Protokoll:
18098

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 18

  • date_rangeSitzungsnummer: 98

  • date_rangeDatum: 27. März 2015

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 14:51 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/98 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 98. Sitzung Berlin, Freitag, den 27. März 2015 I n h a l t : Begrüßung der neuen Abgeordneten Birgit Menz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9317 A Zur Geschäftsordnung Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 9317 B Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 9318 C Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9319 C Zusatztagesordnungspunkt 4: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen Drucksachen 18/3990, 18/4455 . . . . . . 9320 D – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/4459 . . . . . . . . . . . . . . 9320 D b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und digitale In- frastruktur zu dem Antrag der Abgeordne- ten Herbert Behrens, Sabine Leidig, Thomas Lutze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine Einfüh- rung einer Pkw-Maut in Deutschland Drucksachen 18/806, 18/4455 . . . . . . . . . 9320 D c) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Zweiten Verkehrsteuerän- derungsgesetzes (VerkehrStÄndG 2) Drucksachen 18/3991, 18/4448 . . . . . . 9321 A – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/4458 . . . . . . . . . . . . . . 9321 A Alexander Dobrindt, Bundesminister BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9321 B Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9322 B Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9324 A Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 9325 B Sören Bartol (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9327 B Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9328 D Arnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 9331 A Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9331 D Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 9332 D Sebastian Hartmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 9333 D Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9334 C Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . 9336 C Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9338 B Dr. Philipp Murmann (CDU/CSU) . . . . . . . . 9338 C Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 9340 B Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9341 A Steffen Bilger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 9342 D Andreas Schwarz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 9344 B Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 9345 B Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 9347 A Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 Namentliche Abstimmungen . . . . 9347 D, 9348 A, 9353 A/D, 9359 A Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . 9348 C, 9350 B, 9354 C, 9356 D, 9360 C Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung des von den Abgeordneten Arnold Vaatz, Erika Steinbach, Elisabeth Winkelmeier-Becker, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU sowie den Abgeordneten Dr. Rolf Mützenich, Frank Schwabe, Dr. Johannes Fechner, weiteren Ab- geordneten und der Fraktion der SPD einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung und Aufgaben des Deut- schen Instituts für Menschenrechte (DIMRG) Drucksache 18/4421 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9359 B Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9359 C Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 9362 B Erika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 9363 D Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9365 A Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9366 B Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 9367 B Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9368 A Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9369 D Michael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 9370 D Arnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 9371 D Jörn Wunderlich (DIE LINKE) (Erklärung nach § 31 GO) . . . . . . . . . . . . . 9373 A Tagesordnungspunkt 22: a) Antrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Heidrun Bluhm, Caren Lay, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Privatisierung von Bundeslie- genschaften stoppen – Liegenschaftspo- litik des Bundes nachhaltig reformieren Drucksache 18/4419 . . . . . . . . . . . . . . . . . 9373 A b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Heidrun Bluhm, Caren Lay, weiteren Ab- geordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Liegenschaftsveräuße- rungen (Liegenschaftsveräußerungsre- formgesetz) Drucksachen 18/2882, 18/3873 . . . . . . . . 9373 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Christian Kühn (Tübingen), Dr. Tobias Lindner, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine nachhaltige und zukunftsweisende Lie- genschaftspolitik des Bundes Drucksachen 18/3044, 18/3873 . . . . . . . . 9373 B Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 9373 C Dr. André Berghegger (CDU/CSU) . . . . . . . . 9374 C Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9376 B Petra Hinz (Essen) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 9377 C Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9378 C Petra Hinz (Essen) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 9379 A Alois Rainer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 9379 B Klaus Mindrup (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9380 D Namentliche Abstimmungen . . . . 9382 B, 9382 C Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9384 C, 9386 B Tagesordnungspunkt 23: a) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Auslaufen der Milchquote – Wett- bewerbsfähigkeit der Milchviehhalter sichern Drucksache 18/4424 . . . . . . . . . . . . . . . . . 9382 C b) Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Nicole Maisch, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Landwirt- schaft braucht flächendeckende Milch- viehhaltung – Bäuerliche Milcherzeu- ger stärken – Milchpreise stabilisieren Drucksache 18/4330 . . . . . . . . . . . . . . . . . 9382 D Peter Bleser, Parl. Staatssekretär BMEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9383 A Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . 9388 B Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . 9390 A Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9391 A Kees de Vries (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 9392 A Rainer Spiering (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9393 B Artur Auernhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 9394 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 III Tagesordnungspunkt 24: Antrag der Abgeordneten Sibylle Pfeiffer, Sabine Weiss (Wesel I), Frank Heinrich (Chemnitz), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeord- neten Gabriela Heinrich, Dr. Bärbel Kofler, Axel Schäfer (Bochum), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD: Entwicklungs- politische Chancen der Urbanisierung nut- zen Drucksache 18/4425 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9395 B Tagesordnungspunkt 25: Antrag der Abgeordneten Katharina Dröge, Kerstin Andreae, Manuel Sarrazin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Nationales Reform- programm 2015 – Wirtschaftspolitische Steuerung in der EU ernst nehmen und In- vestitionen stärken Drucksache 18/4464 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9395 C Nächste Sitzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9395 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 9397 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Lothar Binding (Heidelberg), Dr. Matthias Bartke, Ingrid Arndt-Brauer, Petra Crone, Michaela Engelmeier, Karin Evers-Meyer, Martin Gerster, Josip Juratovic, Christina Kampmann, Steffen-Claudio Lemme, Christian Petry, Stefan Rebmann, Dr. Dorothee Schlegel, Rüdiger Veit (alle SPD) zu der na- mentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf ei- nes Gesetzes zur Einführung einer Infrastruk- turabgabe für die Benutzung von Bundesfern- straßen (Zusatztagesordnungspunkt 4 a) . . . . 9398 A Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zu der namentli- chen Abstimmung über den von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurf eines Geset- zes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen (Zusatztagesordnungspunkt 4 a) . . . . . . . . . . . 9399 A Markus Paschke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 9399 B Andreas Rimkus (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 9399 D Dr. Hans-Joachim Schabedoth (SPD) . . . . . 9400 B Udo Schiefner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9400 D Dirk Wiese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9401 B Stefan Zierke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9401 C Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Heike Baehrens, Dr. Karamba Diaby, Saskia Esken, Dr. Ute Finckh-Krämer, Gabriele Groneberg, Wolfgang Hellmich, Gabriele Hiller-Ohm, Christina Jantz, Oliver Kaczmarek, Ralf Kapschack, Caren Marks, Hilde Mattheis, Susanne Mittag, Ulli Nissen, Sabine Poschmann, Dr. Martin Rosemann, Bernd Rützel, Matthias Schmidt (Berlin), Ursula Schulte, Stefan Schwartze, Dr. Carsten Sieling, Michael Thews, Franz Thönnes, Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (alle SPD) zu den namentlichen Abstimmungen über – den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Einfüh- rung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen (Zu- satztagesordnungspunkt 4 a) – den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Zweiten Verkehrsteu- eränderungsgesetzes (VerkehrStÄndG 2) (Zusatztagesordnungspunkt 4 c) . . . . . . . . 9402 A Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Elke Ferner, Gabriele Katzmarek und Gülistan Yüksel (alle SPD) zu den namentli- chen Abstimmungen über – den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Einfüh- rung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen (Zu- satztagesordnungspunkt 4 a) – den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Zweiten Verkehrsteu- eränderungsgesetzes (VerkehrStÄndG 2) (Zusatztagesordnungspunkt 4 c) . . . . . . . . 9402 D Anlage 6 Erklärungen nach § 31 GO zu den namentli- chen Abstimmungen über – den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Einfüh- rung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen (Zu- satztagesordnungspunkt 4 a) – den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Zweiten Verkehrsteu- eränderungsgesetzes (VerkehrStÄndG 2) (Zusatztagesordnungspunkt 4 c) . . . . . . . . 9403 B IV Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 Dorothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 9403 C Heinz-Joachim Barchmann (SPD) . . . . . . . 9403 C Bärbel Bas (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9404 A Frank Junge (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9404 C Thomas Jurk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9405 A Katja Mast (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9405 C Dr. Simone Raatz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 9406 A Mechthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 9406 A Susann Rüthrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 9406 C Dr. Nina Scheer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 9407 A Ewald Schurer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 9407 B Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 9407 D Norbert Spinrath (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 9407 D Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Fritz Felgentreu, Dr. Ute Finckh-Krämer, Cansel Kiziltepe, Mechthild Rawert, Matthias Schmidt (Berlin) und Swen Schulz (Spandau) (alle SPD) zu der namentlichen Abstimmung über den von den Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Heidrun Bluhm, Caren Lay, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Re- form der Liegenschaftsveräußerungen (Tages- ordnungspunkt 22) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9408 B Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Entwicklungspolitische Chancen der Urbanisierung nutzen (Tagesordnungs- punkt 24) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9408 D Johannes Selle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 9408 D Peter Stein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 9410 A Gabriela Heinrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 9411 B Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 9412 D Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9413 C Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Nationales Reformprogramm 2015 – Wirtschaftspolitische Steuerung in der EU ernst nehmen und Investitionen stärken (Tagesordnungspunkt 25) . . . . . . . . . . . . . . . . 9414 B Dr. Matthias Heider (CDU/CSU) . . . . . . . . 9414 B Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 9416 B Christian Petry (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 9417 C Bernd Westphal (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 9418 C Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 9419 B Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9420 A Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9420 D Anlage 10 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9421 C Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 9317 (A) (C) (D)(B) 98. Sitzung Berlin, Freitag, den 27. März 2015 Beginn: 9.00 Uhr
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    1) Anlage 8 2) Anlage 9 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 9397 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aken, Jan van DIE LINKE 27.03.2015 Auernhammer, Artur CDU/CSU 27.03.2015 Barthel, Klaus SPD 27.03.2015 Becker, Dirk SPD 27.03.2015 Beckmeyer, Uwe SPD 27.03.2015 Behrens (Börde), Manfred CDU/CSU 27.03.2015 Binninger, Clemens CDU/CSU 27.03.2015 Dr. Brantner, Franziska BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.03.2015 Brugger, Agnieszka BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.03.2015 Bulmahn, Edelgard SPD 27.03.2015 Ernstberger, Petra SPD 27.03.2015 Dr. Fabritius, Bernd CDU/CSU 27.03.2015 Flosbach, Klaus-Peter CDU/CSU 27.03.2015 Dr. Franke, Edgar SPD 27.03.2015 Freitag, Dagmar SPD 27.03.2015 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 27.03.2015 Gottschalck, Ulrike SPD 27.03.2015 Gunkel, Wolfgang SPD 27.03.2015 Hänsel, Heike DIE LINKE 27.03.2015 Hartmann (Wackernheim), Michael SPD 27.03.2015 Hochbaum, Robert CDU/CSU 27.03.2015 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.03.2015 Klimke, Jürgen CDU/CSU 27.03.2015 Dr. Krüger, Hans-Ulrich SPD 27.03.2015 Kunert, Katrin DIE LINKE 27.03.2015 Dr. Lammert, Norbert CDU/CSU 27.03.2015 Dr. Launert, Silke CDU/CSU 27.03.2015 Lösekrug-Möller, Gabriele SPD 27.03.2015 Dr. h. c. Michelbach, Hans CDU/CSU 27.03.2015 Nahles, Andrea SPD 27.03.2015 Pflugradt, Jeannine SPD 27.03.2015 Reiche (Potsdam), Katherina CDU/CSU 27.03.2015 Roth (Augsburg), Claudia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.03.2015 Rüffer, Corinna BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.03.2015 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.03.2015 Schimke, Jana CDU/CSU 27.03.2015 Schlecht, Michael DIE LINKE 27.03.2015 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 27.03.2015 Schmidt (Ühlingen), Gabriele CDU/CSU 27.03.2015 Spahn, Jens CDU/CSU 27.03.2015 Steinbrück, Peer SPD 27.03.2015 Stockhofe, Rita CDU/CSU 27.03.2015 Strässer, Christoph SPD 27.03.2015 Stritzl, Thomas CDU/CSU 27.03.2015 Dr. Sütterlin-Waack, Sabine CDU/CSU 27.03.2015 Tack, Kerstin SPD 27.03.2015 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 9398 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 (A) (C) (D)(B) Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Lothar Binding (Heidelberg), Dr. Matthias Bartke, Ingrid Arndt-Brauer, Petra Crone, Michaela Engelmeier, Karin Evers-Meyer, Martin Gerster, Josip Juratovic, Christina Kampmann, Steffen-Claudio Lemme, Christian Petry, Stefan Rebmann, Dr. Dorothee Schlegel, Rüdiger Veit (alle SPD) zu der namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturab- gabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen (Zusatztagesordnungspunkt 4 a) Sie heißt Maut. Und wer Maut meint, soll auch Maut sagen. Maut ist ein etwa 1 000 Jahre alter Begriff. Er ist aus dem Gotischen mōta und dem Althochdeutschen mūta abgeleitet und bedeutet Wegzoll. Die CSU hat die Pkw-Maut zu ihrem programmatischen Hauptanliegen in der Legislaturperiode 2013 bis 2017 gemacht: ohne Pkw-Maut keine Koalition, ohne Koalition keine Regie- rung, ohne Regierung Neuwahlen. Koste es, was es wolle. So weit die CSU. Nicht ganz so weit liegt das TV-Duell zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück zurück. Das war am Sonntag, dem 1. September 2013. Richtig fair und im besten Sinne wurde über die Einführung eines gesetzli- chen Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde gestritten, darüber, wie hoch bestimmte Steuern sein sollten, wie die Bankenkrise zu bewältigen sei und unter anderem auch über die von der CSU geforderte Maut. Horst Seehofer, CSU, hatte die Einführung der Pkw-Maut in Deutschland schon vor der Wahl zu einer harten Bedin- gung für die Unterschrift unter einen Koalitionsvertrag gemacht. In diesem TV-Duell am 1. September 2013 sagte die Kanzlerin: „Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben!“ Und so, wie wir sicher sein konnten, dass sich Peer Steinbrück für den Mindestlohn einsetzen würde, haben wir der Kanzlerin natürlich diesen schlichten Satz geglaubt: Mit Angela Merkel „wird es keine PKW-Maut geben“. So weit die Kanzlerin. Im Koalitionsvertrag wurden nun sehr viele einzelne Vorhaben vereinbart. Viele Punkte stammen aus dem SPD-Programm. Unser Stolz. Leider musste natürlich für jeden Punkt aus dem SPD-Programm ein Programm- punkt von CDU/CSU akzeptiert werden. Unser Ärger. Dr. Terpe, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.03.2015 Ulrich, Alexander DIE LINKE 27.03.2015 Weber, Gabi SPD 27.03.2015 Wegner, Kai CDU/CSU 27.03.2015 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Um es exemplarisch anzudeuten: Für die SPD ist der Mindestlohn essenziell gewesen, weil wir es nicht länger akzeptieren wollten, dass Menschen für eine Stunde ih- rer Lebenszeit beispielsweise unanständige drei bis vier Euro erhalten. Dafür mussten wir ärgerliche Kompro- misse machen, beispielsweise die Pkw-Maut von CSU/ CDU in den Verhandlungen über den Koalitionsvertrag akzeptieren. Deshalb wird mit Angela Merkel heute die Pkw-Maut in Deutschland eingeführt. Die Kanzlerin wird das erklären müssen. Es sei daran erinnert, wie schwer es Kolleginnen und Kollegen aus der CDU/CSU gefallen sein mag, dem Mindestlohn oder der Frauenquote zuzustimmen – und ihnen dies nur in Würdigung des Koalitionsvertrags möglich war. So schwer fällt es uns heute, gegen unsere Überzeu- gung einem CSU-Mautgesetz zuzustimmen, das den be- sonderen Makel trägt, entstehungsgeschichtlich nicht ganz frei von ausländerfeindlichem Ressentiment zu sein. Gibt es nichts Gutes im Schlechten? Manchmal ist es schon die bestmögliche Politik, wenn es gelingt noch Schlimmeres zu verhindern: Deshalb hat die SPD-Frak- tion für die „Pkw-Maut“ wichtige Voraussetzungen defi- niert: Das Gesetz muss mit europäischen Gesetzen ver- einbar sein. (Versteht sich natürlich von selbst.) Deutsche Autofahrer und Autofahrerinnen dürfen durch die Maut nicht zusätzlich belastet werden. (Sie bezahlen schon Kfz-Steuer) Es muss ein bedeutender finanzieller Beitrag eingenommen werden, der für die Verkehrsinfra- struktur Verwendung findet. (Damit die Verwaltungskos- ten der Maut sie nicht vollständig aufzehren.) Da in die Verkehrsinfrastruktur jährlich mehrere Milliarden Euro investiert werden, mit der Maut aber Einnahmeerwartungen von wenigen 100 Millionen Euro verknüpft werden, haben wir schon heute eine Evaluie- rung in zwei Jahren – einen verbindlichen Bürokratie- und Einnahmecheck – gesetzlich festgeschrieben. Der erwartete Beitrag aus der Maut zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur ist marginal, der Bürokratie- bzw. Erhebungsaufwand enorm. Auch hier bin bin ich froh, dass die SPD-Kollegen im Verkehrsausschuss erheblich zur Verbesserungen der Gesetzesvorlage beitragen konnten: Zunächst durch den Gedanken, Zeitvignetten für ausländische Kfz-Halterin- nen und Kfz-Halter einzuführen, um eine bessere Gleichbehandlung zu erreichen. Aber auch durch die Verkürzung der Speicherfristen für persönliche Daten der Kfz-Halterinnen und Kfz-Halter. Dennoch bereiten einige Punkte weiterhin Sorge. Bei der Durchführung des Gesetzes muss besonders auf den Datenschutz geachtet werden. Der Bürokratieaufwand für Bürgerinnen und Bürger aller Staaten muss sich in Grenzen halten, und der Verkehr in den Grenzregionen darf nicht zusätzlich belastet werden. Die SPD-Fraktion wird auf diese kritischen Punkte bei der Durchführung des Gesetzes besonders Acht geben. So sollen die Wir- kungen kritischer Punkte, die der gesetzlichen Regulie- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 9399 (A) (C) (D)(B) rung innewohnen, später noch im Vollzug gemildert werden. Mit dieser Erklärung und vorbestimmt durch den Ko- alitionsvertrag stimmen wir heute der Maut – inzwi- schen: „Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bun- desfernstraßen“ genannt – widerwillig zu. Aber in Erinnerung daran, dass wir kürzlich den gesetzlichen Mindestlohn, die Mietpreisbremse oder die Frauenquote eingeführt haben, verlangt der faire Umgang mit Verein- barungen bzw. Verträgen, auch Koalitionsverträgen, nun heute auch unsere Zustimmung. Viele Bürgerinnen und Bürger schreiben uns, das Mautgesetz einfach abzulehnen und nur unserem Gewis- sen zu folgen. Die Erwartung, dass wir unseren Gewis- sen folgen, erfüllen wir gern, denn dies ist in der SPD- Fraktion einer der wichtigsten Maßstäbe, wenn nicht der wichtigste Maßstab. Die Pkw-Maut, eine Straßenbenut- zungsgebühr, gehört in unserem Wertekanon allerdings nicht zu den Gewissensentscheidungen. Nun hoffen wir, dass durch unseren Beschluss we- nigstens ein echter zusätzlicher Beitrag zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur übrig bleibt, von dem sowohl deutsche als auch ausländische Autofahrerinnen und Au- tofahrer profitieren werden. Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zu der namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf ei- nes Gesetzes zur Einführung einer Infrastruk- turabgabe für die Benutzung von Bundesfern- straßen (Zusatztagesordnungspunkt 4 a) Markus Paschke (SPD): Ich komme aus einer Re- gion, in der eine sehr gute Nachbarschaft mit den Men- schen in den Niederlanden gelebt wird. In beide Rich- tungen gibt es einen regen Austausch, sowohl privat als auch wirtschaftlich. Konkret für meinen Wahlkreis kommt hinzu, dass die Niederlande den Bau der A 31 wesentlich mitfinanziert haben. Ohne diese niederländi- sche Finanzierung wäre der Lückenschluss dieser Auto- bahn bis heute nicht realisiert worden. Es ist unseren Nachbarn nicht zu erklären, dass sie jetzt für die Benut- zung einer von ihnen mitfinanzierten Straße auch noch zu zahlen haben. Hinzu kommt, dass unsere niederländi- schen Nachbarn nach wie vor bereit sind, in die Schie- neninfrastruktur auf deutscher Seite zu investieren. Diese Investitionsbereitschaft sehe ich durch den heute abzustimmenden Gesetzentwurf massiv gefährdet. Zudem gibt es in meinem Wahlkreis wenige Verbin- dungen außerhalb der Autobahnen. Die zu erwartende Ausweichreaktion der Autofahrerinnen und -fahrer stellt eine erhebliche Belastung nicht nur für die Dörfer und Städte in Grenzregionen, sondern vor allem für die dort lebenden Menschen dar. Der Gesetzentwurf gefährdet meiner Meinung nach ganz konkret den wirtschaftlichen Grenzverkehr, die da- mit verbundenen Arbeitsplätze und in Gänze die guten Beziehungen zu unseren Nachbarstaaten. Dies hat auch sehr deutlich eine von der Ems-Dollart-Region in Auf- trag gegebene Umfrage unter im Grenzgebiet lebenden Niederländern ergeben. Danach gaben rund 35 Prozent der Befragten an, derzeit wöchentlich über die Grenze zu fahren. Nach Einführung einer Maut würden dies nur noch 8 Prozent tun. 75 Prozent der befragten Niederlän- der lehnen den Kauf einer Vignette rigoros ab. Hinzu kommt, dass die Umsetzung des Gesetzes mit enormem bürokratischen Aufwand verbunden sein wird. Die daraus resultierende Belastung steht aus meiner Sicht in keinem vernünftigen Verhältnis zu der beabsich- tigten finanziellen Entlastung. Ich stehe zu den im Koalitionsvertrag formulierten Vereinbarungen. Die Maut ist ebenso Bestandteil dieses Vertrages wie der kürzlich eingeführte Mindestlohn. Aber ohne Ausnahmen für die Grenzregionen kann ich dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht zustimmen. Ich hätte mir gewünscht, dass den vielfach formulierten Be- denken Rechnung getragen worden wäre und Ausnah- men, wie sie zum Beispiel der Bundesrat in seiner Stel- lungnahme gefordert hat, mit in den Gesetzentwurf aufgenommen worden wären. Statt Barrieren abzubauen, errichtet dieser Gesetzentwurf zusätzliche Hürden zwi- schen den Menschen. Eine Enthaltung kommt daher für mich nicht infrage, und so stimme ich mit „Nein“ gegen den Gesetzentwurf zur „Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benut- zung von Bundesfernstraßen“. Andreas Rimkus (SPD): Die Einführung einer Infrastrukturabgabe – der sogenannten Pkw-Maut – ist weder für die SPD-Bundestagsfraktion noch für mich persönlich ein verkehrspolitisches Kernanliegen. Sie ist jedoch Teil unseres Koalitionsvertrags, dem im Herbst 2013 75,96 Prozent unserer Mitglieder zugestimmt ha- ben. In den vergangenen Monaten konnten bereits viele wichtige politische Forderungen der SPD im Deutschen Bundestag umgesetzt werden, darunter der gesetzliche Mindestlohn, die Rente mit 63 oder die Frauenquote. Auf der anderen Seite hat sich die SPD unter klaren Be- dingungen bereit erklärt, dem Vorhaben von CDU/CSU zur Einführung einer Pkw-Maut nicht im Wege zu ste- hen. Zum einen muss die Pkw-Maut europakonform aus- gestaltet sein und darf nicht zu einer höheren Belastung inländischer Kfz-Halter führen. Zum anderen soll sie ei- nen substanziellen Beitrag für die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur erwirtschaften. Diese Bedingun- gen sind mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gegeben. Im Zuge der umfangreichen und intensiven parlamen- tarischen Beratungen ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, den ursprünglichen Gesetzentwurf entschie- den zu verbessern. So verknüpfen wir die Einführung der Pkw-Maut durch unseren Entschließungsantrag mit verbindlichen Rahmenbedingungen zur Lkw-Maut und dem Bundesverkehrswegeplan 2015. Spätestens im Sommer 2016 wird der Beschluss über die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesfernstraßen in das Kabi- nett kommen, und die Verkehrsinvestitionen sollen dort- 9400 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 (A) (C) (D)(B) hin fließen, wo sie am nötigsten gebraucht werden. So soll der Erhalt – besonders von Brücken und Schleusen – Vorrang vor dem Aus- und Neubau haben. Beim Neubau sollen 80 Prozent der Mittel für überregional wichtige Knoten und Hauptachsen reserviert werden. Bei der konkreten Ausgestaltung der Pkw-Maut ha- ben wir folgende Punkte durchgesetzt: Im Zuge der Mauterhebung dürfen persönliche Daten statt drei nur noch ein Jahr gespeichert werden, und das Gesetz wird zwei Jahre nach der technischen Einführung einem Bü- rokratie- und Einnahmecheck unterzogen. Besonders wichtig dabei wird auch die Evaluierung von möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Grenzregionen sein. Das ist ein zentraler Punkt. Als Abgeordneter mit einem Wahlkreis in der Nähe des Dreiländerecks Deutschland – Niederlande – Belgien hatte ich dies- bezügliche Bedenken. Auch hier hat die SPD wichtige Verbesserungen durchgesetzt. So wird die Maut für im Ausland zugelassene Pkw nicht mehr auf allen Straßen, sondern nur noch auf Bundesautobahnen erhoben. So kann der kleine Grenzverkehr in den meisten Regionen über Bundesstraßen und dem nachgeordneten Straßen- netz weitgehend ungehindert stattfinden. Ich hätte mir an dieser Stelle noch weitergehende Regeln zum Schutz der Grenzregion gewünscht. In den Verhandlungen mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat die SPD-Bundestags- fraktion mit großem Nachdruck den Vorschlag des Bun- desrates und der kommunalen Spitzenverbände aufge- griffen und eine weitergehende Ausnahmeregelung für die ersten 30 Kilometer Wegstrecke an den grenznahen Bundesautobahn gefordert. Ich bedauere, dass dieser Vorschlag an dem erbitterten Widerstand der CDU/CSU- Bundestagsfraktion gescheitert ist. Wir konnten gute Verhandlungsergebnisse erzielen, doch es bleiben Bedenken. Es wird noch zu klären sein, ob das Gesetz europarechtskonform ist. Dies wird Ge- genstand einer gesonderten Prüfung der Kommission bzw. des EuGH sein. Es kann auch nicht abschließend geklärt werden, ob eine Infrastrukturabgabe langfristig wirklich keine Mehrbelastung für inländische Kfz-Halter birgt. Auch für die Grenzregionen hätte ich mir mehr erhofft. Vor diesem Hintergrund erwarte ich mir von der Evaluierung zwei Jahre nach der Einführung der Infra- strukturabgabe erste Erkenntnisse, anhand derer es gegebenenfalls gilt, die bestehenden Regelungen anzu- passen. Trotz der ausgeführten Punkte werde ich aus den ge- nannten Gründen und aus Koalitionsräson dem heutigen Gesetzentwurf zustimmen. Dr. Hans-Joachim Schabedoth (SPD): Ich stimme dem vorgelegten Gesetzentwurf heute nur zu, weil sich meine Partei in den Koalitionsverhandlungen zur Bil- dung einer gemeinsamen Regierung mit CDU und CSU dazu verpflichtet hat. Bis jetzt sehe ich die vereinbarten Voraussetzungen für die Verabschiedung dieses Gesetzes als nicht hinrei- chend erfüllt an. Vereinbart ist, dass kein Fahrzeughalter in Deutsch- land stärker belastet wird als heute. Zudem soll die Aus- gestaltung EU-rechtskonform sein. Schließlich macht ein solches Vorhaben nur dann Sinn, wenn die auf die- sem Wege erzielten Einnahmen in einem vertretbaren Verhältnis zum Aufwand stehen. In der Debatte um das Gesetzgebungsvorhaben konn- ten die Zweifel, ob diese drei Bedingungen nunmehr er- füllt sind, nicht ausgeräumt werden. Minister Dobrindt versichert seinerseits, alle drei Bedingungen hätten Be- rücksichtigung gefunden. Insofern hat er damit die poli- tische Verantwortung für dieses Gesetz übernommen und wird sich gegebenenfalls rechtfertigen müssen, wenn die deutschen Autofahrer erheblich mehr belastet werden, weil bislang mautfreie Autobahnnutzungen in unseren Nachbarländern gleichfalls mautpflichtig ge- macht werden, wenn sich im Klageverfahren erweisen sollte, dass ausländische Benutzer deutscher Straßen durch diese Regelung diskriminiert werden sowie, wenn die Aufwendungen zur Erhebung der Maut in Relation mit den dabei erzielten Einnahmen sich als unvertretbar erweisen sollten. Die SPD hat im Beratungsverfahren durchgesetzt, dass in zwei Jahren Bürokratieaufwand und Einnahme- situation kritisch gewichtet werden können. Insofern vertraue ich darauf, dass in zwei Jahren vielleicht auf- grund einer gewachsenen besseren Einsicht auch beim Koalitionspartner Christlich-Soziale Union eine Rück- nahme des Gesetzes möglich ist und Verhandlungen mit allen Anrainerstaaten über gegenseitigen Verzicht auf die Erhebung von Mautgebühren eingeleitet werden können. Udo Schiefner (SPD): Die Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen, die sogenannte PKW-Maut, war nie und ist auch heute kein verkehrs- politisches Anliegen der SPD. Die Pkw-Maut war und ist das Hauptanliegen der CSU. Im Koalitionsvertrag mit der CDU und CSU konnte die SPD im Gegenzug zen- trale gesellschaftspolitische Forderungen verankern. Der Koalitionsvertrag ist sozialdemokratisch geprägt. Zum Beispiel mit dem gesetzlichen Mindestlohn, der Rente mit 63 und der Frauenquote haben wir bedeutende gesellschaftspolitische Schritte bereits verwirklicht. Er- reichen konnten wir das nur, indem wir uns verpflichtet haben, auch der Pkw-Maut zuzustimmen. Klare Bedingungen müssen allerdings erfüllt sein: Die Pkw-Maut muss europakonform sein, inländische Kfz-Halter dürfen nicht höher belastet werden, und es muss ein substanzieller Beitrag zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur generiert werden. Die vorliegenden Gesetzentwürfe wurden von den zuständigen Ministern intensiv beraten und beschlossen. Die EU-Rechtskonfor- mität ist demzufolge gewährleistet, die Einnahmeprog- nosen sollen plausibel sein, und eine Mehrbelastung inländischer Kfz-Halter wird ausgeschlossen. Diese An- nahmen konnten weder in den Anhörungen noch in den Ausschussberatungen hinreichend widerlegt werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 9401 (A) (C) (D)(B) Die SPD-Bundestagsfraktion hat für ihre Zustim- mung trotzdem weitere Bedingungen benannt, wichtige Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Gesetzent- wurf durchgesetzt und CDU und CSU einen richtungs- weisenden Entschließungsantrag abgerungen, den wir gemeinsam mit der Pkw-Maut beschließen. Damit wird heute ein verkehrspolitisches Gesamtpa- ket verabschiedet, zu dem neben der Pkw-Maut wichtige Festlegungen zur Lkw-Maut und eine klare Priorisierung bei den Verkehrsinvestitionen gehören. Spätestens im Sommer 2016 wird der Beschluss über die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesfernstraßen ins Kabinett kommen, und die Verkehrsinvestitionen fließen künftig dorthin, wo sie am nötigsten gebraucht werden. Besonders wichtig ist mir, dass wir den Einnahme- und Bürokratiecheck durchsetzen konnten. Der Bundes- tag muss sich zwei Jahre nach Beginn der Abgabeerhe- bung automatisch mit den realen Nettoeinnahmen und dem bürokratischen Aufwand beschäftigen. Zudem muss über die Auswirkungen der Pkw-Maut auf die Grenzregionen berichtet werden. Den Bericht über die Grenzregionen brauchen wir. Speziell mit Blick auf den Grenzverkehr in Nordrhein- Westfalen sehe ich die Maut sehr kritisch. Die Landes- und Gemeindestraßen wurden erfreulicherweise schon früh aus den Plänen des Ministers gestrichen. Ich hätte mir noch weitergehende Regeln zum Schutz der Grenz- region gewünscht. Die sind ärgerlicherweise am Wider- stand von CDU und CSU gescheitert. Das öffentliche mautkritische Auftreten gerade der CDU in NRW hat die Verhandler von CDU und CSU im Bundestag offenbar nicht beeindruckt. Unsere SPD-Vertreter mussten jedes Zugeständnis in stundenlangen Sitzungen mühevoll durchsetzen. Ich werde dem Gesetzentwurf zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfern- straßen zustimmen. Der Koalitionsvertrag, der mit über- großer Mehrheit von unseren Parteimitgliedern mitbe- schlossen wurde, fordert dies von mir. Die guten Verhandlungsergebnisse der letzten Wochen machen mir diese Entscheidung leichter. Glücklich bin ich dabei nicht. Dirk Wiese (SPD): Im Koalitionsvertrag ist die Ein- führung einer Pkw-Maut zwischen der CDU/CSU und SPD vereinbart worden. Die SPD hat dem Vorhaben, das die CSU in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt hat, unter drei Bedingungen zugestimmt: Es darf kein deut- scher Autofahrer zusätzlich belastet werden, die gesetz- liche Regelung muss mit europäischem Recht vereinbar sein, und es muss ein substanzieller Beitrag für die In- vestitionen in die Verkehrsinfrastruktur erwirtschaftet werden. Auf Grundlage dieser Forderungen der SPD- Bundestagsfraktion schlagen die Verkehrspolitiker der Koalition ein Gesamtpaket, bestehend aus einem umfas- senden Änderungsantrag zum Gesetzentwurf und einem detaillierten Entschließungsantrag, zur Zustimmung vor. Mit beiden Vorlagen werden die Forderungen der SPD- Bundestagsfraktion erfüllt. Für mich gilt der Koalitionsvertrag, und ich entziehe mich der daraus resultierenden Verantwortung als Abge- ordneter der SPD-Bundestagsfraktion nicht. Deshalb werde ich zustimmen, verweise jedoch gleichzeitig da- rauf, dass es wünschenswert gewesen wäre, Sonderrege- lungen für Touristen einzuführen. In meinem Wahlkreis, dem Hochsauerlandkreis, stellt die Mehrheit der hollän- dischen Touristen eine bedeutende Kaufkraft dar und ist deshalb Antriebsmotor für den Tourismus vor Ort. Die Einführung der Maut darf nicht zu einem Rückgang an Touristen führen und damit die Tourismusregionen in Deutschland schwächen. Das muss der Gesetzgeber un- bedingt im Auge behalten und gegebenenfalls aktiv wer- den. Stefan Zierke (SPD): Die Einführung einer Infra- strukturabgabe – der sogenannten Pkw-Maut – ist weder für die SPD-Bundestagsfraktion noch für mich persön- lich ein verkehrspolitisches Kernanliegen. Dennoch ist sie Teil unseres Koalitionsvertrags, dem im Herbst 2013 75,96 Prozent unserer Mitglieder zugestimmt haben. In den vergangenen Monaten konnten bereits viele wich- tige politische Forderungen der SPD im Deutschen Bun- destag umgesetzt werden, darunter der gesetzliche Min- destlohn, die Rente mit 63 oder die Frauenquote. Auf der anderen Seite hat sich die SPD bereit erklärt, dem Vorha- ben von CDU/CSU zur Einführung einer Pkw-Maut nicht im Wege zu stehen. Dafür haben wir im Koali- tionsvertrag allerdings klare Bedingungen formuliert: Die Pkw-Maut muss europakonform ausgestaltet sein und darf nicht zu einer höheren Belastung inländischer Kfz-Halter führen. Darüber hinaus haben wir als SPD hi- neinverhandelt, dass die Pkw-Maut einen substanziellen Beitrag für die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur erwirtschaften muss. Diese Bedingungen sind mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erfüllt. Im Zuge der umfangreichen und intensiven parlamen- tarischen Beratungen ist es der SPD-Bundestagsfraktion mit einigen Klarstellungen gelungen, den ursprünglichen Gesetzentwurf entschieden zu verbessern. So verknüp- fen wir die Einführung der Pkw-Maut durch unseren Entschließungsantrag mit einer verbindliche Festlegung zur Lkw-Maut und einer neuen Priorisierung der Ver- kehrsinvestitionen. Spätestens im Sommer 2016 wird der Beschluss über die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesfernstraßen in das Kabinett kommen, und die Verkehrsinvestitionen fließen künftig dorthin, wo sie am nötigsten gebraucht werden. So soll der Erhalt – beson- ders von Brücken und Schleusen – Vorrang vor dem Aus- und Neubau haben. Beim Neubau sollen 80 Pro- zent der Mittel für überregional wichtige Knoten und Hauptachsen reserviert werden. Bei der konkreten Ausgestaltung der Pkw-Maut ha- ben wir folgende Punkte durchgesetzt: Im Zuge der Mauterhebung dürfen persönliche Daten statt drei nur noch ein Jahr gespeichert werden, und das Gesetz wird zwei Jahre nach der technischen Einführung einem Bü- rokratie- und Einnahmecheck unterzogen. Bestandteil dieses Checks ist auch die Evaluierung von möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Grenzregionen. Das ist ein großer Erfolg. Als Abgeordneter mit einem Wahlkreis an der deutsch-polnischen Grenze hatte ich 9402 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 (A) (C) (D)(B) diesbezügliche Bedenken. Auch hier hat die SPD wich- tige Verbesserungen durchgesetzt. So wird die Maut für im Ausland zugelassene Pkws nicht mehr auf allen Stra- ßen, sondern nur noch auf Bundesautobahnen erhoben. So kann der kleine Grenzverkehr in den meisten Regio- nen über Bundesstraßen und dem nachgeordneten Stra- ßennetz weitgehend ungehindert stattfinden. Ich hätte mir an dieser Stelle noch weitergehende Regeln zum Schutz der Grenzregion gewünscht. Diese sind jedoch am Widerstand von CDU und CSU gescheitert. Trotz der guten Verhandlungsergebnisse habe ich bei einigen Punkten weiterhin Bedenken. Das betrifft zum einen die Europarechtskonformität, die Gegenstand ei- ner gesonderten Prüfung der Kommission bzw. des EuGH sein wird, und zum anderen halte ich es nach wie vor für fragwürdig, ob eine Infrastrukturabgabe langfris- tig wirklich keine Mehrbelastung für inländische Kfz- Halter birgt. Auch sehe ich das Verhältnis zwischen bü- rokratischem und technischem Aufwand einerseits und den tatsächlichen Einnahmen andererseits kritisch. Vor diesem Hintergrund erwarte ich mir von der Evaluierung zwei Jahre nach der Einführung der Pkw-Maut erste Er- kenntnisse, anhand derer es gegebenenfalls gilt, die be- stehenden Regelungen anzupassen. Trotz dieser Bedenken werde ich aus den genannten Gründen und aus Koalitionsräson dem heutigen Gesetz- entwurf zustimmen. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Heike Baehrens, Dr. Karamba Diaby, Saskia Esken, Dr. Ute Finckh-Krämer, Gabriele Groneberg, Wolfgang Hellmich, Gabriele Hiller-Ohm, Christina Jantz, Oliver Kaczmarek, Ralf Kapschack, Caren Marks, Hilde Mattheis, Susanne Mittag, Ulli Nissen, Sabine Poschmann, Dr. Martin Rosemann, Bernd Rützel, Matthias Schmidt (Berlin), Ursula Schulte, Stefan Schwartze, Dr. Carsten Sieling, Michael Thews, Franz Thönnes, Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (alle SPD) zu den namentlichen Abstimmungen über – den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung ei- ner Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen (Zusatztagesordnungs- punkt 4 a) – den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Zweiten Verkehrsteuerände- rungsgesetzes (VerkehrStÄndG 2) (Zusatz- tagesordnungspunkt 4 c) Der Deutsche Bundestag stimmt heute über den Ge- setzentwurf zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen sowie den Ent- wurf eines Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes ab. Diese „PKW-Maut“ ist kein Kernanliegen der SPD – mit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags haben sich die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion jedoch verpflichtet, dem Gesetz zuzustimmen, wenn die Vo- raussetzungen erfüllt sind, die wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Die SPD hat dem Vorhaben, dem sie immer kritisch gegenüberstand und das die CSU in den Koalitionsver- trag hineinverhandelt hat, in den Koalitionsverhandlun- gen unter drei Bedingungen zugestimmt: Es darf kein deutscher Autofahrer zusätzlich belastet werden, die ge- setzliche Regelung muss mit europäischem Recht ver- einbar sein, und es muss einen substanziellen Beitrag für die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur erwirt- schaftet werden. Im parlamentarischen Verfahren hat die SPD-Bundes- tagsfraktion weitreichende Änderungen an dem Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen gegen den Wi- derstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion durchge- setzt: Es wird verhindert, dass die geplanten Zeitvignet- ten zu einer Diskriminierung von EU-Ausländerinnen und -Ausländern führen. Wir haben für ein Mehr an Da- tenschutz gesorgt und die Speicherfristen für persönliche Daten der Halterinnen und Halter von drei auf ein Jahr reduziert. Es wird ein verbindlicher Bürokratie- und Ein- nahmecheck zwei Jahre nach der technischen Einfüh- rung der Pkw-Maut gesetzlich festgeschrieben. Dabei sollen auch Auswirkungen der Pkw-Maut auf die Grenz- regionen untersucht werden. Damit sind die Bedingungen des Koalitionsvertrags erfüllt. Wir stimmen daher heute trotz großer Bedenken den vorliegenden Gesetzentwürfen zu. Die SPD-Bun- destagsfraktion hat in den parlamentarischen Beratungen ein verkehrspolitisches Gesamtpaket verhandelt, das so- zialdemokratische Kernforderungen in die Tat umsetzt. Es gibt ein klares Bekenntnis aller Mitglieder der Koali- tionsfraktionen zur Ausdehnung der Lkw-Maut auf alle Bundesfernstraßen und zu einer detaillierten Priorisie- rungsstrategie für die Investitionen in die Bundesver- kehrswege. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Elke Ferner, Gabriele Katzmarek und Gülistan Yüksel (alle SPD) zu den namentlichen Abstimmungen über – den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung ei- ner Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen (Zusatztagesord- nungspunkt 4 a) – den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Zweiten Verkehrsteuerände- rungsgesetzes (VerkehrStÄndG 2) (Zusatz- tagesordnungspunkt 4 c) Der Deutsche Bundestag stimmt heute über den Ge- setzentwurf zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 9403 (A) (C) (D)(B) die Benutzung von Bundesfernstraßen sowie den Ent- wurf eines Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes ab. Diese „PKW-Maut“ ist kein Kernanliegen der SPD – mit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags haben sich die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion jedoch verpflichtet, dem Gesetz zuzustimmen, wenn die Vo- raussetzungen erfüllt sind, die wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Der Druck von SPD-Politikerinnen und -Politikern hat dafür gesorgt, dass Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bereits im Vorfeld des Kabinettsbeschlusses im Dezem- ber 2014 gravierende Änderungen an ihrem Konzept vornehmen mussten: Die Maut für im Ausland zugelas- sene PKW wird nicht mehr auf allen Straßen, sondern nur noch auf Bundesautobahnen erhoben. So kann der kleine Grenzverkehr in den meisten Regionen über Bundesstraßen und das nachgeordnete Straßennetz weit- gehend ungehindert stattfinden. Dennoch befürchten die örtlichen Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Kirchen und Verbände in den Grenzregionen, dass die Einführung einer Pkw-Maut zu negativen wirtschaftlichen und kul- turellen Konsequenzen führen wird. Wir nehmen die Bedenken der Menschen vor Ort sehr ernst. Daher hat die SPD-Bundestagsfraktion in den Ver- handlungen mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit großem Nachdruck den Vorschlag des Bundesrates und der kommunalen Spitzenverbände aufgegriffen und eine weiter gehende Ausnahmeregelung für die ersten 30 Ki- lometer Wegstrecke an den grenznahen Bundesautobah- nen gefordert. Wir bedauern, dass dieser Vorschlag an dem erbitterten Widerstand der CDU/CSU-Bundestags- fraktion gescheitert ist. Wir stimmen heute trotz großer Bedenken den vor- liegenden Gesetzentwürfen zu, weil die SPD-Bundes- tagsfraktion in den parlamentarischen Beratungen ein verkehrspolitisches Gesamtpaket verhandelt hat, das so- zialdemokratische Kernforderungen in die Tat umsetzt. Dabei hat die SPD-Bundestagsfraktion auch dafür ge- sorgt, dass die Auswirkungen auf die Grenzregionen zwei Jahre nach der Einführung der Pkw-Maut evaluiert werden. Da der Koalitionspartner CDU/CSU eine 30-Kilome- ter-Sonderregelung für die Grenzregionen ablehnt, sehen wir uns gezwungen, aus Koalitionstreue den vorliegen- den Antrag, weitere Ausnahmen für die Grenzregionen einzuführen, abzulehnen. Anlage 6 Erklärungen nach § 31 GO zu den namentlichen Abstimmungen über – den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung ei- ner Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen (Zusatztagesord- nungspunkt 4 a) – den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Zweiten Verkehrsteuerände- rungsgesetzes (VerkehrStÄndG 2) (Zusatz- tagesordnungspunkt 4 c) Dorothee Bär (CDU/CSU): Ich stimme dem Gesetz zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benut- zung von Bundesfernstraßen ausdrücklich zu. Heinz-Joachim Barchmann (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über den Gesetzentwurf zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen sowie den Entwurf eines Zwei- ten Verkehrsteueränderungsgesetzes ab. Diese „PKW-Maut“ ist kein Kernanliegen der SPD – mit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags haben sich die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion jedoch verpflichtet, dem Gesetz zuzustimmen, wenn die Vo- raussetzungen erfüllt sind, die wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Der Druck von SPD-Politikerinnen und -Politikern hat dafür gesorgt, dass Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bereits im Vorfeld des Kabinettsbeschlusses im Dezem- ber 2014 gravierende Änderungen an ihrem Konzept vornehmen mussten: Die Maut für im Ausland zugelas- sene PKW wird nicht mehr auf allen Straßen, sondern nur noch auf Bundesautobahnen erhoben. So kann der kleine Grenzverkehr in den meisten Regionen über Bun- desstraßen und dem nachgeordneten Straßennetz weitge- hend ungehindert stattfinden. Dennoch befürchten die örtlichen Industrie- und Han- delskammern, Handwerkskammern, Kirchen und Ver- bände in den Grenzregionen, dass die Einführung einer Pkw-Maut zu negativen wirtschaftlichen und kulturellen Konsequenzen führen wird. Wir nehmen die Bedenken der Menschen vor Ort sehr ernst. Daher hat die SPD-Bundestagsfraktion in den Ver- handlungen mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit großem Nachdruck den Vorschlag des Bundesrates und der kommunalen Spitzenverbände aufgegriffen und eine weitergehende Ausnahmeregelung für die ersten 30 Ki- lometer Wegstrecke an den grenznahen Bundesautobah- nen gefordert. Ich bedauere, dass dieser Vorschlag an dem erbitterten Widerstand der CDU/CSU-Bundestags- fraktion gescheitert ist. Ich stimme heute trotz großer Bedenken den vorliegen- den Gesetzentwürfen zu, weil die SPD-Bundestagsfraktion in den parlamentarischen Beratungen ein verkehrspoliti- sches Gesamtpaket verhandelt hat, das sozialdemokrati- sche Kernforderungen in die Tat umsetzt. Dabei hat die SPD-Bundestagsfraktion auch dafür gesorgt, dass die Auswirkungen auf die Grenzregionen zwei Jahre nach der Einführung der Pkw-Maut evaluiert werden. Da der Koalitionspartner CDU/CSU eine 30-Kilome- ter-Sonderregelung für die Grenzregionen ablehnt, sehe 9404 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 (A) (C) (D)(B) ich mich gezwungen, aus Koalitionstreue den vorliegen- den Antrag, weitere Ausnahmen für die Grenzregionen einzuführen, abzulehnen. Bärbel Bas (SPD): Die Einführung der sogenannten Pkw-Maut ist kein verkehrspolitisches Anliegen der SPD. Im Koalitionsvertrag der Großen Koalition und in den vergangenen Monaten im Deutschen Bundestag konnten viele wichtige politische Forderungen der SPD umgesetzt werden: beispielsweise der gesetzliche Mindestlohn, die Rente mit 63 oder die Frauenquote. Auf der anderen Seite hat sich die SPD bereit erklärt, dem Vorhaben von CDU/CSU zur Einführung dieser Pkw-Maut nicht im Wege zu stehen. Dafür haben wir im Koalitionsvertrag klare Bedingungen formuliert: Diese Pkw-Maut muss europakonform ausgestaltet sein und darf nicht zu einer höheren Belastung inländischer Kfz- Halter führen. Diese Bedingungen sind mit dem vorlie- genden Gesetzentwurf erfüllt. Im Zuge der parlamentarischen Beratungen ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, ein verkehrspoliti- sches Gesamtpaket mit Änderungen bei der Pkw-Maut, Festlegungen zur Lkw-Maut und einer neuen Priorisie- rung der Verkehrsinvestitionen durchzusetzen. Spätes- tens im Sommer 2016 wird der Beschluss über die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesfernstraßen ins Kabinett kommen, und die Verkehrsinvestitionen fließen künftig dorthin, wo sie am nötigsten gebraucht werden. So soll der Erhalt – besonders von Brücken und Schleusen – Vorrang vor dem Aus- und Neubau haben. Beim Neubau sollen 80 Prozent der Mittel für überregio- nal wichtige Knoten und Hauptachsen reserviert werden. Das ist insbesondere für NRW und das Ruhrgebiet sehr wichtig, wie wir gerade zum Beispiel bei der A-40- Brücke in Duisburg sehen können. Beim Datenschutz konnte außerdem eine wichtige Verbesserung durchgesetzt werden: Personalisierte Da- ten aus der Mauterhebung dürfen nur ein Jahr statt drei Jahre gespeichert werden. Auch wurde vereinbart, dass das Gesetz nach zwei Jahren einem Bürokratie- und Ein- nahmecheck unterzogen wird. Ich sehe diese Pkw-Maut insbesondere mit Blick auf den Grenzverkehr in Nordrhein-Westfalen weiterhin sehr kritisch. Wie die SPD-Bundestagsfraktion, so bedauere auch ich ausdrücklich, dass bessere Regeln zum Schutz der Grenzregionen noch in den vergangenen Tagen am Widerstand von CDU und CSU gescheitert sind. Die Aussage des verkehrspolitischen Sprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ulrich Lange, dass das „kulturelle Leben in den Grenzregionen auch mit Maut weiter blühen“ werde, steht leider im Widerspruch zu verschiedenen Aussagen des Vorsitzenden der CDU Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet. Dieser hatte zum Beispiel am 27. August 2014 in der Frankfurter Rundschau beklagt, dass die Pkw-Maut „Bürokratie, Wegelagerei und neue Grenzen“ schaffe, die die Wirt- schaft in den Grenzgebieten massiv beeinträchtigen. Da sich die CDU in Nordrhein-Westfalen, wie auch ihr Vor- sitzender, in den vergangenen Tagen nicht mehr zu dem vorliegenden Gesetzentwurf geäußert haben, zeigt dies, dass sich die Bürgerinnen und Bürger in den Grenzregio- nen nicht auf die CDU verlassen können. Im Koalitionsvertrag haben sich die Bundestags- fraktionen von CDU/CSU und SPD auf ein einheitliches Abstimmungsverhalten im Deutschen Bundestag ver- ständigt. Daher werde ich dem Gesetzentwurf zustim- men. Frank Junge (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über den Gesetzentwurf zur Einführung ei- ner Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundes- fernstraßen sowie den Entwurf eines Zweiten Verkehr- steueränderungsgesetzes ab. Die „Pkw-Maut“ ist kein Kernanliegen der SPD. Mit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags haben die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion jedoch zuge- sagt, dem Gesetz zuzustimmen, wenn die Voraussetzun- gen erfüllt sind, die wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Die SPD hat dem Vorhaben, das die CSU in den Koalitionsvertrag gebracht hat, immer kritisch gegen- übergestanden. Allerdings haben wir unsere Zustimmung von drei Bedingungen abhängig gemacht: Erstens. Es darf kein deutscher Autofahrer zusätzlich belastet werden. Zweitens. Die gesetzliche Regelung muss mit euro- päischem Recht vereinbar sein. Drittens. Es muss ein substanzieller Beitrag für die In- vestitionen in die Verkehrsinfrastruktur erwirtschaftet werden. SPD-Politikerinnen und -Politiker haben dafür ge- sorgt, dass Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bereits im Vorfeld des Kabinettsbeschlusses im Dezember 2014 gravierende Änderungen an ihrem Konzept vornehmen mussten. Die wichtigste ist die, dass die Maut für im Ausland zugelassene Pkw wird nicht mehr auf allen Straßen, sondern nur noch auf Bundesautobahnen erho- ben wird. So kann der kleine Grenzverkehr in den meis- ten Regionen über Bundesstraßen und dem nachgeord- neten Straßennetz weitgehend ungehindert stattfinden. Dennoch befürchten die örtlichen Industrie- und Han- delskammern, Handwerkskammern, Kirchen und Ver- bände in den Grenzregionen, dass die Einführung einer Pkw-Maut zu negativen wirtschaftlichen und kulturellen Konsequenzen führen wird. Wir nehmen diese Bedenken sehr ernst. Daher hat die SPD-Bundestagsfraktion in den Verhandlungen mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit großem Nachdruck den Vorschlag des Bundesrates und der kommunalen Spitzenverbände aufgegriffen und eine weitergehende Ausnahmeregelung für die ersten 30 Kilometer Wegstre- cke an den grenznahen Bundesautobahnen gefordert. Ich bedauere, dass dieser Vorschlag an dem erbitterten Wi- derstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gescheitert ist. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 9405 (A) (C) (D)(B) Allerdings hat die SPD-Bundestagsfraktion im parla- mentarischen Verfahren andere weitreichende Änderun- gen an dem Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfern- straßen gegen den Widerstand der CDU/CSU-Bundes- tagsfraktion durchgesetzt: Es wird verhindert, dass die geplanten Zeitvignetten zu einer Diskriminierung von EU-Ausländerinnen und -Ausländern führt; wir haben für ein Mehr an Datenschutz gesorgt und die Speicher- fristen für persönliche Daten der Halterinnen und Halter von drei auf ein Jahr reduziert; es wird ein verbindliche Bürokratie- und Einnahmecheck zwei Jahre nach der technischen Einführung der Pkw-Maut gesetzlich festge- schrieben. Dabei sollen auch Auswirkungen der Pkw- Maut auf die Grenzregionen untersucht werden. Damit sind die Bedingungen des Koalitionsvertrags erfüllt. Ich stimme daher heute trotz großer Bedenken den vorliegenden Gesetzentwürfen zu. Die SPD-Bun- destagsfraktion hat in den parlamentarischen Beratungen ein verkehrspolitisches Gesamtpaket verhandelt, das so- zialdemokratische Kernforderungen in die Tat umsetzt. Es gibt ein klares Bekenntnis aller Mitglieder der Koali- tionsfraktionen zur Ausdehnung der Lkw-Maut auf alle Bundesfernstraßen und zu einer detaillierten Priorisie- rungsstrategie für die Investitionen in die Bundesver- kehrswege. Thomas Jurk (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über den Gesetzentwurf zur Einführung ei- ner Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundes- fernstraßen sowie den Entwurf eines Zweiten Verkehr- steueränderungsgesetzes ab. Diese Pkw-Maut ist kein Kernanliegen der SPD – mit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags haben sich die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion jedoch ver- pflichtet, dem Gesetz zuzustimmen, wenn die Vorausset- zungen erfüllt sind, die wir im Koalitionsvertrag verein- bart haben. Der Druck von SPD-Politikerinnen und -Politikern hat dafür gesorgt, dass Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bereits im Vorfeld des Kabinettsbeschlusses im Dezem- ber 2014 gravierende Änderungen an ihrem Konzept vornehmen mussten: Die Maut für im Ausland zugelas- sene Pkw wird nicht mehr auf allen Straßen, sondern nur noch auf Bundesautobahnen erhoben. So kann der kleine Grenzverkehr in den meisten Regionen über Bundesstra- ßen und dem nachgeordneten Straßennetz weitgehend ungehindert stattfinden. Dennoch befürchten die örtlichen Industrie- und Han- delskammern, Handwerksammern und Verbände in den Grenzregionen, dass die Einführung einer Pkw-Maut zu negativen wirtschaftlichen und kulturellen Konsequen- zen führen wird. Wir nehmen die Bedenken der Menschen vor Ort sehr ernst. Daher hat die SPD-Bundestagsfraktion in den Ver- handlungen mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit großem Nachdruck den Vorschlag des Bundesrates und der kommunalen Spitzenverbände aufgegriffen und eine weiter gehende Ausnahmeregelung für die ersten 30 Ki- lometer Wegstrecke an den grenznahen Bundesautobahn gefordert. Ich bedauere, dass dieser Vorschlag an dem erbitterten Widerstand der CDU/CSU-Bundestagsfrak- tion gescheitert ist. Ich stimme heute trotz großer Bedenken den vorlie- genden Gesetzentwürfen zu, weil die SPD-Bundestags- fraktion in den parlamentarischen Beratungen ein ver- kehrspolitisches Gesamtpaket verhandelt hat, das sozialdemokratische Kernforderungen in die Tat um- setzt. Dabei hat die SPD-Bundestagsfraktion auch dafür gesorgt, dass die Auswirkungen auf die Grenzregionen zwei Jahre nach der Einführung der Pkw-Maut evaluiert werden. Katja Mast (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über den Gesetzentwurf zur Einführung einer In- frastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfern- straßen sowie den Entwurf eines Zweiten Verkehrsteu- eränderungsgesetzes ab. Diese „Pkw-Maut ist kein Kernanliegen der SPD – mit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags haben sich die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion jedoch verpflichtet, dem Gesetz zuzustimmen, wenn die Vo- raussetzungen erfüllt sind, die wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Die SPD hat dem Vorhaben, dem sie immer kritisch gegenüberstand und das die CSU in den Koalitionsver- trag hineinverhandelt hat, in den Koalitionsverhandlun- gen unter drei Bedingungen zugestimmt: Es darf kein deutscher Autofahrer zusätzlich belastet werden, die ge- setzliche Regelung muss mit europäischem Recht ver- einbar sein, und es muss ein substanzieller Beitrag für die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur erwirt- schaftet werden. Im parlamentarischen Verfahren hat die SPD-Bundes- tagsfraktion weitreichende Änderungen an dem Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen gegen den Wi- derstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion durchge- setzt: Es wird verhindert, dass die geplanten Zeitvignet- ten zu einer Diskriminierung von EU-Ausländerinnen und Ausländern führt. Wir haben für ein Mehr an Daten- schutz gesorgt und die Speicherfristen für persönliche Daten der Halterinnen und Halter von drei auf ein Jahr reduziert. Es wird einen verbindlichen Bürokratie- und Einnahmecheck zwei Jahre nach der technischen Einfüh- rung der Pkw-Maut gesetzlich festgeschrieben. Dabei sollen auch Auswirkungen der Pkw-Maut auf die Grenz- regionen untersucht werden. Damit sind die Bedingungen des Koalitionsvertrags erfüllt. Ich stimme daher heute trotz großer Bedenken den vorliegenden Gesetzentwürfen zu. Die SPD-Bun- destagsfraktion hat in den parlamentarischen Beratungen ein verkehrspolitisches Gesamtpaket verhandelt, das so- zialdemokratische Kernforderungen in die Tat umsetzt. Es gibt ein klares Bekenntnis aller Mitglieder der Koali- tionsfraktionen zur Ausdehnung der Lkw-Maut auf alle Bundesfernstraßen und zu einer detaillierten Priorisie- 9406 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 (A) (C) (D)(B) rungsstrategie für die Investitionen in die Bundesver- kehrswege. Ich gehe davon aus, dass davon in meinem Wahlkreis Pforzheim/Enzkreis auch das für uns zentrale Verkehrsprojekt für den Nordschwarzwald – die West- tangente – eine Baufreigabe durch den Bund erhält. In der Prioritätenliste des Landes Baden-Württemberg steht sie auf Platz 1. Dr. Simone Raatz (SPD): Das Gesetzgebungsvorha- ben besteht aus zwei Teilen: Die Maut selbst soll durch ein Infrastrukturabgabegesetz eingeführt werden, das im Wesentlichen für Inländer wie für Ausländer gleicher- maßen gilt. Den Steuerschuldnern für inländische und ausländische Fahrzeuge aber, die in den Anwendungs- bereich der Infrastrukturabgabe fallen, soll durch ein weiteres Gesetz zur Vermeidung einer Doppelbelastung bei der Kraftfahrzeugsteuer ein Steuerentlastungsbetrag in gleicher Höhe gewährt werden. Es bestehen berechtigte Zweifel, ob die geplante Infrastrukturabgabe Überschüsse generiert und damit ih- ren gesetzgeberischen Zweck, nämlich den Erhalt der In- frastruktur, erfüllt. Meines Erachtens stehen Aufwand und Ertrag in keinem Verhältnis zueinander. Da ich schon während des Bundestagswahlkampfes 2013 aber auch bei vielen Diskussionen danach das Vorhaben „Pkw-Maut“ als unsinnig eingestuft habe, werde ich den Gesetzentwürfen nicht zustimmen und mich der Stimme enthalten. Mechthild Rawert (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über den Gesetzentwurf zur Einführung ei- ner Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundes- fernstraßen sowie den Entwurf eines Zweiten Verkehr- steueränderungsgesetzes ab. Diese „Pkw-Maut“, von der die Bundeskanzlerin im Wahlkampf noch behauptet hat, dass sie mit ihr nicht kommen wird, ist kein Kernanliegen der SPD – mit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags haben sich die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion jedoch ver- pflichtet, dem Gesetz zuzustimmen, wenn die Vorausset- zungen erfüllt sind, die wir im Koalitionsvertrag verein- bart haben. Die SPD hat dem Vorhaben, dem sie immer kritisch gegenüberstand und das die CSU in den Koalitionsver- trag hineinverhandelt hat, in den Koalitionsverhandlun- gen unter drei Bedingungen zugestimmt: Es dürfen keine deutschen Autofahrerinnen und Autofahrer zusätzlich belastet werden, die gesetzliche Regelung muss mit europäischem Recht vereinbar sein, und es muss einen substanziellen Beitrag für die Investitionen in die Ver- kehrsinfrastruktur erwirtschaftet werden. Im parlamentarischen Verfahren hat die SPD-Bundes- tagsfraktion weitreichende Änderungen an dem Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen gegen den Wi- derstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion durchge- setzt: Es wird verhindert, dass die geplanten Zeitvignet- ten zu einer Diskriminierung von EU-Ausländerinnen und -Ausländern führt; wir haben für ein Mehr an Daten- schutz gesorgt und die Speicherfristen für persönliche Daten der Halterinnen und Halter von drei auf ein Jahr reduziert; es wird ein verbindlicher Bürokratie- und Ein- nahmecheck zwei Jahre nach der technischen Einfüh- rung der Pkw-Maut gesetzlich festgeschrieben. Dabei sollen auch Auswirkungen der Pkw-Maut auf die Grenz- regionen evaluiert werden. Ob das Gesetz mit europäischem Recht vereinbar ist, werden wir erst später erfahren. Die SPD-Bundestags- fraktion hat in den parlamentarischen Beratungen ein verkehrspolitisches Gesamtpaket verhandelt, das sozial- demokratische Kernforderungen in die Tat umsetzt. Es gibt ein klares Bekenntnis aller Mitglieder der Koali- tionsfraktionen zur Ausdehnung der Lkw-Maut auf alle Bundesfernstraßen und zu einer detaillierten Priorisie- rungsstrategie für die Investitionen in die Bundesver- kehrswege. Ich stimme daher heute trotz großer Bedenken den vorliegenden Gesetzentwürfen aus Koalitionstreue zu – nicht, weil ich die „Pkw-Maut“ für sinnvoll erachte. Susann Rüthrich (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über den Gesetzentwurf zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bun- desfernstraßen sowie den Entwurf eines Zweiten Ver- kehrsteueränderungsgesetzes ab. Diese „Pkw-Maut“ ist kein Kernanliegen der SPD – mit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags haben sich die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion jedoch verpflichtet, dem Gesetz zuzustimmen, wenn die Vo- raussetzungen erfüllt sind, die wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Der Druck von SPD-Politikerinnen und -Politikern hat dafür gesorgt, dass Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bereits im Vorfeld des Kabinettsbeschlusses im Dezem- ber 2014 gravierende Änderungen an ihrem Konzept vornehmen mussten: Die Maut für im Ausland zugelas- sene Pkw wird nicht mehr auf allen Straßen, sondern nur noch auf Bundesautobahnen erhoben. So kann der kleine Grenzverkehr in den meisten Regionen über Bundesstra- ßen und dem nachgeordneten Straßennetz weitgehend ungehindert stattfinden. Dennoch befürchten die örtlichen Industrie- und Han- delskammern, Handwerkskammern, Kirchen und Ver- bände in den Grenzregionen, dass die Einführung einer Pkw-Maut zu negativen wirtschaftlichen und kulturellen Konsequenzen führen wird. Wir nehmen die Bedenken der Menschen vor Ort sehr ernst. Daher hat die SPD-Bundestagsfraktion in den Ver- handlungen mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit großem Nachdruck den Vorschlag des Bundesrates und der kommunalen Spitzenverbände aufgegriffen und eine weiter gehende Ausnahmeregelung für die ersten 30 Ki- lometer Wegstrecke an den grenznahen Bundesautobahn gefordert. Ich bedauere, dass dieser Vorschlag an dem erbitterten Widerstand der CDU/CSU-Bundestagsfrak- tion gescheitert ist. Ich stimme heute trotz großer Bedenken den vor- liegenden Gesetzentwürfen zu, weil die SPD-Bundes- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 9407 (A) (C) (D)(B) tagsfraktion in den parlamentarischen Beratungen ein verkehrspolitisches Gesamtpaket verhandelt hat, das so- zialdemokratische Kernforderungen in die Tat umsetzt. Dabei hat die SPD-Bundestagsfraktion auch dafür ge- sorgt, dass die Auswirkungen auf die Grenzregionen zwei Jahre nach der Einführung der Pkw-Maut evaluiert werden. Da der Koalitionspartner CDU/CSU eine 30-Kilome- ter-Sonderregelung für die Grenzregionen ablehnt, sehe ich mich aus Koalitionstreue gezwungen, den vorliegen- den Antrag, weitere Ausnahmen für die Grenzregionen einzuführen, abzulehnen. Dr. Nina Scheer (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über den Gesetzentwurf zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen sowie den Entwurf eines Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes ab. Die Pkw-Maut ist ein im Koalitionsvertrag veranker- tes Zugeständnis an den Koalitionspartner, das aber auf Drängen der SPD an Bedingungen geknüpft wurde: Es darf kein deutscher Autofahrer zusätzlich belastet wer- den, die gesetzliche Regelung muss mit europäischem Recht vereinbar sein, und es muss ein substanzieller Bei- trag für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur erwirt- schaftet werden. Mit der Pkw-Maut wird offensichtlich ein nur über- schaubarer Beitrag für Verkehrsinfrastrukturinvestitio- nen geleistet. Zudem finde ich das Motiv für eine „PKW-Maut“ mit Blick auf die hierdurch teilweise aus- lösbaren Ressentiments gegenüber Ausländerinnen und Ausländern problematisch. Da aber die Bedingungen des Koalitionsvertrags von heute aus gesehen insgesamt als erfüllt anzusehen sind, stimme ich trotz der genannten Vorbehalte den vorliegenden Gesetzentwürfen zu. Die Regelungen müssen aber auch bei ihrer Umset- zung weiterhin auf ihre Vereinbarkeit mit den genannten und weiteren rechtsstaatlichen Bedingungen überprüft werden. Andernfalls kann die Umsetzung schon rein rechtlich nicht fortgeführt werden. Die SPD-Bundestagsfraktion hat in den parlamentari- schen Beratungen ein verkehrspolitisches Gesamtpaket verhandelt, womit auch eine sozialdemokratische Kern- forderungen in die Tat umgesetzt werden wird: die Aus- dehnung der Lkw-Maut auf alle Bundesfernstraßen und eine detaillierte Priorisierungsstrategie für die Investitio- nen in die Bundesverkehrswege. Ewald Schurer (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über den Gesetzentwurf zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen sowie den Entwurf eines Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes ab. Diese „Pkw-Maut“ ist kein Kernanliegen der SPD – mit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags haben sich die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion jedoch verpflichtet, dem Gesetz zuzustimmen, wenn die Vo- raussetzungen erfüllt sind, die wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Die SPD hat dem Vorhaben, dem sie immer kritisch gegenüber stand und das die CSU in den Koalitionsver- trag hineinverhandelt hat, in den Koalitionsverhandlun- gen unter drei Bedingungen zugestimmt: Es darf kein deutscher Autofahrer zusätzlich belastet werden, die gesetzliche Regelung muss mit europäischem Recht vereinbar sein und es muss ein substanzieller Beitrag für die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur erwirt- schaftet werden. Im parlamentarischen Verfahren hat die SPD-Bundes- tagsfraktion weitreichende Änderungen an dem Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen gegen den Widerstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion durch- gesetzt: Es wird verhindert, dass die geplanten Zeitvignetten zu einer Diskriminierung von EU-Ausländerinnen und Ausländern führt. Wir haben für ein Mehr an Datenschutzes gesorgt und die Speicherfristen für persönliche Daten der Halterin- nen und Halter von drei auf ein Jahr reduziert. Es wird ein verbindlicher Bürokratie- und Einnahme- check zwei Jahre nach der technischen Einführung der Pkw-Maut gesetzlich festgeschrieben. Dabei sollen auch Auswirkungen der Pkw-Maut auf die Grenzregionen un- tersucht werden. Damit sind die Bedingungen des Koalitionsvertrags erfüllt. Ich stimme daher heute trotz großer Bedenken den vorliegenden Gesetzentwürfen zu. Die SPD- Bundestagsfraktion hat in den parlamentarischen Bera- tungen ein verkehrspolitisches Gesamtpaket verhandelt, das sozialdemokratische Kernforderungen in die Tat umsetzt. Es gibt ein klares Bekenntnis aller Mitglieder der Koalitionsfraktionen zur Ausdehnung der Lkw-Maut auf alle Bundesfernstraßen und zu einer detaillierten Priorisierungsstrategie für die Investitionen in die Bun- desverkehrswege. Frank Schwabe (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über den Gesetzentwurf zur Einführung ei- ner Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundes- fernstraßen sowie den Entwurf eines Zweiten Verkehr- steueränderungsgesetzes ab. Ich werde dem Gesetz zur Pkw-Maut zustimmen. Dieses ausschließlich deshalb, weil es dazu eine Verab- redung auf Grundlage des Koalitionsvertrags gibt. Mir sind der Mindestlohn, die Frauenquote, die Mietpreis- bremse unter anderem besonders wichtig. Zu einem Pa- ket von Verabredungen in der Koalition gehört leider auch die Pkw-Maut. Norbert Spinrath (SPD): Der Deutsche Bundestag stimmt heute über den Gesetzentwurf zur Einführung ei- ner Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundes- fernstraßen sowie den Entwurf eines Zweiten Verkehr- steueränderungsgesetzes ab. Diese „Pkw-Maut“ ist kein Kernanliegen der SPD – mit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags haben sich die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion jedoch 9408 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 (A) (C) (D)(B) verpflichtet, dem Gesetz zuzustimmen, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, die wir im Koalitionsver- trag vereinbart haben. Der Druck von SPD-Politikerinnen und -Politikern hat dafür gesorgt, dass Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bereits im Vorfeld des Kabinettsbeschlusses im Dezem- ber 2014 gravierende Änderungen an ihrem Konzept vornehmen mussten: Die Maut für im Ausland zugelas- sene Pkw wird nicht mehr auf allen Straßen, sondern nur noch auf Bundesautobahnen erhoben. So kann der kleine Grenzverkehr in den meisten Regionen über Bundesstra- ßen und das nachgeordnete Straßennetz weitgehend un- gehindert stattfinden. Dennoch befürchten die örtlichen Industrie- und Han- delskammern, Handwerkskammern, Kirchen und Ver- bände in den Grenzregionen, dass die Einführung einer Pkw-Maut zu negativen wirtschaftlichen und kulturellen Konsequenzen führen wird. Wir nehmen die Bedenken der Menschen vor Ort sehr ernst. Daher hat die SPD-Bundestagsfraktion in den Ver- handlungen mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit großem Nachdruck den Vorschlag des Bundesrates und der kommunalen Spitzenverbände aufgegriffen und eine weitergehende Ausnahmeregelung für die ersten 30 Ki- lometer Wegstrecke an den grenznahen Bundesautobah- nen gefordert. Ich bedauere, dass dieser Vorschlag an dem erbitterten Widerstand der CDU/CSU-Bundestags- fraktion gescheitert ist. Ich stimme heute trotz großer Bedenken den vorlie- genden Gesetzentwürfen zu, weil die SPD-Bundestags- fraktion in den parlamentarischen Beratungen ein verkehrspolitisches Gesamtpaket verhandelt hat, das so- zialdemokratische Kernforderungen in die Tat umsetzt. Dabei hat die SPD-Bundestagsfraktion auch dafür ge- sorgt, dass die Auswirkungen auf die Grenzregionen zwei Jahre nach der Einführung der Pkw-Maut evaluiert werden. Da der Koalitionspartner CDU/CSU eine 30-Kilome- ter-Sonderregelung für die Grenzregionen ablehnt, sehe ich mich gezwungen, aus Koalitionstreue den vorliegen- den Antrag – weitere Ausnahmen für die Grenzregionen einzuführen – abzulehnen. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Fritz Felgentreu, Dr. Ute Finckh-Krämer, Cansel Kiziltepe, Mechthild Rawert, Matthias Schmidt (Berlin) und Swen Schulz (Spandau) (alle SPD) zu der namentli- chen Abstimmung über den von den Abgeordne- ten Dr. Gesine Lötzsch, Heidrun Bluhm, Caren Lay, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurf eines Ge- setzes zur Reform der Liegenschaftsveräußerun- gen (Tagesordnungspunkt 22) Die SPD-Fraktion hat zusammen mit der CDU/CSU- Fraktion im Deutschen Bundestag eine Reihe von Rege- lungen auf den Weg gebracht, die den Preisanstieg von Mietwohnungen dämpfen, Neubau von Wohnungen an- kurbeln und Wohnraum bezahlbar halten sollen. Hierzu gehören die Mietpreisbremse, das Bündnis für bezahlba- res Wohnen und Bauen und die erst kürzlich auf den Weg gebrachte Wohngelderhöhung. Das Anliegen der Fraktionen der Linken und der Grü- nen können wir verstehen und teilen wir. In angespann- ten Wohnungsmärkten vor allem in Großstädten bereitet es den Ländern und Kommunen zunehmend Probleme, geeignete Flächen für die Schaffung von Wohnraum be- reitzustellen. Diese Situation wird dadurch verschärft, dass sie kaum eine Möglichkeit haben, im Bieterverfah- ren der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben gegen privatwirtschaftliche Investoren mitzuhalten und sich so Flächen zu sichern. Durch die hohen Verkaufspreise von begehrten Innenstadtflächen entstehen darüber hinaus mietpreistreibende Effekte. Deshalb hat die SPD-Bundestagsfraktion schon im November 2014 ein Positionspapier für eine Neuausrich- tung der Liegenschaftspolitik für bezahlbares Wohnen und Bauen beschlossen. Unter diesem Titel ist auch eine Neuausrichtung der Bundesanstalt für Immobilienaufga- ben gefordert. Vor allem soll die BImA vermehrt Kon- zeptverfahren zur Vergabe von Grundstücken anwenden, die soziale, städtebauliche und energetische Kriterien enthalten. Zu diesen Punkten wollen wir in den Verhand- lungen mit CDU und CSU zügig Ergebnisse erreichen. Wir stimmen heute gegen die Initiativen der Fraktio- nen der Linken und der Grünen, weil sie fachlich nicht geeignet sind, eine Neuausrichtung der Liegenschafts- politik zu erreichen. Die SPD verfolgt hier einen sozia- len Ansatz, der sowohl für die Bewertung als auch die Verwendung der Liegenschaften einen Spielraum schafft, um die Interessen des Bundes und der Kommunen nach den jeweiligen regionalen Erfordernissen in Überein- stimmung zu bringen. Dem Bund wollen wir die Mög- lichkeit geben, seiner Vorbildrolle im Bereich der nachhaltigen Stadtentwicklung und der sozialen Mieten- politik gerecht zu werden. Unser Ziel sind lebendige Städte mit bezahlbaren Mieten. Den Kommunen soll bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben in der Stadtentwick- lungspolitik durch einen partnerschaftlichen Umgang bei der Veräußerung von Liegenschaften geholfen werden. Die Koalition kooperiert mit der BImA, um hier zu wei- teren Lösungen zu gelangen. Diesen Weg werden wir fortsetzen. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Entwicklungspoliti- sche Chancen der Urbanisierung nutzen (Tages- ordnungspunkt 24) Johannes Selle (CDU/CSU): Die in unserem An- trag genannten Zahlen demonstrieren eindrucksvoll die ungebrochene Anziehungskraft der Städte. Es wird da- von ausgegangen, dass im Jahre 2050 zwei Drittel der Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 9409 (A) (C) (D)(B) Menschen in Städten leben. Das sind so viel Leute, wie wir heute auf Erden haben. Dem Thema Urbanisierung begegnen wir natürlich nicht erst im entwicklungspolitischen Kontext. Den Trend „Vom Land hin zur Stadt“ beobachten wir im deutschen und europäischen Kontext, mit all den daraus entstehenden Konsequenzen. Nicht umsonst fordern wir in unserem Antrag dazu auf, dass sich Deutschland mit seiner Expertise auf diesem Gebiet verstärkt in entspre- chende globale Prozesse einbringen soll. Im Kontext der Entwicklungszusammenarbeit be- kommt Urbanisierung natürlich eine ganz andere Quali- tät. Allein in Afrika wird die Zahl der in Städten lebenden Bevölkerung bis 2050 nach den heutigen Schätzungen um rund eine Milliarde steigen. Vielen Menschen erscheint die Stadt als Hoffnung auf ein besseres Leben. Sie verspricht Arbeitsmöglichkeiten, eine bessere Versorgung als auf dem Lande, Schutz vor gewaltsamen Konflikten. Das könnten Städte leisten und der Mythos lebt ja fort, weil es auch Menschen gelingt, im Stadtumfeld besser zu leben. Aber die Wirklichkeit kennt Verelendung und riesige Slums mit menschenunwürdigen Bedingungen. Die Ab- wässer rinnen in Kloaken neben der Straße. Der Müll brennt. Die Luft wird von dem Gestank verpestet. Die Plastiktüten verstopfen die Kanäle und fliegen im Wind. Kinder baden in Pfützen und sauberes Trinkwasser fehlt. Die Straßen sind unbefestigt, und ausreichend öffentli- che Verkehrsverbindungen gibt es nicht. Medizinische Einrichtungen, wenn überhaupt vorhanden, sind ungenü- gend ausgestattet. Die vielfach ungelernten Kräfte ver- dingen sich als Hilfsarbeiter und Tagelöhner, sofern sie überhaupt die Möglichkeit erhalten, ein geregeltes Ein- kommen zu beziehen. Die Hoffnungen, die die Menschen mit der Stadt ver- binden, erfüllen sich nicht für alle. Unkontrolliert, unge- steuert, ungeplant wachsen die Städte in die Landschaft mit den Risiken des Einstürzens, des Verschüttetwer- dens, der ungezügelten Kriminalität. Urbanisierung und Verstädterung waren furchteinflö- ßend, unbeherrschbar und wurden mit dem Niedergang verbunden. Wir sehen das mit unserem Antrag anders und ver- stärken die Aufmerksamkeit auf mögliche Chancen. Diese Hoffnung gibt es, und es gibt gute Beispiele. Un- begleitete Urbanisierung kann den Schrecken annehmen, der sich damit verbindet für die Betroffenen und für die ganze Menschheit durch die ökologischen Wirkungen. Die Chancen, die sich aus der verdichteten Urbanisie- rung ergeben, werden vertan und können nicht genutzt werden. Mit unserem Antrag wollen wir auf die Bedeu- tung der zunehmenden Konzentration für die Mensch- heit eben die Chancen betonen, die sich aus dem richti- gen Management der Urbanisierung ergeben. Lagos ist die bevölkerungsreichste Stadt Afrikas mit 10 Millionen bis 20 Millionen Einwohnern. Patrick Sawyer, liberianisch-amerikanischer Anwalt, bricht im Juli 2014 aus Liberia kommend am Flughafen zusam- men. Fünf Tage später ist er tot. In Hektik gerät die Öf- fentlichkeit erst nach dem Tod der Krankenschwester, die ihn betreute und wenige Tage später ebenfalls starb. Dann wurde festgestellt, dass Patrick Sawyer an Ebola erkrankt war. Für die Ausbreitung des Virus bot Lagos die ideale Umgebung. Die Menschen leben dicht ge- drängt, sanitäre Anlagen fehlen. Aber die Ausgangslage ist anders, auf einen Arzt kommen in Lagos 2 900 Pa- tienten, in Liberia sind es immer noch 86 000. Die Ver- waltungsstrukturen funktionieren, und die 177 mitge- reisten Passagiere werden überwacht, die Katastrophe kann verhindert werden. Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig gute Strukturen in einer Stadt sind. Dieses Beispiel zeigt auch, wie man in einer Stadt dieser Größenordnung mit dem systemati- schen Aufbau von Strukturen innerhalb einer Dekade er- folgreich sein kann. Vor den riesigen Problemen einer unkontrolliert gewachsenen Stadt muss man nicht mehr resignieren. Man kann fragen, wie so etwas erreicht werden kann. Lagos zum Beispiel setzt nicht auf eine zentrale Regie- rung. Es hat Abstand vom Prinzip des Zentralismus ge- nommen und 16 lokale Regierungen gebildet. Offen- sichtlich macht es einen Unterschied, ob man sich in der Nähe der Probleme befindet, für die man zuständig ist, und ob man näher an den Leuten ist, für die man Verant- wortung trägt und die einen ansprechen können. Lagos nicht das einzige Beispiel, wie auf städtischer Ebene einer nationalen Fehlentwicklung die Stirn gebo- ten werden kann. Auch in Medellin, Kolumbiens größter Stadt, gelang die Trendwende. Die Stadt hat ihre weltweit höchste Kriminalitätsrate zurückgeführt (auf ein Zehntel) und den Sustainable Transport Award 2012 gewonnen. Ganz wichtig bleibt, den Städten die entsprechenden Mittel zu verschaffen, mit denen sie ihre Probleme be- wältigen können. Dezentralisierung scheint hier durch größere Subsidiarität ein Baustein zu sein. Die Regierun- gen der Länder geben den Reichtum, der durchaus vor- handen ist, nur ungenügend bis gar nicht weiter. In der Diskussion mit Experten wird immer wieder darauf hingewiesen, dass die Bedeutung mittlerer Städte in diesem Kontext nicht zu unterschätzen ist. Sie zu ent- wickeln für die nach Wohlstand strebenden Menschen, kann die Ballungsräume entlasten und zu einer verbes- serten Administration beitragen. Die Chancen der Urbanisierung in den Blick zu neh- men, darf nicht bedeuten, die Fluchtursachen und die rückständigen Verhältnisse fernab von den Zentren aus dem Blick zu verlieren. Das eine ist nach unserer Auf- fassung zu tun, ohne das andere deshalb zu lassen. Aus der Erfahrung mit den Stadtregierungen ergibt sich, dass sehr viel davon abhängt, wie das Bewusstsein für integrale Stadtentwicklung geschaffen werden kann. Unter dem Druck einzelner Probleme erliegt man oft er Versuchung, punktuell ein Defizit zu beseitigen und dem Übel zu entkommen. Auf Dauer entkommt man dem Übel nur durch die permanente Anstrengung in die Rich- 9410 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 (A) (C) (D)(B) tung eines korruptionsfreien, demokratischen und sozia- len Gemeinwesens. Deutschland kann eine Menge an Erfahrungen beitra- gen. Wir haben uns längst daran gewöhnt, jeden Qua- dratmeter in jedem Dorf regelmäßig zu überplanen. Urbanisierung galt als Fluch, heute sieht man auch die Chancen. Und weil wir dem Prozess ohnehin nicht aus- weichen können, wollen und müssen wir die Chancen nutzen. Das ist der Sinn unseres Antrags. Peter Stein (CDU/CSU): Globale Urbanisierung ist eigentlich ein Megathema, fristet aber eher ein Dasein als „Hidden Champion“, zwischen Millenniums- und Klimazielen, beinahe in einer eher zurückgedrängten öf- fentlichen Wahrnehmung. Das wollen wir ändern! Wir wollen mit diesem Koalitionsantrag zu den Chancen der Urbanisierung nicht nur das Thema in den Fokus rücken, sondern formulieren tatsächlich umfassende Arbeitsauf- träge an verschiedene Adressaten. Es ist ein sehr umfas- sender Antrag. Die Absicht, feste Siedlungen zu errichten, aus denen heraus auch gesellschaftliche, politische Führung gege- ben wird, ist ein besonderes Merkmal einer höheren Zi- vilisation. Früher wie heute eröffnet erst der Siedlungs- bau, die Urbanisierung, zusätzliche gesellschaftliche Potenziale für die Herausforderungen und Entwicklun- gen ihrer jeweiligen Zeit. Heute ist Urbanisierung gleichzeitig auch selber zu einer dieser großen Heraus- forderungen in vielen Regionen der Erde geworden. Ra- santes Städtewachstum ist Ausdruck von Bevölkerungs- wachstum, es entspringt aus Krisenfolgen, aber auch dem Ergreifen persönlicher Chancen aufgrund verbes- serter Bildung. Wirtschaftliches Wachstum und entste- hender Mittelstand ist oft am selben Platz anzutreffen wie hoffnungslose Armut. 2050 werden bis zu 10 Milliarden Menschen auf die- sem Planeten leben. Wenn wir heute 7 Milliarden auf der Erde haben, werden dann 7 Milliarden alleine in Städten leben, 90 Prozent der Verstädterung findet in Entwick- lungs- und Schwellenländern statt. Mehr als die Hälfte davon unter 18 Jahre alt. Dies ist besonders deswegen ein Thema für die EZ. Dieses Thema muss also mit ei- nem viel höheren Gewicht auf die politische Agenda. Mit der nächstes Jahr anstehenden UN-Habitat-III- Konferenz ist dazu ein wichtiger Termin aufgerufen, aus dem heraus eine „Neue Urbane Agenda“ entstehen soll. In diesem Kontext begrüße ich außerordentlich, dass die Bundesregierung derzeit an einem neuen Urbanisie- rungskonzept arbeitet und für den Habitat, aber auch den SDG-Prozess auch europäische Positionen entwickelt werden. Viele internationale Projekte laufen weltweit unter deutscher technischer und finanzieller Begleitung. Un- sere hohe Expertise, was Planer und Ingenieure, Archi- tekten und Entwickler im internationalen Einsatz be- trifft, ist weltweit nachgefragt und willkommen. Als Ingenieur liegt mir dabei besonders eine vorausschau- ende Planung am Herzen. Bauliche Strukturen schreiben über lange Zeiträume hin fest, wie inklusiv, wie wirt- schaftlich erfolgreich, wie energieeffizient und nachhal- tig sich eine Stadt entwickeln wird. Wir in Deutschland arbeiteten mit unseren Instrumen- ten der Raumordnung und Bauleitplanung vorbildlich auf diesem Gebiet. Dieses Wissen muss auch durch ei- nen Rahmen aus GIZ, KfW und den anderen Durchfüh- rungsorganisationen und auch durch das Agieren der Bundesregierung weitergegeben werden. Ich würde mir zum Beispiel auch einen Ausbau unserer SES wünschen. Ich wünsche mir auch mehr Initiativen im Bereich Katasterwesen und Bodenrechtssicherung. Ein Ziel wäre dabei vielleicht sogar eine bei den Vereinten Nationen angesiedelte Einheit, ich nenne sie gerne „Planer mit Blauhelmen“, die quasi als „Peacekeeper, Städten wie Staaten in den kritischen Brennpunkten und diesen Fra- gen grundlegende, neutrale und fachlich hoch fundierte Hilfe leistet. Die deutsche EZ sollte sich meiner Meinung nach auf die Klein- und Mittelstädte konzentrieren. Entscheidend dabei ist nämlich, dass in absoluten Zahlen die meisten Menschen nicht in den Megacitys, sondern zu fast 90 Prozent in den kleineren Zentren leben. Diese können letztlich auch, viel stärker, als es die Riesenstädte tun, dem ländlichen Umfeld zur Versorgung dienen. Be- stimmte Einrichtungen benötigen jedoch immer einen urbanen Rahmen, eine städtische Infrastruktur: Hoch- schulen, Regierung/Verwaltung, Flughäfen, Medizini- sche Zentren usw. Wir sollten daher auch einen dezentra- len Ansatz fördern, der Eigeninitiative von Kommunen und Städten unterstützt, auch im Budgetrecht. Wir wol- len dazu auch besonders kommunale Partnerschaften fördern, die kommunales Know-how in einen Austausch bringen helfen. Wir müssen den Klimawandel durch CO2-Minderung gerade in den Städten bekämpfen und uns gleichzeitig jetzt schon auf seine unvermeidlichen Auswirkungen einstellen. Knapp 80 Prozent des CO2-Ausstoßes, aber auch 80 Prozent der Wirtschaftsleistung finden in unse- ren Stadtregionen statt. 80 Prozent des Bevölkerungswachstums findet in ur- banen Räumen statt, 20 Prozent jedoch weiterhin auf dem Land. Das bedeutet also, dass es auch auf dem Land weiterhin zu Verdichtungen kommt und auch zukünftig kleine urbane Zentren entstehen können, nicht nur in großen Ballungsgebieten. Ich denke, dass wir in Anbetracht der enormen Ge- schwindigkeit, mit der die Urbanisierung voranschreitet, mit allen Auswirkungen auch auf den ländlichen Raum, auf das regionale Wirtschaftswachstum, die Bevölke- rungskontrolle und auf unser Klima, eine höhere Tak- tung der UN-Habitat-Konferenzen brauchen können. Alle 20 Jahre Habitat halte ich unter aktueller Betrach- tung für deutlich zu wenig. Andere urbane Foren haben leider bisher nicht die starke, insbesondere öffentliche und politische Wirkung, die wir dringend benötigen. Der Städtebau spricht in Plänen und Konstruktionen für alle Fachleute weltweit die gleiche Sprache. Europäi- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 9411 (A) (C) (D)(B) sche Erfahrungen, angewendet in Südamerika oder Asien müssen in Afrika nicht falsch sein. Im Gegenteil! Man kann auf diesem Gebiet immer voneinander lernen. Stadtentwicklung, Umweltschutz, soziale Standards und Menschenrechte sind global vergleichbar, ebenso wie die Sehnsüchte und Hoffnungen gerade junger Men- schen auf eine gute Zukunft. Gerade in Afrika entwickelt sich aus einer boomenden Stadtentwicklung ein großer Stolz. Urbanisierung in Afrika ist jedoch bei weitem nicht nur „Hochglanz“, sondern findet meist zu Fuß statt. Es sind meist die Mittellosen, die die Stadtränder, oft in prekären Lagen, mit Armut füllen. Flüchtlinge, die heute zu uns nach Europa kommen, verlassen zuerst ihr Dorf auf der Suche nach Perspektive und später dann die Stadt, in der sie zwischendurch gelandet sind. Das heißt, wir müssen uns auch intensiv um die informellen Sied- lungen, die Slums kümmern und im Besonderen auch um die Flüchtlingslager, die teilweise längst schon von ihrer Dimension und Dauerhaftigkeit her Stadtteile oder Städte sind. Wenn wir hier Fehler machen und nicht aus- reichend reagieren, werden 2050 3 Milliarden Men- schen in diesen prekären Siedlungen leben. Ein Schre- ckensszenario! Funktionierende Städte, die ihren neuen Bewohnern Perspektiven bieten, insbesondere die Klein- und Mittel- städte, sind daher ein wesentlicher Helfer im Anliegen der Bundesregierung, die Fluchtursachen zu bekämpfen. Dazu bietet es sich meines Erachtens an, parallel zu den zehn „Grünen Zentren“ des BMZ modellhaft auch zehn „Urbane Zentren“ zu definieren und diese gezielt durch Programme und, das liegt mir besonders am Herzen, durch kommunale Partnerschaften zu unterstützen. Mit unseren Entscheidungen von heute nehmen wir massiven Einfluss darauf, wie und vor allen Dingen wo die Leute von morgen und übermorgen leben werden; bei uns in Europa und in der Welt. Es ist vorhersehbar, welche Konsequenzen sich daraus für unsere Gesell- schaften und für den Planeten als Ganzen ergeben. Gabriela Heinrich (SPD): Rostige Wellblechdächer, verrotteter Müll, stinkende Fäkalien! Stellen Sie sich vor, Sie leben mit Ihrer Familie in einer winzigen Well- blechhütte, die weder eine Toilette hat noch eine Dusche. Sie verrichten jeden Toilettengang in einer Plastiktüte. Die Plastiktüte schleudern Sie anschließend möglichst weit weg von ihrer Wellblechhütte. Leitungswasser be- kommen Sie nur einmal am Tag für wenige Stunden aus einem Gemeinschaftsanschluss. Das Wasser können Sie aber auch nur abgekocht trinken, weil Sie sonst krank werden. Sollten Sie die Möglichkeit haben zu arbeiten, dann müssen Sie zwei Stunden zu Fuß zur Arbeit lau- fen – und zwei Stunden wieder zurück. Stellen Sie sich vor, Sie leben in einer Gegend, in der Mord die häufigste Todesursache ist. Das alles beschreibt die Lebenswirklichkeit von 1 Milliarde Menschen. So sieht das Leben von Bewoh- nerinnen und Bewohnern von Slums in den Entwick- lungs- und Schwellenländern aus. Wenn wir heute über Urbanisierung reden, dann reden wir auch über die 1 Milliarde Slumbewohner, deren Zahl sich bis zum Jahr 2050 verdreifachen wird. Viele dieser Menschen ziehen in die Stadt, weil sie Arbeit suchen, weil sie ihre Kinder ernähren wollen – und sie kommen mit der Hoffnung auf ein besseres Le- ben. Zusammen mit dem Bevölkerungswachstum führt das dazu, dass die Zahl der Stadtbewohner bis zum Jahr 2050 um 2,5 Milliarden steigen wird. 90 Prozent dieses Wachstums findet in den Entwicklungs- und Schwellen- ländern statt. Allein in Afrika werden künftig 900 Mil- lionen Menschen mehr in Städten leben als heute. Diese Entwicklung führt zu immer mehr sogenannten Mega-Citys wie Kairo, Jakarta und Mexiko-Stadt mit mehr als 10 Millionen Einwohnern. Klein- und Mittel- städte wachsen ebenfalls stark an. Diese wollen wir in den Fokus nehmen; denn die meisten dieser Städte sind überfordert. Sie schaffen es nicht, eine adäquate Infra- struktur für die neuen und alten Stadtbewohner aufzu- bauen. Daneben gibt es viele andere Probleme. In Ägypten sind zum Beispiel lediglich 10 Prozent der Grundstücke überhaupt amtlich beurkundet und registriert. Die weit- verbreitete Unsicherheit über Land- und Eigentums- rechte, über Besitz- und Nutzungsrechte erschwert die Planung. Die Menschen müssen ständig fürchten, von heute auf morgen vertrieben zu werden. Mit unserem Antrag wollen wir eine Grundlage für die Strukturierung, Planung und Gestaltung von Urbani- sierung schaffen. Wir wollen die Bereiche Stadtplanung, Stadtentwicklung und Dezentralisierung in der Entwick- lungspolitik stärken: international im Rahmen der „New Urban Agenda“, die im nächsten Jahr auf der Habitat- III-Konferenz beschlossen werden soll, in der deutschen Entwicklungspolitik unter anderem durch eine stärkere Förderung der Zusammenarbeit deutscher Kommunen mit Kommunen in Entwicklungs- und Schwellenlän- dern. Deutsche Kommunen haben ganz viel Erfahrung, die sie weitergeben können und sollten, auch bei der Per- sonalqualifizierung für Planung, Kataster, Bodenrecht und Statistik und auch bei der Registrierung von Gebur- ten. Man kann keine Schulen und keine Gesundheitsfür- sorge für Kinder planen, wenn man nicht weiß, wie viele es gibt. Die Planung von Städten und Stadtteilen allein kann jedoch die Probleme nicht lösen. Es gibt bereits einige Beispiele für Geisterstädte, zum Beispiel in China, wo Städte ohne Beteiligung der Bevölkerung geplant und er- richtet wurden und wo dann niemand freiwillig leben will. Stadtplanung muss die Bedeutung der Kultur für den Zusammenhalt und die Identifikation mit den Städ- ten berücksichtigen, wenn eine stabile Gemeinschaft mit wachsender Lebensqualität entstehen soll. Stadtplanung muss partizipativ sein. Wir wollen deshalb die Stadtpla- nung stärker mit Good-Governance-Prinzipien verbin- den. Wir setzen uns dafür ein, dass die Zivilgesellschaft einbezogen wird und dass die Gleichberechtigung der Geschlechter, diskriminierungsfreier Zugang zu öffentli- chen Dienstleistungen, Menschenrechte, Kinderrechte sowie Minderheitenrechte berücksichtigt werden. Stadt- 9412 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 (A) (C) (D)(B) entwicklung und Demokratisierung gehören zusammen. In dieser Verbindung liegt eine große Chance. Slumbildung ist nur eine Facette der Urbanisierung. Sie zeigt aber sehr deutlich, was passiert, wenn Urbani- sierung nicht gestaltet wird. Denn wenn eine Wasser- und Abwasserversorgung fehlt, wird die Ausbreitung von Infektionskrankheiten begünstigt. Unhaltbare hygie- nische Bedingungen führen zu einer hohen Mütter- und Kindersterblichkeit. Armut, der Mangel an Perspektiven und das dichte Zusammenleben auf engstem Raum fördern Spannungen, Kriminalität und Gewalt. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass diese Ungleichheit in den Städten zu weiteren Konflikten füh- ren wird. Wenn sich niemand um Sicherheit kümmert, wenn Rechte nicht staatlich geschützt werden, dann zählt nur noch das Recht des Stärkeren. Wenn die Städte heute keine Unterstützung für ihre eigene Entwicklung finden, werden im Jahr 2050 3 Milliarden Menschen ab- gehängt und perspektivlos in Slums leben. An dieser Stelle möchte ich das Thema Flüchtlinge ansprechen. Weit über 50 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Viele sind Binnenflüchtlinge; viele fliehen in ein Nachbarland, wo sie in Zeltstädten oder in Containern untergebracht werden. Diese Camps werden in der Regel als temporäre Lösung gesehen. Die meisten aufnehmenden Länder können gar nicht wollen, dass die Flüchtlinge lange bleiben – zu groß ist die Armut im eigenen Land, zu groß wird der Konkurrenz- druck auch im Hinblick auf die Wasserversorgung. Wenn die Rückkehr aber nicht möglich ist, entwickeln sich Zeltstädte und Flüchtlingslager oft zu festen Sied- lungen, ob man will oder nicht. Wir werden uns diesem Problem stellen müssen. Das größte Flüchtlingslager der Welt, das Lager Dadaab in Kenia, besteht seit über 20 Jahren und beher- bergt etwa 400 000 meist aus Somalia stammende Flüchtlinge. Kinder werden dort geboren; vielleicht ler- nen sie noch Lesen und Schreiben. Aber was werden sie mit ihrem Leben anfangen? Es mangelt an Basisversor- gung und an psychologischer Betreuung für Traumati- sierte. In der Regel gibt es keine Arbeitserlaubnis und kaum eine sinnvolle Beschäftigung. Morde, Gewalt und sexuelle Übergriffe erzeugen in vielen Lagern ein Klima der Angst. Wir wollen deshalb das Thema Flüchtlings- städte in die Initiative „Fluchtursachen bekämpfen“ des BMZ stärker integrieren. Vorausschauende Planung kann uns dabei helfen, die Auswirkungen der Urbanisierung auf den Klimawandel im Rahmen zu halten. Städte sind bereits heute für 70 Prozent des Energieverbrauchs und 70 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Die Ent- wicklung von Energieverbrauch und Umweltverschmut- zung in Städten wird die Weichen dafür stellen, ob wir es schaffen, die globale Erwärmung auf maximal 2 Grad zu beschränken. Wir wollen und müssen daher in der Entwicklungszusammenarbeit auf nachhaltige Ener- gielösungen, erneuerbare Energie und die Steigerung der Energieeffizienz setzen. Auch das Thema Mobilität müssen wir beachten, und zwar nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes. Extrem wichtig ist, die Verknüpfung von städtischem und ländli- chem Raum mitzudenken. Stadt und Land profitieren voneinander, wenn wir sie besser verbinden. In der Stadt belasten Dauerstaus und Verkehrschaos durch zuneh- menden Individualverkehr die wirtschaftliche Entwick- lung. Sie legen die Städte komplett lahm. Manila zum Beispiel verliert 4 Prozent seiner Wirtschaftsleistung durch Staus. Wichtig sind daher die Reduzierung des Individual- verkehrs und der Ausbau des öffentlichen Personennah- verkehrs. ÖPNV in Entwicklungs- und Schwellenlän- dern sichert gesellschaftliche Teilhabe. Er sorgt schlicht dafür, dass die Einwohner zuverlässig zu einem Arbeits- platz oder zur Schule kommen. Öffentlicher Transport trägt zur Smogreduzierung bei und verbessert damit die Lebensqualität. In Bogota, Kolumbien, transportiert ein Schnellbussystem mittlerweile mehr als 2,1 Millionen Menschen pro Tag, auch weil es für die Bevölkerung be- zahlbar ist. Mobilität ist Entwicklung, und wir brauchen vor allem klimafreundliche Mobilität. Die schnell wachsenden Städte sind nicht nur Verur- sacher des Klimawandels, sie sind auch besonders von ihm betroffen; darauf hat der Welt-Risiko-Bericht hinge- wiesen. Naturkatastrophen, Extremwetter, Überschwem- mungen und Dürren verstärken in Entwicklungsländern bestehende Probleme wie Hunger und Armut. Es sind die Wellblechhütten, die weggeschwemmt oder ver- schüttet werden. Deswegen wollen und müssen wir Städte widerstandsfähiger machen. Katastrophenschutz ist hier das Stichwort. Diese Stärkung der Resilienz rettet Menschenleben und mindert die Kosten für den Wieder- aufbau und für die wirtschaftlichen Verluste nach einer Katastrophe. Städte sind die Taktgeber für wirtschaftliche Entwick- lung, Innovation, für gesellschaftlichen Fortschritt und Demokratisierung. Mit unserem Antrag wollen wir die Maßnahmen im Bereich Urbanisierung bündeln und strukturieren. Auf europäischer Ebene fordern wir Urba- nisierungspartnerschaften mit Entwicklungsländern, und wir fordern für die deutsche Entwicklungspolitik ein Urbanisierungskonzept und regelmäßig vorgelegte Ur- banisierungsberichte. Mit unserem Antrag wollen wir dazu beitragen, jetzt die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen. In diesem Sinne freuen wir uns auf die kom- mende Ausschussberatung. Wir hoffen auf eine breite Unterstützung unseres Antrags. Ungeplante Urbanisierung ist ein Entwicklungsrisiko für viele Länder dieser Welt. Geplante Urbanisierung bietet dagegen viele Chancen, das Leben der Menschen wenigstens ein bisschen zu verbessern. Annette Groth (DIE LINKE): Heute leben etwa 3,8 Milliarden Menschen – das sind 54 Prozent der Welt- bevölkerung – in Städten. Im Jahr 2050 werden es etwa 70 Prozent sein. Die OECD rechnet damit, dass bis zum Jahr 2020 allein in China weitere 100 Millionen Men- schen vom Land in die Städte ziehen. Jedes Jahr wachsen die Städte um rund 70 Millionen Menschen, jede Woche also wandern 1,4 Millionen in Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 9413 (A) (C) (D)(B) urbane Zentren. Dort findet jedoch die Mehrzahl der neuen Einwohner statt der erträumten Befreiung von Ar- mut und sozialen Fesseln nur neues Elend. Viele finden keine Arbeit und müssen sich im informellen Sektor über Wasser halten. Dieser informelle Sektor hat sich in vielen Städten inzwischen zu einer „Ökonomie der Mehrheit“ entwickelt, wie es eine Studie von Brot für die Welt bezeichnet. Die neoliberal organisierte Globalisierung hat die Verarmungstendenzen in den städtischen Ballungszen- tren gesteigert. Billigimporte aus der hochsubventionier- ten industrialisierten Landwirtschaft der USA oder der EU verdrängen lokale Bauern von den heimischen Märkten und zwingen sie zur Landflucht. Der Antrag der Regierungsparteien beschreibt treffend die Situation der Urbanisierung, zeigt Probleme auf – aber eine grundlegende Antwort gibt er leider nicht. Die Situation der Menschen in den Städten des globa- len Südens ist mehr als dramatisch: Viele müssen in selbst gebaute und illegale Barackenstädte, Squattersied- lungen und Slums ziehen. In diesen Siedlungen gibt es häufig keine Schulen; der Müll wird nicht abtranspor- tiert. Das verschmutzte Wasser macht die Menschen krank. Gleichzeitig entstehen Ghettos der Reichen, die von privaten Sicherheitsdiensten bewacht werden. Heute leben 1 Milliarde Menschen in informellen Siedlungsstrukturen. Es sind vor allem junge Leute, die den ländlichen Raum verlassen, da sie dort keine Le- bensperspektive mehr sehen. Dem ländlichen Raum geht dadurch die gesellschaftlich und wirtschaftlich aktivste Bevölkerungsgruppe verloren. Klima- und Umweltpolitik müssen sich genau wie Entwicklungs-, Wirtschafts- und Verkehrspolitik diesen neuen Herausforderungen stellen und eine Antwort auf die sich dramatisch verschlechternde Situation der Be- völkerung in den Städten geben. In den Städten mangelt es zunehmend an sauberem Wasser, sauberer Luft, Schutz vor Lärm und Giften, ge- sunden Lebensmitteln oder menschenwürdigem Wohn- raum. Die bisherige Entwicklung in den Städten kann so nicht weiter fortgesetzt werden. Neben sauberer Luft brauchen Menschen sauberes Wasser zum Überleben. Mehr als 700 Millionen Men- schen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Spätestens im Jahr 2030 wird die Nachfrage nach saube- rem Süßwasser das Angebot um etwa 40 Prozent über- steigen. In Brasilien sitzen aufgrund des Klimawandels, der Folgen der Abholzungen im Amazonas und des un- gebremsten Wasserverbrauchs Städte wie Sao Paulo und Rio de Janeiro fast auf dem Trockenen. In den Vorstäd- ten Sao Paulos ist das Wasser bereits rationiert. Marode Wasserrohre, verschmutzte Flüsse und extreme Trocken- heit tragen dazu bei, dass hier wegen des zunehmenden Kampfes um sauberes und bezahlbares Trinkwasser eine explosive Mischung entsteht. Im Pentagon-Klima-Re- port vom Oktober 2014 wird der Klimawandel als „Be- drohungsmultiplikator“ bezeichnet, der das Potenzial hat, „bestehende Probleme noch zu verschärfen“. Die Förderung des Ausbaus der Trinkwasser- und Abwasser- netze und der Sanierung von Abwasserreinigungsanla- gen sollte daher eine zentrale Aufgabe in der Entwick- lungszusammenarbeit sein. Es sollte uns sehr zu denken geben, dass der Bürger- meister von Beijing vor einiger Zeit sagte, dass die gro- ßen chinesischen Städte aufgrund der Luftverschmut- zung eigentlich nicht mehr bewohnbar seien. Statt weiterhin auf den Export von Autos zu setzen, sollte die deutsche Politik endlich den öffentlichen Nahverkehr fördern. Die Linke fordert, Basisinitiativen und Selbstorgani- sationskräfte zu unterstützen und zu einer Demokratisie- rung der Entscheidungen zu kommen. Entwicklungszu- sammenarbeit muss dazu beitragen, dass die Betroffenen über die Entwicklungen „ihrer Städte“ mitbestimmen können. Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die zunehmende Urbanisierung stellt viele Länder vor viel- fältige Herausforderungen. Seit langem wissen wir, dass es im globalen und damit auch in unserem Interesse liegt, diese Herausforderungen gut zu meistern. Leider müssen wir aber oftmals feststellen, dass die dringend notwendige positive Gestaltung des Lebensraums Stadt nicht engagiert genug angegangen wird – zum Teil aus Ignoranz, zum Teil aus Überforderung. Natürlich: Der fi- nanzielle, planerische und organisatorische Aufwand ist gigantisch. Allerdings gilt auch: Die heute bestehende Ignoranz gegenüber den deutlich sichtbaren Aufgaben wird die sozialen und ökologischen Probleme drama- tisch verschlechtern – wie gesagt: mit regionalen, aber auch globalen Folgen. Ihr Antrag beschreibt den Lebensraum Stadt als den Ort der „Innovation, der wirtschaftlichen Leistungs- fähigkeit und des Wandels“. Diese Aussage ist isoliert betrachtet natürlich nicht falsch, trotzdem ist sie nicht problemlos. Der Antrag versäumt es, diese Aussage in Relation zum Lebensraum Land zu stellen. Auch das Land unterliegt dem Wandel; der kann auch innovativ sein. Deshalb bietet der ländliche Raum stets das Poten- zial, die Problementstehung im städtischen Bereich zu- mindest teilweise zu kompensieren. Dieser wichtige An- satz wird im Antrag vergessen. Urbanisierung muss auch immer die Frage klären, welche Prozesse notwendig sind, die Bedürfnisse der Menschen unterschiedlicher Wohn- und Arbeitsräume zu berücksichtigen. Zukünftig muss es verstärkt darum gehen, die betroffenen Menschen in Veränderungspro- zesse einzubinden. Immer muss dabei das Ziel dominie- ren, die Entwicklung inklusiv zu gestalten. Diese Erkenntnisse sind nicht besonders neu. Aber was nützen Erkenntnisse, wenn sie nicht umgesetzt wer- den? Eine große Chance, auf diesem Gebiet besser zu werden, bietet das Gipfeljahr. Wir wünschen uns alle weitreichende, positive Ergebnisse in New York und Pa- ris, die dann hoffentlich in die UN-Konferenz Habitat III 2016 einfließen werden. Eine besondere Bedeutung wird die Finanzierungskonferenz in Addis im Juli erhalten. Ohne substanzielle Finanzierung wird es gar nicht erst 9414 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 (A) (C) (D)(B) zu ambitionierten Vorhaben, die auch im Punkt 11 der SDGs formuliert sind, kommen. Es wird sich zeigen, ob wir der viel diskutierten ge- meinsamen, aber differenzierten Verantwortung gerecht werden. Da wäre es schon sehr schön gewesen, wenn Ihr Antrag genau dazu auch etwas sagen würde. Finanzie- rung ist nun einmal keine Petitesse. Ihr Antrag greift auch das Thema der Slums auf. Es ist ja nicht falsch, was da steht; allerdings ist er diesbe- züglich nicht zielführend. Sie greifen daneben, wenn Sie „informelle Ansiedlungen“ – Slums – auf Orte hoher Kriminalität, Krankheit, Bildungsferne reduzieren. In- formelle Siedlungen entstehen vor allem aus Mangel an integriertem und strukturiertem Wohnraum. Wohnraum, der durch private und staatliche Träger geschaffen wer- den müsste. Menschen flüchten, warum auch immer, in Slums. Sie sind also zunächst Flüchtlinge, die Men- schenrechte haben wie wir auch. Eine solche Beschrei- bung zeigt per se ganz andere Verantwortungszusam- menhänge, aber auch Lösungsansätze auf. Es müssen Wege gefunden werden, wie die Bewohner informeller Siedlungen verbindliche Eigentums- oder Nutzungs- rechte erlangen können; denn nur, wenn sich die Men- schen sicher sein können, dass sie dort eine Zukunft ha- ben, werden sie bereit sein, selbst zur Verbesserung ihres Lebensraumes beizutragen. Ihr Antrag enthält einige Schwachstellen, allerdings auch viele Forderungen, die wir unterstützen. Insbeson- dere ist zu begrüßen, dass der Antrag auf weitere VN- Prozesse wie Habitat III positiv Bezug nimmt. Sehr posi- tiv ist aber auch, dass Sie mit Ihrem Antrag das Thema auf die Tagesordnung gesetzt haben. Wir freuen uns so sehr darüber, dass wir dem Antrag trotz einiger Schwä- chen zustimmen werden. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Nationales Reform- programm 2015 – Wirtschaftspolitische Steue- rung in der EU ernst nehmen und Investitionen stärken (Tagesordnungspunkt 25) Dr. Matthias Heider (CDU/CSU): Erstens zur Ver- bindung der Währungspolitik zur Fiskal-(Haushalts-) und Wirtschaftspolitik: In Europa haben wir in den letz- ten Jahren unter der Eurokrise zu leiden gehabt. Als Re- aktion auf diese Krise wurden viele Maßnahmen auf na- tionaler und europäischer Ebene unternommen. Hier sind zu nennen: die Haushaltskonsolidierungen und Strukturreformen, gerade in den ESM-Programmstaaten; die geldpolitischen Krisenmaßnahmen; die Stärkung des Bankensystems; die Rettungsschirme gegen die Krise (EFSF und ESM) und schließlich unser heutiges Thema: die engere wirtschaftspolitische Abstimmung in der Währungsunion. Dazu zählt neben der Stärkung des „Stabilitäts- und Wachstumspaktes“ und dem „Fiskal- pakt“ auch das „Europäische Semester“. Zweitens zur Funktion der NRP im Rahmen des Eu- ropäischen Semesters: Das Europäische Semester wurde 2010 im Rahmen der Europa-2020-Strategie als Instru- ment der wirtschafts-, finanz- und beschäftigungspoliti- schen Koordinierung eingeführt. Ich möchte kurz den Ablauf darstellen: Die Mitgliedstaaten übersenden der EU-Kommission im Vorfeld ihrer nationalen Haushalts- verfahren ihre Haushaltsentwürfe, die Stabilitäts- bzw. Konvergenzprogramme und eben die Reformpro- gramme. Unter Berücksichtigung der spezifischen sozia- len und ökonomischen Herausforderungen erstellt die Kommission auf dieser Grundlage dann individuelle Handlungsempfehlungen und politische Leitlinien für die einzelnen Mitgliedstaaten. Die Nationalen Reform- programme dokumentieren wiederum die Fortschritte bei der Umsetzung der Europa-2020-Strategie und be- richten insbesondere über die Maßnahmen, mit denen die Regierungen die länderspezifischen Empfehlungen des Rates der Europäischen Union umsetzen. Drittens. Bei dem Instrument des Europäischen Se- mesters ist zu bedenken, dass Europa, seine Mitglied- staaten und der Binnenmarkt sehr unterschiedlich sind. Manche Länder weisen einen Leistungsbilanzüberschuss auf, einige ein Defizit, daher brauchen sie alle eine spe- zielle Betrachtung. Die Grundzüge der gemeinsamen Wirtschaftspolitik, so wie im Vertrag von Maastricht ge- nannt, bleiben aber gleich und sollten weiterhin unsere verbindenden Komponenten sein: ein dauerhaftes, nicht inflationäres Wachstum, die Konvergenz der Wirt- schaftsleistungen, ein hohes Beschäftigungsniveau und die Förderung des wirtschaftlichen Zusammenhalts und der Solidarität. Viertens. Blicken wir auf unsere deutsche Wirtschaft. Zunächst lässt sich festhalten: Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland ist gut! Die deutsche Wirt- schaft expandiert: Das BIP hat nach schwacher Entwick- lung in den Vorjahren (0,1 bzw. 0,4 Prozent) 2014 um 1,6 Prozent zugenommen; 2015 soll es um circa 1,5 Pro- zent wachsen. Damit liegt das Wirtschaftswachstum in Deutschland zum sechsten Mal in Folge über dem Durchschnitt des Euroraums. Der Beschäftigungsaufbau erreicht dieses Jahr einen Rekordwert mit einem Zu- wachs von 170 000 Erwerbstätigen; die positive Lohn- und Beschäftigungsentwicklung erhöht die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte um 2,7 Prozent. Das außenwirtschaftliche Umfeld ist aufgrund geopolitischer Spannungen und der Eurokrise schwierig, aber eine langsame Beschleunigung der Weltwirtschaft und des Welthandels ist – auch aufgrund des gesunkenen Ölprei- ses – zu erwarten. Dadurch erhöht sich Investitionsbe- reitschaft in der exportorientierten deutschen Wirtschaft. Außerdem erhöhen die robuste binnenwirtschaftliche Entwicklung und die zunehmenden Exporte die Nach- frage nach Importen. Da Unternehmen aufgrund gesun- kener Rohölpreise von Kosten entlastet werden, verbes- sern sich ihre Gewinne. Fünftens. Aber natürlich gibt es auch Verbesserungs- potenzial. Das hat uns die EU-Kommission in ihren Empfehlungen aufgezeigt. Das deutsche Nationale Re- formprogramm wiederum demonstriert, dass die Bun- desregierung die ausgesprochenen Empfehlungen sehr Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 9415 (A) (C) (D)(B) ernst nimmt und sich an vielen Stellen darum bemüht hat, den aufgezeigten Fehlentwicklungen entgegenzu- wirken. Kommen wir zu einigen Empfehlungen im Speziel- len: Eine Empfehlung lautete, Deutschland solle „eine wachstumsfreundliche Finanzpolitik betreiben und eine solide Haushaltsposition beibehalten, die sicherstellt, dass das mittelfristige Haushaltsziel während des gesam- ten Stabilitätsprogrammzeitraums weiterhin eingehalten wird.