Protokoll:
18148

insert_drive_file

Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 18

  • date_rangeSitzungsnummer: 148

  • date_rangeDatum: 13. Januar 2016

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 17:39 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/148 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 148. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 13. Januar 2016 Inhalt: Gedenken an die Opfer des Selbstmordan- schlags in Istanbul . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14571 B Zusatztagesordnungspunkt 1: Vereinbarte Debatte: Konsequenzen aus den Ereignissen von Köln und anderen Großstädten in der Silvesternacht Dr . Ole Schröder, Parl . Staatssekretär BMI . . . 14572 A Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 14573 B Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . 14575 A Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14576 B Thomas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU) . . . . 14578 A Dr . Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14579 A Wolfgang Bosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 14580 B Dr . Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14581 A Manuela Schwesig, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14582 B Andreas Scheuer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 14583 B Karin Maag (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 14584 B Tagesordnungspunkt 1: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Registrierung und des Da- tenaustausches zu aufenthalts- und asylrecht- lichen Zwecken (Datenaustauschverbesse- rungsgesetz) Drucksache 18/7203 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14585 B Tagesordnungspunkt 2: Befragung der Bundesregierung: Entwurf ei- nes Gesetzes zur Reform der Pflegeberufe; weitere Frage Hermann Gröhe, Bundesminister BMG . . . . . 14585 D Manuela Schwesig, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14586 B Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 14586 D Hermann Gröhe, Bundesminister BMG . . . . . 14586 D Maik Beermann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 14587 A Hermann Gröhe, Bundesminister BMG . . . . . 14587 A Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14587 B Hermann Gröhe, Bundesminister BMG . . . . . 14587 C Petra Crone (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14587 D Manuela Schwesig, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14587 D Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 14588 A Hermann Gröhe, Bundesminister BMG . . . . . 14588 B Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) . . . 14588 B Manuela Schwesig, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14588 C Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14588 D Hermann Gröhe, Bundesminister BMG . . . . . 14589 A Gülistan Yüksel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14589 B Hermann Gröhe, Bundesminister BMG . . . . . 14589 B Dr . Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . . 14589 C Manuela Schwesig, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14589 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 2016II Rudolf Henke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 14589 D Hermann Gröhe, Bundesminister BMG . . . . . 14590 A Dr . Dorothee Schlegel (SPD) . . . . . . . . . . . . . 14590 B Hermann Gröhe, Bundesminister BMG . . . . . 14590 B Birgit Wöllert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 14590 C Hermann Gröhe, Bundesminister BMG . . . . . 14590 C Ingrid Pahlmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 14590 D Hermann Gröhe, Bundesminister BMG . . . . . 14591 A Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14591 B Hermann Gröhe, Bundesminister BMG . . . . . 14591 C Sylvia Pantel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 14591 D Hermann Gröhe, Bundesminister BMG . . . . . 14591 D Petra Crone (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14592 A Manuela Schwesig, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14592 A Erich Irlstorfer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 14592 B Manuela Schwesig, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14592 B Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14592 D Hermann Gröhe, Bundesminister BMG . . . . . 14592 D Tagesordnungspunkt 3: Fragestunde Drucksache 18/7210 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14593 A Mündliche Frage 1 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Schulterschluss der nigerianischen Terror- miliz Boko Haram mit dem „Islamischen Staat“ Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 14593 B Zusatzfragen Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 14593 D Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14594 B Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 14594 D Mündliche Frage 2 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Palästinensische Terrororganisation Hamas als möglicher Bündnispartner in Syrien Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 14595 A Mündliche Frage 8 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Durchschnittliche Dauer von Asylverfahren nach Rückkehr zur persönlichen Anhörung von Asylbewerbern aus Syrien, Irak und Eritrea Antwort Dr . Ole Schröder, Parl . Staatssekretär BMI . . . 14595 C Zusatzfragen Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14595 D Mündliche Frage 9 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Aussetzung der Dublin-Rückführungen nach Griechenland Antwort Dr . Ole Schröder, Parl . Staatssekretär BMI . . . 14596 C Zusatzfragen Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14597 A Mündliche Frage 14 Petra Pau (DIE LINKE) Zeitpunkt und Anlass der Behandlung der rechtsextremistischen Gruppierung „Sturm 18 e. V.“ im Gemeinsamen Extre- mismus- und Terrorismusabwehrzentrum Antwort Dr . Ole Schröder, Parl . Staatssekretär BMI . . . 14598 A Zusatzfragen Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 14598 A Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 14598 D Mündliche Frage 15 Petra Pau (DIE LINKE) Informationsaustausch im Zusammenhang mit der Gruppierung „Sturm 18 e. V.“ im Gemeinsamen Extremismus- und Terroris- musabwehrzentrum Antwort Dr . Ole Schröder, Parl . Staatssekretär BMI . . . 14599 A Zusatzfragen Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 14599 A Mündliche Frage 17 Andrej Hunko (DIE LINKE) Aktivitäten im Rahmen des EU-Internet- forums Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 2016 III Antwort Dr . Ole Schröder, Parl . Staatssekretär BMI . . . 14600 A Zusatzfragen Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 14600 B Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 14600 D Mündliche Frage 18 Andrej Hunko (DIE LINKE) Position der Bundesregierung zur Kredit- vergabe des IWF an Länder mit bestehen- den Zahlungsrückständen gegenüber staat- lichen Gläubigern Antwort Dr . Michael Meister, Parl . Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14601 A Zusatzfragen Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 14601 B Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14601 D Mündliche Frage 22 Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Bau der Wendlinger Kurve in zweigleisiger Weise Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . 14602 A Zusatzfragen Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14602 C Mündliche Frage 23 Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ablehnung einer Maut für Busse Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . 14603 A Zusatzfragen Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14603 A Mündliche Frage 31 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Genehmigung zur Veröffentlichung einer kritischen Analyse des BND zu Saudi-Ara- bien durch das Bundeskanzleramt Antwort Klaus-Dieter Fritsche, Staatssekretär BK . . . . 14604 A Zusatzfragen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14604 A Mündliche Frage 32 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Versehentliche Offenlegung einer Liste des BND mit Abhörzielen und Rufnummern führender Regierungsbeamter des Weißen Hauses gegenüber der NSA Antwort Klaus-Dieter Fritsche, Staatssekretär BK . . . . 14604 D Zusatzfragen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14605 A Mündliche Frage 33 Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Förderung niedrig budgetierter Produktio- nen nach Reform der Richtlinie des Deut- schen Filmförderfonds Antwort Monika Grütters, Staatsministerin BK . . . . . . 14605 D Zusatzfragen Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14606 A Zusatztagesordnungspunkt 2: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktio- nen der CDU/CSU und SPD: Aktuelle Lage im Nahen und Mittleren Osten Dr . Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14606 D Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 14608 A Dr . Franz Josef Jung (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 14608 D Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14609 C Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14611 A Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 14612 A Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . . 14613 A Dr . Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14614 A Michelle Müntefering (SPD) . . . . . . . . . . . . . 14615 A Dr . Norbert Röttgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 14615 D Dr . Ute Finckh-Krämer (SPD) . . . . . . . . . . . . 14617 B Elisabeth Motschmann (CDU/CSU) . . . . . . . . 14618 A Alexander Radwan (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 14619 B Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 2016IV Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14620 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 14621 A Anlage 2 Mündliche Frage 3 Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Annullierung der Regionalwahlergebnisse in der tansanischen Region Sansibar Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 14621 C Anlage 3 Mündliche Frage 4 Heike Hänsel (DIE LINKE) Konsequenzen für Saudi-Arabien aufgrund der Hinrichtungen von 47 Menschen Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 14621 D Anlage 4 Mündliche Frage 5 Heike Hänsel (DIE LINKE) Situation im Südosten der Türkei Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 14622 A Anlage 5 Mündliche Frage 6 Ulla Jelpke (DIE LINKE) Aufenthaltserlaubnisse zur Beschäftigung für Staatsangehörige der Westbalkanländer Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 14622 B Anlage 6 Mündliche Frage 7 Ulla Jelpke (DIE LINKE) Vertragsverletzungsverfahren bzw. Pilot- verfahren im Bereich der Innenpolitik ge- gen Deutschland Antwort Dr . Ole Schröder, Parl . Staatssekretär BMI . . . 14623 A Anlage 7 Mündliche Frage 10 Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Regelungen zur Erfassung behinderungs- spezifischer Bedarfe von Asylbewerbern im geplanten Datenaustauschverbesserungsge- setz Antwort Dr . Ole Schröder, Parl . Staatssekretär BMI . . . 14624 B Anlage 8 Mündliche Frage 11 Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Überlegungen der dänischen Regierung zur Durchführung von Personenkontrollen auch bei deutschen Transportunternehmen an der deutsch-dänischen Grenze Antwort Dr . Ole Schröder, Parl . Staatssekretär BMI . . . 14624 C Anlage 9 Mündliche Frage 12 Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Bericht eines Bundespolizisten zu den Er- eignissen in der Kölner Silvesternacht auf Spiegel Online Antwort Dr . Ole Schröder, Parl . Staatssekretär BMI . . . 14625 A Anlage 10 Mündliche Frage 13 Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Personalkapazitäten der Bundespolizei in der Silvesternacht in Köln Antwort Dr . Ole Schröder, Parl . Staatssekretär BMI . . . 14625 B Anlage 11 Mündliche Frage 16 Dr . André Hahn (DIE LINKE) Kenntnisse des Bundesministers Thomas de Maizière über Höhentraining in Höhen- bzw. Unterdruckkammern Antwort Dr . Ole Schröder, Parl . Staatssekretär BMI . . . 14625 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 2016 V Anlage 12 Mündliche Frage 19 Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Unterbindung von Share Deals Antwort Dr . Michael Meister, Parl . Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14626 B Anlage 13 Mündliche Frage 20 Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE) Ausstattung der Bundeswehr mit bewaff- nungsfähigen Drohnen der MALE-Klasse Antwort Dr . Ralf Brauksiepe, Parl . Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14627 A Anlage 14 Mündliche Frage 21 Katrin Kunert (DIE LINKE) Künftige Personal- und Kostenplanung sowie Rekrutierungsstrategie der Bundes- wehr angesichts der steigenden Zahl von Auslandseinsätzen Antwort Dr . Ralf Brauksiepe, Parl . Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14627 B Anlage 15 Mündliche Frage 24 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ablehnung eines Vorschlags der Europä- ischen Kommission zur Einführung eines einheitlichen europäischen Mautsystems Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . 14627 D Anlage 16 Mündliche Frage 25 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Abschluss der Untersuchungen zum VW-Abgasskandal Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . 14628 A Anlage 17 Mündliche Frage 26 Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Abschluss der Messungen zur Nachprüfung von Abgas- und Verbrauchswerten bei Die- selautos Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . 14628 A Anlage 18 Mündliche Frage 27 Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Erlass einer Rechtsverordnung zum Regio- nalisierungsgesetz Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . 14628 B Anlage 19 Mündliche Frage 28 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Entsendung eines Sachverständigen für die geplante internationale Expertengruppe zur Bewertung der Rissbefunde im Kern- kraftwerk Beznau Antwort Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretä- rin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14628 C Anlage 20 Mündliche Frage 29 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Abschlusstermin der Umweltverträglich- keitsprüfung des US-amerikanischen De- partment of Energy zum eventuell geplan- ten Export des Jülicher Atommülls Antwort Stefan Müller, Parl . Staatssekretär BMBF . . . 14628 C Anlage 21 Mündliche Frage 30 Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Konkrete Verbesserungen der Menschen- rechtslage in Eritrea als Bedingung für eine Kooperation in der Entwicklungspolitik Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 2016VI Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl . Staatssekretär BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14628 D Anlage 22 Mündliche Frage 34 Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorlage der Analyse zu Überlegungen ei- ner netzpolitischen Kompetenzbündelung innerhalb der Bundesregierung und der Gründung einer Digitalagentur Antwort Iris Gleicke, Parl . Staatssekretärin BMWi . . . 14629 A Anlage 23 Mündliche Frage 35 Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Drosselung der Stromerzeugung aus Braun- kohle angesichts des hohen Stromexports im vergangenen Jahr Antwort Iris Gleicke, Parl . Staatssekretärin BMWi . . . 14629 B Anlage 24 Mündliche Frage 36 Katrin Kunert (DIE LINKE) Insolvente deutsche Unternehmen infolge der EU-Sanktionen gegen Russland Antwort Iris Gleicke, Parl . Staatssekretärin BMWi . . . 14629 D Anlage 25 Mündliche Frage 37 Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Stellungnahme gegenüber dem Europäi- schen Gerichtshof zum Abkommen zwi- schen der EU und Singapur Antwort Iris Gleicke, Parl . Staatssekretärin BMWi . . . 14630 A Anlage 26 Mündliche Frage 38 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Änderung der Energieverbrauchskenn- zeichnung für Haushaltsgeräte Antwort Iris Gleicke, Parl . Staatssekretärin BMWi . . . 14630 B Anlage 27 Mündliche Frage 39 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Geplanter bzw. begonnener Ausbau von Pipe lines in Kanada zum Zweck des Ex- ports von Teersandöl nach Europa Antwort Iris Gleicke, Parl . Staatssekretärin BMWi 14630 C (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 2016 14571 148. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 13. Januar 2016 Beginn: 13 .00 Uhr
  • folderAnlagen
    Alexander Radwan (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 2016 14621 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Albsteiger, Katrin CDU/CSU 13 .01 .2016 Amtsberg, Luise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 13 .01 .2016 Daldrup, Bernhard SPD 13 .01 .2016 Dittmar, Sabine SPD 13 .01 .2016 Gottschalck, Ulrike SPD 13 .01 .2016 Gysi, Dr . Gregor DIE LINKE 13 .01 .2016 Hardt, Jürgen CDU/CSU 13 .01 .2016 Haßelmann, Britta BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 13 .01 .2016 Heck, Dr . Stefan CDU/CSU 13 .01 .2016 Heinrich, Gabriela SPD 13 .01 .2016 Jantz, Christina SPD 13 .01 .2016 Kapschack, Ralf SPD 13 .01 .2016 Kühn (Tübingen), Christian BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 13 .01 .2016 Maizière, Dr . Thomas de CDU/CSU 13 .01 .2016 Nahles, Andrea SPD 13 .01 .2016 Nietan, Dietmar SPD 13 .01 .2016 Post (Minden), Achim SPD 13 .01 .2016 Rehberg, Eckhardt CDU/CSU 13 .01 .2016 Röring, Johannes CDU/CSU 13 .01 .2016 Sitte, Dr . Petra DIE LINKE 13 .01 .2016 Spinrath, Norbert SPD 13 .01 .2016 Uhl, Dr . Hans-Peter CDU/CSU 13 .01 .2016 Veit, Rüdiger SPD 13 .01 .2016 Wicklein, Andrea SPD 13 .01 .2016 Anlage 2 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Ab- geordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 18/7210, Frage 3): Wie schätzt die Bundesregierung die Annullierung der Re- gionalwahlergebnisse und die daraus resultierende andauernde politische Krise in der tansanischen Region Sansibar ein? Die Lage auf Sansibar bleibt angespannt, seit die dor- tige Wahlbehörde die Regionalwahlen vom 25 . Oktober 2015 für ungültig erklärt hat . Die Opposition hatte zu- vor einseitig ihren Wahlsieg erklärt . Wahlbeobachter der Europäischen Union und der Afrikanischen Union hatten den Wahlverlauf für ordnungsgemäß erklärt – auch Ver- treter der Deutschen Botschaft hatten teilgenommen . Die Bundesregierung sieht eine Lösung allein im Dia- log über eine einvernehmliche Einigung . Daher ist es be- sonders bedauerlich, dass Oppositionsführer Seif Hamad sich vorgestern gezwungen sah, den bisherigen Dialog für gescheitert zu erklären . Die Regierungspartei in Tansania und auf Sansibar, CCM, vertritt weiterhin die Haltung, Neuwahlen müss- ten abgehalten werden; diese sind aber bisher nicht ange- setzt worden . Die Opposition hat angekündigt, eventuelle Neuwahlen boykottieren zu wollen . Die Bundesregie- rung ist daher besorgt, dass Neuwahlen zu öffentlichen Protesten der Opposition und gewaltsamen Auseinander- setzungen mit den Sicherheitskräften führen könnten . Die Bundesregierung setzt sich gemeinsam mit der EU und anderen befreundeten Staaten für eine einvernehmli- che Lösung der aktuellen Krise ein und fordert alle Par- teien auf, den Dialog fortzusetzen und den begonnenen Wahlprozess ordnungsgemäß zu Ende zu führen, also die Stimmen vom 25 . Oktober 2015 vollständig auszuzählen und das Ergebnis bekannt zu machen . Anlage 3 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Drucksa- che 18/7210, Frage 4): Mit welchen konkreten Konsequenzen gegenüber Sau- di-Arabien hat die Bundesregierung auf die Hinrichtung von 47 Menschen in Saudi-Arabien reagiert? Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung hat umgehend nach Bekanntwerden der Hinrichtungen diese öffentlich als abstoßend verurteilt . Die Bundesregierung hat klar Stellung genommen: Sie lehnt diese unmenschliche Form der Bestrafung unter allen Umständen ab und tritt weltweit für ihre Abschaf- fung ein, auch gegenüber Saudi-Arabien . Besonders bedenklich ist es, wenn wie im Fall von Nimr al-Nimr die Todesstrafe nicht wegen schwerer Ge- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 201614622 (A) (C) (B) (D) walttaten verhängt wird . Sein Tod hat absehbar dazu ge- führt, dass sich die Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten verstärkt haben . Bundesaußenminister Dr . Steinmeier hat die Ableh- nung der Todesstrafe in einem Telefonat Anfang letzter Woche gegenüber dem saudischen Außenminister zum wiederholten Male unterstrichen und Saudi-Arabien dazu aufgerufen, alles dafür zu tun, um eine weitere Es- kalation zu vermeiden . Anlage 4 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Drucksa- che 18/7210, Frage 5): Wie beurteilt die Bundesregierung die Situation im Süd- osten der Türkei, der sich zu einem immer größeren Krisen- gebiet entwickelt, bzw . welche Konsequenzen zieht die Bun- desregierung daraus bezüglich der Rüstungsexporte und der militärischen Zusammenarbeit mit der Türkei (www .welt . de/politik/ausland/article150590886/Schuesse-und-Traenen- gas-sind-hier-Alltag .html)? Die Bundesregierung verfolgt die Berichte über zu- nehmende, auch zivile Opfer im Südosten der Türkei mit großer Sorge . Um eine weitere Ausdehnung des Konflikts zu ver- meiden, muss die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ihre terroristische Gewalt unverzüglich einstellen . Wir haben der türkischen Seite wiederholt unsere Überzeugung vermittelt, dass es zwar legitim ist, gegen Terrorbedrohung im eigenen Lande vorzugehen, dies aber maßvoll und verhältnismäßig geschehen muss . Um die gesamte Region nicht in Mitleidenschaft zu ziehen, muss die Eskalationsspirale unverzüglich durch- brochen werden . Die Bundesregierung entscheidet über die Erteilung von Exportgenehmigungen im Einzelfall nach pflichtge- mäßem Ermessen . Nach den politischen Grundsätzen der Bundesregie- rung ist der Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüs- tungsgütern in NATO-Länder grundsätzlich nicht zu be- schränken, es sei denn, dass aus besonderen politischen Gründen im Einzelfall eine Beschränkung geboten ist . Die Bundesregierung wird diese Grundsätze auch in weiteren Entscheidungen zugrunde legen . Anlage 5 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Ab- geordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE) (Drucksache 18/7210, Frage 6): Wie viele Visa bzw . Aufenthaltserlaubnisse zur Beschäfti- gung für Staatsangehörige der Westbalkanländer (vergleiche § 26 Absatz 2 der Beschäftigungsverordnung) wurden bislang erteilt (bitte auch nach Visastellen und Staatsangehörigkeiten differenziert darstellen), und mit welchen Zahlen rechnet die Bundesregierung, auch vor dem Hintergrund der ersten Erfah- rungen mit der Neuregelung für das Jahr 2016 bzw . für die Gesamtgeltungsdauer der Regelung bis 2020? Die Frage betrifft die Visumerteilung auf Grundlage des § 26 Absatz 2 Beschäftigungsverordnung . Diese für die Staatsangehörigen der Westbalkanländer geltende Regelung ist erst seit Jahresanfang in Kraft . Die bislang zu diesem Verfahren vorliegenden Zahlen sind daher noch wenig aussagekräftig . Dies gilt umso mehr vor dem saisonalen Hintergrund des orthodoxen Weihnachts- und Neujahrsfestes . Darüber hinaus sind potenzielle Antrag- steller bzw . deutsche Arbeitgeber gehalten, noch vor der Visumbeantragung an der Auslandsvertretung erforderli- che Zustimmungen deutscher Behörden (Bundesagentur für Arbeit/Ausländerbehörden) einzuholen . Das könnte zusätzlich zu Verzögerungen führen . Die Bundesregierung registriert bislang zahlrei- che Anfragen zu dem Verfahren nach § 26 Absatz 2 Beschäftigungsverordnung . Bis einschließlich 8 . Januar 2016 wurden an den sechs Auslandsvertretungen Belgrad, Skopje, Podgorica, Pris- tina, Tirana und Sarajewo insgesamt 69 Visa nach § 26 Absatz 2 Beschäftigungsverordnung erteilt . Diese Anzahl verteilt sich auf die einzelnen Auslandsvertretungen wie folgt: Belgrad: 1 Skopje: 33 Podgorica: 3 Pristina: 0 Tirana: 5 Sarajewo: 27 Eine statistische Erfassung nach Staatsangehörigkeit findet dabei nicht statt. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darü- ber vor, in wie vielen Fällen die Ausländerbehörden Auf- enthaltserlaubnisse nach § 26 Absatz 2 Beschäftigungs- verordnung erteilt haben, da eine statistische Erfassung gesetzlich nicht vorgesehen ist . Es ist davon auszugehen, dass in den Fällen, in denen Visa nach § 26 Absatz 2 Beschäftigungsverordnung er- teilt wurden, von den Ausländerbehörden auch Aufent- haltserlaubnisse an diese Personen erteilt werden . Zur zweiten Teilfrage: Genaue Prognosen lassen sich zu diesem frühen Zeitpunkt auf Grundlage des bisheri- gen, stark saisonal beeinflussten Antragsaufkommens noch nicht treffen . Die bisherigen Terminanfragen waren mit Ausnahme von Sarajewo und Pristina überschaubar, eine Zunahme der Anfragen scheint jedoch wahrschein- lich . http://www.welt.de/politik/ausland/article150590886/Schuesse-und-Traenengas-sind-hier-Alltag.html http://www.welt.de/politik/ausland/article150590886/Schuesse-und-Traenengas-sind-hier-Alltag.html http://www.welt.de/politik/ausland/article150590886/Schuesse-und-Traenengas-sind-hier-Alltag.html Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 2016 14623 (A) (C) (B) (D) Anlage 6 Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr . Ole Schröder auf die Frage der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LIN- KE) (Drucksache 18/7210, Frage 7): Welche Vertragsverletzungsverfahren oder Pilotverfah- ren sind derzeit im Bereich der Innenpolitik (inklusive Asyl, Migration, Grenzkontrollen, Visaerteilung, EWG-Türkei-As- soziationsrecht usw .) gegen Deutschland anhängig (bitte auf- listen: genauer Inhalt, Rechtsgrundlagen, Datum der Einlei- tung, den Stand des jeweiligen Verfahrens usw .), und wie ist jeweils die Position der Bundesregierung hierzu (wie begrün- det sie monierte Praktiken, Vorschriften oder Umsetzungs- mängel gegebenenfalls)? Gegen die Bundesrepublik Deutschland sind derzeit 16 Vertragsverletzungsverfahren im Zuständigkeitsbe- reich des Bundesministeriums des Innern (BMI) anhän- gig . Im Einzelnen sind dies die folgenden Verfahren: 1 . VVV 2014/2128 wegen Verordnung (EG) Nr . 300/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11 . März 2008 über gemeinsame Vor- schriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr . 2320/2002 (B 3) Datum des letzten KOM-Beschlusses: 28 .05 .2015 Art des Beschlusses: Klage 2 . VVV 2014/4109 wegen Verordnung (EG) Nr . 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20 . Februar 2008 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und zur Errichtung einer Europäischen Agentur für Flugsicherheit (B 3) Datum des letzten KOM-Beschlusses: 06 .07 .2015 Art des Beschlusses: Mit Gründen versehene Stel- lungnahme 3 . VVV 2014/4130 wegen Schengener Grenzkodex (B 1) Datum des letzten KOM-Beschlusses: 16 .10 .2014 Art des Beschlusses: Mahnschreiben 4 . VVV 2011/2086 wegen Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29 . April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhal- ten (M I 1) Datum des letzten KOM-Beschlusses: 21 .06 .2012 Art des Beschlusses: Mit Gründen versehene Stel- lungnahme 5 . VVV 2014/2192 wegen Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16 . Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (M I 3) Datum des letzten KOM-Beschlusses: 16 .10 .2014 Art des Beschlusses: Mahnschreiben 6 . VVV 2015/0386 wegen Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26 . Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (M I 4) Datum des letzten KOM-Beschlusses: 23 .09 .2015 Art des Beschlusses: Mahnschreiben 7 . VVV 2015/0387 wegen Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26 . Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (M I 4) Datum des letzten KOM-Beschlusses: 23 .09 .2015 Art des Beschlusses: Mahnschreiben 8 . VVV 2015/4005 wegen Assoziierungsabkommen EWG – Türkei vom 12 . September 1963, Zusatzproto- koll vom 23 . November 1970 und Beschluss Nr . 1/80 des Assoziationsrates EWG/Türkei über die Entwick- lung der Assoziation 19 . September 1980 (M I 3) Datum des letzten KOM-Beschlusses: 26 .03 .2015 Art des Beschlusses: Mahnschreiben 9 . VVV 2012/2198 wegen Richtlinie 2007/23/EG des Rates über das Inverkehrbringen pyrotechnischer Gegenstände (PyrotechnikRL) (KM 5) Datum des letzten KOM-Beschlusses: 26 .02 .2015 Art des Beschlusses: Klage 10 . VVV 2015/0178 wegen Richtlinie 2014/58/EU Er- richtung eines Systems zur Rückverfolgbarkeit von pyrotechnischen Gegenständen (KM 5) Datum des letzten KOM-Beschlusses: 28 .05 .2015 Art des Beschlusses: Mahnschreiben 11 . VVV 2015/0266 wegen Richtlinie 2013/29/EU Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mit- gliedstaaten über die Bereitstellung pyrotechnischer Gegenstände auf dem Markt (Neufassung) (KM 5) Datum des letzten KOM-Beschlusses: 22 .07 .2015 Art des Beschlusses: Mahnschreiben 12 . VVV 2013/4324 wegen Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Ar- beitszeitrichtlinie) (D 2) Datum des letzten KOM-Beschlusses: 26 .02 .2015 Art des Beschlusses: Mit Gründen versehene Stel- lungnahme 13 . VVV 2003/4820 wegen Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Daten- verkehr (V II 4) Datum des letzten KOM-Beschlusses: 06 .04 .2011 Art des Beschlusses: Mahnschreiben 14 . VVV 2006/4735 wegen Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 201614624 (A) (C) (B) (D) personenbezogener Daten und zum freien Daten- verkehr, hier: Kleinunternehmen (V II 4) Datum des letzten KOM-Beschlusses: 07 .05 .2010 Art des Beschlusses: Mahnschreiben 15 . VVV 2013/065 wegen Richtlinie 2011/51/EU vom 11 . Mai 2011 zur Änderung der Richtlinie 2003/109/ EG des Rates zur Erweiterung ihres Anwendungs- bereichs (M I 3) Datum des letzten KOM-Beschlusses: 24 .07 .2013 Art des Beschlusses: Mahnschreiben 16 . VVV 2003/0265 wegen Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenver- kehr, hier: Ausländerzentralregister (AZR) (M I 6) Datum des letzten KOM-Beschlusses: 27 .06 .2007 Art des Beschlusses: Mit Gründen versehene Stel- lungnahme Die Verfahren werden jeweils mit einem konkre- ten Betreff auch auf der Internetseite der Europäischen Kommission unter „Entscheidungen in Vertragsverlet- zungsverfahren“ veröffentlicht . Dort können Sie auch die jeweils aktuellen Verfahrensstände erkennen, die zeitnah nach den Kommissionsbeschlüssen aktualisiert werden . Der Internetlink für die Seite lautet: http://ec .europa .eu/atwork/applying-eu-law/infrin- gements-proceedings/infringement_decisions/?lang_ code=de Rechtsgrundlage für die Einleitung eines Vertragsver- letzungsverfahrens durch die Europäische Kommission ist jeweils Artikel 258 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union . Auch außerhalb solcher formalen Verfahren steht die Bundesregierung mit der Europäischen Kommission in einem fortlaufenden Dialog über zahlreiche politische und rechtliche Fragen aus allen Bereichen der Europapo- litik, einschließlich der Innenpolitik, unter anderem auch im Rahmen von EU-Pilotverfahren . Anlage 7 Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr . Ole Schröder auf die Frage der Abgeordneten Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/7210, Frage 10): Warum nutzt die Bundesregierung den Entwurf für das Da- tenaustauschverbesserungsgesetz nicht auch dazu, die zustän- digen Behörden behinderungsspezifische Bedarfe von Asylbe- werberinnen und Asylbewerbern, etwa bei der Unterbringung oder der medizinischen und therapeutischen Versorgung (zum Beispiel Hilfsmittel wie Rollstühle usw .), bereits beim ersten Kontakt erfragen zu lassen? Mit dem Entwurf eines Datenaustauschverbesse- rungsgesetzes soll der gemeinsame Beschluss der Bun- deskanzlerin mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder vom 24 . September 2015 zur weiteren Di- gitalisierung des Asylverfahrens in einem ersten Schritt umgesetzt werden . Angesichts des hohen Aufkommens an Asylsuchenden sollen zunächst wesentlich früher als bisher und zur Vermeidung von Doppelerfassungen die Grundpersonalien, die im Rahmen der erkennungsdienst- lichen Behandlung erhobenen Fingerabdrücke und Anga- ben zum Herkunftsland in einem allen beteiligten Behör- den zugänglichen Kerndatensystem erfasst werden . Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass zu einem späteren Zeitpunkt durch Gesetzesänderungen die Erhebung wei- terer bestimmter Daten zugelassen werden kann; doch bestehen erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken, detailliertere Angaben zu Behinderungen einer Person und ihren behinderungsspezifischen Bedarfen in dieses Kerndatensystem einzustellen . Unabhängig davon rei- chen für die Einstufung als schutzbedürftige Person und das Vorhandensein besonderer Bedürfnisse im Sinne der EU-Aufnahmerichtlinie nicht die eigenen Angaben der Betroffenen aus: Vielmehr obliegt die entsprechende Beurteilung den zur Identifizierung von schutzbedürf- tigen Personen zuständigen Stellen, die zudem mit den zur Registrierung befugten Stellen (also Bundespolizei als Grenzbehörde, Landespolizeien, Erstaufnahmeein- richtungen, Ausländerbehörden und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) nicht immer deckungsgleich sind . Anlage 8 Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr . Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/7210, Frage 11): Wie positioniert sich die Bundesregierung bezüglich Über- legungen der dänischen Regierung, auch deutsche Transport- unternehmen bei Personenkontrollen an der deutsch-däni- schen Grenze in die Pflicht zu nehmen und Ausweise sowie Visapapiere von Reisenden auf dem Weg nach Dänemark kon- trollieren zu lassen, und was hat die Bundesregierung konkret auf ein diesbezügliches Schreiben des dänischen Verkehrsmi- nisters vom 18. Dezember 2015 geantwortet? Das dänische Parlament hat am 11 . Dezember 2015 das Gesetz Nummer 74 der Parlamentsperiode 15/16 – Änderungsgesetz des Ausländergesetzes (Haftung von Transportunternehmen in Verbindung mit vorübergehen- der Grenzkontrolle an inneren Schengengrenzen) – an- genommen . Bisher hat Dänemark von der dort vorgesehenen Möglichkeit, auch deutsche Beförderungsunternehmen für Personenkontrollen in die Pflicht zu nehmen, keinen Gebrauch gemacht . Eine Bewertung hypothetischer Sze- narien ist nicht Gegenstand des parlamentarischen Fra- ge- und Informationsrechts . Der deutsche Innenminister steht aber in ständigem Kontakt mit seiner Amtskollegin zu diesem Fragenkreis . Die Schreiben des dänischen Verkehrsministers an den deutschen Verkehrsminister wurde noch nicht beantwortet . http://ec.europa.eu/atwork/applying-eu-law/infringements-proceedings/infringement_decisions/?lang_code=de http://ec.europa.eu/atwork/applying-eu-law/infringements-proceedings/infringement_decisions/?lang_code=de http://ec.europa.eu/atwork/applying-eu-law/infringements-proceedings/infringement_decisions/?lang_code=de Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 2016 14625 (A) (C) (B) (D) Anlage 9 Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr . Ole Schröder auf die Frage der Abgeordneten Irene Mihalic (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/7210, Frage 12): Aufgrund welcher Veranlassung ist der vom 7 . Januar 2016 bei Spiegel Online (www .spiegel .de/panorama/justiz/ koeln-das-steht-im-internen-polizeibericht-zur-silvester- nacht-a-1070837 .html) zusammengefasste Bericht eines Bun- despolizisten zu den Ereignissen in der Kölner Silvesternacht verfasst worden, und wie bewertet die Bundesregierung die Klage des Schreibers über zu wenig Personal und Schwächen bei der Ausrüstung bei der Bundespolizei? Bei der Bundespolizei werden grundsätzlich im Nachgang zu polizeilichen Einsätzen interne Einsatzer- fahrungsberichte verfasst . Der in der Fragestellung an- gesprochene Bericht entspricht daher der polizeilichen Praxis . Die Stärke der zuständigen Bundespolizeiinspektion Köln in der Silvesternacht entsprach mit 67 Polizeibe- amten den vorliegenden allgemeinen Lageerkenntnissen . Die Ereignisse in der Silvesternacht in Köln waren nach den bisherigen Erkenntnissen für die Bundespoli- zei so nicht vorhersehbar . Insofern war es für die Bun- despolizei nicht möglich, sich auf diese Ereignisse, zum Beispiel auch mit mehr technischer Ausstattung zur Aus- leuchtung des Bahnhofvorplatzes, einzustellen . Anlage 10 Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr . Ole Schröder auf die Frage der Abgeordneten Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/7210, Frage 13): Wie bewertet die Bundesregierung die Personalkapazitä- ten der Bundespolizei in der Silvesternacht in Köln vor dem Hintergrund, dass laut Aussage von Spiegel Online („Interner Polizeibericht zu Kölner Silvesternacht: ‚Es waren einfach zu viele zur gleichen Zeit‘“, erschienen am 7 . Januar 2016) Maßnahmen wie die Ingewahrsamnahme „aufgrund fehlender Kapazitäten nicht möglich“ gewesen seien? Die Ereignisse in der Silvesternacht in Köln waren nach den bisherigen Erkenntnissen für die Bundespo- lizei so nicht vorhersehbar . Die Stärke der zuständigen Bundespolizeiinspektion Köln in der Silvesternacht entsprach mit 67 Polizeibeamten den vorliegenden all- gemeinen Lageerkenntnissen . Neben Beamten der Bun- despolizei Köln war auch eine Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) vor Ort . Ein konzentriertes Vorgehen der Bundespolizei gegen diese Personen, um Tatverdächtige zu stellen, festzuneh- men und der Strafverfolgung zuzuführen, war angesichts der Vielzahl paralleler Einsatzanlässe praktisch nicht möglich . Die Bundespolizei hat daher dem Schutz von Frauen gegen weitere sexuelle Übergriffe den Vorzug eingeräumt und Maßnahmen der Strafverfolgung zeit- weise zurückgestellt . Gleichwohl gelang es der Bundes- polizei in insgesamt 29 Fällen, Tatverdächtige vorläufig festzunehmen und deren Identitäten festzustellen . Anlage 11 Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr . Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Dr. André Hahn (DIE LINKE) (Drucksache 18/7210, Frage 16): Warum ist es dem Bundesminister des Innern, Dr . Thomas de Maizière, anscheinend nicht bekannt, dass in der Bundes- republik Deutschland im Leistungssport die Methode des Hö- hentrainings in Höhen- bzw . Unterdruckkammern angewendet wird (siehe unter anderem „Sporthochschule Köln ermöglicht Höhentraining auch im Flachland“, Kölner Stadtanzeiger vom 23 . Juli 2003), wenn er bei einem Besuch des Bundesleis- tungszentrums in Kienbaum am 13 . Juli 2015 und der dortigen Besichtigung der inzwischen musealen Unterdruckkammer aus Zeiten des DDR-Spitzensports erklärt: „Ich weiß nicht, wo noch auf der Welt Höhentraining versucht wurde . Wahr- scheinlich nicht nur in der DDR“ (siehe Kienbaum Journal, November 2015, Seite 5), und welche diesbezüglichen For- schungsprojekte wurden durch den Bund seit dem Jahr 2000 gefördert (bitte jeweilige Forschungsprojekte, Zeitraum, betei- ligte Institutionen und bereitgestellte Bundesmittel nennen)? Seien Sie zunächst versichert, dass Herrn Bundes- minister Dr . Thomas de Maizière die Sportwissenschaft ein wichtiges Anliegen und eine vertraute Materie ist . Ein Hinweis auf seine Besuche als Bundesminister des Innern beim Institut für Angewandte Trainingswissen- schaft (IAT) in Leipzig, dem Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) in Berlin und dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) in Bonn mögen an dieser Stelle genügen . Zu Ihrer Bitte nach Nennung der vom Bund seit dem Jahr 2000 geförderten Forschungsprojekte zum Höhen- training kann ich Ihnen Folgendes mitteilen: Durch das Bundesinstitut für Sportwissenschaft wurden für den an- gefragten Zeitraum 14 Forschungsprojekte zur Thematik „Höhentraining“ gefördert . Da erst ab 2004 ein elektronisches Datenbanksystem im Zusammenhang mit Forschungsförderung eingeführt wurde (profi – Projektförderinformationssystem), lassen sich zu den sechs in den Jahren 2000 bis 2004 geförder- ten Projekten keine Fördersummen benennen . Eine aus- sagekräftige Aufstellung samt konkreter Fördersummen ist ausschließlich für die acht ab dem Jahr 2005 geför- derten Projekte möglich . Ich kann Ihnen diese Projekte im Einzelnen samt Zeitraum, beteiligte Institutionen und bereitgestellte Mittel nennen, schlage aber vor, eine ent- sprechende Tabelle zu Protokoll zu geben . Daneben hat das Bundesinstitut für Sportwissenschaft aktuell ein Gutachten zum Thema „Training unter arti- fizieller Hypoxie“ in Auftrag gegeben. Das Gutachten soll eine Darstellungsübersicht des aktuellen Wissens zum Thema „Hypoxietraining“ wiedergeben . Abga- be des endgültigen Gutachtens durch Herrn Professor Dr . Walter Schmidt (Universität Bayreuth, Institut für Sportwissenschaft) ist voraussichtlich Ende Februar 2016 . Die bereitgestellten Bundesmittel hierfür belaufen sich auf 3 000 Euro . http://www.spiegel.de/panorama/justiz/koeln-das-steht-im-internen-polizeibericht-zur-silvesternacht-a-1070837.html http://www.spiegel.de/panorama/justiz/koeln-das-steht-im-internen-polizeibericht-zur-silvesternacht-a-1070837.html http://www.spiegel.de/panorama/justiz/koeln-das-steht-im-internen-polizeibericht-zur-silvesternacht-a-1070837.html Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 201614626 (A) (C) (B) (D) BISp-Projekte zur Thematik „Höhentraining“ (2005-2016) Lfd. Nr. Beginn Ende Förder- summer Zuwendungsemp- fänger Projektleiter Thema 1 01 .01 .2007 31 .12 .2007 30 000,00 € Ruprecht-Karls-Uni- versität Heidelberg PD Dr . Birgit Friedmann-Bette Wirksamkeit von Höhentrai- ningsketten zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit im Tiefland bei Langsprinterinnen, Mittel- und Langstreckenläufern/innen 2 01 .01 .2007 30 .04 .2008 37 000,00 € Eberhard Karls Uni- versität Tübingen Prof . Dr . med . Andreas Nieß Erfassung von Prädiktoren der individuellen Variabilität der Belastungsreaktion in Hypoxie bei hochtrainierten Radausdauer- sportlern 3 01 .04 .2008 30 .05 .2008 12 965,00 € Deutsche Sporthoch- schule Köln Prof . Dr . Dr . h .c . Joachim Mester Betreuungsprojekt Höhentrai- ning in Flagstaff (Arizona) mit Spitzenathleten des Deutschen Leichtathletikverbandes 4 01 .04 .2008 31 .10 .2008 15 000,00 € Universität Bayreuth Prof . Dr . Walter Schmidt Bestimmung der totalen Hämoglo- bin-Menge während Höhen- und Flachlandtrainingslagern der Deutschen Nationalmannschaft in Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Peking 2008 5 01 .01 .2009 31 .12 .2009 20 000,00 € Universität Bayreuth Prof . Dr . Walter Schmidt Optimales Timing von Hö- hentrainingsmaßnahmen im Schwimmsport 6 27 .10 .2008 31 .12 .2008 25 378,00 € Deutsche Sporthoch- schule Köln Prof . Dr . Dr . h .c . Joachim Mester Betreuungsprojekt Höhentrai- ningslager in Flagstaff (Arizona) des DLV (Mittel- und Langstre- ckenläufer) 7 15 .02 .2009 31 .05 .2009 18 000,00 € Deutsche Sporthoch- schule Köln Prof . Dr . Dr . h .c . Joachim Mester Betreuungsprojekt Höhentrai- ningslager des DLV für Mit- tel- und Langstreckenläufer in Flagstaff (Arizona – USA) . 8 27 .08 .2015 30 .11 .2015 3 000,00€ Universität Bayreuth Prof . Dr . Walter Schmidt Gutachten „Training unter artifizi- eller Hypoxie“ BISp-Projekte mit der Thematik „Höhentraining“ (2000-2004 vor Einführung von profi) Beginn Ende Projektleiter Standort Titel 2000 2001 Prof . Dr . Peter Bärtsch Heidelberg Individuelle Eignung für klassisches Höhentraining und Leistungsreduktion in Hypoxie 2000 2000 Prof . Dr . Jürgen-Michael Steinacker Ulm Laktattransport bei akuter Hypoxie und bei Höhentraining 2000 2000 Prof . Dr . Andreas Nieß Tübingen Zelluläre Stressparameter im Ausdauersport – Bedeutung für Belastungstoleranz, Regenerationsverlauf und Immun- kompetenz 2001 2002 Prof . Dr . Hans-Herrmann Dickhuth Tübingen Untersuchungen zum Einfluß intermittierter normobarer Hypoxie (Höhenkammer) auf die Erythropoese 2002 2003 Prof . Dr . Norbert Maassen Hannover Die Wirkung intermittierender Hypoxie in Ruhe auf die Ausdauerfähigkeit 2001 2002 Prof . Dr . Jürgen Michael Steinacker Ulm Laktattransport bei akuter Hypoxie und bei Höhentraining Anlage 12 Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr . Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/7210, Frage 19): Plant die Bundesregierung, die Möglichkeit von Share Deals zu unterbinden, und, wenn nein, warum nicht? Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 2016 14627 (A) (C) (B) (D) Gesellschaftsrechtlich ist es eine Selbstverständlich- keit, dass Anteile an Gesellschaften (Aktien, GmbH-An- teile etc .) grundsätzlich ver- und gekauft werden können . Das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) erfasst neben der Übertragung eines Grundstücks aufgrund eines Kauf- vertrags auch bestimmte Sachverhalte, bei denen Anteile an grundbesitzenden Gesellschaften übertragen werden . Den entsprechenden Erwerbsvorgängen ist gemeinsam, dass auf 95 Prozent der Anteile an einer Gesellschaft ab- gestellt wird . Zivilrechtlich liegt in diesen Fällen keine Grundbesitzübertragung vor . Die 95-Prozent-Regelung stellt daher eine Erweiterung des Grundtatbestandes dar . Ein sogenannter Share Deal, bei dem ein Co-Investor zu mehr als 5 Prozent an einer grundbesitzenden Gesell- schaft beteiligt wird, ist folglich aus grunderwerbsteuer- rechtlicher Sicht nicht als missbräuchlich anzusehen . Die Bundesregierung plant deshalb hierzu keine Änderung . Anlage 13 Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr . Ralf Brauksiepe auf die Frage des Abgeordneten Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE) (Drucksache 18/7210, Frage 20): Welche neueren Details zu Datum und Ort der Entschei- dung der „Überbrückungslösung“ einer mit Lenkwaffen oder -bomben bewaffnungsfähigen Drohne der MALE-Klasse für die Bundeswehr, deren Bekanntgabe laut einer Mitteilung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 6 . Dezember 2015 ursprünglich auf Ende 2015 terminiert war, mittlerweile jedoch nur noch vage mit „zeitnah“ umrissen wird (verglei- che Antwort der Bundesregierung auf die schriftliche Fra- ge 50 auf Bundestagsdrucksache 18/7181 des Abgeordneten Andrej Hunko) kann die Bundesregierung nunmehr mitteilen (sofern die Bundesregierung Datum und Ort w eiterhin nicht nennen möchte, bitte konkretisieren, was diesbezüglich unter „zeitnah” verstanden werden soll), und welche Drohnen ha- ben Eingang in die vom Bundesministerium der Verteidigung bereits erstellten, derzeit aber noch zu bewertenden „Lösungs- konzepte“ gefunden (bitte die genauen Typen und Ausführun- gen angeben)? Der Generalinspekteur der Bundeswehr hat am 12 . Ja- nuar 2016 die Auswahlentscheidung im Projekt Medium Altitude Long Endurance Unmanned Aircraft System „Überbrückungslösung“ zugunsten des israelischen Pro- dukts Heron TP getroffen . Es wurden drei Lösungskonzepte erstellt . Das Lö- sungskonzept 1 beschreibt das israelische System He- ron 1, das Lösungskonzept 2 das amerikanische System Predator B – GUARDIAN EAGLE und das Lösungskon- zept 3 das ausgewählte israelische System Heron TP . Anlage 14 Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr . Ralf Brauksiepe auf die Frage der Abgeordneten Katrin Kunert (DIE LINKE) (Drucksache 18/7210, Frage 21): Welche Überlegungen und Maßnahmen verfolgt die Bun- desregierung im Hinblick auf die künftige Personal- und Kos- tenplanung sowie die Rekrutierungsstrategie der Bundeswehr angesichts der steigenden Zahl von Auslandseinsätzen? Das Bundesministerium der Verteidigung berechnet die zu planenden Personalausgaben auf der Grundlage des aktuell gültigen Personalstrukturmodells 185 und des Zielumfangs für das Zivilpersonal . Für die Auslandsein- sätze sind die Mandate des Deutschen Bundestages die Planungsgrundlage . Entwicklungen im sicherheitspolitischen Umfeld füh- ren zu neuen Herausforderungen und nachhaltig erhöhten Anforderungen an die Bundeswehr . Dies muss Eingang in die kontinuierliche Anpassung und Weiterentwicklung der Streitkräfte und zivilen Bereiche der Bundeswehr fin- den, um aktuelle Entwicklungen frühzeitig aufzugreifen und damit einen Beitrag zum kontinuierlichen Moderni- sierungsprozess der Neuausrichtung zu leisten . Überlegungen hierzu wird die Bundesregierung bei der Erarbeitung des Weißbuchs und bei der zukünftigen Haushaltsplanung berücksichtigen . Bezüglich der Rekrutierungsstrategie sieht die Bun- desregierung keine Veranlassung, das im August 2014 erlassene Konzept für die Personalgewinnung der Bun- deswehr zu verändern . Insgesamt hat sich die Bundeswehr erfolgreich am Ar- beitsmarkt positioniert . Mit der Agenda „Bundeswehr in Führung – Aktiv . Attraktiv . Anders .“ ist sie aus Sicht der Bundesregierung auch für die Zukunft gut aufgestellt . Anlage 15 Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Norbert Barthle auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/7210, Frage 24): Warum lehnt die Bundesregierung den Vorschlag der Euro- päischen Kommission, schon im Jahr 2016 erste Vorschläge zu präsentieren, die eine Grundlage für ein europäisches Mautsys- tem für Lkw und Pkw sein können, das die Erhebung von Stra- ßennutzungsgebühren für alle jene EU-Länder einheitlich re- gelt, die sich für Mautsysteme entschieden haben (Welt Online vom 6 . Januar 2016, „Brüssel plant einheitliches europäisches Mautsystem“, www .welt .de/wirtschaft/article150656095/Bru- essel-plant-einheitliches-europäisches-Mautsystem .html) ab („Von Deutschland werde es dafür keinerlei Unterstützung geben“, Welt Online vom 6 . Januar 2015, www .welt .de/wirt- schaft/article150686440/Verkehrsminister-attackiert-Maut- plaene-der-EU .html), und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus für die von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt vorgeschlagene nationale Pkw-Maut? Mit dem europarechtskonformen Gesetzen „Gesetz zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen“ und dem „Zweiten Verkehrsteu- eränderungsgesetz“ wird der Systemwechsel von der Steu- erfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur zur Nutzerfinan- zierung vollzogen, ohne dass es zu einer Doppelbelastung der inländischen Fahrzeughalter kommt . Die Bundesregierung lehnt ein europäisches Maut- system, das Mehrbelastungen für deutsche Kfz-Halter bringt, ab . Die Bundesregierung sieht keine Notwendig- http://www.welt.de/wirtschaft/article150656095/Bruessel-plant-einheitliches-europäisches-Mautsystem.html http://www.welt.de/wirtschaft/article150656095/Bruessel-plant-einheitliches-europäisches-Mautsystem.html http://www.welt.de/wirtschaft/article150686440/Verkehrsminister-attackiert-Mautplaene-der-EU.html http://www.welt.de/wirtschaft/article150686440/Verkehrsminister-attackiert-Mautplaene-der-EU.html http://www.welt.de/wirtschaft/article150686440/Verkehrsminister-attackiert-Mautplaene-der-EU.html Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 201614628 (A) (C) (B) (D) keit, anlässlich der Überlegungen der EU-Kommission Konsequenzen hinsichtlich der Einführung der Infra- strukturabgabe zu ziehen . Anlage 16 Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Norbert Barthle auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/7210, Frage 25): Wann ist mit dem Abschluss der Untersuchungen durch die von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt eingesetzte Untersuchungskommission im Abgasskandal zu rechnen (bitte den genauen Zeitpunkt angeben; sollte ein solcher nicht fest- stehen, bitte ich um die Benennung eines genauen Zeithori- zonts mit Datum, zu dem spätestens mit dem Abschluss der Untersuchungen zu rechnen ist), und welche Fristen und Ter- mine wurden der Untersuchungskommission für die Vorlage von Untersuchungsergebnissen gesetzt? Die Untersuchungen dauern noch an . Anlage 17 Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Norbert Barthle auf die Frage des Abgeordneten Stephan Kühn (Dres- den) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/7210, Frage 26): Wann wurden die Messungen zur Nachprüfung von Abgas- und Verbrauchswerten bei Dieselautos abgeschlossen, die Bun- desverkehrsminister Alexander Dobrindt nach Bekanntwerden der Abgasmanipulation der Volkswagen AG angeordnet hat, und mit welchen Automobilherstellern wurden anschließend Gespräche über die Untersuchungsergebnisse geführt? Die Messungen zur Überprüfung von auf dem deut- schen Markt befindlichen Dieselfahrzeugen hinsichtlich ihrer Abgasemissionen sind noch nicht abgeschlossen . Abschließende Gespräche über die Untersuchungsergeb- nisse werden daher noch nicht geführt . Anlage 18 Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Norbert Barthle auf die Frage des Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksa- che 18/7210, Frage 27): Bis wann plant die Bundesregierung die Rechtsverordnung zum Regionalisierungsgesetz zu erlassen, und welcher Vertei- lerschlüssel für die horizontale Verteilung der Regionalisie- rungsmittel soll dabei zur Anwendung kommen? Es ist das unveränderte Ziel der Bundesregierung, eine von den Ländern einvernehmlich getragene Lösung zu finden. Die von den Ländern bisher übermittelten Vor- schläge sind allerdings nicht konsensfähig . Vor diesem Hintergrund kann die Bundesregierung zum jetzigen Zeitpunkt noch keine belastbaren Aussagen darüber tref- fen, wann die Verordnung vorliegen wird und welcher Verteilerschlüssel zugrunde gelegt wird . Anlage 19 Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/7210, Frage 28): Wird die Bundesregierung eine Sachverständige oder einen Sachverständigen für die geplante internationale Experten- gruppe für die Bewertung der Rissbefunde im Kernkraftwerk Beznau entsenden (vergleiche Bericht der Bundesregierung, Ausschussdrucksache 18(16)320), oder hat sie zumindest ge- plant, dies bei der Schweizer Atomaufsicht ENSI (Eidgenössi- sches Nuklearsicherheitsinspektorat) anzumelden (wenn nein, bitte erläutern)? Die Bundesregierung wird keine Sachverständige oder keinen Sachverständigen in die geplante internationale Expertengruppe des Eidgenössischen Nuklearsicher- heitsinspektorats (ENSI) entsenden . Das Bundesmi- nisterium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktor- sicherheit hatte angeboten, einen deutschen Experten zu benennen . ENSI hat es sich jedoch vorbehalten, die Experten für diese Gruppe selbst auszuwählen . Die Mit- glieder der Expertenkommission wurden bereits auf der Internetseite des ENSI veröffentlicht . Anlage 20 Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Stefan Müller auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/7210, Frage 29): Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich des Abschlusstermins der Umweltverträglichkeitsprüfung des US-amerikanischen Departments of Energy im Zusammen- hang mit einem eventuell geplanten Export des Jülicher Atom- mülls aus dem AVR-Reaktor in die USA? Nach aktueller Auskunft der für eine Umsetzung der Anordnung zur Räumung des AVR-Behälterlagers ver- antwortlichen Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nu- klearanlagen mbH (JEN mbH, ab dem 1 . Januar 2016 als Rechtsnachfolgerin der Arbeitsgemeinschaft Versuchsre- aktor, AVR GmbH) ist ein positiver Abschluss der Um- weltverträglichkeitsprüfung betreffend eine Rückführung des uranhaltigen Kernbrennstoffs aus dem AVR-Reaktor in die USA für Februar 2016 zu erwarten . Bei ihrer Ein- schätzung stützt sich die JEN GmbH auf Informationen seitens des amerikanischen DOE . Anlage 21 Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die Frage des Abgeordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksa- che 18/7210, Frage 30): Inwiefern sind konkrete Verbesserungen in der Menschen- rechtslage in Eritrea für die Bundesregierung eine Bedingung für die in der Antwort auf die schriftliche Frage des Abge- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 2016 14629 (A) (C) (B) (D) ordneten Uwe Kekeritz auf Bundestagsdrucksache 18/7211 erwähnte „eventuelle Kooperation“ mit dem Land in der Ent- wicklungspolitik? Verbesserungen der Menschenrechtslage werden Be- standteil der entwicklungspolitischen Gespräche sein, die im Rahmen der in der Antwort auf die schriftliche Frage 12/193 von Uwe Kekeritz erwähnten einzurichten- den Arbeitsgruppe geführt werden . Verbesserungen der Menschenrechtslage sind zentral für eine künftige Zu- sammenarbeit mit Eritrea . Die Bundesregierung wird sich hier eng mit der EU und anderen Mitgliedstaaten abstimmen . Unser gemeinsames Ziel mit der EU ist es, die Men- schen vor Ort direkt zu unterstützen und ihre Lebenssi- tuation unmittelbar zu verbessern . Hierzu können bei- spielsweise berufliche Bildung und die Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten beitragen . Anlage 22 Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage des Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/7210, Frage 34): Wann wird die Bundesregierung die von ihr in Aussicht gestellte Analyse bezüglich Überlegungen der netzpoliti- schen Kompetenzbündelung innerhalb der Bundesregierung und der Gründung einer neuen „Digitalagentur“ vorlegen, und inwieweit werden die entsprechenden Empfehlungen der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ (siehe unter anderem den Siebten Zwischenbericht und die Handlungsempfehlungen der Projektgruppe „Demokratie und Staat” auf Bundestagsdrucksache 17/12290) hierbei berück- sichtigt? Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat zum einen in dem Papier „Impulse für die Digitali- sierung der deutschen Wirtschaft“ vom September 2015 sowie zum anderen in einem mit dem Bundesministeri- um der Justiz und für Verbraucherschutz am 7 . Oktober 2015 gemeinsam vorgelegten Maßnahmenprogramm „Mehr Sicherheit, Souveränität und Selbstbestimmung in der digitalen Wirtschaft“ darauf hingewiesen, die Bün- delung von Aufgaben im Zusammenhang mit der Digita- lisierung in einer Behörde zu prüfen . Wann diese Prüfung abgeschlossen sein wird, kann heute noch nicht gesagt werden . Eine hierzu erforderliche Meinungsbildung zwi- schen den Ressorts hat noch nicht stattgefunden . Es ist allgemein zu betonen, dass die Bundesregierung die Empfehlungen der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ berücksichtigt . Anlage 23 Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage der Abgeordneten Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/7210, Frage 35): Wird die Bundesregierung angesichts des Rekordes beim Stromexport im vergangenen Jahr (vergleiche beispielsweise AFP-Meldung „Studie: Anteil von Ökostrom klettert 2015 auf Rekordhoch – Deutschland exportiert so viel Strom wie nie zuvor“ vom 7 . Januar 2016) zusätzliche Maßnahmen ergrei- fen, um insbesondere die Stromerzeugung aus alten Braun- kohlekraftwerken zu drosseln und so den Ersatz von besonders klimabelastendem Braunkohlestrom durch Strom aus erneu- erbaren Energien schneller voranzutreiben, und, wenn nein, warum nicht? Laut Angaben der AG Energiebilanzen e . V . für das Jahr 2015 betrugen die Stromflüsse in das Ausland 83,1 Terawattstunden (TWh) und die Stromflüsse aus dem Ausland 33 TWh . Damit beläuft sich der deutsche Stromaustauschsaldo, das heißt die Differenz zwischen den physikalischen Stromflüssen aus dem Ausland und in das Ausland, auf -50,1 TWh (vgl . www .energie-bilanzen . de) . Durch die Liberalisierung der Strommärkte und der Weiterentwicklung des europäischen Strombinnenmark- tes nimmt der europäische Stromhandel grundsätzlich zu . Im Jahr 2015 hat die Einführung einer neuen, last- flussbasierten Methode zur Berechnung der verfügbaren Übertragungskapazitäten in der CWE-Region (Deutsch- land, Frankreich, Niederlande, Belgien, Luxemburg) eine effizientere Nutzung der Übertragungskapazitäten ermöglicht und den Stromhandel zusätzlich intensiviert . Zudem ist die Stromproduktion aus erneuerbaren Energi- en im Jahr 2015 weiter gestiegen (194,1 TWh gegenüber 162,5 TWh im Jahr 2014) . Die Bundesregierung hat ambitionierte Klimaziele für die Zeit bis 2050; die Treibhausgasemissionen sollen um 80 bis 95 Prozent gegenüber 1990 sinken . Die Bundesre- gierung bereitet derzeit einen nationalen Klimaschutzplan 2050 vor, im dem der Handlungsbedarf zum Erreichen des langfristigen Klimaschutzziels für die Zeit nach 2020 veran- kert werden soll . Zudem soll im Rahmen des Strommarkt- gesetzes eine Sicherheitsbereitschaft eingeführt werden . Durch die Überführung der Braunkohlekraftwerke in die Sicherheitsbereitschaft und deren anschließende Stilllegung werden Kohlendioxidemissionen in der Größenordnung von 11 bis 12,5 Millionen Tonnen im Jahr 2020 eingespart . Anlage 24 Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage der Abgeordneten Katrin Kunert (DIE LIN- KE) (Drucksache 18/7210, Frage 36): Wie viele deutsche Unternehmen mussten nach Kenntnis der Bundesregierung als Folge der von Deutschland unter- stützten EU-Sanktionen gegen Russland bislang Insolvenz anmelden oder befinden sich in wirtschaftlichen Schwierigkei- ten, und welche Wirtschaftsbranchen sind hiervon am stärks- ten betroffen? Der Bundesregierung liegen dazu keine Kenntnisse vor . Der Rückgang der deutschen Exporte nach Russland hat bereits vor den Sanktionsmaßnahmen eingesetzt und ist maßgeblich durch die Wirtschaftskrise in Russland bedingt . Die wirtschaftlichen Faktoren, die zur Entste- hung einer Insolvenzlage beitragen, werden im Übrigen nicht statistisch erhoben . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 201614630 (A) (C) (B) (D) Anlage 25 Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage der Abgeordneten Katharina Dröge (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/7210, Frage 37): Wann hat die Bundesregierung, wie von Staatssekretär Matthias Machnig am 7 . Oktober 2015 auf die schriftliche Frage 6 des Abgeordneten Klaus Ernst (Bundestagsdrucksa- che 18/6301) angekündigt, eine Stellungnahme gegenüber dem Europäischen Gerichtshof bezüglich der Frage, ob das geplante Abkommen zwischen der Europäischen Union und Singapur ein gemischtes Abkommen ist oder nicht, einge- reicht, und welche Positionen bzw . Rechtsauffassung hat die Bundesregierung in dieser Stellungnahme vertreten? Die Bundesregierung hat am 6 . Januar 2016 eine Stellungnahme beim Europäischen Gerichtshof in dem Gutachtenverfahren zum Freihandelsabkommen mit Singapur eingereicht . Darüber hat sie den Bundestag am 7 . Januar 2016 gemäß dem Gesetz über die Zusammen- arbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBBG) unterrichtet . In der ausführlichen Stellungnahme vertritt die Bun- desregierung die Auffassung, dass es sich bei dem geplan- ten Abkommen mit Singapur – anders als die Europäi- sche Kommission meint – um ein gemischtes Abkommen handelt . Denn es betrifft nicht nur Materien, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union fallen . Insbesondere sind nicht alle Regelungen von der Kompetenzgrundlage für die Handelspolitik (Artikel 207 AEUV) abgedeckt, wie die Europäische Kommission in ihrem Gutachtenantrag auch selbst eingeräumt hat . Die Bundesregierung ist der Überzeugung, dass auch unter Berücksichtigung weiterer Rechtsgrundlagen kei- ne ausschließliche Unionskompetenz für das Abkommen besteht . Dies gilt namentlich für die Regelungen des Investitionsschutzes bei Portfolio-Investitionen und für den im Abkommen vorgesehenen Investor-Staat-Streit- schlichtungsmechanismus . Auch in zahlreichen weiteren erfassten Politikfeldern bestehen mitgliedstaatliche Kom- petenzen fort . Dies gilt etwa für bestimmte Bereiche der Verkehrspolitik, des Niederlassungsrechts, des Schutzes geistigen Eigentums, des Umweltschutzes und der sozia- len Entwicklung sowie für horizontale Regelungen über das Verwaltungsverfahren und über Transparenz . Anlage 26 Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/7210, Frage 38): Für wie verbraucherfreundlich hält die Bundesregierung die geplante Änderung der Energieverbrauchskennzeichnung für Haushaltsgeräte von heute A+++ bis D auf künftig B bis G, und wieso hat sie sich bei den Beratungen der europäischen Energieminister über die künftige Kennzeichnung nicht für die Einführung einer dynamischen Kennzeichnung eingesetzt (Top-Runner-Ansatz) (vergleiche Stiftung Warentest, Heft 1/2016, Seite 66)? Die Bundesregierung ist überzeugt, dass mit dem Vor- schlag zur Neuskalierung zusammen mit der geplanten Einführung einer Produktdatenbank das Energielabel sei- nen bisherigen Erfolg in der Zukunft fortsetzen kann . Wir unterstützen den Vorschlag der Europäischen Kommis- sion und der luxemburgischen Präsidentschaft, von dem Label A+++ bis D auf das A- bis G-Label zu wechseln, da dieses von den Verbrauchern über 20 Jahre gelernt wurde und am besten verstanden wird . Dies haben Verbraucher- befragungen im Vorgriff auf die Novellierung eindeutig ergeben . Auch sind die Verbraucher beim A- bis G-Label am ehesten bereit, für energieeffizientere Produkte einen höheren Preis zu bezahlen . Die Reform ist darüber hi- naus so konzipiert, die Verunsicherung der Verbraucher infolge der Neuskalierung möglichst gering zu halten . Wenn es im Rahmen der weiteren Verhandlungen ge- lingt, bei sich dynamisch entwickelnden Produktgruppen die obersten beiden Klassen (A und B) zum Zeitpunkt der Neuskalierung freizuhalten, wird jedes Produktlabel cir- ca zehn Jahre Bestand haben, bevor es erneut neuskaliert werden muss . Dies ist eine angemessene Laufzeit . Anlage 27 Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/7210, Frage 39): Sind nach Kenntnis der Bundesregierung Pipelineplanun- gen bzw . -bauten in Kanada von den Abbaustätten der Teersan- de zu den Seehäfen im Osten des Landes im Gange mit dem Ziel, Teersandöl nach Europa zu exportieren, und wenn ja, mit welchen Schadensersatzforderungen rechnet die Bundesregie- rung gegen die EU oder Nationalstaaten für den Fall, dass nach Inkrafttreten des Freihandelsabkommens CETA Verschärfun- gen der Kraftstoffqualitätsrichtlinie beschlossen werden, die den Export von Teersandöl in die Europäische Union aus Kli- maschutzgründen de facto verhindern (vor dem Hintergrund der angekündigten 15 Milliarden-Dollar-Forderung eines ka- nadischen Unternehmens gegen die USA aufgrund der Absage des Baus der Keystone-Pipeline, www .focus .de)? Kanada exportiert circa drei Viertel seiner gesamten Ölförderung, und zwar fast ausschließlich in die USA . Da- bei ist es wegen fehlender Pipelines von den Ölprovinzen Alberta und Saskatchewan Richtung Atlantik gezwungen, mehr als ein Drittel seines Gesamtrohölbedarfes, und zwar für den Bedarf im an Ölvorkommenarmen Osten des Lan- des, aus den USA und aus Übersee zu importieren . Die geplante TransCanada Energy-East-Pipeline soll die För- dergebiete Albertas und Saskatchewans mit Raffinerien und einem Exportterminal in New Brunswick im Osten Kanadas verbinden und könnte dabei sowohl die Absatz- marktabhängigkeit von den USA wie auch die bestehende Ölimportabhängigkeit im Osten des Landes verringern helfen . Der Baubeginn der TransCanada Energy East ist laut Angaben des Betreibers für 2017 vorgesehen und wird wohl nicht vor Ende der Dekade abgeschlossen sein . Über den Stand des Projektes hat die Bundesregierung keine weitere Kenntnis, wie auch nicht beurteilt werden kann, ob und in welchem Umfang nach der Fertigstellung Öl- mengen zum Export in die Europäische Union oder nach Deutschland bereitgestellt werden . http://www.focus.de Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 148 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 13 . Januar 2016 14631 (A) (C) (B) (D) Die Investitionsschutzbestimmungen in CETA las- sen Schadensersatzforderungen kanadischer Investo- ren nur zu, wenn eine kanadische Investition innerhalb der EU durch staatliche Maßnahmen beeinträchtigt wird . Teersandölexporteure mit Sitz in Kanada könn- ten daher keine Investitionsschutzklagen erheben, wenn sie ihre Produkte nicht mehr in die EU expor- tieren dürfen oder weil durch ein Importverbot in der EU ihre Investitionen in Kanada nutzlos oder weniger profitabel geworden sind. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 148. Sitzung Inhaltsverzeichnis ZP 1 Vereinbarte Debatte zu den Ereignissen in Köln und anderen Großstädten in der Silvesternacht TOP 1 Datenaustauschverbesserungsgesetz TOP 2 Befragung der Bundesregierung TOP 3 Fragestunde ZP 2 Aktuelle Stunde zur Lage im Nahen und Mittleren Osten Anlagen Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15 Anlage 16 Anlage 17 Anlage 18 Anlage 19 Anlage 20 Anlage 21 Anlage 22 Anlage 23 Anlage 24 Anlage 25 Anlage 26 Anlage 27
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814800000

