Protokoll:
18230

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 18

  • date_rangeSitzungsnummer: 230

  • date_rangeDatum: 26. April 2017

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 15:18 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/230 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 230. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 26. April 2017 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: 15. Entwick- lungspolitischer Bericht der Bundesregie- rung „Entwicklungspolitik als Zukunfts- und Friedenspolitik“; weitere Fragen Dr. Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . 23137 C Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23138 C Dr. Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . 23139 A Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 23139 C Dr. Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . 23139 D Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23140 A Dr. Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . 23140 A Dr. Claudia Lücking-Michel (CDU/CSU) . . . 23140 B Dr. Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . 23140 C Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 23140 C Dr. Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . 23141 A Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 23141 B Dr. Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . 23141 B Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23141 C Dr. Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . 23141 D Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23142 A Dr. Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . 23142 A Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 23142 B Dr. Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . 23142 C Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 23142 D Dr. Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . 23143 A Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 23143 B Dr. Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . 23143 C Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23143 D Dr. Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . 23143 D Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 23144 A Dr. Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . 23144 B Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23144 C Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 23144 D Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 23145 A Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 23145 B Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23145 B Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 23145 C Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde Drucksache 18/12020 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23145 D Mündliche Frage 1 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Persönlicher Einsatz der Bundeskanzlerin für eine Abschaltung der Atomkraftwerke Cattenom und Fessenheim Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 2017II Antwort Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretä- rin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23145 D Zusatzfrage Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23146 A Mündliche Frage 2 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Veränderungen der Grenzwerte der zulässi- gen Jahreshöchstdosis für beruflich strahle- nexponierte Personen Antwort Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretä- rin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23146 C Zusatzfragen Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23146 D Mündliche Frage 3 Hubertus Zdebel (DIE LINKE) Teilevakuierungen von Atomkraftwerken im Rahmen der letzten Renegade-Vorfälle Antwort Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretä- rin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23147 C Zusatzfragen Hubertus Zdebel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 23147 D Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23148 B Mündliche Frage 4 Hubertus Zdebel (DIE LINKE) Lieferung von Brennelementen für den Be- trieb des Atomkraftwerks Tihange 2 Antwort Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretä- rin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23148 C Zusatzfragen Hubertus Zdebel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 23148 D Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23149 B Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23149 D Mündliche Frage 7 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Fortsetzung der Aufklärungsflüge der Bundeswehr nach den Bombenangriffen der US-Streitkräfte auf den syrischen Ort al-Dschinnah Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 23150 B Zusatzfragen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23150 C Mündliche Frage 8 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Untersuchung des Giftgasangriffs auf den syrischen Ort Chan Schaichun Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 23151 C Zusatzfragen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23152 A Mündliche Frage 16 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Maßnahmen zum Schutz verfolgter Homo- sexueller in Tschetschenien Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 23153 A Zusatzfragen Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23153 C Mündliche Frage 17 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verfassungskonformität etwaiger gesetzli- cher Regelungen zum Islam Antwort Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23154 C Zusatzfragen Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23155 A Mündliche Frage 25 Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Änderung des Telekommunikationsgesetzes mit dem Ziel der Einführung eines barriere- freien Notrufsystems Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . 23156 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 2017 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 2017 III Zusatzfragen Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23156 B Mündliche Frage 26 Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zielvereinbarungen zwischen Werkstätten für behinderte Menschen und Kostenträ- gern ohne Konzepte zur angemessenen Be- schäftigung Antwort Gabriele Lösekrug-Möller, Parl. Staatssekre- tärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23157 C Zusatzfragen Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23157 C Mündliche Frage 32 Cornelia Möhring (DIE LINKE) Personelle Situation in Kreißsälen Antwort Ingrid Fischbach, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23159 A Zusatzfragen Cornelia Möhring (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 23159 C Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23160 C Mündliche Frage 33 Cornelia Möhring (DIE LINKE) Ermöglichung sicherer Geburten Antwort Ingrid Fischbach, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23160 D Zusatzfragen Cornelia Möhring (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 23161 B Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23161 D Mündliche Frage 34 Herbert Behrens (DIE LINKE) Erhebung der CO2-Werte im Rahmen der Untersuchungskommission zum Abgas- skandal Antwort Norbert Barthle, Parl. Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23162 B Zusatzfragen Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 23162 B Mündliche Frage 35 Herbert Behrens (DIE LINKE) Veröffentlichung der Ergebnisse der Nach- messungen der CO2-Werte im Rahmen der Untersuchungskommission zum Abgas- skandal Antwort Norbert Barthle, Parl. Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23162 D Zusatzfragen Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 23162 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23163 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 23165 A Anlage 2 Mündliche Fragen 5 und 6 Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Nachbesetzung der Leitung der Berlinale Antwort Monika Grütters, Staatsministerin BK . . . . . . 23165 D Anlage 3 Mündliche Frage 9 Heike Hänsel (DIE LINKE) Möglicher Besitz toxischer Chemikalien von regimefeindlichen bewaffneten Grup- pierungen in Syrien Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 23166 A Anlage 4 Mündliche Frage 10 Heike Hänsel (DIE LINKE) Verantwortung für den Giftgasangriff auf den Ort Chan Schaichun Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 23166 B Anlage 5 Mündliche Frage 11 Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Inhaftierung von Mitarbeitern der Kon- rad-Adenauer-Stiftung in Ägypten Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 2017IV Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 23166 C Anlage 6 Mündliche Frage 12 Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verbesserung der Lage der Zivilgesellschaft in Ägypten Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 23166 C Anlage 7 Mündliche Frage 13 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Unterstützung der Milizenallianz Benga- si-Verteidigungsbrigaden durch den liby- schen Präsidentenrat Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 23167 A Anlage 8 Mündliche Frage 14 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Fehlende Suspendierungsklausel für Vor- beitrittshilfen in der IPA-II-Verordnung Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 23167 A Anlage 9 Mündliche Frage 15 Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Durchführung von Wahlen oder Referen- den ausländischer Staaten in Deutschland Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 23167 C Anlage 10 Mündliche Frage 18 Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Auskunft zu eingereichten Anträgen fami- liennachzugsberechtigter Personen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Antwort Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23167 D Anlage 11 Mündliche Frage 19 Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Besserer Schutz von Flüchtlingskindern Antwort Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23168 B Anlage 12 Mündliche Frage 20 Niema Movassat (DIE LINKE) Ergebnisse der Treffen von Vertretern deut- scher und sudanesischer Polizeibehörden Antwort Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23168 D Anlage 13 Mündliche Frage 21 Niema Movassat (DIE LINKE) Kartellverfahren zur geplanten Übernahme von Monsanto durch die Bayer AG Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . 23169 A Anlage 14 Mündliche Frage 22 Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Auswertung der Stichprobenkontrollen von Energieausweisen Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . 23169 B Anlage 15 Mündliche Frage 23 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) Öffentlich zugängliche Ladesäulen für Elektrofahrzeuge in Deutschland Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . 23169 C Anlage 16 Mündliche Frage 24 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 2017 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 2017 V Beihilfen für die belgischen Atomkraftwer- ke Tihange und Doel Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . 23170 A Anlage 17 Mündliche Frage 27 Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) Anzahl der Wohnungsverluste in den letz- ten fünf Jahren Antwort Gabriele Lösekrug-Möller, Parl. Staatssekre- tärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23170 C Anlage 18 Mündliche Frage 28 Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) Etwaiger politischer Handlungsbedarf an- gesichts der Wohnungsverluste der letzten fünf Jahre Antwort Gabriele Lösekrug-Möller, Parl. Staatssekre- tärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23170 C Anlage 19 Mündliche Frage 29 Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Streichung von Textpassagen aus dem Fünf- ten Armuts- und Reichtumsbericht Antwort Gabriele Lösekrug-Möller, Parl. Staatssekre- tärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23170 D Anlage 20 Mündliche Frage 30 Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Einführung einer Vermögensteuer Antwort Gabriele Lösekrug-Möller, Parl. Staatssekre- tärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23171 A Anlage 21 Mündliche Frage 31 Andrej Hunko (DIE LINKE) Rettung von Schiffbrüchigen im Mittelmeer im Rahmen der EU-Missionen Triton und EUNAVFOR MED vom 14. bis 17. April 2017 Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23171 B Anlage 22 Neudruck: Antwort der Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage des Abgeordneten Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/10442, Frage 10) (205. Sitzung, Anlage 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . 23171 D (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 2017 23137 230. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 26. April 2017 Beginn: 13.00 Uhr
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    Herbert Behrens (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 2017 23165 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bülow, Marco SPD 26.04.2017 De Ridder, Dr. Daniela SPD 26.04.2017 Dröge, Katharina * BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.04.2017 Ehrmann, Siegmund SPD 26.04.2017 Fabritius, Dr. Bernd CDU/CSU 26.04.2017 Gysi, Dr. Gregor DIE LINKE 26.04.2017 Hellmich, Wolfgang SPD 26.04.2017 Hornhues, Bettina CDU/CSU 26.04.2017 Irlstorfer, Erich CDU/CSU 26.04.2017 Jung, Xaver CDU/CSU 26.04.2017 Kiesewetter, Roderich CDU/CSU 26.04.2017 Kindler, Sven-Christian BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.04.2017 Kipping, Katja DIE LINKE 26.04.2017 Kudla, Bettina CDU/CSU 26.04.2017 Kühn (Tübingen), Christian BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.04.2017 Lerchenfeld, Philipp Graf CDU/CSU 26.04.2017 Leutert, Michael DIE LINKE 26.04.2017 Möring, Karsten CDU/CSU 26.04.2017 Obermeier, Julia CDU/CSU 26.04.2017 Pitterle, Richard DIE LINKE 26.04.2017 Pronold, Florian SPD 26.04.2017 Schlecht, Michael DIE LINKE 26.04.2017 Schön (St. Wendel), Nadine CDU/CSU 26.04.2017 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schwabe, Frank SPD 26.04.2017 Siebert, Bernd CDU/CSU 26.04.2017 Stockhofe, Rita CDU/CSU 26.04.2017 Tank, Azize DIE LINKE 26.04.2017 Vogler, Kathrin DIE LINKE 26.04.2017 Werner, Katrin DIE LINKE 26.04.2017 Zertik, Heinrich CDU/CSU 26.04.2017 Wagenknecht, Dr. Sahra DIE LINKE 26.04.2017 *aufgrund gesetzlichen Mutterschutzes Anlage 2 Antwort der Staatsministerin Monika Grütters auf die Fragen der Abgeordneten Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 18/12020, Fragen 5 und 6): Nach welchem Verfahren plant die Bundesregierung, eine adäquate Nachfolge des Direktors der Internationalen Film- festspiele Berlin (Berlinale), Dieter Kosslick, zu besetzen, und wird diese Neubesetzung öffentlich nachvollziehbar gestaltet werden (öffentliche Ausschreibung, Findungskommission)? Nach welchen Kriterien soll die Nachfolge des Berlina- le-Chefs Dieter Kosslick bestimmt werden, und wird erwogen, bei der Neubesetzung der Berlinale-Leitung eine Trennung von Geschäftsführung und künstlerischer Leitung vorzuneh- men, wie es bei anderen Festivals (zum Beispiel in Cannes, Venedig und Locarno) der Fall ist? Die Fragen 5 und 6 werden gemeinsam beantwortet. Der Vertrag von Herrn Kosslick als Direktor der In- ternationalen Filmfestspiele Berlin läuft noch bis zum 31. Mai 2019. Die Überlegungen zum Verfahren einer Nachfolge haben gerade erst begonnen. Zum gegenwär- tigen Zeitpunkt gibt es daher noch keine Festlegungen oder Präferenzen hinsichtlich des Verfahrens. Die Defi- nition der Kriterien für die Findung einer Nachfolge und die Frage eventueller Neustrukturierungen werden der- zeit noch intern bewertet. Hierzu wird die BKM auch Ge- spräche mit Repräsentanten aus der Filmbranche führen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 201723166 (A) (C) (B) (D) Anlage 3 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Drucksa- che 18/12020, Frage 9): Kann die Bundesregierung ausdrücklich ausschließen, dass regimefeindliche bewaffnete Gruppierungen wie Fatah al-Scham (früher Al-Nusra-Front) über toxische Chemikalien verfügen, vor dem Hintergrund, dass unter anderem bereits 2013 darüber berichtet wurde, dass in der Türkei Sarin-Gas- vorräte bei Mitgliedern der islamistischen Terrorgruppe Al-Nusra-Front gefunden wurden, die sich in der Türkei, in Mersin und Adana, aufhielten (http://odatv.com/obamanin- kirmizi-cizgisine-adana-yaklasti-mi-0909131200.html), und inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse (auch nachrichtendienstliche) darüber, dass die syrische Führung bewusst in Kauf nehmen würde, dass ihr ein Chemiewaffen- einsatz schade, weil sie damit ihren Gegnern den Grund für Waffenlieferungen an die Rebellengruppen, die Einrichtung einer Flugverbotszone oder beispielsweise völkerrechtswidri- ge Angriffe durch das US-Militär liefert (www.n-tv.de/politik/ UN-Rebellen- setzten-Giftgas-ein-article10595371.html)? Der Bundesregierung liegen keine Informationen vor, dass regimefeindliche bewaffnete Gruppierungen über toxische Chemikalien verfügen, die mit dem Scha- densausmaß und den gezeigten Symptomen nach dem mutmaßlichen Chemiewaffeneinsatz am 4. April 2017 in der syrischen Stadt Khan Shaykhun in Einklang zu brin- gen wären. Berichte, die nahelegen, dass solche bewaffneten Gruppierungen über entsprechende toxische Chemikali- en bzw. Sarin verfügen, kann die Bundesregierung folg- lich nicht bestätigen. Die Bundesregierung beteiligt sich nicht an Spekula- tionen darüber, aus welchen Gründen die syrische Regie- rung ihre Entscheidungen trifft. Anlage 4 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Drucksa- che 18/12020, Frage 10): Über welche konkreten (auch nachrichtendienstlichen) Be- weise verfügt die Bundesregierung, dass die syrische Armee für den Giftgasangriff in Chan Schaichun verantwortlich ist? Die Bundesregierung verfügt zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch über keine endgültigen Beweise zur Ur- heberschaft des Chemiewaffeneinsatzes in Chan Schai- chun. Alle Indizien deuten aber mit hoher Plausibilität da- rauf hin, dass die syrische Armee Sarin in Chan Schai- chun eingesetzt hat. Letzte Gewissheit in dieser Frage können nur die bereits laufenden Ermittlungen der Fact Finding Missi- on der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) und des OVCW Joint Investigative Mechanism der Vereinten Nationen und der OVCW bringen. Anlage 5 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Ab- geordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 18/12020, Frage 11): Inwiefern sind nach der Einigung über die Arbeit deutscher Stiftungen in Ägypten auch die im Jahr 2013 verhafteten Mit- arbeiterinnen und Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung weiterhin inhaftiert, und inwiefern hat sich die Bundesregie- rung im Rahmen des Besuchs der Bundeskanzlerin in Kairo auch für die Angeklagten des Falls 173 (www.atlanticcouncil. org/blogs/menasource/case-no-173-the-state-of-egypt-s-ngos) eingesetzt, die nicht für deutsche Stiftungen gearbeitet haben? In Ägypten wurden keine Mitarbeiter der Kon- rad-Adenauer-Stiftung inhaftiert. Zwei Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung wurden in Abwesenheit zu Haftstrafen verurteilt. Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hat sich bei ihrem Besuch in Kairo in ihren Gesprächen auch für ägyptische Staatsangehörige, die von dem Fall 173 betroffen sind und nicht für deutsche Stiftungen gearbeitet haben, ein- gesetzt und einzelne von ihnen getroffen. Anlage 6 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Ab- geordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 18/12020, Frage 12): Inwiefern hat die Bundeskanzlerin während ihres Besuchs in Kairo die ägyptische Regierung von konkreten Verbesserun- gen für die Lage der ägyptischen Zivilgesellschaft überzeugen können, die nach den Worten der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel „für die gute Entwicklung eines Landes von großer Bedeutung sind“, und wie stellt sich die Bundesregierung eine produktive Arbeit deutscher Stiftungen im Land vor, wenn viele ihrer potenziellen Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner wie beispielswiese im Fall 173 (www. atlanticcouncil.org/blogs/menasource/case-no-173-the-state- of-egypt-s-ngos) durch Verfolgung, Einfrierung finanzieller Mittel oder Reiseverbote an ihrer Arbeit gehindert werden? Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hat die Lage der ägyptischen Zivilgesellschaft während ihres Besuchs angesprochen und durch ein Treffen mit Vertretern der Zivilgesellschaft unterstrichen, welche Bedeutung die Bundesregierung der Zivilgesellschaft für die Entwick- lung des Landes beimisst. Dieses Signal ist von der ägyp- tischen Regierung registriert worden. Fest steht, dass lokale Partner der Stiftungen erhebli- chen Einschränkungen unterliegen und dies auch auf die Arbeit der Stiftungen Auswirkungen hat. Die politischen Stiftungen arbeiten selbstständig. In- sofern ist es nicht an der Bundesregierung, Vorstellungen über deren Arbeit zu präsentieren. http://odatv.com/obamanin-kirmizi-cizgisine-adana-yaklasti-mi-0909131200.html http://odatv.com/obamanin-kirmizi-cizgisine-adana-yaklasti-mi-0909131200.html http://www.n-tv.de/politik/UN-Rebellen-setzten-Giftgas-ein-article10595371.html http://www.n-tv.de/politik/UN-Rebellen-setzten-Giftgas-ein-article10595371.html http://www.atlanticcouncil.org/blogs/menasource/case-no-173-the-state-of-egypt-s-ngos http://www.atlanticcouncil.org/blogs/menasource/case-no-173-the-state-of-egypt-s-ngos http://www.atlanticcouncil.org/blogs/menasource/case-no-173-the-state-of-egypt-s-ngos http://www.atlanticcouncil.org/blogs/menasource/case-no-173-the-state-of-egypt-s-ngos http://www.atlanticcouncil.org/blogs/menasource/case-no-173-the-state-of-egypt-s-ngos Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 2017 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 2017 23167 (A) (C) (B) (D) Anlage 7 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Ab- geordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Drucksa- che 18/12020, Frage 13): Inwieweit trifft es nach (auch nachrichtendienstlicher) Kenntnis der Bundesregierung zu, dass die in Teilen vom libyschen Präsidentenrat (PC) unter Premierminister Faiez Sarraj unterstützte Milizenallianz Bengasi-Verteidigungsbri- gaden (BDB) Verbindungen zu al-Qaida hat und die BDB als faktischer Bündnispartner gegen General Chalifa Haftar vom PC nicht mehr als „terroristisch“ eingestuft werden, in der Hoffnung, dadurch Druck auf Chalifa Haftar auszuüben, der gegen die Muslimbrüder und mit ihnen verbündete isla- mistische Milizen vorgeht, was ihm die Unterstützung Ägyp- tens und Russlands einträgt (https://www.heise.de/tp/features/ Libyen-Russland-versucht-ein-alternatives-Projekt-3651431. html?seite=2)? Nach Kenntnis der Bundesregierung unterhalten ein- zelne Mitglieder der Benghazi Defense Brigades (BDB) Verbindungen zu Angehörigen von al-Qaida. Der libysche Präsidialrat oder die Regierung der Na- tionalen Einheit haben sich nach Kenntnis der Bundes- regierung nicht zu einer terroristischen Einstufung der Benghazi Defense Brigades geäußert. Anlage 8 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Ab- geordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Drucksa- che 18/12020, Frage 14): Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, weshalb die sogenannte IPA-II-Verordnung (IPA: Instrument for Pre-Accession Assistance), in der die Vorbeitrittshilfen für den Zeitraum 2014 bis 2020 rechtlich verbindlich geregelt sind, anders als die frühere IPA-I-Verordnung keine Suspen- dierungsklausel enthält, sondern lediglich die Möglichkeit vorsieht, bei entscheidenden politischen Veränderungen wie beispielsweise in der Türkei Zuweisungen anzupassen (Ple- narprotokoll 18/227, Antwort zu Frage 14), und inwieweit unterstützt die Bundesregierung Forderungen nach einem Ab- bruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei und damit automatisch nach einer Einstellung der Vorbeitrittshilfen für die Türkei vor dem Hintergrund, dass nach dem Ja beim Ver- fassungsreferendum nicht mehr von einer „De-facto-Diktatur“ gesprochen werden könne, sondern die Türkei nun auch eine „De-jure-Diktatur“ ist (www.n-tv.de/politik/Politiker- fordern- Ende-der-EU-Tuerkei-Gespraeche-article19796380.html)? Die Vorbeitrittshilfen sind für den Zeitraum 2014 bis 2020 rechtlich verbindlich in der sogenannten IPA-II-Verordnung geregelt (Instrument for Pre-Acces- sion Assistance) und an die Beitrittsverhandlungen ge- knüpft. Solange Beitrittsverhandlungen laufen, sollen Vorbeitrittshilfen gezahlt werden. Automatismen zur Aussetzung bzw. Beendigung der Vorbeitrittshilfen be- stehen nicht. Die Verordnung enthält – anders als die frühere IPA-I-Verordnung – keine Suspendierungsklausel. Bei den Verhandlungen über die IPA-II-Verordnung in den Jahren 2012 bis 2014 gab es in der Ratsarbeitsgruppe Erweiterung (COELA) unter den Mitgliedstaaten keine Mehrheit für die Einfügung einer Suspendierungsklausel. Allerdings sieht die IPA-II-Verordnung die Möglich- keit vor, bei entscheidenden politischen Veränderungen Zuweisungen anzupassen. Das heißt, eine Suspendierung von Einzelprojekten durch die mit der Durchführung be- auftragte EU-Kommission ist möglich. Dabei sind aller- dings die für die jeweiligen Projekte gegebenenfalls ein- gegangenen vertraglichen Verpflichtungen einzuhalten. Die Haltung der Bundesregierung zu den Beitrittsver- handlungen mit der Türkei ist unverändert. Der EU-Verhandlungsrahmen von 2005 sieht in Ar- tikel 5 die Aussetzung der Beitrittsverhandlungen vor, wenn ein klarer und andauernder Bruch der EU-Grund- werte festgestellt wurde. Anlage 9 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Ab- geordneten Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 18/12020, Frage 15): Wie ist das konkrete Prozedere der Durchführung von Wahlen oder Referenden ausländischer Staaten in Deutsch- land, und wird die Bundesregierung die Durchführung eines möglichen Referendums zur Wiedereinführung der Todesstra- fe in der Türkei für türkische Staatsbürgerinnen und Staatsbür- ger in Deutschland zulassen? Zum ersten Teil Ihrer Frage: Die Bundesregierung erlaubt den hier akkreditierten Vertretungen auswärtiger Staaten grundsätzlich die Durchführung von Wahlen und Abstimmungen hinsichtlich ihrer in Deutschland leben- den Staatsangehörigen. Voraussetzung ist nach der einschlägigen Verbalnote des Auswärtigen Amts zunächst ein rechtzeitiger Antrag. Die Prüfung erfolgt durch das Auswärtige Amt unter Be- teiligung des Bundesinnenministeriums, das in einem in der Innenministerkonferenz abgestimmten Verfahren die Innenressorts der Länder beteiligt, in denen Wahllokale geplant sind. Jenseits ihrer Zuständigkeit für die Sicherheit und Ordnung im Umfeld der Wahllokale sind deutsche Be- hörden in die organisatorische Vorbereitung und Durch- führung ausländischer Wahlen oder Abstimmungen in Deutschland nicht eingebunden. Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Zu hypothetischen Fra- gestellungen nimmt die Bundesregierung nicht Stellung. Ein Antrag der türkischen Botschaft zur Durchführung einer Volksbefragung über die Wiedereinführung der To- desstrafe liegt der Bundesregierung nicht vor. Unabhän- gig davon wird die Bundesregierung keine Initiativen zur Einführung der Todesstrafe unterstützen. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Günter Krings auf die Fra- ge der Abgeordneten Dr. Franziska Brantner (BÜND- https://www.heise.de/tp/features/Libyen-Russland-versucht-ein-alternatives-Projekt-3651431.html?seite=2 https://www.heise.de/tp/features/Libyen-Russland-versucht-ein-alternatives-Projekt-3651431.html?seite=2 https://www.heise.de/tp/features/Libyen-Russland-versucht-ein-alternatives-Projekt-3651431.html?seite=2 http://www.n-tv.de/politik/Politiker-fordern-Ende-der-EU-Tuerkei-Gespraeche-article19796380.html http://www.n-tv.de/politik/Politiker-fordern-Ende-der-EU-Tuerkei-Gespraeche-article19796380.html Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 201723168 (A) (C) (B) (D) NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/12020, Fra- ge 18): Warum kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keine Auskunft darüber geben, wie viele der Flüchtlinge, die einen Flüchtlingsschutz und damit einen Anspruch auf Famili- ennachzug erhalten haben, tatsächlich bereits einen Antrag auf Familiennachzug gestellt oder bereits verwirklicht haben, und was unternimmt die Bundesregierung, um den familiennach- zugsberechtigten Personen, besonders den unbegleiteten Min- derjährigen, die Wahrnehmung dieses Rechts auch in der Pra- xis zu ermöglichen und sie darüber ausreichend in Kenntnis zu setzen (www.bild.de/politik/aktuelles/ politik-inland/267- 500-syrer-haben-anspruch-auf-familiennachzug-51157490. bild.html)? Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge kann aus dem Ausländerzentralregister ersehen, wie vielen Personen ein Aufenthaltstitel zum Zwecke des Famili- ennachzugs erteilt wurde. Die Aufenthaltstitel werden von den Ausländerbehörden eingepflegt, sobald die An- gehörigen sich bei der zuständigen Ausländerbehörde gemeldet haben. 