“ Dazu möchte ich auf einen großen Erfolg der Union und damit auch der Großen Koalition eingehen: Wir haben schon 2014, also ein Jahr früher als geplant, die schwarze Null erreicht. Es ist der erste Haushalt seit 1969, der ohne Neuverschuldung auskommt! Doch will ich nicht nur die Erfolge nennen, sondern mich natürlich auch mit einem der Kernpunkte der Emp- fehlungen befassen. Die EU-Kommission hat Deutsch- land aufgegeben, „Spielraum für mehr und effizientere öffentliche Investitionen“ zu schaffen. Die EU-Kommis- sion hat uns einen Leistungsbilanzüberschuss attestiert, der hauptsächlich auf zu wenige Inlandsinvestitionen zu- rückzuführen ist. Fakt ist: Sowohl öffentliche als auch private Investitionen wurden in den letzten Jahren nur unzureichend vorgenommen; daher muss hier etwas ge- tan werden! Das hat die Bundesregierung auch erkannt. Sie hat die Förderung von Investitionen zu einem der wichtigsten Ziele für diese Legislaturperiode erklärt und eine Investitionsoffensive gestartet. Um öffentliche Investitionsausgaben zu erhöhen, setzt die Bundesregierung im Rahmen dieser Offensive auf wichtige Impulse bei der Verkehrs- und Breitbandin- frastruktur und im Bereich Bildung und Forschung: Bis 2017 hat sie 5 Milliarden Euro zusätzlich für die Ver- kehrs- und digitale Infrastruktur bereitgestellt. Für Bil- dung und Forschung werden in dieser Legislaturperiode insgesamt 9 Milliarden Euro zusätzlich für Investitionen zur Verfügung stehen; 6 Milliarden Euro davon sind zur Entlastung von Ländern und Gemeinden vorgesehen. Von 2016 bis 2018 will die Bundesregierung erneut zu- sätzliche Mittel in Höhe von insgesamt 10 Milliarden Euro für öffentliche Investitionen bereitstellen. Insbesondere die Kommunen sollen zu mehr Investi- tionen animiert werden. Daher stellt der Bund den Kom- munen im Jahr 2017 zusätzliche 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung; außerdem will er dieses Jahr ein Sonderver- mögen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro errichten, des- sen Mittel der Förderung von Investitionen in finanz- schwachen Gemeinden und Gemeindeverbänden bis 2018 zugutekommen sollen. Das hilft, die Schere zwi- schen finanzstarken und -schwächeren Kommunen zu schließen. Diese Investitionsinitiative ist ein Schritt in die richtige Richtung; die dadurch realisierbaren öffent- lichen Investitionen bilden eine wichtige Voraussetzung für private Investitionen. Eine weitere Empfehlung der EU-Kommission lau- tete, „zusätzliche Anstrengungen zu unternehmen, um die Kosteneffizienz der öffentlichen Ausgaben für Ge- sundheitswesen und Pflege zu steigern.“ Auch in diesem Bereich haben wir schon vieles auf den Weg gebracht: Im zum 1. Januar 2015 in Kraft getretenen Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung werden die Fi- nanzierungsgrundlagen der GKV nachhaltig ausgestal- tet; der allgemeine Beitragssatz wurde von 15,5 Prozent auf 14,6 Prozent gesenkt. In der Pflege kann die Kosten- effizienz der Ausgaben insbesondere durch die Stärkung der ambulanten Versorgung von Pflegebedürftigen ein- gehalten werden; im Ersten Pflegestärkungsgesetz, das am 1. Januar 2015 in Kraft getreten ist, haben wir daher einen Schwerpunkt auf die Unterstützung der häuslichen Pflege gelegt. Schließlich möchte ich auf den Bereich Wettbewerb eingehen. Hier hatte die EU-Kommission empfohlen, den „Wettbewerb im Dienstleistungssektor weiter zu be- leben.“ Ich als zuständiger Berichterstatter für Wettbe- werbsrecht kann diese Aussage zunächst unterstützen: Wettbewerb ist als eines der Kernelemente unserer so- zialen Marktwirtschaft notwendig und sinnvoll! Jedoch schließe ich mich der Bundesregierung in ihrer Auffas- sung an, dass es weiterhin möglich sein muss, gerecht- fertigte und verhältnismäßige Regulierungen im Dienst- leistungssektor zu erhalten. Es muss beispielsweise erlaubt sein, Regulierungen aufrecht zu erhalten, die die Qualität einer Dienstleistung sichern oder die Unabhän- gigkeit der Berufsausübung wahren. Wir haben in Deutschland 152 reglementierte Berufe, zu denen nicht nur die freien Berufe wie Anwälte oder Wirtschaftsprü- fer, sondern auch handwerkliche Berufe gehören. Die Regulierungen in diesen Bereichen sind wichtig. Die Transparenzinitiative der EU-Kommission hat sich zum Ziel gesetzt, die nationalen Berufsrechte zu überprüfen. In diesem Rahmen prüft die Bundesregierung, ob die geltenden Regulierungen in Deutschland ihren Zweck erfüllen, ob sie unbeabsichtigte Nebeneffekte erzeugen und ob es andere, weniger belastende Wege gibt, die ge- wünschten Resultate zu erreichen. Auch im Einzelhandel muss Wettbewerb gewährleis- tet sein. Die Empfehlungen fordern hier, „die Anstren- gungen zur Beseitigung ungerechtfertigter Planungsvor- schriften, die Markteintritte im Einzelhandel behindern, zu verstärken.“ Der Länderbericht der EU-Kommission für 2015 attestiert uns einen insgesamt gut funktionie- renden Einzelhandelssektor. Nur könnten Planungsvor- schriften in einigen Bundesländern zu Marktzutrittsbar- rieren führen. Solche Planungsvorschriften werden aufgrund des Strukturwandels im Einzelhandel beschlos- sen. Der stationäre Einzelhandel befindet sich aufgrund des zunehmenden Onlinehandels und der demografi- schen Veränderungen in einem Umbruch. Diesen Wan- del müssen wir ganzheitlich begleiten. Ich begrüße es daher, dass das Wirtschaftsministerium im Rahmen der „Dialogplattform Einzelhandel“ Lösungswege erarbei- ten möchte. Sechstens: zum Ergebnis. So liebe Grünen, nun zum Schluss zu eurem Antrag. Wie ihr gesehen habt, sind wir uns der Probleme, die die EU-Kommission Deutschland aufgezeigt hat, bewusst. Die Bundesregierung arbeitet an Lösungsmöglichkeiten. Daher lehne ich euren Antrag ab. Ich habe aber einige Kalauer in eurem Antrag gefun- den, die ich uns heute nicht vorenthalten möchte. 9416 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 (A) (C) (D)(B) Der erste lautet – ich zitiere von Seite 2 –: „Das Na- tionale Reformprogramm darf keine Aufzählung von oh- nehin schon geplanten Maßnahmen aus dem Regie- rungsprogramm sein. Das Regierungshandeln muss stattdessen mit dem Nationalen Reformprogramm an die länderspezifischen Empfehlungen der Kommission an- gepasst werden.“ Dazu möchte ich darauf hinweisen, dass die EU kein Bundesstaat, sondern ein Staatenbund ist. Wir befolgen die europarechtlichen Gebote der Ef- fektivität und der Subsidiarität. Das Europarecht inte- grieren wir in unsere Politik – nicht andersherum. Das zweite Zitat findet man auf Seite 3 des Antrags: „Nachdem die EU-Kommission die länderspezifischen Empfehlungen vorgeschlagen hat, sollte im Plenum in Anwesenheit und mit Rederecht eines EU-Kommissi- onsvertreters bzw. einer EU-Kommissionsvertreterin über die Ausgestaltung der länderspezifischen Empfeh- lungen für Deutschland debattiert werden.“ Auch wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion fordern eine offenere politische Debatte zwischen Rat und Kommission durch eine noch engere Abstimmung mit dem Deutschen Bun- destag. Doch die Forderung nach einem Rederecht von Kommissionbeamten im Plenum geht eindeutig zu weit! Abschließend möchte ich festhalten, dass unsere Poli- tik sich immer an den Erwartungen der Bürger messen lassen muss. Die Bürger erwarten von uns einen ausge- glichenen wirtschaftlichen Kurs, der ihnen nicht zu viele Belastungen auferlegt. Ich denke, diese Erwartungen er- füllen wir mit der aktuellen Politik. Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU): Bündnis 90/Die Grünen stellen wieder einmal einen Antrag zum Natio- nalen Reformprogramm. Was letztes Jahr noch „Natio- nales Reformprogramm 2014 – wirtschaftspolitische Steuerung in der EU ernst nehmen und Investitionen stärken“ hieß, wird dieses Jahr einfach „Wirtschaftspoli- tische Koordinierung in der EU ernst nehmen und Inves- titionen stärken“ genannt, und damit ist auch das Span- nendste bereits vorweggenommen. Ihr Antrag wird weder neuer noch besser, je häufiger Sie ihn stellen. Man könnte fast meinen, es gibt bei den Grünen Fleißkarten für die Anzahl gestellter Anträge. Ich kann nur wieder- holen: Wir nutzen das Reformprogramm, um die deut- sche Wirtschaft voranzubringen! Unsere Außenhandelsüberschüsse sind ein Zeichen der hohen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirt- schaft; Sie kritisieren dies. Deutsche Unternehmen, da- runter zahlreiche kleine und mittelständische Unterneh- men, sind in vielen Bereichen Weltmarktführer. Hier muss noch einmal klar betont werden, dass die Kommis- sion für Deutschland eben gerade keine „zukunfts- und stabilitätsgefährdenden“ Ungleichgewichte festgestellt hat. Es handelt sich laut Kommission zwar um Ungleich- gewichte, aber um keine exzessiven Ungleichgewichte. Im Übrigen wäre es wohl besser, die Maastricht-Krite- rien strenger zu überprüfen, als sich auf außenwirtschaft- liche Ungleichgewichte zu fokussieren. Von der deutschen Wettbewerbsfähigkeit profitieren die gesamten EU-Länder: 58 Prozent aller deutschen Im- porte stammen aus anderen EU-Mitgliedstaaten! Das schafft Beschäftigung und Wohlstand nicht nur bei uns, sondern auch in den anderen EU-Ländern. Es lässt sich überdies feststellen, dass der Anteil der deutschen Exporte an Länder außerhalb der Euro-Zone zunehmend wächst. So beträgt der Anteil der Handels- überschüsse außerhalb der Euro-Zone 156 Milliarden Euro – also 72 Prozent. Beispielsweise stiegen die Ex- porte nach Amerika um 4 Prozent auf 135,5 Milliarden Euro, während die Importe sogar fielen. Es schadet also nicht, auch hier eine europäische Perspektive einzuneh- men. Die Euro-Zone als Ganzes betrachtet konnte sogar einen Handelsbilanzüberschuss erzielen. Es ist offensichtlich, dass die EZB-Politik zur Erhö- hung des deutschen Außenhandelsüberschusses beige- tragen hat. Der Euro verlor durch die EZB-Zinspolitik im letzten Jahr über 10 Prozent seines Wertes, das stei- gert natürlich auch gerade die Preisattraktivität deutscher Waren im Ausland. Wenn jetzt die EZB den hohen Au- ßenhandelsüberschuss Deutschlands, wie gestern erfolgt, kritisiert, dann ist das doch im Umkehrschluss eine Kri- tik an der eigenen Politik. Das Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage betont im Übrigen ausdrücklich, dass keine Maßnahmen ergrif- fen werden sollten, die allein darauf abzielen, den deut- schen Leistungsbilanzüberschuss zu reduzieren. Viel- leicht lesen Sie das auch mal. Sie bemängeln in Ihrem Antrag die zu geringe Bin- nennachfrage. Wir hatten 2014 einen Bruttolohnzuwachs von 3,2 Prozent und einen Reallohnzuwachs von 1,6 Prozent, die größte Zunahme seit 2010. Die Zahl der Beschäftigten steigt in 2015 voraussichtlich um 170 000. Damit stehen wir vor einem erneuten Beschäftigungsre- kord. 2015 werden 42,8 Millionen Menschen erwerbstä- tig sein – so viele wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Mehr als 3,5 Millionen Menschen ha- ben seit 2005 eine sozialversicherungspflichtige Arbeit aufgenommen. Auf diese Entwicklung können wir stolz sein. Deutschland hat im Hinblick auf die Europa-2020- Ziele in den Bereichen Beschäftigung, Bildung und Ar- mut alle Zielwerte übererfüllt. So lag die Erwerbstäti- genquote für die 20- bis 64-Jährigen mit 78,1 Prozent 2014 deutlich über der Zielmarke von 75 Prozent. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist zwischen 2008 und 2012 um rund 40 Prozent gesunken. Besonders stark stieg der Anteil der Beschäftigung von ausländischen Mitbürgern. Diese trugen im letzten Jahr zu annähernd 40 Prozent des Beschäftigungswachstums bei – im Übri- gen ganz ohne Einwanderungsgesetz. Für dieses Job- wunder brauchen wir auch weiterhin einen flexiblen und aufnahmefähigen Arbeitsmarkt. Trotz der hohen Flexibi- lität unseres Arbeitsmarktes stieg das Vertrauen in die Jobsicherheit auf ein Rekordniveau. 91 Prozent halten ihren Arbeitsplatz für sicher. Flexibilität und Vertrauen müssen also kein Gegensatz sein. Professor Feld, Leiter des Walter-Eucken-Instituts an der Uni Freiburg wähnt Deutschland so nah am magischen Viereck aus hoher Beschäftigung, angemessenem Wirtschaftswachstum, sta- bilem Preisniveau und außenwirtschaftlichem Gleichge- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 9417 (A) (C) (D)(B) wicht wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepu- blik. Sie bemängeln die hohe Belastung geringer Einkom- men mit Steuern und Sozialabgaben in Ihrem Antrag. Wir haben die Rentenbeiträge gesenkt. Wenn wir Sie zu- sätzlich beim Abbau der kalten Progression auf unserer Seite haben, dann umso besser. Sie bemängeln, dass Deutschland beim EU-2020-Ziel bei der Quote der Hoch- schulabsolventen „hinterherhinke“, so wörtlich. Man sieht hier einmal mehr, wo Sie Ihre Prioritäten setzen. Wir wissen, was wir an der beruflichen Bildung haben. Eine solide Fachkräftebasis ist die Grundlage für Wachstum und Investitionen. Auch die OECD, die Deutschland lange wegen der im Vergleich niedrigen Akademikerrate kritisiert hatte, erkennt dies mittlerweile an. Nur Sie nicht! Sie fordern einen Ausbau der Kinderbetreuung. Das machen wir bereits. Wir investieren 6 Milliarden Euro in die Bildung und Betreuung. Wir wollen Wahlfreiheit für die Eltern – Sie wollen Bevormundung. Ich möchte betonen, dass wir die Belebung der priva- ten und öffentlichen Investitionen für Deutschland zu ei- nem Schwerpunkt dieser Legislaturperiode erklärt ha- ben. Erste umfangreiche Maßnahmen sind durch die Umsetzung des Koalitionsvertrags bereits auf den Weg gebracht: Wir investieren insgesamt 20 Milliarden Euro. Das zusätzliche Investitionsprogramm der Bundesregie- rung umfasst im Zeitraum 2016 bis 2018 weitere zusätz- liche Mittel für öffentliche Investitionen in Höhe von 10 Milliarden Euro. Hiervon gehen 4,35 Milliarden Euro in den Ausbau der Infrastruktur, in Bundesfernstraßen und Schienenwege. Ein Schwerpunkt wird auch auf den Breitbandausbau gelegt. Wir investieren also nicht nur in die von Ihnen geforderten Fahrradautobahnen. Wir schaffen eine flächendeckende Grundversorgung mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde in ganz Deutsch- land. Aber auch in Energieeffizienz und CO2-Minimie- rung wird investiert, nämlich insgesamt 2,1 Milliarden Euro. Diese zusätzlichen Investitionen werden ohne neue Schulden geleistet. Wir setzen die Sanierung der öffentlichen Haushalte konsequent fort. Wenn Sie jetzt glauben, dieses Investitionsprogramm sei wegen Ihnen und Ihren Anfragen entstanden, dann ist das in etwa so, wie wenn der Hahn morgens meint, die Sonne ginge we- gen seinem Krähen auf. Nun ist es so, dass von den jährlichen Investitionen in Deutschland in Höhe von circa 460 Milliarden Euro le- diglich 9 Prozent auf den öffentlichen Sektor fallen. Von diesen 9 Prozent investieren die Kommunen über die Hälfte. Wir entlasten die Kommunen auch deshalb jähr- lich um 5 Milliarden Euro. Über 90 Prozent der Investi- tionen werden vom privaten Sektor geleistet. Wir brau- chen also Konzepte, wie privates Kapital mobilisiert werden kann. Die Gründung einer privaten „Verkehrsin- frastrukturgesellschaft“ ist ein Vorschlag, der aus der Ex- pertenkommission des Wirtschaftsministeriums bereits an die Öffentlichkeit gedrungen ist. Wir brauchen aber vor allem ein weiterhin investi- tionsfreundliches Klima, eine wachstumsfreundliche Wirtschaftspolitik, beispielsweise auch dadurch, dass wir die Steuern für Unternehmen nicht erhöhen. Deshalb ist es uns wichtig, eine mittelstands- und unternehmens- freundliche Regelung für die anstehende Änderung bei der Erbschaftsteuer zu erreichen, für Arbeitsplätze und Investitionen. Wir sollten das europäische Semester auch dazu nutzen, Steuerflucht und Steuervermeidung auf euro- päischer Ebene einzudämmen. Dazu ist eine bessere internationale Abstimmung national geprägter Steuer- rechtssysteme und deren Behörden notwendig. Wir le- gen also die Grundlagen für eine weiterhin positive Ent- wicklung und schaffen Stabilität für Investitionen. Wir brauchen sicher eine noch bessere Koordinierung der eu- ropäischen Wirtschaftspolitik. Das europäische Semester kann ganz wesentlich dazu beitragen. Die Koalitions- fraktionen haben hierzu einen entsprechenden Antrag auf den Weg gebracht. Ihr Antrag würde die deutsche Wirtschaft jedoch nicht stärken, sondern schwächen. Deshalb lehnen wir ihn ab. Christian Petry (SPD): Heute diskutieren wir einen Antrag der Grünen zum Europäischen Semester. Bevor ich auf die Forderungen, die im Antrag formuliert sind, eingehe, möchte ich einige grundsätzliche Worte zum Europäischen Semester sagen. Der Vertrag von Maastricht ist dabei ein Schlüsselmo- ment: Hier wurde der Grundstein für eine gemeinsame Währung gelegt. Damit einhergehend wurde mit der Ko- ordinierung und Überwachung der nationalen Finanzpo- litiken in der EU begonnen. Hier wurde jahrelang ein Schwerpunkt auf die Haus- haltsdefizite und die nationalen Schuldenstände gelegt. Diese einseitige Betrachtung wurde Stück für Stück um eine wirtschaftspolitische Koordinierung ergänzt. Das Herzstück dieser Koordinierung bildet seit 2010 das Europäische Semester. Im Rahmen der nationalen Haushaltsplanungen übermitteln die EU-Mitgliedstaa- ten der Kommission ihre Haushaltspläne zur Überprü- fung. Hieraus leitet die Kommission individuelle Hand- lungsempfehlungen und politische Leitlinien ab. Das war vor fünf Jahren ein absolutes Novum in der Ge- schichte der europäischen Integration. Zu diesem Verfahren haben wir in der heutigen De- batte schon viel gehört. Dabei waren auch kritische Stimmen zu hören, die ich in Teilen gut nachvollziehen kann. Dennoch: das Europäische Semester ist grundsätzlich gut dafür geeignet, die Wirtschaftspolitiken der EU-Mit- gliedstaaten besser miteinander abzustimmen. Im Detail gibt es hier natürlich noch Verbesserungsbedarf. Ich denke etwa an eine grundsätzliche Straffung des Verfah- rens und mehr Transparenz. Klar ist auch: In den letzten Jahren hat die Kommis- sion zu einseitig auf makroökonomische Verschuldungs- stände geschaut. Ich bin froh, dass sich dies mit der neuen Kommission unter Jean-Claude Juncker geändert hat. 9418 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 (A) (C) (D)(B) Wir Sozialdemokraten haben in diesem Zusammen- hang immer darauf gedrungen, dass eine nachhaltige Haushaltskonsolidierung nur dann funktionieren kann, wenn nötige Investitionen dadurch nicht verhindert wer- den. Beides sind notwendige Elemente einer wachstums- orientierten Wirtschaftspolitik. Dies ist ja auch ein zentraler Punkt im Antrag der Grünen, über den wir heute sprechen. Ich will Ihnen sa- gen, dass ich mit vielen Ihrer Forderungen einverstanden bin. Sie sprechen die Schwachstellen im Europäischen Semester treffend an und fordern dann eine Investitions- offensive für Deutschland. Über konkrete Zahlen lässt es sich da bekanntlich ausgiebig streiten. Ich möchte Ihnen allerdings an drei ganz konkreten Punkten zeigen, dass in den letzten Mo- naten auf der Investitionsseite sowohl in Europa als auch in Deutschland viel passiert ist: Erstens. Die Kommission will die bestehende Flexibi- lität bei der Anwendung des Stabilitäts- und Wachstums- paktes verstärkt nutzen. So sollen nötige Investitionen und Teile der Kosten für Strukturreformen nicht bei den nationalen Verschuldungsgrenzen angerechnet werden. Das ist absolut richtig! Schließlich befinden sich viele Mitgliedstaaten in einem Umfeld aus hoher Arbeitslosig- keit und schwacher Konjunktur. Wir alle hier im Saal wissen, dass Deutschland da die glückliche Ausnahme bildet. Zweitens. Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Ein- richtung eines Europäischen Fonds für strategische In- vestitionen. Über den so genannten EFSI haben wir schon viel diskutiert – insbesondere im Europaaus- schuss. Und auch wenn es bei den Detailfragen mit Si- cherheit noch offene Punkte gibt, so darf die Debatte um den EFSI doch eines nicht überschatten: die grundsätzli- che Abkehr der Kommission von einer einseitigen, neo- liberalen Sparpolitik. Ich finde, dass dies nicht oft genug betont werden kann. Ich freue mich, dass dieser Verhandlungserfolg unse- rer europäischen Sozialdemokraten in allen Fraktionen im Deutschen Bundestag positiv aufgenommen wurde. An dieser Stelle möchte ich dann auch den Appell an uns alle richten: lassen Sie uns den EFSI nicht im Klein- Klein des Parlamentsalltags zerreden. Wir brauchen – gerade auch aus dem deutschen Parlament – ein positi- ves Signal an unsere europäischen Nachbarn. Drittens. In meinem letzten Punkt möchte ich noch die nationale Ebene bei den Investitionen ansprechen. Hier hat die SPD ein umfangreiches Entlastungs- und In- vestitionspaket für finanzschwache Kommunen durch- gesetzt. Zusätzlich zu den bereits angekündigten 10 Milliar- den Euro für Investitionen in Deutschland stehen da- durch jetzt noch einmal zusätzliche 3,5 Milliarden Euro für einen kommunalen Investitionsfonds zur Verfügung. Aus diesem Fonds werden in den Jahren 2015 bis 2018 Investitionen in finanzschwachen Kommunen gefördert. Der Fördersatz beträgt dabei bis zu 90 Prozent. Ich bin überzeugt, dass wir damit einen richtigen Schritt machen, damit die Kommunen wieder hand- lungsfähig werden und nötige Investitionen in Deutsch- land getätigt werden können. Ich glaube, dass die Kolleginnen und Kollegen der Grünen in ihrem Antrag diese Investitionsoffensive der Bundesregierung schlicht vergessen haben. Da komme ich dann als Vertreter der Regierungskoalition gerne ins Spiel und erinnere Sie an unsere guten Beschlüsse. Die genannten Beschlüsse zur Stärkung von Investi- tionstätigkeiten in Europa sind ein wichtiger Schritt hin zu einem neuen Verständnis einer wachstumsorientierten Wirtschaftspolitik. Ich bin überzeugt, dass hier noch weitere Schritte folgen werden. Das Europäische Semester spielt in diesem Zusam- menhang eine wichtige Rolle. Wenn es uns gelingt, das Verfahren zu straffen und transparenter zu gestalten, dann glaube ich, dass wir hier ein gutes Instrument für die wirtschaftspolitische Koordinierung der EU-Staaten haben. In Europa denken wir oft in den langen Linien. Und so verstehe ich auch das Europäische Semester: als einen offenen Prozess, den es sinnvoll weiterzuentwickeln gilt. Bernd Westphal (SPD): Es liegt ein sehr umfangrei- cher Antrag der Grünen vor. Sie haben sich viel Mühe damit gemacht und viele wichtige Punkte beschrieben. Im Grundsatz geht es um die Koordinierung der Wirt- schaftspolitik der Mitgliedstaaten der EU. Das Europäi- sche Semester beinhaltet Instrumente der Wirtschafts-, der Finanz- und der Beschäftigungspolitik. Im Vorder- grund steht das Erreichen der Europa-2020-Ziele. Mit dieser Strategie soll Wachstum und Beschäftigung geför- dert werden. Die Ziele lassen sich durch die Berichte in Zahlen ausdrücken und bewerten. Wir können also sehr genau sagen, in welchen Bereichen Fortschritte zu ver- zeichnen sind, aber auch den Nachholbedarf erkennen. Wir haben eine gute Basis für unsere politischen Ent- scheidungen. Neben dem Nationalen Reformprogramm aus dem Europäischen Semester haben aber auch die Maastricht-Kriterien und die Indikatoren zur Nachhaltig- keit in der Europäischen Union weiterhin Relevanz. Im Hinblick auf die Europa-2020-Ziele kann Deutschland laut Nationalem Reformprogramm 2015 Erfolge verzeichnen. Dies gilt für eine bessere Erwerbs- tätigenquote, die Reduzierung der Langzeitarbeitslosig- keit und eine höhere Quote beim Hochschul- oder ver- gleichbarem Bildungsabschluss. Deutschland nimmt seine Verpflichtungen ernst und kann Erfolge erkennbar nachweisen. Natürlich helfen auch Wechselkurs und bil- liges Öl. Der Exportüberschuss wird oft unberechtigt kritisiert. Von deutschen Exporten außerhalb Europas profitieren auch die Mitgliedstaaten der EU, weil sie zu- liefern. Die Bundesregierung hat also die Weichen rich- tig gestellt. Einige Aspekte werden im Antrag der Grünen ge- nannt. Eine ganze Reihe sind allerdings bereits umge- setzt wie zum Beispiel der Mindestlohn oder die Rente mit 63. Die Forderung nach mehr Transparenz und De- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 9419 (A) (C) (D)(B) batten in Ausschüssen des Parlaments sind überlegens- wert, aber auch schon teilweise Realität. Interessant ist der Vorschlag, dass ein Vertreter der EU-Kommission im Ausschuss berichten soll. Allerdings sollten wir nicht so tun, als wenn noch nie ein EU-Kommissar im Ausschuss berichtet hätte. Auch national gibt es noch einiges zu tun, zum Bei- spiel bei der Nettoinvestitionsquote, der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Wir brauchen auch bessere Rahmenbedingungen für die Bildung und die Berück- sichtigung der Nachhaltigkeitsaspekte bei Investitions- entscheidungen. Wir brauchen ein investitionsfreundli- ches Umfeld zum Ausbau einer modernen Infrastruktur, wie zum Beispiel Breitbandausbau. Auch Investitionen in die Energiewende oder Energieeffizienz sind notwen- dig. Dazu gehört auch eine verlässliche Ausstattung mit Kapital. Die Expertenkommission im Auftrag des Bundeswirt- schaftsministers Sigmar Gabriel wird zur Umgehung der öffentlichen und privaten Investitionsschwäche geeig- nete Vorschläge unterbreiten. Darüber hinaus setzt die Bundesregierung wichtige Impulse, um öffentliche In- vestitionsausgaben zu erhöhen. Unter anderem werden bis 2017 zusätzlich 5 Milliarden Euro für Verkehrsinfra- struktur, 9 Milliarden Euro für Bildung und Forschung, davon 3 Milliarden Euro für Forschung und Entwick- lung, 6 Milliarden zur Entlastung von Ländern und Ge- meinden und von 2016 bis 2018 erneut zusätzliche Mit- tel in Höhe von 10 Milliarden Euro für öffentliche Investitionen bereitgestellt. Die Bundesregierung stärkt damit die Investitionsspielräume der Länder und Ge- meinden. Der Juncker-Plan soll Investitionen von 315 Milliarden Euro auf den Weg bringen. Die Billigung des Investitionspaketes ist durch die EU bereits bis Anfang März erfolgt. Dies zeigt den festen Willen, die Zukunft Europas gestalten zu wollen – nicht nur Haushaltskonsolidierung, sondern Investitionen in die Zukunft. Deutschland braucht ein starkes Europa. Die ökono- mische Stärke muss auch zu sozialem und ökologischem Fortschritt führen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen weiter- hin bestehen bleibt; denn auch für die gesamte europäi- sche Wirtschaft sind unsere Unternehmen eine wichtige Stütze. Ich freue mich auf die Debatte im Ausschuss. Andrej Hunko (DIE LINKE): In zwei Punkten stim- men wir mit dem Grünen-Antrag überein: Es ist ganz schlechter Stil seitens der Bundesregierung, dass Regeln und Vorgaben der länderspezifischen Empfehlungen für sie selbst vermeintlich nicht gelten. Hausaufgaben hätten nur die anderen zu machen. Und wir stimmen auch darin überein, dass die EU nicht etwa an einem Zuviel, son- dern an fehlender wirtschaftspolitischer Koordinierung krankt. Da enden unsere Gemeinsamkeiten aber auch schon. Denn das gegenwärtige Verfahren zur wirtschaftspoli- tischen Koordinierung folgt der neoliberalen Ideologie, der Ideologie, die die Banken- und Finanzmarktkrise verursacht hat, die aber durch ihre Verfechter – allen voran Angela Merkel – auf perfide Art und Weise in eine Staatsschuldenkrise umgedeutet wurde. Anknüpfend an diese Lesart wurde zur Einführung des Europäischen Semesters 2010 von völlig falschen Voraussetzungen ausgegangen und dementsprechend eine ebenso falsche Politik verfolgt, von der wir doch sehen, dass sie ge- scheitert ist. Das strukturelle Problem der öffentlichen Haushalte in der EU besteht nicht auf der Ausgaben-, sondern auf der Einnahmeseite; denn infolge des Steuerwettbewerbs im liberalisierten und deregulierten EU-Binnenmarkt wurden Unternehmen und reiche Privatpersonen immer weiter entlastet, während den Steuerzahlern dank der Sozialisierung privater Schulden durch diverse Banken- rettungspakete schwindlig wird, wenn sie sich den öffentlichen Schuldenstand anschauen. Mantraartig aber werden immer nur die Erhöhung der Wettbewerbsfähig- keit und eine Liberalisierung der Märkte empfohlen, als sei das Selbstzweck. Wirtschaftspolitische Koordinierung darf nicht in ei- nen rasanten Unterbietungswettbewerb der nationalen Politiken münden, sondern muss durch Harmonisierung erfolgen. Das heißt für uns Linke, es braucht soziale Mindeststandards auf hohem Niveau, EU-weit koordi- nierte Mindestlöhne, eine soziale Fortschrittsklausel, und das Steuerdumping muss endlich angegangen werden. Da könnte Deutschland entweder mit gutem Beispiel vorangehen oder hätte noch ordentlich Nachholbedarf, wie ja mittlerweile endlich auch die Kommission für die exorbitanten Leistungsbilanzüberschüsse bescheinigt. Diese Leistungsbilanzüberschüsse sind nämlich kein Ausweis für besondere Tüchtigkeit oder Investitions- und Innova- tionsfreude. Nein, sie sind Ergebnis einer zunehmend aggressiven, auf Lohn- und Sozialdumping basierenden Exportstrategie. Wenn sich die deutschen Exporteure am nächsten Rekordergebnis erfreuen, hat der Arbeiter im Werk nämlich nichts davon, außer durch die jahrelange Niedriglohnpolitik und den erst geschaffenen Niedrig- lohnsektor – der zweitgrößte in der EU! – dafür mitge- zahlt. Seit der Euro-Einführung sind in Deutschland die Gewinn- und Unternehmereinkünfte um 66 Prozent ge- stiegen, die Arbeitnehmerentgelte nur um 27 Prozent. 8,6 Prozent der Erwerbstätigen leben unterhalb der Armutsgrenze, unter den Erwerbslosen sind es sogar 69,3 Prozent – wesentlich mehr als in jedem anderen EU-Mitgliedstaat. Armes Deutschland. Beim Investitionsniveau sieht es genauso schauerlich aus: Laut DIW weist Deutschland seit 1999 eine addierte Investitionslücke von 1 Billion Euro auf. Während 1970 der Anteil der Investitionen an der Wirtschaftsleistung noch mehr als 28 Prozent betrug, sind es heute nur noch magere 17 Prozent. 1991 investierte das Kapital noch rund 40 Prozent seines Einkommens in die Realwirt- schaft. 2012 waren es noch 10 Prozent und letztes Jahr nur noch 9 Prozent. 9420 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 (A) (C) (D)(B) Würde die Bundesregierung die „schwarze Null“ auf- geben, könnte sie sich derzeit am Kapitalmarkt für 0,8 Prozent Zins zehn Jahre Geld leihen. Für 30 Jahre wären es 1,7 Prozent. Günstiger geht’s kaum. Die Bundesregierung setzt jedoch vor allem auf private In- vestitionen. Die Privaten sind aber bei weitem nicht so günstig. Allianz-Chef Faulhaber beispielsweise forderte in einem Interview 7 Prozent Rendite – bei sicheren Geschäften. Das ist doch irre. Dass der Mann es wagt, dies so offen zu sagen, heißt doch nur, dass er sich sicher sein kann, in der GroKo treue Gefährten für diesen Wahnsinn zu haben. Selbst mit ihrer unsinnigen Schuldenbremse wären bis zu 18 Milliarden Euro mehr Investitionen möglich. Hausaufgaben gäbe es also auch für Deutschland mehr als genug. Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist traurig: Beim Nationalen Reformprogramm haben Sie sich im letzten Jahr keinen Millimeter bewegt. Die Rede, die ich hier vor einem Jahr gehalten habe, könnte ich heute im Wortlaut noch einmal halten. Schon 2014 haben Sie das Nationale Reformpro- gramm auf die leichte Schulter genommen. Sie haben es ohne ordentliche Debatte im Parlament nach Brüssel ge- schickt, und die Vorschläge, die Sie damals gemacht ha- ben, um den Leistungsbilanzüberschuss Deutschlands zu reduzieren, bestanden nur aus einem Sammelsurium an Punkten, die Sie eh bereits auf der Agenda stehen hatten. Auch jetzt versuchen Sie, zu verhindern, dass das Natio- nale Reformprogramm überhaupt in der Öffentlichkeit bemerkt wird. Mitte April müssen Sie Ihre Stellungnahme nach Brüssel schicken – also in der Osterpause, wenn das Par- lament nicht darüber beraten kann. Bis heute kennen wir als Abgeordnete den finalen Entwurf nicht. Also heißt es wieder: keine Debatte im Bundestag, keine öffentliche Diskussion. Das ist ein Offenbarungseid. Sie zeigen da- mit überdeutlich, wie wenig ernst Sie und wie wenig ernst die Bundesregierung eine gemeinsame europäische Wirtschaftspolitik nehmen. Als Krönung haben Herr Gabriel und Herr Schäuble Ende letzten Jahres auch noch einen Brief nach Brüssel geschickt, in dem sie bedauern, dass die Mitgliedstaaten so gut wie nie eine politische Debatte über die Empfeh- lungen führen. Es wäre schon interessant, von ihnen zu erfahren, ob sie diese Kritik auch auf sich selbst bezie- hen; denn es liegt ja in ihrer Hand, das Parlament, den Bundestag, zu beteiligen. Doch dies geschah letztes Jahr nicht – und dieses Jahr ganz offensichtlich auch nicht. Die Koordinierung der Wirtschaftspolitik in Europa ist keine Nebensache. Sie ist zentral für die Lösung der aktuellen Wirtschaftskrise. Nur wenn die Ungleichge- wichte in Europa abgebaut werden, kann die europäische Wirtschafts- und Währungsunion langfristig funktionie- ren. Die Krisenländer haben ihre Außenhandelsdefizite weitgehend abgebaut. Es ist überfällig, dass nun Deutsch- land seine Überschüsse abbaut. Ich habe allerdings auch eine Vermutung, warum es Ihnen so recht ist, wenn niemand über das Europäische Semester redet. Denn es mag sein, dass Sie hoffen, dass so niemand bemerkt, wie dreist Sie in der europäischen Wirtschaftspolitik mit zweierlei Maß messen. In der eu- ropäischen Debatte ist die deutsche Bundesregierung im- mer die Erste, die von anderen die Einhaltung von Ver- trägen, von europäischen Vereinbarungen fordert; in der Griechenland-Debatte tut sie das gerade wöchentlich. Ich muss Ihnen allerdings sagen: Die Glaubwürdigkeit solcher Kritik – die bemisst sich daran, wie man damit umgeht, wenn man einmal selbst in der Verantwortung steht, Reformen voranzutreiben, um europäische Ziele zu erfüllen. Dabei sage ich ganz klar: Es geht nicht darum, dass man immer ohne Wenn und Aber alles gutheißen muss, was an Vorgaben von der Kommission kommt. Auch wir formulieren in unserem Antrag einige Kritikpunkte am jetzigen Prozess des Europäischen Semesters. Aus unse- rer Sicht ist der Fokus zu eng. Nachhaltigkeitsziele wie etwa die EU-2020-Strategie finden keine ausreichende Beachtung. Hier können Sie sich konstruktiv in Brüssel einbringen. Aber die Stabilitätskriterien des Europäi- schen Semesters gelten auch für Deutschland. Und eines dieser Stabilitätskriterien überschreitet Deutschland nun schon seit Jahren. Seit über vier Jahren verzeichnet Deutschland jetzt schon einen Leistungsbilanzüberschuss von 6 Prozent und mehr. Die Kommission hat Ihnen des- halb schon 2014 eine Stabilitätswarnung geschickt und Ihnen auch einige Dinge aufgeschrieben, was Sie dage- gen tun könnten. Passiert ist ganz offensichtlich kaum etwas. Denn was finden wir im Länderbericht 2015 für Deutschland? Wei- terhin viel zu geringe Investitionen, keine Fortschritte bei der Eindämmung prekärer Arbeit, viel zu niedrige Bildungsausgaben. Insgesamt gibt es keinen spürbaren Fortschritt, bei der Rente sogar einen Rückschritt. – Eine unzureichende Antwort der Politik. Wir haben Ihnen in unserem Antrag eine ganze Reihe an Vorschlägen gemacht, wie Sie die Leistungsbilanz- überschüsse abbauen können. Wir appellieren dringend an Sie: Nehmen Sie sich diese zu Herzen, bevor Sie das Nationale Reformprogramm nach Brüssel schicken! Und machen Sie die Parlamentsbeteiligung künftig besser! Das wäre ein klares Zeichen dafür, dass Sie das Europäi- sche Semester künftig ernster nehmen, und das wäre dann auch ein wichtiges Signal für Europa. Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir alle wissen, dass die Lehre aus der Krise lautet: Schluss mit wirtschaftspolitischer Kleinstaaterei, hin zu einer echten wirtschaftspolitischen Steuerung in der EU. Denn eines hat die Krise deutlich gezeigt: Was in einem EU-Mitgliedstaat finanz- oder wirtschaftspolitisch pas- siert, hat direkte Auswirkungen auf alle anderen EU- Mitgliedstaaten. Das EU-Semester und der reformierte Stabilitäts- und Wachstumspakt sind wichtige Instrumente für diese dringend notwendig gewordene wirtschaftspolitische Steuerung. Nur wenn sie von allen ernstgenommen wird, Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 98. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2015 9421 (A) (C) (D)(B) können die entstandenen Ungleichgewichte in der EU abgebaut und die für die Zukunft Europas wichtigen Ziele der EU-2020-Strategie erreicht werden. Leider erweist sich die bisherige Umsetzung des Eu- ropäischen Semesters als unzureichend. 2012/2013 ha- ben die EU-Mitgliedstaaten nur magere 12 Prozent der länderspezifischen Empfehlungen von EU-Kommission und Rat auch tatsächlich umgesetzt. 2013/2014 waren es noch weniger: nur 10 Prozent. Auch die Bundesregie- rung gehört bei der Umsetzung zu den Schlusslichtern. Zudem wurden die Kernziele der EU-2020-Strategie bei den Empfehlungen teilweise einfach ausgeblendet. Wich- tige Ziele wie der Ausbau der Erneuerbaren gerieten so in den Hintergrund. Für uns Grüne ist daher klar: Das EU-Semester muss gestärkt und weiterentwickelt werden! Verfahren und Ziele brauchen mehr inhaltliche Steuerung und mehr Verbindlichkeit. Das EU-Semester muss also stärker als bisher auf die Ziele der EU-2020-Strategie ausgerichtet, und nationale Zielvorgaben sowie die Länderspezifischen Empfehlungen müssen verbindlich werden. Das Verfah- ren braucht außerdem mehr europäische und nationale Parlamentsbeteiligung und mehr Transparenz durch öf- fentliche Debatte. Das heißt, das EU-Parlament muss mitentscheiden beim Jahreswachstumsbericht und den Länderspezifischen Empfehlungen. Die nationalen Par- lamente müssen mehr Verantwortung übernehmen, das Nationale Reformprogramm mitentscheiden und bei der Entstehung der Länderspezifischen Empfehlungen stär- ker mit der EU-Kommission zusammenarbeiten. Für diese Verbesserungen müssen sich auch die Koali- tionsfraktionen und die Bundesregierung einsetzen. Es reicht nicht, die immense Bedeutung des Europäischen Semesters rauf und runter zu beten. Taten zählen, Herr Gabriel, Herr Schäuble, und die blieben bisher weitest- gehend aus. Wir Grüne werden uns auch in Zukunft für diese not- wendigen Integrationsschritte einsetzen. Anlage 10 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit- geteilt, dass sie den Antrag Zukunft der bäuerlichen Milchviehhaltung sichern auf Drucksache 18/976 zu- rückzieht. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) hat mitgeteilt, dass er gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: – Unterrichtung durch die Bundesregierung Baukulturbericht 2014/15 der Bundesstiftung Baukul- tur und Stellungnahme der Bundesregierung Drucksache 18/3020 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Finanzausschuss Drucksache 18/4253 Nr. A.1 Ratsdokument 5923/15 Ausschuss für Arbeit und Soziales Drucksache 18/4253 Nr. A.2 Ratsdokument 6107/15 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Drucksache 18/1393 Nr. A.34 EP P7_TA-PROV(2014)0236 Drucksache 18/2935 Nr. A.6 Ratsdokument 13690/14 Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 98. Sitzung Inhaltsverzeichnis ZP 4 a - 4 c Pkw-Maut TOP 21 Deutsches Institut für Menschenrechte TOP 22 Liegenschaftspolitik des Bundes TOP 23 Milchviehhaltung TOP 24 Entwicklungspolitische Chancen der Urbanisierung TOP 25 Wirtschaftspolitische Koordinierung in der EU Anlagen
Gesamtes Protokol
Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809800000

