Protokoll:
18182

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 18

  • date_rangeSitzungsnummer: 182

  • date_rangeDatum: 6. Juli 2016

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 17:39 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/182 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 182. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 6. Juli 2016 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG 2016) Drucksachen 18/8832, 18/8972 . . . . . . . . . . . 17903 B Tagesordnungspunkt 2: Befragung der Bundesregierung: Gesetzent- wurf zum Übereinkommen von Paris vom 12. Dezember 2015; weitere Fragen Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . 17903 D Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17904 D Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . 17904 D Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 17905 A Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . 17905 A Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17905 B Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . 17905 C Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17905 D Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . 17906 A Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 17906 A Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . 17906 B Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17906 B Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . 17906 C Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17906 D Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . 17907 A Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17907 B Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . 17907 B Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 17907 D Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . 17907 D Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17907 D Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . 17908 A Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17908 B Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . 17908 C Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 17908 D Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . 17909 A Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17909 A Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016II Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . 17909 B Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17909 C Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . 17909 C Dr . Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17909 D Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . 17910 A Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17910 A Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . 17910 B Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17910 B Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . 17910 C Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17910 C Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . 17910 D Katrin Werner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 17910 D Gabriele Lösekrug-Möller, Parl . Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . 17911 A Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17911 A Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . 17911 B Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17911 C Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . 17911 D Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17911 D Uwe Beckmeyer, Parl . Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . 17912 B Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17912 B Uwe Beckmeyer, Parl . Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . 17912 D Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17913 A Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . 17913 A Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17913 B Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . 17913 C Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . 17913 C Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17913 D Uwe Beckmeyer, Parl . Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . 17914 A Tagesordnungspunkt 3: Fragestunde Drucksachen 18/8998, 18/9024 . . . . . . . . . . . 17914 A Dringliche Frage 2 Niema Movassat (DIE LINKE) Haltung der Bundesregierung zur Erweite- rung des Einsatzspektrums von Mitteln des EU-Instruments für Stabilität und Frieden Antwort Dr . Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . 17914 C Zusatzfragen Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 17915 A Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 17916 A Dr . Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17916 C Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17917 B Mündliche Frage 5 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Aufklärung des mutmaßlichen Zurück- drängens von Flüchtlingen durch die grie- chische Küstenwache bzw. Frontex zur Ver- hinderung der Asylantragstellung Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . 17918 A Zusatzfragen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17918 B Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17918 D Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 17919 A Mündliche Frage 11 Katrin Werner (DIE LINKE) Kosten der Umsetzung des in der UN-Be- hindertenrechtskonvention festgeschrie- benen Menschenrechts auf freie Wahl von Wohnort und Wohnform Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 III Antwort Gabriele Lösekrug-Möller, Parl . Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . 17919 C Zusatzfragen Katrin Werner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 17919 D Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17920 C Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17920 C Mündliche Frage 12 Katrin Werner (DIE LINKE) Regelung der Leistungsberechtigung ge- mäß der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Ge- sundheit Antwort Gabriele Lösekrug-Möller, Parl . Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . 17921 B Zusatzfragen Katrin Werner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 17921 C Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17922 A Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17922 B Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 17922 C Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17923 A Mündliche Frage 13 Jutta Krellmann (DIE LINKE) Ziel des Bürgergesprächs zum Bundesteil- habegesetz im Juni 2016 Antwort Gabriele Lösekrug-Möller, Parl . Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . 17923 C Zusatzfragen Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 17923 D Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17924 A Katrin Werner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 17924 B Mündliche Frage 14 Jutta Krellmann (DIE LINKE) Beteiligung von Sozialämtern an der Studie zur Ermittlung der Verwaltungskosten im Rahmen der Eingliederungshilfe für Behin- derte Antwort Gabriele Lösekrug-Möller, Parl . Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . 17925 A Zusatzfragen Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 17925 A Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17925 C Mündliche Frage 16 Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gemeinsame Inanspruchnahme von Leis- tungen der Eingliederungshilfe Antwort Gabriele Lösekrug-Möller, Parl . Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . 17926 A Zusatzfragen Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17926 B Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17926 D Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 17927 A Mündliche Frage 17 Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Regelung zur Ausschreibung von Leistun- gen im Entwurf zum Bundesteilhabegesetz Antwort Gabriele Lösekrug-Möller, Parl . Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . 17927 C Zusatzfragen Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17927 D Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17928 C Mündliche Frage 18 Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Begründung der Schwere bzw. Erheblich- keit einer Behinderung durch die Anzahl der durch Teilhabebeschränkungen betrof- fenen Lebensbereiche im geplanten Bun- desteilhabegesetz Antwort Gabriele Lösekrug-Möller, Parl . Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . 17929 A Zusatzfragen Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17929 A Mündliche Frage 19 Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016IV Beschränkung der Leistungen der medizi- nischen Rehabilitation auf Rehabilitations- leistungen der gesetzlichen Krankenversi- cherung Antwort Gabriele Lösekrug-Möller, Parl . Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . 17929 D Mündliche Frage 20 Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Finanzielle Regelung für Menschen mit Behinderung bei einem Wechsel von einer Werkstattbeschäftigung in den ersten Ar- beitsmarkt Antwort Gabriele Lösekrug-Möller, Parl . Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . 17930 A Dr . Helge Braun, Staatsminister BK . . . . . . . . 17932 A Zusatzfragen Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17930 B Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17931 A Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17931 D Mündliche Frage 21 Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Praktische Unterschiede zwischen Hilfen zur Kommunikation und Assistenzleistun- gen zur Verständigung Antwort Gabriele Lösekrug-Möller, Parl . Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . 17932 A Zusatzfragen Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17932 B Mündliche Frage 37 Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Errichtung des Interims-Regierungstermi- nals am Flughafen Berlin Brandenburg Antwort Enak Ferlemann, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . 17933 B Zusatzfragen Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17933 B Mündliche Frage 38 Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Jährlicher Zinsaufwand der Flughafenge- sellschaft Berlin Brandenburg Antwort Enak Ferlemann, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . 17933 D Zusatzfragen Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17934 A Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE: Keine CETA-Ratifizierung ohne Beteiligung von Bundestag und Bun- desrat Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 17934 B Dr . Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 17935 B Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17936 C Uwe Beckmeyer, Parl . Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . 17938 A Dr . Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 17939 C Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 17940 C Bernd Westphal (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17942 A Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17942 D Andreas G . Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 17944 A Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17945 B Hansjörg Durz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 17946 B Dirk Wiese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17947 B Dr . Matthias Heider (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 17948 C Tagesordnungspunkt 36: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Mutterschutzrechts Drucksache 18/8963 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17949 D Manuela Schwesig, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . 17950 A Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17950 C Bettina Hornhues (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 17951 C Dr . Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17952 C Gülistan Yüksel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17953 B Maik Beermann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 17954 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 V Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 17956 A Dr . Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17956 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17957 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 17959 A Anlage 2 Dringliche Frage 1 Ulla Jelpke (DIE LINKE) Äußerungen des Bundesministers des In- nern zu gemeinsamen Dateien deutscher Nachrichtendienste mit der Türkei Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . 17959 B Anlage 3 Mündliche Frage 1 Erika Steinbach (CDU/CSU) Politisch motivierte Brandanschläge auf zivile bzw. behördliche Kraftfahrzeuge im Jahr 2016 Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . 17959 C Anlage 4 Mündliche Frage 2 Dr. André Hahn (DIE LINKE) Auseinandersetzungen zur zukünftigen Förderung und Entwicklung des Leistungs- sports Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . 17960 A Anlage 5 Mündliche Frage 3 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Vereinbarkeit der geplanten Wohnsitzaufla- gen für anerkannte Flüchtlinge mit höher- rangigem Recht Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . 17960 B Anlage 6 Mündliche Frage 4 Ulla Jelpke (DIE LINKE) Anzahl der im EASY-System registrierten Asylsuchenden im Juni 2016 Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . 17960 D Anlage 7 Mündliche Frage 6 Andrej Hunko (DIE LINKE) Beeinträchtigung der die Krim bzw. den Donbass betreffenden deutschen, ukraini- schen bzw. russischen Rechtshilfeersuchen Antwort Christian Lange, Parl . Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . 17961 A Anlage 8 Mündliche Frage 7 Klaus Ernst (DIE LINKE) Hinterziehung von Sozialversicherungsbei- trägen infolge illegaler Arbeitnehmerüber- lassung seit 2008 Antwort Dr . Michael Meister, Parl . Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . 17961 C Anlage 9 Mündliche Frage 8 Klaus Ernst (DIE LINKE) Höhe der Nachforderungen im Zusammen- hang mit der Hinterziehung von Sozialver- sicherungsbeiträgen infolge illegaler Ar- beitnehmerüberlassung seit 2008 Antwort Dr . Michael Meister, Parl . Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . 17961 D Anlage 10 Mündliche Frage 9 Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) Wegeunfälle in den Jahren 2005 bis 2015 Antwort Gabriele Lösekrug-Möller, Parl . Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . 17962 B Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016VI Anlage 11 Mündliche Frage 10 Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) Wegeunfälle in den Jahren 2005 bis 2015 je 1 000 Versicherungsverhältnisse Antwort Gabriele Lösekrug-Möller, Parl . Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . 17962 D Anlage 12 Mündliche Frage 15 Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Künftige Berechnung der zu leistenden Ei- genanteile von Beziehern der Hilfe zur Pfle- ge und der Eingliederungshilfe Antwort Gabriele Lösekrug-Möller, Parl . Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . 17963 B Anlage 13 Mündliche Frage 22 Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Belastung von Honig mit Glyphosat-Rück- ständen Antwort Peter Bleser, Parl . Staatssekretär BMEL . . . . . 17963 C Anlage 14 Mündliche Frage 23 Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ergebnisse der Sitzung des Regelungsaus- schusses der EU-Kommission zu möglichen Anwendungsbeschränkungen von Glypho- sat Antwort Peter Bleser, Parl . Staatssekretär BMEL . . . . . 17964 A Anlage 15 Mündliche Frage 24 Katrin Kunert (DIE LINKE) Dauer von Wehrdienstbeschädigungsver- fahren wegen Radarstrahlenerkrankungen Antwort Dr . Ralf Brauksiepe, Parl . Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . 17964 A Anlage 16 Mündliche Frage 25 Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorlage des Berichts über die Situation un- begleiteter minderjähriger Geflüchteter Antwort Elke Ferner, Parl . Staatssekretärin BMFSFJ . . . . . . . . . . 17964 C Anlage 17 Mündliche Frage 26 Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zuständigkeit für die Erarbeitung des Be- richts über die Situation unbegleiteter min- derjähriger Geflüchteter Antwort Elke Ferner, Parl . Staatssekretärin BMFSFJ . . . . . . . . . . 17964 D Anlage 18 Mündliche Frage 27 Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mögliche Einführung eines Kitaqualitätsge- setzes Antwort Elke Ferner, Parl . Staatssekretärin BMFSFJ . . . . . . . . . . 17964 D Anlage 19 Mündliche Frage 28 Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Beschluss der Gesundheitsministerkonfe- renz der Länder zur Aufhebung des Aus- schlusses von homo- und bisexuellen Män- nern von der Blutspende Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl . Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . 17965 A Anlage 20 Mündliche Frage 29 Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Elektrifizierung der Südbahn und der Bo- denseegürtelbahn Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 VII Antwort Enak Ferlemann, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . 17965 C Anlage 21 Mündliche Frage 30 Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Sicherheitsanforderungen an in Pkw beför- derte Rollstühle Antwort Enak Ferlemann, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . 17965 D Anlage 22 Mündliche Frage 31 Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zulassung von Doppelgelenkbussen und Buspersonenanhängerzügen Antwort Enak Ferlemann, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . 17966 B Anlage 23 Mündliche Frage 32 Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsuntersu- chung zum Ausbau der B 247 zwischen Lei- nefelde und dem Andislebener Kreuz Antwort Enak Ferlemann, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . 17966 D Anlage 24 Mündliche Frage 33 Herbert Behrens (DIE LINKE) Stellungnahmen zur Küstenautobahn A 20 und Elbquerung im Rahmen der Öffent- lichkeitsbeteiligung zum Bundesverkehrs- wegeplan Antwort Enak Ferlemann, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . 17966 D Anlage 25 Mündliche Frage 34 Herbert Behrens (DIE LINKE) Auswirkungen des Austritts der Gewerk- schaft Verdi aus dem Maritimen Bündnis auf die Änderung der Schiffsbesetzungsver- ordnung Antwort Enak Ferlemann, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . 17967 B Anlage 26 Mündliche Frage 35 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einführung von Abgastests unter realen Fahrbedingungen Antwort Enak Ferlemann, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . 17967 C Anlage 27 Mündliche Frage 36 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Bezug von Strom aus erneuerbaren Energi- en im Zusammenhang mit dem Aufbau der Ladesäuleninfrastruktur im Rahmen des Marktanreizprogramms Elektromobilität Antwort Enak Ferlemann, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . 17967 C Anlage 28 Mündliche Frage 39 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Bearbeitungsstand der Anträge zur Zwi- schenlagerung von Castoren mit verglasten radioaktiven Wiederaufarbeitungsabfällen aus La Hague und Sellafield Antwort Florian Pronold, Parl . Staatssekretär BMUB . . . . . . . . . . . . . 17967 D Anlage 29 Mündliche Frage 40 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Erkenntnisse der Bundesregierung zum Was- serschaden und zu anderen Vorfällen beim Neubau des Bundesnachrichtendienstes Antwort Florian Pronold, Parl . Staatssekretär BMUB . . . . . . . . . . . . . 17968 A Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016VIII Anlage 30 Mündliche Frage 41 Niema Movassat (DIE LINKE) Position der Bundesregierung zum soge- nannten Less-for-less-Ansatz bei der Zu- sammenarbeit mit Drittstaaten im Rahmen der Migrationskontrolle Antwort Thomas Silberhorn, Parl . Staatssekretär BMZ . . . . . . . . . . . . . . 17968 C Anlage 31 Mündliche Frage 43 Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Umsetzung von Maßnahmen zum Grenz- management im Sudan und in Eritrea Antwort Thomas Silberhorn, Parl . Staatssekretär BMZ . . . . . . . . . . . . . . 17968 D Anlage 32 Mündliche Frage 44 Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ordnungsgemäße Verwendung der im Rah- men des Better Migration Management der EU zur Verfügung gestellten Mittel Antwort Thomas Silberhorn, Parl . Staatssekretär BMZ . . . . . . . . . . . . . . 17969 A Anlage 33 Mündliche Frage 45 Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Erkenntnisse der Nachrichtendienste zu den Schüssen an der türkisch-syrischen Grenze Antwort Klaus-Dieter Fritsche, Staatssekretär BK . . . . 17969 B Anlage 34 Mündliche Frage 46 Dr. André Hahn (DIE LINKE) Meldung von Selektoren mit Bezug auf Ein- richtungen der EU bzw. öffentliche Stellen der EU-Mitgliedstaaten an das sogenannte Unabhängige Gremium Antwort Klaus-Dieter Fritsche, Staatssekretär BK . . . . 17969 C Anlage 35 Mündliche Frage 47 Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Besetzung des beratenden Gremiums zu Karenzzeiten ausscheidender Regierungs- mitglieder Antwort Dr . Helge Braun, Staatsminister BK . . . . . . . . 17970 A Anlage 36 Mündliche Frage 48 Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Beteiligung des Deutschen Bundestages im Rahmen des Handelsabkommens CETA Antwort Uwe Beckmeyer, Parl . Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . 17970 C Anlage 37 Mündliche Frage 49 Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Termin für die Beschlussfassung im Euro- päischen Rat über das Handelsabkommen CETA Antwort Uwe Beckmeyer, Parl . Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . 17970 C Anlage 38 Mündliche Frage 50 Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Abstimmungsverhalten der Bundesregie- rung beim Ratsbeschluss zum CETA-Ab- kommen in EU-only-Form Antwort Uwe Beckmeyer, Parl . Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . 17971 A Anlage 39 Mündliche Frage 51 Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Prüfung von Rechtsmitteln im Falle einer Ein- stufung von CETA als EU-only-Abkommen Antwort Uwe Beckmeyer, Parl . Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . 17971 B Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 IX Anlage 40 Mündliche Frage 52 Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Abstimmung des Deutschen Bundestags und Bundesrats über den CETA-Vertrag- stext im Falle einer Einstufung als EU-on- ly-Abkommen Antwort Uwe Beckmeyer, Parl . Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . 17971 B Anlage 41 Mündliche Frage 53 Andrej Hunko (DIE LINKE) Abstimmungsverhalten der Bundesregie- rung zu CETA im Falle einer Einstufung als EU-only-Abkommen Antwort Uwe Beckmeyer, Parl . Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . 17971 C Anlage 42 Mündliche Frage 54 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gespräche mit Vertretern der Atomkraft- werke betreibenden Energieversorgungs- unternehmen im Zusammenhang mit der Finanzierung des Kernenergieausstiegs Antwort Uwe Beckmeyer, Parl . Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . 17971 D Anlage 43 Mündliche Frage 55 Hubertus Zdebel (DIE LINKE) Zuwendungen an Mitarbeiter der Bundes- anstalt für Geowissenschaften und Rohstof- fe Antwort Uwe Beckmeyer, Parl . Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . 17972 B Anlage 44 Mündliche Frage 56 Hubertus Zdebel (DIE LINKE) Bericht über Korruptionsvorwürfe gegen- über der Bundesanstalt für Geowissen- schaften und Rohstoffe an den Deutschen Bundestag Antwort Uwe Beckmeyer, Parl . Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . 17972 D Anlage 45 Mündliche Frage 57 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Beziehungen zum Iran vor dem Hinter- grund dortiger Tests von Raketen mit anti- israelischen Beschriftungen Antwort Dr . Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . 17972 D Anlage 46 Mündliche Frage 58 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auswirkungen des israelischen Tranzpa- renzgesetzes Antwort Dr . Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . 17973 B Anlage 47 Mündliche Frage 59 Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Anzahl der erteilten und abgelehnten Visa zur Arbeitsaufnahme für Staatsangehörige der Westbalkanländer im Jahr 2016 Antwort Dr . Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . 17973 D Anlage 48 Mündliche Frage 61 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Auswirkungen der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei Antwort Dr . Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . 17974 B Anlage 49 Neudruck: Inhaltsverzeichnis Anlage 33 bis Anlage 38 (178 . Sitzung, Seite VII) . . . . . . . . . . . . . . . . . 17974 C (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 17903 182. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 6. Juli 2016 Beginn: 13 .00 Uhr
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    Paul Lehrieder (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 17959 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bär, Dorothee CDU/CSU 06 .07 .2016 Dehm, Dr . Diether DIE LINKE 06 .07 .2016 Hintze, Peter CDU/CSU 06 .07 .2016 Irlstorfer, Erich CDU/CSU 06 .07 .2016 Kudla, Bettina CDU/CSU 06 .07 .2016 Leidig, Sabine DIE LINKE 06 .07 .2016 Lerchenfeld, Philipp Graf CDU/CSU 06 .07 .2016 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06 .07 .2016 Özoğuz, Aydan SPD 06 .07 .2016 Petzold, Ulrich CDU/CSU 06 .07 .2016 Pflugradt, Jeannine SPD 06 .07 .2016 Poschmann, Sabine SPD 06 .07 .2016 Tank, Azize DIE LINKE 06 .07 .2016 Thönnes, Franz SPD 06 .07 .2016 Veith, Oswin CDU/CSU 06 .07 .2016 Wagner, Doris BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06 .07 .2016 Wicklein, Andrea SPD 06 .07 .2016 Zimmermann, Pia DIE LINKE 06 .07 .2016 Anlage 2 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Frage der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE) (Drucksa- che 18/9024, dringliche Frage 1): Aus welchen aktuellen Erwägungen beabsichtigt die Bun- desregierung den Aufbau bzw . die Führung von gemeinsamen Dateien des Verfassungsschutzes mit türkischen Partnern (ver- gleiche Interview des Bundesministers des Innern, Dr . Tho- mas de Maizière, im Deutschlandfunk vom 2 . Juli 2016) an- gesichts der Tatsache, dass Vertreter des Bundesministeriums des Innern dies bei der Beratung des Entwurfes eines Gesetzes zum besseren Informationsaustausch bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus am 22 . Juni 2016 im Innenaus- schuss des Deutschen Bundestages derzeit für ausgeschlossen erklärt haben? Aktuell ist keine gemeinsame Datei des Verfassungs- schutzes mit den türkischen Partnern vorgesehen . Anlage 3 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Fra- ge der Abgeordneten Erika Steinbach (CDU/CSU) (Drucksache 18/8998, Frage 1): Welche Kenntnis hat die Bundesregierung jeweils zu poli- tisch motivierten Brandanschlägen auf zivile bzw . behördliche Kraftfahrzeuge – in Bezug auf Ort und Zahl – im Jahr 2016 (vergleiche „Brandanschlag auf Auto eines SPD-Politikers“, in: Berliner Morgenpost vom 28 . Juni 2016, Seite 1, 13)? Nach den noch vorläufigen, von den Ländern an das Bundeskriminalamt (BKA) übermittelten Fallzahlen zur politisch motivierten Kriminalität gab in den ersten sechs Monaten des Jahres 2016 insgesamt 50 Brandstiftungen an Verkehrsmitteln (Begriff ist weitestgehend deckungs- gleich mit „Kraftfahrzeugen“). Davon entfielen 38 Bran- danschläge auf Kraftfahrzeuge aus dem Bereich der PMK-links, acht auf PMK-rechts, einer auf PMK-Aus- länder und drei auf PMK-Sonstige . Gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum bedeutet dies eine Steigerung um knapp 20 Prozent . Die Hälfte (19 von 38) der PMK-links motivierten Brandanschläge auf Kraftfahrzeuge wurden in Berlin verübt, in Sachsen waren es acht und in Niedersachsen fünf . Zum Vergleich hier die Zahlen für das Jahr 2015: Brandstiftungen an Verkehrsmitteln 2015 2015, nur Januar bis Juni PMK-links 64 32 PMK-rechts 9 6 PMK-Ausländer 0 0 PMK-sonstige 7 3 Insgesamt 80 41 Auch im Jahr 2015 bildete Berlin den Kriminalitäts- schwerpunkt mit 28 Brandstiftungen PMK-links . Die PMK-Statistik verzeichnet keine Unterscheidung nach privaten, behördlichen oder Firmen-Fahrzeugen . Ferner beziehen sich die genannten Fallzahlen lediglich auf die Anzahl der verübten Brandanschläge . Die Anzahl der dabei beschädigten Fahrzeuge – durch ein mögliches Übergreifen des Feuers auf benachbart abgestellte Kraft- fahrzeuge – ist aller Erfahrung nach deutlich höher . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 201617960 (A) (C) (B) (D) Eine diesbezügliche händische Auswertung der Fall- meldungen („KTA´s“) war in der Kürze der zur Verfü- gung stehenden Zeit leider nicht möglich . Anlage 4 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Fra- ge des Abgeordneten Dr. André Hahn (DIE LINKE) (Drucksache 18/8998, Frage 2): Inwieweit kann der Bundesminister des Innern, Dr . Thomas de Maizière, die in dem Artikel „DOSB-Präsident Alfons Hörmann stellt die Vertrauensfrage“ (FAZ vom 30 . Juni 2016) beschriebenen Auseinandersetzungen zur zukünftigen För- derung und Entwicklung des Leistungssports in Deutschland bestätigen, und inwieweit besitzt der Abteilungsleiter Sport des Bundesministeriums des Innern (BMI) noch das uneinge- schränkte Vertrauen des Bundesministers? Es handelt sich bei diesem Vorgang um eine Ange- legenheit des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und seiner Mitgliedsverbände . Der Bundes- minister des Innern äußert sich zu solchen Vorgängen grundsätzlich nicht . Für ihn ist jetzt vor allem wichtig, die von ihm initiierte Neustrukturierung der Spitzen- sportförderung mit dem DOSB, den Ländern und den an- deren involvierten Institutionen und Personen zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen . Er ist zuversichtlich, dass dies gelingen wird und hat keinen Zweifel, dass alle Beteiligten mit aller Kraft ihre Kompetenzen in diesen Prozess einbringen . Anlage 5 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Fra- ge der Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Drucksache 18/8998, Frage 3): Wie begründet die Bundesregierung die Vereinbarkeit der mit dem Integrationsgesetz geplanten Wohnsitzauflagen mit höherrangigem Recht, da diese unter anderem nur dann zulässig wären, wenn sie einer besseren Integration dienten (Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 1 . März 2016, C-443/14 und 444/14), wogegen aber die empirischen Daten sprechen (zumindest konnte die Bundesregierung auf meine schriftliche Frage 26 auf Bundestagsdrucksache 18/8766 kei- ne empirischen Daten zur Wirksamkeit von Wohnsitzauflagen für anerkannte Flüchtlinge zum Zweck ihrer besseren Inte- gration benennen), zumal zum Beispiel der Sachverständige Professor Dr . Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit aufgrund empirischer Daten davon ausgeht, dass Wohnsitzauflagen zu niedrigeren Beschäftigungsquoten „im zweistelligen Bereich“ und zu anfänglich geringeren Löhnen führen (vergleiche vor- läufiges Protokoll der Anhörung vom 20. Juni 2016, Seite 24; bitte ausführen), und inwieweit sieht die Bundesregierung bei der mit dem Integrationsgesetz geplanten rückwirkenden Regelung zu Verpflichtungserklärungen den Vertrauensschutz gewahrt bei Personen, die im Vertrauen darauf, dass nach Auf- fassung jedenfalls einiger Bundesländer die Verpflichtung mit einer Flüchtlingsanerkennung endet, entsprechende Verpflich- tungserklärungen abgegeben haben (vergleiche Stellungnah- me der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbän- de, Ausschussdrucksache 18(11)662, Seite 4)? Die im Entwurf eines Integrationsgesetzes enthaltene Wohnsitzregelung wird nach Auffassung der Bundesre- gierung den besonderen Integrationsanforderungen ge- recht, die für den betroffenen Personenkreis, insbeson- dere auch für Schutzberechtigte im Vergleich zu anderen Drittstaatsangehörigen bestehen . Die Regelung erfüllt vor diesem Hintergrund die europarechtlichen Vorgaben an die integrationspolitische Rechtfertigung einer Wohn- sitzregelung für international Schutzberechtigte . Durch die mit dem Integrationsgesetz geplanten Neu- regelungen zur Beschränkung der Haftung aus Verpflich- tungserklärungen wird erstmals eine gesetzliche Begren- zung der Geltungsdauer von Verpflichtungserklärungen eingeführt . Diese Begrenzung schützt Verpflichtungsgeber erst- mals vor zeitlich unabsehbaren finanziellen Belastungen. Dies gilt insbesondere für die sogenannten Altfälle, die ihre Verpflichtungserklärungen bereits vor dem In- krafttreten des Gesetzes abgegeben haben und die sich verpflichtet haben, für alle für den Verpflichtungsnehmer anfallenden öffentlichen Kosten bis zu dessen Ausreise zu haften. Inwieweit einzelne Bundesländer Verpflichtungs- gebern eine zeitliche Begrenzung der Verpflichtungser- klärung etwa für den Fall einer Anerkennung desjenigen, für den die Verpflichtungserklärung abgegeben worden ist, als international Schutzberechtigter in Aussicht ge- stellt haben, ist der Bundesregierung nicht bekannt . Anlage 6 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Frage der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE) (Drucksa- che 18/8998, Frage 4): Wie hoch war die Zahl der im EASY-System registrierten Asylsuchenden im Monat Juni 2016 (bitte neben der Gesamt- zahl auch die Daten für die wichtigsten fünf Herkunftsländer; die Gesamtzahl der sechs Länder des Westbalkans, Tunesien, Marokko und Algerien gesondert nennen), und wie viele der an den bundesdeutschen Grenzen bei der unerlaubten Einreise kontrollierten Personen wurden im ersten Halbjahr 2016 zu- rückgewiesen (soweit vorliegend, bitte nach Monaten und den drei wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)? Im Monat Juni 2016 wurden im EASY-System insge- samt 16 335 Asylsuchende registriert . Hauptherkunftsländer waren – Syrien mit 2 615, – Afghanistan mit 2 355, – Irak mit 1 277, – Russische Föderation mit 1 201 und – Eritrea mit 1 157 Asylsuchenden . Aus den sechs Ländern des Westbalkans, das heißt den Herkunftsstaaten Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien, stamm- ten 1 025 der registrierten Asylsuchenden . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 17961 (A) (C) (B) (D) Aus den drei erfragten Maghreb-Staaten sind insge- samt 276 Asylsuchende in EASY registriert, davon ent- fielen auf Marokko 150, auf Algerien 95 und auf Tunesi- en 31 Personen . Statistische Angaben anhand der Polizeilichen Ein- gangsstatistik der Bundespolizei liegen zum gegenwärti- gen Zeitpunkt für den Zeitraum von Januar bis Mai 2016 vor . Danach wurden in diesem Zeitraum 12 113 Perso- nen an den deutschen Grenzen zurückgewiesen, darunter 2 216 afghanische, 1 226 syrische und 1 069 irakische Staatsangehörige . Die Aufgliederung nach Monaten kann einer Tabelle entnommen werden, die zu Protokoll gegeben wird . Zurückweisungen an den deutschen Grenzen Januar bis Mai 2016 Januar Februar März April Mai Gesamt Gesamt 5 166 2 738 1 359 1 519 1 331 12 113 Afghanistan 1 206 565 63 69 313 2 216 Syrien 611 361 70 72 112 1 226 Irak 551 327 47 64 80 1 069 Anlage 7 Antwort des Parl . Staatssekretärs Christian Lange auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Druck- sache 18/8998, Frage 6): Auf welche Weise werden derzeit die Krim oder den Don- bass betreffende deutsche, ukrainische oder russische Rechts- hilfeersuchen beeinträchtigt, wenn die zuständigen Behör- den beispielsweise gegenseitig zu Beweissicherungs- oder sonstigen Ermittlungsersuchen bzw . -anordnungen angefragt werden, und welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Frage einer (womöglich auch EU-einheitlichen oder über den Europarat zustande gekommenen) Regelung, ob solche Rechtshilfeersuchen zukünftig ausschließlich über ein noch zu schaffendes Abkommen mit Behörden in der Ukraine ausge- tauscht werden sollten oder dafür lieber bestehende Abkom- men mit Russland genutzt werden sollten? Ihre Frage betrifft zwei verschiedene Themen, zum einen die aktuelle strafrechtliche Zusammenarbeit, zum anderen die nach einer künftigen Regelung der Zusam- menarbeit . Derzeit werden keine Rechtshilfeersuchen um Maß- nahmen, die auf den von der Russischen Föderation be- setzten Gebieten der Ukraine durchgeführt werden müss- ten, gestellt . Belastbare Erkenntnisse zum Rechtshilfeverkehr zwi- schen der Ukraine und der Russischen Föderation liegen der Bundesregierung nicht vor . Grundlage für die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und sowohl der Russi- schen Föderation als auch der Ukraine ist das Europä- ische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsa- chen vom 20 . April 1959 sowie die jeweils anwendbaren Zusatzprotokolle . Sowohl die Krim als auch die derzeit nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebiete in der Ostukraine sind nach Auffassung der Bundesregierung nach wie vor untrennbarer Bestandteil des Staatsgebiets der Ukraine . Anlage 8 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Klaus Ernst (DIE LINKE) (Drucksache 18/8998, Frage 7): In wie vielen Fällen wurde seit dem Jahr 2008 die Hinter- ziehung von Sozialversicherungsbeiträgen infolge von illega- ler Arbeitnehmerüberlassung festgestellt, und wie wurden die entsprechenden Verstöße geahndet (bitte jährlich aufgeschlüs- selt und getrennt nach Geld- und Freiheitsstrafe angeben)? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darü- ber vor, in wie vielen Fällen seit 2008 die Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen infolge von illegaler Arbeitnehmerüberlassung festgestellt wurde und wie die entsprechenden Straftaten nach § 266a StGB sanktioniert wurden . Anlage 9 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Klaus Ernst (DIE LINKE) (Drucksache 18/8998, Frage 8): Wie hoch waren die Nachforderungen hinterzogener So- zialversicherungsbeiträge infolge illegaler Arbeitnehmerü- berlassung seit dem Jahr 2008 (bitte jährlich aufschlüsseln), und welche rechtlichen und faktischen Folgen hat es nach Auffassung der Bundesregierung für einen illegal entliehenen Arbeitnehmer, wenn dieser die ihm nach dem vorliegenden Entwurf des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) ge- gebene Möglichkeit nutzt, dem Zustandekommen eines Ar- beitsvertrags mit dem Entleiher zu widersprechen, wenn der Verleiher keinen legalen Arbeitsplatz hat, also lediglich über Arbeitsplätze verfügt, die dem Zweck der illegalen Entleihung dienen? Zu der Frage, wie hoch die Nachforderungen hinterzo- gener Sozialversicherungsbeiträge infolge illegaler Ar- beitnehmerüberlassung seit 2008 waren, liegen der Bun- desregierung keine Erkenntnisse vor . In der Statistik der Deutschen Rentenversicherung Bund werden die Gründe der Beitragsnachforderungen im Hinblick auf eine Un- terscheidung von Sachverhalten der illegalen Beschäfti- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 201617962 (A) (C) (B) (D) gung/Schwarzarbeit bzw . der Scheinselbständigkeit oder der illegalen Arbeitnehmerüberlassung nicht gesondert ausgewiesen . § 10 Absatz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) sieht vor, dass der ohne die nach § 1 AÜG erfor- derliche Erlaubnis von seinem Arbeitgeber einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassene Leiharbeitnehmer per Gesetz zum Arbeitnehmer des Entleihers wird . Diese Rechtsfolge führt in der Regel zu einem sachgerechten und im Interesse des Leiharbeitnehmers liegenden Er- gebnis . Deshalb ist diese Regelung im Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze (Bundesratsdrucksache 294/16) beibehalten und ihr An- wendungsbereich auf die neu geregelten Fälle verdeckter und überlanger Arbeitnehmerüberlassung erweitert wor- den . In Einzelfällen jedoch kann es für den betroffenen Leiharbeitnehmer günstiger sein, an seinem bisherigen Arbeitsverhältnis festzuhalten . Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn nur im Betrieb des Verleihers der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzge- setz Anwendung findet. Denkbar ist auch, dass im Be- trieb des Verleihers eine ordentliche Kündigung kraft Vereinbarung oder kraft Gesetzes ausgeschlossen ist oder sich das Unternehmen des Entleihers in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet. Der Gesetzentwurf sieht daher vor, dass der Leiharbeitnehmer erklären kann, an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festzuhalten . Dieses Widerspruchsrecht schützt die Berufsfreiheit der betrof- fenen Leiharbeitnehmer nach Artikel 12 des Grundgeset- zes . Der Widerspruch führt nicht dazu, dass die illegale Arbeitnehmerüberlassung nachträglich legalisiert wird . Inwieweit der Verleiher Beschäftigungsmöglichkeiten hat, hängt vom jeweiligen Unternehmen des Verleihers ab und kann von dem betroffenen Leiharbeitnehmer bei der Entscheidung, das Widerspruchsrecht auszuüben, be- rücksichtigt werden . Sollte der Leiharbeitnehmer erklären, an dem Arbeits- vertrag mit dem Verleiher festhalten zu wollen, obwohl der Verleiher keine legale Beschäftigungsmöglichkeit hat, so kommt es für die rechtlichen Folgen entscheidend darauf an, ob der Widerspruch rechtswirksam ist und wie die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen zwischen Ver- leiher und Leiharbeitnehmer ausgestaltet sind . Liegen die Voraussetzungen eines Annahmeverzugs vor, so hat der Verleiher des Leiharbeitnehmers das Arbeitsentgelt auch ohne Arbeitsleistung zu gewähren . Gegebenenfalls kann auch eine Verpflichtung des Verleihers entstehen, dem Leiharbeitnehmer den aus dem Fortfall des Arbeits- entgeltanspruchs entstehenden Schaden zu ersetzen . Anlage 10 Antwort der Parl . Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller auf die Frage der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) (Drucksache 18/8998, Frage 9): Wie viele (meldepflichtige) Wegeunfälle ereigneten sich nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils in den Jahren von 2005 bis 2015, und wie viele davon waren tödlich? Der Bundesregierung liegen Daten zur gesetzlichen Unfallversicherung bis zum Berichtsjahr 2014 vor . Im Jahr 2005 gab es rund 188 000 meldepflichtige Wegeun- fälle; davon waren 572 tödlich . Im Jahr 2014 gab es rund 176 000 meldepflichtige Wegeunfälle; davon waren 332 tödlich . Die Daten aus den Jahren 2005 bis 2014 lau- ten im Einzelnen wie folgt: Meldepflichtige Wegeunfälle in der gesetzlichen Unfallversicherung Jahr Anzahl darunter (Sp . 2): tödliche Wegeunfälle 1 2 3 2005 187 830 572 2006 193 983 555 2007 169 691 521 2008 179 191 478 2009 181 232 375 2010 226 554 373 2011 190 784 400 2012 178 661 403 2013 187 971 326 2014 176 443 332 2015 * * * aktuelleres Datenmaterial liegt der Bundesregierung nicht vor . Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Statistischer und finanzieller Bericht zur ge- setzlichen Unfallversicherung Anlage 11 Antwort der Parl . Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller auf die Frage der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) (Drucksache 18/8998, Fra- ge 10): Wie viele (meldepflichtige) Wegeunfälle ereigneten sich nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils in den Jahren von 2005 bis 2015 je 1 000 Versicherungsverhältnissen? Der Bundesregierung liegen Daten zur gesetzlichen Unfallversicherung bis zum Berichtsjahr 2014 vor . Im Jahr 2005 gab es 4,4 meldepflichtige Wegeunfälle je 1 000 Versicherungsverhältnisse . Im Jahr 2014 waren es 3,55 meldepflichtige Wegeunfälle je 1 000 Versiche- rungsverhältnisse . Die Daten für die Jahre 2005 bis 2014 lauten im Ein- zelnen wie folgt: Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 17963 (A) (C) (B) (D) Meldepflichtige Wegeunfälle in der gesetzlichen Unfallversicherung Jahr Anzahl je 1000 Versiche-rungsverhältnisse 1 2 3 2005 187 830 4,40 2006 193 983 4,42 2007 169 691 3,76 2008 179 191 3,95 2009 181 232 3,96 2010 226 554 4,91 2011 190 784 4,08 2012 178 661 3,70 2013 187 971 3,85 2014 176 443 3,55 2015 * * * aktuelleres Datenmaterial liegt der Bundesregierung nicht vor . Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Statistischer und finanzieller Bericht zur ge- setzlichen Unfallversicherung Anlage 12 Antwort der Parl . Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller auf die Frage des Abgeordneten Dr. Wolfgang Streng- mann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksa- che 18/8998, Frage 15): Warum sollen Menschen, die sowohl Eingliederungshilfe als auch Hilfe zur Pflege erhalten, künftig zwei nach unter- schiedlichen Methoden berechnete Eigenanteile leisten, und in welchen Fällen bzw . Fallkonstellationen wird die Doppelan- rechnung greifen (bitte Beispiele nennen)? Mit dem Bundesteilhabegesetz soll das Recht der Eingliederungshilfe aus dem sozialhilferechtlichen Für- sorgesystem herausgeführt werden . Das derzeitige, dem Fürsorgegedanken verpflichtete Anrechnungsverfahren wird durch ein Beitragsverfahren ersetzt . Ziel des Bei- tragsmodells ist es, größere Anreize zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu schaffen . Die Gewährung von Hilfe zur Pflege hingegen ver- bleibt als Fürsorgeleistung im Recht der Sozialhilfe . Sie ist weiterhin eine Ergänzung zur Pflegeversicherung, wenn der notwendige Pflegebedarf nicht aus eigenen Einkünften und Leistungen der Pflegeversicherung ge- deckt werden kann und in den Fällen, in denen keine An- sprüche auf Leistungen der Pflegeversicherung bestehen. Wegen der dann unterschiedlichen Leistungsgesetze gelten auch unterschiedliche Leistungsvoraussetzungen . In Fallkonstellationen, in denen ein erwerbstätiger Mensch mit Behinderungen gleichzeitig auf Leistungen der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege ange- wiesen ist, wird die gesamte Leistung als Eingliede- rungshilfe erbracht . Es gibt keine Doppelanrechnung . Für nicht erwerbstätige Menschen mit Behinderungen, die Eingliederungshilfe nach dem SGB IX und Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII beziehen, vermeidet die neu- geschaffene Regelung des § 89 Absatz 2 Satz 3 SGB XII in Artikel 13 des Gesetzentwurfes zum Bundesteilhabe- gesetz Doppelbelastungen: In diesen Fällen ist nur die Hälfte des über der Ein- kommensgrenze liegenden Einkommens für die Ein- kommensheranziehung in der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII zu berücksichtigen . Somit kann es auch hier nicht zu einer Doppelanrechnung kommen . Anlage 13 Antwort des Parl . Staatssekretärs Peter Bleser auf die Frage des Abgeordneten Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 18/8998, Frage 22): Welche Daten zur Belastung von Honig mit Glypho- sat-Rückständen liegen der Bundesregierung vor, und wie beabsichtigt die Bundesregierung, eine wiederholte Über- schreitung von Rückstandshöchstmengen zu unterbinden, zum Beispiel durch ein Verbot der Ausbringung von Glyphosat während der Blüteperiode? Der Bundesregierung liegen aus den vergangenen fünf Jahren keine Daten zu Ergebnissen der amtlichen Le- bensmittelüberwachung der Länder über Rückstände des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Glyphosat in Honig vor. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebens- mittelsicherheit (BVL) wurde am 14 . Juni 2016 vom Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung des Landes Brandenburg über einen Einzelfund von Glyphosat in Honig informiert, der den geltenden Rückstandshöchstgehalt (analytische Bestim- mungsgrenze) von 0,05 mg/kg Glyphosat in Honig um ein Vielfaches überschreitet . Darüber wurden auch alle Länder unmittelbar informiert . Ferner wurden dem BVL über Brandenburg zwei weitere Ergebnisse aus der Eigenkontrolle gemeldet, die über dem Höchstgehalt liegen . Eine amtliche Bestäti- gung hierzu liegt nicht vor . Zur Vermeidung von Höchstmengenüberschreitungen im Honig sollte die Anwendung glyphosathaltiger Herbi- zide in blühenden Pflanzenbeständen, sofern sie als Bie- nentracht infrage kommen, vermieden werden . Dies ent- spricht auch der Empfehlung des Landes Brandenburg . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 201617964 (A) (C) (B) (D) Anlage 14 Antwort des Parl . Staatssekretärs Peter Bleser auf die Frage des Abgeordneten Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 18/8998, Frage 23): Welche Ergebnisse hat die Sitzung des für Pestizide zu- ständigen Regelungsausschusses vom 27 ./28 . Juni 2016 ge- bracht (http://ec .europa .eu/food/plant/standing_committees/ sc_phytopharmaceuticals/index_en .htm), in der es um mög- liche Anwendungsbeschränkungen für den Pestizidwirkstoff Glyphosat ging, und welche Konsequenzen werden diese Er- gebnisse möglicherweise für die Anwendung glyphosathalti- ger Pestizide in Deutschland haben? In der Sitzung des Ständigen Ausschusses für Pflan- zen, Tiere, Futtermittel und Lebensmittel am (SCoPAFF) am 27 ./28 . uni 2016 erfolgte keine formale Abstimmung des Kommissionsvorschlages zur Änderung der Durch- führungsverordnung 540/2011 in Bezug auf die Bedin- gungen für die Genehmigung des Pflanzenschutzmittel- wirkstoffs Glyphosat . Die Bedingungen der aktuellen Genehmigung bleiben daher weiterhin gültig . Anlage 15 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Ralf Brauksiepe auf die Frage der Abgeordneten Katrin Kunert (DIE LINKE) (Drucksache 18/8998, Frage 24): Wie lang ist aktuell die durchschnittliche Bearbeitungsdau- er bei Wehrdienstbeschädigungsverfahren im Zusammenhang mit einer Radarstrahlenerkrankung vom Antragseingang bis zum Antragsbescheid, und um welche Zeitspanne konnte die durchschnittliche Bearbeitungsdauer in den letzten fünf Jahren verkürzt werden? Derzeit beträgt die durchschnittliche Bearbeitungs- dauer der Wehrdienstbeschädigungsverfahren – kurz WDB-Verfahren – im Zusammenhang mit Radarstrah- lung ca . 13 Monate . Für die Anträge von ehemaligen Soldatinnen und Sol- daten – diese Personengruppe bildet in den „Radarverfah- ren“ den überwiegenden Teil der Antragsteller – waren bis zum 31 . Dezember 2014 die Versorgungsverwaltun- gen der Bundesländer zuständig . Zu den Bearbeitungs- zeiten der Länder liegen keine Informationen vor, sodass die Bearbeitungsdauer in den zurückliegenden Jahren nicht verlässlich dargestellt werden kann . Damit kann auch keine Zeitspanne hinsichtlich der Verkürzung der Bearbeitungsdauer in den letzten fünf Jahren angegeben werden . Es ist zu erwarten, dass sich die Bearbeitungsdauer durch eine Vielzahl von Maßnahmen zur Beschleunigung der WDB-Verfahren verkürzen wird . Anlage 16 Antwort der Parl . Staatssekretärin Elke Ferner auf die Frage der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 25): Wann wird die Bundesregierung den ersten jährlichen Be- richt über die Situation unbegleiteter minderjähriger Geflüch- teter vorlegen, zu dem sie nach § 42e SGB VIII gesetzlich ver- pflichtet ist, und auf welcher Quellenbasis soll dieser Bericht erarbeitet werden? Die Bundesregierung wird den Bericht bis zum Ende dieses Jahres vorlegen . Der Bericht der Bundesregierung zur Situation unbe- gleiteter ausländischer Minderjähriger wird sich auf fol- gende Datenbasis beziehen: 1 . Amtliche und nichtamtliche Statistiken, wie die Kin- der- und Jugendhilfestatistik, Ausländerzentralregis- ter, Asylstatistiken, Polizeiliche Kriminalstatistik 2 . Verwaltungsdaten des Bundesverwaltungsamtes (BVA) 3 . Befragung der für die Umsetzung der bundeswei- ten Aufnahmepflicht für unbegleitete minderjährige ausländische Kinder und Jugendliche zuständigen Landesstellen bzw . der dafür zuständigen Behörden 4 . Befragung der Landesjugendämter (sofern von 3 . abweichend), der kommunalen Spitzenverbände so- wie freier Träger und ausgewählter Fachverbände 5 . Interviews mit ausgewählten Expertinnen und Ex- perten . Anlage 17 Antwort der Parl . Staatssekretärin Elke Ferner auf die Frage der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 26): Wer soll mit der Erarbeitung des in § 42e SGB VIII ge- regelten jährlichen Berichts über die Situation unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter betraut werden, und soll zu die- sem Zweck ein unabhängiges Institut hinzugezogen werden? Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wird den Bericht erstellen . Grundlage hier- für sind Erhebungsergebnisse und Datenzusammenstel- lungen, die die Dortmunder Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik, Technische Universität Dortmund, erarbeiten wird . Anlage 18 Antwort der Parl . Staatssekretärin Elke Ferner auf die Frage der Abgeordneten Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 27): Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus den Er- kenntnissen des Zeit-Online-Artikels vom 30 . Juni 2016 „Was http://ec.europa.eu/food/plant/standing_committees/sc_phytopharmaceuticals/index_en.htm http://ec.europa.eu/food/plant/standing_committees/sc_phytopharmaceuticals/index_en.htm Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 17965 (A) (C) (B) (D) macht ihr da mit unseren Kindern?“, dass in vielen Kitas nicht einmal die Grundbedürfnisse der Kinder befriedigt werden, für eine Einführung eines Kitaqualitätsgesetzes, und wie sieht hier der Zeitplan aus? Die Bundesregierung sieht trotz aller Verbesserungen in den vergangenen Jahren weiterhin einen Weiterent- wicklungsbedarf bei der Qualität der Kindertagesbetreu- ung in Deutschland . Weil qualitative Verbesserungen nur in einer ge- meinsamen nationalen Kraftanstrengung gelingen, hat Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig mit den Ländern in 2014 einen gemeinsamen Qualitätsentwick- lungsprozess unter enger Beteiligung der Kommunalen Spitzenverbände und im Dialog mit Verbänden ins Leben gerufen . Der Zeitplan sieht vor, dass Ende 2016 Bund und Länder einen ersten Zwischenbericht vorlegen wer- den . Auf der Grundlage dieses Zwischenberichts werden Bund und Länder weitere Maßnahmen verabreden . Die Ergebnisse des aktuellen Ländermonitors Früh- kindliche Bildungssysteme 2016 der Bertelsmann-Stif- tung zeigen, dass der Qualitätsentwicklungsprozess be- reits Früchte trägt . Anlage 19 Antwort der Parl . Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf die Frage des Abgeordneten Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 28): Welche Konsequenzen zieht Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe aus dem einstimmigen Beschluss der Gesund- heitsministerkonferenz der Länder, den generellen Ausschluss von homo- und bisexuellen Männern von der Blutspende auf- zuheben? Der einstimmige Beschluss der Gesundheitsminister- konferenz der Länder lautet: „Die GMK bittet das Bundesministerium für Gesund- heit, die Auswirkungen des Urteils des Europäischen Ge- richtshofs vom 29 . April 2015 auf die Änderungen der Spenderauswahlkriterien in den bestehenden nationalen Vorschriften darzulegen .