104 841 Personen, die im Jahr 2016 ein- gereist waren, wurden im Laufe des gleichen Jahres Auf- enthaltstitel im Rahmen des Familiennachzuges erteilt. Für die ersten drei Monate des Jahres 2017 sind es be- reits 8 469 Personen. In diesen Zahlen sind alle erteilten Aufenthaltstitel zum Familiennachzug enthalten. Eine Unterscheidung nach Personengruppen, zum Beispiel anerkannten Flüchtlingen, zu denen nachgezogen wird, ist nicht möglich. Eine Auswertung nach Staatsangehörigkeit ergibt allerdings, dass von den 104 841 zum Zwecke des Fa- miliennachzugs eingereisten Personen im Jahr 2016 30 089 Personen syrische Staatsangehörige waren. 2017 waren es bislang 3 251 syrische Staatsangehörige. Das Auswärtige Amt hat seit 2015 zahlreiche Maßnah- men getroffen, um der gestiegenen Nachfrage nach Visa zum Familiennachzug zu begegnen. Zu den Maßnah- men zählt auch das von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) im Auftrag des Auswärtigen Amts durchgeführte Family Assistance Programme, durch das an mehreren Standorten in der Türkei, dem Libanon und dem Irak bereits über 100 000 Personen informiert und bei der Stellung ihrer Visumanträge unterstützt wurden. Die Websites der Botschaften informieren ebenso wie auch eine speziell geschaffene Website www.fap.diplo. de, die auch fristwahrende Anzeigen ermöglicht. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Günter Krings auf die Fra- ge der Abgeordneten Dr. Franziska Brantner (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/12020, Fra- ge 19): Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Mitteilung der EU-Kommission, dass Flüchtlingskin- der besser geschützt werden müssen, sowie aus dem neuen Umsetzungsbericht über die „Eins-zu-eins“-Neuansiedlung von Syrern aus der Türkei in der EU (www.handelsblatt. com/ politik/ international/eu-kommission-fluechtlingskinder- sollen- besser-geschuetzt-werden/19665168.html)? Die EU-Kommission hat ihre Mitteilung an das Eu- ropäische Parlament und den Rat zum Schutz minder- jähriger Migranten am 18. April 2017 übermittelt. Eine vertiefte Prüfung und Erörterung der Mitteilung war bislang nicht möglich. Unabhängig hiervon kommt die Bundesregierung in ihrem Bericht über die Situation un- begleiteter ausländischer Minderjähriger in Deutschland (Drucksache 18/11540 vom 15. März 2017) aufgrund der Rückmeldungen der Länder und Verbände zu der Einschätzung, dass sich die Unterbringungssituation un- begleiteter Kinder und Jugendlicher in Deutschland im Kalenderjahr 2016 deutlich verbessert hat. Sie spricht sich in ihrem Bericht für einen stärkeren Ausbau der Unterbringung in sozialpädagogisch begleiteten Wohn- formen sowie Gast- und Pflegefamilien aus. Darüber hinaus hat die Bundesregierung mit Kabinettbeschluss vom 12. April 2017 einen Entwurf für ein Kinder- und Jugendstärkungsgesetz beschlossen. Teil dieses Gesetz- entwurfs ist eine Verbesserung des Schutzes von Kindern und Frauen in Flüchtlingsunterkünften. Da sich der in der Frage genannte „Eins-zu-Eins“-Me- chanismus auf die Aufnahmen aus der Türkei bezieht, der zitierte Artikel hingegen ausschließlich auf die Umver- teilungen aus Griechenland und Italien eingeht, kann der zweite Teil der Frage in mehrere Richtungen verstanden werden: Deutschland hat seinen Aufnahmeprozess im Umverteilungsverfahren in den vergangenen Monaten stetig erweitert und bietet Italien und Griechenland mo- natlich jeweils 500 Aufnahmeplätze an. Insgesamt be- steht durch die bereits getätigten Aufnahmezusagen ge- nügend Potenzial für weitere Einreisen. In Hinblick auf die deutsche Quote des EU-Programms zur Neuansied- lung (Resettlement) konnten mit Stand 20. April 2017 von 1 600 möglichen Einreisen bereits 1 215 (darunter 1 060 aus der Türkei) realisiert werden sowie zusätzlich 708 humanitäre Aufnahmen aus der Türkei erfolgen. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Günter Krings auf die Fra- ge des Abgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Drucksache 18/12020, Frage 20): Was waren Inhalt und Ergebnisse der Treffen, die zwischen der deutschen Polizei und sudanesischen Polizeibehörden seit Oktober 2016 stattgefunden haben, und welche Vereinba- rungen wurden im Rahmen dieser Treffen zum Transfer von Sicherheitstechnologie sowie von Equipment zur Produkti- on fälschungssicherer Identitätsnachweise getroffen (www. sudantribune.com/spip.php?article60551)? Am 14. Oktober 2016 besuchte der sudanesische Po- lizeipräsident das Bundespolizeipräsidium und wurde durch den Präsidenten empfangen. Hintergrund des Be- suchs war die Einweisung der Delegationsteilnehmer in die grenzpolizeiliche Lage in Deutschland und Europa sowie eine Einschätzung zur künftigen Entwicklung der Migrationslage. Seitens der sudanesischen Delegation wurde der Wunsch nach Unterstützung in den Bereichen Terrorismusbekämpfung, Bekämpfung der organisierten Kriminalität und illegalen Migration/Schleusungskri- minalität geäußert. Übereinkommen respektive andere http://www.bild.de/politik/aktuelles/politik-inland/267-500-syrer-haben-anspruch-auf-familiennachzug-51157490.bild.html http://www.bild.de/politik/aktuelles/politik-inland/267-500-syrer-haben-anspruch-auf-familiennachzug-51157490.bild.html http://www.bild.de/politik/aktuelles/politik-inland/267-500-syrer-haben-anspruch-auf-familiennachzug-51157490.bild.html http://www.fap.diplo.de http://www.fap.diplo.de http://www.handelsblatt.com/politik/international/eu-kommission-fluechtlingskinder-sollen-besser-geschuetzt-werden/19665168.html http://www.handelsblatt.com/politik/international/eu-kommission-fluechtlingskinder-sollen-besser-geschuetzt-werden/19665168.html http://www.handelsblatt.com/politik/international/eu-kommission-fluechtlingskinder-sollen-besser-geschuetzt-werden/19665168.html http://www.sudantribune.com/spip.php?article60551 http://www.sudantribune.com/spip.php?article60551 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 2017 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 2017 23169 (A) (C) (B) (D) präjudizierende Kooperationen, welche insbesondere aus der sudanesischen Presse zu entnehmen sind, waren weder Teil des Delegationsbesuches, noch stehen solche derzeit konkret zur Diskussion. Weitere Treffen fanden nicht statt. Anlage 13 Antwort der Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage des Abgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Druck- sache 18/12020, Frage 21): Bei welchen nationalen oder internationalen Kartellbehör- den sind nach Informationen der Bundesregierung seit wann Kartellverfahren zur geplanten Übernahme von Monsanto durch die Bayer AG im Gange, und worauf genau bezog sich der von Vertreterinnen und Vertretern des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft und des Bundesministeri- ums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung beim Arbeitskreis Welternährung am 23. März 2017 in Berlin getätigte Hinweis, dass die Bundesregierung sich zu der ge- planten Übernahme und deren möglichen Konsequenzen für die Welternährung nicht äußere, da aktuell Kartellverfahren dazu anhängig seien? Nach Information der Bundesregierung ist bisher noch keine förmliche Anmeldung der geplanten Übernahme bei der Europäischen Kommission erfolgt. Der Bundes- regierung ist nicht bekannt, ob andere Wettbewerbsbe- hörden das Vorhaben bereits prüfen. Beim Arbeitskreis Welternährung baten das Bundesministerium für Ernäh- rung und Landwirtschaft und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vor diesem Hintergrund um Verständnis, hierzu gegenwärtig nicht Stellung nehmen zu können. Anlage 14 Antwort der Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage der Abgeordneten Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/12020, Frage 22): Bis wann will die Bundesregierung die Auswertung der Berichte der Länder über die Stichprobenkontrollen von Energieausweisen abgeschlossen haben, und wie will die Bundesregierung – wie vom Staatssekretär Rainer Baake in seiner Antwort vom 18. April 2017 auf meine schriftliche Frage auf Bundestagsdrucksache 18/12021 angekündigt – die Konsequenzen daraus in das Gebäudeenergiegesetz einfließen lassen, obwohl es keine Einigung mehr über dieses Gesetz in- nerhalb der Koalition geben wird, wie unter anderem aus einer dpa-Meldung vom 30. März 2017 mit entsprechenden Aussa- gen der Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks hervorgeht? Die Bundesregierung bedauert, dass eine Einigung über das Gebäudeenergiegesetz nicht zustande gekom- men ist. Die Weiterentwicklung des Energieeinspar- rechts für Gebäude wird in der nächsten Legislaturpe- riode wieder auf der Tagesordnung stehen, nicht zuletzt weil uns die EU-Gebäuderichtlinie dazu verpflichtet, den „Niedrigstenergiegebäude“-Standard für neue Gebäude festzulegen und einzuführen. Mit unseren Arbeiten zum Gebäudeenergiegesetz haben das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit eine gute Grundlage für die Novelle geschaffen. Die Arbei- ten werden fortgesetzt. Dazu gehört die Auswertung der Länderberichte über die Stichprobenkontrollen von Energieausweisen. Einen Zeitplan gibt es noch nicht. Anlage 15 Antwort der Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/12020, Frage 23): Wie viele öffentlich zugängliche Ladesäulen für Elek- trofahrzeuge sind in Deutschland in Betrieb (bitte nach Bun- desländern auflisten), und warum veröffentlicht die Bundes- netzagentur seit dem 18. April 2017 in ihrem Internetangebot eine Ladesäulenkarte, die nach meiner Kenntnis nur einen Bruchteil der vorhandenen Ladesäulen anzeigt, obwohl die Errichtung eines Großteils der nicht angezeigten Ladesäulen mit Mitteln des Bundes gefördert wurde? Bei der Bundesnetzagentur sind insgesamt 4 565 La- depunkte für Elektrofahrzeuge an 2 174 öffentlich zu- gänglichen Ladeeinrichtungen angezeigt worden (Stand: 21. April 2017). Auflistung der Ladepunkte nach Bundesländern: Baden-Württemberg 522 Bayern 1 281 Berlin 478 Brandenburg 42 Bremen 26 Hamburg 79 Hessen 194 Mecklenburg-Vorpommern 46 Niedersachsen 423 Nordrhein-Westfalen 933 Rheinland-Pfalz 160 Sachsen 78 Sachsen-Anhalt 58 Schleswig-Holstein 184 Thüringen 61 Saarland 0 Betreiber von Ladepunkten haben nach der Ladesäu- lenverordnung den Aufbau und die Außerbetriebnahme von Ladepunkten schriftlich bei der Bundesnetzagentur anzuzeigen sowie die Einhaltung einheitlich vorgegebe- ner Steckerstandards sowie sonstiger technischer Anfor- derungen nachzuweisen. Die Bundesnetzagentur hat ih- rem gesetzlichen Auftrag folgend das Augenmerk auf die technische Sicherheit der Ladeinfrastruktur gelegt. Die Veröffentlichung umfasst daher nur solche Ladepunkte, die alle Anforderungen an einen technisch sicheren Be- trieb erfüllen und nachweisen konnten. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 201723170 (A) (C) (B) (D) Zudem enthält die Karte nur die Ladeeinrichtungen, deren Betreiber einer Veröffentlichung auf der Internet- seite der Bundesnetzagentur ausdrücklich zugestimmt haben. Grund dafür ist, dass die Ladesäulenverordnung keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Veröf- fentlichung der Daten enthält. Die Ladesäulenverordnung sieht gemäß § 4 vor, dass ab Inkrafttreten 17. Juni 2016 der Aufbau von Normalla- depunkten und von Schnellladepunkten der Bundesnetz- agentur gemeldet werden müssen. Vor diesem Stichtag aufgebaute Schnellladepunkte müssen der Bundesnetz- agentur nachträglich angezeigt werden. Alle zuvor aufge- bauten Normalladesäulen müssen der Bundesnetzagen- tur nicht nachträglich gemeldet werden. Anlage 16 Antwort der Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/12020, Frage 24): Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Genehmigung der Beihilfen für die belgischen Atomkraft- werke Tihange und Doel (siehe http://europa.eu/rapid/press- release_IP-17-662_de.htm), und was hat die Bundesregierung unternommen bzw. wird sie gegen die Genehmigung dieser und weiterer denkbarer Beihilfen für belgische Atomkraftwer- ke unternehmen? Die Bundesregierung verfolgt mit der Energiewende bekanntlich eine andere Energiemix-Strategie als Bel- gien. Es gibt zwischen dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung Konsens in der grundsätzlichen Bewertung, dass Kernenergie zur Stromerzeugung auch in Europa künftig möglichst keine Rolle mehr spielen sollte. Die Bundesregierung setzt sich entschieden dafür ein, dass EU-Förderung nur für Technologien gewährt wird, die aus Sicht der Bundesregierung sicher, nach- haltig und kohlenstoffarm sind. Das beinhaltet vor allem Innovationen im Bereich der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz. Aber jeder Mitgliedstaat kann ge- mäß Artikel 194 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union letztlich frei über seinen nationalen Energiemix entscheiden – das ist ein wichtiger Grundsatz europäischer Energiepolitik. Dazu gehört auch die Fra- ge, inwieweit einzelne Mitgliedstaaten Kernkraftwerke durch nationale Maßnahmen unterstützen. Daher geht es bei dem Kommissionsbeschluss zu Tihange und Doel vor allem um eine Beihilfe-Rechtsfrage. Wie schon im Fall der beihilferechtlichen Genehmi- gung des Kernkraftwerks Hinkley Point C handelt es sich bei der Genehmigung durch die Europäische Kommissi- on nicht um eine politische Bewertung der Laufzeitver- längerung der Kraftwerke oder gar eine grundsätzliche Aussage zum Energiemix der Mitgliedstaaten. Bei der Genehmigung handelt es sich vielmehr ausschließlich um eine wettbewerbsrechtliche Bewertung mithilfe der Maßstäbe des EU-Beihilferechts. Anlage 17 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller auf die Frage der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) (Drucksache 18/12020, Fra- ge 27): Wie viele Wohnungsverluste gab es nach Kenntnis der Bundesregierung deutschlandweit jeweils in den vergangenen fünf Jahren, und wie viele davon kamen durch Zwangsräu- mungen zustande? Der Begriff „Wohnungsverlust“ ist nicht allgemein- gültig definiert und insofern nicht klar abgegrenzt. Es kommt entsprechend eine Vielzahl von möglichen Grün- den für Wohnungsverluste in Frage. Es gibt keine bun- desweite Statistik, die alle diese möglichen Fälle von Wohnungsverlusten zusammenführt. Die Anzahl der erteilten Vollstreckungsaufträge an Gerichtsvollzieher auf Zwangsräumung wird statistisch durch die Länder erst seit dem Jahr 2015 erfasst; in die- sem Jahr wurden 63 866 Räumungsaufträge erteilt. Die Zahl der tatsächlich durchgeführten Räumungen wird statistisch nicht erfasst. Anlage 18 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller auf die Frage der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) (Drucksache 18/12020, Fra- ge 28): Sieht die Bundesregierung diesbezüglich einen politischen Handlungsbedarf? Die Bundesregierung sieht die Vermeidung von Woh- nungslosigkeit als wichtige Aufgabe an. Beispielhaft möchte ich auf ein Projekt verweisen, das über den Eu- ropäischen Hilfsfonds für die besonders benachteiligten Personen finanziert wird. Beraterinnen und Berater su- chen Wohnungslose oder davon bedrohte Menschen vor Ort auf und begleiten sie zur Wohnungsnotfallhilfe oder zum Mieterschutzbund, bevor die Räumung droht. Der Fünfte Armuts- und Reichtumsbericht der Bun- desregierung gibt einen Überblick über die Maßnahmen zur Wohnsituation in verschiedenen Lebenslagen, zu Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit und zu den Maß- nahmen, die dagegen ergriffen werden. Anlage 19 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller auf die Frage der Abgeordneten Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/12020, Frage 29): Wie begründet es die Bundesregierung, dass das Unterka- pitel „Einfluss von Interessenvertretungen und Lobbyarbeit“ sowie Passagen über die Ergebnisse einer vom Bundesminis- terium für Arbeit und Soziales in Auftrag gegebenen Studie, der zufolge politische Entscheidungen eindeutig den Interes- http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-662_de.htm http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-662_de.htm Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 2017 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 2017 23171 (A) (C) (B) (D) sen der Wohlhabenden folgen und die Wünsche der Armen regelmäßig nicht umgesetzt werden, aus dem Fünften Armuts- und Reichtumsbericht gestrichen worden sind, und welche Konsequenzen plant die Bundesregierung aus den Ergebnissen dieser Studie zu ziehen? Ein Unterkapitel zur Rolle und Bedeutung von Inte- ressenvertretung im politischen Raum ist in der Endfas- sung des Fünften Armuts- und Reichtumsberichts weiter- hin enthalten. Ebenso werden Ergebnisse der von Ihnen angespro- chenen Studie auf Seite 170 des Berichts dokumentiert. Die Studie ist darüber hinaus auf der Homepage zum Ar- muts- und Reichtumsbericht in Gänze abrufbar. Die Bundesregierung zieht aus den Ergebnissen dieser Studie die Konsequenz, dass politische Betätigung quer durch die Gesellschaft anzuregen ist. Anlage 20 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller auf die Frage der Abgeordneten Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/12020, Frage 30): Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, dass es an- gesichts der im Armuts- und Reichtumsbericht festgestellten problematischen Daten- und Erkenntnislage im Bereich des privaten Reichtums schon aus diesem Grund sinnvoll wäre, eine Vermögensteuer einzuführen, die dazu beitragen könn- te, harte steuerstatistische Daten zur Vermögensverteilung in Deutschland zu generieren? Die Einführung und Erhebung von Steuern kann – an- ders als in der Frage unterstellt – nicht vorrangig das Ziel verfolgen, statistische Daten zu generieren oder zu ver- bessern. Das Fehlen steuerstatistischer Daten stellt keine hinreichende Begründung oder Rechtfertigung für die Einführung einer Steuer dar. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 18/12020, Frage 31): Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bun- desregierung im Rahmen der EU-Missionen Triton und EUNAVFOR MED am Osterwochenende (14. bis 17. April 2017) im Mittelmeer erst dann an Bord genommen, nachdem diese von privaten Rettungsorganisationen gerettet worden waren (bitte dazu auch mitteilen, wie viele schiffbrüchige Personen direkt an Bord genommen wurden), wozu die Hilfs- organisationen schwere Vorwürfe unter anderem gegen die Grenzagentur Frontex erheben (https://twitter.com/MSF_Sea/ status/854573272184311809), und welche Anstrengungen un- ternimmt die Europäische Union, die Schiffe der genannten Missionen näher an libyschen Hoheitsgewässern operieren zu lassen, da dort nach meiner Kenntnis derzeit die meisten Not- rufe zu verzeichnen sind? Am 15. April 2017 wurden durch den deutschen Ten- der RHEIN insgesamt 1 181 in Not geratene Personen gerettet und nach Catania in Italien verbracht. Dabei wurden 723 Personen von den selbst in Seenot geratenen Schiffen der Privatorganisationen „Sea Eye“ und „Ju- gend Rettet“ übernommen. Weitere 458 Personen wur- den durch den Tender RHEIN direkt aus Seenot gerettet. Der Bundesregierung liegen keine Informationen da- rüber vor, wie viele Personen im Rahmen der von der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache Frontex koordinierten Operation Triton im Zeitraum vom 14. bis zum 17. April 2017 im Mittelmeer an Bord ge- nommen wurden. Entsprechende Zahlen werden durch Frontex nicht veröffentlicht. Die Agentur stellt in ihrem Berichtswesen jedoch Ge- samtzahlen der irregulären Einreisen im Operationsraum des zentralen Mittelmeeres dar. Nach diesen Berichten wurden im Zeitraum vom 14. bis zum 17. April 2017 3 926 Personen registriert. Die Zahlen der aufgegriffenen bzw. aus Seenot geretteten Personen beziehen sich dabei auf Feststellungen bzw. Seenotrettungen aller im zentra- len Mittelmeer eingesetzten Akteure. Die Positionierung der im Rahmen von EUNAVFOR MED Operation Sophia sowie Triton operierenden Schif- fe leitet sich aus den zu erfüllenden Aufgaben ab. Nach Kenntnis der Bundesregierung ist es derzeit nicht beab- sichtigt, die Aufgaben von EUNAVFOR MED Operation Sophia sowie Triton zu verändern. Anlage 22 Neudruck: Antwort der Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage des Abgeordneten Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 18/10442, Frage 10): In welchem Umfang liefert Deutschland dem NATO-Partner Türkei Rüstungsgüter (Art der Güter, Anzahl und Wert pro Jahr) seit 2011, und inwiefern erwägt die Bundesregierung in Anbe- tracht der aktuellen Entwicklungen in der Türkei, diese Waffen- lieferungen zu stoppen, welche die Türkei gegebenenfalls im Krieg gegen Teile der eigenen Bevölkerung einsetzen könnte? Seit dem Jahr 2011 hat die Bundesregierung dem NATO- Partner Türkei folgende Rüstungsgüter geneh- migt: Position Güteroberbegriffe Anzahl der Genehmigungen Wert in € A0001 Handfeuerwaffen 120 3.308.189 A0002 großkalibrige Waffen 1 * A0003 Munition 30 9.858.912 A0004 Torpedos, Flugkörper 11 35.545.936 https://twitter.com/MSF_Sea/status/854573272184311809 https://twitter.com/MSF_Sea/status/854573272184311809 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 201723172 (A) (C) (B) (D) Position Güteroberbegriffe Anzahl der Genehmigungen Wert in € A0005 Feuerleitanlagen 25 15.779.173 A0006 militärische Ketten- und Radfahrzeuge 60 35.676.491 A0007 ABC-Schutzausrüstung 2 97.059 A0008 Explosivstoffe und Brennstoffe 11 107.782 A0009 Kriegsschiffe 36 8.048.604 A0010 militärische Luftfahrzeuge/-technik 12 1.022.545 A0011 militärische Elektronik 39 7.277.512 A0013 ballistische Schutzausrüstung 16 9.730.269 A0014 Ausbildungs-/Simulationsausrüstung 4 80.544 A0015 Infrarot-/Wärmebildausrüstung 5 1.083.300 A0016 Halbzeug zur Herstellung von bestimmten Rüstungsgütern 8 832.699 A0017 verschiedene Ausrüstungen 5 420.290 A0018 Herstellungsausrüstung zur Produktion von Rüstungsgü- tern 7 6.676.556 A0021 militärische Software 11 1.405.918 A0022 Technologie 19 2.226.280 Gesamt 393 * Jahr 2012 Position Güteroberbegriffe Anzahl der Genehmigungen Wert in € A0001 Handfeuerwaffen 76 2.517.826 A0002 großkalibrige Waffen 1 * A0003 Munition 34 4.382.071 A0004 Torpedos, Flugkörper 9 10.279.795 A0005 Feuerleitanlagen 35 6.178.145 A0006 militärische Ketten- und Radfahrzeuge 46 15.859.304 A0007 ABC-Schutzausrüstung, Laborchemikalien 8 399.498 A0008 Explosivstoffe und Brennstoffe 9 902 A0009 Kriegsschiffe 53 8.946.102 A0010 militärische Luftfahrzeuge/-technik 34 5.821.550 A0011 militärische Elektronik 55 13.874.119 A0013 ballistische Schutzausrüstung 8 1.299.763 A0014 Ausbildungs-/Simulationsausrüstung 2 214.135 A0015 Infrarot-/Wärmebildausrüstung 10 6.876.779 A0016 Halbzeug zur Herstellung von bestimmten Rüstungsgütern 11 1.773.327 A0017 verschiedene Ausrüstungen 6 544.389 A0018 Herstellungsausrüstung zur Produktion von Rüstungsgü- tern 7 3.272.218 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 2017 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 2017 23173 (A) (C) (B) (D) Position Güteroberbegriffe Anzahl der Genehmigungen Wert in € A0021 militärische Software 9 598.915 A0022 Technologie 23 6.192.523 Gesamt 397 * Jahr 2013 Position Güteroberbegriffe Anzahl der Genehmigungen Wert in € A0001 Handfeuerwaffen 87 898.168 A0002 großkalibrige Waffen 2 3.518 A0003 Munition 31 726.355 A0004 Torpedos, Flugkörper 12 13.255.025 A0005 Feuerleitanlagen 37 4.410.770 A0006 militärische Ketten- und Radfahrzeuge 44 13.701.204 A0007 ABC-Schutzausrüstung, Laborchemikalien 15 3.739.895 A0008 Explosivstoffe und Brennstoffe 14 58.871 A0009 Kriegsschiffe 41 2.229.318 A0010 militärische Luftfahrzeuge/-technik 37 6.818.918 A0011 militärische Elektronik 38 3.719.521 A0013 ballistische Schutzausrüstung 7 10.604.394 A0014 Ausbildungs-/Simulationsausrüstung 1 * A0015 Infrarot-/Wärmebildausrüstung 9 5.557.500 A0016 Halbzeug zur Herstellung von bestimmten Rüstungsgütern 8 1.903.300 A0017 verschiedene Ausrüstungen 8 1.036.482 A0018 Herstellungsausrüstung zur Produktion von Rüstungsgü- tern 13 3.219.009 A0021 militärische Software 9 6.275.783 A0022 Technologie 22 5.933.427 Gesamt 395 * Jahr 2014 Position Güteroberbegriffe Anzahl der Genehmigungen Wert in € A0001 Handfeuerwaffen 80 5.256.941 A0002 großkalibrige Waffen 3 103.934 A0003 Munition 24 8.041.768 A0004 Torpedos, Flugkörper 10 3.540.434 A0005 Feuerleitanlagen 21 2.209.334 A0006 militärische Ketten- und Radfahrzeuge 44 4.557.260 A0007 ABC-Schutzausrüstung, Laborchemikalien 9 3.649.991 A0008 Explosivstoffe und Brennstoffe 10 1.301 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 201723174 (A) (C) (B) (D) Position Güteroberbegriffe Anzahl der Genehmigungen Wert in € A0009 Kriegsschiffe 31 7.445.826 A0010 militärische Luftfahrzeuge/-technik 29 2.251.909 A0011 militärische Elektronik 28 7.767.095 A0013 ballistische Schutzausrüstung 5 1.720.012 A0014 Ausbildungs-/Simulationsausrüstung 3 3.975.993 A0015 Infrarot-/Wärmebildausrüstung 9 2.856.815 A0016 Halbzeug zur Herstellung von bestimmten Rüstungsgütern 4 276.112 A0017 verschiedene Ausrüstungen 6 392.631 A0018 Herstellungsausrüstung zur Produktion von Rüstungsgü- tern 11 15.225.909 A0021 militärische Software 7 1.529.058 A0022 Technologie 27 1.643.109 Gesamt 336 72.445.432 Jahr 2015 Position Güteroberbegriffe Anzahl der Genehmigungen Wert in € A0001 Handfeuerwaffen 54 2.735.113 A0002 großkalibrige Waffen 4 283.006 A0003 Munition 13 1.397.820 A0004 Bomben, Torpedos, Flugkörper 9 166.563 A0005 Feuerleitanlagen 19 868.320 A0006 militärische Ketten- und Radfahrzeuge 25 830.251 A0007 ABC-Schutzausrüstung, Laborchemikalien 7 6.817.852 A0008 Explosivstoffe und Brennstoffe 9 2.497 A0009 Kriegsschiffe 43 4.374.789 A0010 militärische Luftfahrzeuge/-technik 25 3.533.183 A0011 militärische Elektronik 37 6.985.104 A0013 ballistische Schutzausrüstung 4 5.494.591 A0014 Ausbildungs-/Simulationsausrüstung 2 1.402.378 A0015 Infrarot-/Wärmebildausrüstung 5 2.008.932 A0016 Halbzeug zur Herstellung von bestimmten Rüstungsgütern 6 298.867 A0017 verschiedene Ausrüstungen 1 * A0018 Herstellungsausrüstung zur Produktion von Rüstungsgü- tern 3 92.563 A0021 militärische Software 10 806.674 A0022 Technologie 16 616.866 Gesamt 270 * Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 2017 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 230. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. April 2017 23175 (A) (C) (B) (D) Jahr 2016 (01.01.2016 bis 24.11.2016) Es handelt sich um vorläufige Angaben, die sich durch Änderungen und Fehlerkorrekturen noch verändern können Position Güteroberbegriffe Anzahl der Genehmigungen Wert in € A0001 Handfeuerwaffen 18 372.645 A0002 großkalibrige Waffen 2 28.045 A0003 Munition 6 2.951.159 A0004 Torpedos, Flugkörper 9 1.445.322 A0005 Feuerleitanlagen 11 510.430 A0006 militärische Ketten- und Radfahrzeuge 13 872.890 A0007 ABC-Schutzausrüstung, Laborchemikalien 6 4.040.885 A0008 Explosivstoffe und Brennstoffe 11 2.100 A0009 Kriegsschiffe 29 1.671.524 A0010 militärische Luftfahrzeuge/-technik 24 57.869.353 A0011 militärische Elektronik 29 7.451.369 A0013 ballistische Schutzausrüstung 1 * A0014 Ausbildungs-/Simulationsausrüstung 1 * A0015 Infrarot-/Wärmebildausrüstung 7 2.323.451 A0016 Halbzeug zur Herstellung von bestimmten Rüstungsgütern 3 241.952 A0017 verschiedene Ausrüstungen 4 89.059 A0018 Herstellungsausrüstung zur Produktion von Rüstungsgü- tern 3 7.490.658 A0021 militärische Software 15 1.320.785 A0022 Technologie 16 472.155 Gesamt 191 92.203.632 * Die Bundesregierung folgt dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Oktober 2014 (BVerfGE 137, 185) und unterrichtet über abschließende positive Genehmigungsentscheidungen sowie die Eckdaten eines Ausfuhrge- schäfts, d. h. Art und Anzahl der Rüstungsgüter, das Empfängerland und das Gesamtvolumen. Die Bundesregierung sieht gemäß dem Urteil von weitergehenden Ausführungen ab. Dies betrifft u. a. Angaben zum Auftragsvolumen, wenn diese in Kombination mit Angaben zu Stückzahlen Rückschlüsse auf Einzelpreise zuließen, Angaben zum Da- tum des Antrags oder einer etwaigen Voranfrage, zu abgelehnten oder zurückgezogenen Anträgen oder Voranfragen sowie zu dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallenden Willensbildungsprozessen. Die Bundesregierung verfolgt eine restriktive Rüstungsexportpolitik. Über die Erteilung von Genehmigungen für Rüstungsexporte entscheidet die Bundesregierung im Einzelfall und im Lichte der jeweiligen Situation nach sorgfäl- tiger Prüfung unter Einbeziehung außen- und sicherheitspolitischer Erwägungen. Grundlage hierfür sind die „Poli- tischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ aus dem Jahr 2000 und der „Gemeinsame Standpunkt des Rates der Europäischen Union vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern“. Die Türkei ist Mitglied der NATO. Nach den politischen Grundsätzen der Bundesregierung aus dem Jahr 2000 ist die Ausfuhr von Kriegs- waffen und sonstigen Rüstungsgütern für NATO-Partner grundsätzlich nicht zu beschränken, es sei denn, dass aus besonderen politischen Gründen in Einzelfällen eine Beschränkung geboten ist. Der Beachtung der Menschenrechte wird bei Rüstungsexportentscheidungen ein besonderes Gewicht beigemessen. Aktuelle Entwicklungen werden in die Entscheidungsfindung einbezogen. Für jeden Einzelfall findet eine differen- zierte und sorgfältige Einzelfallprüfung statt. Die Bundesregierung wird die weiteren Entwicklungen in der Region genau verfolgen und wie bisher im Rahmen ihrer Genehmigungspraxis berücksichtigen. (205. Sitzung, Anlage 5) Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 230. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Befragung der Bundesregierung TOP 2 Fragestunde Anlagen Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15 Anlage 16 Anlage 17 Anlage 18 Anlage 19 Anlage 20 Anlage 21 Anlage 22
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823000000