Die Sitzung ist eröffnet . Nehmen Sie einen Augen-

blick Platz .

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie alle
zu unserer ersten Sitzung nach der Weihnachtspause und
bekräftige alle guten Wünsche, die wir für das neue Jahr
untereinander ausgetauscht haben .

Nun muss ich Sie gleich zu Beginn unserer Sitzung
bitten, sich von Ihren Plätzen zu erheben .


(Die Anwesenden erheben sich)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und
Herren, verehrte Gäste, wenn wir heute Nachmittag im
Bundestag über die aktuelle Lage im Nahen und Mittle-
ren Osten debattieren, dann tun wir das unter dem Ein-
druck eines brutalen Selbstmordanschlags, bei dem ein
fanatischer Attentäter mindestens elf unschuldige Men-
schen in den Tod gerissen hat, darunter neun Deutsche,
die als Teil einer Reisegruppe den Nahen Osten, seine
Städte und seine Kultur kennenlernen wollten .

Wir trauern und fühlen mit den Angehörigen aller Op-
fer . Wir denken an die vielen zum Teil schwer Verletzten,
von denen einige um ihr Leben kämpfen . Wir vergewis-
sern den Menschen und den Behörden in der Türkei un-
sere Unterstützung bei der Aufklärung der Hintergründe
dieses feigen und brutalen Anschlags .

Am Bosporus begegnen sich seit jeher Kulturen und
Religionen . Das lebendige, weltoffene, bei Touristen aus
aller Welt beliebte Istanbul zum Angriffsziel zu wählen
und ein Attentat in unmittelbarer Nähe einer religiös wie
kunstgeschichtlich bedeutenden Moschee zu verüben,
folgt der Absicht, Angst in die Metropolen und Städte zu
tragen . Ihr werden wir uns nicht ausliefern – von wem
auch immer diese Gefahr und Absicht ausgeht .

Der Schmerz, den wir bei jeder terroristischen Atta-
cke aufs Neue empfinden, eint uns – auch über manche
Differenzen im Umgang mit großen Herausforderungen
hinweg, zu denen der weltweite Terrorismus gehört . Ja,
wir streiten in Europa über die richtigen Wege im Um-
gang mit der Bedrohung durch den Terrorismus und mit

den nicht zuletzt durch ihn ausgelösten Flüchtlingsbe-
wegungen . Wir debattieren darüber auch in Deutschland
kontrovers . Wir werden das auch und gerade hier im Par-
lament weiter tun – offen und ehrlich, sachlich und ver-
antwortungsbewusst .

Wir haben am Ende jeweils Entscheidungen zu tref-
fen, die nicht jeden zufriedenstellen können und werden .
Dass wir aber darüber streiten können, unterscheidet uns
von all den Fanatikern, die aus politischen Motiven oder
im falschen Namen Gottes ihre vermeintlichen Wahrhei-
ten anderen mordend aufzwingen wollen . Genau diese
Fähigkeit und Bereitschaft zeichnet uns aus . Es ist keine
Schwäche, sondern Ausdruck unseres Weges, mit den de-
mokratischen Mitteln einer freien, pluralen Gesellschaft
den uns aufgezwungenen Kampf für unsere Werte und
Überzeugungen entschlossen anzunehmen .

Sie haben sich als Zeichen der Trauer und des Res-
pekts für die Opfer und ihre Angehörigen von den Plät-
zen erhoben . Ich danke Ihnen .


(Die Anwesenden nehmen wieder Platz)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt die interfrak-
tionelle Vereinbarung, vor Tagesordnungspunkt 1 eine
Vereinbarte Debatte mit dem Titel „Konsequenzen aus
den Ereignissen von Köln und anderen Großstädten in
der Silvesternacht“ im Umfang von 60 Minuten aufzu-
rufen . Die Dauer der nach der Regierungsbefragung fol-
genden Fragestunde soll 90 Minuten betragen . Ich will
mich vergewissern, ob Sie mit dieser Vereinbarung ein-
verstanden sind . – Das ist offensichtlich der Fall . Dann
können wir so verfahren .

Ich rufe Zusatzpunkt 1 unserer Tagesordnung auf:

Vereinbarte Debatte

Konsequenzen aus den Ereignissen von Köln
und anderen Großstädten in der Silvester-
nacht

Wir haben uns gerade auf eine 60-minütige Debatte
verständigt, die ich hiermit eröffne .

Ich erteile das Wort zunächst dem Parlamentarischen
Staatssekretär Ole Schröder .






(A) (C)



(B) (D)


D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1814800100


Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolle-
ginnen und Kollegen! Ich will mit drei Blickwinkeln, die
alle etwas mit den Ereignissen in der Silvesternacht in
Köln zu tun haben, beginnen .

Ich beginne mit der Aussage einer angegriffenen Frau
in der Silvesternacht in Köln – ich zitiere –:

Wir liefen dann durch diese Männergruppe . Es tat
sich eine Gasse auf, durch die wir liefen . Plötzlich
spürte ich eine Hand an meinem Po, dann an meinen
Brüsten, schließlich wurde ich überall begrapscht .
Es war der Horror . Obwohl wir schrien und um uns
schlugen, hörten die Typen nicht auf . Ich war ver-
zweifelt und glaube, dass ich rund 100 Mal auf den
knapp 200 Metern angefasst wurde .

Meine Damen und Herren, die Politik und die Poli-
zeien des Bundes und der Länder müssen und werden
gemeinsam alles dafür tun, dass sich so etwas in unserem
Land nicht wiederholt .


(Beifall im ganzen Hause)


Es wird keine rechtsfreien Räume in unserem Land ge-
ben . Ich danke an dieser Stelle allen Polizeibeamtinnen
und Polizeibeamten, die sich in dieser Nacht in ihrem
Einsatz schützend vor die Frauen gestellt haben, auch
unter eigenem Opfer . Auch daran müssen wir denken .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ein zweiter Blickwinkel zeigt sich in den Gescheh-
nissen rund um die Facebook-Gruppe „Nett-Werk Köln“ .
Etwa eine Woche nachdem dort die ersten Informationen
zu den sexuellen Übergriffen vor dem Kölner Haupt-
bahnhof gepostet wurden, musste die Seite vorüberge-
hend geschlossen werden . Der Administrator schrieb
dazu am 7 . Januar auf der Seite – ich zitiere –:

Das Nettwerk ist derzeit nahezu ein Kriegsschau-
platz verbaler Gewalt, gegenseitiger Schuldzuwei-
sungen, Aufrufe zur Lynchjustiz, Beleidigungen,
Pöbel, Hetze und Rassismus .

Auch das ist ein Teil der Geschichte . Auch das ist ein
Teil der Konsequenzen, die wir gemeinsam ziehen müs-
sen: Niemand darf die furchtbaren Straftaten der Silves-
ternacht mit Hass und Rassismus beantworten .


(Beifall im ganzen Hause)


Den dritten Blickwinkel bilden die vielen Hundert-
tausend Flüchtlinge in unserem Land, die sich nichts zu-
schulden kommen lassen . In einem offenen Brief an die
Bundeskanzlerin schreiben einige Flüchtlinge aus Syrien
und Pakistan – ich zitiere –:

. . . sind wir entsetzt über das, was sich in der Sil-
vesternacht in Köln und anderen Städten zugetra-
gen hat . Wir verabscheuen die sexuellen Übergriffe
und Diebstahldelikte . . . und verurteilen sie auf das
Schärfste .

Die Straftaten in Köln und anderswo betreffen uns
alle, auch die Flüchtlinge, die sich anständig verhalten,
und das ist die große Mehrheit .

Meine Damen und Herren, die Ereignisse der Sil-
vesternacht haben vor allem unser Land als Ganzes ge-
troffen . Mich als Vater von zwei kleinen Töchtern ha-
ben – das bekenne ich ganz offen – diese Taten wütend
und fassungslos gemacht . Ich möchte nicht, dass meine
Töchter in einem Land aufwachsen, in dem sie sich auf
öffentlichen Plätzen nicht sicher fühlen .

Heute sprechen wir über die Konsequenzen, und jetzt
richte ich meinen Blick auf die Täter . Ihnen, den Tätern
der Silvesternacht, sagen wir heute Folgendes: Wenn Sie
nach Deutschland kommen, vielleicht auch, um Schutz
zu suchen, hier aber schwere Straftaten begehen, dann
haben Sie in unserem Land nichts zu suchen .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg . Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir haben nun die Aufgabe, die Täter schnell zu fin-
den, sie vor ein Gericht zu bringen und sie zu bestrafen .
Einige fordern, dass wir härtere Gesetze machen . Andere
fordern einen besseren Vollzug der bestehenden Gesetze .
Ich sage: Wir brauchen beides . Die Bevölkerung erwartet
von uns, dass wir schnell reagieren .

Gestern haben sich Bundesinnenminister de Maizière
und Bundesjustizminister Maas darauf verständigt, die
Ausweisung krimineller Ausländer zu erleichtern . Wir
wollen die Hürden für die Ausweisung ausländischer
Straftäter deutlich absenken . Das machen wir bei Strafta-
ten gegen das Leben, gegen die körperliche Unversehrt-
heit, gegen die sexuelle Selbstbestimmung, gegen Ei-
gentum und auch bei Angriffen auf Polizisten . Zukünftig
liegt ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse dann
vor, wenn ein Straftäter wegen dieser Delikte zu einer
Freiheitsstrafe verurteilt wurde, unabhängig davon, ob
diese Strafe zur Bewährung ausgesetzt ist . Ein besonders
schwerwiegendes Ausweisungsinteresse – das ist die
nächsthöhere Stufe – liegt zukünftig bei einer Verurtei-
lung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr
vor .

Asylsuchenden, die Straftaten begehen, werden wir
künftig konsequenter die rechtliche Anerkennung als
Flüchtling versagen . Bei der Frage, ab wann jemand
nicht mehr als Flüchtling anerkannt wird, haben wir uns
darauf verständigt, die Schwelle für die genannten Straf-
taten von drei Jahren Freiheitsstrafe auf ein Jahr Frei-
heitsstrafe zu senken .


(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das gilt doch schon seit dem 01 .01 .!)


Meine Damen und Herren, das ist eine harte Reaktion
des Staates gegenüber den Menschen, die zu uns kom-
men und meinen, hier Straftaten begehen zu können,
ohne dass das Auswirkungen auf ihre Anwesenheit in
Deutschland hätte . Der Rechtsstaat muss und wird seine
Bürger schützen . Schutz des Rechtsstaates heißt härte-
re Gesetze, wenn es nötig ist . Schutz des Rechtsstaates
heißt auch, dass wir Strafgesetze an neue Arten der Tat-
begehung anpassen müssen . Schutz des Rechtsstaates






(A) (C)



(B) (D)


bedeutet aber vor allem Vollzug unserer Gesetze . Für den
Bereich der Polizei heißt das mehr Personal und bessere
Ausrüstung . Wir haben in den Haushaltsverhandlungen
für dieses Jahr 3 000 zusätzliche Stellen für die Bundes-
polizei erhalten . Ich gehe davon aus, dass auch die Län-
der ihre Polizeien jetzt wieder verstärken werden .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Meine Damen und Herren, zu den Konsequenzen aus
der Silvesternacht gehört auch, dass wir nicht verschwei-
gen, aus welchen Ländern die Täter kamen, und darüber
reden, dass auch kulturelle Hintergründe bei den Taten
eine Rolle spielen . Die Silvesternacht macht deutlich,
wie schwer es ist, gerade junge, alleinstehende Männer
mit arabischer Herkunft hier in unserem Land zu inte-
grieren . Die Silvesternacht macht auch deutlich, dass
jede Integrationskraft einer Gesellschaft endlich ist .

Kein Generalverdacht, aber auch kein Verschweigen
oder Relativieren von Tatsachen, Integration der zu uns
kommenden Menschen, aber keine Toleranz gegenüber
Straftätern – das ist die Aufgabe, nicht nur in Köln, son-
dern überall in unserem Land .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814800200

Nächste Rednerin ist die Kollegin Katja Kipping für

die Fraktion Die Linke .


(Beifall bei der LINKEN)



Katja Kipping (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814800300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der

Silvesternacht waren viele Frauen sexualisierter Gewalt
ausgesetzt . Das, was auf dem Bahnhofsvorplatz in Köln
passierte, war ein übler männerbündischer Exzess . Es
ist ein Unding, dass die Polizei den Frauen nicht eher
helfen konnte . Ich möchte den betroffenen Frauen auch
ganz persönlich mein Mitgefühl aussprechen . Sexuelle
Belästigung ist keine Lappalie . Diese gilt es überall zu
bekämpfen .


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Straftaten müssen umfassend aufgeklärt werden . Die
Täter müssen nach den Regeln der Gesetze zur Rechen-
schaft gezogen werden . Da darf es weder einen Bonus
noch einen Malus für die Herkunft geben .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sexismus ist keine Importware aus dem Ausland, son-
dern leider fester Bestandteil unserer Gesellschaft . Die
Hälfte aller Frauen in Europa wurde schon sexuell beläs-
tigt, so die Agentur der Europäischen Union für Grund-
rechte . Laut Kriminalstatistik werden hierzulande jeden
Tag 20 Vergewaltigungen angezeigt . 25 Prozent der in
Deutschland lebenden Frauen haben bereits Gewalt durch
frühere oder aktuelle Partner erfahren, so eine Studie des

Familienministeriums. Ein großer Teil der Gewalt findet
also in den Familien statt . Es sind in der Regel eben nicht
die Fremden, sondern die Männer, die den Frauen ver-
meintlich nahestehen, die an ihnen Gewalt verüben . Nun
mag diese alltägliche häusliche Gewalt nicht so spekta-
kulär sein wie die öffentliche in Köln, aber aus Sicht der
Betroffenen ist sie gleichermaßen belastend . Deswegen
meine ich: Wir müssen sexualisierte Gewalt auch dann
thematisieren und bekämpfen, wenn die Täter nicht die
vermeintlich Fremden sind .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn Sie, Herr Schröder, von einer Integrationspflicht
reden, so finde ich, dass sie für alle Gewalttäter gelten
muss .


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Auch die der Linken!)


Auch die deutschen gewalttätigen Partner müssen offen-
sichtlich integriert werden .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Denn Sexismus ist wahrlich nicht das Alleinstellungs-
merkmal einer Religion oder einer bestimmten Kultur .
Die Unterdrückung von Frauen ist fester Bestandteil aller
Kulturen, auch der westlichen . Hierzulande mussten die
Frauenrechte doch hart erkämpft werden, und zwar von
der Frauenbewegung . Sie hat diese oft gegen den erbitter-
ten Widerstand des politischen Establishments erkämpft .
Erinnert sei nur daran, dass noch 1997 große Teile der
Union dagegen waren, die Straffreiheit bei Vergewalti-
gung in der Ehe aufzuheben – als ob ein Trauschein eine
Vergewaltigung weniger schlimm machen würde .

Es ist schon erstaunlich, wer alles angesichts musli-
mischer Geflüchteter nun auf einmal zur Instantfeminis-
tin wird . Viele, die nun angeblich im Sinne des Schut-
zes der Frauen vor sexualisierter Gewalt in „Ausländer
raus“-Rhetorik verfallen, waren bis vor kurzem noch
dafür, das Geld für Frauenschutzhäuser zu streichen .
Insofern wird man den Eindruck nicht los, dass in der
Debatte Frauenanliegen instrumentalisiert werden . Viele
Feministinnen sagen deshalb zum Beispiel in dem Aufruf
#ausnahmslos: Wir lassen uns nicht für rassistische Hetze
missbrauchen .


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Auffällig an den Debatten nach Köln ist auch Fol-
gendes: Bei fast allen lautet die Fragestellung: Wie kön-
nen wir Ausländer schneller und effizienter abschieben?
Wem es wirklich um die Frauen geht, der müsste die Fra-
ge doch anders stellen: Wie können wir Frauen, Kinder
und Männer generell besser vor sexualisierter Gewalt
schützen?


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg . Ulli Nissen [SPD])


Parl. Staatssekretär Dr. Ole Schröder






(A) (C)



(B) (D)


Ich möchte dazu drei konkrete Maßnahmen vorschla-
gen:

Erstens, gesetzliche Schutzlücken schließen . Es gibt
in der Tat eine Schutzlücke für Opfer sexueller Gewalt .
So kommt es nur bei jeder zehnten angezeigten Verge-
waltigung überhaupt zu einer Verurteilung . Das heißt,
neun von zehn Frauen, die den Mut aufbringen, eine Ver-
gewaltigung anzuzeigen, müssen erleben, dass der Täter
straffrei davonkommt . Insofern gibt es aus gutem Grund
schon viel länger eine Debatte dahin gehend, dass das
Sexualstrafrecht überarbeitet werden muss, gemäß dem
Motto: Nein heißt nein! Hier gibt es Regelungsbedarf,
um Opfern von sexualisierter Gewalt tatsächlich zu hel-
fen . Also schließen Sie endlich diese Schutzlücke, anstatt
Geflüchtete unter Generalverdacht zu stellen!


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens . In den vergangenen Tagen haben Politiker
verschiedener Couleur immer wieder unterstrichen, wie
wichtig der Schutz von Frauen vor sexueller Gewalt ist .
Hier werden wir Sie beim Wort nehmen, wenn es um die
Finanzierung der Frauenschutzhäuser geht .


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Drittens . Dass die Situation vor Ort so eskalieren
konnte, liegt womöglich auch an einer fehlenden Sensi-
bilität der Polizei für die Straftat sexuelle Belästigung .


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Gegenruf der Abg . Karin Binder [DIE LINKE]: Das ist aber so!)


Um so etwas in Zukunft zu vermeiden, bedarf es, wie ich
finde, noch einmal einer Schulungsoffensive, einer Bera-
tung, wie man bei Polizei und Justiz mit dieser heiklen
Situation umgeht . Unterhalten Sie sich doch einmal mit
Frauen, die eine Vergewaltigung angezeigt haben . Diese
Frauen hatten nicht immer das Gefühl, dass sie bei Po-
lizei und Justiz mit ihrer spezifischen Problemlage gut
aufgehoben waren .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


An den Reaktionen auf die Straftaten in Köln wird
noch etwas anderes deutlich: ein zunehmend aggressiver,
ja pogromartiger Rassismus . Straftaten einer üblen Män-
nergruppe werden missbraucht, um Stimmung gegen alle
Nichtdeutschen zu machen,


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist ja unglaublich! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


und während dieser Stimmungsmache explodiert die ras-
sistische Gewalt . Wissen Sie, was mich wirklich scho-
ckiert? Das ist die Hierarchie der Empörung, die sich hier
breitmacht . Vergegenwärtigen wir uns doch noch einmal
das Maß der Aufregung und der Berichterstattung, wenn
nichtdeutsche Täter auf üble Art und Weise Frauen an-
greifen, und vergleichen wir das mit der deutlich gerin-
geren Aufregung, wenn sich deutsche Rassisten zu einer

Menschenjagd verabreden, wenn ein tunesisches Mäd-
chen krankenhausreif geschlagen wird . Sollte uns nicht
jedes Opfer gleichermaßen umtreiben und belasten?


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben ein Problem in dieser Gesellschaft – das
wurde auch in den Debatten über Köln deutlich –: Wir
haben eine Zunahme an Rassismus und rassistischer Ge-
walt; im Zusammenspiel von Hooligans, Neonazis in
Nadelstreifen und Rechtspopulisten der Straße nimmt die
rassistische Gewalt in diesem Land zu .


(Zuruf des Abg . Charles M . Huber [CDU/ CSU])


Sie kennen die Zahlen auch . Diese Gewalt strahlt bis weit
in die Mitte der Gesellschaft .

Ich finde es unverantwortlich, wenn Politik und Me-
dien diesen Rassismus auch noch befeuern . Sexuelle
Gewalt und Kriminalität gilt es zu bekämpfen . Aber wer
diesen Kampf kulturalistisch auflädt, wer den Eindruck
erweckt, dies sei das spezielle Problem einer bestimmten
Kultur oder einer bestimmten Religion, der macht sich
am Ende des Tages zum Helfershelfer der AfD und von
Pegida .


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg . Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wenn diese Regierung eine Pegida-Forderung nach
der anderen in Gesetzesform gießt,


(Widerspruch bei der CDU/CSU und der SPD)


dann leistet sie damit eine Aufbauhilfe für AfD und
Pegida .


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Jetzt hört es aber auf!)


Schauen Sie sich doch einmal den Forderungskatalog an,
den Pegida vor einem Jahr erstellt hat! Die Hälfte der
Punkte ist bereits ganz oder teilweise umgesetzt .


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Eine Unverschämtheit!)


Wer glaubt, AfD und Pegida zu schwächen, indem man
ihnen nach dem Mund redet, der irrt gewaltig . Ganz im
Gegenteil: Man stärkt sie damit .


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Im Kampf gegen Rassismus und Sexismus war und ist
Opportunismus kein guter Ratgeber . Die Ängste ernst zu
nehmen, darf nicht heißen, selber rassistisch zu werden .
Es geht darum, die Ängste zu nehmen . Wer die Ängs-
te, auf denen Rassismus gedeiht, nehmen will, der muss
kräftig in die Bereiche Soziales und Bildung investie-
ren, der muss alle sanktionsfrei vor Armut schützen, der
muss bezahlbaren Wohnraum für alle sicherstellen, und
der muss verbindlich Sozial- und Rentenkürzungen aus-

Katja Kipping






(A) (C)



(B) (D)


schließen . So trocknet man den Nährboden aus, auf dem
Rassismus gedeiht .

Vielen Dank .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814800400

Das Wort erhält nun der Bundesminister der Justiz,

Heiko Maas .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Ver-
braucherschutz:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-
ren! Mit Blick auf die Ereignisse in der Silvesternacht in
Köln will ich Folgendes feststellen:

Erstens . Niemand darf sich in Deutschland über Recht
und Gesetz stellen, und zwar völlig unabhängig davon,
welchen Pass er hat oder ob er überhaupt einen Pass hat .