“ Der Gesetzgeber hat die medizinische Beurteilung zu Fragen der Blutspenderauswahl nach § 12a Transfusi- onsgesetz der Bundesärztekammer übertragen . Die Blutspenderauswahl in Deutschland erfolgt risi- kobasiert . Die sexuelle Orientierung spielt dabei keine Rolle. Oberste Priorität bei der Entscheidungsfindung über die Zulassung zur Blutspende hat der Schutz des Empfängers vor einer vermeidbaren Infektion . Gegenwärtig erfolgt eine Überarbeitung der Blut- spenderauswahlkriterien im Rahmen einer Neufassung der Hämotherapierichtlinien . Dazu bewertet ein Exper- tengremium aus Mitgliedern der Bundesärztekammer und des Arbeitskreises Blut des Bundesministeriums für Gesundheit die neuesten epidemiologischen Daten sowie die Erkenntnisse zu den neuesten Testsystemen . Anlage 20 Antwort des Parl . Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Frage des Abgeordneten Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 29): Weshalb erklärt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf Frage 3 in der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/8588 nach der durchgehenden Elektrifizierung der Süd- bahn und der Bodenseegürtelbahn von Ulm über Friedrichs- hafen bis Lindau, dass der Bund für die Realisierung „nicht zuständig“ sei, obwohl er einen Finanzierungsvertrag mit dem Land hierüber abgeschlossen hat, und weshalb wird im Ver- kehrsentwicklungsbericht, der dem Deutschen Bundestag mit Datum vom 14 . Juni 2016 zugestellt wurde, auf Seite 88 aus- gesagt, der Baubeginn für dieses Projekt sei „vsl . 2018“ und die Inbetriebnahme „vsl . 2021“, obwohl der Parlamentarische Staatssekretär Norbert Barthle auf meine mündliche Frage 7, Plenarprotokoll 18/132, erklärte, es sei von einem Baubeginn im Jahr 2017 auszugehen? Die Bundesregierung stellt in ihrer Antwort zu Fra- ge 3 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 18/8588 dar, dass das Bedarfsplanvorhaben ABS Ulm – Friedrichs- hafen – Lindau-Aeschach (sog . Südbahn) durchgängig elektrifiziert werden wird. Als „Bodenseegürtelbahn“ wird die durchgehend ein- gleisige Eisenbahnstrecke von Strahlingen über Über- lingen und Friedrichshafen nach Lindau – Aeschach bezeichnet . Das Projekt „Bodenseegürtelbahn“ wurde in der Erstbewertung intensiv untersucht . Im Ergebnis würde der Ausbau praktisch ausschließlich dem Schie- nenpersonennahverkehr dienen, da kein nennenswerter Schienengüterverkehr und kein eigenwirtschaftlicher Schienenpersonenverkehr zu erwarten ist . Eine Aufnah- me in den Bedarfsplan Schiene konnte bislang nicht er- folgen . Als alternative Finanzierungsmöglichkeit wurde in der Antwort zu Frage 3 auf die Zuständigkeit des Lan- des verwiesen . Herr Parlamentarischer Staatsekretär Norbert Barthle gab in der Fragestunde am 4 . November 2015 den damals der Bundesregierung von der Vorhabenträgerin genann- ten vsl . Termin für den geplanten Baubeginn der sog . Südbahn wieder . Die Antragsunterlagen der Vorhaben- trägerin für den Abschluss der Finanzierungsvereinba- rung Bund/DB AG wurden zu einem späteren Zeitpunkt vorgelegt und weisen einen Baubeginn für vsl . 2018 aus . Diese aktuellere Information der Vorhabenträgerin wur- de in dem Verkehrsinvestitionsbericht für den Berichts- zeitraum 2014, BT-Drs . 18/8800 vom 14 . Juni 2016, dar- gestellt . Anlage 21 Antwort des Parl . Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Frage des Abgeordneten Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 30): Wo wird geregelt, welche Anforderungen Rollstühle für die Sicherheit der Menschen mit Behinderung, die im Roll- stuhl sitzend in Pkw (darunter auch sogenannte Bürgerbusse bis 3,5 t mit höchstens neun Sitzplätzen inklusive Fahrersitz) befördert werden, erfüllen müssen, wenn die von der Bun- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 201617966 (A) (C) (B) (D) desregierung geplante Verordnung zur Änderung straßenver- kehrsrechtlicher Vorschriften lediglich fahrzeugseitige Roll- stuhlrückhaltesysteme und Rollstuhlnutzerrückhaltesysteme, nicht aber Anforderungen an Rollstühle regeln soll (vergleiche Bundestagsdrucksache 18/8634), und wie wird sichergestellt, dass die Krankenkassen Rollstühle finanzieren, die diese An- forderungen erfüllen? Die 51 . Verordnung zur Änderung straßenverkehrs- rechtlicher Vorschriften ist am 29 . Juni 2016 im Bundes- gesetzblatt veröffentlicht worden . Rollstühle sind Medizinprodukte im Sinne der Medi- zinprodukterichtlinie 93/42/EWG, die durch das Medi- zinproduktegesetz und die Medizinprodukte-Verordnung in deutsches Recht umgesetzt worden ist . Das Medizin- produkterecht regelt die Voraussetzungen für das erst- malige Inverkehrbringen von Medizinprodukten . Die danach vom Verantwortlichen für das erstmalige Inver- kehrbringen (das ist in der Regel der Hersteller) einzuhal- tenden grundlegenden Anforderungen an die Beschaffen- heit dieser Produkte werden häufig durch harmonisierte Normen konkretisiert . So darf gemäß den harmonisierten Normen DIN EN 12183/12184 der Verantwortliche für das erst- malige Inverkehrbringen eines Rollstuhls diesen nur dann als für die Nutzung als Sitz in einem Kraftfahrzeug geeignet ausloben, wenn er die in der Norm geforderten Auslegungs-, Leistungs- und Prüfungsanforderungen er- füllt . Die genannten Normen richten sich allein an die Hersteller bzw . sonstigen Verantwortlichen für das erst- malige Inverkehrbringen von Rollstühlen . Sie regeln mithin nicht die straßenverkehrsrechtliche Zulässigkeit der Verwendung von Rollstühlen, die nicht nach diesen Normen hergestellt und geprüft wurden, als Sitz in Kraft- fahrzeugen . Die Übernahme der Kosten für die Ausstattung von Rollstühlen, mit denen Menschen mit Behinderung im Rollstuhl sitzend transportiert werden, kann durch die gesetzlichen Krankenkassen nur in den Fällen erfol- gen, in denen der Transport von im Rollstuhl sitzenden Versicherten mit einem Kraftfahrzeug in die Leistungs- zuständigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) fällt . Die GKV ist im Rahmen der medizinischen Rehabilitation nur dafür zuständig, dem Versicherten die Erschließung des Nahbereichs der Wohnung zu ermögli- chen . Dies geschieht durch die Versorgung mit Gehhil- fen, Rollstühlen oder Elektromobilen . Als Ausnahmefälle sind durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts insoweit lediglich der Transport von Schülern zur Erfül- lung der Schulpflicht und der Besuch von medizinischen Versorgungseinrichtungen für besondere, im Nahbereich der Wohnung regelmäßig nicht verfügbare medizinische Versorgungen anerkannt (vgl . Urteil des Bundessozialge- richts vom 20 . November 2008 – B 3 KR 6/08) . Anlage 22 Antwort des Parl . Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Frage des Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 31): Welche Aktivitäten hat die Bundesregierung für eine No- vellierung der EU-Richtlinie 2015/719 bisher entwickelt, und welche Änderungen des § 70 der Straßenverkehrs-Zulas- sungs-Ordnung plant die Bundesregierung, um den Einsatz von Doppelgelenkbussen und Buspersonenanhängerzügen im Nahverkehr unbefristet zu ermöglichen? Die Richtlinie (EU) 2015/719 zur Änderung der Richtlinie 96/53/EG beinhaltet mehrere Änderungen zu Massen und Abmessungen, die eine nationale Umset- zung erfordern . Die dabei wesentlichen Änderungen zur Erhöhung der zulässigen Gesamtmasse bei Kraftfahr- zeugen mit alternativer Antriebstechnik sowie die Än- derung der maximalen Gesamtmasse bei zweiachsigen Kraftfahrzeugen mit einem dreiachsigem Sattelanhänger im kombinierten (intermodalen) Verkehr werden mit den Änderungen der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung im Rahmen der neuen Fahrzeug-Untersuchungs-Verord- nung nach aktueller Planung fristgerecht bis zum 7 . Mai 2017 umgesetzt . Die Anhebung der zulässigen Gesamt- masse bei zweiachsigen Kraftomnibussen auf 19,5 Ton- nen erfolgte bereits mit der 51 . Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 17 . Juni 2016 . Die Umsetzung weiterer Änderungen (Überprü- fung im Verkehr befindlicher Fahrzeuge, die mutmaßlich das zulässige Gewicht überschritten haben) ist bis zum 27 . Mai 2021 erforderlich . Im Rahmen der nationalen Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/719 ist keine Änderung des § 70 der Straßen- verkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) geplant . Anlage 23 Antwort des Parl . Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Frage des Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 32): Welche Ergebnisse liegen der Bundesregierung für das ge- plante Vorhaben der öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) „Ausbau der B 247 zwischen Leinefelde und dem Andisle- bener Kreuz (B 176)“ bezüglich der vorläufigen bzw. der ab- schließenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung vor? Für die vorläufige oder abschließende Wirtschaftlich- keitsuntersuchung zum ÖPP-Projekt B 247 liegen noch keine Ergebnisse vor. Die vorläufige Wirtschaftlichkeits- untersuchung wird derzeit unter Analyse verschiedener Projektvarianten vorbereitet . Anlage 24 Antwort des Parl . Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Fra- ge des Abgeordneten Herbert Behrens (DIE LINKE) (Drucksache 18/8998, Frage 33): Wie viele Stellungnahmen wurden im Rahmen der Öf- fentlichkeitsbeteiligung zum Bundesverkehrswegeplan (BVWP 2030) zum Projekt A20-G10-NI-SH (siehe www . bmvi .de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/ BVWP/bvwp-2030-gesamtplan .pdf?_blob=publicationFi- le; bitte inklusive der Stellungnahmen zur Elbquerung an- geben) eingereicht, und welche Konsequenzen zieht die http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/BVWP/bvwp-2030-gesamtplan.pdf?_blob=publicationFile http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/BVWP/bvwp-2030-gesamtplan.pdf?_blob=publicationFile http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/BVWP/bvwp-2030-gesamtplan.pdf?_blob=publicationFile http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/BVWP/bvwp-2030-gesamtplan.pdf?_blob=publicationFile Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 17967 (A) (C) (B) (D) Bundesregierung aus dem Umstand, dass dieses Projekt mit -498,8 Millionen Euro den geringsten Umweltnutzen aller un- tersuchten Projekte hat (siehe www .bmvi .de/SharedDocs/DE/ Anlage/VerkehrUndMobilitaet/BVWP/bvwp-2030-umwelt- bericht-nicht-technische-zusammenfassung .pdf?_blob=publi- cationFile)? Das Bundesministerium für Verkehr und digitale In- frastruktur nimmt keine quantitative Auswertung der ein- gegangenen Stellungnahmen vor . Einsender, Herkunft und Anzahl der Stellungnahmen spielen für die Behör- den- und Öffentlichkeitsbeteiligung keine Rolle, da es sich nicht um ein Abstimmungsverfahren handelt . Das Verfahren zur Auswertung der Stellungnahmen zielt so- mit nicht auf eine Auszählung ab . Es analysiert relevante fachlich-inhaltliche Argumente unabhängig davon, wie oft diese vorgebracht werden . Der Umweltnutzen stellt eine Komponente im Nut- zen-Kosten-Verhältnis dar . Zudem werden nicht-mo- netarisierte Umweltauswirkungen in der umwelt- und naturschutzfachlichen Beurteilung betrachtet . Ziel der Nutzen-Kosten-Analyse ist es, die monetarisierbaren Vor- und Nachteile in einen vergleichbaren Maßstab zu überführen . Weiterhin können die absoluten Nutzenwer- te nicht ohne Weiteres interpretiert werden, ohne sie ins Verhältnis zu setzen zu den nicht-monetarisierten Um- weltauswirkungen, den städtebaulichen und Raumwir- kungen . Die A20-G10-NI-SH erzielt ein Nutzen-Kos- ten-Verhältnis von 1,9 . Anlage 25 Antwort des Parl . Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Fra- ge des Abgeordneten Herbert Behrens (DIE LINKE) (Drucksache 18/8998, Frage 34): Wie bewertet die Bundesregierung die jüngste Änderung der Schiffsbesetzungsverordnung vor dem Hintergrund des Austritts der Gewerkschaft Verdi aus dem Maritimen Bündnis (www .verdi .de/themen/nachrichten/++co++63cc80fe-3a10-1 1e6-9c14-52540077a3af), und welche Konsequenzen zieht sie aus diesem Austritt? Das Maritime Bündnis hat sich als eine bewährte und akzeptierte Institution positioniert . Der Austritt der Vereinten Dienstleistungsgewerk- schaft (ver .di) aus dem Maritimen Bündnis wird von der Bundesregierung bedauert . Die Bundesregierung steht fest zum Maritimen Bündnis . Die mit dem Ausscheiden von ver .di verbundenen möglichen Folgen und Auswir- kungen in der deutschen Seeschifffahrt sollen mit den übrigen Bündnispartnern (norddeutsche Länder, Verband Deutscher Reeder) erörtert werden . Die Bundesregierung wird zudem mit ver .di das Gespräch suchen . Die Bewertung der Änderung der Schiffsbesetzungs- verordnung ergibt sich aus der Begründung der Ersten Verordnung zur Änderung der Schiffsbesetzungsverord- nung, die den Fraktionen des Deutschen Bundestages am 18 . April 2016 zugeleitet wurde . Anlage 26 Antwort des Parl . Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 35): Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Planungen des Umweltbundesamtes, in Kürze eigene Abgas- tests unter realen Fahrbedingungen einzuführen (siehe www . tagesschau .de/wirtschaft/umweltbundesamt-abgastests-101 . html), und wie bzw . von welcher Behörde wird die Bundes- regierung verpflichtende Abgasuntersuchungen zukünftig durchführen lassen? Die Überprüfung in Betrieb befindlicher Fahrzeuge (In Service Conformity) einschließlich der Zuständig- keit der Typgenehmigungsbehörde ist in der Verordnung (EG) Nr . 715/2007 geregelt . Felduntersuchungen bzw . Überwachungsprogramme sind bislang in dieser Ver- ordnung nur als Option geregelt . Die Bundesregierung wird zukünftig in der Zuständigkeit des Bundesministe- riums für Verkehr und digitale Infrastruktur und dessen Geschäftsbereich die Behörde für Felduntersuchungen gemäß der Verordnung (EG) Nr . 715/2007 benennen . Anlage 27 Antwort des Parl . Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 36): Inwiefern setzt sich die Bundesregierung im Rahmen des Marktanreizprogrammes Elektromobilität beim Aufbau der Ladesäuleninfrastruktur für den Bezug von Strom aus erneu- erbaren Energien ein, und wie hoch ist nach Informationen der Bundesregierung der derzeitige Anteil erneuerbarer Energien bei der bestehenden Ladesäuleninfrastruktur? Ab Anfang 2017 soll im Rahmen des Förderpro- gramms der Aufbau von öffentlich zugänglicher Ladein- frastruktur durch eine anteilige Finanzierung der Investi- tionskosten gefördert werden . Eine entsprechende Förderrichtlinie für Ladesäulen befindet sich aktuell in der Erarbeitung durch das Bun- desministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur . Darin ist vorgesehen, die Förderung an die Verwendung von Strom aus erneuerbaren Quellen zu knüpfen . Über den Erneuerbaren-Anteil bei der bestehenden Ladeinfrastruktur liegen der Bundesregierung keine kon- kreten Angaben vor . Anlage 28 Antwort des Parl . Staatssekretärs Florian Pronold auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 39): Welche Erkenntnisse hat das Bundesministerium für Um- welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) über den derzeitigen antragstellerseitigen Stand der Arbeiten an Anträgen zur Zwischenlagerung der insgesamt 26 ausstehen- http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/BVWP/bvwp-2030-umweltbericht-nicht-technische-zusammenfassung.pdf?_blob=publicationFile http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/BVWP/bvwp-2030-umweltbericht-nicht-technische-zusammenfassung.pdf?_blob=publicationFile http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/BVWP/bvwp-2030-umweltbericht-nicht-technische-zusammenfassung.pdf?_blob=publicationFile http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/BVWP/bvwp-2030-umweltbericht-nicht-technische-zusammenfassung.pdf?_blob=publicationFile http://www.verdi.de/themen/nachrichten/++co++63cc80fe-3a10-11e6-9c14-52540077a3af http://www.verdi.de/themen/nachrichten/++co++63cc80fe-3a10-11e6-9c14-52540077a3af http://www.tagesschau.de/wirtschaft/umweltbundesamt-abgastests-101.html http://www.tagesschau.de/wirtschaft/umweltbundesamt-abgastests-101.html http://www.tagesschau.de/wirtschaft/umweltbundesamt-abgastests-101.html Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 201617968 (A) (C) (B) (D) den Castoren mit verglasten radioaktiven Wiederaufarbei- tungsabfällen aus La Hague und Sellafield in Zwischenlagern an Atomkraftwerkestandorten (gegebenenfalls bitte auch mit zeitlichen Prognosen), und gegebenenfalls welche Fortschrit- te wurden bei etwaigen weiteren Sitzungen der gemeinsamen Arbeitsgruppe (AG) des BMUB und der Energieversorgungs- unternehmen zu diesem Thema seit der zweiten AG-Sitzung vom 16 . November 2015 erzielt (gegebenenfalls bitte mög- lichst auch mit Angabe der jeweiligen Sitzungstermine und -teilnehmer wie in Plenarprotokoll 18/142, Anlage 32; dazu, dass zwischen dem 16 . November 2015 und 8 . Juni 2016 keine betreffende AG-Sitzung stattfand, siehe Antwort der Bundesregierung auf meine mündliche Frage 11, Plenarproto- koll 18/175, Anlage 10)? Nach dem Treffen der Arbeitsgruppe aus Vertretern des Bundesumweltministeriums und der Energieversor- gungsunternehmen am 16 . November 2015 hat keine weitere Sitzung der Arbeitsgruppe stattgefunden . In einem Gespräch zu unterschiedlichen Themen ha- ben die Energieversorgungsunternehmen (EVU) Bereit- schaft signalisiert, im Zusammenhang mit der von den Energieversorgungsunternehmen erwarteten und voraus- gesetzten Umsetzung der Empfehlungen der Kommis- sion zur Überprüfung der Finanzierung des Kernener- gieausstiegs (KFK) für die vier im Gesamtkonzept zur Rückführung von verglasten radioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung vom 19 . Juni 2016 genannten Standorte Unterlagen für Genehmigungsverfahren nach § 4 und § 6 Atomgesetz vorbereiten zu wollen . Anlage 29 Antwort des Parl . Staatssekretärs Florian Pronold auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 40): Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung inzwischen über die Schadenshöhe, Sicherheitsrisiken und (Innen- oder Außen-)Täter im Zusammenhang mit der Überflutung im Neubau des Bundesnachrichtendienstes in Berlin-Mitte durch demontierte Wasserhähne (Tagespresse vom 4 . März 2015), und welche weiteren ähnlichen Vorfälle (wie zum Beispiel die Unterschlagung bzw . das Kopieren vertraulicher Baupläne, vergleiche Spiegel Online vom 11 . Juli 2011 und den Spiegel vom 18 . Juli 2011), die die Sicherheit des Neubaus gefährden könnten, ereigneten sich während der Bauzeit? Die Arbeiten zur Beseitigung des Anfang März des Jahres 2015 eingetretenen Wasserschadens sind bis auf kleinere Restarbeiten abgeschlossen . Der entstandene Schaden wird mit rund 1 Million Euro beziffert . Die Kosten für die Schadensbeseitigung werden durch die für das Projekt abgeschlossene Versicherung übernommen . Die Gesamtkosten für den Neubau der BND-Zentrale in Berlin erhöhen sich hierdurch nicht . Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Berlin im „Verfahren wegen Zerstörung von Bauwerken durch Herbeiführung eines Wasserschadens“ wurden im Feb- ruar des Jahres 2016 eingestellt, da keine Beschuldigten ermittelt werden konnten und keine weiteren erfolgver- sprechenden Ermittlungsanhalte ersichtlich waren . Die Baumaßnahme unterliegt hohen Geheimhaltungs- erfordernissen . Das für die Baumaßnahme zuständige parlamentarische Gremium ist das Vertrauensgremium des Deutschen Bundestags, dem die Bundesregierung zu aktuellen Entwicklungen kontinuierlich berichtet . Abgeschlossene sicherheitliche Bewertungen zu ähn- lichen weiteren Vorfällen liegen der Bundesregierung nicht vor . Anlage 30 Antwort des Parl . Staatssekretärs Thomas Silberhorn auf die Fra- ge des Abgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Drucksache 18/8998, Frage 41): Inwiefern sieht die Bundesregierung in ihrer Zustimmung zum Vorschlag der Europäischen Kommission, in der Zu- sammenarbeit mit Drittstaaten bei der Migrationskontrolle und Rückführung einen sogenannten Less-for-less-Ansatz (COM(2016) 385 final, Seite 10) umzusetzen, einen Wider- spruch zu der von Bundesminister Dr . Gerd Müller am 16 . De- zember 2015 im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammen- arbeit und Entwicklung des Deutschen Bundestages (AwZ) getätigten Aussage, dass er „less for less“ klar ablehne, und inwiefern hält die Bundesregierung den Less-for-less-Ansatz der Konditionalität für umsetzbar, obwohl Bundesminister Dr . Gerd Müller in der AwZ-Sitzung vom 16 . Dezember 2015 „less for less“ als nicht umsetzbar bezeichnet hat? Die Bundesregierung sieht hierin keinen Widerspruch . Der Europäische Rat hat die Hohe Vertreterin beauftragt, einen auf wirksamen Anreizen und angemessener Kon- ditionalität beruhenden Rahmen einzuführen und zügig umzusetzen . Wie dieser Rahmen im Detail ausgestaltet werden soll und was im Einzelfall tatsächlich wirksam und angemessen ist, wird nun zu diskutieren sein, um die Migrationspakte, wie vorgesehen, bis Jahresende abzu- schließen . Wir begrüßen ausdrücklich, dass dazu alle EU-Poli- tikfelder – auch Handel und Entwicklung – zum Einsatz kommen sollen . Für jedes Politikfeld gilt es dabei zu prü- fen, welche Maßnahmen zielführend und verhältnismä- ßig sind, um eine bessere Kooperation bei Migrations- kontrolle und Rückführung zu erreichen . Anlage 31 Antwort des Parl . Staatssekretärs Thomas Silberhorn auf die Fra- ge des Abgeordneten Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 43): Wie gedenken die Bundesregierung und nach Kenntnis der Bundesregierung die Europäische Union (EU) im Rahmen des EU-„Better Migration Management“ in den autoritären Staa- ten Sudan und Eritrea „staatsfern“ Maßnahmen zum Grenz- management umzusetzen (siehe Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/8928), und wie stellen Bundesregierung und EU sicher, dass im Zuge der EU-Grenzmanagementmaßnahmen im Sudan, gegen des- sen Präsident Umar al-Baschir ein internationaler Haftbefehl wegen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vorliegt, die Menschenrechte geachtet werden? Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 17969 (A) (C) (B) (D) In der zitierten Antwort aus der Kleinen Anfrage hat die Bundesregierung eine begrenzte Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen in Eritrea und Sudan nicht kate- gorisch ausgeschlossen . Im Fall des Vorhabens Better Migration Management ist eine punktuelle Zusammen- arbeit mit staatlichen Stellen im Sudan und in Eritrea unumgänglich, um die Ziele des Vorhabens, wie z . B . einen verbesserten Schutz der Rechte von Flüchtlingen, zu erreichen . Bei der Umsetzung des Vorhabens werden sich die Durchführungsorganisationen an die etablierten Standards zum Schutz der Menschenrechte in der Ent- wicklungszusammenarbeit halten . Anlage 32 Antwort des Parl . Staatssekretärs Thomas Silberhorn auf die Fra- ge des Abgeordneten Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 44): Wie wird vonseiten der Bundesregierung und der EU „im Rahmen der politischen Steuerung der relevanten Vorhaben“ (siehe Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Drucksache 18/8928) bei der Umsetzung der Valletta-Be- schlüsse konkret sichergestellt, dass die zur Verfügung gestell- te Ausbildung und Ausrüstung im Rahmen des EU-„Better Migration Management“ nicht gegen die einheimische Bevöl- kerung eingesetzt werden, und wie stellt die Bundesregierung sicher, dass bei Projekten der Deutschen Gesellschaft für Inter- nationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH, die als Unternehmen im Eigentum des Bundes sämtlichen menschenrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland unterliegt, die Menschenrechte eingehalten werden, wenn sie Grenzma- nagement auf dem afrikanischen Kontinent umsetzt? Die GIZ hält in ihrer Arbeit die etablierten Standards zum Schutz der Menschenrechte in der Entwicklungszu- sammenarbeit ein und orientiert sich dafür am verbindli- chen BMZ Strategiepapier „Menschenrechte in der deut- schen Entwicklungspolitik“ . Die Lieferung von Material und die Durchführung von Trainings, die unmittelbar zur Verletzung von Menschenrechten genutzt werden können (z . B . Schusswaffen) bzw . gegen Sanktionen verstoßen, ist im Rahmen des Vorhabens Better Migration Manage- ment grundsätzlich ausgeschlossen . Die Mittelverwal- tung und -abrechnung erfolgt direkt durch GIZ-Personal, das die Einhaltung dieser Standards kontrolliert . Anlage 33 Antwort des Staatssekretärs Klaus-Dieter Fritsche auf die Frage der Abgeordneten Katrin Göring-Eckardt (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 45): Haben die Nachrichtendienste keine oder keine bestätigen- den Erkenntnisse zu den Berichten von Amnesty International, Human Rights Watch und der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zu den Schüssen an der türkisch-syri- schen Grenze (AFP vom 19 . Juni 2016: „Aktivisten: Türki- sche Grenzer erschießen mindestens acht syrische Flüchtlin- ge – Vier Kinder unter den Todesopfern“; dpa vom 19 . Juni 2016: „Aktivisten: Türkische Grenzschützer erschießen acht Syrer“; Reuters vom 19 . Juni 2016: „Beobachter – Flüchtlinge aus Syrien an türkischer Grenze getötet“)? Die Beantwortung der Frage kann aus Gründen des Staatswohls nicht offen erfolgen und wird daher in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinter- legt . Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen der Nach- richtendienste des Bundes sind im Hinblick auf die künf- tige Erfüllung des gesetzlichen Auftrags aus § 1 Abs . 2 BNDG besonders schutzwürdig . Ebenso schutzbedürftig sind Einzelheiten zu der nachrichtendienstlichen Er- kenntnislage . Eine Veröffentlichung von Einzelheiten betreffend solche Erkenntnisse würde zu einer wesentlichen Schwä- chung der dem BND zur Verfügung stehenden Möglich- keiten zur Informationsgewinnung führen . Dies würde für die Auftragserfüllung des Bundesnachrichtendienstes erhebliche Nachteile zur Folge haben und damit für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland schädlich sein . Deshalb sind die entsprechenden Informationen als Verschlusssache gemäß der VSA mit dem VS-Grad „VS – Vertraulich“ eingestuft . Der VS – Vertraulich eingestufte Antwortbeitrag ist bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt . Anlage 34 Antwort des Staatssekretärs Klaus-Dieter Fritsche auf die Fra- ge des Abgeordneten Dr. André Hahn (DIE LINKE) (Drucksache 18/8998, Frage 46): Wie begründet die Bundesregierung, dass nach dem von ihr vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Ausland-Aus- land-Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes Suchbegriffe (Selektoren), die sich auf Einrichtungen der Eu- ropäischen Union oder auf öffentliche Stellen ihrer Mitglied- staaten beziehen, dem sogenannten Unabhängigen Gremium zur Kenntnis gegeben werden müssen, bei sonstiger Aus- land-Ausland-Aufklärung eine solche Unterrichtung jedoch unterbleibt, und was geschieht, wenn das sogenannte Unab- hängige Gremium einen solchen Suchbegriff (Selektor) für unzulässig hält? Das in dem Gesetzentwurf vorgesehene „Unabhängige Gremium“ prüft vorab die Zulässigkeit und Notwendig- keit der Anordnung von Maßnahmen der Ausland-Aus- land-Fernmeldeaufklärung . Darüber hinaus wird das „Unabhängige Gremium“ durch das Bundeskanzleramt über die Fälle unterrichtet, in denen die Bestimmung der Suchbegriffe von Einrich- tungen der Europäischen Union oder von öffentlichen Stellen ihrer Mitgliedstaaten durch die Präsidentin oder den Präsidenten des BND (oder einen Vertreter) geson- dert angeordnet wurde . Anordnungen, die das „Unab- hängige Gremium“ für unzulässig oder nicht notwendig erklärt, sind unverzüglich aufzuheben . Weiterhin ist das „Unabhängige Gremium“ befugt, je- derzeit die Einhaltung des besonderen Schutzes für Uni- onsbürger, Einrichtungen der Europäischen Union und öffentliche Stellen ihrer Mitgliedstaaten stichprobenartig zu prüfen . Stellt das „Unabhängige Gremium“ im Rahmen seiner Prüfung fest, dass die Vorgaben des § 6 Absatz 3 des GE Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 201617970 (A) (C) (B) (D) (Schutz von Unionsbürgern und EU-Institutionen) nicht eingehalten wurden, gelten die Löschregelungen nach § 10 des GE . Danach sind Daten, die entgegen § 6 Ab- satz 3 des GE erhoben wurden, unverzüglich zu löschen . Darüber hinaus ist in dem Gesetzentwurf ausdrücklich festgelegt, dass das Kontrollrecht des Parlamentarischen Kontrollgremiums unberührt bleibt . Insofern bleiben die bestehenden Kontrollmöglichkeiten auch des Parlamen- tarischen Kontrollgremiums bestehen . Anlage 35 Antwort des Staatsministers Dr . Helge Braun auf die Frage der Abgeordneten Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 47): Was sind die konkreten Gründe, warum das die Bundes- regierung über die Karenzzeit ausscheidender Regierungs- mitglieder beratende Gremium, dessen Empfehlung bei Ent- scheidungen „zwingend vorliegen muss“ (siehe Antwort des Bundesministers des Innern, Dr . Thomas de Maizière, in der Regierungsbefragung vom 4 . Februar 2015, Plenarprotokoll 18/84), ein Jahr nach Verabschiedung der Gesetzesänderung noch nicht besetzt ist, und was ist die Begründung für die Ver- zögerungen in dem Entscheidungsprozess, der nach Angaben des Staatsministers bei der Bundeskanzlerin im Februar 2016 angeblich bereits „kurz vor dem Abschluss“ stand (siehe Ant- wort auf meine mündliche Frage 43, Plenarprotokoll 18/154)? Es trifft zu, dass die Bundesregierung eine Entschei- dung nach § 6b des Bundesministergesetzes auf Empfeh- lung eines beratenden Gremiums trifft . Es gab allerdings bislang keinen einschlägigen Fall . Der Bundesregierung liegt mit Stand heute keine Anzeige eines Bundesmi- nisters oder eines Parlamentarischen Staatsekretärs vor, nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt einer Beschäfti- gung außerhalb des öffentlichen Dienstes nachgehen zu wollen . Das Gesetz sieht vor, dass die Mitglieder des beraten- den Gremiums Funktionen an der Spitze staatlicher oder gesellschaftlicher Institutionen wahrgenommen haben oder über Erfahrungen in einem wichtigen politischen Amt verfügen sollen . Sie werden auf Vorschlag der Bun- desregierung vom Bundespräsidenten berufen . Die Bun- desregierung möchte bei ihren Vorschlägen sicherstellen, dass die Mitglieder dieses Gremiums die gesetzlichen Anforderungen erfüllen und das Gremium nach seiner Zusammensetzung die größtmögliche Gewähr von Sach- verstand, Sensibilität und Ausgewogenheit bietet . Dies ist geeignet, die Objektivität und Akzeptanz des Verfah- rens zu fördern . Die diesbezüglich geführten Gespräche haben sich bedauerlicherweise länger hingezogen, als dies zunächst absehbar war . Sie stehen nach derzeitigem Stand kurz vor dem Abschluss . Anlage 36 Antwort des Parl . Staatssekretärs Uwe Beckmeyer auf die Frage der Abgeordneten Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 48): In Bezug auf welche konkrete Entscheidung im Ministerrat der Europäischen Union zu CETA möchte Bundeskanzlerin Dr . Angela Merkel ein „Meinungsbild“ (geäußert am 28 . Juni 2016 abends in Brüssel) des Deutschen Bundestages einholen, und in welcher Form (bitte Zeitpunkt angeben)? Die Bundeskanzlerin hat sich auf die Beschlussfas- sung im Rat zur Genehmigung der Unterzeichnung und ggf. vorläufigen Anwendung von CETA bezogen. Das Datum für die Beschlussfassung des Rates steht nach Kenntnis der Bundesregierung noch nicht fest . Die Ter- minierung obliegt der jeweiligen Ratspräsidentschaft . Die Bundesregierung wird dem Bundestag eine recht- zeitige Stellungnahme ermöglichen, indem sie den Bun- destag weiterhin frühestmöglich und fortlaufend über die Beratungen zu CETA und den weiteren Zeitplan unterrichtet . Die Ausgestaltung eines parlamentarischen Votums zu CETA liegt in der Organisationshoheit des Deutschen Bundestages und kann nicht durch die Bun- desregierung festgelegt werden . Anlage 37 Antwort des Parl . Staatssekretärs Uwe Beckmeyer auf die Frage der Abgeordneten Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 49): Für welches Datum ist die Beschlussfassung im Europä- ischen Rat über das Handelsabkommen EU-Kanada, CETA, terminiert, und wie genau plant die Bundesregierung die Be- teiligung des Deutschen Bundestages vor dieser Ratsabstim- mung? Der Beschluss über die Genehmigung der Unterzeich- nung von CETA wird nicht durch den Europäischen Rat gefasst, sondern durch den Ministerrat . Die Bundesregierung verweist auf ihre Antwort auf die Schriftliche Frage Nummer 5, Bundestagsdrucksa- che 18/8766: Die Beschlussfassung zu CETA kann bei der Tagung einer beliebigen Ratsformation erfolgen . Nach Kenntnis der Bundesregierung soll der Ratsbeschluss im Oktober gefasst werden . Die Terminierung obliegt der jeweiligen Ratspräsidentschaft . Die Bundesregierung wird, sobald ihr der übersetzte Abkommenstext und der entsprechen- de Beschlussvorschlag der Europäischen Kommission an den Rat vorliegen, die Texte auf die übliche Weise an den Deutschen Bundestag übermitteln, um eine schnellst- mögliche Befassung des Deutschen Bundestags zu er- möglichen . Die Bundeskanzlerin und Bundesminister Gabriel ha- ben deutlich gemacht, dass ein Votum des Bundestages vor der Beschlussfassung im Rat aus Sicht der Bundes- regierung wünschenswert wäre . Die Bundesregierung wird dem Bundestag eine Stellungnahme ermöglichen, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 17971 (A) (C) (B) (D) indem sie den Bundestag gemäß ihrer gesetzlichen Ver- pflichtungen weiter frühestmöglich und fortlaufend über die Beratungen zu CETA und den weiteren Zeitplan un- terrichtet . Die Ausgestaltung eines parlamentarischen Votums zu CETA liegt in der Organisationshoheit des Deutschen Bundestages und kann nicht durch die Bun- desregierung festgelegt werden . Anlage 38 Antwort des Parl . Staatssekretärs Uwe Beckmeyer auf die Frage der Abgeordneten Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 50): Kann die Bundesregierung ausschließen, dass sie CETA in EU-only-Form im Rat zustimmen wird, das heißt, dass sie einem Ratsbeschluss zustimmen würde, der die Europäische Kommission ermächtigen würde, CETA in EU-only-Form zu unterschreiben (bitte begründen)? Die Bundesregierung vertritt wie bekannt die Auffas- sung, dass CETA als gemischtes Abkommen abgeschlos- sen werden muss, siehe u . a . Antwort Nr . 13 in der Klei- nen Anfrage 18/8583 . Die Europäische Kommission hat angesichts der einhelligen Auffassung des Rats entschie- den, dem Rat einen Beschlussvorschlag zur Unterzeich- nung von CETA als gemischtes Abkommen zu unterbrei- ten . Damit stellt sich die Frage nach einem Ratsbeschluss über die Unterzeichnung von CETA als reines EU-Ab- kommen nicht . Anlage 39 Antwort des Parl . Staatssekretärs Uwe Beckmeyer auf die Frage des Abgeordneten Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 51): Prüft die Bundesregierung Rechtsmittel für den Fall, dass CETA als EU-only-Abkommen beschlossen wird, um CETA als gemischtes Abkommen einstufen zu lassen (bitte in jedem Fall begründen)? Die Europäische Kommission hat am 5 . Juli 2016 ent- schieden, dem Rat einen Beschlussvorschlag zur Geneh- migung der Unterzeichnung von CETA als gemischtes Abkommen zu übermitteln . Die Bundesregierung geht nach aktuellem Diskussionsstand davon aus, dass der Rat einen einstimmigen Beschluss zur Unterzeichnung von CETA als gemischtes Abkommen fassen wird . Die Frage nach einer möglichen Klage der Bundesregierung gegen einen Unterzeichnungsbeschluss zu CETA stellt sich daher nicht (siehe Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 6/119, MdB Ulrich) . Anlage 40 Antwort des Parl . Staatssekretärs Uwe Beckmeyer auf die Frage des Abgeordneten Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 52): Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass nach ei- ner Einstufung des Handelsabkommens CETA durch den Rat als EU-only-Abkommen der Deutsche Bundestag und Bun- desrat über den CETA-Vertragstext als solchen abstimmen, wie der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, Heiko Maas, in seiner Äußerung, dass in Deutschland Bun- destag und Bundesrat über CETA entscheiden, „was auch immer die EU-Kommission beschließt“ (https://twitter .com/ Heiko-Maas/status/748091490098884608), gefordert hat, und nicht nur eine Stellungnahme dazu abgeben? Aus Sicht der Bundesregierung ist die Frage hinfäl- lig, weil die Europäische Kommission am 5 . Juli 2016 entschieden hat, dem Rat einen Beschlussvorschlag zur Genehmigung der Unterzeichnung von CETA als ge- mischtes Abkommen zu übermitteln . Anlage 41 Antwort des Parl . Staatssekretärs Uwe Beckmeyer auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Druck- sache 18/8998, Frage 53): Wird die Bundesregierung im Rat der Europäischen Uni- on gegen das Freihandels- und Investitionsabkommen der EU mit Kanada (CETA) stimmen, wenn dieses, wie vom Präsi- denten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, angekündigt, als EU-only-Abkommen behandelt und dement- sprechend nicht in den Mitgliedstaaten ratifiziert wird (bitte begründen), und in welchen EU-Mitgliedstaaten sieht die Bundesregierung derzeit eine Mehrheit für eine Ratifizierung gefährdet, falls es doch als gemischtes Abkommen behandelt wird? Die Europäische Kommission hat am 5 . Juli 2016 ent- schieden, dem Rat einen Beschlussvorschlag zur Geneh- migung der Unterzeichnung von CETA als gemischtes Abkommen zu übermitteln . Die Bundesregierung vermag die Erfolgsaussichten späterer nationaler Ratifizierungsverfahren in den einzel- nen Mitgliedstaaten nicht vorherzusagen . Anlage 42 Antwort des Parl . Staatssekretärs Uwe Beckmeyer auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 54): Jeweils wann genau (bitte mit Kalenderdatum) gab es seit dem 27 . April 2016 Gespräche der Bundesregierung – insbe- sondere seitens des Bundeskanzleramtes, des Bundesministe- riums für Wirtschaft und Energie (BMWi), des Bundesminis- teriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und des Bundesministeriums der Finanzen – mit Vertretern der Atomkraftwerke betreibenden Energieversorgungsunterneh- men im Zusammenhang mit einer Umsetzung der Empfehlun- gen der Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK) vom 27 . April 2016 (bitte mit vollständiger Angabe aller jeweiligen Gesprächsparteien; zu den KFK-Empfehlungen vergleiche BMWi-Webseite), und über welche dieser Gespräche wurde ein Vermerk oder Ähn- liches erstellt? Die Bundesregierung pflegt aufgabenbedingt Kontak- te zu einer Vielzahl von Unternehmen . Zu einer syste- matischen Erfassung dieser Kontakte ist die Bundesre- https://twitter.com/Heiko-Maas/status/748091490098884608 https://twitter.com/Heiko-Maas/status/748091490098884608 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 201617972 (A) (C) (B) (D) gierung nicht verpflichtet und hält diese auch nicht vor. Eine lückenlose Aufstellung von sämtlichen Kommuni- kationsvorgängen einschließlich der tatsächlichen Ge- sprächsinhalte kann daher grundsätzlich nicht übermittelt werden . Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass es am Rande von Veranstaltungen oder sonstigen Terminen zu Kontakten mit Unternehmensvertretern gekommen ist . Inwieweit dies tatsächlich der Fall war, kann aus den oben genannten Gründen nicht nachgehalten werden . Die Bundesregierung hat vor diesem Hintergrund die erbete- ne Abfrage durchgeführt, wobei Gespräche auf Leitungs- ebene nachvollzogen wurden . In der Kürze der Zeit kann die Vollständigkeit der nachfolgenden Auflistung für die Beantwortung der Anfrage nicht garantiert werden . Die nachfolgenden Angaben erfolgen auf der Grund- lage der vorliegenden Erkenntnisse sowie vorhande- ner Unterlagen und Aufzeichnungen . Demnach hat die Bundesregierung seit dem 27 . April 2016 folgende Ge- spräche mit Vertretern der Kernkraftwerke betreibenden Energieversorgungsunternehmen im Zusammenhang mit einer Umsetzung der Empfehlungen der KFK geführt: Chef des Bundeskanzleramtes und Bundesminister für besondere Aufgaben – Gespräch am 12 . Mai 2016 mit Herrn Dr . Frank Mastiaux, Vorstandsvorsitzender EnBW AG – Gespräch am 9 . Juni 2016 mit Herrn Peter Terium, Vorstandsvorsitzender RWE AG, und Herrn Dr . Rolf Martin Schmitz, stellvertretender Vorstandsvorsitzender RWE AG Bundesministerium der Finanzen, Staatssekretär Gatzer – Gespräch am 9 . Juni 2016 mit Herrn Dr . Rolf Martin Schmitz, stellvertretender Vorstandsvor- sitzender der RWE AG, und Herrn Dr . Bernhard Günther, Finanzvorstand der RWE AG Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Staatssekretär Flasbarth – Gespräch am 28 . Juni 2016 mit Herrn Dr . Bernhard Fischer, E .ON; Herrn Jörg Michels, EnBW; Herrn Dr . Ulrich Hartmann, RWE und Herrn Pieter Wasmuth, Vattenfall Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, gemeinsam mit Staatssekretär Rainer Baake – Gespräch am 6 . Juni 2016 mit Herrn Peter Terium, Vorstandsvorsitzender RWE AG, und Herrn Dr . Rolf Martin Schmitz, stellvertretender Vorstandsvorsitzender RWE AG Vermerke über diese Gespräche wurden nicht erstellt . Anlage 43 Antwort des Parl . Staatssekretärs Uwe Beckmeyer auf die Fra- ge des Abgeordneten Hubertus Zdebel (DIE LINKE) (Drucksache 18/8998, Frage 55): Welche Geldflüsse hat es nach Erkenntnissen der Bundesre- gierung vom Hans-Joachim-Martini-Fonds ab dem Jahr 1982, der Hans-Joachim-Martini-Stiftung ab dem Jahr 1987 sowie anderen nichtstaatlichen Stellen seit Gründung der Bundesan- stalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) an Mitar- beiter der BGR sowie für Projekte und Sachmittel der BGR (www .sueddeutsche .de/wirtschaft/bundesanstalt-fuer-geowis- senschaften-gutes-geld-fuer-steile-thesen-1 .3054942) gege- ben? Die BGR teilt hierzu Folgendes mit: Der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Roh- stoffe ist es aufgrund der Kürze der zur Verfügung ste- henden Zeit nicht möglich, sämtliche Geldflüsse aus nichtstaatlichen Stellen seit Gründung der BGR auf- zuzählen . Die Antwort beschränkt sich deshalb auf die Hans-Joachim-Martini-Stiftung . Anhand der Aktenlage sind folgende Zahlen ermittelt worden: Für den Zeitraum 1987 bis 2015 ergibt sich eine Gesamtsumme von 221 744 Euro, das entspricht einer Jahresdurchschnittssumme von 7 646 Euro . Aufgeteilt ist die Summe auf: – 9 Forschungsprojekte im Zeitraum 1992 bis 2005, die mit 148 608 Euro gefördert wurden; – 16 Hauptpreise im Zeitraum 1987 bis 2010 im Ge- samtwert von umgerechnet 58 136 Euro; – 10 Nachwuchspreise im Zeitraum 2002 bis 2014 im Gesamtwert von 15 000 Euro . Anlage 44 Antwort des Parl . Staatssekretärs Uwe Beckmeyer auf die Fra- ge des Abgeordneten Hubertus Zdebel (DIE LINKE) (Drucksache 18/8998, Frage 56): Wann und wie wird die Bundesregierung dem Deut- schen Bundestag vor dem Hintergrund der Berichte, dass die Ergebnisse der BGR zumindest zum Teil Dokumente käuflicher Wissenschaft sein könnten (www .neuepresse .de/ Hannover/Meine-Stadt/Bundesanstalt-fuer-Geowissenschaf- ten-soll-kaeuflich-sein), einen Bericht über potenzielle Kor- ruption bei der BGR übermitteln? Die Bundesregierung hat nach den Kleinen Anfragen von 2011 und 2012 eine interne Revision im Jahre 2012 durchgeführt . Es fanden sich keine Hinweise auf Kor- ruption . Für die Zeit nach 2012 wurden ausschließlich Nach- wuchspreise an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BGR vergeben . Auch hier sieht die Bundesregierung kei- ne Anzeichen für Korruption . Anlage 45 Antwort der Staatsministerin Dr . Maria Böhmer auf die Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 57): http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bundesanstalt-fuer-geowissenschaften-gutes-geld-fuer-steile-thesen-1.3054942 http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bundesanstalt-fuer-geowissenschaften-gutes-geld-fuer-steile-thesen-1.3054942 http://www.neuepresse.de/Hannover/Meine-Stadt/Bundesanstalt-fuer-Geowissenschaften-soll-kaeuflich-sein http://www.neuepresse.de/Hannover/Meine-Stadt/Bundesanstalt-fuer-Geowissenschaften-soll-kaeuflich-sein http://www.neuepresse.de/Hannover/Meine-Stadt/Bundesanstalt-fuer-Geowissenschaften-soll-kaeuflich-sein Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 17973 (A) (C) (B) (D) Welche Folgen hat die Aussage des Vizekanzlers Sigmar Gabriel von vor einem Jahr („Für Deutschland muss klar sein: Wer immer mit uns nachhaltige Beziehungen hat, der kann nicht das Existenzrecht Israels politisch infrage stellen“, Sigmar Gabriel, www .spiegel .de vom 19 . Juli 2015) nach dem iranischen Test von Raketen im Frühjahr dieses Jahres, die mit „Israel muss ausradiert werden“ beschriftet waren (www . spiegel .de vom 9 . März 2016), für die Bundesregierung kon- kret bei eventuell anstehenden Besuchen iranischer Vertreter in Berlin (Besuchspläne bitte gegebenenfalls einzeln auffüh- ren), und wie hat sich die Menschenrechtslage im Iran in den letzten zwölf Monaten (insbesondere bei der Religionsfreiheit, für Homosexuelle sowie hinsichtlich der Zahl der Todesurteile bzw . Exekutionen) entwickelt? Für die Bundesregierung gilt, dass es normalisierte, vollumfängliche Beziehungen zu Iran nicht geben kann, solange Iran das Existenzrecht Israels nicht anerkennt . Dies macht sie auch in ihren Gesprächen mit iranischen Vertretern deutlich . Sie hat die Raketentests und insbesondere die anti-is- raelischen Drohungen, mit denen diese verbunden wur- den, klar verurteilt . Gleichzeitig hat die Bundesregierung ein Interesse da- ran, mit der iranischen Regierung – auch zu kritischen Themen – im Dialog zu stehen . Die Bundesregierung ist weiterhin sehr besorgt über die Lage der Menschenrechte in Iran . Hoffnungen auf eine Besserung der Lage unter der Regierung Rouhani haben sich bislang nicht erfüllt . Insbesondere die hohe Zahl der Hinrichtungen, die im Jahr 2015 mit mindestens 765 eine neue Rekordhö- he erreicht hat, ist besorgniserregend . In den ersten sechs Monaten 2016 liegt die Zahl der Hinrichtungen bei 184 . Auch die Lage religiöser Minderheiten bleibt schwie- rig . Insbesondere Anhänger der Bahai sehen sich zahl- reichen Diskriminierungen ausgesetzt . Besser ist die Lage der verfassungsrechtlich anerkannten sogenannten Buchreligionen . Aber auch Juden, Christen und Zoroast- rier müssen im Alltag immer wieder Diskriminierungen hinnehmen . Homosexualität kann weiterhin mit dem Tode be- straft werden . Die letzte der Bundesregierung bekann- te und durch die iranische Justizverwaltung bestätigte Vollstreckung von Todesurteilen wegen homosexueller Handlungen erfolgte zuletzt im Jahr 2011 . Aufgrund der Intransparenz des iranischen Justizsystems ist es der Bundesregierung aber nicht möglich, eine verlässliche Einschätzung abzugeben, wie viele Personen tatsächlich wegen Homosexualität verfolgt werden . Anlage 46 Antwort der Staatsministerin Dr . Maria Böhmer auf die Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 58): Inwiefern ist die Bundesregierung der Auffassung, dass das israelische sogenannte Transparenzgesetz Konsequenzen für die Arbeit der Nichtregierungsorganisationen, unter anderem auch die Arbeit der politischen Stiftungen in Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten und deren Kooperati- onspartner, hat, und wie beurteilt die Bundesregierung dies im Hinblick auf die Entwicklung der israelischen Demokratie? In der Knesset liegt aktuell ein Änderungsentwurf des sogenannten „NGO-Transparenz-Gesetzes“ („Gesetz über die Offenlegungspflichten von Empfängern von Un- terstützung durch eine ausländische staatliche Stellen“) von 2011 zur 2 . und 3 . Lesung vor . Der Entwurf wird voraussichtlich am nächsten Mon- tag in der Knesset auf der Tagesordnung stehen . Es handelt sich um eine Ergänzung zum seit 2011 bestehenden sogenannten „NGO-Transparenz-Gesetz“ . Der Entwurf betrifft diejenigen Nichtregierungsorgani- sationen, die über 50 Prozent ihres Budgets durch Zu- wendungen ausländischer staatlicher Stellen bestreiten . Ihnen werden weitere Pflichten auferlegt. So müssen sie zum Beispiel in allen Publikationen einschließlich Briefen an Knesset-Abgeordnete auf die Finanzierung durch ausländische Stellen hinweisen . Grundsätzlich findet das Gesetz nur auf israelische Nichtregierungsorganisationen Anwendung . Unsere politischen Stiftungen und deutsche Nichtregierungsor- ganisationen sind allerdings mittelbar betroffen, da das Gesetz viele Partner unserer Stiftungen und anderer deut- scher Mittler wie zum Beispiel die kirchlichen Zentral- stellen für Entwicklungszusammenarbeit betrifft . Wie Ihnen bekannt ist, verfolgt die Bundesregierung die Debatte in der Knesset sehr aufmerksam und kritisch und hat dies wiederholt hochrangig in Gesprächen deut- lich gemacht . Die Bundesregierung ist besorgt, dass das Gesetz zu- dem einseitig auf Unterstützung durch staatliche Geber ausgerichtet ist . Für private Geber, die in Israel von gro- ßer Bedeutung sind, besteht keine Offenlegungspflicht. Die Bundesregierung ist auch besorgt über das innen- politische Klima, in dem dieses Änderungsgesetz ent- standen ist, und die zunehmend polarisierende Debatte über die Tätigkeit von Nichtregierungs-organisationen in Israel . Anlage 47 Antwort der Staatsministerin Dr . Maria Böhmer auf die Frage der Abgeordneten Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/8998, Frage 59): Wie viele Visa zur Arbeitsaufnahme nach § 26 Absatz 2 der Beschäftigungsverordnung wurden bis Ende Juni 2016, das heißt in den ersten sechs Monaten seit Inkrafttreten der Regelung, für Staatsangehörige der Westbalkanländer erteilt und abgelehnt (bitte jeweils für die einzelnen Auslandsver- tretungen aufschlüsseln), und wie viele Anträge befinden sich derzeit jeweils noch in Bearbeitung? Bis einschließlich 30 . Juni 2016 wurden an den sechs Auslandsvertretungen in der Region 5 968 Visa gemäß § 26 Absatz 2 Beschäftigungsverordnung erteilt . Diese Anzahl verteilt sich auf die einzelnen Auslandsvertretun- gen wie folgt: http://www.spiegel.de http://www.spiegel.de http://www.spiegel.de Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 201617974 (A) (C) (B) (D) Belgrad: 936 Podgorica: 315 Pristina: 917 Sarajewo: 2 078 Skopje: 1 153 Tirana: 569 Abgelehnt wurden 1 173 Visumanträge . Diese Anzahl verteilt sich auf die einzelnen Auslandsvertretungen wie folgt: Belgrad: 111 Podgorica: 17 Pristina: 214 Sarajewo: 312 Skopje: 156 Tirana: 363 In Bearbeitung befinden sich noch weitere 2 367 An- träge . Diese Anzahl verteilt sich auf die einzelnen Aus- landsvertretungen wie folgt: Belgrad: 409 Podgorica: 66 Pristina: 786 Sarajewo: 543 Skopje: 246 Tirana: 317 Anlage 48 Antwort der Staatsministerin Dr . Maria Böhmer auf die Frage der Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Drucksa- che 18/8998, Frage 61): Inwieweit teilt die Bundesregierung meine Auffassung, dass die Eröffnung eines weiteren Verhandlungskapitels in den EU-Beitrittsgesprächen mit der Türkei durch die Europäische Kommission vom 30 . Juni 2016 ungeachtet der Aufhebung der Immunität von 55 der 59 Abgeordneten der prokurdischen HDP-Opposition, der von Reporter ohne Grenzen beklagten wachsenden Repression gegen kritische Journalisten und des gewaltsamen Vorgehens der türkischen Sicherheitskräfte in überwiegend von Kurden bewohnten Städten im Südosten des Landes von der Führung in Ankara als Ermunterung ihres re- pressiven Kurses im Inland verstanden werden kann, was nicht zuletzt dadurch zum Ausdruck kommt, dass just am Tag der Ausweitung der Beitrittsgespräche der HDP-Vorsitzende von der Staatsanwaltschaft in Ankara vorgeladen wurde, und in- wieweit teilt die Bundesregierung die Einschätzung, das „Ho- fieren Ankaras“ könne „nicht die Zukunft Europas sein“ (dpa vom 30 . Juni 2016)? Die Öffnung des Kapitels 33 – Finanz- und Haushalts- bestimmungen – auf der Beitrittskonferenz in Brüssel am 30 . Juni 2016 konnte erfolgen, da die Türkei die erforder- lichen Bedingungen erfüllt hatte und alle EU-Mitglied- staaten der Kapitelöffnung zustimmten . Die Mitglieder des Europäischen Rates haben sich in ihren Treffen mit der türkischen Regierung am 29 . No- vember 2015 sowie am 18 . März 2016 für eine Redy- namisierung der Beitrittsverhandlungen ausgesprochen . Die Öffnung von Kapitel 33 folgt damit der von den Staats- und Regierungschefs vorgegebenen Linie . Die Bundesregierung unterstützt diese Haltung in der Auffassung, dass wir dadurch in einen engeren und of- feneren Dialog mit der Türkei treten . Dieser Dialog soll auch die Fragen der Rechtsstaatlichkeit umfassen . Die Bundesregierung setzt sich daher auch für eine schnelle Öffnung der Rechtsstaatlichkeitskapitel 23 – Justiz und Grundrechte – und 24 – Sicherheit, Freiheit und Recht – ein . Dies würde die Eröffnung eines struktu- rierten Dialogs zu den Themen Rechtsstaatlichkeit, Justiz und Freiheitsrechte ermöglichen . Darüber hinaus beobachtet die Bundesregierung die innenpolitische Entwicklung in der Türkei sehr aufmerk- sam und spricht hierzu auch offen mit der türkischen Re- gierung . Anlage 49 Neudruck: Inhaltsverzeichnis Anlage 33 bis Anla- ge 38 (178. Sitzung, Seite VII) Anlage 33 Mündliche Frage 46 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mögliche Agententätigkeit Edward Snowdens für mehrere Geheimdienste Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17567 C Anlage 34 Mündliche Frage 47 Martina Renner (DIE LINKE) Polizeiliche Feststellung deutscher Staats- angehöriger bei Ausschreitungen während der UEFA EURO 2016 Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17567 D Anlage 35 Mündliche Frage 48 Martina Renner (DIE LINKE) Gefährderansprachen durch deutsche Be- hörden im Vorfeld der UEFA EURO 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 182 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 6 . Juli 2016 17975 (A) (C) (B) (D) Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17568 A Anlage 36 Mündliche Frage 49 Ulla Jelpke (DIE LINKE) Ausstellung von ärztlichen Attesten für Per- sonen ohne Bleibeerlaubnis Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17568 A Anlage 37 Mündliche Frage 50 Ulla Jelpke (DIE LINKE) Einrichtung besonderer Aufnahmeeinrich- tungen zur Durchführung beschleunigter Asylverfahren nach § 30a Asylgesetz Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17569 B Anlage 38 Mündliche Frage 51 Heike Hänsel (DIE LINKE) Einreise syrischer Flüchtlinge aus der Tür- kei im Rahmen der Aktion einer Künstler- gruppe Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17569 C Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 182. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Erneuerbare-Energien-Gesetz TOP 2 Befragung der Bundesregierung TOP 3 Fragestunde ZP 1 Aktuelle Stunde zur Beteiligung von Bundestag und Bundesrat an der CETA-Ratifizierung TOP 36 Neuregelung des Mutterschutzrechts Anlagen Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15 Anlage 16 Anlage 17 Anlage 18 Anlage 19 Anlage 20 Anlage 21 Anlage 22 Anlage 23 Anlage 24 Anlage 25 Anlage 26 Anlage 27 Anlage 28 Anlage 29 Anlage 30 Anlage 31 Anlage 32 Anlage 33 Anlage 34 Anlage 35 Anlage 36 Anlage 37 Anlage 38 Anlage 39 Anlage 40 Anlage 41 Anlage 42 Anlage 43 Anlage 44 Anlage 45 Anlage 46 Anlage 47 Anlage 48 Anlage 49
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818200000

Nehmen Sie bitte Platz . Die Sitzung ist eröffnet .

