Gesamtes Protokol
Nehmen Sie bitte Platz . Die Sitzung ist eröffnet .
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie zu
unserer Plenarsitzung und rufe gleich Tagesordnungs-
punkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Entwurf eines Vierten Geset-
zes zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgeset-
zes.
Für einen einleitenden Bericht dazu erhält der zustän-
dige Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruk-
tur das Wort .
Sofern es schon absehbare Nachfragewünsche aus den
Fraktionen gibt, wäre es zur Sortierung dieser Fragewün-
sche hilfreich, wenn mir die Geschäftsführer dazu gleich
ein paar Hinweise gäben .
Ich mache schon jetzt darauf aufmerksam, dass für die
anschließende Befragung eine Minute jeweils für Fra-
gen und Antworten zur Verfügung steht . Diejenigen, die
später an der Fragestunde beteiligt sind, mache ich au-
ßerdem darauf aufmerksam, dass viele der eingereichten
Fragen, die zur mündlichen Beantwortung gestellt wor-
den sind, schriftlich beantwortet werden, sodass manche
Fragen sehr viel schneller aufgerufen werden, als es der
eine oder andere vielleicht in seinen bisherigen Disposi-
tionen vermutet .
Herr Minister Dobrindt, bitte schön .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Meine Damen und Herren! Das Bundeskabi-
nett hat heute die Änderung des Bundesfernstraßenmaut-
gesetzes beschlossen . Es geht im Wesentlichen darum,
dass wir unseren Rekordmittelaufwuchs für die Infra-
struktur auch in die Zukunft verstetigen . Das heißt, der
Investitionshochlauf, den mein Haus vorgezeichnet hat
und der bis 2018 für einen Investitionszuwachs von circa
40 Prozent in meinem Haushalt sorgt, soll auch über das
Jahr 2018 hinaus verlängert werden . Dazu diente im ver-
gangenen Jahr die Verbreitung und Vertiefung der Lkw-
Maut auf die Fahrzeugklasse 7,5 bis 12 Tonnen und ihre
Ausweitung auf die vierspurigen Bundesstraßen . Diese
Maßnahme wird in diesem Jahr zum ersten Mal ihre vol-
le Wirksamkeit erreichen und an die 400 Millionen Euro
zusätzlich bringen .
Weiter haben wir mit diesem Gesetzentwurf vor, die
Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen zu erweitern . Um
einmal einen Vergleich zu ziehen: Autobahnen machen
13 000 Kilometer aus . Bei vierspurigen Bundesstraßen
haben wir das Mautsystem inzwischen auf 2 300 Kilo-
meter ausgedehnt . Die Bundesstraßen, die ab 2018 in
das Mautsystem einbezogen werden sollen, umfassen
40 000 Kilometer . Das wird in seiner vollen Jahreswir-
kung zusätzliche Einnahmen in Höhe von circa 2 Mil-
liarden Euro bringen . Diese Einnahmen stehen zweck-
gebunden für Investitionen in die Straßeninfrastruktur,
das heißt für die Sanierung und auch den Neubau von
Straßen, zur Verfügung .
Das ist im Übrigen die Grundlage dafür, dass wir
unseren Bundesverkehrswegeplan, den wir im ersten
Entwurf vorgelegt haben, auch mit den notwendigen Fi-
nanzmitteln hinterlegen können, um damit die hohe In-
vestitionsquote im Verkehrsministerium für die Zukunft
zu sichern . All diese Maßnahmen helfen dabei, die im
Bundesverkehrswegeplan vorzufindenden Projekte, die
wir zurzeit diskutieren – die Bürgerbeteiligung ist ja ge-
rade abgeschlossen, geht dann in die Auswertung und hat
schließlich Einfluss auf die Kabinettsvorlage des Bun-
desverkehrswegeplans –, zu verwirklichen . Von daher ist
das eine gute Grundlage dafür, das hohe Investitionsni-
veau, das wir schon jetzt im Verkehrshaushalt sehen, und
den Investitionshochlauf auch weiterhin in die Zukunft
zu verstetigen .
Danke schön .
Die erste Nachfrage hat die Kollegin Wilms .
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 169 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . Mai 201616634
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Vielen Dank, Herr Präsident . – Herr Minister, Sie ha-
ben einen sehr schönen Vortrag gehalten .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Herzlichen Dank .
Aber zu der Sache selbst haben Sie wenig gesagt . Sie
haben immer nur über Ihren sogenannten Hochlauf, der
irgendwo in den Sternen steht, geredet .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Investitionshochlauf! Der steht im Haushaltsgesetz,
nicht in den Sternen .
Vielleicht auch über den eigenen Hochlauf; ich weiß
es ja nicht . – Sie haben außerdem über den Bundesver-
kehrswegeplan geredet . Entscheidend ist aber jetzt, dass
wir uns wirklich ernsthaft mit den Problemen, die Sie
jetzt mit der Lkw-Maut haben, beschäftigen .
Darum meine ganz gezielte Nachfrage: Wenn ich es
richtig mitbekommen bzw . gehört habe – wir haben ja
offiziell noch gar nichts von Ihnen –, beabsichtigen Sie
jetzt, mit der Lkw-Maut Bundesstraßen in den Ortschaf-
ten, also Ortsdurchfahrten in Form von Bundestraßen,
voll zu bemauten . Das heißt, in größeren Städten ab
80 000 Einwohnern bekommen wir die Maut auf der
Bundesstraße .
Frau Kollegin .
Wenn ich aber über eine Nebenstraße fahre, werde ich
nicht bemautet . Wie wollen Sie es eigentlich regeln, dass
nicht ein Mautausweichverkehr innerhalb der Gemein-
den stattfindet?
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Wenn die Frage länger als eine Minute dauert, entfällt
dann die Antwort?
Nein, dann muss die Antwort kürzer ausfallen .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Okay . – Ich glaube, es ist eine berechtigte Frage,
inwiefern durch die Bundesfernstraßenmaut Mautaus-
weichverkehre entstehen . Tatsache ist ja, dass wir Klagen
kennen, dass jetzt Mautausweichverkehre auf Bundes-
straßen stattfinden, weil man den Autobahnen auswei-
chen will . Von daher ist es als Vorteil zu betrachten, dass
wir die Bundesstraßen jetzt in die Maut mit einbeziehen
und sich damit keine Anreize mehr ergeben, eine Auto-
bahn zu vermeiden und dafür eine Bundesstraße zu nut-
zen . Von daher wird der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf
einen enorm positiven Einfluss auf die Frage von Maut
ausweichverkehren haben .
Herr Kollege Behrens .
Herr Minister, ich hätte mir gewünscht, dass Sie eini-
ge Sätze mehr zum Inhalt des Gesetzentwurfes vorgetra-
gen hätten .
Vielleicht kann man diese Informationen noch durch
Nachfragen bekommen; aber ein wenig substanziierter
hätte es doch ausfallen können .
Die Zeit läuft, Herr Kollege Behrens .
Ja, darum fällt meine Frage auch relativ kurz aus .Es geht um das Verfahren . Wir haben ja hin und wiedernachgefragt, wie das Direktverfahren mit Toll Collectzu bewerten ist . Bei der anderen Maut, die Sie hier imPlenum eingebracht haben, haben Sie ja immer wiederversichert, es habe Absprachen mit der EU-Kommissiongegeben, um rechtzeitig signalisiert zu bekommen, ob al-les EU-konform ist . Haben Sie solche Absprachen auchin Vorbereitung der Ausweitung der LkwMaut gehabt?Wie ist die Frage bezüglich der Direktvergabe ohne Aus-schreibung an Toll Collect beantwortet worden?Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehrund digitale Infrastruktur:Wir haben bei der Lkw-Maut ja keine neue Situati-on, sondern ein geübtes Verfahren . Wir haben bereitsim letzten Jahr im Zusammenhang mit der Verbreitungund Vertiefung der Lkw-Maut, die ich dargestellt habe –Einbeziehung der vierspurigen Bundesstraßen und der
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7,5- bis 12-Tonner –, intensive Diskussionen mit Brüsselgeführt und auch da schon auf unsere Pläne hingewiesen,ab 2018 die Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen zu erwei-tern . Dies wird von der Kommission ausdrücklich positivbegleitet .Wir haben hinsichtlich der technischen Aufrüstungdes Systems vor, diese mit Toll Collect vorzubereiten . Esgeht darum, dafür zu sorgen, dass es kein anderes Maut-system gibt, damit die Nutzer keine weiteren OBUs undkeine andere Systemtechnik verwenden müssen, egal,ob sie auf Autobahnen oder auf Bundesstraßen unter-wegs sind . Das wird mit dieser technischen Aufrüstungsichergestellt . Der Betrieb des Systems ab 2018 wird eu-ropaweit ausgeschrieben . Dies ist vergaberechtlich auchgeprüft und –
Herr Minister .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
– wird von uns als richtig empfunden .
Sehr schön . – Herr Kollege Krischer .
Herr Minister, Sie planen ja neben der Lkw-Maut die
Einführung einer Pkw-Maut, wobei ich hoffe, dass die
EU-Kommission – von hier aus ein Dank an Frau Bulc –
verhindern möge, dass es dazu kommt . Aber wenn es
dazu käme, dann hätten wir eine Lkw-Maut, die ab einer
Untergrenze von 7,5 Tonnen gilt, und eine Pkw-Maut,
die bis zu einer Obergrenze von 3,5 Tonnen gilt . Es gäbe
dann eine Mautlücke. Wie erklären Sie das? Wie wol-
len Sie es handhaben, dass wir dann mehrere Hundert-
tausend Fahrzeuge haben, die in Deutschland nach Ihren
Vorstellungen in Zukunft gar keine Maut zahlen sollen,
während Pkws sowie Lkws über 7,5 Tonnen zahlen sol-
len? Sie müssten mir einmal erläutern, wie das rechtlich
und in der Praxis zu handhaben ist .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Ich sehe die von Ihnen beschriebene Mautlücke nicht .
Das sind zwei unterschiedliche Systeme, die dort vor-
herrschen: Das eine ist die Lkw-Maut, die vorrangig das
Gewerbe betrifft, das andere ist die in Diskussion be-
findliche PkwMaut, die vorrangig den privaten Verkehr
betrifft . Nichtsdestotrotz ist im heute vorgelegten Ge-
setz ein Prüfauftrag enthalten, der besagt, dass man bis
Ende 2017 zu den anderen Mautfragen ein Prüfergebnis
vorlegen soll .
Frau Leidig .
Da schließt sich meine Frage nahtlos an . Die anderen
Mautfragen betreffen beispielsweise auch die Fernlinien-
busse . Die Länder fordern – wie auch die Opposition –,
dass für sie eine Maut eingeführt wird, die sehr gering
sein kann und trotzdem erhebliche Einnahmen bringen
würde . Sie haben auch dazu einen Prüfauftrag in Ihrem
Gesetz . Meine erste Frage betrifft den Inhalt des Prüfauf-
trages: Was genau prüfen Sie also?
Die zweite Frage ist, ob Sie in der Ausschreibung zum
neuen Wegekostengutachten vorgesehen haben, dass bei
der Berechnung der Wegekosten auch die Maut für Fern-
busse berücksichtigt wird .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Zur zweiten Frage: Nein, in der Ausschreibung zum
Wegekostengutachten gibt es meiner Kenntnis nach kei-
nen Auftrag, eine Omnibusmaut zu berechnen .
Zu Ihrer ersten Frage: Als Prüfauftrag ist formuliert,
dass man sowohl hinsichtlich der Fernbusverkehre als
auch hinsichtlich der Klasse von 3,5 bis 7,5 Tonnen bis
Ende 2017 eine Prüfung vornehmen soll .
Ich lasse übrigens auch Fragen aus den Reihen der
Koalition zu, falls es welche gibt . Im Augenblick habe
ich aber keine notiert . Deswegen hat die Kollegin Wilms
jetzt wieder das Wort .
Das ging aber schnell . Vielen Dank, Herr Präsident . –Herr Minister, Sie haben eben dem Kollegen Behrens aufseine Frage zur Direktvergabe an Toll Collect geantwor-tet, dass Sie verhindern wollten, dass ein andres Maut-system eingeführt wird . Wenn ich es richtig sehe, kannes, wie ich dem Entwurf entnommen und auch ander-weitig gehört habe, jetzt passieren, dass Bundesstraßenin Form von Ortsdurchfahrten in Städten mit mehr als80 000 Einwohnern – das ist ein schönes und spannen-des Thema; denn da ist der Baulastträger nicht der Bund,sondern die Kommune – mitbemautet werden; dafür gehtdas Geld dann ja wohl an die entsprechende Kommune .Aber wenn wir irgendwann richtig in die Nutzerfinanzie-rung einsteigen wollen, so wie das die EU-Kommissionwill, dann brauchen wir eine Lösung für andere kommu-nale Straßen . Sind diesbezüglich schon Gespräche mitden Ländern, den Gemeinden und den Verbänden geführtworden? Laufen Sie nicht Gefahr, dass wir da einen ech-ten Flickenteppich bekommen? – Danke.Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehrund digitale Infrastruktur:Es gibt keine Gespräche hinsichtlich kommunalerStraßen und Maut mit Ländern oder Kommunen . DerBund kommt seiner Verantwortung für das Bundesfern-straßennetz nach – das liegt in seiner Kompetenz –, unddafür habe ich ein Gesetz vorgelegt .Bundesminister Alexander Dobrindt
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Kollege Behrens .
Herr Minister, ich habe noch einmal eine Nachfrage
bezüglich der Vergabe an Toll Collect . Neu und für mich
überraschend ist die Festlegung, dass Toll Collect im Ge-
gensatz zum gegenwärtigen Zustand die Daten künftig
für einen Zeitraum von 120 Tagen speichern kann . Damit
besteht, zumindest theoretisch, für Toll Collect die Mög-
lichkeit, diese Daten für eigene Zwecke zu nutzen und
den einen oder anderen Zusatzdienst anzubieten . Inwie-
weit ist dieser Punkt in der Vertragsgestaltung mit Toll
Collect abgebildet? Wann wird denn der Vertrag mit Toll
Collect überhaupt abgeschlossen?
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Herr Behrens, die Datenschutzregeln haben sich ge-
genüber unserem bisherigen System nicht verändert . Von
daher besteht der gleich hohe Schutz in der Zukunft wie
in der Vergangenheit .
Wir sind dabei, den Vertrag mit Toll Collect zu prü-
fen . Ich kann Ihnen von daher nicht sagen, wann er abge-
schlossen wird . Das ist eine Frage des Prozesses .
Herr Krischer. – Ihre Nachfrage hat sich erledigt? Aha.
Dann hat Frau Wilms noch eine Frage und dann Herr
Behrens . Danach können wir, glaube ich, diesen Teil der
Befragung zunächst abschließen . – Bitte schön .
Vielen Dank, Herr Präsident . – Ich komme doch noch
einmal auf die Ortsdurchfahrten zurück . Nehmen wir ein
plastisches Beispiel: Die Stresemannstraße in Hamburg –
sie ist einschlägig bekannt – ist eine Bundesstraße; die
kennt auch der Parlamentarische Staatssekretär Schröder,
der neben Ihnen sitzt . Parallel dazu verlaufen die Hols-
tenstraße und die Reeperbahn . Bei beiden Routen kom-
men Sie an der gleichen Ecke raus .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Also, was ich alles kennen soll!
Letztere kennen Sie vielleicht auch; sie ist aber keine
Bundesstraße .
Wir haben jetzt also das Problem: Auf der Bundesstraße
wird kassiert, –
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Wenn jetzt jeder Kollege hier seine privaten Straßen-
probleme aufzählt, liebe Frau Wilms!
– auf der anderen wird nicht kassiert . Das heißt, Sie
müssen sich doch in irgendeiner Form Gedanken darüber
gemacht haben, wie Sie mit diesem Problem umgehen
wollen . Haben Sie also mal mit den Kommunen darü-
ber geredet, wie man dafür sorgen kann, dass der Verkehr
nicht auf einmal über die Nebenstraßen abfließt? Das er-
schreckt mich, gelinde gesagt .
Herr Minister, können Sie diesen Schrecken ausräu-
men?
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Nein . Ich befürchte, dass mir das nicht gelingt . Ich
versuche schon seit zweieinhalb Jahren, den Schrecken
auszuräumen .
Liebe Kollegin Wilms, für die Maßnahme, die Bundes-
straßen miteinzubeziehen, gibt es große Unterstützung .
Warum? Weil gerade die Städte davon profitieren, bei de-
nen die Bauträgerlast nicht beim Bund liegt, sondern bei
den Kommunen . Wir rechnen mit 8 Prozent Mehreinnah-
men. Von diesen werden die Kommunen profitieren; sie
werden über die Länder ausgereicht . Die Einführung der
Maut hat von daher zum Ziel, die Bundesstraßen, auch
wenn sie in Städten liegen, so attraktiv zu gestalten, dass
sie so genutzt werden, wie sie genutzt werden sollen, und
die Verkehre entsprechend darauf abgewickelt werden .
Kollege Behrens noch einmal .
Herr Minister, ich habe noch eine Nachfrage bezüglichder Nutzung der Daten, die Toll Collect zur Verfügunggestellt werden . Die Frist von 120 Tagen unterscheidetsich vom heutigen Verfahren . Derzeit wird die Streckein der On-Board-Unit abgebildet, dann wird die Mautausgerechnet und die Daten werden sofort gelöscht . Jetztsoll Toll Collect die Daten, zwar anonymisiert, 120 Tagespeichern können . Ich gehe davon aus bzw . ich hoffesehr, dass dabei alle datenschutzrechtlichen Bestimmun-gen eingehalten werden . Ich hatte ja nach den zusätzli-chen Nutzungsmöglichkeiten gefragt . Werden Toll Col-lect zusätzliche Nutzungsmöglichkeiten bezüglich dieserDaten, die dem Unternehmen bis jetzt nicht zur Verfü-gung stehen, eingeräumt?
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Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehrund digitale Infrastruktur:Es ist so, wie ich es Ihnen vorhin gesagt habe: DerDatenschutz bleibt so umfänglich bestehen, wie er bisherwar . Sie sprechen die technische Situation an, dass Re-chenleistungen, die bisher in jeder einzelnen On-Board-Unit im Fahrzeug stattgefunden haben, jetzt in zentralenRechnern stattfinden. Das ist die Modernisierung diesesSystems . Das ist auch technisch so erklärt, erfüllt aberkeinen anderen Zweck, als es in der Vergangenheit auchder Fall war .
Weitere Fragen zu diesem Komplex liegen nicht vor .
Dann rufe ich jetzt auf: andere Themen der heutigen
Kabinettssitzung . – Herr Kollege Beck .
Vielen Dank, Herr Präsident . – Die Antidiskriminie-
rungsstelle des Bundes hat heute ein Rechtsgutachten
zur Rehabilitierung der nach § 175 StGB verurteilten
homosexuellen Männer vorgestellt . Der Bundesjustizmi-
nister hat heute per Presseerklärung mitgeteilt, er wolle
hierzu einen Gesetzentwurf erarbeiten und vorlegen, der
die Aufhebung von Verurteilungen und auch einen ent-
sprechenden Entschädigungsanspruch regelt . Ich möchte
wissen, ob dieser Vorstoß des Bundesjustizministers von
der Bundesregierung insgesamt unterstützt wird und wie
der Zeitplan für die Vorlage des Gesetzentwurfs aussieht .
Zunächst geht es natürlich um die Frage, ob das heute
in der Kabinettssitzung eine Rolle gespielt hat .
Ich gehe davon aus, dass der Minister das, was er der
Presse erklärt, selbstverständlich vorher mit seinen Kol-
legen im Kabinett erörtert hat .
Herr Minister .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Also, in der Kabinettssitzung, an der ich teilgenom-
men habe, hat das keine Rolle gespielt; aber ich würde an
die fachlich zuständigen Kollegen abgeben .
Bitte schön .
C
Vielen Dank, Herr Präsident . – In der Tat hat Bundes-
minister Maas heute entschieden, dass er eine entspre-
chende Initiative zum § 175 Strafgesetzbuch ergreifen
wird . Mit der Frage des Wie beschäftigen wir uns jetzt;
wir sind also in der Erarbeitung . Deswegen können wir
auch noch keinen Zeitplan nennen .
Okay. – Weitere Fragen? – Mir liegen keine weiteren
Fragen zur Kabinettssitzung vor, wohl aber eine Reihe
von Fragen zu sonstigen Themen an die Bundesregie-
rung . Diese rufe ich jetzt der Reihe nach auf und beginne
mit dem Kollegen Krischer .
Eine Frage zu sonstigen Themen . – Herr Minister, Siehaben ja öffentlich geäußert, dass Sie Tag und Nacht zurBeantwortung von Fragen zum Thema Abgasskandal zurVerfügung stehen . Deshalb gehe ich davon aus, dass manauch die Gelegenheit hier nutzen kann, um zu diesemThema etwas zu fragen .
Die Frage lautet: Kennen Sie die EU-Verord-nung 692/2008, die definiert, dass Abgasreinigungsein-richtungen „unter allen auf dem Gebiet der EuropäischenUnion regelmäßig anzutreffenden Umgebungsbedingun-gen und insbesondere bei niedrigen Umgebungstempera-turen funktionieren“ müssen?Sie haben nun in Ihrem Untersuchungsbericht ge-schrieben, die Automobilhersteller, die ja in großer Zahldie Abgasgrenzwerte nicht einhalten, seien nicht belang-bar, weil die entsprechende EU-Richtlinie nicht präzisesei . Die EU sieht das dezidiert anders, ebenso der Wissen-schaftliche Dienst ausweislich seines Gutachtens . MeineFrage an Sie lautet: Können Sie uns Ihre Rechtsexpertiseund Ihre Auffassung belegen, warum die Automobilher-steller, die sich eindeutig nicht an die Grenzwerte halten,nicht belangt werden?Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehrund digitale Infrastruktur:Sehr geehrter Herr Krischer, wir haben das in unsererUntersuchungskommission transparent aufgeklärt undauch dargestellt. In dem Bericht finden Sie Hinweise ge-nau zu Ihrer Frage, nämlich dass es nach EU-Recht zu-lässig ist, aus Motorschutzgründen dafür zu sorgen, dassdie Abgasreduzierung heruntergefahren wird . Das habenwir auch so dargestellt . Übrigens sind die Kollegen ausEngland und Frankreich zu der gleichen Einschätzung,zu dem gleichen Ergebnis gekommen . Die Engländersind einen Tag vor uns und die Franzosen, glaube ich,eine oder zwei Wochen nach uns mit ihren Gutachten,mit ihren Prüfungsergebnissen an die Öffentlichkeit ge-gangen . Von daher würde ich Sie bitten, auch diese Gut-achten in Ihren Erkenntnisprozess einzubeziehen und sieauch richtig zu bewerten .
Es gibt in Europa offensichtlich eine gleiche Rechtsauf-fassung, zumindest wird diese Rechtsauffassung vonDeutschland, England und Frankreich – das sind die Län-der, die sich geäußert haben – geteilt .
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 169 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . Mai 201616638
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Kollege Gastel .
Vielen Dank, Herr Präsident . – Herr Minister, ich habe
folgende Frage: Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass
die Deutsche Bahn Fahrgastdaten, die sie im Rahmen
der Fahrpreisnacherhebung erfasst, nicht selber weiter-
bearbeitet, sondern an eine Auskunftei weitergibt – Ar-
vato Infoscore heißt das Unternehmen –, was am Ende
dazu führen kann, dass diejenigen, die dort erfasst sind,
zu schlechteren Bedingungen an Kredite kommen . Das
ist ein Unternehmen, das der Schufa ähnelt . Das heißt,
das führt zu Nachteilen für die Betroffenen, selbst dann,
wenn sie gar nicht schwarzgefahren sind, sondern al-
les ein Missverständnis war oder sie nachher nur noch
7 Euro zahlen mussten . Ich möchte gerne von Ihnen als
Minister wissen: Wie bewerten Sie dieses? Welche Kon-
sequenzen ziehen Sie aus diesem Vorgehen des Staatsun-
ternehmens Deutsche Bahn?
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Ich kann Ihre Aussage jetzt nicht bewerten und auch
nicht überprüfen, ob es genau so stattfindet. Ich sage aber
gerne zu, dass wir eine Prüfung des Sachverhalts vor-
nehmen . Danach kann ich einen entsprechenden Bericht
abgeben .
Kollege Ströbele .
Herr Minister, auch ich habe eine Frage, die in der
Kabinettssitzung vielleicht eine Rolle gespielt hat . Wenn
nicht, bitte ich darum, dass sie dennoch von der Bundes-
regierung beantwortet wird .
Der Bundesfinanzminister soll sich laut Medienbe-
richten vorhin zu dem geplanten Visaabkommen mit der
Türkei dahin gehend geäußert haben, dass er die Auf-
fassung vertritt, dass es nur in Kraft treten kann, wenn
alle Bedingungen erfüllt sind . Das würde mit einer Ent-
scheidung des Europäischen Parlaments korrespondie-
ren, das ja wohl beschlossen hat – gestern oder heute –,
dass es, solange nicht alle Bedingungen erfüllt sind, einer
Befassung unter anderem mit diesem Abkommen nicht
nahetreten will . Meine Frage an die Bundesregierung ist
jetzt: Welche Auffassung hat die Bundesregierung dazu
vertreten, dass bisher nicht alle Konditionen erfüllt sind,
die die Europäische Union gestellt hatte, insbesondere
die zur Veränderung der Terrorismusgesetzgebung in der
Türkei, die ja vor allen Dingen auch auf Journalisten an-
gewandt wird?
Herr Kollege .
Denn die Europäische Kommission hatte ja bereits
grünes Licht gegeben . Welche Auffassung hat die Bun-
desregierung dazu vertreten?
Entschuldigung, dass meine Frage einen Augenblick
länger gedauert hat .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Herr Ströbele, das war nicht Teil der Beratung heute
im Kabinett . Ich gebe aber gerne an einen fachlich dafür
zuständigen Kollegen weiter .
Möchte jemand? – Ja, bitte schön, Herr Kollege
Schröder .
D
Es ist selbstverständlich, dass alle Voraussetzungen
erfüllt sein müssen . Die Kommission hat ja in ihrer Mit-
teilung gerade darauf hingewiesen, dass die Vorausset-
zung, die Sie genannt haben, eben noch nicht erfüllt ist .
Frau Haßelmann .
Vielen Dank, Herr Präsident . – Herr Minister, mich
interessiert, ob sich die Bundesregierung mit der Fra-
ge befasst hat, wie die gestrigen Berichte von Human
Rights Watch im Hinblick darauf, dass es zu Schüssen
und gewaltsamen Auseinandersetzungen an der türki-
schen Grenze gekommen ist, zu bewerten sind . Haben
Sie im Kabinett oder in der Bundesregierung veranlasst,
dass sich das Innen- bzw . das Außenministerium mit der
Frage befasst und dem nachgeht? Dazu hätte ich gerne
eine Auskunft .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Sehr geehrte Frau Haßelmann, das war nicht Teil der
Kabinettsberatung heute .
