehne ÖPP unter anderem deshalb grundsätzlich ab, da für mich die Daseinsfürsorge – und dazu zählen auch von Steuer- geld finanzierte Autobahnen – in staatliche und nicht in private Hand gehört . Des Weiteren ist der Ausschluss eines möglichen Wechsels der Rechtsform, zum Beispiel der nun zu grün- denden privatrechtlichen GmbH in eine Aktiengesell- schaft, lediglich einfachgesetzlich geregelt . Das heißt, eine andere Bundesregierung könnte diese Umwandlung ohne eine Änderung des Grundgesetzes – und der damit verbundenen erforderlichen Zweidrittelmehrheit – mit einfacher Mehrheit vollziehen . Gleiches gilt für die Kre- ditfähigkeit der Gesellschaft . Es ist zwar nicht erlaubt, dass diese selbst Kredite aufnimmt, aber dieser Punkt ist ebenfalls nur einfachgesetzlich geregelt . Für mich ist deshalb klar: Die Union wollte von An- fang an eine echte Privatisierung der Autobahnen und wird das auch weiterhin vorantreiben . Der vorliegende Kompromiss schließt dies nicht zu 100 Prozent aus, auch wenn sich die SPD-Bundestagsfraktion in wichtigen As- pekten durchsetzen und eine wie von der Union gewollte Privatisierung im großen Stil verhindern konnte . Aufgrund dieser Bedenken kann ich daher den Geset- zesänderungen in dieser Form nicht zustimmen . Reinhold Sendker (CDU/CSU): Die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ist ein elementar wichtiges Vorhaben der laufenden Wahlperiode . Es ist richtig und wichtig, das Gesetzgebungsverfahren noch in dieser Wahlperiode abzuschließen, damit alle Betei- ligten mit ausreichendem Vorlauf Planungssicherheit ha- ben . Ich begrüße außerordentlich, dass mit der erzielten Einigung auch die Schaffung einer Bundesinfrastruktur- gesellschaft beschlossen wurde . Damit werden wir be- stehende Planungsengpässe in den Ländern beseitigen . Unser Land braucht eine gesunde Verkehrsinfrastruktur, denn diese wird zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr, Wachstum und Wohlstand führen . Deshalb habe ich dem Gesetzentwurf trotz meiner im Folgenden aufgeführten Bedenken zugestimmt . Das großzügige finanzielle Engagement des Bundes ist für viele Kommunen eine große Hilfe . Gleichzeitig führen Mischzuständigkeiten und Mischfinanzierungen zu keiner Klärung von Verantwortung, wirken oft als „goldener Zügel“ und schränken die grundgesetzlich ga- rantierte kommunale Selbstverwaltung ein . Die Einfügung des Artikel 104c GG setzt zudem ein schwieriges Signal . Das eigentliche Ziel müsste sein, bundesweit keine finanzschwachen Kommunen mehr zu finden. Stattdessen werden finanzschwache Kommunen jetzt sogar in der Verfassung verankert . Statt Bundeshil- fen für finanzschwache Kommunen im Grundgesetz zu normieren, sollten die finanziell zuständigen Länder al- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24227 (A) (C) (B) (D) les daransetzen, die Finanzschwäche von Kommunen zu beheben . Der Bund kann nicht alle Missstände vor Ort zu lö- sen – erst recht nicht, wenn Länder die Hilfen des Bundes unterlaufen, Mittel des Bundes nicht an die Kommunen weiterleiten und diesen dann auch noch immer größere Lasten aufbürden, um den eigenen Landeshaushalt zu schonen . Aus dem ersten Schritt des Artikel 104c GG mit der Mitfinanzierungsmöglichkeit für den Bund in der Bildungsinfrastruktur finanzschwacher Kommunen darf keine Allgemeinzuständigkeit des Bundes für alle Pro- bleme vor Ort werden . Letzten Endes würde eine Ver- stetigung dieser Praxis dazu führen, das föderale System der Bundesrepublik und somit einen grundlegenden Teil des politischen Systems der Bundesrepublik obsolet zu machen . Ziel der Föderalismusreform 2006 war, klare Struk- turen und Verantwortlichkeiten in der Aufgabenwahr- nehmung durch Bund und Länder zu schaffen. Mit Ar- tikel 104c GG wird dieses Ziel ein Stück aus den Augen verloren . Am Grundsatz, dass für eine aufgabenange- messene auskömmliche Finanzausstattung der Kommu- nen die jeweiligen Bundesländer verantwortlich und zu- ständig sind, ist festzuhalten . Dies gilt nicht nur für den Bereich der Bildungsinfrastruktur, sondern insgesamt für alle von den Kommunen auszuführenden Aufgaben . Aus dieser Sicht besteht durch die Einfügung des Arti- kel 104c GG die Gefahr, dass ein dauerhafter Fehlanreiz gesetzt wird, dass Länder künftig Kommunen bei Inves- titionsbedarf an den Bund verweisen und somit aus der Erweiterung der Mitfinanzierungsmöglichkeit eine Mit- finanzierungszuständigkeit wird. Dies werde ich in Zukunft kritisch beobachten . Norbert Spinrath (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über die Neuregelung des bundesstaatli- chen Finanzausgleichssystems ab . Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Erstens . Zunächst ist zu beachten, dass der Bundes- tag über ein Regelungspaket zu entscheiden hat, das im Vorfeld bereits zwischen allen Ministerpräsidenten und der Bundesregierung abgestimmt worden ist . Da die Länder in den Finanzbeziehungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zuge- standen, ein Stück ihrer Kompetenz im Bildungsbereich wieder an den Bund zu geben und in diesem Zusam- menhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bun- desstraßen bzw . Autobahnen dem Bund zu übertragen . Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Bundesregierung halte ich für äußerst kritikwürdig . Die Beratungen des Bundestages wurden deutlich dadurch er- schwert, dass die Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Bundesregierung ein Gesamtpaket völlig unterschiedli- cher Regelungsbereiche verabschiedeten, die im Par- lament faktisch nicht mehr entkoppelt werden können . Umso beachtlicher sind die Veränderungen, die nun zur Abstimmung stehen. Unabhängig davon hoffe ich aber, dass alle Parteien aus dieser Situation zukünftig lernen . Zweitens . Aus SPD-Sicht war in dem Regelungspaket von Anfang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschus- ses zu begrüßen . Für fast 1 Million alleinerziehende El- tern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen der un- terhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staat- liche Unterstützung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird dazu führen, dass die Doppelbelastung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigt werden kann . Drittens . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bildungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen bereitzustellen. Eine vollständige Abschaffung des Ko- operationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wich- tiges Ziel sozialdemokratischer Politik . Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe . Dies ist aber zwischen den Koalitionspartnern umstritten . Viertens . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflich- tet, unter anderem die Verwaltung der Bundesautobah- nen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne . Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigentum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist . Allerdings befürchte- ten viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Zusammen- hang, dass private Investoren über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könnten . Die Verlautba- rungen aus Bundesfinanzministerium und Bundesver- kehrsministerium verstärkten diesen Verdacht . Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bundes- rechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf . Die Ge- werkschaft Verdi problematisierte insbesondere Fragen beim Personalübergang . Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfassungstextes vor, der eine unmit- telbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Ge- sellschaft und deren Tochtergesellschaften ausdrücklich ausschließt . Dem Engagement der SPD-Bundestagsfrak- tion ist es zu verdanken, dass somit alle Hintertüren für eine mögliche Privatisierung in der Verfassung selbst ge- schlossen worden sind . Zudem ist es gelungen, dass alle wechselbereiten Beschäftigten der Straßenbauverwal- tungen der Länder vom Bund übernommen und grund- sätzlich dort eingesetzt werden, wo sie bisher arbeiten . Die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft ist verpflichtet, Tarifverträge für alle Beschäftigten abzuschließen . Ich empfinde es als Bestätigung dieser Position, dass auch die Gewerkschaft Verdi sowie der Bundesrechnungshof die Erfolge des parlamentarischen Verfahrens ausdrück- lich anerkennen . https://de.wikipedia.org/wiki/Politisches_System_Deutschlands Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724228 (A) (C) (B) (D) Darüber hinaus werden in der Debatte sogenannte öf- fentlich-private Partnerschaften (ÖPP) problematisiert . Die Partnerschaften gibt es bereits – sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungspaket ermög- licht . Doch selbst in diesem Bereich konnte nun durch das parlamentarische Verfahren eine Verbesserung er- reicht werden: Erstmalig werden in der Verfassung öf- fentlich-private Partnerschaften für ganze Streckennetze oder wesentliche Teile explizit ausgeschlossen . Damit wird im Grundgesetz selbst ein klares Zeichen gegen die Ausweitung von ÖPP gesetzt . Die SPD-Bundestagsfraktion hätte sich eine noch wei- tergehende Regelung gewünscht . Dies war jedoch mit der CDU/CSU-Fraktion nicht möglich . Demokratie und das Ringen im parlamentarischen Verfahren bringen selten Ergebnisse, die zu 100 Prozent den Forderungen einer einzelnen Fraktion entsprechen . Wer künftig ÖPP vollständig verhindern will, muss dafür eintreten, dass der Staat mehr Mittel in die Infrastruk- tur investiert, wie es die SPD fordert . Ein völliger Aus- schluss von ÖPP im Grundgesetz, der einer Zweidrittel- mehrheit in Bundestag und Bundesrat bedarf, war in der bestehenden Koalition nicht realisierbar . Deshalb werbe ich für die Anerkennung der Verhandlungserfolge im par- lamentarischen Verfahren und die Erhöhung des Drucks auf all die politischen Kräfte, die eine schwarze Null im Bundeshaushalt über politische Gestaltungsmöglichkei- ten stellen . Deshalb stimme ich dem Gesetzesvorhaben zu . Svenja Stadler (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über die Neuregelung des bundesstaatli- chen Finanzausgleichssystems ab . Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Zunächst ist zu beachten, dass der Bundestag über ein Regelungspaket zu entscheiden hat, das im Vorfeld bereits zwischen allen Ministerpräsidenten und der Bun- desregierung abgestimmt worden ist . Da die Länder in den Finanzbeziehungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zugestanden, ein Stück ihrer Kompetenz im Bildungsbereich wieder an den Bund zu geben und in diesem Zusammenhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bundesstraßen bzw . Autobahnen dem Bund zu übertragen . Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Bundesregierung halte ich für äußerst kritikwürdig . Die Beratungen des Bundes- tages wurden deutlich dadurch erschwert, dass die Minis- terpräsidenten gemeinsam mit der Bundesregierung ein Gesamtpaket völlig unterschiedlicher Regelungsbereiche verabschiedeten, die im Parlament faktisch nicht mehr entkoppelt werden können . Umso beachtlicher sind die Veränderungen, die nun zur Abstimmung stehen . Unab- hängig davon hoffe ich aber, dass alle Parteien aus dieser Situation zukünftig lernen . Aus SPD-Sicht war in dem Regelungspaket von An- fang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses zu begrüßen . Für fast 1 Million alleinerziehende Eltern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen der unterhalts- pflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nach- kommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staatliche Unterstützung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Be- fristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird dazu führen, dass die Doppelbelastung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigt werden kann . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Koope- rationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bildungsinves- titionen in finanzschwachen Kommunen bereitzustellen. Eine vollständige Abschaffung des Kooperationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wichtiges Ziel sozialde- mokratischer Politik . Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe . Dies ist aber zwischen den Koalitionspartnern umstritten . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Le- sung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflichtet, unter ande- rem die Verwaltung der Bundesautobahnen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich da- für einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne . Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigen- tum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist . Allerdings befürchteten viele Bürge- rinnen und Bürger in diesem Zusammenhang, dass priva- te Investoren über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hin- tertür erreichen könnten . Die Verlautbarungen aus Bun- desfinanzministerium und Bundesverkehrsministerium verstärkten diesen Verdacht . Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bundesrechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf . Die Gewerkschaft Verdi problema- tisierte insbesondere Fragen beim Personalübergang . Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfassungstextes vor, der eine unmit- telbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Ge- sellschaft und deren Tochtergesellschaften ausdrücklich ausschließt . Dem Engagement der SPD-Bundestagsfrak- tion ist es zu verdanken, dass somit alle Hintertüren für eine mögliche Privatisierung in der Verfassung selbst ge- schlossen worden sind . Zudem ist es gelungen, dass alle wechselbereiten Beschäftigten der Straßenbauverwal- tungen der Länder vom Bund übernommen und grund- sätzlich dort eingesetzt werden, wo sie bisher arbeiten . Die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft ist verpflichtet, Tarifverträge für alle Beschäftigten abzuschließen . Ich empfinde es als Bestätigung dieser Position, dass auch die Gewerkschaft Verdi sowie der Bundesrechnungshof die Erfolge des parlamentarischen Verfahrens ausdrück- lich anerkennen . Darüber hinaus werden in der Debatte sogenannte öf- fentlich-private Partnerschaften (ÖPP) problematisiert . Die Partnerschaften gibt es bereits – sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungspaket ermög- licht . Doch selbst in diesem Bereich konnte nun durch das parlamentarische Verfahren eine Verbesserung er- reicht werden: Erstmalig werden in der Verfassung öf- fentlich-private Partnerschaften für ganze Streckennetze Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24229 (A) (C) (B) (D) oder wesentliche Teile explizit ausgeschlossen . Damit wird im Grundgesetz selbst ein klares Zeichen gegen die Ausweitung von ÖPP gesetzt . Die SPD-Bundestagsfraktion hätte sich eine noch wei- tergehende Regelung gewünscht . Dies war jedoch mit der CDU/CSU-Fraktion nicht möglich . Demokratie und das Ringen im parlamentarischen Verfahren bringen selten Ergebnisse, die zu 100 Prozent den Forderungen einer einzelnen Fraktion entsprechen . Wer künftig ÖPP vollständig verhindern will, muss dafür eintreten, dass der Staat mehr Mittel in die Infrastruk- tur investiert, wie es die SPD fordert . Ein völliger Aus- schluss von ÖPP im Grundgesetz, der einer Zweidrittel- mehrheit in Bundestag und Bundesrat bedarf, war in der bestehenden Koalition nicht realisierbar . Deshalb werbe ich für die Anerkennung der Verhandlungserfolge im par- lamentarischen Verfahren und die Erhöhung des Drucks auf all die politischen Kräfte, die eine schwarze Null im Bundeshaushalt über politische Gestaltungsmöglichkei- ten stellen . Christoph Strässer (SPD): Heute hat der Deutsche Bundestag den neuen Bund-Länder-Finanzausgleich beschlossen, der innerhalb eines umfangreichen Pakets auch die Regelungen zur Errichtung einer Infrastruktur- gesellschaft enthält. Nach reiflicher Abwägung habe ich mich dafür entschieden, gegen dieses Paket zu stimmen . Dieses Gesetzespaket enthält umfassende Änderungen des Grundgesetzes sowie einfachgesetzliche Änderun- gen . Es geht zurück auf eine Einigung zwischen der Bun- desregierung und den Ländern vom Dezember 2016 als Ersatz für das Auslaufen der Regelungen zum Bund-Län- der-Finanzausgleich 2019 . Der Grund für mich, dem Gesetzpaket meine Zustim- mung zu verweigern, ist die darin enthaltene Einführung einer Infrastrukturgesellschaft zur Sicherstellung der Fi- nanzierung und Effizienz bei Bau und Verwaltung der Bundesautobahnen. Die Schaffung einer Gesellschaft privaten Rechts widerspricht dem Grundsatz, dass die Bereitstellung öffentlicher Güter, wie der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur, in die öffentliche Hand gehört. Dieses Prinzip ist eine wesentliche Errungenschaft sozi- aldemokratischer Politik und ein hohes verfassungsrecht- liches Gut . Der Errichtung einer Infrastrukturgesellschaft könnte ich daher nur zustimmen, wenn diese die Form einer Gesellschaft öffentlichen Rechts hätte. Das ist in dem vorliegenden Kompromiss nicht der Fall . CDU/ CSU haben dies vehement abgelehnt . Meine Fraktionskollegen und -kolleginnen haben lange, gut und hart verhandelt, um möglichst viele Pri- vatisierungsschranken einzubauen . So wurden auch Än- derungen in das Grundgesetz hineinverhandelt, die die mittelbare und unmittelbare Beteiligung Dritter an der Infrastrukturgesellschaft und deren Tochtergesellschaf- ten ausschließen . Außerdem ist ausgeschlossen, dass sich Private im Rahmen von öffentlich-privaten Part- nerschaften (ÖPP) für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder wesentliche Teile davon be- treffen, beteiligen. Wenn man bedenkt, dass insbeson- dere Bundesverkehrsminister Dobrindt ursprünglich bis zu 49 Prozent der Gesellschaft an private Investoren ver- äußern wollte, ist das ein erstaunliches Verhandlungser- gebnis, für das unseren Verhandlungsführern Dank und Respekt gebührt . Mir persönlich geht das aber nicht weit genug . Denn das bedeutet auch, dass auf der anderen Seite die Mög- lichkeit besteht, ÖPP in höherem Maße durchzuführen . Zudem ist der Begriff „wesentliche Teile“ zu unkonkret, als dass damit ein wirklicher Ausschluss Privater garan- tiert ist . Darüber hinaus wird erstmals geradezu dazu aufgerufen, dass die Sanierung und der Bau von Schulen durch ÖPP-Vorhaben umgesetzt werden . Diesem wider- spreche ich mit aller Entschiedenheit . Die Bereitstellung von Bildungsinfrastruktur ist elementare Aufgabe des Staates . Auch ist ein möglicher Wechsel der Rechtsform, zum Beispiel der GmbH in eine AG, lediglich einfachgesetz- lich geregelt . Das heißt, eine andere Bundesregierung kann diese Umwandlung ohne eine Änderung des Grund- gesetzes mit einfacher Mehrheit vollziehen . Gleiches gilt für die Kreditfähigkeit der Gesellschaft . Es ist zwar nicht erlaubt, dass diese selbst Kredite aufnimmt, aber dieser Punkt ist ebenfalls nur einfachgesetzlich geregelt . Der vorgesehene Parlamentsvorbehalt ist lediglich einfach- gesetzlich geregelt und kann durch eine andere politische Mehrheit jederzeit verändert werden . Das gilt auch für die Übernahme der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen . Auch hier besteht die Gefahr, dass eine andere politische Mehrheit den Abbau von bislang gesicherten Arbeitsplät- zen mit Tariflöhnen und guter Mitbestimmung organi- siert . Für mich ist klar: Die Union wollte von Anfang an eine echte Privatisierung der Autobahnen und wird das auch weiterhin vorantreiben . Der vorliegende Kompromiss schließt dies nicht vollumfänglich aus, und daher habe ich ihm nicht zugestimmt . Den weiteren Regelungen, die sich beispielsweise auf die Neuordnung des Finanzaus- gleichs oder das Aufheben des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich beziehen, stimme ich selbstverständlich zu . Ich bedaure es deshalb sehr, dass in einer Schluss- abstimmung über alle Grundgesetzänderungen im Paket abgestimmt wird, nachdem bereits über die dargestellten Einzelbereiche auch jeweils namentlich votiert worden ist . Wegen der überragenden Bedeutung der Veränderung des Artikel 90 GG ist mir eine Zustimmung zum Gesamt- paket aus den vorstehenden Gründen nicht möglich . Dr. Karin Thissen (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über die Neuregelung des bundesstaatli- chen Finanzausgleichssystems ab . Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen: Erstens . Aus SPD-Sicht war in dem Regelungspaket von Anfang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschus- ses zu begrüßen . Für fast 1 Million alleinerziehende El- tern und ihre Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen der un- terhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724230 (A) (C) (B) (D) nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staat- liche Unterstützung erfahren . Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird dazu führen, dass die Doppelbelastung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigt werden kann . Zweitens . Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich . Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bil- dungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen be- reitzustellen. Eine vollständige Abschaffung des Koope- rationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wichtiges Ziel sozialdemokratischer Politik . Bildung ist eine ge- samtstaatliche Aufgabe . Dies ist aber zwischen den Koa- litionspartnern umstritten . Drittens . In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflich- tet, unter anderem die Verwaltung der Bundesautobah- nen an den Bund zu geben . Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne . Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigentum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist . Allerdings befürchte- ten viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Zusammen- hang, dass private Investoren über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könnten . Die Verlautba- rungen aus Bundesfinanzministerium und Bundesver- kehrsministerium verstärkten diesen Verdacht . Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bundes- rechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf . Die Ge- werkschaft Verdi problematisierte insbesondere Fragen beim Personalübergang . Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfassungstextes vor, der eine unmit- telbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Ge- sellschaft und deren Tochtergesellschaften ausdrücklich ausschließt . Dem Engagement der SPD-Bundestagsfrak- tion ist es zu verdanken, dass somit alle Hintertüren für eine mögliche Privatisierung in der Verfassung selbst ge- schlossen worden sind . Zudem ist es gelungen, dass alle wechselbereiten Beschäftigten der Straßenbauverwal- tungen der Länder vom Bund übernommen und grund- sätzlich dort eingesetzt werden, wo sie bisher arbeiten . Die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft ist verpflichtet, Tarifverträge für alle Beschäftigten abzuschließen . Ich empfinde es als Bestätigung dieser Position, dass auch die Gewerkschaft Verdi sowie der Bundesrechnungshof die Erfolge des parlamentarischen Verfahrens ausdrück- lich anerkennen . Darüber hinaus werden in der Debatte sogenannte öf- fentlich-private Partnerschaften (ÖPP) problematisiert . Die Partnerschaften gibt es bereits – sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungspaket ermöglicht . Doch selbst in diesem Bereich konnte nun durch das par- lamentarische Verfahren eine Verbesserung erreicht wer- den: Erstmalig werden in der Verfassung öffentlich-pri- vate Partnerschaften für ganze Streckennetze oder wesentliche Teile explizit ausgeschlossen . Damit wird im Grundgesetz selbst ein klares Zeichen gegen die Auswei- tung von ÖPP gesetzt . Die SPD-Bundestagsfraktion hätte sich eine noch weitergehende Regelung gewünscht . Dies war jedoch mit der CDU/CSU-Fraktion nicht möglich . Demokratie und das Ringen im parlamentarischen Verfahren bringen selten Ergebnisse, die zu 100 Prozent den Forderungen einer einzelnen Fraktion entsprechen . Wer künftig ÖPP vollständig verhindern will, muss dafür eintreten, dass der Staat mehr Mittel in die Infrastruk- tur investiert, wie es die SPD fordert . Ein völliger Aus- schluss von ÖPP im Grundgesetz, der einer Zweidrittel- mehrheit in Bundestag und Bundesrat bedarf, war in der bestehenden Koalition nicht realisierbar . Deshalb werbe ich für die Anerkennung der Verhandlungserfolge im par- lamentarischen Verfahren und die Erhöhung des Drucks auf all die politischen Kräfte, die eine schwarze Null im Bundeshaushalt über politische Gestaltungsmöglichkei- ten stellen . Michael Vietz (CDU/CSU): Dieses umfangreiche Pa- ket an Änderungen des Grundgesetzes birgt unter dem Strich ein wenig mehr Licht denn Schatten, sodass ich letzten Endes trotz größerer grundsätzlicher Bedenken diesem zustimme . Die gesamtstaatliche Entscheidungs- und Handlungs- fähigkeit der Bundesrepublik Deutschland muss zweifel- los zu jeder Zeit und auf jeder staatlichen Ebene gegeben sein. Ebenso die klare Definition von Zuständigkeit und letztendlicher Verantwortung für Entscheidungsprozesse . Entscheidend hierfür ist die finanzielle Planungssicher- heit von Bund und Ländern . Dieser Gesetzentwurf ist die gelebte finanzielle Soli- darität des Bundes mit den Ländern . Ungeachtet der Tat- sache, dass ein Gutteil der Steuereinnahmen in Deutsch- land bereits den Ländern zu ihrer Aufgabenerfüllung zufließt. Die Länder werden von manchen Aufgaben, so zum Beispiel der Bundesauftragsverwaltung für die Bundes- autobahnen, entlastet. Dies gibt die Hoffnung, dass sich Unterhaltung und Ausbau des Autobahnnetzes durch die einheitliche Führung durch den Bund signifikant verbes- sern werden . Eine von vielen Bürgerinnen und Bürgern befürchtete Privatisierung der Bundesautobahnen sehe ich hier nicht, diese bleiben unveräußerliches Bundesei- gentum . Allerdings komme ich nicht umhin, festzustel- len, dass in den Ländern mit einer guten funktionieren- den Auftragsverwaltung wie Niedersachsen zukünftig Synergieeffekte für effektive Straßenverwaltung und Straßenbau wegfallen werden . Durch die Einführung eines Ausnahmetatbestands zu Artikel 104b GG kann der Bund für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen im Bereich der Bildungsinfra- struktur Finanzhilfen gewähren . Damit wird die grund- sätzlich gegebene ausschließliche Gesetzgebungskompe- tenz der Länder aufgrund des grundsätzlich bundesweit festzustellenden, je nach Bundesland und Kommune aber doch erheblich variierenden Sanierungs- und Moderni- sierungsbedarfs im Interesse einer angemessenen und zeitgemäßen Bildung unserer Kinder durchbrochen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24231 (A) (C) (B) (D) Diejenigen, die in der Vergangenheit hier, aus welchen Gründen auch immer, nachlässig waren, können zukünf- tig Hilfe vom Bund erhalten – mit allen nachvollziehba- ren Irritationen bei denjenigen, die ihrer Verantwortung bislang aus eigener Kraft nachgekommen sind . Ebenso mit dem Risiko, dass teilweises leichtsinniges Unterlas- sen bei der eigenen Aufgabenerfüllung zukünftig vom Bund mit Förderung belohnt wird . Aus der Sicht des Bundes ist dabei sicherlich zu be- grüßen, dass die Kriterien für die Bestimmung der för- derberechtigten finanzschwachen Kommunen durch Bundesgesetz oder in den abzuschließenden Verwal- tungsvereinbarungen festgelegt werden sollen . Dies gilt auch für die Ergänzung des Artikel 104b GG, die dem Bund nun die Möglichkeit eröffnet, über die bei der Gewährung von Finanzhilfen vorgesehene Festlegung der Investitionsbereiche und der Art der zu fördernden Investitionen hinaus auch die Grundzüge der Ausgestaltung der Länderprogramme zur Verwendung der Finanzhilfen festzulegen . Ein weiterer aus der Sicht des Bundes begrüßenswerter Aspekt ist die Ermächtigung des Bundesrechnungshofs in Artikel 114 GG, im Rahmen der ihm obliegenden Prü- fung der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes hinsichtlich der zweckentsprechenden Verwendung von Bundesmitteln im Bereich von Mischfinanzierungstatbe- ständen auch Erhebungen bei den mit der Mittelbewirt- schaftung beauftragten Dienststellen der Landesverwal- tung durchzuführen . Dies ist ein begrüßenswerter Schritt zur Verbesserung der Transparenz der Verwendung der vom Bund den Ländern zur Verfügung gestellten Mittel . Diese aus der Vielzahl der Maßnahmen zur Gewähr- leistung der gesamtstaatlichen Entscheidungs- und Hand- lungsfähigkeit herausgegriffenen Aspekte illustrieren deutlich die immer weiter zunehmende – und in Anbe- tracht des Zustimmungsbedürfnisses durch den Bundes- rat faktisch irreversible – Bereitschaft der Länder, Teile ihrer Souveränität gegen finanzielle Vorteile aufzugeben. Sie lassen sich damit in einem immer größeren Maße vom Bund an dem berühmten „goldenen Zügel“ führen und gefährden damit langfristig den föderalen Staatsauf- bau unseres Landes . Des Weiteren ist zu befürchten, dass dieser Akt der So- lidarität des Bundes als Belohnung verantwortungslosen Handelns aufgefasst wird. Ich bin der Auffassung, dass derjenige, der aufgrund falscher Prioritäten die Funkti- onsunfähigkeit wichtiger Lebensbereiche herbeiführt, nicht automatisch auf die Hilfe des Bundes setzen kann und darf . Alles andere wäre ein falscher Anreiz . Diese zukünftig grundgesetzlich festgelegten Maß- nahmen sind faktisch irreversibel . Eine Evaluierung und gegebenenfalls erforderliche Korrektur bzw . Rücknahme ist zwar nicht aus rechtlichen, aber doch aus tatsächli- chen Gründen wenig wahrscheinlich . Bewährt sich eine dieser Regelungen nicht, so wird der Bund sie nur mit noch größeren Zugeständnissen an die Länder korrigie- ren können . Damit ist ein derzeit noch nicht abschätzba- res Erpressungspotenzial gegeben . Vor diesem Hintergrund hätte ich eine abstrakt-gene- relle Regelung im Grundgesetz mit einer einfachgesetzli- chen Konkretisierung deutlich bevorzugt . Trotz dieser Bedenken und Sorgen stimme ich letzt- endlich dieser umfassenden Änderung des Grundge- setzes zu. Ich hege die Hoffnung, dass die Vielzahl der Maßnahmen zur Stabilisierung der Finanzen der Bundes- länder – und ihrer Kommunen – auf Sicht greifen wer- den . Die Vorteile und Chancen der in diesem Gesetzent- wurf enthaltenen Maßnahmen übertreffen die Nachteile und Risiken in meiner Einschätzung um einen winzigen Hauch . Barbara Woltmann (CDU/CSU): Ich möchte mit dieser persönlichen Erklärung zum Ausdruck bringen, dass ich zwar dem Gesetz zustimmen werde, dennoch betreffend einzelner Aspekte der Gesetzesentwürfe er- hebliche Zweifel habe . So habe ich unter anderem Sorge, dass sich mit der Änderungen des Artikel 104c GG mit der Mitfinanzierungsmöglichkeit für den Bund in der Bildungsinfrastruktur finanzschwacher Kommunen eine Allgemeinzuständigkeit des Bundes für alle Probleme vor Ort entwickeln wird . Es besteht die Gefahr eines ers- ten Schrittes in Richtung Zentralisierung . Änderungen des Grundgesetzes sollen eigentlich nur dann erfolgen, wenn es sich um dauerhafte Änderungen handelt. Die Festschreibung des Begriffs „finanzschwa- che Kommunen“ im Grundgesetz steht im Widerspruch zum einst verfassungsrechtlich beschlossenen „Koopera- tionsverbot“ in der Bildungspolitik . Statt Bundeshilfen für „finanzschwache Kommunen“ im Grundgesetz fest- zuschreiben, sollten die finanziell zuständigen Länder alles daransetzen, die Finanzschwäche von Kommunen zu beheben . Weiter darf es kein erstrebenswerter Zustand sein, möglichst lange als „finanzschwache Kommune“ zu gelten, um sich hohe Beträge an Fördergeldern des Bundes zu sichern . Das eigentliche Ziel muss es sein, dass es keine finanzschwachen Kommunen gibt. Statt- dessen werden finanzschwache Kommunen nun sogar im Grundgesetz verankert . Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Stefan Liebich (DIE LINKE) zu der sechsten namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 125c) (Tagesordnungspunkt 9) Ich habe versehentlich mit Nein gestimmt . Mein Vo- tum lautet Enthaltung . Anlage 9 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zu der achten namentlichen Ab- stimmung über den von der Bundesregierung ein- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724232 (A) (C) (B) (D) gebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) (Tagesordnungspunkt 9) Ich habe versehentlich mit Nein gestimmt . Mein Vo- tum lautet Enthaltung . Anlage 10 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Birgit Wöllert, Kerstin Kassner und Kersten Steinke (alle DIE LINKE) zu der Ab- stimmung über die Beschlussempfehlung des Petiti- onsausschusses: Sammelübersicht 443 zu Petitionen (Beschlussempfehlung 1, laufende Nummer 1–11, Leitakte 2-18-15-2124-005471, Frau Skott u. a.) (Heb- ammen) (Tagesordnungspunkt 47 u) Die genannte Petition fordert, einen entsprechenden bundesrechtlichen Rahmen zu schaffen, durch den jeder Frau die freie Wahl des Geburtsortes sowie die Geburts- begleitung durch eine Hebamme ihres Vertrauens ge- währleistet und die Neuordnung des Vergütungssystems in der Geburtshilfe erreicht wird . Die Beschlussempfehlung, die Petition dem Bundes- ministerium für Gesundheit lediglich zu überweisen, soweit darin die Verbesserung der Datenlage hinsicht- lich der bundesweiten Versorgung mit Hebammenhilfe begehrt wird und dann abzuschließen, reicht bei weitem nicht aus . Die Darstellung in der Begründung der Beschluss- empfehlung des Ausschusses, das Anliegen der Petentin und der 41 397 Mitzeichnerinnen und Mitzeichner sei teilweise erfüllt, stimmt in der Realität weder mit dem Arbeitsalltag der Hebammen noch mit der Erfahrung vie- ler werdender Mütter überein . Einer Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zur „personellen Ausstattung . . . in sta- tionären Geburtshilfeeinrichtungen“ zufolge ergab eine „Untersuchung von 23 Studien aus 16 Ländern“, dass eine „Eins-zu-eins-Betreuung während der Geburt eine Absenkung von Interventionsraten zur Folge hat“ (https:// www .bundestag .de/blob/498952/e6d987867d45e- a04396edc12a38aa6d3/wd-9-079-16-pdf-data .pdf; S . 6) . Jedoch muss in Deutschland „fast die Hälfte der Hebam- men … drei Frauen gleichzeitig während der Geburt“ be- treuen (ebenda) . Infolge der mangelhaften Arbeits- und Entlohnungsbedingungen hat laut Deutscher Kranken- hausgesellschaft (DKG) „fast jedes zweite Krankenhaus mit einer Geburtshilfeabteilung Schwierigkeiten …, of- fene Hebammenstellen zu besetzen“ (ebenda) . Von der Begleitung durch eine Hebamme während der Geburt (regelhafte 1 : 1-Betreuung) ist Deutschland weit entfernt . Die freie Wahl des Geburtsortes kann nicht mehr gewährleistet werden . Insgesamt ist ein ganzer Be- rufsstand qualifizierter und hochmotivierter Hebammen und Entbindungspfleger existenziell gefährdet. Auch eine nachhaltige Lösung für die Haftpflichtpro- blematik der Hebammen ist seitens der Bundesregierung bis heute nicht erzielt worden . Eine grundlegende Maß- nahme würde in der Einführung eines steuerfinanzierten Haftungsfonds für alle Gesundheitsberufe bestehen (sie- he Drucksache 18/1483) . Zudem ist eine zeitgemäße Ausgestaltung von Heb- ammenleistungen dringend erforderlich, in der die Heb- ammen als erste Ansprechpartnerinnen für Frauen in Schwangerschaft, Geburt und Mutterschaft benannt und weitergehende Leistungen unter Berücksichtigung ge- sundheitsfördernder und psychosozialer Aspekte ermög- licht werden . Dieses Verständnis eines neuen Berufsbil- des sollte sich auch in der Vergütung niederschlagen . Die Versorgung mit Hebammenleistungen gehört zur Grundversorgung der Bevölkerung – wie die Versorgung mit Hausärztinnen und Hausärzten . Sie muss wohnort- nah erfolgen, zum Beispiel über integrierte Lösungen (Versorgungszentren, Hebammenstützpunkte, Koopera- tionen) . Eine wissenschaftlich fundierte, kleinräumige und konsequent an der gesundheitlichen Versorgung aus- gerichtete Bedarfsplanung für alle Gesundheitsberufe ist zwingend erforderlich . Aus den vorgenannten Gründen stimmen wir gegen die in der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses empfohlene einfache Überweisung und den Abschluss des Petitionsverfahrens . Anlage 11 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Katja Keul und Beate Müller- Gemmeke (beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Ge- setzes über den Abschluss der Rentenüberleitung (Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz) (Tagesord- nungspunkt 12 a) Es ist schier unglaublich, was selbst im 21 . Jahrhun- dert in Deutschland möglich ist . Im Jahr 2017 gibt es in Deutschland Krankenschwestern, die von ihrer Schwes- ternschaft beim Deutschen Roten Kreuz an Krankenhäu- ser entliehen werden . Sie sind Leiharbeitnehmerinnen . Das hat selbst der Europäische Gerichtshof festgestellt . Doch sie werden nicht als solche behandelt . Die Rotkreuzschwestern pflegen Menschen, versor- gen Wunden und legen Verbände an, sie sprechen kran- ken Menschen Mut zu und kümmern sich professionell um alles, was eine Krankenschwester eben tut . Doch die- se Frauen sind rechtlich gesehen keine Arbeitnehmerin- nen . Denn sie tun ihren Dienst angeblich völlig selbstlos und bescheiden . So sah es zumindest die Vereinssatzung des Deutschen Roten Kreuzes in den 50er-Jahren . Und so sieht es seither das Bundesarbeitsgericht . Denn auch das BAG meint, DRK-Schwestern sind keine Arbeitneh- merinnen . Das heißt, im 21 . Jahrhundert gibt es in Deutschland Beschäftigte, die keinerlei Rechte haben . Diese Kranken- https://www.bundestag.de/blob/498952/e6d987867d45ea04396edc12a38aa6d3/wd-9-079-16-pdf-data.pdf https://www.bundestag.de/blob/498952/e6d987867d45ea04396edc12a38aa6d3/wd-9-079-16-pdf-data.pdf https://www.bundestag.de/blob/498952/e6d987867d45ea04396edc12a38aa6d3/wd-9-079-16-pdf-data.pdf Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24233 (A) (C) (B) (D) schwestern dürfen nicht streiken, sie haben keinen Kündi- gungsschutz, sie können keinen Betriebsrat wählen, und sie können kein Arbeitsgericht anrufen, wenn ihnen ge- kündigt wird . Tritt eine Schwester aus der DRK-Schwes- ternschaft aus, so darf sie zwei Jahre lang in keinem DRK-Krankenhaus mehr arbeiten . Dieser Tatbestand ist völlig inakzeptabel . Wie kann eine Gesellschaft wie die unsere solch ein recht- und schutzloses Arbeitsverhältnis einfach hinnehmen? Immerhin haben sich die DRK-Schwestern in Essen gewehrt . Dort wandte sich der Betriebsrat gegen die un- befristete Entleihung einer Rotkreuzschwester, mit dem Verweis, das sei Leiharbeit und die sei nur vorüberge- hend gestattet . Der Fall ging bis vor den Europäischen Gerichtshof . Und der gab dem Essener Betriebsrat Recht . Der Sonderstatus der Rotkreuzschwestern sei nicht mit der europäischen Leiharbeitsrichtlinie vereinbar, urteilte er . Das Bundesarbeitsgericht schloss sich dieser Rechts- auffassung an. Theoretisch müsste das von Nahles durch- gesetzte neue Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, das am 1 . April in Kraft getreten ist, damit auch für die Rotkreuz- schwestern gelten . Dieses Gesetz kritisiere ich noch im- mer . Aber im Falle der DRK-Schwestern könnte die neue Höchstüberlassungsdauer nach 18 Monaten dazu führen, dass die Schwestern von den Gestellungspartnern über- nommen werden; denn in dieser Branche werden ja im- merhin händeringend Fachkräfte gesucht . Damit hätten die Schwestern endlich einen regulären Arbeitsvertrag und damit auch alle Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerin- nenrechte, wie alle anderen Beschäftigten auch . Doch dazu wird es nicht kommen . Denn das Deutsche Rote Kreuz pochte auf seinen Sonderstatus – und fand bei Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles und den Re- gierungsfraktionen Gehör . Flugs wurde ein Änderungs- antrag geschrieben, mit dem das DRK-Gesetz geändert wird, und zwar in einem einzigen Punkt: Die 18-mona- tige Höchstüberlassungsdauer gilt künftig nur für Rot- kreuzschwestern nicht . In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wurde diese Gesetzesänderung jetzt versteckt in einem Gesetz zur Rentenüberleitung (Omnibusverfahren) in das parlamentarische Verfahren eingebracht . Diese Gesetzesänderung lehne ich strikt ab . Denn die DRK-Schwestern müssen endlich als normale Arbeit- nehmerinnen anerkannt werden, mit allen Rechten und Pflichten. Mit dieser Gesetzesänderung passiert aber genau das Gegenteil . Das ist nicht zeitgemäß und auch nicht europarechtskonform . Anlage 12 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Roderich Kiesewetter (CDU/ CSU) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag der Abgeord- neten Luise Amtsberg, Omid Nouripour, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Abschiebung nach Afghanistan aussetzen (Tagesordnungs- punkt 47 n) Ich habe versehentlich mit Nein gestimmt . Mein Vo- tum lautet Ja . Anlage 13 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Johannes Kahrs (SPD) zu der namentlichen Abstimmung über den Antrag der Fraktion Die Linke: Sofortiger Abschiebestopp nach Afghanistan (Zusatztagesordnungspunkt 10) Ich habe versehentlich mit Ja gestimmt . Mein Votum lautet Nein . Anlage 14 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Johannes Kahrs (SPD) zu der namentlichen Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Neue Lagebe- urteilung für Afghanistan (Zusatztagesordnungs- punkt 11) Ich habe versehentlich mit Nein gestimmt . Mein Vo- tum lautet Ja . Anlage 15 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie – der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Nicole Maisch, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kontogebühren – Transparenz und Verbrau- cherschutz erhöhen (Tagesordnungspunkt 20 a und b) Matthias Hauer (CDU/CSU): Nach den umfangrei- chen Beratungen der letzten Wochen bringen wir heute die Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie zum Abschluss . Wir wollen damit erreichen, dass derje- nige, der elektronisch bargeldlos zahlt, dies in Zukunft noch bequemer und sicherer tun kann . Mit dem Gesetz passen wir den Rechtsrahmen an den technologischen Fortschritt an und fördern Innovationen im Bereich der elektronischen und mobilen Zahlungen . Gleichzeitig stärken wir den Verbraucherschutz und erhöhen die Si- cherheit von Zahlungen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724234 (A) (C) (B) (D) Mit dem Gesetz gehen wir zudem einige Themen au- ßerhalb des Zahlungsverkehrs an . Beispielsweise sorgen wir dafür, dass bei Anschlussfinanzierungen und Um- schuldungen für Wohnimmobilienkredite künftig grund- sätzlich keine erneute Kreditwürdigkeitsprüfung mehr notwendig sein wird . Vor allem geht es bei dem Gesetz aber um das Thema Zahlungsverkehr: Wir beschließen heute wesentliche Verbesserungen für elektronische Zah- lungen . Auf drei wesentliche Themen möchte ich näher ein- gehen: Erstens . Wir ermöglichen der BaFin, auch neuartige Finanzdienstleister zu beaufsichtigen . Zweitens . Wir machen elektronische Zahlungen sicherer . Drittens . Wir verbieten Preisaufschläge für den Einsatz gängiger Zah- lungsmittel . Zu Punkt 1, der erweiterten Aufsicht: Wer seine Bank- geschäfte auf dem Smartphone erledigt, der nutzt dafür vielleicht schon heute eine App, die ihm einen Überblick über seine Konten bei verschiedenen Banken ermöglicht . Solche Kontoinformationsdienste verschaffen schnell einen Überblick über die eigenen Finanzen . Aber nicht nur der Blick auf die eigenen Konten, sondern auch der Geldtransfer von diesen eigenen Konten erfolgt immer häufiger elektronisch. Wenn ein Kunde zum Beispiel seinen Onlineeinkauf per Sofortüberweisung bezahlen möchte, prüft der Dienst erst, ob der Kunde genug Geld auf dem Konto hat, und veranlasst dann die Zahlung . Solche Zahlungsauslöse- dienste machen das Bezahlen im Internet einfacher . Mit diesem technologischen Fortschritt gehen aber auch Ge- fahren einher, vor allem wenn es um sensible Kontodaten geht . Früher war das eine Sache zwischen dem Kontoinha- ber auf der einen Seite und seiner Bank auf der anderen Seite . Wenn heute ein Dienst dazwischentritt, dann muss klar sein, dass Kontoinformationen nur über sichere Ka- näle übertragen werden, Informationen nur im benötigten Maße abgefragt und gespeichert werden und dass genau nachverfolgt werden kann, wer wann auf das Konto zu- gegriffen hat. Hohe Sicherheitsanforderungen und stren- ger Datenschutz müssen hier selbstverständlich sein und können mit dem heutigen Gesetz endlich auch durch die Aufsicht der BaFin sichergestellt werden . Damit stärken wir nachhaltig den Verbraucherschutz . Wir erhöhen die Sicherheit aber auch bei elektroni- schen Zahlungen, bei denen kein Zahlungsauslösedienst zwischengeschaltet ist . Damit komme ich zu Punkt 2, der vor allem normale Onlineüberweisungen betrifft. Hierbei wird die Identität des Kontoinhabers künftig durch zwei Merkmale überprüft . Das kann etwa das PIN/TAN-Ver- fahren sein – als ein klassisches Beispiel einer starken Kundenauthentifizierung. Mit diesen Maßnahmen wol- len wir die Anzahl missbräuchlich ausgelöster elektro- nischer Zahlungen weiter reduzieren . Die Details zur starken Kundenauthentifizierung werden gerade auf eu- ropäischer Ebene ausgearbeitet . Wichtig ist uns als CDU/ CSU hierbei besonders, dass Komfort und Sicherheit im Einklang miteinander stehen . Sollte es doch einmal dazu kommen, dass eine nicht autorisierte Zahlung ausgelöst wird, so kann sich der Ver- braucher auch hier darauf verlassen, dass ihn die neuen Regelungen schützen . Wir verbessern dazu die Haftungs- verteilung, vor allem bei Kreditkartenmissbrauch . Der Verbraucher haftet anstatt gegenwärtig mit 150 Euro in Zukunft maximal mit 50 Euro . Auch das ist ein weiterer Schritt zu mehr Verbraucherschutz im Zahlungsverkehr . Abschließend – damit komme ich zu Punkt 3 – gehen wir das Problem der Zahlungsmittelentgelte an . Bis heute kommt es oft bei Zahlungen im Internet zu bösen Überra- schungen: Wer zum Beispiel online ein Bahnticket oder eine Flugreise bucht, der wird bei der Zahlung etwa per Kreditkarte häufig mit Zusatzkosten zur Kasse gebeten. Wir schieben mit dem Gesetz solchen Preisaufschlägen für Überweisungen, Lastschriften und die Nutzung gän- giger Zahlungskarten einen Riegel vor . Anbieter nicht gängiger Zahlungsmittel fordern wir auf, ihre Preis- und Vertragsstruktur so anzupassen, dass die Händler in die Lage versetzt werden, auch diese in Zukunft entgeltfrei anzubieten . Mit dem Gesetz schaffen wir zahlreiche Verbesserun- gen für Verbraucherinnen und Verbraucher . Wir vergrö- ßern das Angebot an regulierten Zahlungsmethoden und erhöhen somit gleichzeitig Sicherheit und Komfort für die Kunden . Wir passen die Rechtslage an neue Techno- logien an und halten mit Innovationen Schritt . Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Gesetz . Dr. Frank Steffel (CDU/CSU): Mein Kollege Hauer hat bereits seine Ausführungen zur Umsetzung der Zah- lungsdiensterichtlinie gemacht, ich beschränke mich da- her auf das Thema „Kleinanlegerschutzgesetz“ . Im Jahr 2015 haben wir ein Gesetz zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger, hier im Besonderen der Klein- anleger, verabschiedet, das gut war, gut ist und deshalb auch in die richtige Richtung weist . Kurz: Das Gesetz wirkt! Es ist gut, weil wir vor zwei Jahren ein Gesetz beschlossen haben, bei dem wir auf praktisch alle Einga- ben – ob von Verbänden, Organisationen, Kirchen, Bür- gerinitiativen, Sportvereinen, Kulturprojekten oder frei- en Schulen – eingegangen sind und diese weitestgehend berücksichtigt haben . Es ist gut, weil wir Kleinanlegern damit die Chance gewahrt haben, individuell und gut in- formiert Produkte am Kapitalmarkt auszuwählen . Es ist gut, weil wir Warnhinweise verschärft, aber gleichzeitig seriöse Werbung in den Medien nicht ein- geschränkt haben . Es ist gut, weil wir die Grenze für die Prospektpflicht von 1 auf 2,5 Millionen Euro erhöht haben, was Bürokratie und Kosten gerade für soziale Projekte reduziert . Es ist gut, weil wir unzählige Sport- vereine, zahlreiche Kulturprojekte und auch viele freie Schulen mit einer Sonderregelung für gemeinnützige Organisationen vor größeren bürokratischen Aufgaben bewahrt haben . Ehrenamtliche sollen ihr Engagement entfalten, nicht Schriftsätze und Fragebögen falten! Und es ist auch gut, weil Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, mit Ihrer Enthaltung, der höchsten Form der Zustimmung, die in einer parlamentarischen Demo- kratie üblich ist, das Gesetz unterstützt haben! Wir sen- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24235 (A) (C) (B) (D) den ein klares Signal an die Start-up-Unternehmen und potenzielle Gründer: Wir ermöglichen auch innovative Finanzierungen . Aber – lassen Sie mich auch das sagen –: Das Gute ist des Besseren Feind! Wir sind nach eingehender Be- wertung der Überzeugung, dass der Anwendungszeit- raum der betreffenden Vorschriften zu kurz gewesen sein könnte, um eine abschließende Beurteilung aller Aspekte und Auswirkungen zu ermöglichen . Deshalb haben wir beschlossen, dieses Gesetz weiter zu evaluieren, also re- gelmäßig zu verbessern . Zusammenfassend stelle ich fest: Wir haben den Ver- braucherschutz gestärkt und damit den grauen Kapital- markt weiter reguliert! Wir haben mit Augenmaß den Schutz der Kleinanleger gestärkt, das heißt, dass bei- spielsweise Regelungen für soziale und gemeinnützige Projekte sowie Religionsgemeinschaften beibehalten werden . Das Widerrufsrecht bleibt vollständig erhalten . Die Werbung in sozialen Medien bleibt ohne Änderung, und das Vermögensinformationsbeiblatt wird optimiert . Wir haben mit dem Kleinanlegerschutzgesetz die Grund- lage für innovative Finanzanlagen gelegt . Geben wir dem Markt die Möglichkeit, sich zu ent- falten . Geben wir den Anlegern die Möglichkeit, sich zu beteiligen . Geben wir uns die Zeit, erneut zu evaluieren . Sarah Ryglewski (SPD): Aller Wahrscheinlichkeit nach zum letzten Mal in dieser Legislaturperiode befas- sen wir uns heute auch mit der Wohnimmobilienkredit- richtlinie . Denn wir nehmen das vorliegende Gesetz zum Anlass, um einen letzten offenen Punkt zu klären. Worum geht es? Bereits Anfang 2016 beschlossen wir Regeln, um Verbraucherinnen und Verbraucher wirksa- mer vor Überschuldung zu schützen . Nachdem das Gesetz mit der neuen Kreditwürdig- keitsprüfung in Kraft war, erhielt so mancher durchaus solvente Verbraucher plötzlich keinen Kredit mehr zur Immobilienfinanzierung. Schuld waren Unsicherheiten aufseiten der Banken . Deshalb legten wir im März dieses Jahres nach und stellten einige Regelungen des Gesetzes klar . Einen offenen Punkt konnten wir im März jedoch nicht klären, da wir zunächst den europarechtlichen Spielraum klären wollten . Es geht darum, ob auch bei Anschlussfinanzierungen und Umschuldungen eine Kre- ditwürdigkeitsprüfung notwendig ist . Die Sorge dahinter ist Folgende: Wer bereits einen Darlehensvertrag abge- schlossen hat, würde durch eine erneute Kreditwürdig- keitsprüfung nicht geschützt, sondern es bestünde im Ge- genteil die Gefahr, durch einen negativen Bescheid erst in Existenznöte zu geraten . Deshalb stellen wir heute klar, dass in diesen Fällen keine erneute Kreditwürdigkeitsprüfung notwendig ist, sofern der Vertrag mit demselben Kreditinstitut abge- schlossen wird . Von dieser Regel machen wir im Sinne der Verbrau- cher nur zwei Ausnahmen: Eine Prüfung ist auch dann weiterhin notwendig, wenn der Nettodarlehensbetrag deutlich erhöht wird oder aber wenn die Bank weiß, dass der Darlehensnehmer die neue Finanzierung nicht dauer- haft tragen können würde . Die SPD trägt damit den Interessen der Verbraucher Rechnung und erfüllt den Zweck der europäischen Vor- gaben: Das Risiko, dass Verbraucher wegen einer zu strengen Interpretation der Pflicht zur Kreditwürdig- keitsprüfung ihre Immobilie vorzeitig veräußern müssen, entfällt . Den Schutz der Verbraucher vor Überschuldung halten wir aufrecht . Denn natürlich gelten auch in diesem Fall die Sanktionen bei fehlerhafter Kreditwürdigkeits- prüfung, damit die Banken einen Anreiz haben, sich an die Regeln zu halten . Christian Petry (SPD): Mit der Umsetzung des Kleinanlegerschutzgesetzes hat die Große Koalition im Sommer 2015 den Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern am Kapitalmarkt verbessert . Wir haben da- mals unter anderem festgelegt, dass bei Abschluss einer Anlageinvestition Anlegern ein sogenanntes Vermögens- informationsblatt (VIB) vorgelegt werden muss . Dieses Infoblatt muss alle wesentlichen Inhalte der Vermögens- anlage umfassen und abbilden . Darüber hinaus haben wir den kollektiven Verbraucherschutz als Aufsichtsziel der BaFin fest verankert – eine wegweisende Stärkung des finanziellen Verbraucherschutzes! Bei allen Regelungen war es uns aber immer wichtig, dass wir bürgerschaftliches Engagement nicht erschwe- ren . Deshalb haben wir Ausnahmetatbestände geschaf- fen, die der Vielfalt sozialer und gemeinnütziger Projekte Rechnung tragen . Anbieter von Crowdinvestments im Internet haben wir von diversen Anforderungen befreit . Diese Plattfor- men unterstützen gezielt kleinere und mittlere Unterneh- men sowie Start-ups . Die Bundesregierung hat nun diese Ausnahmetatbe- stände evaluiert . Die Praxistauglichkeit der Regelungen des Kleinanlegerschutzgesetzes haben wir deshalb disku- tiert und Änderungen beschlossen: Das Widerrufsrecht hat sich bewährt . Zukünftig darf der Emittent eines Anlageprodukts nicht gleichzeitig auch Betreiber der Crowdfunding-Plattform im Internet sein, auf der das Produkt beworben wird . Da- mit wird verhindert, dass Internetplattformen nicht ob- jektiv über Vermögensanlagen informieren . Die Qualität des Vermögensinformationsblatts haben wir darüber hinaus verbessert: Zukünftig muss eine feste Reihenfolge an Mindestangaben bei der Erstellung des Infoblatts befolgt werden . Dadurch wird die Vergleich- barkeit der Vermögensinformationsblätter für Anleger gewährleistet . Eine weitere wichtige Änderung betrifft das Wertpa- pierprospektgesetz . Bislang besteht bei der Genehmi- gung eines solchen Prospektes bei der BaFin die Pflicht, den Prospekt auch in Papierform einzureichen . Diese Pflicht haben wir für Wertpapieremittenten abgeschafft. Gerade mit Blick auf den Brexit soll sich die Attraktivi- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724236 (A) (C) (B) (D) tät des Standorts Deutschland für Wertpapieremittenten dadurch erhöhen . Aufgrund der kurzen Praxiserfahrung mit dem Klein- anlegerschutzgesetz haben wir uns darauf verständigt, Anfang 2019 die genannten Ausnahmevorschriften er- neut unter die Lupe zu nehmen . Mögliche Änderungen werden wir hiernach konstruktiv diskutieren . Schlussendlich bleibt zu sagen, dass das Kleinanle- gerschutzgesetz den Verbraucherschutz am Kapitalmarkt nachhaltig verbessert und die Märkte allgemein stabiler gemacht hat . Dr. Jens Zimmermann (SPD): Mit dem vorliegen- den Gesetzentwurf setzen wir als nationaler Gesetzge- ber die Zweite EU-Zahlungsdiensterichtlinie um . Es ist ein wichtiges Gesetzgebungsvorhaben, weil so gut wie alle Bürgerinnen und Bürger von den enthaltenen Maß- nahmen betroffen sind; denn es werden neue Regeln für das elektronische Bezahlen eingeführt . Es ist ein gutes Gesetz, weil wir nicht nur die Sicherheit bei Zahlungen erhöhen, sondern auch den Verbraucherschutz im Zah- lungsdienstemarkt erhöhen . Die Rechte der Kundinnen und Kunden bei Zah- lungsvorgängen werden an vielen Stellen gestärkt . So wird europaweit ein bedingungsloses Erstattungsrecht bei Lastschriften eingeführt . Außerdem wird Kunden- haftung bei Kartenmissbrauch von derzeit 150 Euro auf zukünftig 50 Euro begrenzt . Zudem wird es ein Verbot von Preis aufschlägen durch Händler für Überweisungen, Lastschriften und die gängigsten Zahlungskarten geben . Damit gibt es keine bösen Überraschungen mehr, wenn man am Ende eines Buchungsvorganges mit einer be- stimmten Karte bezahlen möchte . Bisher gab es bei bestimmten Händlern bei Online- zahlungen und Buchungen eine sehr intransparente Preisstruktur. Häufig wurde erst am Ende eines Bu- chungs- oder Bezahlungsvorganges ersichtlich, dass für bestimmte Zahlungsmittel ein Zusatzentgelt fällig wird . Hat man in diesem Moment dann keine Möglichkeit, ei- nes der kostenlosen Zahlungsmittel zu wählen, ist man zur Zahlung von Zusatzgebühren gezwungen . In be- stimmten Branchen, beispielsweise beim Fliegen, konn- ten das durchaus erhebliche Summen sein . Wir als SPD-Fraktion begrüßen es deshalb sehr, dass solche Zusatzentgelte zukünftig verboten sein werden; denn damit schaffen wir Transparenz bei den Preisen für Bahn-, Zug- oder Konzerttickets . Das kommt den Kun- den zugute . Ausgenommen von dem Verbot für Zusatzentgelte sind in Zukunft lediglich noch sogenannte Dreipartei- ensysteme . In den parlamentarischen Beratungen ha- ben wir mit unserem Koalitionspartner intensiv darüber diskutiert, ob das Verbot auf diese Systeme ausgedehnt werden soll . Aufgrund der geringen Marktanteile dieser Kartenart in Deutschland und weil hier eine vertragliche Lösung zwischen Händlern und den Kartenunternehmen rechtlich möglich ist, die die Zusatzentgelte vermeidet, haben wir uns dafür entschieden, in diesem Punkt die Richtlinie eins zu eins umzusetzen . Neben den eben dargestellten zivilrechtlichen Än- derungen werden mit dem vorliegenden Gesetzentwurf auch viele aufsichtsrechtliche Vorschriften an den tech- nologischen Fortschritt angepasst . Finanz- und Bankge- schäfte werden längst nicht mehr nur über die traditionel- le Filiale oder das Onlinebanking großer Kreditinstitute erledigt . Stattdessen bieten immer mehr Unternehmen Dienste rund um das Girokonto an, die beispielsweise über Kontostände informieren oder Zahlungen ermögli- chen, ohne dass von diesen Unternehmen auch das jewei- lige Konto angeboten wird . Diese sogenannten dritten Zahlungsdienstleister wer- den nun der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienst- leistungsaufsicht unterstellt und unterliegen zukünftig einer Erlaubnispflicht. Damit geben wir als Gesetzgeber klare Regeln und Anforderungen für diese Dienste vor . Hiermit schaffen wir ein höheres Maß an Rechtssicher- heit und eröffnen mit klaren Vorgaben auch neue Ge- schäftsfelder für Banken und innovative Unternehmen . In den parlamentarischen Beratungen haben wir ne- ben einigen redaktionellen Änderungen auch einige Empfehlungen aus der Sachverständigenanhörung be- rücksichtigt . Unter anderem haben wir eine Klarstellung bei Zweckgutscheinen vorgenommen, die sowohl den Unternehmen als auch den Steuerbehörden hier eine bessere Orientierung bei der steuerlichen Bewertung dieser Gutscheine geben soll . Außerdem haben wir im Ausschussbericht eine Präzisierung festgehalten für be- stimmte Leistungen, die Telekommunikationsunterneh- men für die Anbieter bestimmter Dienste durchführen . Insgesamt werden die Maßnahmen im Gesetzentwurf die Regeln für den Zahlungsdienstemarkt zukunftsfest ma- chen und viele Verbesserungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher bewirken . Deshalb stimmen wir dem Gesetzentwurf zu . Den Antrag der Grünen zu TOP 20 b lehnen wir ab . Susanna Karawanskij (DIE LINKE): Zahlungs- dienste: Das klingt erst einmal sehr technisch . Doch sie spielen eine wichtige Rolle im Alltag der Verbraucher . Pro Jahr gibt es im Einzelhandel fast 10 Milliarden unba- re Transaktionen . Durch den Gesetzentwurf sollen rund 133 Millionen Zahlungsdienstrahmenverträge, also zum Beispiel Girokonten, reguliert werden . Da muss man schon ganz genau hinsehen, dass Verbraucher nicht übers Ohr gehauen werden; denn wir kennen alle Fälle aus den Medien – vielleicht sind wir aber sogar selbst schon Opfer davon geworden –, bei denen sich Unbefugte mit immer wieder neuen Tricks Zugang zu Konten verschafft haben . Das wird dann als Phishing, Hacking, Skimming usw . bezeichnet . Mit der Umsetzung der Zweiten Zahlungsdienstericht- linie sollen Internetzahlungen weiter vereinfacht, neue innovative Bezahlverfahren gefördert, die Sicherheit von Zahlungen verbessert und die Rechte der Kunden von Zahlungsdienstleistern gestärkt werden . Dies gelingt zum Teil, auch wenn es gewiss noch einige Lücken und vor allem Unklarheiten gibt . Eine bedeutende Rolle in der Debatte spielte der Da- tenzugang für Drittanbieter . Geldanbieter sollen ab 2018 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24237 (A) (C) (B) (D) sogenannten Fintechs sowie anderen Zahlungsdienstleis- tern sämtliche Konteninformationen zugänglich machen und dann entsprechend die Zahlungsaufträge weiterlei- ten . Was wir hier immer wieder hören: Es bestehen bis heute genau an der Schnittstelle zu den Kundenkonten zu wenig sichere, einheitliche Standards, bzw . es sind noch keine festgesetzt worden . Dies ist ein erhebliches Risiko für die Konteninhaber, für den Verbraucher . Hier sollte die Bundesregierung noch einmal nacharbeiten . Des Weiteren müssen wir aufpassen, dass Kontoinfor- mationsdienstleister nur auf Informationen, die der Nut- zer tatsächlich gegeben hat, und auf in diesem Zusam- menhang stehende Zahlungsvorgänge zugreifen können . Dies ist im Gesetzentwurf eigentlich unmissverständlich dargestellt und darf auf keinen Fall verwässert werden: Eine ganz enge Zweckbindung und starker Datenschutz müssen bestehen bleiben, damit dem Missbrauch vorge- beugt werden kann . Positiv ist für Verbraucher, dass Zahlungsdienstleiser und Banken in der Regel keine gesonderten Gebühren verlangen dürfen, wenn der Kunde ein Zahlungssystem nutzt . Zugleich wird die Kundenhaftung bei Schäden aus nicht autorisierten Kartenzahlungen künftig von 150 Euro auf 50 Euro reduziert – vorausgesetzt, der Kun- de hat nicht grob fahrlässig gehandelt . Und genau hier gibt es eine Lücke und Schwachstelle; denn in der Praxis wird sich hierdurch vermutlich nichts ändern . Wenn eine Bank nicht erstatten will, wird sie es einfach nicht tun . Sie wird sagen, der Kontoinhaber habe seine Daten grob fahrlässig Dritten zugänglich gemacht (zum Beispiel die PIN neben der Karte aufbewahrt) und lässt es einfach auf eine Klage ankommen . Auf eigene Kosten eine ge- richtliche Klärung zu suchen, werden demgegenüber die meisten Kunden scheuen . Das ist schlicht zu teuer . Hier gilt es also dringend nachzubessern! Wir Linke hätten uns gewünscht, dass der Gesetzentwurf klipp und klar re- gelt, dass künftig Banken ihren Kunden nicht mehr grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz unterstellen können, sondern dass die Banken ebendiese ausdrücklich beweisen müs- sen . In der Gesamtschau kann man den Gesetzentwurf et- was provokativ so zusammenfassen: Wir haben es hier mit einem „Fintech-Stärkungsgesetz“ zu tun . Diese neu- en Anbieter auf dem Markt werden zwar nun reguliert, aber dabei auch deutlich gestärkt . Die Regelungen sind insofern erfrischend, als dass sich hier nicht in erster Li- nie am Bedarf der Banken orientiert wurde . Im Gegenteil: Banken haben die Schnittstellen und die Sicherheitsar- chitektur zu stellen, und sie treten für die Fehler der Fin- techs in Haftung, obwohl sie Regressansprüche geltend machen können, weil die neuen Anbieter haftpflichtversi- chert sein müssen . Der Aufschrei der Bankenlobby wäre sicher vehementer gewesen, wenn sie nicht die Hoffnung hätte, auf lange Sicht selbst von den Regelungen zu pro- fitieren, weil sie die neuen Geschäftsmodelle auch selbst gewinnbringend nutzen bzw . Arbeitsabläufe zeitgemäß vereinfachen kann . Alles in allem unterstützt die Linke bei der Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie notwendige und sinnvolle Innovationen, solange der Verbraucherschutz sowie die Sicherheit von Zahlungen und damit von Geld, das Verbrauchern gehört, sichergestellt ist . Noch kurz ein Wort zur Evaluierung des Kleinanle- gerschutzgesetzes . Diese wurde auch in der Anhörung zu diesem Gesetzentwurf mitberaten . Speziell wurden die Befreiungsvorschriften in §§ 2a bis 2c des Vermö- gensanlagegesetzes evaluiert, es geht also unter anderem um Ausnahmen von der Prospektpflicht für Schwarmfi- nanzierungen/Crowdinvesting . Der Abschlussbericht ist wirklich interessant, und in vielem kann die Linke auch mitgehen . Fest steht zu diesem Zeitpunkt aber auch: Die Befreiungsvorschriften für Schwarmfinanzierungen wer- den nicht auf sämtliche Vermögensanlagen ausgedehnt . Ob man dies will oder nicht – hier besteht noch Diskussi- onsbedarf, ebenso bei der Frage, ob man bestimmte Im- mobilienprojekte ganz herausnehmen sollte, weil sie für Schwarmfinanzierungen ungeeignet sind und ihre Betrei- ber nicht zur avisierten Zielgruppe gehören . Wir müssen also weiter die Augen offen halten, in- wieweit die Ausnahmevorschriften für eine Umgehung genutzt werden . Grundsätzlich bedauern wir, dass auf absehbare Zeit keine weiteren Verbesserungen beim Anlegerschutz vorgesehen sind . Die Bundesregie- rung verweist einfach nur auf die nächste Evaluierung . Doch Verbraucherschutz – zum Beispiel durch striktere Selbstauskunftsverfahren von Crowdinvestingplattfor- men – darf wahrlich nicht auf die lange Bank geschoben werden . Sowohl bei den Zahlungsdienstleistern, die verstärkt auf den Markt dringen, als auch bei den Nachrangdarle- hen, die manche Start-ups über die Crowdanbieter aus- geben, um Geld zu sammeln: Eine präventive Prüfung – wie bei Kinderschlitten und Atomkraftwerken – tut not, bevor Finanzmarktakteure und Finanzprodukte für den Gang auf den Markt zugelassen werden . Man spart auch einiges an Bürokratie, wenn man nicht mehr im Nach- hinein mittels Hase-und-Igel-Wettlauf immer wieder prüfen, kontrollieren und eventuell Produkte oder Emit- tenten aus dem Verkehr ziehen muss . Genau dazu hatten wir jüngst im Finanzausschuss des Bundestages eine sehr gute Anhörung; denn wir als Linke fordern die Einfüh- rung einer europäischen verpflichtenden Zulassungsprü- fung für Finanzprodukte . Wir fordern einen Finanz-TÜV . Triftige Argumente gegen einen solchen TÜV jenseits von Ängsten vor zu viel Bürokratie waren nicht zu ver- nehmen . Mit einem Finanz-TÜV würde man den Verbraucher- schutz, aber ebenso Finanzmarktstabilität und Sicherheit großschreiben – und etwas anderes will die Zweite Zah- lungsdiensterichtlinie im Grunde auch nicht bezwecken . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im Zahlungsverkehrsbereich ist derzeit viel in Bewegung . Fintechs stoßen immer weiter in den Bereich des Bank- geschäfts vor und bieten innovative Dienstleistungen an . Neue Zahlungsdienste formieren sich und erleichtern die Bezahlung im Internet . Kontoinformationsdienste ma- chen die Verwaltung unserer Finanzen einfacher . Die EU schafft in der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie nun erst- mals einen umfassenderen Rechtsrahmen und Aufsichts- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724238 (A) (C) (B) (D) und Regulierungsstandards für diese neuen Dienste . Das ist gut aus Verbraucherschutzsicht; denn die Haftungsfra- ge wird geklärt und die Haftung des Kunden beschränkt . Auch aus wettbewerblicher Sicht ist das zu begrü- ßen, weil die alteingesessenen Banken sich nicht mehr durch die Schaffung bürokratischer Hürden aus ihrer Vormachtstellung heraus der Konkurrenz durch die neu- en Dienstleister entziehen können . Eine versteckte Hürde für einen fairen Wettbewerb, die im Entwurf des Umset- zungsgesetz der Bundesregierung noch enthalten war, nämlich dass die Zahlungsdienste benötigte Garantien nur bei ihren Wettbewerbern, den Banken, einholen dür- fen, wurde auf unsere Initiative hin gestrichen . Die Zahlungsdiensterichtlinie enthält noch eine Rei- he weiterer Verbesserungen für den Verbraucher, zum Beispiel die Abschaffung von Aufpreisen bei Onlinezah- lungen für die meisten gängigen Zahlungsmittel, eine Beweislastumkehr bei missbräuchlichen Zahlungen zu- gunsten des Kunden und eine Senkung der Haftung des Verbrauchers in solchen Fällen . Die EU hat hier eine gute Vorlage geliefert, und bei der Umsetzung der Richtlinie hat sich die Koalition keine groben Schnitzer geleistet . Doch das Gesetz enthält nicht nur die Umsetzung der EU-Richtlinie, sondern Sie haben in Ihren 13 Änderungsanträgen noch einiges Sachfrem- des an das Gesetz gehängt, unter anderem Regelungen zu Wohnimmobilienfinanzierungen, zum Crowdinves- ting, zu Abschlussprüfern bei Aktiengesellschaften, zu Dividendenzahlungen und Wertpapierprospekten . In der kurzen Redezeit kann ich nicht auf all diese Themen ein- gehen . Deshalb nur kurz zum Thema Crowdinvesting: Hier werden bei den Befreiungsvorschriften für Crowdfun- ding nach § 2a bis 2c des Vermögensanlagegesetzes ein paar wichtige Stellschrauben nachgezogen . Insbeson- dere die höhere Transparenz beim Vermögensinforma- tionsblatt ist positiv . Auch werden einige weitere Um- gehungsmöglichkeiten geschlossen . Leider wurden hier aber insgesamt die falschen Prioritäten gesetzt . Bei eini- gen Punkten, die bei der Evaluation festgestellt wurden, hat die Bundesregierung gesagt: Da gibt es ein Problem . Das müssen wir uns aber nochmal genauer anschauen . Da lassen wir uns etwas mehr Zeit . Gleichzeitig wagt sie aber bei der Regulierung der Plattformen einen Schnellschuss . Bei einigen Projekten, bei denen es eine Verbindung zwischen Emittent und Plattform gab, gab es laut Bundesregierung Missbrauchs- fälle, aber nur im Immobilienbereich . Diese Missbrauchs- möglichkeit soll nun ausgeschlossen werden . Das ist grundsätzlich zu begrüßen . Allerdings ist es problema- tisch, dass mit Ihrer Lösung funktionierende Geschäfts- modelle, insbesondere im Erneuerbare-Energien-Sektor, die bisher auch laut Aussage der Bundesregierung nicht von Missbrauchsfällen betroffen waren, kaputtgemacht werden . Auch hier hätte man sich etwas mehr Zeit neh- men können und sicherlich mit etwas Umsicht und Mühe Wege finden können, die sowohl dem Missbrauch Ein- halt gebieten als auch die Besonderheiten dieses Sektors würdigen, insbesondere da sie selbst sagen – jetzt zitiere ich aus dem Ausschussbericht – „dass der Anwendungs- zeitraum der betreffenden Vorschriften zu kurz gewesen sein könnte, um eine abschließende Beurteilung aller As- pekte und Auswirkungen zu ermöglichen .“ Wenn Sie schon so viele Themen im Rahmen dieses Gesetzes angehen, könnten Sie auch das Thema Kon- togebühren, bei dem Sie unsere Problemanalyse teilen, gleich mitregeln, vor allem weil es thematisch deutlich besser in den Rahmen dieses Gesetzes gepasst hätte als viele der anderen Anhänge . Verbraucherinnen und Ver- braucher werden nach wie vor mit überhöhten Gebühren für Kontoleistungen – beim Abheben am Geldautomaten, bei den Dispozinsen oder beim Basiskonto – allein gelas- sen . Natürlich ist klar, dass Banken und Sparkassen für die Dienstleistung „Kontoführung“ eine Gegenleistung verlangen . Klar ist auch, dass sie sich für Risiken, zum Beispiel beim Einräumen eines Disporahmens, bezahlen lassen . Aber ein Konto ist eine zentrale Voraussetzung, um am Wirtschaftsleben teilhaben zu können . Verbrauche- rinnen und Verbraucher haben ein Recht darauf, dass die Gebühren für Kontoleistungen nachvollziehbar und transparent sind sowie in einem angemessenen Verhältnis zum Aufwand und Risiko der Geldinstitute stehen . Die Dispozinsen müssen endlich auf ein verträgliches Maß reduziert werden . Noch immer sind Dispo- und Überzie- hungszinsen von über 10 Prozent keine Seltenheit . Das steht in keinem Verhältnis zu den Zinsen, zu denen sich Banken und Sparkassen Geld leihen . Das Basiskonto, auf das jede/r Verbraucher/in ein An- recht hat, muss endlich halten, was es verspricht . Nie- mand darf durch zu hohe Gebühren vom Basiskonto aus- geschlossen werden . Hier muss endlich Rechtsklarheit her! Doch all diese Punkte ignorieren Sie weiterhin be- harrlich . Die Umsetzung der Zweiten Zahlungsdienste- richtlinie hätte ein voller Erfolg werden können . Aber Sie sind wieder einmal auf halber Strecke stehen geblieben . Bei der Umsetzung der EU-Vorlage haben Sie nicht viel falsch gemacht, weshalb wir dem Gesetz zustimmen können, aber Ihre Bekenntnisse zum Verbraucherschutz scheinen vor allem Lippenbekenntnisse zu sein . Anlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, Dr. Sahra Wagenknecht und der Fraktion DIE LINKE: Weltfriedenstag als europäischer Feiertag (Tagesordnungspunkt 21) Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): „Die Einheit Eu- ropas war ein Traum von wenigen. Sie wurde eine Hoff- nung für viele . Sie ist heute eine Notwendigkeit für uns alle.“ Die Worte Konrad Adenauers beschreiben treffend die Genese des europäischen Friedensprojektes . Die jün- gere europäische Geschichte ist eine Erfolgsgeschichte . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24239 (A) (C) (B) (D) Seit über 60 Jahren steht das Friedensprojekt Europa auf soliden Füßen . Sukzessive arbeiten alle Mitgliedstaaten an diesem Projekt weiter . Begonnen hat das europäische Friedensprojekt nach dem Zweiten Weltkrieg am 9 . Mai 1950, als der damalige französische Außenminister und große Europäer Robert Schuman in seiner berühmten Pariser Rede vorschlug, eine europäische Produktionsgemeinschaft zu schaffen. Die sogenannte „Schuman-Erklärung“ mündete in der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, auch Montanunion genannt . Der Anfang der Euro- päischen Union war gemacht . Der 9 . Mai ist schließlich bei einem Gipfeltreffen der damaligen EG-Staats- und Regierungschefs im Jahr 1985 in Mailand zum Euro- patag der Europäischen Gemeinschaft, später der Euro- päischen Union, bestimmt worden. Seitdem finden an diesem Tag überall in Europa zahlreiche Veranstaltungen und Festlichkeiten statt . Zweifelsohne befinden wir uns in einer der schwersten Krisen, die die europäische Idee seit langer Zeit durch- lebt. Der bevorstehende Brexit ist als vorläufiger Hö- hepunkt dieser Krise anzusehen . Es ist an uns allen, die EU durch zielgerichtete Reformen wieder attraktiver zu machen . Allerdings glaube ich nicht, dass die Einführung eines Feiertages, wie die Fraktion Die Linke ihn in ihrem Antrag fordert, das Vertrauen der Bürger in die europä- ische Idee steigern lässt. Ich bin der Auffassung, dass wir mit dem Europatag bereits einen geeigneten europä- ischen Feiertag begehen . Da braucht es keinen weiteren europäischen Feiertag . Unabhängig von unserer grundsätzlichen Ablehnung begegnet auch der vorgeschlagene Tag Bedenken: Der 1 . September wird deshalb vorgeschlagen, da am 1 . Sep- tember 1939 bekanntlich der Zweite Weltkrieg mit dem Angriff der Wehrmacht auf Polen begann. Sollte man für einen „Friedenstag“ nicht eher den Tag des Kriegsendes wählen? Lassen Sie mich auch darauf hinweisen, dass es bereits einen weltweiten Friedenstag gibt, den die Gene- ralversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 1981 in einer Resolution beschlossen hat . Die Resolution besagt: „Dieser Tag soll offiziell benannt und gefeiert werden als Weltfriedenstag (International Day of Peace) und soll ge- nützt werden, um die Idee des Friedens sowohl innerhalb der Länder und Völker als auch zwischen ihnen zu be- obachten und zu stärken .“ Seit dem Jahr 2002 wird der 21. September offiziell weltweit als der „Internationale Tag des Friedens“ gefeiert . Wir sollten daher unsere An- strengungen darauf ausrichten, diesen Tag stärker zu för- dern, anstatt einen europäischen Alleingang zu tätigen . Es sprechen außerdem weitere Argumente dafür, Ihren Antrag abzulehnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken . Lassen Sie mich zwei konkret benennen: Erstens . Die politische Initiative für die Einführung eines europäischen Feiertages müsste von der Europäi- schen Union ausgehen und nicht vom Deutschen Bun- destag . Mein Vorschlag: Bringen Sie doch über Ihre Kollegen in Brüssel einen Antrag in das Europäische Parlament ein . Das scheint mir der richtige Ort zu sein, um sich mit dieser Frage zu beschäftigen . Zweitens ist es für mich schwer nachvollziehbar, wenn Sie behaupten, dass sich die europäischen Bürger spezi- ell an diesem Tag aufmachen, um ihre Nachbarn kennen- zulernen . Heutzutage gibt es zum Glück einen überaus regen Austausch zwischen den europäischen Staaten, ob nun staatlich oder privat organisiert . Diesen gilt es über das gesamte Jahr hindurch zu fördern . Barbara Woltmann (CDU/CSU): Wer wäre nicht für den Frieden! Denn weltweit werden ganze Länder durch Kriege ins Chaos gestürzt und Familien zerrissen . So wurde international schon 1981 von der UN-Haupt- versammlung der 21 . September als Weltfriedenstag aus- gewählt . An diesem Tag sind nicht nur jede Regierung, sondern auch alle Organisationen und Bürgerinnen und Bürger dazu aufgerufen, alle Waffen bedingungslos ru- hen zu lassen und darüber nachzudenken, wie Frieden in der Welt erreicht werden kann . Alle sehnen sich nach Frieden überall auf der Welt . Leider sieht die Wirklichkeit anders aus . Das wissen wir in Deutschland ganz besonders aus unserer Geschichte, aus dem Ersten Weltkrieg und aus dem Zweiten Welt- krieg, in dem Hitler mit seinen Schergen Europa in Schutt und Asche gelegt hat und mit dem Holocaust ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit an Juden, Sinti und Roma und vielen anderen Menschen verübt hat, indem er ganze Völkergruppen ausrotten wollte . Seit Beginn der 1950er-Jahre wurde in der DDR der 1 . September als „Tag des Friedens“ bzw . als „Weltfrie- denstag“ bezeichnet – in Erinnerung an den Beginn des Zweiten Weltkrieges mit dem deutschen Überfall auf Po- len am 1 . September 1939 . Verbunden war der Tag auch immer mit einem Fahnenappell . Dieser 1 . September ist daher eher ein Antikriegstag . Nicht der Beginn dieses Krieges sollte hervorgehoben werden, also der Anfang von Gewalt, Tod, Vertreibung und Grauen, vielmehr soll- te sein Ende, nämlich das Ende des Tötens und Schre- ckens – dazu gehört auch die Befreiung von der Diktatur des Nationalsozialismus – betont werden . Insbesondere die Aufarbeitung der jüngeren Geschich- te unseres Landes bleibt dauerhaft unsere Aufgabe . Dazu wollen wir das bewährte Gedenkstättenkonzept des Bun- des weiterentwickeln und auch die Zeitzeugenarbeit, die politische Bildung und die Wirkung authentischer Orte stärker in den Blick nehmen . Unser Bewusstsein für Frei- heit, Recht und Demokratie ist unter anderem geprägt durch die Erinnerung an die NS-Terrorherrschaft und den sich anschließenden Stalinismus und die SED-Diktatur . Dem systematischen Völkermord an den europäischen Juden sowie an anderen Völkern und Gruppen lassen wir in der deutschen Erinnerungskultur eine außerordentli- che Bedeutung zukommen . Auch deshalb ist es zuvor- derst an uns, die Erinnerung an die Opfer des National- sozialismus und den Widerstand gegen das NS-Regime aufrechtzuerhalten und auch deren Aufarbeitung in den Ministerien und Bundesbehörden voranzutreiben . „Frieden in Freiheit“ ist ein Kernthema der Union – und für Frieden in Freiheit bedarf es der Stärkung der Rechte und Freiheit des Einzelnen . Deshalb lassen Sie mich noch deutlicher werden: Wir brauchen keine wei- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724240 (A) (C) (B) (D) tere, nur auf Außenwirkung bedachte Aktion für Funk- tionäre . Was wir brauchen, ist die Stärkung des indivi- duellen Interesses am Austausch über Grenzen hinweg, damit die Menschen miteinander ins Gespräch kommen und sich besser verstehen lernen . Es gibt schon eine Vielzahl von Begegnungs- und Austauschprogrammen deutschlandweit, europaweit, ja auch weltweit . Ich denke da an die Erasmus- und Schü- leraustauschprogramme wie auch an die Angebote der Kriegsgräberfürsorge, an denen sich Jugendliche europa- weit beteiligen . Hier sollte man mit neuen Ideen ansetzen und diese weiterentwickeln, um bei den Menschen das Interesse zu stärken, in andere Länder zu reisen, darunter auch in europäische Länder, und fremde Menschen ken- nenzulernen . Dazu könnte beispielsweise ein kostenloses Interrailticket für alle 18-jährigen Europäer beitragen . Ein Weltfriedenstag am 1 . September als europäischer Feier- oder Gedenktag wird nicht für mehr Frieden sor- gen: Erstens . Wir haben eine Vielfalt im Erinnern und Ge- denken an Krieg und Frieden, je nach Ort und Begeben- heit, die dringend erhalten bleiben, ja eher noch betont werden sollte . Ich erinnere daran, dass wir allein in dieser Wahlperiode unter anderem das Gedenken an 70 Jahre Befreiung der Konzentrationslager, das Ende des Zwei- ten Weltkrieges und 80 Jahre „Nürnberger Gesetze“ an- gemessen begangen haben . Jedes Mal ging es ortsbezo- gen, objektbezogen und sachorientiert um Einzelaspekte dieser für Deutschland dunklen und furchtbaren Zeit . Niemand ist daran gehindert – und das geschieht auch so – Gäste aus dem Ausland, auch dem europäischen Ausland, dazu einzuladen . Zweitens . Krieg und Frieden sind heute global zu den- ken, ihre Auswirkungen sind nicht mehr auf Kontinente begrenzt . Die Globalisierung ist eine große Herausforde- rung und wird dies zukünftig für uns alle bleiben . Deutschland ist Teil von Europa, ist Teil in globa- lem Zusammenhang . Denken Sie daran, wie nah uns die Auswirkungen der Kriege im Nahen Osten auch in Deutschland schon jetzt erreichen . Wir haben mit dem Weltfriedenstag der UN am 21 . September bereits einen Weltfriedenstag . Den müssten wir stärker ins Bewusst- sein rücken . Eines europäischen Weltfriedenstages am 1 . September bedarf es daher nicht . Sebastian Hartmann (SPD): Die Linke scheint ein recht gutes Modell gegen die EU-Skepsis bei gleichzei- tigem Einsatz für den Frieden gefunden zu haben: einen weiteren Feiertag . Über eine zunehmende EU-Skepsis in der Bevölkerung ist bereits allenthalben gesprochen und geschrieben worden . Dabei ist jedoch aktuell ein Gegen- trend zu sehen . In der letzten Umfrage des Eurobarome- ters gaben 37 Prozent der Deutschen an, die EU habe für sie ein gutes Image . Das sind 8 Prozentpunkte mehr als bei der letzten Eurobarometerumfrage . Allerdings ist das auch immer noch eine klare Minderheit . Dabei ist die EU grundsätzlich eine Erfolgsgeschich- te – politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich . Noch nie hat es eine längere Friedensperiode im EU-Raum ge- geben, noch nie haben sich so viele Personen nationen- übergreifend verständigen können, und noch nie war der europäische Wirtschaftsraum stärker als heute . Ich möch- te allerdings die aktuelle Krise der EU nicht verschwei- gen . Mit Großbritannien tritt erstmals ein Land aus der EU aus, in Südeuropa ist die Jugendarbeitslosigkeit wei- terhin zu hoch, und Griechenlands Schuldenlast kann die zaghaften Reformen und Aufbruchssignale schnell zu- nichtemachen . Vielleicht ist ein EU-weiter Feiertag in der Tat eine gute Gelegenheit, einmal innezuhalten, sich auf die po- sitiven Aspekte der EU zu konzentrieren und sich an der europäischen Erfolgsgeschichte zu erfreuen . Allerdings gibt es bereits jedes Jahr am 9 . Mai den sogenannten Eu- ropatag . Basierend auf der historischen Ansprache des damaligen französischen Außenministers Robert Schu- man am 9 . Mai 1950 in Paris zur Gründung der Europä- ischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), wird dieser Tag offiziell als Geburtstag der Europäischen Uni- on gefeiert . Schuman erklärte damals unter anderem, Europa lasse sich nicht mit einem Schlage herstellen und auch nicht durch eine einfache Zusammenfassung . Es werde aber durch konkrete Tatsachen entstehen, die zunächst eine Solidarität der Tat schaffen. Daher schlug Schuman vor, die französische und die deutsche Kohle- und Stahlpro- duktion einer gemeinsamen Hohen Behörde zu unterstel- len, die den anderen europäischen Ländern zum Beitritt offenstehe – als erste Etappe der europäischen Födera- tion. 1985 wurde in Mailand beim Treffen des Europä- ischen Rates offiziell beschlossen, diesen Tag zu feiern. Es gibt daher für mich keinen ersichtlichen Grund, den 1 . September als einen europäischen Feiertag zu bege- hen . In ihrem Antrag schreiben die Linken zudem, dass sie mit diesem Feiertag aktiv die Einstellung der Bevöl- kerung gegenüber der EU verbessern möchten . Dabei spricht die Linke immer wieder selbst von der EU als „undemokratisch, unsozial und in einer tiefen Krise“ . Das Verhältnis der Linken zur EU ist innerhalb der eige- nen Partei sehr gespalten; daher verwundert der vorlie- gende Antrag . Es wäre wünschenswert, wenn die Linke mehr im politischen Tagesgeschäft an einem positiven EU-Bild arbeiten würde und weniger in solchen Anträ- gen . Daher ist der vorliegende Antrag abzulehnen . Ein Vorschlag: Die Linke überdenkt ihre Sowohl-als- auch-Haltung zu Europa, nimmt von ihren antieuropä- ischen Attitüden Abstand, und wir verzichten auf den Feiertag . Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE): Wir bera- ten heute abschließend vier Gesetzentwürfe zur Reform bzw . Änderung des Strafgesetzbuches bezüglich von Straftaten gegen ausländische Staaten. Alle vier treffen sich in einer zentralen Forderung: der § 103 des Straf- gesetzbuches muss weg . Und auch, wenn wir am Ende nur einen der vier Gesetzentwürfe annehmen werden, ist dieser `kleinste gemeinsame Nenner´ tragfähig genug, damit – zumindest war das bisher im federführenden Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24241 (A) (C) (B) (D) Rechtsausschuss der Fall – alle Fraktionen dem ihre Zu- stimmung geben werden . Die Strafvorschrift des § 103 des Strafgesetzbuches (StGB) (Beleidigung von Organen und Vertretern aus- ländischer Staaten) bezweckt den Schutz der Ehre von ausländischen Staatsoberhäuptern, ausländischen Re- gierungsmitgliedern sowie beglaubigten Leitern einer ausländischen diplomatischen Vertretung . Der Strafrah- men beträgt Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geld- strafe, im Falle der verleumderischen Beleidigung Frei- heitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren . Für den Ehrenschutz von Organen und Vertretern ausländischer Staaten erscheinen die Straftatbestände des Vierzehnten Abschnitts (Beleidigung), §§ 185 ff. Strafgesetzbuch, ausreichend . Insbesondere bedarf es zum Schutz von Organen und Vertretern ausländischer Staaten nicht des gegenüber den §§ 185 ff. StGB erhöhten Strafrahmens. Auch das Völkerrecht verpflichtet die Staaten nicht dazu, Sonderstrafnormen zugunsten Repräsentanten ausländi- scher Staaten aufzustellen, wie sie § 103 StGB derzeit vorsieht . Die Vorstellung, die Repräsentanten ausländi- scher Staaten benötigten einen über die §§ 185 ff. StGB hinausgehenden Schutz der Ehre, erscheint nicht mehr zeitgemäß . Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Schutzzweck des § 103 in der Wahrung des Interesses der Bundesrepublik an einem Mindestbestand funktionieren- der Beziehungen zu ausländischen Staaten besteht, so wird dieses Anliegen bereits ausreichend durch die Be- leidigungsparagrafen 185, 186 und 187 StGB sicherge- stellt . Dies hat auch der Deutsche Anwaltsverein in sei- ner Stellungnahme vom Januar 2017 festgestellt . § 103 StGB ist daher entbehrlich und kann aufgehoben werden . Allerdings geht uns die Abschaffung des § 103 StGB nicht weit genug . In unserem eigenen Gesetzentwurf (Bundestagsdrucksache 18/8272) fordern wir neben der Abschaffung der Beleidigung von Organen und Vertre- tern ausländischer Staaten (§ 103 StGB) die Abschaffung weiterer sogenannter Sonderbeleidigungsdelikte . Dabei handelt es sich um die Verunglimpfung des Bundesprä- sidenten (§ 90 StGB) sowie die üble Nachrede und Ver- leumdung gegen Personen des politischen Lebens (§ 188 StGB) . Diesen Gesetzentwurf werden Sie heute leider mit den Stimmen der Großen Koalition bedauerlicher- weise ablehnen – und damit werden wieder einmal die Grenzen der Gemeinsamkeiten deutlich, die aufzeigen, dass die Große Koalition immer nur so viel macht, wie sich nicht vermeiden lässt . Politisches Gestalten sieht aber anders aus. Nur: dazu fehlt Ihnen offensichtlich so- wohl der Mut als auch der Wille . Auch die Gesetzentwürfe der Grünen und des Bun- desrates konzentrieren sich auf eine Streichung des § 103 StGB . Darüber hinaus fordern sie die sofortige Inkraft- setzung des Gesetzes am Tag seiner Verkündung, und nicht erst zum 1 . Januar 2018 . Da wir beides ebenfalls fordern, stimmen wir auch beiden Gesetzentwürfen zu . Zu den Auswirkungen des späten Inkrafttretens des Ge- setzes hat sich bereits der Deutsche Anwaltsverein sehr kritisch geäußert: Es sei kein Grund ersichtlich, warum gegenwärtig für vergleichbare Fälle anfänglich noch eine Strafverfolgung nach § 103 StGB statthaft sein darf . Das Gesetz sollte daher am Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten . Diesem Standpunkt schließen wir uns vollumfänglich an . Vor diesem Hintergrund erhält aller- dings die Empfehlung der Mehrheit im Rechtsausschuss, diese beiden Gesetzentwürfe abzulehnen, einen sehr schalen Beigeschmack . Wozu dieser Umgang absoluter Arroganz der Macht der Regierungsfraktionen mit der parlamentarischen Opposition und der Länderkammer, dem Bundesrat? Eine Antwort wird uns die Große Koali- tion wahrscheinlich schuldig bleiben . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Idee, den Weltfriedenstag zu einem europäischen Feiertag zu machen, ist nicht falsch . Selbstverständlich könnten sich Menschen an einem solchen Feiertag inner- halb der Europäischen Union grenzüberschreitend, spon- tan und vielfältig begegnen; sich kennenlernen . Natürlich kann das dazu beitragen, dass Vorurteile abgebaut wer- den, sich die Zivilgesellschaft stärker vernetzt und aus- tauscht . In Zeiten wie diesen ist das wichtig! Die Rechts- populisten säen Hass und Missgunst . Sie versuchen, die Europäische Union auseinanderzudividieren; denn sie verstehen nicht, dass die Probleme des 21 . Jahrhunderts nicht im nationalen Alleingang gelöst werden können . Nun gibt es verschiedene Weltfriedenstage: In der ehemaligen DDR wurde seit den 50-iger Jahren und in der BRD seit den 60-iger Jahren am 1 . September des Friedens gedacht . Die Katholische Kirche feiert seit 1968 ihren Weltfriedenstag am 1 . Januar . Seit 1981 gibt es am 21 . September den „Internationalen Tag des Friedens“ von den Vereinten Nationen . Angesichts der vielen Kri- sen und Kriege in dieser Welt kann es eigentlich nicht genügend Tage im Jahr geben, innezuhalten und des Frie- dens zu gedenken . Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, Sie schlagen nun vor, den 1 . September als europäischen Feiertag in ganz Europa zu begehen . Ich möchte Sie fra- gen: Was soll Europa mit einem deutschen Feiertag? Wir brauchen einen deutschen Feiertag für Europa genauso wenig wie die überhebliche Ansage von Volker Kauder vor einigen Jahren: „Auf einmal wird in Europa Deutsch gesprochen .“ Europa braucht keine Deutschtümelei . Eu- ropa braucht Respekt, Verlässlichkeit und den unumstöß- lichen Willen zur Kooperation . Deshalb wäre es klüger gewesen, von der Bundesre- gierung zu verlangen, sich für einen europäischen Welt- friedens-Feiertag am 21 . September 2017 einzusetzen und damit ganz klar zum Ausdruck zu bringen: Deutsch- land und die EU stehen zu den Vereinten Nationen; denn die Herausforderungen des 21 . Jahrhunderts können wir nur gemeinsam lösen . Es geht nur miteinander – sowohl in der EU als auch auf der internationalen Bühne . Die Europäische Union und die Vereinten Natio- nen sind die Antwort auf die verheerenden Folgen des Zweiten Weltkrieges . Der Kontinent wurde von Na- zi-Deutschland in Schutt und Asche gelegt . Über 60 Mil- lionen Menschen starben . Juden wurden ermordet, Sinti und Roma, Menschen mit Behinderungen, politisch An- dersdenkende und Homosexuelle wurden verfolgt und umgebracht . Danach war klar: Es geht nicht alleine und jeder für sich . Nationale Egoismen, diplomatische Zer- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724242 (A) (C) (B) (D) würfnisse, schlechte und unfaire Handelsbeziehungen sowie ein permanentes Aufrüsten führen zu Misstrauen, Hass und Krieg . Der 21 . September sollte uns daran jedes Jahr erinnern . Frieden und Eintracht kommen nicht mit nationalen Reflexen. Die Vereinten Nationen brauchen die EU, und die EU braucht die Vereinten Nationen, und deshalb spricht auch nichts dagegen, einen Gedenktag der Verein- ten Nationen als europäischen Feiertag zu übernehmen . Anlage 17 Erklärungen nach § 31 GO zu der Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages hier: Änderung der Regelung zum Alterspräsiden- ten (§ 1 Absatz 2 GO-BT) sowie weitere Ände- rungen in den §§ 93, 93a und 93b GO-BT (Tagesordnungspunkt 22) Klaus Brähmig (CDU/CSU): Im Rahmen der Ab- stimmungen am 1 . Juni 2017 werde ich der Beschluss- empfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immu- nität und Geschäftsordnung und der damit verbundenen Änderung der Regelung zum Alterspräsidenten sowie weiterer Änderungen der GO-BT nicht zustimmen . Lassen Sie mich kurz darlegen, warum ich der Be- schlussempfehlung nicht zustimmen kann: In zwei Jahren schaut die Bundesrepublik Deutschland auf 70 Jahre Demokratie zurück . In diesem Staat wird so- ziale und politische Teilhabe für breiteste Schichten des Volkes gewährleistet . Weltweit sieht man auf Deutsch- land und schaut mit Bewunderung auf ein wirtschaftlich erfolgreiches Land, das durch den Einbau eines verfas- sungsrechtlichen Kontrollnetzes bereit und fähig ist, die freiheitlich-demokratische Grundordnung notfalls auch wehrhaft gegen Feinde von innen und außen zu verteidi- gen . Seien wir stolz auf dieses Staatswesen! Persönlich sind wir als Politiker der sogenannten eta- blierten Parteien dazu aufgerufen, unsere Politik an den Maßstäben von Menschlichkeit, Wahrheit, Klarheit und Transparenz zu orientieren . Wenn die Menschen wieder das Gefühl haben, dass wir unsere politischen Maßstäbe selber leben und authentisch und sympathisch als Vor- bild dem Volk dienen, werden wir keine Probleme mit populistischen Ein-Themen-Parteien haben . Wir sollten also lieber ein attraktives und maßvolles Politikangebot unterbreiten, als mit Taschenspielertricks die demokrati- schen Traditionen und Gepflogenheiten unserer Demo- kratie zu ändern und damit einen demokratisch gewähl- ten Mitbewerber von Teilen der demokratischen Teilhabe auszuschließen, die wir für uns in aller Selbstverständ- lichkeit einfordern . Bei allen Fehlern, die auch aufgetreten sind, haben Verfassungsschutz, Nachrichtendienste, Polizei, Staats- anwaltschaften und Richter in den letzten Jahrzehnten den Nachweis gebracht, dass sie echten Verfassungsfein- den von links und rechts vehement und zugleich mit dem nötigen Augenmaß entgegentreten . Nach meiner eigenen Erfahrung mit einem totalitären Herrschaftssystem be- kenne ich mich eigenen zu Voltaires Aussage: „Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst“ . Nach meinem Empfinden schwächt die Große Koaliti- on mit dieser Geschäftsordnungsänderung unsere demo- kratische Kultur und bietet dem politischen Mitbewerber die Möglichkeit, sich als Opfer der etablierten Parteien zu gerieren . An einer Änderung der Geschäftsordnung, mit der sich die etablierten Parteien keinen Gefallen tun und ein Zeichen setzen, dass sie dem Urteilvermögen der eigenen Bevölkerung nicht ausreichend vertrauen, will und werde ich mich nicht beteiligen . Katrin Werner (DIE LINKE): Der Deutsche Bun- destag stimmt heute über eine Änderung der Geschäfts- ordnung des Bundestages ab . Künftig soll nicht mehr das in Jahren älteste Mitglied des Deutschen Bundestages das Amt des Alterspräsidenten übernehmen, sondern das am längsten dem Parlament angehörende Mitglied, das hierzu bereit ist . Mit dieser Änderung möchte die Große Koalition verhindern, dass Wilhelm von Gottberg (AfD) nach der Bundestagswahl möglicherweise das Amt des Altersprä- sidenten des Deutschen Bundestages übernimmt . Auch wenn es unerträglich und ein Schlag ins Gesicht aller Opfer des Nationalsozialismus ist, dass von Gottberg, der den Holocaust als „Mythos“ bezeichnete, Alterspräsident wird, ist die Änderung der Geschäftsordnung der falsche Umgang . Denn damit kann dem erstarkenden Rechtspopulismus nicht begegnet werden . Das demokratische System darf sich nicht vor einem drohenden Einzug der AfD beugen . Es bedarf vielmehr einer argumentativen Auseinander- setzung mit den Inhalten der AfD und einem deutlichen sowie lautem Bekenntnis zu einer solidarischen, demo- kratischen und offenen Gesellschaft. Ich stimme daher gegen den Antrag der Großen Koalition zur Änderung der Geschäftsordnung . Anlage 18 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Unterrichtung durch den Parla- mentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung: – Bericht des Parlamentarischen Beirats für nach- haltige Entwicklung (Arbeitsbericht der 18. Legis- laturperiode) (Tagesordnungspunkt 24) Josef Göppel (CDU/CSU): Müssen die Menschen in 100 Jahren die Erde verlassen? Mit dieser Botschaft erschreckte Stephen Hawking vor einigen Wochen für Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24243 (A) (C) (B) (D) einen Moment die Mediengesellschaft . Wirklich ernst nimmt das niemand . Dabei sind objektive Zeichen einer Überstrapazierung der Erde nicht zu übersehen: der Anstieg des CO2-Ge- halts der Atmosphäre von 270 auf 400 ppm, die anstei- gende Versauerung der Meere, der Schwund fruchtbarer Erde . Doch es gibt Gegenkräfte: jede Pflanze, die mit Son- nenlicht Biomasse aufbaut, und der kontinuierliche Wär- mefluss aus dem Innern der Erde, der den globalen Stoff- kreislauf antreibt . Alexander von Humboldt hat diese Zusammenhänge nach der Besteigung des Chimborazo als einer der Ersten geahnt . 1845 schrieb er in seinem Kosmos: Die Natur ist lebendig, „wie von einem Hauche beseelt von Pol zu Pol nur ein Leben ausgegossen ist in Steinen, Pflanzen, Tie- ren und in des Menschen schwellender Brust“ . Der Mensch bleibt trotz aller Technik auf die produk- tive Oberfläche der Erde angewiesen auf ackerfähige Bö- den, auf Weideflächen, auf Fischgründe, auf Wälder. Er braucht sie zur Erzeugung seiner Lebensmittel im umfas- senden Sinn und zur Aufarbeitung seiner Abfälle . Das ist das Anliegen dieser Rede: werben für die Ach- tung vor dem Land, den offenen, atmenden Boden, die fruchtbare Erde . Wie gleichgültig nehmen wir es hin, wenn wieder ein Stück frisches Land überbaut wird . Der Industriebau zum Beispiel muss wegkommen von der landfressenden Erdgeschossigkeit, und der Bau von Personenautos mit 400 PS ist mit einer nachhaltigen Wirtschaftsethik nicht mehr vereinbar! Ein Kollege sagte in diesem Zusammenhang vor kur- zem: „Unsere Kernkompetenz ist aber doch Wirtschaft!“ Gestatten Sie dazu einen Vergleich aus dem Alltagsleben . Ein kleiner Junge sitzt auf dem Arm seines Großvaters . Er streckt die Hände hoch und ruft: „Ich bin größer als du!“ So wie ihm ist uns oft nicht bewusst, was uns trägt . An dieser Stelle ein Appell . Wenn es dem Bundestag ernst ist mit der Nachhaltigkeit, dann muss der Beirat da- für endlich mit klaren Befugnissen in der Geschäftsord- nung verankert werden . Der dem Markt innewohnende Wachstumszwang hin zum Oligopol schien mit der sozialen Marktwirt- schaft gebändigt . Die regelfreie Globalisierung seit den 90er-Jahren erinnert dagegen an wild dahinbrausende Rösser eines antiken Wagenrennens . Irgendwann tragen sie den führungslosen Wagen aus der Kurve . Wir brau- chen keinen Rückzug, sondern einen Siegeszug der so- zialen und ökologischen Marktwirtschaft . Ernst Ulrich von Weizsäcker oder Franz Josef Radermacher haben die Schritte dahin konkret benannt . Eigentlich muss das schon aus ökonomischer Sicht gelingen, denn Rohstoffe und Energie werden global ge- handelt . Mit den Kosten dafür stehen Städte und Länder in direkter globaler Konkurrenz . Wer haushälterischer damit umgeht, wird wirtschaftlich stärker . Für das alltägliche Handeln gibt es eine klare Richtschnur: Immer dann, wenn Sie sich mit einer Maß- nahme den Kreisläufen der Natur nähern, liegen Sie rich- tig . Nehmen wir die Mühe auf uns, dafür immer wieder Anstöße zu geben und andere immer wieder auf dieses Ziel hin anzusprechen! Am Schluss des Aufrufes an die „Handelnden“ in der Umweltenzyklika sagt Papst Franziskus: Allen, die am Schutz unseres gemeinsamen Hauses arbeiten, möchte ich „meine Anerkennung, meine Ermutigung und meinen Dank aussprechen“ . Dr. Lars Castellucci (SPD): Vor wenigen Stunden hat Donald Trump den Klimavertrag von Paris aufgekün- digt . Worüber wir gestern noch gejubelt haben, das ist heute gefährdet . Es steht unglaublich viel auf dem Spiel . Gleichzeitig: Es ist nun leicht, sich über den ameri- kanischen Präsidenten zu erzürnen; doch Nachhaltigkeit wird nur umgesetzt werden, wenn alle in ihrem Bereich das Mögliche tun und vielleicht noch etwas mehr . Des- halb: Konzentrieren wir uns auf unseren eigenen Ein- flussbereich und zeigen nicht auf die anderen. Wir debattieren Nachhaltigkeit heute im Nachtpro- gramm; eigentlich gehört es aber in die Hauptsendezeit . Was ist also der Stellenwert von Nachhaltigkeit bei uns in Deutschland und im deutschen Parlament? Wir müssen deutlich mehr tun . Die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie und die vie- len Institutionen und Ehrenamtlichen im Bereich der Nachhaltigkeit machen uns international sicherlich zu einem beispielgebenden Land . Gleichzeitig: Bereits am 24 . April hatten wir auch in diesem Jahr wieder die uns zustehenden Ressourcen verbraucht . Wenn alle so wirt- schaften und leben würden, wie wir, bräuchten wir zwei weitere Erdbälle im Kofferraum. Haben wir aber nicht. Deshalb: Wir müssen deutlich mehr tun . Die Menschen kaufen sich Autos, die weniger Sprit verbrauchen, und fahren dafür viel mehr Kilometer . He- raus kommt der sogenannte Rebound-Effekt. Wir werden nicht nachhaltiger über technologische Lösungen allein . Wir müssen die Köpfe und Herzen der Menschen errei- chen . Nachhaltigkeit muss Freude machen . Wir müssen also deutlich mehr tun . Es braucht einen Aufbruch wie zu Zeiten der Agenda 21 und eine ineinandergreifende Zu- sammenarbeit von Kommunen, Ländern, Bund, der Wirt- schaft, Wissenschaft und zivilgesellschaftlicher Akteure . Der Parlamentarische Beirat hat in der zurückliegen- den Wahlperiode für die Aufnahme der Nachhaltigkeit als Staatsziel ins Grundgesetz geworben . Die CDU hat dann einen Rückzieher gemacht . Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union: Wir müssen deutlich mehr tun . Und dafür brauchen wir die Staatszielbestimmung, die uns in unserem Handeln leitet und verpflichtet. Ich werbe noch für einen weiteren Punkt: Kein Haus- hälter hier im Parlament würde es dulden, wenn die Regierung beschlösse, dass der Haushalt künftig eine Strategie der Regierung darstellt und die Abgeordneten diese nur zur Kenntnis nehmen . Die wichtigen Dinge gehören ins Parlament . Wir müssen deutlich mehr tun: Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724244 (A) (C) (B) (D) Die Nachhaltigkeitsstrategie muss demokratisiert, hier im Parlament diskutiert und verabschiedet und durch den Parlamentarischen Beirat – mit materiellen Rechten aus- gestattet – wirkungsvoll begleitet werden . Ein Pfarrer wurde gefragt, wie viel Geld denn in den Opferstock gelegt werden solle, damit der liebe Gott zu- frieden sei . Dieser antwortete: Wenn du doppelt so viel gibst, wie du eigentlich wolltest, hast du die Hälfte von dem gegeben, was der liebe Gott von dir erwartet . So ist es mit der Nachhaltigkeit: Wir müssen deutlich mehr tun . Carsten Träger (SPD): Was ist das Gegenteil von Nachhaltigkeit? Das Gegenteil von Nachhaltigkeit denkt nicht von heute bis morgen früh . Das Gegenteil von Nachhaltigkeit trifft politische Entscheidungen beim Frühstücksfernsehen und leugnet Realitäten wie den Kli- mawandel . Gerade hat Donald Trump verkündet, die USA werden aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen . Das sind schlechte Nachrichten für das Klima, aber auf jeden Fall schlechte Nachrichten für die USA . Denn dieser Schritt ist nicht nur dumm und rückwärts gewandt, er ist auch wirtschaftlich unsinnig . Fossile Energie statt erneuerba- re, Nationalismus statt offener Gesellschaft, Konfrontati- on statt Vertrauen: verlorene Jahre für die USA, solange er Präsident ist . Umso wichtiger für den Rest der Welt, zusammenzustehen und noch mehr für Klimaschutz zu tun! Umso stolzer bin ich auf die Deutsche Nachhaltig- keitsstrategie, die ein progressives Dokument ist . Mit der Nachhaltigkeitsstrategie bekennt sich die Bundes- regierung zur Einhaltung der planetaren Grenzen, der Belastungsgrenzen unserer Erde . Daraus resultiert – hier zitiere ich die Strategie – „ein Transformationsauftrag: Es geht darum, umfassende, beschleunigte Veränderun- gen in Wirtschaft und Gesellschaft einzuleiten und vo- ranzutreiben: in unserer Art zu leben, zu arbeiten, zu kon- sumieren, in Technologien, Institutionen und Praktiken .“ Das ist ein politisches Bekenntnis mit Weitblick unter Anerkennung der Realitäten . Es ist ein konkretes Programm: Wir haben bewähr- te und neue Indikatoren in allen drei Dimensionen der Nachhaltigkeit in der Strategie . Als Sozialdemokrat ist mir die soziale Dimension der Nachhaltigkeit besonders wichtig . Wir haben hier erstmals einen Armutsindikator und einen Indikator für soziale Ungleichheit . Bei den ökologischen Indikatoren sind Indikatoren zum Meeres- schutz hinzugekommen . Deutschland ist mit seiner Architektur der Nachhal- tigkeit weltweit beispielgebend . Wir können stolz darauf sein, dass wir seit 2002 eine Nationale Nachhaltigkeits- strategie haben, dass wir einen Rat für Nachhaltigkeit ha- ben, dass wir einen Parlamentarischen Beirat haben – wir können stolz auf diese Institutionen und ihre Arbeit sein; aber wir müssen sie auch weiterentwickeln . Im täglichen Politikbetrieb fällt die Nachhaltigkeit ge- rade in Ressorts, die das Prinzip nicht ohnehin schon im- mer mitdenken, leider oft hinten runter . Dieses Denken wollen wir aufbrechen . Wie das gelingen kann, dass die Ministerien über ih- ren Tellerrand schauen und zusammenarbeiten, um nach- haltige Ziele zu erreichen, das hat die Umweltministe- rin im „Integrierten Umweltprogramm“ vorgestellt . Da hat Barbara Hendricks einmal bei den Schlüsselthemen Energie, Mobilität, Landwirtschaft und Konsum ange- setzt und beschrieben, wie die Ministerien zusammenar- beiten können . Ein toller Aufschlag und ein Vorbild für andere Ressorts . Nun sind wir dran . Die Regierung hat ordentlich vor- gelegt . Nun muss das Parlament, nun müssen wir nach- legen . Ziele und Indikatoren sind das eine; aber die Ziele müssen natürlich durch gute Politik erreicht werden . Das ist unser Job . Es braucht engagierte, progressive Politik, um engagierte, progressive Ziele zu erreichen . Hier ste- hen jetzt alle, die bisher Nachhaltigkeit für sich prokla- miert haben, in der Verpflichtung Auch deshalb wollen wir Nachhaltigkeit im Grund- gesetz verankern . Der Parlamentarische Beirat und der Rat für nachhaltige Entwicklung haben hier ge- meinsam Vorarbeit geleistet . Große Köpfe wie Gesine Schwan, Ernst-Ulrich von Weizsäcker, Klaus Töpfer und Hans-Jürgen Papier sind mit uns der Auffassung: Nach- haltigkeit gehört ins Grundgesetz . Mit einem Staatsziel Nachhaltigkeit könnte das Ziel der Nachhaltigkeit noch viel stärker in die gesellschaftliche Debatte eingebracht werden . Das Staatsziel wäre immer eine Ermahnung, auch an längerfristige Wirkungen zu denken . Wir alle führen Nachhaltigkeit in den Sonntagsreden im Mund . Es ist an der Zeit zu liefern . Wenn wir das Grundgesetz für die Verwaltung der Autobahnen ändern können, dann sollten wir es für die Sicherung unserer Zu- kunft auch können . Alles andere wäre zu kurz gedacht – wie ein Tweet beim Frühstücksfernsehen . Birgit Menz (DIE LINKE): Auch ich möchte meinen Kolleginnen und Kollegen im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung für die engagierte, kon- struktive und freundliche Zusammenarbeit danken . Der PBnE hat in seinem Kerngeschäft zuverlässige Arbeit geleistet . Wir haben akribisch das Vorhandensein von Aussagen über Nachhaltigkeitswirkungen in Geset- zesvorhaben kontrolliert und so dazu beigetragen, dass solche Aussagen kaum noch vergessen werden . Eine in- haltliche Verbesserung dieser Aussagen haben wir nicht erreicht . Wir haben die Übersetzung der Agenda 2030 in eine nationale Strategie mit viel Engagement begleitet . Wir haben uns beständig über die Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie informieren lassen . Wir haben Gespräche dazu geführt, und wir haben die deutsche Nachhaltigkeitspolitik regelmäßig im Parlament zur De- batte gestellt . Doch nach wie vor bestehen Defizite nicht nur bei der Umsetzung wichtiger Maßnahmen, sondern schon bei ihrer Entstehung. Die vielzitierten Interessenkonflikte werden nach wie vor zu selten thematisiert . Und noch Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24245 (A) (C) (B) (D) seltener werden sie anders aufgelöst als zugunsten der ökonomischen Dimension . Das muss sich ändern . Ja, Nachhaltigkeit denkt sozi- ale, ökologische und wirtschaftliche Fragen zusammen . Aber es ist ein Irrtum, zu glauben, ihr Verhältnis zuei- nander wäre beliebig . Unsere Umwelt gibt einen Rahmen vor, der nicht überschritten werden kann . Das Wirtschaf- ten muss sich in diesen Rahmen einfügen und sich inner- halb der planetaren Grenzen am Menschen orientieren – nicht am Profit. Deshalb müssen wir den Bruch mit dem Weiter-so, den sich die Bundesregierung mit der Nachhaltigkeits- strategie zur Aufgabe macht, stärker einfordern . Nach all den Auseinandersetzungen um geeignete In- dikatoren und Ziele ist es an der Zeit, die entscheidende Frage zu beantworten, wie wir diese Ziele eigentlich er- reichen wollen . Ich betrachte es als Aufgabe des Beirats, diese Frage in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen De- batte zu stellen . Wir müssen aus dem Parlament heraus Ideen entwi- ckeln, wie eine deutsche Nachhaltigkeitspolitik aussehen soll . Und wir müssen erreichen, dass die politikfeldüber- greifende Zusammenarbeit, die wir von den Ministerien fordern, auch im Parlament stattfindet. Wir müssen zei- gen, wie konstruktiv über Zielkonflikte gestritten werden kann und wie sich daraus – auch fraktionsübergreifend – konkrete Alternativen entwickeln . Ein Weg dahin könnte sein, dass wir uns auf einige wenige, aber zentrale Einstiegsprojekte in die Trans- formation verständigen: Kernprojekte, die die soziale, ökologische und wirtschaftliche Dimension der Nach- haltigkeit verbinden, die die deutsche Politik unter dem Gesichtspunkt globaler Verantwortung betrachten und die die soziale Gerechtigkeit heute mit der Gerechtigkeit gegenüber den kommenden Generationen verbinden . Ein solches Einstiegsprojekt könnte der Kohleausstieg sein, für den man einen klaren Zeitplan und sozial ge- rechte Übergänge skizziert . Es könnte um die Zukunft der Arbeit gehen oder auch darum, wie die Verantwortung der Bürgerinnen und Bürger für eine nachhaltige Gesell- schaft mit entsprechenden demokratischen Beteiligungs- möglichkeiten verbunden werden kann . Denn wenn wir von den Bürgerinnen und Bürgern fordern, Verantwor- tung für einen nachhaltigen Konsum zu übernehmen, dann müssen wir auch zulassen, dass ihre Verantwortung schon vorher beginnt, nämlich mit der Möglichkeit, darü- ber mitzuentscheiden, was wir wie produzieren . Der PBnE hat es geschafft, sowohl seitens der Bundes- regierung als auch in der Gesellschaft in seinem Kernge- schäft als wichtiger Akteur wahrgenommen zu werden . Das zeigen auch die vielen Forderungen nach einer Stär- kung dieses Gremiums, die von Verbänden in ihren Kom- mentaren zur Nachhaltigkeitsstrategie erhoben wurden . Diese Unterstützung, die wir aus der Gesellschaft he- raus erhalten haben, sollten wir als Auftrag verstehen, unsere Arbeit, aber auch unser Selbstverständnis wei- terzuentwickeln, nicht nur zu bellen, wie der Beirat es im Netz ankündigt, sondern, wo nötig, eben auch kräftig zuzubeißen . Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Heute debattieren wir den Arbeitsbericht des Parlamen- tarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung . Mit dem zweiten von mir mitverantworteten Arbeitsbericht neigt sich meine aktive Zeit im Nachhaltigkeitsbeirat dem Ende zu . Deshalb möchte ich heute zwei Dinge tun: Zu- rückschauen – und einen Blick in die Zukunft werfen . Manches haben wir im Beirat erreicht . Ich möchte hier drei Beispiele nennen: Den Beschluss zu Hermes-Bürgschaften in der letzten Wahlperiode . Die Forderung nach einer Elektroquote im Bundestag- fuhrpark, die jetzt umgesetzt ist . In jedem Bundesressort gibt es jetzt eine Nachhaltig- keitsbeauftragte oder einen Nachhaltigkeitsbeauftragten . Das ist eine Forderung des Beirats, die von der Bundesre- gierung in der neuen Nachhaltigkeitsstrategie umgesetzt wurde . Die Begleitung der nationalen, seit der Neuauflage im Januar deutschen Nachhaltigkeitsstrategie ist eine der Hauptaufgaben des Nachhaltigkeitsbeirats . Hier hat sich einiges getan . Die Strategie hat sich deutlich fortentwi- ckelt. Ich hoffe, dass sie in Zukunft auch ambitionierter als bisher umgesetzt wird . Da ist nämlich noch deutlich Luft nach oben . Zum Beispiel hat auch eine ambitionierte Nachhaltig- keitsstrategie nicht verhindert, dass der Bundesverkehrs- wegeplan weiterhin zu viele fragwürdige Straßenneubau- projekte beinhaltet . Hier müssen wir ran . Das bringt mich zur Zukunftsbetrachtung . – Ich zitie- re: Aus der Agenda 2030 resultiert auch für Deutsch- land ein Transformationsauftrag: Es geht darum, umfassende, beschleunigte Veränderungen in Wirt- schaft und Gesellschaft voranzutreiben: in unserer Art zu leben, zu arbeiten, zu konsumieren, in Tech- nologien, Institutionen und Praktiken . Das Zitat ist übrigens nicht aus dem grünen Wahlpro- gramm, sondern aus der deutschen Nachhaltigkeitsstra- tegie . Um diese Transformation zu erreichen, könnten wir hier im Hohen Haus und im Nachhaltigkeitsbeirat zwei Dinge in Angriff nehmen: Erstens . Nicht nachhaltige Politik muss weh tun, und das geht am besten über den Haushalt . Die Verteilung von Haushaltsmitteln ist ein äußerst wirksamer Hebel . Das kann man sich auch für die Nachhaltigkeit zunutze machen . Zweitens . Weiterkommen müssen wir auch bei der Weiterentwicklung der Prüfung der Gesetzesfolgenab- schätzung . Der Beirat prüft bereits seit 2009 jeden Ge- setzentwurf formal daraufhin, ob eine Nachhaltigkeits- prüfung stattgefunden hat . Das ist wichtig, denn oft genug fehlt in den Entwürfen selbst das . Auf Dauer reicht das aber nicht . Denn letztlich sagt die formale Prüfung überhaupt nichts darüber aus, ob ein Gesetzentwurf oder Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724246 (A) (C) (B) (D) eine Verordnung der Nachhaltigkeit dient oder ihr sogar schadet . Dafür brauchen wir eine inhaltliche Prüfung . Anlage 19 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einfüh- rung eines Wettbewerbsregisters (Tagesordnungs- punkt 25) Dr. Herlind Gundelach (CDU/CSU): Das Wettbe- werbsregister ergänzt die umfassende und äußerst kom- plexe Vergaberechtsnovelle aus dem letzten Jahr, mit der wir die Grundlage für einen fairen, unbürokratischen und transparenten Wettbewerb um Aufträge der öffentlichen Hand geschaffen haben. Das Wettbewerbsregister ist das letzte Puzzlestück der Novellierung und wird die Firmen von Vergaben ausschließen, die in Deutschland gegen geltendes Recht verstoßen haben . Es kann schließlich nicht sein, dass wir beispielsweise eine Firma zum Bau eines öffentlichen Gebäudes beauf- tragen, die wegen Schwarzarbeit oder Nichteinhaltung des Mindestlohns in Deutschland rechtskräftig verurteilt worden ist. Wer Geld aus öffentlichen Kassen für seine Arbeit erhält, muss sich an die in Deutschland geltenden Gesetze halten. Das Wettbewerbsregister schafft somit vor allem auch Chancengleichheit für alle Bewerber . Wir haben bei diesem Gesetz mit äußerster Sorgfalt gearbeitet . Denn uns ist es durchaus bewusst, welche Folgen eine fälschliche Eintragung in ein solches Verga- beausschlussregister für ein Unternehmen haben könnte . Es war uns wichtig, dass es für dieses Instrument eine eindeutige und klare rechtliche Grundlage gibt, die sich auf für Vergaben relevante Aspekte beschränkt . Dazu ge- hört auch, dass wir Schwellenwerte bestimmt haben, die verhältnismäßig sind . In Deutschland gibt es bereits Vergabeausschluss- listen . Diese sind jedoch nicht einheitlich und manche folgen auch nicht der von mir gerade beschriebenen Maßgabe . Man hat durchaus teilweise das Gefühl, dass Eintragungen ein wenig nach Gutdünken erfolgen . In der Folge gibt es in manchen Bundesländern weniger als zehn Eintragungen auf der sogenannten schwarzen Liste, wäh- rend andere Länder jede Lappalie in ihr Wettbewerbsre- gister eintragen . Darüber hinaus gibt es keine klaren Bestimmungen zur Selbstreinigung . Diese Situation ist nicht hinnehmbar . Uns war daher in den Beratungen, die in der Koalition zu jeder Zeit sachlich und sehr einver- nehmlich geführt worden sind, wichtig, festzulegen: In das beim Bundeskartellamt neu einzurichtende Wettbe- werbsregister können nur rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen und Strafbefehle sowie bestandskräftige Bußgeldentscheidungen zu einer Eintragung führen . Die- sen Punkt stelle ich noch einmal klar, da es dazu immer wieder falsche Meldungen – auf gut Neudeutsch: Fake News – gegeben hatte . Und selbstverständlich muss es einer Firma auch mög- lich sein, nach entsprechenden Maßnahmen schnellst- möglich wieder aus dem Register gelöscht zu werden . Um für diesen Prozess einen fairen und nachvollziehba- ren Ablauf gewährleisten zu können, haben wir festge- halten, dass die registerführende Behörde Leitlinien für die sogenannte Selbstreinigung erlassen muss . Außerdem haben wir angeregt, den Gebührenrahmen für ein solches Verfahren in einer Höhe festzulegen, den auch kleine und mittelständische Unternehmen schultern können . Oberste Priorität bei dieser Gesetzgebung hat für uns, dass das Wettbewerbsregister für alle Vergabestellen – sei es auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene – gelten muss . Sonst macht es keinen Sinn . Unternehmen agieren oft bundes-, europa- oder sogar weltweit . Daher müssen mit dem Wettbewerbsregister des Bundes alle ähnlichen Register entfallen, die derzeit in den Bundesländern ge- führt werden . Das heute zu verabschiedende Gesetz fällt in den Be- reich der konkurrierenden Gesetzgebung . Das heißt, dass alle Länderlisten gelöscht werden müssen, sobald das Gesetz den Bundesrat passiert hat und das Wettbewerbs- register einsatzfähig ist . Die bisherigen Listen werden nicht übernommen, da diese, wie soeben beschrieben, zum Teil nicht unseren Anforderungen und Ansprüchen gerecht werden . Wie ich eingangs feststellte, findet mit dem Wettbe- werbsregister eine umfassende Novellierung des Verga- berechts ihren Abschluss, die die betroffenen Unterneh- men in erheblichem Umfang von bisher angefallenen Bürokratiekosten entlastet, indem es handhabbarer und überschaubarer geworden ist . Ich möchte daher an dieser Stelle erneut an die Bundesländer appellieren, ihre Ver- gabegesetze am neuen Bundesrecht auszurichten bzw . das Bundesrecht ganz einfach zu übernehmen, zumal die Länder ja umfassend in die Erarbeitung des neuen Verga- berechts einbezogen waren und ihm im Bundesrat auch ohne Änderungen zugestimmt haben . Barbara Lanzinger (CDU/CSU): wir beraten heute abschließend den Gesetzentwurf zur Einführung eines bundesweiten Wettbewerbsregisters, den letzten Baustein der Modernisierung des Vergaberechts . Schon vor einem Jahr haben wir das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz und die Vergaberechtsmodernisierungsverordnung im Deutschen Bundestag verabschiedet und damit den Wett- bewerb um öffentliche Aufträge gestärkt. Ein erklärtes Ziel der Reform war, die Bekämpfung der Wirtschafts- kriminalität zu verbessern . Bund, Länder und Kommunen vergeben jährlich Auf- träge im Wert von über 300 Milliarden Euro an private Unternehmen . Das ist eine Riesensumme, und das ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor . Außerdem ist es das Geld der Steuerzahler, mit dem die öffentliche Hand achtsam umgehen soll . Wer sich wegen Wirtschaftsdelikten straf- bar gemacht hat, soll deshalb nicht von öffentlichen Auf- trägen und Konzessionen profitieren. Das Wettbewerbsregister, das wir nun einführen, sorgt für mehr Transparenz und einen fairen Wettbewerb: Es erleichtert den Auftraggebern, nachzuprüfen, ob Unter- nehmen erhebliche Rechtsverstöße begangen haben, und sie gegebenenfalls von der Auftragsvergabe auszuschlie- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24247 (A) (C) (B) (D) ßen . Das kommt allen Unternehmen zugute, die sich an Recht und Gesetz halten . Dabei gehen wir mit Augenmaß vor: Ab einem Auftragswert von 30 000 Euro müssen öf- fentliche Auftraggeber beim Register nachfragen, ob das Unternehmen, das den Auftrag erhalten soll, eingetragen ist, und zwar bevor sie den Zuschlag erteilen . Bei öffentlichen Aufträgen unterhalb von 30 000 Euro erhalten Auftraggeber eine Abfragemöglichkeit . Nach drei bzw . fünf Jahren, je nach Schwere der Tat, muss die Eintragung gelöscht werden . Das Gesetz regelt abschließend alle Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, die zu einer Eintragung führen, zum Beispiel Bestechung, Geldwäsche, Betrug, und an- deres . So sorgen wir für Rechtssicherheit . Der Katalog enthält Straftaten, die zwingende Aus- schlussgründe nach dem Vergaberecht darstellen, und fakultative Ausschlussgründe, die die Vergabestellen bis- her im Gewerbezentralregister abfragen mussten . Die Unternehmen werden vor der Eintragung infor- miert und können Einwände erheben . Sie haben zudem die Möglichkeit, eine Selbstreini- gung vorzunehmen und dann die vorzeitige Löschung aus dem Register zu beantragen . Für die vorzeitige Löschung sollen dem Unternehmen aber nur die zur Deckung des Verwaltungsaufwands un- bedingt notwendigen Kosten auferlegt werden; wir wol- len keine Sanktionierung durch die Hintertür . Die bisher auf Länderebene geführten Register ent- fallen, sodass es keine unterschiedlichen Eintragungs- voraussetzungen mehr geben wird . Für Auftraggeber und betroffene Unternehmen schaffen wir dadurch mehr Transparenz und Rechtssicherheit . Das Bundekartellamt wird als Registerbehörde be- nannt . Bei ihm liegt schon die Zuständigkeit für die Ver- gabekammern; deshalb ist sichergestellt, dass die Füh- rung des Wettbewerbsregisters in kompetenten Händen liegt . Wichtig ist uns auch: Kein automatischer Ausschluss der Unternehmen von öffentlichen Aufträgen. Die Auf- traggeber entscheiden eigenverantwortlich nach Maßga- be des Vergaberechts, ob sie ein eingetragenes Unterneh- men von der Vergabe ausschließen . Vertraulichkeit der Daten: Die Eintragung ins Wett- bewerbsregister ist eine sensible Angelegenheit . Wir stellen sicher, dass nur öffentliche Auftraggeber Einsicht nehmen können, außerdem Stellen, die ein Präqualifi- zierungsverzeichnis führen, wenn das Unternehmen ein- willigt . So schützen wir das Recht der Unternehmen auf informationelle Selbstbestimmung . Ich fasse zusammen: Mit diesem wichtigen letzten Baustein vervollständigen wir das neue Vergaberecht und sorgen für mehr Transparenz und fairen Wettbewerb bei der öffentlichen Auftragsvergabe. Schwarze Schafe wer- den es künftig schwerer haben, an öffentliche Aufträge zu kommen, für Auftraggeber wird es einfacher, Informati- onen über Ausschlussgründe einzuholen . Das stärkt die Unternehmen, die sich rechtskonform und fair verhalten . Ich bitte daher um Zustimmung zu diesem Gesetz . Marcus Held (SPD): Ich habe schon ein paar Ge- setzentwürfe in dieser Legislaturperiode mitverhandelt; keiner ging so schnell wieder dieser – und das, obwohl es ein jahrelanges Herzensanliegen meiner SPD-Fraktion war . Hut ab, liebe Union! Da dürfen dann auch mal die Grünen gerne klatschen; denn meine Fraktion kämpft be- reits seit einigen Jahren für die Einführung dieses längst überfälligen Gesetzes . Mein allerherzlichster Dank gilt insbesondere mei- nen beiden Mitstreiterinnen von der Union, Frau Dr . Gundelach und Frau Lanzinger . Zusammen haben wir auch schon das Vergaberecht auf fruchtbaren Boden geführt . Das wiederholen wir nun mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, welchen wir heute in zweiter und dritter Lesung verabschieden wollen . Es geht konkret um das Gesetz zur Einführung eines Wettbewerbsregisters, ein, wie ich bereits erwähnte, Her- zensanliegen der SPD-Bundestagsfraktion . Deutschland wird damit Vorreiter in Sachen Korruptionsprävention im öffentlichen Auftragswesen. Schwarzen Schafen le- gen wir damit das Handwerk . Bisher existieren in ei- nigen Bundesländern sogenannte „schwarze Listen“ . Diese sollen nun aber in einem noch zu erarbeitenden Bundesregister aufgehen . Und das ist auch gut so! Wenn die Bundesländer dann auch noch über ihre insgesamt 14 Landesvergabegesetze nachdenken, dann freuen sich die Kolleginnen und Kollegen, die tagtäglich mit dem Thema Bürokratieentlastung zu tun haben . Das Register wird vom Bundeskartellamt geführt wer- den . Das ist eine Behörde mit exzellentem Ruf, die gute Arbeit macht und bei der das Register auch bestens auf- gehoben sein wird . Getreu der Losung des Evangelischen Kirchentages in der letzten Woche in Berlin und Wittenberg „Du siehst mich“ wird für öffentliche Auftraggeber bei Vergaben sofort ersichtlich werden, welche Unternehmen davon ausgeschlossen werden können . Was werden zukünftig Ausschlussgründe für kriminel- le Unternehmen bei öffentlichen Auftragsvergaben sein? Ich zähle auf: Bestechung, Terrorismusfinanzierung, Geldwäsche, Betrug zulasten öffentlicher Haushalte und zulasten des Haushalts der EU, Steuerhinterziehung, Kartellrechtsverstöße, Schwarzarbeit und Verstöße ge- gen das Mindestlohngesetz . Es ist also eine breite Palet- te, die in das Register aufgenommen werden wird, wenn es dazu rechtskräftige Verurteilungen von Unternehmen gab oder gegen ein Unternehmen Bußgeldbescheide ver- hängt wurden . Bei einer jährlichen Auftragsvergabe von 300 Milliar- den Euro durch Bund, Länder und Kommunen stärken wir insbesondere diejenigen Unternehmen, die sich bis- her nichts haben zuschulden kommen lassen . Stichwort: Fairer Wettbewerb . Für eine soziale Marktwirtschaft ist dies unabdingbar . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724248 (A) (C) (B) (D) Betonen möchte ich allerdings an dieser Stelle das Thema Selbstreinigung . Eingetragene Straftaten können nach Ablauf von fünf Jahren, eingetragene Bußgeldent- scheidungen spätestens nach Ablauf von drei Jahren ab dem Tag der Rechts- oder Bestandskraft der Entschei- dung gelöscht werden . In § 8 wird eine vorzeitige Lö- schung der Eintragung aus dem Wettbewerbsregister geregelt . Das Gesetz hätte man an einigen Punkten auch noch weiter fassen können . So wird unter anderen moniert, dass die Bagatellgrenze bei Bußgeldentscheidungen bei 50 000 Euro liege und deswegen ein Großteil der Buß- geldentscheidungen der Kartellbehörden im Geltungs- bereich des Gesetzes nicht erfasst werde . Die Forderung von uns war, diese auf 5 000 Euro zu senken . Ich bin da- für, dieses Gesetz so, wie es ist, jetzt erst einmal in Kraft treten zu lassen und dann in der nächsten Legislaturperi- ode zu schauen, ob gegebenenfalls weitere Verbesserun- gen vorgenommen werden sollten . Ein gutes und wichtiges Gesetz wird heute in diesem Hohen Hause verabschiedet . Darauf können wir auch alle stolz sein, liebe Kolleginnen und Kollegen . Michael Schlecht (DIE LINKE): Generell begrüßen wir die Einführung eines Wettbewerbsregisters . Es ist längst überfällig und wurde auch von uns bereits in der letzten Legislaturperiode unter dem Begriff „Korrupti- onsregister“ gefordert. Schließlich dürfen mit öffentli- chen Aufträgen und letztlich Steuergeldern nicht auch noch solche Unternehmen belohnt werden, die gegen Recht und Gesetz verstoßen . Allerdings ist das vorliegende Gesetz recht zahnlos und lässt viele Lücken. Eine effektive soziale, ökologi- sche und rechtsstaatliche Förderung unternehmerischen Verhaltens über den Hebel der öffentlichen Auftragsver- gabe wird nach wie vor kaum möglich, was auch die Ge- werkschaften bemängeln . Vieles bleibt leider offen: Erstens . Es ist unklar, inwiefern das Bundesgesetz die in einigen Bundesländern vorhandenen weitergehenden Regelungen oder bereits existierende Systeme der Prü- fung der Qualifikation bei der Zulassung zur Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen berühren wird. Es muss weiterhin klar für die Bundesländer die Möglichkeit ge- ben, über das Bundesrecht hinausgehende Regelungen bei der Auftragsvergabe in ihren Landesregistern aufzu- nehmen . Zweitens . Im Wettbewerbsregister ist allein ein Ein- trag von Verstößen mit Rechtskraft vorgesehen, um den Ausschluss von der Auftragsvergabe zu rechtfertigen . Voraussetzung für den Eintrag ist somit die rechtskräf- tige Verurteilung eines Mitarbeiters unter anderem für Vergehen wie Bestechung, Betrug, Geldwäsche, die Bil- dung einer kriminellen Vereinigung oder Terrorismusfi- nanzierung . Da es nun aber kein Unternehmensstrafrecht in Deutschland gibt, entscheiden Gerichte oder Behörden subjektiv bzw . von Fall zu Fall darüber, inwieweit der Rechtsverstoß als Tat eines Einzelnen gewertet wird oder dem Unternehmen zuzurechnen ist . Nur Letzteres würde aber zum Eintrag ins Wettbewerbsregister führen . Das ist unzureichend . Darüber hinaus wird der zeitnahe Eintrag erschwert durch den langjährigen Instanzen- und Behördenweg . Es wäre sinnvoll, zumindest die entsprechenden Informati- onen zu anhängigen Verfahren wie Straf- und Bußgeld- verfahren im Wettbewerbsregister aufzunehmen, zumal dies keine Strafe bzw . Vorverurteilung darstellt, sondern im Rahmen des Vergaberechts der Sorgfaltspflicht des öf- fentlichen Mitteleinsatzes entspricht . So, wie jetzt im Ge- setzentwurf vorgesehen, wird während der langjährigen Feststellung möglicher Verstöße mit Rechtsbestandskraft die öffentliche Hand blind agieren. Drittens . Aufnahmegründe in das Wettbewerbsregister sind vor allem Verstöße und Betrügereien, die sich pri- mär gegen öffentliche Haushalte richten. Es ist aber mehr als angebracht, hier auch die Fälle zu erfassen und einen Registereintrag zu begründen, in denen die Betrugstat zulasten der Kassen der gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien geht . Darüber hinaus sollte der Ur- sachenkatalog über die genannten Verstöße hinaus offen gehalten werden und nicht in Form einer abschließenden Aufzählung der Straftatbestände und Ordnungswidrig- keiten formuliert werden . Viertens . Laut Wettbewerbsregister beginnt die Ab- fragepflicht der Vergabebörden erst bei einem Auftrags- wert von 30 000 Euro . Es gibt zwar im Gesetzentwurf eine fakultative Abfragemöglichkeit unterhalb von 30 000 Euro . Allerdings zeigen die Erfahrungen, dass Vergabebehörden von solchen fakultativen Regelungen seltener Gebrauch machen. Eine Abfragepflicht unter- halb der 30 000-Euro-Grenze ist notwendig, um frühzei- tig und lückenlos die Zuverlässigkeit der Unternehmen bei der Teilnahme am Vergabeverfahren zu prüfen . Ins Wettbewerbsregister aufgenommen wird nur, was an Verstößen entdeckt und geahndet wird . Grundvoraus- setzung dafür ist wiederum eine ausreichende personelle und finanzielle Ausstattung der entsprechenden Ermitt- lungsbehörden und der Justiz . Hier gibt es unzählige Schwachstellen, die durch die Ausdünnung des öffentli- chen Dienstes – Stichworte Zoll, Steuerverwaltung, Jus- tiz, Polizei – in den letzten Jahren massiv vergrößert wor- den sind, sodass der Gesetzesvollzug nicht hinreichend gesichert ist, was nicht allein Wettbewerbsregister und Vergabegesetz betrifft. Die finanziellen und personellen Ressourcen müssen dringend erhöht werden, um den ef- fektiven Einsatz von Steuermitteln und die Gewährleis- tung rechtsstaatlichen Verhaltens von Unternehmen in der Breite zu sichern . Nur dann lassen sich unfaire Prak- tiken, Betrug und Korruption verringern . Zusammenfassend: Im Grundsatz begrüßen wir das Wettbewerbsregister . Die Umsetzung ist allerdings unge- nügend . Daher können wir uns hier nur enthalten . Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Endlich ist es so weit: Der Bundestag kann nun endlich über ein Wettbewerbsregister abstimmen! Dabei muss ich sagen: Von der Idee her finde ich, finden wir Grü- nen das Register gut . Kein Wunder, wir fordern ein sol- ches Register auch schon seit 2002 . Das hat nur leider Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24249 (A) (C) (B) (D) die Union bisher immer verhindert . Vier Anläufe haben wir gemacht, die alle an der Uneinsichtigkeit der Union gescheitert sind . Ich würde jetzt „Schwamm drüber“ sagen, hätten Sie ein gutes Gesetz vorgelegt . Aber leider hat der Gesetz- entwurf Schwächen, über die wir nicht hinwegsehen können; denn wir wollen Grundlagen für fairen Wettbe- werb schaffen. Fairen Wettbewerb kann es aber nur ge- ben, wenn sich alle Wettbewerber an die gleichen Regeln halten und wenn diejenigen, die das nicht tun, für ihr Fehlverhalten auch bestraft werden . Bleibt eine solche Bestrafung aus, schafft das Anreize für Fehlverhalten, für Betrug und Korruption . Um nichts anderes geht es bei der Schaffung von Wettbewerbsregistern. Wir wollen die öffentliche Hand in die Lage versetzen, gegen solche Straftäter konsequent vorzugehen und öffentliche Auf- träge nur an Unternehmen zu vergeben, die sich an die Spielregeln halten . Also: Wir wollen ein Korruptionsregister . Aber Ihre Umsetzung ist schlicht nicht gut genug . Sie haben die Bußgeldhöhe, ab der ein Unternehmen in das Register aufgenommen wird, mit 50 000 Euro viel zu hoch an- gesetzt . Damit fallen viel zu viele Unternehmen aus der Regelung heraus . Aus unserer Sicht – auch der Bun- desrat sieht das so – muss eine effektive Schwelle bei 5 000 Euro liegen . Ihr Starrsinn wird nun dazu führen, dass über 90 Pro- zent der Bußgeldentscheidungen nicht erfasst werden . Das ist gerade auch deswegen bedenklich, da das bun- desweite Register die Landesregister ersetzen soll . Durch die Höhe von 50 000 Euro werden die meisten Entschei- de der Landesbehörden überhaupt nicht mehr berück- sichtigt . Flächendeckende Korruptionsbekämpfung sieht anders aus . Dass mit der Ersetzung der Landesregister durch das bundesweite Register auch noch eine Generalamnestie einhergeht, weil Sie bestehende Eintragungen nicht über- nehmen wollen, ist ein weiterer kritischer Punkt . Hinzu kommt: Sie wollen nur solche Unternehmen eintragen, die rechtskräftig verurteilt worden sind . Doch das ist zu wenig . Strafverfahren wegen Korruptionsdelikten dauern regelmäßig vier bis fünf Jahre . Hier bleibt Nachbesse- rungsbedarf . Auch dass nur Verstöße eingetragen werden, die in Deutschland oder der EU geschehen, ist mangelhaft . Wir fordern daher, dass auch Unternehmen, die an ande- rer Stelle, etwa in der Lieferkette, gegen internationale Bestimmungen verstoßen, in das Register aufgenommen werden können . Ich komme deshalb leider zu dem Ergebnis, dass die- ses Gesetz nicht den Ansprüchen genügt . Es genügt nicht unseren grünen Ansprüchen, aber es genügt vor allem nicht dem Anspruch, Korruption wirksam zu bekämpfen und keine staatlichen Aufträge mehr an korrupte Unter- nehmer zu vergeben . Das ist traurig, und das ist keine verantwortungsvolle Politik gegenüber den Steuerzahle- rinnen und Steuerzahlern und gegenüber allen Unterneh- men in diesem Land, die fair spielen . Deshalb: Obwohl wir einem Korruptionsregister ger- ne zustimmen würden, müssen wir uns enthalten . Das liegt an Ihrer notdürftigen Umsetzung . Anlage 20 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisie- rung der epidemiologischen Überwachung über- tragbarer Krankheiten (Tagesordnungspunkt 26) Rudolf Henke (CDU/CSU): Infektionskrankheiten gehören nach wie vor zu den größten Gefahren für die menschliche Gesundheit und sind eine ernstzunehmende Herausforderung staatlichen Handelns . Die mediale Aufmerksamkeit ist immer dann beson- ders groß, wenn es zu internationalen Ausnahmezustän- den wie bei der Ebolaepidemie oder der Ausbreitung des Zika-Virus kommt, da ihre verheerenden Auswirkungen mitsamt einer raschen überregionalen bis globalen Ver- breitung uns mit einer gewissen Sorge erfüllen, verbun- den mit der Hoffnung, die Infektionskrankheit möge ih- ren Weg nicht bis zu uns finden. Doch auch bei uns bleibt die Bekämpfung von Infekti- onskrankheiten eine gesellschaftliche und politische Auf- gabe, die – so wage ich zu behaupten – nicht den Stel- lenwert in der Gesellschaft genießt, der eigentlich unser Anspruch sein sollte . Deshalb ist es gut und richtig, dass wir heute durch die Verabschiedung des Gesetzes zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten auch in diesem Bereich den Weg in die Di- gitalisierung gehen und ein datenschutzkonformes Mel- de- und Informationssystem von übertragbaren Krank- heiten etablieren, zu dem alle an der Versorgung und der Forschung beteiligten Akteure Anschluss haben sollen . Auf die Schaffung dieses digitalen Meldesystems, seine Kompatibilität und seine Nutzung wird meine Kollegin Katja Leikert in ihrer Rede näher eingehen . Meinen Appell zur besseren personellen wie struktu- rellen Ausstattung des öffentlichen Gesundheitsdienstes möchte ich an dieser Stelle zum Ende der Legislaturpe- riode noch einmal wiederholen: Dieses Gesetz folgt ei- ner vielversprechenden Strategie, die Infektionsausbrü- che früh erkennen und deren überregionale Verbreitung eindämmen soll . Dazu sind wir auf die aktive und ver- lässliche Mitwirkung der zuständigen Gesundheitsämter angewiesen . Die angespannte Personalsituation in den Gesundheitsämtern vor Ort wird von den Betroffenen seit langer Zeit moniert . Diese Sorgen sollten wir nicht auf die leichte Schulter nehmen . Wenn wir wirklich einen effektiven Schutz vor Infektionskrankheiten sicherstellen wollen, muss der Gesundheitsdienst mit ausreichend Ressourcen ausgestattet werden, damit er seinen Aufga- ben pflichtbewusst nachkommen kann. Lassen Sie mich – bevor ich auf die fachfremde Än- derung zu den Personaluntergrenzen eingehe – noch auf Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724250 (A) (C) (B) (D) eine Regelung zu sprechen kommen, die aufgrund ihrer Aktualität eine gewisse mediale Wirksamkeit entfaltet hat . Mit der Verabschiedung des Präventionsgesetzes ha- ben wir bereits gesetzlich geregelt, dass bei der Erstauf- nahme in eine Kindertageseinrichtung die Sorgeberech- tigten einen schriftlichen Nachweis darüber zu erbringen haben, dass zeitnah vor der Aufnahme eine ärztliche Be- ratung in Bezug auf einen vollständigen, nach den Emp- fehlungen der Ständigen Impfkommission ausreichenden Impfschutz des Kindes erfolgt ist . Wird dieser Nachweis nicht erbracht, kann das Gesundheitsamt die Sorgebe- rechtigten zu einer Beratung laden . So ist es geltendes Recht seit Inkrafttreten des Präventionsgesetzes Ende Juli 2015 . Auch ist es nach dem Infektionsschutzgesetz seit diesem Zeitpunkt geltendes Recht, dass der- oder die- jenige, der diesen Nachweis nicht oder nicht rechtzei- tig erbringt – sei es vorsätzlich oder fahrlässig –, ord- nungswidrig handelt und dafür mit einer Geldbuße bis zu 2 500 Euro belangt werden kann . In der Gesetzesbegründung des Präventionsgeset- zes heißt es dazu ergänzend: „Für Fälle, in denen Per- sonenberechtigte den erforderlichen Nachweis auch auf wiederholte Aufforderung hin nicht erbringen, wird das Gesundheitsamt ermächtigt, die Personenberechtigten zu einer Beratung zu laden . Die Kindertageseinrichtung darf dazu das Gesundheitsamt entsprechend informieren .“ Was wir mit dem Präventionsgesetz beabsichtigt ha- ben, konkretisieren wir jetzt durch eine gesetzlich ver- pflichtende Informationspflicht seitens der Leitung von Kindertageseinrichtungen an das Gesundheitsamt, wenn Sorgeberechtigte den Nachweis eines Informationsge- sprächs nicht erbringen . Das ist ein weiterer von vielen notwendigen Schritten auf dem Weg zu einer ausreichend hohen Impfquote . Bei den Masern liegt die Quote der ersten Impfung bei über 90 Prozent, das heißt, für diese mehr als 90 Prozent kann der Vorwurf einer prinzipiellen ideologischen Gegner- schaft zur Impfung nicht gelten . Trotzdem erreichen wir bei der zweiten Impfung, die nach der Empfehlung der Ständigen Impfkommission bis zum Ende des zweiten Lebensjahres durchgeführt werden soll, nicht einmal drei von vier Kindern . Diejenigen, die diese Impfung schlicht vergessen haben oder die sonst von einer Art Phlegma befallen sind, können wir mit der Initiative der Kinder- tagesstätten und der von dort ausgelösten Beratung im Gesundheitsamt besser erreichen . Daneben müssen Impfungen für alle in der Bevölke- rung leichter zugänglich und verfügbarer werden, etwa auch dadurch, dass auch Betriebs- und Werkärzte Imp- fungen im Sinne des Präventionsgesetzes durchführen . Ich persönlich halte dazu auch Konzepte für möglich, die auf gezielte Anreize setzen, um das Bewusstsein und die Motivation für das Impfen zu erhöhen, etwa durch steu- erliche Vorteile . Abschließend komme ich auf den viel beachteten fachfremden Änderungsantrag, der den gesetzlichen Auftrag vergibt, sogenannte pflegesensitive Bereiche in Krankenhäusern zu identifizieren und für diese Bereiche Personaluntergrenzen zu definieren. Diese Entscheidung ist ein wichtiger Schritt, das Personal in wesentlichen Versorgungsbereichen in Krankenhäusern zu entlasten und damit eine qualitativ hochwertige Versorgung sicher- zustellen . Des Weiteren beauftragen wir die Selbstver- waltungspartner, ein Nachweisverfahren zu vereinbaren, das Personalverlagerungen unterbindet . Krankenhäuser, die sich nicht an diese Vorgaben halten, müssen mit Sanktionen rechnen . Es ist wohl Aufgabe der Opposition, die Regelung zu den Pflegeuntergrenzen als halbstumpfes Schwert zu bezeichnen, da sie zu spät komme und in ihrer Auswir- kung viel zu gering bemessen sei . Bisher konnte jedoch niemand eine weiterreichende Regelung entwickeln und vorlegen. Das Gesetz schafft für die Umsetzung und Aus- gestaltung des gesetzlichen Auftrags die Möglichkeit, weitere Expertise einzuholen . Wir werden die Umsetzung dieser Regelung mit gro- ßer Aufmerksamkeit verfolgen . Wir sind optimistisch, dass die betroffenen Bereiche von deren Wirksamkeit profitieren können. Es ist unser politischer Auftrag, die zu Recht eingeforderte Qualität in der gesundheitlichen Versorgung mit Personalstrukturen zu verbinden, die da- für Sorge tragen, dass diejenigen, die tagtäglich für diese Qualität sorgen, nicht über Gebühr belastet werden – im Sinne der Patientinnen und Patienten und aller Men- schen, die im Gesundheitswesen einen außerordentlich guten Job machen . Dr. Katja Leikert (CDU/CSU): Mit dem heute vor- liegenden Gesetzentwurf zur Modernisierung der epide- miologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten stärken wir den Kampf gegen Infektionskrankheiten . In den vorausgegangenen Beratungen ist eines schon deutlich geworden: Wir sind uns alle vom Grundsatz her einig, dass es beim Thema Infektionsschutz Verbesse- rungsbedarf gibt; die Verbesserungen können mit dem nun vorliegenden Maßnahmenpaket wirksam auf den Weg gebracht werden . Die Schritte, die wir mit diesem Gesetz einleiten, sind zum einen zeitgemäß und zum anderen notwendig . Sie sind zeitgemäß, weil sie die Möglichkeiten der digitalen Vernetzung auch im Hinblick auf den Infektionsschutz erschließen, und sie sind notwendig, weil neue Erkennt- nisse und Erfahrungen, die man im Bund und in den Ländern im Zusammenhang mit der Umsetzung des In- fektionsschutzgesetzes gesammelt hat, Verbesserungen erforderlich machen . Hinzu kommen veränderte interna- tionale und europäische Rahmenbedingungen, die eben- falls gesetzliche Anpassungen erfordern . Im Kern sieht das Gesetz die Einführung eines elektro- nischen Melde- und Informationssystems für übertragba- re Krankheiten vor . Damit entwickeln wir das existieren- de Meldesystem nach dem Infektionsschutzgesetz weiter und schaffen ein Instrument zur besseren Bekämpfung und Verhütung von Infektionskrankheiten . Mit der Ein- richtung dieses elektronischen Meldewesens beauftragen wir das Robert-Koch-Institut . Spätestens 2021 soll das Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24251 (A) (C) (B) (D) Deutsche Elektronische Meldesystem für Infektions- schutz in Betrieb gehen . Wir sorgen damit für eine zentrale Zusammenführung der Daten . Das heißt, in Zukunft wird für die meldenden Ärztinnen und Ärzte und für die Labore genauso wie für die Gesundheitsämter und das Robert-Koch-Institut eine durchgängige elektronische Informationsverarbeitung zur Verfügung stehen . Dadurch verringern wir den büro- kratischen Aufwand aufseiten der Meldepflichtigen und schaffen eine höhere Datenqualität. Wir erleichtern den Datenaustausch und sorgen gleichzeitig für eine bessere Zusammenarbeit von Bun- des- und Landesbehörden . Das ist für eine funktionie- rende Früherkennung essenziell . Im Ernstfall kann so in Zukunft schneller reagiert werden und die Einleitung entsprechender Maßnahmen erfolgen . Was für die digita- le Vernetzung im Gesundheitssystem generell gilt, trifft natürlich auch hier zu: Datenschutz und -sicherheit haben höchste Priorität . Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf weitere Ver- besserungen im Infektionsschutzgesetz vor . Darunter fällt beispielsweise der Kampf gegen Krankenhausinfek- tionen. Um für eine effektivere Aufklärung der Übertra- gungswege zu sorgen, erweitern wir deshalb die Melde- pflichten von Krankenhäusern. Hinzu kommt die Umsetzung der Globalen Polioera- dikationsstrategie (GPEI) der Weltgesundheitsorganisati- on, für die wir nun die gesetzlichen Grundlagen festlegen . So soll unter anderem erfasst werden, wo Poliowildviren, Polioimpfviren und Materialien, die Polioviren enthalten können, gelagert werden, um diese langfristig zu ver- nichten . An dieser Stelle auch noch einmal einen herzli- chen Dank an Bundesgesundheitsminister Gröhe für sein großes Engagement auf internationaler Ebene! Darüber hinaus möchte ich noch einmal auf das The- ma Impfen zu sprechen kommen; denn wir sehen leider, dass die Impflücken noch immer viel zu groß sind. So ist es beispielsweise einfach nicht hinnehmbar, dass in diesem Jahr schon innerhalb der ersten drei Monate mehr Masernerkrankungen als im gesamten Vorjahr registriert wurden: 410 Fälle bis einschließlich März im Vergleich zu 325 Fällen in 2016 . Allen muss bewusst sein, dass Masern keine harmlose Kinderkrankheit sind . Heute weiß man, dass diese Er- krankung auch zum Tod führen kann . Wir brauchen eine stabile Impfquote von über 95 Prozent für die zweifache MMR-Routineimpfung bei Kindern . Erst wenn wir in- nerhalb der Bevölkerung eine Immunität gegen Masern von mindestens 95 Prozent haben, können wir das Ziel, diese gefährliche Krankheit auszurotten, erreichen . Des- halb ist es eben auch so wichtig, dass Erwachsene, die als Kind nicht die Masern hatten, ihren Impfstatus über- prüfen . Hier müssen wir mehr tun, und deshalb halte ich es für absolut richtig und notwendig, dass wir die Regelun- gen, die wir schon im Präventionsgesetz verabschiedet haben, nun noch einmal so nachgearbeitet haben, dass ihre Umsetzung auch tatsächlich gewährleistet ist; denn was bringt uns eine gesetzliche Regelung, an die sich niemand hält, weil er keine Konsequenzen zu befürchten hat? Vor diesem Hintergrund verschärfen wir jetzt die Auflagen, die bei einer Verweigerung der Impfberatung durch die Eltern vor dem Eintritt ihres Kindes in die Kin- dertageseinrichtung entstehen . Es ist richtig und gut, dass die Leitung einer Kindertagesstätte nun zur Meldung an das zuständige Gesundheitsamt verpflichtet wird, sofern Eltern eine Impfberatung verweigern . Das gibt den Ge- sundheitsämtern eine Handhabe zur Umsetzung ihrer Aufgaben; denn sie können die Eltern nun zu einer Bera- tung einladen und gegebenenfalls auch das Bußgeld von 2 500 Euro durchsetzen, das bereits im Infektionsschutz- gesetz vorgesehen ist . Hier werden wir auch weiter überprüfen müssen, ob die Maßnahmen greifen . Wir können und sollten uns nicht damit abfinden, dass die Impfmüdigkeit oder der laxe Umgang einiger Eltern mit Impfungen gegen schwe- re, zum Teil lebensbedrohliche Krankheiten die Gesund- heit der eigenen Kinder und anderer aufs Spiel setzen . Insgesamt bringt der Gesetzentwurf die notwendigen Anpassungen und Verbesserungen für einen modernen Infektionsschutz in Deutschland voran . Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung zu diesem wichtigen Maßnahmenbün- del . Sabine Dittmar (SPD): Heute Abend beraten wir ab- schließend den Gesetzentwurf zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung . Die jüngste Meldung über einen erneuten Masern-Todesfall führt uns noch- mals vor Augen, dass wir leider weit davon entfernt sind, vermeidbare übertragbare Krankheiten auch tatsächlich auszurotten . Als Medizinerin kann und will ich nicht verstehen, warum einige die von der STIKO empfohlenen Schutz- impfungen nicht ernst nehmen und sich einem gesund- heitlichen Risiko aussetzen . Ich appelliere daher an alle: Lassen Sie Ihren Impfstatus überprüfen und sich beraten, frischen Sie die Impfungen bei Bedarf auf und lassen Sie diese ergänzen . Der zentrale fachliche Bestandteil des Gesetzes ist die Erweiterung der Meldepflichten und die Verbesserung der Meldekette und des Informationsaustausches . Mit dem Deutschen Elektronischen Meldesystem für Infek- tionsschutz wird der Datentransfer künftig effektiver und schneller . Entscheidend ist aus meiner Sicht allerdings, dass die auf Bundes- und Landesebene beteiligten Stellen und insbesondere der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) personell und organisatorisch in die Lage versetzt wer- den, ihren stetig wachsenden Aufgaben gerecht zu wer- den . Leider wurde in der Vergangenheit gerade bei dem so wichtigen ÖGD gespart . Ich möchte daher nochmals an den Beschluss „Perspektiven zur Stärkung des ÖGD“ der 89 . Gesundheitsministerkonferenz erinnern . Diesem müssen auf Länderebene endlich Taten folgen . Der Gesetzentwurf fungiert als Omnibus für die wich- tige und aus sozialdemokratischer Sicht längst überfälli- ge Einführung von Personaluntergrenzen in Krankenhäu- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724252 (A) (C) (B) (D) sern . Wir setzen damit Mindeststandards fest, die für die Patientensicherheit zentral sind . Durch das Gesetz werden mit Wirkung zum 1 . Januar 2019 verbindliche Personaluntergrenzen in pflegesensiti- ven Bereichen in Krankenhäusern definiert. Darüber hi- naus ist es uns gelungen, klarzustellen, dass die Vorgaben auch für solche Betten gelten, die Krankenhausbereichen zugeordnet sind, die nicht per se als pflegesensitiv einge- stuft sind, der Patient jedoch eine umfassende intensiv- pflegerische Versorgung benötigt. Damit verbessern wir die Versorgung der Patientinnen und Patienten, wir ver- bessern aber gleichzeitig auch die Arbeitsbedingungen für die Pflegekräfte, da in Zukunft eindeutig und nach- vollziehbar definiert wird, wie viel Personal tatsächlich mindestens vorzuhalten ist . Diese Untergrenzen sind ein wichtiger Schritt, um die Qualität der Betreuung sicherzustellen . Für meine Frakti- on ist allerdings klar, dass Untergrenzen wirklich nur der Mindeststandard ist, den es nach oben zu einer adäquaten und wissenschaftlich fundierten Personalbemessung aus- zubauen bzw . weiterzuentwickeln gilt . Ich bin dennoch sehr froh, dass es uns so kurz vor Ende dieser Legislaturperiode noch gelungen ist, die Empfehlungen der Expertenkommission „Pflegepersonal im Krankenhaus“ gesetzgeberisch aufzugreifen . Damit schlagen wir einen weiteren Pflock ein für gute Pflege und gute Arbeitsbedingungen in Krankenhäusern . Krankenhäuser, die die Personalvorgaben nicht ein- halten, werden mit einem Vergütungsabschlag bestraft . Da uns bewusst ist, dass einige Betreiber – sagen wir mal – kreative Lösungen suchen könnten, um die Vor- gaben zu umgehen, sind Maßnahmen vorgesehen, damit es nicht zu Personalverlagerungseffekten kommt. Die Einhaltung der Mindeststandards muss daher von einem Wirtschaftsprüfer bestätigt werden . Die Vorgaben sind im Verhältnis Patient pro examinierten Gesundheits- und Krankenpfleger bzw. pro examinierter Gesundheits- und Krankenpflegerin mit mindestens drei Jahren Berufsaus- bildung darzustellen . Ich denke, es sollte klar sein, dass Mindestvorgaben in pflegesensitiven Bereichen nicht zulasten der Personalausstattung in anderen Bereichen gehen dürfen . Besonders zu begrüßen ist zudem die Regelung, dass sich, sollten sich die Selbstverwaltungspartner innerhalb der vorgegebenen Frist wieder einmal nicht einigen kön- nen, die Bundeschiedsstelle automatisch damit befassen wird und die ausstehenden Entscheidungen trifft. Eine Verschleppung oder Verhinderung von verbindlichen Personaluntergrenzen ist damit ausgeschlossen . Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und den zahl- reichen dazugehörigen fachlichen und fachfremden Än- derungsanträgen verbessern wir den Gesundheitsschutz und die Pflege in Krankenhäusern. All dies sind gute Gründe, um dem vorliegenden Entwurf zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger, der Patienten und Pflegekräfte zuzustimmen . Hilde Mattheis (SPD): Das Gesetz mit dem schwieri- gen Titel „Gesetz zur Modernisierung der epidemiologi- schen Überwachung übertragbarer Krankheiten“ enthält neben dem eigentlichen Regelungsinhalt weitere Ände- rungen im Bereich Pflegepersonal im Krankenhaus. Ich werde daher im Folgenden auf diese Änderungen einge- hen, die für uns als SPD-Fraktion ein zentraler Baustein für eine Verbesserung der Versorgungsqualität in Kran- kenhäusern sind . Die Koalition hat im November 2015 das Kranken- hausstrukturgesetz (KHSG) verabschiedet, mit dem wir wichtige Reformen zur Neustrukturierung der Kranken- hauslandschaft und zur Finanzierung der Krankenhäu- ser beschlossen haben . Ein großes Problemfeld bei den Beratungen war und ist die Situation der Pflegekräfte in Krankenhäusern . Viele Kolleginnen und Kollegen sind womöglich bei Besuchen in Kliniken oder durch Zu- schriften der Betroffenen bereits mit dem Problem kon- frontiert worden: Pflegekräfte arbeiten viel und hart. Sie klagen über zu viel Stress und ständigen Arbeitsdruck, sodass nicht ausreichend Zeit für eine qualitativ hoch- wertige Pflege für die Patientinnen und Patienten bleibt. Ganz offensichtlich fehlen in verschiedenen Bereichen im Krankenhaus Pflegekräfte, womit die Arbeit besser auf mehr Schultern verteilt werden könnte und der Ar- beitsdruck insgesamt sinkt . Die SPD-Fraktion hat sich daher bemüht, dieses Problem an verschiedenen Stellen anzugehen . Wir haben im Krankenhausstrukturgesetz eine bessere Finanzierung der Krankenhäuser für Pfle- gekräfte vereinbart, einerseits über ein Pflegestellenför- derprogramm, mit dem jährlich 330 Millionen Euro an die Krankenhäuser für Pflege am Bett fließen. Außerdem haben wir damals den umstrittenen Versorgungszuschlag in einen Pflegezuschlag umgewandelt. Wir haben also 500 Millionen Euro zusätzlich an die Krankenhäuser ge- zahlt, die keine Pflegestellen abgebaut haben bzw. neue Pflegestellen aufbauen und diese anständig bezahlen. Diese Maßnahmen stellten quasi eine kurzfristige mo- netäre Unterstützung für bessere Pflege im Krankenhaus dar . Allerdings war uns auch klar, dass das nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist und das Problem natürlich nicht vollständig löst . Die grundsätzliche Frage, nämlich wie Pflegeleistungen besser in der Krankenhausvergütung, den sogenannten DRGs, dargestellt werden können, und ob es nicht verbindliche Personalstandards im Kranken- haus braucht, wurde damit nicht gelöst . Dafür haben wir auf die Einrichtung einer Expertenkommission gedrängt, die mit dem KHSG beschlossen wurde . Diese Kommissi- on wurde vom Bundesgesundheitsminister eingesetzt und tagte im vergangenen Jahr unter Beteiligung der Deut- schen Krankenhausgesellschaft, der Gewerkschaften, der Politik und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern . Nach intensiver Arbeit konnte die Kommission Anfang dieses Jahres ihre Ergebnisse vorlegen . Nun setzen wir in diesem Gesetz eine erste gesetzge- berische Maßnahme um, nämlich die Einrichtung von Personaluntergrenzen im Krankenhaus . Wir beauftragen nun den GKV-Spitzenverband und die Deutsche Kran- kenhausgesellschaft (DKG) im Benehmen mit der PKV die Bereiche im Krankenhaus zu definieren, die einen erhöhten Pflegeaufwand haben, also sogenannte pfle- gesensitive Bereiche sind. Auf Grundlage dieser Defi- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24253 (A) (C) (B) (D) nition müssen die Verhandlungspartner GKV und DKG bis zum 30. Juni 2018 Personaluntergrenzen definieren. Diese Vorgaben gelten dann ab dem 1 . Januar 2019 . Ab diesem Zeitpunkt gelten also bundesweit Mindestvor- gaben für das Pflegepersonal in allen vorher definierten Bereichen . Um sicherzugehen, dass dieser Zeitplan auch eingehalten wird, werden die Verhandlungspartner bis zum August dieses Jahres einen Zeitplan vorlegen und zu Beginn 2018 einen Zwischenbericht vorlegen . Sollte die Selbstverwaltung es nicht schaffen, sich bis 2019 auf die Untergrenzen zu einigen, wird das Bundesgesundheits- ministerium diese Vorgaben festlegen . Wir setzen hier auch ein klares Signal an die Selbstverwaltung: Die In- stitutionen haben die Möglichkeit und den Auftrag, sich auf klare Vorgaben zu einigen . Aber da es in der Vergan- genheit hier leider immer wieder Probleme mit Fristein- haltungen gegeben hat, wird die Politik im Zweifel selbst regeln . Klar ist: Die Untergrenzen kommen 2019, davon dürfen wir nicht abweichen . Wir haben uns in den Verhandlungen dafür eingesetzt, die Definition von pflegesensitiven Bereichen nicht zu restriktiv zu gestalten . Es müssen hier bei der Festlegung der Untergrenzen der Nachtdienst und die dazugehörigen Intensiveinheiten berücksichtigt werden . Wir haben er- reicht, dass, wenn es notwendig ist, auch in anderen Be- reichen für den Nachtdienst und die Intensivversorgung diese Untergrenzen gelten . Ein ganz wichtiger Punkt ist außerdem der Ausschluss von Personalverlagerungen innerhalb des Krankenhau- ses . Sinn der Untergrenzen ist ja, dass im Zweifel neues Personal eingestellt werden muss, um die Betreuungs- qualität zu garantieren und das Personal zu entlasten . Das dürfen die Krankenhäuser nicht dadurch unterlau- fen, dass sie Personal von einer Station abziehen und in eine andere transferieren . Um das auszuschließen, haben wir konkrete Nachweispflichten vereinbart. Die Krankenhäuser müssen jährlich nachweisen, dass sie die Personalmindeststandards einhalten und dass es nicht zu Verlagerungseffekten kommt. Selbstverständlich bleibt es nicht bei freundlichen Appellen zur Einhaltung der Personalvorgaben . Diese sind verbindlich für die Häuser . Wenn diese nicht einge- halten werden, wird den Krankenhäusern die Vergütung gekürzt. Ich hoffe, dass dies nicht nötig sein wird, aber es ist richtig, hier auch Druck auf die Häuser auszuüben, um die Personalsituation nachhaltig zu verbessern . Zur Frage der Finanzierung von Pflegepersonal wer- den wir die von mir eingangs erwähnten Mittel des Pflegestellenförderprogramms dauerhaft in den Pfle- gezuschlag überführen . Den Kliniken stehen also nun jährlich bis zu 830 Millionen Euro für die Einstellung und Bezahlung von Pflegepersonal zur Verfügung. Diese Mittelvergabe durch den Bund verbinde ich mit einem nochmaligen Appell an die Länder, das Ihrige zu tun, um die Finanzmittel für die Krankenhäuser zu erhöhen, so wie es gesetzlich ihre Aufgabe ist! Nur wenn die Kran- kenhäuser auch ausreichend Gelder bekommen, können sie Personal einstellen . Das ist die Grundvoraussetzung für gute Pflege im Krankenhaus. Schließlich haben wir vereinbart, dass das Bundesge- sundheitsministerium bis 2022 dem Bundestag eine wis- senschaftlich fundierte Evaluation zur Wirksamkeit der Personaluntergrenzen vorlegen wird . Dies ist unbedingt notwendig, um die Wirksamkeit des Instruments bewer- ten und Verbesserungen vorzunehmen zu können . Ich bin sehr froh, dass wir diesen wichtigen Einstieg in ein Personalbemessungssystem in deutschen Kran- kenhäusern mit diesem Gesetz geschafft haben. Es ist ein wichtiger Einstieg, für den die SPD lange gekämpft hat . Die Personaluntergrenzen sind ein ganz wichtiger Schritt, um die Versorgungsqualität in deutschen Kran- kenhäusern nachhaltig zu verbessern. Davon profitieren alle Patientinnen und Patienten und natürlich auch die Pflegekräfte, die dringend eine Entlastung bei ihrer Ar- beit brauchen . Ich will abschließend aber auch deutlich sagen, dass wir mit diesem Schritt nicht am Ende des Weges sind . Die SPD will ein umfassendes Personalbe- messungssystem für das gesamte Krankenhaus, nicht nur in pflegesensitiven Bereichen. Dies war in dieser Wahl- periode nicht mehr zu schaffen. Wir werden daran aber festhalten und dies hoffentlich in der kommenden Wahl- periode angehen . Harald Weinberg (DIE LINKE): Ich blicke jetzt auf immerhin zwei Wahlperioden zurück und damit auf einen ebenso langen Versuch, Sie hier von der Notwendigkeit einer Personalbemessung zur Beseitigung des Pflegenot- stands in den Krankenhäusern zu überzeugen . Für dieses Thema, das in diesem Omnibusgesetz enthalten ist, will ich meine knappe Redezeit verwenden . Unter den FDP-Gesundheitsministern Rösler und Bahr gab es eher so etwas wie eine offensive Leugnung des Pflegenotstands. Das sei allenfalls ein Management- problem, und da dürfe man den Krankenhausmanagern keineswegs in die Parade fahren . Dann aber, im Zuge des aufkommenden Protestes der Pflegekräfte, entstand auch in der Politik die Erkenntnis, dass da tatsächlich ein grö- ßeres Problem in der Pflege existiert. Einige sogenannte Hygieneskandale und Medienberichte unterstützten wohl den Erkenntnisprozess . Aber die Reaktionen unter der Großen Koalition wa- ren eher Scheinlösungen: Der bislang gewährte „Versor- gungszuschlag“ wurde in einen „Pflegezuschlag“ um- benannt, wobei das den Krankenhäusern gewährte Geld nicht zweckgebunden ist, also für anderes als Pflege aus- gegeben werden kann. Ein „Pflegeförderprogramm“, das zu gering dimensioniert und an Bedingungen geknüpft ist, die kleine und mittlere Krankenhäuser nicht erfüllen können oder wollen, wurde aufgelegt . Und jetzt, als Er- gebnis der „Expertenkommission“, die von Herrn Gröhe eingesetzt worden ist, gibt es die „Pflegeuntergrenzen“ für „pflegeintensive Bereiche“ – Ta-Ta! Es ist schwer zu sagen, ob es sich dabei um einen Lö- sungsansatz oder doch eher um eine Beruhigungspille zum Bundestagswahlkampf handelt . Einerseits erken- nen Sie endlich, dass der Personaleinsatz im Kranken- haus nicht dem Markt bzw . dem Management überlassen werden darf, sondern staatliche Vorgaben gemacht wer- den müssen . Die konkrete Umsetzung könnte allerdings Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724254 (A) (C) (B) (D) kaum schlechter sein. Der Versuch, „pflegesensitive“ Bereiche auszumachen, ist pflegewissenschaftlich und pflegepolitisch unterirdisch und wird in der Praxis zu mannigfaltigen Problemen führen . Aber auf jeden Fall ist die Tatsache, dass sich die Regierung hier bewegen musste, ein toller Erfolg der Proteste, Aktionen und auch der tariflichen Kämpfe der vergangenen Jahre. Hierzu kann man den Aktiven nur gratulieren und sie ermuntern, nicht nachzulassen . Ansonsten gilt für die vorgesehenen Personalunter- grenzen: zu spät, zu langsam, zu wenig! Es ist in etwa so, als würde ein großes Haus lichterloh brennen . Aber statt jetzt alles Verfügbare zu tun, werden nun der Verband der Hausbesitzer und der Verband der Feuerversicherung gebeten, in Verhandlungen eine Einigung darüber zu er- zielen, wie viele Feuerwehrleute denn mindestens in den besonders brandgefährdeten Bereichen eingesetzt wer- den müssen . Eine absurde Vorstellung? Ja, das ist wahr! Dann wird immer das Hohelied der Selbstverwaltung angestimmt . Ja, auch wir stehen zur Selbstverwaltung . Aber es gibt Situationen, da muss erst einmal gehandelt werden . Man wird den Eindruck nicht los, als solle hier ein Thema elegant verschoben werden – mithilfe der Selbstverwaltung . Hinzu kommt, dass mittels der „Expertise“ von Pro- fessor Schreyögg „Leitplanken“ eingezogen wurden für die Verhandlung zwischen der Deutschen Krankenhaus- gesellschaft und dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen . Es wird zum Beispiel nicht nä- her begründet, warum die Anhebung des untersten De- zil oder Quartil auf das Niveau des nächsthöheren Dezil oder Quartil der Maßstab sein soll . Aber es ist schon be- merkenswert, dass Professor Schreyögg bei der Frage des zusätzlichen Personalbedarfs in seiner besten Variante in dem Rahmen bleibt, den die Regierung durch das Pfle- geförderprogramm abgesteckt hat – nicht einmal 10 000 zusätzliche Stellen . Das erweckt eher den Eindruck ei- nes bezahlten Gefälligkeitsgutachtens denn einer pro- funden Bedarfsanalyse . Noch einmal: Wir gehen anhand der Berechnungen von Professor Simon davon aus, dass 100 000 Pflegestellen in den Krankenhäusern fehlen. Es muss dringend gehandelt, nicht verhandelt werden! Was also tun? Hier bleiben wir bei unserer Linie: Es ist anzuerkennen, dass Lösungen in der richtigen Richtung gesucht werden . Die angewendeten Verfahren und die Limitierungen halten wir für nicht zielführend . Und vor allem ist der Umfang deutlich zu gering! Wir brauchen eine angemessene Personalbemessung in allen Statio- nen und Bereichen der Krankenhäuser, und zwar zügig; denn es brennt! Wir hatten Sofortmaßnahmen in einem Antrag vorgeschlagen, den Sie in der letzten Sitzungs- woche sang- und klanglos abgelehnt haben . So schofel gehen wir mit Ihrem Antrag nicht um . Wir werden uns enthalten . Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Als Änderungsantrag zu diesem Gesetz werden die Personaluntergrenzen im Krankenhaus verabschie- det . Nach vielen Jahren Personalabbau und zunehmen- dem Personalmangel gibt es nun eine Minimallösung . Untergrenzen, das bedeutet Mindestmaß, und dieses Mindestmaß gilt auch nur für bestimmte Bereiche im Krankenhaus, sogenannte pflegesensitive Bereiche. Das sind Bereiche, in denen mehr Personal zu weniger un- erwünschten Zwischenfällen bei den Patientinnen und Patienten führt, wie zum Beispiel Infektionen . Daran ist zweierlei bemerkenswert . Weniger uner- wünschte Zwischenfälle sind ein erster Schritt . Doch zu einer guten Pflege gehört noch viel mehr, zum Beispiel Kommunikation und verständliche Information, oder an- ders ausgedrückt: sich Zeit nehmen, zuhören, erklären, bisweilen auch trösten. Pflegekräfte fehlen nicht nur in pflegesensitiven Bereichen. Auf jeder Station verbessert sich die Qualität in der Pflege, wenn es mehr Personal gibt . Daran ist erkennbar, wie willkürlich hier Kriterien aufgestellt werden . Was wir eigentlich brauchen, ist ein wissenschaftlich basiertes Personalbemessungsinstrument, mit dem die notwendigen Fachkräfte für die jeweiligen Bereiche er- mittelt werden können. Es muss flexibel genug sein, um die organisatorischen und baulichen Gegebenheiten der Krankenhäuser, das Qualifikationsprofil der entsprechen- den Fachkräfte und natürlich den Gesundheitszustand der Patientinnen und Patienten berücksichtigen zu können . Was wir stattdessen haben, ist eine an sich schon schwache Vorgabe, die noch nicht einmal verbindlich ist; denn die Personaluntergrenzen werden am Ende nicht wissenschaftlich ermittelt, sondern von den Kassen und den Krankenhäusern festgelegt, also von denjenigen, die handfeste finanzielle Interessen verfolgen und nicht so ohne Weiteres geneigt sein dürften, mehr Geld für Personal auszugeben . Es gibt auch nach wie vor keine Regelung, die sicher dafür sorgt, dass das für Pflege vor- gesehene Geld auch tatsächlich beim Pflegepersonal an- kommt . Es herrscht wenig Transparenz über die Verwen- dung der Mittel. Solange hier keine Klarheit geschaffen wird, bleibt die Pflege das Element in der Krankenhaus- finanzierung, an dem immer noch gespart werden kann. Auch die Regelungen, die eigentlich dazu dienen sollten, Personalverlagerungen zu vermeiden, sind nicht eindeutig genug . Personalverlagerung bedeutet, dass Per- sonal in einem Krankenhaus von einem Bereich in ei- nen anderen versetzt wird, damit dort die vorgegebenen Personaluntergrenzen eingehalten werden . Zwar müssen die Krankenhäuser künftig die Einhaltung der Personal- untergrenzen nachweisen und nach Personalgruppen differenziert in den Qualitätsberichten darstellen, doch es wird nicht definiert, ab wann von Personalverlage- rung die Rede ist . Zudem sollen Übergangsregelungen und Ausnahmetatbestände definiert werden, bei denen die Untergrenzen nicht eingehalten werden müssen . Das ist nachvollziehbar, soweit es so etwas wie Wetter- oder Umweltkatastrophen oder Epidemien betrifft. Doch auch der Fachkräftemangel wird als Grund für Übergangsre- gelungen genannt . All das hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack . Die Ergebnisse der Pflegekommission, die jetzt noch schnell umgesetzt werden sollen, damit die Koalition sich mit Ergebnissen schmücken kann, sind nur eine Pseudover- besserung . Sie werden die Qualität der Versorgung nicht Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24255 (A) (C) (B) (D) wesentlich verbessern und die Pflegekräfte im Kranken- haus nicht entlasten . Anlage 21 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Än- derung des Energiesteuer- und des Stromsteuerge- setzes (Tagesordnungspunkt 27) Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU): Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Energie- und des Stromsteuergesetzes bringt der Bundestag heute einen Gesetzentwurf mit einer langen Vorgeschichte zu einem erfolgreichen Abschluss . Nahezu ein Jahr dauerten die Beratungen innerhalb der Bundesregierung, bis aus dem Referentenentwurf ein vom Kabinett beschlossener Regierungsentwurf gewor- den war . Wir im Bundestag haben diesen dann endlich guten Entwurf in nur fünf Sitzungswochen noch weiter verbessern können . Die mit dem Gesetzentwurf vorgenommene Über- arbeitung der energie- und stromsteuerrechtlichen Re- gelungen ist nötig geworden, um die darin enthalte- nen Begünstigungen dem im Jahr 2014 novellierten EU-Beihilferecht und der EU-Energiesteuerrichtlinie anzupassen . Außerdem müssen auch Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in die Regelungen des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes eingearbei- tet werden . Zu diesem Aspekt möchte ich gern einige grundsätzli- che Überlegungen äußern: Ich finde es richtig und wich- tig, die Steuergesetzgebung auch im Lichte des EU-Bei- hilferechts zu betrachten, Anpassungsbedarf regelmäßig zu prüfen und, falls notwendig, auch umzusetzen . Dies dient insbesondere der Rechtssicherheit der Unterneh- men, die von steuerlichen Vergünstigungen profitieren. Allerdings habe ich den Eindruck, dass Deutschland in vorauseilendem Gehorsam zuweilen übereifrig und übervorsichtig agiert und es an Pragmatismus bei der Bewertung der Beihilfekonformität von nationalen Re- gelungen mangeln lässt . Zu beobachten war dies am ur- sprünglich vorgelegten Referentenentwurf . Dieser enthielt noch ein allgemeines Kumulierungs- verbot von Steuerbegünstigungen mit anderen Beihilfen . Zudem sollte die Steuerbefreiung für Strom aus erneuer- baren Energieträgern und aus sogenannten Kleinanlagen durch eine komplette Neufassung des § 9 StromStG ge- strichen werden . Von beiden Regelungen hatte die Bundesregierung dann im Regierungsentwurf richtigerweise wieder Ab- stand genommen . Statt einer Streichung in vorausei- lendem Gehorsam wurde die Steuerbefreiung nach § 8 StromStG der Europäischen Kommission zur beihilfe- rechtlichen Prüfung vorgelegt . Das Ergebnis bleibt ab- zuwarten . Neben den Anpassungen an das Beihilferecht wird mit dem Gesetz ein Auftrag des Deutschen Bundestages aus dem Sommer 2015 umgesetzt . Seinerzeit haben wir uns dafür ausgesprochen, die Steuerbegünstigungen für gas- förmige Kraftstoffe – Erdgas und Autogas –, die Ende des Jahres 2018 auslaufen, zu überprüfen, mit dem Ziel, diese zu verlängern . Der Regierungsentwurf erfüllte nur einen Teil dieses Auftrags, indem er lediglich eine Verlängerung der Steu- erbegünstigung für als Kraftstoff verwendetes Erdgas bis Ende 2026 – abschmelzend ab 2024 – vorsah . Dies war vor allem aufgrund der Unterstützung von Bundesminis- ter Dobrindt möglich, der mit seinem Ressort die hieraus resultierenden Steuerausfälle übernimmt . Die Erfüllung des zweiten Teils des Antrags, die Ver- längerung der Steuerbegünstigung für Autogas (LPG), haben die Koalitionsfraktionen selbst in die Hand neh- men müssen und nun erfolgreich umgesetzt: Die Ener- giesteuerermäßigung für Autogas (LPG) wird bis zum 31 . Dezember 2022 verlängert, sodass es im Sinne der betroffenen 500 000 LPG-Autobesitzer sowie der Un- ternehmen, wie Umrüstbetriebe und Tankstellenpächter, keinen abrupten Ausstieg aus der Förderung gibt . Damit erfüllen wir auch ein politisches Versprechen . Die Verlängerung erfolgt in der Weise, dass die Ener- giesteuerermäßigung pro Jahr um 20 Prozent abge- schmolzen wird . Das schnellere Abschmelzen im Ver- gleich zur Begünstigung für Erdgas ist angesichts der bereits seit vielen Jahren bestehenden steuerlichen För- derung und des daher schon gut ausgebauten Tankstel- lennetzes gerechtfertigt . Zudem ist der Einsatz von Auto- gas bereits bei dem schon jetzt im Gesetz vorgesehenen Normalsteuersatz ohne Steuerermäßigung gegenüber an- deren Energieträgern im Kraftfahrzeugbereich günstiger . Eine weitere gute Nachricht aus den parlamentari- schen Beratungen ist, dass wir die im Regierungsentwurf vorgenommene Streichung des § 60 EnergStG wieder zurückgenommen haben . Auch diese Streichung war aus meiner Sicht einer übervorsichtigen Interpretation des EU-Beihilferechts geschuldet . Die Regelung ermöglicht, dass zum Beispiel Mineralöllieferanten bei Lieferungen an Kunden, in der Regel mittelständische Tankstellen- betreiber, bei eventuellen Zahlungsausfällen eine Steu- erentlastung für die im Verkaufspreis enthaltene Energie- steuer beantragen können . Abschließend möchte ich als Landwirt noch meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, dass auch dank des Einsatzes unseres Bundesministers Schmidt die Steu- erermäßigung für Biodiesel zur Verwendung in der Land- wirtschaft bestehen bleibt . Dies ist eine gute Nachricht für die Landwirtschaft, da sowohl als Hersteller als auch als Verbraucher davon profitiert. Norbert Schindler (CDU/CSU): Heute halte ich meine vermutlich letzte Rede hier im Hohen Haus der deutschen Demokratie . Fast 23 Jahre lang durfte ich dem Deutschen Bundestag angehören, als Abgeordneter der Regierungsfraktion und als Oppositionspolitiker . Und ich muss sagen: Es hat mir immer sehr viel Spaß gemacht! Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724256 (A) (C) (B) (D) Ob Sie an meinen Reden und deren Themen Spaß hatten, vermag ich natürlich nicht zu beurteilen . Ein Schwerpunktthema, das mich all die Jahre be- schäftigt hat, ist die Energiebesteuerung und die Besteu- erung der Biokraftstoffe. Auch heute nehme ich dieses Thema mit der abschließenden Lesung des Entwurfs der Bundesregierung eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes wieder auf . Wie in der Einbringung in den Bundestag schon an- gedeutet, ist dieses Gesetz zwingend notwendig, um Vor- gaben des Rechts der Europäischen Union in nationales Recht umzusetzen . Neben diesen notwendigen Anpassungen müssen mit dem Gesetz auch Entscheidungen der EU-Kommission und des EuGH in die Regelungen des Energiesteuer- und Stromsteuergesetzes eingearbeitet werden, was dem Bundesfinanzministerium mit entsprechendem Finger- spitzengefühl hervorragend gelungen ist . Dafür und für die immer gute Zusammenarbeit danke ich den Beamtin- nen und Beamten auch im Namen des gesamten Finanz- ausschusses! Neben der jetzt geschaffenen generellen Rechts- und Planungssicherheit im nationalen Energiesteuerrecht konnten im Finanzausschuss weitere Anpassungen und Glättungen vorgenommen werden, die in erster Linie der erleichterten Anwendung und der Entbürokratisie- rung dienen . Darüber hinaus werden technologische Fortschritte in der Automobilindustrie und in der Spei- chertechnologie nachvollzogen und die Grundlage für eine elektronische Kommunikation zwischen den Wirt- schaftsbeteiligten und der Verwaltung geschaffen. Für uns – da spreche ich auch für den Koalitionspart- ner – dient das Gesetz jedoch auch der Umsetzung des Koalitionsvertrages, der vorgibt, die Steuerbegünstigun- gen für gasförmige Kraftstoffe (Erdgas und Autogas), die am 31 . Dezember 2018 enden sollen, zu verlängern . Das sah der Gesetzentwurf für als Kraftstoff verwendetes Erd- gas (CNG/LNG) schon bis Ende 2026 – abschmelzend ab 2024 – vor . Diese Regelung, deren Ziel es ist, die Dekar- bonisierung des Verkehrssektors voranzubringen, wurde mit den Stimmen aller Fraktionen im Finanzausschuss bestätigt. Damit schaffen wir die Voraussetzungen, damit Erdgas als Zukunftstechnologie in Verbrennungsmotoren die notwendigen Impulse erhält, um sich dauerhaft und mit großer Verbreitung am Markt durchsetzen zu können Nach hartem Ringen konnte zudem noch eine ab- schmelzende Verlängerung der Steuerbegünstigung für Autogas (LPG) bis Ende 2022 aufgenommen werden, sodass es im Sinne der Betroffenen und der Unternehmen keinen harten Ausstieg aus der Förderung gibt . Bürge- rinnen und Bürger erhalten damit Planungssicherheit bei Ihren Investitionsentscheidungen . Die Begünstigung für Flüssiggas, das als Kraftstoff verwendet wird (LPG), wird über die Jahre 2019 bis 2022 um jeweils 20 Prozent reduziert und läuft somit über weitere fünf Jahre aus . Auch diese Maßnahme, die dem Fiskus erhebliche Steuerausfälle beschert, wird von den Politikern der Koalitionsfraktionen und der Linken getragen, um LPG-Autobesitzer, Umrüstbetriebe und Tankstellenpächter in der Übergangszeit nicht zu über- fordern. Nach 2022 wird es aber definitiv keine Steuer- erleichterungen für Autogas mehr geben! Denn auch bei dem dann geltenden Normalsteuersatz bleibt der Ein- satz von Autogas gegenüber anderen Energieträgern im Kraftfahrzeugbereich weiter vorteilhaft! Im Bericht des Finanzausschusses wird zudem die Bundesregierung aufgefordert, dass für Unternehmen in Schwierigkeiten die nationalen Rechtsvorschriften mit Augenmaß angewendet und Einschränkungen von Steu- erbegünstigungen auf das erforderliche Maß begrenzt werden . Der Befürchtung der Verbände, dass Anträge auf Steuerbegünstigungen von Unternehmen in Schwie- rigkeiten erst gar nicht zur Prüfung zugelassen werden könnten, wird mit der Formulierung „Anträge auf Ge- währung einer Steuerbegünstigung können nicht ver- wehrt werden“ begegnet . Nach Kritik an der geplanten Streichung des § 60 EnergieStG vonseiten der mittelständischen Wirtschaft und des Bundesrates habe ich federführend für die CDU/ CSU-Fraktion dafür gekämpft, diese wieder rückgängig zu machen . Auch hier hatte ich die volle Unterstützung des gesamten Finanzausschusses . Damit bleibt es da- bei, dass vor allem mittelständische Tankstellenpächter bei Lieferung an Kunden, hinsichtlich des Energiesteu- eranteils bei eventuellen Zahlungsausfällen dieser, von der Haftung des Energiesteueranteils befreit sind . Somit kann die Versicherungssumme für den Zahlungsausfall auf den Warenwert (ohne Energiesteuer) begrenzt blei- ben . Dies sichert gerade diesen Unternehmen in einem sehr anspruchsvollen Marktumfeld die notwendige Li- quidität, indem sie die Energiesteuer nicht zusätzlich ab- sichern lassen müssen . Leider ist es uns bei den Verhandlungen mit dem Bun- desfinanzministerium nicht gelungen, weitere berechtig- te Forderungen, wie die Gleichstellung der Industriega- seproduktion mit anderem produzierenden Gewerbe, in Gesetzesform zu gießen . Hier scheint die Bundesregie- rung nicht bereit zu sein, sich auf sicherlich schwierige und langwierige Verhandlungen mit der EU-Kommission einzulassen . Insgesamt ist dieser Gesetzentwurf, den wir hier ab- schließend beraten, ein sehr guter, der hoffentlich für ein paar Jahre Rechtssicherheit und Klarheit im Verwal- tungshandeln garantieren wird . Mit den generellen Rege- lungen in Abstimmung mit der EU-Kommission entfällt eine Vielzahl von Einzelgenehmigungsanträgen in Brüs- sel, auch wenn dadurch nicht mehr jeder Einzelfall bis ins letzte Detail gerecht abgewickelt werden kann . In diesem Zusammenhang danke ich der Bundesregie- rung, dass sie zum Beispiel für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft die Praxis der teilweisen Steuererstattung für „Agrardiesel“ und „Bioagrardiesel“ bis zum Auslau- fen der Freistellungsanzeige bei der EU-Kommission auf neuer nationaler Rechtsgrundlage weiterführt . Die bisher dauernd notwendigen Notifizierungen bei der EU-Kom- mission können somit entfallen . Meine Mahnung aus der Rede zur ersten Lesung des Gesetzentwurfs muss ich heute aus gegebenem Anlass wiederholen: Bürokratieabbau im Verhältnis zur EU darf aber nicht zu weiterem Bürokratieaufbau bei den Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24257 (A) (C) (B) (D) Bürgern führen! Wenn im Vorgriff auf dieses Gesetz nun für die Beantragung der Steuerrückerstattung für Agrar- diesel zu den schon bestehenden und schwer zu verste- henden Antragsformularen drei neue eingeführt werden, so widerspricht dies dem Sinn des Gesetzes! Deshalb, liebes BMF, liebe Generalzolldirektion: Geht in euch und schafft auch im Verhältnis zu den Antragstellern den schlanken Staat! Zum Abschluss danke ich allen Beteiligten, in der Spitze der Ministerien BM Schäuble, BM Dobrindt und BM Schmidt, den Kolleginnen und Kollegen der AG Fi- nanzen meiner Fraktion und deren Mitarbeitern, unserem Koalitionspartner und nicht zuletzt den Mitarbeitern mei- nes Büros für die gute und vertrauensvolle Zusammenar- beit nicht nur bei diesem Gesetz . Ich verabschiede mich aus dem Parlament und sage vielen Dank und auf Wiedersehen an anderer Stelle! Christian Petry (SPD): Heute beraten wir in zweiter und dritter Lesung den Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuerge- setzes . Ziel des vorliegenden Gesetzes war es, die Steu- erermäßigung für Erdgas und Flüssiggas zu verlängern, zwingende Vorgaben des Rechts der Europäischen Union in nationales Recht umzusetzen sowie technologische Fortschritte in der Automobilindustrie im Stromsteuerge- setz angemessen abzubilden . Dabei liegt ein Schwerpunkt des Gesetzes auf der Umsetzung europarechtlicher Vorgaben . Im Kern geht es dabei um die neugefasste Allgemeine Gruppenfreistel- lungsverordnung (AGVO) . Aufgrund dieser Neufassung regelte der Entwurf bereits die europarechtskonforme Umsetzung des Herstellerprivilegs oder etwa die Steu- erentlastung für Biokraftstoffe. Weiterhin gab es eine Vielzahl von Urteilen des EuGH, die in nationales Recht umgesetzt werden mussten . All dies war im Gesetzent- wurf bereits enthalten . Wir haben aber auch zentrale Än- derungen vorgenommen . Lassen Sie mich an dieser Stelle auf die Steuerermäßi- gung für Erdgas und Flüssiggas eingehen . Hier hatte die Kabinettvorlage von Wolfgang Schäuble eine einseitige Verlängerung der Steuerermäßigung für Erdgas vorgese- hen . Ich bin dabei überzeugt, dass Erdgas ein wichtiger alternativer Kraftstoff ist, der durch seine regernative Komponente dringend weiter gefördert werden muss . Allerdings haben SPD und CDU/CSU im Koalitionsver- trag vereinbart, dass beide Kraftstoffe über 2018 hinaus steuerlich begünstigt werden . Der Entwurf von Wolfang Schäuble beinhaltete da- mit einen klaren Bruch des Koalitionsvertrags . Lassen Sie mich an dieser Stelle festhalten: Diesen Bruch hat die SPD-Fraktion nicht mitgemacht! Ich habe mich daher im parlamentarischen Verfahren gemeinsam mit meinem CDU-Kollegen Norbert Schindler für eine Weiterführung der Steuerbegünstigung starkgemacht . Es war ein harter Kampf, an dessen Ende ein gutes Ergebnis steht . Wir werden Flüssiggas bis 2022 weiterfördern, Erdgas bis 2016 . An dieser Stelle möchte ich Norbert Schindler für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit ausdrück- lich danken . Neben der Steuerermäßigung für Flüssiggas haben wir im parlamentarischen Verfahren noch weitere, we- sentliche Änderungen am Gesetz vorgenommen . Exem- plarisch möchte ich etwa die Beibehaltung der Ausnah- metatbestände des § 60 Energiesteuergesetz nennen . Hierbei handelt es sich um eine Sonderregelung im Ener- giesteuerrecht, die Verkäufern von bestimmten Kraftstof- fen bei Zahlungsunfähigkeit des Warenempfängers eine Steuerentlastung für die im Verkaufspreis enthaltende Energiesteuer ermöglicht . Diese Regelung sollte zu- nächst abgeschafft werden. Die Sachverständigen in der Anhörung des Finanzausschusses konnten uns fundiert darlegen, dass die Beibehaltung von § 60 Energiesteu- ergesetz für viele Tankstellenbetreiber essenziell ist . Wir haben diese Bedenken ernst genommen und uns schluss- endlich für eine Beibehaltung des Ausnahmetatbestands entschieden . Darüber hinaus haben wir uns im parlamentarischen Verfahren mit einer Fülle weiterer energiesteuer- und stromsteuerrechtlicher Themen beschäftigt . Ich denke da beispielsweise an die Gewährung von Steuerentlastungen beim Verheizen von Gasöl in Standheizungen von Fahr- zeugen des ÖPNV. Hier haben wir das Bundesfinanz- ministerium aufgefordert, von der im geltenden Gesetz vorgesehenen Verordnungsermächtigung Gebrauch zu machen und eine solche Steuerentlastung zu gewähren . Weiterhin haben wir mit der Einführung von § 9c Stromsteuergesetz die im ÖPNV vermehrt eingesetz- ten Elektrobusse mit dem bereits steuerlich geförderten Schienenverkehr gleichgestellt . Damit haben wir ent- scheidend der technologischen Entwicklung im Ver- kehrssektor Rechnung getragen und eine zusätzliche Entlastung der Stromsteuer in das Gesetz aufgenommen . Insgesamt liegt nun ein stimmiges Gesetz vor, das an entscheidender Stelle vom Parlament nachgebessert wur- de . Dabei möchte ich ausdrücklich die Zusammenarbeit mit der Opposition loben . Wir haben aus Ihren Reihen breite Unterstützung bei der Weiterförderung des Flüs- siggases erhalten . Andreas Rimkus (SPD): Zur Energiewende und unseren Zielen sowie den Vorhaben, um diese Ziele zu erreichen, habe ich im Plenum des Deutschen Bundesta- ges schon viel gesagt . So stehen wir vor der Herausforde- rung, ein Gesamtkonzept der Energiewende aufzubauen, das unseren Ansprüchen an Nachhaltigkeit gerecht wird . So sollte dieses Konzept uns helfen, unsere ökologischen Ziele zu erreichen und den Wandel in der Arbeitswelt so- zialverträglich zu gestalten, und jedem in dieser Gesell- schaft die Chance geben, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten . Lassen sie mich den letzten Punkt noch einmal deutli- cher sagen . Es kann nicht sein, dass die Energiewende nur eine Sache des dicken Geldbeutels ist! Die Energiewen- de ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, und ich bin froh, dass wir in Deutschland – auch im weltweiten Ver- gleich – sehr weit damit sind, den Umbruch zu meistern, und zwar so zu meistern, dass jeder seinen Beitrag leistet, aber eben auch leisten kann, wie beispielsweise durch die EEG-Umlage . Daher ist es auch weiterhin wichtig, den- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724258 (A) (C) (B) (D) jenigen die Tür aufzuhalten, die sich aufgrund der hohen Anschaffungskosten kein Elektro- oder Brennstoffzel- lenfahrzeug oder eben auch Erdgasfahrzeug leisten kön- nen . So war es für uns Sozialdemokraten ein besonderes Anliegen, nicht nur die Steuerbegünstigung auf Erdgas, sondern auch auf Autogas zu verlängern . Wir können doch nicht hinnehmen, dass es keine be- zahlbare Form der emissionsreduzierten Mobilität gibt . Die Einwände zur Ökobilanz dieser Fahrzeuge mögen stimmen, der Erdgasantrieb ist emissionsärmer und er- möglicht die Integration erneuerbarer Energien, und si- cherlich würde auch ich mir wünschen, dass schon alle mit batterieelektrischen oder Brennstoffzellenfahrzeugen auf unseren Straßen unterwegs wären . Doch die Kritiker von Autogas mögen mir doch bitte erklären, ob es ihnen dann lieber wäre – im Lichte unserer Erkenntnisse – lie- ber auf Diesel umzusteigen als auf Propangas . Aus diesem Grund haben wir die Verlängerung der Steuerbegünstigung von Flüssiggas auch bereits im Koa- litionsvertrag verankert . Darüber hinaus haben wir einen Koalitionsantrag aus dem Parlament heraus verabschie- det, der dieses Ziel noch einmal bekräftigt . Umso er- staunter war ich, zu sehen, wie Finanzminister Schäuble diese klare Positionierung ignorierte und in seinem Ent- wurf eine Verlängerung für Erdgas vorsah, jedoch einer Verlängerung für Autogas eine Absage erteilte . Ich muss gestehen: Unter einer zuverlässigen Vertragspartner- schaft verstehe ich etwas anderes! Dies war ein Bruch mit dem Koalitionsvertrag und irreführend für die, die sich auf unser Versprechen verlassen haben . Erst hinhal- ten und dann Versprechen brechen, das ist keine zuver- lässige Kooperation und ziemlich schlechter Stil, Herr Schäuble . Deshalb haben wir als Sozialdemokraten, wie ich auch in meiner letzten Rede bereits deutlich gemacht habe, uns von Anfang an klar positioniert und sind dafür eingestan- den, dass die Steuerbegünstigung auch für Autogas ver- längert wird . So steht am Ende eine Verlängerung, die, wie es auch sachgerecht ist, kürzer und geringer ausfällt, nämlich bis 2022 läuft und ab 2019 jedes Jahr um 20 Pro- zentpunkte mehr abschmilzt . So haben wir im Zuge des parlamentarischen Verfahrens eine ökologisch vernünfti- ge, sozial verträgliche und politisch verlässliche Lösung gefunden . Herbert Behrens (DIE LINKE): Der vorliegende Gesetzentwurf hat gezeigt, dass aus einer krummen Re- gierungsvorlage, der meine Fraktion nicht hätte zustim- men können, noch etwas Gerades werden kann . Diese Er- fahrung habe ich als Verkehrspolitiker leider noch nicht machen können – man denke nur an die Pkw-Maut, die blinde Einführung automatisierten Fahrens und vor allem die heute Morgen von SPD und Unionsfraktion beschlos- sene Privatisierung der Autobahnen, die trotz erbittertem Widerstand der Opposition ohne Rücksicht auf Verluste durchgedrückt wurde . Von daher bin ich sehr froh, dass ich nach acht Jahren im Bundestag im federführenden Finanzausschuss Zeuge werden konnte, dass es auch anders geht . Nach einer sehr aufschlussreichen öffentlichen Anhörung und intensiven Gesprächen mit Mitgliedern aller Fraktionen liegt jetzt eine Beschlussempfehlung vor, die den Entwurf der Bun- desregierung in für mich zentralen Punkten ändert und der ich ohne Weiteres zustimmen kann . Wie ich bereits in der ersten Lesung betont habe, ist mit der Linksfraktion die im Gesetzentwurf der Bundes- regierung verankerte abrupte Beendigung der Steuerbe- günstigung von Autogas nicht zu machen . Zum einen würde dadurch der Vertrauensschutz von mehreren Hun- derttausend Fahrzeughalterinnen und Fahrzeughaltern verletzt, die sich in den letzten Jahren ein Autogasfahr- zeug angeschafft oder ihr Auto auf LPG umgestellt ha- ben . Diesen Menschen zu sagen, dass die vor Jahren in Aussicht gestellte Verlängerung der steuerlichen Förde- rung ihres umweltfreundlichen Fahrzeuges lediglich ein Aprilscherz ist, war völlig inakzeptabel . Zum anderen – das sage ich jetzt als Vorsitzender des Untersuchungsausschusses zum Abgasskandal – hat sich das von der Bundesregierung als Begründung herange- zogene ifeu-Gutachten längst überholt . Ich teile durch- aus die Einschätzung der Gutachter, dass Erdgas einen größeren Klimanutzen entfalten kann als Autogas . Aber wenn die Bundesregierung eine Studie aus 2013 als Be- gründung für die Beendigung der LPG-Förderung an- führt, blendet sie schlicht und ergreifend aus, dass der Automobilindustrie inzwischen massenhafter Betrug bei den Stickstoffdioxidemissionen nachgewiesen wurde. Diese vom Autoverkehr verursachten Schadstoffbelas- tungen sind dafür verantwortlich, dass sich die Menschen in diesem Land massiven gesundheitlichen Gefährdun- gen ausgesetzt sehen, und dieser Zustand ist untragbar . Die Bundesregierung hat in ihrem Entwurf den Beitrag völlig verkannt, den mit Autogas betriebene Fahrzeuge für die Reduktion von Luftschadstoffen vor allem in in- nerstädtischen Bereichen leisten können . Im Vergleich zu dem immer noch hochsubventionierten Dieselkraftstoff fallen bei der Verbrennung von Autogas nämlich kaum Rußpartikel und Stickoxide an, die zur Vermeidung von Fahrverboten am besten heute noch drastisch reduziert werden müssen . Deshalb hat die Linksfraktion einen Änderungsan- trag in die öffentliche Anhörung eingebracht, in wel- chem die Verlängerung der Steuerbegünstigung für LPG festgeschrieben und wie folgt begründet wird: „Um die notwendige Reduktion der (Auto)Verkehrsemissionen zu befördern, sollte die steuerliche Begünstigung von LPG befristet verlängert werden, um den finanziellen Anreiz für die Anschaffung von mit Flüssiggas betrie- bener Fahrzeuge bzw . eine Umrüstung konventioneller Verbrennungsmotoren auf Flüssiggas zu erhalten . Dies gilt vor allem in Hinblick auf den Öffentlichen Personen- nahverkehr (Busse, Taxis), in dem auf Grund der hohen Verkehrsleistung der dort eingesetzten Fahrzeuge großes Potenzial für Emissionsreduktionen besteht .