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie
herzlich . Bevor wir in unsere Tagesordnung eintreten,
möchte ich Ihnen mitteilen, dass es eine interfraktionel-
le Vereinbarung gibt, den Tagesordnungspunkt 36 – hier
geht es um den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung
des Mutterschutzrechts – bereits heute als letzten Tages-
ordnungspunkt aufzurufen . Die Debatte darüber war für
diese Woche ohnehin vorgesehen . Sie wird aus nachvoll-
ziehbaren Gründen jetzt etwas vorgezogen .

Des Weiteren soll die Unterrichtung der Bundesre-
gierung über die Stellungnahme des Bundesrates und
die Gegenäußerung der Bundesregierung zu dem bereits
überwiesenen Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Ände-
rung des GAK-Gesetzes auf der Drucksache 18/8958 an
den federführenden Ausschuss für Ernährung und Land-
wirtschaft sowie zur Mitberatung an den Innenausschuss,
den Ausschuss für Wirtschaft und Energie sowie den
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsi-
cherheit überwiesen werden .

Sind Sie damit einverstanden? – Das ist offensichtlich
der Fall . Dann ist das so beschlossen .

Ich rufe unseren Tagesordnungspunkt 1 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes zur Einführung von Ausschrei-
bungen für Strom aus erneuerbaren
Energien und zu weiteren Änderungen des
Rechts der erneuerbaren Energien

(Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG 2016)


Drucksachen 18/8832, 18/8972
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Energie (f)

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Finanzausschuss
Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft
Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktor-
sicherheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

Eine Aussprache dazu ist für heute nicht vorgesehen;
also können wir gleich die Überweisung beschließen . In-
terfraktionell wird die Überweisung des Gesetzentwurfes
auf den Drucksachen 18/8832 und 18/8972 an die in der
Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen .
Gibt es andere Vorschläge zur Überweisung? – Das ist
nicht der Fall . Dann ist die Überweisung so beschlossen .

Für diejenigen, die sich fragen, warum dies nicht
diskutiert wird: Wir haben über dieses Thema natürlich
vielfach diskutiert . Jetzt reden wir über eine gesetzliche
Konstruktion, die wir selbstverständlich in zweiter und
dritter Lesung, wenn der Gesetzentwurf die endgültige
Ausgestaltung in den Ausschussberatungen gefunden
hat, hier noch einmal diskutieren werden .

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Befragung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Gesetzentwurf zum Überein-
kommen von Paris vom 12. Dezember 2015. Hier geht
es um Klimaschutzfragen und -vereinbarungen .

Das Wort für einen einleitenden fünfminütigen Be-
richt hat die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz,
Bau und Reaktorsicherheit, Frau Hendricks . – Bitte sehr .

Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das
Bundeskabinett hat heute den Gesetzentwurf zum Über-
einkommen von Paris beschlossen . Wir bekennen uns da-
mit ganz klar zu den Zielen dieses Abkommens und sind
bereit, die Verantwortung für einen möglichst zügigen
Ratifikationsprozess zu übernehmen.

Deutschland kann mit der zügigen Annahme des Ver-
tragsgesetzes zur Ratifikation ein klares Zeichen setzen,
nämlich dass wir den Klimaschutz vorantreiben . Wir ha-
ben gerade in den vergangenen Tagen beim Petersberger
Klimadialog mit unseren Partnerländern darüber disku-
tiert . Im letzten Jahr haben wir beim Klimadialog noch
überlegt, wie ein anspruchsvolles Klimaabkommen er-
reicht werden könnte . Dieses Jahr konnten wir uns ge-






(A) (C)



(B) (D)


meinsam darüber freuen, dass sich die Anstrengungen
gelohnt haben . Das Pariser Abkommen ist schließlich ein
großer Erfolg der internationalen Zusammenarbeit . Die
Welt ist in der Tat ein Stück zusammengerückt . Die Dis-
kussionen beim diesjährigen Petersberger Klimadialog
standen selbstverständlich ganz im Zeichen von Paris . Es
geht um nicht weniger als den weltweiten Wandel hin zu
einer treibhausgasneutralen Wirtschafts- und Lebenswei-
se .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Paris-Abkom-
men und die 2030-Agenda für nachhaltige Entwicklung
sind Leitlinien . Und wir sehen bereits, dass die Heraus-
forderungen in allen Teilen der Welt angepackt werden:
Indien hat mit seinen Zielen für den Ausbau von erneuer-
baren Energien neue Maßstäbe gesetzt . China wird seine
Ziele wahrscheinlich übererfüllen . Länder wie Äthiopien
und Marokko gehen mit ambitionierten Plänen und Maß-
nahmen in ihren Regionen voran .

Auch aus Ländern mit großen Ölreserven hören wir
interessante Pläne: Norwegen überlegt zum Beispiel,
bereits bis zum Jahr 2030 treibhausgasneutral zu wer-
den, 20 Jahre früher als bisher geplant . Und selbst in
Saudi-Arabien wird über Reformen nachgedacht, um
unabhängiger vom Öl zu werden . Die drei Länder Nord-
amerikas, Kanada, USA und Mexiko, haben sich das Ziel
gesetzt, bis zum Jahr 2025 die Hälfte ihres Stroms aus
nichtfossilen Quellen zu generieren .

Auch wenn diese Maßnahmen insgesamt noch nicht
ausreichen, sind das alles doch ermutigende Signale .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, üblich ist, dass alle
EU-Mitgliedstaaten gleichzeitig ihre Ratifikationsur-
kunden hinterlegen, da wir das Abkommen ja auch ge-
meinsam umsetzen wollen . Die Bundesregierung hat das
Ziel, dass das Ratifikationsgesetz noch vor der nächsten
Klimakonferenz in Marrakesch im November beschlos-
sen wird . Wir glauben, dass das ein starkes Signal an die
Konferenz wäre . Dafür ist allerdings ein straffer Zeitplan
einzuhalten, was wiederum nur mit der Unterstützung
des Deutschen Bundestages und des Bundesrates mög-
lich sein wird . Ich möchte Sie an dieser Stelle herzlich
um Ihre Unterstützung bitten, damit wir mit Ratifikati-
onsbeschluss nach Marrakesch fahren können .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben beim Pe-
tersberger Klimadialog auch über Langfriststrategien ge-
sprochen . Es hat sich gezeigt, dass ein reges Interesse an
unserem Klimaschutzplan besteht . Wir werden noch in
diesem Herbst den Klimaschutzplan 2050 beschließen,
der darlegt, wie wir die vereinbarten 80 bis 95 Prozent
Treibhausgasreduzierung in Deutschland erreichen wol-
len . Es geht um den schrittweisen Ausstieg aus Kohle, Öl
und Gas . Und es geht darum, dass wirklich alle Sektoren
in vollem Umfang zum Erreichen dieses Ziels beitragen .

Weltweit wird beachtet, wie ein großes Industrieland
diese Herausforderungen meistert . Natürlich teilen wir
gerne alle Erfahrungen, die wir auf diesem Weg machen
und gemacht haben, die guten wie auch die schlechten .
Wir führen zum Beispiel mit den USA Gespräche auf
Arbeitsebene darüber, wie wir unseren Plan entwickelt
haben . Mit dem Klimaschutzplan haben wir die Möglich-

keit, ein Referenzwerk vorzulegen, an dem sich andere
Länder orientieren . Diese Chance sollten wir nutzen .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Deutschland wird
auch die Entwicklungsländer bei der Umsetzung ihrer
nationalen Ziele, der sogenannten NDCs, und bei der An-
passung an den Klimawandel noch stärker unterstützen .
Dazu streben wir an, unsere Klimafinanzierung bis zum
Jahr 2020 zu verdoppeln . Außerdem werden wir gemein-
sam mit anderen Partnerländern eine NDC-Partnerschaft
gründen, mit der wir die Umsetzung der in Paris ange-
kündigten Beiträge unterstützen . Das war auch ein wich-
tiges Thema beim Klimadialog . Ministerkollege Müller
und ich haben die Partnerschaft dort vorgestellt .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir das Pa-
ris-Abkommen ernst nehmen, dann müssen wir ein
schnelles Inkrafttreten ermöglichen . Die Bundesregie-
rung ist dazu entschlossen . Der Kabinettsbeschluss zum
Ratifikationsgesetz war auf diesem Weg ein wichtiger
Schritt .

Herzlichen Dank .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818200100

Vielen Dank, Frau Ministerin, auch für die vorbild-

liche Einhaltung der Redezeit . Das gelingt nicht allen
Mitgliedern der Regierung in ähnlich überzeugender
Weise . – Die erste Nachfrage hat die Kollegin Baerbock .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vielen Dank, Frau Ministerin . – Vielen Dank auch für
den Petersberger Klimadialog . Das Motto war ja „Ma-
king the Paris Agreement a reality“, also das Paris-Ab-
kommen mit Leben zu füllen . Sie haben gerade die zahl-
reichen positiven Beispiele angesprochen: Sie haben den
Ausbau der Erneuerbaren in Indien dargestellt . Sie haben
auch den Einsatz von CO2-armen Technologien in Nord-
amerika erwähnt; bis zum Jahr 2025 soll deren Anteil
mindestens 50 Prozent betragen . Wie passt dazu aus Ihrer
Sicht die am Freitag hier im Parlament zu treffende Ent-
scheidung über den Vorschlag der Bundesregierung, den
Ausbau der erneuerbaren Energien im ehemaligen Vor-
zeigeland Deutschland im Jahr 2025 bei 45 Prozent zu
deckeln, was deutlich unter den Vorgaben des Fahrplans
von Paris liegt und was auch – Sie haben Vergleichsbei-
spiele ja gerade aufgezeigt – unter dem liegt, was andere
Länder weltweit derzeit tun?

Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Frau Kollegin Baerbock, ja, Sie haben recht: Es ent-
spricht der Koalitionsvereinbarung, dass der Ausbau der
erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2025 bei 45 Prozent
gedeckelt werden soll . Dies ist Gegenstand der Novelle
zum Erneuerbare-Energien-Gesetz, deren Verabschie-
dung in dieser Woche ansteht . Meine Einschätzung ist,
dass wir uns in der nächsten Legislaturperiode dieses
Themas noch einmal annehmen, sodass wir nicht bei
45 Prozent im Jahr 2025 stehen bleiben werden .

Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks






(A) (C)



(B) (D)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818200200

Frau Bulling-Schröter .


Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818200300

Danke schön, Frau Ministerin . – Vor uns liegt ja die

Aufgabe, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu begren-
zen . Das ist das Ziel, das wir dringend erreichen müssen .
Meine Frage an Sie lautet: Wie bewerten Sie unser Kli-
maschutzziel, den CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent
zu reduzieren, im Hinblick auf das 1,5-Grad-Ziel? Ist es
nicht so, dass wir hier noch nachschärfen müssen?

Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Sehen Sie: Wir haben das „Aktionsprogramm Klima-
schutz 2020“ im Dezember des Jahres 2014 verabschie-
det . Wir sind auch zuversichtlich, dass wir die vereinbar-
ten Ziele einhalten werden . Mit unserem Ziel von minus
40 Prozent CO2-Ausstoß im Jahr 2020 sind wir innerhalb
Europas durchaus führend; denn auf europäischer Ebe-
ne wurde eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes in dieser
Höhe erst für das Jahr 2030 vereinbart, allerdings min-
destens minus 40 Prozent CO2-Ausstoß . Ich habe immer
gesagt: Wir sind in Deutschland im Prinzip zehn Jahre
ehrgeiziger als die übrige Europäische Union zusammen .
Insofern denke ich, dass wir auf einem guten Wege sind .

Was das Zwischenziel 2020 anbelangt, wollen wir Ih-
nen im November sozusagen als Zwischenschritt vorle-
gen, was erreicht worden ist . Ich bin zuversichtlich, dass
es uns gelingt, das im November dem Parlament vorzu-
legen .

Der große Vorteil, den wir jetzt schon haben, aber den
wir natürlich noch ausbauen müssen, ist, dass es uns ge-
lungen ist, die CO2-Belastung seit 1990 um 27 Prozent
zurückzuführen, obwohl im gleichen Zeitraum unsere
Wirtschaft um 39 Prozent gewachsen ist . Das heißt, wir
haben schon jetzt den Nachweis erbracht, dass wir das
Wirtschaftswachstum vom CO2-Ausstoß abkoppeln kön-
nen, und zwar mit positiven Wirkungen auf den CO2-Aus-
stoß . Das gibt uns die Sicherheit, unseren Bürgerinnen
und Bürgern sagen zu können, dass sie vor Klimaschutz
keine Angst haben müssen, sondern dass Klimaschutz im
Gegenteil ein Innovationstreiber ist .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818200400

Frau Höhn .


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818200500

Frau Ministerin, vielen Dank, dass Sie die vielen po-

sitiven Beispiele aus anderen Ländern, die aus fossilen
Energien herauswollen, aufgezeigt haben . Aber das gilt
ja für uns auch .

Sie haben eben die Ziele für 2020 angesprochen .
Wir haben uns verpflichtet, den CO2-Ausstoß bis 2020
um 40 Prozent zu reduzieren, bezogen auf das Basis-
jahr 1990 . Wir haben in 26 Jahren 27 Prozent erreicht, die
restlichen 13 Prozent müssen wir in den letzten 5 Jahren
schaffen . Wir müssen also dreimal so ehrgeizig sein wie
bisher . Wir erleben aber, dass es beim Bundesverkehrs-

wegeplan vorrangig um Straßenbau geht . Wir erleben,
dass im Erneuerbare-Energien-Gesetz ein Deckel für er-
neuerbare Energien vorgesehen ist . Wir erleben, dass im
Wohnungsbau zu wenig passiert; dabei könnten wir uns
für Mieterstrom einsetzen und auch sektorübergreifend
tätig werden . Wie wollen Sie die ausstehenden 13 Pro-
zent in den letzten 5 Jahren überhaupt noch schaffen?

Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Zunächst möchte ich auf das eingehen, was Sie als
letztes Beispiel nannten, nämlich Mieterstrom und Sek-
torkoppelung . Hier werden wir mit der Novelle zum
Erneuerbare-Energien-Gesetz, deren Verabschiedung ja
diese Woche ansteht, vorankommen . Dafür bin ich sehr
dankbar . Das halte ich für einen großen Erfolg; darüber
wird ja dann am Freitag noch eingehend debattiert wer-
den . Ich bin wirklich sehr zufrieden, dass es uns gelun-
gen ist, dafür zu sorgen, dass diese Punkte in der Novelle
berücksichtigt werden .

Darüber hinaus möchte ich Ihnen sagen, dass wir
schon beschlossen haben, bis zum Jahr 2020 einige Koh-
lekraftwerke in Reserve zu nehmen, das heißt, dass wir
sie mindestens vorübergehend abschalten mit dem Ziel,
sie endgültig vom Markt zu nehmen . Auch das wird hel-
fen, das für 2020 gesteckte Ziel zu erreichen .

Im Übrigen sind wir dabei, das Erneuerbare-Ener-
gien-Wärmegesetz und die EnEV zu überarbeiten . Wir
wollen gleichsam eine einheitliche Regelung schaffen,
die einerseits die Energieeffizienz im Neubau in den
Blick nimmt, auf der anderen Seite aber auch in den
Blick nimmt, welche Art von Energie in den Gebäuden
verbraucht wird . Auch in diesem Zusammenhang ist das
Stichwort „Mieterstrom“ nicht zu verachten .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818200600

Oliver Krischer .


Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818200700

Herzlichen Dank, Frau Ministerin, für Ihre Ausfüh-

rungen . Auch ich freue mich darüber, dass Sie viele posi-
tive Beispiele aus anderen Ländern angeführt haben . Das
zeigt, Deutschland ist nicht mehr alleine . Aber – das sage
ich einschränkend – es ist leider auch nicht mehr Vor-
reiter . Das war einmal . Andere gehen inzwischen voran .

Ich möchte den Verkehrsbereich beleuchten . Ich habe
mir Ihren Klimaschutzplan, Stand 21 . Juni 2016, an-
geschaut . Darin las ich den vor dem Hintergrund Ihrer
sonstigen Äußerungen, die ich wahrgenommen habe,
interessanten Hinweis, dass der Dieselantrieb – ich zitie-
re wörtlich – weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Er-
reichung der CO2-Ziele leisten soll . Worauf stützen Sie
diese Annahme, was ist die Politik dahinter, und wie soll
ich angesichts dessen andere Äußerungen von Ihnen ver-
stehen, nach denen der Dieselantrieb ein Auslaufmodell
ist? Könnten Sie mich bitte aufklären, wie die Politik Ih-
res Hauses in Bezug auf Klimaschutz im Verkehrsbereich
aussieht?






(A) (C)



(B) (D)


Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Herr Kollege Krischer, es gibt natürlich auch so et-
was wie eine Brückenfunktion . Die muss man dem Die-
selantrieb durchaus zubilligen; denn klar ist, dass der
Dieselantrieb deswegen, weil er einfach sparsamer im
Verbrauch ist, CO2-freundlicher ist als der Benzinan-
trieb . Gleichwohl kann der Dieselantrieb auf Dauer nicht
mehr als eine Brückenfunktion wahrnehmen . Ansonsten
würden die in Deutschland hergestellten Automobilflot-
ten auf Dauer nicht die Anforderungen der Europäischen
Union erfüllen . Der Anteil der Elektromobilität muss
selbstverständlich zunehmen . Zu diesem Zweck hat die
Bundesregierung ja auch ein Förderprogramm aufgelegt .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818200800

Herr Lenkert .


Ralph Lenkert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818200900

Frau Ministerin, wie Sie sicherlich wissen, zielt das

Klimaschutzabkommen nicht nur auf CO2, sondern auch
auf andere Klimagase wie Schwefelhexafluorid, das
22 000-mal schädlicher ist für das Klima als CO2 . Die
ausgestoßene Menge von solchen Superklimagasen ist in
Deutschland im letzten Jahr um 22 Prozent gestiegen . In
Ihrem Klimaschutzplan liest man nichts darüber, wie Sie
gerade bei diesen – so nenne ich sie mal – Superklimaga-
sen vorgehen wollen, um zukünftig eine Reduzierung zu
erreichen . Deswegen frage ich Sie: Welche Maßnahmen
sehen Sie vor? Wenn Sie Maßnahmen vorsehen, viel-
leicht auch das teilweise Verbot der industriellen Nutzung
solcher Gase, frage ich ergänzend: Sind solche Verbote
überhaupt noch aussprechbar, sollten die Freihandelsab-
kommen mit den USA oder mit Kanada in Kraft treten?

Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Herr Kollege, wir sehen in unserem Klimaschutzplan
keine Verbote in dieser Hinsicht vor – das haben Sie rich-
tig dargestellt –; aber wir sind selbstverständlich zusam-
men mit der deutschen Industrie daran interessiert – und
dabei durchaus auch erfolgreich –, den Ausstoß auch
anderer klimaschädlicher Gase zurückzuführen . Das gilt
auch für andere Bereiche wie zum Beispiel die Landwirt-
schaft .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818201000

Frau Kotting-Uhl .


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818201100

Frau Ministerin, Sie haben in Ihrer Antwort auf die

Frage von Frau Baerbock gesagt, Sie seien sich bewusst,
dass man das Ziel für den Ausbau der Erneuerbaren, also
45 Prozent Anteil bis 2025, das wir am Freitag beschlie-
ßen werden, wird nachschärfen müssen . Nun wurde uns
eine, wie ich finde, sehr gut formulierte Studie, die im
Auftrag von Greenpeace erstellt wurde, zur Kenntnis
gegeben, in der dargestellt wird, dass wir, wenn wir die
Sektorkopplung wirklich ernst nehmen und die Dekar-
bonisierung der Wirtschaft bis Mitte des Jahrhunderts in

Deutschland erreichen wollen, bis 2040 mit dem doppel-
ten Strombedarf von heute rechnen müssen, und zwar
unter Berücksichtigung erreichter Effizienzsteigerungen;
die wurden dabei also nicht außen vor gelassen . „Nach-
schärfen“ ist angesichts der vor uns stehenden Herausfor-
derung also eine milde Formulierung . Wir brauchen das
Vier-, Fünf-, Sechsfache in den einzelnen Sektoren der
erneuerbaren Energien, wenn wir auch in den Bereichen
Wärme und Verkehr alles über Strom aus Erneuerbaren
laufen lassen wollen . Wie wollen Sie da nachschärfen,
bzw . was für Größenordnungen schweben Ihnen für das
Nachschärfen vor?

Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Frau Kollegin, ich will dazu jetzt keine Zahlen nen-
nen . Es wird Gegenstand der Koalitionsverhandlungen
am Ende des Jahres 2017 sein – mit welchen Beteiligten
auch immer –, dass man mit 45 Prozent bis 2025 nicht aus-
kommt . Ich will jetzt auch nicht die Greenpeace-Studie
kommentieren, sondern, wenn Sie erlauben, mich selbst
zitieren . Ich habe bei mehreren Gelegenheiten schon ge-
sagt: Die Zukunft wird elektrisch sein . – Wir werden also
erneuerbare Energien nicht nur für den Stromverbrauch,
wie wir ihn kennen, brauchen, sondern wir werden er-
neuerbare Energien auch in den Bereichen Verkehr, also
Mobilität allgemein, und Wärme benötigen . Das bedeu-
tet, dass diejenigen, die sich heute um Stromproduktion
kümmern, dies auch in den Blick nehmen sollten; denn
dort liegen in der Tat die Geschäftsfelder der Zukunft,
einschließlich natürlich der Umwandlung von erneu-
erbaren Energien in Power-to-X, wie man es allgemein
nennt, also die Umwandlung in flüssige oder gasförmige
Antriebsstoffe .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818201200


Peter Meiwald .


Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818201300


Vielen Dank, Herr Präsident . – Frau Ministerin, ich
will noch einmal auf das zurückkommen, was Kollegin
Kotting-Uhl gerade gesagt hat . Sie selbst haben ja gesagt,
dass Sie schon heute wissen, dass wir 2025 mit diesem
Ausbaudeckel, den wir am Freitag in einem verkürzten
parlamentarischen Verfahren beschließen sollen, nicht
hinkommen . Daneben ist das Kabinett gerade dabei, ei-
nen Bundesverkehrswegeplan vorzubereiten, über den
selbst das Umweltbundesamt sagt, dass damit die Klima-
ziele auf keinen Fall erreicht werden . Für mich stellt sich
daher die Frage: Warum beschließen Sie als Regierung
solche Dinge, obwohl Sie als Klimaschutzministerin
heute schon wissen, dass sie eigentlich nicht ausreichend
sind, um sich den Herausforderungen zu stellen? Und
wie sollen wir den Bürgern vermitteln, dass ein Parla-
ment dazu genötigt wird, etwas zu beschließen, von dem
selbst die zuständige Ministerin schon weiß, dass es ei-
gentlich nicht ausreicht?






(A) (C)



(B) (D)


Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Herr Kollege, jedes Parlament ist frei, ein Gesetz in
einem, zwei oder drei Jahren wieder zu novellieren . Ich
bin sehr zuversichtlich, dass das so oder so für das Erneu-
erbare-Energien-Gesetz wieder notwendig sein wird . Wir
müssen sowieso Anpassungsmechanismen, zum Beispiel
auch bei der Vergütung, vorsehen . Dass wir dem zukünf-
tigen Parlament, das im Jahr 2017 gewählt wird, durch-
aus noch ein bisschen Arbeit übrig lassen, ist überhaupt
nicht schlimm .

Das, was wir jetzt beschließen, zeigt den richtigen
Weg . Gleichwohl bin ich der Auffassung: Ja, wir werden
in den nächsten Koalitionsverhandlungen wahrscheinlich
nachschärfen müssen, auch im Interesse der Produzenten
von Strom . Denn auch sie brauchen natürlich verlässliche
Rahmenbedingungen, um Investitionen vorzubereiten
und entsprechende Entscheidungen zu treffen . Deswegen
gehen wir einen richtigen Schritt; aber es wird, was das
anbelangt, selbstverständlich nicht der letzte Schritt sein .

Was den Bundesverkehrswegeplan anbelangt, so bin
ich in der Tat mit dem Kollegen Dobrindt noch im Ge-
spräch . Wir werden uns hier oder da sicherlich noch auf
einiges verständigen, das im Interesse des Umweltschut-
zes ist .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818201400

Herr Kollege Kühn .

Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):

Frau Ministerin, wir wissen jetzt, dass das EEG nicht
auf dem Klimaschutzpfad ist . Wir wissen, dass der Bun-
desverkehrswegeplan nicht auf dem Klimaschutzpfad ist .
Wir wissen, dass der Kohleausstieg, der viel zu langsam
vonstattengeht, auch nicht auf dem Klimaschutzpfad ist .
Ich komme jetzt zum Gebäudebereich; als Bauministerin
kennen Sie sich damit sehr gut aus . Auch von dort – das
ist doch ganz klar – kommt im Augenblick kein Impuls,
der dazu beiträgt, dass wir die Energiewende schaffen .
40 Prozent unserer Endenergie verbrauchen wir in Ge-
bäuden . Wir sehen, dass wir bei der Sanierungsrate nicht
vorankommen und immer noch unter 1 Prozent liegen .
Im Gebäudebereich liegt der Anteil der erneuerbaren
Energien unter 10 Prozent . Daher ist für mich nicht klar,
wie Sie jetzt nach Paris den Gebäudebereich auf den Kli-
maschutzpfad setzen wollen .

In diesem Zusammenhang stellen sich mir zwei Fra-
gen: Wie wollen Sie die erneuerbaren Energien im Ge-
bäudebereich stärker voranbringen? Müssen wir die
EnEV, wenn wir sie jetzt schon reformieren, nicht eigent-
lich noch einmal deutlich verschärfen, um dafür zu sor-
gen, dass dieser Sektor endlich mehr zum Klimaschutz
beiträgt und so wirklich 1,5 Grad erreicht werden kön-
nen?

Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Herr Kollege, zunächst möchte ich die in der Einlei-
tung Ihrer Frage enthaltenen Behauptungen, wir seien

nirgendwo auf dem Klimaschutzpfad, zurückweisen . Wir
sind selbstverständlich auf dem Klimaschutzpfad . Viel-
leicht geht es Ihnen nicht schnell genug, aber wir sind
in allen Sektoren, die Sie angesprochen haben, auf dem
Klimaschutzpfad . Ich möchte doch darum bitten, dass
Sie das zur Kenntnis nehmen . Es kann sein, dass es Ihnen
nicht schnell genug geht, aber es ist nicht so, als wären
wir neben der Spur . Das will ich ganz deutlich sagen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Im Übrigen hatte ich gerade schon angedeutet, dass
wir dabei sind, die EnEV zusammen mit dem Erneuer-
bare-Energien-Wärmegesetz zu überarbeiten . Ja, es ist
richtig, 40 Prozent des Endenergieverbrauches entfällt
auf Gebäude . Deswegen liegt darauf ein besonderes Au-
genmerk. In der Tat reicht es nicht aus, die Energieeffi-
zienz in den Blick zu nehmen . Vielmehr muss auch der
Anteil der erneuerbaren Energien, zum Beispiel bei der
Wärmeerzeugung in Gebäuden, erhöht werden . Dies be-
deutet, dass wir dort einen neuen Ansatz brauchen . An
diesem arbeiten wir gerade zusammen mit dem Bundes-
wirtschaftsministerium . Ich bin sicher, dass wir Ihnen
dazu im Herbst einen vernünftigen Vorschlag werden
vorlegen können .

Wenn wir das so neu auf die Füße gestellt haben, muss
selbstverständlich auch die Förderpolitik der KfW daran
angepasst werden . Auch hier bin ich zuversichtlich, dass
uns das gelingen wird .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818201500

Frau Bulling-Schröter .


Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818201600

Danke schön . – Bei meiner Frage geht es um den Ent-

wurf des Klimaschutzplanes 2050 . Darin ist auch von
einer Veränderung im Steuersystem die Rede; das heißt,
ökologisch kontraproduktive Dinge sollen abgeschafft
und klimafreundliche Anreize gesetzt werden . Mich wür-
de interessieren, an was hier gedacht ist und in welchem
Zeitraum das geschehen soll .

Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Frau Kollegin, in dem Entwurf des Klimaschutzpla-
nes 2050 steht, dass dies zu prüfen sei; und das wird si-
cherlich nicht mehr in dieser Legislaturperiode gesche-
hen .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818201700

Frau Baerbock .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vielen Dank . – Wir haben jetzt gehört, dass das EEG
nachgeschärft werden muss . Zeitgleich zum Petersberger
Klimadialog wurde der Entwurf des Klimaschutzplanes
für das Jahr 2050 aus Ihrem Hause an das Wirtschafts-
ministerium und an das Kanzleramt übergeben . Eine der
entscheidenden Stellschrauben darin – das wurde auch






(A) (C)



(B) (D)


in Paris immer wieder gesagt – ist der Ausstieg aus den
fossilen Energieträgern . Für Deutschland ist damit insbe-
sondere der Kohleausstieg gemeint . Rund um die Pariser
Klimakonferenz haben Sie sehr deutlich gesagt, dass er
in 20 Jahren möglich und in 25 Jahren nötig ist . Auf dem
Weg ins Kanzleramt ist nun der Zeitplan für den Kohle-
ausstieg aus dem Entwurf des Klimaschutzplanes 2050
gänzlich herausgeflogen. Darin steht nicht einmal mehr,
dass dies vor 2050 geschehen soll . Wie passt es zu dem
Pariser Klimaabkommen, das wir hier ratifizieren wol-
len, dass Deutschland in diesem Bereich jetzt keinen
grundsätzlichen Fahrplan mehr hat?

Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Frau Kollegin Baerbock, Sie haben mich nicht ganz
richtig zitiert . Bevor wir nach Paris gefahren sind, habe
ich gesagt: Ich halte einen Ausstieg aus der Kohlever-
stromung in 20 bis 25 Jahren für sozialverträglich mög-
lich . Ich habe niemals angekündigt, dass wir das in 20
bis 25 Jahren tun, sondern ich habe Ihnen nur gesagt: Ich
halte das in 20 bis 25 Jahren für sozialverträglich mög-
lich .

Wir haben uns im Entwurf des Klimaschutzpla-
nes 2050, der Ihnen ja so weit bekannt ist, darauf ver-
ständigt, dass wir eine Kommission einsetzen wollen, die
eine breite gesellschaftliche Akzeptanz für den Weg aus
den fossilen Energieträgern heraus zu finden versucht;
und ich bin sehr zuversichtlich, dass uns das auch gelin-
gen wird . Ich denke, wir brauchen dafür etwa zwei Jahre,
also so viel Zeit, wie wir uns auch bei der Endlagersuch-
kommission genommen haben .

Mir ist wichtig, dass wir den Klimaschutz in der Be-
völkerung weiterhin als – ich sage es einmal so – wirk-
lich nötig und gerne akzeptiert absichern, auch für die
Zukunft . Es hilft nicht, den Bürgerinnen und Bürgern
etwas überzustülpen und sie so zu der Annahme zu ver-
leiten, dass wir an ihren Lebensinteressen vorbei arbeiten
würden . Deswegen müssen wir einen Pfad aufzeichnen,
der gesellschaftlich akzeptiert ist und uns in absehbarer
Zeit zu einem Ende der Verstromung von fossilen Ener-
gieträgern führt . Klar ist, dass wir bis zur Mitte des Jahr-
hunderts weitgehend klima- bzw . treibhausgasneutral
leben und wirtschaften wollen .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818201800

Frau Höhn .


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818201900

Erster Punkt . Frau Ministerin, wir haben eben über

den Bundesverkehrswegeplan gesprochen . Den kann
man nicht so leicht innerhalb von zwei Jahren wieder än-
dern . In ihm werden jetzt die Investitionen für die nächs-
ten 10 bis 15 Jahre festgelegt . In ihm ist der Bau von
über 500 neuen Ortsumgehungen enthalten . Das heißt, es
wird in neue Straßen und nicht ausreichend in die Bahn
investiert . Alle Experten sagen: Damit sind die Klima-
schutzziele nicht zu erfüllen . Das heißt, wir entscheiden
jetzt, in diesem Jahr, darüber, wie es im Verkehrsbereich

weitergeht . Meinen Sie, dass es ausreichend ist, hier nur
noch die eine oder andere Stellschraube zu verändern?

Zweiter Punkt . Im Bundesland Berlin ist jetzt das erste
Mal ein Divestment beschlossen worden . Auch, um das
Geld zu sichern und kein Risiko mehr bei der Anlage
von Geld einzugehen, sollen keine Investitionen mehr in
Unternehmen getätigt werden, die in fossilen Energien
engagiert sind . Das war ursprünglich auch in Ihrem Ent-
wurf des Klimaschutzplanes 2050 vorgesehen . Nun ist
das herausgefallen . Warum soll hier weiterhin ein Risiko
für die Bevölkerung, für den Staat, für die Pensionsfonds,
für die Rücklagen auch unseres Staatskapitals eingegan-
gen werden? Sieht so Ihr Risikomanagement aus?

Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Frau Kollegin Höhn, auf Ihre letzte Frage reagiere
ich etwas unsicher . Nach meinem Kenntnisstand ist die
Bundesrepublik Deutschland in fossile Energieträger
überhaupt nicht investiert, sodass wir kein Divestment
ankündigen müssen . Aber das müsste ich überprüfen .
Nach meiner Einschätzung – das kann man dem Beteili-
gungsbericht des Bundesfinanzministers entnehmen, den
ich nicht vollständig im Kopf habe – können die Inves-
titionen in fossile Energieträger, wenn es sie denn gibt,
nicht von großer Bedeutung sein . Ich wüsste nicht, in
welche . Das will ich zunächst dazu sagen .

Zu Ihrer ersten Frage nach dem Bundesverkehrswe-
geplan . Ich will wirklich würdigen, dass wir den Anteil
der Investitionen in Schiene und Wasserstraßen im Ver-
hältnis zum noch geltenden Bundesverkehrswegeplan
deutlich erhöhen . Die Relation wird also zugunsten von
Schiene und Wasserstraßen deutlich verbessert . Gleich-
wohl kann man sich da noch mehr wünschen . Ich hatte
Ihnen ja gesagt, dass ich mit dem Kollegen Dobrindt wei-
ter im Gespräch bin .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818202000

Herr Kollege Lenkert .


Ralph Lenkert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818202100

Frau Ministerin, Sie sprachen vorhin von der Diesel-

technologie bei Pkw als „Brückentechnologie“ . Jetzt ist
zwischenzeitlich bekannt geworden, dass es bei Diesel-
fahrzeugen nicht nur einen höheren Verbrauch gibt als
angegeben, sondern auch die Feinstaubbelastung in den
Innenstädten deutlich höher ist als angenommen . Unter
diesem Aspekt sehe ich es ausgesprochen kritisch, eine
solche Technologie, die sich wahrscheinlich nicht so
ohne Weiteres korrigieren lässt, als „Brückentechnolo-
gie“ zu bezeichnen .

Ich frage Sie daher: Wäre es nicht klüger, statt Milli-
arden in E-Autos zu stecken, in die Bahn zu investieren?
Das könnte uns kurzfristig helfen . Ich denke hier an die
Elektrifizierung von Bahnstrecken durch eine weitere
Erhöhung der Regionalisierungsmittel, damit eben mehr
Personennahverkehr erfolgen kann . Wäre es nicht klü-
ger, die Milliarden, die man jetzt für E-Autos vorsieht,
in den öffentlichen Personennahverkehr und in die Elek-
trifizierung von Bahnstrecken zu investieren, um einen

Annalena Baerbock






(A) (C)



(B) (D)


schnellen Effekt sowohl beim Klima als auch gegen die
Feinstaubbelastung in unseren Städten zu erreichen?

Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Die Elektrifizierung von Bahnstrecken ist sicherlich
wünschenswert . Gleichwohl muss man auch dort ein
Kosten-Nutzen-Verhältnis ins Auge fassen . Es gibt Bahn-
strecken, die so befahren werden und bei denen geprüft
werden sollte, ob das Investment – ich sage es einmal
so – zu verantworten ist . Trotzdem haben Sie im Prinzip
natürlich recht .

Ich will aber den Vorwurf zurückweisen, dass wir
Milliarden in die Elektromobilität stecken . Wir haben
ein Zuschussprogramm von 600 Millionen Euro bis zum
Ende des Jahres 2019 aufgelegt .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818202200

Ich will mit Blick auf unser Zeitmanagement darauf

aufmerksam machen, dass ich den Wunsch nach Nach-
fragen der Kolleginnen und Kollegen Krischer, Kotting-
Uhl, Verlinden, Meiwald, Baerbock und Höhn registriert
habe . Mehr werden wir in diesem Zeitrahmen nicht schaf-
fen, wenn wir auch noch Gelegenheit für sonstige Fragen
an die Bundesregierung haben wollen . – Herr Krischer .


Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818202300

Frau Ministerin, ich möchte erst einmal Ihrer Aussage

widersprechen, dass wir beim Klimaschutz auf dem Ziel-
pfad sind . Von den 27 Prozent, die wir an CO2-Emissio-
nen im Vergleich zu 1990 reduziert haben, gehen knapp
20 Prozent auf den Niedergang der DDR-Wirtschaft zu-
rück . Das heißt, das, was sonst noch an Maßnahmen ver-
bleibt, ist minimal in der Wirkung . Im Verkehrsbereich
gehen die Emissionen nach oben . Im Bereich der Ener-
gieerzeugung gibt es bestenfalls eine Stagnation, tenden-
ziell gehen auch dort die Emissionen nach oben . Da kann
ich nicht davon sprechen, dass wir auf dem Zielpfad sind,
zumal wir im europäischen Vergleich nach wie vor mit
die höchsten Emissionen pro Kopf haben . Ich kann nicht
erkennen, dass wir uns konsequent auf die Erreichung
der Ziele zubewegen .

Meine Frage bezieht sich auf den Klimaschutz-
plan 2050 . Ich habe gelesen, dass im Entwurf die Aus-
sage stand, der Ausstieg aus der Kohle solle deutlich vor
2050 erfolgen . Ich nehme jetzt wahr, dass diese Aussa-
ge im Entwurf nicht mehr enthalten ist . Sie haben sich
auch gerade dazu nicht geäußert . Meine Frage an Sie
ist: Beabsichtigt die Bundesregierung tatsächlich – das
wäre aus meiner Sicht eine völlige Entwertung –, einen
Klimaschutzplan 2050 zu verabschieden, der keine klare
Aussage zu einem Kohleausstieg oder zur Kohle enthält?

Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Ich hatte Sie eben schon darüber unterrichtet, dass in
dem Entwurf des Klimaschutzplans die Einrichtung einer
Kommission vorgesehen ist, die innerhalb von zwei Jah-
ren einen gesellschaftlichen Konsens mit herbeiführen
soll, der dann zu den Maßnahmen führt, den Ausstieg aus

der Kohle oder vielmehr den Ausstieg aus fossilen Ener-
gieträgern sozialverträglich und regional wirtschaftlich
verantwortlich voranzubringen .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818202400

Frau Kotting-Uhl .


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818202500

Frau Ministerin, noch einmal zum Ausbau der erneu-

erbaren Energien – ich frage Sie das auch als Ministerin
für Reaktorsicherheit, das heißt als Hüterin des Atom-
ausstiegs –: Können wir uns tatsächlich leisten, in dieser
Legislatur den Plan zu beschließen, bis zum Jahr 2020
einen Anteil von 40 Prozent erneuerbarer Energien an
der Stromversorgung zu erreichen? Woraus wollen wir
dann die restlichen 60 Prozent Strom beziehen? Ich rede
jetzt nur von Strom für die Stromnutzung; es geht nicht
um Sektorkopplung . Woraus beziehen wir die restlichen
60 Prozent des Stroms, den wir dann brauchen? Wird das
alles aus fossilen Energieträgern kommen, oder soll dann
der Atomausstieg aufgeweicht werden?

Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Wie Sie wissen, betrug der Anteil von Strom aus er-
neuerbaren Energien in Deutschland im letzten Jahr
32,5 Prozent . Bis zum Jahr 2020 streben wir 40 Pro-
zent an . Dies ist sicherlich problemfrei möglich, und Sie
können sicher sein, dass der Atomausstieg, wie geplant,
sukzessive vorangeht und das letzte Atomkraftwerk 2022
vom Netz geht .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818202600

Frau Verlinden .


Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818202700

Frau Ministerin, ich habe eine Frage zum Stromver-

brauch in der Zukunft, und zwar würde ich gerne wis-
sen, von welchem Stromverbrauch die Bundesregierung
für die Jahre 2020, 2030 und 2050 ausgeht . Sie haben
die Sektorkopplung angesprochen . Auch das Stichwort
„Elektromobilität“ ist heute schon mehrfach gefallen .

Ich wüsste gerne: Gibt es einen Wert, mit dem Sie
rechnen und an dem Sie Ihre Prognosen und vor allen
Dingen auch Ihre Politik orientieren? Wenn ja, sind Sie
sich in der Bundesregierung einig, oder geht man da
von unterschiedlichen Szenarien aus? Wenn man da-
von spricht, bis zum Jahr 2020 einen Anteil von 40 bis
45 Prozent beim Strom aus erneuerbaren Energien zu er-
reichen – wir Grünen finden, das ist viel zu wenig; aber
nehmen wir an, Sie wollen dieses Ziel erreichen –, dann
ist, wenn Sie am Freitag im Plenum mit dem EEG die
Megawattausbauzahlen beschließen, die Frage ganz es-
senziell, ob das überhaupt erreichbar ist . Denn viele Wis-
senschaftler gehen davon aus, dass der Stromverbrauch
steigen wird . Die Frage ist deshalb, ob Sie Ihre eigenen
Ziele erreichen, wenn Sie nur diese geringen Mengen an
Photovoltaik und Windkraft ausbauen wollen .

Ralph Lenkert






(A) (C)



(B) (D)


Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Frau Kollegin, ich habe eben schon darauf hingewie-
sen, dass nach meiner Ansicht in der nächsten Legisla-
turperiode das Erneuerbare-Energien-Gesetz wiederum
einer Novellierung zugänglich sein wird .


(Dr . Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber meine Frage bezog sich auf den Stromverbrauch der Zukunft!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818202800

Peter Meiwald .


Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818202900

Vielen Dank . – Ich habe auch eine Nachfrage . Sie ha-

ben eben wieder betont, dass das EEG in der nächsten
Legislaturperiode weiterentwickelt werden soll . Aber
für die Herausforderungen, die sich zurzeit im Zusam-
menhang mit der Installation von Energieanlagen, mit
Offshoreanlagen, aber auch mit dem Netzausbau und
dem Thema Sektorkopplung stellen, gilt: Das sind alles
Prozesse, die lange Planungsvorläufe haben . Aus meiner
Sicht ist es sehr schwierig, den Investoren zu vermitteln,
dass sie die nächsten Koalitionsverhandlungen abwarten
müssen, wo doch die Entscheidungen eigentlich heute
getroffen werden müssen . Wir alle wissen, dass gerade in
diesen Sektoren die Zeit sehr drängt .

Ich frage mich, wie Sie als Bundesregierung es den
Menschen vor Ort, den Investoren und im Übrigen auch
den Betreibern von fossilen Kraftwerken vermitteln
wollen, dass Sie eine neue Hängepartie bis zu einem
EEG 2019 machen .

Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Herr Kollege, wir machen keine Hängepartie . Jeder
kann sich darauf einstellen, dass wir die erneuerbaren
Energien ausbauen . Der Netzausbauplan liegt fest und
wird abgearbeitet .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818203000

Frau Baerbock .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte auf den Punkt Divestment zurückkom-
men . Sie haben gesagt, Ihnen sei nicht bekannt, dass die
Bundesrepublik an Anlagen im fossilen Bereich beteiligt
ist . Das ist aber so . Das sind sowohl die Bundesländer –
Berlin steigt ja aus – als auch der Bund über die Bundes-
bank . Die Anlagen für die Pensionsrückstellungen oder
auch die der gesetzlichen Rentenversicherungen sind im
EURO-STOXX-50-Index enthalten .

Habe ich Sie deshalb richtig verstanden, dass die
Bundesregierung diesem Beispiel folgen – das hat die
Bundeskanzlerin in ihrer Rede angesprochen, Stichwort
„mehr Verantwortung des Finanzsektors“ –, sich auch im
Klimaschutzplan aktiv für ein Divestment einsetzen wird
und entsprechend die Anlagenrichtlinien der Bundesbank

und die Pensionsrückstellungen anpassen und keine An-
lagen in fossile Energieunternehmen mehr kaufen wird?

Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Frau Kollegin, das ist im Klimaschutzplan bisher nicht
vorgesehen . Es ist allerdings eine interessante Anregung .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818203100

Frau Höhn, letzte Frage .


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818203200

Frau Ministerin, wir haben zwar jetzt die Entschei-

dung zum Brexit in Großbritannien, aber als Folge davon
ist der Preis für CO2-Zertifikate sogar noch einmal mas-
siv unter ein Niveau gesackt, das vorher schon viel zu
niedrig war . Nun planen die Franzosen, im nächsten Jahr
einen Mindestpreis einzuführen, der immerhin bei 28 bis
30 Euro pro Tonne CO2 liegen soll . Auch Großbritanni-
en, das in den nächsten Jahren beim Klimaschutz der EU
noch aktiv sein wird, hat einen CO2-Preis in Höhe von
23 Euro . Andere Länder haben eine Kohlesteuer .

Um hier zu Veränderungen zu kommen und die
CO2-Ziele zu erreichen: Ist es nicht notwendig, dass auch
Deutschland einen solchen Mindestpreis einführt, damit
wir ihn am Ende mit den notwendigen Mehrheiten auch
auf EU-Ebene einführen können?

Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Frau Kollegin, wir sind auf der europäischen Ebene
im Überarbeitungsprozess . Wie Sie wissen, haben wir
uns bereits auf eine Marktstabilitätsreserve verständigt,
und wir werden den tatsächlich notwendigen Neuanfang,
was die CO2-Bepreisung betrifft, in den nächsten Mona-
ten auf der europäischen Ebene einvernehmlich regeln
können .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818203300

Damit schließen wir diesen Teil der Befragung ab .

Gibt es sonstige Fragen zur heutigen Kabinettssitzung?
Gibt es sonstige Fragen an die Bundesregierung? – Es
hatte sich bereits die Frau Kollegin Werner gemeldet,
und dann notiere ich einige weitere Meldungen .


Katrin Werner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818203400

Meine Frage bezieht sich auf den Kabinettsbeschluss

der letzten Woche . Dort wurde vom Ministerium für
Arbeit und Soziales ganz groß verkündet, dass jetzt die
Inklusion vorangebracht und Selbstbestimmung und
Teilhabe für die betroffenen Menschen ermöglicht wer-
den . Anfang der Woche gab es noch die Nachricht, dass
die Österreicher in ihr Bundesgesetzblatt die korrigier-
te deutsche Übersetzung aufgenommen haben . Insofern
stellt sich die Nachfrage, ob das Ministerium doch noch
einmal darüber nachdenkt, eine Korrektur der Gesetzes-
vorlage vorzunehmen; denn es gäbe noch weitere Aus-
wirkungen auf den Haushaltsentwurf für 2017 und auf
den Finanzplan bis 2020, die heute vom Bundesfinanz-
minister vorgestellt werden .






(A) (C)



(B) (D)


Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Herr Präsident, sind Sie damit einverstanden, wenn
die Kollegin Lösekrug-Möller die Antwort gibt? – Herz-
lichen Dank .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818203500


Vielen Dank für die Frage, Frau Abgeordnete
Werner . – Ja, in der Tat, diese Nachricht hat uns natürlich
auch ereilt, dass sich in Österreich in der Übersetzungs-
frage etwas getan hat . Wir haben dieses Thema bereits in
der letzten Legislaturperiode in der Bundesregierung be-
handelt und eine deutsche Fassung bei der Übersetzung
akzeptiert . Es gibt im Augenblick, soweit mir bekannt ist,
keine Diskussion und keine Überlegung, dies noch ein-
mal infrage zu stellen .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818203600

Frau Haßelmann .


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818203700

Ich habe eine Frage an das Innenministerium . Dieses

hat sich jetzt auch öffentlich über die Presse geäußert –
noch nicht in der Fragestunde – und seine Kritik am Ver-
halten des Bundesamts für Verfassungsschutz sowie an
den Verfehlungen von dessen Präsident Herrn Maaßen
vorgebracht .

Deshalb möchte ich gern fragen: Wie werden Sie von
der Regierung damit umgehen, wenn Sie feststellen, dass
es dort massive Defizite gegeben hat? Welche Rück-
wirkungen hat dies auf das Vertrauen, das Sie in Herrn
Maaßen stecken, und welche Konsequenzen hat das für
Ihre Fach- und Rechtsaufsicht?


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818203800

Herr Krings, bitte .

D
Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1818203900


Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-
ren! Liebe Frau Haßelmann, wir haben uns, glaube ich,
schon einmal in einer früheren Fragestunde darüber un-
terhalten . Ich hatte damals angekündigt, dass ein Bericht
eines Beauftragten des Innenministeriums erstellt wird .
Dies ist inzwischen erfolgt, und der Bericht wird ausge-
wertet .

Natürlich haben wir – das haben Sie zu Recht an-
gemerkt – Mängel festgestellt, dass beispielsweise
SIM-Karten und Telefone zu spät gefunden worden sind .
Diese müssen nun nicht nur ausgelesen, sondern auch
ausgewertet werden . Um es einmal praktisch deutlich zu
machen: Wenn es sich – hypothetisch – um 1 000 Bil-
der handelt, dann reicht es nicht aus, diese von einer
SIM-Karte oder einem Handy herunterzuziehen . Viel-
mehr muss man dann auch schauen, wer auf den Fotos
abgebildet ist und ob es Verbindungen gibt, die wir bis-
lang nicht gesehen haben . Davon wird viel abhängen .

Es ist jetzt jedenfalls noch nicht an der Zeit, irgend-
welche hypothetischen Betrachtungen anzustellen und
Konsequenzen zu ziehen . Wichtig und richtig ist – das
Stichwort haben Sie bereits genannt –, dass wir die
Rechts- und Fachaufsicht sehr ernst nehmen . Dass wir
das tun, zeigt die nun eingeleitete Untersuchung . Aber
wir dürfen keine voreiligen Schlüsse ziehen .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818204000

Frau Dröge .


Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818204100

Ich habe eine Frage an die Bundesregierung hinsicht-

lich des Rüstungsexportberichts 2015; dieser war meines
Wissens nach ebenfalls Thema der heutigen Kabinettssit-
zung . Wir haben erfahren, dass sich die Rüstungsexporte
gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt haben . Damit ist
Herr Gabriel seinem selbst erklärten Ziel, die Rüstungs-
exporte zu reduzieren, nicht gerecht geworden . Das ist
eine sehr problematische Nachricht .

Wir haben außerdem erfahren, dass ein Großteil der
Lieferungen bei den Kleinwaffen in die Region Katar
geht und dass auch die Lieferung eines Panzers an das
Land Katar genehmigt wurde . Herr Gabriel hat das damit
begründet, dass es sich hier um Genehmigungen der Vor-
gängerregierung handele, die er nicht mehr rückgängig
machen könne . Trifft es zu, dass diese Genehmigungen
durchaus rückgängig gemacht werden könnten, wenn
man bereit wäre, Schadensersatzforderungen in Kauf zu
nehmen? Was ist aus Ihrer Sicht die inhaltliche Begrün-
dung dafür? Ist es wirklich besser, Panzer und Kleinwaf-
fen in ein Land wie Katar zu liefern, als Schadensersatz-
forderungen in Kauf zu nehmen?

Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Das Bundeskabinett hat sich heute mit dem Rüstungs-
exportbericht befasst . Zur Verbesserung der Transparenz
bei Rüstungsexporten legt die Bundesregierung, wie zu-
gesagt, diesen Bericht zum dritten Mal vor . Es ist richtig,
dass der Export von Kleinwaffen zurückgegangen ist .
Genau diese Waffen sind bei nicht regulären Truppen und
Terroristen das Mittel der Wahl . Das Bundeskabinett hat
sich nicht mit der Abgrenzung von Rüstungsexport und
denkbaren Schadensersatzforderungen befasst .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818204200

Kollege Beck .


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818204300

Vielen Dank, Herr Präsident . – Ich habe in der letzten

Woche in der Fragestunde das Bundeswirtschaftsminis-
terium nach Proliferationsversuchen und Proliferations-
erfolgen des Iran im Zusammenhang mit dem Atompro-
gramm gefragt . Gestern erreichte mich schließlich die
finale Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums: Der
Bundesregierung ist kein Verstoß im Zusammenhang mit
dem Iran seit dem Wiener Abkommen bekannt .

Das Bundesamt für Verfassungsschutz schreibt in sei-
nem Bericht von 2015:






(A) (C)



(B) (D)


Die vom BfV festgestellten illegalen iranischen Be-
schaffungsversuche in Deutschland befanden sich
2015 weiterhin auf einem auch im internationalen
Vergleich quantitativ hohen Niveau . Dies galt vor
allem für Güter, die im Bereich Nukleartechnik ein-
gesetzt werden können .

Das BfV konstatiert auch „im Bereich des ambitionier-
ten iranischen Trägertechnologieprogramms, das unter
anderem dem Einsatz von Kernwaffen dienen könnte,
eine steigende Tendenz der ohnehin schon erheblichen
Beschaffungsbemühungen“ .

Das Landesamt für Verfassungsschutz Nord-
rhein-Westfalen sagte nach dem Abschluss des Wiener
Abkommens: Nichtsdestoweniger stellt der Iran weiter-
hin den Bearbeitungsschwerpunkt in der Proliferations-
abwehr dar . Knapp zwei Drittel der indizierten Einkaufs-
versuche sind dem iranischen Programm zuzuordnen .

Ich frage die Bundesregierung: Lügt der Verfassungs-
schutz, oder hat die Bundesregierung doch Erkenntnisse
darüber, dass seit der Unterzeichnung des Wiener Ab-
kommens durch den Iran Proliferationsversuche im Zu-
sammenhang mit dem Atomprogramm festgestellt wur-
den, und wenn ja, wie möchte die Bundesregierung das
Parlament hierüber wahrheitsgemäß unterrichten?


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818204400

Herr Staatssekretär Beckmeyer .

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1818204500


Herr Abgeordneter Beck, herzlichen Dank für die Fra-
ge . – Wir werden immer wahrheitsgemäß antworten . Wir
werden diesen in der Presse zu lesenden Aussagen der
verschiedenen Verfassungsschutzämter nachgehen .


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Öffentlicher Bericht!)


– Keine Entrüstung . – Wir werden diesen Dingen nach-
gehen und sie aufklären .

Sie sprachen zu Recht von Beschaffungsversuchen . Es
ist zu hinterfragen, bei wem das versucht worden ist und
ob es mit Erfolg versucht worden ist . Diese Frage werden
wir ebenfalls aufklären .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818204600

Frau Höhn .


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818204700

Der Kommissionspräsident Juncker und die Handels-

kommissarin haben ihre Meinung revidiert und wollen
jetzt über CETA den Bundestag und die anderen natio-
nalen Parlamente abstimmen lassen . Die Bundesregie-
rung hat mehrmals dazu Position bezogen und sich dafür
starkgemacht . Das war auch gut, und damit hat sie sicher
zu dieser Änderung beigetragen .

Nun soll aber dieses Handelsabkommen schon vorläu-
fig in Kraft treten, und zwar bevor die Einzelparlamen-
te, also auch der Bundestag, darüber abgestimmt haben .

Wie ist die Haltung der Bundesregierung dazu? Denn es
ist doch eine Farce, auf der einen Seite auf der Mitbe-
stimmung des Bundestages zu bestehen, während auf der
anderen Seite das Abkommen schon in Kraft ist . Wird
sich die Bundesregierung auch dafür einsetzen, dass die
vorläufige Inkraftsetzung von CETA nicht stattfindet?


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818204800

Dazu haben wir, Frau Kollegin, gleich eine Aktuelle

Stunde, in der das intensiv erläutert werden kann .


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818204900

Aber das wird nicht beantwortet . Ich frage, damit das

beantwortet werden kann .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818205000

Die Erfolgswahrscheinlichkeit ist bei beiden Ver-

suchsanordnungen ziemlich gleich groß, scheint mir .
Aber wir können es einmal testen . – Herr Beckmeyer,
bitte schön .


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich glaube, die Kollegin will antworten!)


Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Ich würde in der Tat den Kollegen Beckmeyer bitten,
darauf zu antworten, sofern er dazu heute in der Lage ist .

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1818205100


Frau Kollegin, Ihre Frage zielt auf die Debatte zu
CETA im Rahmen der Aktuellen Stunde ab . Wir haben
gestern die Entscheidung der Kommission zur Kenntnis
nehmen dürfen, dass entgegen ihrer bisherigen Haltung
es kein EU-only-Abkommen werden soll, sondern ein
gemischtes . Wir werden uns also auch hier in Deutsch-
land auf einen Abstimmungsprozess zubewegen . Es wer-
den sicherlich entsprechende Vorklärungen in Richtung
des Handelsministerrates auch hier im Parlament statt-
finden. Auf diese Art und Weise wird es, so denke ich,
eine Meinungsbildung des Deutschen Bundestages und
vielleicht auch des Bundesrats geben . Das wird sicher-
lich auch ein Fingerzeig für das entsprechende Verhalten
der Bundesregierung im jeweiligen Rat sein .

Dann wird das Europäische Parlament über diesen
Vorgang zu entscheiden haben . Damit haben wir ein
Verhalten des Europaparlaments zu dem gesamten Ab-
kommen . Danach wird darüber in den entsprechenden
Parlamenten der Mitgliedstaaten entschieden . Das ist
ein längerfristiger Prozess, an dem wir uns sicherlich in
Deutschland beteiligen werden .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818205200

Jedenfalls, Frau Höhn, bedarf es nicht der Genehmi-

gung der Europäischen Kommission, dass sich der Deut-
sche Bundestag mit diesem Thema beschäftigt . Wenn es
zu der jetzt absehbaren Prozedur kommt, setzt die denk-
bare Zustimmung der Bundesregierung zur vorläufigen
Inkraftsetzung dieses Vertrages die Zustimmung des

Volker Beck (Köln)







(A) (C)



(B) (D)


Bundestages voraus – Punkt . Völlig eindeutige Rechts-
lage .


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe jetzt noch drei Wortmeldungen, die ich auf-
rufen will . Das sind der Kollege Ströbele, die Kollegin
Mihalic und der Kollege Beck, die ich bitte, sich im
Rahmen der vorgesehen Zeitfristen zu bewegen . – Herr
Ströbele .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Danke, Herr Präsident . – Ich habe mich vorhin gemel-
det – leider bin ich erst jetzt an der Reihe –, als der Herr
Staatssekretär auf die Frage nach Herrn Maaßen geant-
wortet hat . Sie sagen, Sie könnten noch nichts Endgül-
tiges sagen . Deshalb meine klare Frage: Sehen Sie eine
Verantwortlichkeit von einem Behördenleiter, wie das
Herr Maaßen als Chef des Bundesamtes für Verfassungs-
schutz ist, die unabhängig davon ist, ob er an den ein-
zelnen Vorgängen beteiligt war? Das ist die sogenannte
Organisationsverantwortung . Das heißt, dass der Chef
auch für Vorgänge in seinem Amt geradestehen und die
Verantwortung übernehmen muss, bei denen er direkt
und konkret gar nicht involviert gewesen ist .

Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Das möchte ich gern für die ganze Bundesregierung
beantworten: Ja, selbstverständlich sieht die Bundesre-
gierung das so für alle Behördenleiter .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818205300

Frau Mihalic .


Dr. Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818205400

Frau Ministerin Hendricks, ich finde es gut, dass Sie

für die gesamte Bundesregierung die Antwort gegeben
haben, dass ein Behördenleiter selbstverständlich die
Verantwortung trägt, wenn es in seiner Behörde offen-
sichtlich Defizite gibt.

Herr Krings, Sie sagen, man könne jetzt noch keinerlei
voreilige Schlüsse dahin gehend ziehen, was das Ergeb-
nis dieser Untersuchung betrifft . Der Bericht liegt ja nun-
mehr vor . Sie haben uns diesen Bericht sozusagen ver-
traulich bei der Geheimschutzstelle vorgelegt, und wir
konnten diesen Bericht auch einsehen. Aber ich finde, es
ist schon ein merkwürdiger Vorgang, dass Sie selbst, das
Bundesinnenministerium, Teile dieses Berichts in einer
Pressemitteilung an die Öffentlichkeit bringen . Deswe-
gen möchte ich an Sie die Fragen richten: Warum ist die-
ser Bericht überhaupt als vertraulich eingestuft? Welche
Punkte sind es ganz konkret, die die Öffentlichkeit nicht
erfahren soll? Das Handeln, das Sie da an den Tag le-
gen – einerseits stufen Sie als vertraulich ein, anderer-
seits gehen Sie selbst damit an die Öffentlichkeit –, finde
ich schon bemerkenswert .

Vielen Dank .


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welcher Teil wurde denn in der PM verarbeitet? – Gegenruf des Abg . Karsten Möring [CDU/CSU]: Das kann man ja nachlesen!)


Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Es liegt im Wesen der Geheimhaltungsvorschriften,
dass man diese nicht offenbaren kann .

D
Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1818205500


Das hätte ich natürlich unmöglich schöner formulie-
ren können, Frau Ministerin .

Wir arbeiten nach der Maßgabe – das habe ich hier an
anderer Stelle schon des Öfteren gesagt, und das nehme
ich sehr ernst –: So viel Transparenz wie möglich, so viel
Geheimhaltung wie notwendig . – Wenn ein Bericht Teile
enthält, über die man sagen kann: „Das kann man der Öf-
fentlichkeit ohne die Verletzung von Interessen Dritter,
ohne die Verletzung von Staatsinteressen und Geheim-
schutzinteressen mitteilen“, dann wäre es geradezu fatal,
wenn wir die entsprechenden Teile nicht veröffentlich-
ten . Insofern können Sie als eine von wenigen, die das in
der Geheimschutzstelle gelesen haben, beurteilen, wo die
Differenz an dieser Stelle liegt . Das gilt übrigens nicht
für den ganzen Bericht; das ist ja doch ein Unterschied .
Sie kennen den Bericht offensichtlich in Gänze und kön-
nen selbst sehen, wo die Grenzen gezogen worden sind .


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das müssen Sie doch machen!)


Ich kann nur ganz deutlich sagen: In der Tat ist die
Aussage von mir zu unterstreichen; das gilt für alle Be-
hörden, selbst für Ministerien . Natürlich stellt sich dort,
wo in einer Behörde Fehler passieren, die Frage nach ih-
rer Organisation . Aber die Konsequenzen daraus – falls
Sie darauf abzielen – hängen von der Schwere der Fehler
ab . Darum bleibe ich dabei: Es wäre zum jetzigen Zeit-
punkt nicht seriös, einschätzen zu wollen, wie schwer-
wiegend der begangene Fehler ist . Insofern wären wei-
tere Aussagen zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Ordnung .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818205600

Letzte Frage: Volker Beck .


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818205700

Ich möchte meine Frage an Ihre Antwort anknüpfen .

Ich hatte die Bundesregierung letzte Woche schon nach
Proliferationsversuchen des Iran gefragt . Ich frage Sie
jetzt: Hat die Bundesregierung Kenntnis von Prolifera-
tionsversuchen des Iran nach dem Abschluss des Wiener
Abkommens, die im Zusammenhang mit dem Atompro-
gramm des Iran stehen können? Es reicht eigentlich ein
Ja oder ein Nein .

Präsident Dr. Norbert Lammert






(A) (C)



(B) (D)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818205800

Das hätte den Vorzug, dass die Antwort leicht in

höchstens 60 Sekunden zu beantworten ist .

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1818205900


Ich habe eben zum Ausdruck gebracht, dass wir uns
um den Verfassungsschutzbericht, den Sie zitiert haben,
kümmern werden; wir werden dem nachgehen .

Der entscheidende Punkt ist, dass nach meinem
Kenntnisstand die Aussagen von Verfassungsschützern
rückwärtsgewandt waren . Diesen Punkt werden wir auf-
klären . Einige Abgeordnete dieses Hauses haben sich
dazu auch in den letzten Tagen öffentlich geäußert . Ich
bin nicht in den Gremien, in denen dies besprochen wor-
den ist . Wir werden dieser Sachlage nachgehen, und wir
werden sie auch aufklären . Wenn dieser Aufklärungspro-
zess abgeschlossen ist, werde ich Ihnen schriftlich auf
Ihre Frage antworten .

Herzlichen Dank .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1818206000

Ich schließe damit die Regierungsbefragung .

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 3 auf:

Fragestunde

Drucksachen 18/8998, 18/9024

Zu Beginn rufe ich gemäß Nummer 10 Absatz 2 der
Richtlinien für die Fragestunde die dringlichen Fragen
auf Drucksache 18/9024 auf .

Ich will mit zwei Vorbemerkungen beginnen:

Erste Vorbemerkung . Wenn wir aufseiten des Parla-
ments wie der Regierung die Regierungsbefragung so
ernst nähmen, wie sie eigentlich gedacht ist, brauchten
wir das Institut der dringlichen Fragen nicht, weil jeder
in der Lage ist, wie wir das heute gerade demonstriert
haben, auch unabhängig von den angekündigten Themen
dringliche Fragen zu stellen .

Zweite Vorbemerkung . Solange wir dieses Institut ha-
ben, ist es eine gelegentlich schwierige Abwägung, ob
eine Frage wirklich dringlich ist oder nicht . Gelegent-
lich entscheide ich selbst entgegen den plausiblen for-
malen Hinweisen der Bundestagsverwaltung zugunsten
der Fragesteller . Wenn mir dann jemand eine dringliche
Frage vorlegt, ich sie auch als dringlich genehmige, ich
unmittelbar vor Beginn der Sitzung aber die Mitteilung
bekomme, dass eine schriftliche Antwort eigentlich auch
genüge, persifliert sich das Anliegen selbst.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: So ist es!)


So, finde ich, können wir nicht miteinander verfahren.
Deswegen bitte ich, das künftig bei entsprechenden An-
fragen möglichst zu berücksichtigen .


(Beifall des Abg . Manfred Grund [CDU/ CSU])


Mit dieser Begründung entfällt nun die Behandlung
der zugelassenen dringlichen Frage 1 der Kollegin Jelpke
an das Bundesministerium des Innern .

Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Aus-
wärtigen Amtes .

Ich rufe die dringliche Frage 2 des Kollegen Movassat
auf:

Inwiefern war die Bundesregierung in die geplante Ände-
rung des sogenannten Instruments für Stabilität und Frieden

(ISP), die die Europäische Kommission am Dienstag, dem

5 . Juli 2016, beschließen wollte, eingebunden, und inwiefern
teilt sie die Einschätzung des Rechtsdienstes der Europäi-
schen Kommission, dass die Finanzierung des Militärs „nicht
gleichzeitig Teil der Entwicklungszusammenarbeit der EU
und ihrer gemeinsamen Sicherheits- und Außenpolitik sein“

(vergleiche www .spiegel .de/politik/ausland/eu-kommission-will-militaer-mit-entwicklungshilfe-staerken-a-1101301 . html)


Die Kollegin Frau Staatsministerin Böhmer wird diese
dringliche Frage liebenswürdigerweise beantworten .

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1818206100


Danke, Herr Präsident . – Herr Kollege Movassat, ich
darf Ihre Frage wie folgt beantworten: Worum geht es?
Mit dem Instrument für Stabilität und Frieden will die
EU – ich zitiere jetzt aus dem Text – „spezifische globale
und transregionale Bedrohungen des Friedens, der inter-
nationalen Sicherheit und der Stabilität“ bewältigen . In
der EU ist Konsens, dass Partner zur Krisenprävention
und Krisenbewältigung befähigt werden müssen, auch
durch konkrete Projekte . Das läuft unter dem Thema
„Capacity building in support of security and develop-
ment“, kurz: CBSD . – Im April 2015 haben der Euro-
päische Auswärtige Dienst und die Kommission dazu
eine gemeinsame Mitteilung vorgelegt . Der Rat hat diese
Mitteilung am 18 . Mai 2015 begrüßt und den Auftrag ge-
geben, Finanzierungsmöglichkeiten zu prüfen . Es geht
nicht um sogenannte letale Ausrüstung – das möchte ich
betonen –, und das ist auch in der gemeinsamen Mittei-
lung klargestellt .

Zur Einbindung der Bundesregierung . Die Bundesre-
gierung wurde kontinuierlich unterrichtet, unter anderem
in den zuständigen Ratsgremien und im Verwaltungsrat
für das Instrument für Stabilität und Frieden . Das Initi-
ativrecht zur Vorlage eines Änderungsvorschlags zu der
Verordnung für das IfS liegt bei der EU-Kommission .
Daher war die Bundesregierung nicht an der Formulie-
rung beteiligt . Die EU-Kommission hat zur Vorbereitung
in der Zeit vom 1 . April bis zum 27 . Mai 2016 eine öf-
fentliche Anhörung durchgeführt .

Nun zur Rechtsauslegung . Das Instrument für Stabi-
lität und Frieden dient zur Krisenbewältigung . Die EU
soll durch eine wirksame Reaktion rasch zur Stabilität
beitragen können . Die vom Rechtsdienst der Kommis-
sion vertretene Rechtsansicht teilt die Bundesregierung
nicht . Die Finanzierung von militärischen Aufgaben in
Krisenlagen durch die EU ist nicht ausgeschlossen . Das
sehen auch der Rat und das Europäische Parlament so .
Die Kommission selbst hat nun das Verfahren zur Ände-
rung des Instruments für Stabilität und Frieden in Gang

http://www.spiegel.de/politik/ausland/eu-kommission-will-militaer-mit-entwicklungshilfe-staerken-a-1101301.html
http://www.spiegel.de/politik/ausland/eu-kommission-will-militaer-mit-entwicklungshilfe-staerken-a-1101301.html
http://www.spiegel.de/politik/ausland/eu-kommission-will-militaer-mit-entwicklungshilfe-staerken-a-1101301.html





(A) (C)



(B) (D)


gesetzt, und damit zeigt sie, dass sie jetzt keine grund-
sätzlichen Bedenken gegen die Zulässigkeit einer sol-
chen Finanzierung durch Anpassung des IfS hat .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818206200

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .


Niema Movassat (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818206300

Herzlichen Dank . – In dem Spiegel-Artikel vom

4 . Juli, der sozusagen die Grundlage für die Frage ist,
steht nicht, dass Deutschland eigentlich nur unterrichtet
worden ist, kein Initiativrecht hat, sich nur zurückgelehnt
hat, sondern darin steht: Deutschland war eine treibende
Kraft dieser Änderung . – Die Änderung läuft darauf hi-
naus, dass Gelder, die bisher eigentlich für die Entwick-
lungszusammenarbeit vorgesehen waren, für militärische
Ausbildung und militärische Ausrüstung ausgegeben
werden sollen . Deshalb frage ich Sie, ob Deutschland
nur sozusagen passiver Teilnehmer war oder ob Deutsch-
land, also die Bundesregierung, in den Gremien der EU
eine treibende Kraft war und dieses Vorhaben – Entwick-
lungsgelder für Militärisches auszugeben – politisch un-
terstützt .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818206400

Bitte schön .

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1818206500


Danke schön . – Herr Kollege Movassat, ich habe die-
sen Artikel von Spiegel Online vor mir . Sie kennen den ja
auch . Ich kenne auch Ihre Pressemeldung, die Sie gestern
abgesetzt haben .


(Niema Movassat [DIE LINKE]: Das ist gut!)


Ich finde schon bemerkenswert, dass Sie sich zwar auf
die Überschrift des Artikels gestützt, sich aber nicht den
weiteren Text vorgenommen haben . Denn im weiteren
Text steht:

Wie viel Geld für die Militärhilfe ausgegeben wird
und woher es kommen soll, steht in dem Entwurf
nicht .

In diesem Artikel ist lediglich von „Ideen“ die Rede . Die
Überschrift suggeriert also etwas Definitives – so auch
Ihre Pressemeldung –, während im weiteren Verlauf die-
ses Artikels von „Ideen“ die Rede ist .

Ich darf Ihnen sagen, dass es inzwischen – und das gilt
nicht nur für die Bundesregierung –, insbesondere seit
wir die Agenda 2030 beschlossen haben, eine sehr viel
umfassendere Sichtweise dessen gibt, was notwendig
ist . Wer sich mit Entwicklungshilfe beschäftigt – Sie tun
das ja sehr ausführlich –, der weiß ganz genau, dass wir
dann, wenn wir Entwicklungshilfe in fragilen Staaten,
in schwierigen Staaten auch wirklich zu den Menschen
bringen wollen, für Stabilität sorgen müssen . Das bedeu-
tet, dass eine zielführende Entwicklungshilfe nur durch
Sicherheit und Stabilität zu gewährleisten ist .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818206600

Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage .


Niema Movassat (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818206700

Sie haben jetzt sehr viele Allgemeinplätze formuliert

und gesagt, was alles nicht ist . Das ist irgendwie nicht
sehr hilfreich . Wir haben heute im Ausschuss für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung eine Un-
terrichtung durch die Bundesregierung beantragt, damit
wir überhaupt einmal wissen, was Fakt ist . Die Koalition
hat jedoch eine Unterrichtung im Fachausschuss, der für
dieses Thema zuständig ist, abgelehnt . Jetzt sagen Sie
mir, in dem Artikel sei sozusagen das und das falsch oder
nur punktuell wiedergegeben . Aber Sie sagen mir nicht,
welches die „Ideen“ sind .

Aber es soll ja gestern einen Beschluss gegeben ha-
ben . Mich würde jetzt interessieren: Was wurde da ganz
konkret beschlossen? Was soll passieren? Sie sagten, es
soll nicht letale Ausrüstung sein . Welche Ausrüstung ist
es, die geliefert werden soll? Woher kommen die Mittel?
Wir bekommen hier keine Informationen, und dann wer-
fen Sie mir vor, sozusagen eine falsche Angabe zu ma-
chen. Aber Sie sagen mir nicht, was Tatsache ist. Das fin-
de ich von der Bundesregierung schon ziemlich schwach .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818206800

Bitte .

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1818206900


Herr Kollege, ich habe gesagt, Sie haben nur einen
Teil des Beitrags von Spiegel Online zum Gegenstand
gemacht, und den anderen Teil, in dem von „Ideen“ die
Rede ist, haben Sie – so sage ich jetzt einmal – hintenan
gelassen; ich könnte auch sagen: unter den Tisch fallen
lassen . Es ist Ihre Sache, wie Sie mit einem solchen Arti-
kel umgehen . Genauso ist es meine Sache, den Artikel in
den entsprechenden Passagen zu zitieren .

Ich finde es sehr gut, dass Sie das Thema bereits heu-
te Morgen angeschnitten haben und wir nun durch Ihre
dringliche Frage Gelegenheit zum Austausch haben . Ges-
tern gab es in der Tat einen entsprechenden Beschluss .
Das ist völlig unbestritten . Der Vorschlag wurde heute
Morgen als offizielles Arbeitsdokument „zirkuliert“. Ich
kann Ihnen auch sagen, wann . Es war um 10 .45 Uhr .

Ich darf Ihnen in aller Klarheit sagen, dass er dem
Bundestag im üblichen Verfahren so schnell wie möglich
zugeleitet werden wird . Sie werden also ausführlich Ge-
legenheit haben, sich den Text in Ihrem Ausschuss und
möglicherweise auch in anderen Ausschüssen vorzuneh-
men . – Jetzt gerade habe ich den Text auch bekommen .
Ich darf einmal sagen: Die Mitarbeiterinnen und Mitar-
beiter aus dem Auswärtigen Amt waren sehr hilfreich
und haben sich darum bemüht . Denn ich will ja nicht vor
Ihnen stehen und sagen: Ich kenne den nicht . – Aber ich
bitte angesichts des Textumfanges um Verständnis, dass
ich den Text, den ich erst vor wenigen Minuten erhalten
habe, noch nicht studieren konnte; denn ich glaube, es ist
wichtig, dass man ihn gründlich studiert .

Staatsministerin Dr. Maria Böhmer






(A) (C)



(B) (D)


Sie können auch auf einen Zeitungsartikel zurückgrei-
fen, der heute in der FAZ erschienen ist . In diesem Zei-
tungsartikel wird davon gesprochen, was ausgeschlossen
ist und was nicht . Aber ich bin dafür, dass das dann im
entsprechenden Ausschuss ausführlich erörtert wird .


(Zuruf des Abg . Niema Movassat [DIE LINKE])



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818207000

Bevor ich jetzt das Wort zu weiteren Nachfragen zu

dieser Frage erteile, mache ich alle darauf aufmerksam:
Wir haben hier eine optische Unterstützung, und wenn
die Signallampe auf Rot springt, ist entweder die Frage-
zeit abgelaufen oder die Antwortzeit . Ich bitte, sich daran
ein wenig zu orientieren .

Zu einer Nachfrage hat die Kollegin Hänsel das Wort .


Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818207100

Danke schön . – Frau Staatsministerin, Sie sagten jetzt,

bezüglich der „Ideen“ usw . könnten Sie noch nicht so
viel sagen . Aber wenn man sich jetzt Berichte aus der
Ratsarbeitsgruppe Entwicklungszusammenarbeit an-
schaut, dann sieht man: Die Kommission schreibt, dass
gerade die Partner in Afrika besonders an einer Ausstat-
tung bezüglich Countering Violent Extremism – also
bezüglich irgendwie gearteter Terrorismusbekämpfung –
interessiert seien . In dem Zusammenhang taucht auch
wieder dieses Instrument für Stabilität und Frieden auf .
Man müsste sich allerdings zumindest an die Menschen-
rechtsrichtlinien halten . Ebenso taucht das Instrument
für Stabilität und Frieden im Zusammenhang mit einer
EU-Krisenübung auf, „Multilayer 2016“, die für Oktober
geplant ist . Hier wird es genannt im Rahmen von Über-
legungen, verschiedene Finanzierungsinstrumente zu
testen . Dann gibt es einen Bericht der Kommission zu
Cyber Capacity Building, also Cyber Security, und auch
da taucht dieses Instrument auf .

Meine Frage: Unterstützen Sie diese Instrumentalisie-
rung von Entwicklungsgeldern und die Umwidmung in
immer mehr militärische und zivil-militärische Maßnah-
men? Ist das die Position der Bundesregierung?

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1818207200


Ich versuche, es kurz zu machen, Frau Präsidentin . –
Frau Kollegin, ich will einmal daran erinnern, um was
es sich bei diesem Instrument für Stabilität und Frieden
handelt . Es ist eben kein ausschließliches Entwicklungs-
hilfeinstrument, sondern es ist ein Stabilisierungsinstru-
ment .


(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Für militärische Aktivitäten?)


Ich betone noch einmal – das ist auch der Erkenntnisfort-
schritt, der sich niedergeschlagen hat in den SDGs, über
die Sie sich ja auch sehr gebeugt haben und die ich selbst
in New York verhandelt habe –, dass wir einen umfas-
senden Ansatz brauchen und dass wir selbstverständlich
in derart gebeutelten Regionen, wo Terrorismus herrscht,
wo Konflikte überschäumen, den Menschen Sicherheit

geben müssen . Dem dienen entsprechende EU-Missio-
nen . Ich glaube, es ist wichtig, mit Blick auf dieses Ins-
trument zu betonen, dass die Mittel nicht daran gebunden
sind, als ODA-Mittel anrechenbar zu sein . Das ist eine
besondere Qualifizierung.

Wenn ich jetzt noch Zeit hätte, würde ich Ihnen gerne
ein Beispiel geben; aber das können wir vielleicht bei der
nächsten Antwort ergänzen .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818207300

Das ergibt sich ja vielleicht gleich noch . – Das Wort zu

einer Nachfrage hat die Kollegin Brantner .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herzlichen Dank . – Sie sprachen gerade von Verhand-
lungen . Ich kenne das Instrument für Stabilität und Frie-
den sehr gut; denn ich war Berichterstatterin für dieses
Instrument im Europaparlament und habe es in der letz-
ten Legislaturperiode federführend verhandelt . Von daher
weiß ich sehr gut, was damit möglich ist und was nicht .

Ich möchte daran erinnern: Es handelt sich um einen
eher kleinen Geldtopf mit etwas mehr als 2 Milliarden
Euro über sieben Jahre . Im Rahmen der Krisenbewälti-
gung ist es ein politisches Instrument . Es ist vorgesehen
für Mediation, Dialog, die Unterstützung von Aussöh-
nungsprozessen, Friedensförderung, Peace Buildung,
die klassische Versöhnungsarbeit . Schon damals ist hart
darum gerungen worden, ob die Militärausrüstung in die-
sen Topf aufgenommen wird . Das wurde damals mehr-
heitlich nicht so gesehen, weil man gesagt hat: Es ist ein
kleiner Topf, dessen politische Aufgabe Kriseninterven-
tion ist, Verhinderung von Gewalt, wenn möglich, und
Nachsorge hin zur Versöhnung .

Deswegen ist es für mich wirklich nicht erklärlich,
warum man jetzt für Militärausrüstung, nur weil man
keinen anderen Geldtopf dafür findet – vielleicht ist sie
sogar sinnvoll, aber doch bitte nicht aus diesem Topf –,
aus diesem kleinen Instrument, das für den Frieden vor
Ort so viel bewirken kann, diese großen Summen heraus-
nehmen möchte .

Ich möchte Sie fragen: Werden Sie dem zustimmen,
wenn das jetzt ins Verfahren kommt?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818207400

Bitte, Frau Staatsministerin .

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1818207500


Ich bin sehr froh, dass Sie sich so intensiv mit diesem
Instrument beschäftigt haben . Das hilft uns auch, um in
der Diskussion hier im Deutschen Bundestag den Blick
zu schärfen .

Ein Betrag von 2 Milliarden Euro ist ja nicht gerade
ein Kleckerbetrag; es ist schon eine stattliche Summe .
Bei EU-Mitteln müssen wir manchmal in anderen Di-
mensionen denken .

Staatsministerin Dr. Maria Böhmer






(A) (C)



(B) (D)


Aber ich möchte Ihnen an dieser Stelle noch einmal
sagen: Man hat – das Ringen darum haben Sie selbst er-
lebt im EU-Parlament, und das Thema ist nach wie vor
Gegenstand der Diskussionen – früher immer sehr genau
getrennt zwischen zivilen und militärischen Ansätzen .
Heute sehen wir, dass wir im Zusammenhang mit der
Krisenbewältigung vor Problemen stehen, die sehr viel
mehr im Bereich der Stabilisierung erfordern .

Als ich die SDGs in New York verhandelt habe, war
das auch ein Thema . Das Ziel Nummer 16 der Sustain-
able Development Goals sagt uns – ich darf zitieren –:

Strengthen relevant national institutions, including
through international cooperation, for building ca-
pacity at all levels, in particular in developing coun-
tries, to prevent violence and combat terrorism and
crime .

Hier haben wir den Ansatzpunkt, auf den sich die
Kommission stützt . Ich glaube, es ist wichtig, jetzt einen
solch umfassenden Ansatz zu haben und damit auch die
Mittel für Entwicklungshilfe an die Menschen zu brin-
gen . Es ist eine humanitäre Aufgabe von uns, damit die
Gelder nicht brachliegen, verpuffen und den Menschen
vor Ort nicht dienen .


(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Deshalb Geld für das Militär statt humanitärer Hilfe? Das ist ja absurd!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818207600

Zu einer Nachfrage hat der Kollege Kekeritz das Wort .


Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818207700

Herzlichen Dank. – Ich finde es sehr interessant, wie

Sie plötzlich Stabilität, Sicherheit und militärische Maß-
nahmen in Verbindung bringen . Ich denke, wir haben 40,
50 Jahre lang Erfahrung im Bereich der Entwicklungspo-
litik . Hier ist deutlich geworden, dass wirkliche Stabilität
nicht auf militärischen Maßnahmen basiert, sondern auf
sozioökonomischen Entwicklungen, die den Menschen
eine Perspektive für ihre Zukunft liefern . Aber das ist
eine andere Frage .

Ich weiß nicht, ob Sie den Kollegen Müller gut ken-
nen, aber Sie kennen sicher die zentralen Aussagen, die
er getroffen hat . Er sagte noch vor zwei Jahren:

Keine Entwicklungsgelder für militärische Einsät-
ze, Waffen und Material . . .

Er ergänzt noch:

Das wäre ein Anschlag auf die Entwicklungspolitik
Europas .

Ich weiß nicht, ob Sie meine Frage beantworten .

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1818207800


Gerne .


Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818207900

Wie würden Sie das heute sehen?

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1818208000


Darf ich?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818208100

Bitte, Frau Staatsministerin .

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1818208200


Gerne . – Wir stimmen hier doch völlig überein . Das
schlägt sich auch in dem Änderungsvorschlag nieder,
dass solche letalen Ausrüstungen ausgeschlossen sind .
Dahinter stehen wir auch, und wir setzen uns dafür ein:
keine Waffen, keine Munition . Dafür sind die Gelder
nicht vorgesehen . Dafür dürfen sie auch nicht verwendet
werden .

Ich will Ihnen dies einmal an einem Beispiel deutlich
machen; denn wir wollen hier die Dinge ausräumen . Wir
wollen alles daransetzen, dass in den Ländern, in denen
die Menschen Hilfe zur Selbsthilfe brauchen, dies auch
wirklich funktioniert . Ich nehme einmal das Beispiel
Mali . Das habe ich im Haus viel diskutiert . Wenn mali-
sche Soldaten, die dort ausgebildet worden sind – Sie wis-
sen, wir haben vor kurzem die EU-Mission EUTM Mali
hier im Deutschen Bundestag verlängert –, nicht über die
notwendige Kommunikationsausrüstung verfügen, sie
also nicht über Funkgeräte verfügen, oder wenn sie kei-
ne Schutzwesten gegen Minen und Sprengfallen haben,
wenn sie nicht einmal die notwendigen Krankenwagen,
Wasserbehälter und Tankfahrzeuge haben oder wenn es
an Unterkünften, Verpflegung und medizinischer Versor-
gung mangelt, dann funktioniert es nicht . Es geht darum,
dass im Sicherheitsbereich nicht nur ausgebildet wird,
sondern dass die Betreffenden ihrer Aufgabe unter den
gegebenen Bedingungen nachkommen können, sodass
sie den Menschen helfen können . Wenn ein Bauer von
Terroristen bedroht wird, wenn er nicht mehr ernten und
somit nicht mehr für sein Leben sorgen kann, dann müs-
sen wir vor Ort Hilfe geben . Um nichts anderes geht es .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818208300

Nachdem die dringliche Frage aufgerufen und beant-

wortet wurde, rufe ich jetzt die mündlichen Fragen auf
Drucksache 18/8998 in der üblichen Reihenfolge auf .

Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums des Innern . Zur Beantwortung steht der
Parlamentarische Staatssekretär Dr . Günter Krings zur
Verfügung .

Frage 1 der Abgeordneten Erika Steinbach, Frage 2
des Abgeordneten Dr . André Hahn, Frage 3 der Abgeord-
neten Sevim Dağdelen sowie Frage 4 der Abgeordneten
Ulla Jelpke werden schriftlich beantwortet .

Ich rufe die Frage 5 des Kollegen Hans-Christian
Ströbele auf:

Was teilt die Bundesregierung über ihre Aufklärungs-
bemühungen sowie deren Ergebnisse dazu mit, dass die
griechische Küstenwache zusammen mit Frontex-Schiffen
Flüchtlinge schon in EU- bzw . ostägäischen Gewässern mit
Waffendrohung gezwungen haben soll, auf herbeigerufene

(vergleiche taz. Staatsministerin Dr. Maria Böhmer die tageszeitung vom 16 . Juni 2016)





(A) (C)


(B) (D)

sie Asylanträge stellen konnten, insbesondere dazu, ob Hin-
weise deutscher Stellen oder des deutsch geführten dortigen
NATO-Flottenverbands dazu beitrugen?

Bitte, Herr Staatssekretär .

D
Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1818208400


Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Lieber Herr Ströbele, herzlichen Dank, dass ich
Ihre Frage mündlich beantworten darf . Sie zeigen damit
mehr Standfestigkeit als die meisten anderen Kollegen
Fragesteller .

Ich beantworte Ihre Frage gerne wie folgt: Der Bun-
desregierung liegen zum Gegenstand der Frage keine
eigenen Erkenntnisse vor . Im besagten Zeitraum wur-
den weder durch die Bundespolizei noch durch den
NATO-Flottenverband derartige Ereignisse beobachtet .
Frontex wurde dennoch noch einmal um Aufklärung ge-
beten . Die Überprüfung dauert hier noch an . Es ist davon
auszugehen, dass die unabhängige Grundrechtsbeauf-
tragte der Agentur im Rahmen ihrer regelmäßigen Be-
richterstattung dem Frontex-Verwaltungsrat auch hierzu
berichten wird .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818208500

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich danke . – Herr Staatssekretär, das habe ich befürch-
tet .

D
Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1818208600


Befürchtet hoffentlich nicht . Das ist eine gute Nach-
richt, finde ich.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nein, das ist keine gute Nachricht; denn der Vorgang
ist empörend .

Hat die Bundesregierung oder hat das Ministerium
denn auch einmal bei den Menschenrechtsorganisationen
nachgefragt, die das veröffentlicht haben, und zwar unter
genauer Protokollierung sogar der Minuten, wann was in
der Ägäis passiert ist, nämlich dass am 11 . Juni 2016 um
4 Uhr früh eine solche Rückführung stattgefunden hat,
bei der die Flüchtlinge, darunter 14 Kinder, sogar mit
Waffen bedroht worden sein sollen, damit sie direkt von
den griechischen Schiffen auf die türkischen Schiffe ge-
hen, die sie dann zurückbrachten? Haben Sie sich darum
bemüht? Ich kann Ihnen diesbezüglich mehrere Fund-
stellen nennen. Die haben das sogar fotografiert, offenbar
aus der Entfernung – ich weiß auch nicht, von woher .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818208700

Herr Staatssekretär, bitte .

D
Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1818208800


Danke, Frau Präsidentin . – Herr Ströbele, wie es un-
sere Aufgabe ist, haben wir natürlich zunächst einmal in
unserem Geschäftsbereich und bei Frontex nachgefragt .
Wenn ich Ihnen sage, dass wir dazu keine Erkenntnis-
se haben, dass es einen solchen Vorfall unseres Wissens
nicht gegeben hat, würde ich das erst einmal als eine
positive Nachricht bewerten, weil damit die Wahrschein-
lichkeit doch sehr hoch ist, dass die Meldung vielleicht
nicht stimmt .

Allerdings kann ich nicht beurteilen, wo im Einzelnen
Informationen abgerufen worden sind . Wenn Sie weite-
re Informationen haben, dann kann ich Sie nur herzlich
bitten, sie mir zu geben . Dann werde ich im Hause ver-
anlassen, dass man auch diesen Informationen nachgeht .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818208900

Damit haben Sie das Wort zur zweiten Nachfrage . Bit-

te .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Geben Sie mir in der Bewertung recht, dass, wenn es
stimmt, dass 53 Flüchtlinge im griechischen Gewässer
von einem griechischen Militärschiff aufgegriffen wor-
den sind und dann ein türkisches Schiff gerufen wurde,
dass die Flüchtlinge – darunter, wie gesagt, 14 Kinder
und auch mehrere sehr alte Menschen – gezwungen wur-
den, auf das türkische Schiff zu gehen, um in die Türkei
zurückgebracht zu werden, damit alles widerlegt würde,
was die Bundesregierung bisher behauptet, nämlich dass
diese Aufgreifmaßnahmen der Stellung von Schleusern
dienen? Das würde doch zeigen, dass es eigentlich da-
rum geht, einen Wall gegen die Flüchtlinge auf dem Meer
aufzubauen und durchzusetzen . Geben Sie mir mit dieser
Bewertung recht?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818209000

Bitte, Herr Staatssekretär .

D
Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1818209100


Danke, Frau Präsidentin . – Wenn Flüchtlinge oder
andere Personen in griechischen Hoheitsgewässern ent-
deckt und aufgenommen werden, dann sind erst einmal
griechische oder EU-Behörden dafür zuständig und kei-
ne Behörden anderer Staaten . Eine weitere Bewertung
eines für mich derzeit noch hypothetischen Sachverhalts
kann ich hier nicht vornehmen .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818209200

Es gibt noch eine weitere Nachfrage . Die Kollegin

Corinna Rüffer, bitte .


Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818209300

Sie sagen, dass es hier um hypothetische Vorfälle geht .

Herr Ströbele hatte ja nachgefragt, ob Sie sich darum be-
mühen, aufzuklären, ob diese Vorwürfe tatsächlich hypo-
thetisch sind . Sie haben geantwortet, dass Sie bei Frontex

Vizepräsidentin Petra Pau






(A) (C)



(B) (D)


nachgefragt hätten . Herr Ströbele fragte aber auch, ob Sie
sich um Informationen von Menschenrechtsorganisati-
onen bemüht haben, die, wie wir wissen, oft auch sehr
gute Informationen haben .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818209400

Bitte, Herr Staatssekretär .

D
Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1818209500


Ich habe das eben meines Erachtens schon – wenn
vielleicht auch nur inzident – beantwortet . Natürlich nut-
zen wir auch andere Quellen . Ich kann nichts zum kon-
kreten Sachverhalt sagen, dazu, wer dort außerhalb von
Behörden konkret gefragt worden ist . Ich kann nur meine
Einladung an den Kollegen Ströbele erneuern, dass ich
die Unterlagen, die er hat und über das hinausgehen, was
wir bisher schon haben, gerne mitnehme und zum Ge-
genstand weiterer Nachfragen mache . Wieweit das bisher
schon erfolgt ist, kann ich en détail nicht sagen .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818209600

Der Kollege Wunderlich hat noch eine Nachfrage .


Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818209700

Weil ich dann doch gereizt wurde . – Herr Staatssekre-

tär, gehe ich fehl in der Annahme, dass Ihren Aussagen
zufolge das Aufklärungsbemühen der Bundesregierung
diesbezüglich genauso intensiv ist wie das Aufklärungs-
bemühen hinsichtlich der Toten an der türkisch-syrischen
Grenze? In der letzten Fragestunde konnten wir nämlich
feststellen: Das Verteidigungsministerium war nicht zu-
ständig, das Kanzleramt war nicht zuständig, dieser war
nicht zuständig, jener war nicht zuständig . Es ging im
Grunde keinen etwas an .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818209800

Herr Staatssekretär, bitte .

D
Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1818209900


Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Ich lasse die pole-
mische Einkleidung Ihrer Frage einmal weg . Ich möch-
te betonen, dass wir uns um Aufklärung in erster Linie
durch unsere eigenen Behörden und auch durch die euro-
päischen Behörden bemühen, die zu Recht dazu berufen
sind, dass wir aber natürlich auch weiteren Hinweisen
nachgehen .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818210000

Damit sind wir am Ende des Geschäftsbereichs des

Bundesministeriums des Innern . – Danke, Herr Staats-
sekretär .

Die Frage zum Geschäftsbereich des Bundesministe-
riums der Justiz und für Verbraucherschutz – es handelt
sich um die Frage 6 des Abgeordneten Andrej Hunko –
soll schriftlich beantwortet werden .

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums der Finanzen . Auch hier sollen die Fragen – es

handelt sich um die Fragen 7 und 8 des Abgeordneten
Klaus Ernst – schriftlich beantwortet werden .

Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Arbeit und Soziales . Zur Beantwor-
tung der Fragen steht die Parlamentarische Staatssekretä-
rin Gabriele Lösekrug-Möller zur Verfügung .

Die Fragen 9 und 10 der Abgeordneten Sabine
Zimmermann werden schriftlich beantwortet .

Ich rufe die Frage 11 der Kollegin Katrin Werner auf:
Wie hoch wären nach Kenntnis der Bundesregierung die

Kosten, wenn das in Artikel 19 der UN-Behindertenrechtskon-
vention festgeschriebene Menschenrecht auf freie Wahl von
Wohnort und Wohnform durch entsprechende Änderungen des
Bundesteilhabegesetzes (BTHG) sowohl in § 116 als auch in
§ 104 SGB IX vollständig umgesetzt würde?

Bitte, Frau Staatssekretärin .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818210100


Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Liebe Kollegin
Werner, hierzu liegen der Bundesregierung keine Anga-
ben vor . Die Vielzahl aller denkbaren individuellen Wün-
sche, wo, in welcher Wohnform und mit wem leistungs-
berechtigte Menschen mit Behinderungen wohnen und
leben möchten, übersteigt die Möglichkeiten fundierter
Berechnungen . Selbst Schätzungen sind nicht möglich .
Ein uneingeschränktes Wunsch- und Wahlrecht ist im
Übrigen vor dem Hintergrund des Gebotes der Wirt-
schaftlichkeit, das unverzichtbarer Gegenstand aller So-
zialleistungsgesetze ist, nicht möglich .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818210200

Sie haben das Wort zu einer ersten Nachfrage .


Katrin Werner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818210300

Die Nachfrage wurde schon fast provoziert . Sie haben

auf das Gebot der Wirtschaftlichkeit im Bundesteilhabe-
gesetz hingewiesen . Insofern frage ich mich schon, ob die
Bundesregierung der Meinung ist, dass gerade die ange-
sprochenen §§ 104 und 116 des Bundesteilhabegesetzes
wirklich garantieren, dass die Umsetzung von Artikel 19
der UN-Behindertenrechtskonvention gegeben ist, durch
den das Wunsch- und Wahlrecht für ein selbstbestimmtes
Leben garantiert werden soll .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818210400

Bitte, Frau Staatssekretärin .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818210500


Darauf antworte ich gerne . In der Tat: Das Kernstück
von Artikel 19 der UN-Behindertenrechtskonvention ist
das Wunsch- und Wahlrecht . Wir sagen: Ja, dem entspre-
chen wir auch . Trotzdem müssen wir in unseren Sozi-
alleistungsgesetzen – das gilt im Übrigen für alle Sozi-
alleistungsgesetze – das Gebot der Wirtschaftlichkeit
berücksichtigen . Wir sind hinsichtlich der Erfüllung von
Wünschen und hinsichtlich der Gewährung der Wahlfrei-
heit also nicht absolut frei .

Corinna Rüffer






(A) (C)



(B) (D)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818210600

Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage .


Katrin Werner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818210700

Über die Leistungen wird in den Verwaltungen der

Kommunen entschieden . Wenn Sie Entscheidungen an
den wirtschaftlichen Grundlagen festmachen, dann heißt
das doch, dass die Wirtschaftskraft der jeweiligen Stadt
oder Gemeinde eine Rolle spielt bei der Entscheidung,
ob Teilhabeleistungen genehmigt werden oder nicht . Bei
den angesprochenen Paragrafen geht es auch um das
Pooling beim Erbringen von Leistungen, auch Zwangs-
pooling genannt .

Das alles erzeugt in mir die Vorstellung, dass in ei-
ner Gemeinde, die ein bisschen mehr Geld hat, bessere
Leistungen erbracht werden bzw . andere Entscheidungen
getroffen werden als in einer Gemeinde, die hoch ver-
schuldet ist . Man würde also zulassen, dass mindestens
16 unterschiedliche, landesspezifische Entscheidungen
möglich sind, weil die Länder unterschiedlich aufgestellt
sind . Die Anzahl der unterschiedlichen Entscheidungen
erhöht sich noch, wenn ich die Anzahl der Städte und Ge-
meinden hinzuzähle .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818210800

Bitte, Frau Staatssekretärin .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818210900


Frau Präsidentin, ich antworte gerne, aber ich werde
diese Frage nicht in der Kürze beantworten können, in
der ich die beiden ersten Fragen beantwortet habe . – Frau
Kollegin Werner, es ist natürlich nicht so, dass der Haus-
halt einer Gemeinde darüber entscheidet . Wir haben als
Erstes selbstverständlich immer ein pflichtgemäßes Aus-
üben des Ermessens . Das ist nicht in die Beliebigkeit der
einzelnen örtlichen Sozialämter oder anderer Behörden
gestellt .

Die Intention Ihrer Frage ist aber, dass es gar keine
Leitplanken für das Ausüben des Wunsch- und Wahl-
rechts geben dürfte . Darauf habe ich geantwortet, dass
bei steuerfinanzierten Sozialleistungen insgesamt sehr
wohl auch die Frage der Wirtschaftlichkeit zu berück-
sichtigen ist. Grundsätzlich gilt pflichtgemäßes Ermes-
sen immer . Auch die Frage der Zumutbarkeit ist relevant .
Auch nach dem Entwurf des Bundesteilhabegesetzes,
über den wir zurzeit sprechen, soll als Erstes immer
geschaut werden – zum Beispiel bei der gemeinsamen
Inanspruchnahme von Leistungen, auf die auch andere
heute zu behandelnde Fragen zielen –: Ist das der Person
zumutbar? Kommt man nach dieser ersten Prüfung zu
dem Ergebnis, dass das nicht der Fall ist, werden weitere
Wirtschaftlichkeits- oder Kostenrechnungen nicht ange-
stellt .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818211000

Zu einer Nachfrage hat die Kollegin Klein-Schmeink

das Wort .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Danke schön . – In meiner Nachfrage geht es auch
um den Paragrafen zur Wirtschaftlichkeit der Wohn-
form . Warum hat die Bundesregierung nicht direkt im
Gesetzestext, sondern nur in der Begründung zum § 104
Bundesteilhabegesetz beschrieben, welche Angebote bei
einem Kostenvergleich verglichen werden können? Er-
warten Sie nicht aufgrund der Tatsache, dass das eben
nicht Teil des Gesetzeswortlauts ist, vermehrt Rechts-
streitigkeiten hinsichtlich der Frage, was wirtschaftlich
ist und was nicht?

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818211100


Frau Kollegin Klein-Schmeink, nein, die erwarten wir
nicht . Wir wissen, dass bei der Anwendung der Gesetze
auch die Begründung von großer Bedeutung ist . Sie dient
ja dazu, zu interpretieren . Insofern teile ich Ihre Befürch-
tung nicht .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818211200

Zu einer weiteren Nachfrage hat Kollegin Rüffer das

Wort .


Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818211300

Vielen Dank . – Frau Lösekrug-Möller, mit Ihrer An-

sicht stehen Sie relativ allein . Wenn Sie sich die Stellung-
nahmen der Verbände anschauen, stellen Sie fest, dass
sie anderer Meinung sind . Die Anwender der Gesetze, in
diesem Fall die Städte und Gemeinden, schauen in der
Regel nicht in die Begründung, sondern in den Gesetzes-
text, und versuchen, die Gesetze anzuwenden . Gesetze
sollten auch mit Blick auf die Arbeitsbedingungen der
Mitarbeiter in den Behörden klar formuliert sein, aber
vor allen Dingen mit Blick auf die Menschen .