Nehmen Sie bitte Platz. Die Sitzung ist eröffnet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie alle
herzlich. Ich hoffe, Sie sind alle gut erholt und jedenfalls
hochmotiviert aus der Osterpause zurückgekehrt, sodass
wir jetzt mit geballter Energie ins Finale dieser Legis-
laturperiode einsteigen können. – Mindestens einer der
anwesenden Parlamentarischen Geschäftsführer bestätigt
das in eindrucksvoller Weise. Ich bedanke mich dafür
ausdrücklich.

Bevor wir die Befragung der Bundesregierung auf-
rufen, habe ich Ihnen noch eine amtliche Mitteilung zu
machen. Es gibt eine interfraktionelle Vereinbarung, dass
die Unterrichtung der Bundesregierung über die Stel-
lungnahme des Bundesrates und die Gegenäußerung der
Bundesregierung auf der Drucksache 18/11931 zu dem
bereits überwiesenen Entwurf eines Ersten Gesetzes zur
Änderung des Europol-Gesetzes dem federführenden In-
nenausschuss sowie zur Mitberatung dem Ausschuss für
Recht und Verbraucherschutz überwiesen werden soll.
Jetzt kommt die spannende Frage, ob Sie damit einver-
standen sind. – Das ist im Ergebnis trotz erkennbarer Zö-
gerlichkeit bei einzelnen anwesenden Kolleginnen und
Kollegen offenkundig der Fall. Dann ist das so beschlos-
sen.

Ich rufe jetzt unseren Tagesordnungspunkt 1 auf:

Befragung der Bundesregierung

Als Thema der heutigen Kabinettssitzung hat die Bun-
desregierung mitgeteilt: 15. Entwicklungspolitischer
Bericht der Bundesregierung „Entwicklungspolitik
als Zukunfts- und Friedenspolitik“.

Dazu erhält, unserer ständigen Übung folgend, der zu-
ständige Bundesminister für wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung das Wort für einen einleitenden
fünfminütigen Bericht. – Herr Minister, Sie haben das
Wort.

Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kol-
leginnen und Kollegen Staatssekretäre! Liebe Abgeord-
nete! Das Osterfest ist ein Friedensfest, und deshalb ist es
richtig, wenn wir mit Entwicklungspolitik als der besten
Friedenspolitik starten.

Alle vier Jahre legen wir diesen Entwicklungspo-
litischen Bericht vor. Die Welt ist im Umbruch und im
Aufbruch. In den letzten vier Jahren hat sich die Weltbe-
völkerung um 350 Millionen Menschen vergrößert. Das
zeigt eine enorme Dynamik. Wir stehen vor den Heraus-
forderungen der Klimaveränderung und der Erderwär-
mung. Mit der deutschen Entwicklungspolitik reagieren
wir darauf. Wir arbeiten mit 85 Ländern in der Welt zu-
sammen. Globalisierung muss gerecht gestaltet werden.
Globale Märkte brauchen Regeln. Das möchte ich über
die dreieinhalb Jahre meiner Amtszeit schreiben.

Wir haben neue Schwerpunkte gesetzt:

Erstens. Eine Welt ohne Hunger ist möglich – in den
nächsten Tagen veranstalten wir dazu einen internationa-
len Kongress hier in Berlin –, und deshalb investieren wir
verstärkt in ländliche Entwicklung.

Zweitens. Wir wollen Bildung, vor allem berufliche
Ausbildung, in unseren Partnerländern, insbesondere in
Afrika, verstärkt ausbauen und haben dies mit 25 Län-
dern auf den Weg gebracht.

Drittens der Bereich Gesundheit. Denken wir an die
Auswirkungen der Ebolakrise vor einem Jahr. Eine sol-
che Krise kann es morgen wieder geben. Den Partnern
der deutschen Entwicklungspolitik danke ich herzlich
für die ausgezeichnete Zusammenarbeit: der Zivilge-
sellschaft, der GIZ, der KfW, den Tausenden, die in den
Entwicklungsstaaten unterwegs sind. Wir bauen in West-
afrika eine Gesundheitsstruktur auf, damit bei einem
weiteren Ausbruch oder einer neuen Epidemie schnell
und effektiv gehandelt werden kann. Wir in Berlin haben
die GAVI und den GFATM ganz massiv weiter gestärkt.
Afrika ist in den Fokus gerückt worden. Es ist die große
Herausforderung für dieses Jahrhundert, natürlich auch
für heute und für uns.






(A) (C)



(B) (D)


Mit dem Marshallplan mit Afrika hat mein Ministeri-
um ein Gesamtkonzept, eine Gesamtstrategie vorgelegt,
die zeigt: Entwicklungspolitik, Herr Präsident, ist kein
Randthema mehr. Wenn ich einen Wunsch an Sie richten
darf: Im Prinzip gehört der Entwicklungsminister in die
Mitte des Kabinetts.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823000100

Sie haben, Herr Minister, offenkundig den begründe-

ten Eindruck, dass das Kabinett das selber nicht geregelt
kriegt und dafür der Assistenz des Parlaments bedarf.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Beifall des Abg. René Röspel [SPD])


Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung:

Ich fühle mich zwar auch an dieser Stelle wohl; aber
es steht symbolisch schon ein bisschen für die Zeit von
gestern, wenn man den Entwicklungsminister nur hinten
mit dranklebt. Wir sind im Zentrum der Politik. Entwick-
lungspolitik ist heute Wirtschaftspolitik, Handelspolitik,
Umweltpolitik, Agrarpolitik.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Lassen Sie mich sagen: Diese Bundesregierung
hat entsprechende Signale gesendet. Bundeskanzlerin
Merkel und der Bundesfinanzminister haben es geschafft,
dass Deutschland in diesem Jahr durch die Aufstockung
des Haushalts erstmals das 0,7-Prozent-Ziel erreicht. Ich
danke allen Kolleginnen und Kollegen dafür.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein ganz
zentraler Bereich, den ich natürlich nicht vergesse, ist das
Thema der Investitionen zur Überlebenssicherung und
zur Schaffung einer Bleibeperspektive in den Krisenlän-
dern. Ganz aktuell denke ich an den Jemen – und ich den-
ke nicht nur daran: Wir haben unser Engagement in den
letzten Tagen um 100 Millionen Euro auf 300 Millionen
Euro ausgebaut. Überleben sichern, heißt es dort, auch
in und um Syrien. Wir schaffen allein in und um Syrien,
wo dieser dramatische Krieg herrscht, Zukunft für 1 Mil-
lion Kinder. Wir beschulen sie, wir finanzieren Lehrer
und vieles mehr. Es wären Hunderttausende mehr nach
Deutschland gekommen, wenn sie nicht die Hand der
deutschen Entwicklungshilfe vor Ort gereicht bekommen
hätten. Diese Hilfe muss verstärkt werden; denn nun geht
es auch um Rückführung in wieder befriedete Gebiete.

Meine Damen und Herren, ich könnte eine ganze Rei-
he von weiteren neuen Ansätzen und Impulsen nennen.
Aber wir sind hier in der Regierungsbefragung, und das
ist Ihre Möglichkeit, jetzt Ihre Fragen an mich zu richten.
Ich antworte darauf sehr gerne.

Herzlichen Dank.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823000200

Ja, Herr Minister, das werden wir nun natürlich auch

tun. – Was Ihre Klage über die unangemessene Platzie-
rung des Entwicklungsministers auf der Regierungsbank
angeht, möchte ich Ihnen den tröstenden Hinweis geben,
dass der Entwicklungsminister mit Blick auf die Sitz-
ordnung einen ähnlich peripheren Platz besetzt wie die
Kanzlerin,


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beifall des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU] – Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, nein, nein! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber deren Stuhl ist größer!)


was bei der weiteren Erörterung dieser zentralen Frage
jedenfalls mitberücksichtigt werden sollte.

Die erste Nachfrage hat der Kollege Kekeritz.


Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823000300

Herr Präsident, ich stimme Ihnen grundsätzlich zu,

dass die Kanzlerin am Rande sitzt. Aber mit den Stüh-
len ist auch eine Nummerierung verbunden – zumindest
kommt es so in der Öffentlichkeit an.

Herr Minister, ich hätte ja gern heute mit Ihnen über
Ihren Bericht, Ihre Bilanz, diskutiert. Jetzt frage ich
mich natürlich schon: Wie soll ich mit Ihnen über einen
Bericht diskutieren – Sie haben ihn in den Händen; das
freut mich sehr –, den wir noch nicht haben? Wir haben
seit vier Wochen regelmäßig bei Ihnen im Ministerium
beantragt, diesen Bericht, Ihre Analyse, zugestellt zu be-
kommen, damit wir entsprechend darauf reagieren kön-
nen. Die Antwort war immer eine simple: Wir können
ihn Ihnen noch nicht geben, weil er erst vom Kabinett
beschlossen werden muss. – Das ist für mich ja fast ein-
leuchtend, aber nur fast: Ich musste feststellen, dass die
Presse schon am Tag zuvor – bevor sich das Kabinett mit
diesem Bericht befasst hat – breit informiert worden ist.
Das ist ein Umgang mit dem Parlament, den ich nicht für
besonders akzeptabel halte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Wie stehen Sie eigentlich dazu? Das ist ein Umgang mit
dem Parlament, der auch Ihre Arbeitsweise charakteri-
siert.

Wir sind diejenigen, die immer nach Afrika reisen und
sich für Transparenz und Offenheit aussprechen.


(Präsident Dr. Norbert Lammert klopft auf das Mikrofon)


– Bitte?


(Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deine Zeit ist um!)


– Meine Zeit ist um?


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823000400

Ich möchte Sie so dezent wie eben möglich auf die

abgelaufene Redezeit hinweisen.

Bundesminister Dr. Gerd Müller






(A) (C)



(B) (D)



Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823000500

Dann stelle ich noch kurz eine Frage, damit der Minis-

ter etwas hat, worauf er antworten kann.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823000600

Das wäre ganz schön.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823000700

Herr Minister, Sie haben in den letzten vier Jahren vie-

le Konzepte erstellt: die Afrika-Strategie, die Zukunfts-
charta, die Regionalstrategien und viele kleine andere
Projekte. Welches ist Ihrer Meinung nach das zentrale
Werk, an dem Sie sich in den letzten vier Jahren orien-
tiert haben?

Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung:

Herr Präsident! Herr Kollege, Sie haben eineinhalb
Minuten Ihrer wertvollen Redezeit mit Taktik vergeudet.


(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war aber wichtig, dass die Leute das wissen!)


Das Verfahren ist ganz normal. Um 9.30 Uhr fand die
Kabinettssitzung statt. Dort wurde der Bericht vom Ka-
binett verabschiedet. Sie haben ihn dann zugeleitet be-
kommen.


(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)


Wir wollten Ihnen in der Befragung der Bundesregierung
sofort die Möglichkeit geben, Fragen zu diesem The-
ma zu stellen. Mein Wunsch – nicht nur mein Wunsch,
sondern ich beantrage das auch – ist es, dass zu diesem
Thema auch eine Regierungserklärung abgegeben wird;
denn die Themen sind wahrlich bedeutend genug für
Deutschland und für die Welt und auch für den Deut-
schen Bundestag. Wenn Sie mich in diesem Punkt unter-
stützen, dann können wir in den nächsten Wochen eine
breite Parlamentsdebatte über den Entwicklungspoliti-
schen Bericht führen. Das würde ich mir wünschen, und
das hielte ich auch für sinnvoll und gerecht.

Im Übrigen gibt es eine Vielzahl von Schwerpunkten,
die ich in der Breite aufgezählt habe. Man kann sich nicht
nur auf einen Punkt fokussieren.

Ich sage Ihnen: Es geht um den Menschen. Es geht
darum, allen Menschen, und zwar weltweit, ein Leben
in Würde zu ermöglichen. Das ist unser Anspruch. Wir,
die Reichen, stehen auf der Sonnenseite, aber anders-
wo sterben täglich viele Menschen. 7 000 Kinder sind
am heutigen Tag verhungert, und das bezeichne ich als
Mord; denn wir schauen den Katastrophen, die vor unse-
rer Haustüre passieren, nur zu, dabei könnten wir – und
nicht nur wir, sondern auch Europa und die Weltgemein-
schaft – mit relativ wenig zusätzlichem Engagement die-
sen Skandal verhindern.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823000800

Ich habe sowohl bei der ersten Frage wie auch bei der

ersten Antwort eine deutlich längere Redezeit zugelas-
sen, als sie unsere Regularien vorsieht. Ich bitte aber alle
darum, sich bei den nachfolgenden Fragen und Antwor-
ten an der Ein-Minuten-Regel zu orientieren. – Der Kol-
lege Movassat hat die nächste Frage.


Niema Movassat (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823000900

Danke schön. – Herr Minister, Sie betonen immer die

Menschenrechte als einen zentralen Eckpfeiler Ihrer ent-
wicklungspolitischen Zusammenarbeit.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Zu Recht!)


Sie wollen auch Fluchtursachen bekämpfen.

Nun soll der Bundestag morgen in zweiter Lesung
eine engere Kooperation mit Ägypten im Sicherheitsbe-
reich beschließen. Auch der NSS, der ägyptische Sicher-
heitsdienst, ist als Partner vorgesehen, obwohl er für Fol-
ter bekannt ist. Überhaupt sind in Ägypten willkürliche
Verhaftungen an der Tagesordnung. Todesurteile werden
vollstreckt, und Menschenrechte existieren dort allen-
falls auf dem Papier. Die EU schließt mit Ägypten ein
Migrationspartnerschaftsabkommen, mit dem Menschen
davon abgehalten werden sollten, zu fliehen. Mich inte-
ressiert, wie das alles mit dem menschenrechtsbasierten
Ansatz in der Entwicklungspolitik zusammenpasst, den
Sie und die Bundesregierung vertreten.

Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung:

Herr Kollege, wir müssen von den Realitäten ausge-
hen. Wenn Sie sich die Weltvölkergemeinschaft der UN
vor Augen führen, dann stellen Sie fest: Nur ein kleinerer
Teil der Staaten ist mit demokratischen Strukturen ausge-
stattet und hat Rechte, wie wir sie in Deutschland und in
Europa für selbstverständlich halten und für die wir welt-
weit kämpfen. Dennoch müssen wir an die Menschen in
Ägypten denken.

Ich habe die Zusammenarbeit mit Ägypten ganz be-
wusst im Bereich der beruflichen Bildung ausgebaut, und
ich werde dies auch fortsetzen. Ich erinnere mich an ein
Gespräch mit einer jungen Studentin, die mir sagte: Ich
kann Englisch, Deutsch und Türkisch, aber ich habe kei-
ne Arbeit und keine Zukunft. Der Präsident el-Sisi sagte
mir bei einem Gespräch: In Ägypten gibt es 20 Millionen
Jugendliche im Alter zwischen 15 und 25 Jahren, davon
sind zwei Drittel ohne Arbeit und Zukunftsperspekti-
ve. Wohin werden diese Menschen gehen? Sie schauen
Richtung Europa und Deutschland. Deshalb müssen wir
in diese Länder gehen, zum Beispiel nach Ägypten, und
den jungen Menschen dort eine Ausbildungs- und damit
eine Zukunfts- und Bleibeperspektive bieten. Das tun
wir.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823001000

Kollege Meiwald.






(A) (C)



(B) (D)



Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823001100

Vielen Dank, Herr Präsident. – Vielen Dank, Herr Mi-

nister, dass Sie heute für uns da sind und uns Antworten
geben. Meine Frage bezieht sich vor allen Dingen auf
den fairen Handel, der für Sie immer wieder ein Schwer-
punktthema ist. Für uns lautet die Frage: Was haben Sie
in Ihrer Amtszeit erreicht, insbesondere mit Blick auf die
Entwicklungspartnerschaftsabkommen mit den afrikani-
schen Ländern, die aus unserer Sicht nicht wirklich ent-
wicklungsförderlich ausgestattet worden sind? Was hat
sich konkret weiterentwickelt? Welche Erfolge konnten
Sie mit diesen Abkommen verbuchen?

Ich frage auch mit Blick auf die WTO. Am Anfang
Ihrer Amtszeit als Minister haben Sie gesagt, dass wir
Sozial- und Ökostandards bei der WTO brauchen. Wir
alle wissen, dass diese Verhandlungen nicht unkompli-
ziert sind. Aber wie sieht die Bilanz dazu bisher aus? Was
können Sie uns dazu mitteilen?

Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung:

Herzlichen Dank. – Die Länder in Afrika – das gilt für
alle Entwicklungsländer – brauchen den fairen Handel.
Ich verfolge eine Entwicklungspolitik, die nicht nur auf
ODA, also öffentliche Mittel setzt; denn so werden wir
die weltweiten Probleme nicht lösen. Wir brauchen auch
die zweite Säule, nämlich einen neuen Rahmen einer Ri-
sikoabsicherung für eine Investitionsoffensive auf dem
afrikanischen Kontinent. Drittens brauchen wir fairen
Handel. Freier Handel führt zu Ausbeutung von Mensch
und Natur. Dies kann man in Afrika sehr gut sehen.

Ich war vor vier Wochen auf den Kaffeeplantagen
Westafrikas. Ich schaue mir das immer vor Ort an. Es
geht darum, nicht nur aus Büchern zu lernen, sondern vor
allem mit den Menschen zu reden, auch mit den Kindern,
die dort für den Kaffee und den Kakao, den wir hier in
Berlin trinken, schuften, schwitzen, arbeiten und deren
Eltern 50 Cent am Tag bekommen. Der Einkaufspreis für
1 Kilogramm Rohkaffee liegt bei 50 Cent; die Kaffee-
bohnen werden hier in Berlin für 10 Euro verkauft. Die
Menschen vor Ort schuften für Hungerlöhne für unsere
Luxusprodukte. Das muss geändert werden mit fairen
Standards, Mindestlöhnen, sozialen und ökologischen
Grundstandards. Dafür kämpfe ich gemeinsam mit Ih-
nen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823001200

Frau Lücking-Michel.


Dr. Claudia Lücking-Michel (CDU):
Rede ID: ID1823001300

Vielen Dank, Herr Minister. In einer aus meiner Sicht

sehr interessanten Initiative Ihres Hauses wurde der Zu-
sammenhang zwischen Religion und Entwicklung the-
matisiert. Dieses Thema hätte meiner Meinung nach in
dem Bericht einen breiteren Raum einnehmen können.
Jetzt habe ich die Gelegenheit, nachzufragen: Welche
Intention verbinden Sie damit, und wo sehen Sie die Zu-
kunft dieser Initiative?

Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung:

Meine Politik baut auf einem Wertefundament auf.
Wir Christen nennen es die Verantwortung des Starken
für den Schwachen – zu Hause, in der Familie, im Dorf,
in der Gemeinschaft, im Staat. Dabei geht es auch um die
Verantwortung der reichen Staaten für die schwachen,
die armen Staaten. Wir, die wir in der Wohlstandszone
Europa leben, haben Verantwortung für die Länder Afri-
kas, aber auch für Indien. Man kann das auch als Huma-
nismus bezeichnen.

Ich sage es noch einmal: Ausgangspunkt ist die Fest-
stellung, dass jeder Mensch, jedes Kind auf diesem Pla-
neten ein Recht auf ein Leben in Würde hat. Da es uns
so gut geht, haben wir eine besondere Verpflichtung, den
anderen ein Stück weit zu helfen. Es geht auch darum,
ein Stück weit neu teilen zu lernen, damit wir auch den
Kindern und Jugendlichen im Sudan, in Eritrea und in
Nigeria, all den Menschen, die mir bei meinen Besuchen
in die Augen blicken, eine Zukunft bieten können. Wir
können nicht „closed shop“ machen. Wir können nicht
Mauern hochziehen, ohne dass wir eine Antwort für die
Menschen in den Entwicklungsländern haben.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823001400

Frau Hänsel.


Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823001500

Danke schön. – Herr Minister, um es noch einmal

klarzustellen: Wir haben den Bericht bis dato nicht erhal-
ten, soviel ich weiß, die SPD auch nicht. Mich wundert
es, dass die Kollegin von der CDU aus diesem Bericht
zitieren kann.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Online!)


Das halte ich nicht für einen angemessenen Umgang, vor
allem bei diesem wichtigen Thema.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie betonen, dass es um Hunger, um eine Frage von Le-
ben und Tod geht, aber wir erhalten noch nicht einmal
den Bericht, um seriös darüber diskutieren zu können.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Online!)


Und ich muss alles, was ich dazu sagen möchte, in 60 Se-
kunden pressen. Das ist ein unwürdiger Umgang mit die-
sem Thema. Das möchte ich hier festhalten.

Es geht um die Bilanz Ihrer Arbeit. Meine ganz kon-
krete Frage lautet, da Sie von fairem Handel gesprochen
haben: Was haben Sie in vier Jahren konkret getan, um
gerechte Handelsstrukturen auf den Weg zu bringen? Sie
hatten vier Jahre Zeit, die Wirtschaftspartnerschaftsab-
kommen mit den afrikanischen Ländern in der aktuellen
Form zu stoppen. Ein Veto der Bundesregierung auf eu-
ropäischer Ebene hätte sie gestoppt, und wir hätten die
Möglichkeit gehabt, sie gerecht auszugestalten. Was ha-
ben Sie in dieser Hinsicht konkret – ich meine hier nicht
einzelne Projekte – für fairen Handel, für die Verände-
rung der Strukturen getan?






(A) (C)



(B) (D)


Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung:

Hinsichtlich des Ablaufs, also dass Sie den Bericht
nicht haben, gebe ich Ihnen recht. Man muss zwischen
dem Ende der Kabinettssitzung um 10.30 Uhr und dem
Start dieser Sitzung das Dokument verteilen können. Ich
weiß nicht, warum dies nicht passiert ist.


(René Röspel [SPD]: In der Zeit kann man es sowieso nicht lesen!)


Unabhängig davon wiederhole ich meine Aussage: Wir
sollten und müssen das Thema in einer Regierungserklä-
rung oder in einer großen Debatte vertiefen.


(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Ja! Aber das ist Ihre Sache, die Regierungserklärung!)


Zum Thema fairer Handel. Die Bundeskanzlerin
geht hier voran, Stichwort „Elmau“. Sie hat staunenden
Staats chefs die Logik fairen Handels am Thema Wert-
schöpfungsketten dargelegt und sie darauf verpflichtet,
fairen Handel zum Standard zu machen.


(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Ja, aber wo denn?)


Natürlich müssen wir da weiter vorankommen, zum Bei-
spiel im Rahmen der G 20. Ich habe gesagt: nicht Worte,
sondern Taten. Die deutsche Wirtschaft hat oft gesagt,
dass das Zertifizieren zum Beispiel von der Plantage an
oder von der Fabrik in Bangladesch an, wo Näherinnen
unsere Kleidung nähen, nicht möglich sei. Mit dem deut-
schen Textilbündnis ist Zertifizieren möglich. 60 Prozent
der Branche sind zwischenzeitlich mit dabei. Das ist eine
Blaupause für viele Wertschöpfungsketten, die wir in den
nächsten Jahren gemeinsam umsetzen müssen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823001600

Frau Wöhrl.