Guten Morgen! Die Sitzung ist eröffnet.

Die Kollegin Agnes Alpers hat auf die Mitgliedschaft
im Deutschen Bundestag verzichtet. Für sie ist die Kol-
legin Birgit Menz nachgerückt. Im Namen des ganzen
Hauses begrüße ich die neue Kollegin sehr herzlich und
wünsche eine gute Zusammenarbeit.


(Beifall)


Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, lassen Sie
mich eine Anmerkung machen. Auch dieser Tag ist kein
Sitzungstag wie jeder andere. Wenn wir heute im Deut-
schen Bundestag um wichtige Entscheidungen ringen
und Gesetze beschließen, dann tun wir das unter dem
Eindruck unfassbaren menschlichen Leids durch den
Absturz des Flugzeugs in Südfrankreich. Wir haben ges-
tern gemeinsam im Deutschen Bundestag in einer würdi-
gen Weise unsere Zusammengehörigkeit auch mit den
Angehörigen der Opfer zum Ausdruck gebracht. Auch
heute sind wir mit unseren Gedanken und mit unseren
Herzen bei denjenigen, die ihre Liebsten verloren haben.
Sie alle sind nicht allein.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, wollen wir
einen Geschäftsordnungsantrag behandeln.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Müssen, nicht wollen!)


Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD haben frist-
gerecht beantragt, die heutige Tagesordnung um die
zweite und dritte Beratung der Entwürfe eines Gesetzes
zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benut-
zung von Bundesfernstraßen sowie eines Zweiten Ver-
kehrsteueränderungsgesetzes zu erweitern und jetzt im
Anschluss zu beraten.

Das Wort zur Geschäftsordnung hat zunächst die Kol-
legin Dr. Petra Sitte.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1809800100

Herr Präsident! Es ist natürlich nicht einfach, in die

Gesetzesberatung bzw. in diese Geschäftsordnungs-
debatte einzusteigen. Ich will zunächst für Unkundige
erklären, warum wir eigentlich hier debattieren. Übli-
cherweise ist es so, dass die Tagesordnung einer Bundes-
tagssitzung in der Sitzungswoche zuvor im Ältestenrat
zwischen den Fraktionen vereinbart wird. Das haben wir
getan. Wir haben dann in den Tagen danach aus der
Presse erfahren – wohlgemerkt: aus der Presse –, dass
die Koalition erwägt, das Thema Maut auf die Tagesord-
nung dieser Sitzungswoche zu setzen. Das bedeutet, es
handelt sich um eine Änderung der Tagesordnung. Mit
der ist die Opposition nicht einverstanden, und aus die-
sem Grund diskutieren wir hier.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir stellen fest, dass die Koalition wieder einmal ver-
sucht, ein hochumstrittenes Projekt im Turbotempo
durchzudrücken.


(Sören Bartol [SPD]: So ein Quatsch!)


Das heißt, Herr Straubinger muss nachher sehr genau er-
klären, warum die Maut unbedingt heute diskutiert wer-
den soll. Schon bei der ersten Lesung – ich erinnere noch
einmal daran – haben wir Sie zwingen müssen, dieses
Thema nicht am frühen Abend in einer Kurzdebatte zu
beraten. Sie haben dann Ihrerseits nachgegeben, und die
Debatte wurde anders platziert, sodass auch Bürgerinnen
und Bürger daran teilhaben konnten.