Sie verfolgen mit dem Bundesteilhabegesetz das Ziel,
das Wunsch- und Wahlrecht zu stärken . Ein Punkt, der
immer wieder angegriffen worden ist, ist der Mehrkos-
tenvorbehalt im Zusammenhang mit dem Prinzip „am-
bulant vor stationär“ . Alle Verbände haben gesagt, dass
der Mehrkostenvorbehalt ein Problem ist . Sie hingegen
sagen, dass es generelle Leitplanken gibt und die Wirt-
schaftlichkeit die wesentliche Leitplanke ist . Warum
braucht man beim Wunsch- und Wahlrecht Ihrer Ansicht
nach eine weitere Leitplanke? Warum reicht die allge-
meine nicht aus?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818211400

Bitte .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818211500


Vielen Dank . – Frau Kollegin Rüffer, wir haben darü-
ber schon mehrfach diskutiert . Ich fühle mich mit meiner
Position überhaupt nicht alleine; die Sorge möchte ich
Ihnen nehmen . Wir haben sehr differenzierte Stellung-
nahmen der Verbände erhalten . Wie Sie wissen, sind vie-
le der Empfehlungen der Verbände in die Fassung einge-
flossen, die das Kabinett verabschiedet hat. Das wissen






(A) (C)



(B) (D)


Sie ebenso wie viele andere, die sich mit dem Entwurf
intensiv beschäftigt haben .

Ich habe auch nicht die Sorge, dass wir die Menschen,
die über Eingliederungshilfen entscheiden, überlasten,
wenn wir ihnen zumuten, eine Gesetzesbegründung zu
lesen . Sie wissen, dass es zu den meisten Gesetzen weite-
re Hinweise gibt . Das ist gar nicht meine Sorge . Ich habe
eher die Hoffnung und den großen Wunsch, dass viele,
die sich mit der reformierten Eingliederungshilfe be-
schäftigen werden, hinreichend gute Fortbildungsange-
bote bekommen und nutzen – dafür sorgen wir gemein-
sam mit dem Deutschen Verein –, damit die Grundidee
der neuen Eingliederungshilfe auch wirklich Anwendung
findet. Genau aus diesem Grund sagen wir ja auch, dass
diese wesentlichen Regelungen erst zum Januar 2020
in Kraft treten, damit hinreichend Zeit ist, diesen Um-
denkungsprozess und diese Neugestaltung wirklich so
festzumachen, dass sie zum Wohle der Betroffenen ihre
Wirksamkeit entfalten kann .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818211600


Wir kommen damit zur Frage 12 der Kollegin Katrin
Werner:

Auf welcher fachlichen Begründung basiert die Regelung,
nach der eine Person in fünf bzw . drei Lebensbereichen der In-
ternationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinde-
rung und Gesundheit (ICF) eingeschränkt sein muss, um zum
leistungsberechtigten Personenkreis zu gehören?

Bitte, Frau Staatssekretärin .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818211700


Ich antworte gerne . Frau Kollegin Werner, Ziel der
Bundesregierung ist es, den Kreis der bisher leistungs-
berechtigten Personen der Eingliederungshilfe beizube-
halten . Er soll weder eingeschränkt noch ausgeweitet
werden .

Dies vorweggestellt, erlaube ich mir die folgende An-
merkung: Die Frage gibt die Regelung zum Zugang zu
Leistungen nur teilweise wieder . Deshalb antworte ich:
Die Regelung des neuen § 99 SGB IX im Entwurf des
Bundesteilhabegesetzes, auf die Sie sich beziehen, bildet
das gewandelte fachliche Verständnis von Behinderung
ab, das sich unter anderem in der ICF – das ist die In-
ternational Classification of Functioning, Disability and
Health – und der UN-Behindertenrechtskonvention wi-
derspiegelt . Die Regelung verbindet dieses gewandelte
fachliche Verständnis mit der für die Eingliederungshilfe
unabdingbaren Notwendigkeit, eine – ich zitiere – in er-
heblichem Maße eingeschränkte Fähigkeit am Leben in
der Gesellschaft im Einzelfall festzustellen . Mit der Re-
gelung wird zudem auch die heutige Praxis abgebildet,
in der der Begriff der wesentlichen Behinderung bereits
entsprechend ausgelegt wird .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818211800


Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .


Katrin Werner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818211900

Nun ist ja das, was Sie als Antwort geben, Ihre Darstel-

lung und die der Bundesregierung bzw . des Ministeriums .
Ich möchte ganz gezielt wissen, welche Maßnahmen die
Bundesregierung unternimmt, dass die Sachbearbeiter
vor Ort oder die jeweiligen Behörden genau so entschei-
den, wie Sie es darstellen – so wurde es auch schon am
22 . Juni in der Beantwortung dargestellt –, dass es also
keine Verschlechterung, keine Benachteiligung gibt .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818212000

Bitte, Frau Staatssekretärin .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818212100


Sehr gerne . Ich kann als Erstes die Antwort geben,
dass wir in der Kabinettsfassung eine Ergänzung haben .
Dort heißt es: Es gibt ergänzend eine Ermessensleistung .
Des Weiteren wird sichergestellt, dass die Gewährung
von Leistungen der Eingliederungshilfe, wie sie jetzt be-
steht, zweifelsfrei auch zukünftig gegeben ist . Das gilt
für jede einzelne Leistungsberechtigte und jeden einzel-
nen Leistungsberechtigten . Ich habe schon ausgeführt,
dass wir als Bundesebene viel Wert darauf legen, auf dem
Weg zu der in der Reform intendierten Gleichstellung
und sozusagen besseren Gewährung von Leistungen zu
unterstützen und zu helfen . Deshalb wird es in den kom-
menden zwei Jahren sehr viele Aktivitäten dazu geben .

Sie finden im Gesetzentwurf einen Paragrafen, in dem
sich die Bundesregierung dazu verpflichtet, die Umset-
zung des Gesetzes zusätzlich mit Forschung und Evalu-
ierung zu unterstützen . Wir werden gemeinsam mit den
Ländern ganz sicher einen guten Weg finden; denn das
können wir nicht allein . Sie wissen, Kommunen sind Be-
standteile der Länder . So wollen wir dafür Sorge tragen,
dass dies ab Januar 2020 zum Wohle der Betroffenen gut
gelingt .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818212200

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .


Katrin Werner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818212300

In unseren Büros oder bei den Fraktionen wird oft

nachgefragt, wie sich das neue Gesetz auf gewisse Be-
reiche auswirken wird . Daher mache ich es ganz konkret
an einem Beispiel fest; zu diesem Fall wurden wir auch
gefragt . Es geht um eine gehörlose Person, die praktisch
nur im Bereich Kommunikation eine Teilhabeeinschrän-
kung hat . Hat diese Person nach dem jetzt vorgesehenen
Referentenentwurf kompletten Anspruch auf Gebärden-
sprachdolmetscher im Rahmen der Eingliederungshilfe
oder nicht?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818212400

Bitte .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818212500


Da natürlich ein Einzelfall häufig ein bisschen kom-
plizierter ist, als man ihn in einem Satz darstellen kann,

Parl. Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller






(A) (C)



(B) (D)


unterstelle ich jetzt einmal, dass diese Person bereits jetzt
Leistungen der Eingliederungshilfe – Gebärdensprach-
dolmetschen ist eine solche Hilfe – bekommt . Dies wird
dann auch zukünftig so sein .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818212600

Zu einer Nachfrage hat die Kollegin Klein-Schmeink

das Wort .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich bin Berichterstatterin für den Bereich der Men-
schen mit einer psychischen Erkrankung . Es gibt ja auch
die Menschen, bei denen eine psychische Behinderung
besteht . Aktuell stellt sich die Frage, ob diese unter die
neuen Kriterien fallen .

Mir liegen jedenfalls Zuschriften von Fachgesell-
schaften vor, die die große Sorge haben, dass die Perso-
nengruppen, die von ihnen vertreten werden, eben nicht
mehr unter den neuen Begriff fallen . Werden Sie darauf
reagieren und hier Veränderungen vornehmen?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818212700

Sie haben das Wort, Frau Staatssekretärin .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818212800


Ich darf Ihnen als Fachfrau sagen: Darauf haben wir
bereits reagiert . Solche Sorgen wurden natürlich auch an
uns herangetragen . Wir nehmen jede Sorge sehr ernst,
dass betroffene Personen, welche Art der Einschränkung
bzw . Beeinträchtigung sie auch immer haben, zukünftig
vielleicht von Leistungen ausgeschlossen werden könn-
ten .

Deshalb sage ich: Wenn diese Personen heute Leistun-
gen der Eingliederungshilfe in Anspruch nehmen kön-
nen, dann werden sie dies zukünftig auch dürfen . Genau
das ist die Ergänzung, die wir in der aktuellen Fassung
vorgenommen haben .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818212900

Die nächste Nachfrage stellt die Kollegin Rüffer .


Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818213000

Sehr gerne . – Sie berufen sich jetzt immer wieder auf

den Bestandsschutz; bei Ihnen geht es um Personen, die
heute schon Leistungen in Anspruch nehmen . Es wird
aber auch zukünftig Personen geben, die eine psychische
Beeinträchtigung erleiden oder gehörlos werden . Auch
für diese Personengruppe ist es natürlich wichtig, dass
Sie heute Regelungen schaffen, die auch zukünftig noch
tragen . Hier ist die Frage: Können Sie das gewährleisten?

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818213100


Ja, das kann ich, Frau Kollegin Rüffer, weil auch für
die Zukunft der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt . Wir
haben Standards gesetzt, indem wir sagen: „Das heuti-

ge Leistungsangebot wird es auch zukünftig geben“, und
deshalb ist dieser Übergang in Zukunft stabil .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818213200

Eine weitere Nachfrage stellt der Kollege Wunderlich .


Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818213300

Vielen Dank, Frau Lösekrug-Möller, dass Sie den Be-

troffenen, die gegenwärtig schon Leistungen beziehen,
die Ängste nehmen, indem Sie sagen: Es gibt einen Be-
standsschutz .

Ich möchte an die Frage der Kollegin Rüffer anschlie-
ßen . – In drei bzw . fünf Teilbereichen der insgesamt neun
Bereiche muss eine Beeinträchtigung vorhanden sein .
Besteht hier nicht die Gefahr – diese Befürchtung wird ja
auch von den Verbänden, von den Trägern der Pflegehei-
me und von Betroffenen geäußert –, dass der sogenannte
Zwillingseffekt eintreten kann?

Man sagt: Es gibt einen Bestandsschutz . Die Leis-
tungen bleiben erhalten, egal in welcher Gruppe jemand
ist . – Eine Person mit genau den gleichen Symptomen,
die neu unter diese Kategorie fällt und Leistungen be-
antragt, erhält im Schnitt aber zwischen 6 und 8 Prozent
weniger Leistungen, worüber sich der Finanzminister
natürlich freut, während die Betroffenen natürlich nur
wenig davon haben .

Sehen Sie diese Gefahr hier auch? Sie wird von den
Verbänden zum Beispiel auch hinsichtlich des Pflegestär-
kungsgesetzes gesehen .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818213400

Bitte .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818213500


Darauf antworte ich gerne . – Herr Kollege Wunderlich,
dieser Prozentsatz ist mir nicht bekannt, und wir machen
Gesetze auch nicht zur Freude oder zum Ärger des Fi-
nanzministers,


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Den Eindruck hat man aber manchmal!)


sondern wir machen fachlich gute Gesetze .

Ich habe gerade ausgeführt, dass die Leistungsgewäh-
rung nach aktuellem Stand mindestens Maßstab für die
zukünftige Leistungsgewährung ist . Sie sprechen eine
Personengruppe an, die jetzt noch keine Leistungen be-
zieht, möglicherweise aber zukünftig, wenn ich Sie rich-
tig verstanden habe . Ich teile nicht die Sorge, dass dann
weniger Leistungen gewährt werden; denn unter das jet-
zige Niveau werden wir nicht fallen .

Ich will noch einmal etwas zu diesem Katalog – fünf
aus neun oder drei aus neun; das sind ja die drei Zah-
len, die hier immer relevant sind – sagen: Das haben
wir in diesem Gesetzentwurf so geregelt, weil wir uns
ausdrücklich dazu verpflichtet sahen und weil wir damit
auch viele Wünsche der Betroffenenverbände aufgenom-
men haben, ICF- und UN-BRK-konform zu definieren.

Parl. Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller






(A) (C)



(B) (D)


Hiernach ist nämlich nicht das entscheidend, was einer
Person fehlt, sondern das, was sie braucht, um an allen
gesellschaftlichen Lebensbereichen teilhaben zu können .

Daraus resultieren diese neun Kategorien . Von einer
erheblichen Teilhabebeeinträchtigung spricht man dann,
wenn eine Teilhabe in mindestens fünf – wenn keine per-
sonelle oder technische Hilfe gewährt wird – oder drei –
wenn personelle oder technische Hilfe gewährt wird –
Lebensbereichen nicht möglich ist .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818213600

Eine weitere Nachfrage stellt der Kollege Kurth .


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818213700

Frau S
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1818213800
Wenn man in weniger als fünf von
neun Bereichen Hilfe braucht, dann bekommt man diese
Hilfe nicht .

Mich interessiert jetzt vor allen Dingen: Wie wollen
Sie denn bei diesen ganzen unbestimmten Rechtsbegrif-
fen ausschließen, dass die Träger der Eingliederungshil-
fe, also Landschaftsverbände, die Kommunen, in man-
chen Bereichen auch die Länder, nicht den Klageweg
beschreiten bzw . die Betroffenen den Klageweg beschrei-
ten lassen? Bereits jetzt gibt es den Versuch, Menschen,
die im Leistungsbezug sind, Leistungen vorzuenthalten .
Wenn man im Gesetz derart unbestimmte Lebensberei-
che festlegt, dann fordert das die Kostenträger geradezu
heraus, erst einmal die Grenzen auszutesten . Wie wollen
Sie das denn ausschließen?

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818213900


Herr Kollege Kurth, ich glaube, wir müssen als Ers-
tes festhalten, dass wir bei der Eingliederungshilfe nach
wie vor über einen Personenkreis mit einer wesentlichen
Einschränkung und Beeinträchtigung sprechen . Nicht
jede Beeinträchtigung ist eine Berechtigung für den Zu-
gang zur Eingliederungshilfe . Dabei ist die Frage: „Was
ist wesentlich?“, näher zu bestimmen . Da hilft genau die
Auswahl, die wir vorgenommen haben .

Jenseits Ihrer Frage – ich glaube, auch Sie wollen
nicht, dass wir als Rechtsstaat Leistungsempfängern den
Weg versperren, Leistungen einzuklagen und sich so den
Zugang zur Leistung zu verschaffen; so habe ich Ihre
Einlassung nicht verstanden – ist es auch zukünftig nicht
ausgeschlossen – das gelingt mit keinem Gesetz –, dass
eine Klärung in einem Rechtsstreit erfolgt .

Zu der Frage der unbestimmten Rechtsbegriffe . Das
hat viel mit der Lebenswirklichkeit zu tun . Schauen Sie
sich die neun Kategorien an, die im Wesentlichen heran-
gezogen werden, um zu sehen: Handelt es sich um eine
wesentliche Beeinträchtigung? Diese Kategorien orien-
tieren sich sehr stark an der Idee der Teilhabe und an Be-
reichen des Lebens, in denen Teilhabe relevant ist .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818214000

Danke . – Damit kommen wir zur Frage 13 der Kolle-

gin Jutta Krellmann:
Was war das Ziel des Gesprächs, das die Bundesminis-

terin Andrea Nahles zusammen mit der Parlamentarischen
Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller und 15 geladenen
Bürgerinnen am 30 . Juni 2016 von 9 .30 bis 11 .30 Uhr, also
zwei Tage nach dem Kabinettsbeschluss zum Bundesteilhabe-
gesetz, führte?

Bitte, Frau Staatssekretärin .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818214100


Sehr gerne . – Frau Präsidentin! Liebe Kollegin
Krellmann, Ziel des Gesprächs war es, sich mit Men-
schen mit Behinderungen in unterschiedlichen Lebens-
lagen aus verschiedenen Teilen des Landes über den am
28 . Juni vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurf
eines Teilhabegesetzes auszutauschen . Im Mittelpunkt
des Gespräches standen die Anliegen, Überlegungen und
Vorschläge von Bürgerinnen und Bürgern, die aufgrund
ihrer eigenen Behinderung oder ihres persönlichen En-
gagements für die Belange von Menschen mit Behinde-
rungen diesen Prozess mit besonderer Aufmerksamkeit
begleiten .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818214200

Sie haben das Wort zu ersten Nachfrage .


Jutta Krellmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818214300

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin . – Meine Nach-

frage lautet: Warum haben Sie die Betroffenen erst
zwei Tage nach dem Kabinettsbeschluss eingeladen? Im
Grunde liegt doch die Vermutung nahe, dass mögliche
Erkenntnisse, die Sie in dem Gespräch gewonnen haben,
gar keine Berücksichtigung mehr finden konnten.

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818214400


Wir haben die Stellungnahmen von Betroffenenver-
bänden, von Verbänden und Projekten aller Art schon bei
der Erarbeitung des Gesetzentwurfes einbezogen . Bevor
der Referentenentwurf vorlag, haben wir bereits einen
sehr intensiven gemeinsamen Bearbeitungsprozess unter
ausgesprochen starker Beteiligung Betroffener und ihrer
Verbände durchgeführt . Insofern hat es im gesamten Ent-
stehungsprozess dieses Gesetzentwurfs eine sehr hohe
Betroffenenbeteiligung gegeben . Ich denke, dass eine
Ministerin gut beraten ist, diesen Austausch auch nach
einem Kabinettstermin fortzusetzen .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818214500

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .


Jutta Krellmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818214600

Vielen Dank . – Für mich bleibt trotzdem der Eindruck,

dass das eine Art Showveranstaltung gewesen ist . Die
Frage ist: Nach welchen Kriterien wurden denn die Teil-
nehmer dafür ausgewählt?

Parl. Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller






(A) (C)



(B) (D)


G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818214700


Ihre Einschätzung des Charakters der Veranstaltung
teile ich nicht . Das Ministerbüro hat entschieden, wer
eingeladen wurde, und diese Freiheit steht der Ministerin
und ihrem Büro auch zu .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818214800

Für eine weitere Nachfrage hat die Kollegin Rüffer

das Wort .


Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818214900

Frau Lösekrug-Möller, Sie haben gerade erwähnt,

dass Sie einen sehr umfangreichen Beteiligungsprozess
durchgeführt haben, der sich in der Tat über ein Jahr er-
streckte . Ihnen ist aber auch bekannt, dass die Verbän-
de und betroffene Personen am Ende mit dem, was an
Anregungen in den Gesetzentwurf eingeflossen ist, in
wesentlichen Punkten nicht zufrieden gewesen sind . Im
Gegenteil: Wir haben über Wochen erlebt, dass jeden Tag
betroffene Menschen stundenlang vor dem BMAS aus-
geharrt haben, um ihren Protest kundzutun . Am letzten
Wochenende gab es wieder eine große Aktion am Ber-
liner Hauptbahnhof, bei der Betroffene darum gebeten
haben, dieses Gesetz nicht in Kraft zu setzen . Der Hash-
tag #NichtMeinGesetz war zeitweise der am häufigsten
benutzte in der Bundesrepublik Deutschland .

Hat dieses Treffen nicht auch damit zu tun gehabt,
dass Sie versuchen, mit den Protestierenden in Kontakt
zu treten und hoffentlich gegebenenfalls an den entschei-
denden Stellen zu Nachbesserungen zu kommen?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818215000

Bitte, Frau Staatssekretärin .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818215100


Ja, gerne . – Frau Kollegin Rüffer, ich will gerne darauf
hinweisen, dass wir zahlreiche Anregungen aus der Ver-
bändeanhörung wie auch aus der Länderanhörung aufge-
nommen haben . Wenn Sie die beiden Texte vergleichen,
werden Sie das erkennen .

Bei den Verbänden handelt es sich mitnichten nur
um Verbände, die Leistungsanbieter vertreten, sondern
darunter waren auch sehr wohl Betroffenenverbände,
die hinreichend Gelegenheit hatten, all das noch ein-
mal mündlich vorzutragen . Alle Anregungen lagen auch
schriftlich vor .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818215200

Zu einer weiteren Nachfrage hat die Kollegin Werner

das Wort .


Katrin Werner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818215300

Ich möchte mich noch einmal auf den 30 . Juni bezie-

hen. Ich finde es zwar gut, wenn die Ministerin die Ge-
spräche fortsetzt . Aber so, wie Sie es dargestellt haben,
hörte es sich an, als ob das Teil eines langen Konzeptes
und eines Marketingplans wäre . Das provoziert mich zu

der Frage, ob Sie mir recht geben könnten, dass das Ge-
spräch, das am 30 . Juni stattfand, vielmehr die Antwort
auf Demos oder Mahnwachen war, die drei Wochen lang
vor dem Ministerium stattgefunden haben . Wie Sie wis-
sen, gab es am 4 . Mai, also am Vortag des Protesttags zur
Gleichstellung von Menschen mit Behinderung, in Berlin
eine große Demo . Seit diesem Tag fanden immer wieder
Demos vor dem Ministerium statt . Das Gespräch wurde
den Teilnehmern an diesen Demos oder an den Aufrufen
#NichtMeinGesetz – zwei von ihnen sind heute auf der
Tribüne anwesend – genau in diesem Rahmen zugesagt .
Insofern ärgert es mich ein Stück weit: Wenn so etwas
zwei Tage nach dem Kabinettsbeschluss gemacht wird,
wird es von vielen Betroffenen eher als Alibiveranstal-
tung verstanden .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818215400

Frau Kollegin .


Katrin Werner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818215500

Sorry . – Denn zwei Tage vorher gab es am Bahnhof

einen großen Protest zu Artikel 19 der UN-Behinderten-
rechtskonvention .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818215600

Bitte .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818215700


Frau Kollegin Werner, das BMAS hat in dieser Sache
kein Marketingkonzept . Mir ist überhaupt kein Marke-
tingkonzept meines Ministeriums, das ich hier vertrete,
bekannt .

Ich weise gerne darauf hin, dass es nach einer Ver-
anstaltung am Brandenburger Tor den Wunsch von De-
monstrierenden gab, mit der Ministerin oder Vertretern
des Hauses zu sprechen . Dem sind wir wenige Tage
später nachgekommen . Nicht die Ministerin, sondern
ich habe, begleitet vom zuständigen Abteilungsleiter, an
dem Gespräch teilgenommen . Wir haben den Anwesen-
den das Angebot gemacht, in einen Dialog einzutreten .
Sie hatten die Chance, darüber nachzudenken und sich
zu entscheiden, und sie sind zu der Entscheidung gekom-
men, dass sie den Dialog zu diesem Zeitpunkt nicht fort-
setzen wollten .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818215800

Wir kommen zur Frage 14 der Kollegin Jutta

Krellmann:
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus,

dass bei der beim Institut für Sozialforschung und Gesell-

(Praxis der Einkommensanrechnung in der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen vom 12 . Mai 2014)

waltungskosten in der Eingliederungshilfe, die zum Ziel hatte,
den Aufwand der Träger der Eingliederungshilfe für die mit
dem Bundesteilhabegesetz einhergehende Qualifizierung des
Personals zu schätzen, nur fünf Sozialämter beteiligt waren?

Bitte, Frau Staatssekretärin .

http://nichtmeingesetz.de/
http://nichtmeingesetz.de/





(A) (C)



(B) (D)


G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818215900


Die in der Frage zitierte Studie befasst sich mit der
Praxis der Einkommensanrechnung in der Eingliede-
rungshilfe für behinderte Menschen und geht der Frage
nach den Einnahmeausfällen bei einem Verzicht auf den
Einkommensrückgriff nach .

Die Studie hatte nicht zum Ziel, den Aufwand der
Träger der Eingliederungshilfe für die mit dem Bun-
desteilhabegesetz einhergehende Qualifizierung zu schät-
zen . Die geringe Anzahl der beteiligten örtlichen Sozial-
hilfeträger erklärt sich daraus, dass nach den Rückläufen
aus den Ländern die Verwaltung der Eingliederungshilfe
für behinderte Menschen einschließlich der Durchfüh-
rung des Einkommensrückgriffes häufig von überörtli-
chen Trägern der Sozialhilfe wahrgenommen wird .

Ich weise darauf hin, da das Stichwort schon einmal
gefallen war: In Nordrhein-Westfalen gibt es zwei Land-
schaftsverbände, die dies für das gesamte Bundesland
wahrnehmen . Deshalb wurden ergänzende Daten bei den
überörtlichen Trägern der Sozialhilfe erhoben .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818216000

Sie haben das Wort zur Nachfrage .


Jutta Krellmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818216100

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin . – Wie bewertet

die Bundesregierung die Ergebnisse dieser Studie und
die politische Entscheidung, die auf der Grundlage dieser
Studie getroffen wurde, besonders im Hinblick darauf,
dass ambulant lebende Menschen mit Behinderung nicht
berücksichtigt wurden?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818216200

Bitte .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818216300


Dazu muss ich Ihnen ehrlich sagen: Ich würde Ihnen
die Antwort darauf gern schriftlich zukommen lassen, da
Ihre ursprüngliche Fragestellung ja eine andere Zielrich-
tung hatte . Wenn Sie einverstanden sind, liefern wir Ih-
nen das gern schriftlich nach .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818216400

Das halten wir erst einmal fest, und Sie stellen nun die

zweite Nachfrage .


Jutta Krellmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818216500

Vielen Dank . – Zur zweiten Frage: Warum verlässt sich

die Bundesregierung allein auf die Aussagen der BAGüS
hinsichtlich der Verwaltungskosten im IGES-Gutachten,
nachdem sich an der Umfrage nur fünf Sozialämter –
also sehr wenige – beteiligt haben? Im Grunde ist dies ja
eine Frage der Überwachung der eigenen Effizienz einer
Behörde, und diese kann man ja immer nur damit beant-
worten: Jawohl, natürlich sind wir effizient.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818216600

Bitte .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818216700


Ja . Ich darf vielleicht noch einmal allen, die uns heu-
te zuhören und zuschauen, erklären, was die BAGüS ist .
Das ist die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen
Sozialhilfeträger, und ich erwähnte schon: Zwei dieser
Träger decken zum Beispiel das gesamte Land Nord-
rhein-Westfalen ab, deshalb muss man Zahlen auch re-
lativieren .

Meines Erachtens ist es so, dass hier sehr seriöse sta-
tistische Daten erhoben werden, auf die man sich auch
als Ministerium verlassen kann .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818216800

Die Kollegin Klein-Schmeink hat das Wort zu einer

Nachfrage .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Danke schön . – Meine Frage richtet sich auf die
Freibeträge für die Renten- und Alterssicherung . Wir
sprechen ja gerade über die Einkommens- und Vermö-
gensanrechnung . Dabei bleiben Sie in § 136 unterhalb
der durchschnittlichen Verdienste von rentenversicherten
Personen . Das wird immer entlang einer Bezugsgröße
festgelegt .

Welchen Hintergrund hat es, dass Sie darunter blei-
ben, und glauben Sie, dass damit eine vernünftige Alters-
sicherung für diesen Personenkreis sichergestellt werden
kann?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818216900

Bitte .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818217000


Die Frage, welche Alterssicherung vernünftig ist,
müssen andere beantworten . Ich glaube, dass es darum
geht, die Chance für eine angemessene Alterssicherung
zu gewährleisten, und dies halten wir für gegeben .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818217100

Die Frage 15 des Kollegen Strengmann-Kuhn soll

schriftlich beantwortet werden .

Ich rufe die Frage 16 der Kollegin Corinna Rüffer auf:
Warum möchte die Bundesregierung mit § 116 Absatz 2


(Gesetzentwurf zum Bundesteilhabegesetz)

derungshilfe die Möglichkeit eröffnen, Leistungen unter der
Bedingung zu erbringen, dass sie von mehreren Leistungsbe-
rechtigten gemeinsam in Anspruch genommen werden, und
warum reicht aus ihrer Sicht die Möglichkeit nach § 116 Ab-
satz 3 SGB IX-E, Leistungen auf Antrag des Leistungsberech-
tigten gemeinsam zu erbringen, nicht aus?

Bitte, Frau Staatssekretärin .






(A) (C)



(B) (D)


G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818217200


Gerne . Frau Präsidentin . – Liebe Kollegin Rüffer,
bereits heute hat sich in der Eingliederungshilfe in Ein-
zelfällen die Praxis entwickelt, Leistungen gemeinsam
in Anspruch zu nehmen . Hierfür wird jetzt in § 116 die
rechtliche Grundlage geschaffen . Ich zitiere aus dem Ge-
setzentwurf:

Die Leistungen zur Assistenz …, zur Heilpädago-
gik …, zum Erwerb und Erhalt praktischer Fähig-
keiten und Kenntnisse …, zur Förderung der Ver-
ständigung …, zur Beförderung im Rahmen der
Leistungen zur Mobilität … und zur Erreichbarkeit
einer Ansprechperson unabhängig von einer konkre-
ten Inanspruchnahme … können an mehrere Leis-
tungsberechtigte gemeinsam erbracht werden …

Die gemeinsame Inanspruchnahme von Leistungen
kann fachlich geboten sein, zum Beispiel, wenn Ziele im
Bereich des sozialen Lernens verfolgt werden . Ob dabei
eine gemeinsame Inanspruchnahme von Leistungen er-
folgt, wird nicht allein in das Ermessen des Leistungs-
trägers gestellt . Der oder die Leistungsberechtigte muss
auf Augenhöhe an der Entscheidung beteiligt werden .
Die gemeinsame Inanspruchnahme von Leistungen muss
für die Leistungsberechtigten zumutbar sein . Ist sie nicht
zumutbar, ist diese – auch bei Berücksichtigung der Kos-
tengesichtspunkte – unzulässig .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818217300

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .


Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818217400

Wir haben es hier mit einer Wortneuschöpfung zu tun .

„Zwangspoolen“ wird der Sachverhalt, der in diesem Pa-
ragrafen geregelt wird, von den betroffenen Menschen
genannt . Es ist richtig, dass es sinnvoll sein kann, Leis-
tungen gemeinschaftlich in Anspruch zu nehmen; das ist
ja heute auch schon gängige Praxis . Das kann der Sache
angemessen sein und ist sicherlich auch unter fiskali-
schen Gesichtspunkten in vielen Fällen nicht dumm . Die
Frage ist aber: Warum müssen Sie die gemeinschaftliche
Inanspruchnahme in § 116 Absatz 2 gesetzlich regeln,
wenn das heute schon gemacht wird, und warum halten
Sie die bestehenden Regelungen, die das ermöglichen,
für nicht ausreichend?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818217500

Bitte, Frau Staatssekretärin .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818217600


Ja, sehr gerne . – Frau Kollegin Rüffer, wenn Sie mir
den Paragrafen zeigen, in dem die gemeinschaftliche
Inanspruchnahme von Leistungen geregelt ist, wäre ich
Ihnen sehr dankbar . Tatsächlich gibt es einen solchen
Paragrafen nicht . Wir regeln das nun in dem gebotenen
Umfang . Ich möchte meine Antwort nicht wiederholen,
deshalb nur so viel: Wenn es nicht zumutbar ist, Leistun-
gen gemeinschaftlich in Anspruch zu nehmen, dann darf
das nicht stattfinden; das ist recht deutlich. Das ist eine

klare Regelung . Die Bereiche, für die das gilt – ich habe
sie bereits aufgezählt –, finden sich in § 116.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818217700

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .


Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818217800

Besonders große Bedenken bestehen hinsichtlich der

gemeinschaftlichen Inanspruchnahme von Assistenzleis-
tungen; das ist Ihnen bekannt . Die Betroffenen befürch-
ten, dass ihre Privatsphäre und ihr Recht auf Selbstbe-
stimmung eingeschränkt werden . Diese Argumente
kennen Sie alle . Wenn man Assistenzleistungen gemein-
schaftlich in Anspruch nimmt, kann das bedeuten, dass
man – um das einmal für diejenigen plastisch zu machen,
die das vielleicht noch nicht so intensiv beleuchtet ha-
ben – gemeinschaftlich entscheiden muss, ob man am
Wochenende als Gruppe auf einen Hundeplatz oder zu
einem Fußballspiel geht . Das hat mit Selbstbestimmung
und der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonven-
tion natürlich überhaupt nichts zu tun . Aber das ist ein
Bereich, den Sie explizit nennen, wenn es darum geht,
dass die Träger der Eingliederungshilfe auf eine gemein-
schaftliche Inanspruchnahme hinwirken sollen . Das ist
für mich ein großes Fragezeichen . Ich möchte die Gele-
genheit nutzen, Sie zu bitten, mir zu erklären, warum Sie
das in den Gesetzentwurf hineingeschrieben haben, der
vom Bundestag verabschiedet werden soll .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818217900

Bitte .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818218000


Kollegin Rüffer, ich gehe davon aus bzw . ich habe die
starke Hoffnung, dass dieser Gesetzentwurf vom Bun-
destag verabschiedet wird . Bei sozialer Teilhabe und As-
sistenz gibt es erstmalig sehr aufgefächerte Regelungen .
Was Sie gerade als gemeinschaftliche Inanspruchnahme
von Leistungen beschrieben haben, bildet eher ein Pro-
blem ab, das wir heutzutage haben . Meines Erachtens
habe ich sehr deutlich gemacht, dass der oder die Leis-
tungsberechtigte von Anfang an an den Entscheidungen
beteiligt werden muss . Das ist nach geltendem Recht bis-
lang nicht möglich . Wir sehen zukünftig ein großes Ver-
fahren der Beteiligung vor . Das kann begleitet werden
durch unabhängige Beratung . Das halte ich persönlich
für einen sehr großen Fortschritt . Das stärkt die Rech-
te der Betroffenen . In diesem Zusammenhang kann ich
die umfängliche Sorge, die Sie ausgedrückt haben, nicht
teilen .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818218100

Zu einer Nachfrage hat die Kollegin Scharfenberg das

Wort .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vielen Dank . – Meine Nachfrage richtet sich eben-
falls auf die gemeinsame Inanspruchnahme . Plant denn






(A) (C)



(B) (D)


die Bundesregierung, die Regelung zur gemeinsamen
Inanspruchnahme von Leistungen auch auf die Hilfe zur
Pflege zu übertragen? Sollte dies nicht der Fall sein: Wie
stellt sich die Regierung die praktische Umsetzung der
verschiedenen Regelungen bei Menschen vor, die auf
beide Leistungen angewiesen sind?

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818218200


Vielen Dank . – Ich beziehe mich heute auf das Bun-
desteilhabegesetz. Wir haben, was die Hilfe zur Pflege
betrifft, ein Pflegestärkungsgesetz III, das nach meinem
Wissensstand noch nicht das Parlament erreicht hat . Ich
kann hier nur sagen: Bei den Regelungen der gemeinsa-
men Inanspruchnahme von Leistungen beziehe ich mich
hier ausschließlich auf den Teil der Eingliederungshilfe .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818218300

Der Kollege Wunderlich hat das Wort zu einer Nach-

frage .


Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818218400

Frau Lösekrug-Möller, ich glaube Ihnen gerne, dass

Sie wirklich engagiert sind, das Beste für die Menschen
wollen und Sie diese Sorge, was künftige Leistungsein-
schränkungen betrifft, nicht teilen . Sie sagten sinngemäß:
Es ist nicht die Absicht der Bundesregierung, Leistungen
zu verhindern – in Klammern: um den Finanzminister zu
bespaßen .

Ist Ihnen bewusst, dass am morgigen Sitzungstag,
planmäßig um 4 .20 Uhr, ein Gesetz hier im Bundestag
verabschiedet wird, das Hürden für Klagen vor den So-
zialgerichten dergestalt errichtet, dass Klagen erst zuge-
stellt werden, wenn der Kostenvorschuss eingegangen
ist? Der Staat baut also Hürden auf, um sich vor Ansprü-
chen gegen sich selbst zu schützen . Das betrifft vieles,
was Frau Rüffer schon gesagt hat . Es gibt viele unbe-
stimmte Rechtsbegriffe, und es ist daher möglicherweise
eine Vielzahl von Klagen zu erwarten, die mit der Re-
gelung zu dem Kostenvorschuss eventuell abgewendet
werden sollen .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818218500

Bitte, Frau Staatssekretärin .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818218600


Ich will unserer gemeinsamen Hoffnung Ausdruck
geben, dass es nicht 4 .20 Uhr Freitagfrüh sein wird .
Das wäre dann ja schon Freitag . Aber wie auch immer:
Dieses Gesetz ist parlamentarisch zu beraten . Ich gehe
davon aus, dass viele, die Anspruch auf Leistungen der
Eingliederungshilfe haben, nicht nur ihre Rechte kennen,
sondern sie auch nutzen . Ich gehe auch davon aus, dass
sie nicht in die schwierige Lage kommen, dass sie durch
eine Gesetzgebung, wie Sie sie gerade geschildert haben,
einen eingeschränkten Zugang zu ihren Rechten haben .


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Hoffen wir es!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818218700

Wir kommen zur Frage 17 der Kollegin Rüffer:

Wie erklärt die Bundesregierung die in der Begründung

(Gesetzentwurf zum Bundesteilhabegesetz)

Leistungen müssten nicht ausgeschrieben werden, obwohl das
Vergaberechtsmodernisierungsgesetz lediglich Leistungen im
sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis von der Pflicht zur
Ausschreibung ausnimmt, und wie soll so das angestrebte Ziel
der Herauslösung der Eingliederungshilfe aus der Sozialhilfe
erreicht werden?

Sie haben das Wort, Frau Staatssekretärin .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818218800


Ja, sehr gern . – Frau Kollegin Rüffer, die Einglie-
derungshilfe wird durch das Bundesteilhabegesetz aus
dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch herausgelöst,
wie wir wissen, reformiert und im Neunten Buch So-
zialgesetzbuch, in Teil 2, als besondere Leistung zur
selbstbestimmten Lebensführung für Menschen mit
Behinderungen geregelt . Vom Leistungsrecht der Ein-
gliederungshilfe losgelöst ist das neue Vertragsrecht zu
sehen, das die Leistungsabwicklung regelt . Trotz der
Herauslösung aus der Sozialhilfe bleibt es bezüglich der
rechtlichen Beziehungen zwischen Leistungsberechtig-
ten, Leistungsträgern und Leistungserbringern bei einem
Dreiecksverhältnis .

Die Träger der Eingliederungshilfe werden, wie bis-
her schon die Träger der Sozialhilfe, weder öffentliche
Aufträge noch Konzessionen im Sinne der EU-Richtlinie
vergeben . Der Abschluss einer Vereinbarung nach dem
Kapitel 8 des Teils 2 des SGB IX wird auch künftig kein
vergaberechtlich relevanter Beschaffungsvorgang sein,
da es wie schon jetzt in der Sozialhilfe an der hierfür er-
forderlichen Konkurrentenauswahl und einer definitiven
Entgeltzuweisung fehlt .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818218900

Danke . – Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .


Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818219000

Vielen Dank . – Es ist nicht so einfach, das nachzu-

vollziehen, wenn gesagt wird: Die leistungsberechtigten
Menschen werden aus dem Fürsorgesystem herausge-
nommen, während die Leistung darin bleibt . – Wir haben
schon an anderer Stelle über das Vergaberechtsmoderni-
sierungsgesetz diskutiert . Wir haben eigene Vorschläge
eingebracht und kritisiert, dass lediglich Leistungen, die
sich im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis befin-
den, aus der Pflicht zur Vergabe herausgenommen wer-
den . Es zeigt sich hier wieder: Wenn man eine saubere
Lösung will, dann wäre es möglich gewesen, es zu tun .

Ich hätte von Ihnen jetzt gerne eine nachvollziehbare
Erläuterung, wie ich zu verstehen habe, dass einerseits
die Personen herausgelöst sein sollen – was bedeutet das
dann? –, andererseits die Leistungen aber Bestandteil der
Sozialhilfe bleiben . Das ist schwierig zu vermitteln . Für
die betroffenen Menschen selber ist es von großer Be-
deutung, nicht mehr Teil der Sozialhilfe zu sein . Es war
ein Versprechen der Bundesregierung, das Sie offensicht-

Elisabeth Scharfenberg






(A) (C)



(B) (D)


lich nicht einlösen wollen . Oder habe ich Sie missver-
standen?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818219100

Bitte, Frau Staatssekretärin .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818219200


Frau Kollegin Rüffer, mit dem Entwurf zum Bun-
desteilhabegesetz erfüllen wir vollumfänglich das im
Koalitionsvertrag Verabredete: dass wir aus der Fürsor-
ge herausführen . Gemeint ist das System der Eingliede-
rungshilfe; ich habe es erläutert .

Wie ich Ihnen gerade gesagt habe – es tut mir leid,
wenn ich mich wiederhole; das meine ich jetzt weder pä-
dagogisch noch böse –, werden wir das Leistungsrecht
im Teil 2 vom Sozialgesetzbuch IX verankern . Gleich-
wohl besteht dieses Dreieck sozialhilferechtlicher Leis-
tungen fort; das ist gar kein Widerspruch . Wir alle, die
wir einschlägig studiert haben – Sozialpädagogik, Sozi-
alwissenschaften oder Sozialarbeit –, wissen, wie wich-
tig das ist . Dazu habe ich ausgeführt, und dem habe ich
gar nichts mehr hinzuzufügen . Wir glauben, dass das
nicht nur sachgerecht ist; vielmehr besteht weiterhin ein
logischer Zusammenhang, den wir nicht infrage stellen .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818219300

Frau Rüffer, Sie haben das Wort zur zweiten Nach-

frage .


Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818219400

Ich kann nach wie vor nicht nachvollziehen, dass man

zwischen Person und Leistung in dieser Weise trennt .
Meine feste Überzeugung ist, dass es sinnvoll wäre, bei
der Vergabe Nachbesserungen vorzunehmen, um zukünf-
tig Ausschreibungen auch in anderen Bereichen zu ver-
hindern .

Ändert es bei ähnlichen Regelungen materiell, also am
Inhalt, etwas, ob sie im SGB XII stehen oder Teil des
Bundesteilhabegesetzes sind? Ist die Frage, in welchem
Gesetz etwas geregelt wird, maßgeblich, oder ist der
Inhalt maßgeblich? Die Herauslösung aus der Fürsorge
würde im Kern bedeuten, auf die Anrechnung von Ein-
kommen und Vermögen zu verzichten . Das tun Sie aber
augenscheinlich nicht .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818219500


Ich darf darauf mit mehreren Anmerkungen reagieren;
ich darf ja keine Rückfrage stellen, glaube ich .

Wir erzielen bei Einkommen und Vermögen sehr wohl
deutliche – wirklich deutliche – Verbesserungen . Das ist,
glaube ich, allen erkennbar, die den Gesetzestext gelesen
haben . Wir haben zahlreiche Verbesserungen, was die
totale Freistellung und die Nichtanrechnung anbelangt,
zum Beispiel bei Einkommen und Vermögen, wenn es
um Ehepartner oder um Lebensgefährten geht . Aber das
wissen Sie eigentlich alles .

Was ich bei Ihnen gerade herausgehört habe, ist, dass
Sie offenbar präferieren, Leistungen der Eingliederungs-
hilfe auszuschreiben; vielleicht habe ich das auch miss-
verstanden . Wir glauben, dass wir nach wie vor richtig
liegen, wenn wir in diesem Dreieck bleiben .

Ich will des Weiteren auf eine Sache hinweisen, die
in diesem Bundesteilhabegesetz ebenfalls geregelt ist:
Wenn das gewünscht ist, dann kann der Anspruch auf
Eingliederungshilfe auch als eine Geldleistung ausge-
zahlt werden . Ich will das nachtragen, weil es illustriert,
wie weitgehend Möglichkeiten von Betroffenen sind, zu
sagen: Ich kann mir das so gestalten, wie ich es möchte .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818219600

Zu einer Nachfrage hat der Kollege Kurth das Wort .


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818219700

Da die Ausführungen – sowohl ein Teil der Fragen als

auch ein Teil der Antworten – komplex waren, stelle ich
die ganz einfache Frage: Können Sie garantieren, dass
zukünftig aufgrund dieses Gesetzentwurfs Leistungen
der Eingliederungshilfe nicht ausgeschrieben werden?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818219800

Bitte, Frau Staatssekretärin .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818219900


Vielleicht sollten Sie sich untereinander austauschen .
Ich sage das, weil sich gerade zwei aus meiner Sicht et-
was widersprüchliche Positionen in Ihrer Fraktion zei-
gen .


(Widerspruch bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja oder nein?)


Wir behalten das sozialhilferechtliche Leistungsdrei-
eck bei . Wir haben eine Debatte darüber im Ausschuss
für Arbeit und Soziales gehabt – Herr Kollege Kurth, Sie
waren dabei, und auch ich war dabei –, als wir über das
neue Recht gesprochen haben . Wir haben gesagt, dass
es zielführend und richtig ist . Ich kann nicht erkennen –
weil wir davon nicht abweichen –, dass es ein Risiko ei-
ner Ausschreibung gäbe .


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja oder nein?)


– Ich habe geantwortet .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818220000

Wir kommen damit zur Frage 18 der Kollegin Maria

Klein-Schmeink:
Aufgrund welcher fachlichen Begründung plant die Bun-

desregierung, beim Bundesteilhabegesetz (BTHG) in § 99
Absatz 1 Satz 2 SGB IX die Schwere oder Erheblichkeit von
Behinderung durch die Anzahl der durch Teilhabebeschrän-
kungen betroffenen Lebensbereiche zu begründen?

Bitte, Frau Staatssekretärin .

Corinna Rüffer






(A) (C)



(B) (D)


G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818220100


Ja, gerne . – Frau Klein-Schmeink, die Frage gibt die
Regelung zum Zugang zu Leistungen der Eingliede-
rungshilfe nur teilweise wieder . Die Regelung des § 99
SGB IX im Entwurf des Bundesteilhabegesetzes, auf die
wir uns beziehen, bildet in der Gesamtheit das gewandel-
te fachliche Verständnis von Behinderung ab . Wir haben
darüber ja schon gesprochen . Sie haben die Gelegenheit
zu Nachfragen bei anderen Fragen genutzt .

Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass diese Re-
gelung ICF-basiert ist – ich spare mir jetzt die ausführ-
liche Benennung – und dass sie auch das Wording der
UN-Behindertenrechtskonvention widerspiegelt . Sie ver-
bindet dieses gewandelte fachliche Verständnis mit der
für die Eingliederungshilfe unabdingbaren Notwendig-
keit, eine in erheblichem Maß eingeschränkte Fähigkeit,
am Leben in der Gesellschaft teilzuhaben, im Einzelfall
festzustellen . Mit der Regelung wird auch die heutige
Praxis abgebildet, in der der Begriff der wesentlichen
Behinderung – auch das ist heute schon Gegenstand der
Fragen und Antworten gewesen – bereits entsprechend
ausgelegt wird .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818220200

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Auch wenn ich schon mehrere Nachfragen gestellt
habe, ist mir immer noch nicht deutlich geworden, ob die
Befürchtungen gerechtfertigt sind, die von den psychi-
atrischen Fachverbänden sehr deutlich geäußert worden
sind, nämlich dass diese Gruppe von Menschen in Zu-
kunft, weil sie nicht so viele Einschränkungen in so vie-
len Lebensbereichen haben, dass sie unter Ihre Definition
fallen, aus zahlreichen heutigen Eingliederungsleistun-
gen ausgegliedert würde . Noch einmal die Frage: Wie be-
werten Sie diese Befürchtungen der Fachgesellschaften,
und wie wollen Sie darauf reagieren? Ich habe einen Ab-
gleich des Referentenentwurfs und des Gesetzentwurfs
gemacht . Ich kann da keine Veränderung sehen .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818220300

Sie haben das Wort, Frau Staatssekretärin .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818220400


Gerne . – Ich weise Sie darauf hin, dass in dem durch
das Kabinett verabschiedeten Text eine Ergänzung im
Sinne einer Ermessensleistung enthalten ist . Wenn Sie in
die Begründung schauen, dann werden Sie sehen, dass
der Stand der Leistungsgewährung heute sozusagen das
ist, woran man sich bei der Leistungsgewährung zukünf-
tig mindestens – niemand kann dahinter zurückbleiben –
orientieren muss .

Aus den von Ihnen genannten Stellungnahmen habe
ich noch ein anderes Bedenken in Erinnerung; das will
ich hier ansprechen, Frau Klein-Schmeink: Das hat da-
mit zu tun, dass es um einen Kreis von Personen geht,

deren Einschränkungen im Zeitablauf stark schwanken
können . Sie werden mir sicher recht darin geben, dass
das gerade bei dieser Personengruppe der Fall ist . Das
ist einer der Gründe, warum die Sorge besteht, dass sie
den Kriterien mal entsprechen könnten und mal nicht . Es
ist aber heute schon so, dass zugrunde gelegt wird, dass
diese Erkrankungen und Beeinträchtigungen, für die das
elementar ist, so gewertet werden, dass es keinen Leis-
tungsausschluss zur Folge hat, wenn es den Menschen
einmal, was wir jedem wünschen, vorübergehend besser
geht .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818220500

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte nachfragen, ob ich Sie so verstehen muss,
dass Sie sagen, dass die Regelung nicht zu einer Ver-
schlechterung gegenüber dem jetzigen Stand führen
wird . Meinen Sie das bezogen auf diejenigen, die jetzt
schon unter diese Rechtsbereiche fallen? Wie wird es für
neu Betroffene sein? Müssen die mit Einschränkungen,
zum Beispiel beim Zugang zu Rehaleistungen bezogen
auf Erwerbstätigkeit, rechnen?

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818220600


Sie müssen nicht, aber Sie können mich so verstehen,
dass die, die heute in der Leistungsgewährung sind, da-
rin bleiben und dass für zukünftig Betroffene genau die
Maßstäbe gelten, die heute bestehen .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818220700

Damit kommen wir zur Frage 19 der Kollegin Klein-

Schmeink:

Aus welchen Gründen plant die Bundesregierung, gemäß
§ 109 SGB IX (BTHG) die Leistungen der medizinischen
Rehabilitation auf Rehabilitationsleistungen der gesetzlichen
Krankenversicherung zu beschränken und damit den Umfang
der Leistungen im Vergleich zur heutigen Situation einzu-
schränken?

Bitte, Frau Staatssekretärin .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818220800


Sehr gerne . – Frau Kollegin, die vorgesehene Re-
gelung entspricht dem heutigen § 54 Absatz 1 Satz 2
SGB XII – das kennen Sie bestimmt – und entspricht so-
mit aktuellem Recht. Es findet sich folglich in dem neuen
§ 109 SGB IX keine Leistungseinschränkung .

Die weitere Anbindung der medizinischen Rehabilita-
tionsleistung der Eingliederungshilfe an die entsprechen-
den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung
gewährleistet, dass nichtkrankenversicherte Menschen
mit Behinderung unverändert die gleiche behinderungs-
spezifische medizinische Versorgung erhalten wie Versi-
cherte der gesetzlichen Krankenversicherung .






(A) (C)



(B) (D)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818220900

Sie haben das Wort zur Nachfrage . – Sie verzichten

darauf .

Dann kommen wir zur Frage 20 des Kollegen Markus
Kurth:

Warum müssen Menschen, die mit dem Budget für Arbeit
von einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) auf den
ersten Arbeitsmarkt wechseln wollen, im Gegensatz zu Werk-
stattbeschäftigten ihr Einkommen und Vermögen einsetzen

(§§ 138 und 140 SGB IX-E in Verbindung mit § 111 Absatz 1 SGB IX-E – Gesetzentwurf zum Bundesteilhabegesetz)

welche Anreizeffekte erwartet die Bundesregierung hinsicht-
lich der Regelungen und der Bereitschaft zum Wechsel von
der WfbM auf den ersten Arbeitsmarkt?

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818221000


Herr Kollege Kurth, mit Einführung des Budgets für
Arbeit erhalten besonders stark in ihrem Leistungsver-
mögen eingeschränkte Menschen mit Behinderung die
Gelegenheit, eine Beschäftigung auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt mit einer tariflichen oder ortsüblichen Ent-
lohnung aufzunehmen . Sie stehen damit anderen Men-
schen mit Behinderung gleich, die eine Erwerbstätigkeit
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben und aus ih-
rem Einkommen einen Beitrag zu den Aufwendungen
der von ihnen in Anspruch genommenen Eingliederungs-
hilfe leisten. Sie profitieren aber auch von verbesserten
Regelungen zur Anrechnung von Einkommen und Ver-
mögen bei Bezug von Erwerbseinkommen . Wir erhoffen
uns davon eine Anreizwirkung .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818221100

Sie haben das Wort zur Nachfrage .