Dagmar G. Wöhrl (CSU):
Rede ID: ID1823001700

Vielen herzlichen Dank. – Es mag sein, dass der Ent-

wicklungspolitische Bericht haptisch jetzt nicht vorliegt.
Dennoch möchte ich mich beim Minister bedanken.
Denn er hat des Öfteren in den letzten dreieinhalb Jahren
bei uns im Ausschuss über den Inhalt dieses Berichts und
vor allem über seine Arbeit gesprochen. Der Bericht ist
allen Kollegen und Kolleginnen, die im Ausschuss sind,
auch zur Kenntnis gereicht worden. Überwiegend sind es
auch diese Kolleginnen und Kollegen, die sich hier jetzt
zu Wort gemeldet haben.

Ich habe eine Frage. Es ist bekannt, dass sich die Zu-
kunft Afrikas vor allem im ländlichen Raum entscheiden
wird; denn dort leben die meisten Hungernden, dort gibt
es die meisten Jugendarbeitslosen. Was haben Sie bis
jetzt hier auf den Weg gebracht, und was gedenken Sie
in der Zukunft zu tun, um den ländlichen Raum mehr zu
entwickeln?

Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung:

Afrika ist der Schwerpunktkontinent in der Zusam-
menarbeit, und die Entwicklung des ländlichen Raumes

ist das Thema Nummer eins. Ich sage aber auch ganz
klar: Afrika muss selber mehr leisten. Dazu gehört, dass
die Staats- und Regierungschefs der Länder erkennen,
dass sie die Produktivität der Landwirtschaft im eige-
nen Lande steigern können und mit unserer Hilfe auch
müssen. Afrika kann zum Selbstversorger werden. Das
umfasst auch Innovation, Landnutzungsrechte und volle
Gleichberechtigung für Frauen. Wir haben anhand von
Beispielen den Weg gezeigt, wie Afrika zum Vollversor-
ger, zum Selbstversorger werden kann. In zwölf Innova-
tionszentren zeigen wir dies ganz konkret, zum Beispiel
indem wir eine Reissorte aus Asien nach Benin bringen
und innerhalb von einem Jahr den Reisertrag von 1,5 auf
4,5 Tonnen steigern. Wir zeigen, dass es geht. Gemein-
sam werden wir es in den nächsten zehn Jahren schaffen,
Afrika zum Selbstversorger zu machen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823001800

Frithjof Schmidt hat die nächste Frage.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Minister, die OECD kritisiert seit langem eine zu
starke Ausrichtung der deutschen Entwicklungszusam-
menarbeit auf die sogenannten Länder mittleren Einkom-
mens und eben nicht auf die Länder mit dem geringsten
Einkommen und die fragilen Staaten. In Ihrer Amtszeit
hat sich dieser Trend verschärft. Sie setzen jetzt verstärkt
auf die Mobilisierung privater Mittel. Wir wissen, dass
diese Mittel eher in die Länder mittleren Einkommens
fließen, weil die Märkte in diesen Ländern attraktiver
sind. Was wollen Sie tun, um diese falsche Grundaus-
richtung in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit
endlich zu korrigieren?

Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung:

Erstens. Es bleibt bei der Zusammenarbeit mit den
LDCs, den Ärmsten.

Zweitens. Wir wollen weg vom Gießkannenprinzip.
Stellen Sie sich vor, Sie gießen einen 300 Quadratmeter
großen Garten mit einer einzigen Gießkanne; so ist das
nämlich mit den deutschen Entwicklungsgeldern. Wenn
man so vorgeht, kann man zwar über ganz Afrika ein
paar Tropfen verteilen, aber man erzielt null Wirkung.
Deshalb sagen wir: Mit den Ärmsten verstärken wir un-
sere Zusammenarbeit, und dann konditionieren wir und
setzen Bedingungen, etwa bei Good Governance und bei
der Bekämpfung der Korruption. Außerdem werden wir
uns stärker auf Reformländer bzw. Reformchampions,
die selber Eigeninitiative entwickeln, konzentrieren, um
zu zeigen: Es geht.

Auch Afrika hat Erfolg. Es gibt in Afrika erfolgreiche
Länder. Acht der am schnellsten wachsenden Wirtschaf-
ten der Welt sind afrikanische Länder. Auch von heute
muss das Signal ausgehen, dass Afrika nicht nur der Kon-
tinent der Krisen, Kriege und Konflikte ist, sondern auch
der Kontinent der Chancen, der Dynamik, der Jugend,
des Aufbruchs.






(A) (C)



(B) (D)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823001900

Ich habe mir noch sechs Wortmeldungen notiert. Da-

mit würde ich diesen Teil der Befragung gerne abschlie-
ßen, weil es noch angemeldete Fragen an die Bundes-
regierung jenseits dieses Themenbereiches gibt. – Dazu
stelle ich Einvernehmen fest.

Die nächste Frage stellt der Kollege Kekeritz.


Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823002000

Herr Minister, eben ist die OECD angesprochen wor-

den. Die OECD überprüft bzw. evaluiert Ihre Aktivitä-
ten sehr genau. Dabei geht es nicht nur um die Frage,
wie stark die deutsche Entwicklungszusammenarbeit in
Middle Income Countries wirkt, sondern zum Beispiel
auch um die Kohärenz, eine unserer Lieblingsfragen.
Dazu hat die OECD festgestellt, dass regierungsweite
Zielvereinbarungen zur Politikkohärenz in diesem Ka-
binett absolut fehlen. Was haben Sie getan, damit sich
das verbessert, und wie wird diese Kohärenz in Zukunft
ausschauen?

Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung:

Kohärenz heißt ja abgestimmtes Auftreten. Ich kann
Ihnen sagen: Ich freue mich, dass die Wirtschaftsminis-
terin ein Afrika-Programm vorlegt, dass der Finanzmi-
nister gemeinsam mit uns einen Compact with Africa auf
den Weg bringt, dass ich mich mit der Umweltministerin
in Klimafragen erfolgreich koordiniere, dass ich mit dem
Gesundheitsminister über den Aufbau von Gesundheits-
strukturen in Afrika spreche und dass ich mich auch mit
dem Agrarminister austausche. Also: Wir leben Kohärenz
und stimmen uns ab. Dazu gehört auch das Konzept des
Marshallplans mit Afrika. „Mit“ heißt, wir stimmen uns
auch mit den Afrikanern ab. Es ist wichtig, deren eigene
Kräfte und Vorstellungen auf die afrikanische Agenda zu
setzen. Deshalb war ich sowohl bei der Afrikanischen
Entwicklungsbank als auch beim Wirtschaftskongress
in Nairobi und bei der Afrikanischen Union, um unser
Konzept der neuen Zusammenarbeit und Partnerschaft
vorzustellen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823002100

Kollege Movassat.


Niema Movassat (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823002200

Herr Minister, Sie sind angetreten, auf Ebene der WTO

Sozial- und Umweltstandards zu etablieren. Dreieinhalb
Jahre später hört man davon nichts mehr. Sie sind ange-
treten, weltweit verbindliche Mindeststandards zu schaf-
fen; das haben Sie 2014 in einem Interview mit der taz
gesagt. Auch davon hört man nichts mehr. Der Nationale
Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte ist ohne
jede Verbindlichkeit. Beim Textilbündnis gibt es keine
Allgemeinverpflichtung für alle Konzerne. Meine Fra-
ge: Denken Sie, was die Verpflichtung von Unternehmen
zum Schutz von Menschenrechten und Arbeitsrechten bei
Auslandstätigkeiten angeht, sind Sie gescheitert? Wenn
Sie gescheitert sind, würden Sie sagen, dass es einen Teil
der Bundesregierung gab, der sich sehr kontraproduktiv

verhalten hat, zum Beispiel das Bundesfinanzministeri-
um, das beim Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und
Menschenrechte eine sehr üble Rolle gespielt hat?

Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung:

Die Idee und die Notwendigkeit werden sich ihre Bahn
brechen. Es ist vollkommen klar, dass wir ökologische
und soziale Grundstandards für global produzierte Güter
brauchen. Meine Damen und Herren auf den Rängen und
draußen, Sie tragen Kleider aus Bangladesch oder Viet-
nam. Die Näherinnen dort – wir haben vor 14 Tagen sol-
che Fabriken vor Ort besucht – arbeiten zwölf Stunden
am Tag und das sechs Tage die Woche für 15 Cent in der
Stunde. Dabei kommt ein Monatslohn von 50 Euro he-
raus. Die Jeans, die dort von den deutschen Markenartik-
lern eingekauft wird, geht für 5 Euro Herstellungskosten
aus dieser Fabrik in den Container und hängt dann für 80
oder 100 Euro in Berlin oder Hamburg. Das ist die wun-
dersame Vermehrung des Jeanswertes.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und warum kann man das nicht regeln? Sie sind doch Minister!)


Es muss ganz klar sein: In Bezug auf global produzier-
te Güter kann es nicht die Zukunft sein, dass diese Güter
auf dem Rücken der Menschen vor Ort – das war eben
nur ein Beispiel für globale Wertschöpfungsketten – un-
ter solchen Bedingungen hergestellt werden.

Ich gebe Ihnen recht: Das hat noch nicht jeder wirk-
lich verstanden. Es gibt starke Beharrungskräfte in der
deutschen und in der Weltwirtschaft, die dem Vorha-
ben, ein neues System sofort und mit voller Dynamik
umzusetzen, entgegenwirken. Hier müssen wir politi-
schen Druck ausüben und politisch vorangehen. Genau
das tut die Bundeskanzlerin. Der nächste Termin ist der
G-20-Gipfel.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823002300

Vielleicht versuchen wir bei den verbleibenden Fra-

gen wirklich einmal, die Fragen und Antworten jeweils
in einer Minute abzuhandeln, auch wenn es schwer ist.
Aber wenn es einfacher wäre, dann könnten es ja auch
andere machen. – Der nächste Fragesteller ist der Kol-
lege Klimke.


Jürgen Klimke (CDU):
Rede ID: ID1823002400

Herr Minister, auch wir haben eine Frage zum Textil-

bündnis, weil wir die von Ihnen initiierte Entscheidung
der Bundesregierung, soziale Mindeststandards in den
Entwicklungsländern sicherzustellen und damit einen
Akzent zu setzen, als richtungsweisend ansehen.

Inwiefern sehen Sie den Bereich Textil auch für an-
dere Bereiche – ob das nun der Bereich Tabakanbau, der
Bereich Fischerei oder der Bereich Landwirtschaft ist –
als Beispiel an, und inwieweit sehen Sie das Handeln
bzw. die Initiative der Bundesregierung auch als Vorbild
für die Entwicklungsländer an, Ähnliches zu machen,
um global voranzugehen in einer Kooperation aus Po-
litik, Privatwirtschaft und Verbrauchern, die auswählen






(A) (C)



(B) (D)


können, ob sie ein sozial produziertes Stück Textil oder
ein anderes Produkt kaufen?


(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und was hat sich schon verbessert?)


Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung:

Wir setzen Standards,


(Lachen der Abg. Heike Hänsel [DIE LINKE])


und diese Standards müssen weltweit zum Standard
werden. Das Textilbündnis zeigt: Es geht. Vom Baum-
wollfeld in Burkina Faso in Westafrika bis zum Kleider-
bügel in Hamburg erfolgt eine zertifizierte Produktion
mit ökologischen Standards, wie wir sie uns vorstellen.
Diese werden zum Beispiel beim Wassereinsatz und bei
den verwendeten Chemikalien beachtet, und im sozialen
Bereich werden Mindestlöhne sichergestellt. Das muss
für alle global produzierten Güter Standard werden.

Kein Handy funktioniert ohne Coltan aus den Minen
des Kongos. Es ist einfach nicht akzeptabel, dass interna-
tionale Konzerne Handys produzieren, ohne zu garantie-
ren, dass am Anfang der Kette Kinder- und Sklavenarbeit
nicht akzeptiert wird. Das müssen wir den Kunden, die
die global produzierten Produkte einkaufen, auch durch
Transparenz deutlich machen. Ich bin mir sicher: Der
deutsche Konsument akzeptiert keine Kinder- und Skla-
venarbeit und keine brutalsten ökologischen Produkti-
onsbedingungen. Deshalb brauchen wir hier Transparenz
und Offenheit, und deswegen ist diese Debatte natürlich
auch sehr wichtig.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823002500

Frau Hänsel.


Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823002600

Herr Minister, Sie beschreiben die Probleme sehr elo-

quent, und Sie haben gerade auch das Profitstreben der
Unternehmen beschrieben. Glauben Sie aber allen Erns-
tes, dass man gegen dieses Profitstreben, dieses Senken
der Standards und dieses Ausnutzen der schlechten Ar-
beitsbedingungen ohne verbindliche gesetzliche Rege-
lungen vorgehen kann? Das ist doch mehr als naiv; das
ist verantwortungslos. Hier müssen Sie liefern, aber hier
haben Sie nichts gemacht. Wir brauchen strengere Regu-
lierungen.

Sie kritisieren zum Beispiel auch immer die Rüstungs-
exporte. Die deutschen Rüstungsexporte sind auf einem
Höchststand. Unser diesjähriger Verteidigungsetat ist der
höchste aller Zeiten, und das 2-Prozent-Ziel der NATO
ist auch schon am Horizont zu sehen.

Meine Fragen sind: Was sagen Sie dazu? Unterstützen
Sie das Ziel der NATO, 2 Prozent des Bruttoinlandspro-
duktes für Rüstung auszugeben? Haben Sie im Bundes-
sicherheitsrat auch einmal gegen Rüstungsexporte ge-
stimmt? Was haben Sie konkret gemacht?

Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung:

Wer für Rüstungsausgaben einen Anteil von 2 Prozent
am Bruttoinlandsprodukt anstrebt, der muss einen Anteil
von 0,7 Prozent für Entwicklungszusammenarbeit er-
reichen. Das ist die Grundvoraussetzung. Wir reden seit
30 Jahren über die Erreichung des 0,7-Prozent-Ziels.


(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seit 40 Jahren!)


Meine Damen und Herren, der Öffentlichkeit sind die-
se großen Probleme gar nicht bekannt. Mir wird überall
gesagt: Du musst Fluchtursachen bekämpfen, du musst
vor Ort investieren, du musst den Hunger beseitigen. –
Ich mache das gerne. Dafür steht mir ein großer Haushalt
von 9 Milliarden Euro zur Verfügung. Weltweit werden
für die Entwicklungspolitik, für die Lösung dieser gro-
ßen Herausforderungen 148 Milliarden Euro bereitge-
stellt. Das ist viel. Für Rüstung und Militär aber setzen
wir weltweit 1 700 Milliarden Euro ein. Sie haben es ge-
hört: Das ist mehr als das Zehnfache. Deshalb soll man
mit seinen Erwartungen etwas zurückhaltender sein und
nicht glauben, dass wir mit diesem Finanzmittelansatz
die Probleme der Welt lösen können.

Entwicklungspolitik braucht eine ganz neue Dimen-
sion. Ich meine damit nicht nur öffentliche Gelder, son-
dern – das sage ich noch einmal – Privatinvestitionen,
neue Rahmenbedingungen und fairen Handel.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823002700

Kollege Meiwald.


Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823002800

Auch Frau Kollegin Hänsel hat es gerade schon ge-

sagt: In dem Punkt, dass wir mehr Mittel brauchen, ha-
ben wir gar keinen Dissens. – Die Fragen – sie kann man
nur wiederholen – sind aber: Welche Initiativen sind denn
mit Blick auf verbindliche Standards von der Bundesre-
gierung ausgegangen? Welche können wir bis zum Ende
der Legislaturperiode erwarten? Welches abgestimmte
Verfahren gibt es vonseiten des Wirtschaftsministeriums
und des Entwicklungsministeriums in Richtung WTO?
Welche Initiativen sind gestartet worden, um diese Dinge
auf den Weg zu bringen?

Dass das Problem nicht auf freiwilliger Basis zu regeln
ist, ist hinreichend besprochen worden. Dass diese Pro-
bleme nicht alleine vom Markt gelöst werden, ist wohl
auch klar. Ich glaube, wir haben keinen Dissens, wenn
wir sagen: Wir brauchen Regeln, und zwar verbindliche
Regeln. Die Frage ist aber: Was tut diese Regierung? Das
wiederum führt zu der Frage nach der Kohärenz, die wir
eben schon gehört haben: Ist das nur die Position des Ent-
wicklungsministeriums, während alle anderen Ressorts
lieber Richtung CETA, TTIP, Freihandel gehen, oder ist
das die gemeinsame Position der Bundesregierung?

Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung:

Ich bin schon sehr stolz auf das, was wir die letzten
3,5 Jahre gemeinsam miteinander bewegt haben und was

Jürgen Klimke






(A) (C)



(B) (D)


sich bei den Kolleginnen und Kollegen in der Bundesre-
gierung an neuen Initiativen entwickelt hat. Wir haben
eine Dynamik ausgelöst und große Erfolge erzielt.

Als Beispiel nenne ich den Einsatz des Bundesfinanz-
ministers, der sich nach wie vor für die Umsetzung der
Finanztransaktionsteuer starkmacht; dieses Ziel werden
wir nicht aufgeben. Wir werden diesen Schritt in Europa
als einen ersten Schritt zur weltweiten Besteuerung von
Spekulationsgewinnen machen. Der Finanzminister hat
es durch seinen großen Einsatz im Rahmen der OECD
geschafft, dass es in den Bilanzen der großen Konzer-
ne in Zukunft zu mehr Transparenz, Öffentlichkeit und
Rechnungslegung kommen kann.

Ich nenne Ihnen dazu eine interessante Zahl. Allein
im Handel mit Afrika begehen multinationale Konzerne
Steuerbetrug in einer Größenordnung von über 100 Mil-
liarden Euro, indem sie vor Ort einfach keine Steuern
zahlen. Sie verschleiern ihre Gewinne und umgehen so
die Steuer. Das wird in Zukunft nicht mehr möglich sein.
Das ist ein ganz konkreter Ansatz, der vor allem im glo-
balen und fairen Handel enorm wichtig ist.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823002900

Letzte Frage: Kollegin Pfeiffer.


Sibylle Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1823003000

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, wir sind

uns grundsätzlich darüber einig, dass Afrika zweigeteilt
ist: die fragilen Länder, die sogenannten LDC, auf der
einen Seite und die etwas weiter entwickelten Länder auf
der anderen Seite. Wir wissen auch, dass wir es alleine
über die öffentliche Hilfe – Stichwort ODA – nicht schaf-
fen, die Entwicklung der Länder auf diesem Kontinent
voranzubringen, sondern dass wir dafür auch die privaten
Investitionen brauchen, vor allen Dingen von den her-
vorragenden deutschen mittelständischen Unternehmen.

Wir werden das aber nur erreichen, wenn wir im Be-
reich Good Governance, im Bereich der Rechtsstaatlich-
keit und der Rechtssicherheit, aber auch im Bereich der
Infrastruktur und der Dezentralisierung Erfolge aufwei-
sen können. Ist dies das Programm der Zukunft, auch
um die Basis dafür zu schaffen, diese Investitionen über-
haupt zu bekommen?

Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung:

Frau Kollegin, Sie haben das treffend ausgeführt. Ich
möchte mich auch für die große Unterstützung bedanken,
die ich im Parlament von der Union, aber auch von der
SPD, von den Grünen und darüber hinaus erfahre. Wir
müssen in der Gesellschaft das Signal setzen, dass es da-
bei nicht um einen parteipolitischen Ansatz geht. Es geht
um die Lösung globaler Fragen.

Wir in Deutschland sind – das möchte ich in dieser
Debatte noch ansprechen – auch hier wieder einmal weit
voraus. Wir liegen bei den ODA-Zahlungen, den Gel-
dern für die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit,

an zweiter Stelle hinter den Amerikanern. Das ist der
deutsche Beitrag.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir können das nicht erkennen!)


Aber ich sage Ihnen auch: Zehn Länder finanzieren
90 Prozent der gesamten Entwicklungsgelder weltweit.
Der Hauptanteil ist also leider auf zehn Länder fokus-
siert. Wo ist Russland? Wo ist China? Wo sind die arabi-
schen Länder?

Ähnliches gilt leider auch für die humanitäre Hilfe,
bei der viele, viele reiche Länder die betroffenen Men-
schen im Stich lassen. Wir lassen sie nicht im Stich. Wir
Deutschen und Europäer gehen voraus.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823003100

Gibt es Fragen zu anderen Themen der heutigen Kabi-

nettssitzung? – Das ist nicht der Fall. Dann schließen wir
jetzt diesen Teil der Regierungsbefragung ab.

Wir kommen zu sonstigen Fragen an die Bundesregie-
rung. – Kollege Beck.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823003200

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich möchte die Hin-

tergründe zu dem aktuellen Gabriel/Netanjahu-Eklat
erfragen. Dazu gibt es eine widersprüchliche Informati-
onslage in der deutschen und israelischen Presse. Meine
Freunde aus der Knesset sagen mir, es sei der Wunsch
der israelischen Seite gewesen, dass Herr Gabriel zusätz-
lich weitere Nichtregierungsorganisationen trifft, aber
nicht, dass er die avisierten Gespräche mit den linken
regierungskritischen NGOs absagt. Das, finde ich, hört
sich ein bisschen anders an. Ich bin der Auffassung, Ge-
sprächsverbote gehen gar nicht. Man muss mit jedem
reden können; das gilt für die gesamte Vielfalt der Zivil-
gesellschaft. Aber zusätzliche Gesprächsangebote abzu-
lehnen, wäre für mich auch eine schwierige Vorstellung.

Die Haaretz in Israel, die sicherlich nicht der Regie-
rungsnähe verdächtig ist, hat gemeldet, dass der Wunsch
nach einem Anruf von Herrn Netanjahu bei Herrn
Gabriel abschlägig beschieden wurde. Deshalb frage ich
Sie: Kann die Bundesregierung diese Darstellung aus der
Knesset und der israelischen Presse bestätigen, oder wie
war es wirklich?


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823003300

Ich vermute, dass das am besten vom Staatsminister

im Auswärtigen Amt beantwortet wird. Bitte schön.


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1823003400

Herr Präsident, ich gebe mein Bestes.


(Heiterkeit)


Die Bedeutung der deutsch-israelischen Beziehungen
ist auch dadurch noch einmal unterstrichen worden, dass
sich heute das Kabinett sehr intensiv mit der Reise von
Bundesaußenminister Gabriel nach Israel und in die pa-
lästinensischen Gebiete befasst hat. Wir sind als Bundes-
regierung dankbar für diese Reise, weil sie noch einmal

Bundesminister Dr. Gerd Müller






(A) (C)



(B) (D)


unser hohes Interesse an Frieden, Stabilität und Demo-
kratie in dieser Region unterstreicht.

Ich kann die Informationen, die Sie hier vorgetragen
haben, nicht bestätigen. Ich werde aber im Nachgang
mein Bestes zu geben versuchen, um diese Vorwürfe auf-
zuklären und diese Informationen so weit auf eine Fak-
tengrundlage zu stellen, dass noch klarer wird, dass es
Ziel der Bundesregierung bei jeder Reise ist, nicht nur
mit Verantwortlichen der Regierung und der Opposition
im Parlament, sondern immer auch mit Vertreterinnen
und Vertretern der Zivilgesellschaft in ein Gespräch zu
treten. Dabei schließen wir natürlich insbesondere die
kritischen Teile der Zivilgesellschaft mit ein.

Die Gespräche mit Vertretern, die in Rede stehen, sind
im Übrigen schon Teil des Programms des Bundespräsi-
denten gewesen. Auch er hat sich schon mit diesen Re-
präsentanten getroffen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823003500

Zusatzfrage, Kollege Gehrcke.


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823003600

Erst einmal herzlichen Dank für die Erklärung. – Kön-

nen Sie uns sagen, was die Bundesregierung tut, um die
betroffenen NGOs, die in Israel tätig sind, deren Vertreter
dort leben und die, wie ich finde, ein ganz wichtiger Be-
standteil der Gesellschaft sind, vor den jetzigen Angrif-
fen, die aus einem sehr aufgeheizten öffentlichen Klima
resultieren, in Schutz zu nehmen und deutlich zu machen,
dass gerade jetzt der Umgang mit den Nichtregierungs-
organisationen wie Breaking the Silence und Betselem
sehr wichtig ist und dass wir das sehr genau beobachten?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1823003700

Es zeichnet Israel aus, dass es eine kritische, bunte

und vielfältige Zivilgesellschaft hat.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ja, Gott sei Dank!)


Die Bundesregierung legt Wert darauf, nicht Gegenstand
von innenpolitischen Auseinandersetzungen zu werden.
Ich kann Ihnen aber versichern, dass insbesondere die
Begegnung mit einer Organisation vor allem auch dem
Ziel dient, mehr über ihre Arbeit zu erfahren, und dass
wir auch noch einmal unser großes Interesse an Frieden
in der Region und an einer engen deutsch-israelischen
Freundschaft zu untermauern versuchen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823003800
Es gibt eine weite-
re Frage des Kollegen Beck.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823003900

Gleiche Reise, aber anderes Territorium: Herr Gabriel

war ja auch in Ramallah und traf auf Herrn Abbas. Die
Bundesrepublik Deutschland hat zu Recht die Resolution
des UN-Sicherheitsrates vom Dezember 2016 begrüßt,
in der unter Ziffer 6 die Aufforderung an alle Mitglied-
staaten ergangen ist, alles zu tun, um Aufstachelung zum
Terrorismus zu unterbinden.

Vor diesem Hintergrund und aufgrund der Berich-
te in der britischen Presse über einen neuerlichen Fall,
dass ein Terrorist entsprechende Pensionszahlungen von
palästinensischer Seite bekommt, frage ich die Bundes-
regierung – leider nicht zum ersten Mal, aber diesmal
konkret bezogen auf den Besuch von Herrn Gabriel bei
Herrn Abbas –: In welcher Form hat der Bundesaußen-
minister der palästinensischen Seite klargemacht, dass es
angesichts unserer großen Unterstützungsleistungen für
die Palästinenser nicht sein kann, dass die PLO oder die
PA an Gefangene oder Hinterbliebene von Terroristen so-
genannte Märtyrer-Pensionen zahlt?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1823004000

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Beck, Sie haben

bereits auf Ihre vielfältigen Fragen an die Bundesregie-
rung hingewiesen. Der Standpunkt der Bundesregierung,
der klar und eindeutig ist, ist Ihnen somit auch hinläng-
lich bekannt.

Es ist üblicherweise so, dass wir über hoch- und
höchst rangige Gespräche, die wir mit Vertretern anderer
Regierungen führen, nicht berichten. Ich vermag deshalb
zu diesem Zeitpunkt nicht zu sagen, ob das von Ihnen
genannte Thema auch Gegenstand der Gespräche von
Außenminister Gabriel war. Ich kann Ihnen aber noch-
mals versichern, dass dieses Thema immer wieder auch
im Rahmen der Europäischen Union Gegenstand vielfäl-
tiger Gespräche und Begegnungen war.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823004100

Ich habe keinen Wunsch nach weiteren Fragen an die

Bundesregierung registriert. – Dann schließe ich die Re-
gierungsbefragung mit herzlichem Dank an alle Beteilig-
ten ab.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde

Drucksache 18/12020

Die mündlichen Fragen werden in der üblichen Rei-
henfolge der Ressorts aufgerufen.