Aber die Frage, ob es dazu eine Positionierung der
Bundesregierung gibt, war ja jetzt unabhängig von der
Kabinettssitzung . – Herr Staatssekretär Schröder, bitte .
D
Es war heute Thema im Innenausschuss . Selbstver-ständlich beschäftigen wir uns mit der Frage und gehenden Berichten nach .
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 169 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . Mai 2016 16639
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(D)
Kollege Behrens .
Herr Minister Dobrindt, noch einmal zur Frage der
Zulässigkeit von Abschalteinrichtungen bei Dieselfahr-
zeugen . In Ihrem Schreiben vom 9 . Mai steht, dass es
die Abschalteinrichtungen geben darf, sie aber nur in
Ausnahmefällen verwendet werden dürfen, wenn Scha-
den am Motor droht . Sie legen insbesondere Wert darauf,
dass die umfangreiche Ausnutzung dieser Lücke durch
die Automobilhersteller darauf zurückzuführen ist, dass
die Automobilkonzerne festgestellt haben, was einem
Motor schaden oder was eine Beschädigung hervorrufen
könnte, dass also dieser Interpretationsspielraum miss-
braucht worden ist .
Nun sagen Sie selber, dass man damit weit über das hi-
nausgegangen ist, was die Verordnung zulässt, und dass
in Zukunft vonseiten der Fahrzeughersteller nachvoll-
ziehbar dargestellt werden soll, warum eine Abschaltein-
richtung in einem bestimmten Fall genutzt worden ist .
Hat diese Aufklärung bereits stattgefunden, und zwar in
ähnlicher Weise wie bei der Unterscheidung zwischen
Beschädigung und Schaden, die Ihnen ja offenbar von
der Automobilindustrie vorgetragen worden ist?
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Wir haben in unserem Untersuchungsbericht unter-
schiedliche Gruppen von Fahrzeugen identifiziert. Die
sogenannte Gruppe II beinhaltet Fahrzeuge, bei denen im
Rahmen dieser Ausnahme von der europäischen Richtli-
nie die Möglichkeit genutzt wird, den Motor vor Schaden
zu schützen und die Abgasreinigung zu reduzieren .
Wir haben darauf hingewiesen, dass es bei einigen
Modellen Zweifel gibt, ob die Abschalteinrichtungen
ausschließlich dem Schutz des Motors dienen . Das hat
dazu geführt, dass mit den Herstellern die Vereinbarung
getroffen wurde, für 630 000 Fahrzeuge einen Rückruf
durchzuführen und diese im Rahmen einer Serviceaktion
von den Herstellern zu optimieren . Das KBA wird diese
Optimierung überprüfen und den Rückruf begleiten .
Kollege Meiwald .
Vielen Dank, Herr Präsident . – Herr Minister, ich habe
eine Frage . Der Presse war zu entnehmen, dass die Res-
sortabstimmung zum Entwurf des Bundesverkehrswege-
plans im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung durch-
geführt werden soll . Am 2 . Mai dieses Jahres ist die Frist
abgelaufen . Deswegen lautet meine Frage, inwieweit die
Öffentlichkeitsbeteiligung bei den Vorschlägen, die das
Umweltbundesamt und das Umweltministerium – mög-
licherweise aber auch weitere Ministerien – einbringen
wollen bzw. eingebracht haben, Berücksichtigung findet.
Wir haben gelesen, dass das Umweltbundesamt vor-
schlägt, 41 Straßenprojekte komplett aus dem Bundes-
verkehrswegeplan zu streichen, weil die Umweltbilanz
und der Nutzen-Kosten-Faktor in verheerendem Ausmaß
auseinanderklaffen . Haben Sie diese Projekte bereits aus
Ihrem Entwurf gestrichen, bzw . wie wird das Ministeri-
um weiter damit umgehen? Meine weiter gehende Frage
lautet: Wie viele Stellungnahmen aus der Bevölkerung
sind zum Entwurf des Bundesverkehrswegeplans inner-
halb der Frist insgesamt eingegangen?
Vielen Dank .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Herr Kollege, als Erstes: Wir haben die Bürgerbetei-
ligung durchgeführt – übrigens zum ersten Mal in der
Geschichte von Bundesverkehrswegeplänen –, um die
Möglichkeit zu schaffen, sich zeitnah zu äußern, und
nicht erst dann, wenn ein Bundesverkehrswegeplan be-
schlossen ist und dann vor Ort über einzelne Projekte
diskutiert wird . Wir wollten dafür sorgen, dass man sich
zu dem gesamten Bundesverkehrswegeplan äußern kann .
Ich habe bisher nur die Zahl der über den Onlineweg
eingegangenen Beteiligungen parat . Hier waren es unge-
fähr 20 000 Personen, die sich beteiligt haben . Es ist ein
großer Erfolg, dass so viele Bürger die Chance genutzt
haben, ihre Meinung zu äußern . Diese Stellungnahmen
werden nun ausgewertet und im Hinblick auf ihre mög-
liche Berücksichtigung geprüft. Dann fließen sie in den
Kabinettsentwurf des Bundesverkehrswegeplans mit ein .
Zum Kabinettsentwurf des Bundesverkehrswegeplans
findet selbstverständlich auch eine Ressortabstimmung
statt . Genau so ist es geplant .
Die Anmerkungen des Umweltbundesamtes habe ich
zur Kenntnis genommen . Wir haben für alle Projekte eine
Umweltprüfung durchgeführt, die auch veröffentlicht
worden ist .
Herr Minister .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Die Liste der Straßen, die dort vorgestellt worden ist,
hat auf den ersten Blick keinen besonderen Eindruck auf
mich gemacht . Ich glaube, dass darin zu wesentlichen
Teilen solche Straßen enthalten sind, die dringend not-
wendig sind, um die Verkehrswege zu ergänzen .
Jetzt folgen noch die jeweils zweiten Nachfragen derKollegen Gastel, Krischer und Behrens und von FrauHaßelmann .
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 169 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . Mai 201616640
(C)
(D)
– Na ja, dass Sie bislang nicht in ordentlichem Maße zuWort gekommen seien, wird man schwerlich behauptenkönnen .
Wegen unserer sprichwörtlichen Großzügigkeit nehmeich Frau Wilms und den Kollegen Beck noch einmal aufdie Liste . Können wir das damit dann einvernehmlich ab-schließen? – Das ist offenkundig der Fall.Herr Kollege Gastel .
Danke schön . – Herr Minister, vor ein paar Tagen
wurde der Infrastrukturzustandsbericht für das Jahr 2015
vorgelegt, in dem es ja auch um den Zustand der Schie-
nenwege geht . Die Deutsche Bahn hat danach eines der
wesentlichsten Ziele – vielleicht das wesentlichste Ziel –
aus der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, bei
dem es um die Reduzierung des theoretischen Fahrzeit-
verlustes als Qualitätsmerkmal geht, nicht erreicht und
sogar deutlich verfehlt . Meine Frage an Sie ist: Wie wol-
len Sie künftig mit diesem Steuerungsinstrument umge-
hen, wenn es eben nicht dazu führt, dass die Infrastruktur
so erhalten wird bzw . sich so entwickelt, wie es vorgege-
ben und auch erwartet wird? Dies wird ja auch mit Geld-
gaben des Bundes verknüpft .
Der zweite Teil der Frage bezieht sich ebenfalls auf
die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung: Bei den
Eisenbahnbrücken haben wir ja ein besonderes Problem .
Es gibt in dieser Vereinbarung eine Vorgabe, wie viele
Brücken während der Laufzeit der LuFV saniert werden
müssen . Im Moment sieht es so aus, dass dieses Ziel
nicht erreicht wird. Wie gehen Sie damit um?
Versuchen Sie doch einmal, die jeweilige Frage kurz
vor Ende der einen Minute zu stellen . Damit meine ich
nicht Sie persönlich, sondern alle Betroffenen . Für Ant-
worten gilt das analog . – Herr Minister .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zeich-
net sich nicht nur durch das sehr große Volumen aus, mit
dem wir in die Infrastruktur der Schiene investieren, son-
dern auch dadurch, dass sie Kennziffern für bestimmte
Merkmale – zum Beispiel für Brücken – aufgenommen
hat . Wir erwarten, dass die Ziele, die durch diese Kenn-
ziffern beschrieben sind, auch erreicht werden . Aus mei-
ner Sicht ist dies nach wie vor möglich, und ich gehe da-
von aus, dass die Bahn dies auch entsprechend umsetzt .
Neben der Pünktlichkeit, die ein Kriterium für die
Qualität bei der Bahn ist, haben wir weitere Kriterien
aufgestellt . Im Bereich der Digitalisierung haben wir
zum Beispiel die Vorgabe gemacht – das ist übrigens
nicht in der LuFV enthalten –, dass WLAN in den Zügen
zur Verfügung stehen muss . Wir werden ständig genau
überprüfen, ob diese Merkmale erreicht werden, und
auch die entsprechenden Sanktionen durchsetzen, die in
der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung für Ver-
fehlungen vorgesehen sind .
Kollege Krischer .
Herzlichen Dank, Herr Präsident . – Ich habe noch ein-
mal eine Frage zu dem Themenkomplex, den auch Herr
Behrens angesprochen hat . 630 000 Autos sollen nach
Ihrem Bericht zurückgerufen werden, Herr Minister .
Einmal abgesehen davon, dass mir die Zahl 630 000 in
Anbetracht der betroffenen Anzahl der Modelle lächer-
lich gering erscheint, würde mich interessieren, welche
Fahrzeuge das sind, nach welchen Kriterien der Rückruf
erfolgt, also wieso genau diese 630 000 Fahrzeuge zu-
rückgerufen werden, und um welche Hersteller es sich
handelt . Sie hatten uns vor zwei Wochen schon einmal
zugesagt, das zu liefern . Bis jetzt ist das nicht geschehen .
Ich habe jetzt der Presse entnommen, dass mehrere
Hersteller, die die Fahrzeuge freiwillig zurückrufen, das
nicht im Rahmen eines klassischen Rückrufs, sondern
im Rahmen der normalen Serviceinspektionen tun . Un-
ter Umständen kann also eine sehr lange Zeit vergehen .
Mich würde deshalb weiterhin interessieren, wie Sie als
Minister das bewerten . – Punktgenau, Herr Präsident!
Grandios .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Herr Krischer, die Angaben, um welche Fahrzeuge es
sich handelt, sind öffentlich; sie wurden von uns auch
öffentlich gemacht . Versuchen Sie also bitte nicht, hier
einen anderen Eindruck zu erwecken . Falls Sie es sel-
ber nicht besser wissen, wäre es hilfreich, den Untersu-
chungsbericht genauer zu lesen und auch die Veröffentli-
chungen des Ministeriums dazu zu verfolgen .
Der Rückruf – auch darüber habe ich mehrfach ge-
sprochen – findet im Rahmen einer Serviceaktion statt.
Das heißt, dass die Eigentümer dieser Fahrzeuge entspre-
chend angeschrieben werden . Es gibt eine Vereinbarung
mit den Automobilherstellern, dass diese Fahrzeuge in
der Werkstatt optimiert werden, und wir werden diese
Maßnahmen mit dem KBA genau beobachten .
Kollege Behrens .Präsident Dr. Norbert Lammert
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 169 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . Mai 2016 16641
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(D)
Ich habe eine Frage bezüglich der Unterscheidung
zwischen Beschädigung des Motors und Schaden für den
Motor . Mich würde interessieren, was zu dieser feinzi-
seligen Unterscheidung geführt hat . Waren es Angaben
der Automobilindustrie, die besagten: „Ja, wir dürfen
abschalten, weil es einen Unterschied zwischen Beschä-
digung und Schaden gibt und wir uns deshalb darauf be-
rufen, dass wir Schaden vom Motor abwenden wollen“,
oder ist es eine Interpretation der Juristen aus Ihrem Hau-
se, die diese Unterscheidung getroffen haben?
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Wenn Sie der Pressekonferenz gefolgt sind, die ich bei
der Veröffentlichung des Untersuchungsberichts gegeben
habe – wovon ich ausgehe –, dann wissen Sie, dass ich
darauf hingewiesen habe, dass der einschlägige Artikel
der EU-Verordnung unkonkret ist und dass von uns ange-
strebt wird, diesen deutlich zu verbessern und zu konkre-
tisieren . Deswegen haben wir bereits einen eindeutigen
Vorschlag unterbreitet, nämlich dass der Stand der Tech-
nik zukünftig in diesem Artikel Berücksichtigung finden
muss, damit nicht im Ergebnis derjenige, der – ich über-
spitze jetzt einmal – den qualitativ schlechtesten Motor
herstellt, den größten Nutzen aus dieser Sonderregelung
ziehen kann .
Zu Ihrer weiteren Frage: Die Unternehmen mussten
uns gegenüber im Einzelfall darstellen, wie und warum
der Motor Schaden nimmt .
Frau Wilms .
Vielen Dank, Herr Präsident . – Ich komme noch ein-
mal auf ein Mautthema, dieses Mal aber auf die andere
Maut, die Pkw-Maut .
Aber eine andere Straße .
Ja, eine andere Straße .
Herr Minister, da haben Sie uns mit dem Haus-
halt 2016 einige Stellenbesetzungen untergejubelt . Mit
Stand November 2015 sollen im Zusammenhang mit der
Pkw-Mautbearbeitung 17 Stellen im KBA, 11 Stellen
im BAG und 3 Stellen bei Ihnen im Ministerium besetzt
worden sein . Was machen diese Beschäftigten derzeit
eigentlich? Beschäftigen sie sich mit dem Thema Pkw
Maut? Ist zu erwarten, dass sich diese Stellen im Haus-
halt für das nächste Jahr wiederfinden? Mich interessiert
schon, wie Sie solche Personalkosten rechtfertigen, da
die Maut für Pkws nach dem blauen Brief absolut in den
Sternen steht .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Auch dazu haben wir schon mehrmals im Ausschuss
Auskunft gegeben . Wie Sie wissen, bereiten wir mit dem
Personal die Einführung der Pkw-Maut vor . Lediglich
die technische Umsetzung ist bis zu einer Entscheidung
des EuGH zu unseren Gunsten ausgesetzt . Sie wissen,
dass ich die Europäische Kommission dringend gebeten
habe, hier nicht weiter zu verzögern . Deswegen bin ich
froh und dankbar, dass mit dem Schreiben vom April
klargemacht worden ist, dass wir jetzt im Bereich des
begründeten Mahnverfahrens sind und dass nach unserer
Antwort, die in einer Frist von acht Wochen zu erfolgen
hat, der EuGH angerufen werden kann .
Frau Haßelmann .
Danke, Herr Präsident . – Das ist ja interessant . Sie ha-
ben 31 Stellen besetzt; aber eigentlich liegt das Projekt
auf Eis, und Sie können die Frage nicht richtig beant-
worten, was diese Beschäftigten tun, bis die Gerichtsent-
scheidung getroffen ist .
Ich habe aber eine andere Frage, und zwar zum Thema
Glyphosat . Am 18 ./19 . Mai wird auf europäischer Ebene
entschieden, ob es zu einer Zulassungsverlängerung für
Glyphosat kommt . Diese Entscheidung ist ja auf EU-Ebe-
ne hochkontrovers, und sie ist aufgrund des Drucks des
Europäischen Parlaments bisher nicht getroffen worden .
Sie soll jetzt am 18 ./19 . Mai getroffen werden . Wird die
Bundesregierung für Deutschland in dieser Frage mit Ja
oder mit Nein stimmen?
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Der erste Teil Ihrer Frage war natürlich unzulässig .
Zur Antwort auf die andere Frage gebe ich gern an die
Fachkollegin weiter .
Bitte schön .
D
Liebe Frau Kollegin Haßelmann, es gibt eine inner-
halb der Bundesregierung abgestimmte Entscheidung, in
dieser Frage mit Ja zu stimmen .
Vielen Dank, Herr Präsident . – Meine Damen undHerren von der Bundesregierung, diese Frage gehtwahrscheinlich an das Innenministerium . Der Guardi-an berichtete in seiner gestrigen Ausgabe von drei Eu-ropaabgeordneten, die sich in Griechenland und in derTürkei aufgehalten und 40 Flüchtlinge befragt haben,
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(D)
die aus Griechenland in die Türkei verbracht wurden .Diese Flüchtlinge erzählten, dass sie bislang weder inGriechenland noch in der Türkei die Möglichkeit hatten,einen Antrag auf Asyl zu stellen .Vor diesem Hintergrund frage ich Sie nach einemkonkreten Fall, den wir schon im Ausschuss kurz an-gesprochen haben . Sollten Sie zwischenzeitlich immernoch nicht mehr wissen, bitte ich darum, dem Parlamentnachzuberichten . Am 4 . April dieses Jahres sind 13 Af-ghanen und Kongolesen von Griechenland in die Tür-kei abgeschoben worden, die vorher einen Asylantragstellen wollten, der aber von den griechischen Behördennicht entgegengenommen wurde . Vertreter der Partner-organisation von Pro Asyl, Mülteci-Der, versuchten, zuden Flüchtlingen in den Abschiebelagern Zugang zu be-kommen . Das wurde ihnen von der Generaldirektion fürMigrationsmanagement in Ankara untersagt .
Herr Kollege Beck .
Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die-
se Vorfälle? Waren Vertreter der Bundesregierung und
deutsche Beamte von diesen Vorgängen unterrichtet oder
an den Abschiebungen von Griechenland in die Türkei in
irgendeiner Weise beteiligt?
Herr Kollege Schröder .
D
Im Rahmen der Umsetzung des EU-Türkei-Abkom-
mens gab es bisher nur eine freiwillige Rückkehr der
Flüchtlinge von Griechenland in die Türkei und keine
Rückkehr unter Zwang . Zu diesem Einzelfall, den Sie
schon im Ausschuss geschildert haben und der vor dem
EU-Türkei-Abkommen liegt, kann ich Ihnen nichts sa-
gen .
Gut . Da lässt sich gegebenenfalls nachfassen . – Ich
beende damit die Regierungsbefragung .
Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 2:
Fragestunde
Drucksache 18/8351
Wir beginnen heute mit dem Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend . Die Parlamentarische Staatssekretärin Elke
Ferner steht zur Verfügung, um die Fragen zu beantwor-
ten .
Ich rufe die Frage 1 der Kollegin Ulle Schauws auf:
Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zum Stand der
Umsetzung der Frauenquote in Aufsichtsräten ein Jahr nach
der Einführung des Gesetzes?
E
Frau Kollegin Schauws, das Gesetz für die gleichbe-
rechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungs-
positionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen
Dienst ist am 1 . Mai 2015 in Kraft getreten . Es schreibt
vor, dass börsennotierte und paritätisch mitbestimmte
Unternehmen die fixe Geschlechterquote von mindestens
30 Prozent ab dem 1 . Januar 2016 bei Neuwahlen von
Aufsichtsratsposten beachten müssen . So wird sukzessi-
ve eine Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent in
allen börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Un-
ternehmen erreicht . Das Gesetz ist also seit einem Jahr
in Kraft, der Teil zur Mindestquote für Aufsichtsräte seit
vier Monaten .
Börsennotierte oder mitbestimmte Unternehmen sind
verpflichtet, Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils
in Aufsichtsräten, Vorständen und den beiden obersten
Managementebenen festzulegen . Über die Zielgrößen
und deren Erreichung müssen sie öffentlich berichten .
Erste Ergebnisse auch zu den Zielgrößen der betroffenen
Kapitalgesellschaften wird die Bundesregierung im Rah-
men der ersten jährlichen Information gemäß Artikel 23
Absatz 1 des Gesetzes im Sommer 2016 vorlegen . Dann
kann die Bundesregierung valide Aussagen zum Stand
der Umsetzung treffen .
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend hat die Bundesanzeiger Verlag GmbH beauf-
tragt, die Ergebnisse der Wahlen von Aufsichtsratsmit-
gliedern und die Erklärungen zur Unternehmensführung
zu erfassen und auszuwerten .
Zusatzfrage? – Frau Kollegin.
Vielen Dank . – Frau Staatssekretärin, habe ich Sie
richtig verstanden, dass Sie zur freiwilligen Flexiquote,
zu der Sie sich gerade geäußert haben, vor Sommer 2016
keine Auskünfte geben können? Das leite ich aus Ihrer
Antwort ab . Allerdings ist es so, dass es hinsichtlich der
Umsetzung von Zielgrößen für die beiden Führungs-
ebenen unterhalb des Vorstands tatsächlich Berichte gibt,
die zeigen, dass es in den Unternehmen hier sehr wenig
Bewegung gibt .
Deswegen frage ich Sie: Wenn die Umsetzung weiter-
hin langsam oder auch teilweise in Richtung Stagnation
verläuft und sich aus Ihrer Sicht nicht weiterentwickelt,
gedenkt die Bundesregierung, dann weitere Maßnahmen
zu einer Verbesserung der Flexiquote durchzuführen?
E
Zum einen können wir die Daten erst dann auswer-ten, wenn sie uns vorliegen . Die kapitalmarktorientiertenVolker Beck
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Kapitalgesellschaften müssen ihren Lagebericht spätes-tens vier Monate nach Beendigung des Geschäftsjahresaufstellen . Das Geschäftsjahr entspricht aber nicht beiallen Unternehmen dem Zeitraum Januar bis Dezember;es kann beispielsweise auch von April bis März dauern .Das heißt, spätestens vier Monate nach Beendigung desGeschäftsjahres liegt der Lagebericht vor, und erst dannkann die Bundesanzeiger Verlag GmbH die Auswertungdurchführen .Wir werden jetzt auf Basis der Lageberichte der kapi-talmarktorientierten Unternehmen, deren Geschäftsjahrim Oktober, November oder Dezember endete, die Datenauswerten und im Sommer diese Auswertung veröffent-lichen und die entsprechenden Schlussfolgerungen zie-hen . Die anderen Unternehmen, beispielsweise GmbHs,haben noch länger Zeit, ihre Geschäftsberichte zu veröf-fentlichen . Wir können erst dann, wenn diese veröffent-licht sind, die weiteren Auswertungen machen . So wirdsich das noch über dieses Jahr hinziehen . Aber eine ersteAuswertung wird im Sommer dieses Jahres stattfinden.
Frau Kollegin, eine weitere Zusatzfrage?
Ich habe noch eine Zusatzfrage . – Habe ich Sie rich-
tig verstanden, dass alle Auswertungen abgewartet wer-
den und weitere Maßnahmen zu einer Verbesserung der
Flexiquote erst dann in Ihrem Haus oder von der Bundes-
regierung durchgeführt werden, wenn Sie nach Auswer-
tung aller Berichte sehen, dass sie schlecht oder gar nicht
greift? Werden erst dann die nächsten Schritte in Angriff
genommen?
E
Wir haben für diese Wahlperiode ein Gesetz beschlos-
sen, das wir jetzt hinsichtlich der Ergebnisse auswerten .
Wie gesagt, die ersten Ergebnisse werden wir im Som-
mer zur Auswertung haben und veröffentlichen können .
Die weiteren Ergebnisse wird man im Laufe des Jahres
auswerten können, wenn die Geschäftsberichte vorlie-
gen . Dann ist die Frage, ob noch in dieser Wahlperiode
Schlussfolgerungen gezogen werden können oder nicht .
Hierzu gibt es keine weitere Zusatzfrage .
Dann kommen wir jetzt zum Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Gesundheit . Die Parlamentari-
sche Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz steht zur
Beantwortung der Frage zur Verfügung .
Ich rufe die Frage 2 des Kollegen Ströbele auf:
Wie rechtfertigt die Bundesregierung ihre Politik der Un-
gleichbehandlung der Drogen Alkohol, Cannabis und Ziga-
retten nach dem Bericht der Drogenbeauftragten, wonach an
den Folgen des Genusses der legalen Drogen Alkohol und
Zigaretten jährlich Tausende von Menschen in Deutschland
gestorben sind, trotzdem für diese Drogen weiter geworben
wird und diese zum Kauf angeboten werden, während infolge
des Genusses der Droge Cannabis kein Mensch gestorben ist,
Besitz, Anbau und Handel dieser Droge aber illegal, verboten
und strafbar bleiben?
Bitte sehr .
A
Herr Kollege Ströbele, die internationalen Suchtstoff-
konventionen der Vereinten Nationen bewerten Alkohol
und Tabak nicht als Betäubungsmittel . Der Gesetzgeber
in Deutschland hat auch bewusst von einer Unterstellung
des Alkohols und des Tabaks unter das Betäubungsmit-
telgesetz abgesehen . Das Bundesverfassungsgericht ist
in einer Entscheidung vom 9 . März 1994 zu dem Ergeb-
nis gekommen, dass die unterschiedliche Behandlung im
deutschen Recht mit dem Gleichheitsgrundsatz im Ein-
klang steht .
Gegen den Missbrauch von Tabak und Alkohol sind
umfangreiche Maßnahmen ergriffen worden . Die Bun-
deszentrale für gesundheitliche Aufklärung führt im
Auftrag der Bundesregierung seit Jahren umfassende
Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen durch . Es
gibt zahlreiche Beratungs- und Hilfsangebote . Bund und
Länder haben Gesetze zum Schutz vor den Gefahren des
Passivrauchens erlassen . Tabakwaren dürfen nur an Er-
wachsene abgegeben werden . Kindern und Jugendlichen
ist das Rauchen in der Öffentlichkeit nicht gestattet . Im
Übrigen ist die Abgabe von Alkohol an Minderjährige
bereits nach den Vorschriften des Jugendschutzgesetzes
aus Gründen des Gesundheitsschutzes streng reglemen-
tiert .
Zentrales Ziel des Betäubungsmittelrechts ist es, die
Gesundheit des Einzelnen wie der Bevölkerung vor den
von Betäubungsmitteln ausgehenden Gefahren zu schüt-
zen . Mit dem Betäubungsmittelgesetz trägt Deutschland
zudem zur internationalen Kontrolle der Suchtstoffe
und psychotropen Stoffe im Rahmen der internationalen
Suchtstoffübereinkommen der Vereinten Nationen sowie
zur Bekämpfung des illegalen Drogenmarkts und der an
ihm beteiligten kriminellen Organisationen bei .
Zusatzfrage? – Herr Kollege Ströbele.