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818221200

Das Budget für Arbeit haben wir in den Fachdiskus-

sionen ja immer als Nachteilsausgleich verstanden, um
mit Blick auf die Produktivität eine Wettbewerbsgleich-
heit zwischen Menschen mit und Menschen ohne Behin-
derung herzustellen . Das Budget für Arbeit stellt also in
dieser Hinsicht keinen ungerechtfertigten besonderen
ökonomischen Vorteil dar, sondern soll eine gleichbe-
rechtigte Teilhabe am allgemeinen Arbeitsmarkt ermög-
lichen . Insofern wäre die Anrechnung von Einkommen
und Vermögen auf einen Betrag, der als reiner Nachteils-
ausgleich gedacht ist, gleichbedeutend mit einer negati-
ven Anreizwirkung . Stimmen Sie mir zu, dass mit den
im Kabinettsentwurf genannten Zahlen von wenigen
Tausend potenziellen Personen, die das in Anspruch neh-
men könnten, die Bundesregierung aufgrund ihres De-
signs dieses Budgets für Arbeit selbst hier sehr niedrige
Erwartungen hat?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818221300

Bitte .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818221400


Ja, ich antworte gern . – Mit Blick auf die Personen-
gruppen, die heute im Erwerbsleben sind und Eingliede-

rungshilfe beziehen, kennen Sie, Herr Kollege Kurth, die
Anrechnung bei Einkommen und Vermögen für Leistun-
gen der Eingliederungshilfe . Mit Blick auf den anderen
Personenkreis, von dem wir sehr hoffen, dass er größer
werden wird, der nämlich zukünftig das Budget für Ar-
beit in Anspruch nehmen kann, gehen wir von Personen
aus, die vielleicht gar nicht oder kurze Zeit – oder wie
auch immer – zum Beispiel in einer Werkstatt für Men-
schen mit Behinderung gearbeitet haben, die sich aber
mehr zutrauen als einen Außenarbeitsplatz . Sagen wir
das einmal ganz konkret so .

Deshalb sagen wir: Die wollen wir einerseits mit einer
„Rückfahrkarte“ ausstatten, sodass es jederzeit möglich
ist, zurück in die Werkstatt zu kommen, aber wir wol-
len andererseits auch bestmöglich sicherstellen, dass sie
mit dem Budget für Arbeit mit diesem Versuch, auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt doch auch Platz zu finden und
damit mittendrin in Arbeit zu sein, hoffentlich erfolgreich
sind . Deshalb gibt es ja beim Budget für Arbeit auch die
zusätzlichen Leistungen, die Ihnen bekannt sind .

Wir gehen also davon aus, dass wir damit einen Anreiz
schaffen und eine gute Unterstützung geben, damit – ich
will nicht sagen: viele – die, die sich das zutrauen, es
ausprobieren und – ich hoffe auch – damit Erfolg haben .
Denn es streben schon viele an, auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt dabei zu sein . Dafür soll dieses Instrument
hilfreich sein .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818221500

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818221600

Dann sehe ich es doch wohl richtig, Frau Staatssekre-

tärin, wenn Sie von denen sprechen, die sich mehr als
einen Außenarbeitsplatz zutrauen, dass Sie sich mit dem
Budget für Arbeit hauptsächlich an die Personen richten,
die einen eher geringeren Unterstützungsbedarf haben .
Sie setzen ja auch Obergrenzen, Deckel für das Budget
für Arbeit im Verhältnis zum Durchschnittsverdienst,
was bei höherem Unterstützungsbedarf natürlich nicht
ausreichen wird, um als Nachteilsausgleich zu dienen .
Sehe ich es also richtig, dass die Bundesregierung das
Budget für Arbeit nicht für alle Menschen mit Behin-
derung vorsehen möchte, sondern nur für die mit einem
geringen Unterstützungsbedarf, und sehe ich es richtig,
dass die Bundesregierung kein Interesse daran hat, dass
Personen mit einem besonders hohen Unterstützungsbe-
darf ebenfalls die Möglichkeit haben, das Budget für Ar-
beit in Anspruch zu nehmen?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818221700

Bitte .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818221800


In beiden Fällen kann ich Ihnen nicht zustimmen, Herr
Kurth, und ich verstehe auch nicht, wie Sie zu diesen
Einschätzungen kommen können . Wenn wir im Grunde
genommen einen Minderleistungsausgleich von bis zu






(A) (C)



(B) (D)


75 Prozent haben, finde ich das nicht gering. Aber es ist
ja Ihrer Einschätzung vorbehalten, das zu bewerten .

Wir wollen viele ermutigen . Diese Ermutigung un-
terlegen wir mit dem Instrument des Budgets für Arbeit .
Wenn die Regelung in Kraft tritt, werden wir sehen, ob
viele davon Gebrauch machen werden . Ja, das hängt
auch stark von den Unterstützungsleistungen ab; da bin
ich ganz bei Ihnen . Aber wir meinen, dass wir auch das
hinreichend ausgestaltet haben .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818221900

Zu einer Nachfrage hat die Kollegin Brantner das

Wort .


(Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, ich hatte mich gemeldet!)


– Die Kollegin Rüffer . Offensichtlich sehe ich heute bei
der Grünenfraktion einiges völlig neu .


Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818222000

Ich glaube, Sie wollen gerne die Kollegin Brantner

noch einmal hören; denn Sie sagen das jetzt schon zum
zweiten Mal . Ich kann sie rufen, wenn Sie wünschen .

Zum Budget für Arbeit . Sie sagen, die Ausgestaltung
sei so, dass hoffentlich hohe Anreize geschaffen werden,
damit die Leute aus der Werkstatt in sozialversicherungs-
pflichtige Beschäftigung wechseln. Da kann ich aus mei-
ner rheinland-pfälzischen Perspektive sagen: Dann hätten
Sie sich an dem dortigen Modell orientieren sollen; denn
das ist deutlich großzügiger ausgestaltet . Das vielleicht
als Hinweis . Wir sind ja noch im parlamentarischen Ver-
fahren und können da einiges ändern; da könnte ich noch
ein paar weitere Hinweise geben .

Zu meiner eigentlichen Frage . Derzeit sind
300 000 Menschen in Werkstätten für behinderte Men-
schen tätig; sehr viele – und mit hoher Steigerungs-
rate – befinden sich in Werkstätten für Menschen mit
psychischen Beeinträchtigungen . Das sind in der Regel
Menschen, die eine schulische und berufliche Ausbildung
gemacht haben und häufig eine jahrzehntelange Erwerbs-
tätigkeit hinter sich haben, dann aber aufgrund privater
Probleme oder von Stress im Job zum Beispiel ein Burn-
out erlitten haben und jetzt in der Werkstatt sind . Sie ha-
ben aber durchaus vorher Vermögen angesammelt . Für
diese Personengruppe gilt jetzt Folgendes: Solange die
Menschen in der Werkstatt bleiben, wird ihr Vermögen
nicht auf die Leistung angerechnet . Beim Persönlichen
Budget aber, das den Wiedereinstieg in die Berufstätig-
keit ermöglichen soll, gehen Sie einen anderen Weg . Das
ist das Gegenteil von Unterstützung beim Zugang zum
Regelarbeitsmarkt .

Ich hätte gerne von Ihnen gehört, wie Sie dazu stehen
und ob Sie da vielleicht noch etwas verändern möchten .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818222100


Ich weiß, Frau Kollegin Rüffer, dass das parlamenta-
rische Beratungsverfahren auch dazu dient, weitere Ver-

besserungen einzubringen . Sie werden sicherlich auf Ihre
Weise dazu beitragen .

Ich finde Rheinland-Pfalz auch klasse; es ist nach Nie-
dersachsen das zweitschönste Land .


(Heiterkeit – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das eine abgestimmte Position der Bundesregierung?)


– Herr Beck, wahrscheinlich war das ein Antrag, ein wei-
teres Bundesland in diese Reihe aufzunehmen .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818222200

Zurzeit hat die Parlamentarische Staatssekretärin das

Wort; sollte es Nachfragen geben, bitte melden .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818222300


Ich will das gerne machen . Sie können das auch gerne
noch einmal schriftlich haben .

Beim Budget für Arbeit denken wir nicht nur an die
Personengruppe, die Sie gerade beschrieben haben . Sie
haben zutreffend beschrieben, dass diese Personengrup-
pe in den letzten Jahren sehr, sehr stark gewachsen ist,
Personen, die vollqualifiziert über lange Zeit im Berufs-
leben waren und dann aufgrund welcher Ereignisse auch
immer ihre Erwerbsfähigkeit verloren haben . Wir suchen
sehr nach guten Antworten . Ich weiß, dass das auch in
den Werkstätten viele tun . Wir haben jetzt im BTHG
auch noch die Chance, mit anderen Leistungsanbietern
ganz spezielle Antworten zu liefern . Auch dieser Per-
sonengruppe ist es dann unbenommen, das Budget für
Arbeit in Anspruch zu nehmen . Eine andere Option ist
natürlich, bei Genesung vollständig in den Arbeitsmarkt
zurückzukehren . Das Budget für Arbeit ist ja nicht der
einzige Ausweg; es ist aber, wie ich finde, ein gutes An-
gebot .

Dabei müssen die Regeln gelten, die bei der Aufnah-
me von Erwerbstätigkeit gelten, Frau Rüffer; da können
wir nicht von unterschiedlichen Zielgruppen ausgehen .
Vielmehr gilt, dass man, wenn man Leistungen der Ein-
gliederungshilfe beansprucht, aus dem Einkommen aus
Arbeit gegebenenfalls einen Eigenbeitrag leisten muss .
Gleichwohl will ich Sie darauf hinweisen, dass in der
Regel bei den monatlichen Einkommen nicht die Grenze
erreicht wird, bei der ein Eigenbeitrag fällig wird .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818222400

Kollege Beck zu einer Nachfrage .


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818222500

Ich möchte das Bundeskanzleramt fragen, ob es eine

abgestimmte Position der Bundesregierung ist, dass
ihr nicht alle Länder gleichermaßen am Herzen liegen .
Wollen Sie, falls Sie hierarchisieren, nicht prüfen, Nord-
rhein-Westfalen auf Platz 1 zu setzen?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818222600

Kann die Bundesregierung dazu eine Aussage treffen?

Parl. Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller






(A) (C)



(B) (D)


D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1818222700


Herr Kollege Beck, wie Sie wissen, haben wir 16 be-
geisternde Bundesländer . Ich würde sagen, Hessen müs-
sen wir als das heimliche Herz Deutschlands in jedem
Fall hinzufügen und die restlichen natürlich auch .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818222800

Nachdem wir diese Frage geklärt haben, rufe ich Fra-

ge 21 des Kollegen Markus Kurth auf:
Wodurch unterscheiden sich die nur für besondere An-

lässe zu gewährenden Hilfen zur Kommunikation nach § 82
SGB IX-E (Gesetzentwurf zum Bundesteilhabegesetz) in der
praktischen Umsetzung, zum Beispiel in Hinblick auf die
Qualifikation der Leistungserbringer und den Umfang der zu

(zum Beispiel Anzahl der Gebärdensprachdolmetscher)

ständigung nach § 78 Absatz 1 SGB IX-E, und aus welchen
Gründen hält die Bundesregierung diese Unterscheidung für
angebracht?

Wir sind noch immer im Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Arbeit und Soziales . Deshalb hat
wieder die Parlamentarische Staatssekretärin Lösekrug-
Möller das Wort .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818222900


Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Kollege Kurth,
Leistungen zur Verständigung können nach dem Entwurf
des Bundesteilhabegesetzes sowohl nach dem neuen § 78
Absatz 1 als auch nach dem neuen § 82 SGB IX erbracht
werden, allerdings mit unterschiedlichen Zielsetzungen .
Diesem Umstand tragen jeweils eigenständige rechtliche
Regelungen Rechnung . § 82 SGB IX übernimmt dabei
die derzeit bewährten Regelungen des heutigen § 57
SGB IX .

Die nach § 78 Absatz 1 vorgesehenen Assistenzleis-
tungen, die in Einzelfällen Leistungen zur Verständigung
einschließen, nehmen die Bewältigung des Alltags ei-
nes Menschen mit einer Behinderung in den Blick . Eine
Leistung zur Verständigung nach § 82 SGB IX hingegen
zielt darauf ab, den Leistungsberechtigten in besonderen,
nicht alltäglichen Situationen zu unterstützen . In Einzel-
fällen können Leistungen nach den genannten Rechts-
vorschriften auch kumulativ erbracht werden .

Ein Unterschied zwischen den beiden Regelungen
von grundsätzlicher Art im Hinblick auf die Qualifikati-
on der Leistungserbringer besteht nicht . Beiden Anwen-
dungsfällen ist gemein, dass Verständigungsleistungen,
wie zum Beispiel der Einsatz der Gebärdensprache oder
des Lorm-Alphabets bei Taubblinden, unter Berücksich-
tigung der besonderen Erfordernisse des Einzelfalls er-
bracht werden .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818223000

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818223100

Ich will an dieser Stelle nicht wertend, sondern der

Information halber nachfragen . Gebärdensprachdolmet-
scher werden also nicht unterschiedlich vergütet oder be-

kommen unterschiedliche Zeitvorgaben, je nach Bereich,
in dem sie eingesetzt werden . Das dient sozusagen nur
der Bewilligung gegenüber dem Leistungsberechtigten .
Die Unterscheidungen haben für Gebärdensprachdol-
metscher hinsichtlich ihrer Vergütung keinerlei Bedeu-
tung . Sehe ich das richtig?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818223200

Bitte .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818223300


Herr Kollege Kurth, wir reden hier natürlich nicht nur
über Gebärdensprachdolmetscher . Ich habe schon das
Stichwort „Lormen“ erwähnt . Es gibt bei Taubblinden,
denen noch weniger kommunikative Kanäle zur Verfü-
gung stehen, diese andere Möglichkeit .

Ich will Ihnen aber sagen: Wir haben eher das prak-
tisch alltägliche Problem, dass wir zurzeit in Deutschland
über keine auskömmliche Zahl an Gebärdensprachdol-
metschern verfügen . Das erleben wir selbst in der Bun-
deshauptstadt, wo sich die Gebärdensprachdolmetscher
konzentrieren . Es wird eine Frage der praktischen Um-
setzung sein, dass hoffentlich noch viele weitere Studien-
gänge beginnen, damit wir hinreichend Gebärdensprach-
dolmetscher haben . Ihre Vergütung wird aber immer
gleich sein .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818223400

Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage .


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818223500

Um das noch einmal festzuhalten: Wir haben nicht

genügend Gebärdensprachdolmetscher . Beim Lormen
sieht es besonders dramatisch aus, weil dies ein spät ent-
deckter Bereich ist . Sie sagten, die Vergütung ist gleich,
die Arbeitsbedingungen sind es auch . – Ich frage noch
einmal mit Blick auf die Gebärdensprachdolmetscher,
weil sich diese Form der Übersetzung trotz der geringen
Zahl etabliert hat: Bei den Arbeitsbedingungen und den
Vergütungen gibt es keinen Unterschied, egal ob Assis-
tenzleistungen oder Kommunikationsleistungen gemeint
sind? Das will ich nur noch einmal klargestellt haben .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818223600

Bitte, Frau Staatssekretärin .

G
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1818223700


Ihre Nachfrage, Herr Kollege Kurth, gibt mir Gele-
genheit zu einer ergänzenden Klarstellung . Sie wissen,
dass auf Bundesebene nicht Kostensätze pro Stunde
verhandelt werden, weil Sie als Sozialpolitiker lange im
Geschäft sind . Wir gehen aber davon aus, dass die bei-
den genannten Leistungen, obwohl sie unterschiedliche
Anspruchskerne haben, zu einer gleichen Entlohnung
führen müssen, sofern sie von Gleichqualifizierten wahr-
genommen werden .






(A) (C)



(B) (D)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818223800

Danke, Frau Staatssekretärin . – Wir sind damit am

Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums für
Arbeit und Soziales .

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft . Die
Fragen 22 und 23 des Kollegen Harald Ebner werden
schriftlich beantwortet .

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums der Verteidigung . Die Frage 24 der Kollegin
Katrin Kunert wird schriftlich beantwortet .

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend . Die
Fragen 25 und 26 der Kollegin Beate Walter-Rosenheimer
und die Frage 27 der Kollegin Dr . Franziska Brantner
werden schriftlich beantwortet .

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Gesundheit . Die Frage 28 des Kollegen Kai
Gehring wird ebenfalls schriftlich beantwortet .

Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur . Zur
Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische
Staatssekretär Enak Ferlemann zur Verfügung .

Die Fragen 29 und 30 des Kollegen Matthias Gastel,
die Fragen 31 und 32 des Kollegen Stephan Kühn, die
Fragen 33 und 34 des Kollegen Herbert Behrens und die
Fragen 35 und 36 des Kollegen Oliver Krischer werden
schriftlich beantwortet .

Ich rufe die Frage 37 des Kollegen Christian Kühn
auf:

Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung mittlerweile
ein Bauunternehmen, das den Interimsregierungsterminal des
BER (Flughafen Berlin Brandenburg) errichten wird, und falls
nicht, wie will die Bundesregierung eine rechtzeitige Fertig-
stellung sicherstellen?

Bitte, Herr Staatssekretär .

E
Enak Ferlemann (CDU):
Rede ID: ID1818223900


Danke, Frau Präsidentin . – Ich beantworte die Frage
wie folgt: Nach Kenntnis der Bundesregierung ist das
Vergabeverfahren der Flughafengesellschaft für eine
schlüsselfertige Errichtung dieses Abfertigungsgebäudes
nicht abgeschlossen .

Die Flughafengesellschaft ist verpflichtet, die Funkti-
on des Regierungsflughafens unterbrechungsfrei sicher-
zustellen .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818224000

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .

Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):

Danke, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung der
Frage . – Meine weitere Frage ist: Mit welchen Kosten
für den Interimsterminal rechnen Sie insgesamt, wenn
es zu weiteren Verzögerungen und Mehrkosten kommt,

wie setzen sie sich zusammen, und welchen Anteil davon
muss der Bund übernehmen?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818224100

Bitte .

E
Enak Ferlemann (CDU):
Rede ID: ID1818224200


Diese Frage kann ich Ihnen so nicht beantworten, weil
das dem Aufsichtsrat noch nicht vorgelegen hat .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818224300

Ich bitte, hier vorne die Bedingungen dafür zu schaf-

fen, dass wir die Antworten des Staatssekretärs verste-
hen, Kollege Gabriel . – Gut .

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .

Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):

Ist der Fertigstellungstermin, der jetzt bekannt ist, zu
halten, oder rechnen Sie mit weiteren zeitlichen Verzö-
gerungen?

E
Enak Ferlemann (CDU):
Rede ID: ID1818224400


Ich interpretiere Ihre Frage so, dass Sie jetzt den Re-
gierungsterminal meinen .

Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):

Ja .

E
Enak Ferlemann (CDU):
Rede ID: ID1818224500


Es gibt eine Interimslösung, die für eine Zeit von fünf
Jahren vorgesehen ist . Das ist nach unserer Kenntnis
nach derzeitigem Stand haltbar . Anschließend wird es zur
Nutzung des endgültigen Terminals kommen .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818224600

Wir kommen damit zur Frage 38 des Kollegen

Christian Kühn:
Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der jähr-


(Flughafen Berlin Brandenburg GmbH)

und den zusätzlichen Gesellschafterdarlehen anfällt, und kann
die FBB diesen nach Kenntnis der Bundesregierung allein tra-
gen?

Bitte, Herr Staatssekretär .

E
Enak Ferlemann (CDU):
Rede ID: ID1818224700


Sehr geehrter Herr Kollege, die Frage beantworte ich
Ihnen wie folgt: Angaben zu zukünftigen Zinsaufwen-
dungen der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH un-
terliegen den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der
Gesellschaft .






(A) (C)



(B) (D)


Die FBB ist nach erfolgtem Abschluss der Finanzie-
rungsvereinbarungen mit Gesellschaftern und Banken
nach eigenen Angaben und nach Maßgabe ihres der Fi-
nanzierung zugrundeliegenden Businessplans ausfinan-
ziert .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818224800

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .

Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):

Man konnte jetzt lesen, dass der Flughafengesellschaft
eine Art Blankoscheck für den Fall weiterer Kostenstei-
gerungen ausgestellt wird . Ist das der Fall? Hat der Bund
sozusagen eine Art Blankoscheck ausgestellt für den
Fall, dass es zu weiteren Kostensteigerungen kommt?

E
Enak Ferlemann (CDU):
Rede ID: ID1818224900


Blankoschecks kann auch die Bundesregierung nicht
ausstellen .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818225000

Sie haben jetzt das Wort zur zweiten Nachfrage .

Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):

Können Sie mir dann sagen, wie es in den Bericht-
erstattungen zu dem Begriff kommt, wonach auch der
Bund bereit ist, weiteres Geld nachzuschießen? Ich be-
ziehe mich auf den Artikel im Tagesspiegel.

E
Enak Ferlemann (CDU):
Rede ID: ID1818225100


Es steht viel in Artikeln . Blankoschecks gibt es nicht,
auch nicht von einer Bundesregierung . Als Eigentümer
sind wir natürlich gefordert, wenn Nachfinanzierungs-
bedarf besteht . Ob es dazu kommt, entzieht sich derzeit
meiner Kenntnis .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818225200

Danke, Herr Staatssekretär . – Wir sind damit am Ende

der Fragestunde .

Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde

auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE

Keine CETA-Ratifizierung ohne Beteiligung
von Bundestag und Bundesrat

Ich eröffne die Aussprache . Das Wort hat der Kollege
Klaus Ernst für die Fraktion Die Linke .


(Beifall bei der LINKEN)



Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818225300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Welche Geschichte hat das Handelsabkommen CETA,
das jetzt fertig auf dem Tisch liegt? Die Verhandlungen

liefen hinter dem Rücken der Menschen; nicht einmal
das Verhandlungsmandat war bekannt . Es wurden große
Vorteile für die Wirtschaften Europas beschrieben; diese
Behauptung hielt jedoch keiner wissenschaftlichen Be-
trachtung stand . Es wurden Falschbehauptungen in den
Raum gestellt, etwa dass nur Deutschland Widerstand
gegen TTIP und CETA leisten würde . Was ist mit Ös-
terreich, mit Belgien, mit Frankreich, mit Luxemburg?
Hierzulande wurden Kritiker diskreditiert . Herr Gabriel
sagte, die Deutschen seien „reich und hysterisch“, und
Herr Pfeiffer sprach von „Empörungsindustrie“ .


(Dr . Michael Fuchs [CDU/CSU]: Richtig! Hat er vollkommen recht!)


Rückblickend betrachtet kann man also sagen: Bei CETA
kann man weder der Europäischen Kommission noch der
Bundesregierung trauen;


(Beifall bei der LINKEN – Max Straubinger [CDU/CSU]: Ach geh! Erzählen Sie doch mal was Neues, Herr Ernst!)


die Bevölkerung tut das übrigens auch nicht . Die Han-
delspolitik der Europäischen Kommission erinnert mich
an die Fernsehserie Vorsicht Falle! mit dem Untertitel
„Nepper, Schlepper, Bauernfänger“ .


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Oh!)


Genau das ist es, was wir hier erleben .

Diese Politik soll nun fortgesetzt werden . Um CETA
gegen den Willen der Bevölkerung durchzusetzen, woll-
te die Kommission eine Abstimmung in den nationalen
Parlamenten verhindern . Jetzt rudert sie zurück . Welch
ein Schmierentheater! Die Kehrtwende erklärt sich am
besten anhand eines Zitats von Kommissionspräsident
Juncker . Dieses Zitat – ich habe es kaum glauben kön-
nen – lautet folgendermaßen:

Wir beschließen etwas, stellen das dann in den
Raum und warten einige Zeit ab, was passiert . Wenn
es dann kein großes Geschrei gibt und keine Auf-
stände, weil die meisten gar nicht begreifen, was
da beschlossen wurde, dann machen wir weiter –
Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt .

Dieses Zitat beschreibt wunderbar, wie die Kommission
bei diesen Handelsabkommen vorgeht . Diesmal war der
Aufschrei offensichtlich zu groß .

Die Methode hat sich aber nur scheinbar geändert .
Mit List und Tücke will man CETA weiter vorantreiben .
Zwar ist jetzt klar, dass die Zustimmung des Bundestages
und auch des Bundesrates notwendig ist . Wir hoffen, dass
es auch dabei bleibt; das war ja nicht immer so . Aber nun
geht es darum, dass der Rat und die Kommission Teile
von CETA schon vor der Abstimmung in den nationalen
Parlamenten vorläufig in Kraft setzen wollen.


(Zuruf von der LINKEN: Unglaublich!)


Das soll möglicherweise schon am 23 . September be-
schlossen werden . Welch ein Unfug! Wenn das gesamte
Abkommen durch die nationalen Parlamente abgesegnet

Parl. Staatssekretär Enak Ferlemann






(A) (C)



(B) (D)


werden muss, dann verbietet es sich von selbst, dass Teile
davon vorläufig in Kraft gesetzt werden.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das ist Logik, liebe Kolleginnen und Kollegen .

Es ist höchst wahrscheinlich, dass die Abkommen
mindestens an einem nationalen Parlament scheitern .
Deshalb macht die Politik der Europäischen Union nach
dem Motto „Bauernfänger“ natürlich Sinn . Man macht
eine ähnliche Politik und will Fakten schaffen, die kaum
mehr rückholbar sind . Im Übrigen ist vollkommen offen,
welche Teile des Abkommens EU-only, also nur auf eu-
ropäischer Ebene verantwortlich, sein sollen . Welche das
sind und welche es nicht sind, das ist völlig offen . Auch
eine Abstimmung im Europäischen Parlament reicht
nicht aus, entsprechende Teile des Abkommens in Kraft
zu setzen . Das Handelsabkommen ist eben kein normales
Abkommen . Es ist äußerst umstritten, und zwar inzwi-
schen in vielen Ländern Europas . Wenn man Europa stär-
ken will, muss man die Parlamente beteiligen und darf
sie nicht durch vorläufige Inkraftsetzung wieder außer
Kraft setzen .


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg . Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das würde bedeuten, dass man die Europäische Union
und die Zustimmung der Menschen zur Europäischen
Union weiter infrage stellt . Ich kann nur raten, das nicht
zu tun .

Wir wollen weder ein Sonderklagerecht für Konzerne
noch eine Aushöhlung des Vorsorgeprinzips . Wir wollen
keine Schwächung der Standards durch regulatorische
Kooperationen, keine Einschränkung der kommunalen
Selbstbestimmung und auch keine Öffnung für gentech-
nisch veränderte Organismen, weder vorläufig noch end-
gültig .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb fordere ich unseren Wirtschaftsminister auf,
die vorläufige Anwendung auch nur von Teilen des Ab-
kommens im Rat abzulehnen – auch nur von Teilen!
Wenn hinterher sowieso über das gesamte Abkommen
hier im Parlament und im Bundesrat abgestimmt werden
muss, macht eine vorläufige Anwendung überhaupt kei-
nen Sinn, wenn man nicht wieder die Parlamente aushe-
beln will . Hören Sie auf mit diesen Tricksereien!


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818225400

Das Wort hat der Kollege Dr . Michael Fuchs für die

CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1818225500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Diese Aktuelle Stunde hat den Titel „Keine CETA-Rati-

fizierung ohne Beteiligung von Bundestag und Bundes-
rat“ . Erstens . Der Bundestag wird in jedem Fall beteiligt .
Zweitens . Den Bundesrat werden wir nicht beteiligen .
Das ist Sache dieses Parlaments und nicht des Bundesra-
tes . Deswegen sehen wir das auch gar nicht ein .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Wirtschaftsleistung, die Beschäftigungslage und
der soziale Wohlstand Deutschlands hängen massiv vom
Außenhandel ab . Machen wir uns bitte nichts vor: Rund
40 Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts erwirtschaften
wir im Außenhandel . Ohne diese 40 Prozent – ich habe
das Gefühl, dass Ihnen, Herr Ernst, Arbeitsplätze nicht
wichtig sind –


(Widerspruch bei der LINKEN)


würden wir ein riesiges Problem bekommen; denn ge-
rade der Außenhandel trägt erheblich zu unserem Wohl-
stand bei .


(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Ja, ja!)


Nach Kanada exportieren wir Waren im Wert von
9,9 Milliarden Euro, und aus Kanada importieren wir
Waren im Wert von 4 Milliarden Euro . Das zeigt, wie
stark die deutsche Wirtschaft ist . Das funktioniert aber
nur mit vernünftigen Außenhandelsabkommen, sonst
eben nicht .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Jahrzehntelang hat sich in diesem Hohen Hause nie-
mand – Sie erst recht nicht – um Freihandelsabkommen
gekümmert . Das war Ihnen immer völlig egal . Ich bin ja
nun Außenhändler von Berufs wegen und mache das seit
Jahrzehnten . Ich habe an all den Runden teilgenommen .
Ich habe es überhaupt nicht erlebt, dass sich die Linke
mit diesen Sachen beschäftigt hat,


(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Wie bitte?)


schon gar nicht, als es um Korea gegangen ist . Wir ha-
ben 2005 mit den Verhandlungen über das Korea-Ab-
kommen begonnen . Rund fünf Jahre später war es fertig,
im Jahr 2011 . Kein Mensch hat sich darum gekümmert .
Es gab einen Einzigen, der bei mir war und gesagt hat:
Da müssen wir vorsichtig sein; das ist gefährlich . – Ich
will in diesem Hohen Hause keinen Namen nennen, aber
ich kann sagen, dass es ein Vertreter der Vereinigung der
Automobilindustrie war . Diese Vereinigung hatte Angst,
dass zu viele koreanische Autos nach Deutschland im-
portiert werden . Es kann sein, dass ein paar mehr impor-
tiert wurden . Diese Hyundais und Daewoos haben aber
französische und italienische Autos verdrängt . Unsere
Industrie hat von dem Abkommen erheblich profitiert:
55 Prozent Zuwachs an Exporten nach Korea . Das ist
die Folge dieses Abkommens. Davon profitiert nicht nur
unsere Industrie . Dadurch werden auch Arbeitsplätze ge-
sichert, und genau das wollen wir mit diesen Abkommen
erreichen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Den Linken und den Grünen ist anscheinend völlig
unbekannt, dass wir über 200 aktive Freihandelsabkom-
men in der WTO haben . Allein die EU hat bereits 35 Ab-
kommen abgeschlossen, seitdem wir dieses Mandat an

Klaus Ernst






(A) (C)



(B) (D)


die EU übertragen haben, was jetzt ja zum Teil wieder
zurückgenommen werden soll; daran mache ich einmal
ein Fragezeichen . Dann haben wir auch noch 130 Inves-
titionsschutzabkommen abgeschlossen . – Oh Grauen!
Nichts funktioniert! – Oh Wunder, natürlich funktioniert
es . Es funktioniert bestens, Herr Ernst . Sie haben das nur
nicht gemerkt .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Lassen Sie mich kurz noch einiges zu dem CETA-Ab-
kommen sagen . Wenn Sie behaupten, das sei nicht
transparent, dann sind Sie des Lesens englischer Texte
anscheinend nicht mächtig . Seit Herbst 2014 gibt es ein
fertig ausgehandeltes Abkommen in englischer Spra-
che, das zu 100 Prozent vorliegt . Das sogenannte Legal
Scrubbing, die rechtsförmliche Bereinigung, ist seit April
dieses Jahres fertig und liegt vor . Die deutsche Variante –
dann wird es für Sie deutlicher und einfacher – wird Ende
dieses Monats vorliegen .


(Zurufe von der LINKEN)


Wer jetzt behauptet, das sei nicht transparent, der erzählt
schlicht Märchen . Das ist das, was Sie die ganze Zeit bei
den Freihandelsabkommen machen, und das ärgert mich .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wer dann behauptet, das Recht beider Vertragssei-
ten, eigene Regulierungen zum Schutz von öffentlicher
Sicherheit, Umwelt etc . zu treffen, würde verändert, der
bleibt wirklich außerhalb der Wahrheit; denn das bleibt
völlig unangerührt . Gar nichts wird da verändert . Auch
das ist Ihnen bekannt . Sie sind schlau genug, um all das
zu wissen, Herr Ernst . Ich ärgere mich darüber, dass Sie
so tun, als wäre das nicht wahr .


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das war ja ein Kompliment! Das erste von Ihnen!)


Lassen Sie mich zum Abschluss noch einige Sätze
dazu sagen, warum diese Abkommen so wichtig sind . Sie
sind wichtig, weil wir dadurch Klarheit haben und Stan-
dards gegenseitig anerkennen . Wenn Sie Zweifel an den
Umweltstandards haben, dann schlage ich vor, dass Sie
einmal bei VW anrufen; denn die amerikanischen Um-
weltstandards sind die kanadischen Umweltstandards,
und die sind in der Automobilindustrie wesentlich deut-
licher und schärfer als in Deutschland und in Europa . Ich
empfehle also ein Telefongespräch mit Ihren Gewerk-
schaftskollegen bei VW . Die werden Sie darüber aufklä-
ren . Ich denke, das wird Ihnen vielleicht ein Stück weit
erläutern, wie wichtig solche Abkommen für uns sind .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg . Dagmar Ziegler [SPD] – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kriegen Sie aber Ärger mit dem Verkehrsminister!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818225600

Die Kollegin Katharina Dröge hat für die Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen das Wort .


Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818225700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Tatsächlich haben wir seit gestern Klarheit da-
rüber, dass der Deutsche Bundestag über CETA entschei-
den wird .


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Wir haben ein Parlamentsbeteiligungsgesetz!)


Ich hatte bis zu der Rede von Herrn Kollegen Fuchs ge-
dacht, dass wir auch Klarheit darüber haben, dass der
Bundesrat darüber entscheiden wird . Das haben Sie jetzt
infrage gestellt . Vielleicht können Sie, Herr Minister
Gabriel, zu dieser Frage in der Debatte noch etwas sagen;
denn es ist natürlich eine wichtige Frage, ob unsere Län-
derkammer beteiligt wird oder ob es Bestrebungen der
Unionsfraktion gibt, die Länderkammer bei der Beratung
außen vor zu halten .


(Zuruf von der CDU/CSU: Das muss doch die Länderkammer entscheiden!)


Ich muss schon sagen, dass es eine eigentümliche Si-
tuation ist, dass wir jetzt, zwei Jahre nachdem die Ver-
handlungen über CETA abgeschlossen sind, überhaupt
eine Aktuelle Stunde darüber durchführen müssen, dass
wir jetzt wissen, wer über CETA abstimmen darf .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr . Michael Fuchs [CDU/CSU]: Sie wissen es doch!)


Die Debatte darüber hat uns in den letzten Monaten in
der Europäischen Union nicht wirklich geholfen . Ich bin
sehr froh, dass Herr Juncker seine Ankündigung der letz-
ten Woche nicht wahr gemacht hat, dieses so wichtige
Abkommen ohne Beteiligung des Deutschen Bundesta-
ges durchdrücken zu wollen .

Ich sage Ihnen ganz klar: Es geht dabei nicht um die
Frage, ob nicht auch das Europäische Parlament ein de-
mokratisch richtiger und legitimer Ort ist, um über sol-
che Abkommen abzustimmen . Es geht darum, dass es
in der EU Spielregeln gibt, auf die wir uns verständigt
haben . Diese Spielregeln kann man nicht einfach dann
umgehen, wenn sie einem nicht passen . Man kann sie
nicht einfach dann umgehen, wenn man Angst davor hat,
dass solch ein Abkommen in den nationalen Parlamenten
scheitert .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie der Abg . Dr . Birgit Malecha-Nissen [SPD])


Man kann nicht auf einmal sagen: Ein Abkommen, das
ganz klar ein gemischtes Abkommen ist, deklariere ich
jetzt einfach als EU-only-Abkommen, weil ich Angst vor
den Beratungen in den nationalen Parlamenten habe . –
Diese Art von Verfahrenstricks verstehen die Menschen
nicht .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Auf dieselbe Art und Weise – da muss ich Ihnen ganz
explizit widersprechen, Herr Fuchs – werden CETA und
auch TTIP behandelt . Die Geheimhaltung dieser Abkom-

Dr. Michael Fuchs






(A) (C)



(B) (D)


men und auch die Geheimhaltung des Mandates haben
nicht allein die Europäische Kommission zu verantwor-
ten, sondern auch Sie als Bundesregierung . Diese Ge-
heimhaltung ist auf derselben Ebene .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Es ist ziemlich billig von Ihnen, Herr Fuchs, sich hierhin-
zustellen und zu sagen, dass dieses Abkommen vor zwei
Jahren veröffentlicht wurde und damit total transparent
sei . Damit sagen Sie, dass das Abkommen dann veröf-
fentlicht werden muss, wenn es fertig ist . Genau das ist
das Problem an diesen Abkommen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie der Abg . Dr . Birgit Malecha-Nissen [SPD])


Im gesamten Verhandlungsprozess wird niemand an
den Verhandlungen beteiligt; niemand kann wissen, was
verhandelt wird . Wenn ein Abkommen fertig ist – das ha-
ben wir über die letzten zwei Jahre erlebt –, stellt sich
die Bundesregierung hin und sagt: Ich kann daran nichts
mehr ändern . Das Abkommen ist ausverhandelt . Das ist
mit den Vertragspartnern so vereinbart worden . – Es ist
ein Riesenärger und ein Riesengezerre, zumindest noch
Kleinigkeiten in diesem Abkommen zu verändern . An ei-
ner einzigen Stelle haben wir es geschafft, Nachverhand-
lungen durchzusetzen . In allen anderen Bereichen haben
wir es nicht mehr geschafft, über dieses Abkommen zu
reden . Das ist genau der Grund dafür, warum wir trans-
parente und offene Verhandlungen brauchen .

Ich sage Ihnen, Herr Fuchs: Gerade in der Zeit, in der
wir uns aktuell in Europa befinden, in der Rechtspopulis-
ten in sehr vielen europäischen Ländern Verschwörungs-
theorien und auch Unfug auf die Europäische Union
projizieren, sollten wir nicht durch Verfahrenstricks und
Hinterzimmerpolitik eine reale Angriffsfläche bieten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie der Abg . Dr . Birgit Malecha-Nissen [SPD])


Gerade in dieser Zeit ist es aus meiner Sicht notwendig,
dass wir eine demokratische Politik machen, dass wir
transparente und klare Regeln haben und sie auch ein-
halten .

Wenn Sie CETA durchsetzen wollen, Herr Fuchs,
dann müssen Sie auch etwas zu der Kritik an diesem Ver-
tragstext sagen, dann können Sie nicht allgemeine blumi-
ge Sonntagsreden darüber halten, dass Sie Außenhändler
sind, weswegen der Außenhandel ganz grundsätzlich su-
per ist,


(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


sondern dann müssen Sie sich mit diesem Vertragstext in
der Sache auseinandersetzen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich möchte Ihnen nur drei Beispiele dafür nennen, wa-
rum dieser Vertragstext abgelehnt werden muss .

Das erste Beispiel sind die Schiedsgerichte, die unse-
re etablierten rechtsstaatlichen Prinzipien infrage stellen
und massiven Druck auf eine fortschrittliche Umwelt-
und Sozialgesetzgebung ausüben werden . Sie haben hier
ein bisschen nachverhandeln können, aber trotzdem sind
es die Schiedsgerichte im alten Gewand . Ich habe in Ih-
rer Rede kein einziges Argument dazu gehört, warum Sie
diese Schiedsgerichte für richtig und unproblematisch
halten


(Peter Beyer [CDU/CSU]: Schon tausendmal erzählt!)


und warum die fachliche Kritik, die wir jetzt seit zwei
Jahren im Deutschen Bundestag daran formulieren, nicht
zutreffend ist .


(Dr . Michael Fuchs [CDU/CSU]: Da müssen Sie häufiger im Bundestag sein und zuhören! – Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Sagen Sie doch mal was!)


Zu diesem Punkt kam kein einziges Argument von Ihnen .


(Zuruf von der CDU/CSU: Unsinn!)


Das zweite Beispiel ist das Thema Vorsorgeprinzip,
der Grundpfeiler unseres europäischen Verbraucher-
schutzes . Es steht nicht im Vertrag .


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Doch! Lesen! Steht drin! Gibt es demnächst auch auf Deutsch!)


Mehrere Experten haben schon bescheinigt, dass mit
CETA die Gefahr einer deutlichen Schwächung des eu-
ropäischen Vorsorgeprinzips gegeben ist . Sie haben diese
Gutachten vielleicht nicht gelesen . Wir haben uns inten-
siv damit auseinandergesetzt . Von Ihnen kam kein einzi-
ges Argument in dieser Sache .


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nein, nein! Lesen Sie es einmal!)


– Sie sind eingeladen, hier gleich noch zu reden, um die-
ses Argument zu widerlegen . – Wir haben von der SPD
und von der CDU/CSU noch nie etwas zum europäischen
Vorsorgeprinzip in der Sache gehört . Es wäre jetzt end-
lich an der Zeit, sich diesen Fachargumenten zu stellen,
wenn Sie irgendwie überzeugend darlegen wollen, wa-
rum Sie diesem Abkommen zustimmen .

Das dritte und letzte Beispiel ist die Beeinträchtigung
der Handlungsfähigkeit der Kommunen . Auch dazu gibt
es Gutachten . Es gibt Kritik daran, dass mit Negativlisten
und unklaren Rechtsbegriffen, die die Handlungsfähig-
keit der Kommunen einschränken, gearbeitet wird . Auch
dazu, warum das unproblematisch sein soll, gibt es von
Ihnen in keiner Debatte im Deutschen Bundestag auch
nur eine einzige konkrete Begründung .

Meine Botschaft an Sie ist daher: Jetzt ist endlich
Schluss mit dieser Hinterzimmerpolitik, mit dem Ver-
schieben von Argumenten, mit dem „Wir warten noch;
wir müssen den Vertragstext erst bekommen“ .


(Zuruf von der CDU/CSU: Schluss mit Ihrer Redezeit!)


Katharina Dröge






(A) (C)



(B) (D)


Sie sind jetzt gefordert, ein Argument dafür zu liefern,
warum es in der Sache vernünftig sein sollte, dass Sie
dieses Abkommen durchdrücken wollen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Dr . Michael Fuchs [CDU/CSU]: Nennen Sie einmal ein Argument, warum das nicht gut ist!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818225800

Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär Uwe

Beckmeyer .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1818225900


Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Frau Dröge, lieber Herr Ernst, das, was Sie hier
betreiben, ist Desinformation .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Hier wird kein Parlament ausgehebelt . Das Parlament
redet mit bei CETA – das war Ihre Forderung, und das
war auch unsere Forderung, die der Sozialdemokraten in
Deutschland und in Europa . Wir haben uns immer dafür
eingesetzt, dass das Parlament, der Deutsche Bundestag,
und der Bundesrat darüber beraten und beschließen, und
jetzt passiert es .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ihre Aufregung über das, was Sie hier als „Hinterzim-
merpolitik“ beschreiben, ist absolut unsinnig .


(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber es scheint getroffen zu haben, wenn Sie sich so aufregen! – Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben offensichtlich nullkommanull zugehört, Herr Beckmeyer!)


Sie desinformieren die Leute im Lande in einer Art und
Weise, dass das Selbstverständnis dieses Parlamentes da-
runter leidet .

Der Bundesrat – das war Ihr Vorwurf an den Kollegen,
liebe Frau Dröge – hat ein eigenes Selbstverständnis . Er
wird sich zu Worte melden und ebenfalls darüber beraten
und beschließen . Glauben Sie mir das . Wenn Sie einmal
im Bundesrat gesessen haben,


(Dr . Michael Fuchs [CDU/CSU]: Besser nicht!)


dann wissen Sie, mit welchem Selbstverständnis die Da-
men und Herren aus den Bundesländern dort arbeiten .
Dazu brauchen sie keinen Hinweis von Ihnen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zur Geheimhaltung . Ich habe bisher nichts von Ge-
heimhaltung gespürt . Die Punkte, die Sie beispielhaft
vorgetragen haben, sind in den letzten Wochen und Mo-
naten nachverhandelt worden . Gott sei Dank hat es einen
Regierungswechsel in Kanada gegeben, der dazu beige-

tragen hat, dass die Signale der Sozialdemokratie aus Eu-
ropa aufgenommen worden sind .

Zum Thema Vorsorgeprinzip . Ich sage es Ihnen ganz
deutlich: Es gilt . Daran wird gar nichts verändert . Das
Vorsorgeprinzip in Deutschland und in Europa gilt . Glau-
ben Sie mir das . Wenn Sie mir das nicht glauben, dann
sollten Sie sich daran orientieren, was von der Fachwelt
aktuell dazu geschrieben wird .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Zu den Investitionsgerichten . Wir sind weg von priva-
ten Gerichten . Wir haben nachverhandelt und sie abge-
schafft . Das ganze Thema ist inzwischen erledigt . Wenn
Sie der Bevölkerung immer wieder die alten Kamellen,
die Sie sich irgendwann zurechtgelegt haben, präsentie-
ren, wird das langsam langweilig und dröge .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Lachen der Abg . Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Ab-
kommen ist ein gutes Abkommen . Es geht darum, in der
Weltwirtschaft gemeinsame Spielregeln zu schaffen . Ge-
meinsame Spielregeln sind nämlich besser als gar kei-
ne Regeln . Wenn wir kein Abkommen haben, haben wir
keine Regeln .


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Doch!)


Dann wird die Situation schlechter sein als die, die wir
erreichen könnten . Ich denke, wir wollen die wirtschaft-
liche Globalisierung in der Welt politisch mitgestalten .
Wer diesen Anspruch aufgibt, der sollte überlegen, sich
aus diesem Parlament zu verabschieden .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das entscheiden aber nicht Sie!)


Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sagen
„Freihandel“, aber wir wollen dafür fortschrittliche Re-
geln . Ich denke, die letzten Monate haben deutlich ge-
zeigt, dass wir uns bei dem CETA-Abkommen auch in
schwierigen Zeiten durchsetzen können . Dies ist eine
beachtliche Leistung, die in den letzten Monaten auch
durch Druck aus Deutschland zustande gekommen ist .
Die Initiativen, die von Sigmar Gabriel und anderen So-
zialdemokraten in Europa gestartet worden sind, waren
zielführend und haben dazu beigetragen, dass diese ge-
meinsamen historischen Ziele, die wir in Europa haben,
angestrebt werden und dass sich die Prinzipien von De-
mokratie und Rechtsstaatlichkeit, von Freiheit, von so-
zialer Marktwirtschaft, von Respekt vor Individuen in
diesem Vertragstext wiederfinden.

Ich glaube, dass uns die nächste Generation dafür
dankbar sein wird, dass wir mit CETA eine solche Ori-
entierung hinbekommen haben . Ob uns das mit TTIP ge-
lingt, weiß ich nicht . Aber wir werden es erleben, wenn
wir uns mit diesem Thema auseinandersetzen werden .

Katharina Dröge






(A) (C)



(B) (D)


Wir wollen – auf diesen Punkt komme ich zurück –
die Globalisierung gestalten . Unsere zentralen Anliegen
sind: Menschenrechte anerkennen, sozial-ökologische
Standards verankern, Europäerinnen und Europäern
Zugang zum Jobmarkt in Kanada zu verschaffen und
umgekehrt . Wir machen Schluss mit privaten Schieds-
gerichten . Wir geben ein, denke ich, richtiges Signal in
die Welt, was wir aus europäischer Sicht unter neuen und
modernen Handelsabkommen verstehen .

Die Themen, die in diesem Handelsabkommen veran-
kert sind, wie Gestaltung der Globalisierung, Investiti-
onsschutz, aber auch die ILO-Kernarbeitsnormen, wer-
den beachtet . Tun wir doch bitte nicht so und weisen mit
dem Finger auf die angeblich so dummen Kanadier, dass
die die Ratifizierung der ILO-Kernarbeitsnormen nicht
auf die Reihe bekommen . Der Mindestlohn gilt dort,
glaube ich, seit 100 Jahren .


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Wenn das die alleinige Errungenschaft ist!)


Daran möchte ich nur einmal erinnern . Die Kanadier
sind in diesem Punkt schon viel weiter, als wir es noch
bis vor ein paar Jahren waren . Als die deutschen Indus-
triegewerkschaften noch darüber gestritten haben, ob sie
den Mindestlohn haben wollten, hatten die Kanadier ihn
schon .

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte
an dieser Stelle auch hinzufügen: Wir haben bei der Wirt-
schaft gute Entwicklungen erreicht . Wir haben bei dem
Thema Zolllinien gute Ergebnisse erzielt . Wir kommen
dazu, dass wir im Bereich der Exporte pro Jahr eine halbe
Milliarde Euro einsparen können . Wir werden bei dem
Thema Staatsunternehmen Regelungen bekommen und
bei öffentlichen Aufträgen Zugang zu ungefähr 100 Mil-
liarden kanadische Dollar Auftragsvolumen bekommen .
Diese Chancen sollten wir nicht ausschlagen . Umgekehrt
gilt das allerdings auch . Dabei wahren wir aber unsere
individuellen und auch gesellschaftlichen Rechte . „Right
to regulate“ gilt, aber für beide Seiten . Das, denke ich,
müssen wir akzeptieren . Die Kanadier sind Demokraten,
wir sind Demokraten . Daran sollten wir uns orientieren .

Die Errungenschaften der Daseinsvorsorge, die wir
hochhalten, werden in keiner Weise beeinträchtigt . Das
ist eine Mär . Mit dieser Mär sollten wir endlich einmal
Schluss machen . Sie sollten nicht immer diese falschen
Behauptungen wie Fackeln vor sich hertragen und mit
Desinformationen arbeiten . Machen Sie endlich Schluss
mit solchen orientierungslosen Politikinhalten! Diese
helfen uns nicht weiter . Die Menschen wollen Orientie-
rung und Klarheit . Aber was Sie mit manchen Redebei-
trägen, aber auch mit manchen Veröffentlichungen errei-
chen, ist genau das Gegenteil . Es tut mir leid, Ihnen das
ins Stammbuch schreiben zu müssen .

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818226000

Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der nächste Redner ist für die CDU/CSU-Fraktion
Dr . Joachim Pfeiffer .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1818226100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Heute ist es eine Aktuelle Stunde; sonst sind es reguläre
Debatten, und auch in jeder Ausschusssitzung wird das
Thema seit Jahren diskutiert .


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Sonst hättet ihr es nicht gemerkt! – Weiterer Zuruf von der LINKEN: Zum Glück! – Dr . Michael Fuchs [CDU/CSU]: Und die lernen nichts!)


Worum geht es? Kollege Beckmeyer, Michael Fuchs
und andere Redner haben es gerade angesprochen . Es
geht um das bisher modernste Handels- und Investitions-
schutzabkommen, das es weltweit gibt, zwischen der Eu-
ropäischen Union und Kanada als einen ersten Schritt hin
zu einem transatlantischen Binnenmarkt, dem nach unse-
rem gemeinsamen Wunsch auch die USA folgen sollen
und werden – wir haben hier im Deutschen Bundestag
ein entsprechendes Verhandlungsmandat erteilt –, und
das die Globalisierung gestaltet . Das ist unser Wunsch;
das ist unser Ziel . Wenn wir das nicht tun, bleibt es nicht
ungeregelt: Dann werden es andere tun .

Wir haben die historische Chance, die Globalisierung
zu gestalten und Regeln zu finden, die Vorbildcharakter
haben und später für andere Abkommen mit China, mit
ASEAN-Staaten oder vielleicht sogar, was hoffentlich
immer noch unser gemeinsames Ziel ist, statt bilatera-
len Abkommen multilaterale Abkommen im Rahmen der
WTO zu erreichen . Ich hoffe, dass wir uns in dieser Fra-
ge einig sind .

Deshalb finde ich es, ehrlich gesagt, schade, dass wir
auch heute – Kollege Beckmeyer hat es schon angespro-
chen – wenig über inhaltliche Fragen sprechen, sondern
nur über Verfahrensfragen, und dass reflexhaft Dinge wie
Paralleljustiz, Geheimhaltung, Verschwörungstheorien
und Hinterzimmer aufgenommen werden . Das ist der
Popanz, den Sie hier aufzubauen versuchen . Sie sagen,
dass eine demokratische Legitimation dessen, was hier
erarbeitet wurde, fehlt, verweigert wird oder was auch
immer .


(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie einmal was zu den Inhalten!)


Ich glaube, ehrlich gesagt, dass Sie mit dem, was Sie,
insbesondere die Opposition, tun, der Demokratie in Eu-
ropa einen Bärendienst erweisen .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Sie liefern nämlich diese Fragen dem politischen Popu-
lismus und den Geschäftsmodellen der Empörungsindus-

Parl. Staatssekretär Uwe Beckmeyer






(A) (C)



(B) (D)


trie von Campact, Foodwatch und wie sie alle heißen aus
und beteiligen sich auch noch daran .


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Und vom Städtetag!)


Wir haben eine Arbeitsteilung .


(Dr . Michael Fuchs [CDU/CSU]: Wir machen die Arbeit!)


In Handelsfragen gab es schon einmal zersplitterte Staa-
ten in Deutschland . Dann wurden der Deutsche Zoll-
verein und das Deutsche Reich gegründet, und es wur-
de beschlossen, die Handelsfragen gemeinsam zu lösen
statt jeder für sich in Württemberg, Bayern und wie auch
immer die einzelnen Staaten früher hießen . Wir haben
dann einen Rechtsstaat mit einer föderalen Arbeitsteilung
bekommen: Die Kommunen haben die Zuständigkeit für
die örtlichen Belange . Die Länder haben die Zuständig-
keit für Bildung, und der Bund hat die Zuständigkeiten,
über die wir hier diskutieren .