Wir beginnen diesmal mit dem Geschäftsbereich
des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau
und Reaktorsicherheit. Für die Beantwortung der Fra-
gen steht die Parlamentarische Staatssekretärin Frau
Schwarzelühr-Sutter zur Verfügung.

Ich rufe die Frage 1 der Kollegin Kotting-Uhl auf:
Inwiefern und gegebenenfalls jeweils wann hat sich die

Bundeskanzlerin persönlich seit Anfang Juni 2014 gegenüber
dem französischen Staatspräsidenten und/oder Mitgliedern der
französischen Regierung für eine möglichst rasche Abschal-
tung der grenznahen französischen Atomkraftwerke Cattenom

(bitte möglichst ausführlich darlegen)


Ri
Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1823004200


Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegin, die
Bundeskanzlerin steht wie die gesamte Bundesregierung
mit der französischen Regierung zur ganzen Bandbrei-

Staatsminister Michael Roth






(A) (C)



(B) (D)


te grenzüberschreitender Fragen in regelmäßigem Aus-
tausch. Zu Inhalten vertraulicher Gespräche der Bundes-
kanzlerin und der Mitglieder des Bundeskabinetts mit
Vertretern ausländischer Regierungen äußert sich die
Bundesregierung grundsätzlich nicht.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823004300

Zusatzfrage.


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823004400

Ich weiß nicht, ob Ihnen bewusst ist, vor welchem

Hintergrund ich diese Frage gestellt habe. Frau Klöckner
hat sich in Rheinland-Pfalz im Jahr 2014 damit gebrüs-
tet – das hat sie überall erzählt; darüber hat sie sich sehr
breit ausgelassen –, Frau Merkel habe ihr zugesagt, sich
bei Präsident Hollande für die Cattenom-Abschaltung
einzusetzen. Weil das gegenüber der Bevölkerung so ver-
kündet wurde, kann ich nicht ganz nachvollziehen, wie-
so man dann aus der Beantwortung der Frage, ob jetzt
ein solches Gespräch tatsächlich stattgefunden hat oder
nicht, ein Geheimnis machen will.

Es ist ja auch bezeichnend, dass Sie antworten müssen
und das Bundeskanzleramt sich dazu selber nicht äußert.
Ich gehe einmal davon aus, dass diese Frage im Kanz-
leramt keine allzu große Relevanz genießt. Aber viel-
leicht teilen Sie mir Ihre Einschätzung mit, ob sich die
Bundeskanzlerin möglicherweise nach der Stichwahl in
Frankreich am 7. Mai 2017 mit der neuen Staatsspitze
ins Benehmen setzen will. Ich bitte Sie also um Ihre Ein-
schätzung. Dass Sie nicht sagen können, was Frau Bun-
deskanzlerin tut, weiß ich.

Ri
Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1823004500


Das ist schon einmal richtig erkannt. Aber das ändert
nichts an der Tatsache, dass über Inhalte vertraulicher
Gespräche nicht berichtet wird.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823004600

Gibt es eine weitere Zusatzfrage zu Frage 1?


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823004700

Das macht keinen Sinn. Ich kann nur noch einmal

mein Befremden darüber äußern, dass es zuerst öffentlich
angekündigt wird, dass dann aber ein Geheimnis daraus
gemacht wird, ob es tatsächlich stattgefunden hat.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823004800

Dann rufe ich die Frage 2 der Abgeordneten Sylvia

Kotting-Uhl auf:

Welche Veränderungen, insbesondere Absenkungen, der
Grenzwerte der zulässigen Jahreshöchstdosis für beruflich
strahlenexponierte Personen von derzeit 20 Millisievert gab

(bitte unter Angabe des jeweiligen Datums)


Ri
Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1823004900


Sehr geehrte Frau Kollegin Kotting-Uhl, das Konzept
eines auf das Kalenderjahr bezogenen Grenzwertes der
effektiven Dosis für beruflich strahlenexponierte Per-
sonen wird im deutschen Strahlenschutzrecht seit 1989
verwendet. Der Grenzwert für Personen der Kategorie A,
auf die die Frage Bezug nimmt, betrug zunächst 50 Mil-
lisievert effektive Dosis im Kalenderjahr. Dieser Grenz-
wert wurde im Jahr 2001 auf 20 Millisievert im Kalen-
derjahr abgesenkt. Das deutsche Strahlenschutzrecht
folgte damit der Vorgabe der europäischen Richtlinie, die
die grundlegenden Sicherheitsnormen für den Schutz der
Gesundheit der Arbeitskräfte und der Bevölkerung gegen
die Gefahren durch ionisierende Strahlung enthält.

Die fachliche Grundlage zur Festlegung von Grenz-
werten ist der jeweilige wissenschaftliche Erkenntnis-
stand zu den gesundheitlichen Risiken ionisierender
Strahlung. Dieser bildet sich international vor allem in
den Empfehlungen der Internationalen Strahlenschutz-
kommission, ICRP, und den Bewertungen des Wissen-
schaftlichen Ausschusses der Vereinten Nationen zur Un-
tersuchung der Auswirkungen der atomaren Strahlung,
UNSCEAR, ab.

In der ICRP-Empfehlung 60 wurden aufgrund neuer
epidemiologischer Auswertungen neue Risikowerte vor-
geschlagen. Dies bildete die Grundlage für die Absen-
kung des Grenzwertes der effektiven Dosis für beruflich
strahlenexponierte Personen auf 20 Millisievert für ein
Jahr in der Richtlinie 96/29 Euratom. Die Umsetzung in
deutsches Recht erfolgte dann mit der Novellierung der
Strahlenschutzverordnung im Jahr 2001. Eine weitere
Absenkung ist nach dem aktuellen Kenntnisstand nicht
geboten.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823005000

Zusatzfrage.


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823005100

Sie haben sich jetzt auf die Internationale Strahlen-

schutzkommission bezogen. Wir haben aber auch eine
eigene Strahlenschutzkommission und auch ein Bun-
desamt für Strahlenschutz. Wir sind also sehr gut aus-
gerüstet mit Institutionen, die sich eine eigene Expertise
erarbeiten, um die Bundesregierung beim Strahlenschutz
zu beraten.

Wie Sie wissen, empfehlen sowohl das Bundesamt für
Strahlenschutz als auch die Strahlenschutzkommission,
den sogenannten DDREF, über den wir heute schon im
Umweltausschuss kurz geredet haben, abzusenken oder
sogar ganz abzuschaffen, was zu einer Halbierung der
Grenzwerte führen würde. Warum beziehen Sie sich im
Strahlenschutzgesetz auf die Empfehlungen der Interna-
tionalen Strahlenschutzkommission und ignorieren die
anderslautenden Empfehlungen unserer eigenen Kom-
mission und unserer bundeseigenen Behörde?

Parl. Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter






(A) (C)



(B) (D)


Ri
Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1823005200


Sehr geehrte Frau Kollegin Kotting-Uhl, ich habe ge-
rade über die Grenzwerte für strahlenexponierte Perso-
nen gesprochen. Der von Ihnen angesprochene DDREF
bezieht sich auf die Wirkung kleiner Dosen ionisierender
Strahlung. Die Diskussion über den DDREF spiegelt die
Unsicherheit der wissenschaftlichen Erkenntnis im Hin-
blick auf das Krebsrisiko bei kleinen Dosen wider.

Im Kern fasst der DDREF mehrere Einflussgrößen
zusammen, die die Wirkung ionisierender Strahlung be-
stimmen. Er wird als strahlenschutzpraktikable Größe
zur Abschätzung des Strahlenrisikos verwendet. Der der-
zeit von der ICRP verwendete Wert von 2 unterstellt, dass
Risikowerte, die im Wesentlichen aus epidemiologischen
Studien über die Überlebenden der Atombombenabwürfe
von Hiroshima und Nagasaki ermittelt wurden, für die
Strahlenschutzanwendung im Bereich niedriger Dosen
und kleiner Dosisleistungen reduziert werden. Es ist
wichtig, darauf hinzuweisen, dass es einen Unterschied
zwischen den Werten für strahlenexponierte Personen
und den Werten für die Strahlung kleiner Dosen gibt.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823005300

Eine weitere Zusatzfrage.


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823005400

Es geht bei der Strahlung kleiner Dosen natürlich auch

um die Exponierung von Menschen, die in den entspre-
chenden Bereichen arbeiten. Es gibt einen Widerspruch
zwischen den Empfehlungen unserer Behörde und unse-
rer Strahlenkommission einerseits und den Empfehlun-
gen der Internationalen Strahlenschutzkommission an-
dererseits. Unsere Institutionen sind der Meinung: Man
kann sich nicht nur auf einen Fall und die Ergebnisse be-
treffend Hiroshima beziehen, um Grenzwerte zu berech-
nen; denn dann bezieht man sich nur auf eine hohe Dosis
in einem kurzen Zeitraum.

Forschungen bei uns ergeben: Die Langzeitniedrig-
strahlung ist nicht zu unterschätzen. Deren Wirkung wird
in der Empfehlung der Internationalen Strahlenschutz-
kommission aber völlig ignoriert. Weil ich es wirklich
nicht verstehe, noch einmal meine Frage: Unsere eige-
nen hochqualifizierten Leute im Bundesamt für Strahlen-
schutz und in der Strahlenschutzkommission empfehlen
Ihnen, die Langzeitwirkung ständiger niedriger Dosen
zu beachten und gerade bei beruflich Exponierten diesen
Grenzwert von 20 Millisievert im Jahr auf 10 Millisie-
vert abzusenken. Warum tun Sie das nicht?

Ri
Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1823005500


Frau Kotting-Uhl, wie auch Sie wissen, ist da tatsäch-
lich eine Diskussion im Gange. Die wissenschaftliche
Basis zur Rechtfertigung des DDREF und nicht nur des-
sen Höhe wird zunehmend kontrovers diskutiert, und die
Diskussion ist auch noch nicht abgeschlossen.

Wenn die internationale Diskussion Ergebnisse her-
vorbringt, die in die Strahlenschutzgrundnorm aufge-
nommen werden, wird die Bundesregierung entscheiden,
ob eine geänderte Abschätzung des Risikos eine Anpas-
sung der bestehenden Grenzwerte erfordert.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823005600

Ich rufe die Frage 3 des Kollegen Zdebel auf:

Wann ist es jeweils bei den von der Bundesregierung einge-
räumten sechs Renegade-Vorfällen auch vor dem letzten Vor-

(siehe Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke, Bundestagsdrucksache 18/11957)

ken in Deutschland gekommen (bitte jeweils mit Datumsan-
gabe auflisten), und trifft es zu, dass die Teilevakuierung der
Beschäftigten in den Atomkraftwerken jeweils erfolgte, um
die Zahl möglicher Innentäter in so einem Fall zu reduzieren?

Ri
Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1823005700


Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Kollege
Zdebel, der Bundesregierung liegen keine umfassenden
Erkenntnisse zur Teilräumung eines Atomkraftwerkes
bei einem Renegade-Voralarm vor. Alle vorsorgenden
Maßnahmen in den Atomkraftwerken nach einem Rene-
gade-Voralarm dienen der Schadensminderung bei einem
möglichen gezielten Flugzeugabsturz und werden nur in
der Verantwortung der Anlagen getroffen. Die möglichen
Maßnahmen sind in den jeweiligen Betriebsvorschriften
mit Zustimmung der zuständigen atomrechtlichen Be-
hörde des Landes festgelegt. Die tatsächlich getroffenen
Maßnahmen sind dann von Standort zu Standort und von
Fall zu Fall unterschiedlich.

Durch eine vorsorgliche Teilräumung wird das Anla-
genpersonal, das zum weiteren Betrieb und zur Sicherung
des Atomkraftwerkes nicht unbedingt benötigt wird, aus
der möglichen unmittelbaren Gefahrenzone geordnet he-
rausgeführt.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823005800

Zusatzfragen?


Hubertus Zdebel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823005900

Danke, Herr Präsident. – Nun weiß nicht jeder, was

ein sogenannter Renegade-Fall ist. Deswegen will ich
das einmal kurz deutlich machen. In einem Beitrag des
Deutschlandfunks wurde relativ griffig formuliert – ich
zitiere –:

Der sogenannte Renegade-Alarm wird ausgelöst,
wenn der Verdacht besteht, dass ein ziviles Luft-
fahrzeug aus terroristischen oder anderen Motiven
als Waffe verwendet und zum gezielten Absturz ge-
bracht werden soll.

Einen solchen Renegade-Fall hatten wir jetzt im März.
Wir hatten dazu schon ausführlich Fragen gestellt.

Ich will trotzdem noch einmal ganz konkret nachfra-
gen. Sollte sich im Verlauf eines sogenannten Renegade-
Alarms herausstellen, dass es sich um einen Ernstfall
handelt und dass eine große Passagiermaschine auf ein






(A) (C)



(B) (D)


AKW zufliegt: Glaubt die Bundesregierung, dass die
noch in Betrieb befindlichen AKWs den gezielten Ein-
schlag ohne katastrophalen Schaden überstehen würden?

Ri
Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1823006000


Sehr geehrter Herr Kollege Zdebel, Sie haben schon
darauf hingewiesen: Wir hatten das schon einmal in einer
Fragestunde. Sie haben auch eine Kleine Anfrage dazu
gestellt. Jetzt zielen Sie nicht auf die Renegade-Abläu-
fe hin, sondern Sie fragen im Prinzip, ob die deutschen
AKWs vor einem Flugzeugabsturz sicher sind. Auch
dazu gibt es eine Vielzahl von Anfragen mit ausführli-
chen Antworten. Darauf möchte ich gerne verweisen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823006100

Weitere Zusatzfrage?


Hubertus Zdebel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823006200

Die Antwort reicht mir nicht. Ich weiß, dass das ein

bisschen spekulativ ist, aber wenn der Ernstfall eintritt,
dann ist es halt so. Vor diesem Hintergrund stellt sich
dann natürlich die Frage der Sicherheit der AKWs und
die Frage nach dem Überleben der Menschen, die dort
arbeiten oder die in näherer Umgebung eines solchen
AKWs wohnen und leben.

Ich will trotzdem noch einmal bezüglich der Renegade-
Vorfälle nachfragen, die es in den letzten Jahren gegeben
hat – unsere Kleine Anfrage und Ihre Antwort haben
ergeben: es waren sechs –: Bei welchem dieser Vorfäl-
le wurden ähnliche Maßnahmen wie jetzt am 10. März
ergriffen? Ich habe verstanden, dass es von Fall zu Fall
unterschiedlich ist. Aber vielleicht hat es bei den sechs
Renegade-Fällen, die in den vergangenen Jahren stattge-
funden haben, Ähnlichkeiten gegeben.

Ri
Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1823006300


Es ist, wie Sie sagen, von Fall zu Fall, von Atom-
kraftwerk zu Atomkraftwerk, verschieden. Sie müssen
auch unterscheiden zwischen einem Voralarm und einem
Hauptalarm. Bisher gab es nur Voralarme und noch nie
einen Hauptalarm.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1823006400

Frau Kotting-Uhl.


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823006500

Frau Staatssekretärin, als jemand, der im engeren Um-

feld des Atomkraftwerks Beznau lebt, wissen Sie ver-
mutlich, dass beide Reaktoren, 1 und 2, überhaupt nicht
gegen Flugzeugabstürze gesichert sind. Ich nehme an,
dass Sie auch wissen, dass auch die französischen Atom-
kraftwerke Cattenom und Fessenheim nur gegen den Ab-
sturz eines kleinen Zivilflugzeuges gesichert sind. Ist die
Bundesregierung vor dem Hintergrund der Renegade-
Vorfälle mit den jeweiligen Regierungen im Gespräch
darüber?

Ri
Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1823006600


Wir sind mit den jeweiligen Regierungen, was die
Fragen der Sicherheit anbelangt, immer im Gespräch,
insbesondere mit den Regierungen, mit denen wir ein
Abkommen geschlossen haben. Es gibt acht Abkommen
mit angrenzenden Staaten.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823006700

Gibt es noch den Wunsch nach einer Zusatzfrage? –

Das ist nicht der Fall.

Ich rufe die nächste Frage auf, die Frage 4 des Abge-
ordneten Zdebel:

Wie viele Brennelemente sollen nach Kenntnis der Bundes-
regierung im Rahmen der bestehenden Verträge zwischen dem
Betreiber des Atomkraftwerkes Tihange 2 und der Uranfabrik
Advanced Nuclear Fuels GmbH in Lingen insgesamt für den
Betrieb von Tihange 2 von Areva Lingen geliefert werden, und
wie viele dieser Brennelemente sind zum jetzigen Zeitpunkt
bereits ausgeliefert worden?

Ri
Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1823006800


Lieber Herr Zdebel, über die Vertragsverhältnisse zwi-
schen dem Brennelementehersteller Advanced Nuclear
Fuels GmbH in Lingen und den Betreibern von Atom-
kraftwerken liegen der Bundesregierung keine Kenntnis-
se vor. Nach Angaben des Bundesamtes für Wirtschaft
und Ausfuhrkontrolle, BAFA, wurde im Jahr 2016 die
Ausfuhr von 68 Brennelementen für die Anlage Ti-
hange 2 genehmigt und 68 Brennelemente ausgeführt.

Weitere Genehmigungen für Brennelementelieferun-
gen für Tihange 2 liegen bislang nicht vor.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823006900

Zusatzfrage?


Hubertus Zdebel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823007000

Frau Präsidentin, herzlichen Dank. – Frau

Schwarzelühr-Sutter, die Frage der Brennelementeliefe-
rung aus Lingen, aber auch aus der Urananreicherungs-
anlage in Gronau beschäftigt sehr viele Menschen, insbe-
sondere in Nordrhein-Westfalen, in dem Bundesland, aus
dem auch ich komme. Die Frage, die sich da stellt, ist,
ob das Ganze nicht etwas schizophren ist: Auf der einen
Seite sagt Bundesumweltministerin Hendricks, diese An-
lage sollte aus guten Gründen – die ich teile – geschlos-
sen werden. Auf der anderen Seite ist es so, dass weiter-
hin entsprechende Brennelemente aus Deutschland zum
Weiterbetrieb dieser maroden Atomkraftwerke geliefert
werden – mit Ausfuhrgenehmigungen, die die Bundes-
regierung beeinflussen kann. Deswegen frage ich jetzt
noch einmal nach: Werden nach Auffassung der Bundes-
regierung die von Lingen nach Tihange 2 und Doel 3 ex-
portierten Brennelemente in einer Weise verwendet, die
die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland
gefährdet?

Hubertus Zdebel






(A) (C)



(B) (D)


Ri
Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1823007100


Sie wissen, dass wir von Herrn Professor Ewer ein
Rechtsgutachten eingeholt haben und diese Rechtsfragen
geklärt haben. Unsere Rechtspositionen wurden bestä-
tigt. Das BMUB hat jetzt bezüglich der Stilllegung der
Brennelementefabriken ein Rechtsgutachten in Auftrag
gegeben.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823007200

Herr Zdebel, Sie haben das Wort zu einer weiteren Zu-

satzfrage.


Hubertus Zdebel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823007300

Das ist jetzt keine sehr klare Antwort. Auch Sie wis-

sen, dass es unterschiedliche Rechtsauffassungen zu
dieser ganzen Frage gibt. Im April dieses Jahres hat
es eine sehr interessante Debatte im Landtag Nord-
rhein-Westfalen gegeben, wo sämtliche Fraktionen, also
auch die SPD-Fraktion, die CDU-Fraktion und sogar die
FDP-Fraktion, der Auffassung waren, die Bundesregie-
rung schöpfe nicht sämtliche Rechtsmittel aus, um diese
Ausfuhren zu stoppen. Ich teile diese Rechtsauffassung
ausdrücklich. Da stellt sich dann für mich ganz konkret
die Frage, auch mit Blick auf die Tatsache, dass heute
Morgen eine Diskussion über einen Antrag unserer Frak-
tion im Umweltausschuss mit Geschäftsordnungsmehr-
heit abgelehnt worden ist: Wird die Bundesregierung
einen Stopp des Exports von Uran und Brennelementen
aus Lingen und Gronau anordnen? Die Möglichkeit dazu
bestünde ja, dass Sie das von Ihnen gerade selbst erwähn-
te BAFA anweisen, diese Brennelementelieferungen ab
sofort zu untersagen. Wäre die Bundesregierung dazu
bereit?

Ri
Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1823007400


Herr Zdebel, ich wiederhole: Das Bundesumweltmi-
nisterium hat das Rechtsgutachten in Auftrag gegeben,
um zu klären, wie es bezüglich der Transporte aussieht.
Die in diesem Gutachten vertretene Rechtsposition teilen
wir. Es gibt andere Rechtspositionen. Wir haben ein wei-
teres Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, um die Mög-
lichkeiten der Stilllegung der Urananreicherungsanlage
Gronau und der Brennelementefabrik Lingen zu prüfen.

Sie haben heute Morgen als Begründung für die Ver-
schiebung der Behandlung des Tagesordnungspunktes
gehört, dass wir noch weitere Informationen hierzu brau-
chen.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823007500

Frau Kotting-Uhl.


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823007600

Frau Staatssekretärin, genau an diesen Punkt, dass

heute Morgen die Behandlung des Antrags zum Stopp
von Exporten aus Lingen nach Tihange mit der Begrün-
dung abgelehnt wurde, Sie bräuchten noch weitere Infor-

mationen, Sie müssten sich noch kundig machen, will ich
anknüpfen. Können Sie sich erinnern und mir bestätigen,
dass meine Fraktion bereits im September 2016 einen
gleichlautenden Antrag eingebracht hat? Wie ist vor die-
sem Hintergrund erklärbar, dass Sie seit September letz-
ten Jahres bis heute Anträge im Parlament offensichtlich
so sehr ignorieren und missachten, dass Sie nicht in der
Lage waren, sich eine Meinung zu bilden, und die heu-
tige Behandlung eines fast gleichlautenden Antrags im
Umweltausschuss mit der Begründung ablehnen muss-
ten, Sie hätten noch keine Haltung dazu?

Ri
Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1823007700


Ich widerspreche dem vehement. Außerdem haben die
Koalitionsfraktionen darüber abgestimmt und nicht die
Bundesregierung.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] Sie sind Teil der Fraktionen!)


Ich will wiederholen: Wir haben sehr wohl etwas ge-
tan. Wir haben in unserem Haus die rechtlichen Mög-
lichkeiten geprüft. Wir haben auch ein Rechtsgutachten
in Auftrag gegeben – ich kann darauf noch einmal ver-
weisen –, und dieses Rechtsgutachten hat im Dezember
die bisherige Rechtsauffassung unseres Ministeriums
bestätigt. Es gibt keine belastbare rechtliche Grundla-
ge, die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen von der
Sicherheit eines genehmigten Atomkraftwerksbetriebs
in einem Nachbarstaat abhängig zu machen. Vor diesem
Hintergrund, glaube ich, erübrigt sich der Vorwurf, dass
wir untätig gewesen seien; er ist nicht haltbar.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann hätten Sie es aber heute im Ausschuss behandeln können!)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823007800

Frau Haßelmann.


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823007900

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretä-

rin, aber genau deshalb versteht man Ihr Handeln doch
gar nicht. Ihre Ministerin fährt nach Aachen und in die
Region, hält da wackere Reden, kämpferisch, dass man
dahin nicht mehr liefern darf, dass Tihange und Doel total
gefährlich sind, dass es Risikoreaktoren sind, dass man
alles tun muss, um Brennelementelieferungen dahin zu
verhindern. Das Gleiche gilt übrigens für Herrn Laschet,
den CDU-Spitzenkandidaten in Nordrhein-Westfalen:
große Reden in der Region. Gleichzeitig vertagen Sie
hier mit dem Pseudoargument, Sie hätten noch Bera-
tungsbedarf, die Beratung von Linkenanträgen und Grü-
nenanträgen des Inhalts, sich als Parlament für einen Ex-
portstopp auszusprechen. Wenn Sie hier befragt werden,
sagen Sie: Wir haben noch Klärungsbedarf. – Ihre Hal-
tung vor Ort im Rheinland und Ihre Genehmigungspraxis
zu den Brennelementelieferungen, das passt doch vorn
und hinten nicht zusammen. Wie wollen Sie das jeman-
dem von außen erklären?






(A) (C)



(B) (D)


Ri
Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1823008000


Sehr geehrte Frau Kollegin Haßelmann, heute Mor-
gen hat der Ausschuss darüber abgestimmt. Die Linken
haben einen Antrag gestellt. Er steht überhaupt nicht im
Zusammenhang mit der Wahl in Nordrhein-Westfalen.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihre Ablehnung auch nicht!)


Die Ministerin wird sich in ihrer Rede am Freitag dazu
ausführlich erklären.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war keine Antwort auf meine Frage!)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823008100

Es liegen mir keine weiteren Meldungen für Zusatz-

fragen vor.

Damit gehe ich zum Geschäftsbereich der Bundes-
kanzlerin und des Bundeskanzleramtes über. Die Fra-
gen 5 und 6 der Kollegin Tabea Rößner werden schrift-
lich beantwortet.

Damit gehe ich zum Geschäftsbereich des Auswärti-
gen Amts über. Die Beantwortung der Fragen übernimmt
der Staatsminister Herr Roth.

Ich rufe die Frage 7 des Abgeordneten Ströbele auf:
Wie bewertet die Bundesregierung den Bericht der Men-

schenrechtsorganisation Human Rights Watch, wonach auf-
grund von „fundamentalen Fehlern“ bei Bombenangriffen der
US-Streitkräfte auf die syrische Ortschaft al-Dschinnah Mitte
März 2017 circa 40 Menschen getötet wurden, unter denen sich
keine Anhänger von terroristischen Gruppen befunden hätten,
sondern zahlreiche Kinder während des Religionsunterrichts
in einer Moschee (Spiegel Online vom 18. April 2017), und
wie will die Bundesregierung noch die Fortsetzung der Auf-
klärungsflüge der Bundeswehr über Syrien im Rahmen des
US-geführten Militärbündnisses rechtfertigen, nachdem ein-
geräumt worden ist, dass aus der Luftaufklärung der Tornados
wenige Tage vor dem Angriff Luftaufnahmen ebendieses Or-
tes und Bilder unter anderem auch der danach total zerstör-
ten Moschee an das Oberkommando des Bündnisses geliefert
worden waren?

Herr Staatsminister.


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1823008200

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Lieber Kollege

Ströbele, Sie beziehen sich in Ihrer Frage auf die mögli-
chen zivilen Opfer des Luftangriffs vom 16. März dieses
Jahres auf al-Dschinnah in Syrien. Der Bundesregierung
liegen dazu keine eigenen Erkenntnisse vor. Sie wissen
selbst, dass die Bundeswehr nicht über eigene Kräfte am
Boden verfügt. Deswegen ist es uns auch nicht möglich,
entsprechende Angaben Dritter zu belegen. Daher kann
die Bundesregierung auch keine Bewertung vornehmen,
inwiefern die Angaben von Human Rights Watch in dem
Bericht, auf den Sie rekurrieren, zutreffend sind.