Zwischen erster und zweiter Lesung ist nun nur ein
Monat vergangen, und das, nachdem Sie das Thema seit
2009 diskutieren, aber erst jetzt wissen, was Sie eigent-
lich wollen und wie es umgesetzt werden soll.

Am 5. November 2009 hat Herr Ramsauer, der dama-
lige CSU-Verkehrsminister, gesagt, er wolle eine stär-
kere Nutzerfinanzierung der Straßen. Nur einen Tag spä-
ter, am 6. November, hieß es dann, die Maut stehe nicht
auf der Tagesordnung. Am 21. Juni 2010 – also ein gutes
halbes Jahr später – war die Maut angeblich nie auf dem
Tisch. Dann kam sozusagen die bayerische Basta-
Variante in Gestalt von Herrn Seehofer, der sagte, er
wolle bei der Maut nicht mehr lockerlassen. Jetzt hatte
der Herr Ramsauer natürlich ein Problem: Die Leit-





Dr. Petra Sitte


(A) (C)



(D)(B)

planke näherte sich. Er versuchte dann aber, sich in den
Windschatten von Herrn Seehofer einzudocken und ist
mitgetörnt.


(Beifall bei der LINKEN)


Im August 2013 hieß es, man wolle keinen Koali-
tionsvertrag ohne Maut unterschreiben. Eigenartiger-
weise hatte die Kanzlerin das irgendwie nicht so richtig
ernst genommen oder nicht mitbekommen – keine Ah-
nung. Jedenfalls hat sie am 2. September 2013 eine ganz
klare Ansage vor der Wahl getroffen: Mit mir wird es
keine Maut geben. – Genau ein Jahr später – bemerkens-
werterweise tatsächlich ein Jahr später – kam dann die
ganz klare Ansage nach der Wahl. Es hieß – ich zitiere –:

Um es ganz klar zu sagen: Sie steht im Koalitions-
vertrag, und sie wird kommen.

Die SPD ihrerseits als Koalitionspartner schlingert da
jetzt so hinterher.

Nachdem es nun fünf Jahre gedauert hat, sprachen
sich die SPD-Vertreter in der ersten Lesung zu Recht da-
für aus, sich ausreichend Zeit zu lassen. Es seien ja noch
so viele Fragen offen. Man wolle auch keinen Schnell-
schuss. – Ja, das sehe ich auch so, ist in Ordnung, okay.
Und warum wollen wir es dann heute hier übers Knie
brechen?


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In drei Ausschüssen gab es in einer Woche Anhörun-
gen und Expertengespräche.


(Sören Bartol [SPD]: Genau! Und BE-Gespräche!)


Die Fragen blieben nicht nur, sondern es sind mehr ge-
worden. Die Experten widersprachen sich. Die EU-
Kommission ihrerseits hält die Regelung immer noch für
rechtswidrig und erwägt sogar – wie auch Österreich –
dagegen zu klagen. Meine Damen und Herren, und so et-
was soll der Bundespräsident unterschreiben?


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wovor Sie immer noch Angst haben, ist ja, dass die Län-
der den Vermittlungsausschuss anrufen könnten.

Wir als Opposition, die Grünen und die Linken, haben
dann getan, was eine gute Opposition tun muss. Wir ha-
ben gesagt: Eigentlich muss man die ganze Kiste verta-
gen und muss weiter beraten, um einen seriösen Ab-
schluss zu sichern.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Auch das haben Sie abgelehnt.

Am Montagabend dieser Woche – am 23. März – gab
es dann eine Koalitionseinigung bei den Vignetten, und
es gab die Vereinbarung, dass man in drei Jahren einmal
schauen will, was herausgekommen ist. Na großartig!
Am Mittwoch tagte abschließend der Verkehrsaus-
schuss. Um 7.48 Uhr morgens sind die Anträge einge-
gangen. Um 8.45 Uhr hat der Ausschuss seine abschlie-
ßende Beratung begonnen. Meine Damen und Herren,
wenn es nicht so ernst wäre, könnten Sie die Nummer als
Singspiel und Fastenpredigt auf dem bayerischen Nock-
herberg aufführen.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir aber sind im Bundestag, und eine solche Politik, ei-
nen solchen Politikstil dürfen wir uns hier einfach nicht
erlauben. Auch deshalb lehnen wir die Beratung der
Maut heute ab.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809800200

Für die Unionsfraktion hat jetzt der Kollege Max

Straubinger das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1809800300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Na-

mens der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und der SPD-
Bundestagsfraktion bitte ich, das Gesetz zur Einführung
einer Infrastrukturabgabe und eines Zweiten Verkehr-
steueränderungsgesetzes heute auf die Tagesordnung zu
setzen. Dies steht im Einklang mit § 81 unserer Ge-
schäftsordnung, Frau Kollegin Sitte. Ich möchte hier
darlegen, dass vor allen Dingen alle Dokumente und Un-
terlagen zeitgerecht an die Ausschüsse verteilt worden
sind und somit auch eine gute Beratungszeit zur Verfü-
gung stand.

Diese gute und lange Beratungszeit, Frau Kollegin
Sitte, haben Sie gerade illustriert. Sie sind ja fünf Jahre
zurückgegangen, um zu zeigen, seit wann wir intensiv
über eine Mautgesetzgebung in Deutschland diskutieren,


(Zurufe von der LINKEN)


und zwar in unterschiedlichen Formationen und natür-
lich an unterschiedlichen Plätzen. Ich glaube also, dass
es durchaus angebracht ist, heute die Gesetzgebung mit
der zweiten und dritten Lesung abzuschließen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE])


Werte Kolleginnen und Kollegen, ich darf diesem Ho-
hen Hause jetzt doch schon etwas länger angehören. Ich
habe kaum ein Gesetzgebungsverfahren erlebt, das so in-
tensiv sowohl außerhalb des Parlaments wie innerhalb
des Parlaments diskutiert worden ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was die intensive Beratung betrifft, so möchte ich
schon auch feststellen: Eckpunkte zum Mautgesetz sind
im Sommer vergangenen Jahres bekannt gemacht wor-
den, jawohl.


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Ja, nur Eckpunkte, aber kein Gesetzentwurf!)






Max Straubinger


(A) (C)



(D)(B)

Diese wurden dann auch sehr kritisch in den Regierungs-
fraktionen diskutiert. Ich weiß auch, wie sich die Oppo-
sitionsfraktionen an diesen Diskussionen beteiligt haben.
Wir können hier also eine sehr umfangreiche, auch par-
lamentarische Beratung vorweisen. So ist der Gesetzent-
wurf, als er in erster Lesung eingebracht wurde, intensiv
beraten worden. Zwischenzeitlich hatten wir eine Ak-
tuelle Stunde zur Beratung der Inhalte dieses Gesetzent-
wurfs gehabt, wobei nicht verkannt werden sollte, dass
auch schon vorher Aktuelle Stunden über eine Mautge-
setzgebung in diesem Haus stattgefunden haben. Wir
haben drei Expertenanhörungen in verschiedenen Aus-
schüssen gehabt, eine im Verkehrsausschuss, eine im
Haushaltsausschuss und eine im Finanzausschuss. Im
Verkehrsausschuss haben CDU/CSU, SPD und die Op-
position gemeinsam beschlossen, dass die Anhörungs-
zeit zwei Stunden beträgt. Tatsächlich ist dann über drei
Stunden im Verkehrsausschuss darüber beraten worden.


(Widerspruch bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


All das zeigt sehr deutlich, dass intensivst beraten wor-
den ist.

Wir haben vor allen Dingen natürlich im Verkehrsaus-
schuss die Anregungen der Experten aufgenommen, die
in den veränderten Gesetzentwurf, den wir heute be-
schließen werden, mündeten.


(Zurufe der Abg. Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


All das zeigt sehr deutlich, dass wir es uns nicht leicht
gemacht haben. Im Gegenteil: Es gab eine breite Bera-
tung, wobei es allen Mitgliedern des Parlaments möglich
war – darauf möchte ich hinweisen –, sich einzubringen.

Deshalb, werte Kolleginnen und Kollegen, können
wir heute ganz beruhigt den Gesetzentwurf in zweiter
und dritter Lesung verabschieden. Wir haben ausführ-
lichst darüber gesprochen und diskutiert, und wir haben
vor allen Dingen einen schlüssigen und EU-rechtskon-
formen Gesetzentwurf


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da müssen Sie ja selber lachen!)


im Bundestag vorgelegt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Unter diesen Gesichtspunkten kann ich Ihnen, werte
Kolleginnen und Kollegen, nur empfehlen, Folgendes zu
bedenken: In einer Demokratie müssen Beratungen auch
zu Ende gebracht werden. Die Bürgerinnen und Bürger
jammern sowieso, dass die Gesetzesberatungen zu lange
dauern. Deshalb ist es gut, Gesetzesberatungen zeitge-
recht zum Abschluss zu bringen.


(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man merkt, dass es keinen Sinn hat!)


Sie haben heute die Möglichkeit dazu, zum einen da-
durch, dass Sie der Aufsetzung der beiden Gesetzent-
würfe auf die Tagesordnung zustimmen, zum anderen
dadurch, dass Sie beim Abschluss dieses Gesetzge-
bungsverfahrens den Gesetzentwürfen zustimmen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809800400

Für Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Kollegin

Britta Haßelmann das Wort.


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1809800500

Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine werten Kolle-

ginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren!
In der Tat ist es für uns alle heute sehr schwer – das will
ich eingangs sagen –, einen ganz normalen Parlaments-
alltag zu bestreiten, denn wir sind in Gedanken bei den
Opfern der Flugzeugtragödie und ihren Angehörigen;
aber es ist unsere parlamentarische Pflicht. Ich sage das
am Anfang, weil wir heute ein wichtiges Gesetz beraten.
Da haben wir die Verantwortung und die Pflicht, hier
auch in der Sache zu streiten, zu diskutieren und um Lö-
sungen zu ringen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das kann man doch nur machen, wenn es auf der Tagesordnung steht! Setzen Sie es doch auf!)


Nun zur Sache selbst, meine Damen und Herren: Den
Aufsetzungsantrag der Unionsfraktion und auch der
Fraktion der SPD zum Thema Maut – die SPD-Fraktion
möchte zu der gewünschten Aufsetzung heute ja nicht
einmal reden –


(Christine Lambrecht [SPD]: Wir sind uns so einig; da brauchen wir das nicht! Es ist alles gesagt! – Michael Grosse-Brömer [CDU/ CSU]: Das zeugt von wechselseitigem Vertrauen!)


werden wir heute ablehnen.

Herr Straubinger, wenn Sie hier vor dem Plenum sa-
gen, Sie hätten bisher kein Gesetz erlebt, was so intensiv
diskutiert worden sei, dann frage ich mich: Wo waren
Sie eigentlich in der gesamten Zeit, die Sie hier im Parla-
ment sitzen?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Wirklich, wir sind
hier doch nicht in Bayern am Stammtisch.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Da ist es oft sehr geordnet!)


Das Ding ist doch nicht beratungsreif. Es ist nicht ent-
scheidungsreif. Was hier stattfindet, ist eine Entparla-
mentarisierung des Parlamentes – das haben wir hier! –,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Sören Bartol [SPD]: Wieso das denn?)






Britta Haßelmann


(A) (C)



(D)(B)

und zwar aus folgendem Grund, meine Damen und Her-
ren – deshalb rede ich hier zur Geschäftsordnung –: Es
besteht erheblicher weiterer Beratungsbedarf


(Gustav Herzog [SPD]: Nein!)


über die Europarechtswidrigkeit der Abgabe, über das
drohende Vertragsverletzungsverfahren, über die Ände-
rungsanträge, die zum Beispiel den Rechtsausschuss um
7.48 Uhr am Mittwochmorgen erreichten und den mitbe-
ratenden Finanzausschuss um 8.01 Uhr am Mittwoch-
morgen erreichten, wobei um 9.30 Uhr schon die Aus-
schusssitzungen begannen, in denen dann über dieses so
komplexe Gesetz beraten werden sollte. In diesen Ände-
rungsanträgen, die uns morgens vorgelegt wurden, sind
enthalten: die Einführung einer neuen Infrastrukturabga-
bebehörde und die Auflistung ihrer Aufgaben, die Frage
der neuen Datenaufbewahrungsregelung, die Festlegung
einer neuen Preisstruktur. All das sind Themen, die nicht
ausreichend diskutiert werden konnten.


(Zurufe von der SPD)


Das alles war in den Änderungsanträgen, die morgens
um 7.48 Uhr bzw. 8.01 Uhr vorgelegt wurden.


(Sören Bartol [SPD]: Wir machen Änderungen! Das ist doch gut! Das soll man loben!)


Hier findet kein ordentliches Beratungsverfahren statt,
und deshalb kann dieser Aufsetzung nicht zugestimmt
werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Das trifft auch auf die ganzen Fragen der Festlegung ei-
ner neuen Preisstruktur für Kurzzeitvignetten, der verän-
derten Kosten für die Betreiber zu.

Sie haben der Opposition, Bündnis 90/Die Grünen
und der Linken, hier eine weitere Anhörung, die auf-
grund der neuen Sachverhalte notwendig gewesen wäre,


(Sören Bartol [SPD]: Nein, wäre sie nicht! Wir haben alles in der Anhörung besprochen! Das stimmt nicht!)


versagt. Damit haben Sie auch grobe Verfahrensverstöße
in diesem Verfahren begangen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Eine gründliche Beratung war durch die späte Vorlage
der Änderungsanträge nicht möglich. Eine Anhörung,
die aufgrund der Neuerungen gerechtfertigt gewesen
wäre und beantragt worden ist, haben Sie uns im feder-
führenden Ausschuss versagt. Materiell sind diese Ge-
genstände in der vorherigen Anhörung nicht erörtert
worden. Das alles sind grobe Verfahrensverstöße, die be-
gründen, weshalb eine Aufsetzung heute nicht gerecht-
fertigt ist, meine Damen und Herren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Deshalb sage ich Ihnen allen, die Sie sich bei diesem
Projekt bisher weggeduckt haben, bisher immer wieder
so getan haben, als sei es ein Projekt von Dobrindt und
der CSU: Wenn Sie heute diesem Aufsetzungswunsch
zustimmen und am Ende auch noch der Maut zustim-
men, dann, liebe SPD, ist Schluss mit lustig! Dann ist
das auch Ihr Projekt!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Zurufe von der CDU/ CSU: Oh!)


Was haben Sie sich weggeduckt in der Debatte! Was wa-
ren das für hehre Sprüche nach dem Motto: „Kein Ge-
setz verlässt das Parlament …“, „Hier gibt es ein ordent-
liches Beratungsverfahren“.


(Sören Bartol [SPD]: Wie ist das mit Biblis in Hessen? Was macht ihr da? Meine Güte! – Christine Lambrecht [SPD]: Was ist mit NSU in Hessen? Wie verhaltet ihr euch da?)


Wo ist denn das ordentliche Beratungsverfahren geblie-
ben? Mit Zustimmung zu den Gesetzentwürfen ist die
Maut ab heute auch eine Maut von Angela Merkel und
der SPD, meine Damen und Herren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Sören Bartol [SPD]: Wer ist denn der Steigbügelhalter von Bouffier?)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809800600

Die Geschäftsordnungsdebatte ist damit beendet.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt für den
Aufsetzungsantrag? Ich bitte um ein Handzeichen. – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Aufsetzungs-
antrag ist damit mit den Stimmen der Koalitionsfraktio-
nen gegen die Stimmen der Fraktionen Die Linke und
Bündnis 90/Die Grünen angenommen.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Ich rufe die Zusatzpunkte 4 a bis 4 c auf:

a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Einführung einer Infrastruk-
turabgabe für die Benutzung von Bundes-
fernstraßen

Drucksache 18/3990

Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Verkehr und digitale Infrastruk-
tur (15. Ausschuss)


Drucksache 18/4455


(8. Ausschuss)


Drucksache 18/4459

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr und digitale
Infrastruktur (15. Ausschuss) zu dem Antrag der
Abgeordneten Herbert Behrens, Sabine Leidig,
Thomas Lutze, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE





Vizepräsident Johannes Singhammer


(A) (C)



(D)(B)

Keine Einführung einer Pkw-Maut in
Deutschland

Drucksachen 18/806, 18/4455

c) – Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes

(VerkehrStÄndG 2)


Drucksache 18/3991

Beschlussempfehlung und Bericht des Fi-
nanzausschusses (7. Ausschuss)


Drucksache 18/4448


(8. Ausschuss)


Drucksache 18/4458

Ich weise darauf hin, dass wir über die beiden Gesetz-
entwürfe später namentlich abstimmen werden. Weiter-
hin werden wir über drei Änderungsanträge der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen ebenfalls namentlich abstim-
men. Außerdem haben die Fraktionen von CDU/CSU
und SPD einen Entschließungsantrag vorgelegt. Zu die-
sem Tagesordnungspunkt werden wir also insgesamt
fünf namentliche Abstimmungen durchführen. Zur Aus-
zählung der Stimmen zu den Änderungsanträgen werde
ich die Sitzung dann zweimal unterbrechen.

Im Laufe des frühen Nachmittags – darauf darf ich
jetzt auch schon hinweisen – werden weitere zwei na-
mentliche Abstimmungen zu Tagesordnungspunkt 22
– Liegenschaftspolitik des Bundes – folgen.

Für die Debatte, die wir jetzt führen, sind nach einer
interfraktionellen Vereinbarung 96 Minuten vorgesehen. –
Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist das so be-
schlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner für die Bundesregierung das Wort dem Bundesminis-
ter Alexander Dobrindt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Ent-
scheidung für eine Infrastrukturabgabe schaffen wir
mehr Kapazität im Netz durch mehr Zweckbindung auf
der Straße. Das folgt einem klaren ordnungspolitischen
Grundgedanken: Mobilität finanziert Infrastruktur. Das
ist das Prinzip der Infrastrukturabgabe.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das klappt aber nur mit Einnahmen!)


Wir stellen den klaren Bezug her zwischen Einnah-
men und Ausgaben. Das haben wir gestern übrigens hier
im Deutschen Bundestag bei der Lkw-Maut auch so be-
schlossen.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir nicht!)


Gestern haben wir die Verbreiterung und Vertiefung der
Lkw-Maut in diesem Jahr beschlossen. Auch das ist ein
wesentlicher Beitrag zur Finanzierung der Infrastruktur.
Das Gleiche machen wir jetzt mit der Infrastrukturab-
gabe. Wir setzen auf einen echten Finanzierungskreis-
lauf und vollziehen einen klaren Systemwechsel: weg
von der Steuerfinanzierung der Infrastruktur hin zur Nut-
zerfinanzierung der Infrastruktur,


(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hin zu Bürokratie!)


weg von nicht zweckgebundenen Steuermitteln hin zur
zweckgebundenen Nutzerfinanzierung. Das sorgt für
Stabilität bei der Finanzierung der Infrastruktur, meine
Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir bewegen mit dieser Infrastrukturabgabe 3,7 Mil-
liarden Euro vom Haushalt des Bundesfinanzministe-
riums hin zum Haushalt des Bundesverkehrsministeri-
ums,


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh!)


und das jedes Jahr, dauerhaft und zweckgebunden. Da-
mit schaffen wir Unabhängigkeit, mehr Planbarkeit,
mehr Nachhaltigkeit in der Finanzierung der Straßen.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da kommt letztendlich ein Minus bei raus!)


Und wir vollziehen das nach, was die meisten unserer
Nachbarländer schon seit vielen Jahren vollzogen haben,


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von was sprechen Sie eigentlich hier?)


nämlich die Finanzierung der Infrastruktur durch drei
Säulen:


(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bürokratie! Bürokratie! Bürokratie!)


Mineralölsteuer, Kfz-Steuer und Mautsystem. Wir haben
bisher zwei Säulen: Mineralölsteuer und Kfz-Steuer.
Jetzt kommt die dritte Säule, die Maut, dazu.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben immer noch nicht verstanden, dass es eine Lkw-Maut gibt! – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben wir keine Lkw-Maut, oder was?)


Dabei haben wir die Infrastrukturabgabe nach ökologi-
schen Kriterien ausgerichtet.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hören Sie auf! Es wird nicht besser! – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nehmen Sie bitte das Wort „Öko Bundesminister Alexander Dobrindt logie“ nicht in den Mund! Sie wissen nicht, was es bedeutet!)





(A) (C)


(D)(B)


Wir vermeiden Doppelbelastungen. Und sie ist europa-
rechtskonform. Glauben Sie es endlich.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Europa kennen Sie in Bayern auch nicht!)


Schauen Sie: Jahresvignetten und Kurzzeitvignetten
sind nach ökologischen Grundsätzen gestaffelt, umwelt-
schonende Kfz werden besonders berücksichtigt.


(Sören Bartol [SPD]: Sehr gut!)


Der mittlere Mautsatz liegt bei 74 Euro, aber es gibt eine
große Spreizung beim Preis der Jahresvignette. Auch bei
den Kurzzeitvignetten variieren die Preise nach ökologi-
schen Kriterien. Die Zehntagesvignette kostet zum Bei-
spiel zwischen 5 und 15 Euro. Dabei sind übrigens die
Preise im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn
bei uns im unteren Bereich angesiedelt. Wir haben mit
Abstand das größte Straßennetz in Europa und haben
jetzt Vignettenpreise, die mit denen unserer Nachbarlän-
der vergleichbar sind. Daran zeigt sich, dass wir nach
dem Prinzip „Gerechtigkeit heißt auch, einen fairen
Preis zu schaffen“


(Zuruf des Abg. Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ein vergleichbares Angebot wie unsere Nachbarländer
haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809800700

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Künast?

Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:

Gern.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1809800800

Herr Minister, Sie haben gerade gesagt: „Und sie ist

europarechtskonform.“ Wie kann es dann sein, dass Sie
diese Meinung vertreten, vonseiten des Bundesjustiz-
ministeriums am Mittwoch im Rechtsausschuss aber er-
hebliche Bedenken geäußert wurden


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Was?)


und die Vertreterin Ihres Hauses, die Sie in den Rechts-
ausschuss geschickt haben, auf Nachfrage sagte: Das
muss man einmal abwarten, wie Europa das sieht;


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh!)


wir haben uns angenähert; aber wir wissen nicht, wie die
rechtliche Haltung auf europäischer Ebene ist.

Wer hat denn jetzt gelogen?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist da der Verfassungsminister geblieben?)


Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:

Sehr geehrte Frau Künast, ich glaube, wir haben in
den letzten Monaten eindrucksvoll nachgewiesen,


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Glauben reicht nicht!)


dass die Europarechtskonformität besteht, indem wir das
erstens mit Gutachten hinterlegt haben,


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einem einzigen bestellten Gutachten!)


deren Argumente Sie sich einmal anschauen sollten,


(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Mehrheit Ihrer eigenen Sachverständigen hat davon abgeraten, diese Maut umzusetzen!)


zweitens die Bundesregierung eine Prüfung durchge-
führt hat, wie wir sie bei jedem Gesetzgebungsverfahren
durchführen, und zwar mit klarem Ergebnis. Und drit-
tens, Frau Künast, kann das, was wir jetzt machen, dann,
wenn es in allen anderen Ländern in Europa heute mög-
lich oder schon Realität ist, nur europarechtlichen
Grundsätzen entsprechen. Das sollten Sie zur Kenntnis
nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Herbert Behrens [DIE LINKE]: Diese Maut gibt es in keinem Land Europas! – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hören Sie endlich auf, die Unwahrheit zu erzählen!)


Wir haben in der Debatte, die übrigens in den letzten
Monaten intensiv geführt worden ist und von Kompro-
missen geprägt war, auch die Frage des Grenzverkehrs
diskutiert und haben sehr deutlich gemacht, dass es uns
wichtig ist, dass der Grenzverkehr und die Anliegen des
kleinen Grenzverkehrs bei der Infrastrukturabgabe Be-
rücksichtigung finden. Deswegen wird die Infrastruktur-
abgabe für Halter von im Ausland zugelassenen Kfz nur
auf 13 000 Kilometer Autobahn der 53 000 Kilometer
des Bundesfernstraßennetzes erhoben. Das heißt, dass
80 Prozent unseres Fernstraßennetzes nach wie vor kos-
tenfrei genutzt werden können. Die Lösung, die wir für
unsere Grenzregionen gefunden haben, trägt wesentlich
dazu bei, dass es da nicht zu Belastungen kommt, meine
Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und die Ortsdurchfahrten entsprechend mit Autos zuzustauen!)


Dass es bei einem Systemwechsel, den ich beschrie-
ben habe, indem man also eine dritte Säule der Finanzie-
rung entwickelt, nicht zu Doppelbelastungen kommen
darf, ist, glaube ich, selbstverständlich. Es ist geradezu
eine Grundvoraussetzung für einen Systemwechsel, dass
man Doppelbelastungen vermeidet.





Bundesminister Alexander Dobrindt


(C)



(D)(B)

Deswegen haben wir im Kfz-Steuergesetz auch Steu-
erentlastungsbeträge aufgenommen, die dazu führen,
dass es für in Deutschland zugelassene Kraftfahrzeuge
keine Mehrbelastung gibt. Meine Damen und Herren,
genau das steht im Einklang mit dem Europarecht. Ich
würde Sie bitten, liebe Frau Künast: Schauen Sie sich
einmal an, was Europa in den letzten Jahren über die
Entwicklung von der Steuerfinanzierung zur Nutzer-
finanzierung geschrieben hat. Im Weißbuch Verkehr von
2011 fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf,
eine umfassende Anwendung des Prinzips der Kosten-
tragung durch den Nutzer einzuführen. Es war das klare
Signal an Deutschland, Nutzerfinanzierung zu schaffen.
Im Weißbuch von 1998 schreibt die Kommission ein-
deutig:

In vielen Fällen

– wenn es zum Systemwechsel von der Steuerfinanzie-
rung zur Nutzerfinanzierung kommt –

müssten zum Ausgleich … verkehrsbezogene Steu-
ern … gesenkt werden.

Genau das machen wir im Auftrag und im Einklang mit
der Europäischen Kommission.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Infrastrukturabgabe behandelt alle gleich. Das
Prinzip heißt: Wer Bundesfernstraßen mit nutzt, zahlt
mit. Das ist das Prinzip der Gleichbehandlung. Damit er-
geben sich auch Mehreinnahmen. Wir haben Nettomehr-
einnahmen in Höhe von einer halben Milliarde Euro je-
des Jahr,


(Lachen der Abg. Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kennen Sie Herrn Schäuble? Der hat etwas anderes ausgerechnet!)


2 Milliarden Euro Mehreinnahmen in einer Wahlperiode,
die wir zusätzlich in den Erhalt und den Neubau stecken
werden. Das ist übrigens dringend notwendig, wenn man
sich die Situation der Anmeldungen für den Bundesver-
kehrswegeplan ansieht, den wir in diesem Jahr ebenfalls
auf den Weg bringen. Wir werden in diesem Bundesver-
kehrswegeplan eine klare Priorisierung implementieren
– ja –, aber wir werden auch klare Aussagen über die Fi-
nanzierung des Bundesverkehrswegeplans machen. Hier
ist die Infrastrukturabgabe ein wesentlicher Bestandteil.

Ich weiß, es gibt immer noch eine Gruppe von Ver-
kehrspessimisten, die mit ihren straßenfeindlichen Ent-
mobilisierungsprogrammen die Stärkung der Straßenin-
vestitionen überhaupt nicht wollen. Ich weiß das.


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)


– Offensichtlich fühlen Sie von den Grünen sich betrof-
fen. – Ich muss aber sagen: Liebe Frau Wilms, Sie müs-
sen sich gar nicht mehr betroffen fühlen; denn Sie haben
in diesen Tagen ein neues Verkehrskonzept der Grünen
vorgestellt.

(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, klar! Gehen Sie mit?)


Sie sagen: Wir Grüne schließen den Neubau von Straßen
nicht aus.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir auch schon in der letzten Wahlperiode gesagt!)


Respekt. Da sind Sie ja einen weiten Weg gegangen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie schließen den Bau von Straßen nicht aus.


(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie das auch zu Ende gelesen? – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie es erst einmal richtig durch!)


Ich habe neben Ihren Aussagen etwas tiefer in Ihr
Konzept hineingeblickt. Wenn man dort hineinschaut
und nachliest, dann findet man den Straßenbau an einer
einzigen Stelle.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, viel mehr brauchen wir auch nicht! Wir sind keine Bananenrepublik, kein Entwicklungsland!)


Hier schreiben Sie von einem „Restbedarf für Erweite-
rungsmaßnahmen“. Es gibt Ihrer Meinung nach einen
Restbedarf für Erweiterungsmaßnahmen im deutschen
Straßennetz. Unsere Verkehrsprognosen sagen aus:


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bestellte Prognosen!)


40 Prozent Steigerung im Güterverkehr in den nächsten
15 Jahren, 13 Prozent Steigerung im Personenverkehr in
den nächsten 15 Jahren. Und Sie sehen einen Restbedarf
an Erweiterungsmaßnahmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden massiv
in den Erhalt und die Erweiterung unseres Autobahnnet-
zes investieren, weil das, was Sie als Restbedarf bezeich-
nen, nur Stau produzieren würde. Sie verursachen mit
Ihren Vorschlägen einen volkswirtschaftlichen Schaden,
der nicht zu verantworten ist. Deshalb gilt: Erhalt und
Neubau gehen nebeneinander und brauchen viele Inves-
titionen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Volkswirtschaftlichen Schaden verursacht nur einer: Sie!)


Aber, Frau Wilms, Sie sagen wenigstens, wie Sie Ih-
ren Restbedarf finanzieren wollen. Winni Hermann:
Man könnte in einem ersten Schritt die Mineralölsteuer
erhöhen. Toni Hofreiter: Benzin ist immer noch zu billig.
Michael Kellner: Extragroschen auf den Spritpreis.

Liebe grüne Kollegen, das ist doch kein Verkehrskon-
zept, was Sie da vorgestellt haben!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Anton Hofreiter [BÜND Bundesminister Alexander Dobrindt NIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wissen ja gar nicht, was das Wort „Konzept“ bedeutet! Sonst würden Sie den Gesetzentwurf hier nicht einbringen!)


(A)





(A) (C)


(D)(B)


– Entschuldigung, aber das ist doch der entscheidende
Unterschied zwischen Ihnen und uns. Sie schließen den
Neubau von Straßen nicht aus und wollen den Spritpreis
erhöhen. Wir steigern die Mittel für den Erhalt, finanzie-
ren den Neubau und wollen Gerechtigkeit bei der Finan-
zierung der Straße. Das ist der Unterschied.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir setzen mit der Infrastrukturabgabe auf diesen
ordnungspolitischen Grundgedanken: Mobilität – –


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809800900

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Gambke?

Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:

Gerne.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Minister, vielen Dank, dass Sie die Frage zulas-
sen. – Nachdem Sie es so elaboriert haben, dass die Grü-
nen, wie Sie sagen, Restbedarfe zulassen, will ich Sie
auf eine Sache aufmerksam machen. Sie kennen das Pro-
jekt vielleicht: B 15 neu. Es geht um eine autobahnähnli-
che Straße immerhin von Regensburg nach Rosenheim.
Es gibt einen Beschluss des von Ihrer Partei getragenen
bayerischen Kabinetts, diese Straße nicht zu bauen, son-
dern gemäß dem grünen Vorschlag nur Umgehungsstra-
ßen zu bauen. Sie von der CSU haben dann nach zwei
Wochen Ihren eigenen Kabinettsbeschluss wieder umge-
dreht und wollen jetzt für 1,8 Milliarden Euro eine Auto-
bahn bauen, obwohl schon ein Autobahnstück fertig-
gestellt ist, das mit 7 000 Fahrzeugen pro Tag den
Charakter einer Kreisstraße hat.

Würden Sie nach wie vor sagen, dass der grüne Vor-
schlag, nämlich sehr bewusst mit dem Thema Straßen-
bau umzugehen und das zu realisieren, was bezahlbar ist
und nur die unbedingten Bedarfe abdecken soll – ich
nenne das Beispiel B 15 neu; Sie kennen das sehr gut –,
falsch ist? Würden Sie mir zustimmen, dass der grüne
Vorschlag ein praktikabler ist und es nicht praktikabel
ist, hier 1,8 Milliarden Euro auszugeben, wie Sie von der
CSU es wollen?

Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:

Lieber Kollege, ich würde Ihnen dringend vorschla-
gen: Schaffen Sie mal Klarheit in Ihrer Fraktion, für oder
gegen was Sie eigentlich sind!


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie reden hier über Einzelprojekte und haben vor Ort
nicht einmal eine klare Meinung dazu. Wir werden in
den Ausbau und den Neubau der Infrastruktur auch im
Bereich der Straße investieren. Ihr Kollege Cramer hat
gesagt: Das Auto ist der „Irrsinn des Jahrhunderts“.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das Pferd kommt wieder!)