Im Zuge der europäischen Integration haben wir
gesagt: Wir wollen bestimmte Bereiche an Europa
übertragen, und zwar die Landwirtschaft, im Wettbe-
werbsbereich Stahl und Kohle – schon früh – und auch
Klimafragen . Für die Europäische Union verhandelt
nicht Deutschland, sondern der EU-Kommissar bzw . die
EU-Kommissarin . So haben wir uns entschlossen, dies
auch in Handelsfragen zu machen . Dem Vertrag von Lis-
sabon – insofern sind die Linken halbwegs konsequent –
haben Sie nicht zugestimmt .


(Zuruf von der LINKEN: Ja, genau! – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Wir haben den richtigen Riecher gehabt, was Sie da machen!)


Aber 92 Prozent der Grünen haben dem Vertrag von
Lissabon zugestimmt . In den Artikeln 207 und 216 des
Vertrags von Lissabon sind genau diese Fragen geregelt .

Wenn wir sagen: „Es gibt Dinge, die wir an Europa
übertragen wollen“, und der Europäischen Union ein
Mandat erteilen,


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sieht die Bundesregierung aber anders!)


dann ist die Frage, wie wir damit umgehen . Was Sie jetzt
machen, ist das Gegenteil dessen . Schön, dass Sie da
sind, Herr Trittin . Ich habe mir nämlich die Mühe ge-
macht, nachzulesen, wer damals was zum Lissabon-Ver-
trag gesagt hat . Jürgen Trittin hat in der zweiten Lesung
zum Lissabon-Vertrag am 24 . April 2008 Folgendes ge-
sagt, dem ich eigentlich nichts hinzufügen kann:

Wenn wir die Europaskepsis überwinden wollen,
müssen wir mit dieser Politik, europäisch zu reden
und national zu blockieren, aufhören .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Genau!)


Damit haben Sie vollkommen recht .

Deshalb kann ich nur hoffen, dass wir in diesen zen-
tralen europäischen Fragen zu der Aufgabenverteilung,
die wir gemeinsam vorgenommen haben, stehen und uns
nicht in die Büsche schlagen und mit vermeintlich klei-
ner politischer Münze, die wir national daraus ziehen zu
können meinen, dem billigen Populismus anheimgeben .
Wo das endet, das haben wir vor zwei Wochen in Groß-
britannien gesehen .


(Dagmar Ziegler [SPD]: Andersherum!)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818226200

Enden müssen Sie auch .


Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1818226300

Sie werden sehen, dass Sie das, was Sie hier sehen, im

Ergebnis nicht ernten wollen . Insofern kann ich nur alle
auffordern, diese Dinge in diesem Haus mit Maß und Ziel
in dem weiteren Verfahren, das wir haben, zu behandeln .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818226400

Vielen Dank, Herr Pfeiffer . – Nächster Redner für die

Linke: Alexander Ulrich .


(Beifall bei der LINKEN)



Alexander Ulrich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818226500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Pfeiffer, Sie haben es richtig beendet: Was sind die
Schlussfolgerungen aus dem Brexit in Großbritannien?
Ich glaube, wenn es einer Schlussfolgerung bedarf, dann
jener, dass dieses unsoziale und antidemokratische Euro-
pa endlich beendet werden muss, deshalb müssen auch
TTIP und CETA gestoppt werden .


(Dr . Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: So rechtsradikal habt ihr in diesem Haus auch geredet!)


Man hat ja wirklich den Eindruck, dass Herr Juncker den
Schuss des Brexit nicht gehört hat . Wer nur wenige Tage
nach dieser Entscheidung zum europäischen Rat geht und
dort verkündet, das würde ein EU-only-Abkommen, der
ist als EU-Kommissionspräsident völlig fehl am Platz .


(Beifall bei der LINKEN)


Ein Neustart Europas ist mit Juncker nicht möglich .

Was wir auch sagen können, ist: Die „Stop TTIP und
CETA“-Kampagne hat gestern einen ersten großen Er-
folg erzielt . Deshalb kann man nur die vielen, vielen
Proteste beglückwünschen – 3,5 Millionen, die sich an
der europäischen Bürgerinitiative beteiligt haben . Es ist
ein erster großer Erfolg, dass die Nationalparlamente nun
mitbestimmen können . Das ist ein großer Erfolg auf dem
Weg, TTIP und CETA zu Fall zu bringen . Herzlichen
Glückwunsch an die außerparlamentarische Bewegung!


(Beifall bei der LINKEN – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das ist die Auffassung der Bundesregierung! – Max Straubinger [CDU/ Dr. Joachim Pfeiffer CSU]: Das ist der Hintergrund für die Beteiligung! Ach so!)





(A) (C)


(B) (D)


Herr Pfeiffer, wenn Sie hier abwertend sagen, was
diese Menschen für Sorgen haben – das tun Sie ja in je-
der Rede –, dann sollten Sie sich auch einmal mit die-
sen Argumenten beschäftigen . Warum gehen denn diese
Menschen auf die Straße? Weil sie Angst haben, dass
unter dem Deckmantel freien Handels und scheinbarer
Arbeitsplätze Arbeitnehmerrechte abgebaut werden, Ver-
braucherschutzstandards abgesenkt werden und die De-
mokratie gefährdet wird . Dies alles treibt die Menschen
um . Und ich bin beschämt, dass hier Parlamentarier sit-
zen, denen es offensichtlich egal ist, was mit der Demo-
kratie passiert . Solche Leute wie Sie, Herr Pfeiffer, und
andere sind die Sargnägel dieser Europäischen Union
und der Menschen in diesem Land .


(Beifall bei der LINKEN – Max Straubinger [CDU/CSU]: Das merkt man an Ihrer Rede!)


Aber auch wenn wir einen Zwischenerfolg haben, ist
der nächste Schritt schon wieder geplant; denn natürlich
ist schon das Nächste vorbereitet: dass man dieses Ab-
kommen vorläufig anwenden will. Auch dazu sagen wir
klipp und klar: Das lehnen wir als Linke ab . Herr Gabriel,
Sie haben auch eine Stimme im Ministerrat . Wir erwarten
von Ihnen, dass Sie im Ministerrat deutlich sagen: Es gibt
keine vorläufige Anwendung, ohne dass dies die Natio-
nalparlamente ratifiziert haben.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir brauchen keine Einschränkungen in diesen Berei-
chen, deshalb muss die vorläufige Anwendung gestoppt
werden .

Ich glaube, Herr Gabriel, Sie haben jetzt auch ein
Stück weit eine Verantwortung . Sie haben letzte Woche
großartig gesagt, Sie wollen die progressiven Kräfte Eu-
ropas wecken .


(Sigmar Gabriel, Bundesminister: Da gehören Sie aber nicht zu!)


Wer die progressiven Kräfte Europas wecken will, darf
TTIP und CETA nicht die Tür öffnen .


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Hier geht es um politische Kampagnen und nicht um gute Lebensmöglichkeiten für die Arbeitnehmer!)


Wer die progressiven Kräfte Europas tatsächlich ver-
einen will, muss Nein sagen zu TTIP und CETA, muss
sofort die Verhandlungen stoppen und möglicherweise
die Handelsabkommen fairer verhandeln als das, was in
den Verträgen steht .


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Beckmeyer, ich weiß nicht, ob Sie nicht auch ein
wenig beschämt über Ihre Worte sind, als Sie vorhin zu
dem, was Abgeordnete der Grünen oder der Linken ge-
sagt haben, sagten: Wer solche Argumente liefert, gehört
nicht in dieses Haus .


(Dagmar Ziegler [SPD]: Das hat er nicht gesagt! Er hat gesagt: Der solle sich überlegen, ob er gehen soll!)


– Man kann es so verstehen . Er hat es so ausgedrückt . Sie
können sich die Rede noch einmal durchlesen . – Ich will
es noch einmal sagen: Ich glaube, es ist unsere Aufgabe,
deutlich den Finger zu erheben, wenn durch die privaten
Schiedsgerichte oder durch die Neufassung dessen, wie
es jetzt ist, eine Paralleljustiz eingeführt wird, die es in
Zukunft verhindert, dass sozialer Fortschritt oder Fort-
schritt im Verbraucherschutz noch möglich ist, ohne dass
man verklagt wird .

Es ist unsere Aufgabe im Parlament, den Finger zu he-
ben . Deshalb gehören Sie vielleicht nicht in dieses Parla-
ment, wenn Sie eine andere Auffassung haben .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Können wir uns darauf verständigen, dass die Wähler entscheiden, wer im Parlament ist? Ja, nicht?)


– Die Wähler haben es entschieden .


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wie in Großbritannien, super!)


Es wäre schön, wenn die Wählerinnen und Wähler in
Deutschland über solche Verträge abstimmen könnten .


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich bin mir sicher: Hätten wir eine Volksabstimmung
über TTIP und CETA, dann hätten wir das Thema schnell
beendet . Aber Sie haben Angst davor, die Wählerinnen
und Wähler zu fragen . Wir glauben, dass gerade TTIP
und CETA ein Beweis dafür sind, warum wir Volksab-
stimmungen über solche Verträge brauchen . Dann wären
TTIP und CETA schnell erledigt .


(Beifall bei der LINKEN)


Ich komme zum Schluss . Die „Stop TTIP und
CETA“-Bewegung hat einen Zwischenerfolg zu ver-
zeichnen, der nicht geringzuschätzen ist . Wir haben nun
durch die Grünen und ihre Beteiligungen an Landesregie-
rungen im Bundesrat die Chance, das Thema in Deutsch-
land zu beenden . Wir rufen alle auf – auch in den anderen
Staaten –, nun die Chancen zu nutzen . Aber wir müssen
den Druck erhöhen, um die vorläufige Anwendung zu
verhindern . Wir müssen weiterhin deutlich machen, wa-
rum wir gegen diese Verträge sind . Am 17 . September
gibt es wieder Großdemonstrationen in sieben deutschen
Städten . Wir rufen dazu auf, sich daran zu beteiligen, da-
mit Herr Gabriel zwei Tage später auf der Konferenz der
SPD, die am 19. September stattfinden soll, sagen kann:
Jawohl, wir haben verstanden . – Der Druck muss weiter
erhöht werden .

Vielen Dank .


(Beifall bei der LINKEN)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818226600

Vielen Dank, Alexander Ulrich . – Nächster Redner in

der Debatte: Bernd Westphal für die SPD .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Alexander Ulrich






(A) (C)



(B) (D)



Bernd Westphal (SPD):
Rede ID: ID1818226700


Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Seit gestern ist klar: Die EU-Kommission be-
wertet in ihrem Beschlussvorschlag das CETA-Abkom-
men aus politischen Motiven als gemischtes Abkommen .
Kommissarin Malmström bleibt aber bei ihrer juristi-
schen Bewertung, dass CETA anders einzustufen sei . Wir
begrüßen die Entscheidung sehr, dass es sich um ein ge-
mischtes Abkommen handelt . Herr Kollege Ulrich, wenn
Sie das demokratisch gewählte Europaparlament als un-
demokratisch diffamieren, dann ist das keine vernünftige
Europapolitik .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Das Abkommen tritt nur in Kraft, wenn das Parlament zu-
stimmt . Das ist eine ganz normale demokratische Übung .

Im Übrigen haben wir immer dafür plädiert, dass es
sich um ein gemischtes Abkommen handelt . Der Ju-
ristische Dienst des Rates hat sich dieser Betrachtung
angeschlossen . Die Bewertung von EU-Kommissions-
präsident Jean-Claude Juncker war sicherlich in eini-
gen Phasen nicht hilfreich . Aber der politische Druck
der Bundesregierung und insbesondere unseres Wirt-
schaftsministers sowie einiger Parlamentarier und unse-
res Parlamentspräsidenten hat zu einem Einlenken der
Kommission geführt . Nun wird CETA als gemischtes
Abkommen nicht nur vom Ministerrat und vom EU-Par-
lament, sondern auch von allen nationalen Parlamenten
der Mitgliedstaaten – ebenso wie vom Bundesrat – rati-
fiziert. Nach der Vorlage der übersetzten Texte liegt nun
die Phase vor uns, die Texte zu prüfen .

Im Rahmen der Rechtsförmlichkeitsprüfung ist es ge-
lungen, die wesentlichen Elemente des EU-Vorschlags
für einen modernen Investitionsschutz in CETA festzu-
schreiben . Nach dem Freihandelsabkommen mit Vietnam
ist dies das zweite Abkommen, in dem die EU-Kommis-
sion einen modernen Investitionsschutz und Investitions-
gerichte vereinbaren konnte . Wir haben in engem Dialog
mit der Handelsministerin von Kanada, Madame Free-
land, über diese Themen diskutiert . Auch sie kommt zu
der Bewertung, dass wir mit den gefundenen Formulie-
rungen betreffend einen internationalen Handelsgerichts-
hof eine Modernisierung der Freihandelsabkommen er-
zielen können . Das ist eine gute Entwicklung .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben ein fortschrittliches Abkommen, weil
wir – das wollten wir immer – fairen Handel sowie die
Standards und Normen, die in Kanada und der EU gel-
ten, verankern können . Dieses Abkommen ist so wichtig,
weil wir damit eine Chance haben, die hohen Standards
von EU und Kanada als globale Richtschnur zu setzen .
Das kann man nur machen, wenn man sich an den Ver-
handlungstisch begibt und verhandelt . Deshalb sind For-
derungen, TTIP und CETA sofort zu stoppen, völliger
Blödsinn .


(Beifall des Abg . Matthias Ilgen [SPD])


Wir müssen uns an den Tisch setzen und verhandeln . Nur
dann können wir etwas erreichen und verbessern .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mit Kanada haben wir bisher kein Handelsabkommen
abgeschlossen, obwohl es zu unseren engsten Partnerlän-
dern weltweit gehört . Leider gab es viele Missverständ-
nisse, da zu wenig zwischen TTIP und CETA differenziert
wurde . Damit ist nun Schluss . Der deutsche Vertragstext
liegt in dieser Woche vor . Er ermöglicht es, eine Analy-
se und Bewertung vorzunehmen . Ich glaube ganz sicher,
dass wir es mit dem vorliegenden Text schaffen, einige
Mythen, die einige Politiker draußen in Diskussionen
verbreiten, zu entkräften .

Sigmar Gabriel hat Vorschläge unterbreitet, die in die
Kommissionsvorschläge eingeflossen sind. Ich bin ihm
ausdrücklich dankbar dafür, dass nun endlich mit gehei-
men, in Hinterzimmern stattfindenden Schiedsverfahren
Schluss ist und dass wir mit einem internationalen Han-
delsgerichtshof die Modernisierung der Handelsabkom-
men beschleunigen . Dafür sind wir ihm sehr dankbar .

Wir haben Standards im Umweltschutzbereich und im
Verbraucherschutz, wir haben die Möglichkeit, Arbeit-
nehmerrechte in Form von ILO-Kernarbeitsnormen zu
verankern . Selbst die kanadische Regierung hat letzten
Monat von den acht ILO-Kernarbeitsnormen das siebte
ratifiziert und macht sich auf den Weg, die Standards
zu erhöhen . Auch das Vorsorgeprinzip konnte verankert
werden . Frau Dröge, was Sie in Ihrer Rede zitiert haben,
sind vielleicht wissenschaftliche Gutachten, das steht
aber so nicht im Verhandlungstext .


(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In der Präambel!)


Daher kann ich Ihnen empfehlen, wenn der Text diese
Woche vorliegt, genau das nachzulesen . Es ist dort ver-
ankert . Deshalb ist das eine wichtige Entwicklung, was
Freihandel angeht .

Fest steht jetzt: Mit der Vorlage des Textes können wir
viele Dinge beweisen und erklären . Wir können draußen
für mehr Transparenz in der Debatte sorgen . Bundestag
und Bundesrat können ihre Beteiligungsrechte wahrneh-
men . Die EU und Kanada haben die Chance, diese Stan-
dards weltweit als Orientierung für andere Abkommen
zu etablieren . Deshalb ist das ein gutes Zeichen .

Vielen Dank .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818226800

Vielen Dank, Herr Kollege Westphal . – Nächster Red-

ner: Jürgen Trittin für Bündnis 90/Die Grünen .


Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818226900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich

wusste gar nicht, dass Uwe Beckmeyer so ein Ökologe
ist, dass er jetzt die Einführung der US-Stickstoffnormen
für Europa fordert . Wir können ihn dabei nur unterstüt-






(A) (C)



(B) (D)


zen und warten auf die entsprechende Gesetzesinitiative
der Bundesregierung .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Nur, das wird sie nicht tun . Damit sind wir bei dem
Kern des Problems . Wenn man über Handelsabkommen
redet und sich Handelsabkommen vorstellen würde, bei
denen sich beide Seiten auf die höheren sozialen und
ökologischen Standards einigen würden, dann würden
Sie aufseiten der Linken und der Grünen niemanden fin-
den, der gegen ein solches Abkommen ist .


(Zuruf von der CDU/CSU: Ihr findet immer noch was!)


Aber darum geht es hier überhaupt nicht . Das, was Sie
hier praktizieren, ist nichts anderes, als dass Sie die Mög-
lichkeiten der Bundesländer, der Kommunen, des Deut-
schen Bundestags, des Europäischen Parlaments und der
Europäischen Kommission über ein ausgefeiltes System
der regulatorischen Kooperation erschweren wollen . Sie
wollen die Standardsetzung künftig schwerer machen .
Wer sich die einzelnen Regulierungen anschaut, der wird
sehr schnell sehen, wozu das führt, nämlich dazu, dass
der Lobbydruck auf demokratisch gewählte Volksvertre-
ter in den Kommunen, in den Bundesländern, im Bun-
destag und im Europäischen Parlament erhöht wird . Das
ist das Problem, und das ist übrigens das Problem, das
wir in ganz Europa haben .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Aus diesem Grunde, weil dieses Abkommen so um-
fassend eingreift, ist das ein gemischtes Abkommen . Ich
habe mich schon gewundert, Herr Pfeiffer: Jetzt sind wir
einmal mit der Bundesregierung einer Meinung . Es ist
die Auffassung der Bundesregierung, dass es sich um
ein gemischtes Abkommen handelt . Daran können auch
allgemeine Ausführungen über den Lissaboner Vertrag
nichts ändern .

Völlig klar im Lissaboner Vertrag geregelt – deswe-
gen habe ich für seine Annahme hier plädiert – ist, dass,
wenn in Kompetenzen nationaler oder subnationaler Ge-
setzgebung eingegriffen wird, ein solches Abkommen
nicht nur von der Mehrheit des demokratisch gewählten
Parlamentes, nicht nur von der qualifizierten Mehrheit
demokratisch gewählter Regierungen in Europa, sondern
auch von den nationalen und gelegentlich regionalen Par-
lamenten mit ratifiziert werden muss. Das ist die Rechts-
lage . Ein guter Europäer sollte zu dieser Rechtslage ste-
hen und das hier nicht verunklaren, wie Sie das gemacht
haben .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich will aber anhand eines Punktes eine nachdenkliche
Anmerkung über die Lesefähigkeit der Kollegen machen .
Ja, das Vorsorgeprinzip steht drin, vorne in der Präambel .
Ich glaube, es ist aus der Rio-Konvention übernommen .
Aber schauen Sie sich einmal die einzelnen Fachkapitel

an . Dort ist überall vom „wissenschaftsbasierten Ansatz“
die Rede .


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Ja, natürlich!)


Das ist das Gegenteil von dem, was behauptet worden
ist . In Richtung der Sozialdemokraten sage ich: Mich
erinnert das an den 18. Brumaire des Louis Bonaparte.
Dessen Autor hat einmal geschrieben: Die Freiheit wird
in der Phrase beschrieben, und die Aufhebung der Frei-
heit steht in der Fußnote . – Sie vertuschen, was in der
Fußnote steht .

Der Unterschied zwischen dem wissenschaftsbasier-
ten Ansatz und dem Vorsorgeprinzip ist ziemlich ein-
fach – ich sage das für die auf der rechten Seite des Hau-
ses, die es nicht wissen –: Beim wissenschaftsbasierten
Ansatz muss man am Ende nachweisen, ob irgendeine
Chemikalie Krebs erzeugt . Erst am Ende eines solchen
Prozesses wird sie verboten . – Ich rede nicht von Gly-
phosat . Ich rede von den Zuständen, die in den 70er-Jah-
ren des letzten Jahrhunderts zum Holzschutzmittelskan-
dal geführt haben .


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Da sind wir aber nicht mehr, Herr Kollege!)


Dem haben wir gemeinsam ein Ende gesetzt, und seit-
dem gilt in Deutschland das Vorsorgeprinzip . Das wollen
wir nicht durch Handelsabkommen an dieser Stelle aus-
hebeln lassen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Letzte Bemerkungen . Auch ich habe mich gestern
kurz gefreut, als ich gehört habe, dass die Kommission
ihre Haltung zum Inkraftsetzen von CETA geändert hat .
Nur, ich glaube, zur Freude besteht gar kein Anlass .


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: So ist es!)


Die Kommission hat gesagt, was passiert, wenn sie auf
ihrer Rechtsposition beharrt: Dann passiert gar nichts .
Sie will aber, dass dieses Abkommen schnell in Kraft
tritt . Also hat sie ihre vermeintlich sichere Rechtsposition
geräumt . Sie hat CETA zu einem gemischten Abkommen
erklärt und setzt alles daran, dieses Abkommen, auch den
Investitionsteil, vor einer Ratifizierung vorläufig in Kraft
zu setzen .


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Genau!)


Wenn Sie, lieber Herr Ulrich, sagen, die hätten den
Schuss nicht gehört: Die haben mehrere Schüsse nicht
gehört . Die sind auch nicht willens, an dieser Stelle wei-
tere Schüsse zu hören .

Ich glaube, dass die Bundesregierung gut beraten
wäre, an dieser Stelle klar zu sagen: Wir sind nicht be-
reit, ein vorläufiges Inkraftsetzen dieses Abkommens, die
Errichtung neuer Hürden für demokratische Regulierung
zu akzeptieren . – Wir sind der festen Überzeugung, dass
die Bundesregierung ein vorläufiges Inkraftsetzen im Rat
ablehnen muss . Wir sagen Ihnen auch: Wenn wir dahin
kommen wollen, wohin Herr Beckmeyer wollte, dann
brauchen wir einen Neustart, nicht nur in Europa, son-

Jürgen Trittin






(A) (C)



(B) (D)


dern insbesondere auch in der Handelspolitik . Denn am
Ende bleibt richtig: Nur fairer Handel ist freier Handel .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818227000

Vielen Dank, Jürgen Trittin . – Der nächste Redner:

Andreas Lämmel für die CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Andreas G. Lämmel (CDU):
Rede ID: ID1818227100

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Was wir hier erleben, ist sozusagen der Vorge-
schmack auf die Debatten, die uns in den nächsten Mo-
naten ereilen werden .


(Peter Beyer [CDU/CSU]: Ich glaube auch!)


Die gestrige Entscheidung der Europäischen Kom-
mission, CETA als gemischtes Abkommen zu behandeln,
war schon überraschend; schließlich hat der Kommissi-
onspräsident noch letzte Woche kraftvoll getönt, dass es
überhaupt keine Chance dafür gebe . Mittlerweile ist der
erste Jubel hier im Saale verhallt . Wenn man die öffentli-
che Meinung verfolgt, stellt man fest, dass ein Nachden-
ken darüber einsetzt, ob sich die Entscheidung, die jetzt
unter gewissem politischen Druck getroffen worden ist,
letztendlich im Sinne der europäischen Handelspolitik
auszahlen wird .

Diskutiert wird jetzt in 28 Parlamenten; das ist erst
einmal gut . Wir haben hier immer die Haltung vertreten,
dass es dann, wenn ein Abkommen fertig ist, genügend
Raum vorhanden ist, über die Inhalte zu diskutieren . Das
heißt nicht, dass wir an jedem Freitag einer Sitzungswo-
che um 15 Uhr eine linke Debatte führen, in der wir im-
mer wieder das Gleiche durchkauen .


(Dr . Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Eine linke Debatte zu führen, ist immer gut! – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Sie können doch selber eine beantragen!)


Letzte Woche haben wir hier im Deutschen Bundes-
tag eine Sondersitzung zum Brexit durchgeführt, also zur
Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger des Vereinig-
ten Königreiches, dass ihr Land aus der EU austritt . Ge-
rade die Grünen, die Linken, eigentlich alle haben davor
gewarnt, den Populisten in Europa Raum zu geben und
ihnen auf den Leim zu gehen . Ich bin wirklich gespannt,
wie diese Debatte verlaufen wird . Das, was von Frau
Dröge und von der linken Seite abgeliefert worden ist,
geht genau in diese Richtung . Das heißt, es wird hier po-
pulistischst mit einfachsten Parolen Angst gemacht .


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Genau!)


Schauen Sie sich einmal die Webseiten der Organisa-
tionen an, die vor allem den Grünen und den Linken na-
hestehen, Campact zum Beispiel! Ich lese Ihnen einmal
vor, was auf einer Webseite steht:

Gemeinsam mit unseren Bündnispartnern Campact
und Foodwatch bringen wir CETA, das Handels-
abkommen zwischen Kanada und der EU, vor das

Bundesverfassungsgericht . Mit unserer Klage wol-
len wir überprüfen lassen, ob die vorläufige Anwen-
dung . . . mit dem Grundgesetz vereinbar sind . CETA
ist nicht nur demokratiepolitisch gefährlich, sondern
auch verfassungsrechtlich bedenklich .


(Beifall bei der LINKEN)


Weiter heißt es – jetzt kommt der entscheidende Satz –:

Kippen wir CETA, dann ist wahrscheinlich auch
TTIP erledigt .


(Beifall bei der LINKEN)


Meine Damen und Herren, das ist der Geist .

Wenn Sie dann einmal auf diesen Seiten nachfor-
schen: „Wo sind eigentlich Argumente dafür? Was wird
eigentlich dazu geliefert, warum das so ist?“,


(Peter Beyer [CDU/CSU]: Hauptsache: Stopp! – Max Straubinger [CDU/CSU]: Nur Angst machen und dagegen sein!)


finden Sie gar nichts.


(Karin Binder [DIE LINKE]: Wenn man des Lesens kundig ist, schon!)


Sie finden nicht einmal ein paar Zeilen, in denen erklärt
wird, was CETA ist, was eigentlich die Hauptinhalte
sind . Nichts! Das ist der blanke Populismus, meine Da-
men und Herren .


(Max Straubinger [CDU/CSU]: So ist es!)


Das hat in Großbritannien zum Erfolg der Populisten
geführt . Das Geschrei ist jetzt überall groß . Man kann
nur davor warnen, hier in Deutschland so eine Diskussi-
on über die Handelsabkommen zu führen .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es hat niemand etwas dagegen, dass man sich mit Ar-
gumenten auseinandersetzt . Aber, Herr Ernst, ich habe
von Ihnen kein einziges Argument gehört – nur die übli-
chen Parolen . Frau Dröge, bei Ihnen ist genau das Glei-
che .


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer nicht zuhören will, hört auch nichts! – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Gegensatz zu Ihnen habe ich seit Jahren dieses Abkommen gelesen!)


Sie erzählen das schon seit Jahren . Sie haben einfach ig-
noriert, dass es in den ganzen Verfahren bereits Fortschrit-
te gegeben hat . Sie ignorieren das, weil Sie überhaupt
nicht darüber diskutieren wollen, weil Sie überhaupt kei-
ne Aufklärung der Menschen wollen . Sie schüren ganz
einfach Angst, und das werden Sie auch weiter betreiben .


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sind denn Ihre Inhalte?)


Das Ergebnis könnte sein, dass die EU in ihrer Han-
delspolitik völlig unbeweglich wird, dass keine internati-
onalen Abkommen mehr zustande kommen


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Solche jedenfalls nicht!)


Jürgen Trittin






(A) (C)



(B) (D)


und dass sich die Welt fragt: Was ist denn eigentlich diese
EU noch? Kann man mit denen überhaupt noch reden?
Hat es überhaupt Sinn, in Verhandlungen einzutreten,
wenn in 28 Parlamenten letztendlich die Dinge zerredet
werden? Das ist eine ganz grundsätzliche Frage, und es
ist eine ganz grundsätzliche Verantwortung, die wir Poli-
tiker hier im Deutschen Bundestag jetzt tragen . Das sollte
jede Partei für sich einmal diskutieren .

Ich glaube, an dieser Diskussion über CETA wird sich
entscheiden, ob wir in der Lage sind, die Dinge den Men-
schen wirklich nahezubringen, aber mit Argumenten und
nicht mit Parolen .


(Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist absurd! – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Bis jetzt habt ihr das nicht geschafft! Bis jetzt habt ihr versagt!)


Ich kann nur eine Überschrift aus einer Zeitung von heute
zitieren: „Mitsprache nach Stimmungslage“ – Fragezei-
chen . Die Zukunft wird zeigen, ob die Zeitung recht hat .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU – Sylvia KottingUhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was war denn jetzt Ihr Argument?)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818227200

Vielen Dank, Herr Lämmel . – Nächster Redner: Klaus

Barthel für die SPD .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Klaus Barthel (SPD):
Rede ID: ID1818227300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Wir wären nicht hier, um zu
diskutieren, wenn wir diese Abkommen, auch CETA, um
das es heute gehen soll, nicht auch differenziert betrach-
ten würden . Das fehlt mir in der Debatte etwas . Die einen
werben mit großem Einsatz dafür, und die anderen ar-
gumentieren dagegen; die Argumente sind ganz wider-
sprüchlich .

Auch bei uns in der Sozialdemokratie und in der Ge-
werkschaftsbewegung gibt es erhebliche Bedenken ge-
gen bestimmte Formulierungen, die darin enthalten sind .
Wir haben jetzt die Möglichkeit, weil wir endlich eine
deutsche Fassung haben, uns gründlich damit zu beschäf-
tigen, was es zum Beispiel auf sich hat mit gerechter und
billiger Behandlung – „fair and equitable treatment“ –,
mit legitimen Erwartungen von Investoren, mit legitimen
Politikzielen, was vom „right to regulate“ übrig bleibt,
warum man in so einem Abkommen überhaupt braucht,
was eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist . Wir wer-
den hinterfragen, wie es sein kann, dass Investorenrechte
mit Schiedsgerichtbarkeit geschützt werden, während es
mit der Durchsetzung von Umweltstandards, Arbeitneh-
merrechten und Nachhaltigkeit so schwierig ist . Wir wer-
den den Negativlistenansatz hinterfragen, dass es näm-
lich heißt „Liberalisierung generell“ und dann Hunderte
von Seiten mit Ausnahmen kommen .

Also, Diskussionsbedarf gibt es da genug, und wir
sollten uns jetzt dieser inhaltlichen Debatte stellen und
wirklich schauen, was darin steht . Dazu haben wir jetzt
genügend Gelegenheit . Deswegen will ich das Verfahren
noch einmal deutlich machen; denn hier werden tatsäch-
lich Popanze aufgebaut, die der Sache nicht gerecht wer-
den .

Wir haben heute im Wirtschaftsausschuss diskutiert,
wie das alles weitergeht . Es ist deutlich geworden, dass
sich der Deutsche Bundestag in einem zweistufigen
Verfahren damit befassen wird, nämlich einmal vor der
Befassung durch die Europäischen Räte und durch das
Europäische Parlament . Die Bundesregierung hat hier zu
Protokoll gegeben – ich will das zitieren –:

Die Bundeskanzlerin und Bundesminister Gabriel
haben deutlich gemacht, dass ein Votum des Bun-
destags vor der Beschlussfassung im Rat aus Sicht
der Bundesregierung wünschenswert wäre . Die
Bundesregierung wird dem Bundestag eine Stel-
lungnahme ermöglichen, indem sie ihn gemäß ihrer
gesetzlichen Verpflichtungen

– das ist Artikel 23 Grundgesetz –

weiter frühestmöglich und fortlaufend über die Be-
ratungen zu CETA und den weiteren Zeitplan un-
terrichtet . Die Ausgestaltung der parlamentarischen
Befassung mit CETA liegt in der Organisationsho-
heit des Deutschen Bundestags und kann nicht
durch die Bundesregierung festgelegt werden .

Deswegen haben wir heute im Wirtschaftsausschuss
noch einmal eine Anhörung beschlossen, und wir werden
dann in den Gremien, in den verschiedenen Ausschüs-
sen und sicherlich auch im Plenum beraten, bevor es zu
Entscheidungen auf europäischer Ebene kommt . Wer das
noch einmal nachlesen will, findet in Artikel 23 Absatz 2
und 3 des Grundgesetzes, welche Rechte der Bundestag
hier hat . Dazu braucht man hier keinen Popanz – von we-
gen Geheimnistuerei, am Parlament vorbei usw . – aufzu-
bauen . Das ist alles ganz transparent . Deswegen: Hören
Sie endlich damit auf, und diskutieren Sie über den In-
halt!

Wir sagen aber auch dazu, dass es rechtliche Regelun-
gen gibt, die eben auf europäischer Ebene zu entscheiden
sind . Wir müssen damit aufhören, so zu tun, als wäre das
Europäische Parlament keine demokratisch legitimierte
Veranstaltung .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Die haben darüber zu entscheiden . So ist es nun einmal .
Dafür werden sie gewählt . Das kann man nicht dadurch
entwerten, dass man ständig so tut, als wären nur wir hier
demokratisch legitimiert und könnten dazu irgendetwas
entscheiden .

Die zweite Stufe wird dann nach der Entscheidung der
europäischen Gremien ein Ratifizierungsgesetz sein, das
die Bundesregierung dem Parlament vorlegt . Wir haben
dafür gesorgt, dass es ein solches Verfahren gibt und dass
sich hiermit der Deutsche Bundestag und auch der Bun-
desrat sorgfältig befassen können .

Andreas G. Lämmel






(A) (C)



(B) (D)


Ich will aber auch sagen: Wir machen das nicht als
Selbstzweck . Ich glaube, man kann schon sehen, dass
sich dort auch etwas bewegt hat . Es ist eben nicht mehr –
mit Verlaub, Kollege Fuchs – dieselbe Fassung des Ver-
trags wie im November 2014, sondern da hat es wesentli-
che Veränderungen gegeben . Das ist ein Riesenerfolg aus
einem gesellschaftlichen und demokratischen Beratungs-
prozess heraus . Den sollten wir nicht einfach unter den
Tisch fallen lassen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg . Klaus Ernst [DIE LINKE])


Zu den Schiedsgerichten ist ja schon gesagt worden,
dass es keine privaten Schiedsgerichte mehr gibt . Aber
einen Punkt will ich schon noch erwähnen: Ich glaube
nicht, dass jetzt in Kanada Gesetzgebungsverfahren lau-
fen würden, die ILO-Kernarbeitsnormen umzusetzen –
Verbot von Kinderarbeit und volle Wiederherstellung der
Gewerkschaftsrechte gegenüber den Anschlägen, die die
konservative Regierung gegen die Gewerkschaften in
Kanada gemacht hat –, wenn es nicht den Druck aus die-
sen Verhandlungen über CETA und über internationale
Handelsverträge gäbe .


(Beifall bei der SPD)


Ich glaube, auf diesem Weg muss man weitergehen .
Und da sind solche Verträge, solche Fair-Handelsver-
träge, wie wir sie anstreben, ein Weg, um international
vorwärtszukommen . Wer diesen Weg nicht beschreiten
will, vergibt eine riesige Chance bei der Gestaltung der
Globalisierung .

Danke, Frau Präsidentin .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818227400

Bitte, Herr Kollege . Danke schön, Klaus Barthel .

Der nächste Redner ist Hansjörg Durz für die CDU/
CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Hansjörg Durz (CSU):
Rede ID: ID1818227500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Die EU-Kommission hat am gestrigen Tag zweifellos
eine wichtige und bemerkenswerte Entscheidung ge-
fällt . Nach dem Vertrag von Lissabon – Kollege Pfeiffer
hat vorhin darauf hingewiesen – war die Kommission
ermächtigt, das Freihandelsabkommen mit Kanada zu
verhandeln, und wurde dazu mit einem starken Mandat
durch die Mitgliedstaaten ausgestattet . Nun haben wir
seit einiger Zeit das Verhandlungsergebnis vorliegen . In
Kürze wird uns die deutsche Übersetzung vorgelegt wer-
den, und in den nächsten Monaten wird sich der Bundes-
tag mit dem Text auseinandersetzen .

Ganz unabhängig von der rechtlichen Frage, ob es sich
bei CETA um ein gemischtes oder um ein EU-only-Ab-
kommen handelt – diese Auseinandersetzung und inten-

sive Befassung des Deutschen Bundestages wäre ohne-
hin erfolgt und dringend notwendig, einerseits wegen
unserer Beteiligungsgesetze und andererseits, weil wir es
zum Teil mit einer zutiefst verunsicherten Bevölkerung
zu tun haben, deren Verunsicherung in hohem Maße auf
Fehlinformationen und Vorurteilen beruht .


(Barbara Lanzinger [CDU/CSU]: Genau!)


Daher halte ich es neben der nun geklärten rechtli-
chen Frage vor allem für politisch zwingend erforderlich,
den Bürgerinnen und Bürgern in unserer Eigenschaft als
Volksvertreter zu erklären, warum es als Bundesrepublik
Deutschland sinnvoll und in unserem ureigenen Interesse
ist, für freien Handel einzutreten .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Würden wir nicht so verfahren, würden wir die intensive
öffentliche Debatte einfach ignorieren und damit genau
jenen Vorurteilen Vorschub leisten, die einer technokrati-
schen Entrücktheit und Bürgerferne der politischen Klas-
se das Wort reden .

Stattdessen lohnt es sich, nach dem, was mir bisher
bekannt ist, sich für den Abschluss des Abkommens of-
fensiv einzusetzen . Wir müssen den Bürgerinnen und
Bürgern die Verunsicherung nehmen und verdeutlichen:
Wir haben es bei CETA mit einem guten Verhandlungser-
gebnis zu tun . Das müssen wir erklären, und das können
wir auch erklären .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich möchte drei Beispiele herausgreifen, um zu ver-
deutlichen, was bei CETA erreicht werden konnte; es ist
zum Teil schon erwähnt worden .

Erstens . Die EU hat sich mit Kanada darauf geeinigt,
technische Handelshemmnisse abzubauen, die den ge-
genseitigen Handel behindern . Der Mechanismus zur
gegenseitigen Konformitätsbewertung wird bestehende
technische Handelsbarrieren abbauen . Vor allem klei-
ne und mittelständische Unternehmen werden von der
neuen Regelung profitieren und leichter auf dem kana-
dischen Markt Fuß fassen . Ausfuhrabgaben oder sonsti-
ge Beschränkungen werden zudem untersagt . Besonders
unsere Elektroindustrie und der Maschinenbau werden
von CETA profitieren.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Zweitens . CETA stellt den Schutz der öffentlichen
Dienstleistungen und damit der Daseinsvorsorge sicher .
Die öffentliche Versorgung mit Wasser, Energie, Bildung
oder Gesundheitsleistungen liegt weiterhin in der Hand
der Mitgliedstaaten . CETA schränkt die EU und ihre Mit-
gliedstaaten nicht darin ein, Maßnahmen im öffentlichen
Interesse zu ergreifen . CETA beinhaltet zudem keine
Verpflichtung zur Privatisierung öffentlicher Dienstleis-
tungen; auch Rekommunalisierungen sind mit CETA
weiterhin möglich .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Drittens . Es ist gelungen, mit Kanada eine Einigung
auf ein reformiertes System zur Beilegung von Investi-
tionsstreitigkeiten zu erzielen; das ist schon mehrfach
angeklungen . Es handelt sich eben nicht um die alten

Klaus Barthel






(A) (C)



(B) (D)


Schiedsgerichte, sondern um ein sehr innovatives Kon-
zept . Private Schiedsgerichte gehören damit der Vergan-
genheit an .

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Freihan-
del ist gerade für Deutschland von überragender Bedeu-
tung . Ein Blick auf die einschlägigen Statistiken verdeut-
licht dies . Sie zeigen, in welch hohem Maße die deutsche
Wirtschaft exportorientiert und damit auch exportabhän-
gig ist . Schon der Aufstieg der deutschen Wirtschaft vor
bald 200 Jahren war untrennbar mit der Schaffung von
Freihandelszonen und Zollunionen verbunden . Gleiches
galt später für die Wirtschafts- und Währungsunion, und
heute hängt jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland am
Export .

Nun stehen wir an der Schwelle zu einem neuen Zeit-
alter . Die globalen Kräfteverhältnisse werden neu be-
stimmt . Neue Akteure formieren sich, und neue Allianzen
werden gebildet . Welches Gewicht hat die EU gegenüber
Ländern wie China und Indien in Zukunft? Von den Kri-
tikern des Abkommens höre ich dazu keine konstrukti-
ven Vorschläge . Wir müssen unsere Handelsbeziehungen
ausweiten und pflegen, um langfristig wettbewerbsfähig
zu bleiben . Eine Exportnation braucht Märkte .

Das Freihandelsabkommen mit Kanada ist eine gro-
ße Chance für Deutschland wie die gesamte EU, sich
in diesem Geflecht neu zu positionieren. CETA bildet
dafür einen modernen Rahmen, um unsere hohen euro-
päischen Standards zu Weltstandards auszuweiten . Mit
CETA können wir weltweit neue Maßstäbe für Freihan-
delsabkommen setzen . Wir müssen und wir werden uns
in den nächsten Monaten sachlich mit den tatsächlichen
Inhalten von CETA auseinandersetzen, und dabei werden
wir unsere Bevölkerung mitnehmen und verdeutlichen,
weshalb es eine gute Idee ist, auf Freihandel zwischen
Europa und Kanada zu setzen .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818227600

Vielen Dank, Hansjörg Durz . – Der nächste Redner:

Dirk Wiese für die SPD .


(Beifall bei der SPD)



Dirk Wiese (SPD):
Rede ID: ID1818227700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich glaube, als wir in der vergangenen Woche
das Statement von Jean-Claude Juncker in Brüssel gehört
haben, ist der eine oder andere fassungslos geworden .
Man muss das einmal deutlich sagen . Ich habe gedacht,
dass die Zeiten von Karel De Gucht in Brüssel der Ver-
gangenheit angehören, aber diese Aussage hat der ganzen
Debatte Schaden zugefügt . Ich bin Sigmar Gabriel dank-
bar, dass er umgehend reagiert hat und deutlich gemacht
hat, dass dieses Verhalten nichts anderes als töricht war
und nicht hinnehmbar gewesen ist .


(Beifall bei der SPD)


Ich will auf die Pressekonferenz von Cecilia
Malmström eingehen, die sie am gestrigen Tage gehalten
hat . Wir haben uns alle darüber gefreut, dass sie die Ab-
kehr von der ursprünglichen Äußerung von Jean-Claude
Juncker deutlich gemacht hat, dass es sich um ein ge-
mischtes Abkommen handelt . Allerdings hat Malmström
in einem Punkt unrecht . Sie hat gesagt: Rechtlich ist es
ein EU-only-Abkommen, aber aus politischen Gründen
würde sie ein gemischtes Abkommen vorlegen . – Nein,
Frau Malmström, das ist falsch . Es ist auch rechtlich ein-
deutig ein gemischtes Abkommen .


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Das hat die Rechtsauffassung des Juristischen Diens-
tes bestätigt, das haben Gutachter für das Bundeswirt-
schaftsministerium bestätigt und das haben auch Ver-
treter der EU-Kommission in Anhörungen bestätigt, die
wir im Wirtschaftsausschuss bereits durchgeführt haben .
Ich will auch deutlich machen: Es gibt ein Verfahren
EU-Singapur, wo diese Frage geklärt werden soll . Die-
ses Verfahren – das hat Cecilia Malmström eindeutig im
Wirtschaftsausschuss gesagt – hat keinen Einfluss auf
irgendwelche Einstufungen der Zuständigkeiten im Rah-
men EU-Kanada . Egal wie der EuGH im nächsten Jahr
in dieser Frage entscheidet: Das Abkommen EU-Kanada
ist ein gemischtes Abkommen . Diese Position ist auch
rechtlich fundiert .


(Beifall bei der SPD)


Ich war auch ein bisschen erstaunt, Herr Pfeiffer – hier
muss ich Sie heute kritisieren –, dass Sie letzte Woche
entgegen allem juristischen Sachverstand gesagt haben,
dass Juncker recht habe . Das ist falsch . Ich hoffe, dass
Sie diese Position noch einmal überdacht haben .


(Dr . Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Ganz sicher nicht!)


Das hat sich heute an der einen oder anderen Stelle noch
einmal dargestellt .

Wir als Bundestag werden uns jedenfalls die Zeit
nehmen, diesen Prozess zu begleiten, zu entscheiden, zu
beraten . Das halte ich auch für richtig . Für die SPD-Bun-
destagsfraktion will ich noch einmal deutlich machen:
Was ist, wenn wir zur Frage des vorläufigen Inkrafttre-
tens kommen? Darum spielt das gemischte Abkommen
eine so wichtige Rolle . Die Zuständigkeiten, die in die
mitgliedstaatliche Kompetenz fallen, können nicht vor-
läufig in Kraft treten. Zu diesen Punkten gehören ein-
deutig die Regelungen des gesamten Investitionsschutz-
kapitels, weil es eine Differenzierung gibt zwischen
Portfolioinvestitionen und Direktinvestitionen . Hier sind
mitgliedstaatliche Kompetenzen berührt . Darum wird bei
einem vorläufigen Inkrafttreten, wenn es im Herbst dazu
kommen sollte, die Schiedsgerichtsbarkeit nicht davon
betroffen sein. Sie wird nicht vorläufig in Kraft treten.
Bis sie in Kraft tritt, bedarf es einer Entscheidung des
Deutschen Bundestages, also von uns allen . Darauf wer-
den wir auch hinarbeiten .


(Beifall bei der SPD)


Hansjörg Durz






(A) (C)



(B) (D)


Ich bin ein bisschen erstaunt darüber – ich habe gestern
die Presselandschaft interessiert verfolgt und geschaut,
wer sich alles geäußert hat –, wo die Stellungnahmen des
hessischen Wirtschaftsministers Tarek Al-Wazir und des
baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried
Kretschmann sind .


(Zuruf von der CDU/CSU: Der ist ja dafür!)


Schweigen im Walde . Ich verstehe auch nicht die Positi-
on der Grünen, die hier vorgetragen wurde . Alle, die sich
für die Spitzenkandidatur der Grünen bewerben, haben
sich hier geäußert . Aber warum haben Sie denn nicht auf
die Anfragen von Campact reagiert? Warum schweigen
Sie denn? Warum beantworten Sie die Fragen von Cam-
pact nicht, wenn Sie als Grüne vermeintlich eine klare
Haltung haben? Nein zu CETA . Nein, das ist bei Ihnen
nicht der Fall . Sie haben gar keine klare Haltung zu die-
sem Abkommen, weil Ihre Länderminister im Bundesrat
zustimmen werden .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Klaus Barthel [SPD]: Sehr gute Frage!)


Der zweite Punkt, der mich gerade sprachlos gemacht
hat: Herr Trittin, ich weiß nicht, ob Sie jetzt auch Ihren
Hut in den Ring werfen für die grüne Spitzenkandidatur .
Sie haben davon gesprochen, dass die regulatorische Ko-
operation im CETA-Abkommen dazu führt, dass Stan-
dards abgesenkt werden . Jetzt, wo wir den deutschen Text
haben und man kein Gutachten mehr lesen muss, das die
eigene Meinung bestätigt, können wir am Text arbeiten .
Die regulatorische Kooperation im CETA-Abkommen
ist auf rein freiwilliger Basis . Die Amerikaner würden
niemals unterschreiben, was in diesem Abkommen steht .
Wenn es um die Frage der Standards geht, dann geht es in
diesem Punkt nicht um die Frage der Standardabsenkung;
denn Sie haben Umweltstandards abgesprochen . Darum
geht es an diesem Punkt nicht . Ich bin auch erstaunt, dass
Sie heute Ihre Stimme erheben . Ich habe gerade einmal
nachgeschaut . Als Sie Bundesumweltminister gewesen
sind, sind Handelsabkommen mit Chile, Ägypten, Jor-
danien, Mazedonien, Mexiko, Marokko und San Marino
abgeschlossen worden . Sie haben nie etwas gesagt . Ich
glaube nicht, dass in diesen Ländern die Standards durch
diese Abkommen gestiegen sind . Darum sollten Sie viel-
leicht an der einen oder anderen Stelle mal überlegen,
warum man sich heute so äußert, wenn man damals an-
ders gehandelt hat .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich nehme die Anregung von Frau Dröge sehr gerne
auf . Ich hoffe, dass Sie dann beim nächsten Mal einen
sachlichen Beitrag zum Text leisten und nicht wieder das
Übliche sagen, was Sie in allen Versammlungen sagen .

Zum Abschluss müssen wir feststellen, dass wir zwei
Grundsätze in den Debatten der nächsten Monate nicht
auflösen können. Der erste Grundsatz: Zwei Juristen,
drei Meinungen . Zweiter Grundsatz: Wir bekommen
morgens ein Gutachten auf den Tisch, das besagt: „Links

abbiegen!“, und nachmittags sagt ein anderes Gutachten:
„Rechts abbiegen!“ .


(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben kein Gutachten, das das bestätigt!)


Das werden wir nicht auflösen können.

Trotzdem freue ich mich auf die intensive Debatte
über den deutschen Text in den nächsten Wochen und
Monaten . Ich hoffe, dass Sie dann auch einmal inhaltlich
dazu reden werden .

Vielen Dank .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818227800

Vielen Dank, Dirk Wiese . – Der letzte Redner in der

Aktuellen Stunde: Dr . Matthias Heider für die CDU/
CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Matthias Heider (CDU):
Rede ID: ID1818227900

Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Als letzter Redner

in der Aktuellen Stunde hat man immer die Gelegen-
heit, Revue passieren zu lassen, worum es eigentlich
ging . Weil die Opposition bis gestern noch der Annahme
war, dass der Bundestag an der Abstimmung über das
CETA-Abkommen nicht beteiligt werden würde,


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Und zwar fälschlicherweise!)


haben die Linken diese Aktuelle Stunde beantragt . Das
war heute falsch, das war gestern falsch, und das war
auch in der letzten Woche schon falsch .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Denn die Bundeskanzlerin hat schon in der letzten Wo-
che eindeutig gesagt, dass sie ein Votum des Bundestages
über CETA einholen möchte, und das noch bevor der Rat
im Herbst über CETA entscheidet .


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Es ging um ein Ratifizierungsgesetz!)


Seit gestern wissen wir, dass die EU-Kommission
CETA als ein gemischtes Abkommen behandelt . Das ist
für Juristen jetzt nicht so ganz überraschend, wenngleich
es da auch die ein oder andere abweichende Rechtsmei-
nung geben mag . Man könnte annehmen, liebe Oppo-
sition, Kollege Ernst von den Linken, damit wären Sie
jetzt zufriedengestellt – Thema erledigt . Aber nein, jetzt
kochen Sie das nächste Thema hoch:


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Genau! Exakt!)


die vorläufige Anwendbarkeit dieses Abkommens.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Geht überhaupt nicht!)


Ich will Ihnen an dieser Stelle einmal sagen, auch an-
gesichts der fragwürdigen Anmerkungen des Kollegen
Ulrich zu den Aufgaben frei gewählter Abgeordneter:

Dirk Wiese






(A) (C)



(B) (D)


Was Sie hier heute im Deutschen Bundestag mit der von
Ihnen beantragten Aktuellen Stunde machen, das ist eher
wie im Schnellrestaurant – reingehen, irgendetwas be-
stellen, zweimal fünf Minuten kurz Dampf ablassen und
dann rausgehen und draußen schlecht über das Essen re-
den . Genau so ist es .


(Beifall bei der CDU/CSU)


„Draußen schlecht über das Essen reden“ bedeutet: Sie
verunsichern die Bürger .


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Juncker verunsichert die Bürger!)


Sie versuchen, die Chancen der deutschen Landwirt-
schaft, der deutschen Industrie und des deutschen Hand-
werks zu beschädigen .


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Die Chancen der Landwirtschaft? Wo sind die denn? – Max Straubinger [CDU/CSU]: Das sind Arbeitsplätze!)


Sie versuchen – das ist mir besonders wichtig –, Europa
auseinanderzudividieren . Das ist das Problem .


(Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Schauen Sie mal, was Juncker gesagt hat! Schauen Sie sich das Zitat an! Der verunsichert!)


Was verbirgt sich jetzt eigentlich hinter dem Thema
der vorläufigen Anwendbarkeit? Nichts anderes als et-
was, was bei Abkommen der EU mit Drittstaaten gängige
Praxis ist .


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das sagen Sie immer: „gängige Praxis“!)


Die vorläufige Anwendbarkeit eines Abkommens be-
deutet, dass die Teile eines Abkommens, für die die EU
originär zuständig ist, bereits vor der Entscheidung über
das Abkommen durch die Mitgliedstaaten angewendet
werden können . Das ist geltendes Recht des Lissaboner
Vertrages, den Sie ja ablehnen; Artikel 218 Absatz 5 soll-
ten Sie trotzdem mal nachlesen .