Darüber hinaus ist mir noch wichtig, darauf hinzuwei-
sen, dass die deutschen Tornado-Aufklärungsflugzeuge
in dem zeitlichen Zusammenhang mit dem Luftangriff
am 16. März dieses Jahres in der Region des Dorfes

al-Dschinnah keine Aufklärungsflüge durchgeführt ha-
ben.

Das humanitäre Völkerrecht verbietet gezielte Angrif-
fe auf Zivilisten ebenso wie Angriffe auf militärische Zie-
le, bei denen damit zu rechnen ist, dass sie unverhältnis-
mäßige Verluste unter Zivilisten oder Schäden an zivilen
Objekten verursachen. Und alle Staaten sind verpflichtet,
alle angemessenen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um
Verluste unter der Zivilbevölkerung und die Beschä-
digung ziviler Objekte zu vermeiden. Dafür setzen na-
türlich auch wir uns als Mitglied der Anti-IS-Koalition
im Rahmen der uns zur Verfügung stehenden Mittel ein.
Zivile Opfer müssen vermieden werden! Das ist unsere
Priorität.

Für Einsätze im Rahmen der Operation Inherent Re-
solve, OIR, gilt, dass grundsätzlich alle Vorfälle, bei de-
nen Zivilistinnen und Zivilisten mutmaßlich zu Schaden
gekommen sind, durch das für OIR zuständige Haupt-
quartier – Combined Joint Task Force – untersucht und
die Ergebnisse monatlich auf der Webseite der Operation
Inherent Resolve veröffentlicht werden.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823008300

Zusatzfrage?


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ja, danke, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär,
das reicht mir nicht. Die drei Tornados der Bundeswehr
sind ja über Syrien und Irak nicht unterwegs, um schöne
Landschaften zu fotografieren oder Fotos von schönen
Gebäuden zu machen, sondern sie sind dort im Rahmen
eines großen militärischen Einsatzes tätig. Da muss doch
die Bundeswehr bei sich feststellen können bzw. genau
wissen, für was dann diese Fotos benutzt werden. Die
Bundesregierung darf doch nicht einfach nur sagen: Wir
wissen nicht, ob da nun bombardiert worden ist.

Deshalb ganz konkret meine Frage: Hat die Bundes-
wehr dieses Gebäude fotografiert und diese Fotos an
das zentrale Luftwaffenkommando der USA bzw. dieser
Operation da weitergegeben?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1823008400

Frau Präsidentin! Herr Kollege Ströbele, ich habe be-

reits darauf hingewiesen, dass es in dem genannten Zeit-
raum dort keine Aufklärungsflüge der Tornados gegeben
hat. Ich kann Ihnen auch noch einmal versichern, dass
sich unser Handeln im Rahmen der internationalen Koa-
lition gegen den IS natürlich auf Grundlage des Bundes-
tagsmandats bewegt. Das ist der Auftrag, den der Bun-
destag der Bundesregierung erteilt hat.

Ich würde aber gerne in diesem Zusammenhang noch
einmal deutlich machen, dass unsere Arbeit, die wir unter
schwierigsten Bedingungen zu leisten haben, natürlich
vor allem dem Ziel dient, zivile Opfer zu vermeiden. Das
Hauptziel der Aufklärungsflüge der Tornados ist ja, das
sogenannte Gesamtlagebild zu verdichten. Damit tragen
wir auch dazu bei, zivile Infrastruktur und Personen von
militärischen Objekten zu unterscheiden. So sollen gera-






(A) (C)



(B) (D)


de zivile Opfer vermieden werden. Das ist natürlich an-
gesichts der zynischen Taktik des IS, immer wieder auch
Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu benutzen,
ausgesprochen schwierig und mit großen Anstrengungen
verbunden. Aber insofern ist unser Einsatz, den wir dort
leisten, auch im Interesse der Zivilistinnen und Zivilis-
ten, die leider unter tragischen Umständen dieser Ausei-
nandersetzung zum Opfer fallen.

Darüber hinaus ein letzter Punkt, weil Sie das im-
mer wieder nachfragen: Es ist sichergestellt, dass die
entsprechenden Aufklärungsprodukte ausschließlich für
den Kampf gegen den IS im Rahmen des Bundestags-
mandates genutzt werden. Dazu hat die Bundesregierung
eine Fülle von Antworten gegeben. Ich will deshalb in
aller Kürze nur noch einmal auf die Bundestagsdruck-
sache 18/11697 verweisen. Das ist die Antwort der Bun-
desregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die
Linke.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823008500

Herr Ströbele, wünschen Sie eine weitere Nachfrage?


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ja. – Auch das, Herr Staatssekretär, stellt mich nicht
zufrieden. Bei dem Gebäude, das bombardiert worden ist,
handelte es sich ja ganz offensichtlich um eine Moschee,
in der Kinder Unterricht hatten. Da war kein einziger
Dschihadist, weder vom IS noch von sonst jemandem,
in dieser Schule. Wenn diese Schule dann bombardiert
wurde, können Sie nicht sagen: Es werden keine zivilen
Objekte bombardiert. – Und dann passt auch Ihr Hinweis
nicht, dass diese bösen IS-Terroristen ja die dort leben-
den Menschen als Schutzschilde benutzen. Es kamen
plötzlich Flugzeuge – wahrscheinlich sogar aufgrund
von Fotoaufnahmen der Tornados – und bombardierten
genau dieses Gebäude, legten es in Schutt und Asche,
und über 40 Personen, überwiegend Kinder, waren tot.
Wenn dort Kinder zur Schule gegangen sind, hatte das
mit „Schutzschild“ überhaupt nichts zu tun.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823008600

Bitte, Herr Staatsminister.


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1823008700

Frau Präsidentin, ich vermag aus der Stellungnahme

des Abgeordneten Ströbele jetzt nicht so richtig eine
Frage herauszuhören, will aber noch einmal deutlich
machen, dass die Aufklärungsprodukte, die wir im Rah-
men des Bundestagsmandates zur Verfügung stellen, aus-
schließlich denjenigen Nationen zur Verfügung gestellt
werden, die an der Luftoperation der Operation Inherent
Resolve beteiligt sind. Alle Staaten, die als Teil der Ope-
ration Inherent Resolve der internationalen Anti-IS-Ko-
alition am Informationsraum teilhaben, in den die deut-
schen Aufklärungsprodukte eingestellt werden, können
natürlich auf diese Informationen auch zugreifen.

Ich finde aber den Zusammenhang, den Sie dort her-
stellen, in höchstem Maße unangemessen; denn das, was
Sie unterstellen, läuft genau dem Ziel zuwider, auf das

wir uns hier im Deutschen Bundestag mehrheitlich ver-
ständigt haben, nämlich den IS zu bekämpfen und nicht
Zivilistinnen und Zivilisten. – Im Übrigen tun wir das in
vollem Einklang mit dem Völkerrecht.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823008800

Ich rufe die Frage 8 des Abgeordneten Ströbele auf:

Aus welchen tatsächlichen und welchen jeweils angege-
benen Gründen ist bisher nach Kenntnis der Bundesregierung
eine Resolution im UN-Sicherheitsrat mit dem Inhalt geschei-
tert, den Giftgasangriff auf die Ortschaft Chan Schaichun in
Syrien im April 2017, dessen Urheber und die Verantwort-
lichen durch eine unabhängige Untersuchungskommission
überprüfen zu lassen, wo doch alle fünf ständigen Mitglieder
des UN-Gremiums und auch die Regierung Syriens öffentlich
versichert haben, sie wünschen und fordern eine unabhängige
Untersuchung, und welche Bemühungen hat die Bundesre-
gierung unternommen – vielleicht auch gemeinsam mit ihren
EU-Partnern – und wird sie unternehmen, eine solche unab-
hängige Untersuchung auf Grundlage einer UN-Resolution zu
ermöglichen, um eine weitere Eskalation in Syrien nach der
Bombardierung mit US-Raketen in der Nähe von Damaskus
zu verhindern?

Herr Staatsminister.


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1823008900

Frau Präsidentin, vielen Dank. – Herr Kollege

Ströbele, es geht wieder um Syrien, diesmal um den bar-
barischen Einsatz von Giftgas, dem viele Menschen zum
Opfer gefallen sind. Die von den USA, dem Vereinigten
Königreich und Frankreich am 4. April 2017 in den Si-
cherheitsrat der Vereinten Nationen eingebrachte Resolu-
tion zu diesen barbarischen Angriffen in Chan Schaichun
scheiterte an einem Veto Russlands.

Der Resolutionsentwurf, der Ihnen, Herr Kollege
Ströbele, bekannt sein dürfte, verurteilte die Angriffe und
forderte eine umgehende Aufklärung des Geschehens
durch die beiden bestehenden unabhängigen Untersu-
chungsmechanismen des Sicherheitsrates und der Orga-
nisation für das Verbot chemischer Waffen, OVCW, die
genau am heutigen Tag ihren 20. Geburtstag feiert. Es
ist bedauerlich, dass wir diese Organisation immer noch
brauchen, weil leider – trotz aller Bemühungen, Giftgas-
einsätze zu ächten – immer wieder Giftgas eingesetzt
wird.

Die Resolution enthielt auch die Forderung an das
syrische Regime, Flugpläne und Informationen zu
Luftoperationen zur Verfügung zu stellen und Zugang zu
den Luftwaffenbasen zu gewähren. Genau diese Offenle-
gungspflicht, die in dem Resolutionsentwurf angemahnt
wurde, ist von Russland mit der Begründung abgelehnt
worden, dies käme einer Vorverurteilung des syrischen
Regimes gleich. Alternativ dazu wurde von Russland
gefordert, eine gesonderte Kommission mit Zugang zu
Chan Schaichun einzusetzen.

Die Bundesregierung hat aber – und dieses Interes-
se teilen wir mit den allermeisten Partnern in der inter-
nationalen Gemeinschaft – ein großes Interesse an der
Stärkung der schon bestehenden unabhängigen Untersu-
chungsmechanismen und der Organisation für das Verbot
von Chemiewaffen als Hüterin des Chemiewaffenüber-
einkommens.

Staatsminister Michael Roth






(A) (C)



(B) (D)


Wir setzen uns gemeinsam mit unseren Partnern dafür
ein, dass diese bereits existierenden Untersuchungsme-
chanismen gestärkt werden, dass sie ihr Mandat weiter
ausüben können und dass die bereits begonnene Untersu-
chung der Vorfälle fortgesetzt werden kann.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823009000

Herr Ströbele, wünschen Sie eine Zusatzfrage?


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ja, danke. – Herr Staatssekretär, alle fünf Mächte im
Sicherheitsrat fordern eine unabhängige Untersuchung.
Auch Assad fordert eine unabhängige Untersuchung. Es
ist doch schlechterdings nicht nachvollziehbar und völlig
unverständlich – fragen Sie einmal eine der hier heute
anwesenden Zuhörerinnen bzw. einen Zuhörer –, warum
die Länder, welche die Resolution im UNO-Sicherheits-
rat eingebracht haben, darauf bestehen, dass unbedingt
die Organisationen, die Sie genannt haben, die Untersu-
chung vornehmen sollen.

Wenn die Bereitschaft von allen vorhanden ist, dann
kann man sich doch zusammensetzen und fragen: Wer
ist eine unabhängige Untersuchungskommission, und
wohin müssen wir sie lassen, um festzustellen, was tat-
sächlich passiert ist? Das ist doch eine absurde Situation,
die keiner versteht – ich auch nicht: Alle fordern eine un-
abhängige Untersuchung, und dann scheitert sie an dem
Veto, weil die Mächte im Sicherheitsrat Bedingungen
stellen, die die Russen oder Assad – meinetwegen zu Un-
recht – ablehnen. Das mag alles sein, aber man wird sich
doch auf eine unabhängige Kommission einigen müssen.
Ich könnte Ihnen jetzt einige Vorschläge machen.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823009100

Bevor der Staatsminister das Wort erhält, bitte ich bei-

de Seiten – Fragesteller wie auch diejenigen, die für die
Bundesregierung antworten –, sich an unsere Regeln zu
erinnern und die Uhr ein bisschen im Auge zu behalten,
weil jetzt beide Seiten überzogen haben. Angesichts der
Fragen, die noch kommen, wäre es wünschenswert, die
Uhr im Blick zu behalten und die Regeln zu berücksich-
tigen.

Herr Staatsminister.


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1823009200

Frau Präsidentin, ich gelobe Besserung. – Der Kollege

Ströbele hat mich aufgefordert, mich direkt an die Bürge-
rinnen und Bürger zu wenden. Ich darf dies nicht tun. Ich
unterstelle Ihnen, Herr Kollege Ströbele, keine Naivität,
ich unterstelle aber auch den hier sitzenden Bürgerinnen
und Bürgern keine Naivität, weil ich sehr wohl in der
Lage bin, dieses komplizierte Verfahren zu erklären.

Ich habe bereits in meiner Eingangsantwort darauf
hingewiesen, dass es zwei bewährte Untersuchungsme-
chanismen gibt. Ich habe auch schon darauf hingewiesen,
dass es Ziel der Bundesregierung ist, insbesondere am
heutigen Tage, wo eine der Organisationen ihr 20-jähri-
ges Jubiläum feiert, diese Mandate, diese Mechanismen

entsprechend zu stärken und zu unterstützen. Sie können
doch nicht von einer Blockade der Staaten sprechen,
wenn es nur ein einziges ständiges Mitglied des Sicher-
heitsrats gegeben hat, nämlich Russland, das sich diesem
Konsens entgegengestellt hat.

Jetzt komme ich noch einmal zu dem entscheidenden
Punkt. Wenn wir hier einen Präzedenzfall schaffen und
einen Sicherheitsratsbeschluss für eine Untersuchung
einfordern, ob irgendwo Giftgas eingesetzt wurde, dann
führt dies automatisch zur Schwächung der Mechanis-
men, denen alle, auch Russland, zugestimmt haben. Die-
ses Vorgehen halte ich und hält auch die Bundesregie-
rung für verantwortungslos.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823009300

Herr Kollege Ströbele, wünschen Sie noch eine wei-

tere Zusatzfrage?


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ja. – Dann möchte ich den zweiten Teil meiner Frage
noch einmal stellen, weil Sie ihn weder beantwortet ha-
ben noch beantworten wollen. Ist die Bundesregierung
als doch weitgehend anerkanntes Land, auch in Syrien
anerkanntes Land, in einer so prekären Situation bereit,
selber aktiv zu werden, um eine unabhängige Kommissi-
on zustande zu bringen und besetzen zu lassen, um dieses
Verfahren zu fördern?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1823009400

Ich gehe der Beantwortung Ihrer Frage überhaupt nicht

aus dem Weg, Frau Präsidentin, Herr Kollege Ströbele.
Ich habe darauf hingewiesen, dass es zwei unabhängige
Untersuchungsmechanismen gibt. Diesen fühlen wir uns
verpflichtet. Es kann doch nicht angehen, nur weil es ein
einziges Land gibt, das diese Untersuchungsmechanis-
men offenkundig nicht akzeptiert, dass wir die bestehen-
den Untersuchungsmechanismen schwächen. Wir wollen
sie nicht schwächen, sondern stärken.

Im Übrigen weise ich darauf hin, dass es schon eine
Reihe von bilateralen Untersuchungen gibt. Gerade heute
hat sich die französische Regierung geäußert, die noch
einmal sagt, dass die entsprechenden Verdachtsmomente
derart schwerwiegend sind, dass man bereits jetzt davon
ausgehen kann, dass das syrische Regime für den Ein-
satz von Giftgas verantwortlich zeichnet. Wir setzen aber
nicht allein auf diese Untersuchung. Hier bin ich wieder
bei Ihnen. Wir setzen auf die Untersuchungsergebnisse –
das läuft ja auch schon; Mitte Mai wird ein Bericht ab-
gegeben – der unabhängigen Institutionen. Die haben wir
und die unterstützen wir auch.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823009500

Die Fragen 9 und 10 der Abgeordneten Heike Hänsel,

die Fragen 11 und 12 des Abgeordneten Omid Nouripour,
die Fragen 13 und 14 der Abgeordneten Sevim Dağdelen
sowie die Frage 15 des Abgeordneten Özcan Mutlu wer-
den schriftlich beantwortet.

Staatsminister Michael Roth






(A) (C)



(B) (D)


Ich rufe die Frage 16 des Abgeordneten Volker Beck
auf:

Wie setzt sich die Bundesregierung für den Schutz von
verfolgten Homosexuellen in Tschetschenien und verfolgten
Journalistinnen und Journalisten und Menschenrechtsver-
teidigerinnen und Menschenrechtsverteidigern, die über die
Inhaftierungen und Folter von über 100 vermeintlich homo-
sexuellen Männern berichten, ein, und durch welche Maßnah-
men unterstützt die Bundesregierung Menschenrechtsvertei-
digerinnen und Menschenrechtsverteidiger in Tschetschenien
und Russland wie das russische LGBT-Network, die verfolgte
Homosexuelle in Tschetschenien unterstützen und laut Medi-
enberichten Kontakt zu über 60 betroffenen Männern haben
oder hatten (www.queer.de/detail.php?article_id=28673)?

Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1823009600

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Die Berichte über

Verfolgung von Homosexuellen in der autonomen russi-
schen Republik Tschetschenien, auf die der Abgeordnete
Beck rekurriert, sind einfach nur schrecklich, abstoßend
und in höchstem Maße besorgniserregend. Sie erschei-
nen uns glaubwürdig.

Die Bundesregierung steht in einem intensiven Kon-
takt mit den LGBTI-Aktivisten, mit Menschenrechts-
organisationen, aber selbstverständlich auch mit den
Medienvertretern, die vor Ort sehr engagiert und aus-
gesprochen mutig über diese Fälle berichtet haben. Die
deutsche Botschaft hat inzwischen Kontakt mit den be-
troffenen Personen aufgenommen, und wir prüfen derzeit
Unterstützungsmöglichkeiten. Es ist nicht ganz einfach,
weil die Menschen aus vielerlei nachvollziehbaren Grün-
den ihre Namen öffentlich nicht genannt wissen wollen.
Wir arbeiten hier also mit Unterstützung von Nichtregie-
rungsorganisationen.

Die Bundesregierung hat auf vielfältige Weise nicht
nur Solidarität zu bekunden versucht, sondern auch ent-
sprechende klare Aufforderungen an die russische Regie-
rung formuliert. Zum einen hat der Koordinator für die
zwischenstaatliche Zusammenarbeit mit Russland, Zen-
tralasien und den Ländern der Östlichen Partnerschaft,
der Kollege Erler, die russische Regierung am 7. April
aufgefordert, den Meldungen nicht nur nachzugehen,
sondern den Betroffenen bei Bedarf sofort die notwen-
dige Unterstützung zu gewähren sowie die Täter zur
Verantwortung zu ziehen. Im Ständigen Rat der OSZE in
Wien wurde am 6. April eine Erklärung der Europäischen
Union im Namen aller Mitgliedstaaten abgegeben, in der
Russland ebenfalls dazu aufgefordert wird, die Vorgän-
ge zu untersuchen und Unterstützung zu gewähren. Die
Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspo-
litik, Frau Kofler, hat sich vorgestern noch einmal ent-
sprechend geäußert, und ich habe dazu gestern öffentlich
Stellung bezogen und noch einmal die russische Regie-
rung aufgefordert, die schrecklichen Vorfälle zu verfol-
gen und die Taten zu ahnden.

Seien Sie versichert, dass das nicht das Ende unserer
Bemühungen ist. Wir werden das Thema auf höchster
Ebene noch einmal gegenüber der russischen Seite zur
Sprache bringen, und wir werden selbstverständlich die
Situation weiterhin sehr aufmerksam beobachten.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823009700

Herr Beck, wünschen Sie eine Zusatzfrage?


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823009800

Ja. Vielen Dank. – Die Worte höre ich wohl. Sie müs-

sen das als Vertreter des Auswärtigen Amtes – dafür habe
ich Verständnis – in dieser diplomatischen Politesse äu-
ßern. Aber wir glauben ja nicht ernsthaft, dass die russi-
sche Regierung Herrn Kadyrow dazu bringen wird, die
Menschenrechte von irgendwem, erst recht von Homose-
xuellen, zu achten. Das ist politisch einfach unrealistisch.
Deshalb ist die Frage: Was tut man konkret?

Eine Sache, die man konkret tun kann, ist, gefährde-
te Personen aktiv über § 22 oder § 23 Aufenthaltsgesetz
aufzunehmen. Die Kompetenz, das zu veranlassen, hat
nach dem Aufenthaltsrecht die Bundesregierung, ins-
besondere das Auswärtige Amt. Deshalb frage ich Sie
konkret: Haben Sie den Organisationen gesagt, dass wir
bereit sind, notfalls Leute, die unmittelbar bedroht sind,
aufzunehmen, namentlich die beiden Journalisten von
der Nowaja Gaseta, die diese Fälle öffentlich gemacht
haben und die von Kadyrow namentlich mit dem Tode
bedroht wurden, nämlich Frau Jelena Milaschina und
Herrn Dmitrij Muratow? Ich finde, wir müssen da jetzt
etwas tun, wenn wir ernsthaft wollen, dass sich so ein
Fall wie bei Anna Politkowskaja – sie war auch bei der
Nowaja Gaseta, der einzigen freien Stimme unter den
Zeitungen in Russland – nicht wiederholt. Wir können da
etwas tun, aber wir müssen es auch entsprechend opera-
tiv angehen. Das ist die andere Ebene jenseits der dekla-
ratorischen Diplomatie.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823009900

Herr Staatsminister.


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1823010000

Frau Präsidentin! Herr Kollege Beck, ich bedaure

sehr, dass Ihnen gegenüber der Eindruck entstanden ist,
dass wir es allein bei einer „deklaratorischen Diploma-
tie“ – um Sie zu zitieren – belassen. Wir sind ganz kon-
kret dabei, die Sicherheit der Betroffenen in ihrem Inte-
resse zu gewährleisten.

Ich kann Ihnen nur zustimmen – das besagt auch der
Menschenrechtsbericht der Bundesregierung –, dass sich
die Menschenrechtslage in Russland in den vergangenen
Jahren signifikant verschlechtert hat, und für die Bundes-
regierung sind LGBTI-Rechte oder Rechte für Homose-
xuelle Menschenrechte. Sie können sich darauf verlas-
sen, dass wir der Kritik an der Menschenrechtssituation
immer wieder Nachdruck zu verleihen versuchen.

Sie haben auf einen ganz konkreten Punkt hingewie-
sen, nämlich auf die humanitäre Aufnahme nach § 22
Aufenthaltsgesetz. Auch dies kommt für die Bundesre-
gierung in Betracht. Wir werden deshalb jeden Einzel-
fall – Sie haben einige Fälle angesprochen, uns sind wei-
tere bekannt – sehr genau prüfen. Wir sind gemäß dem
Aufenthaltsgesetz dazu verpflichtet, jedes Mal eine Ein-
zelfallprüfung vorzunehmen, um der schwierigen Lage
der Betroffenen Rechnung zu tragen. Ich bitte Sie dabei
aber auch um konstruktive Mitarbeit. Ich habe schon

Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn

http://www.queer.de/detail.php?article_id=28673





(A) (C)



(B) (D)


eingangs darauf hingewiesen, dass für uns eine gewisse
Diskretion im Interesse der Sicherheit der Betroffenen
wichtig und unabdingbar ist.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823010100

Herr Beck, wünschen Sie eine weitere Zusatzfrage?


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823010200

Ja. – Deshalb habe ich auch nur die beiden bekannten

Journalisten namentlich genannt. Wir beide haben das
Interesse, die Situation der Menschen durch öffentliche
Aktionen nicht noch weiter zu verschärfen.

Wenn das Ausgeführte Ihre Einschätzung der Men-
schenrechtslage in der Russischen Föderation und in
der Autonomen Republik Tschetschenien, die zur Russi-
schen Föderation gehört, ist, möchte ich Sie fragen: Sind
Sie in der Bundesregierung bereit – ich frage Sie und
Ihren Sitznachbarn als Vertreter der beiden betroffenen
Ressorts –, das Vorgehen zu überprüfen, das gegenwärtig
vom BAMF bei der Anerkennung von schwulen Flücht-
lingen aus dieser Region praktiziert wird? Mir sind meh-
rere aktuelle Ablehnungsfälle bekannt, bei denen nicht
die Homosexualität, sondern die Verfolgung und die Be-
drohung infrage gestellt werden, was mir angesichts der
Situation vor Ort absurd erscheint; denn für Tschetsche-
nen, die sich oppositionell verhalten haben oder auffällig
geworden sind, besteht die Fluchtalternative Russische
Föderation nicht. Sie werden durch die russischen Behör-
den weiter verfolgt.

Der zweite Punkt: Wir schieben gegenwärtig Men-
schen, die von der Russischen Föderation im Namen von
Tschetschenien angefordert werden, weil sie angeblich
Terroristen sind, die Tschetschenien schaden wollen, al-
lein aufgrund der Beweislage der Russischen Föderation
ab. Nachdem Sie die Lage im Land richtig beschrieben
haben, frage ich: Sind Sie bereit, diese Praxis im Sinne
eines besseren Menschenrechtsschutzes zu prüfen?


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823010300

Herr Staatsminister.


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1823010400

Frau Präsidentin! Herr Kollege Beck, ich spreche

zwar hier in der Beantwortung Ihrer Frage für die gesam-
te Bundesregierung, ich will aber vor allem den Aspekt
in der Antwort hervorheben, der in den Zuständigkeits-
bereich meines Hauses fällt, und das ist der Lagebericht.

Sie haben darauf hingewiesen, dass sich die Situation
von Homosexuellen in ganz Russland verschlechtert hat.
Ich kann diesen Eindruck nur bestätigen. Selbstverständ-
lich wird ein solcher Eindruck, der von vielen Nichtre-
gierungsorganisationen und von vielen Expertinnen und
Experten geteilt wird, Einfluss auf die kontinuierliche
Überarbeitung des Lageberichtes nehmen.

Der Lagebericht ist eine Grundlage für das Bundesamt
für Migration und Flüchtlinge, um in den Asylverfahren
entsprechende Entscheidungen vorzunehmen. Das gilt
ausdrücklich auch für den zweiten Aspekt, den Sie auf-
gerufen haben.

Selbstverständlich ist die Bewertung der Lage in
Russland nichts Statisches – das bezieht sich auch auf die
Autonome Republik Tschetschenien –, vielmehr werden
wir die Bewertung immer wieder an die Entwicklungen
anzupassen haben. Ich kann Ihnen versichern, dass wir
dies auch tun.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823010500

Da mir zu diesem Geschäftsbereich keine weiteren

Fragen vorliegen, kommen wir zum Geschäftsbereich
des Bundesministeriums des Innern. Hier übernimmt
die Beantwortung der Parlamentarische Staatssekretär
Dr. Günter Krings.