Danke, Herr Präsident . – Frau Staatssekretärin, wennSie oder ich einen Flughafen betreten, um ein- oder aus-zuchecken, dann passieren wir mit unserem Handgepäckin der Regel in Deutschland bzw . in Europa ganz nahaufgestellte Regale mit härtesten legalen Drogen . Es istso eng, dass man Schwierigkeiten hat, durchzukommen .Häufig werden sogar Kostproben angeboten. Es wirdalso sehr intensiv und aufdringlich geworben . Ein ande-res Beispiel: Wenn ich mir ein Fußballspiel im öffent-lich-rechtlichen Fernsehen anschaue, dann wird mir zwi-schendurch suggeriert, dass nur Bier den wahren Genussbeim Anschauen eines Fußballspiels bringt . Halten Sie esfür gerecht, dass Drogen wie Cannabis oder Marihuana,die in viel geringerem Maße Gesundheitsschäden verur-Parl. Staatssekretärin Elke Ferner
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sachen, mit Gefängnisstrafen bewehrt sind, während dieeben genannten Drogen legal sind und für diese sogaraufdringlich geworben werden kann?A
Herr Abgeordneter Ströbele, die Gefahren, die von ei-
nem nicht sachgemäßen Umgang mit Betäubungsmitteln,
insbesondere mit Cannabis, ausgehen, sind erheblich . Die
Bundesregierung sieht sich in ihrer Auffassung – auch
durch internationale Studien in den letzten Jahren – sehr
deutlich bestätigt . Aus diesen Studien geht hervor, dass
der missbräuchliche Konsum von Cannabis insbeson-
dere bei jungen Menschen mit einer Reihe gravierender
kurz- und langfristiger Risiken verbunden sein kann . Ich
möchte auf etwaige Gefahren hinweisen: psychische und
psychosoziale Störungen, insbesondere schizophrene
Psychosen, die organmedizinischen Auswirkungen auf
Herz und Kreislauf und die entsprechenden Folgeerkran-
kungen sowie neurokognitive Beeinträchtigungen wie
die Beeinträchtigung der Lern-, Aufmerksamkeits- und
Gedächtnisfunktion . Daran können Sie erkennen, dass
wir die rechtliche Behandlung von Cannabis und die
Unterstellung unter das Betäubungsmittelrecht für sach-
gerecht halten . Zur Unterscheidung, was die rechtliche
Behandlung von Alkohol und Tabak angeht, habe ich be-
reits ausgeführt .
Eine weitere Zusatzfrage .
Frau Staatssekretärin, Sie haben meine Frage nicht
beantwortet, genauso wenig wie meine schriftliche . Ich
bestreite nicht, dass Cannabis und Marihuana Gesund-
heitsschäden hervorrufen können . Aber ich behaupte –
das ist auch in Ihrem Ministerium bekannt –, dass an den
Folgen von Alkohol- und Zigarettenmissbrauch jährlich
Zehntausende Menschen in Deutschland sterben, wäh-
rend noch kein Mensch infolge des Genusses von Canna-
bis und Marihuana gestorben ist . Wenn es um die Gefah-
renabwehr geht, müsste man doch die eigentlich harten
Drogen, die viel schlimmere Folgen haben und viele
Tote verursachen, mindestens genauso behandeln wie
die Drogen, die viel geringere gesundheitliche Schäden
verursachen .
A
Herr Abgeordneter Ströbele, zunächst einmal glaube
ich, dass die gesundheitlichen Auswirkungen aller ge-
nannten Suchtmittel – ob Alkohol, Tabak oder Can na-
bis – erheblich sind . Daher ist es richtig, dass das Bun-
desgesundheitsministerium dies stark würdigt .
Wie ich bereits in meiner Antwort auf Ihre schriftlich
gestellte Frage ausgeführt habe, haben das Bundesge-
sundheitsministerium und die Bundesregierung ins-
besondere in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale
für gesundheitliche Aufklärung rechtliche Maßnahmen
zum Beispiel zum Schutz vor Alkohol- und Tabakmiss-
brauch ergriffen . Wir erachten es weiterhin für absolut
notwendig, hier entsprechende Maßnahmen auf den Weg
zu bringen . Deshalb haben wir vonseiten des Bundesge-
sundheitsministeriums jüngst ein Präventionsgesetz auf
den Weg gebracht, das alle Beteiligten, insbesondere die
Krankenkassen, dazu auffordert, dem präventiven Ge-
danken, insbesondere wenn es um den Suchtmittelmiss-
brauch geht, Rechnung zu tragen .
Zu diesem Geschäftsbereich gibt es keine Nachfragen
mehr .
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur . Zur
Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär
Norbert Barthle zur Verfügung .
Ich rufe die Frage 3 des Kollegen Herbert Behrens auf:
Welche Organe der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH,
tervertrag) die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft
anweisen, rechtliche Schritte einzuleiten
bzw . zu unterlassen, und in welchen Fällen wurden solche An-
weisungen bisher erteilt?
Bitte, Herr Staatssekretär .
N
Herr Kollege Behrens, die Geschäftsführung der Flug-
hafen Berlin Brandenburg GmbH, FBB, vertritt die Ge-
sellschaft gemäß § 2 Absatz 1 des Gesellschaftervertra-
ges der FBB in Verbindung mit § 35 Absatz 1 GmbHG
gerichtlich und außergerichtlich .
Die Geschäftsführungsautonomie der Geschäftsfüh-
rer umfasst alle operativen geschäftlichen Aktivitäten
im Rahmen des Unternehmensgegenstandes der FBB .
Bestimmte Maßnahmen und Geschäfte sind jedoch nach
dem Gesellschaftervertrag der FBB an die Zustimmung
des Aufsichtsrates und der Gesellschafterversammlung
gebunden .
Herr Kollege Behrens, Sie haben sicher eine Nachfra-
ge .
Ja, Frau Präsidentin . – Herr Staatssekretär, mir ist inder Tat bekannt, was eine Geschäftsführung machen darfund was sie nicht machen muss . Gleichwohl hat dochder Bund als Anteilseigner, als Gesellschafter, schondie Möglichkeit, auf die Geschäftsführung einzuwirken,um im Sinne der Gesellschafter tätig zu werden . MeineFrage geht dahin, in welcher Weise der in Rede stehen-de Schallschutz, auf den ich abgehoben habe, nicht auchvom Gesellschafter Bund angegangen werden muss .Das Verwaltungsgericht hat gesagt, es sei kein an-gemessener Schallschutz realisiert worden . Nun ist dieFrage: Wird die FBB Rechtsmittel gegen das UrteilHans-Christian Ströbele
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einlegen, was die Realisierung des Schallschutzes nocheinmal verzögern würde? Darum meine konkrete Frage:Was tut der Gesellschafter Bund, um nicht in die Situa-tion zu kommen, dass Haushalte nicht den rechtskonfor-men Schallschutz erhalten?
Herr Staatssekretär .
N
Herr Kollege Behrens, für die Umsetzung des Schall-
schutzprogramms, vor allem für Grundstücke, die im
Nachtschutzbereich liegen, ist allein die Geschäftsfüh-
rung der FBB zuständig und verantwortlich . Da ist der
Bund nicht verfahrensbeteiligt .
Kollege Behrens .
Dann stelle ich eine rhetorische Frage: Herr Staatsse-
kretär, dann wird also der Gesellschafter Bund in Bezug
auf die Frage des nicht rechtskonformen Schallschutzes
keinen Einfluss nehmen, dass die Geschäftsführung kei-
ne Rechtsmittel einlegt, damit es nicht zu einer Verzöge-
rung der Schallschutzmaßnahmen kommt?
N
Das zielt bereits auf Ihre nächste Frage ab . Die werde
ich, wenn sie aufgerufen wird, beantworten . Ich kann Ih-
nen versichern, dass die Bundesregierung davon ausgeht,
dass die Geschäftsführung der FBB die Vorgaben für die
Einhaltung der rechtskonformen Schallschutzmaßnah-
men beachtet .
Vielen Dank . – Ich sehe keine weiteren Nachfragen .
Dann kommen wir zur Frage 4 des Abgeordneten
Herbert Behrens:
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung, als Ver-
treterin des Gesellschafters Bund in der Gesellschafterver-
sammlung und Entsenderin zweier Mitglieder des Aufsichts-
rates der FBB, aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes
Berlin-Brandenburg vom 3 . Mai 2016 (bitte
begründen), und wird die Bundesregierung in den Organen der
FBB eine Initiative ergreifen, die die Anweisung zur Untersa-
gung der Einleitung einer Nichtzulassungsbeschwerde gegen
dieses Urteil seitens der Geschäftsführung zum Inhalt hat, um
weiteren Verzögerungen bei der Umsetzung eines rechtskon-
formen Schallschutzes am Flughafen Berlin-Brandenburg vor-
zubeugen ?
Bitte schön, Herr Staatssekretär .
N
Herr Kollege Behrens, eine schriftliche Begründung
des noch nicht rechtskräftigen Urteils des Oberverwal-
tungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3 . Mai 2016,
OVG 6 A 31 .14, liegt der Bundesregierung nicht vor . Erst
nach Vorlage der Entscheidungsgründe kann die opera-
tiv allein zuständige FBB ihr Schallschutzprogramm auf
Auswirkungen der gerichtlichen Entscheidung sachge-
recht prüfen und ihrem Aufsichtsrat das Prüfungsergeb-
nis mitteilen .
Herr Kollege Behrens .
Vielen Dank, Herr Staatssekretär . – Können Sie mir
etwas zum zeitlichen Ablauf sagen? Wann wird sich der
Aufsichtsrat mit der Frage beschäftigen, ob es Rechts-
mittel gegen dieses Urteil geben soll oder nicht?
N
Herr Kollege Behrens, ich gehe davon aus, dass
sich die Geschäftsführung der FBB nach Vorliegen der
schriftlichen Begründung des Urteils damit auseinan-
dersetzt und die möglichen Konsequenzen eruiert . Wenn
dieser Prozess vollendet ist, wird sicherlich in der nächs-
ten darauffolgenden Aufsichtsratssitzung darüber berich-
tet werden .
Ich sehe keine weiteren Nachfragen .
Die Frage 5 des Abgeordneten Matthias Gastel und
die Fragen 6 und 7 des Abgeordneten Stephan Kühn
werden schriftlich beantwortet . Dann sind wir
mit Ihrem Geschäftsbereich fertig, Herr Kollege Barthle .
Danke schön, dass Sie hier waren .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reak-
torsicherheit . Zur Beantwortung der Fragen steht der
Parlamentarische Staatssekretär Florian Pronold zur Ver-
fügung .
Die Frage 8 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl
und die Frage 9 der Abgeordneten Bärbel Höhn werden
schriftlich beantwortet .
Wir kommen zur Frage 10 der Abgeordneten Bärbel
Höhn:
Welche der Punkte aus dem vom Umweltbundesamt vorge-
legten „5PunkteProgramm für einen nachhaltigen Pflanzen-
schutz“ hält das BMUB kurz- bis mittelfristig für umsetzbar,
und wie ist der Diskussionsstand dazu mit den anderen Res-
sorts, um geeignete Maßnahmen zur Umsetzung zu ergreifen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär .
Fl
Die Prüfung des vom Umweltbundesamt vorgelegten„5PunkteProgramms für einen nachhaltigen Pflanzen-schutz“ ist noch nicht abgeschlossen . Unabhängig da-von sind wir bei konkreten Einzelprojekten, die derzeitdurchgeführt werden, mit anderen Ressorts natürlich im-Herbert Behrens
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 169 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . Mai 201616646
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(D)
mer in Kontakt, damit der Schutz der Biodiversität undder nachhaltige Pflanzenschutz gewährleistet werden.
Frau Kollegin Höhn, Ihre erste Nachfrage .
Herr Staatssekretär, eben ist Staatssekretärin
Flachsbarth von der Kollegin Haßelmann gefragt wor-
den, wie sich die Bundesregierung bei der Zulassung
von Glyphosat verhalten wird . Darauf hat Staatssekretä-
rin Flachsbarth geantwortet: Die Bundesregierung wird
zustimmen . Heute war die Bundesumweltministerin im
Umweltausschuss und hat gesagt, es sei noch gar nicht
klar, wie die Bundesregierung stimmen werde; es liege
noch keine konkrete Formulierung vor . Es sei auf jeden
Fall notwendig, dass der Schutz der Biodiversität gere-
gelt werde; eine Zulassung gebe es also nur mit Auflagen.
Wie steht das Bundesumweltministerium zu der Aussage
von Frau Flachsbarth, dass die Bundesregierung der Zu-
lassung von Glyphosat zustimmen wird?
Fl
Wir haben, wie meine Ministerin im Ausschuss erklärt
hat, gegenüber dem federführenden Landwirtschaftsmi-
nisterium Wert darauf gelegt, dass bei der Entscheidung
über die Zulassung von Glyphosat der Schutz der Bio-
diversität berücksichtigt wird . Uns liegt bis heute noch
kein offizieller Vorschlag der EUKommission vor. Ob
die EU-Kommission die notwendigen Voraussetzungen
erfüllen will und erfüllen wird, ist noch nicht klar; es gibt
noch keinen entsprechenden Vorschlag . Deswegen gibt
es, so wie meine Ministerin heute im Umweltausschuss
ausgeführt hat, derzeit keine Zustimmung unseres Hau-
ses zur Zulassung von Glyphosat .
Frau Kollegin Höhn .
Herr Staatssekretär, Sie haben eben gesagt, es gebe
keine Zustimmung Ihres Hauses . Entscheidend ist aber,
ob es eine Zustimmung der Bundesregierung zu diesem
Punkt gibt . Wird in diesem Fall am Ende das Bundes-
landwirtschaftsministerium als federführendes Ministeri-
um den Ausschlag geben, oder haben Sie ein Vetorecht,
solange die Auflagen zum Schutz der Artenvielfalt nicht
erfüllt sind?
Fl
Wie die gängige Praxis ist, wissen Sie: Wenn sich die
Ressorts der Bundesregierung über die Zustimmung in
EU-Angelegenheiten nicht einig sind, führt das im Re-
gelfall zur Enthaltung .
Mir liegen jetzt keine weiteren Nachfragewünsche
vor . Dann bedanke ich mich beim Parlamentarischen
Staatssekretär Pronold für die Beantwortung der Fragen .
Ich rufe den Geschäftsbereich der Bundeskanzlerin
und des Bundeskanzleramtes auf . Alle Fragen – es han-
delt sich um Frage 11 der Abgeordneten Tabea Rößner
und um Frage 12 des Abgeordneten Hans-Christian
Ströbele – werden schriftlich beantwortet .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums für Wirtschaft und Energie . Auch hier werden
alle Fragen schriftlich beantwortet . Es handelt sich um
Frage 13 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, um Fra-
ge 14 der Abgeordneten Dr . Julia Verlinden, um Frage 15
des Abgeordneten Klaus Ernst, um die Fragen 16 und 17
der Abgeordneten Katharina Dröge, um die Fragen 18
und 19 der Abgeordneten Britta Haßelmann und um die
Fragen 20 und 21 der Abgeordneten Kerstin Andreae .
Ich rufe den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes
auf . Zur Beantwortung der Fragen steht Frau Staatsmi-
nisterin Professor Dr . Maria Böhmer zur Verfügung .
Die Fragen 22 und 23 des Abgeordneten Dr . André
Hahn werden schriftlich beantwortet .
Ich rufe Frage 24 der Abgeordneten Heike Hänsel auf:
Welche Konsequenzen wird die Bundesregierung im Rah-
men der politischen, finanziellen und entwicklungspolitischen
Zusammenarbeit gegenüber der honduranischen Regierung
ziehen, nachdem am 2 . Mai 2016 vier Tatverdächtige wegen
Mordes an der Menschenrechts- und Umweltaktivistin Berta
Cáceres festgenommen wurden – darunter Sergio Ramón
Rodríguez Orellana, Ingenieur und Projektleiter von DESA,
der Betreiberfirma des Wasserkraftwerks Agua Zarca, Mariano
Díaz Chávez und Edison Atilio Duarte Mez, aktive Mitglie-
der der Streitkräfte von Honduras, und Douglas Geovanny
Bustillo, ehemaliger Sicherheitschef von DESA und Ex-Militär
, und setzt sich die Bundesregierung,
wie vom UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechtsver-
teidiger, Michel Forst, verlangt, für eine unabhängige inter-
Bitte schön, Frau Staatsministerin .
D
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Frau Kollegin
Hänsel, ich darf wie folgt antworten: Die Bundesregie-
rung setzt sich für die vollständige Aufklärung der Taten
und die Bestrafung der Täter und Hintermänner ein . Der
Lateinamerika-Beauftragte des Auswärtigen Amts und
der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministeri-
um für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
haben sich gegenüber der honduranischen Regierung für
die Aufklärung der Morde an Berta Cáceres und Nelson
García eingesetzt . Der Lateinamerika-Beauftragte des
Auswärtigen Amtes sprach am 27 . April dieses Jahres
auch persönlich mit der Tochter der Ermordeten im Aus-
wärtigen Amt in Berlin .
Die honduranische Regierung hat sich zur Aufklärung
der Morde verpflichtet und sowohl den Hohen Kommis-
Pa
Rede von: Unbekanntinfo_outline
//www.taz.de/!5300598/
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sar der Vereinten Nationen für Menschenrechte als auchdie Organisation Amerikanischer Staaten um Unterstüt-zung bei der Aufklärung gebeten . Die speziell für Hon-duras ins Leben gerufene OAS-Rechtsstaatskommissionzur Bekämpfung von Korruption und Straflosigkeit wirdsich ebenfalls der Aufklärung des Falles Berta Cácereswidmen . Das Auswärtige Amt wird die OAS-Rechts-staatskommission dabei mit 100 000 Euro unterstützen .Falls das Engagement der OAS-Rechtsstaatskommis-sion keine Erfolge zeitigt, würden wir die Einrichtungeiner unabhängigen Untersuchungskommission der In-teramerikanischen Kommission für Menschenrechtebefürworten . Dazu müsste die honduranische Regierungihre Zustimmung erteilen .Die Bundesregierung wird den Fall weiter mit größ-ter Aufmerksamkeit verfolgen . Die lückenlose Aufklä-rung und Bestrafung der Täter und Hintermänner wirdein wichtiger Indikator sein, wie ernst es der hondurani-schen Regierung und Justiz ist, bestehende Missständein puncto Straffreiheit, Menschenrechtsverletzung undKorruption zu beseitigen . Die Menschenrechtssituationwird auch weiterhin Bestandteil des politischen Dialogsmit der honduranischen Regierung sein .
Vielen Dank . – Frau Kollegin Hänsel, Sie haben be-
stimmt noch eine Nachfrage . – Bitte schön .
Danke schön . – Frau Staatsministerin, es ist ja wirk-
lich neu, auch zu hören, dass die Bundesregierung mitt-
lerweile zumindest eine unabhängige Untersuchungs-
kommission in Erwägung zieht . Wir hatten den Fall ja
hier schon in Fragestunden diskutiert, und da hatte die
Bundesregierung noch keine Notwendigkeit dazu gese-
hen . Insofern können wir das nur begrüßen .
Ich möchte da aber gern noch einmal nachhaken, weil
Sie das jetzt an das Ende einer Kette gestellt haben und
erst noch die Ergebnisse der Untersuchung der Rechts-
staatskommission der Organisation Amerikanischer
Staaten abwarten möchten . Der Fall schlägt ja interna-
tional immer höhere Wellen . Ehemalige Militärs sind
zumindest als verdächtigte Täter verhaftet worden, auch
Polizeikräfte, die verantwortlich sein könnten . Es ist ja
auch ein Stück weit Gefahr in Verzug, weil die Aktivisten
von COPINH nach wie vor Drohungen erhalten . Deswe-
gen noch einmal meine Frage: Sehen Sie es dann nicht
eher für notwendig an, dass man sich jetzt sofort für eine
solche unabhängige Kommission starkmachen muss?
D
Also, Frau Kollegin, ich glaube, wir ziehen hier wirk-
lich an einem Strang . Uns kommt es darauf an, dass
schnellstmöglich aufgeklärt wird . Es sind jetzt fünf ver-
mutliche Täter verhaftet worden . Sie wissen um die Si-
tuation dort – wir auch . Wir machen diesen Druck, damit
nicht nur die Strafbarkeit festgestellt wird, sondern die
Verurteilungen dann auch wirklich realisiert werden . Das
ist das, was wir wollen .
Ich glaube, man muss jetzt diesen Druck aufrecht-
erhalten . Deshalb habe ich auch in dieser Deutlichkeit
gesagt, dass wir die Einrichtung einer unabhängigen
Untersuchungskommission befürworten, aber dass wir
den ersten Schritt mit der OAS-Rechtsstaatskommission
machen wollen .
Ja . – Für Sie noch einmal der Hinweis: Sie kennen si-
cherlich auch die Situation im Land, die von einer enorm
hohen Straflosigkeit geprägt ist. Auch Amnesty Internati-
onal hat ja mittlerweile bezüglich des Falles große Trans-
parenzmängel festgestellt und kritisiert, dass die gesam-
ten Untersuchungen hier sehr schleppend vorangehen .
Insofern geht meine nächste Frage jetzt auch in Richtung
EU-Ebene . Die EU hat ein Assoziierungsabkommen mit
zentralamerikanischen Staaten – Honduras gehört dazu –
getroffen . In solchen Abkommen geht es auch immer um
Fragen von Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten usw .
Hat die Bundesregierung sich in irgendeiner Art und
Weise auf europäischer Ebene dafür eingesetzt, dass im
Rahmen dieses Assoziierungsabkommens mehr Druck
ausgeübt wird bezüglich der Menschenrechtssituation in
Honduras? Welche konkreten politischen Schritte haben
Sie seit der Ermordung von Berta Cáceres auch auf euro-
päischer Ebene unternommen?
D
Ich kann Ihnen das jetzt nicht im Detail sagen; denn
mir war in Bezug auf Ihre Frage wichtig, was wir direkt
mit der honduranischen Regierung machen. Ich finde, es
war ausgesprochen wichtig, dass sowohl von meinem
Kollegen, dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bun-
desministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung, als auch von unserem Lateinamerika-Be-
auftragten der Fall klar angesprochen worden ist – und
das nicht nur vor Ort, sondern auch hier mit der Tochter
zusammen .
Sie sehen, wir bleiben hier unmittelbar in Kontakt und
am Ball . Sie können versichert sein, dass wir alles Mög-
liche versuchen werden, dass dieser Mord gesühnt wird .
Jetzt lassen Sie mich noch eines sagen – Sie wissen es
genauso wie ich –: 98 Prozent Straffreiheit ist etwas, was
nicht hinnehmbar ist .
Vielen Dank . – Es liegen keine weiteren Fragen zudiesem Punkt vor .Die Fragen 25 und 26 der Kollegin Dağdelen werdenschriftlich beantwortet .Dann kommen wir zur Frage 27 des Kollegen AndrejHunko:Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Exis-tenz, Umfang und Kriterien von Listen von Politikerinnenund Politikern, Journalistinnen und Journalisten und anderenAkteurinnen und Akteuren, auf deren Grundlage den gelis-teten Personen die Einreise in die Ukraine verweigert wird,Staatsministerin Dr. Maria Böhmer
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und welche Fälle von Einreiseverweigerungen der genanntenPersonengruppen in die Ukraine sind der Bundesregierung seitAnfang 2014 bekannt ?Bitte schön, Frau Staatsministerin .D
Gern . – Frau Präsidentin! Herr Kollege, der Bundes-
regierung ist bekannt, dass bei ukrainischen Grenzkon-
trollen Personendaten abgeglichen werden anhand von
nationalen ukrainischen Listen von Personen, denen die
Einreise in die Ukraine verweigert werden soll . Über die
Kriterien für die Listung liegen der Bundesregierung je-
doch keine Erkenntnisse vor .
Die Bundesregierung erhält im Zweifel nur bei deut-
schen Staatsangehörigen und konkretem Einreisever-
such Kenntnis einer etwaigen Listung und Einreisever-
weigerung durch die ukrainischen Behörden . Aktuell
wurde zwei deutschen Journalisten, Saadi Isakov und
einem weiteren, die Einreise verweigert . Die Deutsche
Botschaft Kiew hat daraufhin am 6. Mai offiziell um
Begründung der Einreiseverweigerung gebeten und auf
die Pflichten hingewiesen, denen die Ukraine nach Arti-
kel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention zur
Presse- und Rundfunkfreiheit unterliegt . Eine Antwort
steht noch aus .
Bitte schön, Herr Kollege Hunko .
Vielen Dank . – Frau Staatsministerin Böhmer, es ist
schon mal erfreulich, dass die deutsche Seite reagiert hat .
Der konkrete Anlass meiner Frage ist in der Tat die Ein-
reiseverweigerung für die Journalisten Isakov und Ulrich
Heyden . Das ging auch ein bisschen durch die deutschen
Medien . Im Fall Isakov war es so, dass er ein Interview
mit einem der Überlebenden des Massakers am 2 . Mai
2014 in Odessa geführt hat, was wahrscheinlich der Hin-
tergrund für die Einreiseverweigerung ist . Bei Ulrich
Heyden war es auch eine kritische Berichterstattung zur
Ukraine .
Sind Ihnen darüber hinaus weitere Journalisten oder
vielleicht auch Abgeordnete bekannt, gegen die Einreise-
verweigerungen vorliegen?
D
Herr Kollege, wir haben keine weiteren belastbaren
Kenntnisse . Es gab Namen, die im September 2015 in
der Presse kursierten . Sie wissen, es handelte sich dabei
unter anderem um einen deutschen Journalisten, Michael
Rutz . Nach den internationalen Protesten wurde die Ein-
reiseverweigerung zurückgezogen .
Vielen Dank . – Das ging damals tatsächlich durch die
Medien . Es war eine Liste von, ich glaube, 400 Journalis-
ten international . Damals habe ich auch eine Anfrage an
die Bundesregierung gestellt . In der Antwort sagten Sie:
Es gibt da keine deutschen Staatsbürger .
Gegen mich liegt ein Einreiseverbot in die Ukraine
vor, das schon damals in Kraft war und das auch Bestand
hatte, obwohl ich für den Bundestag, für den Europaaus-
schuss, im Februar dorthin fahren wollte . Ist Ihnen das
bekannt, und ist Ihnen bekannt, ob vielleicht gegen wei-
tere Abgeordnete des Bundestages Einreiseverbote vor-
liegen?
D
Herr Kollege, ich weiß, dass Sie zu vielen Gesprächen
im Auswärtigen Amt waren und dort um Beratung nach-
gesucht haben . Ich glaube, Sie gehören zu den bestin-
formierten Kollegen hier im Deutschen Bundestag, was
diese Fragen anbetrifft .
Alle Ihre Fragen sind schon beantwortet, wenn auch
nicht zu Ihrer Zufriedenheit .
Ich bedanke mich bei der Staatsministerin für die Be-
antwortung der Fragen .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums des Innern . Zur Beantwortung der Fragen steht
der Parlamentarische Staatssekretär Dr . Ole Schröder
bereit .
Die Frage 28 des Abgeordneten Hunko wird schrift-
lich beantwortet .