Zweitens . Für sexuelle Übergriffe auf Frauen gibt es
keine Rechtfertigung und auch keine Entschuldigung .
Auch ein möglicher kultureller Hintergrund entschuldigt
nichts . Ganz im Gegenteil: Er ist noch nicht einmal als
Erklärung akzeptabel .


(Beifall im ganzen Hause)


Drittens . Kriminelle müssen für ihre Taten konsequent
zur Rechenschaft gezogen werden . Bei kriminellen Aus-
ländern ist auch die Ausweisung eine solche Konsequenz .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ausländer, die sich in Deutschland strafbar machen,
werden wir nach Umsetzung der Vorschläge, die Herr de
Maizière und ich gestern unterbreitet haben, in Zukunft
schneller ausweisen können . Sie werden auch schneller
ihre Anerkennung als Flüchtling verlieren können . Die
Änderungen im Ausweisungsrecht, die wir vorgeschla-
gen haben, sind nach meiner festen Überzeugung nicht
nur angemessen, sondern sie sind auch notwendig .

Wir befinden uns zurzeit in einer kritischen Phase, in
der sich viele Bürgerinnen und Bürger Sorgen um die
Handlungsfähigkeit des Staates machen . Das dürfen wir
nicht zulassen .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das gilt im Übrigen auch für diejenigen, die sich in den
letzten Wochen und Monaten sehr engagiert für Flücht-
linge eingesetzt haben . Ja, das gilt auch für Flüchtlinge .
Ich habe mit Flüchtlingen gesprochen, die mir gesagt ha-
ben: Sorgen Sie dafür, dass diese Menschen hart bestraft
werden, und schicken Sie sie dann weg . Denn wir wollen
wegen diesen Kriminellen nicht in Verruf geraten .

Es kommt auf zwei Dinge an: Ja, Recht ist nur so viel
wert, wie es durchgesetzt wird . Wir müssen – unabhän-
gig von den Abläufen in der Silvesternacht – die Behör-

den mit ausreichend Personal ausstatten, damit sie das
Recht auch durchsetzen können .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Darüber wird überall in den Ländern längst diskutiert .
Auch die Bundesregierung hat bereits gehandelt . Nicht
umsonst haben wir 3 000 zusätzliche Stellen für Bundes-
polizisten im Haushalt ausgewiesen .

Wenn notwendig, müssen wir auch Gesetze ändern .
Wenn wir die Gesetze, wenn es notwendig ist, schnell
ändern, hat das nichts mit einem Schnellschuss zu tun .
Wir sind der Auffassung, dass für eine besondere Täter-
gruppe – wir machen das nicht pauschal für alle, sondern
für diejenigen, die vorsätzlich Straftaten gegen Leib und
Leben, gegen die körperliche Unversehrtheit, gegen die
sexuelle Selbstbestimmung, gegen Vollstreckungsbeam-
te begehen, und auch für Serientäter bei Eigentumsde-
likten – die Voraussetzungen abgesenkt werden sollten,
um sie ausweisen zu können . Das wird dazu führen, dass
es mehr Ausweisungen gibt . Das wird auch dazu füh-
ren, dass es in Zukunft mehr Abschiebungen gibt . Das
sind wir nicht nur den Opfern der Silvesternacht in Köln
schuldig, sondern das dient auch dem Schutz zukünftiger
Opfer . Im Übrigen schützen wir damit Hunderttausende
unbescholtene Flüchtlinge in unserem Land, die es nicht
verdient haben, mit Kriminellen in einen Topf geworfen
zu werden .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir ändern das Recht auch an einer anderen Stelle . Ja,
es gibt im Gesetz Schutzlücken bei der sexuellen Nöti-
gung und auch bei der Vergewaltigung . Deshalb hat die
Bundesregierung schon im Dezember des letzten Jahres
einen Gesetzentwurf in die Länder- und Verbändean-
hörung eingebracht, mit dem wir diese Schutzlücken
schließen wollen . Es ist bedauerlicherweise nun einmal
so, dass die Rechtsprechung in der Vergangenheit nicht
wegen Vergewaltigung verurteilen konnte, wenn sich ein
Opfer nicht ausreichend zur Wehr gesetzt hat . Wir wis-
sen aber, dass es Fälle gibt, in denen es dem Opfer durch
ein Überraschungsmoment gar nicht möglich ist, sich zu
wehren . Der Kölner Fall ist ein solcher Fall . Wenn viele
Männer um Frauen herumstehen und die Frau gar nicht
weiß, von wem sie angefasst wird, ist das nichts anderes
als ein Überraschungsmoment . Die hier im Gesetz beste-
hende Schutzlücke schließen wir .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir schließen auch eine andere Lücke . Wenn Frauen
auf Widerstand verzichten, weil sie sich ansonsten noch
größerer Gewaltanwendung ausgesetzt sehen, dann hat
auch das in der Vergangenheit dazu geführt, dass nicht
bestraft werden konnte, zumindest nicht im Rahmen des-
sen, was nach § 177 Strafgesetzbuch möglich ist . Auch
diese Schutzlücke schließen wir . Das heißt, wir werden –
das ist ein Thema, mit dem wir uns schon länger beschäf-
tigen – mit dem Gesetzentwurf, den die Bundesregierung
auf den Weg gebracht hat, Frauen ganz massiv besser vor

Katja Kipping






(A) (C)



(B) (D)


sexueller Gewalt schützen . Es ist bitter notwendig, dass
wir das jetzt zügig umsetzen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, ich möchte aber noch et-
was anderes feststellen: Ja, es stimmt, dass viele Täter
in Köln Migranten waren . Aber das Triumphgeheul der
Populisten und der Rassisten sowie die pauschale Hetze
gegen Flüchtlinge, die danach eingesetzt hat, sind wider-
lich .


(Beifall im ganzen Hause)


Die Krawalle von rechtsradikalen Hooligans am Montag
in Leipzig sind genauso empörend wie die Vorfälle in
Köln; auch diese verdienen eine Antwort .


(Beifall im ganzen Hause)


Meine Damen und Herren, wir werden unsere Hilfe
für Millionen Flüchtlinge in Not nicht dadurch infrage
stellen lassen, dass einige Hundert von ihnen kriminell
sind . Eines sollten wir auf jeden Fall deutlich sagen: Wir
werden es nicht zulassen, dass Kriminelle den gesell-
schaftlichen Frieden in unserem Land dauerhaft kaputt-
machen, und zwar ganz gleich, ob es straffällige Auslän-
der oder deutsche Rechtsradikale sind .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814800500

Katrin Göring-Eckardt ist die nächste Rednerin für die

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und liebe Kolle-
gen! Wir haben Tag 13 nach Köln, und immer noch gibt
es neue Informationen . Eben hat der Innenausschuss
getagt . Wir sind bei der Aufklärung ein Stück weiter .
Dennoch: Es gibt noch vieles zu klären . Jeder, dem die
Flüchtlinge besonders am Herzen liegen – das sage ich
auch ganz persönlich –, will lückenlos wissen, was da
passiert ist, wer es war und wie die Sicherheit von Frauen
im öffentlichen Raum geschützt werden kann .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


Jede Frau muss sich frei und ohne Angst in der Öffent-
lichkeit bewegen können . Das zu garantieren, ist Aufga-
be des Staates . Wenn der Staat hier versagt, dann macht
das Angst .

Sexuelle Übergriffe im öffentlichen Raum sind kein
neues Problem . Sie waren schon ein Problem, bevor
Flüchtlinge kamen . Aber neu ist diese Erscheinungs-
form, die wir bisher nur aus patriarchal geprägten Gesell-
schaften wie Indien oder Marokko kannten . Wir haben
sie jetzt hier . Das macht Frauen zusätzlich Angst – nicht

mehr und nicht weniger als bei anderen Straftaten, aber
eben zusätzlich .

Frauen, die überrumpelt wurden, deren Arglosigkeit
für sexuelle Übergriffe ausgenutzt wurde, waren schon
immer schutzlos . Frauen sind bei Übergriffen in vielen
Fällen bislang rechtlos . Deswegen, Herr Maas, hatte
meine Fraktion schon im letzten Sommer vorgeschla-
gen, diese Lücke zu schließen . Sie haben damals gesagt,
man könne erst einmal alles beim Alten belassen . Die ge-
samte Bundesregierung hat diese Gesetzesänderung ver-
schleppt . Das Nein einer Frau muss ein Nein sein, meine
Damen und Herren . Sie hätten dieses Gesetz schon haben
können . Ihr Versäumnis baden jetzt womöglich auch die
Opfer von Köln aus, weil die Täter nicht bestraft werden
können; auch das gehört zur Wahrheit .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es gehört sich in einem zivilisierten Land, dass man
einen Täter einen Täter und einen Flüchtling einen
Flüchtling nennt .


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Nicht aber gehört es sich – das sage ich all denjenigen,
die diese Debatte missbrauchen –, dass, wenn ein Täter –
oder seien es auch 10, 20 oder 100 – ein Flüchtling war,
alle Flüchtlinge zu potenziellen Tätern gemacht werden,
meine Damen und Herren .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Michaela Noll [CDU/ CSU]: Das macht kein Mensch! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das macht doch niemand!)


Denn genau das unterscheidet einen Rechtsstaat, eine de-
mokratische und offene Gesellschaft von allen anderen .
Deshalb braucht es Aufklärung . Es braucht aber keine
aufgeregte Debatte und keine Schnellschüsse .

Dass Sie schon vor dem Abschluss der Sachverhalts-
aufklärung einen fertigen Gesetzentwurf haben, meine
Damen und Herren von der Großen Koalition, ist keine
Antwort auf das, was in Köln passiert ist . Was fehlte denn
in der Silvesternacht in Köln, und was fehlte anderswo?
Herr Schröder, Sie haben das hier sehr deutlich gesagt .

Die Handlungsfähigkeit ist aber noch längst nicht
hergestellt . Es fehlt schlicht und ergreifend an genügend
Polizei .


(Beifall des Abg . Matthias W . Birkwald [DIE LINKE])


Es waren dort nicht genügend Polizistinnen und Polizis-
ten, die die widerwärtigen Taten hätten verhindern kön-
nen .


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Wer regiert denn in Nordrhein-Westfalen?)


Es waren nicht genügend Einsatzkräfte vor Ort, die die
Personalien der Täter hätten aufnehmen können .


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Wer ist denn verantwortlich für den Polizeipräsidenten? – Bundesminister Heiko Maas Gegenruf des Abg . Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Gut zuhören!)





(A) (C)


(B) (D)


Angeblich war sogar nur eine einzige Polizistin auf dem
Revier, um dort Anzeigen aufzunehmen .

Weil Sie fragen, wer in Nordrhein-Westfalen verant-
wortlich war – ich weiß nicht, ob es Herr Scheuer oder
wer auch immer war –, will ich Ihnen eines sagen: Wer
hat denn die meisten Polizeikräfte eingestellt? Das wa-
ren die rot-grünen Landesregierungen . Vorher wurde dies
versäumt . Das kann man leider nicht von einem Tag auf
den anderen machen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich rufe Sie zu einer sachlichen Debatte


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)


und dazu auf, einen klaren Kopf zu bewahren . Herr Maas
und Herr de Maizière haben gestern gesagt: Das Ent-
scheidende ist und bleibt die Integration .

Ihre Antwort auf diese Taten sind jetzt neue Gesetze,
um Abschiebungen zu beschleunigen. Ja, ich finde, dass
bei Straftaten auch ausländerrechtliche Konsequenzen zu
ziehen sind . Vor 14 Tagen haben Sie ein neues Gesetz in
Kraft gesetzt, das eine solche Verschärfung vorsieht . Tun
Sie aber bitte nicht so, als wäre das die zentrale Antwort .
Wohin wollen Sie denn die Flüchtlinge abschieben?
Nach Syrien, nach Madaja oder Rakka? Sie wissen, dass
das nicht geht . Es gibt eben Probleme, die sich nicht ganz
schnell mit dem Bundesgesetzblatt erschlagen lassen .

Ja, es geht um Integration . Dazu gehört, dass alle, die
hier leben, Frauen mit Respekt behandeln und akzeptie-
ren müssen, dass ein Nein ein Nein ist und dass es daran
nichts zu deuten gibt .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der Schlüssel ist Integration .

Schauen wir uns jetzt doch bitte einmal die Marok-
kaner an, die hierhergekommen sind und deren Asylver-
fahren zwei Jahre dauern . Was machen sie eigentlich in
dieser Zeit? Absolvieren sie einen Integrationskurs und
lernen Deutsch? Lernen sie etwas über das Frauenbild
in unserem Land? Nein, denn einen Integrationskurs be-
kommen sie nicht genehmigt, weil ihre Anerkennungs-
quote nur bei 2 Prozent liegt .


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Sicheres Herkunftsland!)


Arbeiten können sie auch nicht, weil ihnen das verwehrt
wird . Nein, das ist keine Entschuldigung für irgendeine
Straftat und auch keine Relativierung, aber das gehört zur
Wahrheit dazu. Und ich finde, auch diese Wahrheit soll-
ten Sie nicht verschweigen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Schauen wir bitte einmal in ein anderes Land, in
dem ähnliche Taten geplant gewesen sind, nämlich nach
Finnland . In Helsinki haben Integrationsbehörden sehr

frühzeitig darauf hingewiesen, dass es zu solchen Taten
kommen kann . Deswegen hat die Polizei dort sehr früh-
zeitig dafür gesorgt, dass dies nicht geschehen ist . Wenn
wir uns Helsinki und Köln anschauen, dann wissen wir,
woran es hier mangelt . Es mangelt an Integrationszent-
ren . Die Kräfte vor Ort müssen gebündelt werden, und
die Leute müssen wissen, was geschehen kann . Dadurch
könnten solche Taten verhindert werden .

Die Integration wird der Schlüssel sein . Die Probleme
müssen sehr frühzeitig erkannt und benannt werden, um
dann auch handeln zu können und es nicht dem Zufall zu
überlassen .

Deutschland ist eine wehrhafte Demokratie und hat
eines der besten Rechtssysteme der Welt . Wir sehen
aber mit zunehmender Sorge, dass sich junge Männer
verabreden, um, wie es heißt, „big party“ zu machen .
Wie furchtbar und widerlich ist es, wenn dazu sexuelle
Übergriffe gehören . Dem müssen wir uns entgegenstel-
len – auch mit Ausweisungen, die unsere Gesetze bereits
ermöglichen .

Deutschland hat eine wehrhafte Demokratie . Wir se-
hen aber mit Sorge, dass 250 Neonazis in Leipzig-Con-
newitz gewalttätige Krawalle organisieren, Autos zerdep-
pern, Häuser anzünden und Schaufenster einschmeißen .
Auch darauf muss der Rechtsstaat mit Konsequenzen
reagieren .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


Wir haben eine wehrhafte Demokratie . Wenn Rocker
und Türsteher in Köln auf Ausländerjagd gehen und ver-
suchen, Selbstjustiz zu üben, dann ist klar: Das muss Kon-
sequenzen haben . Wir haben eine wehrhafte Demokratie,
und die Anschläge auf Asylbewerberheime reißen nicht
ab . Wir haben eine wehrhafte Demokratie, und mehrere
Hundert rechtsradikale Täter sind in Deutschland – wie
uns die Bundesregierung gerade auf eine Anfrage hin ge-
sagt hat – nach wie vor auf freiem Fuß . Wir haben eine
wehrhafte Demokratie, und wir sehen und erleben eine
völlig enthemmte Hetze und Androhung von Gewalt im
Netz, meine Damen und Herren .

All das zu sehen, gehört dazu, wenn wir wollen, dass
unser Staat wehrhaft und stark ist . Auch deswegen soll-
ten wir eine klare und sachliche Debatte mit kühlem
Kopf führen . Und wenn es irgendetwas gibt, was mich an
Köln zusätzlich ärgert, dann das, dass die rechten Hetzer
jetzt neue Munition haben, meine Damen und Herren . Es
kommt darauf an, dass wir klarmachen: Unser Staat ist
handlungsfähig, und wir lassen das nicht zu .

Deswegen bitte ich Sie sehr herzlich: Sorgen Sie da-
für, dass es mehr Einsatzkräfte bei der Polizei gibt .


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das müsst ihr machen! Ihr seid dort doch an der Regierung! – Max Straubinger [CDU/CSU]: Das gehört zur Landespolizei!)


Sorgen Sie dafür, dass niemand den Rassisten noch zu-
sätzliche Munition gibt, meine Damen und Herren, und

Katrin Göring-Eckardt






(A) (C)



(B) (D)


tun wir es erst recht nicht, indem wir Flüchtlinge vorver-
urteilen oder insgesamt beurteilen .

Vielen Dank .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814800600

Thomas Strobl ist der nächste Redner für die CDU/

CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1814800700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-

ren! Die Silvesternacht beinhaltet einige bittere Wahrhei-
ten . Eine der bitteren Wahrheiten ist, dass sich die Ereig-
nisse mitten im Herzen einer Großstadt ereignet haben .
Es gab sie aber im Übrigen nicht nur in Köln . Auch in
Stuttgart, Frankfurt und Hamburg gab es ähnliche Ereig-
nisse .

Ich mache mir schon Sorgen über Verrohungstenden-
zen und mangelnden Respekt, über eine Brutalisierung in
der Sprache und in den Netzwerken und auch auf unseren
Straßen . Das ist ein gesellschaftliches Problem . Wir soll-
ten darüber eine Wertediskussion führen – nicht nur in
Nordrhein-Westfalen, sondern in ganz Deutschland .

Es hat mich beeindruckt, dass gestern ein junger
Mann, der offensichtlich aus einer Moschee kam und
der, auf der Straße vom Fernsehen befragt, was er zu
Köln meine, drei Worte sagte: Ich schäme mich . – Auch
ich schäme mich, wenn ich so manches in den sozialen
Netzwerken lese . Ich schäme mich, wenn Deutsche auf
Demonstrationen einen Galgen oder eine Guillotine vor
sich hertragen . Das ist nicht unser Deutschland, das ist
Vergangenheit und nicht Deutschland im Jahre 2016!


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zu dieser Wertediskussion gehört auch, dass es bei uns
Regeln und Gesetze gibt, an die sich alle halten müssen –
egal woher man kommt . Und es gehört auch dazu, dass
wir die Kraft in diesem Land entwickeln, unsere Rechts-
vorschriften von Anfang an konsequent durchzusetzen .

Die Kölner Domplatte ist doch nicht erst seit dem
31 . Dezember letzten Jahres ein Problem, sondern die
Zustände dort sind schon seit Monaten und Jahren be-
kannt . Hier in dieser Stadt, in der wir gerade die Diskus-
sion führen, gibt es seit Jahren Verhältnisse, die nicht in
Ordnung sind . Lassen Sie uns Köln auch als einen Weck-
ruf ansehen . Es darf in Deutschland keine No-go-Areas
geben . Es darf in Deutschland keine rechtsfreien Räume
geben . Es ist jetzt allerhöchste Zeit, dass wir die Miss-
stände überall beseitigen, damit sich Frauen und Männer
in Deutschland Tag und Nacht überall frei bewegen kön-
nen . Dazu müssen wir handeln .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Unsere Polizei: Ja, wir tun etwas für unsere Bundes-
polizei . Es gibt mehr Mittel, mehr Personal und mehr
Möglichkeiten . In diesem Haushalt haben wir 3 000 zu-
sätzliche Stellen für unsere Bundespolizei geschaffen .
Das darf ein Vorbild auch für die Landespolizeien sein .

Rasches Handeln ist gefordert, wenn wir erkennen,
dass wir eine Verschärfung unserer Gesetze brauchen .


(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hätten wir schon haben können!)


Ich bin dem Bundesjustizminister und dem Bundesin-
nenminister außerordentlich dankbar, dass wir uns in so
kurzer Zeit verständigen konnten . Diese Koalition redet
nicht nur, sondern sie handelt .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Das gilt für das Thema Ausweisung von straffälligen
Ausländern und von Asylbewerbern . Es ist unerklärlich,
wie man vor Gewalt, Vergewaltigung, Folter und Krieg
flüchtet, um hier dann Ähnliches zu tun. Es ist richtig,
solche Menschen aus dem Asylverfahren herauszuneh-
men . Selbstverständlich gibt es in Deutschland für das
„Antanzen“ – was für ein verharmlosender Begriff! – und
das hundertfache Begrapschen von Frauen die rote Karte .
Deswegen werden wir die Gesetze entsprechend ändern .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg . Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Mit Blick auf den Bericht des Bundespolizeipräsiden-
ten heute Morgen im Innenausschuss möchte ich einen
Punkt erwähnen, der hier noch nicht angesprochen wor-
den ist . Die Polizistinnen und Polizisten, die in dieser
Nacht ihren Kopf hingehalten haben, hatten keinen ein-
fachen Job . An dem Verhalten der Bundespolizei gibt es
jedenfalls nichts zu kritisieren . Ich danke allen Polizistin-
nen und Polizisten für ihre Arbeit vor Ort in dieser Nacht .
Sie verdienen unseren Respekt und unsere Dankbarkeit .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ob Lageeinschätzung und Einsatzleitung der Landes-
polizei in Ordnung waren, ist nicht mein Thema . Das
mag der Landtag von Nordrhein-Westfalen untersuchen,
und das wird er tun . Nicht den Polizistinnen und Poli-
zisten in der Silvesternacht ist ein Vorwurf zu machen .
Aber, meine Damen und Herren, dem Polizisten, der am
1 . Januar in der warmen Amtsstube eine Pressemitteilung
geschrieben hat, in der von einem friedlichen Abend und
einer entspannten Einsatzlage die Rede war, ist wohl ein
Vorwurf zu machen .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814800800

Herr Kollege, achten Sie bitte auf Ihre Redezeit .


Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1814800900

Ich komme sofort zum Ende, Herr Präsident . – Diese

Pressemitteilung ist nicht am 1 . Januar korrigiert wor-
den, auch nicht am 2 . oder am 3 . Januar, sondern diese
Meldung ist tagelang im Raum stehen geblieben . Dieser

Katrin Göring-Eckardt






(A) (C)



(B) (D)


Versuch des Vertuschens und des Täuschens der Öffent-
lichkeit hat die Glaubwürdigkeit der staatlichen Organe
und der Politik erschüttert und sie aufs Spiel gesetzt . Das
ist der eigentliche politische Skandal in dieser Angele-
genheit .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir werden in der Großen Koalition alles dafür tun,
verlorengegangenes Vertrauen in unseren Rechtsstaat
wiederherzustellen . Dafür arbeiten wir . Ich lade Sie ein,
daran mitzuwirken .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814801000

Für die SPD-Fraktion erhält nun die Kollegin Eva

Högl das Wort .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Eva Högl (SPD):
Rede ID: ID1814801100

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Auf die Ereignisse auf der Domplatte in Köln
in der Silvesternacht, auf die erschreckenden Übergrif-
fe, auf die unfassbaren Vorkommnisse gibt es keine ein-
fachen Antworten . Ich möchte hier noch einmal ganz
deutlich sagen, dass diese fürchterlichen Ereignisse nicht
straffrei sind, damit hier kein falscher Eindruck entsteht .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es geht jetzt in erster Linie darum – das sind wir nicht zu-
letzt den Opfern schuldig –, diese Straftaten konsequent
und lückenlos aufzuklären und die Täter zu ermitteln und
umgehend zu bestrafen . Das ist die entscheidende Kon-
sequenz aus den Ereignissen in Köln .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen auch
fragen: Wer waren die Täter? Woher kamen sie? Auch das
gehört dazu . Da darf es keine Tabus geben, und da darf
auch nichts verschwiegen werden. Ich finde es wichtig,
auch das in dieser Debatte noch einmal zu betonen . Das
ist für die Aufklärung ganz entscheidend . Die Tatsachen
dürfen auch nicht für rassistische Hetze genutzt werden .
Denn die Herkunft der Täter darf nicht dazu führen, dass
die Verfolgung ins Gegenteil verkehrt wird .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dafür, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir
zunächst einmal überhaupt kein Gesetz ändern, sondern
wir müssen Handlungsfähigkeit demonstrieren, und das
tun wir auch . Wir müssen die bestehenden Gesetze kon-
sequent anwenden und vollziehen . Wir brauchen ausrei-

chend Polizei – das ist schon gesagt worden; ich betone
es noch einmal ausdrücklich –, eine effiziente Strafver-
folgung und ausreichende Kapazitäten in der Justiz .

Als Zweites – das ist für die Analyse wichtig – müssen
wir uns fragen, wie es überhaupt dazu kommen konnte
und wie es uns in der Zukunft gelingt, solche Straftaten
wirksam zu vermeiden . Denn so etwas hat in unserem
Land keinen Platz .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deswegen fragen wir: Gab es genug Polizeikräfte?
Hatte die Polizei in Köln die richtige Strategie? Und was
müssen wir in Zukunft besser machen? Das A und O ist:
Wir brauchen mehr Polizei . Das ist schon oft gesagt wor-
den, und es kann nicht oft genug gesagt werden . Deswe-
gen fordert die SPD: Nicht nur kleckern, sondern klot-
zen! Wir sagen: Wir brauchen 12 000 Polizeibeamtinnen
und -beamte mehr in Bund und Ländern .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wofür brauchen wir sie, liebe Kolleginnen und Kolle-
gen? Wir brauchen sie vor allen Dingen auf den öffentli-
chen Plätzen, in Einrichtungen, Parks und in den Bahnen .
Wir müssen die öffentlichen Plätze stärker sichern . Es
darf in Deutschland keine Angsträume geben . Wir wissen
aber, dass es solche Angsträume gibt .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir müssen es schaffen, dass alle Bürgerinnen und Bür-
ger sich überall sicher fühlen, ob Tag oder Nacht, ob in
der Bahn oder auf einem Platz . Das ist unsere gemeinsa-
me Aufgabe .

Es darf nicht nur in Köln keine Angsträume geben,
sondern auch in Leipzig, wo rechtsextreme Hooligans
ganze Straßen verwüstet haben, und in anderen Städten .
Es darf auch keine Orte wie Jamel in Mecklenburg-Vor-
pommern geben, wo Demokratinnen und Demokraten
nicht mehr sicher leben können, weil Rechtsextreme das
Dorf beherrschen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Deutschen Bun-
destag müssen wir uns fragen, ob wir gesetzgeberischen
Handlungsbedarf haben . Ich möchte noch einmal beto-
nen, dass es ganz wichtig ist, dass wir nicht auf jeden
Vorfall – und sei er noch so schlimm; Köln war ein
schlimmer Exzess und für die Opfer individuell beson-
ders schrecklich – mit dem Ruf nach neuen Gesetzen re-
agieren . Das ist nicht angemessen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Aber dort, wo wir nach einer sachlichen und konzen-
trierten Diskussion gemeinsam feststellen, dass es Lücken
gibt, müssen wir sie auch schnell und unaufgeregt schlie-
ßen . Das tun wir gerade, und damit demonstrieren wir

Thomas Strobl (Heilbronn)







(A) (C)



(B) (D)


Handlungsfähigkeit . Auch ich bin sehr dankbar – Heiko
Maas hat es hier dargelegt –, dass wir schnell reagieren,
indem wir sagen: Wir müssen unser Ausweisungsrecht
noch einmal verschärfen, auch wenn wir das bereits ge-
tan haben . Kriminelle Ausländer haben in Deutschland
keinen Platz . Das halte ich für die richtige Konsequenz .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir verschärfen unser Sexualstrafrecht nicht wegen
Köln – der Vorschlag liegt schon lange vor –,


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


sondern wir verschärfen es – und schaffen damit hoffent-
lich eine richtige Grundlage und ein gutes Strafrecht –,
damit solche Vorfälle wie in Köln und anderswo in Zu-
kunft konsequenter bestraft werden können . Wir wollen,
dass alle Formen nichteinvernehmlichen Geschlechts-
verkehrs bestraft werden .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir wollen sexuelle Belästigung bestrafen . Wir haben
eine hervorragende Grundlage aus dem Justizministeri-
um, über die wir weiter beraten werden . Diejenigen, die
bisher diesen guten Gesetzentwurf blockiert haben, soll-
ten sich fragen, ob das die angemessene Reaktion war .


(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg . Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Diese Nebenbemerkung sei mir erlaubt .

Dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir
im Weiteren eine ausreichende Grundlage für eine be-
sonnene und konzentrierte Diskussion über den nötigen
Reformbedarf . Ich bin mir sehr sicher, dass wir im Deut-
schen Bundestag aus den Vorfällen in Köln und anderen
schrecklichen Vorkommnissen die richtigen Schlüsse
ziehen, damit wir sie in Zukunft konsequent verhindern
können .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814801200

Wolfgang Bosbach erhält nun das Wort für die CDU/

CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1814801300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Politik hat schnell und hart reagiert – nun auch mit
Maßnahmen der Bundesregierung –, zunächst einmal vor
allen Dingen rhetorisch . Die ganze Härte des Gesetzes
müsse die Straftäter treffen, heißt es. Was denn sonst?
Die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Frau
Kraft, hat sich wie folgt eingelassen: „Straftäter sind
Straftäter, egal wo sie herkommen .“ In den Fällen, wo
die Voraussetzungen gegeben seien, müssten sie abge-
schoben werden. Was denn sonst? Das eigentlich Über-
raschende ist, dass man das sagen und betonen muss .

Warum muss man das eigentlich sagen? Weil es offen-
sichtlich in der Praxis nicht selbstverständlich ist . Weil
es eine große Diskrepanz zwischen dem geltenden Recht
und der Durchsetzung des Rechts gibt .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Alle gesetzlichen Regelungen, sowohl die bestehenden
als auch diejenigen, über die wir noch sprechen werden,
laufen ins Leere, wenn es an dem Willen fehlt, das gel-
tende Recht konsequent anzuwenden . Das ist die Bewäh-
rungsprobe, vor der wir stehen .

Frau Göring-Eckardt, es war interessant, zu erfahren,
dass die Grünen nun mehr Polizei fordern . Das war ein-
mal anders .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist überhaupt nicht wahr! – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das fordern wir seit vielen Jahren!)


Ihre Forderung, die in der Sache richtig ist, wäre viel
glaubwürdiger, wenn Sie in der Regierungsverantwor-
tung vor allen Dingen in Berlin und in Nordrhein-West-
falen um das Jahr 2000 herum nicht für einen massiven
Abbau von Polizeistellen gesorgt hätten .


(Beifall bei der CDU/CSU – Sören Bartol [SPD]: Schauen Sie doch einmal nach Hessen!)


Wir können der Polizei nicht ständig neue Aufgaben
übertragen .


(Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt können wir die einzelnen Landesregierungen schön gegeneinander aufrechnen! Schauen Sie sich einmal an, was woanders passiert! – Zurufe von der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814801400

Wir sollten uns darauf verständigen, dass derjenige,

der das Wort hat, es auch nutzen kann .


Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1814801500

Dass das wehtut, Herr Hofreiter, ist mir klar .


(Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, es geht um die Wahrhaftigkeit Ihrer Aussage!)


Sie sind doch so sehr für politische Korrektheit . Politisch
korrekt ist die Wahrheit .


(Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ganz genau!)


Deswegen müssen Sie sich das in Ruhe anhören .


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Wahrhaftigkeit ist Ihr Problem!)


Wir können der Polizei nicht ständig neue Verantwor-
tung und neue Aufgaben übertragen, ohne sie personell
angemessen auszustatten . Die Polizei braucht die richtige

Dr. Eva Högl






(A) (C)



(B) (D)


Personalausstattung, das richtige rechtliche Instrumenta-
rium und auch die notwendige technische Ausstattung .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814801600

Lieber Kollege Bosbach, lassen Sie eine Zwischenfra-

ge des Kollegen von Notz zu?


Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1814801700

Ja, selbstverständlich .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814801800

Bitte .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Geschätzter Herr Kollege Bosbach, vielen Dank für
das Zulassen meiner Zwischenfrage . – Es ist interessant,
dass Sie auf Berlin rekurrieren . Wir Grüne haben vor vie-
len Jahren einmal in Berlin regiert . Dass das für Sie eine
so prägende Erfahrung war, ist interessant .

Mich interessiert aber eine andere Frage viel mehr –
Sie waren schließlich lange Jahre Vorsitzender des In-
nenausschusses –: Wie ist es denn um die Verantwortung
der Union bestellt?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Seit über zehn Jahren tragen Sie Verantwortung für die
Innenpolitik auf Bundesebene . Sie wollen das offenbar
mit Ihrem Hinweis auf Berlin im Jahr 2000 vernebeln .
Wo ist die Kompetenzzuschreibung der Union? Sind die
nun bestehenden Missstände nicht durch die Innenpolitik
der Union in den letzten zehn Jahren verursacht worden?

Vielen Dank .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1814801900

Ich bin Ihnen für diese Frage ausgesprochen dankbar;

denn sie gibt mir die Gelegenheit, Ihnen die Kenntnisse
zu vermitteln, die Sie eigentlich schon hätten haben müs-
sen, bevor Sie sich um ein Mandat im Deutschen Bun-
destag beworben haben .


(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh! Oh!)


Wir haben die Verantwortung für das Bundesamt für
Verfassungsschutz . Wir haben die Verantwortung für
die Bundespolizei . Wir haben die Verantwortung für das
Bundeskriminalamt .


(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Den massiven Stellenabbau, den es in einigen Bundes-
ländern in der Vergangenheit gegeben hat,


(Ulli Nissen [SPD]: Was ist mit der Bundespolizei?)


hat es im Verantwortungsbereich des Bundes nie gege-
ben, und zwar völlig unabhängig in welcher Konstellati-
on die Bundesregierung im Amt war . Im Gegenteil: Wir
haben sogar einen deutlichen Aufwuchs der Stellen im
Verantwortungsbereich des Bundes zu verzeichnen .


(Beifall bei der CDU/CSU – Thomas Oppermann [SPD]: Seitdem wir dabei sind!)


Anders sieht es im Verantwortungsbereich der Länder
aus . Viele Länder haben Stellen abgebaut .


(Zurufe von der SPD: Hessen! Hessen!)


Einige haben aber auch Stellen aufgebaut . Den größten
Stellenabbau hat es um das Jahr 2000 herum gegeben .
Fast die Hälfte des Stellenabbaus der damaligen Zeit ent-
fällt auf zwei Bundesländer: auf das Land Berlin und das
Land Nordrhein-Westfalen . Das wollte ich Ihnen an die-
ser Stelle nur einmal mitteilen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Bei aller Kritik, die es in den letzten Tagen gegeben
hat: Es besteht überhaupt keine Veranlassung, die Poli-
zei, die in Köln im Einsatz war, so pauschal zu kritisie-
ren . Es stimmt: Es hat eine Fehleinschätzung der Polizei-
führung gegeben .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Mehrere!)


Aber wir sollten uns heute einmal ausdrücklich bei denen
bedanken, die in dieser Silvesternacht in Köln und in an-
deren Großstädten in dramatischer Unterzahl ihren Kopf
hingehalten haben, um die bedrohten Menschen, insbe-
sondere Frauen, zu schützen .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Ulli Nissen [SPD]: Alles schon gemacht!)


Was mir in den letzten Tagen viel zu kurz gekom-
men ist, ist die politische Selbstkritik . Wir müssen uns
schon als Parlamentarier, als Politiker selber fragen, ob
wir nicht auch durch Tun und Unterlassen einen Beitrag
dazu leisten, dass es überhaupt zu solchen dramatischen
Vorfällen kommen kann . Die Gewerkschaft der Polizei
schreibt am 3 . Dezember – ich zitiere –: Eine Situation,
in der die zuständige Grenzpolizei in Hunderttausenden
Fällen nicht mehr erfährt und wegen politischer Abspra-
chen nicht mehr erfahren kann, wer unter welchem Na-
men und aus welchem Grunde in das Land einreist, ist
mit Blick auf die Gewährleistung der inneren Sicherheit
staatsgefährdend .

Ein Polizist, der in Köln in dieser berühmten Silves-
ternacht im Einsatz war, schreibt: Zahlreiche Bürgerin-
nen wurden nicht vor diesen Männern geschützt, und das
hat nicht nur mit polizeilicher Arbeit, sondern auch mit
politischen Entscheidungen zu tun, die dazu führen, dass
sich in einem bisher unbekannten Ausmaß Männer mit
solchem Verhaltensbild in derartiger Größenordnung zu-
sammenrotten .

Es ist richtig, dass unser Asylrecht keine Obergrenzen
kennt .

Wolfgang Bosbach






(A) (C)



(B) (D)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814802000

Herr Kollege .


Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1814802100

Unser Asylrecht kennt keine Quoten und kennt keine

Höchstgrenzen .


(Zuruf der Abg . Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Aber das bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass wir eine
völlig unbegrenzte Aufnahmefähigkeit haben, eine völlig
unbegrenzte Integrationskraft . Das gilt weder für die Ge-
sellschaft noch für den Arbeitsmarkt .


(Ulli Nissen [SPD]: Haben Sie das der Kanzlerin schon gesagt?)


Je besser und je rascher Integration gelingt, desto eher
ist die Möglichkeit gegeben, dass sich solche Ausschrei-
tungen nicht wiederholen . Wir stehen nicht nur vor einer
Herausforderung, –


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814802200

Lieber Kollege Bosbach .


Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1814802300

– wir stehen vor einer Überforderung unseres Landes .
Deswegen brauchen wir eine politische Kurskorrektur .
Diesen Kontrollverlust, den wir seit Sommer vergange-
nen Jahres haben, müssen wir so rasch wie möglich be-
enden .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814802400

Nun hat die Frau Bundesministerin Schwesig das

Wort .


(Beifall bei der SPD)


Manuela Schwesig, Bundesministerin für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend:

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen
und Herren Abgeordnete! Jede Frau, die schon einen se-
xuellen Übergriff erlebt hat, weiß, dass er sich verdammt
schlimm anfühlt, und sie weiß, dass keine Beschreibung
der Tat – auch nicht wirklich Gesetze – das aufheben
kann, was sie erlebt hat und was sie auch begleiten wird,
vielleicht ein Leben lang . Dennoch müssen wir dafür
Sorge tragen, dass jede Frau in unserem Land weiß, dass
sie den Übergriff ansprechen soll, dass sie ihn zur Anzei-
ge bringen soll und dass wir mit aller Konsequenz sol-
che Taten verfolgen, egal wer sie begangen hat, woher
er kommt oder wohin er will . Jeder Übergriff gegen eine
Frau ist ein Übergriff zu viel .


(Beifall im ganzen Hause)


Wir sind das den Frauen schuldig, die in Köln und in
anderen Orten in der Silvesternacht Schlimmes erlebt
haben, in einer Form, die wir uns so bisher nicht vor-
stellen konnten, und wir sind es auch den Frauen schul-
dig, die Übergriffe im Alltag erleben und sich vielleicht

manchmal allein mit diesem Thema fühlen, weil es nicht
angesprochen wird . Das betrifft den Arbeitsplatz, den
Bekanntenkreis, die U-Bahn oder auch das Zuhause . Wir
sind es jeder einzelnen Frau schuldig .

Ich liebe eigentlich eher lebendige parlamentarische
Debatten . Es gehört sicherlich dazu, dass man gegensei-
tig Versäumnisse aufrechnet . Aber ich glaube, es geht
jetzt weniger darum, gegenseitig aufzurechnen, wer
wann wie viel Polizei zur Verfügung stellt, sondern mehr
um einen Konsens aller demokratischen Fraktionen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Diese müssen sagen: Wir wollen diese Vorfälle zum
Anlass nehmen, um Frauen, die so etwas erleben, den
Rücken zu stärken, die Taten zur Anzeige zu bringen, da-
mit sie konsequent verfolgt werden können .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn wir das wollen, müssen wir über jede einzelne
Tat und auch über die Umstände offen sprechen können .
Wenn wir wollen, dass die Rechtsextremen diese Taten
jetzt eben nicht so widerlich benutzen, wie sie es tun,
dann müssen wir Demokraten den Mut haben, anzuspre-
chen: Ja, in der Silvesternacht waren es viele Männer aus
anderen Ländern, die eigentlich gesagt haben, sie wollten
Schutz bei uns; aber sie haben den Frauen hier Schutz
genommen . Das muss ausgesprochen werden . Alles an-
dere ist Wasser auf die Mühlen von Rechtsextremisten .
Das nicht zuzulassen, sind wir den Frauen und allen
Flüchtlingen, die hier anständig leben und leben wollen,
gemeinsam schuldig .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg . Matthias W . Birkwald [DIE LINKE])


Wir sollten aber gleichzeitig darüber sprechen – das
haben heute schon viele getan –, dass sexuelle Gewalt
in ganz verschiedenen Formen im Alltag viele Frauen
betrifft . Wir müssen diese Diskussion jetzt zum Anlass
nehmen, den Frauen besser zu helfen . Deshalb unterstüt-
ze ich sehr die Vorschläge des Bundesjustizministers, die
Lücken im Sexualstrafrecht zu schließen, und deshalb
müssen wir noch stärker als bisher in unserem Land auch
eine Debatte darüber führen, wie wichtig uns gleiche
Rechte für Frauen und Männer sind .

Es ist auch eine Chance, deutlich zu machen: Wir
haben eine ganz klare Trennlinie . Wir erwarten, dass je-
der, der in diesem Land aufwächst, und jeder, der zu uns
kommt, die Rechte von Frauen achtet und unterstützt .
Wir wollen den gesellschaftlichen Zusammenhalt . Für
sexistische Gewalttäter ist in diesem Land genauso we-
nig Platz wie für Rassisten, egal ob sie Deutsche sind
oder Ausländer .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg . Paul Lehrieder [CDU/CSU])


Wir müssen dieses Signal senden .






(A) (C)



(B) (D)


Ich sage ganz klar: Wenn Menschen in anderen Län-
dern, aus denen viele vor Gewalt und Krieg fliehen,
mitbekommen, dass wir ein Land sind, das Schutz für
Kinder, Frauen und Männer bietet – ein solches Land
wollen wir weiterhin sein –, dann müssen sie auch mit-
bekommen, dass wir eine Werteordnung haben, und die-
se Werteordnung beinhaltet auch die Rechte der Frauen .
Das heißt aber auch, dass wir hier, im eigenen Land, mit
gutem Beispiel vorangehen müssen .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Wir haben jetzt gemeinsam die Chance, die Rechte
von Frauen viel stärker in den Mittelpunkt zu rücken
und diese auch viel stärker als bisher zum Thema in Inte-
grationskursen und auch in anderen Debatten zu machen .
Wir haben es jetzt selber in der Hand, zu klären, ob das
Jahr 2016 so schrecklich, wie es für viele Frauen begon-
nen hat, bleibt oder ob wir es zu einem Jahr für Frauen,
für mehr Rechte von Frauen, für mehr Respekt vor Frau-
en machen . Das liegt in unserer Hand, und dafür werbe
ich .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814802500

Andreas Scheuer ist der nächste Redner für die CDU/

CSU-Fraktion .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1814802600

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Frau Bundesministerin, ich glaube, wir sollten nicht
Köln zum Anlass nehmen, diese Diskussion zu führen;
vielmehr sollte es in unserer Gesellschaft eine Selbstver-
ständlichkeit sein, dass alle gegen Übergriffe in Form se-
xueller Gewalt ankämpfen, egal wer sie ausübt und egal
was gerade für eine politische Diskussion geführt wird .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Aber wir müssen natürlich auch darüber diskutieren
und klarstellen, dass Deutschland ein Staat des Rechts
und der Sicherheit ist . Das ist auch der Grund dafür, dass
Deutschland in der Welt so angesehen ist . Deutschland
hat in einzigartiger humanitärer Verantwortung Flücht-
linge aufgenommen und viel geleistet . Aber unsere Ma-
xime muss auch sein, dass Bürgerinnen und Bürger die
Klarheit und die Garantie haben, dass Deutschland sicher
ist und auch sicher bleibt . In dieser Verantwortung müs-
sen wir die Diskussion führen . Niemand stellt Ausländer
unter Generalverdacht . Wer das trotzdem tut, stellt die
gesamte Bevölkerung unter Generalverdacht .

Die Bürgerinnen und Bürger können die Wahrheit
schon richtig einschätzen . Die Bürger können zwischen
gesetzestreuen Migranten und Kriminellen unterschei-
den . Das sage ich auch, selbst wenn jetzt hier oft eine an-
dere Diskussion geführt wird oder versucht wird, etwas

anderes in die politische Diskussion zu bringen: Es gibt
gewaltbereite und kriminelle Extremisten, aber nicht nur
von rechts, sondern auch von links, und das muss auch
klargestellt sein .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Bürger aber dürfen nicht bevormundet werden,
wenn es um den Anspruch auf Information, auf Wahrheit
und auf Tatsachen geht . Das treibt viele Bürgerinnen und
Bürger in den Zuschriften an die Abgeordneten und an
die Parteien um: dass wir eine gefährliche gesellschaft-
liche Diskussion bekommen, wenn wir nicht offen auch
die Probleme und Sorgen der Bürgerinnen und Bürger
ansprechen und wenn in verschiedenen Berichten sogar
versucht wird, zu vertuschen, was vorgefallen ist . Es ist
unsere Aufgabe, das offen zu diskutieren .