Wir sagen: Wir brauchen den Individualverkehr, und
wir brauchen den Verkehr auf der Straße. Deswegen
werden wir diese Investitionen vornehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Sören Bartol [SPD])


Liebe Kolleginnen und Kollegen, Mobilität finanziert
Infrastruktur. Das heißt, dass wir auch mit der Infrastruk-
turabgabe etwas erfüllen, was ich in der Vergangenheit
auch hier im Deutschen Bundestag angekündigt habe,
nämlich den Fünf-Punkte-Investitionshochlauf: Steige-
rung der Investitionen, die Ausweitung der Nutzerfinan-
zierung, stärkere Einbindung von privatem Kapital
– ÖPP –, klare Prioritätensetzung – beispielsweise mit
dem Programm zur Seehafenhinterlandanbindung – und
das Prinzip „Erhalt vor Neubau“ mit dem Brückenmo-
dernisierungsprogramm, bei dem übrigens weitere In-
vestitionen vorgesehen sind.


(Zuruf des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das ist der Fünf-Punkte-Investitionshochlauf, den wir
umsetzen. Das wird Punkt für Punkt eingelöst, übrigens
auch jetzt mit den Haushaltsberatungen: 4,35 Milliar-
den Euro zusätzlich für die Infrastruktur in den nächsten
drei Jahren.

An dieser Stelle möchte ich dem Bundesfinanzminis-
ter, dem Bundesfinanzministerium ganz herzlich dafür
danken,


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danken für seine Prognose, dass die Ausländermaut keine Einnahmen bringen wird!)


dass es gelungen ist, einen wesentlichen Teil der zusätz-
lichen Spielräume, die wir uns in dieser Wahlperiode er-
arbeiten, für Investitionen in die Infrastruktur zu nutzen.
4,35 Milliarden Euro zusätzlich – das ist ein echtes
Wort. Danke schön an den Finanzminister!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir steigern die Verkehrsinvestitionen in unserer In-
vestitionslinie von 10,5 Milliarden Euro pro Jahr auf
14,4 Milliarden Euro im Jahr 2018. Das können Sie in
der mittelfristigen Finanzplanung nachlesen. Dabei ist
die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen,
die wir im Jahr 2018 einführen werden, noch nicht mit
eingerechnet. Das wird weitere Beträge von 1,5 bis
2 Milliarden Euro pro Jahr bringen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das heißt, wir erreichen mit einem Mittelaufwuchs
von 40 Prozent in einer Wahlperiode einen Rekord bei
den Infrastrukturinvestitionen.


(Sören Bartol [SPD]: Sehr gut!)






Bundesminister Alexander Dobrindt


(A) (C)



(D)(B)

Das ist die größte Modernisierungsoffensive der bundes-
deutschen Geschichte und übererfüllt das, was Daehre
und Bodewig in ihrer Kommission vom Bund an zusätz-
lichen Einnahmen gefordert haben. Das ist ein echter Er-
folg im Zusammenspiel mit dem Fünf-Punkte-Investiti-
onshochlauf: Nutzerfinanzierung, Mittel aus öffentlich-
privaten Partnerschaften und zusätzliche Haushaltsmit-
tel. Das ist im Ergebnis der Erfolg einer Rekordinvesti-
tion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809801000

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Meiwald?

Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:

Jetzt ist gut, danke.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Nutzerfinanzierung, Zweckbindung, Investitions-
wende – all das bringen wir hier auf den Weg. Wir über-
nehmen die Verantwortung für unsere Infrastruktur. Wir
sorgen für Gerechtigkeit bei der Finanzierung unserer
Straßen, und ich bleibe dabei: Die Infrastrukturabgabe
ist sinnvoll, fair und gerecht. Sie ist sinnvoll, weil jeder
Euro, den wir einnehmen, zusätzlich in die Infrastruktur
investiert wird.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es kommt aber keiner!)


Sie ist fair, weil sie bei den meisten unserer Nachbarlän-
der genauso praktiziert wird,


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schlicht die Unwahrheit!)


und sie ist gerecht, weil sie diejenigen, die bisher unsere
Straßen kostenlos benutzen, angemessen an der Finan-
zierung beteiligt, und heute beschließen wir sie.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809801100

Nächster Redner ist für die Fraktion Die Linke der

Kollege Herbert Behrens.


(Beifall bei der LINKEN)



Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1809801200

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Als ich

gestern mit einem Kollegen aus Bayern über unsere De-
batte heute sprach, sagte er: Bis heute war der Dobrindt
der Wackeldackel von Seehofer. Ab heute wird er der
Watschenmann der Republik werden. Ich glaube, der
Kollege hatte recht.


(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

Die Watschen hat er verdient; denn er hat mit diesem
Gesetzentwurf, den er hier auf den Weg gebracht hat und
der hier beschlossen werden soll, schweren Schaden an-
gerichtet.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Erstens. Unsere europäischen Nachbarn, die uns be-
suchen oder nahe der Grenze einkaufen oder tanken wol-
len, müssen künftig Eintritt bezahlen, wenn sie mit dem
Auto kommen. Wenn sie das nicht wollen, dann fahren
sie halt über die Bundesstraßen. Da gilt zwar auch die
Maut, aber sie wird noch nicht erhoben; so künstlich hat
das Gesetz dies vorgesehen.

Anders ist es bei Besitzern von Autos in Deutschland.
Sie müssen dazu noch nicht einmal mit dem Auto fah-
ren. Sie bezahlen sowieso für eine Jahresvignette auf al-
len Bundesstraßen und auf allen Autobahnen, egal ob sie
dort fahren oder nicht. Aber der Betrag, den eine Jahres-
vignette kostet, wird von der Kfz-Steuer wieder abgezo-
gen. Die Mautformel Dobrindts heißt: Ausländer müssen
zahlen, deutsche Autofahrer nicht. – Das ist ein Taschen-
spielertrick. Das wird die EU so nicht akzeptieren. Diese
Umgehung wird sofort bemerkt werden, und die EU-
Kommission wird eingreifen. Wir wissen: Das geht
schief.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das haben mehrere Kommissare im Vorfeld gesagt.
Beispielsweise sagte Siim Kallas, dass die Maut so nicht
aufgesetzt werden könne. Selbst Violeta Bulc, die neue
Kommissarin, hat dazu gesagt: Die Dobrindt’sche Aus-
ländermaut verstößt gegen europäisches Recht. Die Er-
hebung einer Abgabe auf der einen Seite und die ent-
sprechende Entlastung deutscher Autofahrer auf der
anderen Seite sind nicht europarechtskonform. Europa
soll ein vereintes Europa ohne Grenzen werden. Dazu
passt keine Wegelagerei.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Bundestagsmehrheit aus Unionsfraktion und SPD
nimmt billigend in Kauf, dem Ansehen der Bundesrepu-
blik Deutschland in Europa Schaden zuzufügen – schwe-
ren Schaden. Eine Ausländermaut gibt es so – anders, als
Sie es gerade gesagt haben, Herr Dobrindt – in keinem un-
serer europäischen Nachbarländer. Die Bundestagsmehr-
heit hier im Hause riskiert ein Vertragsverletzungsverfah-
ren der EU-Kommission. Sie provoziert Staatenklagen
gegen die Bundesrepublik oder Verfahren vor deutschen
Gerichten. Schon der erste – meinetwegen – holländische
Autofahrer, der sich weigert, das Eintrittsgeld zu bezahlen
und einen Bußgeldbescheid ablehnt, kann eine gerichtli-
che Prüfung des Gesetzes auslösen.


(Volker Kauder gar nicht!)


Unionsfraktion und SPD ermuntern unsere Nachbar-
länder sogar, ähnliche Maßnahmen zu ergreifen, wie Sie
das tun wollen, nämlich in ihrem Zuständigkeitsbereich





Herbert Behrens


(A) (C)



(D)(B)

eine Maut ausschließlich für Ausländer einzuführen. Das
ist keine gute Perspektive für ein Europa der Völker.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Verkehrsminister bleibt sich aber treu.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Schön!)


Im Oktober 2012 erhielt Dobrindt von der Europa-Union
den Negativpreis Europa-Distel für den größten europa-
politischen Fauxpas. Er hatte damals den EZB-Chef
Draghi als Falschmünzer bezeichnet. Der Beschluss,
eine Ausländermaut einzuführen, ist gegen die Idee für
ein Europa ohne Grenzen gerichtet. Sie ist europapoli-
tisch verantwortungslos. Die Europa-Distel 2015 gehört
auf jeden Fall Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens. Auch der Parlamentarismus hat durch die-
ses unselige Projekt Schaden genommen.


(Sören Bartol [SPD]: Quatsch! Gustav Herzog Über Monate wurden Anfragen unserer Fraktion und auch anderer faktisch nicht beantwortet. Immer wieder wurde geschrieben, das Ministerium arbeite noch, ein Gesetzentwurf liege noch nicht vor, (Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Noch nicht aus München geschickt worden, oder was?)


(SPD): Kommen Sie mal runter vom Baum!)


der Gesetzentwurf befände sich in der Abstimmung zwi-
schen den Ressorts oder sonst irgendwas. Auch in den
Fragestunden hier im Plenum wurde gemauert. Das kann
das Plenum so nicht akzeptieren; wir haben das in der
Geschäftsordnungsdebatte bereits zum Thema gemacht.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das stärkste Stück aber ist der Schweinsgalopp in die-
sem Gesetzgebungsverfahren. Ende Februar kamen die
Entwürfe der beiden Gesetze zur Ausländermaut und zur
Entlastung bei der Kfz-Steuer ins Parlament. Heute, vier
Wochen später, soll endgültig abgestimmt werden. So
mussten wir erleben, dass umfangreiche Änderungsan-
träge der Koalition – wir haben das gehört – bis einen
Tag vor der Ausschussberatung oder sogar am selben
Tag vorgelegt worden sind und dass Anhörungen mit
Sachverständigen binnen 14 Tagen vorbereitet und aus-
gewertet werden mussten. Das ist der politische Stil der
Regierungskoalition, und der ist gewollt.

In Wirklichkeit hat die Große Koalition gar kein Inte-
resse daran, diesen Mautmurks prüfen zu lassen.


(Sören Bartol [SPD]: Das ist doch falsch! Haben wir doch gemacht! Dafür gibt es doch einen Änderungsantrag, Kollege! Sagen Sie das doch richtig!)


Expertenmeinungen aus den Anhörungen berücksichti-
gen? Fehlanzeige! Einwände aus Brüssel prüfen? Ver-
giss es! Ich zitiere:
Wir sehen aber unsere Auffassungen in den Exper-
tenmeinungen, die auch zu hören waren, bestätigt.
Deshalb sehen wir uns auch nicht veranlasst, unsere
Auffassung zu ändern.

Das sagte mir Staatssekretär Barthle in der Fragestunde
vor gut 14 Tagen.

Es ist dann wohl egal, ob Sachverständige überhaupt
einbezogen werden, um zu prüfen, draufzuschauen und
uns als Parlamentariern die Tricks in diesem Gesetz auf-
z
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1809801300
„Wir sehen uns nicht veranlasst, unsere Auffassung
zu ändern“, dann ist das ein deutliches Zeichen für das
falsche Demokratieverständnis der tonangebenden Frak-
tion hier im Hause.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Opposition sollte gar nicht die Chance bekom-
men, die Machwerke und deren Folgen gründlich durch-
zuarbeiten. Einigen Kolleginnen und Kollegen aus der
Koalition dürfte es nicht anders gegangen sein. Noch vor
vier Wochen haben Sie, Herr Kollege Bartol, darum ge-
beten, sich für die Beratung ausreichend Zeit zu nehmen;
denn die Pkw-Maut könne aus Sicht der SPD wegen der
vielen ungeklärten Fragen nicht im Schnellverfahren be-
schlossen werden. Jetzt beginne die Kärrnerarbeit, mein-
ten SPD-Kollegen. Diese Seifenblasen sind geplatzt. Sie
waren daran beteiligt. Die CSU setzt sich mit ihrem
Schnellverfahren durch. Sie akzeptieren das. Das ist die
Missachtung der parlamentarischen Beteiligungsrechte.
So nimmt der Parlamentarismus Schaden.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Drittens. Auch auf die Wählerinnen und Wähler wird
keine Rücksicht genommen. Sie vertrauten noch am
Wahltag der Aussage der Kanzlerin, die sagte: Mit mir
wird es keine Pkw-Maut geben. – Im November dessel-
ben Jahres war diese Aussage nichts mehr wert. Dieses
Versprechen war eine Wählertäuschung.

Ich frage mich auch, wie lange das Wort des Koali-
tionspartners SPD Bestand haben wird; denn die Kolle-
gen behaupten, sie stimmen einer Ausländermaut nur
dann zu, wenn sie europarechtskonform ist. Der nieder-
sächsische Ministerpräsident – SPD – sagte vorgestern,
er sei sicher, dass die Pkw-Maut vom Europäischen Ge-
richtshof gekippt wird.

Die Maut soll keinen deutschen Autofahrer belasten.
Das ist die zweite Bedingung, die Sie gestellt haben.
Wie lange gilt diese Zusage denn noch? Bis die EU-
Kommission die Eins-zu-eins-Entlastung kassiert? Die
sogenannte Infrastrukturabgabe ist für die Kommission
unbedenklich, zumindest dieser Teil. Am Ende liefern
also die Autofahrer, egal ob deutsche oder ausländi-
sche, 3,7 Milliarden Euro jährlich ab ohne Ausgleich,
weil die EU den Ausgleich kassiert hat. Genau das ist
gemeint, wenn wir hier über dieses unsägliche Projekt
sprechen. Wenn der Verkehrsminister von einem echten
Systemwechsel spricht, heißt das: Privatisierung der
Finanzierung der Infrastruktur in Deutschland. Wider-
spruch in der Koalition gibt es nicht. So steht es eigent-





Herbert Behrens


(A) (C)



(D)(B)

lich auch im Koalitionsvertrag, wenn man das Ganze
einmal entblättert und im Kern offenlegt. Sie weigern
sich, das offen auszusprechen. Das akzeptieren wir
nicht. Ihre Devise lautet: Nur keinen Streit in der Ko-
alition.

Die Kanzlerin hat hier im Plenum in einem anderen
Zusammenhang gesagt:

Abenteuer darf ich aber nicht eingehen: Das verbie-
tet mein Amtseid.

Dann wäre es Ihre Pflicht gewesen, Frau Bundeskanzle-
rin, Ihren Minister bei dieser abenteuerlichen Auslän-
dermaut zu stoppen. Sie haben es nicht getan.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn so wie bei der Ausländermaut in der Großen
Koalition geschachert wird, dann nimmt die Demokratie
Schaden und die Menschen wenden sich enttäuscht ab.
Dieser Preis ist unverantwortlich hoch für ein Gesetz,
bei dem es lediglich darum geht, eine CSU-Stammtisch-
idee durchzusetzen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809801400

Für die SPD spricht jetzt der Kollege Sören Bartol.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Sören Bartol (SPD):
Rede ID: ID1809801500

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen hier heute
die Entscheidung treffen, ob wir den vorliegenden Ge-
setzentwürfen und dem Entschließungsantrag zustim-
men oder nicht.


(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist besser, wir lassen es sein!)


Die SPD wird zustimmen. Wir stehen zu unserem Wort,
das wir bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages
gegeben haben. Diese Koalition ist handlungsfähig.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Lachen der Abg. Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Lieber Kollege Behrens von den Linken, Sie haben in
den letzten Tagen meine Fraktion aufgefordert, heute da-
gegenzustimmen. Ich bin mir auch nach Ihrer Rede gerade
ganz sicher, dass Sie nicht verstanden haben, wie Koali-
tionen funktionieren. Da kann nicht jeder das machen,
was ihm gerade so in den Kopf kommt.


(Zuruf des Abg. Herbert Behrens [DIE LINKE])


Das hat auch nichts mit Geschacher zu tun. Zum Glück
sind Ihre Parteifreunde in Brandenburg und in Thüringen
einen Schritt weiter. Man ringt um Vereinbarungen,
sucht gemeinsam nach Lösungen und setzt am Ende den
Koalitionsvertrag um.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN)


Wir brauchen in Deutschland eine funktionierende
Verkehrsinfrastruktur. Sie sichert die Mobilität der Bür-
gerinnen und Bürger und schafft so wirtschaftliches
Wachstum.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das mit dem Gesetz heute zu tun?)


Wir wollen, dass Deutschland mobil bleibt. Ein Land mit
kaputten Brücken und Straßen schränkt Mobilität ein
und gefährdet letztlich auch Arbeitsplätze. Wir werden
bis zum Ende der Legislaturperiode ein Niveau der Ver-
kehrsinvestitionen von rund 14 Milliarden Euro pro Jahr
erreichen. Das kann nicht alles auf Pump bezahlt, son-
dern muss vernünftig gegenfinanziert werden. Neben zu-
sätzlichen Steuereinnahmen müssen wir daher auch die
Nutzerfinanzierung ausweiten.

Es gibt wohl kein verkehrspolitisches Thema, über
das in Deutschland aufgeregter und emotionaler disku-
tiert wurde als über die Pkw-Maut.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das stimmt!)


Seit der Unterschrift der Parteivorsitzenden von CDU,
CSU und SPD unter den Koalitionsvertrag war klar: Es
soll auf Wunsch der CSU in Deutschland eine Pkw-Maut
geben. Die Frage war immer nur, wie.


(Zuruf des Abg. Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Dafür hat die SPD im Koalitionsvertrag klare Bedingun-
gen formuliert. Eine davon war für uns, dass kein deut-
scher Autofahrer durch die Pkw-Maut zusätzlich belastet
wird. Diese Bedingung ist erfüllt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir legen Ihnen heute auch ein verkehrspolitisches
Gesamtpaket aus einem veränderten Gesetzentwurf zur
Pkw-Maut, einem klaren Bekenntnis zur Lkw-Maut auf
allen Bundesstraßen und einer eindeutigen Strategie zur
Priorisierung der Verkehrsinvestitionen vor. Wir haben
lange und ausführlich über den Vorschlag von Bundes-
verkehrsminister Alexander Dobrindt diskutiert. Begon-
nen hat dies übrigens mit der parlamentarischen Debatte
in einer Aktuellen Stunde im Juli letzten Jahres, die Sie,
liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, damals
beantragt haben.


(Zuruf des Abg. Herbert Behrens [DIE LINKE])


In den letzten Wochen haben wir in drei verschiede-
nen Ausschüssen über ein Dutzend externe Fachleute an-
gehört. Der Verkehrsausschuss hat zweimal mit der EU-
Verkehrskommissarin Bulc über die Einführung einer
Pkw-Maut diskutiert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, CDU/CSU und
SPD haben in den letzten Wochen und Monaten die Ner-
ven behalten. Wir haben ordentlich miteinander gearbei-
tet, wir haben allerdings auch hart miteinander gerungen,
und wir sind schlussendlich zu einer Lösung gekommen.





Sören Bartol


(A) (C)



(D)(B)


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja, das hörte sich vor zwei Wochen noch anders an!)


Heute ist klar: Die Pkw-Maut wird kommen, allerdings
anders, als sie in den Deutschen Bundestag hineinge-
kommen ist.


(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Anders als es im Koalitionsvertrag steht!)


Wir haben in der SPD-Fraktion nach den Expertenan-
hörungen beschlossen, dass wir der Pkw-Maut nur mit
Änderungen zustimmen können. Wir haben als SPD ei-
nen besseren Datenschutz gefordert; jetzt werden die
Speicherfristen für persönliche Daten von drei Jahren
auf ein Jahr reduziert.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie toll! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)


Wir haben gefordert, dass Ausländer bei den Zeitvignet-
ten nicht diskriminiert werden dürfen; jetzt wird es bei
den Zeitvignetten eine Staffelung nach Ökoklassen ge-
ben. Ich finde, das ist auch eine wichtige Forderung aus
Europa gewesen.


(Beifall bei der SPD)


Wir haben gefordert, dass es eine automatische Überprü-
fung der Pkw-Maut zwei Jahre nach der Einführung im
Bundestag geben muss;


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Selbstzerstörungsklausel im Vorhinein!)


jetzt gibt es im Gesetz einen verbindlichen Einnahme-
und Bürokratiecheck.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß um die
Sorgen in den Grenzregionen. Ich bedaure sehr – das
muss ich so sagen –, dass sich die Kolleginnen und Kol-
legen von der CDU/CSU nicht dazu durchringen konn-
ten, an dieser Stelle unseren Vorschlag mitzutragen. Bes-
ser wäre es gewesen, in Ausnahmefällen gegebenenfalls
einzelne Autobahnabschnitte aus der Maut herauszuneh-
men.


(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Herbert Behrens [DIE LINKE])


Ich sage klar und deutlich: Vor diesem Hintergrund wun-
dere ich mich schon über die stellvertretende CDU-Bun-
desvorsitzende Julia Klöckner aus Rheinland-Pfalz, die
in den letzten Tagen versucht hat, dieses Thema ausge-
rechnet bei uns abzuladen.


(Thomas Oppermann [SPD]: Das wundert mich auch! – Christine Lambrecht [SPD]: Ja, ausgerechnet bei uns!)


Aber ich sage es einmal so: Ich verbuche das einfach als
nervöses Wahlkampfgetöse.


(Beifall bei der SPD)

Die Pkw-Maut allein wird unsere Probleme bei den
Verkehrsinvestitionen nicht lösen. Heute werden wir
deswegen im Bundestag einen Entschließungsantrag mit
einem klaren Bekenntnis zur Lkw-Maut auf allen Bun-
desstraßen beschließen.


(Beifall bei der SPD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für die nächste Legislaturperiode?)


Wir erwarten, dass die Bundesregierung bis zum
Sommer 2016 die rechtlichen Voraussetzungen dafür
schafft. Damit sichern wir dann ab Mitte 2018 bis zu
2 Milliarden Euro an Mehreinnahmen.


(Beifall bei der SPD)


Wer von Steuer- und Mautzahlern zusätzliche Einnah-
men haben will, der muss dafür sorgen, dass die Gelder
ordentlich investiert werden. Ich bin froh – wirklich
froh –, dass wir uns in der Koalition auf eine klare Stra-
tegie zur Priorisierung, die wir heute zur Abstimmung
stellen, geeinigt haben.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach!)


Wir werden künftig dort investieren, wo es den größten
Nutzen für Pendlerinnen und Pendler sowie für Unter-
nehmen hat. Vorrang haben Projekte mit überregionaler
Bedeutung. Das ist genau die moderne Verkehrspolitik,
die wir brauchen. Das Prinzip Gießkanne ist damit Ver-
gangenheit.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, da bin ich ja mal gespannt auf die Realisierung! Entschließungsanträge sind doch nur Makulatur!)


Es wird nicht nach Himmelsrichtung investiert, sondern
von dieser Koalition wird dort investiert, wo es ver-
kehrspolitisch notwendig ist.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809801600

Der Kollege Dr. Anton Hofreiter spricht jetzt für

Bündnis 90/Die Grünen.


(Thomas Oppermann [SPD]: Jetzt kommt der zornige Toni!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Der heutige Tag ist ein richtig peinlicher Tag
für die – zumindest zahlenmäßig – Große Koalition.


(Volker Kauder [CDU/CSU], zum Bündnis 90/ Die Grünen gewandt: Los, Beifall! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


Denn was geschieht am heutigen Tag? Eine Stamm-
tischparole der CSU wird in Gesetzesform gegossen.





Dr. Anton Hofreiter


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Gustav Herzog [SPD]: Dieser Teil der Rede war schon peinlich!)


Gegen jede Vernunft haben Horst Seehofer und Herr
Dobrindt ein europarechtswidriges, ausländerfeindli-
ches und bürokratisches Machwerk durchgesetzt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Wie bitte?)


Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD,
lassen sich von dieser CSU am Nasenring durch das Par-
lament führen. Schämen Sie sich eigentlich nicht?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Durch diese Entscheidung ist das CSU-Ausländermaut-
Projekt inzwischen auch zum Projekt der SPD


(Christine Lambrecht [SPD]: Nein!)


und zum Projekt der CDU geworden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Stellen wir uns einmal fiktiv vor, ein anderes europäi-
sches Land würde einen solch bürokratischen Unsinn
beschließen. Stellen wir uns mal vor, Griechenland
würde ein Gesetz beschließen, wo zwei Drittel – im Mi-
nimum – der Einnahmen in unsinniger Bürokratie ver-
schwinden würden! Wie sehr würde die CDU schreien,
wie sehr würde die CSU schreien! Jetzt lästern Sie still
und heimlich auf den Hinterbänken; aber Sie beschlie-
ßen es. Schämen Sie sich eigentlich nicht, was für ein
Vorbild Sie hier für Europa abgeben?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Ihre Maut ist antieuropäisch, verkehrspolitisch unsin-
nig, bürokratisch und bringt nicht einmal Einnahmen.
Ich meine, wir haben ja schon verschiedene Gesetze hier
beschlossen, über die man streiten kann; aber wirklich
selten, wirklich selten war ein Gesetz so offensichtlicher
Unsinn.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Herr Dobrindt, Sie sind politisch, fiskalisch und
rechtlich auf dem Holzweg. Wir hoffen sehr, dass dieses
Gesetz noch irgendwo gestoppt wird, bevor es dann end-
gültig vor dem EuGH scheitert; denn es ist offensichtlich
europarechtswidrig. Wie meine Kollegin bei der Ein-
bringung bereits gesagt hat: Eine diskriminierungsfreie
Diskriminierung gibt es halt nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wäre ja schon
viel, wenn Sie mit Ihrem Gesetz eine schwarze Null er-
reichen würden. Finanzminister Schäuble – wir vermu-
ten, er hat häufiger mit Zahlen und Einnahmen und Aus-
gaben zu tun – hat im Herbst letzten Jahres noch gesagt:
So wie das Gesetz sich darstellt, besteht die Gefahr, dass
die Ausgaben sogar deutlich höher sind als die Einnah-
men. – Glauben Sie doch einfach mal Ihrem Finanz-
minister!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Halina Wawzyniak [DIE LINKE])


Ich glaube, er hat mehr mit Zahlen zu tun und versteht
mehr von Finanzen als die gesamte CSU.

Aber was mich, ehrlich gesagt, wirklich am meisten
verärgert, was mich als ehemaligen Verkehrspolitiker so
richtig ärgert, ist, was dieser Minister aus dem Ministe-
rium gemacht hat, was dieser Minister aus dem Thema ge-
macht hat. Das Ministerium ist wichtig, das Thema ist
wichtig. Wir haben ganz entscheidende Aufgaben.
Deutschland ist eine der größten Export- und Importnatio-
nen. Deutschland ist ein Land, das eine funktionierende
Infrastruktur braucht. Deutschland ist ein Land, das allein
aus ökologischen Gründen auch eine moderne Infrastruk-
tur braucht. Und was haben Sie die ganze Zeit gemacht?
Sie haben aus einem wichtigen Ministerium ein Auslän-
dermautministerium gemacht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Herbert Behrens [DIE LINKE]: Skandal! – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles andere bleibt liegen!)


Sie haben nichts unternommen, um die DB AG end-
lich auf Vordermann zu bringen. Die verplempert weiter
das Geld bei seltsamen Investitionen weltweit, und Herr
Grube träumt weiter davon, dass sie irgendwann mal ein
Global Player wird. Aber das kümmert den Auslän-
dermautminister anscheinend nicht.

Beim BER erleben wir ein Desaster. Die Bundesrepu-
blik hat am BER einen erheblichen Anteil: 26 Prozent.
Da werden Monat für Monat im Minimum 30 Millionen
Euro verplempert. Das heißt, in fünf Monaten verplem-
pert der Bund da so viel Geld, wie die Ausländermaut im
Maximum einbringen kann. Aber der Ausländermautmi-
nister scheint dafür nicht zuständig zu sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wenn wir uns die Infrastruktur anschauen, müssen
wir feststellen: Die Straßen bröckeln, und eine Brücke
nach der anderen wird für den Lkw-Verkehr gesperrt.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: So ist das!)


Und was macht der Ausländermautminister? Der Aus-
ländermautminister kümmert sich nicht darum. Er hat
überhaupt kein vernünftiges Konzept zur Unterhaltung
unserer Infrastruktur – weder der Straßen noch der Was-
serstraßen noch der Schienen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Dieser Minister macht einfach da weiter, wo er als
CSU-Generalsekretär angefangen hat: Mit ausländer-
feindlichen Parolen macht er Stimmung. Aber er ist in-
zwischen Bundesminister und damit Mitglied des Kabi-
netts von Frau Merkel. Ich frage mich dann schon: Wann





Dr. Anton Hofreiter


(A) (C)



(D)(B)

sorgt Frau Merkel endlich dafür, dass Herr Dobrindt be-
greift, dass er nicht mehr CSU-Generalsekretär, sondern
Bundesminister ist


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


und damit für einen wichtigen Themenbereich eine ganz,
ganz große Verantwortung trägt? Frau Merkel, sorgen
Sie endlich dafür, dass dieser Minister versteht, dass er
nicht mehr Generalsekretär ist, sondern Bundesminister!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will hier nicht
alle Kritiker der Ausländermaut aufzählen;


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Dafür reicht die Redezeit auch nicht!)


aber eine Gruppe möchte ich besonders benennen: Das
sind die Grenzregionen. Die Grenzregionen sorgen sich
nämlich zu Recht, dass Ihr Gesetz dazu führt, dass die
Ortsdurchfahrten mit Stau geflutet werden. Die Grenzre-
gionen sind jedoch auf ein gutes nachbarschaftliches
Verhältnis angewiesen. Sie leben unter anderem davon.
Sie begrüßen gern die Bürgerinnen und Bürger aus den
anderen Grenzregionen. Sie sind auch ökonomisch auf
ein gutes Nachbarschaftsverhältnis angewiesen. Die
Grenzregionen müssen nun mit der Tatsache leben, dass
an allen Autobahnen de facto ein Schild mit der Auf-
schrift „Für Ausländer gilt ab hier die Maut“ steht. Ist Ih-
nen das nicht selber peinlich? Schämen Sie sich dafür in
einem vereinten Europa eigentlich nicht?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Zurufe von der CDU/ CSU: Die Österreicher!)


– Da Sie schon wieder „Die Österreicher“ schreien: Hö-
ren Sie endlich auf, hier die Unwahrheit zu behaupten!
Hören Sie endlich auf!


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Ulrich Lange [CDU/CSU]: Jetzt reg dich doch nicht so auf! – Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)


In Österreich gibt es eine Maut. In Frankreich gibt es
eine Maut. In Italien gibt es eine Maut. Aber da zahlen
alle. Das ist der entscheidende Unterschied.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


In Österreich zahlen die Österreicher mit. In Italien zah-
len die Italiener mit, und in Frankreich zahlen die Fran-
zosen mit. Da gibt es keine Ausländermaut. Hören Sie
also endlich auf, die Unwahrheit zu behaupten!


(Beifall des Abg. Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Zurufe von der CDU/CSU: Lächerlich!)


Ich will nicht nur von Herrn Dobrindt reden, sondern
auch von den lieben Kolleginnen und Kollegen der Gro-
ßen Koalition. Sie haben sich wirklich verdammt klein-
gemacht. Ich kann mich noch erinnern: Die SPD wollte
grundsätzliche Änderungen durchsetzen.


(Christine Lambrecht [SPD]: Haben wir doch!)


Eigentlich wollte die SPD das ganze Gesetz überhaupt
nicht. Sören Bartol, du hast davon gesprochen, dass man
in Koalitionen Kompromisse eingehen muss.


(Sören Bartol [SPD]: Haben wir mit euch auch! – Christine Lambrecht [SPD]: Aus Hessen kennt ihr das ja!)


Das stimmt, aber normalerweise sieht ein Kompromiss
so aus, dass man ein Projekt durchbringt, zum Beispiel
den Mindestlohn – wenn auch etwas verhunzt –, und da-
für einem anderen Projekt zustimmt. Koalitionen funk-
tionieren nicht so, dass der eine Partner ein vielleicht in-
haltlich umstrittenes, im Kern aber sinnvolles Projekt
bekommt, während der andere Partner dafür offensichtli-
chen Unsinn erhält. So funktioniert das normalerweise
nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Noch ein Wort an die CDU. Frau Merkel hat einmal
gesagt: Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben. – Wo ist
denn nun Frau Merkel, die gesagt hat, dass es mit ihr
keine Pkw-Maut geben wird?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist die?)


Es gibt nun sogar Schlimmeres, nämlich eine Ausländer-
Pkw-Maut. Offensichtlich führt hier die CSU die angeb-
lich mächtigste Frau Europas vor. Ist Ihnen das nicht sel-
ber peinlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
CDU? Pro Legislaturperiode gestehen Sie der CSU of-
fensichtlich ein Unsinnsprojekt zu. In der letzten Legis-
laturperiode war es das Betreuungsgeld. Nun ist es die
Ausländermaut.