Damit sind wir bei der Frage 29 des Kollegen Volker
Beck:
Wie viele antisemitische bzw . antiisraelische Straf- und Ge-
walttaten ereigneten sich nach Kenntnis der Bundesregierung
im Jahr 2015?
Bitte schön, Herr Parlamentarischer Staatssekretär .
D
Frau Präsidentin! Herr Kollege Beck, ich beantworteIhre Frage wie folgt:Im Rahmen des „Kriminalpolizeilichen Meldediens-tes – Politisch motivierte Kriminalität“ werden die Taten,je nach Motivation, Themenfeldern/Oberbegriffen undUnterthemen zugeordnet . Antisemitische Straftaten wer-den dem Themenfeld/Oberbegriff „Hasskriminalität“,Unterthema „antisemitisch“, zugeordnet .Im Jahr 2015 wurden insgesamt 1 366 Straftaten mitantisemitischem Hintergrund erfasst . Die Zahl der Ge-walttaten lag im vergangenen Jahr bei 36 .Antiisraelische Straftaten werden hingegen nicht ineinem eigenständigen Unterthema erfasst, da im The-Vizepräsidentin Ulla Schmidt
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menfeldkatalog PMK prinzipiell keine staatenspezifischeErfassung erfolgt . Die Zuordnung ist von der jeweiligenTatmotivation abhängig . Im Fall von antijüdischen Moti-ven werden sie als antisemitische Straftaten erfasst . Da-neben können antiisraelische Straftaten im Themenfeld„Krisenherde/Bürgerkriege“, Unterthema „Israel/Palästi-nenserKonflikt“, erfasst werden, wenn die Tatmotivati-on aus diesem Konflikt resultiert. Im Jahre 2015 wurdenvon den Ländern 62 entsprechende Straftaten gemeldet .Bei einer Tat davon handelt es sich um eine Gewalttat .
Vielen Dank . – Herr Kollege Beck, Sie haben sicher
eine Nachfrage .
Vielleicht können Sie uns einmal erläutern, wie sich
diese 62 Taten zusammensetzen . Denn es ist nicht klar,
ob sie antiisraelisch motiviert sind oder andere Kon-
fliktthemen berühren; zumindest enthielt Ihre Antwort
diese Information nicht .
Im letzten Jahr gab es Irritationen aufgrund der Recht-
sprechung in Bezug auf Schmierereien an der Wupper-
taler Synagoge . Dazu sagte das zuständige Amtsgericht,
dies sei nicht antisemitisch, sondern hinge eher mit dem
Nahostkonflikt zusammen, weil die Täter einen paläs-
tinensischen Hintergrund hätten . Wie stellt man sicher,
dass solche Falschzuordnungen in der Kriminalstatistik
nicht vorkommen?
D
Das ist von den jeweiligen Ländern sicherzustellen
und dann im Zweifel auch zu korrigieren . Im Jahr 2015
gab es 62 Straftaten im Bereich „Krisenherde/Bürger-
kriege“, Unterthema „Israel/PalästinenserKonflikt“, und
davon wurden 31 Straftaten als antisemitisch eingeord-
net .
Herr Kollege Beck .
Meine zweite Nachfrage betrifft die antisemitischen
Straftaten . Können Sie da etwas über die Aufteilung der
Tätergruppen sagen? Wir haben da ja klassischerweise
„rechts“, „links“, „Ausländer“ und „Sonstige“ als Kate-
gorien .
D
Die Zahlen werden erst noch offiziell veröffentlicht.
Es ist so, dass wir bei „PMK – links“ und bei „PMK –
rechts“ etwa im gleichen Bereich liegen wie im letzten
Jahr, im Bereich „PMK – Ausländer“ leicht niedriger,
und bei „PMK – Sonstige“ liegen wir auch in etwa in die-
sem Bereich . Aber die Zahlen werden, wie gesagt, vom
Innenminister noch dezidiert veröffentlicht .
Danke schön . – Wir kommen dann zur Frage 30 des
Abgeordneten Volker Beck:
Wie viele homo- bzw . transphob motivierte Straf- und
Gewalttaten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im
Jahr 2015 erfasst?
Bitte schön .
D
Homo- und transphob motivierte Straftaten und Ge-
walttaten werden im Rahmen des „Kriminalpolizeilichen
Meldedienstes – Politisch motivierte Kriminalität“ im
Themenfeld „Hasskriminalität“, Unterthema „Sexuelle
Orientierung“ erfasst . Da keine eigenständigen Unterthe-
men „homophob“ und „transphob“ existieren, können
solche nicht gesondert ausgewiesen werden . Für das
Jahr 2015 wurden 220 politisch motivierte Straftaten mit
der Nennung des Unterthemas „Sexuelle Orientierung“
gemeldet .
Bitte, Herr Kollege Beck .
Könnten Sie uns hier, ähnlich wie bei den antisemi-
tischen Straftaten, darüber Auskunft geben, welcher Art
die Straftaten waren? Also: Wie viele davon waren Mei-
nungsdelikte und wie viele davon Gewalttaten?
D
Die genaue Aufgliederung kann ich Ihnen gerne noch
schriftlich geben . Wie gesagt: Die Zahlen werden erst
noch veröffentlicht . Ich kann Ihnen aber einen Überblick
geben: Wir hatten 51 Körperverletzungen, zwei Raub-
taten und ein Widerstandsdelikt . Der Rest – 50 an der
Zahl – waren keine Gewalttaten, sondern Sachbeschädi-
gungen, Propagandadelikte und Volksverhetzung .
Noch eine Nachfrage?
Meine Nachfrage bezieht sich wiederum auf die Auf-
teilung der Tätergruppen, also „links“, „rechts“, „Aus-
länder“ und „Sonstige“ .
D
Die Zahlen habe ich jetzt nicht parat, aber ich kann sieIhnen gern schriftlich nachreichen .Parl. Staatssekretär Dr. Ole Schröder
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Vielen Dank . – Die Fragen 31 und 32 der Abgeord-
neten Jelpke werden schriftlich beantwortet . Damit sind
wir am Ende dieses Geschäftsbereiches . – Danke schön
für die Beantwortung .
Ich rufe jetzt den Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums der Finanzen auf . Zur Beantwortung der Fra-
gen steht der Parlamentarische Staatssekretär Michael
Meister zur Verfügung .
Ich rufe die Frage 33 des Abgeordneten Dr . Gerhard
Schick auf:
Welche Kenntnisse hat das Bundesministerium der Finan-
zen über Cum/Cum-Geschäfte der Commerzbank Aktienge-
sellschaft, seitdem die Commerzbank staatliche Hilfe erhalten
hat?
D
Frau Präsidentin! Herr Kollege Schick, zur Beant-
wortung dieser Frage verweise ich zunächst auf die
Antwort der Bundesregierung auf Frage 23 der Kleinen
Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen zur steuerrechtli-
chen Zulässigkeit des Dividendenstrippings . Das waren
die Bundestagsdrucksachen 18/6863 und 18/7213 . Die
Commerzbank AG hat eine entsprechende Anfrage der
Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung, FMSA,
wie folgt beantwortet – Zitat –:
Die Commerzbank tätigt täglich über 100 000 Tra-
des mit tausenden unterschiedlichen Kunden, Bro-
kern, Banken und vielen anderen Marktteilneh-
mern . Dabei stellen wir durch umfangreiche interne
Systeme und Kontrollen sicher, dass alle Trades in
Einklang mit dem geltenden Recht stehen . Darü-
ber hinaus haben wir eigene, noch härtere interne
Regelungen und Kontrollen etabliert, die über die
gesetzlichen Anforderungen hinausgehen, um Fälle
von Dividendenarbitrage um den Dividendenstich-
tag zu limitieren .
Die Geschäftspolitik der Commerzbank AG wird vom
Vorstand verantwortet, der nach dem Aktiengesetz vom
weisungsunabhängig handelnden Aufsichtsrat überwacht
wird . Auch angesichts der negativen Implikationen für
die Reputation der Bank erwarten wir, dass das Thema
Cum/Cum-Geschäfte umfassend durch die Organe und
Gremien der Bank aufgearbeitet wird . Dies ist nicht zu-
letzt im Interesse der Bank .
Im Aufsichtsrat der Commerzbank AG sitzen zwei
Vertreter, die auf Vorschlag des Finanzmarktstabilisie-
rungsfonds, des FMS, von der Hauptversammlung der
Commerzbank AG gewählt wurden . Die auf Vorschlag
des FMS von der Hauptversammlung gewählten Auf-
sichtsratsmitglieder handeln weisungsunabhängig . Die
Mitglieder einer Aktiengesellschaft unterliegen der Ver-
schwiegenheitspflicht hinsichtlich aller Geheimnisse und
vertraulichen Angaben der Gesellschaft, von denen sie
im Rahmen ihrer Amtstätigkeit Kenntnis erlangen . Das
sind § 93 Absatz 1 Satz 3 und § 116 Satz 1 und 2 des Ak-
tiengesetzes . Die Beratungen des aufsichtführenden Or-
gans sind vertraulich, siehe hierzu auch § 394 und § 395
Absatz 1 des Aktiengesetzes .
Bitte schön, Herr Kollege Schick, Sie haben sicher
eine Nachfrage .
Ja . – Danke für die Antwort . Diese haben wir zum gro-
ßen Teil auch im Rahmen der Kleinen Anfrage bekom-
men .
Mich interessiert: Was war der Anlass für die Nach-
frage der FMSA? Gab es frühere Nachfragen vonseiten
der Bundesregierung und des Finanzmarktstabilisie-
rungsfonds bei der Commerzbank in Bezug auf Cum/
CumGeschäfte?
Bitte schön .
D
Anlass für die Nachfrage war die von Ihnen einge-
reichte Kleine Anfrage . Ansonsten ist es Aufgabe der
FMSA, darauf zu achten, dass die zwischen der Com-
merzbank und der FMSA geschlossenen Verträge ein-
gehalten werden . Inwieweit diese Vertragsbeachtung
seitens der FMSA im konkreten operativen Geschäft
überwacht wird, kann ich Ihnen nicht sagen .
Herr Kollege Schick, noch eine weitere Zusatzfrage?
Mich würde außerdem interessieren, ob Sie die Ant-
wort der Commerzbank angesichts der Kenntnis, die
wir über die Cum/Cum-Geschäfte haben, für plausibel
erachten . Bei diesen Geschäften ist es so, dass sie nicht
zufällig irgendwie stattfinden, sondern dass sich Akteure
finden müssen, sodass man gezielt die Steuerlast zulas-
ten der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes drücken
kann . Vonseiten der Commerzbank sagt man, dass man
zwangsläufig irgendwie ohne eigene Intention dabei sei.
Halten Sie diese Antwort eigentlich für plausibel, und ha-
ben Sie da vielleicht nachgehakt?
D
Zum Ersten: Nicht wir haben nachzuhaken, sondern
es ist die FMSA, die mit der Commerzbank in einer Ver-
tragsbeziehung steht .
Zum Zweiten gibt es für uns als Bundesfinanzministe-
rium zunächst einmal keinen Anhaltspunkt, an der Plau-
sibilität der getätigten Aussagen Zweifel zu haben . Ich
habe aber in meiner Antwort darauf hingewiesen, Herr
Kollege Schick, dass für die Überwachung innerhalb der
Bank einerseits der Vorstand und der Aufsichtsrat zustän-
dig sind und andererseits, dort, wo Fragen des Vertrags
mit der FMSA tangiert sind, die Gremien der FMSA .
Vielen Dank, Herr Parlamentarischer Staatssekretär .
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Ich rufe die Frage 34 des Abgeordneten Dr . GerhardSchick auf:Hält die Bundesregierung die Antwort zu Frage 24 derKleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vomDezember 2015 , die frag-te, ob die Vertreter des Bundes im Aufsichtsrat oder anderestaatliche Akteure wie die Bundesanstalt für Finanzdienst-leistungsaufsicht oder die Bundesanstalt für Finanzmarktsta-bilisierung die Problematik des Dividendenstrippings gegen-über der Commerzbank angesprochen haben, weiterhin fürein schützenswertes Betriebs- und Geschäftsgeheimnis, undurteilt sie somit, dass die Frage nicht öffentlich beantwortetwerden kann?Bitte schön .D
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Kollege Schick,
die Organmitglieder einer Aktiengesellschaft unterliegen
einer Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich aller Ge-
heimnisse und vertraulichen Angaben der Gesellschaft,
von denen sie im Rahmen ihrer Tätigkeit Kenntnis erlan-
gen . Dies ist in § 93 Absatz 1 Satz 3 und § 116 Satz 1 und
2 des Aktiengesetzes so geregelt . Die Beratungen des
aufsichtführenden Organs sind vertraulich .
Der Gesetzgeber hat die unbefugte Offenbarung der
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse in § 203 Absatz 2
Nummer 1 des Strafgesetzbuches für Amtsträger unter
Strafe gestellt . Es wird daher um Verständnis gebeten,
dass die Bundesregierung zu den Gesprächsinhalten der
Aufsichtsratssitzung der Commerzbank AG keine Stel-
lung nehmen kann .
Bitte schön, Herr Kollege Schick .
Danke . – Herr Staatssekretär, der Bundesminister der
Finanzen, Herr Schäuble, hat die Geschäfte als „illegi-
tim“ bezeichnet . Seit wann vertritt der Minister diese
Auffassung, und ist sie gegenüber Vertretern der Com-
merzbank und anderer Banken, den Mitgliedern der Auf-
sichtsräte, die vonseiten der FMSA benannt worden sind,
oder anderen Akteuren, die hier relevant sind, wie zum
Beispiel die FMSA selbst, einmal geäußert worden, seit
wir wissen, dass die Cum/Cum-Geschäfte laufen, also
insbesondere seit Mai 2015, oder ist diese Auffassung
erst nach den jüngsten Veröffentlichungen in den Medien
geäußert worden?
D
Es gibt seit längerer Zeit, Herr Kollege Schick, eine
Auseinandersetzung über die Frage, wie die Cum/
Cum-Geschäfte zu bewerten sind . Wir kommen im Bun-
desfinanzministerium zu der Einschätzung, die Sie eben
von Herrn Dr . Schäuble zitiert haben, nämlich dass wir
diese Geschäfte für illegitim halten . Es hängt vom Ein-
zelfall ab – davon, wie die Geschäfte konkret ausgestaltet
sind –, ob sie auch illegal sind. Der Bundesfinanzhof hat
in seiner Rechtsprechung in Einzelfällen angezweifelt,
ob ein Übergang des wirtschaftlichen Eigentums tatsäch-
lich stattgefunden hat . An den Stellen haben wir es dann
auch mit der Frage zu tun, ob wir möglicherweise Steu-
ern zurückbekommen können . Hinsichtlich der Frage,
inwieweit diese Einzelfälle auf Cum/Cum-Gestaltungen
im Allgemeinen zu übertragen sind, befinden wir uns ge-
rade in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe in der Klärung .
Wenn die Klärung erfolgt ist, werden wir das weitere
Vorgehen festlegen .
Noch eine weitere Nachfrage?
Nur noch einmal dieselbe Frage: Seit wann vertritt der
Minister diese Auffassung, und ist sie schon einmal vor
den jüngsten Veröffentlichungen zu den Cum/Cum-Ge-
schäften der Commerzbank irgendwo geäußert worden,
zum Beispiel nach der Beantwortung der Kleinen Anfra-
ge, als man wusste, dass die Cum/Cum-Geschäfte auch
bei der Commerzbank auftreten können? Es ist ja für
die Öffentlichkeit durchaus interessant, zu wissen, ob
seit der öffentlichen Diskussion, die es schon weit vor
den jüngsten Veröffentlichungen gab, nämlich mehr als
ein Jahr früher, irgendwann einmal die Auffassung ei-
ner mangelnden Legitimation dieser Geschäfte geäußert
worden ist .
D
Mir ist keine andere Äußerung des Bundesfinanzmi-
nisters bekannt . Wir beschäftigen uns nicht erst seit der
jüngsten öffentlichen Debatte damit, sondern wir haben
uns bereits im Vorfeld des Verfahrens am Bundesfinanz-
hof mit dieser Fragestellung befasst . Wir haben, wie ge-
sagt, keine andere Position dazu geäußert .
Vielen Dank, Herr Kollege Schick .
Ich rufe die Frage 35 der Abgeordneten Lisa Paus auf:
Hat das Bundesministerium der Finanzen im Aufsichtsrat
der Commerzbank darauf hingewirkt, dass sich die Bank nicht
an Cum/Cum-Geschäften beteiligen darf, ähnlich wie andere
Aufsichtsräte es beschlossen haben?
Bitte schön .
D
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Frau Kollegin Paus,nach § 10 Absatz 1 des Finanzmarktstabilisierungsfonds-gesetzes müssen Kreditinstitute, die Stabilisierungsmaß-nahmen in Anspruch genommen haben, eine solide undumsichtige Geschäftspolitik gewährleisten . Ob die Com-merzbank AG eine solide und umsichtige Geschäfts-politik betreibt, wird insbesondere jährlich durch denWirtschaftsprüfer der Bank geprüft . Dieser hat in derVergangenheit bestätigt, dass kein Verstoß gegen dieseAuflage vorliegt.Vizepräsidentin Ulla Schmidt
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Frau Kollegin, haben Sie noch eine Nachfrage? –
Nein .
Ich rufe die Frage 36 der Abgeordneten Lisa Paus auf:
Sieht das Bundesministerium der Finanzen die Bedingun-
gen nach § 10 Absatz 1 des Finanzmarktstabilisierungsfonds-
gesetzes, wonach Unternehmen des Finanzsektors die Stabili-
sierungsmaßnahmen des Fonds nach den §§ 6, 7 und 8 dieses
Gesetzes in Anspruch nehmen, die Gewähr für eine solide
und umsichtige Geschäftspolitik bieten müssen, durch Cum/
CumGeschäfte verletzt?
Bitte schön, Herr Staatssekretär .
D
Zur Frage 36 kann ich Ihnen nur die Antwort vortra-
gen, die ich eben zur Frage 35 vorgetragen habe . Ich ma-
che das aber gerne noch einmal, Frau Kollegin Paus .
Nach § 10 Absatz 1 des Finanzmarktstabilisierungs-
fondsgesetzes müssen Kreditinstitute, die Stabilisie-
rungsmaßnahmen in Anspruch genommen haben, eine
solide und umsichtige Geschäftspolitik gewährleisten .
Ob die Commerzbank AG eine solide und umsichtige
Geschäftspolitik betreibt, wird insbesondere jährlich
durch den Wirtschaftsprüfer der Bank geprüft . Dieser hat
in der Vergangenheit bestätigt, dass kein Verstoß gegen
diese Auflage vorliegt.
Ich möchte darüber hinaus bemerken, dass die Bun-
desregierung selbstverständlich erwartet, unabhängig
von der Diskussion über Cum/Cum-Geschäfte und den
Prüfungen durch Wirtschaftsprüfer, dass sich eine Bank
an alle geltenden Gesetze unseres Landes hält .
Frau Kollegin Paus .
Herr Staatssekretär, der Finanzminister war in seiner
Wortwahl sehr deutlich . Er hat gesagt, dass es illegitim
ist, er selber hat aber nicht davon gesprochen, dass es
illegal ist; darauf zielen wir mit unseren Fragen ab . Wir
konnten uns nicht erklären, warum das Bundesfinanzmi-
nisterium als Eigentümer der Bank, zumindest ab dem
Zeitpunkt, da es von Cum/Cum-Geschäften der Com-
merzbank wusste, nicht aktiv geworden ist, obwohl es
Aufsichtsräte in anderen Banken gegeben hat, die dafür
gesorgt haben, dass solche Geschäfte nicht mehr durch-
geführt werden . Warum ist Gleiches nicht von der Bun-
desregierung gemacht worden?
Meine präzise Nachfrage lautet: Ist das Bundesfi-
nanzministerium, seitdem es 2015 davon wusste, dass
die in Bundeseigentum befindliche Commerzbank Cum/
Cum-Geschäfte macht, in irgendeiner Weise initiativ ge-
worden, um dafür zu sorgen, dass die Commerzbank kei-
ne Cum/CumGeschäfte mehr macht?
Herr Staatssekretär .
D
Ich habe darauf hingewiesen, dass es den § 10 Ab-
satz 1 des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes gibt .
An der Stelle ist die FMSA angehalten, darauf zu achten,
dass Banken, die staatliche Unterstützung bekommen,
eine solide und umsichtige Geschäftspolitik gewährleis-
ten . Das war vom Tag eins der staatlichen Hilfe an die
Commerzbank eine Forderung, die wir über die FMSA
an die Commerzbank, aber im Falle von Hilfen an andere
Banken in gleicher Weise stellen .
Ich habe mehrfach darauf hingewiesen, wie wir versu-
chen, die Überwachung sicherzustellen . Wie steuerrecht-
lich mit den Cum/Cum-Gestaltungen umzugehen ist, das
ist eine Frage, die die jeweiligen Steuerverwaltungen
klären müssen . Es ist bekannt, dass die Verantwortung
hier im Wesentlichen bei den jeweiligen Landesfinanz-
ministerien liegt .
Noch eine weitere Nachfrage? – Bitte schön.
Ich frage noch einmal konkret: Ist die Bundesregie-
rung der Auffassung, dass die Commerzbank illegitime
Geschäfte machen sollte?
D
Welche Geschäfte die Commerzbank im konkreten
Fall gemacht hat, dazu kann ich nichts sagen .
Ich kann lediglich sagen, dass wir die Cum/Cum-Gestal-
tungen als solche für illegitim halten . Aber ich kenne die
Einzelgeschäfte der Commerzbank nicht, sodass ich mir
nicht anmaße, festzustellen, wie diese zu bewerten und
zu beurteilen sind .
Danke schön, Frau Kollegin Paus . – Es gibt jetzt eine
weitere Nachfrage des Kollegen Schick . Bitte schön .
Herr Staatssekretär, die Commerzbank hat laut Ant-wort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage, die wirgestellt hatten, auf die entsprechende Frage der FMSAselber eingeräumt, dass auch Cum/Cum-Geschäfte beiihr stattfinden, und sie hat auch den Veröffentlichun-gen der jüngsten Zeit nicht widersprochen . Wir müssenalso davon ausgehen: Die Commerzbank ist an Cum/Cum-Geschäften beteiligt . Zweitens . Es gibt die Aussagedes Bundesfinanzministers: Diese Geschäfte sind „ille-gitim“ .Jetzt lautet meine Frage: Hält die Bundesregierung esangesichts dessen, was wir gerade aus dem Finanzmarkt-stabilisierungsfondsgesetz zitiert haben – oder auch un-abhängig davon –, für in Ordnung, dass eine Bank, die
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wir mit Milliarden gerettet haben – der Bund ist nochheute der größte Aktionär –, solche „illegitimen“ Ge-schäfte – ich zitiere den Bundesminister der Finanzen –tätigt? Meint die Bundesregierung, dass das okay ist?Ich vergleiche das noch einmal: Es gibt Landesban-ken – das wissen wir auch aus Veröffentlichungen –, dieexplizit gesagt haben: Solche Geschäfte sind mit unse-rem Status, mit unserer Vorstellung von anständigen Ge-schäften nicht vereinbar . – Müsste das nicht auch für dieCommerzbank gelten?
Herr Staatssekretär .
D
Sehr geehrter Herr Kollege Schick, ich habe gesagt:
Alle Cum/Cum-Geschäfte halten wir für illegitim . Das
heißt, es spielt keine Rolle, wer sie gestaltet hat, wer sie
durchgeführt hat . Damit gilt die Aussage, dass wir das für
illegitim halten, auch für den konkreten Fall der Com-
merzbank . Allerdings maße ich mir nicht an, wenn die
Commerzbank in Pressemitteilungen etwas sagt, im Ein-
zelfall Geschäfte der Commerzbank seitens der Bundes-
regierung zu kommentieren . Generell halten wir Cum/
Cum-Geschäfte für illegitim .
Ich sehe keine weitere Nachfrage . – Ich bedanke mich
bei Ihnen für die Beantwortung der Fragen .
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeri-
ums für Arbeit und Soziales auf . Zur Beantwortung steht
heute die Parlamentarische Staatssekretärin Gabriele
Lösekrug-Möller zur Verfügung .
Die Frage 37 der Abgeordneten Brigitte Pothmer
sowie die Fragen 38 und 39 der Abgeordneten Beate
Walter-Rosenheimer werden schriftlich beantwortet .
Wir kommen zur Frage 40 des Abgeordneten Stefan
Liebich:
Wie stellt sich aus Sicht der Bundesregierung das Problem
der Übernahme von Versorgungskosten nach
der Anerkennung von Asylsuchenden als international Schutz-
diese nunmehr anerkannten Flüchtlinge noch in einer Notun-
terkunft untergebracht sind, in der es keine Möglichkeit der
Selbstversorgung gibt, und gibt es
einzelne Bundesländer, die dieses Problem nicht oder in einer
besonderen Weise betrifft?
Bitte schön .
G
Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Kollege Liebich,
der Bundesregierung ist bekannt, dass anerkannte Flücht-
linge mangels entsprechenden Wohnraums oftmals auch
noch in Gemeinschaftsunterkünften, die eigentlich nur
für Asylbewerber vorgesehen sind, verbleiben müssen .
Soweit in diesen Unterkünften keine Selbstversorgungs-
möglichkeit besteht und die anerkannten Flüchtlinge
verpflegt werden wie alle Bewohner einer solchen Un-
terkunft, sind derzeit die Kommunen als Unterkunftsbe-
treiber oder Vertragspartner der Unterkunftsbetreiber mit
diesen Kosten belastet . Darin sieht die Bundesregierung
eine ungerechtfertigte Belastung der Kommunen, soweit
es um anerkannte Flüchtlinge geht, die Leistungen der
Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten
Buch Sozialgesetzbuch erhalten; denn die Kosten zur
Deckung des Ernährungsbedarfs hat der Bund über die
Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs zu tragen .
Diese Thematik ist von den Ländern Berlin und Saar-
land an die Bundesregierung herangetragen worden . Ob
es Länder gibt, die nicht oder in besonderer Weise betrof-
fen sind, ist der Bundesregierung nicht bekannt .
Herr Kollege Liebich, haben Sie eine Nachfrage?
Dann kommen wir zur Frage 41 des Abgeordneten
Stefan Liebich:
Welchen praktischen oder gesetzgeberischen Änderungs-
bedarf sieht die Bundesregierung im Rahmen des Zweiten Bu-
ches Sozialgesetzbuch in Bezug auf dieses Problem?
Bitte schön .