Deswegen geht es um Vertrauen – Vertrauen in die Po-
litik, in unsere Demokratie . Die Bevölkerung wurde über
die Schande von Köln lange im Unklaren gelassen, und
deswegen müssen wir dafür sorgen – alle in unserer Ge-
sellschaft haben da dieselbe Verantwortung –, dass dieses
Vertrauen in Medien, Politik, in Behörden hergestellt ist .
Nur so kann die Herausforderung der Integration bei mil-
lionenfacher Zuwanderung gelingen . Die Bevölkerung –
da gebe ich Kollegen Bosbach absolut recht – muss wis-
sen, wer zu uns kommt, wer bei uns lebt, wer sich bei uns
aufhält . Deswegen müssen wir auch über die Behörden
in den einzelnen Bundesländern dafür sorgen, dass die,
die zu uns kommen, ordentlich registriert werden . Das ist
schon allein dem Anspruch auf Sicherheit, auf Recht und
Ordnung geschuldet, den die einheimische Bevölkerung
hat .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Köln war ein Ort des Versagens in der Silvesternacht –
und ein Versagen der politischen und polizeilichen Füh-
rung . Es ist schäbig und feige, sich mit Verweis auf ein-
zelne Polizeibeamte herauszureden . Es geht darum, den
Polizeibeamten die notwendige Klarheit in der Strategie
zu geben . Und ich sage Ihnen: Das bayerische Konzept,
wenn es solche Vorfälle gibt, ist „Deeskalation durch
Stärke, durch Stärke im Auftreten“ und nicht „Deeska-
lation durch Rückzug und Schwäche“ . Das muss klar-
gestellt werden, damit diese Gruppen auch sehen, dass
der Staat sofort, in derselben Sekunde, handelt, wenn es
solche Übergriffe gibt .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg . Florian Post [SPD])


Deswegen bin ich dankbar für die jetzige Übereinkunft
der zuständigen Fachminister zur Verschärfung . Aber ich
sage auch: In den Bundesländern – wir haben in dieser
Debatte schon viel über Personalabbau geredet – brau-
chen wir mehr Uniformierte, mehr Videoüberwachung
an den Brennpunkten, vor allem in den Großstädten, und
wir brauchen mehr unangemeldete Personenkontrollen
bei solchen Aufläufen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf des Abg . Niema Movassat [DIE LINKE])


Bundesministerin Manuela Schwesig






(A) (C)



(B) (D)


Meine Damen und Herren, Nordrhein-Westfalen wird
selber im Landtag darüber diskutieren müssen, wie die
politische Leistung des zuständigen Fachministers zu
bewerten ist . Aber ich sage Ihnen ganz bewusst, dass es
natürlich auch darum geht, ein zweites Köln, ein zweites
Stuttgart, ein zweites Hamburg in Deutschland nicht pas-
sieren zu lassen . Deswegen haben wir alle gemeinsam
eine Verantwortung .

Wer als Asylbewerber hier unsere Gastfreundschaft
missachtet, muss sofort abgeschoben werden . Das ist die
klare Botschaft, und das müssen wir ohne Scheuklappen
und große politische Unterschiede den Bürgerinnen und
Bürgern auch ganz klar sagen .

Frau Göring-Eckardt, ganz zum Schluss: Ich habe aus
Ihren Bemerkungen herausgehört, dass Sie sehr an einer
gelingenden Integration interessiert sind . Ich sage aber:
Die Verfahren für Angehörige bestimmter Staaten, die
nachweislich rein als Wirtschaftsflüchtlinge hierherkom-
men – Sie haben die Marokkaner angesprochen –, dauern
zu lange. Warum? Weil die Ausdehnung der Gruppe der
sicheren Herkunftsstaaten fehlt .


(Zuruf der Abg . Dr . Eva Högl [SPD])


Wir müssen einen Schnellbescheid erwirken, damit diese
Gruppen als Wirtschaftsflüchtlinge schnellstens wieder
raus aus unserem Land kommen –


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814802700

Herr Kollege .


Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1814802800

– und wir uns auf die konzentrieren können, die wirklich
schutzbedürftig sind, nämlich die Unbescholtenen, die,
die vor Krieg und Krisen geflüchtet sind. Das ist unsere
gemeinsame Verantwortung .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Deswegen würde ich mich freuen, wenn Sie bei der Aus-
dehnung der Gruppe der sicheren Herkunftsstaaten mit-
machen würden .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814802900

Letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt ist

die Kollegin Karin Maag für die CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Karin Maag (CDU):
Rede ID: ID1814803000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

will am Ende der Debatte den Fokus noch einmal auf die
Frauen lenken, die die Hauptopfer in Köln waren . Sil-
vester in Köln: Das war ein bisher noch nie dagewese-
ner Angriff auf die körperliche Integrität, aber vor allen
Dingen auf die Würde von Frauen und auf den Respekt
vor Frauen . Alle diese Frauen haben ausnahmslos mein
Mitgefühl .

Zwei Anzeigen wegen Vergewaltigung; Frauen wur-
den bedrängt, begrapscht und bestohlen – und die Polizei
war nicht in der Lage, die Sicherheit zu gewährleisten .
Damit wir uns richtig verstehen – es wurde hier schon ge-
sagt –: Ich mache nicht einem einzelnen Polizisten einen
Vorwurf . Ich gehe davon aus, dass jeder in dieser Nacht
an seinem Platz das Richtige, Notwendige und Mögliche
getan hat . Die schiere Masse war es, die nicht zu bewäl-
tigen war .

Umso mehr muss von Köln das Signal ausgehen, dass
wir eine solche Provokation des Rechtsstaats nicht mehr
dulden; denn mit den Frauen trifft man die verletzlichste
Seite unseres Gemeinwesens, und das geht gar nicht .


(Beifall bei der CDU/CSU – Katja Kipping [DIE LINKE]: Was ist das für ein Frauenbild?)


Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und
Kollegen, mir als Frau sind übrigens die Nationalität
und der Status eines Angreifers zunächst egal . Unsere
Gesetze und die zugrundeliegenden Wertvorstellungen
müssen für alle gelten . Ich weiß, dass die überwiegende
Mehrzahl der Migranten und Flüchtlinge diese Vorstel-
lung teilt . Auch sie wollen ja ihre Töchter, ihre Ehefrauen
und ihre Freundinnen vor sexuellen Angriffen geschützt
sehen .

Ich begrüße ganz ausdrücklich, dass die Reform des
Sexualstrafrechts endlich vorangeht und auch Grapschen
strafbar werden soll .

Ich bin erleichtert, dass sich die Regierung darauf ver-
ständigt hat, Personen, die Straftaten insbesondere auch
gegen die sexuelle Selbstbestimmung begehen, die recht-
liche Anerkennung als Flüchtling konsequent zu versa-
gen .

Zu den ganz alltäglichen Selbstverständlichkeiten ge-
hört aber auch, dass Frauen alleine oder in Begleitung je-
derzeit im öffentlichen Raum sicher unterwegs sein kön-
nen . Dieses Recht und diese Freiheit sehe ich gefährdet,
und zwar nicht erst seit Köln . Viele Frauen haben heute
schon in der U-Bahn und auf öffentlichen Plätzen ein un-
sicheres Gefühl . Das heißt, wir haben doch vor allem ein
Problem bei der Durchsetzung des Rechts .

Polizeistellen in den Ländern – wir haben es gehört –
wurden abgebaut . Ich will auch noch einmal den Fokus
auf die Polizeiarbeit lenken . Wertvolle Arbeitszeit muss
zum Beispiel darauf verwendet werden, Bilder von Rot-
lichtsündern abzugleichen . Diese Beamten fehlen doch
auf der Straße .

Wenn dann Straftäter gefasst werden, werden Perso-
nalien festgestellt . Die Strafverfahren folgen nach Mo-
naten – Verurteilung ungewiss . Auch die Justiz ist über-
lastet .

Dort müssen wir ansetzen . Jedenfalls müssen die Tä-
ter aus Köln genau deshalb zeitnah strafrechtlich belangt
werden . Wir müssen beweisen, dass unser Rechtsstaat
handlungsfähig und auch sichtbar ist .

Jetzt komme ich noch einmal zu den Tätern . Die meis-
ten kommen aus Marokko, Tunesien oder Algerien, hat
man mir aus Köln berichtet . Offensichtlich liegen auch

Andreas Scheuer






(A) (C)



(B) (D)


Erkenntnisse vor, dass seit einigen Monaten verstärkt
Personen aus dem nordafrikanischen Raum als Flücht-
linge getarnt zu uns reisen . Dazu sage ich klipp und klar:
Menschen, die das Gastrecht missbrauchen, müssen ge-
hen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Mir ist aber wichtig, dass wir differenzieren . Nach
der Auswertung seitens der Kölner Polizei ist von den
Schutzsuchenden aus Syrien nicht einmal ein halbes Pro-
zent polizeilich aufgefallen . Wenn es um die Bleiberech-
te dieser Schutzbedürftigen geht, bin ich nach wie vor
davon überzeugt, dass Integration gut gelingen kann .

An dieser Stelle geht es auch um kulturelle Bildung .
Sie ist oft patriarchalischer Art und auch nicht zwangs-
läufig ähnlich unserer. Das kann sich aber ändern. Der
Kriminologe Christian Pfeiffer hat in seinen Forschun-
gen an jungen Migranten festgestellt, dass und wie sich
eine Macho-Orientierung abschwächt und sich die Ge-
schlechterrollen in den Familien verändern, wenn die
Menschen hier sind . Es sei so einfach: Arbeit, Bildung
und deutsche Freunde .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814803100

Frau Kollegin .


Karin Maag (CDU):
Rede ID: ID1814803200

Gerade gestern konnte ich mich mit meiner Gruppe

der Unionsfrauen und den Arbeitnehmern in der Unions-
fraktion davon überzeugen, dass die BA im Hinblick auf
die Flüchtlinge gut gerüstet ist .

Ich komme zum Schluss . Wir müssen uns noch stärker
für ein funktionierendes Gemeinwesen einsetzen . Das
gelingt nur, wenn sich niemand zurücklehnt und wir uns
nicht in eine beobachtende Haltung – ich spreche da vor
allen Dingen von den sozialen Netzwerken – zurückdrän-
gen lassen . Nein, das Beobachten reicht nicht . Wir müs-
sen uns – da spreche ich jetzt auch für die Bürgerinnen
und Bürger – für diesen Staat einsetzen . Wir müssen uns
für das Gemeinwesen verantwortlich fühlen . Für uns ist
das ein politischer Auftrag .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814803300

Ich schließe die Aussprache und rufe nun unseren Ta-

gesordnungspunkt 1 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbes-
serung der Registrierung und des Datenaus-
tausches zu aufenthalts- und asylrechtlichen

(Datenaustauschverbesserungsgesetz)


Drucksache 18/7203
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss Digitale Agenda
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 der GO

Eine Aussprache ist dazu heute nicht vorgesehen . Wir
kommen daher gleich zur Überweisung . Interfraktionell
wird vorgeschlagen, die Vorlage an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse zu überweisen . Sind Sie
damit einverstanden? – Das ist offensichtlich der Fall.
Dann ist die Überweisung so beschlossen .

Damit kommen wir nun zum Tagesordnungspunkt 2:

Befragung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Entwurf eines Gesetzes zur
Reform der Pflegeberufe.

Für Erläuterungen und Rückfragen stehen der Bun-
desminister für Gesundheit, Hermann Gröhe, und die
Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend, Frau Manuela Schwesig, zur Verfügung .

Ich will gleich zu Beginn darauf aufmerksam machen,
dass ich nicht die Absicht habe, in Zukunft zu gleichen
Themen mehrere Mitglieder der Bundesregierung vor-
tragen zu lassen . Aber wir haben hier eine geteilte und
gemeinsame Zuständigkeit, wie der Kollege Gröhe zu
Beginn vielleicht kurz erläutert, die die Ausnahme von
der sonstigen Regel rechtfertigt .

Damit gebe ich Herrn Minister Gröhe die Gelegenheit
zu seinen einführenden Bemerkungen .


Hermann Gröhe (CDU):
Rede ID: ID1814803400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich greife gleich die Bemerkung des Präsidenten auf:
Ich spreche natürlich lieber von einer gemeinsamen als
von einer geteilten Federführung . Es ist so, dass die
Verantwortung für den Bereich der Kinderkranken- und
Krankenpflege im Gesundheitsministerium und die Ver-
antwortung für den Bereich der Altenpflege im Famili-
enministerium liegt und zugleich die Finanzierung der
zukünftigen Ausbildung wesentlich aus dem Rechtskreis
der Kranken- und Pflegeversicherungen gestaltet wird.
Daraus resultiert diese gemeinsame Federführung .

Sie wissen: In dieser Legislaturperiode haben wir so-
wohl mit der Krankenhausreform als auch mit den Pfle-
gestärkungsgesetzen wichtige Schritte unternommen, um
die Pflege in diesem Land zu stärken. Jetzt geht es um
einen weiteren wichtigen Schritt: die Stärkung der Aus-
bildung und damit die Steigerung der Attraktivität der
Pflegeberufe. Denn wir werden in den nächsten Jahren
angesichts der wachsenden Zahl pflegebedürftiger Men-
schen mehr Pflegekräfte brauchen.

Wir haben einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht,
der die Stärkung der Berufsausbildung in der Pflege in
Form der sogenannten Generalistik vorsieht . Dabei han-
delt es sich um die Zusammenführung von Alten-, Kin-
derkranken- und Krankenpflege. Das ist etwas, was über
Jahre in Modellprojekten erprobt worden ist und wieder-
holt von den zuständigen Fachministerkonferenzen der
Länder und vielen Verbänden gefordert wurde .

Karin Maag






(A) (C)



(B) (D)


Die Zusammenführung trägt den Berufsanforderun-
gen besser Rechnung, weil sich die Gesellschaft zuneh-
mend dahin gehend verändert, dass wir etwa im Bereich
der Altenpflege aufgrund wachsender Zahlen chronisch
Erkrankter krankenpflegerische Kenntnisse und im Be-
reich der Krankenpflege aufgrund wachsender Zahlen
demenziell erkrankter Patientinnen und Patienten alten-
pflegerisches Know-how brauchen.

Diese Zusammenlegung stärkt aber auch die Attrak-
tivität der Pflegeberufe, weil weiter gehende Aufstiegs-
und Weiterentwicklungsperspektiven in den einzel-
nen Pflegeberufen existieren. Es gibt eine gemeinsame
Grundausbildung, und es gibt einen sogenannten Vertie-
fungseinsatz, etwa im Bereich der Kinderkrankenpflege,
in dem dann der wesentliche Teil der praktischen Ausbil-
dung erfolgt; auch dies ist wichtig .

Wir waren uns mit den Ländern darin einig, dass wie
bisher sowohl ein mittlerer Schulabschluss als auch ein
Hauptschulabschluss mit einer besonderen Qualifikati-
on, etwa der zehnjährigen Schulausbildung, im Rahmen
der entsprechenden EU-Vorgaben zum Zugang zu dieser
Ausbildung berechtigen sollen . Ergänzt – auch dies ist im
Modellvorhaben erprobt – wird die große Säule der ge-
stärkten Berufsausbildung zukünftig durch die Möglich-
keit der Länder, dies durch ein Angebot an akademischer
Pflegeausbildung zu ergänzen, um den Transfer der pfle-
gewissenschaftlichen Erkenntnisse in die Pflegepraxis zu
stärken, aber auch, um für besondere Leitungsaufgaben
und spezialisierte Aufgaben auszubilden .

Das ist ein großer Schritt, der Fragen, aber auch man-
che Sorgen auslöst . Wir werden – hier bin ich zuver-
sichtlich – dies im parlamentarischen Verfahren intensiv
diskutieren und gemeinsam zu guten Lösungen für alle
Tätigkeitsfelder in der Pflege kommen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814803500

Frau Schwesig, schließen Sie sich gleich an? – Bitte.

Manuela Schwesig, Bundesministerin für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend:

Vielen Dank, Herr Präsident . – Herr Gröhe hat es ge-
sagt: Wir wollen mit diesem Gesetz die Pflegeberufe at-
traktiver machen; denn wir brauchen in diesem Bereich
Nachwuchs. Wir wollen, dass jeder im Land, der Pflege
braucht, ob es ein kleines Kind oder die pflegebedürftige
Oma ist, gute Pflege bekommt. Dafür brauchen wir gute
Fachkräfte .

Wenn sich heute junge Menschen für einen Beruf ent-
scheiden, dann müssen sie die Perspektive haben, mit
ihrer Ausbildung in verschiedenen Bereichen, die sich
nahestehen, tätig sein zu können . Das schließt eine Spe-
zialisierung, die heutzutage ohnehin während des Berufs-
lebens gemacht werden muss, nicht aus . Deshalb ist es
schon lange in der Diskussion der Länder, des Bundes
und auch der Fachwelt, zu einer generalisierten Ausbil-
dung zu kommen . Alle Bundesländer haben schon vor
vielen Jahren beschlossen, diesen Weg zu gehen . Ich
freue mich sehr, dass es Herrn Gröhe und mir gemeinsam
gelungen ist, die Ergebnisse dieser langjährigen Diskus-
sion in einen Gesetzentwurf münden zu lassen .

Aus Sicht der Altenpflege, die ich als Ministerin zu
verantworten haben, möchte ich sagen: Dieser Gesetz-
entwurf wird die Altenpflege attraktiver machen. Die
einheitliche Berufsausbildung wird dazu führen, dass
Altenpflege besser anerkannt und wertgeschätzt wird,
dass Altenpflege damit besser bezahlt wird. Es wird Zeit,
dass wir hier zu einer Art dualen Ausbildung kommen,
wo Ausbildungsvergütung statt Schulgeld an der Tages-
ordnung ist .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Das ist aus Sicht der Frauen sehr wichtig . Heutzutage
machen diesen Job zu 80 Prozent Frauen . Die Lohnun-
gerechtigkeit beginnt oft schon am Anfang, indem man
Schulgeld mitbringt, anstatt eine Ausbildungsvergütung
zu erhalten . Insofern ist es auch ein wichtiger Schritt zur
Lohngerechtigkeit .

Herr Gröhe und ich wissen, dass es viele Fragen und
Sorgen gibt, die wir sehr ernst nehmen . Wir freuen uns
auf die parlamentarische Debatte, um hier gut beraten zu
können .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814803600

Vielen Dank für die Berichte . – Ich habe reichlich

Wortmeldungen, sodass sichergestellt ist, dass wir die
Zeit benötigen werden . Die erste Worterteilung geht an
den Kollegen Weinberg .


Harald Weinberg (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814803700

Vielen Dank, Herr Präsident . – Im Vorfeld des Gesetz-

entwurfes hat es im Ministerium einige kontroverse Dis-
kussionen über die generalistische Ausbildung gegeben .
Das Bündnis für Altenpflege hat eine Folgenabschätzung
zu den Wirkungen der generalistischen Ausbildung er-
stellt und gefordert, dass es für die Ausbildungs- und Prü-
fungsverordnung zumindest Eckpunkte vor Abschluss
des Gesetzes geben sollte . Ist es zutreffend, dass die Bun-
desregierung die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung
oder zumindest Eckpunkte bis zum Beginn des Verfah-
rens im Bundesrat oder gar früher vorlegen will? Wenn
nicht: Wann ist damit zu rechnen? Wie ist der weitere
Zeitplan des Gesetzgebungsverfahrens?


Hermann Gröhe (CDU):
Rede ID: ID1814803800

Mit den im Bündnis für Altenpflege zusammenge-

schlossenen Gruppen finden regelmäßig Gespräche statt,
so auch heute . Ja, es ist so: Das Gesetz benennt sehr viel
klarer, als es manchmal in der Öffentlichkeit zum Aus-
druck kommt, die Kompetenzen, die vermittelt werden
müssen . Das steht in § 5 des Entwurfes . Aber es erfolgt
dann eine Ausfächerung in eine Ausbildungsverordnung .
Wir arbeiten hier unter Hochdruck an den Eckpunkten,
die zum Zeitpunkt des ersten Durchlaufs durch den Bun-
desrat – ich schätze, das ist Anfang März – vorliegen sol-
len . Ich bitte um Verständnis . Wir arbeiten unter Hoch-
druck, aber wir wollen bei den Eckpunkten auch mehr
als Überschriften liefern, die dann neue Nachfragen aus-
lösen würden . Insofern soll es sich um eine substanzielle
Beteiligung handeln .

Bundesminister Hermann Gröhe






(A) (C)



(B) (D)


Uns ist daran gelegen, parallel zur Erarbeitung dieses
Gesetzentwurfes auch deutlich zu machen, in welche
Richtung die Verordnung geht, die Grundlage für spätere
curriculare Entwicklungen ist . Den Zeitrahmen habe ich
Ihnen genannt .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814803900

Kollege Beermann .


Maik Beermann (CDU):
Rede ID: ID1814804000

Vielen Dank, Herr Präsident . – Meine Frage geht da-

hin: Wie soll eigentlich die Zusammenführung von drei
Ausbildungen ohne Kompetenzverlust möglich sein?
Denkt man darüber nach, die Kinderkrankenpflege viel-
leicht doch herauszunehmen und stattdessen die Heil-
erziehungspflege in das Konstrukt des Gesetzesvorha-
bens mit aufzunehmen?


Hermann Gröhe (CDU):
Rede ID: ID1814804100

Kollege Beermann, soweit die Sorgen hinsichtlich

der Kinderkrankenpflege angesprochen wurden, erlaube
ich mir den Hinweis, dass es heute keine separate Kin-
derkrankenpflegeausbildung über drei Ausbildungsjahre
hinweg gibt, sondern diese Ausbildung in die ersten zwei
Jahre der Krankenpflegeausbildung integriert ist und im
dritten Ausbildungsjahr eine Differenzierung stattfindet.
Wenn zukünftig gilt, dass in dem gewählten Vertiefungs-
bereich über die Hälfte der praktischen Ausbildung statt-
findet, dann wird sich dort keine Verschlechterung erge-
ben .

Zweitens . Die Evaluierungsberichte zu den genannten
Projekten, die Sie übrigens bereits im Informationsange-
bot des Deutschen Bundestages finden, zeigen, dass un-
gefähr 70 Prozent der Ausbildungsinhalte identisch sind
oder sich weithin überschneiden . Auch das spricht dafür,
dass es leistbar ist .

Ich erlaube mir den Hinweis, dass sich der Berufs-
verband Kinderkrankenpflege Deutschland e. V. im Sep-
tember für eine Integration der Kinderkrankenpflege als
Spezialisierung in die generalistische Pflegeausbildung
ausgesprochen hat .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814804200

Frau Scharfenberg .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vielen Dank . – Ich möchte bezüglich der Eckpunkte,
die genannt wurden, genauer nachfragen . Mein Kollege
Erwin Rüddel, der pflegepolitische Berichterstatter der
Union, hat sich dahin gehend geäußert, dass Eckpunkte
eigentlich nicht ausreichen, sondern wir die Verordnung
brauchen, um wirklich kompetent entscheiden zu kön-
nen, was die Auswirkungen des Gesetzes sein werden .
Deswegen möchte ich klar und deutlich nachfragen: Wa-
rum spricht man jetzt davon, Eckpunkte vorzulegen, und
nicht davon, die Verordnung vorzulegen? Letztendlich ist
die Verordnung das Herzstück des Gesetzes . Ich glaube,
um eine kompetente Entscheidung, die alle weitreichen-
den Folgen berücksichtigt, treffen zu können, müsste uns

die Verordnung vorgelegt werden . Sonst stimmen wir
hier über ein Überraschungsei ab .


Hermann Gröhe (CDU):
Rede ID: ID1814804300

Frau Kollegin, ich habe darauf hingewiesen, dass

der Gesetzentwurf natürlich bereits weit mehr als nur
irgendeine generalistische Berufs- oder Ausbildungs-
bezeichnung enthält . Er enthält – wie bei allen Berufs-
ausbildungsgesetzen üblich – eine konkrete Aufzählung
der Kompetenzfelder, die entwickelt werden müssen . Es
geht darum, die Dinge, die wir in der Vergangenheit im
Zusammengehen mit den unterschiedlichsten Verant-
wortlichen der Länder im Kultusbereich, im Hochschul-
bereich, im Arbeits- und Sozialbereich und im Gesund-
heitsbereich entwickelt haben, weiterzuentwickeln und
zu Beginn der Beratungen, also bevor es hier zur ersten
intensiveren Beratung kommt, substanziierte Eckpunkte
vorzulegen .

Ab dem heutigen Kabinettsbeschluss ist das Parlament
Herr des Verfahrens . Das heißt, wir werden fortlaufend
aus den Eckpunkten den konkreten Verordnungstext ent-
wickeln, und wir werden weitere Gespräche mit den un-
terschiedlichsten Verbänden führen, auch denen, die sich
jetzt kritisch eingelassen haben . Es liegt in Ihren Händen,
in den Händen des Parlamentes, der parlamentarischen
Mehrheit, über die Frage zu entscheiden, in welchem
Stadium der Text einen Grad an Konkretheit erreicht hat,
der es erlaubt, zu sagen: Ja, jetzt können wir in die zweite
und dritte Lesung gehen .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814804400

Herr Minister .


Hermann Gröhe (CDU):
Rede ID: ID1814804500

Wir werden alsbald substanziierte Eckpunkte vorle-

gen .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814804600

Frau Crone .


Petra Crone (SPD):
Rede ID: ID1814804700

Das Gesetz ist schon lange in der Mache, auch schon

in der letzten Legislaturperiode . Es wird sich viel verän-
dern . Meine Frage geht dahin: Wie sind die Zugangsvor-
aussetzungen für die Schülerinnen und Schüler? Welche
Möglichkeiten des Aufstiegs gibt es für die Ausgebil-
deten? Welche Arbeitsmöglichkeiten ergeben sich für
Absolventen der akademisierten Ausbildung, der Hoch-
schulausbildung?

Manuela Schwesig, Bundesministerin für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend:

Vielen Dank, Frau Abgeordnete . Ziel unseres Geset-
zes ist es, verschiedenen Schülern, vom Hauptschüler
bis zum Abiturienten, Zugang zum Berufsfeld zu ermög-
lichen . Wir stellen mit dem Gesetzentwurf sicher, dass
Hauptschüler wie bisher in Kombination mit der Pflege-
helferausbildung Zugang zu diesem Berufsfeld haben .
Durch die Durchlässigkeit haben sie die Möglichkeit,
sich weiterzuentwickeln .

Bundesminister Hermann Gröhe






(A) (C)



(B) (D)


Neu ist, dass wir einen bundeseinheitlichen akademi-
schen Abschluss einführen . Das war uns wichtig . Uns ist
es wichtig, dass es einen bundeseinheitlichen Abschluss
gibt, weil wir es in anderen Bereichen oft mit großen
Unterschieden zu tun haben . Wir sagen aber auch ganz
klar: Nein, unser Ziel ist nicht die vollständige Akade-
misierung des Berufes, aber sie soll zum Teil angeboten
werden, um gerade in bestimmten Arbeitsbereichen, bei
denen es um komplexe Pflegefälle, aber auch um Lei-
tungsfunktion geht, attraktive Berufsmöglichkeiten an-
zubieten . Das zeigt: Das Gesetz hat wirklich viel Potenzi-
al, verschiedene Abschlüsse zu integrieren . Es bietet aber
auch verschiedene Aufstiegsmöglichkeiten .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814804800

Frau Vogler .


Kathrin Vogler (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814804900

Mir geht es um eher praktische Fragen, die sich in

Bezug auf den vorliegenden Gesetzentwurf schon jetzt
stellen . In § 7 legen Sie fest, dass Auszubildende in der
praktischen Ausbildung Pflichteinsätze im Bereich der
allgemeinen geronto-, kinder- und jugendpsychologi-
schen Versorgung zu absolvieren haben . Da stellt sich die
Frage: Wie wollen Sie gewährleisten, dass es genügend
solcher Ausbildungsplätze gibt? Es gibt im Moment nur
circa 1 100 Auszubildende zum Kinderkrankenpfleger
und zur -pflegerin, die ein Praktikum in einer Kinder-
klinik durchlaufen . Es gibt nur 50 Kinderkliniken, die
solche Praktika überhaupt anbieten . Sie wollen nun, dass
demnächst alle Pflegeschülerinnen und -schüler eine ent-
sprechende Ausbildung durchlaufen . Aber es gibt doch
große Zweifel, ob die Zahl der Ausbildungsstätten aus-
reicht. Wie wollen Sie ein solches Nadelöhr vermeiden?


Hermann Gröhe (CDU):
Rede ID: ID1814805000

Frau Kollegin Vogler, das ist in der Tat eine der Fra-

gen, die immer wieder gestellt werden . Wenn es um das
Ziel geht, später in diesem Berufsbild zu arbeiten, geht es
nicht nur um die Frage, ob für den Vertiefungseinsatz im
Bereich Kinderkrankenpflege ausreichend Ausbildungs-
kapazitäten zur Verfügung stehen . Es geht auch um die-
jenigen, die einen Vertiefungseinsatz in der Altenpflege
oder in der allgemeinen Krankenpflege wünschen. Für
diesen Teil sind im Rahmen der praktischen modularen
Ausbildung nicht alleine Einsätze in Kinderkliniken vor-
gesehen. Vielmehr sollen diese Pflichteinsätze zur Erler-
nung des richtigen Umganges mit Kindern, auch mit er-
krankten und behinderten Kindern, beispielsweise auch
in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe angeboten
werden . Auch in Ausbildungsorten jenseits der Kinder-
krankenpflege wird ein entsprechender Vertiefungsein-
satz angeboten .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814805100

Marcus Weinberg .


Marcus Weinberg (CDU):
Rede ID: ID1814805200

Vielen Dank, Herr Präsident . – Im Zuge der Arbeit an

dem Gesetzentwurf gab es eine breite kritische Diskus-
sion; Sie haben das auch bestätigt. Es wird häufig da-

rauf hingewiesen, dass die Generalistik viele Perspekti-
ven bietet, aber möglicherweise auch Gefahren mit sich
bringt . Dann kommt man sehr schnell auf das Thema
Altenpflege. Ich würde gerne wissen, wie sichergestellt
werden kann, dass die Altenpflege innerhalb der Gene-
ralistik nicht an Bedeutung verliert . Ich frage das gerade
vor dem Hintergrund, dass wir in diesem Bereich künftig
einen Fachkräftemangel haben werden .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814805300

Frau Schwesig, Sie können die Frage gerne im Sitzen

beantworten .

Manuela Schwesig, Bundesministerin für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend:

Danke schön, Herr Präsident, Sie haben diese Fürsorge
schon bei der letzten Regierungsbefragung walten lassen .
Allerdings ist der Umfang des Bauches so fortgeschrit-
ten, dass ich besser im Stehen reden kann . Deswegen
wechsele ich immer . Ansonsten drückt das Baby zu sehr
auf die Atmung . Oder Sie geben mir ein bisschen mehr
Redezeit . Aber noch einmal: Vielen herzlichen Dank .

Aus unserer Sicht ist es so, dass die geplanten Maß-
nahmen – sie sind politisch innerhalb der Länder sehr
früh diskutiert worden – eher dazu führen, dass der Be-
reich der Altenpflege attraktiver wird. Jetzt ist es weniger
so, dass wir junge Menschen finden, die sagen: Hurra,
Altenpflege! Die vielfältigen Möglichkeiten, im Bereich
Gesundheit und Pflege das Berufsfeld zu wechseln, die
sich durch den Abschluss ergeben, machen den Bereich
Altenpflege attraktiver.

Der einheitliche Berufsabschluss wird auch zu einer
Veränderung der massiven Lohnunterschiede führen,
die derzeit zwischen Altenpflege und Krankenpflege be-
stehen; in der Altenpflege wird weniger gezahlt. Das ist
übrigens ein Grund, warum einige gegen diesen Gesetz-
entwurf sind . Ich bin sehr dafür, dass der Bereich der Al-
tenpflege finanziell besser ausgestattet wird.

Außerdem sehe ich die große Chance, dass die Kennt-
nisse der Altenpfleger, die oft total unterschätzt werden,
in der Krankenpflege zukünftig eine größere Rolle spie-
len . Das ist wichtig, weil viele ältere Menschen in den
Krankenhäusern behandelt werden .

Mit Blick auf die Altenpflege sehe ich daher die Chan-
ce, dass wir durch diese Attraktivitätssteigerung mehr
Fachkräfte gewinnen .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814805400

Frau Schulz-Asche .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Minister, ich habe eine Frage zu den Folgen des
Gesetzes für die Zahl der zur Verfügung stehenden Aus-
bildungsplätze, und zwar sowohl hinsichtlich der Kosten
als auch hinsichtlich der schulischen Ausbildungskapa-
zitäten . Wir haben in diesem Bereich bereits heute einen
sehr großen Mangel an Lehrfachkräften, und wir wissen,
dass mit diesem Gesetz die Anforderungen an die Lehr-

Bundesministerin Manuela Schwesig






(A) (C)



(B) (D)


kräfte auf jeden Fall steigen werden . Von daher meine
Frage: Wo sehen Sie in diesem Bereich des Gesetzes die
Gefahren, und wie wollen Sie ihnen entgegenwirken?


Hermann Gröhe (CDU):
Rede ID: ID1814805500

Frau Kollegin, ein Teil dieser Herausforderungen be-

steht unabhängig davon, ob wir die Systematik der Aus-
bildung ändern . Ohne Zweifel werden wir allein in der
Altenpflege in den nächsten 15 Jahren 1 Million mehr
Pflegebedürftige haben. Insofern werden wir einen Auf-
wuchs an Pflegekräften dringend benötigen und damit
verbunden auch entsprechende schulische Angebote .
Diese Herausforderung besteht unabhängig vom Ausbil-
dungsmodell .

Wir sind davon überzeugt, dass durch die Kombinati-
on die Attraktivität erhöht werden kann . Wir unterbreiten
ein akademisches Angebot, zum Beispiel für Lehrkräf-
te . Hinzu kommt das, was wir bereits entwickelt haben:
Stärkung der Betreuungsassistenz, der Pflegehelferberuf.
Jetzt kommt eine moderne Berufsausbildung im Bereich
Pflege hinzu. Damit steigern wir insgesamt die Attrakti-
vität .

Das wird zu Mehrkosten führen . Im Gesetzentwurf
ist von den Mehrkosten ja auch die Rede . Wir schlagen
eine Fondslösung vor, die dafür sorgt, dass diejenigen,
die jetzt in der Verantwortung stehen, in Verantwortung
bleiben . Bei einer steigenden Zahl der Schülerinnen und
Schüler – derzeit haben wir einen Ausbildungsrekord;
wir hoffen, dass das so weitergeht – haben sie die Kosten
entsprechend zu tragen .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814805600

Frau Yüksel .


Gülistan Yüksel (SPD):
Rede ID: ID1814805700

Vielen Dank . – Da es in der Bevölkerung Ängste gibt,

die auch an uns herangetragen werden, würde ich gerne
nachfragen: Könnten Sie bitte noch einmal kurz erläu-
tern, was mit den bisherigen Ausbildungsabschlüssen in
der Altenpflege und Krankenpflege passiert? Werden sie
wertlos?


Hermann Gröhe (CDU):
Rede ID: ID1814805800

Auch wenn die Ausbildung verändert wird, wird die

bisherige Qualifikation für die Arbeit in diesem Tätig-
keitsfeld natürlich in keiner Weise entwertet . Diejenigen,
die in der Alten-, der Kranken-, der Kinderkrankenpfle-
ge mit den bisherigen Abschlüssen arbeiten, werden im
Rahmen ihrer Qualifikation – auf die Ausbildung folgen
ja häufig Weiterbildungen und Spezialisierungen – wei-
terhin arbeiten können .

Es wird eine Übergangszeit geben . Wenn wir dieses
Gesetz 2018 einführen, werden die dann bestehenden
Ausbildungsgänge selbstverständlich fortgesetzt, damit
all diejenigen, die unter den Bedingungen der heutigen
Rechtslage eine Ausbildung begonnen haben, sie bis zum
Ende fortsetzen können . Der Gesetzentwurf sieht die
Umstellung zum 1 . Januar 2018 vor . Letztlich wird aber
bis 2022 eine Vollendung der Ausbildung nach dem al-

ten Modell mit den entsprechenden Ausbildungsschwer-
punkten und Tätigkeitsfeldern möglich sein .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814805900

Frau Hein .


Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814806000

Frau Ministerin, mit meiner Frage möchte ich auf Ihr

Eingangsstatement reagieren . Sie haben zu Recht gesagt,
dass es wichtig ist, eine Ausbildungsvergütung zu erhal-
ten, dass das besser ist, als Schulgeld zahlen zu müssen .
Da stellt sich mir aber die folgende Frage: Wie werden
die derzeit bestehenden privaten Altenpflegeschulen und
privaten Krankenpflegeschulen, die Schulgeld verlangen
und die es massenhaft gibt – die Zahl dieser Schulen ist ja
sogar gestiegen –, künftig finanziert werden?

Manuela Schwesig, Bundesministerin für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend:

Das Gesetz wird regeln, dass zukünftig eine angemes-
sene Ausbildungsvergütung gezahlt wird . Das Gesetz
wird übrigens auch regeln, dass die Zeit der Ausbilder
zusätzlich anerkannt wird. Jetzt besteht häufig ein Pro-
blem darin, dass die Ausbildung nicht wirklich gut durch-
geführt wird, weil der Ausbilder oder die Ausbilderin oft
auch noch Verpflichtungen in der Pflege hat.

Beim Thema Schulgeldfreiheit stellt sich die Frage
nach den Kosten . Herr Gröhe hat unser Vorgehen eben
beschrieben . Wir richten einen gemeinsamen Fonds ein,
in den die Länder weiterhin einzahlen, in dem aber zum
Beispiel auch die Gelder der Arbeitgeber enthalten sind .
Da muss man ganz klar sagen: Das wird ein gerechte-
res System . Denn bisher haben nur die Arbeitgeber ge-
zahlt, die auch ausgebildet haben, und andere haben sich
zum Teil zurückgelehnt . Wir haben – dafür bin ich Herrn
Gröhe außerordentlich dankbar – auch die Möglichkeit,
einen Teil der Einnahmen durch die Beitragserhöhung
bei der Pflegeversicherung, der privaten und der gesetz-
lichen, in den Fonds zu geben, sodass die Finanzierung
insgesamt gut gesichert ist .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814806100

Kollege Henke .


Rudolf Henke (CDU):
Rede ID: ID1814806200

Wir sind es ja aus der Medizin gewohnt, dass es auf

der Basis einer einheitlichen Ausbildung – in dem Fall
des Medizinstudiums – nachfolgend eine Spezialisierung
gibt . Der Chirurg, der Psychiater, der Internist und der
Pathologe sind alle auf der Basis einer einheitlichen Aus-
bildung Ärzte geworden und haben sich dann auf dieser
Basis spezialisiert . Es sind keine unterschiedlichen Be-
rufe . Es ist ein einheitlicher Beruf . Dass diese Konzep-
tion auch für die Ausbildung in der Pflege attraktiv ist,
erschließt sich ja. Das finde ich einfach.

Wir haben aber natürlich bei, glaube ich, derzeit
126 000 Auszubildenden in der Kranken- und in der
Altenpflege und 6 300 Auszubildenden in der Kinder-
krankenpflege – darauf sind wir eben schon einmal ein-
gegangen – das Dilemma oder die Sorge, ob die Plätze

Kordula Schulz-Asche






(A) (C)



(B) (D)


ausreichen, um die Schwerpunktausbildung in der Kin-
derkrankenpflege im Praktischen beizubehalten und
gleichzeitig auch die pädiatrischen Pflichteinsätze für
alle zu ermöglichen . Mich würde interessieren, ob das an
der Praxis gemessen wird oder ob es gewissermaßen am
Willen gemessen wird .


Hermann Gröhe (CDU):
Rede ID: ID1814806300

Herr Kollege Henke, bei der Kinderkrankenpflege, auf

deren zahlenmäßig kleineren Anteil an der Gesamtaus-
bildung Sie hingewiesen haben, ist heute schon entschei-
dend, dass zwei Drittel der Ausbildung voll integriert in
die Krankenpflege stattfinden. Das liegt an der großen
Schnittmenge des erforderlichen Grundwissens . Für die-
jenigen, die in Zukunft den Vertiefungseinsatz wählen,
ändert sich – einmal abgesehen von einer stärkeren Ori-
entierung der Ausbildung in Richtung der Beschäftigung
mit Kindergesundheit – insofern nichts . Wie ich gerade
ausgeführt habe, müssen diejenigen, die diesen Vertie-
fungseinsatz wählen, wie andere auch ihre Ausbildungs-
stelle finden. Insofern ist es für die entsprechenden Ein-
richtungen durchaus attraktiv, hier werben zu können,
um junge Menschen zu gewinnen .

Für diejenigen, die mit dem Vertiefungseinsatzziel
Altenpflege, Krankenpflege sozusagen eher im ergänzen-
den Bereich tätig werden, brauchen wir eine Ausweitung
der Praxisorte . Das geschieht durch die Hinzuziehung
der Orte der Kinder- und Jugendhilfe . In den stationären
Jugendhilfeeinrichtungen finden Sie eine Fülle von Er-
fahrungen, die gerade mit den gesundheitlichen Bedürf-
nissen von Kindern und Jugendlichen zusammenhängen .
Auch das sind geeignete Ausbildungsorte für diesen Teil
der Praxisausbildung .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814806400

Nächste Fragestellerin ist die Abgeordnete Schlegel,

SPD-Fraktion .


Dr. Dorothee Schlegel (SPD):
Rede ID: ID1814806500

Herzlichen Dank . – Meine Frage ist: Was geschieht

mit den heutigen Kranken- und Altenpflegeschulen und
deren Strukturen und natürlich auch mit den Schulleitun-
gen und den Lehrkräften?


Hermann Gröhe (CDU):
Rede ID: ID1814806600

Es hat dazu ja Untersuchungen gegeben, etwa zur

Mindestgröße und zu anderem mehr . Wir werden in dem
Prozess, den ich geschildert habe, eine Überführung
gerade jener Ausbildungsorte im schulischen Bereich
durchführen, die sich allein auf einen Ausbildungsgang
fixiert haben. Sie werden sich verändern; das Ziel ist hier
ein generalistisches Schulangebot . Gerade darüber sind
wir deswegen mit den Ländern, den für die schulischen
Angebote Zuständigen, aber auch mit den Anbietern ent-
sprechender schulischer Angebote im Gespräch . Natür-
lich führt die generalistische Ausbildung dazu, dass sich,
während die Vielfalt der Einsatzorte uneingeschränkt
bleibt, der Charakter der Schulen in der breiteren Ausbil-
dung weiterentwickelt .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814806700

Nächste Fragestellerin ist die Abgeordnete Wöllert,

Fraktion Die Linke .


Birgit Wöllert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814806800

Danke schön . – Meine Frage bezieht sich auf die schu-

lische und die hochschulische Ausbildung . Beides dauert
drei Jahre . In § 5 des Gesetzentwurfes sind die gleichen
Kompetenzen auch für die hochschulische Ausbildung
vorgesehen . Darüber hinaus gibt es noch einen speziellen
Bereich . Für mich ist jetzt die Frage: Wie wird bei der
hochschulischen Ausbildung gesichert, dass die Praxis-
ausbildung die gleiche Qualität hat wie bei der schuli-
schen Ausbildung, und wie wirken sich unterschiedliche
Abschlüsse, Berufsausbildungsabschluss und Hoch-
schulabschluss, nachher im Ergebnis, in der praktischen
Tätigkeit, bei der Bezahlung vor Ort aus?


Hermann Gröhe (CDU):
Rede ID: ID1814806900

Frau Kollegin Wöllert, wie Kollegin Schwesig schon

ausgeführt hat, gehen wir davon aus, dass mit der Stär-
kung der Berufsausbildung in der Pflege deutlich wird:
Diese duale Berufsausbildung ist auch weiterhin das
zentrale Ausbildungsangebot für die Pflege. Die Länder
haben in akademischen Pilotprojekten ergänzend Pfle-
gestudien eingeführt . Hier gibt es jetzt die Verabredung,
den Ländern generell zu ermöglichen, diese anzubieten;
sie entscheiden dann über den Umfang . Es gibt einen
gemeinsamen Abschluss, der sicherstellen muss, dass es
eine gleiche Qualifizierung gibt, auch für die praktische
Arbeit in der Pflege. Diese sicherzustellen, wird Aufgabe
der Studiengestaltung mit praktischen Zeiten sein .