Ein demokratisches Problem – so haben Sie es darge-
stellt – sehe ich dabei nicht; denn die Möglichkeit, ein
Abkommen für vorläufig anwendbar zu erklären, ist so
in diesem Vertrag geregelt . Wir Parlamentarier haben
die Möglichkeit, dazu im Herbst Stellung zu nehmen .
Wir werden hier im Deutschen Bundestag noch vor dem
Ratsbeschluss im Herbst einen Antrag zu CETA und zur
vorläufigen Anwendbarkeit beschließen. Damit geben
wir der Regierung unsere Vorstellungen vom Abkommen
mit auf den Weg. Zusammen mit dem Ratifizierungsver-
fahren bedeutet das sogar eine doppelte parlamentarische
Befassung unseres Hauses. Zudem wird die vorläufige
Anwendbarkeit natürlich auch vom Europäischen Parla-
ment beschlossen, also gleich dreimal . Und dann sagen
Sie noch mal, das Verfahren bei CETA wäre nicht parla-
mentarisch legitimiert . Das nimmt Ihnen doch keiner ab .


(Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das wollt ihr doch alles gar nicht, was wir da machen!)


Egal wie über die juristischen Fragestellungen entschie-
den wird, wir Parlamentarier werden die Möglichkeit ha-
ben, uns für dieses Abkommen auszusprechen . Das ist
auch richtig .

CETA ist ein gutes Abkommen . Es wird in Deutsch-
land und in Europa zu wirtschaftlichem Wachstum, zu
Beschäftigung und zu sinkenden Preisen führen . Es wird
Arbeitsplätze sichern, und es wird vor allen Dingen die
partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Kanada weiter
fördern . Wenn CETA erfolgreich abgeschlossen ist, dann
fallen Zölle, es fallen nichttarifäre Handelshemmnisse,
und der Marktzugang für kleine und mittlere Unterneh-
men wird dadurch stark verbessert .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Kanada und Europa
verbindet mehr . Uns verbinden gemeinsame Werte; ich
sage das mit Blick auf die etwas antiamerikanischen Hal-
tungen, die gerade durchschimmerten .


(Zuruf von der LINKEN: Ah!)


Auch politisch setzen wir ein richtiges Signal . Wir bün-
deln unsere Märkte und setzen damit auf gemeinsame
Standards für die Zukunft . Lassen Sie uns deshalb da-
für eintreten, dass CETA erfolgreich verabschiedet wird .
Lassen Sie uns der Bundesregierung im Herbst ein Ja
mit auf den Weg geben . Lassen Sie uns vor allen Dingen
dafür sorgen, dass etwas Positives für Deutschland und
für Kanada entsteht und dass Europa mit einer Stimme
spricht .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818228000

Vielen Dank, Dr . Heider . – Damit ist die Aktuelle

Stunde beendet .

Ich darf die Kolleginnen und Kollegen bitten, für den
nächsten Tagesordnungspunkt, den ich jetzt aufrufe, die
Plätze einzunehmen .

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 36 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neure-
gelung des Mutterschutzrechts

Drucksache 18/8963
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen-
abschätzung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 38 Minuten vorgesehen . – Ich höre kei-
nen Widerspruch . Dann ist das so beschlossen .

Ich eröffne die Aussprache . Erste Rednerin ist Manuela
Schwesig für die Bundesregierung .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Dr. Matthias Heider






(A) (C)



(B) (D)


Manuela Schwesig, Bundesministerin für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen
und Herren Abgeordnete! Ich freue mich, dass wir vor
der parlamentarischen Sommerpause den Entwurf eines
Gesetzes zur Reform des Mutterschutzrechts beraten .
Diese Reform ist wichtig . Wir wollen den Mutterschutz
stärken . Wir wollen werdende Mütter und Mütter, die es
gerade geworden sind, besser schützen . Wir wollen den
Mutterschutz ausweiten, verbessern, und wir wollen ihn
auch modernisieren; denn das Mutterschutzgesetz ist aus
dem Jahr 1952, und seit 1952 hat sich die Arbeitswelt
natürlich massiv verändert . Deshalb ist es wichtig, auf
die neuen Bedingungen Rücksicht zu nehmen .

Mir sind drei Punkte bei diesem Gesetz besonders
wichtig .

Erstens . Wir verbessern den Mutterschutz für Mütter
mit Kindern mit Behinderung . Sie werden zukünftig län-
ger Mutterschutz beanspruchen können . Ich glaube, wir
sind uns alle einig, dass eine solche Situation eine be-
sondere Herausforderung darstellt . Es ist daher gut, dass
Mütter mehr Schutz erhalten .

Zweitens . Zukünftig können auch Studentinnen und
Praktikantinnen, die bisher nicht von diesem Gesetz pro-
fitiert haben, Mutterschutz in Anspruch nehmen. Das ist
für diese Frauen ebenso wichtig wie für andere .

Drittens. Wir wollen Regeln finden, die verhindern,
dass Frauen, wie das derzeit der Fall ist, Arbeitsverbo-
te auferlegt bekommen, die sie eigentlich nicht wollen .
Gleichzeitig müssen wir dafür Sorge tragen, dass Locke-
rungen nicht ausgenutzt werden .

Ich möchte ein Beispiel aus dem Gesundheitswesen
nennen . Immer mehr Frauen, die im Gesundheitsbereich
arbeiten, gerade junge Ärztinnen, sagen: Kaum bin ich
schwanger, bekomme ich ein Arbeitsverbot, und das will
ich gar nicht . Deshalb sollen Arbeitgeber zukünftig viel
genauer die Situation betrachten und gemeinsam mit der
Frau beraten: Was ist denn die konkrete Gefährdungs-
situation? Kann man sie beseitigen? Wie kann man das
regeln? Wir wollen nicht, dass Frauen durch ein Gesetz
eingeengt werden, aber wir wollen, dass der Schutz auch
weiterhin gewährleistet wird .

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich hat-
te das große Glück, in den letzten Monaten selbst noch
einmal im Mutterschutz zu sein . Ich habe wieder erlebt,
wie wichtig die Zeit ist, bevor das Kind zur Welt kommt,
aber insbesondere, wie wichtig es ist, dass man, wenn das
Kind da ist, gemeinsame Zeit hat . Dieser Schutz dient
der Mutter, aber insbesondere natürlich zunächst dem
ungeborenen und dann dem neugeborenen Leben . Es
ist eine große Errungenschaft, dass dieses Gesetz 1952
eingeführt worden ist . Deshalb ist es wichtig, dass wir
am Mutterschutz festhalten und jetzt den Mutterschutz
weiter verbessern .

Ich freue mich auf die parlamentarischen Beratungen
und hoffe, dass wir dieses Gesetz zügig verabschieden
können, damit die zukünftigen Mütter in unserem Land –
es werden ja zum Glück immer mehr Kinder geboren;

auch das ist eine gute Nachricht – noch mehr Schutz be-
kommen .

Zum Abschluss möchte ich mich ganz persönlich da-
für bedanken, dass Sie alle es unterstützt haben, dass ich
als Ministerin eine persönliche Auszeit nehmen konnte .
Das ist im politischen Betrieb nicht selbstverständlich .
Selbst von der Opposition – ich darf an dieser Stelle Frau
Dr . Brantner erwähnen – gab es öffentlich positive Rü-
ckendeckung in der Form, dass sie gesagt hat, dass es
richtig ist, dass die Familienministerin im Mutterschutz
Anrecht auf eine Auszeit hat und sich nicht zu Wort mel-
den muss . Das fand ich sehr positiv . Ich glaube, es ist
wichtig, dass wir Politiker nicht nur über die Dinge re-
den, sondern sie auch gemeinsam tun . In diesem Sinne
sei es mir erlaubt, zum Schluss dieses persönliche Dan-
keschön auch für meine Mutterschutzzeit zu sagen .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg . Dr . Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818228100

Vielen Dank, Manuela Schwesig . – Nächste Rednerin:

Sabine Zimmermann für die Linke .


(Beifall bei der LINKEN)



Sabine Zimmermann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1818228200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll – das
sagt zumindest die Bundesregierung – der bestmögliche
Gesundheitsschutz für schwangere und stillende Frauen
gewährleistet werden . Sagen Sie einmal, meine Damen
und Herren von der Regierung, und auch Sie, Frau Mi-
nisterin Schwesig, meinen Sie das wirklich ernst? Ich
habe da so meine Zweifel . Ich will Ihnen auch erklären,
warum: Kürzlich haben Sie der Rechtsverschärfung für
Alleinerziehende im Hartz-IV-Bezug zugestimmt .


(Gülistan Yüksel [SPD]: Quatsch!)


Dass es nicht dazu gekommen ist und dieses Thema erst
einmal abgesetzt worden ist, haben wir nur dem massi-
ven Protest der Verbände und der Linken zu verdanken .


(Beifall bei der LINKEN – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: So ist es!)


Jetzt wollen Sie den Mutterschutz für schwangere und
stillende Frauen lockern . Da versteht man doch die Welt
nicht mehr, wenn Sie den alltäglichen Überlebenskampf
von Alleinerziehenden noch schwerer machen wol-
len und schwangere und stillende Frauen noch weniger
schützen wollen . Was Sie hier machen, ist ein Angriff auf
die Mütter und unsere Kinder . Sie sollten sich schämen,
so etwas hier in den Bundestag einzubringen .


(Sönke Rix [SPD]: Bleiben Sie mal sachlich!)


Nun werden Sie sagen, mit dem vorliegenden Gesetz-
entwurf beziehen Sie Schülerinnen, Studentinnen und
Praktikantinnen in den Mutterschutz ein . Ich sage Ihnen:
Das war schon längst notwendig und überfällig .


(Sönke Rix [SPD]: Darum tun wir es ja! Aber Sie kritisieren es ja trotzdem!)







(A) (C)



(B) (D)


Gleichzeitig schaffen Sie aber – hören Sie mir bitte ein-
mal zu – bestehende Schutzvorschriften faktisch ab . Das
Verbot der Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit soll nach
Ihren Vorstellungen nämlich dann nicht mehr gelten,
wenn die Frau sich ausdrücklich dazu bereit erklärt . Man
fragt sich ja: Welchen Bezug haben Sie zur Lebenswirk-
lichkeit? Was glauben Sie denn, wie eine junge Frau, die
von ihrem Job abhängig ist, auf die Frage ihres Chefs
reagieren wird, ob sie denn ausnahmsweise eventuell
spätabends oder am Feiertag arbeiten würde? Sie hat
doch gar keine Alternative . Sie wird natürlich diesem
Ansinnen zustimmen .

Dem Chef vehement zu widersprechen, das wird wohl
die absolute Ausnahme sein, sofern der Chef überhaupt
fragt und die Freiwilligkeit im Gesetz nicht ohnehin als
Freibrief ansieht .


(Zuruf von der CDU/CSU: Was ist denn das für ein Weltbild, das die Linke hat?)


Diese angebliche Verbesserung ist nichts anderes als eine
Aufweichung von Schutzvorschriften . Und das ist mit
der Linken nicht zu machen .


(Beifall bei der LINKEN)


Das ist Handeln getreu dem Motto: Wenn die Beschäf-
tigte sich vermeintlich freiwillig bereit erklärt, ist alles
erlaubt .


(Sönke Rix [SPD]: Sagen Sie auch noch was zum Inhalt?)


Und das aus einem sozialdemokratisch geführten Hause!
Das macht einen wirklich fassungslos .

Aber es geht noch weiter: Faktisch wollen Sie eine
Unterscheidung in unverantwortbare und verantwortbare
Gefährdung für schwangere und stillende Frauen einfüh-
ren . Entweder ist eine Arbeit gefährdend, oder sie ist es
nicht . Der Begriff „unverantwortbar“ lässt doch mehr of-
fen, als er tatsächlich regelt . Das geht zulasten des Schut-
zes von schwangeren und stillenden Frauen . Auch das ist
für die Linke völlig inakzeptabel .


(Beifall bei der LINKEN)


Meine Damen und Herren, seit Jahren wird auf euro-
päischer Ebene über die Ausweitung des Mutterschutzes
diskutiert. Deutschland befindet sich mit seinen Rege-
lungen im Vergleich zu anderen EU-Staaten am unte-
ren Ende . Deutschland hat auch immer einen längeren
Mutterschutz blockiert . Dabei zeigen Studien, dass ein
längerer Mutterschaftsurlaub die Wiedereinstiegsquote
ins Berufsleben fördert und Frauen gestärkter und moti-
vierter wieder arbeiten gehen . Sie zeigen auch, dass ein
verbesserter Mutterschutz bei der Vereinbarkeit von Be-
ruf und Familie hilft . Außerdem steigert er die Chancen
von Frauen im Berufsleben .

Meine Damen und Herren, ich empfehle Ihnen: Nut-
zen Sie die Sommerpause, um sich vor allen Dingen mit
einer echten Stärkung des Mutterschutzes zu beschäfti-
gen, sofern Sie das wirklich möchten . Ich kann nicht er-
kennen, dass das bislang der Fall ist .

Danke schön .


(Beifall bei der LINKEN)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818228300

Vielen Dank, Sabine Zimmermann . – Nächste Redne-

rin: Bettina Hornhues für die CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Bettina Hornhues (CDU):
Rede ID: ID1818228400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine Damen und Herren! In dieser Legisla-
turperiode haben wir bereits viele wichtige familienpoli-
tische Themen und Vorhaben umgesetzt . Nun kümmern
wir uns um ein weiteres Ziel aus unserem Koalitions-
vertrag: die Novellierung des Mutterschutzgesetzes . Es
ist unbestritten, dass aus frauenpolitischer Sicht seit der
Entstehung des Gesetzes 1952 und einer ersten wichtigen
Reform im Jahre 1966 viel in unserer Gesellschaft pas-
siert ist: Familienmodelle sind vielfältiger und flexibler
geworden, Frauen sind ein selbstverständlicher Bestand-
teil der Arbeitswelt, und die Arbeitswelt als solche hat
sich in den letzten 60 Jahren natürlich auch verändert .
Diesen Veränderungen müssen wir nun Rechnung tragen
und die schwangere und stillende Frau und ihr Kind bzw .
ihr ungeborenes Kind besser schützen .

Dies gelingt uns mit dem vorgelegten Gesetzentwurf
meiner Meinung nach ganz gut . Eines müssen wir uns ja
vor Augen halten: Das novellierte Mutterschutzgesetz ist
ein Gesetz für die Praxis . Sobald eine berufstätige Frau
von ihrer Schwangerschaft erfährt, kommen viele Fragen
auf, gerade bei jungen Frauen, die ihr erstes Kind erwar-
ten . Aber nicht nur aufseiten der Arbeitnehmer, sondern
auch bei den Arbeitgebern bestehen bisher noch zu viele
Unsicherheiten im Umgang miteinander . Die alten Rege-
lungen und Verordnungen waren undurchsichtig und für
viele schwer verständlich, was in der Praxis dazu geführt
hat, dass Frauen häufig voreilig aufgrund von Unsicher-
heit in das Beschäftigungsverbot geschickt worden sind
und der Arbeitgeber die Stelle nachbesetzt hat . An dieser
Stelle müssen wir nun nachbessern .

Um mehr Transparenz zu schaffen und Frauen eine
längere Teilhabe am Erwerbsleben auch während der
Schwangerschaft zu ermöglichen, wird in dem vorliegen-
den Gesetzentwurf unter anderem die Verordnung zum
Schutze der Mütter am Arbeitsplatz in das Mutterschutz-
gesetz integriert . Dies ist ein erster großer Fortschritt,
womit die Regelungen für Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitgeber sowie für die Aufsichtsbehörden klarer und
verständlicher werden .

Heutzutage wollen ja viele Frauen nicht neun Mona-
te zu Hause sitzen, sondern auch während der Schwan-
gerschaft ihrer gewohnten Arbeit nachgehen . Damit dies
funktionieren kann, müssen bestimmte Mechanismen
und Schutzmaßnahmen greifen, welche in dem neuen
Mutterschutzgesetz neu definiert werden.

So wurde beispielsweise der Begriff der „unverant-
wortbaren Gefährdung“ mit einer klaren Rangfolge der
Schutzmaßnahmen eingeführt . Dadurch wird der Schutz

Sabine Zimmermann (Zwickau)







(A) (C)



(B) (D)


am Arbeitsplatz deutlich verbessert . Es werden früh-
zeitig Schutzmaßnahmen getroffen, um Unsicherheiten
zu vermeiden und Rechtssicherheit auf allen Seiten zu
schaffen . Die Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes
dient als Grundlage und hat nicht nur an dieser Stelle eine
zentrale Bedeutung .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Arbeitsschutz kann nur funktionieren, wenn die po-
tenziellen Gefährdungen im Voraus definiert sind und so
für die Schwangere analysiert werden können . Wird nun
eine unverantwortbare Gefährdung festgestellt, definiert
das neue Mutterschutzgesetz eine klare Rangfolge von
Schutzmaßnahmen:

Erstens . Umgestaltung der Arbeitsbedingungen .

Zweitens . Ist dies nicht möglich, hat der Arbeitgeber
die Frau an einem anderen geeigneten Arbeitsplatz ein-
zusetzen .

Drittens . Erst dann, wenn die unverantwortbare Ge-
fährdung weder durch Schutzmaßnahmen noch durch
einen Arbeitsplatzwechsel behoben werden kann, erfolgt
das individuelle Beschäftigungsverbot .

Frauen, die nun während ihrer Schwangerschaft ar-
beiten möchten, werden zukünftig nicht nur besser ge-
schützt, sondern sie können ihre Arbeitszeit auch flexibler
und zeitgemäßer gestalten . Dabei achten wir ganz beson-
ders auf die Einhaltung der besonderen Bedürfnisse einer
Schwangeren . Sollte einer Änderung der Arbeitszeiten
durch die Landesaufsichtbehörden zugestimmt werden,
geht das nicht mehr ohne ein ärztliches Attest, welches
die Unbedenklichkeit bestätigt .

Der neue Gesetzentwurf legt dabei ganz klar die
Selbstbestimmung der Frau in den Fokus, was eine mo-
derne und zeitgemäße Familienpolitik widerspiegelt und
dabei einen verantwortungsvollen Gesundheitsschutz für
die schwangere und stillende Frau und ihr Kind sicher-
stellt . Als Politikerin, Frau und Mutter begrüße ich dieses
sehr .

Dazu trägt auch die Neueinrichtung eines Ausschus-
ses für Mutterschutz bei . Zum einen wird er Arbeitgebern
und Behörden bei der Umsetzung der neuen Regelungen
helfen . Zugleich wird der Ausschuss im Sinne des Ar-
beitsschutzes sicherheitstechnische, arbeitsmedizinische
und hygienische Regeln zum Schutze der Frauen erstel-
len . Somit werden mögliche Gefährdungen von schwan-
geren und stillenden Frauen qualifiziert ermittelt und
begründet .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg . Sönke Rix [SPD])


Zum anderen wird uns der Ausschuss im Rahmen seiner
Beratertätigkeit helfen, den Mutterschutz stetig weiterzu-
entwickeln und zu aktualisieren .

Wichtig ist, dass am Ende der parlamentarischen
Beratungen ein Gesetz vorgelegt wird, welches für die
Schwangeren und deren Arbeitgeber gleichermaßen kla-
re Regeln für die weitere Zusammenarbeit vor, während
und direkt nach der Schwangerschaft setzt und Grund-
lage für eine offene Kommunikation ist . Damit schaffen

wir nicht nur die besten Voraussetzungen für einen zeit-
gemäßen Mutterschutz, sondern auch für einen gelunge-
nen Wiedereinstieg in das Erwerbsleben .

Unsere Aufgabe ist es nun, erwerbstätige Frauen
während der Schwangerschaft und nach der Geburt des
Kindes bestmöglich zu schützen, damit sie sich auf die
wirklich wichtigen Dinge konzentrieren können und ins-
besondere auf die Geburt ihres Kindes .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818228500

Vielen Dank, Bettina Hornhues . – Nächste Rednerin:

Dr . Franziska Brantner für Bündnis 90/Die Grünen .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Danke, Frau Präsidentin . – Sehr geehrte Damen und
Herren! Wir diskutieren heute über die Reform des
Mutterschutzgesetzes, um es etwas zu entstauben . Zum
Glück kommt es zur Ausweitung des Geltungsbereichs
auf Schülerinnen, Studentinnen und Praktikantinnen, zur
Verlängerung der Schutzfrist bei der Geburt eines behin-
derten Kindes und zur Verlängerung der Kündigungsfrist
bei einer Fehlgeburt . Das sind wichtige Verbesserungen,
die auch den Bedürfnissen der aktuellen Situation ent-
sprechen .

Bei den anderen Punkten, die wir jetzt schon diskutiert
haben, gibt es natürlich ein Ringen zwischen dem Schutz
und der Selbstbestimmung der Frau darüber, wann sie
wie viel arbeiten möchte . Es geht darum, das in einen
guten Einklang zu bringen . Für mich muss hier die Re-
gel sein: Schwangerschaft ist keine Krankheit . Deswegen
muss erst einmal alles möglich gemacht werden, damit
die Frau weiter arbeiten kann .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Manche Unternehmen machen es sich heute häufig ein-
fach und erteilen sofort ein Beschäftigungsverbot, ob-
wohl es vielleicht durch Anpassungen möglich wäre,
eine Schwangere weiterhin zu beschäftigen . Andererseits
muss man aufpassen, dass die Regelungen nicht dazu
führen, dass viele Frauen am Ende vielleicht keine Wahl
mehr haben und sich gezwungen sehen, doch arbeiten zu
gehen . Hier muss eine entsprechende Balance eingehal-
ten werden .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg . Matthias W . Birkwald [DIE LINKE])


Ich finde es aber traurig, dass dieses Entstauben jetzt
national geschieht . Es gibt nämlich nicht nur in Deutsch-
land ein Mutterschutzgesetz aus den 50ern, sondern auch
eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 1992 . Frau Reding,
die EU-Kommissarin, hatte mit ähnlichen Maßnahmen
wie denen, die wir jetzt hier auf dem Tisch haben, vor-
geschlagen, diese auch einmal zu entstauben . Sie wollte
es vielleicht sogar noch etwas moderner machen; sie hat

Bettina Hornhues






(A) (C)



(B) (D)


nämlich erkannt, dass die Rolle der Partnerinnen bzw .
Partner nach der Geburt extrem wichtig ist, sie also da
sind – auch für die Gesundheit der Mutter; ich nenne nur
das Stichwort „postnatale Depression“ –, man nicht allei-
ne ist . Deswegen sah die europäische Ebene auch etwas
für die Väter bzw . Partnerinnen nach der Geburt vor . Die-
sen Vorschlag auf europäischer Ebene haben die Vorgän-
gerregierung und auch diese Regierung zusammen mit
der britischen Regierung über Jahre so blockiert, dass die
Kommission ihn zurückgezogen hat .

Weil wir in diesen Wochen immer viel über Europa
und den Brexit reden, möchte ich das hier doch noch
einmal ansprechen: Was war eines der Argumente da-
gegen? Es hieß immer, Mutterschutz, da ginge es bloß
um bürokratische Regelungen . Dazu sage ich ganz klar
Nein . Worum geht es wirklich? Ein guter Mutterschutz
ist natürlich eine Einschränkung der Arbeitskraft . Das ist
auch ein Kostenfaktor . In einem offenen Binnenmarkt
mit mobilem Kapital und mobilen Waren und nicht ganz
so flexiblen Menschen geht es darum, dass ein guter Mut-
terschutz kein Standortnachteil ist, dass die Unternehmen
nicht an die Orte mit einem schlechten Mutterschutz ge-
hen, um davon zu profitieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Sönke Rix [SPD] und Karin Binder [DIE LINKE])


Deswegen sind eine europäische Mutterschutzrichtlinie
und ein guter europaweiter Mutterschutz keine bürokra-
tischen Regelungen, sondern Ausdruck eines sozialen
Europas .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Es ist sehr schade, dass wir es nicht geschafft haben,
in diesem Bereich für Millionen von Frauen europaweit
eine Verbesserung hinzubekommen, weil diese Initiative
aus Deutschland blockiert wurde . Es ist schön, dass wir
heute für die deutschen Frauen eine Verbesserung voran-
bringen . Ich würde mir wünschen, Frau Schwesig, dass
Sie, sobald wir dieses Gesetz verabschiedet haben, Brüs-
sel anrufen und sagen: Übrigens, wir sind jetzt bereit, ge-
meinsam für ein stärkeres soziales Europa zu kämpfen,
für eine europaweite Modernisierung des Mutterschut-
zes . – Vielleicht werden auch wir dann noch ein bisschen
moderner und nehmen die Väter und Partnerinnen mit in
den Blick . Das könnte uns auch nicht schaden .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818228600

Vielen Dank, Franziska Brantner . – Die nächste Red-

nerin: Gülistan Yüksel für die SPD .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gülistan Yüksel (SPD):
Rede ID: ID1818228700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mut-

ter werden und Mutter sein gehört für viele Frauen zu
den schönsten Erfahrungen im Leben . In Deutschland
genießen werdende Mütter zum Glück schon lange ge-
setzlichen Mutterschutz . Die Arbeitswelt und das Bild
von Frauen und Müttern am Arbeitsplatz haben sich aber
seit 1952 grundlegend verändert . Das seit fast 65 Jahren
geltende Mutterschutzgesetz kommt langsam ins Ren-
tenalter . Wir als SPD-Fraktion begrüßen deshalb sehr,
dass Ministerin Schwesig die Modernisierung des Mut-
terschutzrechts in Angriff genommen und einen Entwurf
vorgelegt hat, der den Gegebenheiten einer modernen
Arbeitswelt gerecht wird .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Die geplanten Neuregelungen des Mutterschutzrechts
passen das Gesetz an den neusten Stand wissenschaftli-
cher und technischer Erkenntnisse an . Sie machen den
Mutterschutz übersichtlicher, transparenter und verständ-
licher . Das Gesetz stellt sich außerdem dem Anspruch,
die Akzeptanz für den Mutterschutz insgesamt zu stei-
gern, Diskriminierung vorzubeugen und Teilhabe von
Frauen zu stärken . Gleichzeitig bleibt das oberste Ziel
der Gesundheitsschutz von schwangeren und stillenden
Frauen und ihren Kindern .

Sehr geehrte Damen und Herren, nach monatelanger
Blockade gilt der Mutterschutz nun erstmals auch für
Schülerinnen und Studentinnen; das ist ja hier schon
mehrmals erwähnt worden . Ich möchte mich bei unserer
Frauenministerin ausdrücklich bedanken, dass sie sich
dafür starkgemacht hat .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Weiterhin profitieren vom Mutterschutz nun auch arbeit-
nehmerähnliche Personen sowie Frauen mit Behinde-
rung, die in Werkstätten für Menschen mit Behinderung
arbeiten, ebenso Auszubildende, Praktikantinnen, Teil-
nehmerinnen des Bundesfreiwilligendienstes und Ent-
wicklungshelferinnen . Das ist gut und richtig; denn egal
ob Schülerin oder Chefin, egal in welcher Lebensphase
oder Lebenslage eine schwangere Frau sich auch befin-
det: In erster Linie ist sie werdende Mutter . Sie verdient
deshalb den bestmöglichen Schutz für sich und das un-
geborene Kind .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Auch für selbstständige Frauen müssen Lösungen ge-
funden werden; das ist heute noch nicht erwähnt wor-
den . Hier ist es aber mit einer einfachen Ausweitung des
Mutterschutzes nicht getan; denn diese Frauen brauchen
auch einen Ersatz für ihren Einkommensausfall während
der Schutzfristen . Wir sind auch hier im Gespräch und
versuchen, eine Lösung zu finden.

Eine weitere wesentliche Änderung, die schon von un-
serer Ministerin Schwesig angesprochen wurde, die auch
ich für sehr wichtig halte und die mir sehr am Herzen
liegt, ist die Verlängerung des Mutterschutzes von acht
auf zwölf Wochen für Mütter, die ein Kind mit Behin-
derung gebären . Gerade hier ist es wichtig, Frauen nicht
alleine zu lassen, sondern ihnen mehr Zeit und Ruhe für

Dr. Franziska Brantner






(A) (C)



(B) (D)


sich und ihr Kind zu geben, damit sie die neue Situation
nicht als Belastung, sondern als Glück erleben .

Auch die Einführung eines Kündigungsschutzes von
vier Monaten nach einer Fehlgeburt, die nach der zwölf-
ten Schwangerschaftswoche auftritt, ist von besonderer
Bedeutung . Die Bindung der Mutter an ihr ungeborenes
Kind ist bereits zu diesem Zeitpunkt sehr intensiv . Des-
halb braucht die Frau in dieser für sie schwierigen Phase
mehr Zeit zur Regeneration und Verarbeitung .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wegen des veral-
teten Mutterschutzgesetzes kommt es verstärkt zu un-
gewollten Beschäftigungsverboten, was vor allem von
Frauen, die im Gesundheitsbereich arbeiten, oft zu Recht
beanstandet wird . Denn viele Frauen möchten auch in
der Schwangerschaft ihrem Beruf nachgehen . Die kla-
reren Vorgaben für Arbeitgeber bei der Beurteilung der
Arbeitsbedingungen sowie bei der Rangfolge der Schutz-
maßnahmen am Arbeitsplatz vermeiden ein vorschnelles
Arbeitsverbot . Der neue Ausschuss für Mutterschutz – er
ist heute noch nicht erwähnt worden – beim Familienmi-
nisterium wird hierbei Betriebe und Behörden mit seinen
Empfehlungen unterstützen und beraten .

Auch die neuen Regelungen zu Mehr- und Nachtarbeit
gewährleisten ein hohes Maß an Selbstbestimmung . Die
Regelungen werden branchenunabhängig und zeitgemäß
gefasst . Nachtarbeit sowie Sonn- und Feiertagsarbeit
bleiben auch weiterhin generell verboten, aber Frauen
dürfen nun auf ausdrücklichen Wunsch und bei der Erfül-
lung weiterer Voraussetzungen zwischen 20 und 22 Uhr
oder an Sonn- und Feiertagen arbeiten . Hier bekommen
Frauen mehr Mitsprache . Es muss aber klar sein, dass es
hier um den Wunsch der Frau geht und sie nicht unter
Druck gesetzt wird .

Die Kollegin Zimmermann sagte ja, dass die Schutz-
vorschriften ausgehebelt werden . Ich habe das noch ein-
mal nachgelesen . Also: Die Frauen müssen ausdrücklich
dazu bereit sein, es muss ein ärztliches Attest vorgelegt
werden, und Alleinarbeit ist ausgeschlossen . Der Schutz
wird also nicht ausgehebelt .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Berücksichti-
gung individueller Wünsche und Bedürfnisse von Frau-
en, gepaart mit dem obersten Ziel, dem Schutz der wer-
denden Mutter und des ungeborenen Lebens – das ist die
Stärke dieser Reform . Sie ermöglicht Flexibilität und
schafft mehr Transparenz . Sie nimmt eine verantwor-
tungsvolle Abwägung zwischen Gesundheitsschutz und
Erwerbstätigkeit vor .

Sehr geehrte Damen und Herren, die SPD steht für
eine zeitgemäße und wirksame Frauen- und Familienpo-
litik . Wir setzen uns für eine bessere Vereinbarkeit von
Mutterschaft, Familie und Beruf ein . Wir kämpfen für
gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in der Arbeits-
welt, sei es bei der Frauenquote oder der Lohngerechtig-
keit . Die Reform des Mutterschutzgesetzes ist dabei nur
ein wichtiger Baustein hin zu mehr Selbstbestimmung
und mehr Mitsprache . Lassen Sie uns gemeinsam da-
ran arbeiten, die bestmöglichen Voraussetzungen für die
vielfältigen Lebensentwürfe der Menschen zu schaffen!

Zum Vorteil der Frauen und ihrer Kinder, zum Vorteil der
Männer und zum Vorteil der ganzen Gesellschaft .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818228800

Vielen Dank, Kollegin Yüksel . – Nächster Redner:

Maik Beermann für die CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Maik Beermann (CDU):
Rede ID: ID1818228900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kol-

leginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen
und Herren! Schon beim Lesen einiger Vorschriften im
Mutterschutzgesetz wird eines sofort klar: Das Gesetz
ist schon etwas in die Jahre gekommen, und es wurde
langsam Zeit, insbesondere sprachlich, Veränderungen
vorzunehmen . Insofern ist es gut und wichtig, dass wir
das Gesetz in dieser Legislaturperiode grundlegend an-
packen . Begriffe wie „Lustbarkeiten“ – ich musste erst
einmal nachlesen, was Lustbarkeiten mit Mutterschutz
zu tun haben – gehören dann nämlich der Vergangenheit
an .

Die ersten mutterschutzrechtlichen Vorschriften aus
dem Jahr 1878 sahen zum ersten Mal für Frauen ein so-
genanntes Beschäftigungsverbot von drei Wochen nach
der Geburt ihres Kindes vor .


(Unruhe)


– Ich merke gerade, mit dem Begriff „Lustbarkeiten“
habe ich etwas Unbekanntes in die Debatte gebracht .


(Sönke Rix [SPD]: Ja! – Gülistan Yüksel [SPD]: Ja! – Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind alle ganz neugierig! – Ursula Groden-Kranich [CDU/CSU]: Erzähl uns mal!)


– Das machen wir gleich bilateral .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818229000

Nein, das machen wir nicht bilateral . Sie kriegen eine

Minute mehr Redezeit, wenn Sie es uns erklären .


Maik Beermann (CDU):
Rede ID: ID1818229100

Das machen wir nachher . – In einer Novelle der Ge-

werbeordnung wurde somit der Grundstein für den heute
bekannten Mutterschutz gelegt . Mit dem Mutterschutz-
gesetz vom 24 . Januar 1952 – wir haben es eben schon
gehört – ist wirklich ein Meilenstein geschafft worden .
Der Mutterschutz erhielt Einzug ins Grundgesetz, indem
in Artikel 6 jeder Mutter Schutz und Fürsorge garantiert
wird . Wichtige Schutzregeln, die bis heute unverändert
gelten, traten in Kraft .

Heute, über 60 Jahre später, in denen wir den Mut-
terschutz zwar kontinuierlich verbessert haben, wissen
wir aber auch, dass die Arbeits- und Lebensrealität nicht
mehr mit den Umständen von vor 60 Jahren übereinstim-
men . Die Rolle und das Selbstverständnis von Frauen in

Gülistan Yüksel






(A) (C)



(B) (D)


unserer Gesellschaft haben sich grundlegend verändert .
Was wir brauchen, ist eine verantwortungsvolle Abwä-
gung zwischen dem Gesundheitsschutz für die stillende
oder schwangere Frau und ihr Kind auf der einen Seite .
Zugleich müssen wir aber auch Möglichkeiten schaffen,
dass Frauen selbstbestimmte Entscheidungen über ihre
Erwerbstätigkeit treffen können .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg . Sönke Rix [SPD])


Dabei ist es unsere Intention, die Chancen der Frauen
zu verbessern und ihre Rechte zu stärken, damit sie ihrem
Beruf während der Schwangerschaft und Stillzeit ohne
Beeinträchtigung ihrer Gesundheit und der ihres Kindes
weiter nachgehen können . Die Gefährdungen einer mo-
dernen Arbeitswelt für Schwangere und stillende Mütter
stehen dabei ebenso im Fokus wie die mutterschutzrecht-
lichen Arbeitgeberpflichten.

Vor diesem Hintergrund ist es auch richtig, das Ge-
setz an die heutige Zeit anzupassen – wie beim mutter-
schutzrechtlichen Nachtarbeitsverbot, das in der Zeit von
20 Uhr bis 6 Uhr besteht . Momentan kann eine werden-
de Mutter in den ersten vier Schwangerschaftsmonaten
in einzelnen Branchen, wie in der Schankwirtschaft
oder auch im Beherbergungswesen, ausnahmsweise bis
22 Uhr arbeiten .


(Dr . Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei den Lustbarkeiten!)


Nach dem vierten Schwangerschaftsmonat ist eine Aus-
nahmegenehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde
notwendig, die überwiegend auch erteilt wird . Die Auf-
sichtsbehörde muss zwar die Frau anhören; ein ärztli-
ches Attest ist bis dato jedenfalls noch nicht vorgesehen .
Künftig soll es möglich sein, dass eine werdende oder
stillende Mutter dann bis 22 Uhr tätig sein darf, wenn
sie sich – Frau Yüksel hat es eben schon gesagt – erstens
ausdrücklich dazu bereit erklärt, zweitens aus ärztlicher
Sicht nichts gegen die Beschäftigung spricht und drittens
eine Alleinarbeit ausgeschlossen ist . Mit diesen Kriterien
stellen wir hohe Hürden zum Schutz der Frau auf .

Behauptungen, der Arbeitgeber könne Druck auf die
Frau ausüben, um sie zur Arbeit nach 20 Uhr zu zwingen
oder zu bewegen, kann ich persönlich nicht nachvollziehen .


(Zurufe der Abg . Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE])


Wir haben hier sowohl das Schutzkriterium in Form der
Einbeziehung eines Arztes sowie die Aufsichtsbehörde
als Hüterin des Mutterschutzgesetzes, die jederzeit ihrer-
seits eingreifen kann .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich habe im Übrigen auch noch nicht davon gehört, dass
eine Frau in der vorgeburtlichen Mutterschutzfrist von
sechs Wochen vor der Geburt auf Druck des Arbeitgebers
hätte weiterarbeiten sollen . Ich bin davon überzeugt, dass
auch die Arbeitgeber den Schutz von Mutter und Kind
ernst nehmen; denn kein Arbeitgeber will sich vorwerfen
lassen, dass er Mutter und Kind bewusst einer Gefähr-
dung ausgesetzt hat . Frau Kollegin Zimmermann, Politik
beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit, und wir

sollten hier nicht immer irgendwelche Generalverdachte
aussprechen .


(Beifall bei der CDU/CSU – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: So ist es!)


Es gibt noch weitere Neuregelungen, die bereits in der
letzten Legislaturperiode von der damaligen Bundesfami-
lienministerin Kristina Schröder angestoßen wurden, wie
beispielsweise den mutterschutzrechtlichen Kündigungs-
schutz für Frauen, die eine Fehlgeburt nach der zwölften
Schwangerschaftswoche erlitten haben . Bislang – das ist
für mich persönlich unbegreiflich – hängt der nachge-
burtliche Mutterschutz davon ab, wie schwer das totge-
borene Kind ist: Wiegt das Kind über 500 Gramm, ist die
Frau vom Schutzbereich des Mutterschutzgesetzes voll
erfasst; wiegt es aber nur 499 Gramm, fällt die Frau so-
fort vollständig aus dem mutterschutzrechtlichen Schutz
heraus . Mit der vorgesehenen Änderung senden wir an
die Frauen, die diese schreckliche Erfahrung machen
mussten, ein ganz wichtiges Signal: Auch ihr seid künf-
tig genauso wie alle anderen Mütter nach der Geburt vom
mutterschutzrechtlichen Kündigungsschutz voll erfasst .


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE])


Wie Sie sehen, werden wir den Mutterschutz auf diese
Art und Weise zeitgemäß reformieren, ohne den beson-
deren Schutz zu verringern .

Bei allen Überlegungen für die Überarbeitung der Mut-
terschutzregelungen müssen wir Folgendes im Blick ha-
ben: So viel Mutterschutz, wie zum Schutz der werdenden
Mutter und des Kindes erforderlich, und so wenig Mutter-
schutz, wie verantwortbar möglich . Wir sollten also keine
Überregulierung auf den Weg bringen, die dann eine Dis-
kriminierung der Frauen zur Folge haben könnte .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehr-
ten Damen und Herren, ich spreche auch als junger Vater
zu Ihnen . Wenn ich das so beurteile, sind Mütter doch
etwas Besonderes . Jeder von uns hat oder hatte eine Mut-
ter und weiß sicherlich auch, was sie oder er an ihr hat
bzw . gehabt hat – bei mir ist es jedenfalls so . Ich selbst
bin mit einer Mutter verheiratet, nämlich mit der Mutter
meiner zweijährigen Tochter Ida . Wenn ich an diesen für
mich besonderen Tag der Geburt zurückdenke, dann fällt
mir eines dazu ein – Frau Präsidentin, ich bitte darum,
dies noch ausführen zu dürfen –: Kleines Wunder, gro-
ßes Glück! So kann man es, denke ich, definieren. Die
Geburt eines Kindes ist wohl das Unglaublichste und
Schönste, was man miterleben darf . Frauen sind während
der Geburt einfach göttlich . Sie schenken Leben, entwi-
ckeln übermenschliche Kräfte und machen die Welt zu
einer besseren . Wir Männer stehen daneben und denken,
wir hätten noch Größeres vollbracht, weil wir während
der Geburt nicht umgekippt sind .


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der SPD)


Es ist doch ein unglaublich schönes und überwältigendes
Gefühl, bei einer Geburt dabei sein zu dürfen . Nach ei-
nem so wunderbaren Erlebnis weiß man wirklich, wofür
es sich zu leben lohnt .

Maik Beermann






(A) (C)



(B) (D)


Lassen Sie uns im parlamentarischen Verfahren die
Dinge nun so auf den Weg bringen, dass von der Gesetz-
gebung viele Frauen profitieren und wir dazu beitragen
können, dass unser Land ein Stück weit besser wird .

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818229200

Vielen Dank, Herr Kollege Beermann . – Als letzter

Redner in der Debatte: Paul Lehrieder . Vielleicht kann
uns der Vorsitzende des Ausschusses für Familie, Seni-
oren, Frauen und Jugend aufklären, wie es sich mit der
Lustbarkeit verhält . Ich habe schon einmal nachgeschla-
gen . Dort steht – das geht nicht von Ihrer Redezeit ab,
Herr Vorsitzender –: Lustbarkeit – eine Veranstaltung,
die vergnügen und unterhalten soll .


(Heiterkeit)


In diesem Sinne hoffe ich, dass Ihre Rede uns nun Lust-
barkeit verschafft .

Letzter Redner in der Debatte: Paul Lehrieder für die
CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1818229300

Werte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Her-

ren! Sie haben die Hürde sehr hochgelegt, wenn Sie nun
von mir Lustbarkeit von diesem Rednerpult aus erwarten .


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der SPD)


Gleichzeitig sind die salbungsvollen Ausführungen des
Kollegen Maik Beermann für die werdende Mutter eben-
falls eine hohe Hürde . Frau Ministerin hat darauf hinge-
wiesen, dass Frauen auch nach der Geburt hübsch, schön
und ausdrucksvoll sind . – Maik, Frauen sind sowohl vor
der Geburt, also als werdende Mütter, als auch nach der
Geburt betrachtenswert .

Der gesetzliche Mutterschutz hat die Aufgabe, Mütter
bzw . werdende Mütter sowie deren Kinder während der
Schwangerschaft und einige Zeit danach vor Gefährdun-
gen, Überforderung, Gesundheitsschädigungen, finanzi-
ellen Einbußen und dem Verlust des Arbeitsplatzes zu
schützen .

Frau Zimmermann und Frau Brantner, Sie haben auf
die europäische Mutterschutzrichtlinie Bezug genom-
men . Es ist sicherlich richtig, dass auf europäischer Ebe-
ne über einen Mutterschutz diskutiert wurde, der weiter
ging als das, was wir bisher haben . Aber verkennen Sie
bitte nicht, dass wir in Deutschland mit dem Elterngeld
und der Elternzeit 12 Monate nachgeburtlichen Mutter-
schutz und zwei Drittel Lohnersatzleistungen gewähren .
In dieser Breite hat das kein anderes Land in Europa .


(Dr . Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre angerechnet worden!)


Bei uns gibt es sogar zusätzlich zwei Monate Väter-
schutz . Dieses Niveau müssen die anderen Länder in
Europa erst einmal erreichen . Sie sollten den Status quo
und die Realität nicht ganz ausblenden, wenn Sie über

den Mutterschutz sprechen . Man sollte durchaus darauf
hinweisen, was wir in Deutschland schon erreicht haben .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818229400

Herr Lehrieder, erlauben Sie eine Bemerkung oder

Frage von Frau Dr . Brantner?


Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1818229500

Ja, selbstverständlich .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Lehrieder, da Sie gerade darauf verwiesen haben,
dass die Forderungen auf europäischer Ebene weitgehen-
der waren: Das Elterngeld wäre darauf eins zu eins anre-
chenbar gewesen . Für Deutschland hätte sich in diesem
Bereich nicht viel verändert, wohl aber zum Beispiel bei
den Kündigungsfristen . Die Dauer des Mutterschutzes
hätte sich jedenfalls für sehr viele Frauen europaweit
verbessert . Bei uns wäre es, wie gesagt, anrechenbar ge-
wesen .

Verbesserungen für sehr viele Frauen europaweit ha-
ben wir aber verhindert . Das ist schade; denn das hätte
das soziale Europa gestärkt . Schließlich kämpfen wir im
Moment täglich dafür, den Menschen zu erklären, was
ihnen Europa bringt . Wenn ich einer Frau sagen kann:
„Durch Europa hast du einen vernünftigen Mutter-
schutz“, dann ist das etwas Konkretes . Wären Sie bereit,
zusammen mit Frau Schwesig nachher das Signal nach
Europa zu senden: „Wir haben es national geschafft; nun
darf die EU auch weiter gehen“?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1818229600

Frau Kollegin Brantner, herzlichen Dank für die Fra-

ge . – In den nächsten Wochen und Monaten werden sehr
viele Signale nach Brüssel zu senden sein . Es wird be-
reits darüber diskutiert, wie es mit Europa weitergehen
soll, welche Befugnisse und Aufgaben die Europäische
Kommission in Zukunft haben soll, ob die Europäische
Kommission eine europäische Regierung mit allen Auf-
gaben werden soll . Da gibt es viel zu tun . – Bleiben Sie
stehen, Frau Brantner . Ich bin noch nicht fertig .


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)


Natürlich ist die Weiterentwicklung des Mutterschut-
zes ein großes Thema auf europäischer Ebene . Aber mit
der alten Mutterschutzrichtlinie wird es nicht weiterge-
hen; denn sie wurde zurückgezogen . Ob sich Europa an
Deutschland und seinen Erfahrungen, die es in den letz-
ten Jahren mit dem Elterngeld gemacht hat, ein Beispiel
nimmt, bleibt abzuwarten . Erst vor einem Jahr haben wir
das Elterngeld Plus eingeführt . Wir entwickeln das El-
terngeld und die Schutzzeit für beide Partner, für Vater
und Mutter, nach der Geburt weiter . Selbstverständlich
werden wir darauf achten . Ich weiß die Frau Ministerin
auf unserer Seite, wenn wir geschwind weitere Vorschlä-

Maik Beermann






(A) (C)



(B) (D)


ge Richtung Brüssel schicken . – Wie ich sehe, hat sich
Frau Kollegin Brantner gesetzt . Dann muss ich mit mei-
ner Rede fortfahren .

Das Mutterschutzgesetz gilt für alle werdenden Müt-
ter, die in einem Arbeitsverhältnis stehen . Weitere Rege-
lungen zum gesundheitlichen Schutz werdender Mütter
vor Gefahren, Überforderung oder der Einwirkung von
Gefahrenstoffen am Arbeitsplatz sind in der dazugehöri-
gen Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz
geregelt .

Nach den geltenden Mutterschutzfristen dürfen wer-
dende Mütter in den letzten sechs Wochen vor der Ent-
bindung nur mit Einwilligung und bis zum Ablauf von
acht Wochen, bei Früh- und Mehrlingsgeburten bis zum
Ablauf von zwölf Wochen, nach der Entbindung gar
nicht beschäftigt werden . Zusätzlich sieht das Gesetz
beispielsweise bei Akkord-, Fließband-, Mehr-, Sonn-
tags- und Nachtarbeit generelle Beschäftigungsverbote
vor. Zum Schutz vor finanziellen Nachteilen regelt das
Mutterschutzgesetz verschiedene Leistungen, wie zum
Beispiel das Mutterschaftsgeld .

Jetzt käme der Passus über die Lustbarkeiten . Um die
Frau Präsidentin nicht zu verwirren, lasse ich diesen jetzt
weg .


(Zurufe von der SPD und der LINKEN: Schade!)


Im gemeinsamen Koalitionsvertrag mit der SPD ha-
ben wir uns darauf verständigt, eine Reform des Mut-
terschutzgesetzes zu erarbeiten, die einen umfassenden
Schutz, mehr Transparenz und weniger Bürokratie vor-
sieht . Mit der Neuregelung des Anwendungsbereichs
wird der gesundheitliche Mutterschutz künftig auch
Frauen in Studium, Ausbildung und Schule einbeziehen .
Auch für sie gilt die sechswöchige Schutzfrist vor der
Geburt, in der die werdende Mutter nicht mehr arbeiten
muss, genauso wie das achtwöchige Beschäftigungsver-
bot nach der Entbindung .

Im Rahmen der Neuregelung des Mutterschutzrechts
war uns als Union besonders wichtig, dass Schülerinnen
und Studentinnen jedoch selbst entscheiden können, ob
sie freiwillig an einer wichtigen Klausur, Prüfung oder
Hausarbeit kurz nach der Entbindung teilnehmen oder
nicht . Für sie gilt der Schutzbereich des Mutterschutzge-
setzes, wir ermöglichen ihnen jedoch gleichzeitig Raum
für die Flexibilität, von der nachgeburtlichen Mutter-
schutzfrist keinen Gebrauch zu machen, um beispiels-
weise keine Nachteile in der Schule oder im Studium zu
erfahren . So müssen beispielsweise die Studentinnen, die
sich fit fühlen, die Klausur doch zu schreiben, nicht ein
oder zwei Semester verlieren, nur weil die Geburt erst
wenige Wochen zurückliegt .

Wir bieten hiermit ein Stück Wahlfreiheit, den Zeit-
punkt der Rückkehr selbst bestimmen zu können . Ich bin
der Auffassung, dass wir Studentinnen und Schülerin-
nen, die sich körperlich dazu in der Lage sehen, nicht
auferlegen sollten, eine Prüfung aufgrund der Geburt
zu verschieben und das Studium somit in die Länge zu
ziehen oder sonstige Nachteile im Rahmen ihrer Ausbil-
dung zu erfahren . Künftig wird es darüber hinaus allen

Frauen möglich sein, in den Abendstunden – hier ist ein
ärztliches Attest notwendig; die Vorredner haben zum
Teil schon darauf hingewiesen – und sonn- und feiertags
arbeiten zu können, wenn sie dies möchten und ausge-
schlossen ist, dass die werdenden Mütter sich alleine an
ihrem Arbeitsplatz aufhalten .

Die neuen mutterschutzrechtlichen Regelungen wer-
den des Weiteren auch für die Arbeitgeber praxistaugli-
cher gestaltet, indem wir den Begriff der unverantwort-
baren Gefährdung einführen und die klare Festlegung
der Rangfolge der Schutzmaßnahmen festlegen . Arbeit-
geber, werdende Mütter und Aufsichtsbehörden werden
hier durch den neu geschaffenen Ausschuss für Mutter-
schutz bei der Umsetzung der neuen mutterschutzrecht-
lichen Regelungen unterstützt . Zudem verbessern wir
den Schutz für Mütter von Kindern mit Behinderungen .
Darauf haben die Kolleginnen und Kollegen bereits hin-
gewiesen .

Mit der Reform des Mutterschutzrechts sorgen wir für
den notwendigen Schutz für Mütter und deren Kinder,
ohne dass wir mit zu starren Maßnahmen und Überregu-
lierung die Interessen und Perspektiven unserer Arbeit-
nehmerinnen gefährden. Die beruflichen Chancen und
Ziele können auch während der Schwangerschaft und
nach der Entbindung ohne Beeinträchtigung der eigenen
Gesundheit und der Gesundheit des Kindes weiter ver-
folgt werden; denn viele Frauen möchten gerne länger
bis zur Geburt arbeiten . Sie müssen es nicht, Frau Kolle-
gin Zimmermann, sondern sie wollen es aus freien Stü-
cken . Auch das gibt es gelegentlich noch .

Ich freue mich auf die Beratungen und auf die Sach-
verständigenanhörung im September . Ich wünsche Ihnen
einen schönen Abend .

Danke schön .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1818229700

Vielen Dank, Herr Kollege Lehrieder . – Ich schließe

die Aussprache und danke Ihnen für die sehr angenehme
Aussprache .

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 18/8963 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen . Gibt es
dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall .
Dann ist die Überweisung so beschlossen .

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung .

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-
tages auf morgen, Donnerstag, 7 . Juli 2016, pünktlich um
9 Uhr, ein; denn wir wollen morgen pünktlich zu einer
bestimmten Uhrzeit fertig sein .

Einen schönen Abend; für die, die Fußball schauen
wollen, eine gute Beobachtung des möglicherweise über-
nächsten Gegners .

Die Sitzung ist geschlossen .