G
Herr Kollege, die Frage schließt sich ja an; deshalb
schließt sich auch die Antwort an: Die Bundesregierung
hat am 4 . Mai 2016 eine Formulierungshilfe für einen
Änderungsantrag zum Entwurf eines Neunten Gesetzes
zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch –
Rechtsvereinfachung – beschlossen . Diese sieht für alle
Personen, die nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch
leistungsberechtigt und in Gemeinschaftsunterkünften
ohne Selbstversorgungsmöglichkeit untergebracht sind,
eine bis 31 . Dezember 2018 befristete Übergangsrege-
lung vor . Sie hat zum Inhalt, dass Bedarfe für häusliche
Ernährung und Haushaltsenergie durch Sachleistungen
gedeckt werden können . Folge ist ein entsprechend ver-
ringerter Geldauszahlungsanspruch . Auf diese Weise
werden zum einen Doppelleistungen, die sich aus der
ungekürzten Geldleistung zur Deckung des Regelbe-
darfs plus kostenloser Verpflegung ergeben, vermieden.
Zum anderen steht der nicht ausgezahlte Geldbetrag zur
Verfügung, um ihn an die Kommunen, die derartige Ge-
meinschaftsunterkünfte betreiben, weiterzuleiten und sie
entsprechend zu entlasten .
Der Kollege Liebich hat dazu eine Nachfrage . – Bitte
schön .
Ich finde es sehr gut, dass Sie dort eine Änderung an-streben . Können Sie diese Formulierungshilfe den Mit-gliedern des Bundestages zur Verfügung stellen?Dr. Gerhard Schick
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G
Soweit ich weiß, ist sie bekannt; aber wir lassen sie
Ihnen selbstverständlich zukommen .
Danke schön .
Keine weitere Frage mehr? – Dann kommen wir jetzt
zur Frage 42 der Abgeordneten Corinna Rüffer:
Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus
dem Beschluss der Finanzministerkonferenz vom 28 . April
2016, nach dem ehemalige Heimkinder aus Einrichtungen
der Behindertenhilfe und Psychiatrien niedrigere finanzielle
Leistungen erhalten sollen als die ehemaligen Heimkinder aus
Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen, und wird sich die Bun-
desregierung für eine Verbesserung bzw . Gleichstellung dieser
Gruppen einsetzen?
Bitte schön, Frau Staatssekretärin .
G
Ja, sehr gerne . – Kollegin Rüffer, die Bundesregierung
vertritt die Auffassung, dass Menschen, die als Kinder
oder Jugendliche in den Jahren 1949 bis 1975 in der Bun-
desrepublik Deutschland bzw . bis 1990 in der DDR in
stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe bzw . in
der Psychiatrie Leid und Unrecht erfahren haben, aus
Gründen der Gleichbehandlung nicht schlechter gestellt
sein dürfen als ehemalige Heimkinder aus Kinder- und
Jugendhilfeeinrichtungen . Die Bundesregierung setzt
sich in den derzeit laufenden Verhandlungen weiterhin
mit Nachdruck dafür ein, dass es unter Berücksichtigung
der besonderen Situation zu keiner Benachteiligung der
Betroffenen aus stationären Einrichtungen der Behinder-
tenhilfe bzw . Psychiatrie im Vergleich zu den ehemaligen
Heimkindern der Kinder- und Jugendhilfe kommt und
dass das angestrebte Hilfesystem noch in diesem Jahr re-
alisiert wird . Sie ist bereit, sich gemeinsam mit Ländern
und Kirchen daran zu beteiligen .
Frau Kollegin Rüffer .
Vielen Dank für die Antwort . – Wir wissen ja beide,
dass die Verhandlung über die finanzielle Anerkennung
des Leides dieser Opfergruppe nunmehr seit langer Zeit
anhält und die Bundesregierung offensichtlich Schwie-
rigkeiten hat, sich insbesondere mit den Ländern auf eine
gerechte Lösung zu verständigen . Wie hoch schätzen Sie
die Chance ein, dass das jetzt zeitnah nachgeholt werden
kann?
G
Darauf antworte ich gerne . – Die Bundesregierung ist
zuversichtlich, dass es zu einer Einigung auch unter den
genannten Kriterien, die ich in meiner ersten Antwort
vorgetragen habe, kommt .
Frau Rüffer, haben Sie noch eine Nachfrage? – Bitte
schön .
Wir reden ja über zwei Bestandteile: zum einen über
die Pauschale, die niedriger angesetzt sein soll, und zum
anderen über Rentenersatzleistungen . Davon höre ich
sehr viel weniger . Das ist aber der Bereich, der auf der
Opferseite als besonders bitter wahrgenommen wird . Es
sollen maximal 5 000 Euro fließen, während bei der Grup-
pe der damaligen Kinder und Jugendlichen diese Leis-
tung im Einzelfall bei maximal 25 000 Euro gelegen hat .
Daran wird deutlich – anhand dieser Zahlen kann man es
vielleicht nachempfinden –, dass die Opfergruppe, die in
Einrichtungen der Behindertenhilfe und der Kinder- und
Jugendpsychiatrie gewesen ist, dies sozusagen nachträg-
lich noch einmal als Diskriminierung wahrnimmt .
Also die Antwort auf meine erste Frage war mir ein
Stück weit zu oberflächlich, auch was die Differenzie-
rung der Leistungen anbelangt . Setzt sich die Bundesre-
gierung dafür ein, dass es insbesondere im Bereich der
Rentenersatzleistungen zu einer einheitlichen Regelung
kommt? Was tun Sie da ganz konkret?
Frau Staatssekretärin .
G
Frau Kollegin Rüffer, ich weise darauf hin, dass wir
den Vorschlag gemacht haben, im Modus der Leistun-
gen etwas zu ändern . Die beiden Bestandteile hatten
Anspruchsberechtigte aus den Fonds, die es bisher gab,
auch . Was wir umstellen – ich sage das nur noch einmal,
weil in Ihrer Frage etwas mitschwang, was möglicher-
weise missverstanden wird –, ist Folgendes: Wir schla-
gen jetzt vor – ich kann da aber keinem Ergebnis vorgrei-
fen –, dass es zu einer pauschalen Geldleistung kommt .
Denn mit den ersten beiden Fonds wurde die Erfahrung
gemacht, dass das Sachleistungsprinzip nur mit einem
extrem hohen Aufwand administriert werden konnte . Das
ist für alle Beteiligten nicht optimal gewesen .
In der Frage der Renten haben wir auch noch keine
Einigung erzielt . Ich habe ja gerade vorgetragen, dass wir
zwar zuversichtlich sind, ich aber heute bedauerlicher-
weise noch kein Ergebnis vorstellen kann . Es ist uns sehr
ernst, dass wir die Opfergruppen gleichwertig behandeln
wollen . Das ist die Absicht der Bundesregierung .
Vielen Dank . – Die Kollegin Keul hat hierzu noch eine
Nachfrage .
Vielen Dank . – Da wir gerade über behinderte Kinderin stationären Einrichtungen sprechen, habe ich eine ak-tuelle Nachfrage zu der Berichterstattung bezüglich frei-heitsentziehender Maßnahmen . Es ist ja, insbesondere in
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Anbetracht der Vorfälle in Bayern, die Frage aufgewor-fen worden, wie es sich eigentlich mit dem Spannungs-verhältnis zwischen elterlicher Sorge und Richtervor-behalt bei freiheitsentziehenden Maßnahmen verhält .Deswegen wüsste ich gern: Befassen Sie sich derzeitmit dieser Problematik, und gibt es vielleicht auch schonein Meinungsbild dazu, ob hier gesetzgeberischer Hand-lungsbedarf besteht?G
Ich antworte Ihnen gern, Kollegin Keul . – Die Fonds
und die Stiftung „Anerkennung und Hilfe“, die wir pla-
nen und für die wir uns einsetzen, bieten uns einen Blick
in die Vergangenheit . Das Thema, das Sie ansprechen, ist
medial und in der politischen Diskussion ganz aktuell . Es
ressortiert nicht im Ministerium für Arbeit und Soziales .
Ich muss, ehrlich gesagt, zugeben: Ich kann Ihnen wahr-
scheinlich keine so fundierte Auskunft geben, wie Sie sie
zu Recht von der gesamten Bundesregierung erwarten
können . Deshalb ist meine herzliche Bitte, dass Sie Ihre
Frage an das zuständige Ministerium adressieren .
Danke . – Ich sehe keine weiteren Nachfragen .
Dann kommen wir zur Frage 43 der Abgeordneten
Katrin Werner:
Welchen Inhalt und welche Ergebnisse hatte das Gespräch
zwischen Vertretern des Bundesministeriums für Arbeit und
Soziales und Selbstvertretungsorganisationen von Menschen
mit Behinderungen und deren Verbänden, das am 4 . Mai 2016
von Christian Westhoff, Pressesprecher des Bundesministeri-
ums für Arbeit und Soziales, während einer Demonstration vor
dem Bundesministerium zugesagt wurde?
Bitte schön, Frau Staatssekretärin .
G
Vielen Dank . – Diese Frage ereilte uns noch vor dem
Termin . Der Termin, über den ich berichte, hat gestern
stattgefunden, Kollegin Werner . Am 10 . Mai dieses Jah-
res habe ich im Bundesministerium für Arbeit und Sozi-
ales ein Gespräch mit mehreren Abgesandten behinderter
Menschen geführt . Breiten Raum in dem mehrstündi-
gen Gespräch zum Entwurf des Bundesteilhabegesetzes
nahmen die vorgetragenen Kritikpunkte ein, die unter
anderem das Wunsch- und Wahlrecht, die Anrechnung
von Einkommen und Vermögen, die gemeinsame Inan-
spruchnahme von Leistungen der sozialen Teilhabe, das
Zusammenspiel von Eingliederungshilfe und Hilfe zur
Pflege oder die Öffnungsklauseln für abweichende Län-
derregelungen – ich nenne das alles beispielhaft – betra-
fen .
Die geäußerten Sorgen und Ängste wurden auch mit
Befürchtungen dahin gehend begründet, wie dieses Ge-
setz von den zuständigen Stellen in den Ländern ab dem
Jahr 2020 umgesetzt werden würde . Ich habe dargelegt,
dass viele der vorgetragenen Punkte aus der Sicht des
BMAS anders bewertet würden . Insbesondere würde ich
nicht die Einschätzung teilen, dass es sich bei diesem Ge-
setz, das für den Bund ab 2020 Ausgaben in Höhe von
rund 700 Millionen Euro jährlich vorsieht, um ein Spar-
gesetz handelt . Dennoch werden wir die Befürchtungen
ernst nehmen . Sie werden in das weitere Verfahren der
Gesetzgebung einfließen.
Vielen Dank . – Die Kollegin Werner hat noch Nach-
fragen; das sehe ich ihr an . Bitte schön .
Danke schön . – In der Tat habe ich Nachfragen . Sie
haben viele Bereiche und die Befürchtungen der Selbst-
vertretungsorganisationen angesprochen . Unter anderem
wurde Ihnen ja mitgeteilt, dass man im Moment große
Angst hat, dass es in vielen Bereichen zu Verschlechte-
rungen kommt, dass man eher in die Richtung tendiert,
zu sagen: „Lieber gar kein Gesetz“, und die kleinen Ver-
änderungen und Verbesserungen im SGB IX zu regeln .
Es gibt also immer mehr Menschen, die sagen: Wir sagen
zu diesem Gesetz Nein; das ist nicht mein Gesetz . – In-
sofern ist meine Nachfrage, wie Sie mit diesen Ängsten
umgehen . Sie müssen ja nicht nur aktiv daran arbeiten,
die Menschen zu beteiligen, sondern auch daran, tatsäch-
lich Dinge zu ändern . Welche konkreten Maßnahmen
werden dabei ergriffen? Das ist mir ziemlich unverständ-
lich . Als das Gespräch am 4 . Mai dieses Jahres bei Ih-
nen im Ministerium stattgefunden hat, waren auch die
Kollegin Rüffer und ich da, und man hat den Frust der
Menschen gespürt .
Frau Staatssekretärin .
G
Frau Kollegin Werner, wir haben die Abgeordnetengestern empfangen . Ihnen oblag, ihre Themen vorzu-tragen . Wir haben mit wirklich großer Aufmerksamkeitzugehört und ein wenig kontrastiert, wie unsere Bewer-tung ist . Es wird Sie nicht überraschen, dass wir uns derBewertung, die vorgetragen wurde, nicht angeschlossenhaben . Gleichwohl haben wir viel Verständnis für dieSorgen . Viele Sorgen haben ja damit zu tun, dass Men-schen, die wesentliche Behinderungen haben, über vielErfahrungswissen verfügen, ihre Erfahrungen aber nichtnur gute sind .Das andere ist: Es ist für alle Beteiligten – in ganz be-sonderem Maße natürlich für die Betroffenen – wirklicheine Anstrengung, sich auf einen großen Reformprozesseinzulassen . Dafür haben wir sehr großes Verständnis .In Bezug auf die Bewertung der einzelnen Elemen-te des Gesetzentwurfes haben wir teilweise ganz unter-schiedliche Sichtweisen . Bei dem einen oder anderen,was vorgetragen wurde, können wir aber – wie soll ichsagen – nachfühlen, dass Sorgen bestehen, und wir sindan solchen Stellen selbstverständlich bereit, zu sagen:Wir prüfen noch einmal, ob das berechtigte Befürchtun-gen sind oder ob diese Sorgen möglicherweise eine ande-re Ursache haben . Das wird man sehen .Katja Keul
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Wir sind also mit den Personen im Kontakt, die ges-tern unsere Gäste waren . Allerdings teilen wir nicht dieEinschätzung, dass es richtig wäre, dieses Gesetzesvor-haben nicht weiterzuverfolgen .
Frau Werner, noch eine Nachfrage? – Bitte schön.
Ich habe eine zweite Nachfrage . Man konnte nachle-
sen und auch hören, dass unter anderem auch noch einmal
über den Zeitplan gesprochen wurde. Danach finden die
Länderanhörung am 23 . Mai 2016 und die Verbandsan-
hörung am 24 . Mai 2016 statt, und unter anderem wurde
auch der 23 . September 2016 erwähnt .
Allerdings habe ich auch gehört und wahrgenommen,
dass es sein könnte, dass der Gesetzentwurf das Kabinett
bzw . den Kabinettstisch bis zum Sommer gar nicht errei-
chen wird . Das würde ja heißen, dass es bis zum 23 . Sep-
tember 2016 durchaus gar keine Vorlage geben könnte .
Gibt es einen zweiten Fahrplan, also einen Plan B, dafür,
wie wir in dem ganzen Verfahren weiter verfahren wol-
len, oder müssen wir uns darauf einstellen, dass es in die-
ser Wahlperiode kein Bundesteilhabegesetz geben wird?
G
Frau Kollegin Werner, mir steht es gar nicht zu, Sie
über den parlamentarischen Ablauf einer Gesetzesbera-
tung zu informieren . Das wissen Sie mindestens so gut
wie ich .
Ich will aber einfach nur sagen: Wir befinden uns im
Augenblick in einem sehr frühen Stadium, nämlich in der
Ressortabstimmung, und bevor ein Gesetzentwurf das
Kabinett erreicht, findet typischerweise eine Verbändean-
hörung statt . Erst im Anschluss daran erfolgt das parla-
mentarische Verfahren, und da das Bundesteilhabegesetz
ein zustimmungspflichtiges Gesetz sein wird, ist auch der
Bundesrat vollumfänglich zu beteiligen .
Insofern: Die Daten, die Sie genannt haben, sind
durchaus zutreffend, soweit mir das bekannt ist . Das ist
der Routineablauf bei zustimmungspflichtigen Gesetzen,
und dieses Parlament ist ja sehr stolz darauf, dass ihm
nicht nur die Beratung der Gesetzentwürfe obliegt, die
dem Haus vorgelegt werden, sondern gegebenenfalls
auch ihre Veränderung .
Danke . – Die Kollegin Rüffer hat jetzt noch eine
Nachfrage . Bitte schön .
Vielen Dank für die Gelegenheit . – Frau Lösekrug-
Möller, Sie haben gestern selber mit den betroffenen
Menschen gesprochen und wissen, dass dort große Sorge
herrscht . Manchmal ist es sinnvoll, dass man durch einfa-
che Ja- oder Nein-Antworten den Menschen diese Sorge
nimmt .
Die Sorge betrifft unterschiedliche Punkte . Es geht
zum Beispiel um die Anrechnung des Einkommens und
des Vermögens . Sie haben einmal argumentiert, dass das,
was Sie vorlegen, eigentlich den Einstieg in den Ausstieg
darstellen soll .
Meine Frage, die sehr viele Leute umtreibt, lautet: Tei-
len Sie die Auffassung, dass sich auf der Grundlage des
Referentenentwurfs, der uns vorliegt, für einen Großteil
der großen Gruppe von Menschen, die Leistungen der
Eingliederungshilfe und auch Hilfe zur Pflege in An-
spruch nehmen, aufgrund der Anrechnung des Einkom-
mens und des Vermögens nichts bzw . einiges sogar nega-
tiv verändern wird?
G
Frau Kollegin Rüffer, die Sorge, dass sich etwas nega-
tiv verändern wird, wenn die Leistungen der Eingliede-
rungshilfe und die Hilfe zur Pflege zusammenfallen, teile
ich nicht . Das kann ich dem Gesetzentwurf auch nicht
entnehmen . Gleichwohl weise ich darauf hin, dass wir
mit dem Gesetzentwurf die Eingliederungshilfe refor-
mieren und sie in einen entsprechenden Leistungstatbe-
stand im SGB IX übertragen . Wenn aber Leistungen der
Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege zusammen-
fallen, ist es richtig, dass wir den Bereich der Hilfe zur
Pflege in diesem Gesetz nicht reformieren. Das ist nicht
Gegenstand dieses Entwurfes .
Vielen Dank . – Damit sind wir am Ende dieses Ge-
schäftsbereichs . Ich bedanke mich bei der Parlamentari-
schen Staatssekretärin für die Beantwortung der Fragen .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Ernährung und Landwirtschaft . Die Frage 44
des Kollegen Harald Ebner wird schriftlich beantwortet .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums der Verteidigung . Die Fragen 45 und 46 der
Kollegin Katrin Kunert werden ebenso schriftlich beant-
wortet .
Wir sind damit am Ende der heutigen Fragestunde .
Es tut mir leid für die Besucherinnen und Besucher
auf der Tribüne, aber die Sitzung ist jetzt bis 15 .35 Uhr
unterbrochen . – Ich freue mich, Sie wiederzusehen .
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet .Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf:Aktuelle Stundeauf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIEGRÜNENHaltung der Bundesregierung zu TTIPIch eröffne die Aussprache . Das Wort hat Dr . AntonHofreiter, Bündnis 90/Die Grünen .Parl. Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Erst einmal möchte ich mich bei dem unbe-kannten Whistleblower dafür bedanken, dass wir heuteüberhaupt inhaltlich über diese Fragen debattieren kön-nen . Denn mithilfe dieses Leaks ist endlich klar, worüberverhandelt wird – zumindest in Teilen –, und das Schwei-gekartell, das diese Bundesregierung errichtet hat, istendlich durchbrochen .
Die Papiere zeigen, dass die Sorgen der Menschen, dieSorgen all derjenigen, die gegen dieses Abkommen in derForm sind, mehr als berechtigt sind .
In diesen Papieren wird nämlich gezeigt, welche Dealsangedacht sind . Zwar soll es einige wenige Vorteile fürdie Autoindustrie geben . Es ist dafür aber angedacht, dieLandwirtschaft in Europa, in Deutschland, in Bayern undBaden-Württemberg, wo sie insbesondere noch kleintei-lig ist, zu verkaufen und zu verraten . Das wird darin nundeutlich .
Ein weiterer Punkt, der in diesen Papieren deutlichwird, ist, dass die regulatorische Kooperation in ganzgroßem Umfang umgesetzt werden soll . Was kann mansich unter regulatorischer Kooperation vorstellen? Es istangedacht, dass insbesondere die Wirtschaftslobbyistensehr frühzeitig in die Gesetzgebung und in die Regulati-on einbezogen werden sollen, und zwar noch frühzeitigerals jetzt . Ich glaube, wenn Sie eine Umfrage unter vielenMenschen machen und fragen, ob das Hauptproblem,das wir zu lösen haben, ist, dass Wirtschaftslobbyistenzu wenig in die Gesetzgebung einbezogen werden, dannwerden Sie verdammt wenig Zustimmung finden. Ichglaube, die meisten Menschen sind der Meinung, dassdie Wirtschaftslobbyisten zu viel Einfluss auf die Gesetz-gebung dieser Bundesregierung haben .
Ihr zuständiger Parlamentarischer Geschäftsführer hatauf Twitter mitgeteilt, dass er sich auf die heutige Debat-te freut . Da frage ich mich, wo er ist . Sie sagen immer:Man muss den Menschen nur mehr Informationen ge-ben . Man muss die Menschen nur aufklären über diesesAbkommen, dann würden sie schon sehen, dass es gutist . – Dann verstehe ich allerdings nicht, warum Sie soeine Geheimniskrämerei daraus machen, wenn Sie dochüberzeugt sind, dass die Menschen glauben, dass es gutist, wenn Sie sie nur aufklären .Es lässt sich etwas ganz Spannendes feststellen: Jemehr die Menschen über dieses Abkommen wissen, jebesser sie Bescheid wissen und je intensiver sie sich in-formiert haben, desto stärker sind sie gegen dieses Ab-kommen . Und zu Recht sind sie stärker gegen diesesAbkommen! Die Papiere zeigen nämlich, dass dieses Ab-kommen nicht im Interesse der Menschen in Deutschlandund in Europa ist .
Nehmen wir einmal das Beispiel der Landwirtschaft .Herr Kauder und Frau Merkel haben sich in dieser Wo-che bestürzt und traurig darüber gezeigt, in welch großenökonomischen Schwierigkeiten die Landwirtschaft ist .Ja, man kann sagen: Nach zehn Jahren CDU/CSU-Land-wirtschaftsministern geht es den Bauern so schlecht wienoch nie in der Geschichte .
Schauen Sie sich an, wie sich der Preis für Milch ent-wickelt hat . Schauen Sie sich an,
wie sich der Preis für Schweinefleisch entwickelt hat.Schauen Sie sich an, wie sich der Preis für Hähnchen-fleisch entwickelt hat. Wenn Sie hier „Quatsch“ schreien,dann rate ich Ihnen: Reden Sie doch einmal mit einemMilchbauern,
und fragen Sie ihn, ob er es toll findet, dass er für 1 LiterMilch noch 20 Cent bekommt, während die Produktions-kosten bei 40 Cent liegen .
Sie sind ja an der Basis gar nicht mehr verankert .
Was geben Sie der betroffenen Landwirtschaft außer ei-ner geplanten Absenkung der Standards für Verbraucherund Umwelt als Antwort? Sie veranstalten so einen klei-nen Milchgipfel, bei dem schon jetzt klar ist, dass dabeinichts herauskommt .
Auf der anderen Seite wollen Sie die Landwirte einergnadenlosen Konkurrenz aussetzen . Haben Sie sich dieLandwirtschaftsstruktur in den USA einmal angeschaut?Da sind die Betriebe im Schnitt dreimal so groß, wie esdie Betriebe in Deutschland im Schnitt sind .
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 169 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . Mai 201616658
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Schauen Sie sich an, um wie viel größer die Betriebein den USA als zum Beispiel die in Bayern oder in Ba-den-Württemberg sind, in denen wir noch eine mittel-ständische und kleinteilige Landwirtschaft haben . Schau-en Sie sich an, wie das Konkurrenzverhältnis sein wird .Dann wissen Sie, wie das Ganze am Ende ausgeht . TTIPist ein Beschleunigungsprogramm fürs Höfesterben . Dasist das Abkommen, das Sie hier unterstützen .
Allein das ist schon ein Grund, warum wir diesesAbkommen ablehnen und warum diese Verhandlungengestoppt werden müssen . Was wir brauchen, ist ein fai-res und transparentes Abkommen . So ein Abkommenbrauchen wir; ein Abkommen, in dem auf die StandardsWert gelegt wird und in dem der Klimaschutz von Parisberücksichtigt wird . Solche Abkommen bräuchten wir .Dafür hätten Sie auch unsere Unterstützung . Dafür hättenSie auch die Unterstützung der Bevölkerung .
Vielen Dank . – Das Wort hat jetzt BundesministerSigmar Gabriel . Bitte schön .
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft undEnergie:Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Kol-lege Hofreiter hat darauf hingewiesen, dass es ein Ab-kommen, wie er es beschrieben hat und wie es aus denDokumenten der Vereinigten Staaten deutlich gewordenist, nicht geben darf . Das steht fest . Das ist völlig unum-stritten . Niemand, schon gar nicht die Bundesregierungoder der Deutsche Bundestag, würde einem Abkommenzustimmen, in dem das stehen würde, was Sie eben gesagthaben oder was durch die Greenpeace-Veröffentlichungder amerikanischen Dokumente öffentlich geworden ist .Niemand würde ein solches Abkommen unterstützen .
Das ist aber nichts Neues . Die Behauptung, dass das,was veröffentlicht wurde, völlig neu ist, stimmt nun garnicht .
Sie können all das, was Sie eben gesagt haben, in denReden der neben Ihnen sitzenden Kollegin Dröge imDeutschen Bundestag, in den Debatten des Bundestagesund in den in der Öffentlichkeit geäußerten Befürchtun-gen nachlesen .
Seit über einem Jahr diskutieren wir jeden einzelnenPunkt von dem, was jetzt quasi als Dokument der USAveröffentlicht wurde, hier im Deutschen Bundestag .
Nichts davon ist neu . Nichts davon ist so, dass irgendje-mand im Bundestag gesagt hätte: Das wollen wir . – Seitmehr als zwölf Monaten sage ich, sagen hier die Redner:Das wollen wir nicht .
Geheimniskrämerei macht nicht die Bundesregierung .Vielmehr haben wir ein Minimum an Transparenz gegendie Europäische Kommission durchgesetzt und immergesagt: Es ist ein Riesenfehler, dass die EuropäischeKommission und die Amerikaner nicht bereit sind, dasVerfahren wesentlich transparenter zu machen .
Ich verstehe, dass man als Oppositionspartei Differen-zen erzeugen muss – manchmal muss man das sogar inder Regierung –,
weil man sonst nicht erkannt wird . Aber da es sich umein wichtiges Thema handelt, finde ich, sollten wir dasauch ernsthaft behandeln . Wir wissen doch inzwischennun ganz genau, wo die roten Linien verlaufen sollen .Diese sind unumstritten . Die Frage ist: Reicht das eigent-lich? Es ist richtig, zu sagen, was man nicht will. Aberich finde, mindestens genauso wichtig ist es, zu sagen,was man will, und das tun wir fast überhaupt nicht . We-der wir noch das Europäische Parlament . Sondern wirbeschäftigen uns nur mit dem, was wir nicht wollen . Ichfinde, das ist dem größten Handelsraum der Welt, Euro-pa, nicht angemessen .