“ Diese Einschätzung und auch unsere Forderungen ha- ben sich die Koalitionsfraktionen zu eigen gemacht und in einen eigenen Änderungsantrag gegossen, dem wir uns uneingeschränkt anschließen. Da Links offensicht- lich gewirkt hat und wir sowohl der Koalition als auch dem Gesetz ein Stück weit ökologische Vernunft einimp- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24259 (A) (C) (B) (D) fen konnten, ziehen wir gerne unseren eigenen Antrag zurück und stimmen dem geänderten Gesetzentwurf zu . Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Energiebesteuerung berücksichtigt kaum, welchen Schaden die einzelnen Energieträger verursachen . Ein paar Beispiele: Diesel wird mit Milliarden subventio- niert, obwohl Dieselabgase die Luft in unseren Städten verdrecken . Auf Erdgas zum Heizen fallen umgerech- net pro Tonne CO2 mehr Steuern an als auf das klima- schädlichere Heizöl . Auf sauberen Ökostrom muss ich als Verbraucherin genauso viel Steuern bezahlen wie auf schmutzigen Kohlestrom . Der Bundesrat weist zu Recht daraufhin, dass es so nicht weitergehen kann . Er hat Sie aufgefordert, einen Vorschlag vorzulegen, wie zukünftig die Energiebe- steuerung zu einem wirksamen Klimaschutzinstrument weiterentwickelt werden kann, und zwar indem verursa- chungsgerecht alle Energieträger mit einem einheitlichen CO2-Preis belegt werden . Nun frage ich Sie, liebe Kolle- ginnen und Kollegen von Union und SPD: Wann kommt endlich Ihr Vorschlag? Es ist ja nun wirklich nicht das erste Mal, dass wir über ökologisch faire Preise sprechen . Die Experten, die Sie von der Bundesregierung mit dem Monitoring der Energiewende beauftragt haben, haben Ihnen genau das bereits letztes Jahr in Ihren Be- richt geschrieben: Ein angemessener Preis auf CO2 ist notwendig, damit die Klimaschutzziele überhaupt noch erreichbar sind . Im April hat sich die Initiative für eine nachhaltige Finanzreform gegründet. Der ehemalige Bundesfinanz- minister Hans Eichel wirbt dafür . Erst vor drei Tagen hat eine hochrangige Gruppe von Wissenschaftlern um Nicholas Stern und Joseph Stiglitz die G 20 aufgefordert, CO2 einen Preis zu geben. Auch die OECD empfiehlt Deutschland, Steuervergünstigungen für umweltschädli- che Aktivitäten abzuschaffen und Mehreinnahmen durch wirkungsvollere Umweltsteuern zu erzielen . Das zeigt doch ganz deutlich: Die Zeit ist mehr als reif, dass wir hier in Deutschland die Energiebesteuerung endlich kon- sequent am Klimaschutz ausrichten! Was wir brauchen, ist also mehr als nur Kleinklein . Doch Sie von der Bundesregierung doktern nur an ein- zelnen Regelungen des Energie- und Stromsteuerge- setzes herum . Dabei schielen Sie anscheinend eher auf die schwarze Null als auf die ökologischen Folgen Ihrer Entscheidungen . Man muss schon froh sein, dass Sie die unsinnige Idee, den Eigenverbrauch von erneuerbarem Strom zusätzlich zur EEG-Umlage nun auch noch mit der Stromsteuer zu belasten, wieder begraben haben . Der Eiertanz, den Sie bei der Verlängerung der Steu- erbefreiung für Flüssiggas aufgeführt haben, spricht für sich. Ich finde Ihre Plan- und Ambitionslosigkeit mehr als bedauerlich . Sie verpassen hier nicht nur zum wie- derholten Male eine Chance für mehr Klimaschutz . Sie versäumen auch die Gelegenheit, den unübersichtlichen Förderdschungel wenigstens ein bisschen zu lichten; denn das haben wir in der Anhörung auch bestätigt be- kommen: Wenn wir die Energiebesteuerung an CO2 aus- richten, brauchen wir ganz viele Ausnahmeregelungen gar nicht mehr . Wir brauchen keine weitere Subventionierung von Verzögerungstechnologien, sondern einen Aufbruch für ambitionierten Klimaschutz, der Investitionen in Ener- giesparen, Energieeffizienz und Erneuerbare Energien belohnt . Nur, Ihnen fehlen der Mut, der Wille und die Ideen für einen großen Wurf . Darum können wir dem, was Sie hier heute zur Abstimmung stellen, nicht zustim- men . Anlage 22 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Nadine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU) zu der Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CDU und SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Kin- derehen (Tagesordnungspunkt 28) Mit der großen Zahl von Menschen, die aus anderen Kulturen zu uns nach Deutschland geflüchtet sind, le- ben bei uns zunehmend mehr Ehepaare, bei denen die Ehefrau noch Kind bzw . minderjährig ist . Dieses Phäno- men stellt sowohl unsere Gesellschaft, aber auch unsere Rechtsordnung vor große Herausforderungen . Kinderehen verletzen Grundrechte der Kinder und Jugendlichen, vor allem das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, auf sexuelle Selbstbestimmung und auf Bildung . Sie sind mit unserem Verständnis von Ehe, die auf einer freien Willensentscheidung und gleichbe- rechtigten Partnerschaft von Mann und Frau beruht, nicht zu vereinbaren . Auch der zur Rechtfertigung von Kin- derehen angeführte Schutz der Mädchen auf ihrer Flucht darf nicht den Blick dafür verstellen, dass diese Ehen aus purer Not, aber nicht aus freiem Willen eingegangen wer- den . Wir haben eine Verantwortung für alle in Deutschland lebenden Mädchen und Frauen . Daher brauchen wir ein Verbot von Kinderehen . Aus diesem Grund stimme ich dem Gesetzentwurf zu, weil er Ehen Minderjähriger verbietet und den minder- jährigen Ehepartnern einen verbesserten Schutz ermög- licht . Allerdings halte ich die Regelung, dass Ehen gene- rell nichtig sind, bei denen einer der Ehegatten bei der Eheschließung jünger als 16 Jahre alt ist, für bedenklich . Auch diese Ehen sollten – wie die Ehen von Jugendli- chen zwischen 16 und 18 Jahren – durch einen richterli- chen Hoheitsakt aufgehoben werden müssen . Bei einem individuellen Aufhebungsverfahren können alle flan- kierenden Rechtsfragen geklärt werden, wie Unterhalts- und Erbrechtsfragen sowie Sorgerechtsregelungen für gemeinsame Kinder . Anders als die Nichtigkeitslösung bietet das Aufhebungsverfahren Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für die Betroffenen. Ich hätte mir die Aufhebungsregelung für alle Ehen mit Minderjährigen gewünscht . Dem Gesetz stimme ich deshalb zu, weil es die derzeitige Rechtslage verbessert . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724260 (A) (C) (B) (D) Der weit überwiegende Teil der Ehen wird von der Auf- hebungslösung erfasst sein . Für eine Änderung der Re- gelung für die unter 16-Jährigen werde ich mich weiter einsetzen . Anlage 23 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Straftaten gegen ausländische Staaten – des von den Abgeordneten Harald Petzold (Havelland), Frank Tempel, Dr. André Hahn, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines ... Ge- setzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Neuordnung der Beleidigungsdelikte – des von den Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Renate Künast, Dr. Konstantin von Notz, weiteren Abgeordneten und der Frakti- on BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrach- ten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches zur Streichung des Ma- jestätsbeleidigungsparagrafen (§ 103 StGB) – des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhe- bung des § 103 des Strafgesetzbuches – Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten – (Tagesordnungspunkt 29) Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU): Angefangen hat bekanntermaßen alles am 31 . März 2016 mit der Aus- strahlung eines als „Schmähkritik“ bezeichneten Ge- dichts des Unterhaltungskünstlers Jan Böhmermann über den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan . Daran schloss sich eine nationale und internationale Kon- troverse an, die im Wesentlichen zwei Schwerpunkte hat: zum einen die strafrechtliche Frage, ob Böhmermanns Schmähgedicht im Kontext seiner Sendung als Beleidi- gung des türkischen Staatspräsidenten zu bewerten sei, und zum anderen die politische Frage, ob ein ausländi- scher Politiker mit Ermächtigung der Bundesregierung die Strafverfolgung wegen Beleidigung bewirken kön- nen soll . Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesre- gierung soll der hierfür relevante § 103 StGB aufgehoben werden, da es für diese strafrechtliche Sondernorm kein Bedürfnis mehr gibt . Zunächst ist es wichtig, über den Sinn der Strafvorschrift nachzudenken, vor allem über den mit ihr verfolgten Regelungszweck und die Eigenart der von ihr erfassten Fälle, bevor man darüber urteilt, ob eine Strafvorschrift richtig oder falsch ist und ob sie ste- hen bleiben oder gestrichen werden soll . Nicht nur in der Strafrechtswissenschaft gilt als wesentlicher Prüfstein für die Legitimität des Strafrechts das Rechtsgut . Auch die Kriminalpolitik beruft sich auf die Erforderlichkeit der Abwehr von Angriffen auf ein Rechtsgut, wenn be- stehende Straftatbestände erweitert, Strafdrohungen ver- schärft oder neue Strafvorschriften eingeführt werden sollen . Für § 103 StGB kommen zwei Rechtsgüter in Be- tracht: § 103 StGB schafft zunächst einen besonderen Ehrenschutz für Repräsentanten ausländischer Staaten, und zwar für ausländische Staatsoberhäupter, auslän- dische Regierungsmitglieder sowie beglaubigte Leiter einer ausländischen diplomatischen Vertretung . Dies ist jedoch nicht der einzige Schutzzweck der Vorschrift, sondern ein weiterer Schutzzweck „Störungsfreie Aus- landsbeziehungen der Bundesrepublik“ tritt hinzu . Man spricht insoweit von einer kumulativen Rechtsgutver- doppelung . Der Schwerpunkt der Regelung findet sich jedoch in § 104a StGB . Denn § 103 StGB ist anders als die §§ 185 ff. StGB kein Antrags- und auch kein Privatklage- delikt . Es müssen vielmehr zwei objektive Bedingungen der Strafbarkeit erfüllt sein: Zum einen muss die Bun- desrepublik Deutschland zu dem anderen Staat, dessen Organ oder Vertreter beleidigt wurde, diplomatische Beziehungen unterhalten, und die Gegenseitigkeit muss verbürgt sein sowie zur Zeit der Tat verbürgt gewesen sein . Das heißt, dass die Bundesrepublik Deutschland in dem betreffenden Auslandsstaat einen entsprechenden Rechtsschutz genossen hat oder noch genießen muss . Zu- dem müssen zwei Prozessvoraussetzungen erfüllt sein: Es muss ein Strafverlangen der ausländischen Regierung vorliegen, und die Bundesregierung muss die Ermächti- gung zur Strafverfolgung erteilt haben . Der Sinn der Vorschrift ist demnach folgender: Die mitunter hochpolitische Entscheidung über das „Ob“ ei- ner Strafverfolgung soll nicht ohne den Filter der Prüfung durch die Bundesregierung getroffen werden. Eine rein materiell-rechtliche Prüfung anhand der „Tatumstände“ könnte sonst dazu führen, dass Strafverfahren stattfinden, die den auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland mehr schaden als nützen, gerade wenn es in einem öffentlichen Verfahren darum geht, für Tatsachen- behauptungen den Wahrheitsbeweis zu erbringen . Weder die völkervertraglichen Übereinkommen, Diplomatenschutzkonvention und das Wiener Über- einkommen über diplomatische Beziehungen noch das Völkergewohnheitsrecht verpflichten die Staaten, sepa- rate Tatbestände zur Sanktionierung von Angriffen auf Repräsentanten eines ausländischen Staates zu schaffen. Die generellen Tatbestände bezüglich der Strafbarkeit von Beleidigungen reichen aus . Ein besonderer Ehrenschutz für ausländische Reprä- sentanten ist völkerrechtlich nicht erforderlich . Völker- rechtlich soll zwar jeder Staat die auf seinem Gebiet begangenen Angriffe von Privatpersonen auf bestimmte Repräsentanten eines ausländischen Staates bestrafen oder den Täter ausliefern . Diese völkergewohnheits- rechtliche Strafpflicht ist völkervertraglich im Überein- kommen über die Verhütung, Verfolgung und Bestrafung von Straftaten gegen völkerrechtlich geschützte Personen einschließlich Diplomaten verankert . Danach gehören zu den völkerrechtlich geschützten Personen neben Diplo- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24261 (A) (C) (B) (D) maten auch Staatsoberhäupter, Regierungschefs und Au- ßenminister, wenn sie sich in einem fremden Staat auf- halten . Für Beleidigungen ausländischer Repräsentanten schreibt die Diplomatenschutzkonvention jedoch keine besondere Strafpflicht vor. Die völkervertraglichen Regelungen zum Schutz von Repräsentanten auswärtiger Staaten knüpften regelmä- ßig an deren Tätigkeit im Inland an . Gemäß Artikel 29 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Be- ziehungen behandelt der Empfangsstaat den Diploma- ten mit gebührender Achtung und trifft alle geeigneten Maßnahmen, um jeden Angriff auf seine Person, seine Freiheit oder seine Würde zu verhindern . Zwar wird man Artikel 29 der Wiener Diplomatenkonvention über den Wortlaut hinaus auch auf das Amt eines Staatsoberhaupts anwenden können, doch dient die Norm in erster Linie dem Schutz der Arbeitsfähigkeit eines akkreditierten Di- plomaten im Gastland und bezieht sich nicht auf Beein- trächtigungen von Repräsentanten fremder Staaten, die sich in ihrem Heimatland aufhalten . Der deutsche Gesetzgeber hat sich dennoch zur Auf- nahme solcher Tatbestände in den §§ 102 ff. StGB ent- schlossen. Von der Abschaffung der Tatbestände § 102 StGB „Angriff gegen Organe und Vertreter ausländischer Staaten“ und § 104 StGB „Verletzung von Flaggen und Hoheitszeichen ausländischer Staaten“ ist im Entwurf keine Rede. Das bedeutet, dass Angriffe auf ausländische Staatsoberhäupter auch nach einer Streichung des § 103 StGB weiterhin in eigenen Tatbeständen unter Strafe ste- hen . § 102 StGB wurde als sogenanntes unechtes Unter- nehmensdelikt ausgestaltet, das heißt der Angriff auf Re- präsentanten eines ausländischen Staates muss lediglich auf dessen Verletzung abzielen, die Verletzung braucht aber nicht tatsächlich einzutreten . Durch den besonderen Tatbestand steht allein der Versuch, den Repräsentanten eines ausländischen Staates leicht zu verletzen, unter Strafe . Mit anderen Worten: Für den Schutz von Ehrverlet- zungen des Repräsentanten gelten die gleichen Vorschrif- ten wie diejenigen für deutsche Bürger . Für eine Sonder- regelung des § 103 StGB besteht in heutiger Zeit keine Notwendigkeit mehr . Wichtig ist aber, dass die §§ 102 StGB, 104 StGB und 104a StGB erhalten bleiben . Sie sind für den Schutz der internationalen Beziehungen essenziell . Darüber hinaus wird die Beleidigung in Hin- blick auf die §§ 185 ff. StGB auch weiterhin verfolgt – auch wenn sie sich gegen einen ausländischen Politiker richtet, egal welche Funktion dieser hat . In der Praxis haben wir gesehen, dass die Justiz hier hinreichend tätig wird und ihre Ermittlungen auch sorgsam durchführt . Der Gesetzentwurf entscheidet sich, nach einer diffe- renzierten Abwägung, zu Recht für die zeitgemäße Ab- schaffung des § 103 StGB. Sicherlich lassen sich auch andere Meinungen gut vertreten, was die Diskussion in der Wissenschaft gezeigt hat . Einen weitreichenden An- wendungsbereich gibt es aber für § 103 StGB ohnehin nicht, sodass ich hoffe, dass dieser Gesetzentwurf auch die Zustimmung vieler Kollegen in diesem Haus finden wird . Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU): Am heutigen Tag werden wir das Gesetzgebungsverfahren zur Abschaf- fung von § 103 StGB abschließen . Die Strafvorschrift stellt bislang die Beleidigung von Organen und Vertre- tern ausländischer Staaten unter Strafe . Entgegen der Ansicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen handelt es sich bei § 103 StGB nicht um den „Majestätsbeleidigungsparagrafen“ . Die Strafvorschrift schützt ausländische Staaten mit ihren Organen und Ein- richtungen vor Beeinträchtigungen . Auf die Staatsform kommt es aber nicht an, sodass demokratisch gewählte Regierungsvertreter gleichermaßen geschützt werden . Die Grünen haben sich zu sehr vom konkreten Einzelfall mit dem Staatspräsidenten Erdogan leiten lassen . Es war deshalb richtig, dass die Union besonnen re- agiert hat . Die Gesetzentwürfe der Fraktionen Bünd- nis 90/Die Grünen und Die Linke wollten eine schnellst- mögliche Abschaffung erreichen. Dies sollte das leicht erkennbare Ziel verfolgen, den auf einer Welle der Sym- pathie reitenden Jan Böhmermann vor Strafverfolgung zu schützen . Ein Strafverfahren wäre mangels Rechts- grundlage sofort einzustellen gewesen . Durch die Weigerung der Union konnte die Staatsan- waltschaft Mainz den Fall in Ruhe prüfen und kam letzt- endlich zu einer Verfahrenseinstellung, da kein strafbares Verhalten vorliege . Ich habe bereits in der ersten Lesung am 12 . Mai 2016 gemahnt, dass wir kein Einzelfallgesetz „Böhmermann“ beschließen sollten . Der Respekt vor ei- ner unabhängigen Justiz verbietet es uns als Gesetzgeber, in laufende Verfahren einzugreifen . Die Gewaltenteilung ist für uns ein hohes Gut, weshalb wir uns mit den rich- tigen Gründen einem kurzfristigen und unbesonnenen Handeln versperrt haben . Mit dieser Debatte möchten wir als Union auch noch- mals klarstellen, dass die funktionierenden außenpoli- tischen Beziehungen zu anderen Staaten mit der heuti- gen Abschaffung von § 103 StGB nicht beeinträchtigt werden . Für uns ist der Schutz der diplomatischen Be- ziehungen ein hohes Gut . Das Miteinander mit anderen Staaten hängt jedoch nicht vom Bestehen strafrechtlicher Schutzvorschriften ab . Die Bundesrepublik Deutschland hat sich in der Europäischen Union und in anderen Län- dern der Welt großes Vertrauen erarbeitet . Deutschland wird auch in der Zukunft ein verlässlicher Partner sein . Die Abschaffung von § 103 StGB wird daran nichts än- dern und soll auch nicht als ein solches Signal verstanden werden . Es ist richtig, dass es keine völkerrechtliche Verpflich- tung gibt, die Strafvorschrift beizubehalten . Eine völ- kerrechtliche Verbotsnorm besteht jedoch auch nicht . Es liegt deshalb im weiten Ermessensspielraum des Gesetz- gebers, über die Erhaltung oder Abschaffung der Straf- vorschrift zu entscheiden . Der Schutz der persönlichen Ehre ist ein hohes Gut und hat auch Niederschlag in den Strafvorschriften zu finden. Trotz Wegfall von § 103 StGB wird weiterhin die Beleidigung von ausländischen Staatsoberhäuptern und Regierungsmitgliedern unter Strafe stehen . Der Beleidigungstatbestand in § 185 Straf- gesetzbuch schützt die Ehre eines jeden Menschen ohne Bezug zu einer Funktion . Auch die Strafverfolgungser- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724262 (A) (C) (B) (D) mächtigungen ähneln sich . Korrespondierend zum Straf- verlangen bei § 103 StGB ist bei der Beleidigung ein Strafantrag notwendig . In Anbetracht der Tatsache, dass ein Schutzniveau für die persönliche Ehre erhalten bleibt, werde ich dem Ge- setzentwurf der Bundesregierung zustimmen können . Dr. Matthias Bartke (SPD): Die Legislatur neigt sich dem Ende zu, und die Nummern der aktuellen Druck- sachen verraten uns, mit wie vielen Anträgen und Ge- setzentwürfen wir uns in den vergangenen vier Jahren beschäftigt haben . Nach dieser großen Anzahl von par- lamentarischen Beratungen fällt beim Gesetzentwurf zur Reform der Straftaten gegen ausländische Staaten eine Sache in jedem Fall ganz besonders auf: die Kürze . Der Gesetzentwurf regelt, dass der § 103 StGB er- satzlos aufgehoben wird . Das ist schon alles . Doch auch wenn diese Regelung besonders kurz ist, so fehlt es ihr nicht an Bedeutung . Es ist allerhöchste Zeit, dass die Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten nicht mehr unter besonderer Strafe steht . Ich hatte bereits bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs deutlich gemacht, dass die Vorschrift ursprünglich die di- plomatischen Beziehungen Deutschlands zu auswärtigen Staaten besonders schützen sollte . Der Fall Böhmermann hat uns deutlich gezeigt, dass § 103 StGB dafür in keiner Weise geeignet ist . Im Gegenteil: Die Bundesregierung musste zur Strafverfolgung ermächtigen . Damit hat sie sich dem Vorwurf ausgesetzt, Erdogans willfähriger Voll- strecker zu sein . Hätte sie sich aber gegen eine Ermäch- tigung entschieden, so hätte die Türkei sich beklagt, dass die Bundesregierung das türkische Staatsoberhaupt nicht vor Verunglimpfungen schützen würde . Bei der jetzigen Rechtslage gilt also: Wenn die Bun- desregierung nicht ermächtigt, so droht außenpolitischer Schaden in den Beziehungen zum betroffenen Land. Wenn sie aber ermächtigt, so droht innenpolitscher Scha- den, weil sie als Büttel des jeweiligen Staatschefs angese- hen wird . Also: Wie sie es macht, macht sie es falsch . Es soll daher allein Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden und Gerichte in Deutschland sein, über die Strafwürdig- keit des Verhaltens zu urteilen . § 103 StGB war in weiten Teilen seiner Existenz geradezu bedeutungslos . Wenn er dann aber, wie im letzten Jahr, doch einmal einschlägig ist, dann überhöht er die Äußerung einer Privatperson geradezu unmäßig . Die Streichung des § 103 StGB ist deswegen nur konsequent . Meine Kolleginnen und Kollegen von der Union ha- ben bei der Einbringung des Gesetzes, aber auch bei der Anhörung der Sachverständigen Bedenken geäußert . Sie stellen in Frage, ob die Konsequenz eine andere gewe- sen wäre, hätte ein Unsympath ein Staatsoberhaupt mit hohem internationalem Ansehen beleidigt . Ich sage: Das spielt keine Rolle . Vielleicht hätte uns diese Situation nicht so deutlich vor Augen geführt, dass der § 103 StGB keine Daseinsberechtigung mehr hat, so wie er uns in all den Jahren davor eben auch nicht aufgefallen ist . Das allein ist aber noch keine Begründung für die Beibehal- tung . Wegen der Streichung des § 103 StGB müssen wir uns im Übrigen auch sonst keine Sorgen machen; denn es entsteht keine Strafbarkeitslücke . Die Beleidigung von ausländischen Staatsoberhäuptern ist und bleibt strafbar . Es wird im Strafmaß nur eben keinen Unterschied mehr machen, ob man ausländische Politiker oder den Nach- barn von gegenüber beleidigt hat . Auf die Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten dro- hen bisher bis zu drei Jahre Haft, bei „gewöhnlichen“ Be- leidigungen nur bis zu einem Jahr . Diese Unterscheidung wird es mit der Streichung der „Majestätsbeleidigung“, wie wir den Paragrafen oft irreführend betiteln, nicht mehr geben . Wir hätten uns ein früheres Inkrafttreten gewünscht, können aber auch mit dem späteren Termin leben . Gut Ding will manchmal eben Weile haben . Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE): Wir bera- ten heute abschließend vier Gesetzentwürfe zur Reform bzw . Änderung des Strafgesetzbuches bezüglich von Straftaten gegen ausländische Staaten. Alle vier treffen sich in einer zentralen Forderung: Der § 103 des Straf- gesetzbuches muss weg . Auch wenn wir am Ende nur ei- nen der vier Gesetzentwürfe annehmen werden, ist dieser „kleinste gemeinsame Nenner“ tragfähig genug, damit – zumindest war das bisher im federführenden Rechtsaus- schuss der Fall – alle Fraktionen dem ihre Zustimmung geben werden . Die Strafvorschrift des § 103 des Strafgesetzbuches (StGB) – Beleidigung von Organen und Vertretern aus- ländischer Staaten – bezweckt den Schutz der Ehre von ausländischen Staatsoberhäuptern, ausländischen Regie- rungsmitgliedern sowie beglaubigten Leitern einer aus- ländischen diplomatischen Vertretung . Der Strafrahmen beträgt Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe, im Falle der verleumderischen Beleidigung Freiheits- strafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren . Für den Ehrenschutz von Organen und Vertretern ausländischer Staaten erscheinen die Straftatbestände des Vierzehnten Abschnitts (Beleidigung), §§ 185 ff. Strafgesetzbuch, ausreichend . Insbesondere bedarf es zum Schutz von Organen und Vertretern ausländischer Staaten nicht des gegenüber den §§ 185 ff. StGB erhöhten Strafrahmens. Auch das Völkerrecht verpflichtet die Staaten nicht dazu, Sonderstrafnormen zugunsten von Repräsentanten aus- ländischer Staaten aufzustellen, wie sie § 103 StGB der- zeit vorsieht . Die Vorstellung, die Repräsentanten aus- ländischer Staaten benötigten einen über die §§ 185 ff. StGB hinausgehenden Schutz der Ehre, erscheint nicht mehr zeitgemäß . Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Schutzzweck des § 103 in der Wahrung des Interesses der Bundesrepublik an einem Mindestbestand funktio- nierender Beziehungen zu ausländischen Staaten besteht, so wird dieses Anliegen bereits ausreichend durch die Beleidigungsparagrafen 185, 186 und 187 StGB sicher- gestellt . Dies hat auch der Deutsche Anwaltverein in sei- ner Stellungnahme vom Januar 2017 festgestellt . § 103 StGB ist daher entbehrlich und kann aufgehoben werden . Allerdings geht uns die Abschaffung des § 103 StGB nicht weit genug . In unserem eigenen Gesetzentwurf, Bundestagsdrucksache 18/8272, fordern wir neben der Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24263 (A) (C) (B) (D) Abschaffung der Beleidigung von Organen und Vertre- tern ausländischer Staaten (§ 103 StGB) die Abschaffung weiterer sogenannter Sonderbeleidigungsdelikte . Dabei handelt es sich um die Verunglimpfung des Bundesprä- sidenten (§ 90 StGB) sowie die üble Nachrede und Ver- leumdung gegen Personen des politischen Lebens (§ 188 StGB) . Diesen Gesetzentwurf werden Sie heute leider mit den Stimmen der Großen Koalition bedauerlicher- weise ablehnen – und damit werden wieder einmal die Grenzen der Gemeinsamkeiten deutlich, die aufzeigen, dass die Große Koalition immer nur so viel macht, wie sich nicht vermeiden lässt . Politisches Gestalten sieht aber anders aus. Nur, dazu fehlt Ihnen offensichtlich so- wohl der Mut als auch der Wille . Auch die Gesetzentwürfe der Grünen und des Bun- desrates konzentrieren sich auf eine Streichung des § 103 StGB . Darüber hinaus fordern sie die sofortige Inkraft- setzung des Gesetzes am Tag seiner Verkündung, und nicht erst zum 1 . Januar 2018 . Da wir beides ebenfalls fordern, stimmen wir auch beiden Gesetzentwürfen zu . Zu den Auswirkungen des späten Inkrafttretens des Ge- setzes hat sich bereits der Deutsche Anwaltverein sehr kritisch geäußert: Es sei kein Grund ersichtlich, warum gegenwärtig für vergleichbare Fälle anfänglich noch eine Strafverfolgung nach § 103 StGB statthaft sein darf . Das Gesetz sollte daher am Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten . Diesem Standpunkt schließen wir uns vollumfänglich an . Vor diesem Hintergrund erhält aller- dings die Empfehlung der Mehrheit im Rechtsausschuss, diese beiden Gesetzentwürfe abzulehnen, einen sehr schalen Beigeschmack . Wozu dieser Umgang absoluter Arroganz der Macht der Regierungsfraktionen mit der parlamentarischen Opposition und der Länderkammer, dem Bundesrat? Eine Antwort wird uns die Große Koali- tion wahrscheinlich schuldig bleiben . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): § 103 StGB ist ein Relikt aus der Zeit, als es noch einen deutschen Kaiser gab . Die Vorschrift geht zurück auf den Tatbestand der „Majestätsbeleidigung“ . Gegen- über der Strafbestimmung für Beleidigung in § 185 StGB soll die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaup- tes oder eines Regierungsmitgliedes härter bestraft wer- den . Erforderlich sind allerdings das Strafverlangen der ausländischen Regierung und eine Strafverfolgungser- mächtigung durch die Bundesregierung . Damit wird die Strafverfolgung zu einem Politikum . Darf die Bundesre- gierung einen Unterschied mach zwischen einem guten und einem bösen Präsidenten oder Minister und für den einen die Ermächtigung verweigern und für den anderen nicht? Und sind Erdogan oder Kim Jong Un nun böse und Trump oder May nicht? Jedenfalls sind vor dem Ge- setz sind nicht mehr alle gleich . Die Anwendung von § 103 StGB, der die diplomati- schen Beziehungen zu anderen Ländern schützen soll, hat immer wieder zu diplomatischen Krisen geführt . Bereits in den 60er-Jahren sorgte der § 103 StGB als „Schah-Pa- ragraf“ für Ärger, weil sich der Schah von Persien für sich und seine Gattin Soraya darauf berief . Er fühlte sich von deutschen Studenten beleidigt . Die damalige Bun- desregierung war derart unter Druck geraten, dass der Bundesinnenminister nach Teheran reisen musste, um den Schah dazu zu bringen, von dem Strafverlangen ab- zusehen . Zu welchen erheblichen Problemen der Tatbestand insgesamt führen kann, zeigte jüngst wieder der Fall Böhmermann/Erdogan: Die Kanzlerin setzte die Straf- verfolgungsermächtigung gegen die Ablehnung der SPD-Regierungsmitglieder durch . Sie dürfte sich kaum gewundert haben, dass diese Entscheidung angesichts des EU-Türkei-Flüchtlingsdeals und ihrer voreiligen Bewer- tung des Böhmermann-Schmähgedichts als Einknicken vor den Befindlichkeiten Erdogans erschien. Politische Überlegungen, wie die „Herumeierei“ der Kanzlerin vor der Stimmungslage dieser „Majestät“, dürfen grundsätz- lich kein Maßstab der Strafverfolgung sein . Die Grünen hatten deshalb die sofortige Aufhebung dieses Paragrafen gefordert . Das Völkerrecht steht sei- ner Streichung nicht entgegen, und es gibt keinen guten Grund, warum die Beleidigung ausländischer Staatsober- häupter schwerwiegender sein soll als die von anderen Bürgerinnen und Bürgern . Unser damaliger Gesetzesan- trag steht heute auch zur Abstimmung . Offensichtlich genervt hatte die Kanzlerin damals ver- sucht, sich anschließend an die Spitze der Bewegung zu setzen, und auch die Abschaffung gefordert. Das haben wir sofort begrüßt . Allerdings hatte der Kanzlerinvor- schlag einen Schönheitsfehler . Inkrafttreten sollte die Abschaffung nicht sofort mit der Gesetzesänderung, son- dern erst viel später, am 1. Januar 2018. Offensichtlich wollte sie Erdogan nicht noch verärgern und den von diesem angestrengten Prozess erst noch weiterlaufen las- sen . Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren eingestellt . Also viel Getöse für nichts . Nun stellt die Bundesregierung ihren damals hastig nachgeschobenen Gesetzentwurf mit dem Datum des Inkrafttretens zum 1 . Januar 2018 zur Abstimmung . Sie hätte auch einfach für unseren früheren Entwurf stimmen können . Aber das tut man nicht im Deutschen Bundestag, als hätten Oppositionsanträge einen schlechten Geruch . Das von der Bundesregierung gewollte Inkrafttreten zum 1 . Januar 2018 ist unsinnig und nicht praktikabel . Das betont auch der Bundesrat in seiner einzeiligen Stellung- nahme, in der nur steht, es bestehe kein sachlicher Grund, den Wegfall der Norm hinauszuzögern . Die Große Koali- tion hält aber weiter am 1 . Januar 2018 fest . Das ist dumm und uneinsichtig . Was sollte denn ein Staatsanwalt oder ein Gericht noch tun, wenn jetzt noch eine Anzeige mit Strafverlangen von Herrn Erdogan oder einem anderen ausländischen Staatsoberhaupt eingehen? Das Verfahren müsste am 1 . Januar 2018 – sicher vor der Rechtskraft – eingestellt werden, weil das Gesetz nicht mehr da ist . Alle, Staatsanwälte, Gerichte und auch die Bundesre- gierung, die über die Ermächtigung entscheiden müss- te, hätten viel Arbeit und Lärm für nichts . Also, lassen Sie den Unsinn . Stimmen Sie ganz einfach für unseren Gesetzentwurf, dann wird alles gut . Ausländische Staats- oberhäupter können sich, wenn sie sich hier beleidigt fühlen, einreihen in die Schlange aller anderen Rechts- suchenden in Deutschland . Dann wird das Gericht ent- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724264 (A) (C) (B) (D) scheiden . So soll es sein, wenn alle vor dem Strafgesetz gleich sind . Anlage 24 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Umsetzung des Rahmen- beschlusses 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Krimina- lität (Tagesordnungspunkt 30) Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU): Mit dem vor- liegenden Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches überführen wir die europarechtlichen Vorgaben aus dem Rahmenbeschluss 2008/841/JI in das nationale Recht . In den Bereichen, in denen durch die europäischen Vorgaben Anpassungsbedarf bestand, wurden die not- wendigen Veränderungen vorgenommen . Der Rahmen- beschluss ist im Wesentlichen bereits schon durch den bestehenden § 129 StGB umgesetzt . Allerdings ist der Begriff der Vereinigung nach § 129 StGB in der Ausfor- mung, die er durch die Rechtsprechung des Bundesge- richtshofs erfahren hat, enger als die Definition der Ver- einigung in Artikel 1 des Rahmenbeschlusses . Deswegen wird eine Angleichung der Definitionen als auch der Straftaten vorgenommen, die im Zusammenhang mit der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung begangen werden . Hierdurch wird die gegenseitige Anerkennung von Urteilen und gerichtlichen Entscheidungen sowie die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit erleichtert . Der Entwurf sieht insoweit vor, den Begriff der Ver- einigung in § 129 Absatz 2 StGB-E legal zu definieren als einen auf längere Dauer angelegten, von einer Festle- gung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mit- gliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängi- gen organisierten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemein- samen Interesses. Der Begriff ist folglich durch ein per- sonelles, zeitliches, organisatorisches sowie voluntatives Element charakterisiert . Durch diese ausdrückliche ge- setzliche Festlegung, wonach es also weder einer förm- lichen Festlegung von Rollen für ihre Mitglieder noch der Kontinuität ihrer Mitgliedschaft noch einer bestimm- ten Ausprägung ihrer Struktur bedarf, unterscheidet sich die Vereinigung im Sinne des § 129 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Absatz 2 StGB-E von der Vereinigung in der Auslegung durch die derzeitige Rechtsprechung . Diese versteht unter einer Vereinigung einen auf gewisse Dauer angelegten organisatorischen Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich untereinander als einheit- licher Verband fühlen . Dies erfordert ein Mindestmaß an fester Organisation mit gegenseitiger Verpflichtung der Mitglieder sowie eine verbindlichen Gemeinschaftswil- len, der unter Einbindung der einzelnen Mitglieder nach verbindlichen Regeln entstanden sein muss . Dies lässt deutlich erkennen, dass der Begriff der Vereinigung nach § 129 StGB in der Ausformung, die er durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs er- fahren hat, enger ist. Diese restriktive Definition schließt hie rarchische Zusammenschlüsse mit bloßer Durchset- zung eines autoritären Anführerwillens mangels Gruppe- nidentität aus dem Tatbestand des § 129 StGB aus . Doch gerade bei mafiaähnlichen Strukturen, die in- tensiv die Abschottung nach innen und außen betreiben, besteht ein Problem, den von der Rechtsprechung gefor- derten gemeinsamen Täterwillen zur Begehung konkre- ter Straftaten nachzuweisen . Dies bedeutet jedoch nicht, dass die bloße lose Übereinkunft von mindestens zwei Personen genügt . Es ist ausreichend, wenn der Zusam- menschluss ein Mindestmaß längerfristiger instrumentel- ler Vorausplanung und Koordinierung sowie eine irgend- wie geartete regelhafte Willensbildung aufweist . Dies stimmt auch mit dem Rahmenbeschluss überein, welcher Zusammenschlüsse aus dem Tatbestand ausscheidet, die sich zufällig zur unmittelbaren Begehung einer Straftat bilden . Auch eine Abgrenzung zum Begriff der Bande wird hierbei gewährleistet, indem eine möglicherweise nur rudimentäre Organisationsstruktur und die Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses zu fordern sind . Im Bereich politisch motivierter Kriminalität liegt dieses übergeordnete gemeinsame Interesse in der von den Mitgliedern der Vereinigung geteilten politischen Überzeugung und der Verfolgung politischer Ziele, de- nen die Begehung der einzelnen Straftaten dient . Zur Vermeidung einer zu weit gehenden Vorfeld- strafbarkeit sieht der Entwurf vor, als Bezugstaten nur Straftaten einzubeziehen, die im Höchstmaß mindes- tens mit Freiheitsstrafe von zwei Jahren bedroht sind . Damit wird von der vom Rahmenbeschluss eröffneten Möglichkeit der Einschränkung nach der Schwere der in Aussicht genommenen Straftaten Gebrauch gemacht . Aus dem Schutzzweck der Norm, dem Verhältnismäßig- keitsgrundsatz und der Bedeutung von § 129 StGB als Katalogtat für bestimmte strafprozessuale Möglichkeiten folgt darüber hinaus, dass die von der Vereinigung ge- planten oder begangenen Straftaten eine erhebliche Ge- fahr für die öffentliche Sicherheit bedeuten und unter die- sem Gesichtspunkt von einigem Gewicht sein müssen . Weiterhin wird bei den Strafandrohungen des § 129 Absatz 1 StGB-E zwischen Gründung und Mitglied- schaft einerseits und der Werbung und der Unterstützung andererseits differenziert. Die Erweiterung des Vereini- gungsbegriffs wirkt sich auch auf § 129a StGB aus. Nach § 129 Absatz 1 Satz 2 StGB-E werden Personen, die für eine kriminelle Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer werben oder sie unterstützen, entsprechend dem Gewicht ihres Tatbeitrages mit geringerer Strafe – das heißt mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe – bedroht werden als Personen, die eine krimi- nelle Vereinigung gründen oder ihr als Mitglied angehö- ren . In § 129 Absatz 1 Satz 1 StGB-E wird die Gründung einer kriminellen Vereinigung und die Mitgliedschaft in einer solchen wie bisher mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24265 (A) (C) (B) (D) Die Erscheinungsformen der organisierten Kriminali- tät sind vielgestaltig . Neben strukturierten, hierarchisch aufgebauten Organisationsformen finden sich auf der Basis eines Systems persönlicher und geschäftlicher kri- minell nutzbarer Verbindungen Straftäterverflechtungen mit unterschiedlichem Bindungsgrad der Personen unter- einander . Organisierte Kriminalität zeigt sich nicht nur im Bereich des internationalen Rauschgifthandels und des Rauschgiftschmuggels, sondern in zahlreichen Kri- minalitätsbereichen wie Waffenhandel, Falschgeldver- breitung, Glücksspiel, Prostitution und Menschenhandel . Darüber hinaus gewinnen die Deliktfelder Cybercrime und Schleusenkriminalität immer weiter an Bedeutung . Ursache hierfür ist die zunehmende Bedeutung des Inter- nets und der digitalen Welt . Insbesondere im sogenann- ten Darknet werden kriminelle Marktplätze betrieben, in denen illegale Waren und Dienstleistungen gekauft oder verkauft werden können . Es existiert ein funktionieren- der internationaler Markt, auf dem Angriffswerkzeuge, Erkenntnisse über Schwachstellen in Betriebssystemen oder Schadsoftware eingekauft oder als Dienstleistung in Auftrag gegeben werden können . Derartige Kriminalität stellt nicht nur eine Bedrohung für den jeweils betroffenen Bürger oder des jeweils be- troffenen Rechtsguts der Allgemeinheit dar, sondern es besteht darüber hinaus die wachsende Gefahr der Unter- wanderung und Korrumpierung staatlicher und gesell- schaftlicher Institutionen . Folglich ist rechtspolitisches Ziel die Schaffung einer gesetzlichen Maßnahme, welche die organisierte Kriminalität besser bekämpfen kann – auch in der digitalen Welt . Dieser Gesetzentwurf stellt folglich ein probates Mit- tel dar, die Auslegung des § 129 StGB an dem wirklich- keitsnahen Bild hierarchisch strukturierter Organisatio- nen zu orientieren . Der Rahmenbeschluss wird folglich effektiv in das nationale Recht umgesetzt. Dabei wird ein guter Ausgleich zwischen den europäischen Verpflich- tungen einerseits und nationalen Anforderungen des Strafrechts andererseits geschaffen. Für uns als Union ist die innere Sicherheit von über- ragender Bedeutung, weswegen wir bis zum letzten Tag der Legislaturperiode alles tun, um unsere Bürgerinnen und Bürger noch besser zu schützen . Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU): Mit der heutigen De- batte bringen wir das Gesetzesvorhaben zur Strafbarkeit der Bildung krimineller und terroristischer Vereinigun- gen zum Abschluss . Mit der Umsetzung des Rahmenbe- schlusses des Rates der Europäischen Union werden die europarechtlichen Vorgaben im nationalen Recht nach- vollzogen und eine Verbesserung bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität eintreten . Die Bildung einer kriminellen Vereinigung ist nach dem deutschen Strafrecht strafbar, für terroristische Ver- einigungen im In- und Ausland werden Freiheitsstrafen von mindestens einem Jahr angedroht . Das Strafbedürf- nis erfolgt bereits aus der Tatsache, dass kriminelle Or- ganisationsformen schon selbstständig eine Bedrohung für die kollektiven Rechtsgüter unserer Gemeinschaft darstellen, auch wenn durch solche Vereinigungen In- dividualrechtsgüter noch nicht direkt betroffen sind. In jedem Falle bedrohen kriminelle und terroristische Or- ganisationsformen sowohl die öffentliche Sicherheit als auch die staatliche Ordnung . Das Strafrecht gibt hierauf eine Antwort und sieht Maßnahmen vor, insbesondere vor dem Hintergrund der latenten Bedrohung durch den internationalen Terrorismus . Durch den Rahmenbeschluss des Rates der Europäi- schen Union vom 24 . Oktober 2008 und die dort getrof- fene Definition der kriminellen Vereinigung gab es aller- dings noch gesetzgeberischen Handlungsbedarf . Leider war es der Rechtsprechung in der Vergangen- heit nicht möglich, eine Auslegung des Vereinigungsbe- griffs, die mit dem Europarecht konform ist, zu schaffen. Dies scheiterte nicht am Wortlaut der Strafvorschrift, sondern vielmehr am fehlenden Willen der Rechtspre- chung, die neuen Rahmenbedingungen europarechtskon- form auszulegen, was durchaus zu bedauern ist . Aus diesem Grund war der Gesetzgeber zum Handeln aufgerufen . Der vorliegende Gesetzentwurf genügt nun den europarechtlichen Anforderungen hinsichtlich der Legaldefinition der kriminellen Vereinigung: Die Grup- penidentität, die bisher für den Tatbestand erforderlich war, wurde – trotz vielfacher Kritik – aufgegeben . Bisher mussten sich die Mitglieder als einheitlicher Verband de- finieren. Mit der Neuanpassung treten nun die Organisa- tionsstruktur, die Vorausplanung und die Koordinierung in den Vordergrund der Strafbarkeit . Zusätzlich bringt die Neuregelung mit sich, dass Zusammenschlüsse unter einem autoritären Anführerwillen als kriminelle Vereini- gungen definiert werden. Der Gesetzentwurf ist ein wichtiger Beitrag zu mehr Rechtssicherheit . Er ermöglicht eine verbindliche Ausle- gungsregel für die Justiz und stellt durch die Umsetzung europarechtlicher Vorgaben eine Angleichung der Straf- vorschriften her . Dies ist besonders wichtig, da hierdurch in jedem Staat der Europäischen Union die Bildung ei- ner kriminellen oder terroristischen Vereinigung mit den gleichen Strafen geahndet wird, was die europaweite Sicherheit erhöht und die Rechtsprechung harmonisiert . Neben den positiven Folgen, die, wie angesprochen, nicht nur der deutschen, sondern der EU-weiten Recht- sprechung dienlich sind, enthält der Gesetzentwurf einen kritischen Punkt, den die Union gerne gestrichen gesehen hätte . Künftig wird der Strafrahmen für die Werbung und Unterstützung der kriminellen Vereinigung auf Freiheits- strafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe abgesenkt . Ziel des Gesetzentwurfs kann es nicht sein, Straftätern künf- tig einen Rabatt für die Werbung und Unterstützung von kriminellen Vereinigungen zu geben . Die Union setzt sich für eine effektive Bekämpfung der Kriminalität ein. Die Absenkung von Strafrahmen im Bereich der orga- nisierten Kriminalität ist nicht unser Anliegen und setzt ein falsches Zeichen . Wir hätten eine Änderung im parla- mentarischen Gesetzgebungsverfahren sehr begrüßt . Insgesamt ist jedoch zu sagen, dass mit dem Gesetz- esentwurf nicht nur dem Rahmenbeschluss der Europä- ischen Union Genüge getan wurde, sondern es konnten Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724266 (A) (C) (B) (D) auch weitere wichtige Maßnahmen für die deutsche Rechtsprechung durch den Gesetzgeber getroffen wer- den . Das Gesetz ist somit als Erfolg im Kampf gegen das organisierte Verbrechen zu werten . Bettina Bähr-Losse (SPD): Wir müssen die organi- sierte Kriminalität mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpfen . Mit dem Gesetzentwurf, den wir heute hier beschlie- ßen, wollen wir die Strafvorschrift des § 129 Strafgesetz- buch, den Straftatbestand der Bildung krimineller Verei- nigungen, an die Vorgaben des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union vom 24 . Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität anpassen . § 129 StGB stellte bislang die Gründung, Mitglied- schaft, Mitgliederwerbung und Unterstützung einer kri- minellen Vereinigung unter Strafe . Es handelt sich hier um eine Strafbarkeit im Vorfeld des Versuchs, eine soge- nannte Vorfeldstrafbarkeit. Grund für die Schaffung der Strafnorm war, dass man den Mitgliedern einer krimi- nellen Vereinigung häufig nicht die Begehung konkreter Taten beweisen kann . Der Rahmenbeschluss vom 24 . Oktober 2008 des Ra- tes zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität wurde also bereits fast vollständig durch § 129 StGB umgesetzt . Was der § 129 StGB aber in der bisherigen Form noch nicht möglich macht, ist die Verurteilung mafiaähnlicher Organisationen . Bisher unterfallen hierarchisch organi- sierte Gruppen, deren Mitglieder sich einem autoritären Führungswillen unterwerfen, mangels „Gruppenidenti- tät“ nicht dem Tatbestand . Auf die Lücke in der Umsetzung des EU-Rahmen- beschlusses machte ein vom Bundesgerichtshof ent- schiedener Fall aufmerksam, den ich Ihnen kurz veran- schaulichen möchte: Im März 2006 gründete sich eine rechtsnationalistische Kameradschaft . Auf einer Grün- dungsversammlung mit 30 bis 50 anwesenden Perso- nen einigte man sich auf den Namen „Kameradschaft Sturm 34“ . Der Vorschlag, eine förmliche Mitgliederliste anzulegen, wurde nicht umgesetzt, weil man eine solche Liste im Falle polizeilicher Ermittlungen für nachteilig hielt . Nach Gründung der „Kameradschaft Sturm 34“ kam es bei mehreren Gelegenheiten zu von Kamerad- schaftsmitgliedern initiierten Schlägereien, bei denen zahlreiche Personen – teilweise erheblich – verletzt wur- den . Im Revisionsverfahren gegen das erstinstanzliche Ur- teil des LG Dresden, das die Voraussetzungen für eine kriminelle „Vereinigung“ nicht gegeben sah, setzte sich der 3 . Strafsenat des BGH mit der Frage auseinander, ob die „Kameradschaft Sturm 34“ als kriminelle Vereini- gung im Sinne des § 129 StGB einzustufen und die An- geklagten wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung hieran zu verurteilen seien . Der 3 . Strafsenat des BGH lehnte es aus grundsätzlichen Erwägungen heraus ab, den Verei- nigungsbegriff ohne entsprechende gesetzliche Regelung weiter als bisher zu interpretieren und forderte eine Re- gelung durch den Gesetzgeber . Dieser Forderung kom- men wir nun nach . Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht nun vor, ins Strafgesetzbuch eine Legaldefinition des Verei- nigungsbegriffs aufzunehmen, die sich eng an den euro- päischen Vorgaben orientiert . Vorgesehen sind erstens eine Absenkung der Anforde- rung an Organisationsstruktur und Willensbildung, also eine Erweiterung des Vereinsbegriffes wie folgt: „ein auf … Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Ver- folgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses .“ Zweitens ist eine Anwendung nur bei Straftaten vorge- sehen, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind . An dieser Stelle erfolgt das Korrek- tiv auf der Ebene der Straftaten, weil wegen der Absen- kung der Anforderung an die Organisationsstruktur mit einer erheblichen Ausweitung des Anwendungsbereichs zu rechnen ist, wir aber nicht jede beliebige Straftat ein- bezogen sehen wollen . Drittens ist eine Unterscheidung bei der Strafandro- hung vorgesehen: Im nun vorliegenden Gesetz wird bei der Strafandrohung zwischen Gründung/Mitgliedschaft und Werbung/Unterstützung unterschieden . Gründung und Mitgliedschaft werden dabei, wie bisher, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet . Werbung und Unterstützung werden hingegen nun noch mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe geahndet . Bisher konnte die Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre betragen . Zwischenzeitlich kam vonseiten unseres Koalitions- partners die Diskussion eines einheitlichen Strafrahmens mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren für Gründung, Mitgliedschaft, Mitgliederwerbung und Unterstützung auf . Die Begründung war, dass für einen aktiven Unter- stützer der gleiche Strafrahmen gelten sollte wie für ein passives Mitglied . Die zwischenzeitlich von der Union vorgetragene Begründung trägt nach Auffassung der SPD Bundes- tagsfraktion nicht . Das „passive Mitglied“ gibt es straf- rechtlich gar nicht . Es handelt sich bei der kriminellen Vereinigung ja nicht um einen eingetragenen Verein, dessen Mitgliedschaft man durch förmliche Beitrittser- klärung erwirbt und danach in Passivität verharrt . Die Beteiligung als Mitglied setzt im Gegenteil voraus, dass der Betreffende sich unter Eingliederung in die Organisa- tion deren Willen unterordnet und eine Tätigkeit zur För- derung der kriminellen Ziele der Organisation entfaltet . Auszugehen ist vom typischen Gründer und typischen Unterstützer . Veranschaulicht am Beispiel einer terro- ristischen Vereinigung: Es war strafrechtlich anders zu bewerten, dass Andreas Baader die RAF gegründet hat, als dass jemand Andreas Baader bei sich hat übernach- ten lassen . Die kriminelle Energie ist bei Gründung/ Mitgliedschaft höher als bei Mitgliederwerbung/Unter- stützung . Die Tathandlungen sind von unterschiedlichem Unrechtsgehalt . Der aktiven Unterstützung kann der Strafrichter dadurch Rechnung tragen, dass sich der kon- krete Strafausspruch am oberen Rand des Strafrahmens bewegt . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24267 (A) (C) (B) (D) Die SPD-Fraktion hat sich an dieser Stelle mit der Unterscheidung zwischen Gründung/Mitgliedschaft und Mitgliederwerbung/Unterstützung in § 129 StGB mit un- terschiedlichen Strafrahmen durchgesetzt . Es ist richtig und wichtig, unsere Gesetze regelmä- ßig zu überdenken, zu überprüfen und, wenn nötig, auch Strafrahmenverschärfungen vorzunehmen . Der Annah- me, dass durch pauschalisierende Verschärfungen unse- rer Gesetze ein Mehr an Sicherheit erreicht wird, wider- spreche ich jedoch ausdrücklich . Auch wenn die Änderungen an den §§ 129 ff. Straf- gesetzbuch überschaubar sind, so wird insbesondere die Erweiterung des Vereinigungsbegriffs dazu führen, dass Erscheinungsformen aus dem Bereich der organisierten Kriminalität zukünftig strafrechtlich besser erfasst wer- den können . Ich bitte daher, diesen Gesetzentwurf der Bundesregierung zu unterstützen . Ulla Jelpke (DIE LINKE): Mit dem vorliegenden Ge- setzentwurf soll einem Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Union vom Jahr 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität nachgekommen werden . Da- für soll der bestehende § 129 Strafgesetzbuch über die Bildung einer kriminellen Vereinigung angepasst wer- den . Schon der Name des § 129 ist eine Mogelpackung . Denn es handelt sich mitnichten um einen Paragrafen zur Bekämpfung krimineller Vereinigungen wie der Mafia. Vielmehr haben wir es in erster Linie mit einem Verfol- gungsinstrument gegen eine radikale politische Oppo- sition zu tun, das den Ermittlungsbehörden zahlreiche Sondervollmachten im Bereich Telekommunikations- überwachung, Verwanzung von Wohnungen und dem Einsatz verdeckter Ermittler einräumt . Von 1871 bis 1945 richtete sich der § 129 StGB noch gegen eine „staatsfeindliche Verbindung“ – die politische Stoßrichtung wurde schon im Namen deutlich . Verfolgt wurden damit unter Bismarck die Sozialdemokratie und nach dem Ersten Weltkrieg die KPD . In den 1950er-Jah- ren sahen sich die erst wenige Jahre zuvor aus den KZs der Nazidiktatur freigekommenen Kommunisten in der Bundesrepublik wieder mit dem § 129 konfrontiert . Doch diesmal wurde ihnen durch die Neubenennung des Para- grafen nicht einmal mehr ein politisches Ziel zugebilligt, vielmehr wurden sie kurzerhand zu Kriminellen erklärt . Aktuelle Zahlen liegen leider keine vor . Aber für die Zeitspanne von 1990 bis 2008 hatte ich einmal eine Kleine Anfrage gestellt . Und siehe da: Kein einziges der während dieser 18 Jahre geführten insgesamt 108 Ermitt- lungsverfahren nach § 129 StGB richtete sich gegen die organisierte Kriminalität . Dagegen wurde allein 100 Ver- fahren gegen die kurdische PKK geführt . Der Grund da- für ist der bislang geltende Vereinigungsbegriff, der einen Gruppenwillen, voraussetzte, dem sich die Handlungen des einzelnen Mitgliedes unterordnen . So funktionieren zwar manche politische Vereinigungen . Doch kriminelle Zusammenschlüsse sind in der Regel anders strukturiert . Sie werden von einem autoritären Boss oder Paten ge- führt und haben kein übergeordnetes Ziel – von der Raff- gier der Beteiligten einmal abgesehen . Mit der nun zur Abstimmung stehenden Änderung des § 129 sollen Gruppierungen unabhängig von ihrer Organisationsstruktur erfasst werden . Damit ließe sich dieser Paragraf zwar tatsächlich auch gegen die meisten Vereinigungen der organisierten Kriminalität anwenden . Doch weiterhin bleibt die rechtliche Problematik beste- hen, dass mit diesem Paragrafen nicht konkrete Straf- taten kriminalisiert werden, sondern bereits die bloße Mitgliedschaft in einer Vereinigung zur vermeintlichen Begehung von Straftaten . Schon der bloße Zusammen- schluss ist strafbar, auch wenn noch niemand durch eine konkrete Tat geschädigt wurde . Wir haben es hier also mit einer regelrechten Gesinnungsjustiz zu tun . Und die- se Vorfeldstrafbarkeit lange vor der eigentlichen Tat wird nun auch noch auf alle möglichen nicht hierarchischen Gruppierungen ausgeweitet . Eine solche Gummiverordnung öffnet der Justizwill- kür bei der Verfolgung und Ausforschung unliebsamer Oppositionsmilieus – von Atomkraftgegnern bis zu Globalisierungskritikern – Tür und Tor . Dies ist umso mehr zu befürchten, als sich die Bundesregierung der vom EU-Rahmenbeschluss vorgegebenen Eingrenzung des Begriffs der kriminellen Vereinigung auf einen Zu- sammenschluss mit dem Ziel, „sich unmittelbar oder mittelbar einen finanziellen oder sonstigen Vorteil zu verschaffen“, verweigert. Denn durch eine solche Ein- schränkung – und das wird in der Gesetzesbegründung offen eingestanden – würden die Möglichkeiten der Wohnraumüberwachung bei anderen bislang unter den § 129 Strafgesetzbuch fallenden Straftaten weggefallen . Umgekehrt müssten bei Übernahme der Definition aus dem Rahmenbeschluss auch auf Steuerhinterziehung und Geldwäsche angelegte Finanzinstitute nach § 129 ange- klagt werden – oder Manager von Automobilkonzernen, die sich zu dem betrügerischen Zweck zusammenge- schlossen haben, Hunderttausende fälschlich als abgas- arm deklarierte Autos unter das Volk zu bringen . Im Klartext: Die Bundesregierung will einerseits die White Collar Hooligans in den Chefetagen schonen und andererseits ihren Schnüffelparagrafen mit seinen zahl- reichen Sondervollmachten nicht aus der Hand geben . Die Linke würde es sehr begrüßen, wenn tatsächlich gegen die organisierte Kriminalität vorgegangen würde . Schon jetzt gibt es dafür eine ausreichende gesetzliche Grundlage . Doch allzu oft fehlt der nötige Wille, insbe- sondere bei der Verfolgung auch der Kriminellen in Na- delstreifen . Einer Ausweitung des § 129 und damit auch seines großen Bruders, des berüchtigten 129a gegen terroristi- sche Vereinigungen, kann die Linke aber nicht zustim- men. Wir fordern vielmehr die Abschaffung dieser Ge- sinnungs- und Ausforschungsparagrafen . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Der Rahmenbeschluss 2008/841/JI des Rates vom 24 . Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kri- minalität entspricht bei uns heute schon der Gesetzesla- ge. Lediglich der Begriff der Vereinigung in § 129 StGB soll etwas weiter gefasst und eine Legaldefinition dieses Begriffs aufgenommen werden. Darüber hinaus unter- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724268 (A) (C) (B) (D) scheidet der Gesetzentwurf bei den Strafandrohungen des § 129 StGB zwischen der Gründung und der Mitglied- schaft mit Freiheitsstrafen bis zu 5 Jahren einerseits und der Unterstützung bzw . Werbung um Unterstützer und Mitglieder andererseits bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe . Das bedeutet, dass nun abgestufte Strafdrohungen für die Gründung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Ver- einigung einerseits und die Unterstützung und Werbung für eine solche andererseits gelten . Dieser Vorschlag ist besser als das geltende Recht . Der Bundesrat hat ebenfalls keine Einwände gegen dieses Umsetzungsgesetz. Er empfiehlt lediglich zur bes- seren Verständlichkeit der Legaldefinition des Begriffs „Vereinigung“ in § 129 Absatz 2 StGB-E, die Regelung in zwei Sätze aufzuteilen . Im ersten Satz sollen die grund- legenden Erfordernisse einer Vereinigung bestimmt und im zweiten Satz dann die Umstände gelistet werden, die der Annahme einer Vereinigung nicht entgegenstehen . Der Vorschlag trägt zur besseren Verständlichkeit bei . Die Vorschrift des § 129 StGB „Bildung einer krimi- nellen Vereinigung“ ist und bleibt problematisch . Es be- steht die Gefahr, dass er politisch instrumentalisiert wird . So wurden Teilnehmer der Kundgebung gegen den Na- ziaufmarsch in Dresden im Februar 2010 aufgrund die- ser Vorschrift verfolgt . Bereits im Vorfeld der Gegende- monstrationen hatte die sächsische Polizei verlangt, die Internetadresse für die bundesweiten Proteste gegen den Naziaufmarsch abzuschalten . Außerdem ließ die sächsi- sche Polizei und Justiz Aufrufplakate der Gegendemons- tranten beschlagnahmen . Mit Sitzblockaden verhinderten dann am 13 . Februar 2010 Zehntausende den Aufmarsch der Neonazis . Im Frühjahr 2010 wurde daraufhin ein Er- mittlungsverfahren gegen unbekannt wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung eingeleitet . § 129 StGB eröffnet den Ermittlungsbehörden eine Vielzahl von weitreichenden Ermittlungsbefugnissen, zum Beispiel Telekommunikationsüberwachung, Ob- servationen, den Einsatz verdeckter Ermittler usw . Da- für braucht es dann keine weitere verwirklichte Straftat, der Vereinigungstatverdacht reicht aus . Schon deshalb ist Vorsicht und Zurückhaltung geboten, wenn es um Ände- rungen und Neuformulierung des § 129 StGB geht – der insbesondere in Sachsen in den letzten Jahren häufig als „Allzweckwaffe“ von Teilen der Justiz gegen unliebsame linke Strukturen missbraucht wurde . In den 70er-Jahren wurde die Anwendung der Straf- vorschrift heftig kritisiert, weil sie immer in Ermitt- lungsverfahren eingesetzt wurde, um strafprozessuale Zwangsmaßnahmen durchzuführen von Durchsuchun- gen über Telefonüberwachung bis hin zu langjähriger Untersuchungshaft, ohne dass es dann später zu einer Anklage oder Verurteilung nach dieser Vorschrift kam . Wenn überhaupt angeklagt und verurteilt wurde, dann nach ganz anderen Strafvorschriften . Das ist nicht neu . § 129 StGB geht über das Preußi- sche Strafgesetzbuch bis ins Reichsstrafgesetzbuch zu- rück und war Mittel zur Verfolgung liberaler und demo- kratischer Tendenzen . Er war Teil der Prozesse gegen bekannte Vertreter der Deutschen Arbeiterbewegung wie August Bebel und befeuerte die Verfolgung der Sozial- demokratie und später anderer Vereinigungen . Auch das 20 . Jahrhundert überdauerte der § 129 StGB und wur- de durch Änderungen immer wieder dem aktuellen po- litisch-gesellschaftlichen Umständen angeglichen und erweitert . Ob und wie sich die vorgelegten Änderungen in der Praxis der Rechtsprechung merklich auswirken, bleibt abzuwarten. Mehr Klarheit bringt die Legaldefinition je- denfalls . Das Grundproblem der §§ 129 f . StGB, immer wieder auch als politische Norm missbraucht zu werden, bleibt trotzdem weiter bestehen und mahnt zur Wachsam- keit . Wichtig scheint mir, dass das allgemeine Werben für eine kriminelle Vereinigung, entgegen mancher Forde- rung in der Öffentlichkeit, nicht in die Neuformulierung der Strafvorschrift § 129 StGB aufgenommen wurde . Anlage 25 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften (Tagesord- nungspunkt 31) Daniela Ludwig (CDU/CSU): Die Reisebranche in Deutschland steht – wie jede andere Branche auch – in einem harten Wettbewerb . Insbesondere neue Vertriebs- wege wie der Onlinehandel und eine sich stetig weiter- entwickelnde Angebotspalette erfordern eine regelmäßi- ge Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen, um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten . Dies gilt im deutschen Binnenmarkt ebenso wie für den grenzüber- schreitenden Reisevertrieb . Die EU hat mit der Überarbeitung der Pauschalrei- serichtlinie einen Vorschlag vorgelegt, um einheitliche Mindeststandards festzulegen . Das führt, wie die De- batten in den vergangenen Monaten gezeigt haben, zu der einen oder anderen Herausforderung, der wir uns in der Umsetzung gestellt haben . Ein Problem für den deutschen Markt war ganz unbestritten die besondere Struktur, die wir im Vergleich zu anderen Ländern haben . Unser Markt ist geprägt von mittelständischen, meist fa- miliengeführten Reisebüros . Der übrige europäische Reisemarkt kennt diese Struk- tur so nicht und ist mehrheitlich vom Direktvertrieb durch die Reiseveranstalter geprägt . An der in Europa vorherr- schenden Struktur hat sich die Richtlinie orientiert . Den Unmut, den dies in Deutschland mit sich gebracht hat, kann ich durchaus nachvollziehen, er war größtenteils auch berechtigt . In der Umsetzung haben wir uns bemüht, deutsche Besonderheiten zu berücksichtigen und die Richtlinie für die Praxis anwendbar zu gestalten . Unter anderem war es erforderlich, die Definition der Pauschalreise klarer zu formulieren und zu verdeutlichen, dass beispielsweise nicht jede beliebige Kombination von Leistungen auch gleich eine Pauschalreise darstellt und damit die umfang- reichen Beratungs- und Haftungsregeln gelten . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24269 (A) (C) (B) (D) Darüber hinaus wurde bei den unselbstständigen Rei- seleistungen klargestellt, dass die Kombination einer Reiseleistung mit einer anderen Reiseleistung dann keine Pauschalreise darstellt, wenn eine der beiden Leistungen „wesensmäßig Bestandteil“ der anderen ist . Diese Ände- rungen reduzieren bereits den Anwendungsbereich der Richtlinie für eine Vielzahl von Verträgen . Die Reisebüros in unserem Land leisten eine qualita- tiv hochwertige Arbeit . Sie sind Ansprechpartner für die Reisenden und beispielhaft für eine gute und zuverläs- sige Dienstleistungskultur . Diese gilt es zu erhalten und auch unter veränderten Rahmenbedingungen bekannte und bewährte Abläufe beizubehalten . Daher war ein ganz entscheidender Punkt der Bezahlvorgang im Reisebüro . Laut Richtlinienentwurf sollte bei der Vermittlung ver- bundener Reiseleistungen, beispielsweise der Buchung von Flug, Hotel und Mietwagen, jede einzelne Leistung separat gebucht, separat abgerechnet und separat bezahlt werden . Dieses Vorgehen wäre weder dem Kunden noch dem Reisebüro vermittelbar gewesen . Daher haben wir diese Passage im Umsetzungsgesetz geändert . Die be- währte Praxis der Gesamtabrechnung bleibt damit erhal- ten . Zu erheblichen Diskussionen hat die Möglichkeit der einseitigen Preisanhebung um 8 Prozent durch den Ver- anstalter vor Beginn der Reise geführt . Bisher war le- diglich eine Preisanhebung um 5 Prozent möglich . Der Preis der Pauschalreise darf erhöht werden, wenn sich bestimmte Kosten (zum Beispiel Treibstoffpreise) erhö- hen und wenn dies im Vertrag ausdrücklich vorgesehen ist . Erst wenn die Preiserhöhung 8 Prozent des Pauschal- reisepreises übersteigt, kann der Reisende vom Vertrag zurücktreten . Wenn sich ein Reiseveranstalter das Recht auf eine Preiserhöhung vorbehält, hat der Reisende aber auch das Recht auf eine Preissenkung, wenn die entspre- chenden Kosten sich verringern . Diese Möglichkeit der Preisanhebung war in Europa sehr unterschiedlich gere- gelt . Die jetzt angedachten 8 Prozent gelten damit euro- paweit einheitlich . Nicht in den Anwendungsbereich des Umsetzungsge- setzes fallen Reiseeinzelleistungen wie die Vermietung von Ferienhäusern . Die Richtlinie sieht dies auch nicht vor . Die Einbeziehung von Reiseeinzelleistungen stünde der angestrebten Rechtsvereinheitlichung entgegen und könnte im internationalen Wettbewerb zu Nachteilen für die deutschen Unternehmer führen . Um die deutsche Rei- sebranche nicht zu benachteiligen, wurde entschieden, Reiseeinzelleistungen nicht in das Umsetzungsgesetz aufzunehmen . Für Reisende entsteht jedoch kein rechts- freier Raum . Auch künftig werden bei Buchung eines Fe- rienhauses Verträge zwischen den jeweiligen Anbietern und den Kunden bestehen, sodass im Fall von Mängeln Gewährleistungsrechte geltend gemacht werden können . In der EU-Richtlinie ebenfalls nicht vorgesehen ist die Einbeziehung von Tagesreisen, aus unserer Sicht auch zu Recht. Tagesreisen haben vorwiegend einen Ausflugscha- rakter und sind nicht zwingend mit einer wesentlichen Ortsveränderung verbunden . Es besteht für diese daher nicht die mit einer Pauschalreise vergleichbare Schutz- bedürftigkeit der Reisenden . Aus diesem Grund wurden nur Tagesreisen ab einem Wert von 500 Euro dem Schutz des Gesetzes unterstellt, weil in dieser Größenordnung auch eine Gleichwertigkeit mit anderen Reiseprodukten, die unter die Richtlinie fallen, gegeben ist . Fragen des Verbraucherschutzes haben einen breiten Raum in der Debatte eingenommen . Es gibt unbestritten gute Argumente, einen umfassenderen Verbraucherschutz festzuschreiben . Auf der anderen Seite würde dies aber auch ein Mehr an Beratungs- und Informationspflichten mit sich bringen . Unter Abwägung aller Interessen haben wir uns für den jetzt gefundenen Weg entschieden und nicht einseitig nur die Interessen der Reisebranche oder nur die Interessen der Verbraucher berücksichtigt . Auf die Reisebüros selbst kommen unbestritten neue Beratungs- und Dokumentationspflichten zu. Je nachdem welches Produkt der Reisende kauft, gelten produktbezo- gene Informationspflichten. Hinzu kommen Schulungs- kosten für Mitarbeiter . Der Umstellungsaufwand im Hinblick auf die neuen Formulare und die notwendige Anpassung von Onlineangeboten ist ebenfalls zu beach- ten . Allerdings hat das Reisebüro so auch die Möglich- keit, im Streitfall nachzuweisen, dass der Kunde umfas- send über seine Rechte informiert worden ist . Insgesamt bedeutet dies ein Mehr an Rechtssicherheit . Bei aller berechtigten Kritik an der Richtlinie gibt es einen entscheidenden Vorteil . Es gelten innerhalb der Europäischen Union die gleichen Regeln für stationäre Anbieter wie für Onlineanbieter . Mit der jetzt erfolgten Umsetzung wird allen Betroffenen ausreichend Zeit ge- ben, sich rechtzeitig auf die geänderten Bedingungen ab dem kommenden Jahr einzustellen, und wir werden genau beobachten, welche Veränderungen mit der neuen gesetzlichen Regelung einhergehen und diese in die dann ebenfalls anstehende Evaluierung einbringen . Kathrin Rösel (CDU/CSU): Wir Deutschen sind ein reisefreudiges Volk . Die Lust am Verreisen ist nicht nur ungebrochen, sondern steigt immer mehr . Gern buchen wir diese Reisen zunehmend im Internet . Das ist bequem, geht schnell und ist, wenn ich keinen Wert auf eine um- fassende und qualifizierte Beratung lege, ein guter Weg. Dieser Markt nimmt rasant zu, und es ist richtig, wenn hier durch neue rechtliche Regelungen die Nutzer besser geschützt werden . Aber es geht eben auch anders . Gerade mein Wahlkreis in der wunderschönen Lüneburger Heide profitiert von dem neuen Trend, sich nicht in ein Flugzeug zu setzen, sondern den Urlaub hier in Deutschland zu verbringen . Daneben werden auch die Auslandsreisen zunehmend individuell geplant und aus einzelnen Bausteinen zusam- mengesetzt . Bei der Planung dieser Urlaubsformen wird dann nicht das Internet zurate gezogen, sondern man ver- traut da gern der Kompetenz der Reisebüros oder greift auf die Dienstleistungen der Tourismusinformationsbü- ros zurück . Die Strukturen hier in Deutschland sind – was die Existenz von unabhängigen mittelständischen Reisebü- ros betrifft – anders als in den anderen Staaten der Euro- päischen Union . Daher sind die Verhandlungen über die Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie nicht ganz einfach gewesen . Zum einen sind unsere individuellen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724270 (A) (C) (B) (D) Gegebenheiten in der Struktur der Reiseanbieter und -vermittler nicht ausreichend berücksichtigt und zum an- deren haben wir wegen der Vollharmonisierung in dieser Richtlinie keinen bzw . nur sehr begrenzten Spielraum, unsere Interessen in der Umsetzung zu verankern . Der Union waren bei der Gesetzesformulierung zwei Dinge wichtig: Zum einen wollten wir die Existenz un- serer 10 000 mittelständischen Reisebüros und die damit verbundenen Arbeitsplätze nicht aufs Spiel setzen, und zum anderen war uns wichtig, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher weiterhin bestmöglich geschützt sind . Darüber hinaus schätze ich als Abgeordnete eines Wahl- kreises, in dem der Tourismus eine bedeutende Rolle spielt, die Arbeit der regionalen Tourismusinformationen sehr . Auch deren Existenzsicherung ist mir wichtig . An dem ursprünglichen Gesetzentwurf gab es drei we- sentliche Kritikpunkte: Erstens . Wenn ein kleines Reisebüro einem Kunden eine Reise aus verschiedenen Bausteinen individuell zu- sammenstellt, sollte der Kunde jeden dieser Bausteine separat bezahlen, wenn der Vermittler nicht in die Ge- samthaftung geraten möchte . Da muss man kein Experte sein, um die Unsinnigkeit dieser Regelung zu erkennen . Wir haben erreicht, dass wie bisher ein einheitlicher Be- zahlvorgang möglich ist, wenn nachher auf der Gesamt- rechnung die Bausteine einzeln aufgeführt sind . Zweitens . Ursprünglich sollte der bewährte Siche- rungsschein abgeschafft werden. Er ist im vorliegenden Gesetz wieder enthalten . Drittens . Es ist nun auch klar formuliert, wo die Gren- ze zwischen Vermittlung und In-Kontakt-Bringen liegt . Ein Tourismusbüro kann also weiterhin einem Kunden sagen, wo noch freie Hotelkapazitäten sind, ohne gleich in eine Haftung für die Hotelleistungen zu geraten . Wie wichtig das ist, haben mir die Gespräche mit Tourismus- büros gezeigt . Über diese Punkte hinaus war es uns wichtig, dass wir die Pauschalreiserichtlinie nicht noch verschärfen . Insbe- sondere die Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen woll- ten noch Regelungen in der Richtlinie verankert wissen, die die Reisebüros mit noch mehr Vorschriften belastet hätten . Lassen Sie mich dazu sagen, dass Urlauber, die ein Ferienhaus mieten oder einen Tagesausflug mit dem Bus unternehmen wollen, sich nicht in einem rechtsfrei- en Raum bewegen . Auch hier gibt es verbindliche Verträ- ge . Wozu dann bitte noch zusätzliche Regelungen? Viele Reisebüros sagen nun, dass die neuen reiserecht- lichen Regelungen zu wenig die deutschen Strukturen be- rücksichtigen . Aber: Wir als Union haben dafür gesorgt, dass wesentliche Vorschriften entschärft wurden . Reise- büros können diese Regelungen sinnvoll anwenden, und auch Verbraucher sind weiterhin geschützt . Wir haben damit das Maximum im Rahmen der vorgeschriebenen Vollharmonisierung herausgeholt . Daher bitte ich um Zustimmung zu diesem Gesetz . Sabine Dittmar (SPD): Bedenkt man den geringen Spielraum, den eine Vollharmonisierung einer EU-Richt- linie mit sich bringt, waren unsere Verhandlungen zur Pauschalreiserichtlinie doch umfangreich und langwie- rig . Bis wir nun zur heutigen zweiten und dritten Lesung gelangen konnten, haben wir diesen Spielraum ausführ- lich ausgelotet . Trotz einiger notwendiger Kompromisse, die eine Ko- alition mit sich bringt, ist es uns gelungen, die Richtlinie so umzusetzen, dass es künftig mehr Verbraucherschutz für Reisende und faire und europaweit einheitliche Wett- bewerbsbedingungen im Reisemarkt zwischen Onlinean- bietern und Reisebüros geben wird . Erinnern wir uns an die anfängliche Verunsicherung und die Kritik der Reisebranche, als es daran ging, die Umsetzung einzuleiten . Verunsicherung und Kritik wa- ren durchaus sehr gut nachvollziehbar, denn die gewach- sene Struktur unserer deutschen Reisebürolandschaft wurde viel zu wenig berücksichtigt . Es fehlte zuallererst eine eindeutige Definition des Pauschalreisebegriffs, und kleine und mittelständische Reisebürobetreiber befürch- teten zu Recht, dass sie künftig keine einzelnen Rei- seleistungen mehr vermitteln könnten, ohne automatisch oder versehentlich in die Veranstalterhaftung mit allen rechtlichen Konsequenzen zu geraten . Hier konnte für Abhilfe gesorgt werden, auch wenn es einen gewissen Mehraufwand für Reisebüros bedeutet . Für Herrn Staudinger, den Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Reiserecht, hält sich der künftige finan- zielle und bürokratische Aufwand der Reisebüros aber in Grenzen. Er sieht in den Informationspflichten und For- mularen auch die Absicherung für die Reisebüros, ein- fach den Nachweis führen zu können, dass dem Kunden die rechtlichen Konsequenzen genau aufgezeigt wurden . Ein bürokratischer Mehraufwand für Vertrieb und Kunden, den wir hingegen auf keinen Fall so akzeptie- ren konnten, war die ursprünglich vorgesehene Regelung der Bezahlung . Jede einzeln gebuchte Reiseleistung hätte demnach auch einzeln bezahlt werden müssen . Andern- falls hätte man als Reisebüro eine Pauschalreise mit ent- sprechender Veranstalterhaftung verkauft . Hier wurde auf Betreiben der SPD-Fraktion das Ministerium noch- mals in Brüssel aktiv – und zwar erfolgreich . Allein das gemeinsame Bezahlen einzeln gebuchter Reiseleistun- gen begründet künftig noch keine Pauschalreise . Hier eine Lösung zu finden, war uns wirklich beson- ders wichtig; denn natürlich schätzen und unterstützen wir als Sozialdemokraten kleine Reisebüros . Schließlich wird hier verbraucherfreundlich individuell und kompe- tent beraten . Mit viel Überzeugungsarbeit ist es uns gelungen, zugunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher durchzusetzen, dass auch Tagesreisen ab einem Wert von 500 Euro unter das Pauschalreiserecht fallen . Ich selbst hätte zwar einen niedrigeren Wert, etwa 75 oder 150 Euro, begrüßt . Aber in Anbetracht der Tatsache, dass Tagesreisen im ursprünglichen Kabinettsentwurf über- haupt nicht mehr enthalten waren, erscheint mir der nun erreichte Kompromiss für vertretbar . So sind Verbrau- cherinnen und Verbraucher zumindest bei teuren Tages- reisen bei Ausfall oder Insolvenz des Veranstalters besser abgesichert und haben Erstattungsansprüche . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24271 (A) (C) (B) (D) Leider ist es und nicht gelungen, aus bisheriger Recht- sprechung zu Reiseeinzelleistungen eine gesetzliche Regelung zu formulieren . Ich hätte es begrüßt, eine Re- gelung zur analogen Anwendbarkeit des Pauschalreise- rechts auf veranstaltermäßig vertriebene Reiseeinzelleis- tungen – wie etwa Ferienhäuser – in der Richtlinie zu haben . Diese Regelung kommt leider nicht, obwohl sie eine sinnvolle Stärkung des Verbraucherschutzes darge- stellt hätte . Immerhin konnten wir aber erreichen, dass die Bun- desregierung gebeten wird, die Marktentwicklung betref- fend veranstaltermäßig vertriebener Reiseeinzelleistun- gen ab Geltung der neuen Regelungen zu beobachten, um etwaige Missstände aufzudecken, sowie hierüber innerhalb des Zeitraums von zwei Jahren zu berichten . Wir bitten die Bundesregierung außerdem, gegenüber den Reiseunternehmen weiter dafür zu werben, dass die- se eine brancheneigene Verbraucherschlichtungsstelle einrichten . Dies sind zwei richtige Schritte Richtung eines ver- besserten Verbraucherschutzes . Erlauben Sie mir abschließend noch wenige Sät- ze zum vereinzelt gehörten Vorwurf, wir würden diese Richtlinie nun übereilt durchs Parlament peitschen . Wer kann so etwas nach 17 Monaten Bearbeitungs- und Ver- handlungszeit guten Gewissens behaupten? Wir haben uns in Workshops, Gesprächen und Anhörungen im Ver- braucherschutz- und Petitionsausschuss mit den Verbän- den intensiv mit der Umsetzung der EU-Pauschalreise- richtlinie befasst und haben auch innerhalb der Koalition intensiv verhandelt . Ich bleibe dabei: Nun liegt ein Gesetz vor, das im Rahmen des Harmonisierungsspielraums dieser Richt- linie sowohl für die Tourismusbranche als auch für die Verbraucherinnen und Verbraucher Verbesserungen mit sich bringt und dem man zustimmen kann . Elvira Drobinski-Weiß (SPD): Die Umsetzung der EU-Richtlinie über Pauschal- und Bausteinreisen in na- tionales Recht wird bis heute sehr emotional und kon- trovers diskutiert . Unter dem Motto „Überführung des Pauschalreiserechts ins digitale Zeitalter“ ist die EU an- getreten, das Reiserecht transparent und EU-einheitlich zu regeln . Viele Anpassungen waren tatsächlich dringend notwendig . Und ja: Es sind einige Verbesserungen für die Verbrau- cher in der Richtlinie vorgesehen . Ich denke da zum Bei- spiel an die Verlängerung des Gewährleistungszeitraums oder an die neu eingeführte Kategorie der verbundenen Reiseleistungen . Aber leider enthält die EU-Richtlinie auch wesentliche Verschlechterungen, und zwar: Der Reiseveranstalter kann die Reise bis zum Reiseantritt än- dern; der Reiseveranstalter kann einseitig Preiserhöhun- gen bis 8 Prozent des Reisepreises vornehmen – vorher 5 Prozent –, und Preiserhöhungen können noch 20 Tage vor Reiseantritt erfolgen . Diese Regelungen senken signifikant das bestehende Verbraucherschutzniveau; aber die teilweise erhobene Forderung, die EU-Richtlinie zu ändern bzw . nicht um- zusetzen, war und ist völlig unmöglich, auch wenn der Abgeordnete Christian Freiherr von Stetten und Marija Linnhoff vom Verband unabhängiger selbstständiger Reisebüros bis heute versuchen, den Eindruck zu erwe- cken, wir könnten die Umsetzung verhindern . Diese eben genannten tatsächlichen Verschlechterungen für Verbrau- cher stehen aufgrund der Vollharmonisierung nicht zur Diskussion . Tatsächlich aber hätten wir an anderen Stellen noch sehr viel mehr für die Verbraucher erreichen können . Stichworte sind: Tagesreisen, Einzelleistungen – Bu- chung von Ferienhäusern – oder gar die Aufnahme des Passus, dass Werbeaussagen und Prospektinformationen tatsächlich bei Buchung Vertragsbestandteil sein müssen, und, und, und . Leider gab es hier überhaupt keine Unterstützung seitens der CDU/CSU-Fraktion – nicht ansatzweise von den Abgeordneten oder gar von Frau Linnhoff und ih- rem Verband, keine eigenen Anträge, Vorschläge etc ., um Verbraucher bei der Durchsetzung ihrer Rechte zu unter- stützen . Lediglich zu einer Protokollnotiz „Evaluierung in zwei Jahren“ war die CDU/CSU bereit . Wirkliches Engagement für Verbraucher sieht anders aus . Nach langen, zähen Verhandlungen auf verschiede- nen Ebenen konnte sich die SPD am Ende durchsetzen, wenigstens hochwertige Tagesreisen über 500 Euro doch ins Gesetz aufzunehmen . Wir wissen, dass dies ein Trop- fen auf den heißen Stein ist und die meisten Tagesreisen nie in den Genuss dieses Schutzes gelangen. Hier hoffe ich nun wirklich, dass die Evaluierung in zwei Jahren zu einer Änderung führt und auch weniger wertige Reisen wieder unter Schutz gestellt werden . Ganz anders diskutiert wurde das Problem „Bezahlen von Reiseleistungen, die getrennt ausgewählt werden“, also wo sich der Kunde auch getrennt zur Zahlung jeder einzelnen Reiseleistung verpflichtet hat. Die Forderun- gen der Reisebranche, diese verschiedenen Leistungen am Ende mit einem Zahlungsvorgang abwickeln zu kön- nen und dennoch nicht in den Status „verbundene Rei- seleistung“ oder „Pauschalreise“ zu fallen, haben wir fraktionsübergreifend geteilt . Wir sind froh, dass nach intensiven Bemühungen des Bundesministeriums für Recht und Verbraucherschutz nach mehreren Gesprächsrunden jetzt eine europarecht- lich sehr wahrscheinlich tragfähige und gleichzeitig für die Reisebüros und Verbraucherinnen und Verbraucher praktikable Lösung erzielt wurde . Dass die gefundene Lösung einen etwas größeren bürokratischen Aufwand in den Reisebüros nach sich zieht und Schulungen für Mitarbeiter vielleicht nötig sind, sehe ich auch . Aber die Schulungskosten sind in der Regel gut investiert und nur einmalig; die Formulare und Informationsblätter erlau- ben es dem Reisebüro, in einem eventuellen Gerichts- verfahren den Nachweis zu führen, den Kunden richtig informiert zu haben . Dem vorliegenden Kompromiss stimmen wir zu . Die Aufnahme der Einzelleistungen und die Senkung der Tagesreisenpauschale werden wir in der nächsten Wahl- periode wieder einfordern . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724272 (A) (C) (B) (D) Karin Binder (DIE LINKE): Der Gesetzentwurf von Union und SPD zum Reiserecht ist eine eindeutige Ab- sage an den Verbraucherschutz . Im Gegenteil, das Gesetz ist die Einladung zur Abzocke von Urlaubern: Reiseveranstalter haben künftig noch weitergehende Rechte, einseitig den mit Ihnen abgeschlossenen Reise- vertrag noch kurz vor Reiseantritt zu ändern . Der Rei- severanstalter kann kurzfristig noch eine Preiserhöhung um bis zu 8 Prozent vornehmen . Bisher waren immerhin nur 5 Prozent Aufschlag zulässig . Und bisher waren sol- che Preiserhöhungen innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss untersagt . Künftig darf der Veranstalter Ihnen aber noch zwanzig Tage vor Reiseantritt diese Teu- erung zumuten . Die Bundesregierung legt aber noch ein paar Scheite drauf und verschlechtert den Verbraucherschutz weiter: Einzelne Reiseleistungen, zum Beispiel die Miete von Ferienhäusern gewerblicher Anbieter, fallen nicht mehr unter den Schutz des Pauschalreiserechts, obwohl das vom Bundesgerichtshof in Urteilen sogar gefordert wur- de . Tagesreisen, zum Beispiel Städtereise mit Programm, werden erst ab einem Reisepreis von 500 Euro vom Pau- schalreiserecht abgedeckt . Das ist absurd; denn damit ist der überwiegende Teil aller Tagesreisen aus dem Reise- rechtsschutz ausgenommen . Das ist Verbraucherschutz für Bestverdienende . Welcher Rentner, welche Rentnerin kann sich eine Tagesreise für 500 Euro leisten? Jedes Jahr werden circa 50 Millionen Tagesreisen in Deutschland gebucht, vor allem von Rentnerinnen und Rentnern . Diese werden jetzt der Abzocke von skrupel- losen Geschäftemachern endgültig ausgeliefert . Die Ver- braucherzentralen sprechen von einem höchst unseriösen Markt der sogenannten Kaffeefahrten. Mit diesen kos- tenlosen oder vermeintlich billigen Werbeverkaufsver- anstaltungen werden Millionen Menschen mit kleinem Geldbeutel angelockt, und dann, wenn sie nicht genug der überteuerten Produkte im Laufe der Fahrt kaufen, wird ihnen der schöne Teil der Reiseleistung, zum Bei- spiel die versprochene Besichtigung oder die Bootsfahrt, verwehrt . Ein aktuelles Beispiel: Eine Tagesreise mit dem Bus zur Bundesgartenschau nach Berlin kostet 48 Euro . Wurde nicht genug Umsatz gemacht, geht’s eben ohne Besuch der Gartenschau wieder nach Hause . Die Bun- desregierung macht damit die Abzocke zum gängigen Geschäftsmodell . Das Reiserecht muss unbedingt auch die Buchung einzelner Reiseleistungen schützen . Dieses Verbraucher- recht wurde auch vom Bundesgerichtshof gefordert und hat sich in der Praxis seit Jahrzehnten bewährt . Aber der Schutz der Verbraucher ist ja nicht umsatzsteigernd . Deshalb hat die EU-Kommission die Lockerung des Ver- braucherschutzes auf ausdrücklichen Wunsch Deutsch- lands in die Richtlinie aufgenommen . Die Linke sagt: Wer die Abzocke von Rentnerinnen und Rentnern oder Geringverdienern gesetzlich fördert, sollte sich schämen . Der Gesetzentwurf weist aber noch mehr Defizite im Verbraucherschutz auf: Die Höchstgrenze der Absiche- rung gegen die Insolvenz eines Reiseunternehmens ist mit 110 Millionen Euro viel zu gering . Das sind Werte von vor 20 Jahren . Wenn der Veranstalter pleitegeht, wer- den viele Kunden ihre Anzahlung nie wiedersehen . Wir fordern außerdem mehr Ehrlichkeit . Sachliche Angaben in der Prospektwerbung oder auf Onlineporta- len müssen zum Vertragsbestandteil werden . Sonst wer- den Tricks und Täuschungen Tür und Tor geöffnet. Und: Es bedarf einer verbraucherfreundlicheren Regelung für den Fall, dass ich meine Reise an eine andere Person übertragen möchte . Dafür dürfen höchstens die tatsäch- lich entstandenen Verwaltungs- und Bearbeitungsgebüh- ren, also tatsächlich entstandene Kosten, in Rechnung gestellt werden . Die jetzige unkonkrete Regelung wird zu einem kundenunfreundlichen Umbuchungswucher führen . Es darf nicht sein, dass den Reisenden ständig mehr Geld aus der Tasche gezogen wird, während die großen Reiseveranstalter tun und lassen können, was sie wollen . Auch viele kleine Reisebüros und selbstständige Rei- seunternehmen kommen nur schwer mit dem neuen Bü- rokratiemonster klar . Sie müssen für jeden Baustein einer Reise eigenständige Rechnungen ausstellen . Über jeden Reisebaustein muss künftig zusätzlich auch einzeln in- formiert werden . Gerade kleine Reisebüros und selbstständige Reiseun- ternehmen werden mit den künftig kurzfristig möglichen Preiserhöhungen der Reiseveranstalter zu kämpfen ha- ben . Aus Gründen der Kundenbindung werden sie den Aufschlag nicht an ihre Kunden weitergeben . Daher be- lastet diese Verteuerung durch den Veranstalter die Rei- sebüros empfindlich und bedroht teilweise auch deren Existenz . Wichtig wäre stattdessen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Ansprüche direkt beim Reiseveranstal- ter geltend machen können, anstatt die kleinen Reisebü- ros zu belasten . Mein Fazit: Die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher sind der Bundesregierung völlig egal . Hauptsache, die großen Reiseveranstalter und Touris- tikkonzerne können ungestört Kasse machen . Die Linke lehnt den Gesetzendwurf daher ab . Markus Tressel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ziel der Novellierung der Pauschalreiserichtlinie war es ja, eine Gleichbehandlung zwischen stationären Reisebüros und Onlineportalen sowie ein hohes Verbraucherschutz- niveau zu erreichen . Es war aber sicherlich nicht Sinn der Sache, Reisebüros und Tourismusinformationszen- tren unverhältnismäßig stark zu belasten; aber genau das ist passiert . Und: Im Gegensatz zum ersten Entwurf ha- ben wir nun auch noch eine Absenkung des Verbraucher- schutzniveaus, und das ohne erkennbare Not . Als vollharmonisierende Richtlinie und der damit ver- bundenen Eins-zu-eins-Umsetzung in nationales Recht schafft es die Pauschalreiserichtlinie nicht, auf die Be- sonderheiten des deutschen Marktes einzugehen . Es ist der Bundesregierung nicht gelungen, auf Regelungen hinzuwirken, die die Bedeutung der Reisebüros oder die Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24273 (A) (C) (B) (D) Stellung der lokalen Tourismusinformationszentren im europäischen Gesetzestext ausreichend berücksichtigen . Auch die betroffenen Verbände haben sich anfangs leider zu zaghaft in den Prozess eingeschaltet und den Diskurs mit den politisch Verantwortlichen zu spät gesucht . Das wird zukünftig sicher besser laufen . Der vorliegende Gesetzentwurf begünstigt den kon- zerngebundenen Reisevertrieb . Das fördert Monopole und ist schlecht für unsere kleinen und mittelständischen Reisebüros sowie die Verbraucherinnen und Verbraucher . Eine solche Entwicklung lehnen wir entschieden ab . Wie stellt sich die konkrete Situation für den deutschen Reisemarkt im Rahmen der Gesetzesnovelle dar? Reise- büros sind die Gekniffenen und treffen auf mehr Büro- kratie, da bei der Buchung vor Ort nun zusätzlich – je nach Situation – sieben verschieden Informationsblätter ausgefüllt werden müssen. Auch treffen Anbieter verbun- dener Reiseleistungen unter Umständen Insolvenzsiche- rungspflichten, was bedeutet, dass sie einen nicht un- wesentlichen Teil ihres Umsatzes in eine Versicherung investieren müssen . Das kann ein rentables Wirtschaften gerade für kleine Reisebüros erschweren . Da macht es natürlich einen Unterschied, ob ich ein familiengeführtes Unternehmen habe oder ob ein Konzern dahintersteht . Ein kleiner Teil der Bürokratie wurde ja doch noch mit Brüssel herausverhandelt, sodass wenigstens ein einheitlicher Bezahlvorgang bei der Buchung einzelner Reiseleistungen nun zumindest auf dem Papier möglich ist . Wir begrüßen das . Allerdings geben wir zu bedenken, dass die getroffenen Vereinbarungen nicht zu rechtsver- bindlichen Vorgaben oder Auslegungshilfen vor Gericht führen und eine Entscheidung darüber letztlich nur vom Gerichtshof der Europäischen Union getroffen werden kann . Wenn man in Brüssel keine Aufhebung der Richtli- nie beantragen will, muss man die genannten kritischen Punkte umsetzen . Das ist mehr als bedauerlich . Aber wir müssen laufend ein Auge auf die Auswirkungen der Ge- setzesnovelle haben, um den Reisemarkt in Deutschland und besonders kleine und mittelständische Unternehmen durch rechtzeitiges Gegensteuern vor Schaden zu bewah- ren . Dies ist besonders wichtig, da Strukturen verloren zu gehen drohen, die, einmal abgerissen, nicht so schnell wieder aufgebaut werden können . Eine frühestmögliche Evaluierung auf nationaler und europäischer Ebene ist Pflicht. Neben Punkten, die wir als Gesetzgeber nicht ändern können, gibt es aber auch jene, auf die wir sehr wohl Ein- fluss haben und auf die die Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU und SPD ohne Not zulasten der Verbrauche- rinnen und Verbraucher Einfluss genommen haben. Wenn es nach ihnen geht, sollen die strengeren, für Verbrauche- rinnen und Verbraucher günstigen Haftungsregeln des Pauschalreiserechts weder für Reiseeinzelleistungen wie Ferienhäuser noch für Tagesreisen unter 500 Euro gelten . Sie senken mit ihrem Gesetzentwurf den Verbraucher- schutz deutlich unter den heute geltenden gesetzlichen Standard. Das ist eine signifikante Verschlechterung, und zwar – ich sage es noch mal – ohne Not . Das wirkt ein Stück weit wie eine Placebo-Änderung, um die Betroffe- nen zu vertrösten bzw . milde zu stimmen . Mit unserem Antrag, der auch heute abzustimmen ist, lade ich dazu ein, diesen Fehler zu korrigieren . Die Bürgerinnen und Bürger werden es danken . Wenn es den Kolleginnen und Kollegen der SPD um die Sache geht, haben wir zusammen mit der Linken eine Mehrheit, um den Verbraucherschutz zu stärken . Das von der Bundesregierung so vorgeschlagene Ge- setz lehnen wir ab . Anlage 26 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Axel E. Fischer (Karlsru- he-Land) und Olav Gutting (beide CDU/CSU) zu der Abstimmung über den von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurf eines Dritten Geset- zes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 31) Im Rahmen der Abstimmung am 1 . Juni 2017 werden wir dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetz zur Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie in natio- nales Recht nicht zustimmen . Wir befürchten, dass diese Richtlinie bei falscher Ausrichtung über kurz oder lang zum Todesurteil für in deutschsprachigen Ländern der EU verbreitete, mittel- ständisch geführte Reisebüros werden kann . Trotz der Warnungen aus Politik und Wirtschaft wurde auf der EU-Ebene eine Richtlinie verabschiedet, die weder dem Verbraucherschutz noch den wirtschaftlichen Interessen der mittelständischen deutschen Wirtschaft Rechnung trägt . Aufgrund der Entscheidung zur Vollharmonisierung dieser EU-Richtlinie war es auf nationaler Ebene fast un- möglich, parlamentarisch für den deutschen Verbraucher und den deutschen Mittelstand noch etwas ins Positive zu lenken . Da die Richtlinie also juristisch weitgehend ausgereizt war, argumentieren die Bundesregierung und viele Politiker, man könne diese Richtlinie nun national umsetzen . An dieser Stelle widersprechen wir in aller Form und wollen Ihnen drei Gründe nennen, warum wir nicht zu- stimmen können: Erstens. Schon bei der öffentlichen Anhörung im Aus- schuss für Recht und Verbraucherschutz wurde klar, dass die touristische Großindustrie mit eigener Direktver- marktung durch die Haftungsproblematik bei den klei- nen und mittelständischen Reisemittlern auf eine deutli- che Verschlankung der Vertriebslinie und damit deutliche Gewinnsteigerungen hoffen kann. In Gesprächen mit ehemaligen Spitzenvertretern der Tourismusbranche wurde uns glaubhaft versichert, dass der ehemaligen Vizepräsidentin der Europäischen Kommission Viviane Reding bereits die Zusage zu einer Gesamtrücknahme der EU-Pauschalreiserichtlinie aus dem laufenden Ge- setzgebungsprozess entlockt wurde . Es war der Druck von Unternehmen, die ihren Stammsitz in Großbritanni- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724274 (A) (C) (B) (D) en haben, die dann die Rücknahmeabsichten der Kom- missarin verstummen ließen . Heute, einige Jahre später, stehen die damaligen Unternehmensleitungen an der Spitze der beiden Branchenverbände und beraten die Po- litik auf Bundes- und Europaebene . Auch die Tatsache, dass die Branchenverbände schon Wochen und Monate vor den Fachpolitikern über Formulierungsvorschläge aus der EU-Kommission in Brüssel und aus den Bundes- ministerien verfügten, legt nahe, dass das ganze Gesetz industrie- und lobbynah entstanden ist . Etwaige Parteizu- gehörigkeiten und enge Parteikontakte sind hier unseres Erachtens kein Zufall . Zusätzlich haben große Teile die- ser Tourismusindustrie bereits einen Haupt- bzw . Verwal- tungssitz in Großbritannien . Mit diesem Gesetz machen wir also hier Industriepolitik für ein Land, das die Euro- päische Union verlassen will . Zweitens . In den intensiv geführten Nachverhandlun- gen der Bundesregierung mit der EU konnte nach unserer Einschätzung trotzdem keine volle Rechtssicherheit für die deutsche Reisebürobranche bei den Fragen Veranstal- terhaftung und getrennte Bezahlvorgänge erreicht wer- den . Die vorgelegten juristischen Formelkompromisse sind unseres Erachtens nur weiße Salbe zur Beruhigung des Mittelstands . Ob und inwieweit diese angeblichen Verbesserungen gegenüber der Richtlinie einer rechtli- chen Überprüfung durch die Gerichte standhalten wer- den, wurde von Rechtsexperten bereits bei der Anhörung stark in Zweifel gezogen . Damit ist die Reisebürobranche mit etwa 10 000 Büros in Teilen existenziell gefährdet . Drittens . Wir sind große Freunde der Europäischen Union, aber auf der EU-Ebene werden zunehmend Gesetze beschlossen, die vermeintlich dem Verbrau- cherschutz dienen, und am Ende werden die Verbrau- cherschutzrechte unserer Bürger durch den Zwang zur Vollharmonisierung und unsere selbstverursachten Feh- ler vehement beschnitten . In Zukunft werden Preisnach- schläge von den Reiseveranstaltern von bis zu 8 Prozent bis 20 Tage vor Reiseantritt möglich . Mehr als 30 Jahre konnten sich deutsche Urlauber nach einer Rechtspre- chung des Bundesgerichtshofes auf den Schutz gegen Zahlungsausfälle und Reisemängel bei der Anmietung von Ferienwohnungen und Ferienhäusern verlassen . Die Bundesregierung wird diesen Schutz mit diesem Gesetz abbauen . Und Tagesreisen fallen in Zukunft nur noch un- ter den Schutz des Reiserechts bei einem Reisepreis ab 500 Euro . Der Verbraucherzentrale Bundesverband e . V . schreibt am 11 . Mai diesen Jahres auf seiner Internetseite deshalb: „Der vzbv tritt zwar nicht für eine grundsätz- liche Aufhebung und Neuverhandlung der Pauschalrei- serichtlinie ein . Sollte der deutsche Gesetzgeber aber weiter daran festhalten, dass Tagesreisen bis zu einem Preis von 500,00 Euro und Ferienhäuser aus dem Rei- serechtsschutz fallen, sieht das anders aus . Dann bringt das neue Reiserecht den deutschen Verbraucherinnen und Verbrauchern an dieser Stelle keinen Mehrwert und man kann in der Tat darüber nachdenken, die Richtlinie in Brüssel neu zu verhandeln“ . Eine Forderung, die wir aus den oben genannten Gründen seit Sommer letzten Jahres offen vertreten haben. Zusammenfassend kann man unseres Erachtens sa- gen: Mit diesem Gesetz wird ein wirtschaftlich intakter Marktteilnehmer, wie das deutsche Reisebüro, existen- ziell gefährdet, die touristische Großindustrie gestärkt und der Verbraucherschutz signifikant herabgesetzt. Das Gesetz ist praxisfremd und wird die Zweifel der Men- schen an der EU und der Politik insgesamt befeuern . An solchen Gesetzen wollen und werden wir uns nicht mehr beteiligen . Anlage 27 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm und Michael Roth (Heringen)1 (beide SPD) zu der Abstimmung über den von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurf eines Dritten Geset- zes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 31) Der Deutsche Bundestag stimmt heute über die Um- setzung der EU-Pauschalreiserichtlinie in deutsches Recht ab . Ich bedauere, dass dieses wichtige Gesetz an- gesichts der Fülle von Tagesordnungspunkten nicht zu einer öffentlichkeitswirksameren Zeit im Plenum debat- tiert werden kann . Die EU-Pauschalreiserichtlinie, die zwingend um- zusetzen ist, verlangt eine Vollharmonisierung durch die EU-Mitgliedstaaten . Die Koalitionsfraktionen ha- ben sich nach intensiven Beratungen mit der Branche und Verbraucherschutzverbänden gemeinsam auf den vorliegenden Gesetzentwurf in geänderter Fassung ver- ständigt . Angesichts des geringen Spielraums für Verän- derungen haben die parlamentarischen Beratungen ein ausgewogenes Gesetz erbracht, das die Interessen der Reisebranche sowie der Verbraucherinnen und Verbrau- cher berücksichtigt . In den Beratungen der zuständigen Fachausschüsse wurde ein breiter Konsens – teils über die Koalitionsfraktionen hinaus – erreicht . Da mehrere Reiseleistungen nun dank der Änderun- gen am ursprünglichen Gesetzentwurf gemeinsam be- zahlt werden können, ist den deutschen Reisebüros de- ren ursprünglich durchaus berechtigte Sorge genommen, durch einen einheitlichen Zahlvorgang zum haftenden Reiseanbieter zu werden . Die Dachverbände der Tou- rismuswirtschaft sprechen deshalb zu Recht von einem Erfolg für die Reisebüros . Das Gesetz bringt auch für Verbraucherinnen und Verbraucher Vorteile: Künftig kann der Reiseveranstal- ter eine Erhöhung des Reisepreises nur bei wenigen und im Gesetz ausdrücklich benannten Kostenpositionen wie Benzinkosten oder Hafengebühren verlangen . Diese müssen ausdrücklich nachgewiesen werden . Diese Kos- tenpositionen sind einfach nachprüfbar . Wenn die Kosten sinken, können Reisende nun sogar eine Erstattung ver- langen . Die Gewährleistungsfrist wird von einem Monat auf 24 Monate verlängert . Darüber hinaus profitieren Verbraucherinnen und Ver- braucher davon, dass eine völlig neue Reisekategorie 1) Siehe Berichtigung, 239 . Sitzung, Seite 24462 D Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24275 (A) (C) (B) (D) der sogenannten verbundenen Reiseleistungen erstmalig geregelt wird . Wer früher eine Reise im Reisebüro oder online individuell zusammenstellte, war nicht vom Rei- serecht geschützt – jetzt schon . Im ursprünglichen Gesetzentwurf standen Tagesreisen nicht mehr unter dem gleichen Insolvenzschutz wie Pau- schalreisen . Wir konnten in den parlamentarischen Bera- tungen zumindest erreichen, dass hochwertige Tagesrei- sen ab 500 Euro wieder Insolvenzschutz genießen . Leider haben CDU und CSU sich der Aufnahme von Tagesrei- sen bereits ab einem deutlich geringeren Wert, wie von der SPD gefordert, verweigert . Auch die SPD-Forderung nach der Einbeziehung von Ferienhäusern in das Reise- recht, wie es in Deutschland seit langem praktiziert wird, hat die Union kategorisch abgelehnt . Dennoch gebe ich dem Gesetzentwurf in der Gesamt- abwägung meine Zustimmung . Anlage 28 Erklärungen nach § 31 GO zu der Abstimmung über den von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurf eines Dritten Ge- setzes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 31) Klaus Brähmig (CDU/CSU): Im Rahmen der Ab- stimmung am 1 . Juni 2017 werde ich dem von der Bun- desregierung vorgelegten Gesetz zur Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie in nationales Recht nicht zu- stimmen . Persönlich habe ich schon 2015 davor gewarnt, dass diese Richtlinie bei falscher Ausrichtung über kurz oder lang zum Todesurteil für das in deutschsprachigen Län- dern der EU verbreitete mittelständisch geführte Reise- büro werden kann . Trotz der Warnungen aus Politik und Wirtschaft wurde dann auf der EU-Ebene eine Richtlinie verabschiedet, die weder dem Verbraucherschutz noch den wirtschaftlichen Interessen der mittelständischen deutschen Wirtschaft Rechnung trägt . Aufgrund der Entscheidung zur Vollharmonisierung dieser EU-Richtlinie war es uns als Fachpolitikern aus den Bereichen Recht und Verbraucherschutz, Tourismus und Wirtschaft auf nationaler Ebene damit fast unmög- lich, für den deutschen Verbraucher und den deutschen Mittelstand noch etwas ins Positive zu lenken . Da die Richtlinie also juristisch weitgehend ausgereizt war, ar- gumentieren die Bundesregierung und viele Politiker, man könne diese Richtlinie nun national umsetzen . An dieser Stelle widerspreche ich in aller Form und will Ihnen drei Gründe nennen, warum ich nicht zustim- men kann: 1. Schon bei der öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz wurde klar, dass die touristische Großindustrie mit eigener Direkt- vermarktung durch die Haftungsproblematik bei den kleinen und mittelständischen Reisemittlern auf eine deutliche Verschlankung der Vertriebslinie und damit deutliche Gewinnsteigerungen hoffen kann. In Ge- sprächen mit ehemaligen Spitzenvertretern der Tou- rismusbranche wurde mir glaubhaft versichert, dass der ehemaligen Vizepräsidentin der Europäischen Kommission Viviane Reding bereits die Zusage zu einer Gesamtrücknahme der EU-Pauschalreiserichtli- nie aus dem laufenden Gesetzgebungsprozess entlockt wurde . Es war der Druck von Unternehmen, die ih- ren Stammsitz in Großbritannien haben, die dann die Rücknahmeabsichten der Kommissarin verstummen ließen . Heute, einige Jahre später, stehen die damali- gen Unternehmensleitungen an der Spitze der beiden Branchenverbände und beraten die Politik auf Bun- des- und Europaebene . Auch die Tatsache, dass die Branchenverbände schon Wochen und Monate vor den Fachpolitikern über Formulierungsvorschläge aus der EU-Kommission in Brüssel und aus den Bundesmi- nisterien verfügten, legt nahe, dass das ganze Gesetz industrie- und lobbynah entstanden ist . Etwaige Par- teizugehörigkeiten und enge Parteikontakte sind hier meines Erachtens kein Zufall . Zusätzlich haben große Teile dieser Tourismusindustrie bereits einen Haupt- bzw . Verwaltungssitz in Großbritannien . Mit diesem Gesetz machen wir also hier Industriepolitik für ein Land, das die Europäische Union verlassen will . 2 . In den intensiv geführten Nachverhandlungen der Bundesregierung mit der EU konnte nach meiner Ein- schätzung trotzdem keine volle Rechtssicherheit für die deutsche Reisebürobranche bei den Fragen Veran- stalterhaftung und getrennte Bezahlvorgänge erreicht werden . Die vorgelegten juristischen Formelkom- promisse sind meines Erachtens nur weiße Salbe zur Beruhigung des Mittelstands . Ob und inwieweit diese angeblichen Verbesserungen gegenüber der Richtli- nie einer rechtlichen Überprüfung durch die Gerichte standhalten werden, wurde von Rechtsexperten bereits bei der Anhörung stark in Zweifel gezogen . Damit ist die Reisebürobranche mit etwa 10 000 Büros in Teilen existenziell gefährdet . 3 . Ich bin ein großer Freund der Europäischen Union, aber auf der EU-Ebene werden zunehmend Gesetze beschlossen, die vermeintlich dem Verbraucherschutz dienen, und am Ende werden die Verbraucherschutz- rechte unserer Bürger durch den Zwang zur Vollhar- monisierung und unsere selbstverursachten Fehler vehement beschnitten . In Zukunft werden Preisnach- schläge von den Reiseveranstaltern von bis zu 8 Pro- zent bis 20 Tage vor Reiseantritt möglich . Mehr als 30 Jahre konnten sich deutsche Urlauber nach einer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auf den Schutz gegen Zahlungsausfälle und Reisemängel bei der Anmietung von Ferienwohnungen und Ferien- häusern verlassen . Die Bundesregierung wird diesen Schutz mit diesem Gesetz abbauen . Und Tagesreisen fallen in Zukunft nur noch unter den Schutz des Reise- rechts bei einem Reisepreis ab 500 Euro . Der Verbrau- cherzentrale Bundesverband e . V . schreibt am 11 . Mai dieses Jahres auf seiner Internetseite deshalb: Der vzbv tritt zwar nicht für eine grundsätzliche Aufhebung und Neuverhandlung der Pauschalrei- serichtlinie ein . Sollte der deutsche Gesetzgeber Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724276 (A) (C) (B) (D) aber weiter daran festhalten, dass Tagesreisen bis zu einem Preis von 500,00 Euro und Ferienhäuser aus dem Reiserechtsschutz fallen, sieht das anders aus . Dann bringt das neue Reiserecht den deutschen Verbraucherinnen und Verbrauchern an dieser Stelle keinen Mehrwert und man kann in der Tat darüber nachdenken, die Richtlinie in Brüssel neu zu ver- handeln . Eine Forderung, die ich aus den oben genannten Grün- den seit Sommer letzten Jahres offen vertreten habe. Zusammenfassend kann man meines Erachtens sagen: Mit diesem Gesetz wird ein wirtschaftlich intakter Markt- teilnehmer, wie das deutsche Reisebüro, existenziell ge- fährdet, die touristische Großindustrie gestärkt und der Verbraucherschutz signifikant herabgesetzt. Das Gesetz ist praxisfremd und wird die Zweifel der Menschen an der EU und der Politik insgesamt befeuern . An solchen Gesetzen will und werde ich mich nicht mehr beteiligen . Ronja Kemmer (CDU/CSU): Der Deutsche Bundes- tag stimmt heute über den Entwurf eines Dritten Geset- zes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften ab . Die Verabschiedung dieses Gesetzes erfolgt, da Deutschland zur Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie verpflich- tet ist . Ich halte die EU-Pauschalreiserichtlinie für nicht sachdienlich, da sie weder dem Verbraucherschutz noch den wirtschaftlichen Interessen der mittelständischen deutschen Reisewirtschaft Rechnung trägt . Begünstigt werden durch diese Richtlinie große Reisekonzerne, von denen viele bereits über einen Haupt- bzw . Verwaltungs- sitz in Großbritannien verfügen, einem Land, das die Eu- ropäische Union gerade verlassen will . Nach meiner Auffassung hat das SPD-geführte Jus- tizministerium bei den Verhandlungen in Brüssel hier die Interessen der deutschen Reiseunternehmen nicht hinreichend vertreten . Einen Beigeschmack hat für mich hierbei, dass der SPD mit dem SPD-ReiseService (Einer Marke der FFR Ferien-, Freizeit- und ReiseSer- vice GmbH, eine 100-Prozent-Tochter der SPD-Holding DDVG-mbH) ein Reiseveranstalter mit Direktvertrieb gehört . Reiseveranstalter mit eigenem Direktvertreib sind aber die prognostizierten Profiteure der Richtlinie. Ich habe mich daher zusammen mit anderen Kollegen aus dem Parlamentskreis „Mittelstand“ dafür eingesetzt, den Entwurf zugunsten der deutschen Reiseindustrie zu verbessern . Dabei konnten wir weitergehende Zuge- ständnisse und Änderungen erreichen, als dies in anderen EU-Ländern der Fall war . Das macht das Gesetz aus mei- ner Sicht nicht sachdienlich, es stellt aber eine bessere Umsetzung der EU-Richtlinie dar . Eine Verschiebung des Gesetzes, für die sich einige Kollegen ausgesprochen hatten, wurde von der SPD abgelehnt . Gemeinsam mit anderen Kollegen setze ich mich da- für ein, dass eine Überarbeitung der EU-Reiserichtlinie ins Wahlprogramm der CDU aufgenommen wird, als fes- tes Ziel und Auftrag für die nächste Legislaturperiode . Wir brauchen eine bessere und fairere EU-Reiserichtli- nie . Daran führt kein Weg vorbei . Heute stimme ich trotz entsprechender Bedenken dem vorliegenden Gesetzentwurf zu und werde mich gleich- zeitig dafür einsetzen, dass die aus meiner Sicht für die deutsche Reiseindustrie schlechten Punkte durch eine Änderung der EU-Reiserichtlinie verbessert werden . Ingo Wellenreuther (CDU/CSU): Im Rahmen der Abstimmung am 1 . Juni 2017 werde ich dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetz zur Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie in nationales Recht nicht zu- stimmen . Diese Richtlinie wird bei falscher Ausrichtung über kurz oder lang zum Todesurteil für in deutschsprachigen Ländern der EU verbreitete, mittelständisch geführte Reisebüros werden . Trotz der Warnungen aus Politik und Wirtschaft wurde auf der EU-Ebene eine Richtlinie ver- abschiedet, die weder dem Verbraucherschutz noch den wirtschaftlichen Interessen der mittelständischen deut- schen Wirtschaft Rechnung trägt . Aufgrund der Entscheidung zur Vollharmonisierung dieser EU-Richtlinie war es auf nationaler Ebene fast un- möglich, parlamentarisch für den deutschen Verbraucher und den deutschen Mittelstand noch etwas ins Positive zu lenken . Da die Richtlinie also juristisch weitgehend ausgereizt war . argumentieren die Bundesregierung und viele Politiker, man könne diese Richtlinie nun national umsetzen . An dieser Stelle widerspreche ich in aller Form und will Ihnen drei Gründe nennen, warum ich nicht zustim- men kann: Erstens. Schon bei der öffentlichen Anhörung im Aus- schuss für Recht und Verbraucherschutz wurde klar, dass die touristische Großindustrie mit eigener Direktver- marktung durch die Haftungsproblematik bei den klei- nen und mittelständischen Reisemittlern auf eine deutli- che Verschlankung der Vertriebslinie und damit deutliche Gewinnsteigerungen hoffen kann. In Gesprächen mit ehemaligen Spitzenvertretern der Tourismusbranche wurde mir glaubhaft versichert, dass der ehemaligen Vizepräsidentin der Europäischen Kommission Viviane Reding bereits die Zusage zu einer Gesamtrücknahme der EU-Pauschalreiserichtlinie aus dem laufenden Ge- setzgebungsprozess entlockt wurde . Es war der Druck von Unternehmen . die ihren Stammsitz in Großbritanni- en haben, die dann die Rücknahmeabsichten der Kom- missarin verstummen ließen . Heute, einige Jahre später, stehen die damaligen Unternehmensleitungen an der Spitze der beiden Branchenverbände und beraten die Po- litik auf Bundes- und Europaebene . Auch die Tatsache, dass die Branchenverbände schon Wochen und Monate vor den Fachpolitikern über Formulierungsvorschläge aus der EU Kommission in Brüssel und aus den Bundes- ministerien verfügten, legt nahe, dass das ganze Gesetz industrie- und lobbynah entstanden ist . Etwaige Parteizu- gehörigkeiten und enge Parteikontakte sind hier meines Erachtens kein Zufall . Zusätzlich haben große Teile die- ser Tourismusindustrie bereits einen Haupt- bzw . Verwal- tungssitz in Großbritannien . Mit diesem Gesetz machen wir also hier Industriepolitik für ein Land, das die Euro- päische Union verlassen will . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24277 (A) (C) (B) (D) Zweitens . In den intensiv geführten Nachverhandlun- gen der Bundesregierung mit der EU konnte nach meiner Einschätzung trotzdem keine volle Rechtssicherheit für die deutsche Reisebürobranche bei den Fragen Veranstal- terhaftung und getrennte Bezahlvorgänge erreicht wer- den . Die vorgelegten juristischen Formelkompromisse sind meines Erachtens nur weiße Salbe zur Beruhigung des Mittelstands . Ob und inwieweit diese angeblichen Verbesserungen gegenüber der Richtlinie einer rechtli- chen Überprüfung durch die Gerichte standhalten wer- den, wurde von Rechtsexperten bereits bei der Anhörung stark in Zweifel gezogen . Damit ist die Reisebürobranche mit etwa 10 000 Büros in Teilen existenziell gefährdet . Drittens . Ich bin ein großer Freund der Europäischen Union, aber auf der EU-Ebene werden zunehmend Gesetze beschlossen, die vermeintlich dem Verbrau- cherschutz dienen, und am Ende werden die Verbrau- cherschutzrechte unserer Bürger durch den Zwang zur Vollharmonisierung und unsere selbstverursachten Feh- ler vehement beschnitten . In Zukunft werden Preisnach- schlage von den Reiseveranstaltern von bis zu 8 Prozent bis 20 Tage vor Reiseantritt möglich . Mehr als 30 Jahre konnten sich deutsche Urlauber nach einer Rechtspre- chung des Bundesgerichtshofes auf den Schutz gegen Zahlungsausfälle und Reisemängel bei der Anmietung von Ferienwohnungen und Ferienhäusern verlassen . Die Bundesregierung wird diesen Schutz mit diesem Gesetz abbauen . Und Tagesreisen fallen in Zukunft nur noch un- ter den Schutz des Reiserechts bei einem Reisepreis ab 500 Euro . Der Verbraucherzentrale Bundesverband e . V . schreibt am 11 . Mai dieses Jahres auf seiner Internetseite deshalb: „Der vzbv tritt zwar nicht für eine grundsätz- liche Aufhebung und Neuverhandlung der Pauschalrei- serichtlinie ein . Sollte der deutsche Gesetzgeber aber weiter daran festhalten, dass Tagesreisen bis zu einem Preis von 500,00 Euro und Ferienhäuser aus dem Rei- serechtsschutz fallen, sieht das anders aus . Dann bringt das neue Reiserecht den deutschen Verbraucherinnen und Verbrauchern an dieser Stelle keinen Mehrwert und man kann in der Tat darüber nachdenken, die Richtlinie in Brüssel neu zu verhandeln“ . Eine Forderung, die ich aus den oben genannten Gründen seit Sommer letzten Jahres offen vertreten habe. Zusammenfassend kann ich sagen: Mit diesem Gesetz wird ein wirtschaftlich intakter Marktteilnehmer, wie das deutsche Reisebüro, existenziell gefährdet, die touristi- sche Großindustrie gestärkt und der Verbraucherschutz signifikant herabgesetzt. Das Gesetz ist praxisfremd und wird die Zweifel der Menschen an der EU und der Politik insgesamt befeuern . An einem Zustandekommen eines solchen Gesetzes werde ich mich nicht beteiligen . Anlage 29 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu der Verord- nung des Bundesministeriums der Finanzen: Verordnung zur Bestimmung der technischen Anforderungen an elektronische Aufzeichnungs- und Sicherungssysteme im Geschäftsverkehr (Kassensicherungsverordnung – KassenSichV) (Tagesordnungspunkt 32) Uwe Feiler (CDU/CSU): Es ist nicht alltäglich, dass sich der Deutsche Bundestag die Zustimmung zu einer Verordnung vorbehält . Im Falle der näheren Ausgestal- tung der technischen Anforderungen an elektronische Kassensysteme haben wir bei der Kassensicherungsver- ordnung aus guten Gründen davon Gebrauch gemacht . Mit unserer Grundsatzentscheidung vom 22 . Dezem- ber letzten Jahres haben wir die Voraussetzungen dafür geschaffen, Umsatzsteuerbetrug wirksam zu bekämpfen und Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen zu unterbinden . Es muss ausgeschlossen sein, dass tech- nisch findige Nutzer von elektronischen Registrierkassen zulasten des Fiskus Daten unerkannt löschen oder verän- dern können . Die heutige Zustimmung zu dieser Verordnung schaltet das Gesetz scharf, weil wir die Anforderungen des § 146a der Abgabenordnung präzisieren und den Finanzbehör- den die Instrumente an die Hand geben, um das Bundes- amt für Sicherheit in der Informationstechnik mit der Ent- wicklung der technischen Standards zu beauftragen . Dankbar bin ich dem Bundesfinanzministerium, dass es durch eine Protokollerklärung noch einmal deutlich gemacht hat, dass einerseits Pfandautomaten nicht zum Anwendungsbereich der Verordnung gehören, da es sich bei diesen nicht um Kassensysteme handelt, die auf den Verkauf von Waren und Dienstleistungen gerichtet sind . Andererseits hat uns das Bundesfinanzministerium zu- gesagt, bis Mitte des kommenden Jahres einen Vorschlag zu unterbreiten in welcher Art und Weise auch andere betrugsanfällige kassenähnliche Systeme in den Anwen- dungsbereich der Verordnung mit aufgenommen werden können . Damit trägt das BMF sowohl dem Wunsch der Landesfinanzbehörden Rechnung als auch der Forderung von Verbänden, die für ihre Branchen die Aufnahme in die Verordnung anstreben . Im Fokus der Verordnung stehen jedoch zunächst elektronische oder computergestützte Kassensysteme, die künftig über eine zertifizierte technische Sicherheits- einrichtung verfügen müssen . Ebenso stellen wir klar, dass zum Beispiel Fahrscheinautomaten und -drucker, Geldautomaten, Geld- und Warenspielsysteme, aber auch Taxameter und Wegstreckenzähler nicht unter die Ver- ordnung fallen . Damit erfassen wir Millionen von Ge- räten; und die Landesfinanzbehörden müssen Millionen von Datensätzen auswerten . Von daher ist es richtig mit den Kassen zu beginnen, Erfahrungen zu sammeln und gegebenenfalls nachzusteuern . Um Lücken zu schließen bzw . diese bei einer Prü- fung sofort sichtbar werden zu lassen, muss zukünftig ab dem ersten Tastendruck jeder aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfall unmittelbar erfasst und in einer einheit- lichen Transaktion zusammengeführt werden, die den Zeitpunkt des Vorgangsbeginns, eine fortlaufende Trans- aktionsnummer, die Art des Vorgangs, die Daten des Vorgangs, den Zeitpunkt der Vorgangsbeendigung und Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724278 (A) (C) (B) (D) einen Prüfwert enthält . Diese Datensätze erleichtern den Prüfern die Arbeiten zukünftig enorm, da mithilfe des Zeitstempels und der fortlaufenden Transaktionsnummer Geschäftsvorfälle eindeutig identifiziert werden können. Bei der Festlegung der Zeitquelle ließ sich das Bun- desfinanzministerium wiederum von dem für meine Fraktion wichtigen Grundsatz der technologieoffenen Lösung leiten . Damit können verschiedene technische Ansätze mitberücksichtigt werden . Darüber hinaus regelt die Verordnung insbesondere die Anforderungen an die einheitliche digitale Schnitt- stelle, die Speichermedien, die technische Sicherheits- einrichtung, den Beleg und den Zertifizierungsprozess. Dadurch wird Rechtssicherheit sowohl für die Nutzer von Kassensystemen als auch die mit der Kassennach- schau oder der Außenprüfung betrauten Mitarbeiter der Finanzverwaltung geschaffen. Wichtig ist mir zu betonen, dass die Verordnung ledig- lich vorgibt wie die Datensätze aufgebaut sein müssen und wie die technischen Richtlinien und Schutzprofile auszugestalten sind . Der Nutzer hat es folglich selbst in der Hand, von welchem Anbieter er sein System bezieht, solange es diese Standards erfüllt . Mit dieser Verordnung schließen wir in dieser Wahl- periode einen langen Diskussionsprozess über technische Vorkehrungen ab, um Steuerbetrug mittels Kassensyste- men zu begegnen . Gleichwohl bin ich mir sicher, dass wir uns auch nach den Wahlen weiter mit diesem Thema befassen werden . Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen für die guten Beratungen und beim Bundesfinanzminis- terium für die stets gute Zusammenarbeit und Unterstüt- zung . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Der Kassen- betrug in Deutschland richtet Jahr für Jahr einen großen finanziellen Schaden an, insbesondere für den Fiskus, also die Gemeinschaft, den Staat . Nach konservativen Schätzungen des Bundesrechnungshofs (BRH) gehen dem Staat auf diese Weise 10 Milliarden Euro pro Jahr verloren . Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft und auch einige Länderfinanzministerien halten auch weit höhe- re Ausfälle in einer Größenordnung von 50 Milliarden Euro für realistisch . Da bis zum Dezember 2016 keine gesetzliche Regelung vorlag, welche die Korrektheit und Vollständigkeit von Kassendaten sichergestellt hat, war es notwendig, ein entsprechendes Gesetz zu schaf- fen . Das wollten CDU und CSU zunächst nicht . Erst als die Finanzminister der SPD-geführten Länder, vor allem Norbert Walter-Borjans aus NRW, die Dimension des Kassenbetrugs in die Öffentlichkeit trugen und so- mit öffentlichen Druck auf das Bundesfinanzministerium (BMF) aufbauten, entstand ein Gesetzentwurf . Dieser Gesetzentwurf enthielt eine Reihe von Schlupf- löchern, die auch weiterhin Kassenbetrug zugelassen hätten . Einige davon konnten wir in den Verhandlungen schließen . Aber die brettharte Blockadehaltung der CDU/ CSU und des Bundesfinanzministeriums hat dafür ge- sorgt, dass noch immer einige Schlupflöcher verblieben sind . Das Gesetz weist einen leeren Anwendungsbereich auf, weil die Geräte, auf welche die Regelungen Anwen- dung finden sollen, erst später in der jetzt vorgelegten Verordnung festgelegt werden und mit INSIKA die ein- zige schon heute verfügbare technische Lösung für Kas- sensysteme verhindert wurde . Auch eine Registrierkassenpflicht war mit der Union nicht zu machen . Wer nun weiterhin betrügen möchte, trägt seine Kasse auf den Schrottplatz . Dennoch haben wir diesem Gesetz zugestimmt, weil nur so sichergestellt ist, dass überhaupt eine gesetzliche Regelung existiert . Diese muss nun zwar unbedingt ver- bessert, aber immerhin nicht neu geschaffen werden. Darüber hinaus wurde vereinbart, dass dem Gesetz im Nachgang eine Verordnung folgen soll, welche das Ge- setz mit Leben füllt und die technischen Anforderungen an Kassensysteme regelt . Über diese Verordnung stim- men wir nun im Bundestag ab . Leider hält die Verord- nung nicht, was das Bundesfinanzministerium verspro- chen hat . Die technischen Anforderungen werden auch jetzt nicht klar geregelt . Diese Aufgabe wird nun an das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) übertragen . In den Gesetzesberatungen hat das BMF stets betont, eine technologieoffene Lösung schaffen zu wollen. Wir hatten damals schon ernste Zweifel an dieser Absicht, vor allem weil die gegenwärtig einzig einsetzbare Soft- ware INSIKA verhindert wurde . Nun sieht die Verord- nung vor, dass die Kassensysteme eine Zeitquelle zur Protokollierung des Vorgangs aufweisen müssen . Diese Anforderung zementiert den Ausschluss der bestehenden Technologie INSIKA . Damit ist die Verordnung gerade nicht technologieoffen; denn sie schließt eine bestehende und erprobte Technologie gezielt aus . Die Verordnung schließt ebenfalls die Aufnahme von Taxametern in den Anwendungsbereich des Gesetzes aus . Dabei handelt es sich hier um eine Branche, in der Kas- senbetrug vielfach passiert . Im Rahmen der Anhörung der Sachverständigen haben die Taxiverbände explizit darum gebeten, die Taxameter mit in den Anwendungs- bereich dieses Gesetzes einzubeziehen und dem Kassen- betrug zu begegnen . Denn dieser Steuerbetrug schadet nicht nur dem Staat, sondern auch einem funktionieren- den und fairen Wettbewerb . Die guten Erfahrungen der Länder mit einer Regulierung der Taxameter werden da- bei schlicht ignoriert . Das macht die Entscheidung erst Recht unverständlich . Des Weiteren hat das BMF auf die hohen Kosten und den technischen Aufwand für die Taxibetreiber verwie- sen, wenn diese sich erst einen Drucker für ihr Taxi be- sorgen müssten . Ein solches Gerät ist bereits für unter 200 Euro auf dem Markt erhältlich . Auch dieses Argu- ment überzeugt nicht . Das BMF hatte in den Gesetzesberatungen in Aussicht gestellt, mit der Verordnung „klarstellend“ die Aufnah- me von kassenähnlichen Systemen in den Anwendungs- bereich des Gesetzes zu regeln . Die Verordnung schließt Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24279 (A) (C) (B) (D) diese Systeme nun ausdrücklich aus . Das ist umso unver- ständlicher, als eine Mehrzahl der Länder, deren Steuer- verwaltungen mit ihren Prüfern und Steuerfahndern Tag für Tag mit Kassenbetrug konfrontiert sind, im Vorfeld massive Bedenken gegen den Verordnungsentwurf vor- gebracht haben . Die Länder haben insbesondere den An- wendungsbereich kritisiert . Das BMF hat das ignoriert . Warum stimmt eigentlich die SPD-Fraktion einem solch schlechten, jedenfalls für den Fiskus schlechten Gesetz zu? Weil schon mit wenigen Änderungen und Streichungen sowohl der Anwendungsbereich definiert werden kann als auch der Zeitpunkt des Inkrafttretens – eine Aufgabe für neue Mehrheiten in der neuen Legisla- turperiode . Diese Verordnung ist trotz allem ein erster Schritt, die Grundvoraussetzung zu schaffen, um die Regelungen des Kassengesetzes mit Leben zu füllen . Es ist jedoch erforderlich, dass in einem zweiten Schritt der Anwen- dungsbereich ausgedehnt wird und zumindest Taxame- ter Bestandteil der Regelungen werden . Daher stimmen wir widerwillig dieser Verordnung zu, fordern das BMF aber zugleich auf, sofort mit den Vorbereitungen für eine Überarbeitung der Verordnung zu beginnen . Der zweite Schritt hin zu einer echten technologieoffenen Lösung soll zeitnah gemacht werden . Das BMF muss dabei auf die Experten aus den Ländern hören . Vor diesem Hintergrund begrüßen wir ausdrücklich, dass das BMF eine Protokollerklärung abgegeben hat, mit der es sich zur Nachbesserung bis Mitte nächsten Jahres verpflichtet – in enger Abstimmung mit den Län- dern . Es ist nicht übertrieben, zu sagen: Unser Druck war dabei sehr hilfreich. – Ich hoffe, das BMF überwindet die Verharmlosung von Betrug und nimmt seine Selbstver- pflichtung ernst. Bei entsprechenden Mehrheitsverhältnissen werden wir jedenfalls das Kassengesetz und die Kassensiche- rungsverordnung möglichst bald auf Wirksamkeit um- stellen . Andreas Schwarz (SPD): Wir beschließen heute zu später Stunde die Kassensicherungsverordnung . Damit präzisieren wir die Details des Gesetzes zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung durch manipulierte Kassensys- teme, das wir erst kürzlich nach langem und intensivem Ringen beschlossen haben . Der Schaden durch Steuerhinterziehung durch ma- nipulierte Kassensysteme beträgt jährlich mindestens 10 Milliarden Euro . Manche Experten schätzen sogar deutlich mehr . Es ist dem Hohen Hause bekannt, dass wir als SPD-Bundestagsfraktion schon das eigentliche Gesetz kritisch sehen . Und auch heute geraten wir nicht in die Euphorie, die manch anderer über diese Verordnung glaubt haben zu müssen . Nein, sie hat Mängel . Sie ist nicht sonderlich konkret. Sie ist nicht sonderlich effektiv. Sie lässt viele technologische Möglichkeiten vollkom- men ungenutzt, die bereits am Markt existieren, und sie ignoriert vorhandene Projekte, die funktionieren . Immerhin konnten wir Sozialdemokraten erreichen, dass sich das Bundesfinanzministerium mit einer Proto- kollerklärung zur zeitnahen Nachbesserung verpflichtet. Gemeinsam mit den Ländern werden wir nun noch im ersten Halbjahr 2018 Verbesserungen erreichen . Diesen Nachbesserungsbedarf sehen wir insbesondere beim Taxigewerbe . Der Verordnungsentwurf von Bun- desfinanzminister Wolfgang Schäuble enttäuscht hier auf ganzer Linie und verfehlt sein Ziel . Wir, die SPD-Bun- destagsfraktion, die Länder und sogar die beiden großen Taxiverbände haben bereits bei der Ressortabstimmung vom Bundesfinanzministerium gefordert, dass der An- wendungsbereich wenigstens auf Taxameter ausgedehnt wird . Obwohl Hamburg Steuerbetrug im Taxigewerbe erfolgreich unterbindet, verhindert das Bundesfinanzmi- nisterium weiterhin, dieses Modell bundesweit wirksam einzusetzen . Nicht zuletzt verhindert die Verordnung auch eine bereits am Markt vorhandene Lösung: INSIKA . Diese funktioniert nicht nur sofort, sondern ist zudem auch noch kostengünstig. Falls durch dieses offenkundig bewusste Verhindern nun Lösungen am Markt entwickelt werden, die vermutlich deutlich teurer sein werden als INSIKA, dann trägt allein Bundesfinanzminister Schäuble dafür die Verantwortung . Ich bin gespannt, wie die Kollegin- nen und Kollegen von der Union den Händlern erklären wollen, dass sie gegen den Willen der SPD eine teurere und bürokratischere Lösung durchgesetzt haben . Experten aus den Steuerverwaltungen der Länder haben außerdem auf zahlreiche technische Mängel hin- gewiesen . Diese Bedenken wurden vom BMF ignoriert . Hier wird die Evaluation schnell zeigen, wo es zu Pro- blemen kommen wird . Diese müssen dann umgehend behoben werden . Wir stimmen mit großen Bauchschmerzen der Ver- ordnung zu . Trotz der benannten Mängel bietet sie die Möglichkeit, unter anderen Mehrheitsverhältnissen im Bundestag und in der Hausführung des BMF aus ihr und dem Gesetz tatsächlich ein wirkungsvolles Instrument gegen Steuerbetrug zu machen, so wie es sich Minister Schäuble zumindest in seinen Presseerklärungen immer wünscht . Wir werden den Ankündigungen des Kollegen Dr . Schäuble unsere Taten folgen lassen . Richard Pitterle (DIE LINKE): Um es gleich vor- wegzunehmen: Diese Verordnung ist nicht nur kein gro- ßer Wurf, sondern ein schlechter Witz; denn der Rege- lungsgehalt der Verordnung geht gegen null . Die große Koalition legt damit wieder einmal den Schluss nahe, dass ihr der Kampf gegen Steuerbetrug nicht sonderlich wichtig ist . Noch einmal zum Hintergrund der Verordnung: 10 Milliarden Euro jährlich gehen dem Fiskus nach Schätzungen aufgrund von Steuerbetrug durch Kassen- manipulation verloren . Diese Kassenmanipulation ge- schieht alltäglich, zum Beispiel in der Gastronomie . Man zahlt das Essen, der Kellner kassiert, auf der Abrechnung des Lokals für das Finanzamt taucht die Flasche Wein dann aber plötzlich nicht mehr auf . Das ist ganz einfach, es gibt sogar extra Software, die die in die Registrierkasse Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724280 (A) (C) (B) (D) eingegebenen Umsätze frisiert und nach unten schraubt . Wer gar keine Registrierkasse hat, kann letztlich sowieso angeben, was er will . Vor einem halben Jahr hat der Bundestag deswegen das sogenannte Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen beschlossen . Auf Be- treiben der großen Koalition war das Gesetz leider kein großer Wurf . Gute Ansätze waren zwar vorhanden . Wir Linke haben da aber bereits die Schlupflöcher im Gesetz bemängelt; denn leider fehlt eine grundsätzliche Regis- trierkassenpflicht, und auch die Belegausgabepflicht kann umgangen werden . Auch hat die große Koalition damals darauf verzich- tet, das INSIKA-Verfahren in das Gesetz zu übernehmen . Mit INSIKA hätte aber eigentlich ein fertiges, bewährtes technisches Konzept zur Umsetzung des Schutzes vor Kassenmanipulationen bestanden . Stattdessen wurde das Gesetz laut großer Koalition technologieoffen gestaltet. „Technologiefern“ hätte es besser getroffen. Die jetzige Verordnung sollte diese Lücke eigentlich schließen und die Anforderungen an die technische Um- setzung des Schutzes vor Kassenmanipulation festlegen . Weil diese Frage der technischen Umsetzung von großer Bedeutung ist, wurde im vorausgegangenen Gesetz auch extra geregelt, dass die jetzige Verordnung der Zustim- mung des Bundestages bedarf . Es wurde sogar explizit in den § 146a der Abgabenordnung geschrieben, dass die Verordnung unter anderem die Anforderungen an das Si- cherheitsmodul, das Speichermedium und die einheitli- che digitale Schnittstelle enthalten soll . Schaut man nun in die Verordnung, fällt sogleich auf, dass sie sehr dünn geraten ist . Der eigentliche Rege- lungstext umfasst gerade einmal drei Seiten . Noch dazu wurde vieles einfach aus dem vorausgegangenen Gesetz kopiert und wiederholt . Wenn man nun die eben erwähn- ten Anforderungen an das Sicherheitsmodul, das Spei- chermedium und die einheitliche digitale Schnittstelle sucht, so findet sich in § 5 der Verordnung Folgendes: Die Festlegung dieser Anforderungen ist einfach an das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und das Bundesfinanzministerium weitergegeben wor- den . Damit wird die Verordnung wirklich ad absurdum geführt . Wenn wir als Bundestag vorher festlegen, was diese Verordnung zu enthalten hat, dann muss sich das Bundesfinanzministerium auch danach richten, ob es Herrn Schäuble passt oder nicht . Wenn wir uns als Bundestag ernst nehmen, dann kön- nen wir dieser Verordnung schlicht nicht zustimmen . Mit dieser Verordnung wird nichts geregelt . Man könnte das gar als eine Verhöhnung des Parlamentes bezeichnen, das nur kurz abnicken soll, dass die eigentlich wichtigen Ent- scheidungen woanders getroffen werden. Die Linke wird dabei nicht mitmachen . Wir lehnen dieses Nullum von einer Verordnung daher ab . Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nachdem der Deutsche Bundestag im Dezem- ber 2016 ein Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an Registrierkassen verabschiedet hat, liegt uns heute die technische Durchführungsverordnung zur Beschlussfas- sung vor . Bereits vor 13 Jahren stellte der Bundesrechnungshof fest, dass durch manipulierte Registrierkassen massiv Steuerbetrug und Schwarzgelderwirtschaftung betrieben wird . In Registrierkassen gespeicherte Daten können in vielen Systemen beliebig, ohne die geringsten Spuren zu hinterlassen, verändert werden . Durch den Betrug mit manipulierten Kassen entgehen den Haushalten von Bund und Ländern Jahr für Jahr schätzungsweise 10 Mil- liarden Euro . Problemverschärfend ist, dass steuerloyale Unternehmen zunehmend unter den Wettbewerbsnach- teilen gegenüber steuerunehrlichen Konkurrenten leiden . Das Grundprinzip unseres Wirtschaftssystems, der freie und faire Wettbewerb, ist in bestimmten Wirtschafts- zweigen stark gefährdet . Die Bundesregierung hat sich mit der Lösung dieses Problems viel zu lange Zeit gelas- sen, anstatt entschlossen zu handeln . Ein solcher Zeitbe- darf bis zum Vorliegen einer ersten Regelung ist in einem sich stürmisch entwickelnden digitalen Bereich deutlich zu groß . Dies gilt auch für die Bekämpfung des Umsatzsteu- erbetrugs auf digitalen Handelsplattformen . Dabei ist dieses Problem bereits seit Monaten bekannt, und der damit verbundene Schaden beläuft sich nach einer Schät- zung der Deutschen Steuer-Gewerkschaft auf mindestens 1 Milliarde Euro pro Jahr . Auch bei diesem Problem sind die Lösungsmöglichkeiten allen Verantwortlichen be- kannt, aber die Bundesregierung verschiebt die Entschei- dung auch in dieser Frage in die Zukunft . In der heute vorliegenden Kassensicherungsver- ordnung werden unter anderem die elektronischen Aufzeichnungssysteme festgelegt, die zukünftig über eine zertifizierte Sicherheitseinrichtung im Sinne des § 146 AO verfügen müssen . Demnach werden die Re- gelungen zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen lediglich auf elektronische oder computergestützte Kassensysteme Anwendung finden. Explizit ausgenommen werden Fahrscheinautomaten, Fahrscheindrucker, elektronische Buchhaltungsprogram- me, Waren- und Dienstleistungsautomaten, Geldauto- maten, Taxameter und Wegstreckenzähler sowie Geld- und Warenspielgeräte . Diese Auswahlentscheidung ist in dieser Form nicht nachvollziehbar . Eine Ausweitung auf weitere Geräte, zum Beispiel Taxameter, Geld- und Warenspielgeräte, wäre zudem zukünftig nur durch eine Änderung der Verordnung möglich . Grundlage für die Entscheidung über die Aufnahme von elektronischen Aufzeichnungsgeräten in die Defini- tion des § 1 KassenSichV hätte eine sorgfältige, trans- parente und nachvollziehbare Abwägung zwischen dem Manipulationsrisiko und dem erforderlichen Aufwand für den Steuerpflichtigen sein müssen. Wäre die Bundes- regierung so vorgegangen, wäre die Ausnahmeregelung für Taxameter und Wegstreckenzähler sowie Geld- und Warenspielgeräte nicht zu rechtfertigen gewesen . Denn die Erfahrungen mit dem Einsatz digitaler Sicherungs- systeme im Bereich der Taxiunternehmen in Hamburg so- wie zuletzt in Berlin belegen eindrucksvoll, in welchem Umfang in dieser Branche durch unehrliche Marktteil- nehmer Steuern und Abgaben hinterzogen werden . Laut Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24281 (A) (C) (B) (D) einem im Auftrag der Stadt Berlin erstellten Gutachten hat eine Plausibilitätsprüfung ergeben, dass 80 Prozent der Berliner Taxibetriebe jenseits der betriebswirtschaft- lichen Plausibilität arbeiten . Mit dieser Wettbewerbsver- zerrung scheint die Bundesregierung kein Problem zu ha- ben, sonst hätte sie Taxameter und Wegstreckenzähler ja nicht von der Liste der aufzeichnungspflichtigen Geräte ausgenommen . Übrigens müssen aktuelle Taxameter laut EU-Richt- linie 2004/22/EG bzw . EU-Richtlinie 2014/32/EG be- reits heute Einzelaufzeichnungen führen . Die Taxameter könnten über eine ebenfalls bereits heute vorgeschriebe- ne Datenschnittstelle unproblematisch mit einer techni- schen Sicherheitseinrichtung verbunden werden, um Ma- nipulationen zu verhindern . Weiterhin kritisch zu bewerten sind die Sicherheitsan- forderungen bezüglich der Protokollierung von digitalen Grundaufzeichnungen in der Verordnung . Sicherheits- systeme, die diese Anforderungen erfüllen, sind noch nicht auf dem Markt, sondern müssen in den kommen- den Jahren entwickelt, getestet und vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zertifiziert werden. Wann diese Verfahren überhaupt praxistauglich einsatz- fähig sind, ist völlig ungewiss . Diese Situation wäre aber vermeidbar gewesen, wenn auf das einzig bekann- te Verfahren zum Schutz vor Manipulationen an Kassen zurückgegriffen worden wäre. Das bislang einzig nutz- bare System zur Verhinderung von Manipulationen an Kassensystemen, das sogenannte INSIKA-System, wird durch die Verordnung praktisch unbrauchbar, da es in der jetzigen Form die Voraussetzungen, die in der Verord- nung an eine zertifizierte Sicherheitseinrichtung gestellt werden, nicht erfüllen kann . Vor dem Hintergrund, dass erstens das INSIKA-Ver- fahren über Jahre von einer Bund-Länder-Arbeitsgrup- pe in Zusammenarbeit mit der PTB entwickelt und vom BMWi gefördert wurde, dass zweitens das INSIKA-Ver- fahren in Hamburg erfolgreich in der Praxis funktioniert hat, ist der faktische Ausschluss des INSIKA-Verfahrens nicht nachvollziehbar . Die von der Bundesregierung vor- gebrachten Argumente gegen das INSIKA-Verfahren überzeugen nicht . Im Gegenteil, das von der Bundesre- gierung präferierte System einer zertifizierten Sicher- heitseinrichtung weckt nicht nur bei uns, sondern auch auf Fachebene bei den Steuerprüfern und den Kassen- herstellern erhebliche Zweifel hinsichtlich Wirksamkeit, Umsetzbarkeit und Prüfaufwand . In diesem Zusammenhang möchte ich auch nochmal auf unsere kritischen Fragen zu den Kosten der Zertifi- zierungslösung hinweisen . Im Raum stehen Beträge von 75 000 Euro für die Kassenhersteller . Es ist völlig klar, dass die Kassenhersteller diese Kosten auf Kassenkäufer abwälzen werden . Nicht nur nach unserer Einschätzung, sondern auch nach Meinung aller Experten wäre die INSIKA-Lösung deutlich preiswerter für die Wirtschaft gewesen . Da die vorgelegte Verordnung weder den Stand der Technik widerspiegelt noch die Problematik inhaltlich aufgreift, werden wir sie ablehnen müssen . Ich gehe da- von aus, dass der Finanzausschuss sich mit diesem The- ma zukünftig noch intensiv beschäftigen wird . Anlage 30 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Än- derung des Telemediengesetzes (Tagesordnungs- punkt 33) Hansjörg Durz (CDU/CSU): Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart: Die Potenziale von lokalen Funknetzen (WLAN) als Zugang zum Internet im öffentlichen Raum müs- sen ausgeschöpft werden . . . . Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber ist dringend geboten, etwa durch Klarstellung der Haftungsregelungen (Analog zu Accessprovidern) . Im vergangenen Sommer haben wir deshalb das Zweite Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes verabschiedet und darin einen Gleichklang sowie eine Gleichbehandlung von WLAN-Anbietern und Zugangs- providern festgelegt . Damit wurde der politische Wille, wie er im Koalitionsvertrag zum Ausdruck kam, umge- setzt . Nachdem die Änderung des Telemediengesetzes im Deutschen Bundestag beschlossen war, hat der EuGH im Fall „McFadden“ entschieden und ist dabei nicht – wie von vielen erwartet – dem Generalanwalt gefolgt . Auf- grund dieses Urteils ist nun die Bundesregierung zu der Auffassung gekommen, dass das geänderte Gesetz noch- mals verändert werden müsse . Das Bundeswirtschafts- ministerium hat daraufhin den heute zu beratenden Ent- wurf vorgelegt . Der Gesetzentwurf wird sehr kontrovers diskutiert, insbesondere werden die darin enthaltenen Sperren stark kritisiert . Nach ersten intensiven Beratungen innerhalb der Arbeitsgruppen, mit Juristen und Experten aus den ver- schiedenen Branchen, mit Verbänden und Unternehmen, lässt sich festhalten, dass aktuell drei Optionen auf dem Tisch liegen: Erstens . Erhalt des Status-quo/Passwort-Verschlüsse- lung: Bei der ersten Option erfolgt die Sicherung eines offenen WLAN durch Passwortverschlüsselung. Die Verschlüsselung muss vom Betreiber aber erst dann ein- gerichtet werden, nachdem er hierzu nach erster (richter- licher) Anordnung infolge einer Rechtsverletzung durch Dritte aufgefordert wurde . Erfolgt keine Rechtsverlet- zung, muss der Betreiber auch keine Sicherungsmaßnah- men ergreifen. Zudem fallen bei der ersten Aufforderung für den WLAN-Betreiber keinerlei Kosten, etwa Pro- zesskosten etc ., an . Bei dieser Option bleibt also der Sta- tus quo aus dem Zweiten TMG-Änderungsgesetz erhal- ten . Sie folgt gleichsam den sich aus dem EuGH-Urteil „McFadden“ ergebenden Anforderungen zur Sicherung eines offenen WLAN-Anschlusses. Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724282 (A) (C) (B) (D) Zweitens. Abschaffung der Störerhaftung in Verbin- dung mit Seitensperrungen: Diese Option entspricht dem vorliegenden, neuen Gesetzentwurf: die Abschaffung jeglicher Haftungsrisiken für die Betreiber von offe- nem WLAN . Gleichzeitig räumt der Gesetzentwurf den Rechteinhabern jedoch einen Rechtsanspruch gegenüber den WLAN-Anbietern ein, bestimmte Seiten zu sperren . In der Konsequenz sind die Betreiber bei dieser Option von der Haftung befreit . Auf der anderen Seite kann es aber zu einer Art „Löschung auf Zuruf“, also zu unver- hältnismäßigen Sperrungen von Webseiten und Portsper- rungen am Router oder auch zu Datenmengenbegrenzun- gen, kommen . Drittens. Komplette Abschaffung der Störerhaftung ohne weitere Auflagen: Die dritte und letzte Option wird aus Sicht bestimmter Anbieter und von Teilen der Netz- gemeinde favorisiert: eine komplette Abschaffung der Störerhaftung ohne jegliche verpflichtende Auflagen für die WLAN-Betreiber . Diese dritte, vermeintlich einfachste Variante, näm- lich die Abschaffung der Störerhaftung ohne Auflagen, ist schlicht nicht umsetzbar, da sie den Schutz der Rech- teinhaber vollkommen unberücksichtigt lässt und gegen Europarecht verstößt . Diese Lösung – das müssen wir klipp und klar sagen – ist nicht europarechtskonform und verstößt gegen die bestehende EU-Urheberrechtsrichtli- nie. Dieser Ansatz der kompletten Abschaffung der Stö- rerhaftung ohne jegliche Haftungsregelungen und damit ohne jegliche Möglichkeit der Durchsetzung von Rech- ten bei Rechtsverletzungen durch Dritte ist nicht umzu- setzen . Es wäre nicht mit geltendem EU-Recht konform . Zudem haben wir auch in der Vergangenheit immer be- tont, dass gegenüber dem berechtigten politischen Anlie- gen einer schnellen Verbreitung von offenem WLAN die Rechte von Urhebern nicht zur Disposition stehen . Und sicherheitspolitische Aspekte gäbe es bei dieser Lösung auch noch zu diskutieren . Wir müssen uns daher intensiv mit den Möglichkeiten der beiden ersten Optionen, nämlich der Beibehaltung des Status quo oder aber der Abschaffung der Störerhaf- tung in Verbindung mit Sperren, befassen . Unser Ziel war immer: mehr offenes WLAN bei gleichzeitiger Rechtssicherheit für Nutzer, Betreiber und Rechteinhaber . Mit welchem der beiden Varianten errei- chen wir dieses Ziel besser? Im Zuge der Gespräche mit Fachleuten und Sachver- ständigen zu dem neuerlichen Gesetzentwurf hat sich keine eindeutige Einschätzung herauskristallisiert . Es gibt die eine Seite, die für die Beibehaltung des Status quo plädiert, und die andere, die für die vorgeschlagene dritte Änderung des Telemediengesetzes argumentiert . Diese beiden Sichtweisen gilt es im nun folgenden parla- mentarischen Verfahren abzuwägen . Trotz des Willens, möglichst schnell zu einer Lösung zu kommen, müssen wir doch sehr sorgfältig abwägen, welche Vorgehensweise tatsächlich mehr Rechtssicher- heit schafft. Axel Knoerig (CDU/CSU): Mit der Änderung des Telemediengesetzes im letzten Sommer haben wir die Ausweitung freier WLAN-Netze hierzulande vorange- trieben . Auch in meinem Wahlkreis wird zunehmend kostenlo- ses Internet angeboten: Immer mehr Kommunen stellen an zentralen Plätzen oder in öffentlichen Einrichtungen einen WLAN-Zugang bereit, zum Beispiel in Freibä- dern, Jugendzentren und Mehrgenerationenhäusern . Das kommt dem Ausbau einer modernen Infrastruktur und dem Tourismus bei uns im ländlichen Raum zugute . Mit dem Gesetz wurden auch viele innovative Projek- te angestoßen: So wurden im Rahmen des Luther-Jahres in der Stadt Wittenberg insgesamt 20 Hotspots eingerich- tet . Und bei Hannover gibt es bereits die ersten Parkbän- ke mit WLAN-Anschluss . Ganz aktuell in diesem Zusammenhang plant die EU ein neues Förderprogramm: Mit 120 Millionen Euro sol- len bis zu 8 000 Kommunen gefördert werden, um öffent- liche Internetzugänge bereitzustellen . Trotz dieser erfolgreichen Entwicklung sieht das Bun- deswirtschaftsministerium weiterhin Nachbesserungsbe- darf: Mit dem vorliegenden Entwurf des 3 . Telemedie- nänderungsgesetzes soll noch mehr Rechtssicherheit für WLAN-Anbieter geschaffen werden. Dabei müssen sie bereits seit der letzten Gesetzesänderung keine teuren Abmahngebühren mehr fürchten, sofern ein Rechtsver- stoß erstmals erfolgt . Diese Novelle, die noch dazu in kürzester Zeit ver- abschiedet werden soll, bringt viele Nachteile mit sich: Besonders kritisch ist der Punkt, dass künftig nicht nur WLAN-Anbieter von Unterlassungs- und Beseitigungs- ansprüchen befreit werden . Vielmehr sollen alle Zu- gangsanbieter davon entbunden werden, also auch die großen Telekommunikationsfirmen. Das würde klar zu- lasten von Rechteinhabern wie Künstlern oder Verlagen gehen . Diese wiederum sollen durch eine andere Neurege- lung gestärkt werden: So will man WLAN-Betreiber un- ter anderem dazu verpflichten, den Zugang zu bestimm- ten Webseiten zu sperren . Dabei ist aber Folgendes zu beachten: Erstens . Eine völlige Befreiung von Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen verstößt gegen europäi- sches Recht . Zweitens . Netzsperren sind erfahrungsgemäß wenig wirksam . Sie bedeuten zugleich einen hohen Aufwand für WLAN-Betreiber, da Sperrungen immer aktualisiert werden müssen . Die Folge sind neue Rechtsunsicherhei- ten und Einschränkungen der Informationsfreiheit . Wir haben also in der Koalition noch einiges zu dis- kutieren . Das Thema WLAN ist mit dem Thema Breitbandaus- bau eng verknüpft . Daher möchte ich auch hierzu etwas sagen: Mit unserem Bundesprogramm fördern wir den Breitbandausbau in ländlichen Region . Wir investieren 4 Milliarden Euro bis 2018 für flächendeckendes schnel- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24283 (A) (C) (B) (D) les Internet. Auch der Landkreis Diepholz profitiert von einer Förderung in Höhe von 15 Millionen Euro . Im Zuge der Planungen in den verschiedenen Regio- nen wird inzwischen eine Tendenz deutlich, die unsere Aufmerksamkeit erfordert: Und zwar zeigen einzelne Netzbetreiber nach Zusage der Fördermittel doch Inte- resse daran, zuvor als „weiße Flecken“ definierte Gebiete auszubauen . Dadurch werden viele bereits geplante Be- treibermodelle nachträglich unwirtschaftlich . Mit dieser Art von unfairer Vorteilsnahme wird der Breitbandaus- bau in ganzen ländlichen Regionen gefährdet . Hier be- steht ein Problem auf den Glasfasermärkten, das wir dringend angehen müssen . Nur so können wir schnelles Internet und WLAN in ganz Deutschland bekommen . Marcus Held (SPD): Wir behandeln heute in erster Lesung den Entwurf eines mittlerweile Dritten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes . Es ist noch nicht so lange her, dass wir den Zweiten Entwurf in ein Gesetz gegossen hatten . Jedoch hatte am 15 . September 2016 dann der Europäische Gerichts- hof so entschieden, dass es für WLAN-Betreiber er- neut keine Rechtssicherheit mehr gab . Das wollen wir mit vorliegendem Gesetzentwurf nun endgültig ändern . WLAN-Betreiberinnen und -betreiber benötigen Rechts- sicherheit, wenn diese ihren WLAN-Zugang für die Öf- fentlichkeit zur Verfügung stellen . Und wir brauchen mehr öffentliches WLAN in Deutschland . Immer noch gibt es die WLAN-Wüste Deutschland . Der Zugang zum Internet gehört meiner Meinung nach mittlerweile zur öffentlichen Daseinsvor- sorge . Schulen, Bibliotheken, Cafés, aber auch Unterneh- men profitieren in hohem Maße davon. Insofern plädie- re ich dafür, schnellstmöglich diese Rechtssicherheit zu schaffen. Auch wenn es zeitlich ziemlich knapp ist, sollte das in dieser Legislaturperiode noch möglich sein . Dazu hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie einen sehr guten Vorschlag gemacht, auf dessen Grund- lage wir in der Koalition im Juni nun beraten können . Mir ist bewusst, dass es aufseiten der Innen- und Kul- turexperten Bedenken gegen das Gesetz gibt, weil eben Urheberrechtsverletzungen oder auch Sicherheitsrisiken gesehen werden, wenn es vermehrt offene WLAN-Netze gibt . Auch mit diesen Bedenken wollen wir uns während des Gesetzgebungsprozesses auseinandersetzen, um die- se auszuräumen . Hierzu besteht zumindest schon einmal das Instrumentarium der Evaluation des Gesetzes nach einer bestimmten Jahresfrist . Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich Gäste aus anderen europäischen Ländern, die ich oft hier in Ber- lin oder auch im Wahlkreis begrüßen darf, über das WLAN-unfreundliche Deutschland wundern . Besonders die ausländische Tourismusbranche schüttelt hier den Kopf, wie ich es alljährlich auf der Tourismusmesse ITB vernehmen kann . Als jemand, der aus einer touristisch aufstrebenden Region, nämlich Rheinhessen, kommt, ist es mir ein Herzensanliegen, dass wir hier zu einem guten Ergebnis kommen, wo wir es am Ende schaffen, es gesetzlich so rechtssicher zu machen, dass es zu keiner weiteren Ände- rung des Telemediengesetzes mehr kommen muss . Ich freue mich auf die anstehenden Beratungen mit meinen Fraktions- und Unionskollegen und danke dem Bundeswirtschaftsministerium schon einmal herzlich für seinen guten Gesetzentwurf . Lars Klingbeil (SPD): Der heute in erster Lesung zu beratende Entwurf für ein Drittes Gesetz zur Ände- rung des Telemediengesetzes (3 . TMGÄndG) ist not- wendig geworden, nachdem eine Entscheidung des Eu- ropäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 15 . September 2016 erneut Fragen hinsichtlich der Rechtssicherheit für WLAN-Hotspots aufgeworfen hat . Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist eine gute Grundlage, um das mit dem 2 . Telemedienänderungsgesetz verfolgte Ziel auch nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zu erreichen . Mit dem 2 . Telemedienänderungsgesetz hat der Deut- sche Bundestag klargestellt, dass auch WLAN-Anbieter die volle Haftungsprivilegierung als Internetzugangsan- bieter (Access-Provider) genießen . Durch die Gleich- stellung von WLAN-Anbietern mit Access-Providern ist eine Haftung eines WLAN-Anbieters für Rechtsverlet- zungen Dritter ausgeschlossen . Ein Internetzugangsan- bieter kann damit weder zur Zahlung von Schadenersatz noch zur Tragung der Abmahnkosten und der gerichtli- chen oder außergerichtlichen Kosten im Zusammenhang mit der von einem Dritten begangenen Rechtsverletzung verpflichtet werden. Die Privilegierung der WLAN-Be- treiber schließt auch eine Inanspruchnahme auf Beseiti- gung und Unterlassung aus . Nicht ausgeschlossen hat auch das 2 . Telemedienän- derungsgesetz die Möglichkeit einer gerichtlichen An- ordnung, wie sie das europäische Recht vorgibt . Diese Anordnung darf aber nicht eine Verschlüsselungs- und/ oder Registrierungspflicht zur Folge haben. Zwar hat der EuGH dies im Grundsatz bestätigt . Zugleich hat er aber festgestellt, dass ein Gericht oder eine nationale Behörde gegen einen WLAN-Betreiber eine Anordnung erlassen kann, um der Wiederholung einer Rechtsverletzung vor- zubeugen . Dies könne beispielsweise eine Anordnung zur Verpflichtung zur Verschlüsselung des Netzes und zur Registrierung der Nutzerinnen und Nutzer erreicht werden, wobei zahlreiche andere – weniger weitreichen- de – Möglichkeiten in dem Urteil nicht erwähnt werden . Unklarheit besteht darüber, wer die Kosten für eine sol- che gerichtliche Anordnung tragen muss . Das Urteil hat damit erneut Rechtsunsicherheit hervor- gerufen, da Anbieter nun fürchten, ihren WLAN-Hotspot verschlüsseln zu müssen und abgemahnt zu werden . Dies könnte beispielsweise dazu führen, dass Kommunen Investitionen in offene WLAN-Hotspots zurückstellen, weil sie befürchten müssen, dass ein Gericht ihnen diese Auflagen anordnet und sie sie schlichtweg nicht erfüllen können . Diese Rechtsunsicherheit soll durch die erneute An- passung des Telemediengesetzes beseitigt werden . Ich danke der Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries, dass sie die Initiative ergriffen und diesen Gesetzentwurf Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724284 (A) (C) (B) (D) vorgelegt hat, um das wichtige Ziel der Koalitionsverein- barung und der Digitalen Agenda der Bundesregierung, Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber zu schaffen, errei- chen zu können . Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird der Umfang der Haftungsbeschränkung für Inter- netzugangsanbieter klar geregelt . Darüber hinaus werden diese weitgehend von der Kostentragungspflicht, insbe- sondere bei Abmahnungen, befreit . Schließlich sieht der Gesetzentwurf eine Klarstellung vor, dass WLAN-Be- treiber nicht von einer Behörde verpflichtet werden dür- fen, Nutzer zu registrieren, ihr WLAN nicht mehr anzu- bieten oder die Eingabe eines Passworts zu verlangen . Da die europarechtlichen Vorgaben der Urheber- rechts- und der Durchsetzungsrichtlinie explizit gericht- liche Anordnungen gegen Diensteanbieter vorschreiben, sieht der Gesetzentwurf zugleich vor, dass Rechteinhaber von den Diensteanbietern die „Sperrung der Nutzung der Information verlangen können, um die Wiederholung der Rechtsverletzung zu verhindern“ . Hierfür soll mit dem Entwurf eine „Anspruchsgrundlage für gerichtliche An- ordnungen“ gegen Access-Provider geschaffen werden. Ich sehe zwei Punkte, über die im parlamentarischen Verfahren noch geredet werden müsste: Der eine betrifft die Anspruchsgrundlage für gerichtliche Anordnungen . Eine solche Anordnung bedarf einer Grundrechtsab- wägung, weswegen ihr zwingend eine konstitutive ge- richtliche Anordnung vorausgehen muss . Damit einher geht die Frage der Kostentragung . Der zweite Punkt betrifft die notwendige Klarstellung, dass auch Gerichte WLAN-Anbieter nicht dazu verpflichten dürfen, die Ge- währung des Zugangs von a) der Registrierung der Nut- zer, b) der Verschlüsselung des WLAN-Netzes abhängig zu machen oder c) die Einstellung des WLAN-Angebots zu fordern . Diese Änderungen, die in ähnlicher Form auch seitens des Bundesrates gefordert werden, entspre- chen dem, worauf sich die Koalitionsfraktionen bereits mit dem 2 . Telemedienänderungsgesetz verständigt ha- ben . Von daher spricht aus meiner Sicht nichts dagegen, den Entwurf mit diesen Änderungen schnell zu beschlie- ßen und so wieder Rechtssicherheit für WLAN-Hotspots zu schaffen. Wir haben einen knappen Zeitplan, um das Gesetz noch bis zur Sommerpause zu verabschieden und um ein zentrales Vorhaben der Digitalen Agenda umzusetzen . Es ist gut, dass es der Bundeswirtschaftsministerin gelun- gen ist, diesen Kompromiss zu erreichen und diesen Ge- setzentwurf der Bundesregierung auf den Weg zu brin- gen . Nun liegt es an unserem Koalitionspartner, dieses wichtige Vorhaben nicht zu gefährden. Offenbar gibt es aber Überlegungen in der Unionsfraktion, diesen in der Bundesregierung gefundenen Kompromiss grundsätzlich infrage zu stellen . Aus Sicht der SPD-Fraktion kann ich daher nur fest- stellen, dass die rote Linie für uns der bereits mit dem 2 . Telemedienänderungsgesetz gefundene Kompromiss darstellt, den der Gesetzentwurf nochmals klarstellt . Auf dieser Grundlage können wir uns im Parlament sehr schnell auf eine weitere Novellierung des Telemedienge- setzes verständigen, um auch nach dem Urteil des EuGH Rechtssicherheit für öffentliche WLAN-Hotspots sicher- zustellen . Eine Verschlechterung der jetzigen Rechtslage darf es auf keinen Fall geben . Dies widerspräche auch diametral dem Koalitionsvertrag und der Digitalen Agen- da . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Die Störerhaftung für WLAN-Betreiber ist ein Paradebeispiel dafür, wie man es sich als Gesetzgeber mit einem sehr einfachen Problem sehr lange sehr schwer machen kann . Das Problem: Wer in Deutschland ein für die Öffentlichkeit zugängliches WLAN betreibt, setzt sich der Gefahr aus, für Rechts- verstöße geradestehen zu müssen, die andere unter Be- nutzung dieser Internetverbindung begehen . Die Folge: Offene WLAN-Netze sind in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern Mangelware, obwohl sie einen wich- tigen Baustein für den Zugang zu digitaler Infrastruktur darstellen . Spätestens seit einem Urteil des BGH von 2010 ist auch klar, dass der Gesetzgeber gefordert ist, sich dieses Problems anzunehmen . So einfach wie das Problem ist, so simpel wäre auch die Lösung: Es braucht nichts ande- res als eine gesetzliche Klarstellung, dass WLAN-Betrei- ber in dieser Hinsicht genauso zu behandeln sind wie alle anderen Zugangsanbieter . Das Problem schien dann ir- gendwann auch erkannt gewesen zu sein: Jedenfalls kün- digt der Koalitionsvertrag von 2013 an, Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber zu schaffen und sie bei der Haftung analog zu anderen Zugangsanbietern zu behandeln . Passiert ist dann erst einmal nichts . 2014 kam die Di- gitale Agenda; da haben Sie das noch einmal bekräftigt und einen Gesetzentwurf „in Kürze“ angekündigt . Kurz danach haben wir selbst einen Gesetzentwurf einge- bracht, der das Problem vollumfänglich gelöst hätte . Den haben Sie natürlich abgelehnt . Erst 2016 kam dann Ihr Gesetzentwurf . Nur ist der an das Gesetz so halbgar herangegangen, dass das eigentli- che Problem immer noch nicht gelöst wurde, selbst nach- dem einiger, noch größerer Unfug daraus entfernt wurde . Damals habe ich im Plenum dazu gesprochen und Ihnen angekündigt, dass mit Ihrem Entwurf weitere Rechts- streitigkeiten folgen werden, weil Sie immer noch keine Haftungsfeststellung für Unterlassungsansprüche vor- sehen . Damals haben die Kollegen von CDU und SPD dazwischengerufen – ich habe noch einmal ins Protokoll gesehen –, das würde alles gar nicht stimmen und wäre ein völlig falsches Rechtsverständnis . Jetzt – ein Jahr später – legt die Bundesregierung ei- nen Gesetzentwurf vor, in dem sie feststellt, dass wei- tere Rechtsstreitigkeiten gefolgt sind und dass es jetzt notwendig wäre, eine Haftungsfreistellung für Unter- lassungsansprüche vorzusehen . Welche Überraschung! Gerne würde ich mich darüber freuen, dass nun endlich das erreicht ist, was schon vor Jahren sehr leicht zu ha- ben gewesen wäre . Aber Sie haben es zustande gebracht, auch in diesen Entwurf schon wieder einen Fallstrick einzuflechten: Die Anbieter von WLAN-Zugängen sol- len nun ausgerechnet zur Einrichtung von Netzsperren verpflichtet werden können. Und da fallen wir nach dem großen Bogen von 2010 zu heute auf einmal auf den Diskussionsstand von 2009 zurück und müssen wohl ernsthaft wieder über Löschen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24285 (A) (C) (B) (D) statt Sperren reden . Meine Damen und Herren: Wir müs- sen uns vielleicht Sisyphos als glücklichen Menschen vorstellen . Aber bitte nicht als vorbildlichen Netzpoliti- ker . Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dass die digitale Infrastruktur in diesem Land längst noch nicht da ist, wo wir sie alle gerne sehen würden, hat einen Grund: Und zwar diese Bundesregierung . Ausnahmsweise möchten wir in diesem Zusammen- hang nicht Herrn Dobrindt in die Pflicht nehmen, sondern was das bis heute andauernde Versagen der Bundesregie- rung betrifft, endlich Rechtssicherheit für Betreiber von öffentlichem WLAN herzustellen, so heißen die verant- wortlichen Ministerinnen und Minister Zypries, Gabriel, Rösler und Brüderle . Die verschiedenen Namen zeigen schon einmal die zeitliche Dimension des Problems; zu den inhaltlichen Dimensionen komme ich später: Das Versprechen der Bundesregierung von Frau Merkel, die sogenannte Störerhaftung zu beseitigen und endlich eine rechtssichere Bereitstellung von öffentli- chem WLAN zu ermöglichen, ist über den Zeitraum von mittlerweile beinahe zwei Legislaturperioden im- mer wieder erneuert worden . Weil es immer noch nicht eingelöst wurde und leider auch der vorliegende Gesetz- entwurf einmal mehr am Ziel vorbeischießt, wird dieses Versprechen durchaus zu Recht schon als Running Gag der Digitalpolitik dieser Bundesregierung bezeichnet . Das Spiel war und ist dasselbe: Grundsätzlich unter- stützenswerte Vorhaben werden im Zuge der digitalpoli- tischen Gehversuche dieser Bundesregierung in gesetzli- che Regelungen übersetzt, die diesen Vorhaben ganz und gar nicht gerecht werden oder aber an den entscheiden- den Stellen so unpräzise sind, dass sie auf die Auslegung von Gerichten angewiesen sind. Auf die offensichtlichen Fehler der Vergangenheit wird dann eine Form von re- gulativem Pflaster geklebt, im selben Zuge dann aber wiederum völlig ohne Not ein bisher noch ungesehenes regulatives Gespenst in die Debatte gezerrt, das abermals zu Verwirrung und Rechtsunsicherheiten führt . Auch im vorliegenden Gesetzentwurf ist das grund- sätzlich formulierte Vorhaben der Bundesregierung nicht nur begrüßenswert, sondern das, worauf wir seit Jahren warten: Dass eine längst überfällige Befreiung der Diens- teanbieter von Haftung und Abmahnkosten im Zusam- menhang mit Rechtsverstößen Dritter bereits das Ziel der letzten Änderungen am Telemediengesetz durch die Bundesregierung im vergangenen Jahr war, sagt die Bun- desregierung an dieser Stelle selbst . Neben der wichtigen Klarstellung, dass die Haftungs- befreiung auch für die Kosten für gerichtliche Unterlas- sungsanordnungen gilt, sollen WLAN-Betreiber zudem nicht von Behörden verpflichtet werden können, Nutzer zu registrieren oder eine Passworteingabe zu verlangen . Bedauerlicherweise sind entsprechende Anordnungen durch Gerichte aber nach wie vor möglich . Hier hat die Bundesregierung auch eine entsprechende Anregung des Bundesrates abgelehnt . Wiederum völlig ohne Not bringt sie im vorliegenden Entwurf gleich zwei neue Gespenster in die parlamenta- rische und öffentliche Debatte ein: Erstens sollen WLAN-Betreiber durch Anordnun- gen einer Behörde nun zur temporären Einstellung ihrer Dienste verpflichtet werden können. Die vagen Verweise auf die Abwehr von Gefahren und entsprechende Rechts- grundlagen erwecken nicht den Eindruck, als ob hierbei zukünftig kritische Interpretationsspielräume ausge- schlossen seien . Zweitens schafft die Bundesregierung einen Anspruch von Rechteinhabern gegenüber Zugangsanbietern, die Sperrung der Nutzung von Informationen zu verlangen, und bringt in diesem Zusammenhang von sich aus Netz- sperren von bestimmten Ports und Seitenzugriffen ins Spiel . Davon abgesehen, dass Netzsperren nicht umsonst höchst umstritten sind: Entgegen der eigentlichen Ziel- vorgabe dieses Gesetzentwurfs müssten WLAN-Betrei- ber die Kosten eines verlorenen Widerspruchs tragen, wenn sie sich sozusagen dem „Zuruf“ eines Rechtein- habers und dessen Forderung eine Netzsperre entziehen und der Rechteinhaber vor Gericht gewinnen sollte . Wohin das führt, haben Verbraucherschützer, Bür- gerrechtlerinnen und Wirtschaftsverbände in ihrer doch sehr deutlichen Kritik dargelegt: Große Diensteanbieter befürchten, bevorzugtes Ziel von Sperranforderungen zu werden; kleine und private WLAN-Betreiber fürchten, aufgrund des mit Sperranforderungen einhergehenden technischen und bürokratischen Aufwands sowie auf- grund des finanziellen Risikos kein offenes WLAN an- bieten zu können . Ich befürchte, beide haben Recht . In jedem Fall führt diese Regelung zu Wettbewerbs- verzerrungen . Zusätzlich zum Risiko eines Overblock- ing, von dem zumal auch einige vielfach genutzte legale Angebote betroffen sein dürften, besteht durch die mög- licherweise drohenden Gerichtskosten genau eines nicht: Rechtssicherheit . Da hilft es auch nicht, dass sich die Bundesregierung in ihrem Legislaturbericht Digitale Agenda, zu dem wir ja auch morgen noch diskutieren werden, bereits ausführ- lich dafür lobt, einen sicheren Rechtsrahmen für WLAN geschafft zu haben – noch vor dem aktuell hier laufenden parlamentarischen Verfahren . Was hier auf Hochglanzpa- pier gedruckt wurde, ist nicht mehr als das, was es seit nunmehr bald sieben Jahren ist: ein uneingelöstes Ver- sprechen . Anlage 31 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vor- schriften (Tagesordnungspunkt 34) Jutta Eckenbach (CDU/CSU): Der Staat hat die Aufgabe, den Opfern unter unseren Soldaten, Wehr- dienstleistenden oder Opfern von Gewalttaten mit staat- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724286 (A) (C) (B) (D) lichen Leistungen zu helfen . Unter anderem ist diese Aufgabe im Bundesversorgungsgesetz geregelt . Die Hil- fen können vielfältiger Art sein, und es ist ein besonders wichtiger Aspekt, dass es beim zusätzlichen Bezug von Sozialleistungen auch einen entsprechenden angemesse- nen, nicht anrechenbaren Vermögensfreibetrag gibt . Den Freibetrag im Sozialgesetzbuch XII haben wir bereits im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes angeho- ben, um auch dem Personenkreis im Sozialgesetzbuch XII eine Verbesserung zu verschaffen, welche wir der Gruppe von relativ gut verdienenden Arbeitnehmern mit Behinderungen durch höhere Einkommensfreigrenzen in der Eingliederungshilfe auch gegeben hatten . Nun stel- len wir auch bei den Leistungsempfängern nach dem Bundesversorgungsgesetz und den Gesetzen, die eine Anwendung des BVG vorsehen, also unter anderem dem Opferentschädigungsgesetz, sicher, dass der Vermögens- schonbetrag angehoben wird . Diesen Gesetzentwurf nutzen wir zugleich, um eine ganze Reihe von Änderungsanträgen anzuhängen, wel- che eine enorme Bandbreite widerspiegeln . Wir ändern das Opferentschädigungsgesetz, um deut- schen Opfern von Gewalttaten im Ausland – die hof- fentlich nicht stattfinden werden – eine höhere Leistung zukommen zu lassen . Diese Beträge sind seit 2009 nicht verändert worden, und wir halten diese Erhöhung für not- wendig und angemessen . Weitere Änderungen im OEG besprechen und diskutieren wir seit langem, und wir sind auf einem guten Weg, diese intensiven Vorbereitungen abzuschließen . Dann können wir in der kommenden Wahlperiode dieses wichtige Projekt auf Grundlage die- ser langwierigen Vorarbeit angehen . Eine andere wichtige Änderung betrifft das Asylrecht. Bereits 2015 gab es Hinweise von Leistungsbehörden, zum Beispiel Jobcentern, die bei unklarer Identität des Antragstellers gerne eine Überprüfung der Fingerabdrü- cke durchführen wollten . Das gab die Rechtslage aber nicht her . Nun wird es möglich sein, dass bei Bezug von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und bei Zweifeln über die Identität ein Fingerabdruckscan vorgenommen werden kann . Damit werden Leistungs- missbrauch und – was genauso wichtig ist – Mehrfach- identitäten verhindert . Der Mindestlohn begleitet uns durch die gesamte Wahlperiode, und wir werden nun eine ganz besondere Lücke schließen . Viele freie Träger zum Beispiel in der Jugendhilfe beteiligen sich an Ausschreibungen für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach den Sozialge- setzbüchern II und III bei der Bundesagentur für Arbeit und gerieten immer wieder ins Hintertreffen, wenn sie mit bestimmten anderen Anbietern konkurrieren mussten . Es gab immer wieder Anbieter – die BA spricht von circa 16 Prozent –, die den in der Weiterbildungsbranche gere- gelten tariflichen Mindestlohn nicht zahlen müssen und somit auch nicht in das Angebot einfließen ließen, wenn sie die ausgeschriebene Dienstleistung nicht überwie- gend, also zu mindestens 50 Prozent, angeboten hatten . Dieses Überwiegensprinzip verursachte also eine Lücke in der Kalkulation zulasten der Träger, die den tariflichen Mindestlohn zahlen . Diese Lücke schließen wir nun, in- dem bei öffentlichen Aufträgen alle zur Zahlung des ta- riflichen Mindestlohns verpflichtet werden können. Das ist im Interesse der bisher benachteiligten Träger, aber auch insgesamt aller Beschäftigten bei allen Trägern . Die öffentliche Anhörung hat ergeben, dass auch von einer Qualitätssteigerung auszugehen ist, da mithilfe dieser Neuregelung die Fachkräftegewinnung leichter wird . Außerdem passen wir das Steuerverfahrensrecht an die EU-Datenschutz-Grundverordnung an, die zum 25 . Mai 2018 in Kraft treten wird . Im Bereich der Sozial- daten gab es in der öffentlichen Anhörung keine Zweifel, dass unser hohes Datenschutzniveau erhalten bleibt . Eine große Baustelle sind die Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft. Da die Selbstverpflichtung der In- dustrie nicht wirklich viel gebracht hat, werden wir heute eine eigens für die Fleischindustrie geschaffene gesetzli- che Regelung verabschieden . Hier wird es Änderungen geben, die die Rechte der Beschäftigten stärken . So soll vermieden werden, dass die Beschäftigten beispielsweise Arbeitsschutzkleidung selbst bezahlen sollen . Auch die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen soll sicher- gestellt werden durch die Einführung einer Beitragshaf- tung. Wichtig ist auch die Verpflichtung zur Aufzeich- nung der Arbeitszeiten . Dr. Astrid Freudenstein (CDU/CSU): Die Verbes- serungen, die wir mit dem Bundesteilhabegesetz bei der Anrechnung von Einkommen und Vermögen erreichen konnten, waren immens. Es profitieren nun vor allem die- jenigen, die Eingliederungshilfe beziehen und auf dem ersten Arbeitsmarkt tätig sind . Uns war es aber ebenfalls immer ein großes Anliegen, dass auch die von der Re- form profitieren, die nicht selbst für sich sorgen können – oft sind das geistig und psychisch behinderte Menschen in Werkstätten . Deshalb wurde der Vermögensschonbe- trag für Grundsicherungsempfänger des SGB XII ange- hoben . Per Verordnung wurde der Sparerfreibetrag zum 1 . April dieses Jahres von 2 600 Euro auf 5 000 Euro fast verdoppelt. Das ist eine gute Sache für die Betroffenen! Wie so oft bei Änderungen in Sozialgesetzbüchern bedingt das eine jedoch auch anderes . An den Vermö- gensschonbeträgen in der Sozialhilfe orientieren sich zum Beispiel auch die Schonbeträge im Bundesversor- gungsgesetz und der Kriegsopferfürsorge . Dort sind sie allerdings grundsätzlich etwas großzügiger gestaltet, um dem Aufopferungsgedanken angemessen Rechnung zu tragen . Durch die Erhöhung der Beträge im SGB XII wäre dieser Personenkreis nun schlechtergestellt worden . Daher wird auch das Schonvermögen im Bundesversor- gungsgesetz und in der Kriegsopferfürsorge-Verordnung angehoben . Das ist nicht nur eine logische Anschlussän- derung, sondern eine Selbstverständlichkeit im Umgang mit den Betroffenen. Das vorliegende Gesetz beinhaltet jedoch noch einen großen Anhang an weiteren Gesetzesänderungen . Neben vielen redaktionellen Ausbesserungen stehen dabei vor allem folgende Änderungen im Mittelpunkt: Erstens . Es wird eine Mindestlohnlücke geschlossen . Träger von Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach SGB II oder SGB III können nun bei der Ausfüh- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24287 (A) (C) (B) (D) rung öffentlicher Aufträge zur Zahlung des Mindestlohns verpflichtet werden. Gerade an dieser sensiblen Stelle können nun also gerechte Löhne garantiert werden . Da- rüber hinaus werden explizit die Rechte der Beschäftig- ten in der Fleischindustrie gestärkt . Das ist nötig, weil die Fleischindustrie nicht ohne Grund öfter für ihre Arbeits- bedingungen kritisiert wird . Zweitens . Im nächsten Jahr wird die EU-Daten- schutz-Grundverordnung unmittelbar geltendes Recht in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union . Das ge- samte deutsche Datenschutzrecht muss deshalb auf seine Vereinbarkeit mit der Verordnung überprüft werden . Än- derungsbedarf wurde bereits im Steuerverfahrensrecht und beim Sozialdatenschutz erkannt . Besagte Gesetze werden deshalb im Sinne der Datenschutzverordnung angepasst . Drittens . Behörden erhalten nun die Möglichkeit, bei Zweifeln über die Identität eines Asylbewerbers per Fin- gerabdruckscanner seine Identität prüfen zu lassen . Ziel ist es, einen Leistungsmissbrauch durch Identitätstäu- schung zu vermeiden . Alle Sozialbehörden sollen mit einem solchen Scanner ausgestattet werden . Gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Geschehnisse ist eine sol- che Möglichkeit wichtig . Der Sozialstaat darf sich nicht auf der Nase herumtanzen lassen . Der Leistungsberech- tigte hat dabei eine Mitwirkungspflicht. Ihm drohen also Kürzung oder Entzug der Leistungen, wenn er seinen Fingerabdruck nicht zur Verfügung stellt . Alles in allem werden mit dem zu beschließenden Ge- setz also keine Paradigmenwechsel eingeleitet . Es wer- den aber sinnvolle und notwendige Änderungen und Er- gänzungen vorgenommen, weil Gutes immer noch besser gemacht werden kann! Dr. Matthias Bartke (SPD): Es ist jetzt genau ein halbes Jahr her, dass wir im Deutschen Bundestag das Bundesteilhabegesetz beschlossen haben . Dieses Gesetz ist aus den verschiedensten Gründen ein ganz besonde- res . Dazu zählt vor allem, dass wir schon beim Entste- hungsprozess dem Motto gefolgt sind: „Nichts über uns ohne uns“ . Das Bundesteilhabegesetz ist aber auch ein besonders eindrucksvolles Beispiel für das Struck’sche Gesetz: „Kein Gesetz kommt aus dem Parlament so he- raus, wie es eingebracht worden ist .“ Zu den zahlreichen Verbesserungen, die wir im parla- mentarischen Verfahren erreicht haben, gehört auch die Anhebung des Vermögensschonbetrags in der Sozialhil- fe . Statt wie bisher 2 600 Euro gelten nun 5 000 Euro als kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte . Von Ver- mögen in dieser Höhe darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden . Damit haben wir den finanziellen Freiraum für Bezie- her von Sozialhilfe deutlich erhöht . Das gilt vor allem für Beschäftigte in Werkstätten für Menschen mit Behin- derungen, wenn sie auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen sind . Sie können nun auch auf eine größere Anschaffung sparen – ganz nach eigenem Gutdünken. Vermögensschonbeträge sind aber nicht nur für die Sozialhilfe geregelt. Sie findet man auch im Bundes- versorgungsgesetz und in der Verordnung zur Kriegs- opferfürsorge . Diese Regelungen sind aber schon seit Jahrzehnten günstiger ausgestaltet als die Regelungen zur Sozialhilfe . Und das nicht ohne Grund: Das Bundes- versorgungsgesetz regelt die staatlichen Leistungen für Personen, die durch Krieg, militärischen oder militärähn- lichen Dienst einen gesundheitlichen Schaden erlitten haben . Es regelt auch die Leistungen für ihre Hinterblie- benen . Die höheren Schonbeträge sollen dem Gedanken des Sonderopfers Rechnung tragen . Dabei soll es auch in Zukunft bleiben . Wir heben da- her auch die Vermögensschonbeträge in der Verordnung zur Kriegsopferfürsorge an . Damit werden wir weiterhin der besonderen Lebenslage der Betroffenen und dem Charakter des sozialen Entschädigungsrechts gerecht . Dem Gesetzentwurf geben wir außerdem eine ganze Reihe von Änderungen mit auf den Weg . Dazu zählen unter anderem gleich mehrere redaktionelle Änderungen, vor allem im Bundesteilhabegesetz . Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Und manchmal fliegen die Späne eben auch in die falsche Richtung . Es ist deswegen gut, dass wir sie hier wieder einsammeln und entsprechende re- daktionelle Anpassungen vornehmen . Der Änderungsantrag gibt aber nicht nur Raum für die Berichtigung von Redaktionsversehen . Wir setzen damit noch verschiedenste Vorhaben um, die uns zum Teil schon eine ganze Weile durch die Legislatur beglei- ten. Dazu gehört der vergabespezifische Mindestlohn für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten und Dritten Buch Sozialgesetzbuch . Das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts haben wir schon Ende 2015 beschlossen . Durch diese Reform haben wir soziale Aspekte bei der Beschaffung umfassend gestärkt. In Bezug auf die Arbeitsmarktdienstleistungen konnten wir außerdem konkrete Qualitätskriterien durchsetzen . Damit haben wir einen großen Schritt gemacht für mehr Qualität bei Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen . Das war für uns in der SPD von höchster Priorität . An einem Punkt haben wir uns aber doch noch ge- rieben: Den Zuschlag bekommt nach wie vor das wirt- schaftlichste Angebot, was sich eben nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis bestimmt . Damit bleibt beim Vergabeverfahren im Zweifelsfall derjenige zurück, der nach besserem Tariflohn zahlt und daher einen höheren Preis verlangt . Zwar gibt es einen Mindestlohn für die Aus- und Wei- terbildungsbranche . Das sogenannte Überwiegensprin- zip ist aber der Grund, weshalb nicht alle Träger diesen Tariflohn zahlen müssen. Die Arbeitgeber sind zur Ent- lohnung nach Tarifvertrag nämlich nur dann verpflich- tet, wenn mindestens 50 Prozent der Arbeitszeit in ihrem Betrieb auf die vom Tarifvertrag erfassten Tätigkeiten entfallen . Viele Weiterbildungseinrichtungen bieten ihre Leis- tungen aber auch für private Unternehmen oder im Rah- men von europäischen Förderprogrammen an . Wenn sie ihre Angebotspalette auf diese Weise vergrößern, fällt der Anteil ihrer Dienstleistungen im Bereich der Aus- und Weiterbildung nach dem SGB II und SGB III schnell un- ter die 50 Prozent . Sie müssen dann also nicht den Min- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724288 (A) (C) (B) (D) destlohn der Aus- und Weiterbildungsbranche bezahlen und haben damit einen Kostenvorteil bei der Vergabe . Das Resultat ist ein Preiswettbewerb, der auf Kosten der Qualität und des Personals geht . Es ist klar, dass uns das in der SPD ein Dorn im Auge blieb . Im Zuge der Vergaberechtsmodernisierung konn- ten wir dieses Problem leider noch nicht lösen . Ein Pro- blem, das außerdem mit europarechtlichen Bedenken behaftet war . Ich bin froh, dass wir diese – auch durch unsere große Beharrlichkeit – endlich aus dem Weg ge- räumt und eine Lösung gefunden haben . Durch den nun vorgesehenen Vergabemindestlohn werden auch die Träger zur Entlohnung nach Tarifvertrag verpflichtet, die nicht dem Tariflohn der Aus- und Wei- terbildungsbranche unterliegen . Damit sichern wir die faire Entlohnung des Personals. Wir erhoffen uns, dass die bessere Bezahlung die Motivation der Beschäftigten steigert und es zu weniger Personalfluktuation kommt. Mit dem Vergabemindestlohn verhindern wir außerdem ungerechtfertigte Preisvorteile. Das schafft mehr Chan- cengleichheit zwischen den Trägern . Am Ende gewinnt die Qualität. Davon profitieren in jedem Jahr Tausende von Menschen, deren Aus- und Weiterbildung über ihre Beschäftigungsmöglichkeiten, ihre Jobsicherheit und Aufstiegschancen entscheidet . Ich habe an dieser Stelle nur eine der zahlreichen Än- derungen vorgestellt . Ich will Ihnen aber versichern, dass jede einzelne wohl bedacht ist . Ich freue mich, dass sie nicht der wenig verbliebenen Zeit bis zum Ende der Le- gislatur zum Opfer fielen, sondern in gemeinsamer An- strengung heute zur Abstimmung gebracht wurden . Frank Junge (SPD): Im vergangenen Jahr hat der Deutsche Bundestag mit dem Steuermodernisierungs- gesetz die rechtlichen Voraussetzungen für den umfas- senden Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung im Besteuerungsverfahren geschaffen. Dadurch wird künf- tig die Abgabe der Steuererklärung vereinfacht und die Arbeit der Finanzämter effizienter gemacht. Einen ent- scheidenden Teil haben wir im damaligen Gesetz jedoch bewusst ausgeklammert: das Thema Datenschutz . Grund war damals, dass wir die Implementierung der europäi- schen Datenschutz-Grundverordnung abwarten wollten, um anschließend die spezifischen datenschutzrechtlichen Regelungen für das Besteuerungsverfahren optimal an- passen zu können . Diese Datenschutz-Grundverordnung tritt nun am 25 . Mai 2018 in Kraft . Da sich das zunächst geplante Anpassungsgesetz unter der Federführung des Bundesministeriums des Inneren verzögert, nehmen wir die das Besteuerungsverfahren betreffenden Änderungen nun im Rahmen des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und an- derer Vorschriften vor. Ich sage ganz offen: Ich bin mit dieser Vorgehensweise nicht glücklich . Ich hätte mir ge- wünscht, wir hätten uns ausführlicher mit dem Thema und den notwendigen gesetzlichen Änderungen ausei- nandersetzen können . Es gibt aber auch einen guten Grund, das Gesetzge- bungsverfahren noch in dieser Legislaturperiode abzu- schließen. Auf diese Weise schaffen wir Klarheit über die datenschutzrechtlichen Regelungen, auf die sich die Finanzverwaltung und die Steuerpflichtigen einstellen müssen . Ich bin der Auffassung, dass die vorliegenden An- passungen im Bereich des Datenschutzes sinnvoll und vertretbar sind. Wir treffen mit dem Gesetz wesentliche Regelungen zu den Informationspflichten der Finanz- behörden und den Auskunfts-, Berichtigungs- und Lö- schungsrechten der Betroffenen. Die Steuerpflichtigen haben ein umfassendes Auskunftsrecht über ihre Daten gegenüber der Finanzbehörde . Bei der Auskunftserteilung müssen allerdings die Be- lange des Steuerpflichtigen mit den Erfordernissen einer wirkungsvollen Bekämpfung der Steuerhinterziehung abgewogen werden . Ich halte es deshalb für richtig, dass die Auskunftserteilung dann verweigert werden kann, wenn die Informationen den Steuerpflichtigen in die Lage versetzen könnten, steuerlich bedeutsame Sachver- halte zu verschleiern oder Spuren zu verwischen . Die Finanzbehörden müssen die Ablehnung der Aus- kunftserteilung begründen. Zudem kann der Betroffene Widerspruch beim Bundesdatenschutzbeauftragten ein- reichen . Auf Drängen der SPD-Fraktion konnten zwei ent- scheidende Erfolge in den Beratungen mit dem Koaliti- onspartner und im Finanzausschuss erzielt werden: Zum einen haben wir dafür gesorgt, dass die Behör- de des Bundesdatenschutzbeauftragten, die künftig die Zuständigkeit über die Aufsicht der Finanzbehörden hin- sichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten inne hat, auch mit entsprechenden Mitteln ausgestattet wer- den soll . Hierzu heißt es im Bericht des federführenden Ausschusses für Arbeit und Soziales: „Die Bundesbeauf- tragte wird für die sachgerechte Ausübung ihrer neuen Kompetenzen allerdings zusätzliches Personal und zu- sätzliche Sachmitteln benötigen . Hierfür ist hinreichende Haushaltsvorsorge zu treffen.