Das kennen wir ja auch aus anderen Fachberufen mit
akademischem Teil, auch in Gesundheitsberufen . Auch
bei Physiotherapeuten beispielsweise gibt es bereits heu-
te neben der Berufs- und der schulischen Ausbildung
eine fachhochschulspezifische Ausbildung. Diese wird
vor allen Dingen im Hinblick auf die Tätigkeiten angebo-
ten, bei denen es um den schnellen Transfer von pflege-
wissenschaftlichen Kenntnissen in die Pflegepraxis und
andere Bereiche, etwa die Leitungsverantwortung, geht .
Dann wird der Verantwortung entsprechend bezahlt .
Aber zunächst wird durch die Ausbildung sichergestellt,
dass die Einsatzfähigkeit in gleicher Weise unter glei-
chen Bedingungen in der normalen Pflege gegeben ist.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814807000

Nächste Fragestellerin ist die Abgeordnete Pahlmann,

CDU/CSU-Fraktion .


Ingrid Pahlmann (CDU):
Rede ID: ID1814807100

Viele Fragen sind schon beantwortet worden . Ich

möchte auf die Frage der Schulstandorte zu sprechen
kommen . Wir haben ja momentan ein sehr breit gefä-
chertes Angebot, auch und gerade im ländlichen Raum .
Wie können Sie sicherstellen, dass der Zugang auch und
gerade für Hauptschüler, die mir sehr am Herzen liegen,
gewährleistet ist? Gerade den Bereich der Pflege brau-
chen wir nach wie vor als Betätigungsfeld für Haupt-
schüler . Sie sind aber in der Regel deutlich jünger und

Rudolf Henke






(A) (C)



(B) (D)


nicht so mobil wie diejenigen, die das Abitur abgelegt
haben . Wie wollen Sie sicherstellen, dass der Schulstand-
ort im ländlichen Bereich auch von diesem Personenkreis
noch gut erreicht werden kann, sodass es nicht zu einer
Ausdünnung des Angebots, das wir momentan vorfinden,
kommt?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814807200

Bitte schön .


Hermann Gröhe (CDU):
Rede ID: ID1814807300

Frau Kollegin Pahlmann, das ist – deswegen sind wir

ja in einem so engen Diskussionsprozess mit den Län-
dern – natürlich auch Aufgabe der Länder . Es ist, glaube
ich, nicht so, dass man sagen kann: Die kleineren Schu-
len sind alle im ländlichen Raum . – Zum Teil gibt es im
städtischen Raum mehr Anbieter entsprechender Leistun-
gen und damit möglicherweise auch stärker zersplitterte
Angebote an kleineren Schulen . Wir brauchen insgesamt
mehr Schulplätze . Deswegen ist, glaube ich, die Sorge,
dass da in großem Umfang Schulen gefährdet werden,
unbegründet . Aber im Hinblick auf die Stadt-Land-Ver-
teilung der schulischen Angebote sind in besonderer
Weise natürlich auch die Länder gefordert; das sage ich
sehr deutlich .

Es gibt heute eine Kombination von Betreuungsassis-
tenz und Pflegehelfern. Wir haben großartige Pflegefach-
kräfte, die nach der Hauptschule eine Pflegehelferaus-
bildung gemacht haben und dann unter Teilanerkennung
der Leistungen eine Fachausbildung absolvieren . All dies
wird weiterhin stattfinden. Ich bin davon überzeugt, dass
dieser Zugang, der von europäischer Seite immer wieder
in Frage gestellt wurde, sogar erleichtert und diese Re-
gelung deswegen auch entfristet werden kann, wenn wir
diese Ausbildung insgesamt stärken .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814807400

Nächste Fragestellerin ist die Abgeordnete

Scharfenberg, Bündnis 90/Die Grünen .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vielen Dank . – Durch den Gesetzentwurf wird deut-
lich, dass eine Nachqualifizierung im Anschluss an die
Ausbildung notwendig ist, um spezifisches Fachwissen
für die einzelnen Einsatzbereiche zu erwerben . Die Aus-
bildung soll zukünftig kostenfrei sein, was schon einmal
ein Wert an sich ist. Eine Nachqualifizierung bedeutet
aber eigentlich eine Verlängerung der grundständigen
Ausbildung .

Deshalb stellen sich jetzt schon die Fragen: Wer wird
die Nachqualifizierungen finanzieren? Wo werden die
Nachqualifizierungen stattfinden? Wird es vom Arbeitge-
ber eine Freistellung für diese Zeit geben, oder werden
sie in der Freizeit stattfinden müssen?

Wir alle wissen, dass die Pflege weiblich ist. Wenn
Nachqualifizierungen außerhalb der Arbeitszeit stattfin-
den, also in der Freizeit – vielleicht am Wochenende, am
Abend oder im Urlaub –, dann wird es natürlich noch

einmal schwieriger, Beruf, Familie und eine wirklich
gute Ausbildung gemeinsam in den Griff zu bekommen .
Wie soll das geregelt werden?


Hermann Gröhe (CDU):
Rede ID: ID1814807500

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Scharfenberg . – Zu-

nächst einmal: Bereits heute findet nach der Grundaus-
bildung in vielen Fällen eine Weiterbildung statt, die
in der Verantwortung der Länder und der dafür zustän-
digen Selbstorganisationen liegt; das erwähnten Sie ja
auch selber . Daran wird sich nichts ändern . Schon heute
wird eine Krankenschwester – oder auch ein Kranken-
pfleger –, die sich nach ihrer Grundausbildung für den
intensivmedizinischen Einsatz, für den Einsatz im OP,
für Palliative Care oder für anderes weiterbilden will, ein
solches Weiterbildungsangebot wahrnehmen, und dabei
bleibt es auch .


(Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht um den normalen Einsatz, nicht um den speziellen!)


Im Übrigen: Ich habe darauf hingewiesen, dass es in
den Projekten zu einer 70-prozentigen Überschneidung
der Inhalte kommt, und dass die überwiegende Ausbil-
dung im gewählten Vertiefungseinsatz stattfindet. Inso-
fern sind die Voraussetzungen dafür, in den unterschied-
lichen Tätigkeitsfeldern tätig zu werden, durchaus mit
denen von heute vergleichbar .

Zur Entwicklung neuer Perspektiven in der Funktions-
pflege oder anderswo wird sich daran in der Tat in vielen
Fällen eine Weiterbildung nach den bisherigen Regulari-
en anschließen .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814807600

Nächste Fragestellerin ist die Abgeordnete Pantel,

CDU/CSU-Fraktion .


Sylvia Pantel (CDU):
Rede ID: ID1814807700

Weil schon sehr viel abgearbeitet ist, bitte ich noch

einmal um die ganz klare Erklärung, dass jemandem, der
bereits längere Zeit ohne qualifizierten Hauptschulab-
schluss in der Altenhilfe gearbeitet hat, der Zugang nicht
verwehrt wird . Ist es also richtig, dass man sich aufgrund
der praktischen Tätigkeit, die man vorher erbracht hat, in
dem neuen System weiterqualifizieren und dadurch einen
höherwertigen Abschluss bekommen kann, oder wird
dadurch, dass man keinen qualifizierten Hauptschulab-
schluss vorweisen kann, eine bestimmte Laufbahn ausge-
schlossen, obwohl man in der Altenhilfe gearbeitet hat?


Hermann Gröhe (CDU):
Rede ID: ID1814807800

Frau Kollegin Pantel, ich hoffe, dass ich Ihre Frage

richtig verstanden habe . – Wenn ich heute ohne einen
qualifizierten Hauptschulabschluss in der Altenpflege
arbeite, dann werde ich zukünftig nach dem jetzigen
Zugang in die Fachausbildung – so stelle ich mir Ihren
Fall vor – als Pflegehelfer tätig sein. Diese Pflegehelfer-
tätigkeit ermöglicht es bereits heute, eine Weiterbildung
zu durchlaufen, und daran ändert sich nichts . Diese Wei-

Ingrid Pahlmann






(A) (C)



(B) (D)


terentwicklungsperspektive aus dem Helferberuf in den
Fachkraftberuf wird es also auch weiterhin geben .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814807900

Nächste Fragestellerin ist die Abgeordnete Crone,

SPD-Fraktion .


Petra Crone (SPD):
Rede ID: ID1814808000

Herzlichen Dank . – Nach dem SGB III wird die Al-

tenpflegeumschulung derzeit für einen Zeitraum von drei
Jahren voll finanziert. Meine Frage lautet: Wird diese
Tatsache in dem Gesetzentwurf berücksichtigt? Wird es
also bei dieser vollfinanzierten Umschulungsmöglichkeit
bleiben?

Manuela Schwesig, Bundesministerin für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend:

Vielen Dank, Frau Abgeordnete . – Wir planen, dass es
weiter dabei bleibt, dass wir die volle Umschulung finan-
zieren . Es ist so, wie Sie sagen: Die Regelung zum dritten
Umschulungsjahr in der Altenpflege – es war ja bisher
eine Besonderheit, dass das auch finanziert wird – ist bis
zum 31 . März dieses Jahres befristet . Deshalb sind wir
sehr froh, dass wir uns gemeinsam – Herr Gröhe, Frau
Nahles und ich – darauf verständigt haben, das weiter –
zunächst befristet bis 2017 – fortzusetzen . Im weiteren
Verfahren wollen wir auch darüber sprechen, wie eine
langfristige Lösung aussehen kann .

Da wir das Pflegeberufegesetz nicht vor Auslaufen der
Frist am 31 . März verabschieden werden, wäre unsere
Empfehlung, dass wir uns ein Gesetz als Omnibusgesetz
suchen, in das wir diese Verbesserung bzw . Fortsetzung
der Finanzierung einfügen können . Es bietet sich das
neue Jugendschutzgesetz an . Das als Ankündigung: Wir
müssen das schnell durchziehen, damit es dann auch die
Verlängerung gibt .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814808100

Die nächste Frage stellt der Abgeordnete Irlstorfer,

CDU/CSU-Fraktion .


Erich Irlstorfer (CSU):
Rede ID: ID1814808200

Frau Ministerin, meine Frage geht in folgende Rich-

tung: Was halten Sie den Verantwortlichen aus der Al-
tenpflege entgegen, die große Sorgen haben, wenn die
generalistische Ausbildung kommt bzw. greift? Es gibt
bei ihnen die Sorge, dass all diejenigen, die eine sehr
gute Qualifizierung bzw. einen guten Notendurchschnitt
haben, aufgrund der Vergütungssituation in die Kran-
kenpflege gehen, weil sie dort deutlich mehr – zwischen
600 Euro und 700 Euro – verdienen, während die Alten-
pflege im Endeffekt ein Auffangbecken für diejenigen
wird, die schlechtere schulische Leistungen aufweisen .
Oder ist an eine sofortige Angleichung der Bezahlung
zwischen Alten- und Krankenpflege gedacht?

Manuela Schwesig, Bundesministerin für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend:

Vielen Dank, Herr Abgeordneter . – Die Unterschiede
in der Bezahlung zwischen Krankenpflege und Alten-

pflege sind auch regional sehr unterschiedlich. In einigen
Bundesländern gibt es extrem große Unterschiede – sie
betragen dort zwischen 500 Euro und 1 000 Euro –, in
manchen ist der Unterschied geringer . Fakt ist, dass es
diese Unterschiede zwischen Alten- und Krankenpflege
gibt . Das hat damit zu tun, dass es sich um unterschied-
liche Berufsabschlüsse handelt . Es hat nichts damit zu
tun, dass in der Altenpflege die mit den schlechten Noten
arbeiten und in der Krankenpflege die mit den guten. Die
Ursache ist, dass Altenpflege in Bezug auf das, was dort
gefordert und geleistet wird, heute noch nicht so aner-
kannt wird wie Kranken- und Kinderkrankenpflege.

Deswegen sage ich ganz klar: Wenn wir zur Genera-
listik und zu einem einheitlichen Berufsabschluss kom-
men, wird das zu einer Anerkennung der Tätigkeit im
Bereich der Altenpflege führen. Dann wird es natürlich
zu Recht die Diskussion darüber geben, ob Altenpflege
nicht auch besser – in Richtung hin auf die Bezahlung in
der Krankenpflege – bezahlt werden muss.

Nur ein einheitlicher Berufsabschluss – davon bin ich
fest überzeugt; das ist übrigens auch meine Erfahrung als
ehemalige Gesundheitsministerin in einem ländlichen
Bundesland, wo es genau diese Probleme gibt – wird
dazu führen, dass sich die Bezahlung annähert .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814808300

Es gibt jetzt eine letzte Frage zu einem anderen Thema

von Corinna Rüffer, Bündnis 90/Die Grünen .


Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814808400

Vielen Dank . – Ich hatte schon fast gar nicht mehr da-

mit gerechnet, jetzt noch dranzukommen .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814808500

Sehen Sie mal .


Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814808600

Wunderbar, dass es geklappt hat . – Das Kabinett hat

sich ja nicht nur mit dem einen Thema Pflege beschäftigt,
sondern unter anderem auch mit der Reform des Behin-
dertengleichstellungsgesetzes . Sie haben offensichtlich
grünes Licht gegeben, sodass sich das Parlament in den
nächsten Monaten mit dem Thema beschäftigen wird .

In diesem Entwurf wird auf die Bundesverwaltung
fokussiert . Auch dazu ließen sich Fragen bezüglich der
Fristen stellen . Da gibt es einiges, was ich als unverbind-
lich bezeichnen würde . Aber in diesem Zusammenhang
erscheint mir jetzt die Frage wesentlicher zu sein, warum
der Bereich der Privatwirtschaft vollständig herausgelas-
sen worden ist .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814808700

Wer antwortet?


Hermann Gröhe (CDU):
Rede ID: ID1814808800

Ich will in einer ersten Antwort zu dem heute ohne

Aussprache im Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf
etwas sagen . Für weitere Nachfragen wäre dann das

Bundesminister Hermann Gröhe






(A) (C)



(B) (D)


BMAS – ich sehe aber gerade, dass es nicht vertreten
ist – zuständig .

Ich gebe nur folgenden Hinweis: Es geht um eine
Modernisierung im Rahmen der bisherigen Zuständig-
keiten des Behindertengleichstellungsgesetzes, das an
die Sprache bzw. Begrifflichkeit der UN-Behinderten-
rechtskonvention angepasst wird . Es geht ferner darum,
dass die Barrierefreiheit in der Bundesverwaltung auch
unter besonderer Stärkung des Aspekts der leichten
Sprache verbessert wird . Vor allen Dingen geht es dar-
um, dass entsprechende Fachstellen eingerichtet werden,
um zu einer besseren Schlichtung zu kommen, wenn es
Ausei nandersetzungen gibt . Insofern wird die bisherige
Rechtsmaterie durch neue Vorgaben weiterentwickelt .
Daraus erklärt sich diese Fokussierung .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814808900

Gut, das war es dann . – Will sonst jemand von der Re-

gierung etwas sagen? – Nein. Dann sind wir am Ende der
Befragung der Bundesregierung . Ich beende den TOP 2 .

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 auf:

Fragestunde

Drucksache 18/7210

Die Parlamentarischen Geschäftsführer haben sich
darauf verständigt, dass die Fragestunde bis 16 .20 Uhr
gehen und pünktlich um 16 .20 Uhr die Aktuelle Stunde
aufgerufen werden soll .

Wir kommen nun zu den mündlichen Fragen in der
üblichen Reihenfolge .

Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Auswär-
tigen Amts . Zur Beantwortung steht bereit Staatsminister
Michael Roth .

Ich rufe Frage 1 der Abgeordneten Sevim Dağdelen,
Fraktion Die Linke, auf:

Welche Kenntnisse (auch nachrichtendienstliche) hat die
Bundesregierung, dass der Chef der nigerianischen Terrormi-
liz Boko Haram, Abubakar Shekau, dem „Islamischen Staat“

(IS) die Treue von Boko Haram zugesichert hat (www .bbc .

com/news/world-africa-31784538), sodass der Vorstoß der
Terrormiliz IS in Libyen auch nach Süden insofern beson-
ders gefährlich ist, weil hier ein Schulterschluss mit der Ter-
rorgruppe Boko Haram droht, was die Sicherheitslage in den

(www . nzz .ch/international/zwischen-is-und-boko-haram-droht-einschulterschluss-1 .18672875)

zieht die Bundesregierung daraus für den Einsatz der Bundes-
wehr in Mali?

Herr Staatsminister, bitte .


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1814809000

Vielen Dank, Herr Präsident . – Frau Kollegin

Dağdelen, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Nach
den Erkenntnissen, die der Bundesregierung vorliegen,
hat die – – Bei dieser Unruhe kann ich die Frage nicht
beantworten .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814809100

Es wäre nett, wenn die Kollegen, die nicht mehr zuhö-

ren wollen, ihre Gespräche draußen führen würden . Ich

bitte darum, sich auf der Regierungsbank solidarisch zu
verhalten und die Besprechungen nicht jetzt zu führen .
Bitte geben Sie dem Staatsminister Gelegenheit, seine
Ausführungen zu machen .


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1814809200

Ich tue das aus Respekt gegenüber dem Parlament und

nicht aus Lust und Laune .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814809300

Wir erwarten allerdings, Herr Staatsminister, dass Sie

dem Parlament mit Lust und Laune Rede und Antwort
stehen . Das ist schon eine andere Sache .


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)



Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1814809400

Herr Präsident, ich gebe trotz meiner leichten Er-

kältung das Beste, wie immer . – Frau Abgeordnete
Dağdelen, ich beantworte Ihre Frage für die Bundesre-
gierung wie folgt: Nach Erkenntnissen, die der Bundes-
regierung vorliegen, hat die nigerianische Terrormiliz
Boko Haram der Terrororganisation „Islamischer Staat“,
IS, die Treue zugesichert .

Nun wissen Sie, dass es eine relativ große geografi-
sche und territoriale Distanz zwischen deren Operations-
gebieten gibt . Insofern konzentriert sich die bisherige
Kooperation vor allem auf die Bereiche Logistik, Finan-
zierung und Rekrutierung. Hier findet eine Zusammen-
arbeit zwischen Boko Haram und der Terrororganisation
„Islamischer Staat“ statt .

Boko Haram agiert hauptsächlich mit einer regio-
nalen Agenda und stellt insbesondere eine Bedrohung
in Nigeria und in den angrenzenden Ländern dar . Eine
erfolgreiche Stabilisierung Malis, über die wir in dieser
Woche debattieren werden, wird – das hoffen wir zumin-
dest – positive Auswirkungen auf die Lage im weiteren
Sahelraum, bei den Nachbarn und möglicherweise auch
in Libyen haben und mit dazu beitragen, eine verstärkte
länderübergreifende Ausbreitung terroristischer Vereini-
gungen zu verhindern . Genau in diesem Zusammenhang
möchte ich die Ausweitung des deutschen Engagements
in der VN-Mission MINUSMA verstanden wissen .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814809500

Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin?


Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814809600

Vielen Dank, Herr Präsident . – Herr Staatsminister

Roth, ich halte das für eine sehr gewagte These . Wenn
der UN-Sondergesandte für Libyen, Herr Kobler, ganz
klar erklärt, dass durch diese Zusammenarbeit die Gefahr
einer Destabilisierung und eine Gefahr für die Sicherheit
der Länder Niger und Tschad besteht, und wenn man
weiß, dass Mali ein Nachbarland Nigers ist, dann ist mei-
ner Meinung nach die These sehr steil, die Gebiete seien
so weit voneinander entfernt, dass dies den Einsatz der
Bundeswehr in Mali mit Sicherheit nicht tangieren wird .

Bundesminister Hermann Gröhe

http://www.bbc.com/news/world-africa-31784538
http://www.bbc.com/news/world-africa-31784538
http://www.nzz.ch/international/zwischen-is-und-boko-haram-droht-ein-schulterschluss-1.18672875
http://www.nzz.ch/international/zwischen-is-und-boko-haram-droht-ein-schulterschluss-1.18672875
http://www.nzz.ch/international/zwischen-is-und-boko-haram-droht-ein-schulterschluss-1.18672875





(A) (C)



(B) (D)


Mit welcher Sicherheit können Sie ausschließen, dass
die Ausbreitung des IS in der Region, auch mithilfe von
Boko Haram, in irgendeiner Weise den Einsatz der Bun-
deswehr in Mali berühren wird? Inwieweit können Sie
auch ausschließen, dass dies den Einsatz der Bundes-
wehr im Rahmen von EUNAVFOR MED in der zweiten
Phase dieses Einsatzes, der am 7 . Januar dieses Jahres
im Rat der Europäischen Union beschlossen worden ist,
tangiert?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1814809700

Frau Abgeordnete Dağdelen, ich habe Ihnen die bis-

herigen Erkenntnisse der Bundesregierung geschildert .
Die müssen Sie nicht teilen . Das ist Ihr gutes Recht . Ich
habe darauf hingewiesen, dass es in einigen Bereichen
eine Kooperation zwischen der Terrororganisation „Isla-
mischer Staat“ und der Terrororganisation Boko Haram
gibt . Aber die Befürchtungen, die Sie eben abermals zum
Ausdruck gebracht haben, teilen wir derzeit nicht .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814809800

Mögen Sie noch eine Zusatzfrage stellen, Frau

Dağdelen? – Bitte.


Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814809900

Ich habe die Antwort, die Sie vorgetragen haben, zur

Kenntnis genommen . Aber ich möchte nachfragen, weil
meine erste Frage insofern nicht beantwortet wurde, als
Sie auf Ihre ursprüngliche Antwort hingewiesen haben .

Welche Erkenntnisse liegen Ihnen vor, um das auszu-
schließen? Das würde ich gerne wissen. Vielleicht sind
es nachrichtendienstliche Erkenntnisse; dann können
Sie sie uns gerne zukommen lassen . Welche Erkenntnis-
se oder Informationen liegen Ihnen vor, um eine solche
Aussage zu tätigen, dass der Einsatz in Mali durch die
Ausbreitung des IS in Libyen und durch die Zusammen-
arbeit mit Boko Haram in der Region in keinster Weise
tangiert wird?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1814810000

Frau Abgeordnete Dağdelen, ich habe Ihnen geschil-

dert, dass Boko Haram eine regionale Agenda verfolgt
und dass dies eine große Gefahr für die Sicherheitslage in
Nigeria und in den angrenzenden Ländern darstellt . Ich
habe den Status quo beschrieben . Ich habe Ihnen die Er-
kenntnisse präsentiert, die uns derzeit vorliegen .

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch . Ich kann ange-
sichts der derzeitigen Lage in der Region nicht irgendet-
was kategorisch, zu 100 Prozent, ausschließen . Ich bin
mir auch ziemlich sicher, dass mich die Kolleginnen und
Kollegen so auch nicht verstanden haben .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814810100

Nachfrage des Abgeordneten Beck, Bündnis 90/Die

Grünen, zu diesem Thema .


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814810200

Dafür, dass Sie als Bundesregierung gerade bei der

unübersichtlichen Sicherheitslage in der Region etwas

nicht kategorisch ausschließen können, habe ich großes
Verständnis . Vor diesem Hintergrund frage ich Sie, ob
Sie die Erkenntnisse der Bayerischen Staatsregierung,
dass es sich bei Mali um ein sicheres Herkunftsland han-
deln soll, bestätigen können und welche Auswirkungen
das gegebenenfalls auf unser militärisches Engagement
in Mali hat . Denn in sicheren Herkunftsstaaten sind wir
nicht gefragt .


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1814810300

Angesichts der derzeitigen Lage in Mali, die Ihnen si-

cherlich auch bekannt ist, Herr Abgeordneter Beck, geht
es gerade darum, diese Lage mit unserem konkreten En-
gagement zu verbessern . Die Stabilisierung Malis bleibt
nach wie vor ein Schwerpunkt unserer Politik . Wir sind
in den EU-Missionen EUTM Mali und EUCAP Sahel
Mali engagiert . Morgen steht noch einmal die VN-Missi-
on MINUSMA auf der Tagesordnung .

Wir engagieren uns seit Jahrzehnten im Rahmen der
militärischen Ausstattungshilfe . Das Auswärtige Amt un-
terstützt das Versöhnungsministerium und Projekte der
humanitären Hilfe mit Geldern in Höhe von 5,9 Milli-
onen US-Dollar . Wir sind im Kampf gegen Ebola und
in dem Programm zur Kontrolle von Kleinwaffen enga-
giert, und das Entwicklungshilfeministerium leistet Hil-
fe in den Bereichen Landwirtschaft, Beschäftigung und
Nahrungsmittelversorgung .

Insofern gibt es ein konkretes Engagement der Bun-
desregierung,


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war nicht so richtig meine Frage!)


gerade weil die Lage in Mali so ist, wie sie ist . Ich werde
seitens der Bundesregierung nicht Überlegungen einer
Landesregierung bewerten . Ich kann Ihnen nur meine ei-
genen Bewertungen präsentieren .


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die sind ja deutlich geworden!)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814810400

Eine Nachfrage dazu von der Abgeordneten Lemke,

Bündnis 90/Die Grünen .


Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814810500

Dafür habe ich Verständnis, Herr Staatsminister . Ich

möchte mich nur noch einmal vergewissern: Die Bun-
desregierung ist also nicht der Auffassung, dass Mali ein
sicheres Herkunftsland ist?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1814810600

Ich kann Ihnen nur die derzeitige Position der Bundes-

regierung präsentieren . Derzeit hat die Bundesregierung
noch keinen Beschluss gefasst – und es ist auch derzeit
kein Beschluss geplant –, dass Mali ein sicheres Her-
kunftsland ist .


(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke!)


Sevim Dağdelen






(A) (C)



(B) (D)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814810700

Wir kommen damit zur Frage 2, ebenfalls von der Ab-

geordneten Sevim Dağdelen, Fraktion Die Linke:
Sieht die Bundesregierung in der palästinensischen Ter-

rororganisation Hamas, die als Teil der Muslimbruderschaft
Kriegspartei in Syrien gegen den syrischen Präsidenten
Baschar al-Assad ist, einen gemäßigten bzw . moderaten Bünd-
nispartner vor dem Hintergrund, dass die Hamas beispielswei-
se mit dem „Islamischen Staat“ in Ägypten zusammenarbeitet

(www .washingtoninstitute .org/policy-analysis/view/hamasand-the-islamic-state-growing-cooperation-in-thesinai)

welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus,
dass es nicht zuletzt infolge der Unterstützung von Hamas auf
der einen und des IS auf der anderen Seite durch die Türkei,
Saudi-Arabien und Katar den Terror in dieser Größenordnung
gibt, für politische, militärische und finanzielle Unterstützung
durch Deutschland (www .heise .de/tp/artikel/46/46600/1 .html)?

Herr Staatsminister .


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1814810800

Ich bedanke mich, Herr Präsident . – Frau Kollegin

Dağdelen, Sie wissen, dass sowohl der politische als
auch der militärische Arm der Hamas von der Europä-
ischen Union als Terrororganisation eingestuft werden .
Wir verfolgen eine sogenannte „non-contact policy“,
die Hamas kommt für uns als Bündnispartner nicht in-
frage . Der Bundesregierung liegen auch keine Hinweise
auf eine staatliche Unterstützung der Terrororganisation
„Islamischer Staat“ durch Saudi-Arabien, Katar oder
die Türkei vor . Die Türkei, Katar und Saudi-Arabien
sind als Teil der sogenannten Anti-IS-Koalition im An-
titerrorkampf aktiv . Saudi-Arabien hat im August 2014
100 Millionen US-Dollar für das VN-Antiterrorzentrum
in New York gespendet .

Die Türkei tritt im Nahostfriedensprozess als Fürspre-
cher der Palästinenser auf . Die Hamas wird von Ankara
nicht als eine Terrororganisation betrachtet . Ihr politi-
scher Führer Chalid Maschal war wiederholt Gast der
derzeitigen AKP-Regierung in der Türkei .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814810900

Es gibt keine weiteren Zusatzfragen .

Die Frage 3 des Kollegen Omid Nouripour, die Fra-
gen 4 und 5 der Kollegin Heike Hänsel und die Frage 6
der Abgeordneten Ulla Jelpke werden schriftlich beant-
wortet .

Ich rufe nun den Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums des Innern auf . Für die Beantwortung steht der
Parlamentarische Staatssekretär Dr . Ole Schröder bereit .

Die Frage 7 der Abgeordneten Ulla Jelpke wird
schriftlich beantwortet .

Wir kommen nun zur Frage 8 des Abgeordneten
Volker Beck:

Wie wird sich die Beendigung der Praxis, Asylanträge von
Flüchtlingen aus Syrien, dem Irak und Eritrea im schriftlichen
Verfahren zu bearbeiten, und die damit einhergehende Rück-
kehr zur persönlichen Anhörung jedes Asylbewerbers aus
diesen Staaten auf die durchschnittliche Dauer der Asylver-
fahren insgesamt bzw . der Asylverfahren dieser Flüchtlinge
auswirken, und welche gesetzgeberischen, haushaltspoliti-
schen und sonstigen Maßnahmen wird die Bundesregierung
ergreifen, um die Mehrbelastung des Bundesamts für Migrati-

on und Flüchtlinge, der Verwaltungsgerichte und anderer mit
der Flüchtlingsaufnahme befasster Stellen abzuwenden bzw .
abzumildern?

Herr Staatssekretär, bitte .

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1814811000


Herr Abgeordneter Beck, ich beantworte Ihre Frage
wie folgt: Nach derzeitiger Einschätzung des Bundesam-
tes für Migration und Flüchtlinge werden sich die jewei-
ligen Asylverfahren um die Dauer der Organisation und
Durchführung der Anhörung verlängern . Die Anhörun-
gen dauern im Mittel bei Fällen ohne Besonderheiten,
unabhängig vom Herkunftsland, 40 bis 120 Minuten,
je nach Sachvortrag . Die Auswirkungen auf die durch-
schnittliche Dauer der Asylverfahren insgesamt lassen
sich nicht quantifizieren, da die durchschnittliche Dauer
der Asylverfahren von zahlreichen Variablen abhängt .
Die Bundesregierung hat jedenfalls eine Reihe von Maß-
nahmen ergriffen, um die Asylverfahren insgesamt zu
beschleunigen und die bereits anhängigen Verfahren ab-
zubauen .

Im Bereich der Gesetzgebung ist das Asylpaket I zur
Beschleunigung der Asylverfahren bereits Ende Okto-
ber 2015 in Kraft getreten . Das Datenaustauschverbes-
serungsgesetz, bei dem die schnelle Registrierung der
Asylsuchenden im Vordergrund steht, wird voraussicht-
lich im Februar 2016 in Kraft treten . Mit dem Asylpa-
ket II, das voraussichtlich in wenigen Tagen in das Kabi-
nett kommt, werden die Verfahren für Asylbewerber mit
geringer Aussicht auf Anerkennung weiter beschleunigt .

Der Haushaltsgesetzgeber hat zahlreiche Maßnahmen
zur Bewältigung der Flüchtlingslage beschlossen . Im
Einzelplan 06 wurden hierfür zusätzliche Mittel in einem
Umfang von 900 Millionen Euro und knapp 4 000 Stel-
len für das Jahr 2016 beschlossen . Insgesamt wurden für
diesen Bereich weitere Leistungen des Bundes mit einem
Volumen von 4,2 Milliarden Euro im parlamentarischen
Verfahren zum Bundeshaushalt 2016 beschlossen . Das
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wurde perso-
nell massiv aufgestockt . Der Personalkörper des BAMF
umfasst mit Stand 1 . Januar 2016 rund 3 300 Vollzeit-
äquivalente . Das BAMF hat außerdem eine Reihe organi-
satorischer Maßnahmen ergriffen, um die Asylverfahren
zu beschleunigen und die Zahl der anhängigen Verfahren
zu verringern, unter anderem die Einrichtung von vier
Entscheidungszentren, Einsatz mobiler Teams zur Regis-
trierung der Asylsuchenden, Cluster der Verfahren, Ein-
teilung in drei Kategorien zur effizienten Bearbeitung der
Verfahren . Das sind die wesentlichen Maßnahmen . Ich
könnte das noch näher ausführen, denke aber, dass dies
das Wesentliche ist .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814811100

Eine Zusatzfrage, Abgeordneter Beck .


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814811200

Es wäre schön, wenn Sie nur die Fragen beantwor-

ten würden, anstatt uns allgemein bekannte Tatsachen
zu übermitteln . Was der Haushaltsgesetzgeber bzw . der

http://www.washingtoninstitute.org/policy-analysis/view/hamas-and-the-islamic-state-growing-cooperation-in-the-sinai
http://www.washingtoninstitute.org/policy-analysis/view/hamas-and-the-islamic-state-growing-cooperation-in-the-sinai
http://www.heise.de/tp/artikel/46/46600/1.html





(A) (C)



(B) (D)


Gesetzgeber beschlossen hat, weiß der Bundestag im
Wesentlichen, weil er an der Gesetzgebung nicht unmaß-
geblich beteiligt ist .

Die Frage ist schon: Welche Auswirkungen hat es,
dass diese Fälle nicht mehr schriftlich, sondern im Rah-
men eines mündlichen Anhörungsverfahrens bearbeitet
werden? Ich habe Ihrer Antwort entnommen, dass das
im Durchschnitt pro Fall bis zu 120 Minuten dauert . Das
heißt natürlich: Das dauert alles länger . Wenn wir da-
von ausgehen, dass sich die Aufnahme von Flüchtlingen
nicht mit der Jahreswende erledigt hat, sondern dass der
Prozess noch weitergeht, kommen wir wieder zu langen
Verfahrensdauern . Wir haben heute im Innenausschuss
gesagt, dass wir bei bestimmten Gruppen schnellere Ent-
scheidungen brauchen, damit die Leute das Land wieder
verlassen . Das verhindern Sie .

Man hat den Eindruck, dass Sie mit der einen Maß-
nahme einreißen, was Sie mit der anderen Maßnahme,
der Personalaufstockung durch den Haushaltsgesetzge-
ber, gerade zu reparieren versucht haben . Deshalb schon
noch einmal meine Frage: Können Sie dem Bundestag
zumindest perspektivisch zusagen, monatlich zu berich-
ten, wie sich die Verfahrensdauer verändert, damit wir
als Gesetzgeber gegebenenfalls die Grundlage haben, um
wieder einzugreifen?

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1814811300


Herr Kollege Beck, Sie haben ausdrücklich nach or-
ganisatorischen und haushalterischen Maßnahmen ge-
fragt . Die habe ich vorgetragen . Ich habe nicht gesagt,
dass die Anhörungen immer 120 Minuten dauern, son-
dern sie dauern 40 bis 120 Minuten, je nach Komplexität
des Falls . Ich gehe nicht davon aus, dass die Bearbeitung
bei allen Fällen von syrischen Flüchtlingen 120 Minuten
dauern wird, sondern dass sie eher nicht so komplex sind
und deshalb schneller gehen .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814811400

Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Beck?


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814811500

Ja . – Wir wollen konstruktiv sein . Wir alle haben ein

Interesse, dass wir diese Aufgabe bewältigen . Wäre es
nicht sinnvoller, gerade bei Syrern und Irakern mit ei-
nem vereinfachten Verfahren, das die Identitäts- und Si-
cherheitsüberprüfung im Rahmen der Registrierung löst,
diese Aufgaben vorzuverlagern, damit man zu einer be-
schleunigten Bearbeitung bei den Fällen, die ohnehin zu
einer Anerkennung führen, kommt und Kapazitäten hat,
um die abzulehnenden Fälle ordentlich zu bearbeiten?

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1814811600


Diese Einzelfallprüfung ist erforderlich . Das haben
auch alle Landesinnenminister so gesehen . Wir setzen
das um, um auch genau entscheiden zu können, ob die
Asylbewerber lediglich subsidiären Schutz erhalten oder
den Status nach der Genfer Flüchtlingskonvention .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814811700

Wir kommen zur Frage 9 des Abgeordneten Volker

Beck, Bündnis 90/Die Grünen:
Werden Dublin-Rückführungen nach Griechenland in

Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverfassungs-
gerichts, des Gerichtshofs der Europäischen Union und des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte weiterhin
in jedem Fall ausgesetzt, und inwiefern ist es aus Sicht der
Bundesregierung menschenrechtlich verantwortbar, dass das
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bei sogenannten
Dublin-Fällen aus Ungarn und Bulgarien nicht generell von

(Artikel 17 der Dublin-III-Verordnung)

Verwaltungsgerichte in solchen Fällen nicht selten einstweili-

(so zum Beispiel Verwaltungsgericht – VG – Aachen vom 5 . November 2015, VG Bayreuth vom 12 . Oktober 2015, VG Potsdam vom 20 . Juli 2015, 3 . Juli 2015, 28 . Oktober 2014, VG Berlin vom 17 . März 2015, 18 . Dezember 2014, VG Meiningen vom 5 . Januar 2015, VG München vom 9 . Juli 2014)

lich verzögert werden?

Herr Staatssekretär, bitte .

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1814811800


Ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Das Bundesmi-
nisterium des Innern hat das Bundesamt für Migration
und Flüchtlinge angewiesen, bis zum 30 . Juni 2016 an
Griechenland keine Aufnahme- oder Wiederaufnahme-
gesuche nach der Dublin-Verordnung wegen der dort be-
stehenden systemischen Mängel zu richten, soweit nicht
eine andere Bewertungslage im Rahmen der Europäi-
schen Union vorher eintritt .

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge prüft
bei Dublin-Bezügen zu Ungarn jeden Fall als Einzelfall
einschließlich der Aspekte für einen Selbsteintritt . Nach
den vorliegenden Angaben des Flüchtlingshilfswerks der
Vereinten Nationen, der Auslandsvertretungen und der
Mitgliedstaaten kann nicht davon ausgegangen werden,
dass in Ungarn systemische Mängel des Asylverfahrens
und der Aufnahmebedingungen im Sinne der Rechtspre-
chung des Europäischen Gerichtshofs vorliegen .

Diese Beurteilung wird von verschiedenen deutschen
Verwaltungsgerichten und Oberverwaltungsgerichten
und auch durch Entscheidung des Europäischen Ge-
richtshofs für Menschenrechte vom 3 . Juli 2014 bestä-
tigt . Die Gerichte haben festgestellt, dass das ungarische
Asylsystem im Einklang mit den internationalen und eu-
ropäischen Standards stehe und die wichtigsten Garan-
tien enthalte .

Diese Feststellungen umfassen sowohl das Asylver-
fahren als auch die in Ungarn vorhandenen Aufnahme-
bedingungen, insbesondere auch im Hinblick auf die
dort bestehenden Möglichkeiten der Verhängung von
Asylhaft, wobei sich insbesondere der Europäische Ge-
richtshof für Menschenrechte in seiner Entscheidung
vom 3 . Juli 2014 ausführlich mit der Kritik verschiedener
Nichtregierungsorganisationen und des UNHCR kritisch
auseinandergesetzt und festgestellt hat, dass keine syste-
mischen Mängel anzunehmen seien .

Auch beim bulgarischen Asylsystem liegen keine
Gründe zur Annahme von systemischen Mängeln vor .

Volker Beck (Köln)







(A) (C)



(B) (D)


Dies wird von vielen deutschen Verwaltungsgerichten
bestätigt . Zwar sprach sich der UNHCR in seinem Be-
richt „Bulgaria as a Country of Asylum“ vom 2 . Januar
2014 vor dem Hintergrund erheblich gestiegener Flücht-
lingszahlen dafür aus, zunächst von Überstellungen nach
Bulgarien abzusehen . Dies rechtfertige jedoch nicht die
Annahme systemischer Mängel im Sinne der Rechtspre-
chung des EuGH und des EGMR . Drei Monate später,
am 15 . April 2014, ging der UNHCR in einem weiteren
Bericht aber davon aus, dass aufgrund der erzielten Fort-
schritte und trotz des gestiegenen Flüchtlingszustroms
die Anforderungen des Gemeinsamen Europäischen
Asylsystems gewährleistet seien und Überstellungen
nach Bulgarien nicht grundsätzlich ausgesetzt werden
müssten .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814811900

Zusatzfrage .


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814812000

Wie Sie das schildern, dürfte es all die Urteile, die ich

in meiner Frage zitiert habe, nicht geben . Wie bewerten
Sie denn die verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen,
die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangen
sind, vom VG Aachen vom 5 . November 2015, vom VG
Bayreuth vom 12 . Oktober 2015, vom VG Potsdam vom
20 . Juli 2015, vom 3 . Juli 2015, vom 28 . Oktober 2014,
vom VG Berlin vom 17 . März 2015, vom 18 . Dezember
2014, vom VG Meiningen vom 5 . Januar 2015, vom VG
München vom 9. Juli 2014?

Was hier auffällt, ist, dass das nicht in irgendeinem be-
stimmten Bundesland so gesehen wird, sondern dass sich
das quer durch die Republik von München bis Potsdam
zieht . Vor diesem Hintergrund würde ich schon gerne
wissen: Welche Erkenntnisse haben Sie, die diesen ver-
waltungsgerichtlichen Entscheidungen widersprechen?

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1814812100


Diese Entscheidungen bestärken uns in der Ansicht,
dass wir selbst eine Einzelfallprüfung vornehmen müs-
sen . Das bezieht sich insbesondere auf besonders schutz-
bedürftige Personen, die beispielsweise nicht reisefähig
sind oder einer besonderen medizinischen Behandlung
bedürfen . Aber die gerichtlichen Entscheidungen, die Sie
zitiert haben, begründen nicht die Annahme, dass es sol-
che systemischen Mängel gibt, dass dorthin nicht über-
führt werden kann .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814812200

Noch eine Zusatzfrage .


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814812300

Es ist schwer, in einem Einzelfall zu klären, ob die

Verfahren in einem anderen Land grundsätzlich nicht
rechtsstaatlich sind . Entweder sind sie es nicht, und man
weiß erst hinterher, wenn jemand das Verfahren durch-
laufen hat, ob er von dieser Nichtrechtsstaatlichkeit be-
troffen ist, oder sie sind es nicht . Ich weiß nicht, was die
Einzelfallbewertung da bringen soll . Trotzdem würde ich

Sie gerne einmal fragen: Wie viele verwaltungsgerichtli-
che Kapazitäten und BAMF-Kapazitäten kostet es uns,
dass wir hier von dem Selbsteintrittsrecht nicht Gebrauch
machen?

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1814812400


Natürlich hat das miteinander zu tun . Auf der einen
Seite geht es um die Frage von systemischen Mängeln .
Sie liegen nicht vor; so lautet jedenfalls die europäische
Rechtsprechung . Sie ist für uns maßgeblich . Dann ist die
Frage, ob im Einzelfall eine Überführung durchgeführt
werden kann .


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe Sie nach den Kapazitäten gefragt, nicht nach der politischen Einschätzung! Das mache ich selbst!)


– Die Kapazitäten sind in den Verwaltungsgerichten na-
türlich vorhanden . Jedem steht es in einem Rechtsstaat
frei – nach der Dublin-III-Verordnung ist es ja auch
festgeschrieben –, den Rechtsweg einzuschlagen . Daran
wollen wir nichts ändern und Sie sicherlich auch nicht .
Deshalb müssen diese Kapazitäten vorhanden sein .


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe nach dem Volumen der Kapazitäten gefragt!)


Für uns ist klar: Wenn wir einen europäischen Vertei-
lungsmechanismus wollen, dann ist es für uns selbstver-
ständlich, dass wir gerade in die osteuropäischen Mit-
gliedstaaten überführen . Wir wollen diese Staaten daran
beteiligen, Flüchtlinge, die nach Europa gekommen sind,
aufzunehmen . Diese Staaten wollen wir eben gerade
nicht ausschließen .


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie mir einmal eine Frage beantworten würden!)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814812500

Die Frage 10 der Abgeordneten Corinna Rüffer, die

Frage 11 des Abgeordneten Dr . Konstantin von Notz, die
Frage 12 der Abgeordneten Irene Mihalic und die Fra-
ge 13 der Abgeordneten Katharina Dröge werden schrift-
lich beantwortet .

Wir kommen zur Frage 14 der Abgeordneten Petra
Pau, Fraktion Die Linke:

Wann genau und aus welchem Anlass wurden die rechts-
extremistische Gruppierung „Sturm 18 e . V .“ und besonders
gewaltbereite Personen dieses Vereins im Gemeinsamen Ab-
wehrzentrum gegen Rechtsextremismus/-terrorismus (GAR)

bzw . Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzen-
trum (GETZ) behandelt (bitte genau nach Datum und Anlass
auflisten), dies vor allem auch vor dem Hintergrund, dass dem
Umfeld dieses rechtsextremen Vereins „fast 300 Straftaten“

(www .tagesspiegel .de/politik/nachrazzien-im-august-hessenverbietet-rechtsextremistischenverein-sturm-18/12513592 . html, 26 . November 2015, 9 .58 Uhr)

Hausdurchsuchungen Waffen sichergestellt worden waren?

Herr Staatssekretär, bitte .