Das Problem ist: Wenn man damit beginnt, dann kannman nicht mehr öffentlich sagen: Ich bin gegen Freihan-delsabkommen .
Dann muss man vielmehr sagen: Ich bin dafür, aber siemüssen wie folgt aussehen .Dann ist es natürlich schwieriger, öffentliche Demons-trationen zu organisieren. Trotzdem finde ich: Wenn wires damit ernst meinen, dann müssen wir definieren, waswir wollen .
Dr. Anton Hofreiter
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 169 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . Mai 2016 16659
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– Haben Sie eine Frage? Melden Sie sich doch zu einerZwischenfrage; die beantworte ich .
Ich kann mir vorstellen, dass Sie das nicht möchten .
– Das geht nicht?
In der Aktuellen Stunde gibt es keine Zwischenfragen .Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft undEnergie:Hoffentlich gibt es bald wieder eine Debatte, in derSie Fragen an mich richten dürfen .
– Am Freitag muss ich im Handelsministerrat über CETAdiskutieren .
Deswegen kann ich Sie dann leider nicht begleiten . Dashätte ich gerne getan .Meine Damen und Herren, wichtiger ist, dass wir unsdarüber im Klaren sind, was wir denn wollen . Wir sindauf offene Märkte angewiesen . Das weiß doch jeder, derdieses Land kennt und der Europa kennt . Zumindest jederSozialdemokrat – ich hoffe, auch einige andere mehr –weiß: Eine starke Industrie bedeutet Sozialpartnerschaft,Mitbestimmung und anständige Tarifverträge . Die Indus-trie ist gerade in einem Land wie Deutschland auf offeneMärkte angewiesen .Solche offenen Märkte brauchen gute Regeln . Märk-te dürfen nicht regellos sein . Wenn beispielsweise dieFinanzmärkte regellos sind, dann führt das in die Kata-strophe . Jeder liberale Ökonom wird sagen: Märkte brau-chen Regeln . – Das müssen Regeln sein – alles, was HerrHofreiter dazu gesagt hat, ist richtig –, die die Demokra-tie schützen und das „right to regulate“ nicht irgendwel-chen Regulationsgremien überlassen .
– Darüber diskutieren wir hoffentlich, weil wir genau dasbei CETA nicht machen. Ich finde, es ist wunderbar, dasswir einen Text haben, bei dem wir nachweisen können,dass wir genau das nicht tun .
Ich versuche nur, ganz sachlich die Chance zu ergrei-fen, Ihnen einmal recht zu geben . Dass Sie nicht einmaldas akzeptieren können, bedauere ich zutiefst, wie Siesich vorstellen können .
Ich finde übrigens, dass wir etwas anzubieten haben.In diesen Regeln wollen wir weg von dem, was Sie alle –zu Recht, wie ich finde – kritisieren, nämlich von Jahr-zehnten des Standortwettbewerbs, bei dem es immer da-rum ging, schlechte Arbeitsbedingungen zu schaffen undüber Lohndumping und Umweltzerstörung Kosten- undMarktvorteile zu erzielen und sozusagen die Arbeitneh-mer gegeneinander bzw . die Verbraucher und die Umweltgegen Arbeitsplätze auszuspielen .Das alles ist nicht das Interesse Deutschlands unddarf nicht das Interesse Europas sein . Deshalb müssenwir politisch um Handelsabkommen kämpfen, die Rechtund Regeln schützen und stärken, statt sie auszuhöhlen .Dazu muss man aber auch den Mumm haben . Man mussauch sagen: Das will ich; ich habe keine Angst vor Ver-handlungen; ich glaube, wir haben etwas einzubringen . –Dann muss man auch sagen, was man einbringen will .Sie aber haben in anderthalb Jahren nicht einen einzigenVorschlag im Deutschen Bundestag gemacht .
Aber das kann man nachholen . Die Chancen dafür,das durchzusetzen, sind heute größer als vielleicht vor 10oder 20 Jahren .Ich bin also dafür, dass wir politisch um gute Han-delsabkommen kämpfen, Recht und Regeln schützen undstärken, statt sie auszuhöhlen, und das zum Gegenstandeiner Debatte machen, die nicht nur in Deutschland undEuropa stattfindet, sondern weit darüber hinaus. Schlech-te Handelsabkommen zu verhindern, ist die eine Aufga-be, die wir haben, und TTIP so, wie es sich die Amerika-ner vorstellen, darf und wird es nicht geben .
Übrigens schon deshalb nicht, weil die Amerikaner un-ter anderem vorschlagen, dass wir keinen Zutritt zu ih-ren öffentlichen Beschaffungsmärkten haben sollen . Ichmeine, ein Freihandelsabkommen, das den Marktzugangverbietet, ist selbst klassischen Freunden von Freihandelschwer zu erklären . Warum braucht man dafür, dass manden Zugang verbietet, ein Freihandelsabkommen? Vondaher ergibt es auch ökonomisch keinen Sinn, so etwasabzuschließen .Aber ich finde, wir müssen die Debatte darüber führen,was wir eigentlich wollen. Ich finde, es gibt eine MengePunkte, die wir in den letzten Jahren als Regeln der Glo-balisierung immer wieder öffentlich eingefordert haben:Nachhaltigkeit, Verbraucherschutz, Arbeitnehmerschutz,der Hinweis auf die Internationale Arbeitsorganisation .Diese Punkte werden übrigens jetzt beim Abkommen mitKanada realisiert .Bundesminister Sigmar Gabriel
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Was wir nicht brauchen, sind, glaube ich, zwei zeitli-che Festlegungen . Die einen sagen: Zieht sofort den Ste-cker und verhandelt nicht weiter! – Ich finde, dass dasfalsch ist, weil man damit die Chance aus der Hand gibt,zu verhandeln und etwas zu erreichen .
Ich weiß, dass die Bundeskanzlerin und auch der ameri-kanische Präsident gesagt haben, dass wir das in diesemJahr abschließen sollen . Aber das Motto darf nicht lauten„schnell vor gut“, sondern muss lauten „gut vor schnell“ .Mir fehlt, ehrlich gesagt, angesichts dessen, was dieAmerikaner vorschlagen, ein bisschen die Fantasie, mirvorzustellen, wie das in diesem Jahr geschafft werdensoll . Aber wir werden sehen, was im Juni als erstes Zwi-schenergebnis vorgelegt wird . Aber die Überschrift musslauten „gut vor schnell“, nicht umgekehrt .Gerade bei dem Abkommen mit Kanada können wirsehen, dass die Amerikaner die Kanadier für die Absichtmassiv kritisieren, ein solches Abkommen mit der Euro-päischen Union zu unterschreiben . Zumindest die Ame-rikaner wissen, dass CETA ein Schutzschild gegen einschlechtes TTIP ist . Dafür kritisieren sie die Kanadier .Die Kanadier machen nun nach dem Regierungswech-sel das, was ich mir gewünscht habe . Meine Damen undHerren von der Opposition, Sie erinnern sich sicherlich,dass wir hierüber ein paar Diskussionen geführt haben .Ich war skeptisch, ob man das Abkommen noch ändernkann . Sie haben mir immer gesagt: Du musst die privatenSchiedsgerichte herausnehmen . – Ich habe immer gesagt:Ich will es versuchen. Aber ob das geht? Das Abkommenist schon abgeschlossen . – Auf einmal gibt es nun das,was Sie alle sich gewünscht haben .
– Sie werden später versuchen, mir das zu erläutern . ImText steht jedenfalls das Gegenteil .
Das Schöne ist: Das, was im Text steht, gilt, und nichtdas, was Sie der Öffentlichkeit weismachen wollen .
Wir werden in den Ausschuss gehen, CETA beratenund zeigen, was dieses Abkommen beinhaltet . Wir wer-den dieses Abkommen nutzen, um den Amerikanern zusagen: Darunter geht nichts! – Es ist gut, dass die Arbeit-nehmerrechte und Umweltschutzstandards als Ziele desVertrags anerkannt werden, dass sich beide Parteien beiCETA auf die ILO-Konvention und die Einhaltung derILOKernarbeitsnormen verpflichtet haben und als Zieldie Verbesserung bestehender Standards nennen, dass derDumpingwettbewerb in diesem Abkommen mit Kanadaexplizit abgelehnt wird, dass der Vorrang demokratischlegitimierter Regulation und Gesetzgebung gesichertwird, dass das sogenannte „right to regulate“ in einemgesonderten Artikel aufgeführt wird –
Herr Minister .
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
Energie:
– und dass nicht zuletzt die herkömmlichen Inves-
tor-Staat-Schiedsverfahren beendet und ersetzt werden
durch ein öffentlich legitimiertes Investitionsschiedsge-
richt mit öffentlich bestellten Richtern und einer Beru-
fungsinstanz . Das hat es noch nie gegeben .
Herr Minister!
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
Energie:
Ich finde, dass das ein progressives Abkommen ist.
Wir sollten es nutzen, um zu zeigen, wie moderne Han-
delsabkommen aussehen sollten . Aber wir sollten nicht
so tun, als seien wir uneinig in der Ablehnung dessen,
was die Amerikaner bislang auf den Tisch gelegt haben .
Das, was die Amerikaner vorschlagen, will niemand . Ich
habe jedenfalls noch keinen getroffen, der so etwas will .
Weder die bayerische Landwirtschaft noch die SPD noch
die Grünen noch die Linkspartei wollen so etwas . Ich
verstehe, dass das für die Opposition nicht so schön ist .
Für die Aufklärung der Öffentlichkeit wäre es jedenfalls
nicht schlecht, das einmal öffentlich zu dokumentieren .
Vielen Dank .
Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr . Sahra
Wagenknecht, Fraktion Die Linke .
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Lieber Sigmar Gabriel, das war jetzt ganz großes Kinomit beachtlichem schauspielerischen Einsatz . Es hat nurleider überhaupt nichts damit zu tun, wie die Bundesre-gierung die ganzen Jahre über in Bezug auf die Freihan-delsabkommen TTIP und CETA real agiert und regierthat . Es hat nichts damit zu tun!
Sie täuschen die Öffentlichkeit und verkaufen sie fürdumm .Der Leak, für den ich wirklich dankbar bin, hat unsganz klar gezeigt, dass alle Befürchtungen und Kritikenvoll berechtigt sind . Wir haben es jetzt schwarz auf weiß:TTIP bringt – zumindest ist das die klare amerikanischePosition, unterhalb derer es dieses Abkommen nicht ge-ben wird; das geht daraus hervor – Genfood und Hor-monfleisch. TTIP bringt Gifte in unsere Hautcremes undChemikalien in unser Kinderspielzeug, die bisher ausgutem Grund in Europa verboten sind .
Bundesminister Sigmar Gabriel
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 169 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . Mai 2016 16661
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Das ist die Position, die in diesen Dokumenten deutlichwird .
Es bringt außerdem eine Sonderjustiz und Klagerech-te für große Konzerne, mittels derer sie in Zukunft jedeRegierung, die sich nicht in vorauseilendem Gehorsamihren Renditeinteressen unterwirft, vor den Kadi ziehenkönnen .
Ich höre wirklich gerne, Herr Gabriel, dass die Bun-desregierung das alles nicht will . Sie haben das jetzt ge-sagt . Aber ich frage mich schon: Weshalb gibt es dannnicht von der Bundeskanzlerin eine ähnlich klare öffent-liche Verdeutlichung ihrer Position, wie sie beispielswei-se der französische Präsident Hollande vorgenommenhat?
Hollande hat ganz klar gesagt: Das, was jetzt vorliegt,ist nicht zustimmungsfähig . – Wo ist das öffentliche Neinvon Frau Merkel? Es gibt dieses Nein nicht. Stattdessengibt es öffentlich inszenierte Kuscheltage mit Obama, esgibt unterwürfige Komplimente, und es gibt eine Dauer-werbeschleife gemeinsam mit Obama für TTIP die ganzeZeit des Besuches über . Ich fand: Das war oberpeinlich .
Eine Regierung, die so agiert, sollte sich auch nichtwundern, dass immer mehr Menschen ihr das Vertrauenentziehen . Einer Regierung, die seit Beginn der TTIP-Ge-heimkungelei wirklich alles versucht, um die Öffentlich-keit zu täuschen, kann doch wirklich kein Mensch mehrvertrauen .Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, dadiskutieren Sie, was Sie tun können, um aus Ihrem Jam-mertal bei Umfragen und Wahlergebnissen endlich he-rauszukommen .
Das ist doch nun wirklich nicht so schwer: Hören Sieendlich auf, diese jämmerliche Politik mitzutragen, diedem Großteil der Bevölkerung ins Gesicht schlägt .
Dann wird es Ihnen auch wahlpolitisch besser gehen .Ich muss natürlich auch sagen: Ich kann alles unter-schreiben, was Toni Hofreiter hier gesagt hat .
– Ja, klar . – Aber es ist leider nicht wirklich vertrauener-weckend, was man im neuen grün-schwarzen Koalitions-vertrag von Baden-Württemberg über die angeblichen„substanziellen Vorteile“ von TTIP lesen kann . Da seheich künftigen Abstimmungen im Bundesrat mit wenigZuversicht entgegen –
und das, obwohl inzwischen auch klar ist, dass nicht nurArbeitnehmer und Verbraucher, sondern gerade auchmittelständische Unternehmen zu den großen Verlierernvon TTIP und CETA gehören werden .Herr Gabriel, Sie haben hier mehrfach von freiemHandel geredet. Ich finde, schon der Begriff „Freihan-delsabkommen“ für diese Art von Abkommen ist dochein einziges Lügenwort . Es geht doch überhaupt nicht umfreien Handel . Es geht um Sonderrechte und Privilegienfür große, transnationale Konzerne .
Es geht um ein Selbstermächtigungsgesetz für Kapital-interessen, das Parlamente entmachten und letztlich dieDemokratie endgültig begraben soll .
Das ist doch das, worum es geht . So ein Projekt hat wirk-lich keinerlei Unterstützung verdient .
Alles, was ich bisher über TTIP gesagt habe, stimmtmit wenigen Abstrichen auch für CETA, Herr Gabriel .Deswegen muss ich fragen, wenn Sie jetzt so klar beto-nen, dass Sie TTIP so nicht wollen: Warum gibt es danndie Unterstützung der Bundesregierung für diesen ganzmiesen Trick, nämlich jetzt CETA über die Hintertür dereuropäischen Lobbykratie an den nationalen Parlamen-ten vorbei in Kraft zu setzen?
Warum betreibt die Bundesregierung das? Das ist dochunglaublich .CETA bedeutet, dass auch US-Konzerne die Vorteilenutzen können . Auch CETA steht für Gift, Genfood undParalleljustiz . Alles das ist auch in diesem Abkommenverankert . Jedes US-Unternehmen, das eine Filiale, eineNiederlassung in Kanada hat – das sind 80 Prozent dieserUnternehmen –, kann dann natürlich auch diese Rechtenutzen .
Deswegen sage ich: Ich finde es skandalös, dass dieBundesregierung das Verfahren, dass CETA über die eu-ropäische Ebene eingeführt werden soll, offensichtlichakzeptiert .
Wir akzeptieren das nicht . Die Linke hat dazu eineklare Position: Weg mit TTIP und weg mit CETA!
Niemand außer den Renditejägern in den oberen Kon-zernetagen braucht diese Abkommen .
Sie müssen zum Schluss kommen, Frau Kollegin .Dr. Sahra Wagenknecht
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Ich bin gleich am Schluss . Einen Satz noch . – Wenn
Sie schon nicht den Mut und das Rückgrat haben, das
selbst zu entscheiden, dann lassen Sie die Bevölkerung
abstimmen . In den Niederlanden wird ein Volksentscheid
über CETA und TTIP vorbereitet . Ich frage mich: Wann
ist es endlich so weit, dass diese Form direkter Demokra-
tie auch in Deutschland möglich wird? Die Linke wird
sich auf jeden Fall weiterhin dafür einsetzen .
Vielen Dank . – Das Wort hat jetzt der Kollege
Dr . Joachim Pfeiffer, CDU/CSU-Fraktion .
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen undHerren! Ich habe versucht, Herrn Hofreiter zuzuhören .
Ich habe auch versucht, Frau Wagenknecht zuzuhören .Lieber Sigmar Gabriel, anders als Sie kann ich den bei-den nicht wirklich recht geben .
Herr Hofreiter und Frau Wagenknecht haben für unge-fähr alles auf dieser Welt, was aus ihrer Sicht schiefläuft,TTIP verantwortlich gemacht . Wenn ich es richtig ver-standen habe, sind die niedrigen Milchpreise, die wirheute in Deutschland haben, angeblich das Ergebnis dermomentanen Verhandlungen über TTIP .
Den entsprechenden Vertrag werden wir vielleicht imnächsten Jahr schließen .
TTIP ist angeblich für das Höfesterben in der Landwirt-schaft und auch für Strukturprobleme verantwortlich . Siehaben wörtlich gesagt, durch TTIP würden Gift im Spiel-zeug und Sondergerichte ermöglicht .
Außerdem war von einem Ermächtigungsgesetz – dasist schon starker Tobak; das muss ich schon sagen – dieRede . Ich hoffe, Sie wissen, was Sie da gesagt haben . EinErmächtigungsgesetz wurde in diesem Hause tatsächlicheinmal diskutiert. Ich bezweifle, dass Ihre Wortwahl rich-tig gewesen ist . Sie sprachen von einem Ermächtigungs-gesetz für Konzerne zur Aushebelung der Demokratie .Das ist Ihrer Meinung nach TTIP . Ich muss Ihnen sagen:Da kann ich Ihnen nicht zustimmen .
Es geht vielmehr darum, den größten Wirtschaftsraumder Welt mit 800 Millionen Menschen, mit einem Brutto-inlandsprodukt von rund 50 Prozent und einem Dritteldes Welthandels zu schaffen . Dafür gibt es ein Ver-handlungsmandat, das auch Deutschland wie 27 andereEU-Länder der EU-Kommission, die für die Verhandlun-gen zuständig ist, erteilt hat .
Dieses Verhandlungsmandat wird jetzt in dem Sinne ge-nutzt, dass verhandelt wird . Sie haben das Ganze abervon Anfang an skandalisiert . Bevor die erste Verhand-lungsrunde begonnen hat, haben die Grünen und auch dieLinken in diesem Hause gesagt: „TTIP-Verhandlungenabbrechen“; denn sie wussten ja schon, was aus diesenVerhandlungen herauskommt .
Dann wurde das Chlorhuhn bemüht . Das ist zum Rohr-krepierer geworden; das Chlorhuhn bemüht heute kei-ner mehr . Dann war von Geheimverhandlungen undeiner Paralleljustiz, die eingeführt werden sollte, dieRede . Nachdem das alles verpufft ist, spricht man jetztvon Whistleblowing und „TTIP-Leaks“ . Was ist „TTIP-Leaks“? Es werden Verhandlungspositionen der Ameri-kaner, Verhandlungspositionen der EU von vor Monatenals Neuigkeiten skandalisiert .Ich muss sagen: Ich kann überhaupt nichts Skandal-trächtiges an diesen Verhandlungen finden.
Es ist banal und in jeder Verhandlung so: Wenn die Frak-tionen in einem Ausschuss über einen Gesetzentwurfverhandeln, haben sie unterschiedliche Positionen . DiesePositionen sprechen sie vorher ab, und dann verhandelnsie miteinander . Danach kommt es zu einem Ergebnis .Diese Verhandlungen führen wir selten öffentlich . Etwasanderes ist zumindest mir nicht bekannt . Die Verhand-lungen im Ausschuss für Wirtschaft und Energie werdennichtöffentlich geführt . Auch die Verhandlungen zwi-schen den Koalitionsfraktionen werden nichtöffentlichgeführt . Dann gibt es ein Ergebnis, und dieses Ergebniswird dann selbstverständlich öffentlich diskutiert undbeleuchtet. Ähnliches findet bei Tarifverhandlungen, ei-gentlich überall statt .
– In Baden-Württemberg haben gerade Koalitionsver-handlungen stattgefunden . – Auch ich hätte mir etwasanderes gewünscht, als mit Ihrer Partei verhandeln zumüssen, Herr Hofreiter . Aber so ist es halt im Leben .
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Man kann sich die Verhandlungspartner nicht immeraussuchen . Der Koalitionsvertrag in Baden-Württembergwurde meines Wissens nichtöffentlich verhandelt . Auchdas ist ein Skandal . Auch da hätte man irgendwelcheVerhandlungspositionen veröffentlichen und als „Koali-tionsverhandlungs-Leaks“ bezeichnen können . Ich musssagen: Es ist wirklich abwegig, was hier versucht wird .Mich würde einmal interessieren, zu erfahren, was Siewollen . Herr Minister hat es angesprochen: Sagen Siedoch einmal, wie Sie sich TTIP oder CETA vorstellen!
Dann können wir versuchen, Entsprechendes zu verhan-deln .
Ich glaube, wir sollten in aller Ruhe die Verhandlun-gen zum Ende führen .
Und Sie sollten auch Ihre Rede zum Ende führen .
Dann gibt es ein Ergebnis, über das wir in diesem Haus
diskutieren werden . Danach werden wir abstimmen . So
haben wir es im Übrigen in der Vergangenheit bei unge-
fähr 200 anderen Freihandelsabkommen auch getan,
leider meist unter Ausschluss der Öffentlichkeit, weil es
keinen Menschen interessiert hat, aber nicht, weil das ge-
heim war .
Herr Pfeiffer!
Selbstverständlich, Frau Präsidentin, komme ich zum
Ende .
Aber schnell .
Wir haben ja bereits am Freitag wieder Gelegenheit,
uns diesem Thema zuzuwenden . Ich hoffe, dass wir dann
von den Grünen und den Linken hören, was wir bei CETA
und TTIP besser machen können, statt überhaupt nichts
zu machen und die Globalisierung nicht zu gestalten .
Herr Pfeiffer!
Jawohl .
Der nächste Redner in der Debatte: Ingbert Liebing
für die CDU/CSU-Fraktion .
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! LiebeKolleginnen und Kollegen! Ich vermute, die Grünen ha-ben die Aktuelle Stunde, die Haltung der Bundesregie-rung zu TTIP zu hinterfragen, beantragt, um uns, die Re-gierung und die Koalition, vorzuführen .
Aber angesichts der Auftritte von Herrn Hofreiter undFrau Wagenknecht kann ich nur fragen: Wofür eigentlichdieser Antrag auf eine Aktuelle Stunde? Der Erkenntnis-gewinn aus Ihrem „Aufschlag“ ist gleich null .
Das Einzige, was Sie geliefert haben, ist die permanen-te Wiederholung von längst widerlegten Vorurteilen, dieSie hier schüren . Es sind platte Vorurteile, die Sie hierbringen, null Erkenntnisgewinn .
Es wird Ihnen auch in der Sache nicht gelingen, dieBundesregierung oder die Koalition vorzuführen .
Das hat der Bundeswirtschaftsminister deutlich gemacht .
Auch wir machen deutlich, dass wir diese Verhandlungenmit einer gemeinsamen Position begleiten und zu einemErfolg führen wollen .Mir ist in der Diskussion aufgefallen, dass Sie völligwidersprüchlich argumentieren .
Auf der einen Seite beklagen Sie sich über mangelndeTransparenz und sagen, es sei alles geheim; Sie sprechenüber Verschwörungstheorien . Aber ich frage Sie: Wiekommen Sie, wenn alles so geheim wäre, dazu, schondie Ergebnisse zu bewerten? Wenn alles so geheim wäre,gäbe es doch noch gar nichts auf dem Markt . Tatsacheist doch, dass ganz viel in der Diskussion ist . Wir führenüberall, quer durch die Republik, Diskussionen mit Ih-nen über die einzelnen Sachverhalte und haben Ihre Ar-gumente schon längst widerlegt . Eines von beidem kannDr. Joachim Pfeiffer
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nur also stimmen: Entweder sind das Geheimverhand-lungen – dann kann es gar nichts an Ergebnissen oderFakten geben, die öffentlich bewertet werden könnten –,oder wir streiten öffentlich über bestimmte Themen – dastun wir ja –; aber dann ist Ihr Vorwurf der Intransparenznicht richtig .Wir haben heute Morgen im WirtschaftsausschussDiskussionen zu diesem Thema geführt, allerdings vielsachlicher als in den Beiträgen von Herrn Hofreiter oderFrau Wagenknecht, weil wir uns um die einzelnen Sach-verhalte gekümmert haben und auch darüber diskutierthaben, wo eigentlich die Chancen liegen und was unse-re eigene Zielsetzung ist . Wir haben mit dem Präsiden-ten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages,Herrn Dr . Schweitzer, gesprochen, der deutlich gemachthat, dass es gerade im Interesse der deutschen mittelstän-dischen Wirtschaft liegt, dass wir zu klaren Regeln imWelthandel kommen; denn der Welthandel findet statt, obwir es wollen oder nicht . Ich sage ausdrücklich: Ja, wirwollen ihn, weil es in unserem nationalen Interesse alsExportnation liegt, Welthandel zu haben; aber wir wol-len die Regeln des Welthandels mitbestimmen . In diesenMonaten befinden wir uns in der entscheidenden Phase.Die Amerikaner verhandeln doch nicht nur mit uns, mitEuropa, sondern auch mit anderen Staaten, mit asiati-schen Staaten . Die Frage ist: Wer setzt die Regeln fürfreien Handel in dieser Welt fest? Spielen wir noch miteine Rolle, oder entscheiden andere? Ich bin dafür, dasswir mit entscheiden und mit auf dem Spielfeld sind –
im Interesse unserer deutschen Wirtschaft, im Interesseunserer Arbeitsplätze; denn das sichert den Wohlstand inunserem Land, und deswegen ist das richtig .Ich will einen Aspekt noch kurz aufgreifen aus denvielfältigen Szenarien, die immer in die Welt gesetztwerden, aus den Horrorszenarien, was jetzt Großesdroht . Ich als kommunalpolitischer Sprecher bekommealle Resolutionen aus den kommunalen Vertretungenauf den Tisch . Da geht es um die Besorgnisse, es würdejetzt die öffentliche Daseinsvorsorge oder die kommu-nale Selbstverwaltung ruiniert werden . Auch das liegtinzwischen transparent auf dem Tisch – es steht im Ver-handlungsmandat der EU; es gibt klare Erklärungen derEuropäischen Kommission; ich verweise auch auf dieVerhandlungsergebnisse mit den USA –, dass sich hiernichts, aber auch gar nichts verändert . Die kommunaleSelbstverwaltung wird nicht eingeschränkt . Die Daseins-vorsorge wird nicht infrage gestellt . Selbstverständlichkönnen die Kommunen weiterhin frei entscheiden, ob siedie Wasserversorgung selber betreiben wollen, ob sie sieprivatisieren wollen oder nicht .