“ Ich erwarte deshalb, dass die Behörde mit ausreichend Personal und Sachmitteln ausgestattet wird . Des Weiteren ist es uns gelungen, die Rechte der Steu- erpflichtigen gegenüber der Finanzbehörde noch einmal zu stärken . Wir haben etwa im Bericht des federführen- den Ausschusses Beispiele für die „geeigneten Maß- nahmen“ aufgenommen, die die Finanzbehörden zum Schutz der betroffenen Personen ergreifen sollen, wenn eine Auskunft durch die Behörde unterbleibt . Dies ist zum einen die Bereitstellung allgemeiner Informatio- nen für die Öffentlichkeit, zum Beispiel in Form einer Informationsbroschüre oder einer Veröffentlichung auf der Website der Finanzverwaltung . Zum Zweiten muss die Informationsausgabe der Finanzbehörden umgehend erfolgen, sobald der Hinderungsgrund der Nichtausgabe der Information entfallen ist . Auch wenn man über das Verfahren streiten kann, so bin ich überzeugt, dass wir an dieser Stelle eine sachge- rechte Anpassung der Datenschutzregelungen im Bereich des Steuerrechts erzielt haben . Ich bitte deshalb um Zu- stimmung zum Gesetz . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24289 (A) (C) (B) (D) Jutta Krellmann (DIE LINKE): Wir Linke haben die Behandlung der Dutzenden von vorliegenden Änderun- gen an dem Bundesversorgungsgesetz als Omnibus-Än- derungsantrag schon mehrfach kritisiert . Es kann nicht sein, dass wir Änderungen unter anderem am Handels- gesetzbuch, am Genossenschaftsgesetz, am Patentgesetz, an den Sozialgesetzbüchern I, II, III, VII, IX, X sowie XII – es sind noch viele andere mehr – zu unterschiedli- chen Zwecken in einem Tagesordnungspunkt behandeln, und dann noch nicht mal eine Debatte im Bundestag dazu führen . Omnibusverfahren wie diese erschweren es uns Ab- geordnete, die zur Abstimmung vorgelegten Gesetzesin- itiativen ordnungsgemäß und gewissenhaft im Interesse der Allgemeinheit zu prüfen . Und sie erleichtern es Lob- byisten, Änderungen zugunsten von Partikularinteressen unbemerkt durchzudrücken . Wenn Demokratie funk- tionieren soll, wenn vor allem auch die Politik für die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar sein soll, muss Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehen . Den Gesetzentwurf sowie den Änderungsantrag der Koalition müssen wir ablehnen, denn es ist zu viel Frag- liches dabei . Ich kann hier aber nur auf einzelne Punkte eingehen . Zu den Änderungen im Asylbewerberleistungsgesetz: Sie sind schlicht überflüssig. Der mehrfache Leistungs- bezug infolge ungeklärter Identitäten war ein Übergangs- phänomen der Jahre 2015 und 2016, als die Behörden mit der korrekten Erfassung vieler Asylsuchender nicht nach- gekommen sind . Nach Angaben der Bundesregierung ist aber mittlerweile die Identifizierung aller Asylsuchenden sichergestellt, Mehrfachmeldungen unter unterschiedli- chen Identitäten würden bereits bei Antragstellung auf- gedeckt . Die wenigen Missbrauchsfälle, die überhaupt noch denkbar sind, rechtfertigen die geschätzten Kosten von 4 Millionen Euro bei weitem nicht . Zudem drohen diese sinnlosen Regelungen einen Pau- schalverdacht gegen Geflüchtete zu legitimieren. Damit sind sie Wasser auf die Mühlen der Rechten, genauso wie die skandalösen Asylrechtsverschärfungen des letzten Jahres . Die Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU und SPD sollten aufhören, rechte Stammtischparolen in Gesetzesform zu gießen . Das vorgeschlagene Gesetz zur Sicherung von Arbeit- nehmerrechten in der Fleischwirtschaft ist dementgegen zu begrüßen . Als Abgeordnete aus Niedersachsen weiß ich genau, dass die Ausbeutung in der Fleischindustrie schon lange besonders verheerend ist . Der Anteil der Beschäftigten im Niedriglohnbereich lag 2014 in der Branche bei 41 Prozent – fast doppelt so hoch wie in der Gesamtwirtschaft bei 22 Prozent . Gerade in der Fleischindustrie, wo das Arbeitsvo- lumen sinkt, die Produktion aber steigt, gilt: Der Profit einiger weniger wird auf dem Rücken der Beschäftigten erwirtschaftet . Die deutschen Fleischbarone sind dabei, den europäischen Markt zu erobern – auf dem Rücken der Beschäftigten . Die Massentierhaltung und die Dum- pinglöhne in der Fleischindustrie ermöglichen, dass 40 Prozent des in Deutschland produzierten Fleisches, über 3 Millionen Tonnen pro Jahr, exportiert werden . Der Durchschnittslohn der Kernerwerbstätigen liegt in der Branche bei 1 977 Euro – ein Lohn, der bei weitem nicht ausreicht, um nach 45 Jahren eine Rente oberhalb der Grundsicherung zu bekommen . Es ist dem langen Atem der Gewerkschaft NGG und den Betriebsräten zu verdanken, dass flächendeckender Missbrauch von Werkverträgen und unwürdige Arbeits- bedingungen nicht mehr unter den Teppich gekehrt wer- den konnten . Aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage unserer Fraktion wissen wir, dass 2015 bundesweit 171 Ord- nungswidrigkeitsverfahren und 256 Strafverfahren ein- geleitet wurden, unter anderem wegen Verstößen gegen die Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht von Ar- beitszeiten oder, weil vorgeschriebene Arbeitsbedingun- gen durch Tarifvertrag missachtet werden . Die Verfahren bilden aber nur die Spitze des Eisberges; denn aufgrund fehlender Beweismaterialien werden die meisten Fälle nie verfolgt. Eine verpflichtende Zeiterfassung morgens bei Arbeitsbeginn, wie vom Gesetz vorgesehen, würde es den Behörden erleichtern, gegen Verstöße von Arbeitge- berseite zu ermitteln . Dies ist ein erster Schritt und ist längst überfällig . Es muss aber noch viel mehr getan werden, damit alle Beschäftigten, auch in der Fleischindustrie, ein würdiges Leben führen können . Es ist Zeit für ein neues Normalar- beitsverhältnis: Unbefristete sozialversicherungspflichti- ge Jobs, die unter Tarifverträge fallen und angemessen bezahlt werden, dürfen nicht länger die Ausnahme sein, sondern müssen wieder zur selbstverständlichen Regel werden . Deswegen fordert die Linke umfassende gesetz- liche Regelungen gegen den Missbrauch von Werkver- trägen und Leiharbeit sowie ein umfassendes Mitbestim- mungsrecht für Betriebs- und Personalräte . Auch bedarf es dringend eines Mindestlohns von 12 Euro . Nur so können wir sicherstellen, dass alle ihrer Arbeit in Würde nachgehen können . Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Die Große Koalition mutet dem Bun- destag mit dem Gesetzentwurf, den wir hier heute dis- kutieren, enorm viel zu; denn eigentlich ist es auch nicht ein Gesetzentwurf, sondern ein sogenannter Omnibus, das heißt, es handelt sich um einen Gesetzentwurf, an den weitere Gesetzentwürfe angehängt wurden – in die- sem Fall viele Gesetzentwürfe . Das Verfahren ist eines, das ich in der Zeit, die ich im Bundestag bin, noch nicht erlebt habe . Der ursprüngliche Gesetzentwurf enthielt zehn Seiten . Dabei ging es um einfache Anpassungen wie die Anhebung der Schonvermögen im Bundesver- sorgungsgesetz und der Kriegsopferfürsorge, die wir als grüne Bundestagsfraktion begrüßen und mittragen . Doch dann legte man kurz vor der Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales einen ersten Änderungsantrag vor, der nicht weniger als 75 Seiten umfasste . Dazu gehör- ten hochkomplexe und grundlegende Veränderungen des Sozial- und Finanzdatenschutzes insbesondere im SGB I sowie in der Abgabenordnung . Hinzu kam noch die um- fangreiche zweite Tranche der Umsetzung der DGSVO, der Datenschutz-Grundverordnung . Der eigentlich für Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724290 (A) (C) (B) (D) Datenschutz zuständige Innenausschuss wusste davon nichts . Hinzu kam eine äußerst ungewöhnliche Sachverstän- digenanhörung . So gab es zu manchen Teilen, wie den Änderungen zum Asylbewerberleistungsgesetz, nur ei- nen einzigen Sachverständigen, der sich dazu geäußert hat . Die Bundesdatenschutzbeauftragte und der Hambur- ger Datenschutzbeauftragte betonten in ihren schriftli- chen Stellungnahmen, dass sie wegen der Kürze der Zeit nur zu ausgewählten Fragen und nur kursorisch Stellung nehmen konnten . Hinzu kam, dass die große Koalition weniger als 24 Stunden vor der Ausschussberatung einen weiteren, 90-seitigen Änderungsantrag vorlegte . Alles zusammen genommen ist das ein Verfahren, das formal noch korrekt ist, aber eigentlich ist es unmöglich, die Gesetzestexte bei einem solchen Verfahren noch ausrei- chend zu prüfen . Ich schiebe das vorweg und betone das, weil es einen Teil unserer Ablehnung heute erklärt, obwohl es einige Aspekte in dem Gesetzentwurf gibt, die wir richtig finden und ausdrücklich unterstützen . Dass wir den ursprüngli- chen Gesetzentwurf unterstützt hätten, hatte ich schon gesagt . Positiv an den Änderungsanträgen ist außerdem die Einführung eines vergabespezifischen Mindestent- geltes für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen im SGB II und III zu bewerten . Vor allem begrüßen wir als grüne Bundestagsfrakti- on das Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft . Gerade die Fleischwirtschafts- branche ist mit ihrer hohen Dichte an mafiösen Struktu- ren und den oftmals katastrophalen Arbeits- und Lohn- bedingungen seit Jahren ein Problem . Eigentlich gelobte die Fleischbranche Besserung . Doch sind die Zustände in der Fleischindustrie noch immer verheerend . Noch immer gibt es zahlreiche Klagen von Beschäftigten über ausbeuterische Arbeitsbedingungen . Die Wohn- und Le- benssituationen sind höchst prekär . Es geht um Steuer- und Sozialversicherungsbetrug . In diesem Industriezweig wird ein gnadenloser Konkurrenzkampf ausgetragen, und zwar ausschließlich auf dem Rücken der Beschäf- tigten . Der Branchenmindestlohn reicht da nicht aus, und deshalb fordern wir Grünen schon lange weitergehende Regelungen . Der Gesetzentwurf greift unsere jahrelange Kritik endlich auf . Deshalb begrüßen wir, dass jetzt ein Gesetz zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte innerhalb der Fleischwirtschaft geschaffen wird. Die vorgelegten Vorschläge wurden auch von den Sachverständigen in der Anhörung unterstützt. Wir hoffen sehr, dass das Ge- setz auch tatsächlich Wirkung zeigt . Wir haben deshalb im Ausschuss in getrennter Abstimmung auch dafür ge- stimmt . Zweifel haben wir an den Vorschlägen beim Asyl- bewerberleistungsgesetz . Hier geht es um verbesserte Möglichkeiten von Behörden, Fingerabdrücke von Asyl- bewerber und Asylbewerberinnen zu nehmen, um deren Identität zu überprüfen . Hintergrund der Änderungen sind die Mehrfachidentitäten von Anis Amri . Es geht also um das Schließen von Sicherheitslücken – und nicht, wie in der Begründung steht, um Sozialmissbrauch . Das scheint einerseits sinnvoll, andererseits bleiben datenschutz- rechtliche Zweifel, der Hauch eines Generalverdachtes gegenüber Geflüchteten sowie fehlende Lösungsansätze, was die praktische Umsetzung des Gesetzes bezüglich Sachmittel und Personalausstattung betrifft. Wir haben uns deswegen im Ausschuss dazu enthalten . Neben dem beschriebenen Verfahren sind es vor al- lem die Datenschutzbedenken, die auch durch die beiden Datenschutzbeauftragten in der Anhörung betont wur- den, die für uns zu einer Gesamtablehnung führen . Der Gesetzentwurf drängt die Datenschutzrechte Betroffener, die in der Datenschutz-Grundverordnung durch unmittel- bar geltendes EU-Recht geschaffen wurden, deutlich zu- rück . Die Beschränkungen der Rechte auf Auskunft und Information, der Ausschluss des Rechts auf Widerspruch, die Einschränkung des Rechts auf Löschung – all das geht weit über das von der DSGVO erlaubte Maß hinaus . Wir lehnen dieses Omnibus-Gesetz ab und sollten – egal in welcher Konstellation – in der nächsten Legisla- turperiode dafür sorgen, dass es solche Omnibusgesetz- verfahren, wie wir es hier erlebt haben, nicht mehr gibt . Anlage 32 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke und Katja Keul (beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der Abstimmung über den von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und an- derer Vorschriften (Tagesordnungspunkt 34) Das Bundesversorgungsgesetz muss für viel herhal- ten . Insgesamt 30 weitere Artikel beinhaltet das Gesetz, allesamt Gesetzesänderungen, die ganz andere Dinge betreffen, als im Bundesversorgungsgesetz geregelt sind. Omnibusverfahren nennen wir das im Bundestag . Auf die Schnelle versucht die Große Koalition, auf diese Wei- se möglichst viele Gesetzesänderungen noch eben kurz vor dem Ende der Legislaturperiode durch den Bundes- tag zu jagen und abzuschließen . So finden sich im Bundesversorgungsgesetz, das heu- te beschlossen wurde, unter anderem höchst umstrittene Datenschutzregelungen, denen wir als grüne Bundestags- fraktion auf keinen Fall zustimmen können . Daher haben wir als Fraktion beschlossen, dass wir dem gesamten Ge- setzespaket mit all seinen 30 Artikeln nicht zustimmen können . Für uns ist das an einer Stelle fatal . Denn mit Arti- kel 30 innerhalb des Bundesversorgungsgesetzes wird ein Gesetz zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte innerhalb der Fleischwirtschaft geschaffen. Und diesem Gesetz können wir aus ganzem Herzen zustimmen; denn hier werden wirklich gute Regelungen für die Beschäftigten in der Fleischwirtschaft getroffen. Leider stimmen wir im Bundestag aber nicht über einzelne Artikel innerhalb eines Gesetzes ab, sondern nur über das ganze Gesetz . Deshalb konnten wir diesem Artikel zwar im Ausschuss zustimmen, aber im Plenum nicht . Die Zustimmung ist uns aber wichtig . Deshalb möchten wir die Zustimmung in dieser persönlichen Erklärung auch dokumentieren . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24291 (A) (C) (B) (D) Die verheerenden Zustände in der Fleischindustrie sind bekannt . Die Medien sprechen längst schon von Sklavenhaltermethoden . Das System des Anwerbens und Unterbringens ausländischer Beschäftigter, von Steuer- und Sozialversicherungsbetrug ist viel zu gut eingespielt . In diesem Industriezweig wird ein gnadenloser Konkur- renzkampf ausgetragen – und zwar ausschließlich auf dem Rücken der Beschäftigten . Dem soll mit dem Gesetz jetzt ein Riegel vorgeschoben werden . Künftig haften danach auftraggebende Unternehmen für die Sozialversicherungsbeiträge ihrer Subunterneh- mer . Eine solche Regelung existiert bisher nur im Bau- gewerbe, und hier bewirkt sie einiges . Außerdem müs- sen Arbeitgeber ihren Beschäftigten künftig alle nötigen Arbeitsmittel unentgeltlich zur Verfügung stellen und sie instand halten . Hierzu zählen zum Beispiel Sägen, Mes- ser, Wetzstahl, Kettenhandschuhe oder Kettenschürzen . Bisher müssen Beschäftigte in der Fleischwirtschaft ihre Arbeitsmittel häufig selbst bezahlen. Doch natürlich be- steht auch in der Fleischindustrie eine Fürsorgepflicht der Arbeitgeber . Da Arbeitszeiten in der Fleischwirtschaft oft nicht eingehalten werden, werden mit dem Gesetz die Dokumentationspflichten zur Arbeitszeit verschärft. Diese Regelungen sind wichtig, um gegen die drasti- schen Missstände in der Fleischwirtschaft endlich wirk- sam vorzugehen . Deshalb bedanken wir uns auch bei den Initiatoren dieser Gesetzesinitiative . Anlage 33 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortschreibung der Vorschriften für Blut- und Gewebezubereitun- gen und zur Änderung anderer Vorschriften – der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Pflege-TÜV hat versagt – Jetzt echte Transparenz schaffen: Pflegenoten ausset- zen und Ergebnisqualität voranbringen (Tagesordnungspunkt 35 a und b) Rudolf Henke (CDU/CSU): Zu später Stunde wer- den wir heute mit dem Gesetz zur Fortschreibung der Vorschriften für Blut- und Gewebezubereitungen und zur Änderung anderer Vorschriften eines der letzten und aufgrund der zusätzlichen zahlreichen fachfremden Än- derungen ein sehr vielseitiges Vorhaben der Koalitions- fraktionen verabschieden . Mit dem ursprünglichen Regierungsentwurf werden die Rahmenbedingungen für die Zubereitung von Blut- und Gewebeprodukten fachlich und rechtlich angepasst . Auch im Bereich der Nutzung von Arzneimitteln für neuartige Therapien werden wir die Erfahrungen der Länder und des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) aufgreifen und Genehmigungs- und Herstellungsverfahren klarer regeln . Das parlamentarische Verfahren zu diesem Vorhaben wurde ohne große inhaltliche Auseinandersetzungen in der Sache durchgeführt, was insgesamt dafür spricht, dass wir fraktionsübergreifend alle das Interesse verfol- gen, die gesundheitliche Versorgung, ihre Erforschung und Weiterentwicklung samt Genehmigungsverfahren den heutigen Gegebenheiten anzupassen . Das ist in der Sache eine erfreuliche Bestandsaufnahme . Neben diesen Entscheidungen haben wir das parla- mentarische Verfahren dazu genutzt, zahlreiche fach- fremde Änderungen aufzunehmen, um auf Entwick- lungen und Missstände zu reagieren, die sich im Laufe der letzten Monate bemerkbar gemacht haben . Mit der notwendigen Sorgfalt haben wir in wichtigen Punkten Einigungen erzielen können, sodass die entsprechenden Regelungen vor dem Ende der Legislaturperiode noch in Kraft treten können . Diese Regelungen, auf die mein Kollege Dietrich Monstadt in seiner Rede noch näher eingehen wird, be- treffen etwa die planungsrelevanten Qualitätsindikatoren im Krankenhaussektor . Wir haben uns darauf verständigt, dass wir die Vorgabe machen, dass die Maßstäbe und Kri- terien der Qualitätsindikatoren eine Bewertung der Qua- lität von Krankenhäusern insbesondere im Hinblick da- rauf ermöglichen müssen, ob eine in einem erheblichen Maße unzureichende Qualität vorliegt . Die Länder, das ist im Kontext sich verändernder Kompetenzteilung zwi- schen Bund und Ländern vielleicht nicht unwichtig zu betonen, bleiben weiterhin planungskompetent im Kran- kenhauswesen, da sie bei Bedarf von diesen Empfehlun- gen des Gemeinsamen Bundesausschusses abweichen können . Des Weiteren zählen zu diesem Themenkomplex auch die Ausnahme vom Darlehensaufnahmeverbot für bestandsgeschützte Eigeneinrichtungen der Kranken- kassen und die Vergütungskürzung bei Personalunterde- ckung und bei der Nichteinhaltung tariflicher Löhne in der stationären Pflege. Hier wurde eine Lösung ähnlich der bereits geltenden Regelungen im Altenpflegebereich gefunden . Besonders hervorheben möchte ich ein Paket von Än- derungsanträgen in Bezug auf eine Reform der Stiftung Humanitäre Hilfen für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen. Die Betroffenen des Blutprodukteskandals vor mehr als 30 Jahren sollen sich darauf verlassen können, dass sie lebenslang finanzielle Hilfen erhalten. Für sie ist es eine wichtige Botschaft, dass wir uns innerhalb der Koalitionsfraktionen auf eine Änderung des HIV-Hilfe- gesetzes verständigt haben, wodurch ab dem Jahr 2019 der Bund die Finanzierung der HIV-Stiftung allein über- nehmen wird . Bisher waren neben dem Bund und den Ländern dafür auch pharmazeutische Unternehmen und das Deutsche Rote Kreuz verantwortlich, die Zusagen wurden jedoch immer nur für die Dauer gewährt, für die die Mittel ausreichten . Die Leistungen werden über die nicht mehr begrenzte Dauer hinaus entsprechend der Anpassung in der gesetz- lichen Rentenversicherung dynamisiert . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724292 (A) (C) (B) (D) Bis zum Inkrafttreten der neuen Regelungen sind die finanziellen Hilfen der Betroffenen nach dem bisheri- gen Finanzierungssystem gesichert . Da die Leistungen künftig entsprechend den Anpassungen in der gesetzli- chen Rentenversicherung dynamisiert werden, stellt der Bund in den nächsten Jahren 8 bis 10 Millionen Euro für die Entschädigungen zur Verfügung. Damit schaffen wir endlich die lange erhoffte Sicherheit für die Betroffenen und deren unterhaltsberechtigte Angehörige . Offen gestanden erfüllt mich das auch als Mitglied des Kuratoriums der Aidshilfe NRW mit großer Freude . Dietrich Monstadt (CDU/CSU): Heute beraten wir abschließend das Gesetz für Blut- und Gewebezube- reitungen und zur Änderung anderer Vorschriften von Arzneimitteln für neuartige Therapien (ATMP) wie Gen- oder Zelltherapeutika . Basierend auf den gesammelten Erfahrungen der Län- der und des Paul-Ehrlich-Instituts werden die bestehen- den Vorschriften im Bereich Blut- und Gewebezuberei- tungen und ATMP an die aktuellen wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen angepasst . Gleichzeitig vereinfachen wir die Genehmigungsverfahren, erhöhen die Sicherheit dieser besonderen Arzneimittel und straf- fen die gesetzlichen Regelungen zur Marktüberwachung . Diese Änderungen schaffen mehr Transparenz und verbessern weiter die sehr hohen Sicherheitsstandards für Blut- und Gewebezubereitungen sowie für Arznei- mittel für neuartige Therapien . Darauf wurde bereits aus- führlich von meinen Kollegen eingegangen . Im Rahmen dieses Gesetzes haben wir auch einige sachfremde Änderungseinträge eingebracht, auf die ich an dieser Stelle zum Teil eingehen möchte . § 188 Absatz 4 SGB V wird um eine Sonderregelung für Saisonarbeitnehmer ergänzt, die vorübergehend für eine auf bis zu acht Monate befristete sozialversiche- rungspflichtige Beschäftigung nach Deutschland gekom- men sind . Die bisherige Praxis hat gezeigt, dass es hier zu Fehlanreizen innerhalb der gesetzlichen Krankenkassen kommen kann . Krankenkassen konnten in diesen Fäl- len Versicherungszeiten für den Risikostrukturausgleich melden und Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds er- halten, ohne dass den Zuweisungen mögliche Leistungs- ausgaben gegenüberstanden . Dies soll mit dieser Rege- lung abgestellt werden . Ab dem 1 . Januar 2018 werden Saisonarbeitnehmer nach dem Ende ihrer versicherungs- pflichtigen Beschäftigung gemäß § 188 Absatz 4 SGB V nur noch dann als freiwillige Mitglieder weiter versi- chert, wenn sie nach dem Ausscheiden aus der Pflicht- versicherung innerhalb von drei Monaten eine ausdrück- liche Beitrittserklärung abgeben und ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in Deutschland nachweisen . Wir beseitigen damit weitere Fehlanreize im Risikostruktur- ausgleich . Mit dem vorliegenden Gesetz erweitern wir die Maßstäbe und Kriterien für eine Bewertung der Quali- tätsergebnisse von Krankenhäusern nach dem Kranken- hausstrukturgesetzes (KHSG) vom 10 . Dezember 2015 . Qualität und Transparenz müssen in der Gesundheits- versorgung stets oberste Priorität haben . Im Rahmen des KHSG haben wir planungsrelevante Qualitätsindikatoren des Gemeinsamen Bundesausschusses für die Länder auf den Weg gebracht . Im Sinne eines „lernenden“ Systems bzw . Gesetzes hat sich gezeigt, dass diese konkretisiert werden müssen . Die planungsrelevanten Qualitätsindika- toren müssen nun so gestaltet werden, dass unzureichen- de Qualitätsergebnisse „in erheblichem Maß“ feststellbar sind . Die Planungshoheit liegt und bleibt damit weiterhin bei den Ländern . Diese erhalten durch die neue Regelung eine fundierte fachliche Grundlage, auf die sie die Pla- nungsentscheidungen nach § 8 Absatz 1a und 1b KHG stützen können . Die Länder müssen hier ihrer Verantwor- tung nachkommen . Sie sind ganz klar aufgefordert, die notwendigen Qualitätsanforderungen – im Sinne einer hochwertigen medizinischen Versorgung aller Patientin- nen und Patienten – zum Gegenstand der Krankenhaus- planung zu machen . Wir ergänzen mit diesem Gesetz auch die bestehenden Regelungen im Hinblick auf etwaige Vergütungskürzun- gen bei Personalunterdeckung in stationärer Pflege sowie bei Nichteinhaltung tariflicher Bezahlung. Eine qualitativ hochwertige Versorgung gelingt nur, wenn ausreichend Personal zur Verfügung steht . Auf- grund des demografischen Wandels stehen wir gerade im Bereich der Pflege vor großen Herausforderungen. Die Träger der stationären Pflegeeinrichtungen sind jederzeit zur Sicherstellung der Versorgung der Pflegebedürftigen mit der vereinbarten personellen Ausstattung – unabhän- gig von Personalengpässen oder -ausfällen – verpflichtet. Um dies auch nachhaltig sicherzustellen, ergänzen wir die bestehende gesetzliche Regelung in § 115 SGB XI mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 12 . September 2012: Bei einer Unterschreitung der ver- einbarten Personalausstattung um mindestens 8 Prozent über mehrere Monate hinweg oder bei vorsätzlicher Unterschreitung der vereinbarten Personalausstattung seitens des Einrichtungsträgers kann eine rückwirkende Kürzung der Pflegevergütung bis hin zur Kündigung des Versorgungsvertrages nach § 115 Absatz 2 und 3 SGB XI erfolgen . Mit der gleichzeitig vereinbarten Tarifbindung stellen wir sicher, dass alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- mer in diesem Bereich die gleiche Bezahlung erhalten, unabhängig davon, ob sie in einer Stadt oder ländlichen Region tätig sind. Die Konkurrenz um Pflegepersonal – zwischen urbanen und ländlichen Regionen, zwischen wirtschaftlich starken und schwachen Regionen – wird auch dadurch ein Stück weit abgebaut . Das Gesetz für Blut- und Gewebezubereitungen und zur Änderung anderer Vorschriften führt zu einer besse- ren Versorgung, zum Beispiel durch den Einsatz neuer Therapien . Darüber hinaus werden Fehlanreize weiter abgebaut . Dies führt insgesamt zu einer noch besseren Versorgungssicherheit im Sinne der Patientinnen und Pa- tienten . Deshalb werbe ich um Ihre Zustimmung . Hilde Mattheis (SPD): Wir beraten heute abschlie- ßend das Gesetz zur Fortschreibung der Vorschriften für Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24293 (A) (C) (B) (D) Blut- und Gewebezubereitungen und zur Änderung an- derer Vorschriften . Ich möchte im Folgenden vor allem auf die vielen fachfremden Änderungen eingehen, die wir an dieses Gesetz im Laufe der Beratung angehängt haben und die mit dem eigentlichen Regelungsinhalt, der Änderung des Gewebegesetzes, nur mittelbar etwas zu tun haben . Den Inhalt des eigentlichen Gesetzes, nämlich Ver- fahrensvereinfachung für Arzneimittel für neuartige Therapien, sogenannte ATMP, sowie neue Maßnahmen zur besseren Behandlung von Hämophiliepatientinnen und -patienten haben wir nur in einzelnen Punkten geän- dert, zum Beispiel eine genauere Definition des Begriffes „pharmazeutischer Unternehmer“ vorgenommen . Das Ministerium hat hier aber schon gute Vorarbeit geleistet, was unsere Arbeit erleichtert hat . Vielen Dank dafür . Aus der Palette der sogenannten fachfremden Ände- rungen möchte ich zunächst eine für meine Fraktion sehr wichtige gesetzliche Klarstellung im Bereich der Perso- nalausstattung in stationären Pflegeeinrichtungen anfüh- ren. Die Träger solcher Pflegeheime sind verpflichtet, die Sicherstellung der Versorgung der Pflegebedürftigen durch entsprechendes Personal zu gewährleisten . Das heißt, es muss genug und ausreichend geschultes Perso- nal jederzeit in der Einrichtung arbeiten, um die Qualität der Betreuung fortlaufend zu sichern . Der Träger muss natürlich etwaigen Ausfall des Personal, zum Beispiel aufgrund Krankheit oder Urlaub, mit einkalkulieren . Tut er das nicht oder spart er aus welchen Gründen auch im- mer am Personal, spart er gleichzeitig an der Pflegequa- lität und gefährdet damit das Wohlergehen der Patientin- nen und Patienten . Das Bundessozialgericht hatte 2012 festgestellt, dass in einem solchen Fall rückwirkende Kürzungen der Pflegevergütung vorgenommen werden können . Dies werden wir nun auch gesetzlich festhalten . Das Signal ist hier klar und sollte auch deutlich ver- standen werden: Wir werden mutwillige oder gar betrü- gerische Verstöße gegen die Personalverbeinbarungen nicht tolerieren . Ein permanenter Personalmangel in den Pflegeeinrichtungen ist eine Gefahr für die Menschen: einerseits für die Pflegebedürftigen, die eine menschen- würdige Pflege zu Recht erwarten, und andererseits für das Personal, das mit Überstunden und Mehraufwand versucht, den Personalmangel auszugleichen und daran womöglich krank wird . Wer als Träger so handelt, wird bestraft, indem die Vergütung für Pflegeleistungen ge- kürzt wird . Gleiches gilt bei Nichteinhaltung der tariflich verein- barten Vergütung oder von Vereinbarungen nach kirch- lichem Arbeitsrecht . Wir alle wissen aus zahlreichen Gesprächen, Besuchen und Briefen, wie stressig der Arbeitsalltag als Pflegekraft sein kann. Diese Menschen verdienen eine ordentliche Bezahlung . Wenn der Arbeit- geber seine Angestellten um ihr hart verdientes Geld prellt, ist das kein Bagatelldelikt, sondern eine klare Missachtung ihrer Leistungen für die pflegebedürftigen Menschen in diesem Land . Das können und dürfen wir nicht tolerieren; daher muss auch hier der Arbeitgeber spürbar bestraft werden . Das setzen wir nun um . Diese Regelungen fördern gute Arbeit in der Pflege. Ich gehe davon, dass wir uns dazu alle hier im Haus be- kennen. Wir haben mit den Pflegestärkungsgesetzen hier bereits einige Bausteine eingesetzt, zum Beispiel, indem wir sichergestellt haben, dass tatsächlich gezahlte Tarif- entgelte in den Vergütungsverhandlungen für die ambu- lante und stationäre Pflege nicht als unwirtschaftlich be- wertet dürfen . Auch für die Vergütungsverhandlungen im Bereich der häuslichen Krankenpflege wird es zukünftig Pflichten zum Nachweis tatsächlich gezahlter Tariflöhne oder Arbeitsentgelte geben . Die Krankenhäuser erhalten einen Ausgleich für den Fall, dass Tarifabschlüsse die Obergrenze für die Preiszuwächse der Krankenhäuser übersteigen. Wer Tariflohn zahlt, darf dafür nicht bestraft werden . Wer sich dem aber verweigert, wird mit Strafe rechnen müssen . Wir erwarten, dass sich Tarifvergütungen in der Pfle- ge in Zukunft verbreiten, und unterstützen die Gewerk- schaften ausdrücklich in deren Bestreben, Tarifverträge abzuschließen . Eine ordentliche Bezahlung und eine Absicherung durch starke Gewerkschaften machen den Pflegeberuf attraktiver für junge Menschen. Sie können sich so sicherer sein, dass ihre Arbeit als wertvoll aner- kannt wird . Und das schlägt sich auch konkret in der Be- zahlung nieder . Dieses Gesetz ist daher ein klares Signal für gute Arbeit in der Pflege. Wir werden mit dem Gesetz außerdem eine Änderung des Versicherungsschutzes für Saisonarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer vornehmen. Nach der Definition des Gesetzes sind dies Arbeitnehmer, die aus dem Ausland nur für wenige Monate zur Arbeit nach Deutschland kommen, beispielsweise Erntehelfer . Da diese Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmer sehr häufig nicht planen, länger in Deutschland zu bleiben, und wieder in ihr Hei- matland zurückkehren, ist ein dauerhafter Versicherungs- schutz bei den Krankenkassen nicht nötig . Die Kassen hatten aber in der Vergangenheit das Problem, dass die- se Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei ihnen als Versicherte registriert sind und sich nach Ausreise aus Deutschland nicht wieder abgemeldet hatten und somit quasi als Versicherte bei den Krankenkassen verbleiben und sich Beitragsschulden anhäufen . Daher werden wir nun das Regel-Ausnahme-Verhält- nis umdrehen . Saisonarbeitnehmer werden automatisch nach Beendigung ihrer Beschäftigung bei der Kranken- kasse abgemeldet, es sei denn, sie melden sich spätestens drei Monate nach Ende der Versicherungspflicht als frei- willige Mitglieder der Krankenversicherung an oder wei- sen nach, dass ihr ständiger Wohnsitz in Deutschland ist . Selbstverständlich müssen die Krankenkassen den Ar- beitnehmer zu Beginn seiner Beschäftigung in Deutsch- land unverzüglich über diese Konditionen aufklären, und auch bei einer verspäteten Anmeldung kann eine nachträgliche Pflichtversicherung begründet werden, um einen lückenlosen Versicherungsschutz innerhalb der ge- setzlichen Krankenversicherung zu gewährleisten . Wir gehen davon aus, dass diese Neuregelung eine Verein- fachung für die Krankenkassen einerseits, aber auch die Saisonarbeitnehmer andererseits darstellt, die sich um eine Abmeldung nicht mehr kümmern müssen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724294 (A) (C) (B) (D) Ich habe bereits bei der ersten Lesung des Gesetzes das Thema der Stiftung Humanitäre Hilfe für durch Blut- produkte HIV-infizierte Personen angesprochen, das die SPD-Fraktion sehr intensiv betreut hat . Ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist, hier für die Betroffenen ganz substanzielle Verbesserungen zu erreichen und ihnen mit diesem Gesetz eine Sicherheit über ihr finanzielles Ein- kommen zu geben – eine Sicherheit, die den Betroffenen jahrelang fehlte . Worum geht es? Die Stiftung Humanitä- re Hilfe wurde infolge des sogenannten Blutspendeskan- dals eingerichtet. Während der 1980er-Jahre infizierten sich weltweit mehrere Tausend Menschen aufgrund kon- taminierter Blutprodukte mit HIV . In Deutschland waren es mehr als 1 500 Menschen . 1993 hat der Bundestag das HIV-Hilfegesetz verabschiedet und die erwähnte Stif- tung Humanitäre Hilfe gegründet . Sie soll den Personen, die durch Blutprodukte unmittelbar oder mittelbar an HIV oder infolge dessen an Aids erkrankt sind, und de- ren unterhaltsberechtigten Angehörigen finanzielle Hilfe bzw . soziale Leistungen gewähren . Allerdings wurde damals festgelegt, dass die Stiftung aufgehoben wird, wenn der Stiftungszweck erfüllt oder die finanziellen Mittel erschöpft sind. Diese ungünstige Formulierung führte dazu, dass die rund 1 500 Opfer des Blutspendeskandals jährlich darauf hoffen mussten, dass die Mittel durch den Bundestag weiter gewährt werden, damit sie ihre finanzielle Unterstützung weiter erhalten. Diese unwürdige Situation werden wir nun endlich be- enden und sagen ganz klar: Die Opfer dieses Skandals werden finanzielle und soziale Leistungen bis zu ihrem Lebensende erhalten . Aufgrund des medizinischen Fort- schritts ist das hoffentlich noch lang. Die Betroffenen ha- ben inzwischen eine annähernd gleiche Lebenserwartung wie ein gesunder Mensch . Nichtsdestotrotz müssen sie mit der Belastung HIV bzw . AIDS leben, und es ist hier ganz klar Aufgabe der Politik, sie zu unterstützen . Wir haben nun festgelegt, dass der Bund alleiniger Stifter der Stiftung Humanitäre Hilfe wird und die Zah- lungen an die Erkrankten lebenslang gewährt werden . Die bisher widersprüchlichen Regelungen des HIV-Hil- fegesetzes entfallen vollständig . Wir haben außerdem in den Beratungen ein weiteres wichtiges Anliegen der Betroffenen aufgenommen: Die Leistungen der Stiftung werden nicht wie bisher auf gleichbleibendem Niveau gewährt, sondern dynamisiert, das heißt, sie passen sich der Inflation an und steigend damit jährlich. Die bisheri- gen Zahlungen führten effektiv aufgrund von Teuerung und Inflation zu sinkenden Leistungen. Wir werden nun mit Wirkung von 2019 die Zahlungen an das Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung koppeln und den aktu- ellen Rentenwert als Maßstab für die Leistungen der Op- fer des Blutspendeskandals nehmen . Ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist, dies zu ver- einbaren und den Menschen das Signal zu geben, dass die Politik sie nicht vergessen hat . Ich bedanke mich gleichzeitig bei den Patientinnen und Patienten bzw . ih- ren Angehörigen für deren Geduld und Beharrlichkeit, uns als Bundestag immer wieder zu mahnen, hier eine Änderung vorzunehmen . Es ist schön, zu sehen, dass dies gelungen ist . Ich bedanke mich bei allen Kolleginnen und Kolle- gen für die konstruktive und zielorientierte Arbeit an diesem Gesetz . Wir haben damit bewiesen, dass wir bis zum Schluss der Wahlperiode gute Arbeit leisten und für viele Versicherte, für Patientinnen und Patienten sowie Beschäftigte in der Pflege wichtige und gute Neuerungen erzielen können . Mechthild Rawert (SPD): Zur großen Pflegereform dieser Legislatur gehört noch eines: die Vollendung der Pflegeberufereform. Die SPD kämpft weiterhin hart für die generalistische Ausbildung in der Pflege. Mit dem Omnibusgesetz zu Blut- und Gewebezube- reitungen verabschieden wir auch Neuregelungen im Zu- sammenhang mit den Pflegestärkungsgesetzen und dem HIV-Hilfegesetz . Da wir gesetzgeberische Sorgfalt ernst nehmen, neh- men wir im Pflegebereich noch einige Anpassungen eher technischer Art zu den umfangreichen Pflegestärkungs- gesetzen vor, so zum Beispiel bei den Modellvorhaben zur kommunalen Pflegeberatung aus dem Dritten Pflege- stärkungsgesetz. Es ist jetzt möglich, dass Pflegekassen und Kommunen ergänzende Vereinbarungen treffen und in der Pflegeberatung kooperieren, wobei die Kommunen nur koordinierende Aufgaben übernehmen . Dies bedeu- tet noch mehr Gestaltungsmöglichkeiten . Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten le- gen großen Wert auf gute und verlässliche Pflegequalität. Deswegen haben wir mit dem Pflegestärkungsgesetz II die Qualitätsmessung, die Qualitätsberichterstattung und die Qualitätsdarstellung reformiert . Die Qualität einer Einrichtung muss für Pflegebedürftige und ihre Angehö- rigen zuverlässig überprüfbar sein und transparent darge- stellt werden . Zuverlässige Indikatoren für Qualität und ihre Kontrolle helfen Pflegeempfängerinnen und -emp- fängern, eine für sie passende Einrichtung auszusuchen . Sie dienen auch der Aufdeckung von Missständen . Wir entbürokratisieren die Dokumentation durch Pflegekräfte und helfen ihnen so, ihre Arbeit besser zu bewältigen . Zu- gleich profitieren die Pflegeempfängerinnen und -emp- fänger von einer bedarfsgerechteren Dokumentation . Im Gesetz zu Blut- und Gewebezubereitungen neh- men wir abermals eine wichtige Regelung zur Verbes- serung der Pflegequalität vor – in Bezug auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 12 . September 2012 . Es besagt, dass bei Qualitätsmängeln in Einrichtungen eine rückwirkende Kürzung der Pflegevergütung der Kassen vorgenommen werden kann . Eine konkrete Feststellung der Mängel sei dabei entbehrlich, wenn ein planmäßiges und zielgerichtetes, das heißt vorsätzliches Unterschrei- ten der vereinbarten Personalausstattung vorliege . Diese Rechtsprechung nehmen wir ausdrücklich in das Gesetz auf . Wir sehen in einem solchen Fall nicht nur eine Ver- gütungskürzung, sondern die Möglichkeit der Kündi- gung des Versorgungsvertrags vor . Ein Verstoß liegt auch bei einer nicht nur vorübergehenden Unterschreitung der Personalausstattung vor . Wird festgestellt, dass der Einrichtungsträger seine Beschäftigten nicht in der Höhe bezahlt, die der Verein- barung der Pflegevergütung an die Einrichtung zugrunde Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24295 (A) (C) (B) (D) liegt, erfolgt ebenfalls eine Kürzung der Vergütung . Wir wollen, dass das Geld der Versicherten dort ankommt, wo es hingehört: bei den Pflegeempfängerinnen und -empfängern sowie den Beschäftigten . Last, but not least hat die SPD-Bundestagsfrakti- on eine für viele Menschen bedeutsame Änderung des HIV-Hilfegesetzes durchgesetzt: Es ist Schluss mit dem Bangen der Betroffenen um die weitere finanzielle Unter- stützung durch die Stiftung Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen, die im Anschluss an den Blutprodukteskandal, der vor 30 Jahren das Land erschütterte, gegründet wurde . Geregelt ist nun, dass sie diese Unterstützung lebenslang erhalten werden und diese auch an die Entwicklung der gesetzlichen Renten- versicherung angepasst ist . Über diesen Erfolg freue ich mich zusammen mit den Betroffenen sehr. Kathrin Vogler (DIE LINKE): Mit dem hier vorlie- genden Gesetzentwurf will die Bundesregierung noch kurz vor Toresschluss gleich eine Reihe unterschiedli- cher Sachverhalte regeln . Das macht es natürlich schwie- rig, in vier Minuten die ganze Bandbreite anzusprechen . Aber man merkt schon, dass im Ministerium gerade unter Zeitdruck gearbeitet wird: Auf die Schnelle sind der Bundesregierung einige Schnitzer passiert, die im Beratungsverlauf noch korrigiert werden müssten . An mehreren Stellen finden sich unzulängliche Begriffsbe- stimmungen, fehlende Differenzierung, uneinheitliche Sprachregelungen und zum Teil inkonsistente Regelun- gen zu Genehmigungsverfahren . Auch wundert es mich, warum die Bundesregierung Blutstammzellen in Deutschland anders als in der EU unterschiedlichen Qualitätsanforderungen unterwerfen will, je nachdem, ob sie aus dem Knochenmark oder der Nabelschnur stammen . Kann mir da mal jemand den Sinn erklären? Eine wissenschaftliche Auswertung der zur Verfü- gung stehenden Daten für angeborene Blutungskrank- heiten ist sinnvoll und wird von uns unterstützt . Aber es bringt für die Betroffenen keinerlei Nutzen, wenn das bereits existierende Hämophilieregister künftig allein beim Paul-Ehrlich-Institut liegt und die Betroffenenor- ganisationen nicht mehr beteiligt sind . Stattdessen sollte die Bundesregierung ein schlüssiges Konzept für die Da- tengewinnung und vor allem für die Auswertung der im DHR gesammelten Daten vorlegen . Aber das leistet ihr Entwurf nicht . Insbesondere bereitet in der Praxis große Sorge, dass die Regelungen zu Blut- und Gewebezubereitungen über das Transplantationsgesetz, das Transfusionsgesetz und das Arzneimittelgesetz verteilt sind . Dass dies insbeson- dere bei Keimzellen zu einer großen Unübersichtlich- keit führt, beklagen Praktiker und Juristen . Sie sehen da große Probleme und rechtlichen Klärungsbedarf . Zu- dem gibt es gerade bei der Reproduktionsmedizin jede Menge offener Fragen. Bei Keimzellspenden und nicht zuletzt Embryonenspenden im Ausland kommt es auch für Kinder, die in Deutschland aufwachsen oder geboren werden, zu vielen ungeklärten familienrechtlichen Fra- gen . Einer Klärung geht die Bundesregierung wie beim Samenspenderegister auch mit diesem Gesetz wieder aus dem Weg – abermals eine vertane Chance . Kommen wir zu den Änderungen bei der Pflegebera- tung: Im Gesetzentwurf erklärt die Bundesregierung, es sollen „technische Anpassungen sowie Änderungen der Regelungen zu den Modellvorhaben zur kommunalen Beratung im SGB XI vorgenommen“ werden . Das klingt harmlos und irgendwie unspektakulär . Was Sie aber ge- nau vorhaben, betrachten wir durchaus kritisch . Sie wollen die Möglichkeit schaffen, dass Kommu- nen, die Modellprojekte zur Pflegeberatung durchführen, besser auf lange gewachsene Strukturen und die Kompe- tenz der Pflegekassen zurückgreifen können. So sollen Kommunen künftig darauf verzichten können, die Pfle- geberatung in eigenen Beratungsstellen durchzuführen, wozu sie diese Bundesregierung erst im letzten Jahr mit dem Pflegestärkungsgesetz III verpflichtet hatte – und zwar unabhängig vom Vorhandensein anderer Möglich- keiten . Das hört sich ja zunächst mal vernünftig an . Aber was gar nicht geht, ist, dass Sie die Qualitätsstan- dards für die Pflegeberatung aufweichen wollen und dass die Kommunen das so eingesparte Geld behalten dürfen . Denn erstens brauchen Pflegebedürftige und ihre Ange- hörigen bestmögliche Beratung und nicht irgendwelche . Und zweitens gehört dieses Geld den Pflegeversicherten, nicht der öffentlichen Hand. Deswegen sage ich Ihnen: Lassen Sie die Finger von der Beratungsqualität und sor- gen Sie dafür, dass die Beiträge der Pflegeversicherten wirklich in der Pflege ankommen. Sonst werden wir die- sem Gesetz nicht zustimmen können . Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der vorliegende Gesetzentwurf mit den von der Koali- tion eingebrachten Änderungsanträgen ist – gemeinsam mit dem heute schon debattierten Gesetz zur epidemio- logischen Überwachung übertragbarer Krankheiten – der große Kehraus der Gesundheitspolitik . Die Regierungs- koalition versucht kurz vor Toresschluss, schnell noch ein paar offene Punkte abzuarbeiten. Das ist eigentlich löblich . Man merkt allerdings an einigen Stellen, dass Ihre Vorschläge mit heißer Nadel gestrickt sind . Viele der Gesetzesänderungen im Bereich Blut und Gewebe sind grundsätzlich sinnvoll und werden daher von uns unterstützt . Leider lassen Sie weiterhin jede Gelegenheit verstreichen, andere Mängel in der Gewe- bemedizin zu beheben . Der aktuelle Gewebebericht der Bundesregierung zeigt: Rund ein Fünftel der Einrichtun- gen kommt ihren gesetzlichen Meldepflichten nicht nach. Zudem sind viele der gemeldeten Zahlen insbesondere zu muskuloskelettalen Geweben und Hautgeweben nach eigenen Aussagen der Bundesregierung unplausibel . Es werden in Deutschland viel mehr dieser Gewebe trans- plantiert und exportiert als entnommen, ohne dass die Behörden wissen, wo diese Gewebe eigentlich herkom- men. Hier ist das Ministerium weiterhin in der Pflicht, Transparenz herstellen . Zudem gibt es in Deutschland – ähnlich wie bei Or- ganspenden – einen Mangel an bestimmten Geweben, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724296 (A) (C) (B) (D) sodass manche Patientinnen und Patienten nicht oder nur mit erheblicher Verspätung versorgt werden können . In erster Linie fehlen Augenhornhäute und Herzklappen . Transparenz gibt es bei der Verteilung dieser Gewebe aber weiterhin nicht. Es gibt weder öffentliche Vorgaben, nach welchen Kriterien diese sogenannten Mangelgewe- be vergeben werden müssen, noch führen die meisten Einrichtungen und Kliniken Wartelisten . Sie als fachlich zuständiges Ministerium überlassen es weiterhin dem Er- messen der Akteure, wer ein Transplantat erhält, obwohl selbst die Bundesärztekammer hier mehr Transparenz fordert . Ich frage mich, warum die Bundesregierung in regelmäßigen Abständen einen Bericht zur Analyse der Gewebemedizin in Deutschland erstellt, wenn sie die dort aufgezeigten Mängel stur ignoriert . Nun zu den anderen Bereichen, die Sie über die Än- derungsanträge noch schnell angehen: Viele dieser Vor- schläge, beispielsweise zu Saisonarbeitern oder zur Ka- renzzeit für Verwaltungsräte der Krankenkassen, sind sinnvoll . Ausdrücklich zu begrüßen ist die dauerhafte Finanzierung der Entschädigungszahlungen im Rahmen des HIV-Hilfegesetzes. Zwar hätten wir uns einen Inflati- onsausgleich auch für die vergangenen Jahre gewünscht; auch eine Einbeziehung von Hepatitis-C-Infizierten in diese Entschädigungsregelung hätten wir uns gewünscht . Dennoch begrüßen wir die Verstetigung der Hilfe für durch Blutkonserven HIV-Infizierte, weil sie für diese endlich Sicherheit schafft. Abzuwarten bleibt, was das geplante Register aller Krankenhausärztinnen und -ärzte bringen wird . Ob hier bürokratischer Aufwand und Nutzen noch in einem an- gemessenen Verhältnis zueinander stehen, kann man jetzt noch nicht beurteilen . Bei den geplanten Änderungen im Bereich Pflege ha- ben wir in einem Punkt große Bauchschmerzen: Bei der Erprobung von Personalbemessungsinstrumenten sollen zukünftig großzügige Ausnahmen von einzelnen Re- gelungen des SGB XI gelten, einschließlich des neuen Pflegbedürftigkeitsbegriffs. Das halten wir für fahrlässig. Hier wird eine Möglichkeit geschaffen, zulasten der zu Pflegenden von mühsam erkämpften Verbesserungen wieder abzuweichen. Diese Tür sollten wir nicht öffnen, zumal man sich fragen muss, welchen Erkenntniswert ein solches Modellvorhaben für die Regelversorgung ha- ben soll . Trotz der in einzelnen Punkten geäußerten Bedenken hält meine Fraktion die im Gesetz vorgeschlagenen Än- derungen mehrheitlich für sinnvoll und wird dem Gesetz- entwurf daher zustimmen . Anlage 34 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Än- derung des Telekommunikationsgesetzes (Tages- ordnungspunkt 36) Andreas G. Lämmel (CDU/CSU): Wir beraten heute in erster Lesung das Vierte Gesetz zur Änderung des Te- lekommunikationsgesetzes, welches die Digitalisierung der Hörfunkübertragung zukünftig vorantreiben und re- geln soll . Das Radio muss im Wandel der Zeit zukunftsfähig bleiben . Dafür hat das Bundeskabinett am 3 . Mai 2017 Folgendes beschlossen: Künftig sollen höherwertige Ra- dioempfangsgeräte nur noch gehandelt werden, wenn diese zum Empfang digitalisierter Signale geeignet sind . Die Gesetzesänderung sieht damit vor, eine Aus- rüstungspflicht in Form einer Schnittstelle einzuführen. Über diese können digital codierte Inhalte empfangen und wiedergegeben werden . Das Gesetz greift das von den Bundesländern bereits im Rahmen der Stellungnah- me des Bundesrates zum 3 . TKG-Änderungsgesetz for- mulierte Anliegen auf, die Digitalisierung des Hörfunks durch die Interoperabilität von Radioempfangsgeräten zu fördern . Warum wollen wir diesen Weg nun gehen? Das Radio ist seit seiner Erfindung eines der meistgenutzten Medien in Deutschland und hat dadurch eine besondere Bedeu- tung in unserem Alltag . Rund 80 Prozent aller Deutschen hören täglich Radio . Aufgrund seiner eigenständigen ter- restrischen Verbreitungskanäle über erdgebundene Funk- sender, über UKW (Ultrakurzwellen) und DAB+ (digita- ler Übertragungsstandard für terrestrischen Empfang von Digitalradio) kann das Radio in Krisensituationen und Notlagen wie Katastrophen, bei Unwettern oder Unfäl- len als verlässliche regionale Echtzeitinformationsquelle genutzt werden . Einen besonderen Stellenwert haben ak- tuelle Verkehrs- und Mobilitätsinformationen durch Ra- dios . Hier nimmt das Radio auch eine Schlüsselstellung für eine intelligente Verkehrssteuerung ein . Ein genauerer Blick auf die Nutzung zeigt zudem, dass das Radio heute noch in erster Linie ein über ana- loge UKW-Frequenzen verbreitetes Medium ist . Etwa 94 Prozent der über 14-Jährigen in Deutschland emp- fangen Radio über UKW bzw . analoge Geräte . Etwa drei Viertel der Menschen in Deutschland bevorzugt auch weiterhin das Radiohören über UKW . Daran wird sich so schnell auch nichts ändern . Daneben hat sich eine Verbreitung über weitere Kanä- le etabliert: so die Verbreitung über das Internet und das digital terrestrische Radio DAB+ . Insbesondere junge Menschen hören überdurchschnittlich viel Radio über In- ternet und DAB+ . In der Welt der Apps und Plattformen wird die Verbreitung von Radio auch immer neue Wege finden. Daher gilt es, einen hybriden Ansatz zu verfol- gen, der alle für die Nutzer relevanten Verbreitungsoptio- nen für Radio einschließt . Der nun vorliegende Gesetzentwurf dient als Baustein, Hörerinnen und Hörern mit den zusätzlich ausgerüsteten Geräten ein quantitativ und qualitativ verbessertes Hör- funkprogramm anbieten zu können . Die Ausrüstungs- pflicht bezieht sich dabei nur auf höherwertige Geräte, die den Programmnamen anzeigen können. Der Eingriff in den Markt ist somit vertretbar . Mobilfunkgeräte wer- den zudem ausgeklammert bleiben, Autoradios hingegen erfasst werden . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24297 (A) (C) (B) (D) Lassen Sie mich aber eines noch einmal ganz klar sagen: Mir wäre eine europaweit einheitliche Regelung lieber gewesen . Bislang hat die EU-Kommission der nationalen Hörfunkübertragung leider keine Binnen- marktrelevanz zuerkannt . Das ist für mich unverständ- lich . Stellen Sie sich vor, Sie fahren in den Urlaub nach Österreich und empfangen aufgrund unterschiedlicher Empfangstechniken keine Verkehrswarnungen mehr . Der Grund: Ihr Autoradio besitzt nur einen UKW-Empfän- ger; es wird aber nur noch digital gesendet . Das kann es natürlich nicht sein . Wir müssen aus Deutschland heraus eine Entwicklung hin zu einer EU-weiten Einführung be- fördern . Dafür sehe ich durchaus eine Chance . Klaus Barthel (SPD): Mit dem vorliegenden Gesetz- entwurf der Bundesregierung soll der Digitalisierung des Hörfunks der Weg bereitet werden . Die Zukunft des Ra- dios liegt zum Beispiel aus der Sicht der ARD „in der hybriden Kombination von digitaler Terrestrik und Inter- net .“ Dies sei „die bestmögliche Lösung im Interesse des Mediums Radio, der Radiomacher und Radionutzer“ – so das ARD-Generalsekretariat . Damit sollen die letzten Tage des guten alten UKW-Radios eingeläutet werden . Im Rahmen eines Aktionsplans für die Transformation der Hörfunkverbreitung in das digitale Zeitalter soll sich der Markt für Digitalradios schneller entwickeln, damit, wie in Norwegen und Italien, die ersten UKW-Sender vom Netz gehen können . Beabsichtigt ist, den parallelen Betrieb des angeblich kostengünstigen DAB+ – Digital Audio Broadcasting (DAB) ist ein digitaler Übertra- gungsstandard für terrestrischen Empfang von Digitalra- dio – und des teuren UKW so kurz wie möglich zu halten . In der guten neuen digitalen Welt soll natürlich auch für das Radio alles besser werden, sagen die Befürworter: Die analoge UKW-Terrestrik sei technisch und pro- grammlich ausgereizt, für neue Angebote und technische Innovationen sei kein Platz, der öffentlich-rechtliche Rundfunk belege aus historischen Gründen zu viele Fre- quenzen zulasten der kommerziellen Anbieter, so lautet die Kritik . DAB+ belebe den Wettbewerb zugunsten des Nutzers und neuer Anbieter . DAB+ sei die perfekte Ergänzung zum Internet und umgekehrt; denn anders als das Internet erlaube die ter- restrische Verbreitung der Radioprogramme deren ano- nyme und kostenfreie Nutzung ohne Volumenbegren- zung . Mobiles Internet/LTE sei 40-mal teurer als die DAB+-Technologie . DAB+ stehe für Vielfalt, Qualität und Innovation und komme bei den Hörern an . In einigen Regionen seien be- reits über 44 Programme zu empfangen, Zusatzdienste wie Programminformationen, Programmführer, Veran- staltungstipps und sehr genaue Verkehrsdaten für unter- wegs könnten angeboten werden . DAB+ sei technisch stabil, rauschfrei und gewährleiste auch mobil exzellen- ten Empfang . DAB+ eröffne den Radiounternehmen schier unbe- grenzte Möglichkeiten für programmliche Entwicklung und neue sogenannte Special-Interest-Angebote . DAB+ sei wichtig für die Gattung Radio; denn anders als das Internet, das ebenfalls eine große Vielzahl und Vielfalt an Audioangeboten bietet, seien die Hörfunkpro- gramme bei terrestrischer Verbreitung besser wahrnehm- bar und auffindbar. Gerade für die kommerziellen Radio- unternehmen sei die Aufmerksamkeit der Hörerinnen und Hörer als entscheidende Währung für Werbeeinnah- men von existenzieller Bedeutung, womit ein bewährtes Geschäftsmodell und der Erhalt einer breiten Radioland- schaft in der Bundesrepublik gesichert würden . DAB+ sei mehr als Radio und funktioniere auch im Krisenfall . Radio sei die wichtigste Informationsquelle im Auto, intelligente Verkehrssysteme der Zukunft sei- en digital . Die Bundesregierung setze wie andere eu- ropäische Länder bei der Umsetzung der europäischen ITS-Richtlinie („Intelligent Traffic Systems“-Richtlinie) auf DAB+ . DAB+ gewährleiste im Katastrophen- und Krisenfäl- len verlässliche Information der Bevölkerung . DAB+ sei deutschlandweit verfügbar; denn bis Ende 2016 sei die Zahl der Senderstandorte für die Di- gitalradiomultiplexe weiter gewachsen . 82 Prozent der Einwohner würden inhouse und 92 Prozent mobil er- reicht, die Bundesautobahnen würden mit 98 Prozent nahezu komplett versorgt . In ländlichen Gebieten sei DAB+ eine unverzichtbare mobile Quelle bei fehlendem Ausbau der Mobilfunknetze . Der Verkauf von DAB+-Geräten nehme überdurch- schnittlich zu; der Trend zu Geräten, die sowohl UKW als auch DAB+-fähig sind, sei eindeutig: Der Anteil DAB+-fähiger Geräte im Verkauf sei im September bei 19 Prozent gelegen gegenüber 13 Prozent im Vorjahr; die Anzahl der Empfangsgeräte sei 2016 um 1,85 Millionen bzw . 29 Prozent auf 8,24 Millionen gestiegen . Die Marktdurchdringung könnte noch gesteigert wer- den, wenn, wie jetzt im TKG vorgesehen, alle neu auf den Markt kommenden Radiogeräte mit DAB+-Emp- fangsmöglichkeit ausgestattet würden . Europa setze auf DAB+: Die europäischen Nachbar- länder seien ebenfalls auf dem Weg in die digitale Radio- zukunft . Norwegen werde 2017 vollständig auf DAB+ umstellen, die Schweiz strebe das für 2020 bis 2024 an . Andere Länder folgen . Der gleichzeitige Betrieb von UKW und DAB+ müsse im Zusammenwirken aller Marktbeteiligten und zeitgleich mit den privaten Programmveranstaltern er- folgen, weshalb ein abgestimmtes Vorgehen der öffent- lichen-rechtlichen Sender, des privaten Rundfunks, der Auto- und Geräteindustrie, der Regulierungsinstitutionen und des Gesetzgebers erforderlich sei . Die ARD zum Beispiel setze auf ein Stufenmodell, bestehend aus Ausbau- und Migrationsphase . Zunächst sollen die Netze zügig ausgebaut werden, um gemein- sam mit dem Deutschlandradio das angestrebte Versor- gungsziel von 95 Prozent der Fläche der Bundesrepublik zwischen 2018 und 2020 zu erreichen . In der Migrations- phase solle ein konkretes Verfahren für den Ausstieg aus UKW vereinbart werden . Das müsse sich aber nicht al- lein in einem fixen Abschaltdatum für UKW erschöpfen. Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724298 (A) (C) (B) (D) Es müsse einen öffentlich kommunizierten Zeitplan geben; denn nur da in Europa, wo dieser vorgegeben sei, entwickle sich der Markt für DAB+ schneller als in den anderen Staaten . Das Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur habe durch die Gründung eines Digitalradio Boards ein erstes Signal gesetzt, in das alle Marktbetei- ligten eingebunden seien . Auch die Kommission zur Er- mittlung des Finanzbedarfs (KEF) habe die Bewilligung der Mittel für DAB+ mit einem klaren Appell an die Me- dienpolitik verbunden, eindeutig Position zu beziehen, nicht zuletzt um den parallelen Betrieb von kostengüns- tigem DAB+ und teurem UKW so kurz wie möglich zu halten . Dies wird von den Bundesländern und dem Bun- desrat unterstützt . Schon beim dritten Änderungsgesetz zum TKG vor wenigen Monaten hat der Bundesrat eine Verpflichtung für Gerätehersteller empfohlen, zukünftig alle neuen Radiogeräte auch mit DAB+-Empfangsmög- lichkeit auszustatten . So könne ein maßgeblicher Beitrag zur Beschleunigung der Digitalisierung des Hörfunks ge- leistet werden . So weit, so gut, so könnte die schöne neue Welt also aussehen . Aber ganz so einfach ist es nicht, wie so oft: Nach dem bis 2012 geltenden § 63 Absatz 5 TKG sollten alle Frequenzzuteilungen für den analogen UKW-Hör- funk bereits bis Ende 2015 widerrufen werden . Die ur- sprünglich im Zusammenhang mit der Digitalisierung des Fernsehens abgeleitete Annahme, dass Hörfunk dann ganz überwiegend digital verbreitet werde, ist aber nicht eingetreten . Deshalb wurde § 63 Absatz 4 TKG im Ge- setzgebungsverfahren 2012 – abweichend vom Gesetz- entwurf der Bundesregierung – erneut geändert . Danach ist eine Verlängerung mindestens bis Ende 2025 möglich . Die Entwicklung des analogen UKW-Hörfunks sollte den medienrechtlichen Überlegungen der Länder fol- gen, die entscheiden, ob und wann an dieser Art der Pro- grammverbreitung teilweise oder in Gänze kein Bedarf mehr besteht, wobei Einigkeit bestand, dass dies von der Marktentwicklung digitaler Programmverbreitung bzw . -rezeption abhängen sollte . Die Bundesregierung hatte 2012 zugesagt, im europäischen Rahmen für die rasche Verbreitung hybrider Endgeräte einzutreten, die sowohl Digitalradio als auch UKW empfangen können . Der nun vorliegende Entwurf zu § 48 TKG macht nun weder das eine noch das andere . Er gibt keinen neuen Termin für die Umstellung vor, versucht aber, die Ver- breitung entsprechender Empfangsgeräte nicht auf eu- ropäischer, sondern lediglich auf nationaler Ebene zu befördern . Der Bundesrat hatte schon mit seiner Stellungnahme zur dritten Änderung des TKG am 23 . September 2016 einen Normvorschlag für eine Verpflichtung über § 48 Absatz 4 TKG vorgelegt, wonach Endgeräteherstelle nur noch Geräte auf den Markt zu bringen dürfen, die auch digitalen Empfang ermöglichen – so wie dies auch bei der Digitalisierung des terrestrischen Fernsehmarktes erfolgt sei . Die Bundesregierung hat den Beschluss des Bundesrates damals nicht übernommen – mit Verweis auf europarechtliche Bedenken und die zu befürchten- de Zeitverzögerung . Die notwendigen Anpassungen des TKG an die europäischen Vorgaben zur Netzneutralität dürften nicht weiter verzögert werden . Der Bundestag ist dem vor wenigen Wochen mehrheitlich gefolgt und hat die Änderung des § 48 Absatz 4 TKG wie vom Bundesrat vorgeschlagen abgelehnt . Nun schiebt die Bundesregierung eilig eine vierte Änderung des Telekommunikationsgesetzes hinterher, um dem Wunsch des Länder und des Bundesrates doch noch zu folgen . Allerdings: Für den Gesetzentwurf ist ein Notifizierungsverfahren bei der EU erforderlich, um zu prüfen, ob der Entwurf Hemmnisse für den freien Waren- verkehr enthält. Die Notifizierungsfrist wird erst Anfang August 2017 ablaufen . Die zweite und dritte Lesung des Gesetzes in einer der letzten Sitzungswochen im Juni, also noch vor Abschluss des Notifizierungsverfahrens, halte ich für überaus problematisch . Wir sehen hier noch Klärungsbedarf . Deshalb bringen wir eine an sich inhaltlich diskussionswürdige Gesetzes- änderung ein, wollen aber sowohl die europarechtlichen als auch die medienpolitischen Aspekte noch gründlich prüfen . Thomas Lutze (DIE LINKE): Deutschland hinkt bei der Digitalisierung des Hörfunks im europäischen Ver- gleich weit hinterher . Im Jahr 2016 lag die Quote der Ra- diohörer, die ihr Programm digital empfangen, lediglich bei etwas über 13 Prozent . Obwohl digitales Radio seit 2005 praktisch überall in Deutschland zu empfangen ist, läuft die Verbreitung der entsprechenden Empfangsgerä- te nur sehr schleppend . Dabei hatte man im letzten Jahrzehnt noch gehofft, bis 2015 eine solch große Verbreitung des digitalen Hörfunks erreicht zu haben, dass die UKW-Sender abgeschaltet werden können und so wertvolle Frequenzen für andere Dienste frei werden . Dieses Ziel wurde deutlich verfehlt . Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Maß- nahme, für alle höherwertigen Empfangsgeräte die Schaffung der Möglichkeit des digitalen Empfangs vor- zuschreiben, kann einen Beitrag dazu leisten, die Markt- durchdringung digitaler Radiogeräte zu verbessern . Al- lerdings hat die Bundesregierung durch ihre Definition dessen, was höherwertige Empfangsgeräte darstellen, ein großes Schlupfloch offen gelassen. Dies sind laut dem Gesetzentwurf alle Geräte, die den Sendernamen anzei- gen können . Will sich ein Hersteller weiterhin die digita- le Schnittstelle in seinem Gerät sparen, so lässt er einfach das Display am Radio weg oder unterbindet die Anzeige des Sendernamens softwareseitig . Weiterhin kritisieren wir, dass den Herstellern und Händlern mit 12 Monaten bis zum Inkrafttreten des Ge- setzes eine mehr als großzügige Frist für den Übergang gewährt wird . Die Bundesregierung schreibt dazu selbst in ihrem Entwurf, dass diese Frist dem Abverkauf der rein analogen Geräte dienen soll . Dies bedeutet, dass der Markt, in dem wir ja eigentlich die Position der di- gitalen Empfangsgeräte stärken wollen, noch einmal mit im Preis reduzierten und massiv beworbenen Altgeräten geflutet wird. Und wie oft kauft man schon ein neues Ra- dio? In der Regel ist der Kauf einer Stereoanlage eine Anschaffung für Jahrzehnte. Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24299 (A) (C) (B) (D) Die Linke unterstützt das Anliegen des Gesetzentwur- fes, aber ich hoffe, dass wir in den Ausschussberatungen noch an der einen oder anderen Stelle ein wenig nachbes- seren können . Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es wird ja häufig behauptet, die Opposition würde Geset- ze der Regierung immer schon aus Prinzip kritisieren . Heute kann ich mal das Gegenteil beweisen: Mit dem vorliegenden Gesetz soll festgeschrieben werden, dass alle neuen Radiogeräte so ausgerüstet sein müssen, dass sie einen digitalen Empfang ermöglichen – entweder über DAB+ oder über IP . Das begrüßen wir . Umgekehrt scheint diese sachliche Debatte von den Vertreterinnen und Vertretern der Koalitionsfraktionen nicht geführt zu werden; denn schon seit Jahren mahnen wir dies an . Viel mehr Menschen würden schon heute digital Radio hö- ren, und DAB+ hätte wahrscheinlich eine weit größere Verbreitung, wenn man sich vor Jahren dafür entschieden hätte, diese Verpflichtung beispielsweise für Autoradios einzuführen . Aber damals haben die Vertreterinnen und Vertreter der Koalitionsfraktionen vor der Wirtschaft ge- kuscht . Nun ja, sinnvolle Vorschläge setzen sich doch irgend- wann durch. Hoffentlich ist es nicht zu spät; denn die Verbreitung von DAB+ ist – noch – sehr gering, und so mancher Medienpolitiker erklärt diese Technologie in- zwischen für gescheitert . Dabei ist der DAB+-Empfang störungsfrei und gewährleistet eine vom Internet unab- hängige Verbreitung . Nun wird mit diesem Gesetz also dem technischen Fortschritt endlich Rechnung getragen und zugleich mehr Wahlfreiheit für Verbraucherinnen und Verbraucher ermöglicht . Das ist gut so . Besonders freut es mich, dass hier eine technikneu- trale Lösung gefunden wurde . DAB+ wird nicht einseitig gegenüber IP-Technologie bevorzugt oder umgekehrt, die Anforderung ist lediglich, dass digitaler Empfang möglich sein soll – auf die eine oder andere Technolo- gie gestützt . Wenn sich eine Bürgerin oder ein Bürger in Zukunft ein neues Radio kaufen, können sie sich also aussuchen, ob sie lieber ein Internetempfangsgerät ha- ben wollen oder ein DAB+-Radio . In einer Situation, in der zumindest unklar ist, ob DAB+ sich als Technologie durchsetzen wird, scheint mir das eine sachgerechte Lö- sung . Wenn dieser parallele Ansatz weiterverfolgt wird, soll- ten wir allerdings im Bereich des IP-Radios in Zukunft genauer hinschauen . Sehr viele Menschen hören Radio- programme vor allem im Auto . Das alte Autoradio wird aber in neuen Autos inzwischen durch Hightech-Medi- enplattformen ersetzt, die viel mehr zu bieten haben als nur das profane Radio . Mehr Auswahl ist grundsätzlich immer gut . Es stellt sich aber auch immer dringlicher die Frage, wer zu welchen Konditionen Zugang zu diesen Plattfor- men hat und wie leicht oder schwer die jeweiligen An- gebote erreichbar sind . Es handelt sich schließlich um vergleichsweise neue Technologien, die in der Regel nicht unter den Plattformbegriff des Rundfunkstaatsver- trags fallen, bei denen der Zugang für Rundfunkanbieter nicht automatisch gegeben ist und die sich der Kontrolle durch die Landesmedienanstalten weitgehend entziehen . Trotzdem muss aus meiner Sicht so etwas wie Platt- formneutralität in einem möglichst weitgehenden Sinne sichergestellt sein. So wie wir im offenen Internet auf Netzneutralität beharren, müssen wir auch bei Medien- plattformen in Autos einen gleichberechtigten Zugang sicherstellen . Ich möchte noch einen letzten Punkt ansprechen: Mich erreichen immer wieder besorgte Briefe von Bür- gerinnen und Bürgern, die eine UKW-Abschaltung be- fürchten. Hier muss vor allem Klarheit geschaffen wer- den angesichts der Debatten über die UKW-Abschaltung und das Festlegen verschiedener Zeitpunkte in der Ver- gangenheit . Es muss vor allem langfristig und umfassend über die UKW-Abschaltung informiert werden . Die recht kurzfristige Umschaltung von DVB-T auf DVB-T2 hat gezeigt, dass vor allem die Nutzerinnen und Nutzer das Nachsehen haben . Eine Verständigung darüber muss daher mit den Ländern erfolgen, denn dieses Thema liegt nun mal im Kompetenzbereich der Bundesländer . Sie sind es auch, die die Weichen für DAB+ stellen müssen . Wir hier im Bundestag können aber zumindest dafür sorgen, dass DAB+ nicht daran scheitert, dass es keine Geräte dafür zu kaufen gibt . Anlage 35 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/ CSU und SPD: 25 Jahre Ostseerat – Das Modell für eine gelungene Integration von Ost und West weiterentwickeln (Tagesordnungspunkt 37) Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU): Ich bin Schles- wig-Holsteiner . Zudem gehörte ich jahrelang der Ostsee- parlamentarierkonferenz an . Der Ostsee fühle ich mich eng verbunden . Sie ist für mich ein Stück Heimat . Als Deutschland im Jahr 2012 die Präsidentschaft im Ost- seerat führte, erklärte Bundespräsident Joachim Gauck: „Das Baltische Meer ist ein Meer der Freiheit gewor- den .“ Das ist großartig, denn es war nicht immer so . Der Ostseeraum war durchaus Ort beeindruckender Koope- rationen wie der Gründung der Hanse in der Mitte des 13 . Jahrhunderts . Er war aber vor allem auch Ort wech- selnder Bündnisse und Kriege um die Vorherrschaft im Norden Europas . Die Ostsee war zentraler Schauplatz des Ersten und des Zweiten Weltkrieges, aber auch des Kalten Krieges . Schätzungen gehen von mindestens 6 500 DDR-Bürgern aus, die über die Ostsee in den Wes- ten flüchten wollten. Nur etwa 900 von ihnen kamen dort an . Das Ende des Kalten Krieges eröffnete auch für die Ostseestaaten neue Möglichkeiten . Es war die Vision ei- nes friedlichen und vereinten Ostseeraumes, die den da- maligen dänischen Außenminister Uffe Ellemann-Jensen und seinen deutschen Kollegen Hans-Dietrich Genscher Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724300 (A) (C) (B) (D) bewogen, den Ostseerat ins Leben zu rufen . Sie ver- banden damit das Ziel, ein politisches Dialogforum zu schaffen, in dem die wirtschaftlichen und sozialen Be- ziehungen der Hanse wiederbelebt werden . Insgesamt neun Staaten haben geografisch unmittelbaren Zugang zur Ostsee . In der Tat verbindet die Ostseeanrainerstaa- ten eine Art nordische Gelassenheit und Toleranz, die zu vergleichbaren politischen, wirtschaftlichen und kultu- rellen Einstellungen führte . Selbst das russische Sankt Petersburg wurde 1703 gegründet, um an dieser Menta- lität teilzuhaben . Die Außenminister des Ostseerates werden sich am 20. Juni in Reykjavik treffen, um das 25-jährige Beste- hen des Ostseerates zu feiern . Ich sehe darin ebenfalls eine Erfolgsgeschichte . Die Osterweiterung der Europä- ischen Union um Länder wie Polen und die baltischen Staaten hat ebenso wie die Ostseestrategie der EU dazu beigetragen, die Folgen des Kalten Krieges zu überwin- den . Die Region ist wieder wirtschaftlich und politisch zusammengewachsen . Der Ostseerat hat diese Arbeit als Dialogforum unterstützt . Er hat dazu beigetragen, den Austausch zwischen Menschen zu fördern . Vor allem hat er auch die schwierige Umweltsituation der Ostsee in den Blick genommen . Insgesamt schätze ich die Ergebnisse positiv ein, die Bilanz bleibt aber dennoch nüchtern . Wir müssen uns auch im Ostseeraum mit einer neuen Wirklichkeit konfrontieren . Die Freiheit des Baltischen Meeres, die Joachim Gauck so lobte, ist heute wieder gefährdet . Ost- seerat und Ostseeparlamentarier sind in der Tat Formate, an denen Russland beteiligt ist . Wir sehen aber auch hier, dass eine positive Einbindung Russlands Grenzen hat . Zur Wahrheit gehört es, offen auszusprechen, dass neue Trennlinien in Europa bereits existieren . Russland hat mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und der Unterstützung separatistischer Bewegungen in der Ostukraine Vertrauen zerstört . Russlands Militärausga- ben haben sich seit 2007 fast verdoppelt, wenn auch be- dingt durch die Wirtschaftskrise die Ausgaben seit zwei Jahren wieder sinken . In der Ostsee hat Russland riskante Militärmanöver durchgeführt . Es wird von Zwischenfäl- len berichtet, russische Jets hätten Angriffe in unmittel- barer Nähe von US-Schiffen simuliert. Seit Ausbruch der Ukraine-Krise beklagen Schweden, Polen und die balti- schen Staaten, dass mehrfach russische Kampfflugzeuge in ihren Luftraum eingedrungen seien . Das bisher stark an Moskau gebundene Belarus möchte sich aus der rus- sischen Umklammerung lösen . Die belarussische Staats- führung sucht den Kontakt zum Westen . Die Hauptstadt Minsk stand als neutraler Boden zur Verfügung, auf dem die Parteien des Ukraine-Konfliktes miteinander verhan- deln konnten . Das alles bleibt nicht ohne Auswirkungen auf den Ost- seeraum . Die NATO hat ihre Präsenz in der Region ver- schärft . In militärisch neutralen Ländern wie Schweden und Finnland werden plötzlich Diskussionen um einen NATO-Beitritt geführt . Die schwedische Armee wappnet sich für den Ernstfall . Auf der Insel Gotland stationiert Schweden seine Soldaten. Ein Offizier berichtet, es sei in Anbetracht neuer Waffentechnologien schwer, sich ge- gen die in Kaliningrad stationierten Iskander-Raketen zu verteidigen . Schweden hat seine Militärausgaben erhöht und ein Gastabkommen mit der NATO geschlossen . Die finnische Regierung bereitet sich mit 50 000 zu- sätzlichen Soldaten auf mögliche Krisenfälle vor . Berich- ten der finnischen Regierung zufolge habe sich die Si- cherheitslage in Finnland verschlechtert . Immerhin teilt das Land fast 1 000 Kilometer Landgrenze mit Russland . Man sei beunruhigt über die russische Sicht, Sicherheit auf Einflusszonen aufzubauen. Auch Finnland schloss einen Vertrag mit den USA über militärische Zusammen- arbeit ab . Alle anderen Staaten des Ostseeraumes sind Mit- glieder der NATO . Die NATO hat ihre Präsenz in den baltischen Staaten und in Polen massiv erhöht . Unsere Botschaft ist klar: Wir wollen keine militärische Ausei- nandersetzung mit Russland . Aber wir stehen zu unserer Bündnisverpflichtung, wenn Russland einen Mitglied- staat der Allianz angreift . Zugleich hat sich die Situation auch in den transat- lantischen Beziehungen verändert . Die Botschaften des neuen amerikanischen Präsidenten Donald Trump sind widersprüchlich, sein Verhalten bleibt unberechenbar . Mal erklärt er die NATO für obsolet, dann wieder nicht . Die EU ist in einer Phase der Neuorientierung . Groß- britannien hat sich entschieden, die EU zu verlassen . In Frankreich und Österreich drohten rechtspopulistische Europakritiker die Präsidentschaftswahlen zu gewinnen . Die Balkanstaaten möchten in die EU aufgenommen werden . Sie werden von zwischenstaatlichen, ethnischen und religiösen Konflikten destabilisiert. Offen ist auch, wie sich unser künftiges Verhältnis zur Türkei gestalten wird . Die EU muss entscheiden, wie sie mit Erweiterun- gen und mit der weiteren Vergemeinschaftung ihrer Poli- tikbereiche umgehen will . Neben der Ukraine-Krise ist Europa noch mit anderen Krisen belastet, allen voran mit dem schrecklichen Bür- gerkrieg in Syrien und dem internationalen Terrorismus . Welche Schlussfolgerungen sind daraus zu ziehen? In der Tat ist der Ostseeraum eine der politisch und wirtschaftlich stabilsten sowie sichersten Regionen der Welt . Das aggressive Verhalten Russlands hat aber auch die Ostseeanrainerstaaten verunsichert . Die NATO, die baltischen Staaten und Polen, aber auch Schweden und Finnland haben Konsequenzen gezogen und setzen auf militärische Prävention . Bundeskanzlerin Angela Merkel hat richtigerweise da- rauf hingewiesen, dass „vieles, auf das wir uns bisher wie selbstverständlich verlassen haben, nicht mehr selbst- verständlich ist .“ Die Konsequenz aus der Wahl Donald Trumps und dem Brexit, aus Erdogan, Syrien und dem internationalen Terrorismus muss lauten: Wir brauchen ein starkes Europa . Europa muss für sich sorgen können . Die skandinavischen Länder sind hier gefordert, mehr Verantwortung zu übernehmen . Eine klar proeuropäische Haltung vertritt Finnland, das auch den Euro eingeführt hat . Schweden könnte den Euro einführen, möchte es aber bisher nicht . Auch Dänemark hat den Euro nicht ein- geführt und zudem eine Menge Opt-out-Regelungen bei den europäischen Verträgen . Norwegen hat zwei Volks- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24301 (A) (C) (B) (D) abstimmungen zum EU-Beitritt durchgeführt . In beiden Fällen hat die Bevölkerung dagegen votiert . Es sind starke und stabile Länder, die viel zur EU beitragen können . Deutschland sollte die Möglichkeiten des Ostseerates und die Ostseeparlamentarierkonferenz nutzen, bei den skandinavischen Ländern für diesen Weg zu werben . Sicherheit und Stabilität im Ostseeraum brau- chen ein klares Ja zur Europäischen Union . Der Ostseerat ist eine zwischenstaatliche Organisati- on, die Chancen und Möglichkeiten eröffnet, zwischen den Staaten kulturellen Austausch und regionale Zusam- menarbeit zu vertiefen . Es ist gut, dass auch Russland hier mit am Tisch sitzt . Andererseits haben die Krisen der letzten Jahre auch den Ostseeraum verändert . Viele unserer Hoffnungen aus dem Jahr 1992, dem Jahr der Gründung des Ostseerates, haben sich nicht erfüllt . Die Zusammenarbeit mit Russland, so wie es heute ist, hat Grenzen . Dieses Vakuum kann der Ostseerat nicht füllen . Die Tatsache, dass seit 2014, dem Jahr der Krim-Anne- xion, keine gemeinsame Sitzung der Außenminister des Ostseerates mehr stattgefunden hat, belegt das . Deshalb hat der Ostseerat in der deutschen Ostpolitik auch eher an Bedeutung verloren . Die skandinavischen Länder fühlen sich ebenso wie Polen und die baltischen Staaten von Russland bedroht . Heute ist der Ostseeraum eine der sichersten Regionen der Welt . Derzeit ist dort kein akuter Krisenherd erkenn- bar . Wir dürfen die Region nicht vernachlässigen . Denn auch aus Vernachlässigung können Krisen erwachsen . Dem können die skandinavischen Länder entgegen- wirken, indem sie erkennen: Ein starkes Europa ist die Antwort auf alle Krisen unserer Zeit . Hier sehe ich die Chance für den Ostseerat, aktiv die Zukunft zu gestalten . Franz Thönnes (SPD): In diesem Jahr begehen alle Anrainerstaaten der Ostsee das 25-jährige Bestehen des Ostseerates . Ein Jahr nach dem Silberjubiläum der Ost- seeparlamentarierkonferenz folgt nun das Pendant der politischen Kooperation auf Regierungsebene und kann auf 25 Jahre aktive Politik in der Ostseeregion zurückbli- cken. In wenigen Tagen, am 20. Juni, findet aus diesem Anlass ein Treffen der Außenminister des Ostseerates im Rahmen der aktuellen isländischen Präsidentschaft in Reykjavik statt . Über Ostseepolitik zu sprechen heißt, über Koopera- tions-, Friedens- und Sicherheitspolitik zu sprechen . Das war vor 25 Jahren so . Und das ist heute auch so . Wir spre- chen über eine Region mit mehr als 80 Millionen Men- schen, eine Region, die eine bewegende gemeinsame Zeit aus der Geschichte der Hanse vom 12 . bis 17 . Jahr- hundert hinter sich hat, eine Region, in der die Ostsee für die Nationen nahezu ein halbes Jahrhundert ein Meer war, das sie trennte . Dies änderte sich nach dem Wegfall des Eisernen Vorhanges 1989/90 . Mit starker Kraft keimte wieder die Hoffnung auf, dass die jahrzehntelange Trennung des Ostseeraumes aus dem Kalten Krieg überwunden und er sich wieder zu einer prosperierenden und wohlhabenden Region entwickeln wird . Diese Vision wurde sowohl von den Mitgliedern der Parlamente wie auch von den da- maligen Außenministern Dänemarks und Deutschlands, Uffe Ellemann-Jensen und Hans-Dietrich Genscher, wie- derbelebt . Und als Abgeordneter aus Schleswig-Holstein will ich darauf verweisen, dass dieser Gedanke ebenso tatkräftig von der damaligen SPD-geführten Landesre- gierung mit ihrem Ministerpräsidenten Björn Engholm unterstützt wurde . Natürlich ging es damals um die Fragen, wie man gute Nachbarschaft und stabile Demokratien rund um die Ostsee entwickeln könne . Die erste Zusammenkunft der Parlamentarier 1991 im Ostseeraum war für die Ab- geordneten aus unterschiedlichen politischen Systemen eine ausgezeichnete Möglichkeit zum Dialog und für einen Blick über den eigenen Tellerrand . Gemeinsame Interessen wurden deutlich . Im transparenten Dialog ent- standen neue Ideen, und gemeinsames Handeln wurde verabredet . Mit der kritischen Beratung des Handelns der Regierenden, neuen Verbindungen und Kooperationen erhielt die Ostseezusammenarbeit ihre parlamentarische Dimension . Das erste Außenministertreffen des Ostseerates in Ko- penhagen folgte dann ein Jahr später am 5 . und 6 . März 1992 . Damit wurde die historische Chance wahrgenom- men, ein Forum der Regierungen für den politischen Dialog und für eine konstruktive Zusammenarbeit zu schaffen. Die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Beziehungen auf der Grundlage einer gefestigten Identi- tät der hanseatischen Geschichte wiederherzustellen, war das zentrale Ziel . Der Ostseerat sollte dabei das allge- meine Gremium sein, in dem auf Regierungsebene die Zusammenarbeit koordiniert wird . Heute ist er in Europa einzigartig . Acht Mitgliedstaaten der Europäischen Uni- on, zwei EFTA-Staaten, Russland und die Europäische Kommission arbeiten auf Augenhöhe in einer zwischen- staatlichen Form in einer Region eng zusammen . Natürlich standen damals neben Fragen der wirt- schaftlichen, politischen und kulturellen Kooperation die umweltpolitischen Herausforderungen der erheblich verschmutzen Ostsee im Vordergrund, doch mehr und mehr kamen auch Infrastruktur, Energie, Arbeitsmarkt, Tourismus, Gesundheit, Bildung, Wissenschaft und weiche Sicherheitspolitik auf die Agenda . Wesentliche Arbeitsinstrumente sind die Ostseestrategie der Europä- ischen Union und die Politik der Nördlichen Dimensi- on . Das 1998 gegründete Sekretariat des Ostseerates in Stockholm koordiniert die Arbeit . Dazu gehören Grup- pen von Sachverständigen, Netzwerke, Task Forces und verschiedene Programme . Die Mitgliedstaaten erhalten bei der Koordinierung und Umsetzung der derzeitigen drei langfristigen Prioritäten des CBSS Unterstützung . Dies sind regionale Identität sowie eine nachhaltige, pro- sperierende und sichere Region . Sie wurden 2010 in der Erklärung von Vilnius „Eine Vision für den Ostseeraum bis 2020“ festgelegt . Es dürfen als Mutmacher für künftige Perspektiven beispielhaft folgende Erfolge der bisherigen Kooperation genannt werden: Durch intensive Zusammenarbeit konnten mit der Helsinki-Kommission und der Internationalen Seeschiff- fahrts-Organisation (IMO) strengere Abwasser- und Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724302 (A) (C) (B) (D) Abgasregeln für Passagierschiffe auf der Ostsee durch- gesetzt werden . Auch gibt es inzwischen schärfere Vor- schriften gegen Eutrophierung . Das Konzept „Clean Baltic Shipping“ mit dem Ziel „Null Emissionen in der Seefahrt“ führt in mehreren Häfen zur Reduzierung des Schadstoffausstoßes von Schiffen. Die Hauptschifffahrtswege der Ostsee wurden siche- rer . Auch die EU-Ostseestrategie hat nach 2009 als erste makro-regionale Strategie neue Formen der Zusammen- arbeit und der Strategieplanung in der Region zwischen den Ostseeanrainerstaaten, zwischen Bildungs- und For- schungseinrichtungen, Verwaltungen, Unternehmen und Gewerkschaften geschaffen. Bewahrung der Ostsee, An- bindung der Region sowie Förderung des Wohlstandes sind aktuell die Schwerpunkte . Aus dem Leuchtturmprojekt der EU-Ostseestrategie „Baltic Sea Labour Network“ ist das Baltic Sea Labour Forum als permanentes Gremium für den sozialen Di- alog in der Ostseeregion mit über 30 Arbeitgeber- und Gewerkschaftsorganisationen sowie Partnern entstan- den, das heute vom Sekretariat des Ostseerates organi- satorisch begleitet wird . Im sozialen Dialog geht es um nachhaltige Arbeitsmärkte, faire Arbeitsbedingungen, Arbeitsmobilität und sozial abgesicherte Bedingungen für Grenzpendler sowie Bekämpfung der Jugendarbeits- losigkeit . Derzeit wird gemeinsam das Arbeitsminister- treffen der Ostseeratsmitglieder am 15. Juni 2017 in Ber- lin vorbereitet . Als Erfolg kann auch die im Ostseerat während der deutschen Ratspräsidentschaft für die projektorientierte Modernisierung der ostseenahen Gebiete Nordwestruss- lands 2012 beschlossene Pilot-Finanzierungs-Initiative (PFI) angesehen werden. Gute Projekte können hier fi- nanziell schnell angestoßen werden . Gerade in diesen kritischen Zeiten brauchen wir mehr statt weniger Zu- sammenarbeit, um die gemeinsamen Herausforderungen zu bewältigen . Schließlich bleibt auch auf gemeinsamen Druck aus der Ostseeregion das Thema Gesundheit in der EU-Ost- seestrategie bei der EU-Kommission weiterhin ein för- derfähiges Politikfeld . Der Ostsee-Jugenddialog – Baltic Sea Youth Dialogue (BSYD) – ist ebenso eine wichtige Investition in unsere gemeinsame Region, gerade wenn man an die Langfrist- priorität der regionalen Identität denkt . Die Gründung des Baltic 2030-Netzwerks war die rasche Antwort des Ostseerates auf die in den Nachhal- tigkeitszielen dargelegten globalen Herausforderungen . Hier geht es um die Entwicklung von Partnerschaften und Projekten, darum, die Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung regional umzuset- zen und damit auch der zweiten Langfristpriorität einer „nachhaltigen und prosperierenden Region“ gerecht zu werden . Im Rahmen der dritten langfristigen Priorität „eine si- chere Region“ sind mit der Task Force des Ostseerates zur Bekämpfung des Menschenhandels, der Experten- gruppe für gefährdete Kinder und der Ostsee Task Force zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität gute Ko- operationsstrukturen geschaffen worden. Der russisch-ukrainische Konflikt und die militäri- schen Auseinandersetzungen in der Ostukraine haben leider auch ihre Auswirkungen auf die Ostseeregion . An- gesichts des Verhaltens Russlands in der Ukraine wurden 2014 die Ministertreffen sowie das alle zwei Jahre statt- findende Treffen der Regierungsspitzen des Ostseerates von den anderen Mitgliedstaaten ausgesetzt . Die Ostsee- parlamentarierkonferenz hat in ihren letztjährigen Kon- ferenzen nicht nur zu einer vollständigen Umsetzung der Minsker Vereinbarungen aufgerufen, sondern ebenso die Erwartungen an alle Ostseestaaten ausgesprochen, dass sie alles in ihren Kräften Stehende tun, um sicherzustel- len, dass „sich die Ostseeregion weiterhin durch intensi- ve Zusammenarbeit und gute, friedliche Nachbarschaft auszeichnet .“ Aus diesem Grund forderte die Ostseepar- lamentarierkonferenz auch „eine Wiederaufnahme der Ministertreffen des Ostseerates, weil durch diese Treffen der Dialog gefördert und die Zusammenarbeit gestärkt werden .“ Es ist daher nur zu begrüßen, dass im Rahmen der letzt- jährigen polnischen Ostseeratspräsidentschaft erstmalig wieder Zusammenkünfte der Kultur-, Wissenschafts- und Vizeaußenminister auf Ostseeratsebene stattfanden und für diesen Monat Treffen der Arbeits- und Außenminis- ter geplant sind . Die Bundesregierung hat hierbei unsere volle Unterstützung . Gleichwohl gilt es angesichts der erheblichen Zunah- me russischer Militäraktivitäten in den letzten Jahren in der Ostseeregion sowie der daraufhin ausgeweiteten mi- litärischen Präsenz der NATO in ihren Mitgliedstaaten, alle Anstrengungen zu unternehmen, um sicherzustel- len, dass die militärischen Bewegungen im Ostseeraum nicht zu einem neuen Sicherheitsrisiko in Nordeuropa werden . Notwendig sind Transparenz, der Verzicht auf militärische und rhetorische Provokationen, die Nutzung technischer Sicherheitssysteme wie Transponder bei Mi- litärfliegern und der Dialog sowie die Schaffung neuen Vertrauens, dass zur Reduzierung des militärischen Po- tenzials in der Ostseeregion und zur Schaffung einer ge- meinsamen Sicherheitsarchitektur führt . Aus meiner jahrzehntelangen politischen Arbeit im Ostseeraum kann ich nur bestätigen, dass der Geist des Jahres 1992 von Kopenhagen nach wie vor breit vorhan- den ist . Und gerade deshalb gilt es angesichts der inter- nationalen Herausforderungen auch, in internationaler Kooperation zu handeln und nicht in Nationalismen zu verfallen oder sich gar zu isolieren . Deshalb fordern die Koalitionsfraktionen mit ihrem Antrag die Bundesregie- rung dazu auf, sich in ihrer Ostseeratspolitik in nächster Zeit auf 14 Punkte zu konzentrieren, von denen ich hier aus meiner Sicht einige zentrale Felder kurz benenne . Die Punkte 1 bis 3 der Forderungen unterstreichen das gerade Formulierte zur Schaffung von mehr Sicherheit durch Stärkung der Kooperationen für eine friedliche Entwicklung in der Region und in Europa . Dazu gehört ebenso die innere Sicherheit, wenn es, wie im Punkt 13 gefordert, darum geht, den Menschenhandel im Ost- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24303 (A) (C) (B) (D) seeraum wirkungsvoll zu bekämpfen und die Schutzme- chanismen für potenzielle Opfer zu verbessern . Der Aufruf zur verstärkten Wahrnehmbarkeit des Ost- seerates geht nicht nur an die Bundesregierung und die anderen Mitgliedstaaten, sondern auch an uns selbst . Gute Arbeit und Erfolge vermitteln sich nicht von allein . Es gilt die Weisheit: Tue Gutes und rede darüber . Gerade die soziale Dimension durch eine Auswei- tung der People-to-People-Kontakte und einer Erhöhung des Austausches von Jugendlichen, wie in den Ziffern 4 und 5 gefordert, ist eine unverzichtbare Größe, wenn es darum geht, Offenheit sowie Vertrauen zu stärken und Feindbilder zu verhindern . Notwendig ist eine engere Kooperation im Rahmen der immer schneller stattfindenden Entwicklung eines grenzüberschreitenden Arbeits- und Ausbildungsmarktes in der Region . Und zu Recht gilt es, die tripartite Zusam- menarbeit wie im Baltic Sea Labour Forum von Arbeit- geberverbänden, Gewerkschaften und Politik zu unter- stützen. Das gemeinsame Zusammentreffen des Forums mit den Arbeitsministern in diesem Monat in Berlin ist hierzu ein wichtiges Zeichen . Wenn es darum geht die Wettbewerbsfähigkeit der Ostseeregion zu erhalten und auf die Zukunft auszurich- ten, so sind eine noch intensivere Kooperation im Wis- senschafts- und Forschungsbereich sowie eine Digitali- sierungsoffensive im Ostseeraum erforderlich. Gleiches gilt für erfolgreiche Antworten auf den Kli- mawandel und zur Umsetzung der Agenda 2030 eben- so wie für die Nutzung der Chancen eines nachhaltigen Tourismus, der die Attraktivität der Region erhöht und gleichzeitig ihre natürlichen Grundlagen bewahrt . Das in 25 Jahren guter Ostseekooperation Erreichte sowie die vor uns liegenden Herausforderungen sollten Mut und Ansporn sein, um mit Leidenschaft und Enthu- siasmus an einer friedlichen Weiterentwicklung unseres gemeinsamen Lebensraumes Ostsee zu arbeiten . Ost- seepolitik in diesem Sinne ist dann auch weiterhin Ko- operations-, Sicherheits- und Friedenspolitik zugleich . Es gibt nur eine Sicherheit für uns alle . Herbert Behrens (DIE LINKE): Seit 25 Jahren gibt es mit dem Ostseerat eine Zusammenarbeit zwischen Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Island, Lett- land, Litauen, Norwegen, Polen, Russland und Schwe- den mit dem Ziel der Neugestaltung der Beziehungen nach dem Ende des Kalten Krieges . Es waren Jahre des Ausbruchs aus dem Denken und Handeln der Blockkonfrontation und des Aufbruchs in eine Zukunft der wirtschaftlichen und politischen Zu- sammenarbeit an der einstigen Systemgrenze zwischen Ost und West . Es waren Jahre der Hoffnungen und Erwartungen der Menschen in den Ländern des ehemaligen Ostblocks, die sich jetzt nach Westen orientierten und so schnell wie möglich den ökonomischen Standard der entwickelten kapitalistischen Staaten erreichen wollten . Viele Erwar- tungen haben sich nicht erfüllt . Die Früchte der Zusam- menarbeit sind ungleich verteilt . Das Pro-Kopf-Ein- kommen in den EU-Staaten in der Ostsee-Region liegt zwischen 48 000 Euro in Dänemark und 11 000 Euro in Polen . Wenn der Lebensstandard so weit auseinanderklafft und auch die dadurch mit verursachten Probleme zuneh- men, dann muss das immer wieder ins Zentrum der Ar- beit gestellt werden . Ja, es ist richtig, wenn das Thema Sicherheit im nichtmilitärischen Sinne intensiv bearbei- tet wird . Organisierte Kriminalität und Menschenhandel müssen bekämpft und die Arbeit der Expertengruppe für gefährdete Kinder wirksam unterstützt werden . Doch es reicht nicht, die Symptome gesellschaftlicher Fehlent- wicklungen zu bekämpfen . Wer das Geschäft mit der Not der Menschen unterbinden will, der muss noch viel stär- ker die Not der Menschen selbst bekämpfen . Es muss also viel getan werden, um den politischen Dialog wieder zu verstärken . So steht es richtig im An- trag der Fraktionen von CDU/CSU und SPD . Es ist gut, dass unter dem Vorsitz Finnlands im Ostseerat die Ziele Umwelt, wirtschaftliche Entwicklung, Energie, Bildung und Kultur sowie zivile Sicherheit neu ausgerichtet wor- den sind . Jetzt muss die konkrete Zusammenarbeit auf diesen Feldern gestaltet werden – so hatten es die Mit- glieder der Ostseeparlamentarierkonferenz (BSPC) vor zwei Jahren in Rostock beschlossen . Ich bin guter Dinge, dass diese Forderung in drei Wochen, am 20 . Juni, beim Ministertreffen des Ostseerates in Reykjavik konkret wird; denn die Mitglieder des Ostseerates sind auch Mit- glieder der BSPC . Die Linksfraktion im Bundestag unterstützt die For- derung aus dem Antrag, das gegenseitige Vertrauen und den Dialog in der Ostseeregion wiederherzustellen und künftig wieder zu regelmäßigen Fachministertreffen zu kommen . Durch Gespräche und gemeinsame Projekte wird vertrauensvolle Zusammenarbeit aufgebaut und die Gefahr von Missverständnissen und neuen Konfrontati- onen zwischen den Staaten abgebaut . Das halte ich vor dem Hintergrund der gegenwärtigen militärischen Si- cherheitspolitik für unabdingbar . Wo einst in der Ostseeregion vier Staaten des War- schauer Paktes vier Staaten der Nato gegenüberstanden, sind es nach der Auflösung des Warschauer Paktes im Jahr 1991 heute acht Ostseeanrainer, die der Nato ange- hören . Konservative Kräfte in Finnland spielen ebenfalls mit dem Gedanken einer Nato-Mitgliedschaft . Der Geist von Kopenhagen, wie er im Antrag zitiert wird, ist mit diesem expansiven Wirken der Nato nicht vereinbar . Der Geist von Kopenhagen muss die Triebkraft für Frieden und Wohlstand in der Ostseeregion sein und die Arbeit des Ostseerates prägen . Und er muss eben auch für die Menschen spürbar sein, wenn er nicht nur deklaratori- schen Charakter haben soll . In diesem Sinne unterstützen wir den Antrag der Gro- ßen Koalition . Ich will aber auch darauf hinweisen, dass bei diesem Antrag die Opposition hätte einbezogen wer- den können . Sicher hätten wir als Linksfraktion den Titel des Antrags verändern wollen . Jetzt lautet er „25 Jahre Ostseerat – Das Modell für eine gelungene Integration von Ost und West weiterentwickeln“ . Ich habe darauf Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724304 (A) (C) (B) (D) hingewiesen, dass von einer gelungenen Integration noch nicht gesprochen werden kann . Uns eint jedoch der Wille zu einer friedlichen und freundschaftlichen Zusammen- arbeit in der Ostseeregion . Erlauben Sie mir eine Anmerkung zum Schluss: Die Geschichte der Zusammenarbeit der Ostseestaaten nach dem Zweiten Weltkrieg beginnt nicht erst im Jahr 1992 . Wenn auch unter anderen Vorzeichen gab es ein system- übergreifendes Forum seit den 50er-Jahren bis hinein in die 70er-Jahre . Die DDR, damals maßgeblich mit dem Ziel, die Anerkennung als zweiter deutscher Staat zu erreichen, veranstaltete die internationale Ostseewoche . Im Gründungsjahr 1958 gab es ein Flottentreffen der Bundesmarine im Rahmen der Kieler Woche, was den Menschen sowohl in Deutschland als auch in den skan- dinavischen Staaten Unbehagen bereitete, heißt es in den Archivalien des Landesarchivs Greifswald . Und so ging es damals auch um den Abbau von Konfrontation und um blockübergreifende Kooperation . „Die Ostsee muss ein Meer des Friedens sein“ hieß die Losung der Ostsee- woche . Unabhängig von der Bewertung der damaligen Aktivitäten in beiden deutschen Staaten: Dass die Ostsee ein Meer des Friedens bleibt, gehört zu den wichtigen Zielen der internationalen Zusammenarbeit . Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir beschäftigen uns heute mit einem Antrag der Koa- lition zum 25-jährigen Bestehen des Ostseerats . Tatsäch- lich ist die Geschichte der europäischen Integration in der Ostseeregion seit 1989 eine Erfolgsgeschichte – eine Erfolgsgeschichte vor allem der EU-Erweiterungspolitik, mit den für die Region bedeutsamen Erweiterungsrunden 1995 und 2004, aber auch der Integration innerhalb der Region neben und über die EU hinaus . So verbindet die Zusammenarbeit im Ostseerat heute eine Region, die seit Jahrhunderten wirtschaftlich, kulturell und mit der Ost- see offensichtlich auch ökologisch eng verknüpft ist und die über die Grenzen der heutigen EU hinausreicht . Das Besondere an der Ostseeregion ist dabei, dass diese Region Menschen und Regionen zusammenbindet, die tatsächlich über sehr große Unterschiede hinweg eine dynamische Zusammenarbeit pflegen und sich sehr be- wusst über Gemeinsamkeiten sind . Die Idee der Gemein- samkeiten in der Ostseeregion, mit einem Zusammen- gehörigkeitsgefühl über wirtschaftliche und politische Unterschiede hinweg, kann eine Quelle für sehr viele wünschenswerte Entwicklungen sein . Woran macht sich diese Zusammenarbeit fest? Daran, dass Menschen wie ich sich schlichtweg in Kopenhagen, Tallin oder Kaliningrad eher zu Hause fühlen als in Stutt- gart oder Frankfurt am Main? Ja, auch . Der bedeutendste Ausdruck ist aus meiner Sicht aber die Zusammenarbeit im zivilgesellschaftlichen Bereich, die im Antrag der Ko- alition gerade auch in Bezug auf die Zusammenarbeit der Parlamente, der NGOs und der Jugendarbeit gewürdigt wird . Diese einmalige Grundlage muss erhalten und ge- stärkt werden . Dazu muss man aber auch sagen, dass die Zusammen- arbeit in der Region in den letzten Jahren durch die re- pressive Gesetzgebung gegen Zivilgesellschaft und Bür- gerrechte in Russland erheblich erschwert, ja eigentlich sogar unmöglich gemacht wurde . Die Lage der Zivilge- sellschaft, aber auch die Bereitschaft der russischen Sei- te, entsprechende Themen anzugehen, sind sicherlich an einem Tiefpunkt angelangt . Gleichzeitig haben der russi- sche Interventionskrieg in der Ukraine und die russische Politik, immer wieder mit militärischen Provokationen in der Region selbst eine ungeschminkt aggressive Seite an den Tag zu legen, das Vertrauen in die Zusammenarbeit in der Ostseeregion schwer erschüttert . Das schlägt sich auch auf die Zusammenarbeit im Ostseerat nieder . Es ist kaum vorstellbar, dass die Zusammenarbeit in der Regi- on und auch im Ostseerat sich positiv weiterentwickeln lässt, solange Russland diese Politik nicht beendet . Deswegen ist es auch entscheidend, dass Deutschland seine Haltung unmissverständlich klarmacht: Die Solida- rität im Ostseeraum gilt in diesen Fragen uneingeschränkt vor allem denen, die das Opfer bzw . die Adressaten der russischen Aggression sind . Und die Sanktionen der EU gegen Russland bleiben richtig und notwendig . Das, liebe Koalition, hätten Sie in ihrem Antrag so klar auf- schreiben müssen . Der Ostseerat wird vor dem Hintergrund der gefährli- chen russischen Außenpolitik in der Region nicht in der Lage sein, den Vertrauensverlust der Weltgemeinschaft in Russland zu kompensieren oder auch nur zu mindern, der spätestens mit der Verletzung des Budapester Memo- randums entstanden ist . Aber er kann ein Gesprächsort für eine pragmatische Zusammenarbeit in der Region und auch mit Russland in wichtigen Fragen sein . Und damit meine ich ausdrücklich nicht nur die Zusammenarbeit im Bereich der wirtschaftlichen Modernisierung, bei der festzuhalten ist, dass die Missstände weiterhin überwie- gen und es der russischen Regierung ganz offensichtlich an Interesse mangelt, tatsächlich die notwendige Rechts- und Investitionssicherheit herzustellen . Aber bei Themen wie Sicherheit oder Ökologie kann der Ostseerat gerade vor dem Hintergrund der schwie- rigen Ausgangslage der Beziehungen zu Russland ein hilfreiches Gesprächs- und Zusammenarbeitsforum sein, an dem wir festhalten und in dem wir auch in Zukunft zusammenarbeiten wollen . Deswegen werden wir dem Antrag der Koalition zu- stimmen . Anlage 36 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung gebührenrechtlicher Regelungen im Aufenthalts- recht (Tagesordnungspunkt 38) Andrea Lindholz (CDU/CSU): Ein wesentliches Ziel unseres Koalitionsvertrages von 2013 ist die Ent- lastung der Kommunen . Hier haben wir sehr viel getan . Allein in diesem Jahr entlastet der Bund die Länder und Kommunen insgesamt mit rund 73 Milliarden Euro . Das ist die größte Entlastung aller Zeiten . In diesem kommu- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24305 (A) (C) (B) (D) nalpolitischen Zusammenhang ist auch der vorliegende Gesetzentwurf zu sehen . Ausgangspunkt für dieses Gesetz war die Beschwer- de der kommunalen Spitzenverbände und der Länder, dass die Gebühren im Ausländerrecht nicht die Kosten decken, die in den Ausländerbehörden zum Beispiel bei der Verlängerung von Aufenthaltstiteln anfallen . Daher einigten sich Bund, Länder und Kommunen 2012 auf ein gemeinsames Projekt, in dem alle im Ausländerrecht gel- tenden Gebühren gemessen und systematisch evaluiert werden . Durchgeführt wurde diese Erhebung durch das Statistische Bundesamt, das bundesweit in repräsentativ ausgewählten Ausländerbehörden die realen Kosten für den durchschnittlichen Arbeitsaufwand ermittelte . An- schließend verglich das Amt den realen Kostenaufwand mit den erhobenen Gebühren . Die Evaluation der Daten von 2012/2013 zeigt im Er- gebnis, dass den Kommunen bundesweit jährlich ein De- fizit von über 12 Millionen Euro als Folge der teilweise zu niedrigen Gebühren entsteht . Seit 2012/2013 hat sich die Nettozuwanderung nach Deutschland nahezu verdop- pelt. Entsprechend höher fällt heute auch das Defizit in den Ausländerbehörden aus . Es besteht also gut begründeter Handlungsbedarf . Der Beschluss von Bund, Ländern und Kommunen, hier gegenzusteuern, ist mehr als gerechtfertigt . Dabei gilt seit jeher der Grundsatz, dass einerseits die Kosten der öffentlichen Hand mittels Gebühren ausreichend zu de- cken sind und andererseits die Gebührenschuldner nicht übermäßig belastet werden sollen . Die Evaluierung hat aber auch gezeigt, dass manche Gebührensätze zu hoch angesetzt wurden, wie zum Beispiel die Gebühren für die Ausstellung einer Blauen Karte EU oder einer Nieder- lassungserlaubnis . Zu hohe Gebühren soll dieses Gesetz nach unten korrigieren . Im Wesentlichen sieht der Gesetzentwurf Änderungen der §§ 69 und 70 des Aufenthaltsgesetzes vor, in denen die Gebühren und die Verjährung geregelt werden . Mit den Änderungen schaffen wir als Parlament die gesetzli- chen Voraussetzungen, damit der Verordnungsgeber bzw . die Bundesregierung die Gebühren in der Aufenthalts- verordnung entsprechend den Ergebnissen der Evalua- tion durch das Statistische Bundesamt anpassen kann . Damit werden die Forderungen von Ländern und Kom- munen erfüllt . Konkret ändert sich durch den Gesetzentwurf Folgen- des: Erstens wird das Kostendeckungsgebot für die Ge- bührenbemessung gesetzlich festgelegt und das bisheri- ge Äquivalenzprinzip damit abgelöst . Das bedeutet, der Preis für ausländerrechtliche öffentliche Leistungen wird künftig als kostendeckende gesetzlich festgelegte Ge- bühr nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ermit- telt . Der bisherige Grundsatz, dass zwischen dem Wert einer Verwaltungsleistung und der dafür erhobenen Ge- bühr ein ausgewogenes Verhältnis bestehen muss, tritt in den Hintergrund . Zweitens werden die Gebührenhöchstgrenzen in § 69 Aufenthaltsgesetz punktuell angepasst . In den meisten Fällen ergeben sich Anhebungen in unterschiedlicher Höhe . Beispielsweise steigt der Höchstsatz, der für die Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis zu Forschungs- zwecken erhoben werden darf, um 20 Euro . Die Ausstel- lung eines Notreiseausweises sinkt hingegen von 25 auf 18 Euro . Drittens werden alle Gebührensätze in der Aufent- haltsverordnung entsprechend der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Durchschnittskosten neu festge- legt. Zum Beispiel wird die Gebühr für eine Verpflich- tungsermächtigung mit 4 Euro leicht angehoben . Die Erneuerung einer Duldung steigt deutlicher von 15 auf künftig 33 Euro . Allein dieser Punkt hatte 2012/2013 ein Defizit von über 3,5 Millionen Euro verursacht. Viertens werden die Gebührenhöchstätze für die Ertei- lung einer Niederlassungserlaubnis sowie einer Erlaub- nis zum Daueraufenthalt in der EU reduziert . Die Gebühr wird jeweils um 60 Euro abgesenkt . Die Evaluierung hat gezeigt, dass die Gebühren deutlich zu hoch angesetzt waren . Fünftens erfolgt eine Harmonisierung mit dem Bun- desgebührengesetz . Das bislang subsidiär geltende Ver- waltungskostengesetz wird durch einschlägige Normen des Bundesgebührengesetzes abgelöst . Sechstens wird dafür gesorgt, dass Resettle- ment-Flüchtlinge und subsidiär Geschützte, die in Deutschland einen Reisepass beantragen, nicht mit zu hohen Gebühren überfordert werden . Sie werden in diesem Punkt rechtlich mit GFK-Flüchtlingen gleich- gestellt . Auch für subsidiär Geschützte gilt künftig der Grundsatz, dass die Gebühren für einen Reisepass nicht höher als die Gebühren für die Ausstellung eines deut- schen Reisepasses liegen dürfen . Das gilt, obwohl die Reisepässe für diese Gruppe erheblichen verwaltungs- technischen Mehraufwand verursachen . Ich denke aber, dass diese Regelung nicht nur den Betroffenen gegenüber fair ist, sondern auch im ureigenen migrationspolitischen Interesse der Bundesrepublik liegt . Siebtens wird der nachvollziehbare Wunsch der Län- der umgesetzt, und die Gebühren werden auf volle Euro- beträge gerundet . Das vereinfacht die Arbeit in der Praxis und die Abrechnungen . Der Gesetzentwurf war bereits im Frühjahr 2015 ressortabgestimmt . Das Kabinett hätte ihn schon früher verabschieden und in den Bundestag einbringen können . Allerdings wurde das Vorhaben aus gutem Grund zurück- gestellt . Unter dem 2015 massiv ansteigenden Migrati- onsdruck erhielten viele andere asyl- und aufenthalts- rechtliche Reformen Vorrang . Es ging zunächst darum, unser Asylsystem insgesamt zu stabilisieren und unser Ausländerrecht an die Herausforderungen anzupassen . Die Gebührenordnung war daher erstmal nachrangig . Wir haben in den letzten zwei Jahren das deutsche Asylsystem nachhaltig stabilisiert . Die Migration nach Deutschland haben wir erfolgreich geordnet, gesteuert und begrenzt . Jetzt wollen wir auch noch dieses berech- tigte Vorhaben in dieser Legislatur zu einem Abschluss bringen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724306 (A) (C) (B) (D) Insgesamt halte ich den vorliegenden Gesetzentwurf für einen gut ausgewogenen Kompromiss, der das Kos- tendeckungsgebot der öffentlichen Hand einerseits und die Gebührenbelastung der Betroffenen andererseits in einen vernünftigen Ausgleich bringt . Ich bitte daher um Zustimmung . Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD): Auslän- derbehörden verzeichnen einen Arbeits- und Aufgaben- zuwachs – nicht nur aufgrund steigender Migration . Sie stellen Aufenthaltsdokumente oder Notreiseausweise aus, übertragen Aufenthaltstitel oder schreiben pass- rechtliche Dokumente um . All diese Dienstleistungen sind umfangreich und verursachen Kosten in den Kom- munen . In bestimmtem Maße werden Personen, die die- se Dienstleistungen in Anspruch nehmen, auch an den Kosten beteiligt . Schon lange bemängeln allerdings die Länder, dass die erhobenen Gebühren nicht mehr die tatsächlichen Kosten abdecken . Eine wissenschaftliche Analyse des Statistischen Bundesamtes hat 2013 diese Analyse bestätigt . Die Evaluation der bislang im Ausländerrecht gel- tenden Gebühren durch das Statistische Bundesamt hat gezeigt, dass die bundeseinheitlichen Gebühren für die kommunalen Haushalte bisher nicht ausreichend waren und jährlich für Defizite gesorgt haben. Insgesamt wur- den durch das Statistische Bundesamt 53 verschiedene Gebührentatbestände untersucht – dabei haben sich ei- nige Kosten als zu teuer und andere wiederum als zu günstig erwiesen . Daher werden nun die bislang gelten- den Gebührenhöchstgrenzen punktuell angepasst und, wo notwendig, die Gebühren erhöht . Diese Anpassungen werden das ermittelte Defizit der Kommunen bei den in der Ausländerverwaltung anfallenden Kosten von rund 12 Millionen Euro pro Jahr erheblich reduzieren . Wahrscheinlich war das Defizit aufgrund der zwi- schenzeitlich stark gestiegenen Fallzahlen in den letzten beiden Jahren sogar erheblich größer, sodass das zusätz- liche Volumen in den kommenden Jahren auch entspre- chend höher ausfällt . Die Anpassung der Gebühren wird insoweit also auch zu der im Koalitionsvertrag als Ziel festgehaltenen Entlastung der Kommunen beitragen und ist damit absolut sinnvoll . Dabei nehmen wir die Anpassung so vor, dass zwar die jeweils anfallenden Kosten bestmöglich gedeckt werden, gleichzeitig die Gebührenzahler aber nicht unverhältnis- mäßig stark belastet werden . Bisherige Ermäßigungen oder Befreiungen von den Gebühren bleiben unverändert bestehen . Auch kann die einzelne Ausländerbehörde im Einzelfall wie gehabt mit Blick auf die Situation des Ge- bührenzahlers diese ermäßigen oder ganz erlassen . Da- mit tragen wir dafür Sorge, dass Ausländer nicht davon abgehalten werden, Leistungen in Anspruch zu nehmen . Es bleibt festzuhalten: Wir haben dadurch eine ausge- wogene und gelungene Regelung gefunden, die tatsäch- lichen Kosten besser abzubilden und gleichzeitig flexibel auf Härtefälle reagieren zu können . Ulla Jelpke (DIE LINKE): Die Bundesregierung will die Gebührenordnung im Aufenthaltsrecht ändern, ge- nauer gesagt: Sie will die Gebühren im Ergebnis massiv erhöhen, angeblich um die Kommunen zu entlasten . Das hört sich zunächst richtig und nach einem simplen Ver- waltungsvorgang an . Dieser spiegelt aber zugleich Un- stimmigkeiten und Probleme des Aufenthaltsrechts selbst und auch des Umgangs mit Flüchtlingen in Deutschland . Das vorliegende Gesetz lehnt die Fraktion Die Linke ab, weil es an den eigentlichen Problemen überhaupt nichts ändert. Es belastet insbesondere Geflüchtete, nützt aber den Kommunen kaum, die die Masse der Verwaltungs- arbeit leisten . Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind die Gebühren bislang viel zu niedrig angesetzt, sodass etwa für die Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer oder für Duldungen oder für die Befristung eines Ein- reiseverbotes weniger Gebühren erhoben werden, als die Verwaltungskosten hierfür tatsächlich betragen . Im vori- gen Jahr sind die Kommunen deswegen auf 12 Millionen Euro sitzen geblieben . Im Prinzip ist der Ansatz, dass Gebühren kostende- ckend sein sollen, zwar verständlich . Ich gebe aber zu bedenken: Wir reden hier nicht von Verwaltungsvorgän- gen, die von den betroffenen Ausländerinnen und Aus- ländern nach Lust und Laune veranlasst werden . Eine Familie, die zwar ausreisepflichtig ist, aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen aber nicht abgeschoben wer- den kann, ist nicht selbst schuld daran, dass sie hier re- gelmäßig eine Duldung beantragen muss . Der Preis für eine Duldung soll sich nach dem Wil- len der Bundesregierung jetzt aber verdoppeln, so dass eine Erstduldung 58 Euro und jede Verlängerung bis zu 30 Euro kostet . Dabei muss man jedoch eines berück- sichtigen: Die Duldungszeiträume werden aus politi- schen Gründen oftmals sehr kurz gehalten, manchmal auf einen Monat begrenzt . Durch diese staatlich ver- anlasste Abschreckungspolitik werden die Betroffenen dazu gezwungen, alle paar Wochen oder Monate diesen Verwaltungsakt zu beantragen . Dafür müssen die Behör- denmitarbeiter natürlich Arbeitszeit aufwenden, was für die Kommunen Mehrausgaben bedeutet . Aber hier muss man zwei Sachen anmerken: Zum einen handelt es sich bei dem von der Bundes- regierung gewählten Ansatz, einfach die Gebühren zu erhöhen, um die kommunalen Haushalte zu entlasten, um eine Milchmädchenrechnung; denn die Geduldeten, die hier vom Asylbewerberleistungsgesetz leben müssen, verfügen meist gar nicht über die erforderlichen Finanz- mittel . Für sie springt in der Regel das Sozialamt ein – also im Ergebnis wiederum die Kommune, die ihre Aus- gabeposten lediglich umschichten kann, aber am Ende doch darauf sitzen bleibt . Zum anderen zeigt sich hier die grundsätzliche Pro- blematik, im Aufenthaltsrecht den Grundsatz der Kosten- deckung einzufordern; denn ein großer Anteil der Kosten resultiert aus Umständen, für die nicht die Betroffenen, sondern „der Staat“ verantwortlich ist . Die Personalkos- ten bei den kommunalen Behörden werden teilweise nur dadurch in die Höhe getrieben, dass das Aufenthaltsrecht nur so von komplexen, teilweise auch unklaren Regelun- gen, von einer Vielzahl von Ausnahmetatbeständen usw . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 2017 24307 (A) (C) (B) (D) wimmelt . Das macht die Bearbeitung und Prüfung der je- weiligen Anträge aufwendig, langwierig und damit auch teuer . Eine klarere Gesetzgebung und vereinfachte Vor- schriften würden die Bearbeitung erleichtern und damit billiger machen . Die Linke hat stets die Auffassung vertreten, dass die Kommunen von den Aufgaben der Flüchtlingsaufnah- me und -versorgung effektiv entlastet werden müssen, weil der Flüchtlingsschutz in erster Linie eine staatliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland ist. Um diese Entlastung wirklich zu erreichen, braucht es aber ein anderes Instrument als das von der Bundesregierung gewählte . Hier muss grundsätzlich darüber nachgedacht werden, den Bund mehr in die Pflicht zu nehmen. Ich will abschließend noch darauf hinweisen, dass auch der Normenkontrollrat einige kritische Anmerkun- gen zu diesem Gesetz formuliert hat, die in eine ähnliche Richtung gehen wie unsere Kritik . So hat er formuliert: „Durch Rechts- und Verwaltungsvereinfachung könnten die Vollzugsträger auch auf der Aufwandsseite entlastet werden . Sofern dies zu spürbar weniger Vollzugsauf- wand führt, könnten perspektivisch Gebühren auch wie- der gesenkt werden .“ Der Kontrollrat hat weiter ausgeführt, es müsste „zum generellen Prinzip erhoben werden, vor einer Gebüh- renerhöhung zunächst das Vereinfachungspotential in den Verwaltungsverfahren auszuschöpfen . Anstatt Ge- bühren in Folge aufwändiger Verwaltungsverfahren zu erhöhen, sollten Gesetzgeber und Vollzugsträger mehr Augenmerk auf schlankere Verfahren legen .“ Dem kann ich mich nur anschließen . Das würde in der Praxis bedeuten, das Aufenthaltsrecht gründlich zu ver- einfachen, und zwar im Sinne der hier lebenden Auslän- derinnen und Ausländer . Einen konkreten Vorschlag hierfür, etwa bei der Dul- dungserteilung, hat die Fraktion Die Linke schon vor Jah- ren gemacht, nämlich langjährig Geduldeten endlich ein dauerhaftes Bleiberecht anzubieten . Wer seit Jahren hier lebt und voraussichtlich auch noch weiter geduldet wer- den muss – aus rechtlichen oder humanitären Gründen –, der soll endlich Sicherheit bekommen . Die beschlossene Bleiberechtsregelung ist nach allen bisherigen Praxiser- fahrungen zu restriktiv und weitgehend unwirksam . Das wäre im Interesse der Flüchtlinge selbst, aber auch der Kommunen, und zwar nicht nur, weil sie auf die ewige Wiederholung der Duldungsverlängerung verzichten könnten, sondern auch weil die Flüchtlinge erst durch ein Bleiberecht eine reale Chance erhalten, sich in die Kommune, in der sie leben, erfolgreich zu integrieren und unabhängig von staatlichen Hilfsleistungen zu leben . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Die Bundesländer kritisieren seit längerem, dass die in der Aufenthaltsverordnung … für aufenthaltsrechtliche individuell zurechenbare öffentliche Leistungen festge- legten Gebühren nicht auskömmlich seien und die kom- munalen Haushalte in diesem Bereich jährlich erhebliche Defizite zu verzeichnen hätten. Bund und Länder sind daher übereingekommen, belastbar zu ermitteln, ob und inwieweit die einzelnen Gebührentatbestände die tat- sächlich anfallenden Kosten der Ausländerbehörden an- gemessen abbilden . Je nach Gebührentatbestand haben die Kommunen teilweise Überdeckungen, zum größeren Teil aber Unterdeckungen zu verzeichnen . Bezogen auf aufenthaltsrechtliche individuell zurechenbare öffentli- che Leistungen entsteht den Kommunen ausweislich des Projektergebnisses insgesamt ein jährliches Defizit von ca . 12 Millionen Euro . … Um künftig die Gebühren im Ausländerrecht so festlegen zu können, dass sie einer- seits die für die jeweiligen Leistungen anfallenden Kos- ten decken und andererseits die Gebührenschuldner nur im erforderlichen Ausmaße belasten, bedarf es Änderun- gen der §§ 69 und 70 des Aufenthaltsgesetzes . … Für die im Ausländerrecht geltenden Gebühren resultiert das Be- dürfnis nach einer bundeseinheitlichen Festlegung insbe- sondere aus dem gesamtstaatlichen Interesse für gleiche Aufenthalts- und Lebensbedingungen von Ausländern im Bundesgebiet .“ So die Gesetzesbegründung . So weit, so gut, so halbwegs verständlich . Behördenhandeln kostet etwas, und es ist legitim, dafür Gebühren zu erheben . Das gilt allerdings nicht schrankenlos, und dabei ist höherrangiges Recht zu beachten . Das verkennen oder verschweigen Sie geflissentlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition . Ich möchte mich heute nicht darüber auslassen, ob es legitim ist, etwa für die nach- trägliche Aufhebung eines Einreiseverbots Gebühren in Höhe von 169 Euro zu verlangen . Das scheint mir zwar ein wenig zu viel der Abschottung zu sein; doch unsere Position zu den Einreiseverboten ist ja bekannt und kann auf Seite 8 der Drucksache 18/5425 nachgelesen werden . Nein, ich möchte Ihr Augenmerk vielmehr auf die uni- onsrechtlichen Vorgaben und die völkerrechtlichen Ver- pflichtungen der Bundesrepublik richten. In der Mai-Ausgabe des „Informationsbriefs Auslän- derrecht“ widmen Dr . Tilman Reinhardt und Dr . Rolf Gutmann den unionsrechtlichen Vorgaben an die Erhe- bung ausländerrechtlicher Gebühren einen lesenswerten Beitrag . Ausgangspunkt für ihre Erörterungen ist das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 29 . April 2010, wonach sich aus der Standstill-Klausel des Assoziierungsabkommens zwischen der Europäi- schen Union und der Türkei ergibt, dass von assoziati- onsberechtigten türkischen Staatsangehörigen für die Ausstellung von Aufenthaltstiteln lediglich Gebühren verlangt werden können, die mit denjenigen von Uni- onsbürgern vergleichbar sind . Das ist keine Lappalie, sondern entlastet türkische Familien in der Europäischen Union in erheblichem Maße . Das wird auch weiter so sein müssen, da das Assoziationsrecht Anwendungsvor- rang vor dem nationalem Recht und somit auch vor ihm entgegenstehenden gebührenrechtlichen Regelungen hat . Man fragt sich, ob die Bundesregierung das weiß . In der Gesetzesbegründung steht davon jedenfalls kein Wort . Nun kann man sagen: Es leben zwar viele türkische Staatsangehörige in Deutschland, auf die die Regelungen des Gesetzes, das heute verabschiedet werden soll, gar nicht angewandt werden können, aber es lohnt sich den- noch, das Gesetz zu verabschieden, da sich auch zahl- reiche Menschen aus anderen Staaten in Deutschland aufhalten, die man zur Kasse bitten kann . Dann wäre es zwar ehrlicher, das in der Gesetzesbegründung auch zu erwähnen . Es ist allerdings so, dass auch Staatsangehöri- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 237 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Juni 201724308 (A) (C) (B) (D) Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ge weiterer Staaten sich möglicherweise auf völkerrecht- liche Standstill-Klauseln berufen können und dann von den Gebühren gar nicht betroffen sein dürften. Laut Rein- hardt und Gutmann bestehen solche Vereinbarungen – halten Sie sich fest – mit Moldawien, der Ukraine, Russ- land, Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Kasachs tan, Kirgisistan, Tadschikistan, Usbekistan, Algerien, Ma- rokko, Tunesien, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Montenegro, Serbien, Andorra, San Marino sowie den 79 AKP-Staaten, die Vertragspartei des Coto- nou-Abkommens sind . Das sind mehr als die Hälfte aller Drittstaaten! Vor diesem Hintergrund wirkt das Unter- fangen der Koalition doch wie ein untauglicher Versuch, einen Flickenteppich notdürftig zu flicken. Rechtswidrig ist das nicht, wegen des erwähnten Anwendungsvorrangs des Assoziationsrechts – aber doch ein Stück weit unehr- lich gegenüber der Öffentlichkeit, aber insbesondere ge- genüber den Behörden, die das Durcheinander dann aus- baden müssen . Die Ausländerbehörden sollten jedenfalls nicht auf die Idee kommen, von den assoziationsrechtlich begünstigten Drittstaatsangehörigen die höheren Gebüh- ren zu verlangen, sonst drohen Rückforderungen in be- trächtlicher Höhe . Wir haben nichts gegen Gebühren an sich, deshalb stimmen wir nicht gegen den Gesetzentwurf . Gesetzge- berisch hätte man das aber einfacher und übersichtlicher machen müssen . Deshalb enthalten wir uns . 237. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 9, ZP 4 Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs TOP 10 Einwanderungsgesetz TOP 11 Betriebsrentenstärkungsgesetz TOP 46, ZP 5 Überweisungen im vereinfachten Verfahren TOP 47, ZP 6 Abschließende Beratungen ohne Aussprache TOP 12 Abschluss der Rentenüberleitung TOP 13, ZP 7 Rentenniveau TOP 14 Jahresbericht 2016 des Wehrbeauftragten TOP 15 Kohleausstieg TOP 16 Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen TOP 17 Mindestlohn TOP 47 n, ZP 10, 11 Abschiebungen nach Afghanistan TOP 18 Freiheits- und Einheitsdenkmal TOP 19 Familiennachzug für subsidiär Geschützte TOP 20 Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie TOP 21 Weltfriedenstag TOP 22 Änderung der Geschäftsordnung - Alterspräsident TOP 24 Arbeitsbericht des Parlamentarischen Beirats TOP 25 Gesetz zur Einführung eines Wettbewerbsregisters TOP 26 Überwachung übertragbarer Krankheiten TOP 27 Änderung des Energie- und des Stromsteuergesetzes TOP 28 Bekämpfung von Kinderehen TOP 29 Beleidigung von Vertretern ausländischer Staaten TOP 30 Bekämpfung der organisierten Kriminalität TOP 31 Änderung reiserechtlicher Vorschriften TOP 32 Kassensicherungsverordnung TOP 33 Änderung des Telemediengesetzes TOP 34 Änderung des Bundesversorgungsgesetzes TOP 35 Blut- und Gewebezubereitungen, Pflege-TÜV TOP 36 Änderung des Telekommunikationsgesetzes TOP 37 25 Jahre Ostseerat TOP 38 Gebührenrechtliche Regelungen im Aufenthaltsrecht Anlagen Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15 Anlage 16 Anlage 17 Anlage 18 Anlage 19 Anlage 20 Anlage 21 Anlage 22 Anlage 23 Anlage 24 Anlage 25 Anlage 26 Anlage 27 Anlage 28 Anlage 29 Anlage 30 Anlage 31 Anlage 32 Anlage 33 Anlage 34 Anlage 35 Anlage 36
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Claudia Roth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Bosbach, ich habe noch eine Wortmeldung von

    Frau Pothmer . Sind Sie bereit, diese zuzulassen?



Rede von Wolfgang Bosbach
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Ja, klar .


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Brigitte Pothmer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Bosbach, die Altersmilde, die Sie für sich in An-

    spruch genommen haben, nehme ich auch für mich in
    Anspruch .