Parl. Staatssekretär Dr. Ole Schröder

http://www.tagesspiegel.de/politik/nach-razzien-im-august-hessen-verbietet-rechtsextremistischenverein-sturm-18/12513592.html
http://www.tagesspiegel.de/politik/nach-razzien-im-august-hessen-verbietet-rechtsextremistischenverein-sturm-18/12513592.html
http://www.tagesspiegel.de/politik/nach-razzien-im-august-hessen-verbietet-rechtsextremistischenverein-sturm-18/12513592.html





(A) (C)



(B) (D)


D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1814812600


Herr Präsident! Bei „Sturm 18 e . V .“ handelt es sich
um eine Gruppierung, die in die Zuständigkeit des Lan-
des Hessen fällt . Demzufolge liegt es in der Entschei-
dung des Landes Hessen, ob und wie dieser Vorgang im
Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehr-
zentrum behandelt wird und wie diese Informationen
weitergegeben werden dürfen .

Die aus Sicht der Bundesregierung weitergabefähigen
Informationen wurden bereits in der Antwort der Bun-
desregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die
Linke auf Bundestagsdrucksache 18/7028 vom 14 . De-
zember 2015 mitgeteilt .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814812700

Zusatzfrage? – Bitte.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814812800

Vielleicht zur Erklärung für diejenigen, die uns hier

zuhören – sie wundern sich womöglich –: Herr Staats-
sekretär antwortete, dass in der Antwort auf eine Kleine
Anfrage der Fraktion Die Linke vom 10 . Dezember 2015
die entsprechenden der Bundesregierung vorliegenden
Erkenntnisse mitgeteilt wurden . Ausgerechnet das ist
nicht der Fall: Die Bundesregierung hat uns nämlich in
der Beantwortung der Kleinen Anfrage zum Vereinsver-
bot dieser militanten, hochgefährlichen Neonaziorga-
nisation mitgeteilt, dass ihr keine eigenen Erkenntnisse
vorliegen, obwohl, wie Sie sich in dieser Antwort aus-
drücken, mehrfach ebendiese Gruppierung und die Vor-
gänge, die zum Vereinsverbot im Bundesland Hessen ge-
führt haben, Gegenstand der Beratungen im eigens nach
dem Auffliegen des NSU gegründeten Gemeinsamen
Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum waren .
Deshalb noch einmal meine Frage: Welche Erkenntnisse
wurden dort ausgetauscht, nicht mit Blick auf Hessen,
sondern mit Blick auf die allgemeine Gefährdung der
Demokratie sowie von Leib und Leben durch militante,
sich vernetzende Neonazis, die von diesem „Sturm 18“
ausgeht?

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1814812900


Sie haben das richtig beschrieben . Das sind keine Er-
kenntnisse der Bundesregierung, sondern Erkenntnisse
der Sicherheitsbehörden des Landes Hessen . Deshalb
sind die Sicherheitsbehörden des Landes Hessen auch
dafür verantwortlich, diese Informationen weiterzuge-
ben . Für die parlamentarische Kontrolle dieses Vorgangs
ist der Landtag in Hessen zuständig und nicht der Deut-
sche Bundestag . Genau so ist es .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814813000

Noch eine Frage? – Bitte.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814813100

Dann versuche ich noch einmal, Ihnen zu helfen, mein

Erkenntnisinteresse zu verstehen . Es gibt hier nicht nur
Fakten, die im Bundesland Hessen den Sicherheitsbehör-

den zum Verein „Sturm 18“ und den Mitgliedern vorla-
gen . Dieser Verein war beispielsweise auch Gegenstand
eines Verfassungsschutzberichts des Landes Niedersach-
sen . Da ging es um die „Kameradschaft Dreiländereck“,
deren Bestandteil der „Sturm 18“ war .

Nach meinem Verständnis wurde das Gemeinsame
Abwehrzentrum gerade deshalb geschaffen, um alle
verfügbaren Informationen, egal bei welcher Behörde
in welchem Bundesland oder bei welcher Bundesbehör-
de sie anfallen, zu vernetzen, um rechtzeitig Gefahren
nicht nur zu erkennen, sondern auch abzuwehren und
Schlussfolgerungen zu ziehen . Deshalb möchte ich wis-
sen: Welchen Erkenntnisgewinn hat denn die Bundesre-
gierung aus der mehrfachen Behandlung dieser Vorgänge
gezogen, und was haben Sie – jetzt komme ich zu Ihrer
Zuständigkeit – in den Behörden des Bundes veranlasst?

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1814813200


Beim Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismus-
abwehrzentrum handelt es sich um eine Kooperations-
plattform und keine eigene Behörde . Deshalb ist immer
die jeweilige eigene Behörde zuständig .

Selbstverständlich hat man sich dort ausgetauscht .
Das Land Hessen war bereits dabei, diese Organisati-
on zu verbieten . Deshalb ist das Bundesamt für Verfas-
sungsschutz nicht weiter tätig geworden, auch um dieses
Verbotsverfahren nicht zu gefährden .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814813300

Bitte schön, Herr Kollege .


Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814813400

Da muss ich noch einmal nachhaken . Habe ich Sie

jetzt richtig verstanden, dass Ihnen keine Erkenntnisse
vorliegen? Obwohl durch die Medien gegangen ist, wie
der „Sturm 18 e . V .“ sich sowohl nach Südniedersach-
sen als auch nach Westthüringen vernetzt hat, das Gan-
ze im niedersächsischen Verfassungsschutzbericht 2014
auftaucht, der Vereinsvorsitzende vom „Sturm 18 e . V .“
sich – ich weiß nicht, 2000 und irgendwann – in Kas-
sel mit Mundlos und Böhnhardt getroffen hat und nach
dem NSU, wozu wir auch im Bundestag einen Untersu-
chungsausschuss haben – und wir sagen: aus den Fehlern,
die seinerzeit gemacht wurden, haben wir jetzt gelernt –,
sagen Sie heute: Das ist Ländersache . Da gibt es kein ei-
genes Amt . Wir haben keine Erkenntnisse . – Obwohl so
eine Vernetzung schon durch die Medien ging, sagen Sie:
Da sind wir nicht zuständig . – Gehe ich recht in der An-
nahme, dass Sie aus dem NSU-Skandal – „Skandal“ ist
noch sehr beschönigt ausgedrückt – offensichtlich nichts
gelernt haben?

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1814813500


Ihre Unterstellungen sind falsch . Für das Bundesamt
für Verfassungsschutz und für die Bundesregierung war
entscheidend, dass diese Organisation vom Land Hessen
verboten wird . Das war die entscheidende Information .






(A) (C)



(B) (D)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814813600

Ich rufe die Frage 15 der Abgeordneten Pau, Fraktion

Die Linke, auf:
Welche genauen Informationen wurden in diesem Zusam-


(bitte einzeln nach Datum und Anlass des Informationsaustausches im GETZ darlegen)

Schlussfolgerungen und Maßnahmen wurden daraus jeweils

(bitte ebenfalls nach Datum und Anlass des Informationsaustausches auflisten)


Bitte, Herr Staatssekretär .

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1814813700


Zu dieser Frage verweise ich auf meine Antwort auf
die vorangegangene Frage sowie auf die Antwort der
Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion
Die Linke vom 14 . Dezember 2015, die schon erwähnt
wurde .

Zudem werden durch das Gemeinsame Extremis-
mus- und Terrorismusabwehrzentrum keine operativen
Maßnahmen beschlossen . Dies obliegt vielmehr den teil-
nehmenden Behörden im Rahmen ihrer jeweiligen Zu-
ständigkeiten .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814813800

Zusatzfrage? – Bitte schön.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814813900

Ich versuche es wieder, obwohl ich ahne, dass Sie

die Fakten nicht dabeihaben, obwohl Sie darauf hätten
vorbereitet sein können, dass wir nach der nichtssagen-
den Antwort auf die Kleine Anfrage nachfragen . – Ich
wüsste gern, ob zu irgendeinem Zeitpunkt aus Ihrer Sicht
das Bundeskriminalamt oder aber auch das Bundesamt
für Verfassungsschutz zuständig geworden wäre, um
Maßnahmen beispielsweise im Zuge der ja immer noch
laufenden NSU-Aufklärung auch gegenüber Mitglie-
dern – oder ehemaligen Mitgliedern, da der Verein jetzt
verboten ist – des Vereins „Sturm 18“ durchzuführen .
Ich verweise auf ein Gründungsmitglied oder auch den
Chef dieser Vereinigung in seiner Eigenschaft als Zeuge
sowohl vor dem Bundeskriminalamt als auch vor dem
Oberlandesgericht in München, aber auch auf die eige-
nen Aussagen, dass sie sich mit Böhnhardt und Mundlos
auf Konzerten getroffen haben . Spätestens da sollte dann
doch vielleicht der Bund zuständig werden .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814814000

Herr Staatssekretär .

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1814814100


In dem Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismus-
abwehrzentrum sind Informationen ausgetauscht wor-
den . Das heißt, dass man entsprechende Informationen
hatte . Dadurch werden diese Informationen aber nicht zu
Informationen des Bundesamtes . Vielmehr bleiben sie
Informationen des jeweiligen Landesamtes .

Entscheidend ist für die Bundesregierung, dass diese
Organisation verboten wurde . Man wollte das Verbots-

verfahren nicht dadurch gefährden, dass man dieses Ver-
fahren an sich zieht .

Selbstverständlich muss genau aufgeklärt werden,
welche Verstrickungen es hier gab . Die Staatsanwalt-
schaften führen entsprechende Ermittlungsverfahren . In-
sofern ist dies gewährleistet .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814814200

Noch eine Zusatzfrage? – Bitte schön.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814814300

Von mir eine letzte Nachfrage: Sind wir denn wenigs-

tens einer Meinung, dass die Bundesbehörden bei den
Ermittlungen zur Schaffung eines Gefängnisnetzwerkes,
also eines Netzwerkes unter verurteilten Straftätern aus
rechtextremen, gewaltbereiten, militanten Kreisen, zu-
ständig gewesen sind? Und haben Sie im Rahmen der
Ermittlungen zu diesem Gefängnisnetzwerk, welches
wiederum von einem Gründer des Vereins „Sturm 18“
aus dem Gefängnis heraus organisiert wurde, Maßnah-
men ergriffen, um Informationen, die Ihnen bei diesem
Informationsaustausch zugänglich geworden sind, zu
nutzen, um auf die Gefährdungen zu reagieren, die von
diesem Netzwerk ausgehen? Ich will daran erinnern, dass
der Gründer dieses Netzwerkes auch Kontakt zu Herrn
Wohlleben und Frau Zschäpe – zwei Angeklagte vor dem
Oberlandesgericht München – gesucht hat . Also: Haben
Sie sich zumindest damit befasst und diese Erkenntnisse
genutzt, um dieses Netzwerk aufzudecken und zu zer-
schlagen?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814814400

Herr Staatssekretär .

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1814814500


Es geht ja um die Fortführung des Vereins HNG, der
am 30 . August 2011 vom Bundesministerium des Innern
verboten wurde . Insofern haben wir uns selbstverständ-
lich mit der Materie beschäftigt . Wir haben dieses Netz-
werk sogar verboten .

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main hat auch
gegen diese Personen ermittelt und das Ermittlungsver-
fahren mit Verfügung vom 17 . April 2014 nach § 170 Ab-
satz 2 StPO, also aus Mangel an Beweisen, eingestellt .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814814600

Die Frage 16 des Abgeordneten Dr . André Hahn wird

schriftlich beantwortet .

Ich rufe Frage 17 des Abgeordneten Andrej Hunko
auf:


(etwa Treffen, Workshops, Veranstaltungen, Gründung von Arbeitsgruppen oder die Erarbeitung eines Aktionsplans)

gierung im Rahmen des EU-Internetforums mit Behörden der
EU-Mitgliedstaaten, Internetanbietern, der Kommission, dem
Auswärtigen Dienst, Europol, dem EU-Antiterrorismuskoor-
dinator und dem Gegendiskurs-Projekt SSCAT für das erste

(bitte, soweit bereits bekannt, auch die Termine mitteilen)







(A) (C)



(B) (D)


stimmend zu der Frage positioniert, dass ein von den Beteilig-
ten verhandeltes Memorandum zur zukünftigen Zusammenar-
beit bzw . zu entsprechenden Maßnahmen als Verschlusssache
eingestuft und daher nicht als offizielles Ratsdokument an die
nationalen Parlamente verteilt werden muss, da nach Kenntnis
des Fragestellers sowohl Regierungen mancher Mitgliedstaa-
ten als auch Internetfirmen hierzu äußerste Verschwiegenheit

(sofern die Bundesregierung auch die Information über das Abstimmungsverhalten des EU-Internetforums nicht öffentlich machen will, bitte die deutsche Positionierung zur Einstufung des Memorandums als Verschlusssache angeben)


Bitte, Herr Staatssekretär .

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1814814700


Herr Abgeordneter, ich beantworte Ihre Frage wie
folgt: Der Bundesregierung ist nicht bekannt, welche
weiteren Aktivitäten die Europäische Kommission im
Rahmen des EU-Internetforums im ersten Halbjahr 2016
plant . Die Europäische Kommission hat lediglich ange-
kündigt, weitere Tagungen durchführen zu wollen . Ent-
sprechende Einladungen erfolgen in der Regel kurzfris-
tig .

Bei im Rahmen des EU-Internetforums erstellten Do-
kumenten handelt es sich nicht um Ratsdokumente, die
an die nationalen Parlamente zu verteilen wären, son-
dern um Dokumente der Europäischen Kommission . Die
Europäische Kommission entscheidet eigenständig über
Weitergabe oder Einstufung ihrer Dokumente . Eine Be-
teiligung der Mitgliedstaaten ist insoweit nicht vorgese-
hen . Daher hat sich die Bundesregierung nicht selbst zur
Frage der Weitergabe oder Einstufung des genannten Do-
kuments der Europäischen Kommission positioniert . Es
ist der Bundesregierung auch nicht bekannt, welche Mit-
gliedstaaten sich gegenüber der Europäischen Kommis-
sion möglicherweise zustimmend zu einer Nichtweiter-
gabe oder Einstufung des Dokuments positioniert haben .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814814800

Haben Sie eine Nachfrage, Herr Abgeordneter?


Andrej Hunko (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814814900

Vielen Dank, Herr Staatssekretär . – Vergangene Wo-

che hat auch die US-Regierung einen sogenannten Dia-
log mit Internetanbietern begonnen . Laut dem Guardian
stand die terroristische Nutzung des Internets inklusive
Verschlüsselung ganz oben auf der Agenda . Was ist der
Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern die beiden
Diskussionsforen mit den Internetdienstleistern in den
USA und in der Europäischen Union untereinander abge-
stimmt sind? Ich denke da zum Beispiel an die regelmä-
ßigen Ministertreffen, die es mit dem Heimatschutzmi-
nisterium in den USA gibt, oder an die Treffen im Format
„G 6 plus 1“ .

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1814815000


Ich selbst war im Dezember nicht auf der Sitzung und
kann Ihnen die Frage insofern jetzt nicht beantworten .
Ich würde Ihnen gerne schriftlich nachreichen, inwieweit

uns da eine Zusammenarbeit der Kommission mit den
amerikanischen Behörden bekannt ist .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814815100

Haben Sie noch eine Zusatzfrage? – Bitte.


Andrej Hunko (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814815200

Auf der Tagesordnung dieses Internetforums soll

auch die Frage stehen, wie die beteiligten Firmen den
Behörden den Zugang zu verschlüsselter Kommunika-
tion gewähren können . Möglich wäre etwa, teilweise
verschlüsselte Dienste von WhatsApp und Telegram zu
korrumpieren, indem die Betreiber aufgefordert werden,
die Verschlüsselung für einzelne Nutzer auszusetzen oder
abzuschwächen . Möglich wäre auch, unbemerkt Abon-
nentinnen und Abonnenten in bestimmte Gruppen und
Listen von WhatsApp und Telegram einzuschleusen . In-
wiefern werden solche Techniken von der Bundesregie-
rung selbst angewandt?

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1814815300


Soweit ich informiert bin, ist man nur zum ersten Ta-
gesordnungspunkt gekommen, und da ging es um die Er-
örterung der Frage, welche Instrumente zur Bekämpfung
terroristischer Propaganda im Internet und in den sozi-
alen Medien eingesetzt werden können, also inwieweit
die Provider selbst die Entfernung von Inhalten durch-
führen, die zu gewalttätigem Extremismus aufrufen oder
diesen verherrlichen . Dann ging es um sogenannte Coun-
ter Narratives, also darum, terroristische Propaganda
mittels Gegenerzählung zu entlarven und zu bekämpfen .
In einem dritten Tagesordnungspunkt ging es um Über-
legungen zum Umgang der Strafverfolgungsbehörden
mit Verschlüsselungstechnologien . Soweit ich informiert
bin, ist man in dieser Sitzung – und es gab nur diese eine
Sitzung – nur bis zum Tagesordnungspunkt 1 gekommen .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814815400

Es gibt eine Nachfrage der Abgeordneten Pau .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814815500

Herr Staatssekretär, ich bitte Sie, auch den zweiten Teil

und eigentlich den Kern der Frage des Kollegen Hunko
zu beantworten . Er hatte nicht nach dem Sitzungsverlauf
gefragt, sondern danach, inwieweit die Bundesregierung
oder Bundesbehörden ein solches Vorgehen bzw . solche
Ermittlungsmethoden anstreben . Gibt es dazu Strategie-
debatten oder schon vorbereitete Beschlüsse, gesetzliche
Grundlagen oder was auch immer, oder schließt die Bun-
desregierung den Einsatz solcher Mittel aus?

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1814815600


Ich bitte, zu entschuldigen, wenn ich nicht richtig auf
die Frage von Herrn Hunko eingegangen bin . Ich dachte,
er meinte das in Bezug auf diese Sitzung .

Natürlich hat die Bundesregierung hierzu eine klare
Haltung . Wir unterstützen den Einsatz von Verschlüsse-
lung für die Bürger . Selbstverständlich ist aber auch, dass

Vizepräsident Peter Hintze






(A) (C)



(B) (D)


der Staat die Möglichkeit haben muss, zur Verbrechens-
bekämpfung mögliche Verschlüsselung zu überwinden .
Das ist wie im analogen Bereich . Wir unterstützen die
Bürger darin, ihr Haus entsprechend zu sichern . Aber
wenn es für den Staat zur Verfolgung schwerster Straf-
taten notwendig ist, beispielsweise eine Hausdurchsu-
chung durchzuführen, dann muss es auch möglich sein,
die Verschlüsselung in diesem Fall zu überwinden .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814815700

Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-

desministeriums der Finanzen . Zur Beantwortung steht
der Parlamentarische Staatssekretär Dr . Michael Meister
bereit .

Ich rufe die Frage 18 des Abgeordneten Andrej Hunko,
Fraktion Die Linke, auf:

Welche Position vertrat der Vertreter der Bundesregierung
im Exekutivdirektorium des Internationalen Währungsfonds

(IWF) bei der Entscheidung über die Regeländerung, die es

dem IWF jetzt ermöglicht, neue Kredite auch an Länder zu
vergeben, die Zahlungsrückstände gegenüber staatlichen

(www .tagesschau .de/wirtschaft/ukraine-russland-kredit-101 .html)

Bundesregierung aufgrund dieser Entscheidung für die Rolle
des IWF in der Diskussion um einen Schuldenschnitt für Grie-
chenland?

Bitte schön, Herr Staatssekretär .

D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1814815800


Vielen Dank, Herr Präsident . – Herr Kollege Hunko,
der deutsche Exekutivdirektor hat der vom IWF-Stab
vorgeschlagenen Politikänderung zugestimmt . Die Än-
derung des Regelwerks ist eine Reaktion des Internati-
onalen Währungsfonds auf sich ändernde internationale
Rahmenbedingungen für die Kreditvergabepolitik des
IWF . Die Frage nach einem Schuldenschnitt für Grie-
chenland stellt sich aktuell nicht .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814815900

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hunko .


Andrej Hunko (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814816000

Ich will noch einmal den Vorgang deutlich machen:

Der IWF hat Regeln, nach denen er Kredite an Staaten,
die Kredite nicht bedient hatten, nicht vergeben darf .
Dass diese Regeln sehr hart umgesetzt werden, haben wir
zum Beispiel bei Griechenland gesehen . Im Dezember
hat es nun in Bezug auf die Ukraine eine Ausnahme von
dieser Regelung gegeben . Die Ukraine hat Kredite an
Russland nicht bedient . Daraufhin hat der IWF im Exe-
kutivrat die Regeln geändert . Offenbar hat die Bundesre-
gierung dieser Änderung zugestimmt .

Denken Sie nicht, dass in der internationalen Politik
mit zweierlei Maß gemessen wird und damit das Vertrau-
en in internationale Organisationen und auch den IWF
unterminiert wird, wenn in Bezug auf Griechenland ent-
sprechend hart durchgegriffen wird, aber in Bezug auf
die Ukraine die Regeln so geändert werden, dass ein
Staatsbankrott verhindert wird?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814816100

Herr Staatssekretär .

D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1814816200


Vielen Dank . – Herr Kollege Hunko, die Bundesre-
gierung hat die Wahrnehmung, dass die Anpassung der
Kreditvergabepolitik keine Einzelfallentscheidung ist,
sondern eine generelle Veränderung der Regeln, die ab
Beschlussfassung künftig für alle IWF-Mitglieder glei-
chermaßen gilt .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814816300

Haben Sie noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter

Hunko?


Andrej Hunko (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814816400

Ja, vielen Dank . – Es ging ja um einen Kredit in Höhe

von 3 Milliarden Dollar an Russland, den die Ukraine
nicht zurückgezahlt hat . Die russische Seite hatte als Re-
aktion angekündigt, gegen diese Nichtrückzahlung vor
internationalen Gerichten zu klagen . Ist Ihnen etwas über
den gegenwärtigen Stand bekannt? Ist eine solche Klage
eingereicht worden? Oder ist Ihnen dazu nichts bekannt?

D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1814816500


Zu Klagebemühungen anderer Regierungen kann ich
Ihnen keine Auskunft erteilen, da mir das nicht bekannt
ist .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814816600

Nachfrage des Abgeordneten Ströbele, Bündnis 90/

Die Grünen .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Danke, Herr Präsident . – Ich habe hierzu eine Nach-
frage: Bedeutet die Änderung der Vorschrift, dass der
IWF selber beispielsweise an Griechenland neue Kredite
vergeben kann, wenn seine alten noch nicht voll bezahlt
worden sind, und, wenn nein, warum nicht?

D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1814816700


Es geht bei dieser Entscheidung, wenn ich die Regel-
änderung richtig verstanden habe, nicht um die Frage, ob
Kredite gegenüber dem IWF bedient worden sind oder
nicht, sondern um die Frage, inwieweit Kredite, die ein
Schuldner bezogen auf einen anderen öffentlichen Gläu-
biger hat, bereits vollumfänglich und zeitgemäß bedient
wurden . Die Frage, die Sie stellen, Herr Kollege Ströbele,
ist nach meiner Wahrnehmung von dieser Regeländerung
nicht erfasst .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814816800

Die Frage 19 des Abgeordneten Christian Kühn wird

schriftlich beantwortet .

Parl. Staatssekretär Dr. Ole Schröder

http://www.tagesschau.de/wirtschaft/ukraine-russland-kredit-101.html
http://www.tagesschau.de/wirtschaft/ukraine-russland-kredit-101.html





(A) (C)



(B) (D)


Die Frage 20 des Abgeordneten Dr . Alexander S . Neu
sowie die Frage 21 der Abgeordneten Katrin Kunert zum
Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidi-
gung werden schriftlich beantwortet .

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums für Verkehr und digitale Infrastruktur . Zur
Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär
Norbert Barthle zur Verfügung .

Ich rufe die Frage 22 des Abgeordneten Matthias
Gastel, Bündnis 90/Die Grünen, auf:

Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der
Tatsache, dass in der von der Bundesregierung in Auftrag ge-
gebenen Deutschland-Takt-Studie der Bau der sogenannten
Wendlinger Kurve in zwei- statt nur in eingleisiger Weise
empfohlen wird und die Bewertung dieser Maßnahme für den
Bundesverkehrswegeplan noch nicht abgeschlossen wurde,
der Bau der Wendlinger Kurve in eingleisiger Ausführung
aber noch im Dezember 2015 von der Deutschen Bahn AG

(DB AG) vergeben wurde (vergleiche Nürtinger Zeitung vom

23 . Dezember 2015), und wie würde sich eine nachträgliche
Planänderung auf zwei Gleise nach Einschätzung der Bundes-
regierung zeit- und kostenmäßig auswirken?

Herr Staatssekretär, bitte .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1814816900


Vielen Dank, Herr Präsident . – Herr Kollege Gastel,
die Kleine Wendlinger Kurve stellt die eingleisige Ver-
bindung zwischen der zu realisierenden Neubaustrecke
zwischen Stuttgart und Ulm und der Neckartalbahn her .
Nach Angaben des Vorhabenträgers wird diese Kurve
gemäß dem zu berücksichtigenden Betriebskonzept von
Teilen des Personenverkehrs von Stuttgart Hauptbahnhof
in Richtung Tübingen und zurück genutzt . Das hierfür
prognostizierte Verkehrsaufkommen kann demnach auch
unter Beachtung der Verkehre auf der Neubaustrecke und
der Neckartalbahn über eine eingleisige und niveauglei-
che Anbindung abgewickelt werden . Dies wurde im Rah-
men der Planfeststellung bestätigt .

Die in der Machbarkeitsstudie zum Deutschland-Takt
unter dem Punkt „Kleinere Maßnahmen mit regionaler
Bedeutung“ genannte Maßnahme eines Ausbaus – hier
als Abzweig Neckartal bezeichnet – dient nach bisheri-
gem Erkenntnisstand lediglich dem Schienenpersonen-
nahverkehr, den die Länder eigenverantwortlich gestal-
ten . Die Gutachter halten hier eine Einzelfallprüfung für
erforderlich . Wie alle Maßnahmen und Vorschläge der
Machbarkeitsstudie ist auch der Ausbau des angespro-
chenen Abzweigs Neckartal bei Wendlingen in das mehr-
stufige Bewertungsverfahren für den neuen Bundesver-
kehrswegeplan aufgenommen worden . Die Prüfung ist
noch nicht abgeschlossen .

Um einer eventuellen Nachfrage zuvorzukommen: Sie
haben sicherlich schon zur Kenntnis genommen, dass die
Bundesregierung in Absprache mit der Regierungskoa-
lition beschlossen hat, eine strategische Umweltprüfung
aller Maßnahmen dem Bundesverkehrswegeplan hinzu-
zufügen und der Bundesverkehrswegeplan voraussicht-
lich vor Ostern im Entwurf veröffentlicht wird .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814817000

Ihre Zusatzfrage, Herr Abgeordneter .


Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814817100

Herr Staatssekretär Barthle, an der Thematik, dass sich

aufgrund der erheblichen Verzögerung bei der Erstellung
des Entwurfs des neuen Bundesverkehrswegeplans be-
reits vollendete Tatsachen ergeben, die dem widerspre-
chen, was in Ihrer eigenen Machbarkeitsstudie empfoh-
len wurde, nämlich die Zweigleisigkeit, haben Sie jetzt
komplett vorbeigeredet . Was wird die Bundesregierung
aufgrund dessen machen, dass es eine Empfehlung für
den zweigleisigen Ausbau gibt, sich ihre Prüfung, ob
die Zweigleisigkeit unter dem Gesichtspunkt der Netz-
wirksamkeit tatsächlich für den Deutschland-Takt erfor-
derlich ist, endlos herauszögert und gleichzeitig bereits
eine Vergabe für die eingleisige Streckenführung getätigt
wurde? Das ist die Frage. Sie haben noch nicht zu Ende
geprüft; gleichzeitig wird etwas in einer kleineren Di-
mension gebaut, als von Ihrem eigenen Gutachter emp-
fohlen. Wie gehen Sie damit um? Welche Konsequenzen
ziehen Sie daraus?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814817200

Herr Staatssekretär .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1814817300


Herr Kollege Gastel, ich sage nochmals, dass die
Maßnahme, die in der Machbarkeitsstudie vorgeschlagen
wird, hinsichtlich ihres Nutzens für den Personenfern-
und Güterverkehr von uns geprüft wird . Diese Prüfung
findet im Rahmen der Erstellung des Bundesverkehrs-
wegeplanes statt . Davon unabhängig ist der Verkehr auf
dieser Strecke, der lediglich im Schienenpersonennah-
verkehr stattfindet. Das muss man getrennt betrachten.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814817400

Haben Sie noch eine Zusatzfrage?


Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814817500

Herr Staatssekretär, Ihre Antwort – das wird Sie nicht

wundern – kann nicht zufriedenstellen . Die Grundlage
meiner Frage ist das Thema Deutschland-Takt und die
Tatsache, dass die alte Bundesregierung eine Studie dazu
in Auftrag gegeben hat . Deswegen die Fragen zum The-
ma Deutschland-Takt und dazu, wie es damit weitergeht:
Wer koordiniert bei Ihnen das Thema Deutschland-Takt?
Wer bringt das Ganze in die Koordination mit denen
ein, die daran beteiligt sein müssen, also beispielsweise
mit den Infrastruktureigentümern? Wer bringt das The-
ma Deutschland-Takt voran? Wer koordiniert die unter-
schiedlichen Interessen, damit es beim Thema Deutsch-
land-Takt tatsächlich vorangeht?

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1814817600


Herr Kollege Gastel, das findet nach meinem Kennt-
nisstand mit dem Vorhabenträger, also mit der Bahn, statt .
Darüber hinaus kann ich momentan keine Auskunft geben .

Vizepräsident Peter Hintze






(A) (C)



(B) (D)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814817700

Ich rufe Frage 23 ebenfalls des Abgeordneten Gastel,

Bündnis 90/Die Grünen, auf:
Wie begründet die Bundesregierung ihre Ablehnung ei-

ner Maut für Busse, während sie die Bemautung von Lkw ab

(vergleiche Süddeutsche Zeitung vom 2. Januar 2016)


Herr Staatssekretär .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1814817800


Danke, Herr Präsident . – Herr Kollege Gastel, der
Fernbusmarkt wurde 2013 liberalisiert und befindet sich
seither in einer zwar erfreulichen, aber dennoch frühen
Entwicklungsphase . Deshalb planen wir keine Maut für
den Fernbusmarkt .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814817900

Zusatzfrage?


Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814818000

Ja . Vielen Dank . – Ich möchte schon wissen, ob Sie

nicht den Eindruck haben, dass sich der Fernbusmarkt,
nachdem wir jetzt bei etwa 20 Millionen Fahrgästen
pro Jahr angekommen sind und seine Entwicklung viel
schneller und intensiver vorangegangen ist, als erwartet
wurde, in einer Situation befindet, in der man durchaus
über die Einführung einer Bemautung nachdenken könn-
te und aus unserer Sicht auch sollte? Welche konkreten
Befürchtungen haben Sie? Inwieweit könnte eine Maut
dem Fernbusmarkt schaden?

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1814818100


Herr Kollege Gastel, eine Maut für den Fernbusmarkt
würde das Kundenverhalten wahrscheinlich relativ we-
nig beeinflussen; denn umgerechnet auf den einzelnen
Fahrgast beträgt sie gerade einmal 0,2 Cent pro Kilome-
ter . Das ändert am Fahrpreis wenig .

Nebenbei bemerkt, ist die Forderung nach der Erhe-
bung einer Maut in jüngster Zeit vom Kollegen Ramelow
von der Linkspartei öffentlich vorgetragen worden .
Wenn ich die Veröffentlichungen in der Welt richtig in-
terpretiere, dann hat auch Ihr Fraktionsvorsitzender, Herr
Hofreiter, das entsprechend abgelehnt . Insofern sehe ich
auch Zustimmung vonseiten der Grünen .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814818200

Das provoziert eine weitere Zusatzfrage, zu der Sie

auch das Recht haben, Herr Kollege Gastel . – Bitte .


Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814818300

Ministerpräsident Ramelow hatte behauptet, der Fern-

bus würde ökologisch keinen Sinn machen . Dem hat un-
ser Fraktionsvorsitzender Toni Hofreiter widersprochen .
Er hat nicht der Forderung nach der Maut widersprochen .
Dazu stehen wir als Fraktion . Deswegen die Nachfrage
an Sie: Ist es nicht eine Frage der Logik, dass, wenn man
Lkw, und zwar auch kleinere, leichtere Lkw, zunehmend

bemautet, man dann auch die Busse in die Bemautung
einbezieht? Sie nutzen die Infrastruktur doch in gleichem
Umfang ab wie etwa gleichschwere Lkw, und die werden
bemautet .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1814818400


Herr Kollege Gastel, ich wiederhole meine Aussage,
dass der Fernbusmarkt erst vor kurzem liberalisiert wur-
de und sich in einer frühen Entwicklungsphase befindet.
Wir wollen diese Entwicklungsphase beobachten und
jetzt noch nicht eingreifen . Dafür ist der Zeitpunkt zu
früh .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1814818500

Die Fragen 24 und 25 des Abgeordneten Oliver

Krischer sowie die Fragen 26 und 27 des Abgeordneten
Stephan Kühn werden schriftlich beantwortet .

Die Frage 28 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl
zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für
Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit wird
schriftlich beantwortet .

Die Frage 29 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl
zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bil-
dung und Forschung wird ebenfalls schriftlich beantwor-
tet .

Die Frage 30 des Abgeordneten Omid Nouripour zum
Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaft-
liche Zusammenarbeit und Entwicklung wird schriftlich
beantwortet .

Wir kommen zum Geschäftsbereich der Bundeskanz-
lerin und des Bundeskanzleramtes . Zur Beantwortung
der Fragen 31 und 32 steht Staatssekretär Klaus-Dieter
Fritsche bereit, zur Beantwortung der Frage 33 Staatsmi-
nisterin Monika Grütters .

Ich rufe die Frage 31 des Abgeordneten Hans-Christian
Ströbele, Bündnis 90/Die Grünen, auf:

Inwieweit trifft zu, dass das Bundeskanzleramt dem Bun-
desnachrichtendienst (BND) ausdrücklich gestattete (so die
Welt vom 4 . Januar 2016: http://gruenlink .de/12sw), dessen
kritische Analyse über Saudi-Arabiens „impulsive Interventi-

(vergleiche Zeit Online vom 7 . Dezember 2015)

Widerworte des Auswärtigen Amts (vergleiche die Welt am
angegebenen Ort) per Pressemitteilung mit Sperrfrist 2 . De-
zember 2015 „unter 1“ zu veröffentlichen, also keineswegs
Journalisten dies indiskretioniert hätten, wie aber BND-Vi-
zepräsident Guido Müller im Auswärtigen Ausschuss des

(so tagesschau. de vom 16 . Dezember 2015: http://gruenlink .de/12sv)

wie erklärt die Bundesregierung demgegenüber, dass danach
zwar zunächst das Bundeskanzleramt diese Veröffentlichung
unglücklich nannte und das Auswärtige Amt die angebliche

(vergleiche die Welt am angegebenen Ort)

weitere vertrauliche Analyse zulasten Saudi-Arabiens medial
lancieren ließ, dessen jahrzehntelange Missionierung nämlich

(SZ online vom 6 . Januar 2016: http://gruenlink .de/l2sx)


Herr Staatssekretär, bitte .

http://gruenlink.de/12sw
http://www.tagesschau.de
http://www.tagesschau.de
http://gruenlink.de/12sv
http://gruenlink.de/l2sx





(A) (C)



(B) (D)


K
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1814818600


Danke, Herr Präsident . – Herr Abgeordneter Ströbele,
Ihre Frage beantworte ich wie folgt: Am 1 . Dezem-
ber 2015 hat ein Pressehintergrundgespräch des BND zu
Saudi-Arabien stattgefunden . In diesem Rahmen wurde
das von Ihnen genannte Papier als zitierfähig verteilt .
Aufgabe des BND ist es, die Bundesregierung mit Er-
kenntnissen und Analysen zu versorgen . Der BND äu-
ßert sich in Einzelfällen auch öffentlich zu Themen von
außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung . Die dort
geäußerten Einschätzungen entsprechen nicht unbedingt
der Haltung der Bundesregierung .

Herr Abgeordneter, von dem am 1 . Dezember 2015
verteilten Papier zu unterscheiden ist die in der Süddeut-
schen Zeitung vom 7 . Januar 2016 zitierte BND-Analyse .
Dabei handelt es sich um eingestufte Berichterstattung
des BND zum sogenannten „Islamischen Staat“ für die
Bundesregierung, die nicht für die Medien bestimmt war .
Die Bundesregierung hat keine Kenntnis darüber, wie
diese Analyse an die Öffentlichkeit gelangt ist, und miss-
billigt dies ausdrücklich .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814818700

Vielen Dank . – Herr Abgeordneter Ströbele, Sie haben

bestimmt eine Zusatzfrage . – Bitte .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1814818800

Es gibt ein Informationspapier vom Bundesnachrichten-
dienst, das mit Zustimmung des Kanzleramtes weiterge-
geben worden ist, und die Aussage des Außenministeri-
ums, in der es kritisiert, dass der BND überhaupt etwas
herausgegeben hat, bezieht sich auf ein ganz anderes
Papier?

K
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1814818900


Herr Abgeordneter, noch einmal zur Verdeutlichung:
Ich habe von zwei Papieren gesprochen . Es gibt ein zi-
tierfähiges Papier, das bei dem Hintergrundgespräch des
BND verteilt worden ist, und es gibt eine indiskretionier-
te Unterlage zum „Islamischen Staat“, in der man sich
eben auch mit Saudi-Arabien beschäftigt hat, die ohne
Wissen und Wollen der Bundesregierung und auch des
BND nach draußen gegeben worden ist .

Die Kritik des Auswärtigen Amtes, das die Zentral-
stelle für die Bewertung der Außenpolitik in der Bundes-
regierung ist, bezieht sich nach meiner Kenntnis auf das
verteilte Papier .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Auf das verteilte Papier . – Ja, aber dann vertritt das
Auswärtige Amt in diesem Punkt eine andere Auffassung
als das Bundeskanzleramt; denn das Bundeskanzleramt
war damit einverstanden – das haben Sie ja gerade ge-
sagt –, dass dieses erste Papier – ich benenne das jetzt
einfach einmal mit Zahlen – herausgegeben worden ist .

Gibt es nicht irgendeine Vereinbarung oder eine Bespre-
chung? Stimmt man das untereinander nicht ab?

K
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1814819000


Nein .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wie kann es sein, dass die eine Stelle sagt: „Das könnt
ihr herausgeben“ – die tun das dann auch – und dann die
andere Stelle sagt: „Ungeheuerlich“?


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814819100

Bitte schön .

K
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1814819200


Danke, Frau Präsidentin . – Zentrale Schaltstelle
für die Bewertung der Außenpolitik der Bundesregie-
rung – das habe ich gerade erwähnt, Herr Abgeordneter
Ströbele – ist das Auswärtige Amt . Einer der Zulieferer –
mit einem Teil der Informationen und Bewertungen – für
diese Gesamtbeurteilung der Bundesregierung durch das
Auswärtige Amt ist der Bundesnachrichtendienst . Die
Einschätzung des Bundesnachrichtendienstes ist nicht
gleichzeitig die politische Bewertung der Bundesregie-
rung, für die, wie ich bereits gesagt habe, das Auswärtige
Amt zuständig ist . Es ist unglücklich, dass sie in der öf-
fentlichen Diskussion als solche wahrgenommen worden
ist . Das ist allerdings unmittelbar danach richtiggestellt
worden .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814819300

Vielen Dank . – Ich rufe die Frage 32 des Abgeordne-

ten Hans-Christian Ströbele auf:
Inwieweit trifft zu, dass vor Juni 2013 der BND eine „nur

für deutsche Augen bestimmte“ Liste eigener Abhörziele ver-
sehentlich der NSA zeigte, auf der Rufnummern führender Re-

(so Washington Post vom 29 ./30 . Dezember 2015: http://gruenlink .de/12su)

die unter Umständen mit den angeblich 2008 vom BND ver-
sehentlich offenbarten 300 Telefonnummern von US-Bürgern

(vergleiche Washington Post vom 30 . Oktober 2013: http://gruenlink .de/12t8)

macht die Bundesregierung über Zahl und Identität der Betrof-
fenen, Dauer der Überwachung sowie Gründe und Verantwort-
liche dieser Offenbarung?

Bitte schön, Herr Staatssekretär .

K
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1814819400


Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Abgeordneter
Ströbele, Ihre Frage beantworte ich wie folgt: Arbeitsme-
thoden und Vorgehensweise der Nachrichtendienste des
Bundes sind im Hinblick auf die künftige erfolgreiche
Auftragserfüllung besonders schutzwürdig, da aus ihrem
Bekanntwerden sowohl staatliche als auch nichtstaatliche
Akteure Rückschlüsse auf den Modus Operandi sowie die
Fähigkeiten und die Methoden der Nachrichtendienste
ziehen können . Dadurch wird die Aufgabenerfüllung der

http://gruenlink.de/12su
http://gruenlink.de/12t8





(A) (C)



(B) (D)


Nachrichtendienste zum Schutz unserer Bürgerinnen und
Bürger erschwert . Im Ergebnis kann dies für die Funkti-
onsfähigkeit der Nachrichtendienste und für die Interes-
sen der Bundesrepublik Deutschland schädlich sein . Die
künftige Aufgabenerfüllung der Nachrichtendienste des
Bundes würde beeinträchtigt . Die Offenlegung der ent-
sprechenden Information kann die Sicherheit der Bun-
desrepublik Deutschland gefährden oder ihren Interessen
schweren Schaden zufügen . Deswegen kann die Antwort
nicht in öffentlicher Sitzung erfolgen . Ich habe deshalb
die Antwort auf Ihre Frage für Sie in der Geheimschutz-
stelle des Deutschen Bundestages hinterlegen lassen .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814819500

Herr Kollege Ströbele .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist natürlich wenig zufriedenstellend, weil es sich
ja hier – ich habe das auch zitiert – um eine Meldung
in der Washington Post handelt, also um eine Meldung
in einer sehr seriösen US-Zeitung . In dieser Meldung
ist das alles genau dargelegt worden . Ich denke, das ist
im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung mit den
Ergebnissen des 1 . Untersuchungsausschusses dieser Sit-
zungsperiode, also des NSA-Untersuchungsausschusses,
zu sehen, die in Deutschland öffentlich stattfindet. Dem-
nach sollen auch Ziele in den USA, auch Regierungs-
stellen in den USA, durch den Bundesnachrichtendienst
abgehört worden sein . Das sollen 300 gewesen sein . Man
soll diese Liste versehentlich sogar den US-Behörden ge-
zeigt haben . Über diesen Vorgang wird inzwischen auch
öffentlich diskutiert, auch in den USA . Warum darf man
hier nicht darüber diskutieren?


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814819600

Das wird Ihnen der Herr Staatssekretär jetzt beantwor-

ten .

K
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1814819700


Frau Präsidentin, vielen Dank . – Herr Abgeordneter
Ströbele, das erinnert mich an Diskussionen, die ich mit
Ihnen in verschiedenen Gremien schon öfter geführt
habe: Dadurch, dass etwas, aus welchen Gründen auch
immer, in öffentlichen Medien dargestellt wird, sind der
Staatswohlgedanke und die grundsätzliche Geheimhal-
tung nicht außer Kraft gesetzt . Deswegen kann darüber
eben auch nicht öffentlich diskutiert werden . Sie haben
im Parlamentarischen Kontrollgremium, in dem Sie Mit-
glied sind, und im Untersuchungsausschuss, in dem Sie
Mitglied sind, die Erfahrung gemacht, dass in geheimer
Sitzung Fehler, die seitens der Behörden entstanden sind,
von den Parlamentariern gerügt werden können . Dann
können sie öffentlich gerügt werden, ohne auf die Metho-
dik der Dienste einzugehen, weil wir effektive Dienste
für die Zukunft brauchen .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814819800

Herr Kollege Ströbele, Sie sind noch nicht zufrieden .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Kann ich dem entnehmen, Herr Staatssekretär, dass,
um das öffentlich diskutieren zu können und eine öf-
fentliche Stellungnahme der Bundesregierung dazu zu
bekommen, man das erst einmal im Parlamentarischen
Kontrollgremium auf die Tagesordnung setzen und eine
Untersuchung durchführen muss, dass man notfalls einen
Untersuchungsausschuss einrichten muss, damit auch die
Öffentlichkeit, die sich mit dieser Meldung beschäftigt,
weiß, was Sache ist?


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814819900

Herr Staatssekretär .

K
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1814820000


Frau Präsidentin, vielen Dank . – Herr Abgeordneter
Ströbele, das können Sie meinen Aussagen nicht entneh-
men . Ihnen ist das Verfahren bekannt, das die sogenannte
BND-eigene Erfassung, die BND-eigenen Selektoren,
angeht . Hier ist in dem Spannungsverhältnis zwischen
dem Informations- und Fragerecht des Deutschen Bun-
destags – dies ist verfassungsrechtlich abgesichert – und
dem Staatswohlgedanken, dem beide Gremien, der Deut-
sche Bundestag und die Bundesregierung, verpflichtet
sind, ein Verfahren hinsichtlich der BND-eigenen Selek-
toren gemeinsam mit dem PKGr entwickelt worden . Die
Selektoren liegen im Kanzleramt für die Mitglieder des
PKGr zur Einsichtnahme bereit . Ich denke, damit ist die-
sem Spannungsverhältnis und auch der Aufklärungsmög-
lichkeit der Abgeordneten Genüge getan .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814820100

Vielen Dank . – Ich sehe keine weiteren Nachfragen .