Es gibt keinen Zwang zur Privatisierung . Es gibt keinenZwang zur Ausschreibung . Dies alles ist klar und trans-parent geregelt .Wer etwas anderes behauptet und weiterhin verbreitet,
tut es wider besseres Wissen und versündigt sich genauan dem, was Sie doch einfordern, nämlich an einer offe-nen Diskussion mit der Bevölkerung . Sie schüren durchunwahre Behauptungen bewusst Verunsicherung . Das istkeine sachliche Diskussion . Das ist verantwortungslos .
Damit werden Sie dieser wichtigen Aufgabe nicht ge-recht . Das haben Sie heute mit dieser Aktuellen Stundenoch einmal unter Beweis gestellt . Schade um die Zeit,die Sie hier dafür verbrauchen!
Vielen Dank, Kollege Liebing . – Der nächste Redner
ist Klaus Ernst für die Linke .
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Herr Liebing, was Sie gerade wieder unter Be-weis gestellt haben, ist, dass Sie eigentlich gar keine De-batte darüber wollen . Dies fügt sich in diese Situation derIntransparenz ein . Deshalb möchte ich an dieser Stelleals Erstes für die tolle Aktion danken, die Greenpeacehier gemacht hat .
Großartig! Das war eine großartige Sache . Was Green-peace gemacht hat, hat zu mehr Transparenz beigetragenals sämtliche Transparenzoffensiven der EuropäischenKommission .
Wenigstens in dieser Frage könnten wir uns mal einigsein, meine Damen und Herren . Die Kritikpunkte undBefürchtungen der TTIP-Gegner, also der Empörungs-industrie, wie der Kollege Pfeiffer so gerne sagt, habensich als zutreffend erwiesen, und zwar nachlesbar in denTexten .Es freut mich natürlich, dass jetzt auch Teile der Sozi-aldemokratischen Partei zunehmend von TTIP abrücken .Matthias Miersch sagt – Zitat –:Unter solchen Bedingungen macht es keinen Sinn,weiter zu verhandeln .Katarina Barley, die Generalsekretärin der SPD, phi-losophiert öffentlich über ein Scheitern des Abkommens .Selbst Herr Oppermann – er ist nicht mehr da – hat ge-sagt:Ingbert Liebing
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Die jetzt bekannt gewordenen Forderungen derUSA sind nicht akzeptabel .
Dazu eine kleine Anmerkung – das ist nicht böse ge-meint –: So neu dürfte das für den Kollegen Oppermanneigentlich nicht sein . Er hätte auch einmal in denTTIP-Leseraum gehen können . Dann hätte er schon ge-wusst, was drinsteht .
Es ist alles nicht neu, Kolleginnen und Kollegen . Sei esdrum!Ich möchte gern einmal aus dem Lukas-Evangeliumzitieren:
– Ich habe gewusst, dass da Freude aufkommt . – Darinheißt es – ich möchte das zitieren –:So wird auch Freude im Himmel sein über einenSünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzigGerechte, die der Buße nicht bedürfen .Da hat er recht . Ich freue mich, dass bei euch die Büßerinzwischen mehr werden .
Aber nun zu Ihnen, meine Damen und Herren von derUnion . Da lese ich vom Kollegen Fuchs – Zitat –:Gegen Rechtsverstöße von Greenpeace bei der lau-fenden Aktion muss sich der Rechtsstaat mit allenMitteln wehren .
So kommt er nicht in den Himmel, übrigens der Pfeiffermit seiner Position auch nicht .
– Regen Sie sich nur auf!Zu Ihrer Reaktion „Es sind ja nur Verhandlungspo-sitionen; da ist ja noch nichts entschieden“ möchte ichmit aller Deutlichkeit sagen: Auf welcher Grundlagewird denn entschieden? Auf Grundlage der vorhande-nen Verhandlungspositionen, übrigens auch der der Eu-ropäischen Union, die teilweise genauso verworren undschräg sind wie die der anderen . Deshalb sagen wir: Esist Unfug, wenn Sie hier behaupten: Es ist noch nichtsentschieden . – Wir wollen, dass diese Punkte nicht Be-standteil eines Vertrages werden .
Weil nichts anderes vorliegt, wollen wir, dass die Ver-handlungen gestoppt werden .
Sie wollen die Bürgerinnen und Bürger dieses Landesweiter hinter die Fichte führen .Meine Damen und Herren, schauen wir uns doch ein-mal die Verhandlungen an .Erstens . Es soll einen Verhandlungsfortschritt beiKraftfahrzeugen, so die Haltung der USA, nur dann ge-ben, wenn es ein Entgegenkommen bei den Agrarzöllengibt . Die europäischen Bauern können mit ihren kleine-ren Höfen kaum gegen die großen Agrarunternehmenin den USA konkurrieren; das hat Toni Hofreiter richtiggesagt . Was passiert, ist, dass die Bauern gegen die Auto-mobilindustrie ausgespielt werden . Andere Möglichkei-ten gibt es gar nicht, wenn das die Position ist .Zweitens . Es geht in diesem Zusammenhang auch umeinen Verhandlungsfortschritt bei neuen Telekommuni-kationsdienstleistungen . Aus den Verträgen geht hervor,dass es nur dann ein Ergebnis geben kann, wenn dieAmerikaner Zugriff auf unsere Datenflüsse bekommen.Das ist interessant . Ich dachte, den haben sie schon .
Interessant und sehr aufschlussreich ist auch, dass gleich-zeitig behauptet wird, Datenschutzfragen seien von TTIPgar nicht berührt . Das war Ihre bisherige Behauptung,entgegen allem, was wirklich Fakt ist .Im Übrigen: Export von Erdgas aus den USA nachEuropa wird es nur bei Zugeständnissen im Bereich derInvestitionen geben, also bei den Schiedsgerichten, undzwar in diesem Fall bei den privaten .Meine Damen und Herren, hören Sie in diesem Zu-sammenhang endlich mit Ihrer Angstmache auf!
Ich kann es nicht mehr hören: Wenn wir es nicht machen,dann bestimmen die anderen die Regeln . Wenn die ande-ren die Regeln bestimmen, sind wir außen vor . – MeinenSie ernsthaft, dass die Chinesen bei uns nichts mehr ver-kaufen wollen, wenn wir kein TTIP haben? Für wie blödhalten Sie eigentlich die Leute? Die merken doch, dassdie Chinesen auf unseren Märkten schon vorhanden sind .
Glauben Sie, dass der Amerikaner bei uns nichts mehrverkaufen will, weil es kein TTIP gibt? Oder glauben Sie,dass sie plötzlich keinen Daimler oder keine anderen Au-tos mehr von uns fahren? So ein Unfug. Wir haben einenriesengroßen Handel; wir sind sogar Weltmeister im Ex-port . Und Sie wollen uns weismachen, ohne diese Han-delsabkommen breche die Welt zusammen? Hören Sieauf mit diesem Quatsch! Man kann es nicht mehr hören .
Klaus Ernst
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Vielen Dank, Klaus Ernst . – Um Irritationen auszu-
räumen: Ich kann im Bundestag nicht darüber abstim-
men lassen, ob Herr Pfeiffer in den Himmel kommt oder
nicht . Das entscheidet sich an einer anderen Stelle .
– Deswegen habe ich es ja gesagt .
Der nächste Redner: Dirk Wiese für die SPD .
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Vor gut zwei Jahren hat sich die SPD klareBedingungen gesetzt – einen Parteikonventsbeschluss,bestätigt durch einen Bundesparteitag –, wann wir Jasagen und wann wir Nein sagen zu Freihandelsabkom-men . Wir als SPD haben deutlich gemacht, dass wir ei-ner Globalisierung Regeln geben wollen, dass wir keineunregulierte Globalisierung wollen, dass wir Reformenin den bestehenden Systemen auf den Weg bringen wol-len . Wir haben das einmal deutlich gemacht durch denSatz: Wandel durch Handel für eine faire Handelspolitikim 21 . Jahrhundert . – Das, was wir bis jetzt erreicht ha-ben, dass private Schiedsgerichte mittlerweile auf demMüllhaufen der Geschichte sind, dass wir es durch denDruck von Sigmar Gabriel im Europäischen Parlamentgeschafft haben, eine Resolution parteiübergreifend aufden Weg zu bringen, hinter die es im Freihandelsabkom-men nicht zurück geht, ist ein Erfolg der deutschen So-zialdemokratie . Darauf können wir bis zum heutigen Tagstolz sein .
Liebe Frau Wagenknecht, ich muss Ihnen sagen: Indiesem Hohen Haus, an diesem Ort, an diesem Redner-pult einem Sozialdemokraten vorzuwerfen, dass er einErmächtigungsgesetz zur Abschaffung der Demokratieauf den Weg bringt, ist eine Frechheit und zeigt, wesGeistes Kind Sie sind .
Ich habe zu Beginn gesagt, dass die SPD klare Bedin-gungen hat, wann wir Ja sagen zu Freihandelsabkommenund wann nicht . Werfen wir einen Blick darauf, wo wirheute beim Freihandelsabkommen TTIP stehen . Ich ma-che dies an Beispielen deutlich .Die Amerikaner – Verhandlungsführer Froman hat esauf der Hannover Messe gesagt – sehen kein Problem inder Buy-American-Clause; das könnte man beibehalten .Sie machen deutlich, dass der exportstarke Maschinen-und Anlagenbau, den wir in Deutschland haben und derviele Arbeitsplätze sichert – diese Arbeitsplätze wollenwir behalten –, von den TTIP-Verhandlungen ausgenom-men werden soll . Das ist meines Erachtens kein Verständ-nis von Freihandel . Helmut Schmidt hat einmal gesagt:Märkte sind wie Fallschirme: sie funktionieren nur,wenn sie offen sind .Wenn die Amerikaner so weiterverhandeln, wird diesesAbkommen nicht zustande kommen .
In unseren Bedingungen, die wir aufgeschrieben ha-ben, haben wir auch deutlich gemacht, dass es kein An-tasten des europäischen Vorsorgeprinzips geben wird .Hier wird es mit der deutschen Sozialdemokratie keinAufweichen geben .
Das Vorsorgeprinzip bleibt unangetastet .
Ganz ehrlich – ich sage es hier ganz offen –: Ich fanddie Greenpeace-Aktion mit dem gläsernen Kasten, derein paar Meter von hier aufgestellt wurde, gut; das wareine gute Aktion . Ich mache den Vorschlag, nicht nur dieDokumente zu TTIP in diesem Leseraum auszulegen,sondern auch den Koalitionsvertrag aus Baden-Württem-berg,
damit sich alle Bürgerinnen und Bürger einen Eindruckdavon machen können, dass es bei den Grünen auf der ei-nen Seite Kretschmann-Grüne und auf der anderen SeiteHofreiter-Grüne gibt, die sich im Handeln völlig uneinssind . Mit dem, was Sie, Herr Hofreiter, hier im Deut-schen Bundestag sagen, betreiben Sie nichts anderes alsWählertäuschung . Sie führen Ihre Wähler hinters Licht,weil Sie in den Ländern für TTIP und CETA sind .
Ich will an Sigmar Gabriel anschließen . SigmarGabriel hat völlig zu Recht gesagt, dass er nicht glaubt,dass die Zeit bis zum Jahresende reichen wird, um dieVerhandlungen zum Erfolg zu führen . Weil immer wie-der, auch von der Kanzlerin, gesagt wird, dass es biszum Jahresende zu einem Abschluss kommen muss, willich unserem Koalitionspartner sagen: Qualität geht vorQuantität . Ich glaube, man muss noch einmal ganz genauhineinschauen . Wir sollten ein gutes Abkommen auf denWeg bringen und nichts übers Knie brechen, also nichtsvereinbaren, was im Widerspruch zu dem steht, was wiralle hier im Hohen Haus wollen .
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 169 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . Mai 2016 16667
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, ganz zum Abschlussvielleicht noch ein Satz . Frau Wagenknecht, mit derRede, die Sie hier heute im Hohen Haus am Pult vorge-tragen haben, hätten Sie – ganz ehrlich – jede Debatte zurBewerbung um die republikanische Präsidentschaftskan-didatur bestehen können .
Vielen Dank, Dirk Wiese . – Das Wort hat Katharina
Dröge für Bündnis 90/Die Grünen .
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnenund Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Gabriel, ichwollte nach dem, was Sie hier gesagt haben, eigentlicheine versöhnliche Rede halten . Der Kollege Wiese machtmir das mal wieder schwer . Herr Wiese, was Sie hier amRednerpult erzählen, führt wirklich zu einer Täuschung,einer Verblendung der Wählerinnen und Wähler, der Zu-hörer . Sie tun hier so, als hätte Ihre Fraktion in irgendei-ner Art und Weise rote Linien für TTIP definiert;
Sie haben gerade eine ganze Reihe von Punkten auf-gezählt. Die Frage ist nur: Wo haben Sie das gemacht?Haben Sie jemals auch nur einen einzigen Antrag in denDeutschen Bundestag eingebracht,
in dem Sie eine einzige rote Linie definiert haben?
Sie zählen hier immer Dinge auf, wie beispielsweise denSchutz des Vorsorgeprinzips, die Sicherung der kommu-nalen Daseinsvorsorge usw . Sie tun immer so, als hät-ten Sie irgendetwas dazu beigetragen, dass sich in denTTIP-Verhandlungen etwas ändert . Nichts davon ist derFall .Wir diskutieren hier seit 2013 im Deutschen Bundes-tag über unsere Kritik an dem Handelsabkommen . Wirhaben Antrag um Antrag ins Parlament eingebracht, mitroten Linien, mit Bedingungen, die nicht verhandelt wer-den sollten . Wir haben es Ihnen echt leicht gemacht . Wirhaben nicht in jeden Antrag geschrieben: „TTIP stop-pen“,
sondern haben geschrieben, die Bundesregierung sollesich dafür einsetzen, dass die Punkte, die Sie gerade auf-gezählt haben, nicht im Zusammenhang mit TTIP ver-handelt werden . Immer wieder haben Sie das abgelehnt,und nie haben Sie eine einzige Initiative dagegengestelltund formuliert, was Sie sich eigentlich vorstellen .
Deswegen ist es wirklich eine Täuschung der Wählerin-nen und Wähler,
wenn Sie sich hierhinstellen und so tun, als hätten Sie ir-gendetwas dazu beigetragen, dass sich in den TTIP-Ver-handlungen etwas bewegt .Herr Gabriel, Sie haben als Erwiderung auf die Wortemeines Kollegen Anton Hofreiter gesagt, das, was wir anTTIP kritisiert hätten, sei ja nicht neu, man könne es jetztin den Leaks lesen, insofern sei auch in den Leaks nichtsNeues zu erkennen . Neu ist nur Ihre Aussage, dass unsereKritik berechtigt ist . Das ist wirklich eine Erkenntnis ausdieser Debatte . Sie haben hier über zwei Jahre hinwegversucht, den Wählerinnen und Wählern zu erklären,dass alle Kritikpunkte, die wir formuliert haben, unbe-gründet sind .
Was mussten wir uns alles hier im Bundestag von Ihnenanhören: Das sei Panikmache, die NGOs würden eineEmpörungsindustrie betreiben, wir würden hier den Teu-fel an die Wand malen,
all das seien Dinge, über die bei TTIP überhaupt nichtverhandelt werde! Jetzt gibt es diese Leaks, jetzt könnensich die Wählerinnen und Wähler, die Bürgerinnen undBürger selber ein Bild davon machen, worüber bei TTIPverhandelt wird,
und auf einmal kommt die Kehrtwende . Auf einmal hat-ten Sie schon immer gesagt, dass wir recht haben . Aufeinmal kritisieren auch Sie den Verhandlungsstand . Ichfinde das, ehrlich gesagt, heuchlerisch.
Wir haben hier im Bundestag in den letzten zwei Jahrenandere Debatten geführt; das kann jeder in den Protokol-len nachlesen .Sie haben mich gefragt: Was ist neu nach den Leaks?Neu ist, dass die Bürgerinnen und Bürger Sie jetzt fra-gen können, was Sie da eigentlich verhandeln . Sie sa-gen jetzt, dass Sie auch kritisch sehen, was in den Do-kumenten stehe, aber die Verhandlungen seien ja nochim Gange, das werde alles noch ganz anders . Sie habenallerdings keinen einzigen Satz dazu gesagt, was in die-sen Papieren über die Verhandlungen gut ist . Unsere In-terpretation ist, dass nichts, worüber gerade verhandeltwird, den Verbraucherinnen und Verbrauchern in Europain irgendeiner Weise nützt .Dirk Wiese
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 169 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . Mai 201616668
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Eine neue Erkenntnis ist, wie schlecht die EuropäischeUnion für uns verhandelt . Wo sind denn die positivenForderungen, für die es sich lohnen würde für TTIP zukämpfen?
Sie sagen immer: Wir müssen uns für ein besseres TTIPeinsetzen, wir müssen uns gegen die schlechten ameri-kanischen Vorschläge verteidigen . Aber angesichts dergeleakten Dokumente fragt man sich: Wo sind denn dieguten Vorschläge der Europäischen Union wie etwa dieSicherung des Vorsorgeprinzips?
Sie, auch Frau Merkel, erzählen immer, dass keine Stan-dards in Europa gesenkt werden, dass das europäischeVorsorgeprinzip gesichert bleibt . Dann wirft man einenBlick in die Leaks und stellt fest: Im Text ist ein ganzlanger Absatz der Amerikaner zu „science and risk“ ent-halten . Sie wollen also ihr wissenschaftsbasiertes, risiko-basiertes Regulierungsprinzip in TTIP hineinschreiben .Dann sucht man in den Leaks nach dem europäischenVorsorgeprinzip und stellt fest: Es gibt keine einzigeZeile dazu, dass die Europäische Union die Verankerungdes europäischen Vorsorgeprinzips in den Verträgen be-antragt hat . Unterhält man sich mit Experten, stellt manfest: Genau das ist aber notwendig, um das europäi-sche Vorsorgeprinzip zu sichern, weil es gegenüber denSchiedsgerichten, gegenüber der WTO schon jetzt insHintertreffen geraten ist .
Wenn Sie das nicht in die Verträge schreiben, dann wirddas dazu führen, dass es immer wieder Urteile dieserSchiedsgerichte geben wird, die das Vorsorgeprinzip in-frage stellen .Eine weitere neue Erkenntnis aus den Leaks ist, wasfür eine riesige Bürokratie mit TTIP geschaffen werdensoll . Es wird nicht nur ein Kapitel zur regulatorischenKooperation geben . Vielmehr werden in allen Unterkapi-teln Regulierungsräte und wissenschaftliche Beratungs-gremien geschaffen – an deren Sitzungen können auchLobbyisten teilnehmen –, die über jedes neue Gesetz,über jede neue Regulierung beraten und gegebenenfallssogar die Kompetenz haben sollen, die Annexe des Ver-trages – dort sind die sensiblen Punkte des Vertrages ent-halten – zu verändern .Genau diese Diskussion haben wir in Bezug auf dasCETA-Abkommen schon einmal geführt . Sie vom Mi-nisterium haben immer behauptet: Das steht da nicht .Wir haben ein Jahr miteinander darum gerungen, ob dasim Vertragswerk steht oder nicht . Sie haben behauptet:Das steht da nicht . Irgendwann mussten Sie einsehen:Wir hatten recht; unsere Analysen waren richtig, es standdoch drin . Dann haben Sie das im Hinterzimmer durchLegal Scrubbing herausgestrichen, weil Sie wussten,dass das große Probleme mit sich bringt . Jetzt sehenwir im TTIP genau dieselben Formulierungsvorschläge,nämlich dass es Gremien geben soll, die nicht demokra-tisch legitimiert sind und die dieses Abkommen am Endeverändern können, ohne dass die Parlamente beteiligtsind . Darüber müssen wir mit den Bürgerinnen und Bür-gern sprechen . Sie haben das bislang nicht getan . Deswe-gen ist es so wichtig, dass wir heute diese Debatte hier imDeutschen Bundestag führen .
Noch ein Wort zum Thema Schiedsgerichte im CETA .Sie veranstalten wirklich eine beeindruckende Kampa-gne, ein beeindruckendes „Umframing“ dieser Schieds-gerichte .
Sie tun ernsthaft so, als hätten Sie verhandelt, dass es imentsprechenden CETA-Kapitel einen ständigen Gerichts-hof gibt . Das Gegenteil ist der Fall!
Sie haben lediglich einige kleine Korrekturen im Ver-tragstext durchgesetzt; ansonsten ist das alte System derSchiedsgerichte weiter im CETA enthalten . Sie nennenes einfach nur anders, um Ihrer SPD die Zustimmung zudiesem Vertragstext zu ermöglichen, um eine Brücke zubauen, weil die SPD eigentlich gesagt hat, Schiedsge-richte lehne sie ab . Aber im CETA gibt es weiterhin dasSystem der Schiedsgerichte mit Richtern, die nicht un-abhängig sind; das bestätigt der Deutsche Richterbund .
Es gibt weiterhin ad hoc einberufene Gerichte . Es gibtweiterhin unklare Rechtsbegriffe wie „fair and equita-ble treatment“ und legitime Erwartungen, die weit inter-pretierbar sind . Es gibt weiterhin keine Begrenzung beider Schadenersatzsumme . All das, worüber die wir imDeutschen Bundestag in Bezug auf die Schiedsgerichtegestritten haben, ist weiterhin enthalten . Deswegen mussklar sein: Es sind die Schiedsgerichte alter Form . Sie ver-suchen nur, das zu vertuschen, um dem Bürger irgendwiezu erklären, warum Sie am Ende doch Ja zu CETA sagen .
Frau Kollegin, darf ich Sie bitten, zum Ende zu kom-
men?
Mein letzter Satz. – Ich finde, es ist gut, dass wir an-gesichts der Leaks heute hier im Bundestag miteinanderüber das reden können, was verhandelt wird . Sie als Bun-desregierung haben bislang wenig dazu beigetragen, dasses eine entsprechende Transparenz gibt .
Katharina Dröge
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Ich hoffe, Sie machen sich endlich auf den Weg . Es wur-den neue Texte im Leseraum ausgelegt, sodass die Bür-gerinnen und Bürger etwas über die Verhandlungen er-fahren können . Sie tragen die Verantwortung . Sie müssensich in Brüssel für mehr Transparenz einsetzen –
Ein Satz!
– und für verbesserte Bedingungen . Sie haben die Ver-
antwortung, zu erklären, wie man das Abkommen besser
machen kann .
Vielen Dank für den einen letzten Satz . – Der nächste
Redner in dieser sehr lebendigen Debatte: Karl Holmeier
für die CDU/CSU-Fraktion .
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnenund Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren!Ich versuche, etwas langsamer zu reden als meine Vor-rednerin .
Wir beschäftigen uns heute zum wiederholten Mal mitdem TTIP-Abkommen .
Grundsätzlich liegt die Förderung des weltweitenFreihandels, natürlich mit fairen Standards, im deutschenInteresse . Ich sehe bei dem geplanten TTIP-Abkommendaher schon Vorteile für unsere Wirtschaft und unserLand .
Das Abkommen wäre für unser exportabhängiges Landeine riesige Chance .
Deutschland hatte allein im Jahr 2015 gegenüber denUSA einen Handelsbilanzüberschuss von 55 MilliardenEuro . Die USA sind zwischenzeitlich unser größter Han-delspartner geworden, sogar vor Frankreich . Durch dieBeseitigung von Zöllen und anderen Handelshemmnis-sen werden auch die Möglichkeiten für unsere kleinenund mittleren Unternehmen, also für den Mittelstand, iminternationalen Wettbewerb verbessert .
Gerade durch den Wegfall von doppelten Tests und Zerti-fizierungen kann auch der Mittelstand erhebliche Kostensparen . Wir sollten daher die Chancen, die TTIP bietet,nutzen und mit dem Abkommen einen ausgewogenenRahmen setzen .Natürlich schützen wir unsere Bürgerinnen und Bür-ger . Die hohen deutschen und europäischen Standardsim Arbeitsleben, beim Datenschutz, beim Umweltschutz,beim Verbraucherschutz, bei der Daseinsvorsorge – auchdies wurde bereits angesprochen – und bei der Gentech-nik, all dies ist nicht verhandelbar .
Mit TTIP können wir vielmehr dazu beitragen, dass un-sere hohen Standards künftig transatlantisch gelten . Eskann nicht im Interesse der Verbraucherinnen und Ver-braucher in Deutschland sein, dass andere außereuropä-ische Nationen künftig die weltweiten Standards setzen .Aufstrebende Wirtschaftsnationen wie China oder Indienstehen schon heute in den Startlöchern, um die zukünfti-gen Standards in der Welt zu bestimmen . Denen müsstenwir uns dann anpassen, und das wollen wir alle nicht .Das wäre eine dicke Kröte, die die Menschen in unse-rem Land und in Europa dann schlucken müssten . Dahermüssen gerade wir Europäer die wirtschaftliche und diegesellschaftliche Entwicklung in der Welt prägen, undein Teil davon ist TTIP .Im Zusammenhang mit TTIP wird oft kritisiert, dassdie Beratungen und die Beratungsdokumente nicht trans-parent seien . Diese Kritik ist berechtigt . Das ist einer derwenigen Vorwürfe, der in der Sache TTIP wirklich ernstzu nehmen ist . Erst durch die Geheimhaltung konntendie Verschwörungstheoretiker ein Podium für ihre irre-führende Propaganda finden und schaffen.
Nur so konnten die von Greenpeace veröffentlichtenTTIP-Verhandlungspositionen Angst in der Bevölke-rung verbreiten . Inhaltlich enthielten diese Unterlagenja nichts Neues . Sie vermitteln lediglich einen Einblickin übliche Verhandlungsstrategien, bei denen Maximal-forderungen gestellt, verhandelt und am Ende natürlichgeschliffen werden .
Ich stelle die Frage: Wie viel von dieser Kritik inDeutschland wird aus dem Ausland gesteuert?