Ich rufe zunächst die Frage 17 des Abgeordneten
Volker Beck auf:

Inwiefern wären deutsche Regelungen, die den Regelungen
des österreichischen Islamgesetzes entsprechen, nach Auffas-
sung der Bundesregierung vereinbar mit den verfassungs-
rechtlichen Bestimmungen des Grundgesetzes, insbesondere

(bitte nach den jeweiligen Regelungen aufschlüsseln)

Islamgesetz?

Ich habe noch einmal die Bitte, sich an die Ein-Minu-
ten-Regelung zu halten; denn das ist vorhin nicht beson-
ders gut gelungen, wenn ich mir die Anmerkung noch
erlauben darf. – Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

D
Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1823010600


Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Lieber Kollege Beck, vielen Dank für die Frage.
In der Frage geht es, um das kurz zu umschreiben, um
das österreichische Islamgesetz und darum, ob wir da-
raus etwas für Deutschland lernen können.

Das österreichische Islamgesetz aus dem Jahr 2015
und die hierauf ergangenen Reaktionen in Österreich und
in Deutschland werden von der Bundesregierung mit In-
teresse zur Kenntnis genommen. Ich bitte um Verständ-
nis, dass schon aus Respekt vor dem österreichischen
Gesetzgeber und der in erster Linie gegebenen Zustän-
digkeit der Länder für das Verhältnis zwischen dem
Staat und den Kirchen und Religionsgemeinschaften in
Deutschland keine inhaltliche Kommentierung des öster-
reichischen Islamgesetzes erfolgen kann.

Eine Übertragung des österreichischen Gesetzes auf
Deutschland wäre schon wegen der unterschiedlichen
Verfassungsrechtslage in Deutschland nicht möglich,
insbesondere im Hinblick auf die ausschließliche Zustän-
digkeit der Länder und die verfassungsunmittelbaren Vor-
gaben, vor allem bei der Verleihung der Körperschafts-
rechte nach Artikel 140 Grundgesetz in Verbindung mit
Artikel 137 Absatz 5 der Weimarer Reichsverfassung.

Sie haben eine zweite Teilfrage in die Frage sozusagen
hineingemogelt, die ich aber gerne klar beantworte: Die
Bundesregierung plant kein deutsches Islamgesetz.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823010700

Herr Beck, wünschen Sie eine Zusatzfrage?

Staatsminister Michael Roth






(A) (C)



(B) (D)



Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823010800

Ja. – Ich stelle die Frage ja nicht im luftleeren Raum,

vielmehr gibt es darüber eine Diskussion innerhalb der
CDU/CSU-Fraktion, angeregt von Staatssekretären,
nach deren Auffassung wir ein solches Islamgesetz in
Deutschland brauchen. Stimmen Sie mit mir überein,
dass auch den Ländern ein solches Islamgesetz, das alle
Fragen bis hinein in die Selbstverwaltungsprivilegien
von Religionsgemeinschaften bezüglich ihres Finanz-
gebarens regelt, nach unserer Verfassungsordnung nicht
zusteht?

D
Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1823010900


Falls Sie mit „Staatssekretären“ mich gemeint haben
sollten, sage ich: Ich habe ausdrücklich gesagt, dass ein
solches Islamgesetz,


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, nein, nein! Es gibt da einen im Finanzministerium!)


schon gar ein Bundesislamgesetz nicht möglich wäre, al-
lein aufgrund der Zuständigkeitsfragen.

Ansonsten kann man den Begriff natürlich auf vielfäl-
tige Weise verstehen. Wir haben in Deutschland ausführ-
liche staatskirchenrechtliche, religionsverfassungsrecht-
liche Regelungen, je nach Zuständigkeit, primär seit dem
Reichsdeputationshauptschluss von 1803 auf Länder-
ebene, aber es gibt auch Sachverhalte, die einen Religi-
onsbezug haben, die der Bund regelt. Das Familienrecht
ist da ein großes Thema. Insofern gibt es vertragliche
Lösungen, aber immer wieder auch Ansätze für eine ge-
setzliche Regelung innerhalb der Länderzuständigkeit,
aber auch auf Bundesebene. Da sind Gesetze möglich,
die aber die Anforderungen in der Regel religionsneutral
formulieren.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823011000

Herr Beck, wünschen Sie eine weitere Zusatzfrage?


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823011100

Ich möchte Ihre Formulierung „in der Regel“ aufgrei-

fen, damit wir uns richtig verstehen und innerhalb der
nächsten drei Monate nicht weiter über Potemkinsche
Dörfer diskutieren müssen: Teilen Sie mit mir die Auf-
fassung, dass ein Gesetz für eine Religion, auch wenn
es von den 16 Landesgesetzgebern in der Form wie in
Österreich verabschiedet würde, unzulässig wäre und
eine solche Regelung für alle Religionsgemeinschaften
gleichermaßen gelten müsste, sofern man sie überhaupt
erlassen dürfte?

D
Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1823011200


Ich habe eingangs schon erwähnt, dass sich das ös-
terreichische Modell nicht eins zu eins übertragen lässt,
sowohl aufgrund des Zuständigkeitsbereichs als auch
aufgrund inhaltlicher Regelungen, die im deutschen
Verfassungsrecht anders sind. Aber natürlich haben wir
einzelne Regelungen im religionsverfassungsrechtlichen

Bereich – ich glaube, darüber sollte eine Diskussion an-
gestoßen werden –, bei denen spezifisch eine Religion
herangezogen wird.

Ich nenne ein Beispiel, um es praktisch zu machen: Sie
befürworten – das weiß ich; dafür habe ich eine gewis-
se Grundsympathie, auch wenn ich ein paar Bedenken
habe – Beiratsmodelle beim islamischen Religionsunter-
richt, um sozusagen eine Art konfessionellen Religions-
unterrichts hinzubekommen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das gibt es ja schon!)


Das ist letztlich auch eine spezifische Regelung für eine
Religion, weil das, was wir sonst im Staatskirchenrecht
kennen, bei dieser Religion nicht funktioniert, weil uns
das staatskirchenrechtliche Gegenüber, nämlich eine for-
mierte Religionsgemeinschaft, fehlt. Wenn man so will,
ist das eine Regelung, die sich spezifisch dem Islam zu-
wendet.

Auch das Verbot von Kinderehen – da sind wir viel-
leicht konträrer Auffassung – wurde gesetzlich natürlich
religionsneutral formuliert. Das Problem hat sich faktisch
aber aufgrund einer größeren Zahl von Kinderehen in
Deutschland gestellt, die im Ausland nach islamischem
Ritus geschlossen wurden. Diese spezifischen Rege-
lungsbedarfe haben wir also durchaus. Das ist aber etwas
anderes als ein in sich geschlossenes Islamgesetz.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird alles nicht in Österreich geregelt!)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823011300

Vielen Dank. – Die Fragen 18 und 19 der Abgeord-

neten Dr. Franziska Brantner sowie die Frage 20 des
Abgeordneten Niema Movassat zum Geschäftsbereich
des Bundesministeriums des Innern werden schriftlich
beantwortet.

Ich leite über zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums für Wirtschaft und Energie. Die Frage 21 des
Abgeordneten Niema Movassat, die Frage 22 der Abge-
ordneten Dr. Julia Verlinden sowie die Fragen 23 und 24
des Abgeordneten Oliver Krischer werden schriftlich be-
antwortet.

Ich rufe die Frage 25 der Abgeordneten Corinna
Rüffer auf:

Wieso wurde entgegen der Vereinbarung im Koalitions-
vertrag zwischen CDU, CSU und SPD (Seiten 93 f.) keine
Änderung am Telekommunikationsgesetz vorgenommen,

(zentrale Nummer für SMS-Notrufe oder Notruf-App)

mit der verbindlichen Vereinbarung aller Verantwortlichen zur
Bearbeitung von Notrufverbindungen durch Echtzeitdienste
zu rechnen, die in der Antwort der Bundesregierung auf die
schriftliche Frage 7 des Abgeordneten Hubert Hüppe auf Bun-
destagsdrucksache 18/8659 angekündigt wurde?

Frau Staatssekretärin, Sie übernehmen die Beantwor-
tung. Frau Gleicke, Sie haben das Wort.






(A) (C)



(B) (D)


I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1823011400


Frau Präsidentin, ich übernehme gerne. Herzlichen
Dank. – Liebe Kollegin Rüffer, Ihre Frage beantworte ich
wie folgt: Die bundesweite Einführung einer alternativen
Notrufmöglichkeit, zum Beispiel über eine Notruf-App,
ist auch der Bundesregierung ein wichtiges Anliegen.
Eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes, TKG,
ist hierfür jedoch nicht erforderlich. Der Wortlaut des
Gesetzes steht dem Betrieb bzw. der Einführung alterna-
tiver Notrufmöglichkeiten nicht entgegen. Hierüber ließe
sich aber keine Verpflichtung der für Feuerwehr, Ret-
tungsdienst und Katastrophenbewältigung zuständigen
Länder, Gemeinden und Städte zur Verarbeitung derar-
tiger Notrufe erreichen. Deren Zuständigkeit richtet sich
ausschließlich nach der jeweiligen Landesgesetzgebung.

Gleichwohl koordiniert das Bundesministerium für
Wirtschaft und Energie seit September 2015 eine Un-
terarbeitsgruppe der Expertengruppe Notrufe, um ge-
meinsam mit den für das Rettungswesen zuständigen
Landesbehörden und Spitzenverbänden dem Anliegen,
Notrufverbindungen zukünftig auch über andere Wege
als herkömmliche Sprach- und Faxverbindungen her-
zustellen und damit für mehr Barrierefreiheit zu sorgen,
Rechnung zu tragen. Dabei hat sich gezeigt, dass anstel-
le von SMS-gestützten Notrufmöglichkeiten sogenannte
paketorientierte Echtzeitdatendienste für Notrufverbin-
dungen zum Einsatz kommen sollen. Insofern verfolgt
die Arbeitsgruppe das Ziel, die Situation gerade von
sprech- und/oder hörbehinderten Menschen durch eine
App zu verbessern, die es ihnen ermöglicht, bundesweit
direkten Kontakt zu der jeweils örtlich zuständigen Not-
rufabfragestelle aufzunehmen. Die letzte Sitzung fand im
März 2017 statt. In dieser Sitzung wurde ein Konzept für
eine Notruf-App erarbeitet.

Zurzeit prüft das Bundesministerium für Arbeit und
Soziales im Rahmen der Umsetzung der UN-Behinder-
tenrechtskonvention als nächsten Schritt die Förderung
eines Pilotprojekts, um dieses Konzept der Bund-Län-
der-Arbeitsgruppe umzusetzen. Die Pilotphase soll cir-
ca sechs bis neun Monate dauern. Anschließend liegt es
dann bei den Ländern, die Notruf-App bundesweit aus-
zurollen.

Parallel dazu hat die Bundesministerin für Wirtschaft
und Energie die Regierungsfraktionen dabei unterstützt,
das Telekommunikationsgesetz dahin gehend zu ändern,
dass die heute täglich von 8 bis 23 Uhr zur Verfügung
stehende Möglichkeit, einen Notruf über eine Videover-
bindung zu einem Gebärdendolmetscher als Vermitt-
lungsdienst abzusetzen, auf eine 24-stündige Verfügbar-
keit an jedem Wochentag ausgedehnt wird. Wir werden
ja in dieser Woche über die dritte Änderung des Telekom-
munikationsgesetzes zu befinden haben. Ich hoffe, dass
ihr breit zugestimmt wird.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823011500

Frau Rüffer, wünschen Sie eine Zusatzfrage?


Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823011600

Ja, sehr gerne.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823011700

Dann haben Sie die Möglichkeit.


Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823011800

Es ist begrüßenswert, dass es im Rahmen des in dieser

Woche zu verabschiedenden Gesetzentwurfs eine Ände-
rung geben wird, die vorsieht, die Videoverbindung bzw.
Videoübertragung auf 24 Stunden pro Tag auszudehnen.
Aber es ist natürlich ganz klar, dass nicht in allen Berei-
chen dieser Republik der Empfang so gut ist, dass dieses
Angebot auch nutzbar ist. Auch ist es so, dass nicht alle
Menschen über ein Smartphone verfügen. Die jetzt ge-
plante Regelung löst das Problem also noch nicht hinrei-
chend. Insgesamt muss man sagen, dass es sich hier um
ein Trauerspiel handelt. Der Deutsche Gehörlosen-Bund
und die Deutsche Gesellschaft der Hörgeschädigten
kämpfen seit Jahren für eine Lösung in diesem Bereich.
Das hört sich nach einem harmlosen Thema an, aber es
geht hierbei unter Umständen um Leben und Tod und
nicht nur um die abstrakte Umsetzung der UN-Behinder-
tenrechtskonvention. Es braucht hier also eine Lösung.

Deshalb frage ich jetzt: Wie lange wird es dauern, bis
das Pilotprojekt auf den Weg gebracht wird? Was ist da
Ihre Einschätzung?

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1823011900


Ich will das noch einmal sehr deutlich machen: Zu-
ständig sind eigentlich die Länder. Wir als Bundesminis-
terium für Wirtschaft und Energie haben uns aufgrund
dieser lange andauernden Debatte über alternative Not-
rufmöglichkeiten – diese haben Sie zu Recht so beschrie-
ben – quasi den Schuh angezogen und gesagt: Wir brau-
chen eine solche Unterarbeitsgruppe. – Diese hat fleißig
gearbeitet. Wie gesagt, im März hat die Sitzung stattge-
funden, in der man sich auf diese App verständigt hat,
die zugegebenermaßen natürlich auch nicht vollumfäng-
lich barrierefrei ist. Aber es geht um alternative Mög-
lichkeiten, um die Barrierefreiheit in diesem Bereich zu
steigern. Das Bundesministerium prüft gerade, wie im
Rahmen der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskon-
vention entsprechende Haushaltsmittel zur Verfügung
gestellt werden können. Zunächst werden wir das Vor-
haben gemeinsam mit den Ländern als Pilotprojekt um-
setzen. Es sind sehr wichtige Fragen zu klären, unter an-
derem technische. Wir haben 530 solcher Notrufstellen.
Das Thema ist sehr komplex; das ist gar keine Frage. Ich
bin froh, dass wir auf Bundesebene tätig geworden sind,
um den Ländern zu helfen, damit wir zu solchen bundes-
weit einheitlichen Alternativen kommen.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823012000

Frau Rüffer, wünschen Sie eine zweite Zusatzfrage?


Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823012100

Sehr gerne. Wenn ich die Möglichkeit habe, dann

auf jeden Fall. – Mir ist schon klar, dass es hier um eine
komplexe Problemstellung geht und man dieses Problem
nicht von heute auf morgen lösen kann. Aber wir reden
im Moment über einen Zeitraum von Jahren. Die Bun-






(A) (C)



(B) (D)


desrepublik Deutschland ist ein Hochtechnologieland.
Man sollte erwarten, dass wir uns in diesem Zeitraum
irgendwann in die Lage versetzen, beispielsweise für
gehörlose Menschen eine vollumfänglich barrierefreie
Möglichkeit zu schaffen, Notrufe abzusetzen.

Es gibt die erwähnte Arbeitsgruppe. Ich weiß, dass die
Zuständigkeit bei den Ländern liegt. Aber wir können die
Leute nicht zwischen Fragen der Zuständigkeit zerreiben
und sie dadurch unter Umständen in gefährliche Situa-
tionen bringen. Sie sagten, die App, die in Planung ist,
ist nicht vollumfänglich barrierefrei. Meine Frage: Was
bedeutet das?

Die zweite Frage ist: Warum ist es so schwierig, hier
zu einer Lösung zu kommen? Geht es vielleicht um die
Kosten? Was würde es denn kosten, eine vollumfänglich
barrierefreie Zugangsmöglichkeit zu schaffen?

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1823012200


Barrierefreiheit – liebe Frau Kollegin Rüffer, das wis-
sen Sie – ist eine sehr individuelle Geschichte. Es gibt
Menschen, die mit einer App tatsächlich gut zurechtkom-
men. Wenn sie aber vielleicht andere Einschränkungen
haben, dann ist eine App wiederum nicht barrierefrei; das
meinte ich. Es geht um alternative Möglichkeiten, um
zu immer mehr Barrierefreiheit zu kommen und auf die
individuellen Bedingungen von Menschen mit Behinde-
rungen einzugehen. Ich glaube nicht, dass es ein alleini-
ges System gibt, das allen gerecht werden könnte. Des-
halb ist es wichtig, dass wir mit einer App beispielsweise
sprech- und hörbehinderten Menschen weiterhelfen, uns
aber auch den anderen Aspekten des Notrufsystems, was
die Barrierefreiheit angeht, zuwenden; das ist Teil eins
meiner Antwort. Es geht also schon darum, hier für im-
mer mehr Barrierefreiheit zu sorgen.

Das Zweite ist: Die Bundesregierung hat sich, obwohl
sie nicht federführend dafür zuständig ist, dieses Themas
angenommen, und die beiden zuständigen Ressorts ha-
ben daran gearbeitet. Es gibt jetzt ein Konzept für eine
Notruf-App, und es wurde die Vereinbarung getroffen,
dieses als Pilotprojekt auszurollen. Wir werden das
schnellstmöglich tun; sonst wäre die Arbeit ja umsonst.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823012300

Vielen Dank. – Mir liegen keine Wünsche nach wei-

teren Fragen vor.

Deshalb rufe ich jetzt den Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Arbeit und Soziales auf. Die Beant-
wortung dieser Fragen übernimmt die Parlamentarische
Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller.

Zunächst kommen wir zur Frage 26, ebenfalls von der
Abgeordneten Corinna Rüffer:

Wie ist es zu erklären, dass Zielvereinbarungen zwischen
Werkstätten für behinderte Menschen und Kostenträgern exis-
tieren, die keine Konzepte zur angemessenen Beschäftigung
von Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen

(wie im Fall der Vereinbarung zwischen den rheinischen Werkstätten und dem Landschaftsverband Rheinland; 982)

Sicht der Bundesregierung hier Handlungsbedarf?

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1823012400


Frau Kollegin Rüffer, Sie fragen danach, wie es um die
Zielvereinbarungen zwischen Werkstätten für behinderte
Menschen und Kostenträgern steht. Letzten Endes – das
geht aus Ihrer Fragestellung hervor – ist der Anlass die
Berichterstattung über nicht haltbare Zustände in diesem
Zusammenhang, die in den Medien sehr breit Erwähnung
gefunden hat und zu Recht sehr kritisch ausgefallen ist.
Meine Antwort muss, weil Sie nach Zielvereinbarungen
zwischen Werkstätten und Kostenträgern gefragt haben,
so ausfallen, dass ich Ihnen sagen muss: Für diese Ziel-
vereinbarungen sind die Länder zuständig. Das ist keine
Angelegenheit des Bundes. Insofern fällt meine Antwort
da sehr knapp aus.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823012500

Frau Rüffer, wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Das

ist der Fall.


Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823012600

Vielleicht bekomme ich ja die Redezeit, die Frau

Lösekrug-Möller gerade eingespart hat.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823012700

Nein, das machen wir nicht. Die würde ich auf die

vorhergehende Überziehung anrechnen.


Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823012800

Der Hintergrund ist in der Tat die Berichterstattung

des Teams Wallraff vom Februar dieses Jahres. Wir haben
über dieses Thema auf unseren Antrag hin im Ausschuss
für Arbeit und Soziales diskutiert. Die Aufdeckung des
Teams Wallraff hat in zwei Fällen dazu geführt, dass
wirklich staatsanwaltschaftlich ermittelt worden ist. Das
heißt, es handelt sich hier nicht um Petitessen, sondern
um gravierende Menschenrechtsverletzungen. Ange-
sichts dieser Tatsache finde ich die öffentliche Reaktion
auf das, was wir da sehen mussten, relativ verhalten. Das
hätte mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt.

Wir gehen in der Tat davon aus – das zeigen auch die
Rückmeldungen, die wir bekommen –, dass es hier um
strukturelle Problemstellungen geht. Ich fokussiere in
der Frage, die ich gestellt habe, tatsächlich auf Zielver-
einbarungen bezüglich der Konzepte zur angemessenen
Beschäftigung von Menschen mit schweren und mehr-
fachen Behinderungen innerhalb von Werkstätten für be-
hinderte Menschen.

Sie haben schriftlich angekündigt, dass das BMAS
im Mai eine Veranstaltung mit Leistungsträgern, Ein-
richtungsträgern und Verbänden behinderter Menschen
durchführen wird, auf der Sie über Qualitätsmerkmale
sowie über den Berufsbildungs- und den Arbeitsbereich
innerhalb der Werkstätten sprechen werden. Es würde
passen, dort auch die mangelnde Einhaltung der Zielver-
einbarungen in den Blick zu nehmen. Ist das von Ihrer
Seite aus geplant?

Corinna Rüffer






(A) (C)



(B) (D)


G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1823012900


Dazu kann ich Ihnen gerne etwas sagen. – Es gab eine
ausführliche Debatte im Fachausschuss. Ich habe an die-
ser Debatte teilgenommen, und wir haben im Nachgang
informiert. Unter anderem haben wir der entsprechenden
Ausschussdrucksache die Stellungnahmen des Landes
Nordrhein-Westfalen als Anlage beigefügt. Auch dort hat
man sich sehr schnell um die Missstände gekümmert hat,
die über die Fernsehsendung öffentlich wurden.

Wir haben festgestellt, dass es insbesondere bezogen
auf diese eine Einrichtung bereits vor Ausstrahlung der
Sendung Aktivitäten gegeben hat, weil es sich dort ganz
offenkundig – ich muss das aber unter dem Vorbehalt ab-
schließender Sachverhaltsaufklärung sagen – um unhalt-
bare Zustände handelte.

Gegenstand dieser Berichterstattung in den Medien
war der sogenannte Bildungsbereich, der von ziemlich
großer Bedeutung ist. In den Werkstätten gibt es unter-
schiedliche Bereiche. Eine Kernkritik bezog sich auf
die Realisierung des Bildungsanspruchs. Ich glaube, wir
stimmen darin überein, dass er wirklich sehr kritisch zu
betrachten ist.

Wir haben als Ministerium für Arbeit und Soziales
angekündigt, dass wir ein Fachgespräch führen werden –
dieses ist auch terminiert –, weil wir der Kritik sorg-
fältigst nachgehen wollen. Das tun wir nicht, weil wir
damit die Kostenträger der Eingliederungshilfe in Nord-
rhein-Westfalen bevormunden wollen – sie führen eine
eigene Sachverhaltsaufklärung durch und reflektieren
die Qualitätssicherung im Nachgang –, sondern wir sind
ins Spiel gekommen, weil für den Berufsbildungsbereich
Mittel der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung ste-
hen, womit wir eine entsprechende Verantwortung ha-
ben, und der kommen wir auch nach.

Wenn ich mich richtig erinnere, werden wir diese Ver-
anstaltung am 12. Mai 2017 durchführen. Meine münd-
liche Zusage, dass wir im Fachausschuss darüber be-
richten werden, werden wir ganz sicher einhalten. Dafür
setze ich mich auch persönlich ein.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823013000

Eine Zusatzfrage steht Ihnen, Frau Rüffer, formal

noch zu. Vorab sage ich aber noch einmal, dass bei den
Fragen und Antworten die Zeit jeweils deutlich überzo-
gen wurde.

Ich weise einfach noch einmal darauf hin: Wenn das
rote Licht blinkt und die Zahl 20 auftaucht, dann heißt
das nicht, dass man noch 20 Sekunden zur Verfügung hat,
sondern dann heißt das, dass man die Rede- bzw. Fra-
gezeit schon um 20 Sekunden überschritten hat. Bevor
ich Ihnen jetzt das Wort gebe, Frau Rüffer, bitte ich, sich
wirklich an die Zeiten zu halten.

Frau Rüffer, eine Frage haben Sie noch, wenn Sie
möchten.


Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823013100

Ja. – Sie haben gerade einen Bericht angesprochen,

der im Nachgang der Sitzung des Ausschusses für Arbeit

und Soziales dankenswerterweise von Ihrer Seite ver-
schickt worden ist. Diesem Bericht liegt eine Stellung-
nahme der LAG WfbM Nordrhein-Westfalen bei, der wir
entnehmen, dass es für die benannte Personengruppe –
die Menschen mit schweren und schwersten Mehrfach-
behinderungen – das Problem der fehlenden Zielverein-
barung gibt. Für sie gibt es eben keine Konzepte in den
Werkstätten.

Das heißt, wir wissen offiziell, dass dieses Problem
besteht. Das ist ein Hinweis aus dem größten Bundes-
land dieser Republik. Dies deutet darauf hin, dass wir es
nicht mit einem Problem zu tun haben, das nur in einer
Einrichtung besteht. Dieses Problem gibt es in vielen
Einrichtungen.

Für den 12. Mai 2017 ist nun eine Veranstaltung des
BMAS geplant. Das begrüße ich sehr. Meine Frage ist,
ob Sie auf dieser Veranstaltung dieser Fragestellung – der
Leerstelle, die sich dort vor uns auftut – nachgehen wer-
den, um herauszufinden, wie groß das Problem ist, das in
dem Bericht der LAG WfbM beschrieben ist.

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1823013200


Ich antworte so kurz wie möglich, aber dennoch prä-
zise. – Erst einmal teile ich nicht Ihre Vermutung, dass
es sich hier um eine bundesweite Leerstelle handelt. Ge-
genstand des Fachgespräches werden die Probleme sein,
die Anlass für das Fachgespräch sind. Das sind die Vor-
kommnisse, die in der Berichterstattung zutage getreten
sind. Wenn es möglich ist, nehmen wir Ihre Anregungen
gerne noch auf. Aber ich will sagen: Ich teile Ihre Bewer-
tung dieser Situation nicht, weil aus meiner Sicht dazu
für unser Haus die Grundlagen fehlen.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823013300

Vielen Dank. – Die Fragen 27 und 28 der Abgeordne-

ten Sabine Zimmermann sowie die Fragen 29 und 30 der
Abgeordneten Lisa Paus aus diesem Geschäftsbereich
werden schriftlich beantwortet.

Deshalb rufe ich jetzt den Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums der Verteidigung auf. Die Frage 31 des
Abgeordneten Hunko wird ebenfalls schriftlich beant-
wortet.

Daher rufe ich jetzt den Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Gesundheit auf. Die Beantwortung
übernimmt die Parlamentarische Staatssekretärin Ingrid
Fischbach.

Wir kommen zur Frage 32 der Abgeordneten Cornelia
Möhring:

Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus den
Presseberichten über die Zustände in deutschen Kreißsälen,
laut denen eine Hebamme „sogar acht Geburten parallel be-

(www.bild.de/regional/duesseldorf/hebamme/ hebamme-warnt-vor-kinderzeugen-an-ostenr-51299646.bild. html)

nung, Ostern die Zeugung eines Kindes besser zu vermeiden,
da sonst eine Niederkunft um die Weihnachts- und Silvester-
zeit riskiert wird, in der die „Besetzung in Kreißsaal und Wo-
chenbett-Betreuung noch knapper als sonst“ ist (ebenda)?