Dann bedanke ich mich bei Staatssekretär Fritsche für
die Beantwortung .

Ich rufe die Frage 33 der Abgeordneten Tabea Rößner
auf:

Inwiefern wird die Bundesregierung bei der Reform der
Ende Februar 2016 auslaufenden Richtlinie des Deutschen
Filmförderfonds sicherstellen, dass Dokumentarfilme sowie
kleinere Spielfilmproduktionen mit Herstellungskosten zwi-
schen 1 Million und 2 Millionen Euro bei dem automatischen
Fördermechanismus nicht schlechtergestellt werden als grö-
ßere Produktionen, und, falls sie dies nicht vorhat, empfiehlt
die Bundesregierung Produzenten dieser niedrig budgetierten
Produktionen, ihre Anträge für das Jahr 2016 noch alle vor
Ablauf der aktuellen Richtlinie zu stellen?

Zur Beantwortung steht Frau Staatsministerin Grütters
bereit . Bitte schön .

M
Monika Grütters (CDU):
Rede ID: ID1814820200


Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Frau Kollegin
Rößner, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Seit der
erfolgten Entfristung und Festschreibung des Deutschen
Filmförderfonds auf 50 Millionen Euro und den Erfah-
rungen im Jahr 2015 mit einer erstmaligen Überzeich-
nung des DFFF wird in der Tat über eine Anhebung
der Einstiegsschwellen sowohl im Beirat des DFFF als

Parl. Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche






(A) (C)



(B) (D)


auch – das wissen Sie – in der Filmbranche diskutiert .
Die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung zur Ge-
staltung der voraussichtlich am 1 . März 2016 in Kraft
tretenden DFFF-Richtlinie ist bei uns bislang nicht ab-
geschlossen .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814820300

Frau Kollegin Rößner .


Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814820400

Vielen Dank, Frau Staatsministerin . – Sie kennen si-

cherlich den Gender Report der Uni Rostock vom Febru-
ar 2015, der ja sehr deutlich macht, dass es Unterschiede
hinsichtlich der Größe der Produktionen und der Regis-
seurinnen und Regisseure gibt . Dieser Gender Report
zeigt, dass 74 Prozent der in Deutschland von Frauen
inszenierten Kinofilme ein Budget von unter 2 Millionen
Euro aufweisen . Können Sie daher ausschließen, dass
durch die Reform der DFFF-Richtlinie die Benachteili-
gung von Produktionen, die unter der Regie von Frauen
entstehen, noch stärker ausfällt, als es bereits der Fall ist?

M
Monika Grütters (CDU):
Rede ID: ID1814820500


Richtig ist, dass tatsächlich immer wieder über die
Höhe der Einstiegsschwelle diskutiert worden ist, und
zwar ganz unabhängig davon, welche Gründe und Mo-
tivationen – in diesem Fall nennen Sie die Produktionen
von Frauen – es dafür gab . Natürlich wissen wir beide
wie auch andere in der Branche, dass eine Anhebung der
Einstiegsschwelle eher größere Produktionen und ent-
sprechende Standorte begünstigen würde und andere da-
durch eher einen Nachteil hätten, nämlich die kleineren,
beispielsweise auch Dokumentarfilmer. Deshalb bin ich,
was solche Überlegungen angeht, vorsichtig und zurück-
haltend .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814820600

Frau Kollegin Rößner .


Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814820700

Vielen Dank . – Sie sind zurückhaltend . Heißt das, dass

Sie sich noch nicht entschieden haben, oder wollen Sie
vielleicht die Schwelle absenken, um die Benachteili-
gung von Frauen in dem Bereich der niedrigen Budgets
zu reduzieren?

M
Monika Grütters (CDU):
Rede ID: ID1814820800


Sie wissen, dass wir inzwischen fast 25 Millionen
Euro mehr für die Filmförderung zur Verfügung haben .
Über den DFFF hinaus gibt es ja jetzt 15 Millionen Euro
mehr für die kulturelle Filmförderung . Außerdem gibt es
beim BMWi noch einmal 10 Millionen Euro . Insofern
lohnt es sich in der Tat, über die Einstiegsschwellen noch
einmal nachzudenken . Durch die Tatsache, dass wir beim
DFFF 50 Millionen Euro haben, und zwar verstetigt, und
25 Millionen Euro mehr als vorher, kann man eine Ver-
änderung der Einstiegsschwellen sowohl nach unten wie
auch nach oben begründen . Aber damit wir tatsächlich

kleinere Produktionen nicht unnötig belasten und umge-
kehrt den DFFF dort entlasten, wo es nötig ist, müssen
wir alle Gründe gut abwägen . Dieser Prozess ist noch
nicht endgültig abgeschlossen .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814820900

Vielen Dank . – Ich sehe keine weiteren Zusatzfra-

gen . Dann bedanke ich mich bei Frau Staatsministerin
Grütters für die Beantwortung der Fragen .

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Wirtschaft und Energie .

Die Frage 34 des Abgeordneten Dr . Konstantin von
Notz, die Frage 35 der Abgeordneten Dr . Julia Verlinden,
die Frage 36 der Abgeordneten Katrin Kunert, die Fra-
ge 37 der Abgeordneten Katharina Dröge sowie die Fra-
gen 38 und 39 der Abgeordneten Bärbel Höhn werden
schriftlich beantwortet .

Damit sind wir am Ende der heutigen Fragestunde an-
gelangt .

Ich unterbreche die Sitzung bis zur Aktuellen Stunde
um 16 .20 Uhr .


(Unterbrechung von 16 .09 bis 16 .20 Uhr)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814821000

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die unterbrochene

Sitzung wird fortgeführt .

Ich rufe den Zusatzpunkt 2 auf:

Aktuelle Stunde

auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD

Aktuelle Lage im Nahen und Mittleren Osten

Das Wort hat jetzt Herr Bundesminister Dr . Frank-
Walter Steinmeier .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
Auswärtigen:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ein Terroranschlag im Zentrum von Istanbul hat gestern
zwölf Menschen in den Tod gerissen . Viele wurden ver-
letzt . Wir wissen jetzt, dass zehn der Todesopfer deutsche
Staatsbürger sind . Sie waren Reisende, neugierig auf die
Welt . Sie bestaunten einen der schönsten Plätze der Tür-
kei, gerade zu dem Zeitpunkt, als die Bombe detonierte .

Wir sind vereint mit den Angehörigen in der Trauer
über die Opfer, vereint auch in Wut und Abscheu ge-
genüber dieser heimtückischen Tat . Klar ist für uns:
Deutschland darf und wird sich von Mord und Gewalt
nicht einschüchtern lassen . Ganz im Gegenteil, gemein-
sam mit unseren Partnern werden wir dem Terror weiter
entgegentreten: hier zu Hause mit den Mitteln von Poli-
zei und Rechtsstaat, auch im Kampf um die Köpfe junger
Menschen, aber auch mit den Möglichkeiten, die Außen-
politik hat, indem wir uns darum bemühen, Eskalationen

Staatsministerin Monika Grütters






(A) (C)



(B) (D)


in unserer Nachbarschaft entgegenzuwirken, die nur neu-
en Hass und neuen Terror schüren .

Meine Damen und Herren, das gilt ganz besonders
auch für den Mittleren Osten, eine Region, in der über
viele Jahre hinweg die Gräben tiefer, die religiösen bzw .
konfessionellen Spannungen erbitterter und die Konflikte
brutaler geworden sind . All das wird zunehmend überla-
gert vom Ringen zwischen Sunni und Schia und deren
Schutzmächten Saudi-Arabien und Iran .

Am Beginn dieses Jahres ist die Spannung zwischen
Riad und Teheran brandgefährlich eskaliert, nicht nur
deshalb, weil sich das bilaterale Verhältnis der beiden
hart auf eine offene Konfrontation zubewegt hat, son-
dern eben auch, weil diese Eskalation alles zu vernichten
drohte und droht, was wir im letzten Jahr auf den Weg
gebracht haben . Denn 2015 haben wir, wenn man sich
zurückerinnert, gerade dort – im Krisenbogen zwischen
Libyen und Irak – doch ein paar Fortschritte erzielt, die
manchmal einen kleinen Hoffnungsschimmer aufschei-
nen ließen .

Im Juli haben wir nach über zehn Jahren Verhandlun-
gen das Nuklearabkommen mit dem Iran geschlossen,
und jetzt gerade stehen wir kurz vor dem sogenannten
Implementation Day . In Libyen gelang es am Jahresende,
einen wichtigen Schritt hin auf dem Weg zu einer Re-
gierung der nationalen Einheit zu machen – auch dank
der Vermittlungsbemühungen eines VN-Sondergesand-
ten, eines deutschen Diplomaten. Im Syrien-Konflikt ist
es nach fünf viel zu langen Jahren des Blutvergießens
gelungen, im sogenannten Wiener Prozess endlich alle
Akteure an einen Tisch zu holen, die wir zur Entschär-
fung, zur Lösung dieses Problems brauchen, auch Riad
und Teheran .

Dahin zu gelangen, liebe Kolleginnen und Kollegen,
war schwierig und mühsam . Weil es so war, darf das ge-
rade jetzt nicht aufs Spiel gesetzt werden . Deshalb er-
warten wir von Teheran und von Riad, dass sie sich auch
tatsächlich weiterhin auf diesen Verhandlungsweg ein-
lassen und nicht versuchen, mit bilateralen Eskalationen
das Erreichte wieder zu torpedieren .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Sie, die beiden – Iran und Saudi-Arabien –, haben den
entscheidenden Einfluss in der Nachbarschaft. Das gilt
für Jemen, aber es gilt auch für Syrien . Wir erwarten,
dass sie von diesem Einfluss auch vernünftig und verant-
wortlich Gebrauch machen . Wir – Deutschland, Europa,
die E3+3 – können das politisch und diplomatisch un-
terstützen; aber wir können Vernunft und Verantwortung
anderer, wo sie fehlen, eben nicht komplett ersetzen . Das
Grauen in Syrien muss ein Ende haben . Deshalb müssen
die hart errungenen Wiener Gespräche fortgeführt wer-
den, und zwar, meine Damen und Herren, mit Teheran
und mit Riad . Anders wird es nicht gehen .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Die politischen Prozesse – darüber haben wir hier in
diesem Saal verschiedene Male geredet – sind der Kern
unserer Bemühungen im Mittleren Osten . Aber sie sind
eben bei weitem nicht alles . Die Stichworte kennen Sie:
der Kampf gegen den Terror des IS, die Stabilisierung

der Krisenstaaten und vor allen Dingen natürlich die hu-
manitäre Hilfe für die Betroffenen und Vertriebenen . Ich
kann in den paar Minuten meiner Redezeit nicht alles er-
wähnen . Sie haben hier im Hohen Hause zum Ende des
vergangenen Jahres einen Haushalt verabschiedet, der
in beispiellosem Umfang humanitäre Hilfe im Mittleren
Osten ermöglicht . Ich kann Ihnen versprechen: Wir in der
Bundesregierung werden sie mit unseren Möglichkeiten
umsetzen .

Im Kampf gegen den IS steht morgen ein weiteres
Mandat zur Debatte . Auf Bitte der irakischen Regierung
leistet die Bundeswehr seit einem knappen Jahr Unter-
stützung im Nordirak . Wir haben Peschmerga und lo-
kale Sicherheitskräfte ausgebildet und ausgerüstet . Das
Engagement zeigt Wirkung: Der IS verliert an Boden .
Wir wollen die Ausbildung weiter intensivieren und zu-
sätzlich in den Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten
investieren . Für dieses Mandat kann ich schon jetzt um
Unterstützung bitten .

Am Ende, liebe Kolleginnen und Kollegen, aber wirkt
diese harte Arbeit nur, wenn sie in politische Prozesse
eingebettet ist . Dafür ist es nötig, dass wir eben auch mit
schwierigen Partnern reden . Ich verstehe – glauben Sie
mir das – die Skepsis, wenn es um Saudi-Arabien geht .
Natürlich dürfen wir nicht wegschauen, wenn es um
Menschenrechte, erst recht um Hinrichtungen oder um
Extremismus geht . Die Frage ist doch, welche Schluss-
folgerungen wir daraus ziehen .

Reisen absagen, dichtmachen und Belehrungen über
die heimischen Medien erteilen: Wer glaubt, dass so
Außenpolitik funktioniert, der irrt meiner Ansicht nach .
Außenpolitik funktioniert nicht aus der Sofaecke mit der
Fernbedienung in der Hand . Wenn wir überhaupt etwas
bewirken wollen, meine Damen und Herren, dann müs-
sen wir raus in die Welt, dann müssen wir hin zu den
Konflikten. Wir müssen mit den Konfliktparteien reden,
gerade auch mit den schwierigen . Andersherum gesagt:
Wenn ich mit all den Vertretern der Länder nicht mehr
sprechen würde, deren Politik wir nicht teilen, dann hät-
te ich in der Tat mehr Zeit, unsere prima Beziehungen
zu Luxemburg zu pflegen. Das würde ich gerne machen.
Aber das ist deutlich weniger, als man weltweit von uns
erwartet .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich jedenfalls werde – das kann ich Ihnen voraussagen –
im vor uns liegenden Jahr eher mehr und ganz gewiss
nicht weniger Reisen in den Mittleren Osten unterneh-
men .

Vielen Dank .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814821100

Vielen Dank . – Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt

der Kollege Wolfgang Gehrcke .


(Beifall bei der LINKEN)


Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier






(A) (C)



(B) (D)



Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814821200

Danke sehr . – Frau Präsidentin! Ich glaube, es ist völ-

lig unumstritten, dass die Lage im Nahen und Mittleren
Osten mit jedem Tag dramatischer wird . Auf einige die-
ser dramatischen Entwicklungen hat der Außenminister
aufmerksam gemacht: der furchtbare Anschlag in Istan-
bul, der in der Lage ist, sehr viel von dem, was es an
vernünftigen Überlegungen gegeben hat, mit sich in den
Abgrund zu reißen, das fortgesetzte Morden und Töten
in Syrien, der Krieg im Jemen, die Auseinandersetzung
zwischen Saudi-Arabien und dem Iran .

Ich habe die große Sorge, dass dieser Mord an 47 ver-
urteilten Menschen, darunter dem schiitischen Geistli-
chen in Saudi-Arabien, gewollt oder ungewollt, zu einem
großen Konflikt in der ganzen Region führen kann. Ich
finde, die deutsche Außenpolitik ist gut beraten, alles zu
tun, um so etwas zu verhindern .


(Beifall bei der LINKEN)


Angesichts einer solchen Situation bin ich, ehrlich
gesagt, Herr Außenminister, für eine Doppelstrategie .
Ich bin dafür, dass man mit den betroffenen Menschen
redet; da haben Sie völlig recht . Gesprächen auszuwei-
chen, bringt überhaupt nichts . Solche Gespräche sind
nicht immer angenehm . Das muss sich aber damit ver-
binden, dass man Klartext spricht und auch entsprechend
handelt, wenn es um die Kritik an einem solchen Verhal-
ten wie das Saudi-Arabiens geht . Ich muss Ihnen ehrlich
sagen: Saudi-Arabien ist für mich so etwas wie der Staat
des IS geworden . Vom IS unterscheidet Saudi-Arabien
nicht viel . Menschen werden enthauptet, geschlagen oder
totgepeitscht .


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie sind jetzt auf dünnem Eis!)


– Das kann ja sein . Das Eis ist immer dünn, Herr Kauder .
Das wissen Sie am besten .


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Nein, nein!)


Das ist der staatgewordene IS .

Ich möchte, dass jetzt endlich einmal einige Dinge
klargestellt werden. Ich finde, dass die deutsche Nahost-
politik sprunghaft, streckenweise prinzipienlos und op-
portunistisch ist . Ich nenne Ihnen vier Beispiele . Es gäbe
viel mehr .

Das erste Beispiel ist Saudi-Arabien . Nach der Hin-
richtung der 47 Menschen wäre es notwendig gewesen,
dem Staat Saudi-Arabien mitzuteilen: Es wird keine
deutschen Waffenexporte nach Saudi-Arabien mehr ge-
ben .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das wäre doch das Mindeste, was man hätte tun können .
Das ersetzt nicht die Gespräche . Zu den Gesprächen ge-
hört aber auch, seitens der Weltgemeinschaft deutlich zu
machen: So nicht! Das ist ausgeblieben . Gespräche sind
angekündigt worden, aber das Handeln ist ausgeblieben .

Ich glaube, dass man ähnlich nachdenken muss, wie
man mit der Türkei weiter umgeht . Das fällt mir jetzt

schwer vor dem Hintergrund des Anschlags in Istanbul .
Muss man der Türkei nicht viel deutlicher sagen: „Ja, es
ist vernünftig, wenn die Türkei ebenso wie Saudi-Arabi-
en und der Iran weiter an den Gesprächen in Wien teil-
nimmt, weil man dort zu einem Ergebnis kommen muss,
aber wir werden nicht akzeptieren, dass die Türkei nach
wie vor für den IS eine Nachschub- und Erholungsbasis
ist“? Auch das muss man in aller Deutlichkeit vermitteln.


(Beifall bei der LINKEN)


Nehmen wir Syrien selber . Ich war sehr froh über die
Ergebnisse in Wien . Ich habe mich bei Ihnen, Herr Au-
ßenminister, für das, was dort verhandelt worden ist, auch
bedankt. Ich finde die neun Punkte sehr vernünftig. Das
ist ein Friedensplan für Syrien . Gehört dazu nicht auch,
zu sagen: „Wir achten und akzeptieren die Staatlichkeit
Syriens“? Eine deutsche Verletzung des Luftraums von
Syrien durch den Tornado-Einsatz ohne UN-Beschluss
und ohne Einladung der syrischen Regierung ist völlig
inakzeptabel . Das ist verfassungs- und völkerrechtswid-
rig . Das werden wir auch dem Verfassungsgericht so
vortragen . Es geht nicht, dass wir uns anmaßen, einfach
über andere Staaten deutsches Militär einzusetzen . Das
ist völlig inakzeptabel . Damit setzt man sich selber ins
Unrecht .


(Beifall bei der LINKEN)


Ich möchte auch ein Thema ansprechen, das Sie nicht
angesprochen haben: Muss man nicht gerade in die-
ser Situation auf die israelische Regierung einwirken,
sich doch mehr zu bewegen, was die Zweistaatlichkeit
angeht? Vielleicht ist sie jetzt noch möglich. Ob sie in
einem Jahr noch möglich ist und was das für die ganze
Region bedeutet, weiß keiner . Auch hier würde ich mir
von der Bundesregierung wünschen – ich glaube ja nicht
daran, dass es dazu kommt –, dass man ein paar deutli-
che Worte an die israelische Regierung richtet, und zwar
nicht nur hinter verschlossenen Türen, sondern auch in
der Öffentlichkeit .


(Beifall bei der LINKEN)


Ich fordere Sie auf, dass die Bundesregierung ihr Re-
den und Handeln in Übereinstimmung bringt . Sonntags-
reden über Werte, die man geachtet haben will, und ein
anderes Handeln: Eine solche Politik kann nie auf Dauer
vernünftig sein . Ich möchte gerne eine vernünftige deut-
sche Nahostpolitik . Die vermisse ich .

Danke sehr .


(Beifall bei der LINKEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814821300

Vielen Dank . – Für die CDU/CSU-Fraktion spricht

jetzt der Kollege Dr . Franz Josef Jung .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1814821400

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich denke, das
Selbstmordattentat auf eine westliche Touristengruppe in
Istanbul hat uns alle tief getroffen . Wir trauern um die






(A) (C)



(B) (D)


Toten, darunter zehn Deutsche . Wir fühlen mit den Hin-
terbliebenen . Wir sind in Gedanken bei den Verletzten,
denen wir eine baldige Genesung wünschen .

Aber wir werden uns von diesem menschenverachten-
den Terrorismus nicht einschüchtern lassen, sondern wir
werden ihn entschieden weiter bekämpfen . Wir stehen
an der Seite Europas . Wir stehen an der Seite unserer
NATO-Partner . Wir werden im Interesse der Menschlich-
keit, lieber Herr Gehrcke, gerade unseren Beitrag in der
Anti-ISIS-Koalition fortsetzen; denn das ist notwendig,
um den schlimmen Terrorismus, der von ISIS ausgeht,
wirkungsvoll zu bekämpfen .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich halte es für abscheulich – das muss ich so deutlich
sagen –, dass der eine oder andere versucht, aus diesem
grausamen Anschlag politisches Kapital zu schlagen .


(Zuruf von der LINKEN: Wen meinen Sie denn? – Volker Kauder [CDU/CSU], an die LINKE gewandt: Ruhe! – Dr . Sahra Wagenknecht [DIE LINKE]: Das ist unverschämt!)


Das neue Jahr hat leider im Nahen und Mittleren Osten
mit weiteren schlechten Nachrichten begonnen . Die Es-
kalation zwischen Saudi-Arabien und Iran gibt zu Recht
Anlass zur Sorge . Deshalb sind wir herausgefordert – der
Außenminister hat das gerade deutlich gemacht –, alle
Anstrengungen zu unternehmen, um zu einer Deeskala-
tion beizutragen . Dies ist aus meiner Sicht im Interesse
einer friedlichen Entwicklung in der Region . Das ist das
Gebot der Stunde . All diejenigen, die nun fordern, bei-
spielsweise den Handel, die Beziehungen und den Dialog
mit Saudi-Arabien abzubrechen, können keinen Beitrag
zu einer friedlichen Entwicklung mehr leisten . Wer Be-
ziehungen abbricht, verliert an Einfluss. Dies wäre jetzt
die falsche Politik, auch und gerade im Hinblick auf eine
friedliche Perspektive in dieser Region .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Gilt das auch für Russland?)


Gerade im Hinblick auf die Stabilität in der Region
ist Saudi-Arabien weiterhin ein wichtiger Partner . Des-
halb ist es richtig – auch das hat der Außenminister
deutlich gemacht –, dass wir die Menschenrechtssitua-
tion ansprechen und dass wir uns beispielsweise im Fall
Badawi einsetzen . Aber wir müssen unsere Beziehungen
zu Saudi-Arabien und dem Iran nutzen, um gerade die
Wiener Verhandlungen für ein Ende des Bürgerkriegs in
Syrien voranzutreiben . Zu Recht hat gerade die Wochen-
zeitung Die Zeit geschrieben: Der schlimmste Schaden
der saudi-iranischen Eskalation wäre das Scheitern der
Friedensgespräche über Syrien . – Wer die grausamen
Bilder der hungernden Menschen in Syrien sieht und da-
ran denkt, dass über 200 000 Tote in Syrien zu beklagen
sind, muss alles unternehmen, um diesem schrecklichen
Bürgerkrieg endlich ein Ende zu bereiten .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Die bisherigen Gespräche in Wien bieten vorsichti-
ge Anhaltspunkte zur Hoffnung . Als nächster Schritt im
Wiener Prozess sollen am 25 . Januar erstmals die ge-
sprächsbereiten Vertreter des Assad-Regimes und wich-
tiger Oppositionsgruppen zusammenkommen und in
direkte Verhandlungen eintreten . Das schließt selbstver-
ständlich konstruktive Beiträge von Saudi-Arabien und
dem Iran ein . Deshalb ist es richtig, darauf hinzuweisen,
dass Saudi-Arabien weitere Hinrichtungen unterlassen
sollte . Der Iran gibt Anlass zu einem Hoffnungsschim-
mer, dass es zu einer Deeskalation kommt . Nach den At-
tacken gegen die saudische Botschaft in Teheran ist der
zuständige Polizeichef im Iran abgesetzt worden . Ferner
ist eine Strafverfolgung der Personen, die die Sicherheit
der Botschaft gefährdet haben, angelaufen . Das sind Si-
gnale, die deutlich machen, dass es eine Perspektive für
eine Deeskalation gibt . Deshalb sollten wir die Bundes-
regierung in ihrem Bemühen unterstützen, zur Deeska-
lation beizutragen . Nutzen wir diese Chance, um so eine
friedliche Entwicklung in Syrien und in der Region vor-
anzubringen .

Besten Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814821500

Vielen Dank . – Nächster Redner ist Omid Nouripour,

Bündnis 90/Die Grünen .


Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814821600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 10 Tote

bei Anschlag auf belebten Platz in der Innenstadt; min-
destens 20 Tote bei Luftangriff auf ein Schwimmbad;
etwa 400 Menschen, die fast zu Tode verhungert sind;
die zeitweise Verhaftung einer prominenten Bloggerin;
20 Tote bei Bombenangriff auf ein Café – das ist nur ein
Ausschnitt der Meldungen, die uns alleine gestern aus
dem Nahen Osten erreicht haben .

Dabei wissen wir: Zehn Deutsche sind bei dem An-
schlag in Istanbul gestorben, viele sind verletzt worden,
einige sehr schwer . Ihren Angehörigen gilt unser Mitge-
fühl genauso wie den anderen Opfern, die nicht in Istan-
bul waren, sondern im Jemen, in Syrien, in Saudi-Arabi-
en oder im Irak .

Die wichtigsten Exportprodukte des Nahen Ostens,
schreibt vor diesem Hintergrund gestern der großartige
Satiriker Karl Sharro, sind Öl und Schlagzeilen . – In die-
ser Stimmung fragen sich natürlich sehr viele Menschen:
Was kann man denn eigentlich tun? – Es gibt viele, die
nach einem großen Plan rufen . Der letzte wirklich wirk-
same große Plan für den Nahen Osten wird im Mai die-
ses Jahres 100 Jahre alt . Es ist der Plan von Sykes und
Picot, ein Gebilde, unter dessen Trümmern mittlerweile
Millionen von Menschen begraben sind . Die Zeiten der
Masterpläne für den Nahen Osten sind vorbei .

Die Region ist dafür viel zu vielschichtig . Die meisten
Probleme haben sehr individuelle und lokale Ursachen .
Deshalb muss man da immer sehr genau hinschauen und
darf nicht das Gerede von den angeblich großen Linien
nachplappern . Manchmal ist das wirklich kontraproduk-

Dr. Franz Josef Jung






(A) (C)



(B) (D)


tiv . Wenn man dieses Tremolo von Teheran und Riad,
von Schia und Sunna immer nachplappert, dann befeuert
man einen konfessionellen Krieg, obwohl es eigentlich
nur um Machtverhältnisse geht . Das sollte man nicht tun .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir brauchen einen klaren Blick, wir brauchen Rück-
grat und Standfestigkeit. Haben wir das denn? Ich will ei-
nige Beispiele nennen . Irakisch-Kurdistan war sehr lange
eine Oase der Stabilität im Norden des Irak . Wir haben
den großen Widerstand gegen den Ansturm der Barba-
ren des ISIS erlebt . Dieser Widerstand ist zu begrüßen,
und den sollten wir auch weiterhin unterstützen . Nur, seit
Monaten wird die Brüchigkeit dieser Stabilität im Nord-
irak immer klarer . Würden wir genau hinschauen, dann
würden wir sehen, was da eigentlich gerade los ist .

Es gibt eine massive Wirtschaftskrise, die so manche
Sollbruchstellen, die älter sind als die durch den ISIS her-
vorgerufenen, offenlegt . Wir erleben, dass die Regierung
Barzani gewaltsam versucht, demokratische Debatten
zu verhindern, Parlamentarier aussperrt und Journalis-
ten verfolgt . Auch die sind aber unsere Partnerinnen und
Partner, nicht nur Barzani . Ich frage mich, wo eigentlich
der laute Protest unserer Ministerinnen und Minister in
Erbil geblieben ist . Ich habe nichts davon gehört .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn wir von Prinzipien und Rückgrat sprechen,
dann, so glaube ich, muss man auch über das Positive
sprechen und Stärken stärken . Dazu wirklich nur ein
Satz: Es ist mehr als ein Wunder, dass der Libanon bei
den Flüchtlingszahlen noch nicht zusammengebrochen
ist . Die Libanesen brauchen nicht nur unsere verbale So-
lidarität, sondern sie brauchen politische Unterstützung
und deutlich mehr materielle Hilfe . Ich wünschte mir,
dass es deutlich mehr wäre als das, was wir jetzt tun . Ich
freue mich, dass die Hilfe schon angewachsen ist .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Im Falle von Syrien geht es nicht um die großen Frie-
denslösungen . Die gibt es so nicht . Das ist uns bekannt .
Auch wir freuen uns über die Verhandlungen in Wien .
Die sind richtig, auch wenn wir nicht mit allem, was
dort aufgeschrieben worden ist, einverstanden sind, auch
wenn wir nicht ganz so viel Dynamik wie der Außenmi-
nister an mancher Stelle sehen .

Es gibt vier Resolutionen, die den Zugang der Men-
schen zu humanitärer Hilfe fordern, alle mit der Stimme
Russlands im Sicherheitsrat verabschiedet . Wenn es nicht
die großen Lösungen gibt, dann ist es doch offenkundig,
dass man das tut, was man tun kann, und das ist, Hilfs-
lieferungen zu bringen . Es ist wirklich nicht leicht heut-
zutage, den Syrern zu erklären, wie es denn sein kann,
dass wir dort Flieger haben, aber keine Hilfslieferungen
bringen können . Das ist für niemanden klar . Im Übrigen
könnte die Bundesregierung mit einer Initiative in diese
Richtung auch den Finger in die Wunde des russischen
Beistands für Assad legen, der sich stets so pompös auf
die Vereinten Nationen bezieht .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir würden im Übrigen auch zeigen, auf wessen Seite
wir stehen . In Syrien gibt es Millionen von Menschen,
die unsere Partner sein können .

Zu Saudi-Arabien . Herr Außenminister, lieber Frank,
du weißt, ich schätze dich sehr . Aber was ich nicht verste-
he, ist, wie du immer wieder bei Kritik einen Pappkame-
raden rhetorisch aufbaust und damit die Kritik umgehst .
Wir haben nicht gesagt, dass du nicht nach Saudi-Arabi-
en fahren sollst . Wir haben nicht gesagt, dass man nicht
mit den Saudis sprechen soll . Natürlich brauchen wir sie .
Wir sind wirklich dankbar, dass du einen großen Beitrag
geleistet hast, dass Iran und Saudi-Arabien in Wien wie-
der zusammengekommen sind .

Wir würden uns freuen, wenn du drei Tage vor diesem
Festival oder drei Tage nach diesem Festival dahin fahren
würdest, am besten verbunden mit einer Pendeldiploma-
tie zwischen Riad und Teheran . Niemand sagt, dass der
Chefdiplomat Deutschlands mit den Schurken der Welt
nicht reden soll . Das ist dein Job . Das wissen wir . Wir
freuen uns, wenn du das tust . Die Frage ist nur: Gehört
in diesen Zeiten ein Kulturfestival und die Normalität,
die damit suggeriert wird, wirklich dazu? Wollen wir das
Land wirklich mit dem Besuch eines Kabinettsmitglieds
aufwerten?

Ich kann nur sagen: Das Land Baden-Württemberg –
auch dort beteiligt – hat sich weise verhalten . Es hat
beschlossen, genau diese Aufwertung nicht mitzuma-
chen und keine Kabinettsmitglieder hinzuschicken . Ich
wünschte mir, dass die deutsche Bundesregierung das
genauso macht .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das heißt nicht, dass man mit Saudi-Arabien nicht reden
soll .

Im Übrigen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Uni-
on – letzter Satz –, ich freue mich sehr, dass es bei Ihnen
ein Umdenken in der Frage des Umgangs mit Saudi-Ara-
bien gibt; das ist die letzten Tage spürbar gewesen . Aller-
dings sind jetzt zwei Gesichtspunkte zu beachten .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814821700

Herr Kollege Nouripour, jetzt sagen Sie aber wirklich

den letzten Satz .


Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814821800

Erstens . Man sollte um Gottes willen nicht eine stra-

tegische Partnerschaft mit Saudi-Arabien, die falsch ist,
gegen eine falsche strategische Partnerschaft mit dem
Iran austauschen .

Zweitens . Der Tod von 47 Menschen, durch den so
viele wachgerüttelt worden sind, ist wahrscheinlich lei-
der nicht das Ende einer ganz langen Kette ähnlicher
Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien .


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Und im Iran!)


– Und im Iran . – Ich frage mich, wohin Sie die letzten
Jahre geschaut haben .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Omid Nouripour






(A) (C)



(B) (D)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814821900

Vielen Dank . – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der

Kollege Niels Annen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Niels Annen (SPD):
Rede ID: ID1814822000

Vielen Dank . – Frau Präsidentin! Meine sehr verehr-

ten Damen und Herren! Auch wir sind natürlich heute in
dieser Stunde in Gedanken bei den Opfern des schreck-
lichen Anschlags in der Türkei . Ich glaube, man kann an
dieser Stelle daran erinnern, dass auch die hier vielkri-
tisierte Türkei – übrigens ist sie von dieser Stelle auch
von mir manchmal kritisiert worden – mehrfach Opfer
von Terroranschlägen geworden ist. Deswegen, finde ich,
sollten wir gerade in einer Zeit der Trauer etwas auf unse-
re Rhetorik in dieser Situation achten .

Ich jedenfalls bin der Meinung, dass wir uns doch un-
abhängig davon, was sich noch an Erkenntnissen ergibt,
darin bestätigt fühlen können, dass sich Deutschland an
den internationalen Bemühungen zur Bekämpfung des
Terrorismus beteiligt, als Teil der Anti-IS-Koalition –
die militärische Beteiligung ist ein Teil dieser Bemü-
hungen –, aber vor allem politisch . Das steht doch im
Mittelpunkt der Bemühungen und, ich hoffe, auch im
Mittelpunkt dieser Debatte . Der Anschlag zeigt, dass es
nicht nur wichtig ist, dass wir die Kontakte zu unseren
Freunden aufrechterhalten, sondern dass es auch wich-
tig ist, dass wir die Gesprächsfähigkeit in einer solchen
Situation bewahren und sogar verbessern, lieber Kollege
Nouripour .

Ich möchte an dieser Stelle schon einmal klarstellen,
was die Politik der Bundesregierung und des Außenmi-
nisters in den letzten zwei Jahren gewesen ist . Es war
eine mühevolle Arbeit, die Kontrahenten in Wien an
einen Tisch zu bekommen. Der Kernkonflikt in Syrien
strahlt aus bis hin zu uns in unsere Kommunen, in die
Gemeinden, in die Wahlkreise . In der Diskussion über
die Situation der Flüchtlinge ist es zentral gewesen, dass
nicht nur die USA und Russland – deren erneute hoch-
rangige Gesprächsbereitschaft übrigens dazu beigetragen
hat, dass wir in Wien vorangekommen sind – an einen
Tisch gekommen sind, sondern eben auch die beiden re-
gionalen Antagonisten: der Iran und Saudi-Arabien .

Wenn ich mir die Pressemeldungen der letzten Tage
anschaue – ich will das hier nicht zu pauschal sagen –,
dann stelle ich fest, dass es vor allem aus den Reihen
der Grünen, aber leider auch von einigen Kolleginnen
und Kollegen der Union schon so etwas wie eine mediale
schwarz-grüne Empörungskoalition gegeben hat . Das hat
der deutschen Außenpolitik geschadet . Es hat der deut-
schen Außenpolitik nicht wegen der Kritik an Saudi-Ara-
bien geschadet; diese Kritik teile ich . Herr Nouripour,
ich kann es Ihnen ja vorlesen . Sie haben gesagt, dass der
Außenminister seine Reise zum Dschanadrija-Festival
absagen soll . Dies geschah in einem Kontext, in dem na-
türlich konkret unterstellt wurde, dass es quasi eine mo-
ralisch verwerfliche Reise wäre, die dorthin unternom-
men werden soll .

Ich sage Ihnen: Das Gegenteil ist der Fall . Mit der
Teilnahme an diesem Festival wird die Anerkennung der
Reformpolitik des verstorbenen Königs zum Ausdruck
gebracht .


(Roderich Kiesewetter [CDU/CSU]: Richtig! Sehr richtig!)


Es gab vorsichtige, langsame, ich würde sogar sagen: zu
langsame Schritte, dieses Land in die Moderne zu führen .
Es gibt keinerlei kulturelle Veranstaltungen in diesem
Land außer diesem großen kulturellen Ereignis, und bei
diesem Ereignis präsentiert sich unser Land mit einem
Pavillon . Ein Kernteil der dortigen Ausstellung dreht
sich übrigens um die Arbeit in diesem Haus, um unsere
demokratische Kultur . Die soll ein Außenminister nicht
besuchen dürfen? Ja, wo leben wir denn, meine Damen
und Herren?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich finde, wir müssen doch in dieser Situation selbstbe-
wusst für unsere eigenen Werte einstehen .

Wir reden in dieser Situation ständig über Saudi-Ara-
bien und zu Recht – ich wiederhole das – über die skan-
dalösen Exekutionen und die politische Provokation
der Hinrichtung eines schiitischen Predigers . Natürlich
musste die Führung in Saudi-Arabien genau wissen, was
das auslöst . Deswegen ist es von uns auch gemeinsam –
darüber bin ich froh – zu Recht kritisiert worden . Aber
wir fahren doch nicht nach Saudi-Arabien, weil wir uns
denen so freundschaftlich verbunden fühlen,


(Zuruf von der LINKEN: Warum denn sonst?)


sondern deshalb, weil wir sie in dieser katastrophalen Si-
tuation als einen der regionalen Akteure brauchen,


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das stimmt! Genau!)


ohne die der Konflikt nicht zu lösen ist.

Das gilt übrigens auch für den Iran . Dort sind im letz-
ten Jahr Hunderte von Menschen hingerichtet worden,
ohne dass es dieselbe mediale Empörungslogik hier ge-
geben hätte . Da muss man sich schon ein bisschen fra-
gen: Ist das, was Sie hier gesagt haben, Herr Nouripour,
eigentlich ein Beitrag dazu – ich freue mich darüber, dass
Sie die Arbeit unseres Außenministers unterstützen wol-
len –, oder ist es eher ein Beitrag zur Selbstprofilierung?
Ich kann Ihnen sagen: Wenn Sie sich den Mühen der Ebe-
ne entziehen wollen, machen Sie das! Wir werden uns
den Mühen der Ebene nicht entziehen . Deswegen, glaube
ich, ist der Außenminister nicht nur mit seiner Politik auf
dem richtigen Weg, sondern auch seine Reiseziele sind
gut und wohlabgewogen ausgewählt .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)







(A) (C)



(B) (D)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814822100

Vielen Dank . – Nächste Rednerin ist Heike Hänsel,

Fraktion Die Linke .


(Beifall bei der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Aber jetzt geht es rund! – Roderich Kiesewetter [CDU/CSU]: Sie hat den Außenminister nicht gehört! Sie kann nicht die Wahrheit sagen!)



Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814822200

Frau Präsidentin, danke schön . – Das denke ich mir,

Herr Kauder, dass Sie hier jetzt schon Fracksausen be-
kommen .


(Lachen bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es geht natürlich auch um Rüstungsexporte, um Rüs-
tungsgüter, die unter anderem aus Ihrem Wahlkreis in
alle Welt geliefert werden . Da haben Sie bisher noch gar
nichts gemacht . „Das wäre ein großer Beitrag zur Terror-
bekämpfung“, kann ich nur sagen .


(Beifall bei der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie haben einen Vogel! – Heiterkeit bei der CDU/CSU)


Jetzt kommen wir zu den entscheidenden Punkten, die
hier überhaupt nicht benannt werden .

Auch wir haben tiefes Mitgefühl für die Opfer der An-
schläge sowohl in der Türkei – es gab schon etliche blu-
tige Attentate – als auch an vielen anderen Orten dieser
Welt, aber auch Mitgefühl für die Opfer der Kriege, die
durch den Westen weltweit geführt werden . Hier darf es
keine Aufteilung geben . Jedes Opfer ist ein Opfer zu viel .


(Beifall bei der LINKEN)


Ich muss schon sagen: Die Redebeiträge, die ich in
den letzten Minuten gehört habe, haben sich wenig mit
der Rolle der Türkei zum Beispiel beschäftigt . Hierzu hö-
ren wir eigentlich nichts . Der Herr Jung sagt: Wir müssen
den IS bekämpfen . – Das ist schön und gut . Aber seit
wie vielen Jahren beklagen wir hier, dass es auch eine
Unterstützung des IS durch den NATO-Partner Türkei
gibt, und zwar nachweislich? Selbst der BND hat mitt-
lerweile gemeldet, dass Waffen an den IS über den tür-
kischen Geheimdienst geliefert werden . Hierzu hört man
von Ihnen gar nichts . Sie schauen diesem Treiben von
Erdogan einfach zu . Im Gegenteil: Er bekommt 3 Milli-
arden Euro von der Europäischen Union . Angela Merkel
hat einen Wahlkampfbesuch für Erdogan gemacht, kurz
vor den Wahlen . Es werden nach wie vor auch Waffen in
diese Region geliefert . Wir halten diese Politik für heuch-
lerisch . Sie trägt zu mehr Terror und nicht zu weniger
Terror bei .


(Beifall bei der LINKEN)


Ich möchte es noch einmal sagen: Der IS hat sein Re-
krutierungsgebiet auf türkischem Gebiet . Wie viele von
uns haben die Türkei besucht? Die Grenze nach Syrien ist
offen . Gebetsmühlenartig warnen wir davor und fordern,
dass hier eingeschritten werden muss, dass Druck auf die
Türkei ausgeübt werden muss . Aber hierzu kommt von

Ihrer Seite gar nichts . Im Gegenteil: Die Unterstützung
wird ausgebaut .

Dasselbe gilt eigentlich auch für Saudi-Arabien – ein
Land, das die Region maßgeblich destabilisiert hat, das
eine ungute Rolle in Syrien spielt und das massiv dazu
beiträgt, dass islamistische Terrortruppen unterstützt,
aufgerüstet und trainiert werden . Viel Unterstützung zum
Beispiel für einen radikalen Salafismus kommt aus Sau-
di-Arabien . Auch hierzu hört man von Ihnen sehr wenig .
Im Gegenteil: Sie führen die militärische Kooperation
fort . Es wird jetzt nachgedacht: Man muss die Waffenex-
porte in die Region mal prüfen . – Aber es ist keine ernst-
zunehmende Politik, die Sie hier gegenüber der blutigen
Diktatur – wir haben es nach den massenhaften Hinrich-
tungen in den letzten Wochen gesehen – betreiben .

Es braucht eine ernsthafte Politik, die auch glaubwür-
dig ist . Herr Steinmeier, insofern halten wir es für mehr
als kontraproduktiv, zu einem solchen Kulturfestival
nach Riad zu fahren .

Herr Annen, Sie haben das jetzt hier als ein einziges
Dialogforum zur Reform Saudi-Arabiens dargestellt . Da-
mit streuen Sie der Bevölkerung Sand in die Augen . Zum
Beispiel ist der Pavillon von Baden-Württemberg von
zahlreichen Wirtschaftsunternehmen aus Baden-Würt-
temberg gestaltet, die unter anderem teure Whirlpoolan-
lagen anbieten und natürlich dort verkaufen wollen .

Ich frage mich, was das eigentlich zu einer ernsthaften
Friedenspolitik in der Region beiträgt . Das ist wirklich
Hohn und kann absolut nicht akzeptiert werden .

Deswegen fordern wir, dass sowohl der Besuch von
Herrn Steinmeier als auch dieser baden-württembergi-
sche Pavillon vollständig abgesagt werden .


(Beifall bei der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Es ist die Frage, was wir erreichen wollen!)


Wir müssen uns ja überlegen: Was macht die Bundes-
regierung jetzt? Sie beteiligen sich auch noch an einem
neuen großen Krieg gegen den Terror mit Tornados, der
zu viel Leid und noch mehr Bomben in Syrien führt . Da-
bei haben wir in dieser Region doch erlebt, dass gerade
der letzte große Krieg gegen den Terror – begonnen 2001
mit Afghanistan, mit Irak, mit Libyen – die Welt so unsi-
cher gemacht hat wie noch nie zuvor . Wie viel Leid, wie
viele Hunderttausende Tote, wie viele Millionen Flücht-
linge hat dieser Krieg gegen den Terror gebracht! Und
was machen Sie jetzt? Sie beginnen mit einem neuen
Krieg gegen den Terror; Sie beteiligen sich aktiv und tra-
gen zu noch mehr Leid und noch mehr Flüchtlingen bei .

Wir lehnen diese Politik ab . Wir fordern eine grund-
sätzliche Wende in der Außenpolitik – für eine aktive
Friedenspolitik, die Kriegsbeteiligung ablehnt .

Vielen Dank .