Dass auf beiden Seiten des Atlantiks unterschiedlichewirtschaftliche Interessen bestehen, das ist bekannt . ZumTeil prallen grundsätzlich verschiedene Auffassungenaufeinander . Diesen Dissens gibt es; wir wollen ihn ineinen Konsens umwandeln .Bei der Diskussion über TTIP dürfen wir Europäernicht vergessen, dass die USA unser wichtigster Bünd-nispartner sind . Europa an der Seite der USA ist auchein Garant für den Weltfrieden . Auch wenn die Verhand-Katharina Dröge
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lungsdokumente und die Unterlagen über die Gesprächs-inhalte überwiegend unter Verschluss sind und eineEinsichtnahme für uns Abgeordnete nur mit erheblichenEinschränkungen möglich ist, sollten im Vordergrund un-serer Debatten nicht die Bedenken, sondern die großenVorteile, die TTIP bringt, stehen .Meine Damen und Herren, ich halte zusammenfassendfest: Die Wünsche der Amerikaner bei den TTIP-Ver-handlungen werden nicht eins zu eins übernommen wer-den . Die EU lässt sich nicht über den Tisch ziehen . Wirwerden mit TTIP Leitplanken setzen . Oberstes Gebotwird sein, den Verbraucherschutz und die Lebensmittel-sicherheit in Deutschland ohne Einschränkungen auf ei-nem hohen Niveau zu halten . Greenpeace und andere In-teressierte sollten sich dagegen die Frage gefallen lassen,ob der zum Teil unsachliche und nachweislich falscheWiderstand gegen TTIP nicht selbst ein fragwürdigesGeschäftsmodell ist .Fakt ist schließlich: Ja, es wurden Kommunikations-fehler bei TTIP gemacht . Diese Fehler gilt es jetzt aufzu-arbeiten und die Menschen sachlich und seriös auf demWeg zu TTIP mitzunehmen . Nur mit den Menschen inDeutschland und Europa wird TTIP möglich sein; daswissen wir . Nur dann wird es zustande kommen, und nurdann wird es auch ein Erfolg sein .Vielen Dank .
Vielen Dank, Kollege Holmeier . – Nächster Redner:
Klaus Barthel für die SPD .
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es istnicht ganz leicht, hier wieder zu einer sachlichen Debattezurückzukommen .
Man kann die Freihandelspolitik, wie sie momentanläuft, in der Tat so oder so sehen . Man kann und muss sieauch kritisieren . Aber man muss doch schauen, dass manirgendwo eine Linie hat .
Jetzt hören wir hier einerseits von der Opposition: Gottsei Dank, dass Greenpeace alles geleakt hat . Jetzt habenwir die Erleuchtung, sagt Toni Hofreiter . Kurz danach sa-gen die anderen Kolleginnen und Kollegen: Das habenwir eh schon alles gewusst, das bestätigt alle Vorurteile,all das, was wir hier schon seit zwei Jahren predigen . –Erster Punkt .Zweiter Punkt . Wir diskutieren heute über TTIP . Gera-de sprach die Kollegin Dröge die ganze Zeit über CETA .
Darüber sprechen wir aber am Freitag . Ich fürchte, wennwir dann über CETA reden und unsere Argumente zuCETA vortragen, dann werden Sie über TTIP reden .
Es wird immer alles mit allem vermischt, und dann ver-langen Sie von uns, dass wir hier nicht nur unsere rotenLinien darstellen, sondern auch Gestaltungsvorschlägemachen .
Lesen Sie doch einmal den Koalitionsvertrag! Lesen Siedoch einmal, was der Parteitag der SPD beschlossen hat!Lesen Sie doch einmal unseren Antrag zu SDGs, den derBundestag beschlossen hat! Da finden Sie die ganzen Ge-staltungsaufträge .
Aber die interessieren Sie gar nicht, weil Sie nicht gestal-ten wollen, sondern Sie wollen immer aussteigen, abbre-chen, beenden . Das ist das Problem . Deswegen hören Siebei der Gestaltung gar nicht mehr zu .
Trotzdem: Für eine differenzierte Debatte ist es not-wendig, festzustellen, dass Globalisierung, Freihandel,TTIP und CETA in der Tat in der Öffentlichkeit keinenguten Klang haben . Nur 17 Prozent der deutschen Be-völkerung sind für TTIP; doppelt so viele sind dagegen .
Es gibt Umfragen im Mittelstand, die ein Verband in Auf-trag gegeben hat . Laut dieser Umfrage sagen 62 Prozentder Mittelständler – hier ist die Zahl noch viel höher alsin der allgemeinen Bevölkerung –, dass sie im Wesentli-chen negative Auswirkungen erwarten . Nur 22 Prozenterwarten positive Auswirkungen .Darüber wird auch wissenschaftlich und politisch dis-kutiert . So sagt der frühere US-Finanzminister Summers –Zitat –: Es gibt einen Aufstand gegen den Freihan-del . – Das Handelsblatt schreibt, dass der Freihandel alsSündenbock gesehen wird . Sie schreiben weiter:Die Totengräber– des Freihandels –marschieren aber nicht auf den Straßen von Hanno-ver, sondern sitzen in den Zentralen der Politik .Das ist das Problem, das wir hier diskutieren und lösenmüssen . Leider müssen wir feststellen, dass eine Chancedieser Zentralen der Politik jetzt von der Bundeskanz-lerin und vom US-Präsidenten in Hannover leider nichtgenutzt wurde .Karl Holmeier
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Wir müssen uns fragen: Warum ist das eigentlich so?Warum findet diese Kritik in weiten Teilen der Bevölke-rung solchen Anklang?
Dazu hat Nobelpreisträger Stiglitz eine Untersuchunggemacht . In dieser schreibt er: Ja, Handel bedeutetWachstumseffekte . Aber er weist auch nach, dass dieWachstumseffekte unter den jetzigen Bedingungen rela-tiv klein sind im Verhältnis zu den Verteilungswirkungen,die seiner Ansicht nach und seiner Untersuchung nachsehr groß sind . Zitat:In den Industrieländern schadet das den Ärmsten .Leider war die Politik der Regierungen hier bishernicht hilfreich .Aber auch Stiglitz macht klar – deswegen dürfen we-der die Linken noch die Grünen ihn für sich in Anspruchnehmen –, dass Globalisierung und Freihandel so nichtaussehen müssen, sondern dass man sie gestalten muss .Deswegen sagen wir, dass wir die Handelspolitik gestal-ten müssen, während Grüne und Linke hier immer denGestaltungsverzicht predigen .
Aber genau dadurch würde das Gerechtigkeitsproblem,das bei der Globalisierung – auch ohne TTIP und CETA –schon jetzt besteht, verschärft . Dieses Problem wird hierbeschrieben . Es besteht zum Beispiel beim NAFTA, esbesteht weltweit seit vielen Jahren aufgrund einer Um-verteilung . Diesen Kurs müssen wir unter Gerechtig-keitsgesichtspunkten ändern und aktiv gestalten .
Deswegen sind unsere Leitlinien keine reinen Abwehr-leitlinien, sondern Vorwärtsleitlinien .
Ich unterstreiche, was Sigmar Gabriel hier gesagt hat:Hierbei müssen wir endlich vorankommen . Da helfendie maßlosen Rundumschläge, die wir hier gehört haben,keinen Zentimeter weiter .
Das gilt auch für diesen komischen Eurochauvinismus,den zum Beispiel die Kollegin Wagenknecht gerade wie-der an den Tag gelegt hat: Als sei in Europa alles Goldund in den USA alles Mist!
Hier müssen wir uns doch auch einmal selber ehrlich ma-chen . Das giftige Plastikspielzeug und was Sie da allesaufgezählt haben, das haben wir doch alles selbst erlebt .Wir haben doch Gentechnik im Tierfutter . Ich nenne nurStichworte wie BSE, Pferdefleisch und Gammelfleischskandal, Bayern-Ei und Glyphosat .Wir haben Probleme mit unseren technischen Stan-dards . In Europa gibt es auch nach 20 Jahren der Libe-ralisierung 20 Zugleitsysteme, sodass man mit der Bahnnicht von A nach B fahren kann . Wir haben nicht nur einProblem mit roten und gelben Blinkern, sondern auf ver-schiedenen Inseln in der Europäischen Union wird auchlinks gefahren . Das alles scheint kein Problem zu sein .Nein, wir müssen erst einmal unsere Hausaufgabenmachen und dürfen nicht schwarz-weiß malen, nach demMotto: In Europa ist alles gut, und in den USA ist allesganz schwierig .
Kollege Barthel?
Wir müssen die Fehlentwicklungen auf den globalen
Märkten insgesamt betrachten, sie differenziert beurtei-
len und den Hebel an der richtigen Stelle ansetzen . Ohne
die Gestaltung durch Handelsverträge, die aufgrund un-
terschiedlicher Positionen und unterschiedlicher Interes-
sen auf der Welt geschlossen werden müssen, wird das
nicht gehen .
Auch Ihnen danke ich für den letzten Satz . – Nächster
Redner: Jürgen Hardt für die CDU/CSU-Fraktion .
Danke schön . – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnenund Kollegen! Herr Hofreiter, Ihre Eröffnungsrede an-lässlich dieser Aktuellen Stunde kam mir schon vor wiedie Aktion „Rettet das Chlorhühnchen!“ .
Sie wollen das Chlorhühnchen zwar nicht auf dem Tellerhaben, aber Sie wollen diesen Fetisch, diese Gerüchte,die Angst, die Sie um diese Handelsabkommen verbrei-ten, möglichst lange konservieren, und dafür ist Ihnenfast jedes Mittel recht .
Aber ich muss Ihnen sagen: Getretener Quark wird breit,nicht stark .
Es ist bis zu den nächsten Wahlen genügend Zeit, um dieWählerinnen und Wähler darüber aufzuklären, dass dieKlaus Barthel
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Sorgen und Ängste um dieses Handelsabkommen unbe-gründet sind .
Was mich im Übrigen auch schockiert: Es ist schonsehr interessant, in welcher Allianz die Gegner des trans-atlantischen Handelsabkommens unterwegs sind .
Da ist in Amerika Donald Trump, da ist die Frau Petryvon der AfD,
da sind die Geschäftsleute von Campact, da ist Attac, daist die Linke, und die Grünen sind mittendrin .
Interessant ist aber, dass einige Grüne hier fehlen . Woist eigentlich Herr Janecek? Er ist doch ein ganz vernünfti-ger Mann; mit dem kann man vernünftig über TTIP reden .
Wo ist denn Herr Kretschmann, der gerade einen Koa-litionsvertrag unterschrieben hat? Vor einem Jahr habenmir Leute aus der baden-württembergischen Landesre-gierung, aus der damaligen grün-roten Landesregierung,gesagt: An uns wird TTIP nicht scheitern; das können wiruns gar nicht leisten. Warum? Weil es dem Mittelstandhilft und weil es ein Programm zur Förderung des Mittel-stands und seiner Exportchancen ist .
Das möchte ich Ihnen kurz darlegen; wir versuchen ja,sachlich über dieses Thema zu diskutieren . Es wird im-mer die Angst verbreitet, ein solches Handelsabkommenwürde vor allem den Großen, den Multis nutzen, und dieKleinen hätten nichts davon . Ich sage Ihnen: Herr Matteszum Beispiel, der Präsident der Amerikanischen Han-delskammer in Deutschland und Ford-Chef in Köln ist,sagt: Na ja, wir produzieren ja in Amerika . Auch BMW,Mercedes und Volkswagen produzieren in Amerika . Diehaben nicht so große Probleme, amerikanische Standardseinzuhalten . – Aber zum Beispiel die Hersteller von ge-fährlichen Produkten wie Sägeblättern – ich habe einensolchen Hersteller in meinem Wahlkreis – haben großeSorge davor, dass sie aufgrund der hohen Anforderungender Genehmigungsstandards in Amerika mit ihren Pro-dukten nicht so präsent auf dem dortigen Markt sein kön-nen, wie sie es gerne wären . Sie bekommen eine Chan-ce, wenn wir es tatsächlich erreichen, die Standards einStück weit aneinander anzugleichen .
Von daher ist es für mich eine große Chance, auch für denMittelstand mit diesem Handelsabkommen eine Brückezu bauen, was den Export nach Amerika, nach Kanadaund in die USA betrifft .
Ich möchte noch einen Satz zum Thema Vorsorgeprin-zip sagen . Es gibt zwei unterschiedliche Rechtstraditionen .Ich möchte darauf hinweisen, dass es in Europa natürlichjede Menge Produkte gibt, bei denen das Vorsorgeprinzipüberhaupt keine Rolle spielt . Beim Vorsorgeprinzip gehtes bei uns um die Produkte, die gefährlich oder beson-ders sensibel sind, etwa um Pharmazieprodukte, Chemie-produkte, Lebensmittel usw . Hier haben wir einen hohenStandard, und da gilt der Grundsatz: Solange nicht zu100 Prozent feststeht, dass etwas unschädlich ist, darf esnicht in den Verkehr gebracht werden . Sie kennen die Leit-planken der Europäischen Kommission für die Verhand-lungen: Diese Standards dürfen nicht aufgegeben werden .Wenn Sie sich als Deutscher an einer Zahnbürste ver-letzen, weil sie nichts taugt und zum Beispiel abbricht,dann bekommen Sie, wenn Sie Glück haben, 5 000 EuroSchadenersatz zugesprochen . In Amerika bekommen Sie1 Million Euro . Jetzt frage ich Sie einmal: Wo ist der hö-here Verbraucherschutz?Von daher ist das Vorsorgeprinzip in Europa bei denkritischen Produkten, die wir haben, sicherlich ein Vor-teil, den wir auch durchsetzen werden, aber das Verur-sacherprinzip in Amerika liefert für die Verbraucher, wieich finde, mindestens ein ebenso hohes Schutzniveau,wie das bei uns der Fall ist .
Ich möchte zum Abschluss ganz kurz noch ein paarSätze zu den Verhandlungen sagen .Auch ich beklage, dass es bei den Verhandlungennicht genügend Transparenz gegeben hat, und ich be-danke mich beim Bundeswirtschaftsminister und bei derBundeskanzlerin, dass es in Brüssel gelungen ist, durch-zusetzen, dass die Europäische Kommission mit ihrenPositionen nun offener umgeht . Das hätte man von An-fang an so machen müssen .Es ist aber natürlich auch so: Wenn die EuropäischeKommission eine Verhandlungsposition für eine Ver-handlungsrunde entwickelt und sie unter 28 Mitglied-staaten abstimmt, dann ist es nicht besonders klug, sie aufdem offenen Markt vor sich herzutragen, sodass sich derVerhandlungspartner Amerika, der diese Abstimmungs-probleme und Herausforderungen nicht hat, genau daraufeinstellen kann, wo die Europäer möglicherweise beson-ders sensibel sind und wo man bei den Verhandlungenmöglicherweise besser vorankommt. Ich finde es klug,dass man sein Pulver ein Stück weit trocken hält, wennman in Verhandlungen geht, und deswegen habe ich auchJürgen Hardt
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Verständnis dafür, dass wir nicht jedes Strategiepapiervorgelegt bekommen .Ich möchte mit einem Zitat schließen: TTIP wird kei-ne Standards senken . Es wird Standards vielmehr weitererhöhen: hohe Arbeitsstandards zum Schutz der Arbeit-nehmer, hohe Standards, um Verbraucher zu schützenund ihnen mehr Wahlmöglichkeiten zu geben, hohe Stan-dards, um die Umwelt zu schützen .Dieses Zitat stammt nicht von mir, sondern von BarackObama . Er hat es am Sonntag vor 14 Tagen in Hannoverso vorgetragen,
und ich glaube, dass wir uns darauf verlassen können .Ich danke Ihnen .
Vielen Dank, Jürgen Hardt . – Der nächste Redner:
Dr . Hans-Joachim Schabedoth für die SPD-Fraktion .
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Hardt, ich kriege Ärger mit meiner Fraktion, wenn
ich nicht frage, wo man 5 000 Euro herbekommt, wenn
die Zahnbürste abgebrochen ist .
– Gut . Ihr habt es gehört .
In der letzten Woche hat uns Greenpeace Niederlande
mit bis dato nichtöffentlichen Fakten zu den TTIP-Ver-
handlungen beglückt. Ja und? Was steht in diesen Doku-
menten, was wir nicht wussten oder womit wir nie ge-
rechnet haben? Rechtfertigt der Blick in die Karten der
amerikanischen Verhandlungsseite ein neues Aufregen?
Sich gegenseitig mit Forderungen zu konfrontieren, ist
doch die normale Ausgangslage bei jeder Vertragsver-
handlung .
Ich frage: Ist es deshalb nicht ein wenig voreilig, Ver-
handlungen abzubrechen, weil wir es nunmehr schriftlich
haben, dass der Verhandlungspartner so gemein ist, sei-
nen vermeintlichen eigenen Interessen zu folgen?
Ein besonderes Wort an die Grünen: Schon der ver-
ehrte Heinrich Böll – Namensgeber Ihrer Stiftung – hat
vor dem blinden Eifer gewarnt, das Kind mit dem Bade
auszuschütten, bevor Wasser eingelassen sei .
Es kommt mir ein bisschen so vor, als müssten Sie das
noch einmal nachlesen .
Wäre Verhandlungsabbruch eine sinnvolle Reaktion,
dann weiß ich nicht, ob es heute ein belastungsfähiges
Tarifvertragssystem gäbe . Wer geht schon in Verhandlun-
gen und legt gleich seinen Kompromissvorschlag auf den
Tisch?
Das ist ja beinahe so dämlich, als würde man beim
Strip-Poker nackt antreten .
– Ich sehe schon, Sie haben Erfahrungen .
Pfeiffer kommt doch nicht in den Himmel .
Auch TTIP, liebe Kolleginnen und Kollegen, lässt sichnur bewerten, wenn ein Schlussergebnis vorliegt oderwenigstens die Aussicht darauf besteht .
Deshalb ist der Weg noch nicht das Ziel .Es wundert mich überhaupt nicht, dass sich bei derFrage, ob man für oder gegen TTIP ist, große Mehrheitenals Gegner erklären .
Ich sehe darin einen verständlichen Reflex auf die lang-jährige Geheimniskrämerei auch der europäischen Ver-handlungsseite . Das Misstrauen hat hier also seine Be-rechtigung .Mindestens einen positiven Effekt haben die jetzt prä-sentierten Papiere . Sie haben das öffentliche Interessebefeuert . Augen auf und Sinne geschärft, wenn ihr mitden USA um wirtschaftliche Vorteile verhandelt, das istmeine Schlussfolgerung . Darf ich mir den Hinweis er-Jürgen Hardt
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lauben, dass es noch keine konsolidierten Verhandlungs-ergebnisse gibt, über die man ein letztes Urteil sprechenkönnte? Sollte es Verhandlungsergebnisse geben, wird eshier im Bundestag und natürlich auch im EuropäischenParlament zu einem Urteil kommen, seien Sie da sicher,und zwar unter der Beachtung einer kritischen Öffent-lichkeit, und das ist gut so .
Ihr kann man kein Abkommen aufdrücken, das man erstnoch schönreden müsste . Ist ein Abkommen aus sich he-raus nicht schön genug, machen sich alle Schönrednerlächerlich und riskieren den politischen Selbstmord .Meine Bitte an Ihre Seite, an die Seite der Linkspartei:Hören Sie auf, alle, die sich für ein TTIP-Abkommen ein-setzen, bei dem es um Regeln eines fairen Handels geht,für eine Art fünfte Kolonne der US-Konzerne zu halten .
– Doch, das tun Sie . – Das will ich Ihnen auch sagen:Wir haben in der SPD schon Forderungen zum Freihan-del postuliert, da haben viele der heutigen TTIP-Kriti-ker noch geglaubt, es ginge bloß um mehr Toleranz füramerikanische Chlorhühnchen im Austausch mit franzö-sischem Schimmelkäse .Es ist jedenfalls nicht fair, wenn ständig bezweifeltwird – auch heute wieder –, dass es uns um faire Handels-regeln geht . Niemals würden wir uns ein TTIP-Abkommenaufdrücken lassen, das nur den USA nutzt und den euro-päischen Unternehmen und Verbrauchern Nachteile bringt .
– Da applaudiert sogar die CDU . Wir werden Sie beimWort nehmen . – Also, Sie haben hier eine völlig falscheOrientierung .
Im Übrigen: Die Welt wird sich weiterdrehen, diedeutsche Wirtschaft wird weiter Exportüberschüsse er-zielen, auch wenn es kein TTIP geben sollte, und danachsieht es doch aus .Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass dieser Ver-handlungsprozess gar nicht mehr in der Amtszeit Obamaszum Abschluss gebracht werden kann . Seine politischenErben scheinen so fixiert auf das „Buy American“, dasssie sich einer Öffnung der Märkte für europäische Anbie-ter verschließen wollen . Und: Ändert sich die Verhand-lungsmaxime der USA nicht grundlegend, dann war esdas mit TTIP . Deshalb lautet meine Bitte an dieser Stelle:Drehen wir doch die Aufgeregtheit etwas zurück, ohneAchtsamkeit einzubüßen .
Denken Sie an Ihre Redezeit .
Deshalb sage ich meinen letzten Satz .
Schauen wir einmal, wie lang der ist .
In der Gewissheit, dass es die heute schon oft genann-
ten roten Haltelinien gibt, lassen Sie uns doch zunächst
den grünen Linien folgen, die uns zu einem Freihandels-
abkommen führen, das zweifelsfrei auch ein faires Ab-
kommen sein muss .
– Unsere .
Letzter Redner in dieser Aktuellen Stunde: Mark
Hauptmann für die CDU/CSU-Fraktion .
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Als letztem Rednerobliegt es mir jetzt, nicht nur die Debatte zusammenzu-fassen, sondern auch das Chlorhühnchen der Debatte zuküren . Auch wenn sich die geschätzte Kollegin Dröge undHerr Hofreiter alle Mühe gegeben haben, so geht doch derTitel „Chlorhühnchen der Debatte“ eindeutig an die Kol-legen zu meiner linken Seite . Frau Wagenknecht und HerrErnst, Sie haben heute hier von einem Ermächtigungsge-setz für Großkonzerne, der Abschaffung der Demokratie,von Giftspielzeug, das über den Atlantik herüberkommt,allerlei toxischem Antiamerikanismus gesprochen, aufge-pumpt mit falschen Tatsachen und recht viel Empörung .Das hat letztendlich Ihre Reden ausgemacht .Ich kann aber Sie und alle anderen Kollegen beru-higen: Diese sogenannten Argumente sind gesundheit-stechnisch völlig unschädlich, wie übrigens auch dasChlorhühnchen, das ich zitiert habe . Das zeigt, dass Sieuns heute viel alten Wein in neuen Schläuchen präsentierthaben, aber für eine Aktuelle Stunde hat dies bei inhaltli-cher Betrachtung eigentlich nicht gereicht .
Ich möchte auf genau die Argumente, die Sie ange-führt haben, explizit eingehen .Erster Punkt . Es wird behauptet, durch die sogenann-ten TTIP-Leaks würde nun in der Debatte eine völlig neueTransparenz herrschen . – Das stimmt nicht . Das ist falsch .
Dr. Hans-Joachim Schabedoth
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Die Transparenz, die wir jetzt haben, gab es auch vorherschon,
nämlich in den Debatten der Vergangenheit . Ein Jahr de-battieren wir dieses Thema schon in diesem Haus, aberauch in den Verhandlungsrunden im Wirtschaftsaus-schuss mit Herrn Froman, mit der Kollegin Malmströmvon der Europäischen Kommission . Bei vielfältigenDebatten und Austauschprogrammen gibt es durch dieherrschende Transparenz die Möglichkeit, sich zu infor-mieren .
– Auch für die Öffentlichkeit finden sich online zahlrei-che Kapitel dieses Abkommens .
Es gibt für jeden Einzelnen in diesem Raum den vol-len Zugang zu den Verhandlungen im TTIP-Leseraum .Es gibt in diesem Zusammenhang zivilgesellschaftli-che Vertreter auf mehreren Ebenen, die TTIP AdvisoryGroup und den TTIP-Beirat im Bundeswirtschaftsminis-terium . Die Kommunen haben in Brüssel sogar direktenZugang zu den Verhandlungsführern . Was wir hier sehen,ist: Durch die heutige Debatte kommt es nicht zu mehrTransparenz,
sondern sie ist längst Bestandteil dieser Debatte .
Ich komme zum zweiten Punkt . Sie behaupten: TTIPsenkt die Verbraucherstandards .
Egal ob es der Bundesminister ist, ob es die Kollegen derSPD oder der Union sind, egal ob es die Verhandlungs-führerin für ganz Europa, Frau Malmström, ist, egal ob esum Umweltschutz, um die Sicherheit für Lebensmittel,um den Verbraucherschutz oder um die Arbeitnehmer-rechte geht: Wir treten nicht nur für unsere hohen euro-päischen Standards ein, sondern wir sagen: Wir nehmenjeweils die höchsten Standards .
Fragen Sie doch einmal VW nach den Umweltstan-dards in den USA . Da wird wohl keineswegs der Ein-druck entstehen, dass die Umweltstandards in den USAin diesem Fall geringer sind als hier in Europa . Vielmehrsehen wir, dass auch in den USA hohe Standards vor-herrschen, an denen wir uns als Europäer ein Beispielnehmen könnten, unter anderem in der Finanzindustrie .
Wir sehen also: Sie versuchen, mit Ihren Emotionendie Argumente der Debatte zu verwischen . Dass Sie sichhier, geschätzte Kollegin Dröge – Kollege Hofreiter istgar nicht mehr anwesend –,
zum Sprachrohr der Dagegen- und Empörungsindustriemachen, ist letztendlich reiner Selbstzweck, aber dientnicht dazu, mehr Klarheit in die Debatte zu bringen .
Ich komme zum dritten Punkt, der angesprochen wur-de. Kollegin Wagenknecht behauptet: Von TTIP profitie-ren nur die Großkonzerne und multinationale Konzerne .
Herr Ernst, Sie waren heute Morgen im Wirtschaftsaus-schuss dabei, als wir den Präsidenten der Deutschen In-dustrie- und Handelskammer, Eric Schweitzer, gehörthaben . Er hat gesagt: Nicht für die Großindustrie, son-dern für unsere 1 600 Hidden Champions wird sich durchTTIP ein enormer Markt erschließen . Es gibt für unse-re Mittelständler Verbesserungen . Diese können es sichnicht leisten, doppelt zu zertifizieren und ihre Produktenach unterschiedlichen Standards zu entwickeln . Fürunseren Mittelstand ist TTIP ein Konjunkturprogramm,nicht für die Großindustrie .
Sehr geehrte Damen und Herren, der Wegfall vonZöllen und doppelten Zertifizierungsmaßnahmen, dieErleichterung von Direktinvestitionen, das Thema In-vestitionsschutz: In diesen Bereichen profitiert die mit-telständische Struktur unserer deutschen Wirtschaft mehrals jedes andere Land in Europa .Deswegen werben wir so vehement dafür, TTIP eineChance zu geben, unsere hohen Standards zu implemen-tieren und im Austausch mit den Amerikanern die Stan-dards für 800 Millionen Menschen auf dieser Welt zuglobalen Standards zu machen . Dann sind wir in dieserDebatte ein ganzes Stück weiter, als Sie es uns heute ver-kaufen wollten .Herzlichen Dank .
Vielen Dank, Kollege Hauptmann . – Damit ist die Ak-
tuelle Stunde beendet .
Wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung .
Ich berufe die nächste Sitzung des Bundestages auf
morgen, Donnerstag, den 12 . Mai 2016, 9 Uhr, ein .
Die Sitzung ist damit geschlossen .