Frau Fischbach.

http://www.bild.de/regional/duesseldorf/hebamme/hebamme-warnt-vor-kinderzeugen-an-ostenr-51299646.bild.html
http://www.bild.de/regional/duesseldorf/hebamme/hebamme-warnt-vor-kinderzeugen-an-ostenr-51299646.bild.html
http://www.bild.de/regional/duesseldorf/hebamme/hebamme-warnt-vor-kinderzeugen-an-ostenr-51299646.bild.html





(A) (C)



(B) (D)


I
Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1823013400


Liebe Frau Kollegin Möhring, herzlichen Dank für
Ihre Frage. Ich beantworte sie gerne, zumal wir im Vor-
feld des Tages der Hebammen am 5. Mai zusammenkom-
men. Deswegen freue ich mich, heute zur Situation der
Hebammen noch einmal Stellung beziehen zu können.

Die Sicherstellung, Frau Kollegin Möhring, einer flä-
chendeckenden, bedarfsgerechten und gut erreichbaren
medizinischen Versorgung auf qualitativ hohem Niveau
steht im Zentrum der Gesundheitspolitik der Bundesre-
gierung. Dabei spielt die medizinische Versorgung von
Schwangeren, Müttern und Neugeborenen eine ganz be-
sondere Rolle. Deswegen haben wir hier in den letzten
Jahren an vielen Stellen zur Verbesserung beigetragen.

Im zitierten Pressebericht geht es um die Frage, wie
viele Hebammen von einem Krankenhaus zur Betreuung
der anstehenden Geburten eingesetzt werden. Diese Fra-
ge betrifft die konkrete Ausgestaltung der Arbeitsbedin-
gungen von Hebammen. Der Einsatz von Personal und
die Personalplanung liegen in der Organisationshoheit
des Krankenhauses, das für eine angemessene Personal-
ausstattung, auch an Feiertagen, Sorge zu tragen hat. Die
Bundesregierung hat aber die Rahmenbedingungen deut-
lich verbessert. Im Krankenhausstrukturgesetz wurden
konkretisierende Regelungen zu Sicherstellungszuschlä-
gen für Krankenhäuser vorgesehen, wovon auch statio-
näre, geburtshilfliche Einrichtungen in strukturschwa-
chen Gebieten profitieren können.

Sicherstellungszuschläge können für Krankenhäuser
vereinbart werden, wenn die Vorhaltung von stationären
Leistungen aufgrund des geringen Versorgungsbestandes
und -bedarfs nicht kostendeckend finanzierbar ist, die
Leistungen aber zur Sicherstellung der Versorgung der
Bevölkerung bei einem Krankenhaus notwendig sind.

Auf der Grundlage des mittlerweile ersten Beschlusses
des G-BA über bundeseinheitliche Vorgaben zur Verein-
barung von Sicherstellungszuschlägen vom November
letzten Jahres können nun seit 2017 Sicherstellungs-
zuschläge von den Vertragsparteien vor Ort vereinbart
werden. Hiervon können voraussichtlich circa 70 Kran-
kenhäuser profitieren, sofern sie aufgrund des geringen
Versorgungsbedarfs ein Defizit aufweisen.

Die Finanzierung von stationären Leistungen der Ge-
burtshilfe erfolgt durch Fallpauschalen, wobei die Vergü-
tung auf Basis der von Krankenhäusern selbst gelieferten
Kosten und Leistungsdaten vom Institut für das Entgelt-
system im Krankenhaus, InEK, jährlich neu kalkuliert
und kontinuierlich weiterentwickelt wird. Die aufwands-
gerechte Vergütung stationärer Leistungen der Geburts-
hilfe durch die pauschalisierenden Entgelte wird dadurch
stetig verbessert.

Für die erfolgreiche Weiterentwicklung des Fallpau-
schalensystems und zur Förderung von dessen Akzeptanz
erfolgt beim InEK die Einbindung externen Sachver-
stands in einem regelhaften Verfahren. In dem dazu ein-
gerichteten Vorschlagsverfahren können alle Beteiligten,
natürlich auch die externen, ihre Vorschläge einreichen.
Auch für den Entgeltkatalog für das Jahr 2017 hat das

InEK Verbesserungen vorgenommen, sodass dieser für
den Bereich Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett
25 Fallpauschalen umfasst. Die Leistungen der in Kran-
kenhäusern beschäftigten Hebammen sind darin enthal-
ten. – Entschuldigung, ich fasse mich beim nächsten Mal
wesentlich kürzer und hole dadurch die Zeit wieder ein,
Frau Präsidentin.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823013500

Danke. – Jetzt hat Frau Möhring die Möglichkeit zu

einer Zusatzfrage, die sie nutzt.


Cornelia Möhring (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823013600

Vielen Dank. – Ich will zuallererst feststellen, dass

man in der jetzigen Situation auf keinen Fall davon reden
kann, dass Geburten in Krankenhäusern immer sicher
sind. Nach den Untersuchungen des Hebammenverban-
des müssen 35 Prozent der Hebammen zwei Geburten
gleichzeitig betreuen, 46 Prozent drei Geburten, 15 Pro-
zent vier Geburten und 5 Prozent sogar mehr als vier Ge-
burten.

Nun sprechen Sie die Finanzierung an. Sie ist natür-
lich eines der Kernprobleme. Nach dem DRG-System
sind pro Geburt gerade einmal 780 Minuten vorgesehen.
Wenn eine Geburt länger als diese 780 Minuten dauert,
dann arbeitet das Krankenhaus nicht kostendeckend.

Man organisiert die Finanzierung anhand der Erlöse
und orientiert den Personalschlüssel daran statt am Ver-
sorgungsbedarf, wie es eigentlich nötig wäre. Es zeigt
sich aber, dass das diese Misere nicht löst. Daher ist
meine Frage an Sie – auch angesichts der 60 Prozent der
geburtshilflichen Abteilungen, die nicht mehr kostende-
ckend arbeiten –, wo die Bundesregierung dringenden
Handlungsbedarf sieht.

I
Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1823013700


Ich denke, es ist an der Zeit, darüber zu reden, welches
Personal wir für welche Abteilung brauchen und wie viel
Personal – und dann natürlich auch gut ausgebildetes
Personal, das gut bezahlt werden muss – notwendig ist.
Es ist Aufgabe der Selbstverwaltung, diese Dinge aus-
zuhandeln. Ich denke, es ist auch der richtige Weg, dass
diejenigen, die betroffen sind, Autonomie genießen und
das gemeinsam aushandeln können.

Wie Sie wissen, sind die Hebammen zurzeit mit dem
GKV-Spitzenverband in Verhandlungen. Dabei geht es
unter anderem darum, wie viele Geburten betreut werden
sollen bzw. ob dafür ein Schlüssel von eins zu eins oder
eins zu zwei zugrunde gelegt werden soll. Es ist keine
Einigung zustande gekommen. Es ist ein Schiedsverfah-
ren anhängig. Dazu hat der Deutsche Hebammenverband
bereits eine Stellungnahme abgegeben, der Bund freibe-
ruflicher Hebammen aber noch nicht.

Wir sehen also, dass die Hebammen in der Situation
sind, diese Entscheidungen mit zu beeinflussen. Das soll-
ten sie auch tun. Wir werden uns dann, falls nötig, wenn
das Ergebnis vorliegt, damit beschäftigen.






(A) (C)



(B) (D)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823013800

Frau Möhring, wünschen Sie eine weitere Zusatzfra-

ge?


Cornelia Möhring (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823013900

Ja, die wünsche ich. – Nun ist es so: Sie schieben

letztlich die Verantwortung auf die Verhandlungen in den
einzelnen Krankenhäusern. Aber es ist durchaus so, dass
die Frage der Personalbemessung auch im Ermessen der
Bundesregierung liegt. Es gibt nämlich die Möglichkeit,
Personalbemessung bundeseinheitlich zu regeln und ent-
sprechend in Richtlinien umzusetzen.

In der Studie, die ich schon erwähnt habe, haben der
Hebammenverband und das Picker-Institut festgestellt,
dass die Arbeitsbedingungen der Hebammen in den
Krankenhäusern sich so weit verschlechtert haben, dass
ein Teil von ihnen über einen Arbeitsplatzwechsel nach-
denkt und anderen diesen Arbeitsplatz gar nicht mehr
empfehlen würde. Die Studie stellt zugleich fest, dass es
einen Zusammenhang zwischen der Arbeitszufriedenheit
und dem Betreuungsschlüssel gibt.

Man kann sagen: Je weniger Frauen die Hebammen
gleichzeitig zu betreuen haben, desto zufriedener sind
sie. Im Umkehrschluss heißt das, dass der Personalman-
gel eine Ursache ist, die den Hebammenberuf sehr unat-
traktiv macht. Wie gedenken Sie diesen Beruf wieder
attraktiver zu machen?

I
Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1823014000


Ich glaube, mit den Maßnahmen, die die Bundesregie-
rung in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht
hat, haben wir deutlich gemacht, wie wichtig die Heb-
ammen für die Versorgung sind, gerade auch wenn es da-
rum geht, frei zu wählen, an welchem Ort man entbinden
möchte. Wir haben im Bereich der Vergütung vieles auf
den Weg gebracht, auch über Zuschläge für die Hebam-
men, wenn es darum geht, die eklatant steigenden Kosten
der Versicherungsprämien aufzufangen.

Wir haben dafür gesorgt, dass die Krankenhäuser Si-
cherstellungszuschläge bekommen. Wir haben im Be-
reich der Datenlage und der Prävention einiges auf den
Weg gebracht.

Aber ich glaube, es muss auch ein gesamtgesellschaft-
liches Umdenken erfolgen. Kein Berufsstand, auch wenn
er noch so schlechte Bedingungen hat, tut gut daran, stän-
dig nur die negativen Dinge zu nennen. Das Gleiche gilt
auch für bestimmte Arztgruppen. Man muss auch deut-
lich machen, warum der Beruf gut ist, und die Dinge, die
noch verbesserungswürdig sind, dann auch verbessern.

Aber ich glaube, wir alle müssen auch allgemein et-
was dafür tun, um deutlich zu machen, dass Hebammen
wichtig sind, dass wir sie brauchen und dass wir ihre Ar-
beit mehr als wertschätzen.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823014100

Herr Terpe, Sie haben auch eine Zusatzfrage.


Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823014200

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretärin,

die Frage der Kollegin Möhring – vor allen Dingen die
erste Frage – bezog sich auf die Situation in Ballungsge-
bieten. Dabei war von Düsseldorf die Rede. Uns ist auf-
gefallen, dass es auch in Presseberichten immer wieder
gerade um die Ballungszentren geht und berichtet wird,
dass dort Kreißsäle überfüllt sind und die Aufnahme von
Schwangeren verweigert wird. Für meine Begriffe hört
dort die Autonomie der Krankenhäuser im Übrigen auf,
muss ich sagen.

Ich wollte Sie aber fragen, ob Sie Kenntnis davon ha-
ben, wie häufig so etwas deutschlandweit vorkommt und
ob das gar ein ständig auftretendes, relevantes Problem
ist, und welche Maßnahmen Sie vorschlagen, um solche
Engpässe – Stichwort „Autonomie der Krankenhäuser“ –
zu beseitigen.

I
Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1823014300


In der ersten Antwort habe ich schon deutlich gemacht,
dass Fragen der Personalsituation – Personalanzahl, aber
auch Arbeitszeit – ausnahmslos in ihrer Hoheit, also in
den Händen der Krankenhäuser, liegen.

Ich habe von Situationen gehört, wie Sie sie gerade
beschrieben haben, Herr Kollege Terpe, und kann Ihnen
da nur beipflichten: Das geht gar nicht; das geht über-
haupt nicht.

Aber das sind für uns noch die Ausnahmen. Wir hof-
fen, dass wir diese Ausnahmen auch beseitigen können.
Jetzt können wir mit der Gesamtdiskussion zum Stich-
wort „Pflegepersonal in Krankenhäusern“ – zum Pflege-
personal in Krankenhäusern gehören auch die Hebam-
men – einen deutlichen Vorstoß machen, der klarstellt:
Wir brauchen an bestimmten Stellen – auch wenn es sich,
wie Frau Kollegin Möhring vorhin sagte, nicht immer
rechnet – einen Vorhalt, um die Versorgung zum Beispiel
der Schwangeren sicherzustellen. Dafür werden wir alles
tun.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823014400

Ich rufe jetzt die Frage 33 ebenfalls der Abgeordneten

Cornelia Möhring auf:
Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die-

sen Zuständen entgegenzuwirken und somit sichere Geburten
in den Kreißsälen zu ermöglichen, und welche Maßnahmen
plant die Bundesregierung, insbesondere in Reaktion auf die
Feststellung der Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des
Deutschen Bundestages „Zur Frage der Sicherstellung einer
angemessenen personellen Ausstattung mit Hebammen in sta-
tionären Geburtshilfeeinrichtungen in ausgewählten Ländern“

(https://www.bundestag.de/blob/498952/e6d987867d45ea04396edc12a38aa6d3/wd-9-079-16-pdf-data.pdf)

die Hälfte der Hebammen“ sich „um drei Frauen gleichzeitig
während der Geburt“ kümmert (Seite 6)?

Frau Staatssekretärin.

I
Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1823014500


Frau Präsidentin! Frau Kollegin, ich antworte Ihnen
wie folgt:

https://www.bundestag.de/blob/498952/e6d987867d45ea04396edc12a38aa6d3/wd-9-079-16-pdf-data.pdf
https://www.bundestag.de/blob/498952/e6d987867d45ea04396edc12a38aa6d3/wd-9-079-16-pdf-data.pdf





(A) (C)



(B) (D)


Wie bereits in der Antwort zu Ihrer ersten Frage dar-
gelegt wurde, liegen die konkrete Ausgestaltung der Ar-
beitsbedingungen sowie der Einsatz von Personal und die
Personalplanung in der Organisationshoheit des Kran-
kenhauses.

Ergänzend ist zu erwähnen, dass die Aussage, wonach
„fast die Hälfte der Hebammen“ sich „um drei Frauen
gleichzeitig während der Geburt“ kümmert, auf einer
Onlineumfrage mit begrenztem Aussagewert basiert.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass auf Bundes-
ebene der Gemeinsame Bundesausschuss befugt ist, für
zugelassene Krankenhäuser Mindestanforderungen an
die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität festzulegen.
Er kann unter anderem für bestimmte diagnostische oder
therapeutische Leistungen spezifische Anforderungen an
die Personalausstattung, wie zum Beispiel in der Richt-
linie für die Versorgung von Früh- und Neugeborenen
vorgesehen, festlegen.

Die Entscheidungen über die Notwendigkeit und die
konkrete Ausgestaltung der Mindestanforderungen lie-
gen dabei beim G-BA. Inwieweit Personalschlüssel für
Hebammen zur Qualitätssicherung in der Geburtshilfe
im Krankenhaus erforderlich sein können, ist vom G-BA
auf der Grundlage der aktuell verfügbaren wissenschaft-
lichen Evidenz zu beurteilen.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823014600

Frau Möhring.


Cornelia Möhring (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823014700

Auch hier habe ich eine Nachfrage. – Sie stellen selber

fest, dass die Ausrichtung an den Erlösen offensichtlich
die Misere in dem Bereich der Gesundheitsversorgung
und in der Hebammenversorgung nicht behebt. Ich stelle
fest, dass sie hier offensichtlich sogar das Problem ver-
schärft.

Die Bundesregierung hat ja anscheinend nicht vor,
eine andere Finanzierung auf den Weg zu bringen. Aber
ich finde es nicht in Ordnung, dass die Bundesregierung
so tut, als wäre das etwas, was auf der Ebene der einzel-
nen Krankenhäuser ausgehandelt werden kann. Hebam-
menleistungen sind Teil einer Grundversorgung.

Weil Sie die vom Hebammenverband durchgeführte
Studie kritisieren, will ich Sie an dieser Stelle fragen,
wann Sie denn nun endlich eine Bedarfserhebung für
Hebammenleistungen auf den Weg bringen, und zwar
wissenschaftlich basiert und räumlich orientiert, also
wohnortnah.

I
Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1823014800


Frau Kollegin, Sie sprechen ein Manko an, nämlich
die vorhandenen Daten. Wenn ich die Studie des Hebam-
menverbandes kritisiert habe, dann liegt das daran, dass
nur 1 700 angestellte Hebammen befragt wurden – und
nicht auch die Beleghebammen, von denen wir wissen,
dass sie einen großen Anteil der Tätigkeiten in den Kran-
kenhäusern durchführen – und dass es nur einen Rück-
lauf von 44 Prozent gab. Insofern kann man zumindest

sagen, dass das nicht allen Ansprüchen, die wir sonst an
Studien anlegen, genügt. Ich glaube, da stimmen Sie mit
mir überein.

Wir müssen natürlich dafür sorgen, dass wir vernünf-
tige Daten bekommen. Aber Sie wissen selber, Frau Kol-
legin Möhring – Sie sind ja schon sehr lange mit dem
Thema der Hebammen beschäftigt –, dass es schwierig
ist, an bestimmten Stellen Informationen zu bekommen.
Schließlich arbeiten Hebammen nicht nur festangestellt
oder als Beleghebammen, sondern auch noch freiberuf-
lich. Diese Daten alle zusammenzubekommen, ist sehr
schwierig. Wie ich vorhin unter dem Stichwort „Datenla-
ge“ angesprochen hatte, ist es aber das klare Anliegen der
Bundesregierung, die Datenlage deutlich zu verbessern.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823014900

Frau Möhring, haben Sie noch eine Zusatzfrage?


Cornelia Möhring (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823015000

Ja. – Ich gehe doch davon aus, dass die Bundesregie-

rung einige Möglichkeiten mehr hat, Daten zu erheben,
als sie bisher genutzt hat. Nach meiner Kenntnis werden
jetzt Geburtsraten in bestimmten Bereichen erhoben. So
wird erkennbar, welcher Geburtsmodus in bestimmten
Kreisen auftritt. Damit werden aber nicht zum Beispiel
die Anzahl und der Umfang der Hebammentätigkeiten
erfasst.

Deswegen stelle ich meine Frage noch einmal neu:
Haben Sie denn vor, diese Bedarfserhebung endlich auf
den Weg zu bringen, so wie es Minister Gröhe schon
2014 angekündigt hat?

I
Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1823015100


Frau Kollegin, wir sind jetzt dabei, die Dinge, die uns
vorliegen, auszuwerten. Dann werden wir schauen, an
welchen Stellen noch Datengrundlagen fehlen, und ge-
gebenenfalls die entsprechenden Daten erfassen.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823015200

Herr Terpe, Ihre Zusatzfrage.


Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1823015300

Es dreht sich offensichtlich um die Frage nach der

Personalbemessung bzw. Personalplanung bei den Heb-
ammen. So wird der Vorwurf erhoben, dass eine Hebam-
me sehr viele Geburten gleichzeitig betreuen muss. Aus
meiner Erfahrung muss ich sagen: Beim eigentlichen
Geburtsvorgang kann eine Hebamme unmöglich acht
oder drei Frauen gleichzeitig betreuen. Es geht sicherlich
um diejenigen, die im Kreißsaal tätig sind. Nichtsdesto-
trotz ist das eine wichtige Frage. Ich stelle an Sie, Frau
Staatssekretärin, folgende Frage: Ist der G-BA mit dieser
Frage überhaupt befasst worden? Man muss ihm auch
den Auftrag erteilen, sich damit zu beschäftigen. Dabei
ist insbesondere die Frage wichtig, ob sich die Situation
beispielsweise durch hebammengeleitete Kreißsäle ver-
ändern würde. Hat die Bundesregierung dazu Daten, und
befördert sie diesen Prozess?

Parl. Staatssekretärin Ingrid Fischbach






(A) (C)



(B) (D)


I
Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1823015400


Der G-BA hat aufgrund der eben von mir erwähnten
Richtlinie, in der es um die Versorgung von Früh- und
Neugeborenen geht, einen besonderen Blick auf die Ge-
burtssituation. Dieses Thema wird weiterhin sehr inten-
siv von der Bundesregierung begleitet, und zwar unter
Einbeziehung der entsprechenden Beteiligten. Wie Sie
wissen, sind wir bei der Erarbeitung der Leitlinien wei-
tergegangen: Wir haben Studien in Auftrag gegeben, um
die Situation effektiver und besser bewerten und dement-
sprechend exakte Vorschläge und Aufträge an die Verant-
wortlichen geben zu können.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823015500

Vielen Dank. – Damit schließe ich diesen Geschäfts-

bereich.

Ich leite über zu dem Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Die Be-
antwortung der Fragen übernimmt der Parlamentarische
Staatssekretär Norbert Barthle.

Ich rufe die Frage 34 des Abgeordneten Herbert
Behrens auf:

Wurden die im Rahmen der Untersuchungskommission
des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruk-
tur zum Abgasskandal erhobenen CO2-Werte gemäß den
Anforderungen des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ)


(Abweichungen von den NEFZ-Standards bitte aufführen)

gewordenen Fahrzeugen abgeschlossen worden?

Herr Staatssekretär.

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1823015600


Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege
Behrens, Ihre Frage zu einzelnen Aspekten der laufen-
den Untersuchungen und zur Untersuchungskommission
beantworte ich Ihnen wie folgt – ich vermute, dass Sie
schon erahnen, wie ich sie beantworten werde –: Da die
Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind, kann ich
zu einzelnen Aspekten der Untersuchungen der Untersu-
chungskommission zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussa-
gen machen.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823015700

Herr Behrens, wünschen Sie das Wort zu einer Zusatz-

frage? – Bitte.


Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823015800

Darüber können wir uns, glaube ich, lange streiten.

Denn der einzelne Aspekt, den Sie erwähnt haben, be-
zog sich konkret auf die Nachfrage bei Ihnen: Sind die
Nachmessungen aufgrund des Neuen Europäischen
Fahrzyklus, NEFZ, erfolgt, oder hat das KBA darüber hi-
nausgehende Veränderungen vorgenommen, um weitere
Dinge zu messen? Es geht nur um die Frage: Ist nach
NEFZ-Standard oder nach einem anderen Maßstab ge-
messen worden?

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1823015900


Noch einmal, Kollege Behrens: Zu Einzelheiten ma-
chen wir während der laufenden Untersuchungen keine
Aussagen. Ein Abschlussbericht wird erstellt werden.
Dann können Sie alle einzelnen Aspekte nachlesen.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823016000

Eine weitere Nachfrage.


Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823016100

Diese Aussage ist identisch mit der von April 2016.

Auch damals sagten Sie, es handele sich um ein laufen-
des Verfahren. Haben Sie eine ungefähre Ahnung, in wel-
chem Jahr oder Jahrzehnt diese Sachen abgeschlossen
sein werden?

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1823016200


Ich gehe davon aus, dass diese Untersuchungen noch
während der laufenden Legislaturperiode abgeschlossen
werden.


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Er geht davon aus! Sicher ist da nix!)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823016300

Ich rufe die Frage 35 des Abgeordneten Herbert

Behrens auf:
Wann wird der Endbericht mit den Ergebnissen dieser

Nachmessungen veröffentlicht, und für welche der auffällig
gewordenen Fahrzeuge mussten in diesem Kontext die Ver-
brauchs- bzw. CO2-Werte für die Typenzulassung angepasst
werden?

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1823016400


Frau Präsidentin, Herr Kollege Behrens, meine jetzige
Antwort deckt sich mit unseren bisherigen Einlassungen
dazu. Der Endbericht wird dann veröffentlicht, wenn die
Ergebnisse der Untersuchungen vorliegen. Die Bundes-
regierung greift den Ergebnissen des Endberichts nicht
vor.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823016500

Herr Behrens, Zusatzfrage?


Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823016600

Ja. – Unabhängig von den noch laufenden Untersu-

chungen: Es hat bei den verpflichtenden Rückrufen,
VW-Fahrzeuge betreffend, seitens des KBA Nachmes-
sungen gegeben. Im April 2016 wurde für verschiedene
Audi-Fahrzeuge die Freigabe erteilt, weil sowohl die
Stickoxidwerte als auch die CO2-Werte offenbar stimm-
ten. Für zwei weitere Fahrzeuge, wenn ich mich recht
erinnere – das betraf den Passat und ein Seat-Modell –,
wurde die Freigabe der neuen Software zum damaligen
Zeitpunkt noch nicht erteilt. Auf welcher Grundlage wur-
de zum damaligen Zeitpunkt festgestellt, dass die Vo-
raussetzungen nicht erfüllt sind? Gehörte dazu nur der






(A) (C)



(B) (D)


Stickoxidausstoß, oder gehörte dazu auch der CO2-Aus-
stoß der umgerüsteten Fahrzeuge?

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1823016700


Herr Kollege Behrens, noch einmal: Zu einzelnen Er-
gebnissen dieser Untersuchung mache ich keine detail-
lierten Aussagen. Sie können aber davon ausgehen, dass
die Untersuchungen des KBA sich an den derzeit gelten-
den Standards orientieren.


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Aber die Fahrzeuge können im Bericht eigentlich gar nicht mehr auftauchen, weil sie auf dem Markt sind!)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823016800

Sie verzichten auf Ihre weitere Zusatzfrage? – Eine

haben Sie noch.


Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1823016900

Verstehe ich Sie richtig, dass auch über die Freigabe

von Fahrzeugen, die jetzt auf dem Markt sind, nicht be-
richtet werden darf? Darf nicht berichtet werden, nach
welchen Kriterien diese Fahrzeuge, die jetzt auf dem
Markt sind und wieder fahren und offenbar gefahren
werden dürfen, gemessen worden sind? Ich frage deshalb
nach, weil es natürlich für die Kundinnen und Kunden
sehr wichtig ist, zu erfahren, ob sie ein umgerüstetes

Auto, das den Angaben entspricht und die Vorgaben er-
füllt, haben oder nicht.

Eine Untersuchungskommission des Verkehrsminis-
teriums hat festgestellt: Es gibt eine Reihe von Diesel-
fahrzeugen, die weit mehr CO2 ausstoßen, als sie dürfen,
die nämlich mehr als 10 Prozent vom angegebenen Wert
abweichen. Wir wissen auch, dass Käufer, Kunden, Ver-
braucher die Möglichkeit haben, ihr Fahrzeug zurückzu-
geben, wenn der CO2-Ausstoß um mehr als 10 Prozent
abweicht. Sind die Besitzer entsprechender Fahrzeuge
über diese Sachlage und die Messergebnisse informiert
worden – ja oder nein?

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1823017000


Die Fahrzeuge, die umgerüstet wurden und zum Ver-
kehr freigegeben sind, entsprechen den Anforderungen
der EU-weiten Regelung, die bei den Messungen zugrun-
de gelegt wurden.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1823017100

Damit sind wir am Schluss der heutigen Fragestunde.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-
tages auf morgen, Donnerstag, den 27. April 2017, 9 Uhr,
ein.

Die Sitzung ist geschlossen.