(Beifall bei der LINKEN)







(A) (C)



(B) (D)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814822300

Vielen Dank . – Nächster Redner ist der Kollege

Roderich Kiesewetter, CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Roderich Kiesewetter (CDU):
Rede ID: ID1814822400

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bis eben war
unsere Debatte von Besonnenheit und Weitsicht geprägt .
Wir sollten auch angesichts der Anschläge, zuletzt ges-
tern fürchterlich in Istanbul, unseren Weg der Beson-
nenheit sowie der strategischen Geduld und Weitsicht
beharrlich fortsetzen .

Ich möchte das hier ganz bewusst so deutlich an-
sprechen . Unser Außenminister hat es klar gesagt; Niels
Annen und Franz Josef Jung haben es aufgegriffen . Dann
ist es bedauerlich, wenn eine Rednerin der Opposition
nicht einmal den Willen aufbringt, den Außenminister
anzuhören, sondern später kommt . Sie hätten Ihre Rede
umschreiben müssen, liebe Frau Kollegin .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das war billig!)


Wenn wir angesichts dieser Anschläge zur Besonnen-
heit mahnen, auch in unserem innenpolitischen Erleben,
dann müssen wir uns Gedanken machen, wie die Ent-
wicklungslinien über die letzten Jahrzehnte, aber auch
über die letzten Jahrhunderte zu diesen Verhärtungen
geführt haben .

Deswegen ist es gut, dass sich unsere Bundesregie-
rung in den letzten Jahren zu einem ehrlichen Makler,
zu einem Honest Broker im internationalen Umfeld ent-
wickelt hat . Wir verhandeln und geben Anstöße . Unser
Außenminister hat den Prozess in Wien vorangebracht .
Ganz aktuell war der Innenminister heute in Istanbul .
Diese Woche ist der Kanzleramtsminister in Ankara ak-
tiv gewesen .

Wir müssen den Dialog fortsetzen . Ich möchte die
Bundesregierung ermutigen, diesen Weg der Diplomatie
fortzusetzen und mit beiden Seiten in diesen Konfliktli-
nien zu sprechen .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, es sind natürlich un-
geheuer viele Vernetzungen und Herausforderungen . Wir
brauchen nur drei anzusprechen: die Bekämpfung des
internationalen Terrorismus, insbesondere des islamisti-
schen Terrorismus, die Fluchtursachen, die nicht nur mit
dem Terrorismus zu tun haben, sowie – zurzeit in den
Hintergrund geraten, aber dennoch alles überlagernd –
das Existenzrecht Israels und die Auseinandersetzung
mit den Palästinensern .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die sehr ausführlich
Kritik hinsichtlich einer möglichen Reise unseres Außen-
ministers äußern: Hätten wir die Bemühungen mit dem
Iran hinsichtlich des Nuklearabkommens eingestellt,
weil im Iran ein Mehrfaches an Hinrichtungen stattfindet

wie in Saudi-Arabien, wären wir nicht zu dem Nuklear-
abkommen gekommen .


(Volker Kauder [CDU/CSU]: So ist es!)


Das dürfen wir nie vergessen . So schwer es akut fällt,
auch aus der Reaktion heraus, jegliche Kontakte mit Sau-
di-Arabien abzulehnen,


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das hat doch keiner gefordert!)


umso wichtiger ist es doch, den Saudis vor Augen zu füh-
ren, dass wir an sie als Stabilitätsfaktor in der Region
andere Erwartungen haben .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Das können wir nicht vom grünen Tisch aus und nur in
begrenztem Maße vielleicht von diesem Pult aus tun .
Niels Annen und Franz Josef Jung haben es angespro-
chen: Entscheidend ist doch, dass wir Akzente setzen .
Gerade das angesprochene Fest ist ein Erbe des verstor-
benen Königs, der langsam versucht hat, dieses Land zu
öffnen und Frauen Wahlen zu ermöglichen . Wenn wir
dort Akzente setzen, setzen wir die richtigen Akzente .

Zum Verhältnis innerhalb Syriens und des Iraks: Wir
engagieren uns dort sehr stark . Wir dürfen aber nicht
vergessen, dass hier – Omid Nouripour hat es angespro-
chen – aus der Historie heraus religiöse Überlagerungen
stattfinden. Deshalb ist es so wichtig, dass wir versuchen,
die drei Linien, die ich ansprach, zu verknüpfen . Wenn
der Iran versucht, aus dem Abkommen von Wien Kapital
zu schlagen – Rohani sagt, Israel glaube, 25 Jahre lang
Ruhe zu haben, und in 25 Jahren werde Israel, so sinnge-
mäß, nicht mehr existieren –, so müssen wir gerade des-
halb deutlich darauf aufmerksam machen, dass für uns
das Existenzrecht Israels unabdingbar ist . Wir müssen
den Iran in all seinem Handeln stets daran festmachen .
Das dürfen wir nicht vergessen .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Das bedeutet also: nicht einseitig einzelne Staaten ver-
urteilen, sondern unsere Interessen generell deutlich ma-
chen .

Das führt mich zu meinem letzten Punkt . Wenn ich
von Besonnenheit und strategischer Weitsicht spreche,
meine ich, dass wir – das haben wir in den letzten zwei
Jahren massiv erlebt, und darauf müssen wir uns einstel-
len – in der Gleichzeitigkeit von Krisen das Unerwartete,
das Ungeplante, das Unwahrscheinliche stärker anneh-
men müssen als bisher und versuchen müssen, es zu be-
wältigen . Das geht vorrangig mit Mitteln der Diplomatie .
Das bedeutet, dass wir Deutsche in Europa mit dazu bei-
tragen müssen, dass die Europäische Union insgesamt als
Partner der Staaten im Nahen und Mittleren Osten wahr-
genommen wird, nicht nur als Technologiepartner – das
unqualifizierte Beispiel von Whirlpools wurde vorhin an-
gesprochen –, sondern als Partner in der Transformation,
als Partner für den Aufbau zivilgesellschaftlicher, brei-
terer Strukturen, aber auch als Technologiepartner und
Mahner in bestimmten Bereichen . Ich weiß, dass wir da
den einen oder anderen Bereich überdenken müssen . Das
hindert uns aber nicht daran, zu überlegen, wer, wenn wir
uns aus der Region zurückzögen, dort aktiv würde . Ich






(A) (C)



(B) (D)


glaube, wir haben kein Interesse daran, dass Russland
und China die wesentlichen Ansprechpartner dieser Re-
gion werden . Wir müssen Ansprechpartner bleiben und
diese Position ausbauen . Deshalb jegliche Unterstützung
in dieser Richtung für unsere Bundesregierung!

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814822500

Vielen Dank . – Nächste Rednerin ist Dr . Franziska

Brantner, Bündnis 90/Die Grünen .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen
und Herren! Lieber Niels, ich habe mich gefreut, dass
du mit einer solchen Vehemenz Frank-Walter Steinmeier
verteidigt hast – stärker, als er sich selbst verteidigt hat .
Das war wirklich sehr ambitioniert .


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Der will noch was werden!)


Aber ich fand die Beschreibung des Festivals doch etwas
beschönigend . Ich würde ja hoffen, dass es so kommt,
und mich über die revolutionierenden Ergebnisse des
Festivals freuen . Ich fände es auch besser, wenn Ba-
den-Württemberg nur noch Whirlpools statt Rüstung ex-
portiert .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das würde bestimmt mehr zum Frieden in der Region
beitragen als die Rüstungsexporte aus dem Ländle .

Aber, Herr Steinmeier, bei dem Thema des Festi-
vals geht es ja nicht darum, ob man mit Saudi-Arabien
redet oder nicht, sondern grundsätzlich geht es um die
Frage: Haben wir noch eine besondere Partnerschaft mit
Saudi-Arabien – dann geht man zu Festivals –, oder ist
Saudi-Arabien einer der Partner in der Region wie vie-
le andere auch und sowohl Teil des Problems als auch
Teil der Lösung wie viele andere in der Region auch?
Ich glaube, das ist der grundsätzliche Streitpunkt, den wir
in Deutschland haben: Was ist die Rolle Saudi-Arabiens
für Deutschland? Gibt es eine besondere Beziehung, eine
besondere Partnerschaft, oder gibt es die eben nicht? Wir
Grüne argumentieren schon seit langem – deswegen ist
das nicht Effekthascherei oder Ringen um Aufmerksam-
keit in der Öffentlichkeit –, dass es keine Begründung
mehr gibt für eine besondere Partnerschaft zu Saudi-Ara-
bien .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir wissen, dass der Wahhabismus in dieser Region, der
Teil des Problems von ISIS und der anderen radikal-is-
lamistischen Strömungen ist, aus Saudi-Arabien heraus
gestärkt wird .

Ja, Sie fahren nach Saudi-Arabien, Sie fahren nach Te-
heran, um beim Thema Syrien voranzukommen, um den
Wiener Prozess voranzubringen . Das ist ja auch richtig .

Aber wir wissen alle um die Verstrickungen, wissen, dass
Assad anfangs sehr gerne mit ISIS kooperiert hat, um die
Amerikaner im Irak zu ärgern, dann, um die Opposition
zu bekämpfen, dass Saudi-Arabien die Al-Nusra-Front
stützt, die ja auch nicht besonders schön auftritt, dass die
Türkei die Opposition unterstützt, aber auch gerne gegen
die Kurden agiert, dass Russland gegen die Opposition
antritt . Trotzdem bekämpfen alle zusammen irgendwie
ISIS . Deswegen, Herr Steinmeier, ist es nicht nur eine
Frage des Redens


(Dr . Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister: Eben!)


– da gebe ich Ihnen absolut recht –, sondern auch des
Handelns . Aber welches Handeln, das über das Reden
hinausgeht, würde ich mir wünschen, Herr Steinmeier?
Sie haben richtigerweise gesagt: Wir müssen Teheran
und Riad am Tisch haben . – Aber wir brauchen auch die
syrische Opposition . Wir wissen, dass wir sie mittel- und
langfristig nur am Tisch behalten, wenn der Abwurf von
Fassbomben und das Aushungern durch Assad enden .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Da müssen wir dringend handeln . Wenn es um mehr als
Reden, also um Handeln geht, dann geht es darum, den
Abwurf von Fassbomben und das Aushungern zu been-
den . Ich würde mir wünschen, dass es ein stärkeres und
auch ein lauteres Engagement in diese Richtung gäbe .

Wir haben heute den ägyptischen Außenminister
Shoukry in Berlin zu Besuch . Auch Sie haben ihn getrof-
fen; mehrere von uns haben ihn getroffen . Er geriert sich
überall als Stabilitätsanker in der Region . Gleichzeitig
wird die Opposition in Ägypten gerade wirklich grausam,
bis zum Letzten, verfolgt und ins Gefängnis gesteckt . Ich
möchte nur den Fall von Ahmed Said erwähnen . Er lebt
mittlerweile seit Jahren in Deutschland, ist verlobt mit ei-
ner Deutschen . Er reiste, um die Heiratspapiere fertig zu
machen und sich um die Formalitäten zu kümmern, nach
Ägypten, nahm an einer Mahnwache teil und endete für
zwei Jahre in einem der grausamsten Foltergefängnisse
Ägyptens . Das ist die aktuelle Situation in Ägypten: ab-
solute Willkür, die nicht nachvollziehbar ist .

Natürlich müssen wir auch mit Ägypten über die Si-
tuation in der Region reden . Aber auch hier erwarte ich
klarere Worte der Kritik . Ich möchte sie von Ihnen hören;
denn nur dann können wir glaubwürdig mit allen in der
Region reden und auch in Zukunft glaubwürdig für De-
mokratie und Menschenrechte in dieser Region eintreten .
Ansonsten ist es nur Reden, etwas, was einem am Ende
keiner mehr glaubt . Dann wird es zu einem Festival, auf
dem man zusammen feiert . Aber das ist nicht die Außen-
politik, die wir uns wünschen .

Ich danke Ihnen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814822600

Vielen Dank . – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt die

Kollegin Michelle Müntefering .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Roderich Kiesewetter






(A) (C)



(B) (D)



Michelle Müntefering (SPD):
Rede ID: ID1814822700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen
Sie mich auf die Rolle der beiden zentralen Akteure Iran
und Saudi-Arabien eingehen. Denn häufig wird es so
dargestellt, als würde zwischen Saudi-Arabien und Iran
ein Konflikt eskalieren, der bereits die Anfänge des Islam
geprägt hat und daher seit vielen Jahrhunderten schwelt,
nämlich die Spannungen zwischen Sunniten und Schii-
ten. Aber von einem Konflikt, wie wir ihn heute kennen,
kann man erst seit 1979 sprechen, seit der Revolution in
Iran, der Moscheebesetzung in Mekka und dem Afgha-
nistan-Krieg .

Beide Staaten versuchen zwar schon seit langer Zeit,
ihre Formen des politischen Islam zu exportieren; aber
viel wichtiger ist die politische Dimension . Beide Regi-
onalmächte versuchen, Machtvakuen zu nutzen, Loyali-
täten aufzubauen, den eigenen Einfluss zu stärken und
den Anspruch auf die Führungsrolle in der muslimischen
Welt geltend zu machen .

Nach dem Atomabkommen will Saudi-Arabien seine
starke Stellung in der Region erhalten . Genau deshalb ist
es wichtig, den Konflikt nicht weiter eskalieren zu lassen
und den Dialog aufrechtzuerhalten . Die Politik der neuen
Machthaber erscheint allerdings zumindest unzuverläs-
sig . Es besteht die Gefahr, dass die Instrumentalisierung
der Sunna und der Schia auch für diese Staaten außer
Kontrolle gerät .

Das verändert natürlich unseren Blick auf die Region .
Im internationalen Kampf gegen Daesh, den sogenann-
ten IS, steigen die Aufmerksamkeit und die Sensibilität
für die Unterstützung salafistischer Gruppen durch Sau-
di-Arabien . Die anhaltenden massiven Menschenrecht-
verletzungen in beiden Staaten sind für uns nicht hin-
nehmbar, und die jüngsten Hinrichtungen sind auch eine
klare Provokation gegen den Iran .

Wir machen klar, dass Menschenrechte ein strategi-
sches Interesse unseres Landes sind; sie müssen es sein .
Selbst wenn wir ganz pragmatisch sind: Es ist gut für uns,
wenn es anderen gut geht . Menschen müssen geschützt
sein vor Gewalt und Tod . Dennoch bleiben Iran und Sau-
di-Arabien zentrale Akteure im Kampf gegen den IS .

Ich erinnere mich an die letzte Reise von Frank-Walter
Steinmeier in diese Region: Iran, Saudi-Arabien, Jor-
danien . Hinter vorgehaltener Hand gab es auch damals
Kritik an der Reise . Man hat sich gefragt: Wohin mag das
führen? Ist diese Reiseroute nicht naiv? – Nein, sie war
es nicht; denn wenige Wochen später haben sich beide
Akteure am Verhandlungstisch in Wien wiedergefunden .
Unsere Überzeugung ist und bleibt: Ein Miteinander ist
die weitaus bessere Option als ein Gegeneinander .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Verehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Franziska,
lassen Sie mich als Sprecherin der SPD für Kulturdiplo-
matie noch ein paar Worte sagen . Die Gesprächskanäle
offenzuhalten, das schaffen wir auch durch die Auswär-
tige Kultur- und Bildungspolitik . Sie ist neben der klas-
sischen Diplomatie und den Wirtschaftsbeziehungen die
dritte Säule; sie ist die sanfte Macht der Außenpolitik .

Sie erreicht die Menschen auch in schwierigen Zeiten .
So ist es seit vielen Jahren auch in Iran – durch studenti-
sche Beziehungen, die wir aufrechterhalten und gepflegt
haben .

In Saudi-Arabien wird auf dem Kulturfest ein deut-
scher Pavillon zu sehen sein . Die Besucher werden da-
rin – so ist die Planung – eine deutsche Stadt finden,
ein Straßencafé, eine Ausstellung von Literatur und die
Übersetzung wichtiger deutscher Grundgesetzartikel .
Die Themen sind „Frauen in der Wirtschaft“ und „Kom-
munale Selbstverwaltung als politische Mitbestimmung“ .
Ja, auch die deutsche Wirtschaft ist dabei, zum Beispiel
mit dem Thema Elektromobilität; ob da der Whirlpool
hineinpasst, kann ich nicht beurteilen . Die Veranstaltung
soll auch für Frauen geöffnet sein . Es sollen deutsche
Jazzmusikerinnen auftreten, liebe Kolleginnen und Kol-
legen . Das ist ein starkes Zeichen in einem Land, in dem
es nahezu kein öffentliches kulturelles Leben gibt .


(Dr . Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die sollen auch alle hingehen! Das ist auch alles richtig!)


Wir werden im Unterausschuss über die inhaltliche Pla-
nung noch einmal genauer diskutieren .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie genau hin-
sehen, dann können Sie den sanften Wandel durch die
Förderung der Kultur erkennen . Der zuständige Minister
des Königshauses, übrigens 35 Jahre alt, hat im Westen
studiert und in Deutschland gearbeitet . Er wurde noch
vom alten König Salman eingesetzt . Mittlerweile gibt es
auch einige Literaturclubs mit Frauen in den Vorständen,
eine Gesellschaft für Kunst und Kultur, Frauentheater-
gruppen und Medien, die Frauen unverschleiert gezeigt
haben . Für uns in Deutschland mag das furchtbar rück-
ständig erscheinen . Tatsächlich können wir uns so ein
Leben überhaupt nicht vorstellen . Aber diese Beispiele
zeigen die Kraft von Kunst und Kultur, und wir brauchen
sie, auch für unsere diplomatischen Bemühungen .

Für die Anstrengungen, die Konflikte im Nahen und
Mittleren Osten zu entschärfen, vielleicht sogar eines
Tages dabei zu helfen, sie zu befrieden, hat unser Au-
ßenminister die volle Unterstützung der SPD-Bundes-
tagsfraktion .

Vielen Dank .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814822800

Vielen Dank . – Für die CDU/CSU-Fraktion spricht

jetzt der Kollege Dr . Norbert Röttgen .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Norbert Röttgen (CDU):
Rede ID: ID1814822900

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

legen! Terror und die vor dem Terror Flüchtenden kom-
men gleichermaßen aus dem Mittleren und Nahen Os-
ten nach Europa, nach Deutschland . Diese Situation ist
nicht vorübergehend, und auch ihre Auswirkungen auf
Deutschland werden für Jahre zu spüren sein . Ich ma-






(A) (C)



(B) (D)


che diese Anmerkung ganz ausdrücklich im Kontext der
Flüchtlingsdebatte, die wir führen . Ich glaube, es ist an
der Zeit, die Realität auszusprechen . Das müssen wir
mehr tun .

Wir werden durch die Auswirkungen des Krieges, des
Terrors, des Todes und der Verzweiflung in dieser Regi-
on in Deutschland und in Europa so gefordert sein wie
wahrscheinlich nie zuvor, und zwar über Jahre hinweg .
Darum finde ich es übrigens richtig, dass die Koalitions-
fraktionen unter anderem diese Debatte beantragt haben .
Wir brauchen mehr öffentliche Debatte . Manche sagen,
das sei so kompliziert . Nein, besonders wegen der Kom-
plexität müssen wir gerade außenpolitische Entscheidun-
gen erklären, weil das für die Akzeptanz von politischen
Entscheidungen, ja von Demokratie und für das Sicher-
heitsbewusstsein unserer Bürgerinnen und Bürger ganz
entscheidend ist . Wir brauchen mehr Debatte über die
Außenpolitik, weil die Themen so berührend, so existen-
ziell für die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sind .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich will in der Kürze der Zeit in dieser Aktuellen Stun-
de auf drei Punkte eingehen, die ich für wichtig halte:

Erstens . Es geht bei der Situation im Nahen Osten im
Kern und immer mehr um unsere Sicherheit . Der An-
schlag von gestern hat uns das erneut vor Augen geführt .
Obwohl es um unsere Sicherheit und zum Beispiel nicht
um die Sicherheit der Amerikaner geht, ist unser Ein-
fluss in dieser Region relativ begrenzt. Gemessen an dem
Maß unserer Betroffenheit haben wir keinen sehr großen
Einfluss. Weil wir hier oft darüber reden, was wir alles
machen, wollte ich diese Mahnung zur Bescheidenheit
einmal aussprechen .

Wir haben deshalb nicht viel Einfluss, weil wir in ei-
nem zentralen Punkt keine Funktion erfüllen: Europa und
Deutschland sind nicht die Gewährleister von Sicherheit .
Das sind wir im Wesentlichen nicht; doch das ist es, was
diese Region braucht . Diese Tatsache hat zwei Konse-
quenzen: Zum einen ist und bleibt die Partnerschaft mit
den Vereinigten Staaten, auch wenn das manchen aus
ideologischen Gründen nicht gefällt, in dieser Region
unverzichtbar – bei allen Fehlern, die die amerikanische
Politik gemacht hat . Zum anderen müssen wir uns die
Frage stellen, ob wir bereit sind, unsere Sicherheitsar-
chitektur, die immer noch sehr stark vom Kalten Krieg
geprägt ist, umzustellen. Wenn wir unsere spezifische
europäische, also nicht die amerikanische, Erfahrung
mit Kriegen, die wir in Jahrhunderten gesammelt haben,
wenn wir diese leidvolle Erfahrung, die am Ende zum
Ausgleich zwischen rivalisierenden Staaten geführt hat,
in dieser Region einbringen wollen, dann brauchen wir
mehr europäische Ressourcen, mehr europäische Fähig-
keiten und die Bereitschaft, europäische Ressourcen und
Fähigkeiten in der Region einzusetzen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Zweitens . Unsere Priorität muss es sein, die Terror-
organisation „Islamischer Staat“ politisch und militä-
risch zu bekämpfen . Das ist die überragende Priorität .
Daher müssen wir Dinge, die wir sehen, auch ausspre-

chen . Wir sehen – wir haben vor wenigen Wochen ein
entsprechendes Mandat beschlossen –, dass sich der „Is-
lamische Staat“ in Libyen ausbreitet, in einem Staat, der
gar kein Staat ist, weil es dort keine staatliche Autorität,
keine Ordnungsmacht gibt . Der „Islamische Staat“ geht
in dieses Vakuum hinein: Auf Hunderten Kilometern
entlang der Küste wird Menschenhandel betrieben und
werden Angriffe gegen Ölfirmen mit schwerem Gerät
verübt . Wir müssen dieser Gefahr auch dort entgegen-
treten . Wir können uns nicht damit begnügen, den „Isla-
mischen Staat“ im Irak und in Syrien zu bekämpfen . Wir
müssen den Kampf der internationalen Gemeinschaft auf
Libyen ausweiten . Diese Bemühungen müssen beginnen .
Das auszusprechen und darüber nachzudenken, wie das
geschehen kann, ist der Bundesregierung übrigens nicht
vorzuwerfen .

Ferner müssen wir unsere Verbündeten, unsere Part-
ner für unsere Priorität gewinnen . Die Priorität ist, den
„Islamischen Staat“ zu bekämpfen . Ich will heute wegen
des Anschlages gestern in Istanbul nicht auf die Türkei
eingehen, sondern es dabei bewenden lassen, zu sagen,
dass wir die Türkei für unsere Prioritätensetzung gewin-
nen müssen, wenn wir erfolgreich sein wollen . Das muss
auch öffentlich ausgesprochen werden dürfen .

Ich möchte abschließend in aller Kürze eine dritte An-
merkung machen, und zwar zum Umgang mit unseren
Partnern . Ich will diese Debatte etwas ablösen von der
Frage des Festivals und über Saudi-Arabien sprechen .
Worum geht es bei Saudi-Arabien? Erstens wissen wir:
Wenn das System zusammenbrechen würde, wäre das
eine Horrorvorstellung für die Region und für die Sicher-
heit in Europa .


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Zweitens müssen wir lernen, zu verstehen, dass Sau-
di-Arabien sich von innen und von außen bedroht fühlt .
Jetzt kommt das eigentliche Thema . Die eigentliche
Frage ist nicht, ob die Partnerschaft mit Saudi-Arabien
aufgegeben werden muss . Die eigentliche Frage ist auch
nicht, ob Herr Steinmeier reisen soll oder nicht reisen
soll . Kein Mensch sagt, dass er nicht reisen oder nicht
reden soll . Die eigentlichen Fragen lauten: Wie gehen
wir mit schwerwiegenden Fehlern um, die die saudi-ara-
bische Politik seit einem Jahr unter der neuen Führung
macht, die auch unsere Interessen berühren, indem näm-
lich versucht wird, der inneren Gefährdung durch äußere
Polarisierung zu begegnen? Wie gehen wir mit dem Ver-
nichtungskrieg im Jemen um, den Saudi-Arabien nicht
begonnen hat, der aber nicht zu gewinnen ist, sondern zur
Zerstörung des Landes führt, der wirtschaftliche, finan-
zielle und politische Kosten verursacht? Wie gehen wir
damit um, wenn Massenhinrichtungen, die stattgefunden
haben, die an sich schon ein fundamentaler Verstoß ge-
gen unsere Vorstellung von Menschenwürde sind, als po-
litisches Instrument eingesetzt werden?


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814823000


Herr Kollege Röttgen .

Dr. Norbert Röttgen






(A) (C)



(B) (D)



Dr. Norbert Röttgen (CDU):
Rede ID: ID1814823100

Ich komme zum Schluss . – Angesichts dessen lautet

die Frage nicht, ob es richtig ist, zu reden, sondern die
Frage lautet, ob es richtig ist, zu schweigen .


(Beifall des Abg . Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])


Das dürfen wir nicht . Schweigen ist nicht deshalb nicht
richtig, weil wir dadurch mehr oder weniger Einfluss auf
Saudi-Arabien haben . Vielmehr bin ich – das ist meine
letzte Anmerkung – davon überzeugt, dass es, weil die
außenpolitischen Debatten so gravierend werden, für uns
innenpolitisch notwendig ist, dass unsere Bürgerinnen
und Bürger bei den schwierigen Entscheidungen, die wir
getroffen haben und treffen werden, unsere Politik nach-
vollziehen können . Dafür benötigt sie ein Mindestmaß an
Konsistenz, an Glaubwürdigkeit und Plausibilität sowie
eine Vermeidung von Doppelstandards .

Der IS setzt genau dieses Instrument ein . Das führt Sie
zur Diffamierung, dass der IS und Saudi-Arabien gleich-
zusetzen sind . Das ist eine Diffamierung . Diese Diffa-
mierung dürfen wir nicht zulassen .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir müssen ihr dadurch begegnen, dass wir auch offen
Kritik an unseren Partnern üben, ohne die Partnerschaft
selbst infrage zu stellen . Das ist meine Position zu die-
sem Thema .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814823200

Vielen Dank . – Ich darf vielleicht noch einmal da ran

erinnern, dass in der Aktuellen Stunde die Redezeit von
fünf Minuten nicht überschritten werden soll . Fünf ist
immer noch fünf, auch wenn dies eine emotionale Debat-
te ist und man für eine Überziehung der Redezeit sicher-
lich Verständnis hat .

Frau Kollegin Dr . Ute Finckh-Krämer für die
SPD-Fraktion .


(Beifall bei der SPD)



Dr. Ute Finckh-Krämer (SPD):
Rede ID: ID1814823300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf den Tribünen! Ich
als Mathematikerin werde mein Bestes tun, um die Rede-
zeit von fünf Minuten einzuhalten .

Ich möchte über das reden, was in Bezug auf Men-
schenrechte und humanitäre Hilfe in der Region Na-
her und Mittlerer Osten notwendig ist . Ich möchte auf
diejenigen hinweisen, die heute noch gar nicht genannt
wurden, nämlich die vielen Organisationen, die sich im
Bereich der Menschenrechte oder im Bereich der huma-
nitären Hilfe als Kritiker in unserer Region, aber eben
auch in Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen in
den Ländern des Nahen und Mittleren Ostens engagieren .

Dazu gehören im Bereich der humanitären Hilfe der
Koordinierungsausschuss und die darin zusammenge-
schlossenen Organisationen, unterstützt vom Auswärti-
gen Amt . Im Menschenrechtsbereich haben wir Organi-

sationen wie Amnesty International und Human Rights
Watch . Amnesty International stand das letzte Mal am
vergangenen Freitag vor der saudischen Botschaft und
hat mit 100 Demonstrantinnen und Demonstranten gegen
die Todesurteile und gegen die schweren Strafen für Re-
gimegegner oder kritische Blogger wie Raif Badawi und
Walid Abu al-Chair demonstriert . Das ist gut und wich-
tig . Das ist auch Teil unserer Kultur, die wir gegenüber
Saudi-Arabien oder auch gegenüber dem Iran darstellen .

Ich möchte an dieser Stelle auch unserem Beauftrag-
ten für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Christoph
Strässer, danken, der in seiner Doppelfunktion als Ab-
geordneter und als Menschenrechtsbeauftragter im Aus-
wärtigen Amt die schwierige Aufgabe hat, Menschen-
rechtsverletzungen und Verletzungen des humanitären
Völkerrechts zu kritisieren, wohl wissend, dass er damit
manchmal andere Schwerpunkte setzen muss als der Au-
ßenminister .

Wir haben in beiden Bereichen das Gefühl, dass wir
statt einer Best Practice, die von Land zu Land weiter-
gegeben wird, eher eine Worst Practice haben . Das gilt
in Bezug auf die Todesstrafe für politische Gegner unter
dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung . Das gilt auch
da, wo die Verletzung religiöser Vorschriften mit drako-
nischen Strafen bis hin zur Todesstrafe geahndet wird .
Wir haben eine Weitergabe von Worst Practice zwischen
Ländern wie dem Iran, Pakistan und Saudi-Arabien auch
da, wo es um Hinrichtungen von zur Tatzeit Minderjäh-
rigen geht . Es ist manchmal eine schwere Aufgabe, dann
Menschenrechtspolitik zu machen .

Heike Hänsel, die Frage, ob man an die Türkei 3 Mil-
liarden Euro für die dort lebenden 2 Millionen Flücht-
linge gibt, sollten wir von der Frage des türkischen Re-
gimes trennen . Solange wir sicherstellen können, dass
die humanitäre Hilfe dort nach den Prinzipien der Unab-
hängigkeit, der Unparteilichkeit, der Menschlichkeit und
der Neutralität vergeben wird, so lange kann und muss es
egal sein, was im Augenblick mit dem Regime passiert .
Das müssen wir in der Tat prüfen und kontrollieren . Ich
glaube, das können wir auch .


(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Die kurdischen Regionen kriegen nichts!)


– Die Frage, was in welche Regionen geht, ist eine der
Fragen, die man dann wieder in diplomatischen Gesprä-
chen klären muss . Wir wissen zum Beispiel, dass in Sy-
rien – auch hier kam von Ihrer Fraktion immer wieder
der Vorwurf, dass nicht alle Regionen gleichermaßen be-
dacht werden – über verschiedene Partnerorganisationen
tatsächlich verschiedene Regionen erreicht wurden . Ich
denke, das kann die EU auch in Bezug auf die Türkei
schaffen .

Ich möchte noch auf den Jemen hinweisen . Herr
Röttgen sprach gerade – ich habe es nicht mehr genau in
Erinnerung – von einem Krieg, der nicht gewonnen wer-
den kann . Im Jemen gibt es eine noch größere humanitäre
Katastrophe als in Syrien . Wir nehmen sie aber nicht so
sehr wahr, weil kaum Nachrichten nach außen dringen .


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ja!)







(A) (C)



(B) (D)


Aber auch das ist etwas, was wir in Gesprächen anführen
müssen . Denn diese humanitäre Katastrophe – das ist das
Absurde – trifft nicht nur die Minderheit, die diesen Bür-
gerkrieg mit in Gang gesetzt hat, sondern auch die Be-
völkerungsmehrheit, die angeblich von dem Präsidenten,
der Saudi-Arabien zu Hilfe gerufen hat, vertreten werden
soll . Das ist ein weiterer Punkt, bei dem wir uns einsetzen
müssen .

Danke .


(Beifall bei der SPD)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814823400

Vielen Dank . – Nächste Rednerin ist Elisabeth

Motschmann, CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Elisabeth Motschmann (CDU):
Rede ID: ID1814823500

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen!

Gestern Istanbul, vorgestern Bagdad, Homs, Aleppo,
Tikrit, die Hungerstadt Madaja – es gibt viele Orte, die
wir inzwischen verbinden mit islamistischem Terror, mit
Tod und Schrecken, mit Menschenrechtsverletzungen,
mit Flucht und Vertreibung, mit Köpfung, mit Verge-
waltigung, mit unendlichem Leid . Diese Orte haben sich
in unsere Erinnerung fast eingebrannt . Aber was ist mit
den Menschen? Es sind zu viele; wir kennen ihre Namen
nicht . Aber wir denken an sie, heute natürlich ganz be-
sonders an die Opfer gestern in Istanbul .

Wenn wir von dramatischen Menschenrechtsverlet-
zungen im Nahen und Mittleren Osten sprechen, gehört
Saudi-Arabien selbstverständlich dazu; das will ich hier
ausdrücklich sagen . Die Vorgänge, zu denen es dort kürz-
lich gekommen ist, nämlich die Hinrichtung von 47 Men-
schen, unter ihnen ein schiitischer Geistlicher, und – ganz
aktuell – die gestrige Festnahme von Samar Badawi, der
Schwester des Bloggers, der schon eine Strafe bekom-
men hat, die überdimensional und durch nichts zu recht-
fertigen ist, sind mit Blick auf die Stabilisierung und den
Friedensprozess in dieser Region herbe Rückschläge; das
wissen wir .

Darüber hinaus wird die Region durch die unter-
schiedlichsten Interessenlagen destabilisiert . Es geht
um territoriale Interessen, geostrategische Interessen der
Großmächte, religiöse Interessen der verschiedenen is-
lamischen Strömungen, wirtschaftliche Interessen oder
auch nur um den Machterhalt eines Königshauses . Wenn
wir zur Stabilisierung und Befriedung der Region beitra-
gen wollen – und das muss ja das Ziel aller Politik sein –,
dann müssen wir selbstverständlich alle Maßnahmen und
Antworten, die wir geben, immer wieder von Neuem
überprüfen und uns fragen, ob sie richtig und angemes-
sen sind .

Die Bundesrepublik agiert im Rahmen der Völkerge-
meinschaft auf drei Ebenen: erstens mit politischen Ver-
handlungen, zweitens mit militärischen Interventionen
und drittens mit humanitärer Hilfe . Alle drei Ebenen ge-
hören zusammen .

Die politischen Verhandlungen sind notwendig . Wir
setzen unsere Hoffnungen auf den Wiener Prozess, weil
dort alle, die an diesem schrecklichen Krieg beteiligt
sind, an einem Tisch sitzen . Auch die Gespräche der
Bundeskanzlerin mit der Türkei und in der Türkei sind
natürlich wichtig und richtig, weil es um die Verbesse-
rung der Situation der Flüchtlinge in den Lagern geht .
Ohne die Türkei können wir nichts machen . Allerdings
wissen wir alle, mit wem wir es da zu tun haben .

Schließlich ist hier auch die Reise des Außenminis-
ters zu einem Kulturfestival anzusprechen . Ich sage ganz
ausdrücklich: Natürlich ist diese Reise richtig . Ich war
in Bremen viele Jahre Staatsrätin für Kultur, habe Aus-
tauschprojekte und Festivals in unterschiedlichen Län-
dern mitorganisiert und mitgestaltet und weiß, dass Kul-
tur Türen öffnet und auch Brücken baut . Insofern muss
man eine solche Gelegenheit natürlich nutzen .

Herr Gehrcke, all dies zusammen ist vernünftige Au-
ßenpolitik, und es ist eben auch ernsthafte Außenpolitik,
Frau Hänsel; Sie haben das ja angemahnt .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Sie wissen doch selber, dass es nicht so ist!)


Ich sage aber auch ausdrücklich: Die militärischen
Maßnahmen sind leider auch notwendig . Wir unterstüt-
zen diesen Prozess, indem wir die Peschmerga ausbilden,
aufklären, die Luftbetankung in Syrien durchführen –
Herr Gehrcke, das ist wichtig, auch wenn Sie es nicht
verstehen –


(Beifall des Abg . Florian Hahn [CDU/CSU])


und Schutz durch die Entsendung unserer Fregatte ge-
währleisten . Das sind wichtige Punkte .

Frau Wagenknecht ist jetzt nicht mehr hier . Sie hat in
einem dpa-Interview etwas Schlimmes gesagt, und ich
will das hier noch einmal wiederholen, damit uns das al-
len deutlich wird . Sie hat gesagt:

Natürlich ist es kein geringeres Verbrechen, un-
schuldige Zivilisten in Syrien mit Bomben zu er-
morden, als in Pariser Restaurants und Konzerthäu-
sern um sich zu schießen . Das eine ist individueller,
das andere staatlich verantworteter Terror .


(Dr . Petra Sitte [DIE LINKE]: Gut, dass Sie das noch einmal zitieren!)


Das ist eine unglaubliche Äußerung von Frau
Wagenknecht . Das, was unsere Soldaten tun, ist kein
staatlich verordneter Terror .


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir schicken unsere Soldaten doch nicht in Terroreinsät-
ze .


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Was ist mit den Menschen, die dort sterben?)


Wir setzen daher auf den angesprochenen Dreiklang und
diese unterschiedlichen Maßnahmen .

Dr. Ute Finckh-Krämer






(A) (C)



(B) (D)


Ich kann hier nur auch noch einmal die humanitäre
Hilfe als dritten Pfeiler unserer Politik benennen . Sie ist
natürlich auch wichtig. Die Menschen fliehen, weil sie
keine Existenzgrundlage mehr haben und weil es in den
Flüchtlingslagern keine Überlebenschance und Perspek-
tive gibt . Deshalb macht man sich auf die Flucht . Ich
würde es genauso tun .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814823600

Frau Kollegin .


Elisabeth Motschmann (CDU):
Rede ID: ID1814823700

Ich weiß, ich muss aufhören . Ich tue das aber sehr un-

gern, weil alle Männer sechs Minuten geredet haben .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814823800

Die haben Sie jetzt schon überschritten, Frau Kolle-

gin .


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Elisabeth Motschmann (CDU):
Rede ID: ID1814823900

Okay . – Dann sage ich am Ende nur Folgendes: –


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814824000

Sie können aber nicht noch weit ausholen . Kommen

Sie jetzt bitte zum letzten Satz .


Elisabeth Motschmann (CDU):
Rede ID: ID1814824100

– Wir werden nicht nur an dem gemessen, was wir tun,
sondern auch an dem, was wir versäumen . Darüber soll-
ten Sie, die Linken, bitte einmal nachdenken .


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Sie auch!)


Vielen Dank für die Aufmerksamkeit .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814824200

Zur Ehrenrettung der Männer muss ich einmal sagen,

dass die meisten Männer heute ihre Redezeit sogar unter-
schritten haben .

Der letzte Redner, der das jetzt vorbildlich machen
kann, ist der Kollege Alexander Radwan für die CDU/
CSU-Fraktion .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Alexander Radwan (CSU):
Rede ID: ID1814824300

Frau Präsidentin! Ich werde versuchen, dem nachzu-

kommen . – Wir führen jetzt eine Debatte unter der Über-
schrift „Aktuelle Lage im Nahen und Mittleren Osten“,
und zumindest teilweise debattieren wir schwerpunktmä-
ßig darüber, ob unser Außenminister zu einem Kulturfes-
tival fahren soll oder nicht . Ich würde der Erste sein, der
ihn dazu auffordert, das nicht zu tun, wenn ich der festen

Überzeugung wäre, dass die Situation in dieser Region
dadurch besser würde .

Meine Damen und Herren, indem wir Außenpolitik
unter innenpolitischen Aspekten betreiben, tun wir hier
teilweise das, was wir in diesen Ländern zutiefst verur-
teilen und schlimm finden. Wir sollten Außenpolitik in
diesem Hohen Hause so betreiben, dass wir versuchen,
diese Region zu verstehen .

Mit großer Euphorie sind wir dem Arabischen Früh-
ling begegnet, Frau Brantner . Demokratie und Rechts-
staatlichkeit sollten kommen .


(Florian Hahn [CDU/CSU]: Facebook-Generation!)


Jetzt haben wir aber die Konflikte in der Türkei, in Sy-
rien, im Irak, im Iran, in Libyen, im Jemen und in Sau-
di-Arabien . In dieser Zeit ist die Region instabiler gewor-
den, nicht stabiler .

Heute hatten wir im Auswärtigen Ausschuss – dieje-
nigen, die dabei waren, können sich sicher daran erin-
nern – eine Diskussion über die Frage, ob Saudi-Arabien
ein Stabilitätsfaktor bzw . Stabilitätsanker ist . Es gab vie-
le Wortmeldungen zur Frage: Ist Saudi-Arabien in dieser
Region ein strategischer Partner oder nicht?


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Da liegt das Problem!)


Ich habe gerade Libyen, den Irak, den Iran und die Tür-
kei erwähnt und frage mich, was denn passiert – Herr
Nouripour hat die innenpolitische Situation Saudi-Ara-
biens und die fragile Situation des Königshauses ein-
drucksvoll dargestellt –, wenn Saudi-Arabien jetzt weg-
bricht . Glaubt denn irgendeiner in diesem Hohen Hause,
dass dann die Welt dort unten besser bzw. stabiler wird?
Oder werden dann die Probleme nicht noch größer?


(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Bei Syrien haben Sie einen Regime Change gewollt!)


Jetzt müssen wir schauen, dass wir mit dem dort Mög-
lichen entsprechend Politik machen . Man kann immer
wunderbar auf den anderen zeigen . Die Situation ist aber
schwieriger geworden, was auch Folgen für Deutschland
und Europa haben wird .

Es wurde erwähnt, dass der ägyptische Außenminister
hier zu Gast ist . Ich habe ihn gestern Abend gefragt, wie
er denn die Situation in Bezug auf Saudi-Arabien ein-
schätzt . Ich habe vor einiger Zeit mit dem Botschafter
der Vereinigten Arabischen Emirate gesprochen . Das ist
keine bilaterale Angelegenheit zwischen Saudi-Arabien
und Deutschland . Hier geht es um arabische Solidarität
in dieser Region .

Wenn wir darüber nachdenken, was passiert ist oder
nicht passiert ist, komme ich nach allen Diskussionen zu
dem Ergebnis, dass das Atomabkommen mit dem Iran
natürlich eine Herausforderung ist . Wir sollten es den-
noch machen, weil es Chancen bietet . Mich überraschen
aber diejenigen, die über das überrascht sind, was jetzt in
den Golfstaaten passiert . Denn das hatte sich angekün-
digt . Wir sind dabei, die arabischen Länder in diesem
Prozess zu verlieren .

Elisabeth Motschmann






(A) (C)



(B) (D)


Wir brauchen aber die Türkei, Saudi-Arabien und den
Iran, um überhaupt Lösungen zu finden. Es kann nichts
Schlimmeres passieren, als diese Länder in diesem Pro-
zess zu verlieren . Jedem hier fällt etwas ein, was dort zu
kritisieren wäre . Wir sollten aber nicht argumentieren
nach dem Motto: Die einen sind für Menschenrechte und
die anderen nicht . Vielmehr stellt sich die Frage, wie wir
die Beteiligten erreichen und ein wenig mehr Stabilität in
diese Region bringen können .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Frau Brantner, damit bin ich bei dem Thema, das Sie
angesprochen haben . Richtig, der ägyptische Außenmi-
nister ist hier in Berlin . Und ich bin froh, dass er hier
ist . Das ist wichtig, weil Ägypten noch ein Faktor wer-
den könnte . Wenn wir über Saudi-Arabien nachdenken,
müssen wir auch berücksichtigen, dass dieses Land zur-
zeit den Libanon, Jordanien, Palästina und Ägypten fi-
nanziert . Das alles wissen Sie . Wenn sich Saudi-Arabien
zurückzieht, dann wird die Welt da unten nicht besser .

Wir müssen alles unternehmen, damit die Menschen
in dieser Region eine Perspektive bekommen und wie-
der ein Stück weit hoffen können . Deshalb spreche ich
mit dem ägyptischen Außenminister . Darum werde ich
auch wieder nach Ägypten reisen und versuchen, den

Menschen mit Hilfe aus Deutschland ein Stück weit eine
Perspektive zu geben .

Wenn wir dort einen Schritt weiterkommen wollen,
dann geht das nur mit Reiseaktivitäten und im Dia-
log miteinander . Danach können wir über die nächsten
Schritte reden . Es geht aber nicht durch Abbruch von Be-
ziehungen, wie hier durch den „Außenminister der Lin-
ken“ argumentiert wird . Und wenn Fischer so gehandelt
hätte, wie hier angemahnt wird, hätte er höchstens inner-
halb Deutschlands reisen dürfen .

Besten Dank für die Aufmerksamkeit .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814824400

Vielen Dank . – Damit sind wir nicht nur am Ende der

Aktuellen Stunde angekommen, sondern auch unserer
heutigen Tagesordnung .

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, den 14 . Januar 2016,
9 Uhr, ein .

Die Sitzung ist geschlossen