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809801700

Herr Kollege.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Schämen Sie sich dafür eigentlich nicht selber?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU)


Für die CSU langt es aber auch nicht für mehr. Die CSU
macht sich selber klein. Sie beschämt damit Bayern im
Rest der Bundesrepublik. Da ich aus Bayern komme, är-
gert mich das am meisten. Hören Sie endlich auf, Bayern
im Rest der Bundesrepublik mit solchen Maßnahmen lä-
cherlich zu machen! Das ist wirklich peinlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)







(A) (C)



(D)(B)


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809801800

Nächster Redner ist der Kollege Arnold Vaatz, CDU/

CSU.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1809801900

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Was wäre der Deutsche Bundestag ohne zeit-
weilige Ausbrüche des bayerischen Temperaments? Es
ist eine sehr erfreuliche Feststellung, dass dieses Tempe-
rament offensichtlich über alle Fraktionen gleichmäßig
verteilt ist.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nun aber zur Sache. Lieber Herr Hofreiter, ich
glaube, dass durch das Gesetz, das wir heute verabschie-
den werden, die Verkehrsinfrastrukturfinanzierung in
Deutschland gerechter wird, und zwar aus einem einfa-
chen Grund: Bisher gab es Nutzer unserer Verkehrsinfra-
struktur, die dafür überhaupt kein Entgelt geleistet ha-
ben. Dies wird nun verändert. Das halte ich für eine gute
Nachricht für die Infrastrukturnutzer in Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es gibt keinen Grund, dies zu skandalisieren. Wenn wir
wollen, dass sich unsere Infrastruktur gut entwickelt,
dann müssen wir darauf achten, dass die Lasten, die aus
ihrer Nutzung folgen, auf alle möglichst gleichmäßig
und gerecht verteilt werden. Dazu ist es notwendig, dass
wir eine starke Komponente „Nutzerfinanzierung“ in un-
sere Infrastrukturprojekte einbauen. Nur so haben wir
die Gewissheit, dass sich alle mit unserer Infrastruktur
identifizieren.

Wir haben eine ganz hervorragende Infrastruktur in
Deutschland. Wir erfüllen Baustandards und Umwelt-
schutzanforderungen, die außerhalb Europas fast jedes
Land der Welt völlig überfordern würden.

Eine so teure Infrastruktur unterliegt – das haben wir
ganz besonders schmerzlich in den letzten Jahren ge-
merkt – auch einem ganz rapiden Werteverzehr. Damit
dieser Werteverzehr unsere Infrastruktur nicht immer
weiter bröckeln lässt, haben wir nach neuen Haushalts-
mitteln gerufen. Das ist auch gut so. Um diesem Werte-
verzehr aber wirklich kontinuierlich und dynamisch ent-
gegenzuwirken, ist es notwendig, dass der Infrastruktur
in dem Maße ihrer Nutzung und damit ihrer Abnutzung
Geld zufließt, das dafür sorgt, dass diese Infrastruktur re-
gelmäßig erneuert werden kann.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lkws und nicht Pkws!)


Die Devise „Erhalt vor Neubau“ ist zwar hilfreich
und notwendig, aber nicht hinreichend, wenn man eine
dauerhaft leistungsfähige Infrastruktur haben will. Da-
rum war es eine konsequente Entscheidung der Koali-
tion, auf dem Weg von der Steuerfinanzierung zur Nut-
zerfinanzierung weiter voranzugehen.
Mit den Einnahmen aus der Infrastrukturabgabe und
der auf alle Bundesstraßen erweiterten Lkw-Maut kön-
nen die Investitionen in die Verkehrswege auf eine solide
und vor allem dynamische Basis gestellt werden. Ihre Fi-
nanzierung wird damit auch unabhängiger von den
Zwängen des Bundeshaushalts.

Mit dem Gesetzentwurf ist es Minister Dobrindt jetzt
gelungen, eine tragfähige und allen Belangen gerecht
werdende Lösung zu finden – und das, obwohl wir ihm
im Koalitionsvertrag Rahmenbedingungen aufgeschrie-
ben haben, die alles andere als leicht zu erfüllen waren.


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Und auch nicht erfüllt worden sind!)


Dafür gilt ihm mein ganz besonderer Respekt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Herr Bartol hat das in seiner Rede auch deutlich ge-
macht: Es war wirklich keine leichte Geburt; es war eine
schwierige Geburt. In der Gesetzgebung ist es aber ähn-
lich wie bei den Menschen: Auch Menschen, die durch
eine schwierige Geburt auf die Welt kommen, können in
ihrem Leben Enormes leisten. So kann es auch mit
schwierig zustandegekommenen Gesetzen sein. Hoffen
wir darauf! Das wäre dringend notwendig.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809802000

Herr Kollege Vaatz, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen von Notz?


Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1809802100

Ja, wenn es sein muss. – Bitte schön.


(Gustav Herzog [SPD]: Er will jetzt als Geburtshelfer fungieren!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herzlichen Dank, Herr Kollege, für das Zulassen der
Zwischenfrage. – Sie haben den Minister gelobt.


Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1809802200

Ja.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Und Sie haben gesagt, man solle diesen Gesetzent-
wurf nicht skandalisieren, obwohl das Verfahren – es
geht darum, wie das hier gehandhabt wird – und der In-
halt skandalös sind. Ich habe jetzt eine Frage zum Inhalt.

Unter jeder Mautbrücke, unter der ein Fahrzeug durch-
fährt, wird derzeit ein Foto gemacht, auf dem der Pkw, das
Nummernschild – Stichwort automatische Kennzeichen-
erfassung –, der Fahrer bzw. die Fahrerin und gegebenen-
falls der Beifahrer bzw. die Beifahrerin zu erkennen sind.
Außerdem werden darauf das Datum und die Zeit erfasst.
Diese Daten werden gespeichert. Bei dem heutigen Sys-
tem werden dann weit über 99 Prozent der Bilder sofort
wieder gelöscht – vor allen Dingen die aller Pkws.





Dr. Konstantin von Notz


(A) (C)



(D)(B)

In Deutschland gibt es 42 Millionen Pkws. Wie wol-
len Sie es datenschutzrechtlich organisieren, dass die
Leute, die mautpflichtige Straßen nicht benutzen, einen
Rückerstattungsanspruch haben? Wie sollen sie den
Nachweis führen, dass sie diese Straßen nicht benutzen,
wenn Sie es so machen, wie es gestern im Innenaus-
schuss gesagt wurde, dass nämlich alle Fotos, die ge-
macht werden, nicht ein Jahr lang gespeichert werden,
um die entsprechende Nutzung gegenüber den Pkw-Füh-
rern nachzuweisen?


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das haben wir alles in der Anhörung gehabt!)


Meine Frage ist: Zwingen Sie also alle Leute, die
keine Maut zahlen wollen, weil sie diese Straßen nicht
benutzen, dazu, ein Fahrtenbuch zu führen, wie das ges-
tern im Innenausschuss gesagt wurde? Halten Sie das
nicht für eine massive Zumutung – insbesondere im Hin-
blick auf die Bürokratie, die dies für Millionen von Men-
schen in Deutschland wahrscheinlich bedeuten würde?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1809802300

Herr von Notz, ich glaube, wir sollten die ersten der-

artigen Fälle einmal abwarten und uns anschauen, wie
sie abgewickelt werden. Dann werden wir feststellen, ob
Korrekturen erforderlich sind oder nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erst einmal den Datenschutz aushöhlen! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Peinlich! – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mann, Mann, Mann! – Zurufe von der LINKEN)


– Das war die richtige Antwort auf so eine verknotete
Frage.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich war
dabei, etwas über unsere Finanzquellen zu sagen. Ich
möchte in diesem Bereich gerne einen Schritt weiter-
gehen. Wir reden im Augenblick über öffentliche Finan-
zierung und Nutzerfinanzierung. Meines Erachtens ist es
notwendig, den Horizont etwas zu erweitern.


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Das ist dringend erforderlich!)


Das ist insofern notwendig, als wir im Augenblick in ei-
ner einzigartigen Situation sind: Wir haben eine Niedrig-
zinsphase. Ich glaube, es wäre eine sträfliche Unterlas-
sung, wenn wir nicht darüber nachdächten, einen Teil
des anlagesuchenden Kapitals in Verkehrsinfrastruktur-
projekte zu lenken. Deshalb halte ich es für richtig,
darüber nachzudenken, wie wir in Zukunft vermehrt pri-
vates Kapital in die Infrastrukturfinanzierung einbinden
können.


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Aha! Und 3,7 Milliarden als Anschubfinanzierung?)

PPP-Projekte und Pooling-Projekte drängen sich hier
auf. Ich denke, über diesen Punkt sollten wir reden.

Schließlich und endlich möchte ich noch einen weite-
ren Punkt nennen, der mir sehr wichtig ist. Es ist nicht
so, dass alleine mehr Geld die Zukunft unserer Verkehrs-
infrastruktur sichert. Wenn wir in Deutschland weiter
diese starke wirtschaftliche Rolle spielen und diese enor-
men Volumina für unsere Sozialsysteme zur Verfügung
stellen wollen, müssen wir erreichen, dass effizienter ge-
arbeitet und damit Infrastruktur schneller bereitgestellt
werden kann.

Das große Problem sind im Augenblick rechtliche
und organisatorische Rahmenbedingungen, teilweise mit
Verfahrenswegen, deren Umsetzung viele Jahre dauern
und die einer solchen Industrienation, wie wir eine sind,
unangemessen sind. Deshalb ist es dringend erforderlich,
darüber nachzudenken, wie wir Planungsverfahren ver-
einfachen und verkürzen können, wie wir die Rechts-
wege so gestalten können, dass einerseits die Rechts-
wegegarantie erhalten bleibt und andererseits ein
Verkehrsinfrastrukturprojekt immer noch realisierbar
bleibt.

Wir müssen außerdem darauf achten, dass wir auf
diese Weise im Kostenrahmen bleiben; denn wenn sich
die Realisierungszeiten immer mehr verlängern, dann ist
natürlich auch die Gefahr sehr groß, dass sich infolge der
natürlichen Baukostenerhöhung und einer Auflagener-
höhung durch ein Genehmigungspingpong, das fast kein
Ende findet, unsere Verkehrsprojekte immer schwieriger
umsetzen lassen und dabei immer mehr Geld sinnlos
aufgefressen wird. Das kann nicht das Ziel unserer Infra-
strukturpolitik sein. Denken wir in Zukunft gemeinsam
darüber nach. Ich wünsche uns dabei viel Erfolg.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809802400

Als nächste spricht die Kollegin Sabine Leidig, Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Sabine Leidig (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1809802500

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Ich möchte über zwei Punkte sprechen, die hier noch un-
terbelichtet sind. Der erste Punkt ist die Gerechtigkeit;
das hat der Kollege Vaatz angesprochen. Der zweite
Punkt ist die Privatisierung, die Sie mit diesem Schritt
zur allgemeinen Maut in die Wege leiten.

Sie sagen, dass der vorliegende Entwurf eines Geset-
zes zur Einführung der Maut, den Sie hier im Eilver-
fahren in den Bundestag einbringen, dazu dient, die
Gerechtigkeit in der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung
zu erhöhen. Ich muss Ihnen sagen: Es wäre gut, wenn
Sie sich darüber informieren würden, wie die Belastung
der Straßen in der Bundesrepublik, aber auch in Europa
tatsächlich zustande kommt. Es sind die Lastkraftwagen,
die Lkws, die mit ihren ungeheuren Gewichten und gro-





Sabine Leidig


(A) (C)



(D)(B)

ßen Achslasten die Straßen kaputtmachen – das ist unter
allen Verkehrsexperten unbestritten –, und zwar um ei-
nen Faktor 10 000 bis 100 000. Das heißt, 10 000 bis
100 000 Pkws könnten die Straße benutzen, bis sie den
gleichen Schaden wie ein Lkw verursachen würden.

Fakt ist, dass in Europa nur etwa 1 Prozent aller
Straßen mit einer Lkw-Maut belegt ist. Daran muss man
etwas ändern, um zu einer gerechten Verkehrsinfrastruk-
turfinanzierung zu kommen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die ungerechte Grenze verläuft nicht zwischen polni-
schen, französischen, österreichischen und deutschen
Autofahrern. Die Grenze verläuft zwischen zerstöreri-
schem und umweltverträglichem Verkehr. Da müssen
Sie ansetzen, wenn Sie etwas in Richtung Gerechtigkeit
verändern wollen.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Eisenbahnen übrigens zahlen in Europa überall
Maut. 100 Prozent des Schienennetzes sind mit einer
Maut belegt. Sorgen Sie endlich dafür, dass die Lkws
den gerechten Anteil gemessen am Grad der Zerstörung
beitragen! Sorgen Sie dafür, dass die Lkw-Mautabgaben
wie in der Schweiz verdoppelt werden! Sorgen Sie dafür,
dass alle Straßen für Lkws mautpflichtig werden!


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Dann können Sie getrost darauf verzichten, eine Maut
für Autofahrer zu erheben.

Ich möchte Ihnen noch eine Kleinigkeit mit auf den
Weg geben. Wir haben gestern in der Debatte über die
Ausweitung der Lkw-Maut vorgeschlagen, zumindest
die Ausnahmeregelung, die Sie für Linienfernbusse ge-
schaffen haben, wieder abzuschaffen. Man könnte ohne
jeden bürokratischen Aufwand allein dadurch, dass man
auf dem Papier einen Satz streicht, 90 Millionen Euro
pro Jahr einnehmen. Das wäre ein Schritt zur Gerechtig-
keit, weil die Fernbusse nämlich der Bahn Konkurrenz
machen, die die volle Maut bezahlen muss. Es wäre
überhaupt nicht ungerecht, wenn die Menschen, die
weite Reisen mit dem Fernbus machen, 1 bis 2 Euro
mehr pro Fahrt zahlen.

Ich möchte auf einen weiteren Punkt eingehen, den
Sie gerade angesprochen haben. De facto ist in dem Ge-
setzentwurf verankert, dass alle Autofahrerinnen und
Autofahrer in Deutschland Maut zahlen. Auf dieser
Grundlage erwägen Sie die Privatisierung der Straßen.
Das haben Sie gerade gesagt. Wir haben es in der
Debatte mehrfach vorgebracht. Sie haben aufgejault und
so getan, als wenn das völlig aus der Welt wäre. Wir wis-
sen aber, dass der Infrastrukturfonds von Minister
Gabriel in diese Richtung geht.

Wir lehnen die Privatisierung von Straßen ab.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie wird dazu führen, dass große Baukonzerne auf
Kosten derer, die auf das Autofahren angewiesen sind,
Gewinne scheffeln. Sie wird dazu führen, dass Straßen
gebaut werden, weil sie profitabel sind, und das zulasten
der Umwelt und zulasten der Bürgerinnen und Bürger,
die schon heute enorm unter einem wachsenden
Verkehrsaufkommen leiden. Sie sollten deshalb dafür
sorgen, dass der Verkehr reduziert wird. Dann brauchen
wir diese ganzen absurden Konstruktionen nicht.


(Beifall bei der LINKEN)


Gestatten Sie mir einen letzten Satz zur SPD und zu
denen in diesem Hause, die der Ausländermaut von
Herrn Dobrindt skeptisch bis ablehnend gegenüberste-
hen. Dafür gibt es unendlich viele Gründe. Wir haben sie
alle schon gehört.

Ich bin der Meinung, dass die Bürgerinnen und Bür-
ger in diesem Land von der Politik abgeschreckt werden,
wenn sie immer wieder beobachten, wie es jetzt wieder
der Fall ist, dass die Sachargumente überhaupt nicht zäh-
len und dass es um reine Machtpolitik geht. Das widert
die Leute an.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Sören Bartol [SPD]: Am schlimmsten ist es, wenn sie Ihre Rede hören!)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809802600

Frau Kollegin Leidig, Sie haben einen letzten Satz an-

gekündigt.


Sabine Leidig (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1809802700

Ich fordere Sie auf: Lehnen Sie das ab! Dann tritt

Herr Dobrindt vielleicht zurück, aber einen besseren
Verkehrsminister finden Sie immer.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809802800

Für die SPD spricht jetzt der Kollege Sebastian

Hartmann.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Sebastian Hartmann (SPD):
Rede ID: ID1809802900

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Heute beraten und beschließen wir die Gesetzentwürfe
zur Einführung einer Infrastrukturabgabe und zum
Verkehrsteueränderungsgesetz, umgangssprachlich: die
Einführung einer Pkw-Maut.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ausländermaut!)


– Herr Krischer, auf das Stichwort werde ich nicht nur
Ihnen zuliebe gleich näher eingehen.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben aber nur sieben Minuten Redezeit!)






Sebastian Hartmann


(A) (C)



(D)(B)

– Dann stelle ich es an den Anfang. Was erlauben Sie
sich eigentlich? Wenn ich Ihr heutiges Verhalten einmal
Revue passieren lasse, muss ich als überzeugter Sozial-
demokrat und Europäer sagen: Kochen Sie die Debatte
über die Form unserer Verkehrsinfrastrukturfinanzierung
auf das Niveau herunter, auf das es gehört! Es geht um
Verwaltungsfragen und eine Gebührenerhebung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mit insgesamt fünf namentlichen Abstimmungen ver-
suchen Sie, hier einen riesigen Popanz aufzubauen,


(Beifall der Abg. Margaret Horb [CDU/CSU])


als ob es in diesem Hause um eine Entscheidung höchs-
ter Art und Güte ginge, meine Damen und Herren, liebe
Kolleginnen und Kollegen.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unverschämt!)


Wenn Sie das schon tun, unterlassen Sie vor allen
Dingen aber bitte eines, nämlich den Angehörigen
meiner stolzen Partei, der SPD – das ist die Partei von
Otto Wels und Willy Brandt –, unterschwellig oder ganz
offen Ausländerfeindlichkeit zu unterstellen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stolz? 20-Prozent-Partei!)


Lasst uns ein Volk guter Nachbarn sein. 15 andere
europäische Staaten – um das hier einmal einzuordnen –
haben auch Bemautungssysteme und Vignetten, meine
Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dass Sie als SPD diesen Quatsch von der CSU übernehmen, ist wirklich peinlich!)


– Jetzt langt es aber!


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809803000

Herr Kollege Hartmann, gestatten Sie gleich zwei

Zwischenfragen, und zwar vom Kollegen Krischer und
von der Kollegin Künast?


Sebastian Hartmann (SPD):
Rede ID: ID1809803100

Herr Krischer, zu diesem Zeitpunkt ist alles gesagt

worden.


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809803200

Sie gestatten also keine Zwischenfragen. Dann fahren

Sie fort.


Sebastian Hartmann (SPD):
Rede ID: ID1809803300

Entschuldigung, Herrn Krischer habe ich angespro-

chen. Bitte.


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809803400

Also, Herr Krischer, Ihre Zwischenfrage ist zugelas-

sen. Damit haben Sie das Wort.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1809803500

Herr Kollege Hartmann, danke, dass Sie die Zwi-

schenfrage zulassen.


(Christine Lambrecht [SPD]: Krischer hat keine Redezeit! – Gustav Herzog [SPD]: Weil Sie keine Redezeit von Ihrer Fraktion bekommen haben! – Heiterkeit)


Herr Kollege Hartmann, als ich Ihre Rede und die des
Kollegen Bartol heute Morgen hörte, war ich an einer
Stelle wirklich erstaunt. Denn bisher habe ich gedacht
– einige haben das angesprochen –, dass Sie das machen,
weil Sie sich in einer Koalition befinden. Wenn ich mir
aber anhöre, wie Sie hier davon reden, das sei ein forma-
ler Verwaltungsakt usw., komme ich zu dem Ergebnis,
dass Sie sich mit diesem Projekt identifizieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Christine Lambrecht [SPD]: Nein! Wir schlucken die Kröte!)


Durch das, was Sie hier gerade machen, wird es zu einer
sozialdemokratischen Maut. Das ist doch wohl das
Interessante, was hier passiert. Ihre Rede geht in diese
Richtung.


(Gustav Herzog [SPD]: Popanz! – Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Demokratie ist Ihnen fremd, oder wie?)


Herr Bartol hat sich ja gerade dafür auf die Schulter
geklopft, was die Sozialdemokratie hier im Parlament
alles Weltbewegendes an diesem Projekt von Herrn
Dobrindt noch verändert hat. Sie und auch Herr Bartol
haben hier bei der Einbringung als zentralen Punkt
genannt, dass dann, wenn bei der Ausländermaut die
Kompensation für Deutsche über die Kfz-Steuer weg-
fällt, die gesamte Maut wegfallen muss. Das war der
zentrale Punkt, den Sie eingebracht haben. Das ist in den
Reden nachzulesen.


(Kirsten Lühmann [SPD]: Das haben wir nie gesagt!)


Ich frage Sie: Warum ist diese Kopplung in diesem
Gesetz, das wir gleich beschließen, nicht drin? Wir stel-
len das hier gleich zur Abstimmung. Kann ich davon
ausgehen, dass die Sozialdemokraten nach ihren Ankün-
digungen in der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs un-
seren Änderungsanträgen bezüglich der Kopplung von
Wegfall der Kompensation mit dem Wegfall der Maut
insgesamt zustimmen?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Nein! – Christine Lambrecht [SPD]: Leider nein!)



Sebastian Hartmann (SPD):
Rede ID: ID1809803600

Lieber Kollege Krischer, vielen Dank für diese sehr

präzise Frage. Ich werde sie auch sehr genau beantwor-
ten. – Es bedarf Ihres Antrages nicht; denn es ist anders
gelagert, als Sie vielleicht vermuten oder versuchen, hier
zu suggerieren.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Genau!)






Sebastian Hartmann


(A) (C)



(D)(B)

Tatsächlich ist es so, dass die SPD dem Koalitions-
vertrag unter klaren Bedingungen zugestimmt hat. Die
klaren Bedingungen für die Pkw-Maut waren, dass sie
mit europäischem Recht vereinbar sein muss und keine
Belastung für den deutschen Autofahrer darstellen darf.
Des Weiteren muss sie einen tatsächlichen Beitrag zur
Finanzierung der Infrastruktur leisten. – Das sind die
Kriterien des Koalitionsvertrages.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht erfüllt! – Zuruf des Abg. Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE])


Für die SPD gelten Verträge, wie der Kollege Bartol
ausgeführt hat, in beiderlei Hinsicht. Natürlich ist die
Maut für die SPD kein Herzensanliegen oder Kernanlie-
gen gewesen;


(Christine Lambrecht [SPD]: Eine Kröte!)


aber sie steht mit klaren Bedingungen im Koalitionsver-
trag. Für uns gab es andere Themen wie den Mindest-
lohn und die Rente mit 63.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Antwort auf die Frage!)


Ich möchte die Antwort mit Blick auf die Zeit nicht allzu
sehr ausdehnen, stelle aber fest, dass wir allein nach der
ersten Lesung Dinge wie die kommunale Entlastung in
Milliardenhöhe auf den Weg gebracht haben.

Der gesamte Koalitionsvertrag gilt als solches allum-
fassend. Das Kriterium der Europarechtskonformität
musste aus unserer Sicht erfüllt sein.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wegfall der Kompensation!)


– Das ist die Antwort auf Ihre Frage. Sie müssen, wenn
Sie fragen, auch die Antwort ertragen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er hat ganz einfache Fragen gestellt, und Sie labern herum!)


Die Bedingungen des Koalitionsvertrages müssen erfüllt
sein. Dann können wir beschließen.

Wir haben hart gerungen und verhandelt. Es gab mehr
als ein Dutzend Gespräche, allein sieben im Verkehrs-
bereich. Am Montag haben wir entschieden, dass wir an
dem Punkt sind, ins Plenum zu gehen. Daher wird es
heute die Abstimmung geben. Die Koalitionskriterien
sind mit den vorliegenden Gesetzentwürfen entspre-
chend erfüllt. – Vielen Dank, Herr Krischer.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir haben in der Tat hart verhandelt. Wir haben ge-
rungen, und wir haben es uns nicht einfach gemacht.
Zwölf Monate nach Abschluss des Koalitionsvertrags ist
es tatsächlich zur Einbringung des Gesetzentwurfs ge-
kommen, und wir haben Punkt für Punkt diskutiert und
beraten. Ich ergänze noch zwei Anhörungen in zwei
Ausschüssen, ein Fachgespräch im Haushaltsausschuss,
eine zweistellige Anzahl von Sachverständigen und
ebenso viele Gutachten. Wenn Sie jetzt allerdings be-
haupten, Sie hätten nicht ausreichend Beratungszeit ge-
habt, dann frage ich mich, was Sie, liebe Kolleginnen
und Kollegen insbesondere von der Opposition, in der
Zwischenzeit gemacht haben.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich gehe auf das erste Kriterium, die Vereinbarkeit
mit dem Unionsrecht, ein. Natürlich haben wir zugehört,
als uns die EU-Kommission Hinweise gegeben hat. Des-
wegen haben wir doch die Unterscheidung bei der Kurz-
zeitvignette entlang des ökologischen Kriteriums, nach
Fahrzeugen gestaffelt, eingeführt.


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Das war seit Monaten eine Forderung der EU-Kommission!)


– Dann können Sie froh sein, dass wir monatelang bera-
ten und auch den Zeitablauf eingehalten haben. – Wir
haben die Gleichbehandlung auch bei der Kontrolle
durchgesetzt. Darüber hinaus gibt es einen Unterschied:
Ja, wir bezahlen in der Tat auf Bundesautobahnen und
Bundesstraßen, und tatsächlich sind – Stichwort: Schutz
der kleinen Grenzverkehre – auch Bundesstraßen für
ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger in Europa
ausgenommen.

Wir haben starke Verbesserungen im Datenschutz
– zweites Stichwort – durchgesetzt. Es gibt nicht nur
eine Fristverkürzung, sondern wir haben auch klarge-
stellt, wo welche Daten für welche Zwecke gespei-
chert werden, und wir haben eine unverzügliche Lö-
schung vorgesehen, wenn die Kontrollen durchgeführt
sind. Der Minister hat bei der Einführung seines Ge-
setzentwurfs gesagt, das sei das härtest mögliche Da-
tenschutzrecht überhaupt; ich sage, dass wir es noch
eine Nummer härter gemacht haben. Es ist gut so,
dass wir dem Datenschutz einen solchen Stellenwert
eingeräumt haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich gehe auf den Punkt der Grenzregionen ein. Ja, zur
Wahrheit gehört auch, dass wir das Problem von Anfang
an thematisiert haben. Im Juli gab es die Eckpunkte des
Konzepts. Am 16. Juli durfte ich in einer Stellungnahme
der SPD-Bundestagsfraktion den Fall der Grenzregionen
klar benennen.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein ehrlicher Redebeitrag wäre: Wir haben verloren, und es tut uns leid!)


Wir haben erreicht, dass die kleinen Grenzverkehre
auf Kommunal- und Landesstraßen nicht bemautet wer-
den, ebenso nicht die Bundesstraßen. Aber gut ist nicht
immer gut genug; da reden wir nicht drum herum. Wir
hätten den weiter gehenden Schutz der Grenzregionen
gewünscht. Es gab auch den Vorschlag des Bundeslands
Rheinland-Pfalz, das in der Region Trier besondere
Schwierigkeiten hat, was die Infrastruktur und die Lage
dort angeht, eine Optionspflicht einzuführen, nämlich
dass wir Korridore von 30 Kilometern an unseren Gren-
zen definieren, wo auf Antrag auf die Erhebung der
Maut auch weiter gehend verzichtet werden kann.





Sebastian Hartmann


(A) (C)



(D)(B)

Aber wir haben darüber verhandelt und als Kompro-
miss das Ergebnis erzielt, dass im Rahmen der Evaluie-
rung der Einnahmen, der Ausgaben, der Aufwendungen
und der Bürokratie vor allen Dingen die wirtschaftlichen
Auswirkungen auf die Grenzregionen genauestens über-
prüft werden. Ich sage allen Kolleginnen und Kollegen
in diesem Hause zu: Wir als Große Koalition werden
streng darauf achten, dass es zu keinen negativen wirt-
schaftlichen Auswirkungen kommt, und wir werden ge-
gebenenfalls Abhilfe schaffen.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind schon wieder solche Ansagen, die in dem Moment nicht halten, in dem sie getroffen worden sind!)


Wir haben mit der Evaluierung etwas erreicht, näm-
lich zu belegen, mit welchem Konzept hier gestartet
wurde. Herr Minister, Sie stehen in der Verantwortung.
Wir verlassen uns nach den Beratungen und den Ergän-
zungen des Gesetzentwurfs auf Ihr Wort, dass dieses
Konzept auch gelingt, liebe Kolleginnen und Kollegen
von der CDU/CSU und der SPD. Dazu haben wir den
Koalitionsvertrag unter klaren Bedingungen, was die
Pkw-Maut angeht, geschlossen.

Ich möchte abschließend auf die Kritik der Linken
eingehen, die hier vorgetragen wurde. Es gibt an einer
Stelle einen Widerspruch. Einerseits haben Sie von der
Linken von Anfang an den Antrag eingebracht: Keine
Pkw-Maut in Deutschland.


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Genau!)


Andererseits haben Sie dann an den Beratungen im Ge-
gensatz zu den Grünen doch mitgewirkt,


(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Schadensbegrenzung!)


die jetzt Änderungsanträge eingebracht und damit belegt
haben, dass sie doch ausreichend Zeit hatten,


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Sie selbst haben gesagt: Die Zeit ist zu knapp!)


sich mit den Gesetzentwürfen zu beschäftigen.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch!)


Das war gestern der Punkt. Heute hat Ihre Kollegin
Leidig ausgeführt, dass Sie die faire Bemautung aller
Verkehrsträger wollen, und sie hat die Lkw-Maut als
Beispiel angeführt. Gestern haben wir die Erweiterung
des Lkw-Mautsystems auf alle Straßen beschlossen.
Heute weichen Sie schon wieder davon ab. Was wollen
Sie denn? Die Bemautung aller Verkehrsträger und aller
Straßen für alle Fahrzeuge oder nur der Schienen oder
nur der Lkws?


(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Ja, Lkw! Wir haben eine klare Position! Sie müssen einfach zuhören!)


Das ist das Problem, wenn man sich von Anfang an aus-
klinkt.
Nach Auffassung der SPD ist das Gesetz mit Unions-
recht vereinbar. Wir verlassen uns dabei auf die Sachver-
ständigen.


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809803700

Herr Kollege Hartmann, gestatten Sie noch eine letzte

Zwischenfrage des Kollegen Behrens?


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Nein!)



Sebastian Hartmann (SPD):
Rede ID: ID1809803800

Ja, Herr Behrens, bitte.


Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1809803900

Herr Hartmann, Sie haben mich eben direkt angespro-

chen. Ich möchte Sie fragen, ob Sie bitte zur Kenntnis
nehmen mögen, wie unser Konzept zur Bemautung des
Straßenverkehrs aussehen soll. Haben Sie zur Kenntnis
genommen, dass wir, was die Ausweitung der Lkw-
Maut anbetrifft, von Anfang an gesagt haben: „Die Ver-
kehrsträger müssen entsprechend ihrer Belastung, ihrer
Zerstörungskraft herangezogen werden“? Nehmen Sie
bitte zur Kenntnis, dass dazu die Pkw-Maut nach Ihrem
Muster, auch nach dem SPD-Muster, eindeutig nicht
passt.


(Beifall bei der LINKEN)



Sebastian Hartmann (SPD):
Rede ID: ID1809804000

Herr Behrens, es ist jetzt die Frage, ob ich das, was

Sie gerade gesagt haben, einfach zur Kenntnis nehme.
Das wäre eine kurze Antwort. Aber dann müssen Sie
sich gefallen lassen, dass ich hier darauf hinweise, dass
Sie gestern Abend – das begrüße ich – unserem Konzept
zur Lkw-Mautausweitung zugestimmt haben.


(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Das ist doch logisch!)


Ich habe es hier doch offen bekannt: Das Kernanliegen
der SPD waren auch andere Projekte im Verkehrsbe-
reich. Wir haben dafür gesorgt, dass das Lkw-Mautsys-
tem auf alle Bundesstraßen erweitert wird. Das wird
über 2 Milliarden Euro mehr an jährlichen Einnahmen
generieren. Insgesamt geht der Trend in Europa zu einer
verstärkten Nutzerfinanzierung.

Weil wir es uns mit der Pkw-Maut nicht einfach ma-
chen, haben wir den Evaluierungscheck im Gesetz vor-
gesehen, um Einnahmen zu verifizieren, Bürokratie zu
überprüfen und Aufwand gegenzurechnen. Wir haben
das in den Anhörungen thematisiert, und wir haben die
Regelung zu den wirtschaftlichen Grenzregionen hinein-
genommen.


(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Damit haben Sie uns nicht widerlegt!)


Insgesamt muss das Konzept schlüssig sein. Wir werden
es heute beschließen. Aber wir werden es strengstens
überprüfen. – Ich danke Ihnen für diese Frage.

Nach unserer Auffassung ist das Gesetz mit dem Uni-
onsrecht vereinbar, obwohl Fragen aufgeworfen worden





Sebastian Hartmann


(A) (C)



(D)(B)

sind, und damit diskriminierungsfrei – das ist ein sehr
entscheidender Punkt für uns als europäische Partei –;


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


es belastet keinen deutschen Autofahrer. Damit erfüllt es
die Vorgaben des Koalitionsvertrags.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809804100

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Valerie Wilms,

Bündnis 90/Die Grünen.


Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1809804200

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren auf der Tribüne! Tja, worüber
reden wir heute? Über die CSU-Maut, das bisher auf-
wendigste und zugleich sinnloseste Projekt dieser Koali-
tion.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Herbert Behrens [DIE LINKE]: Bislang! Wir wissen nicht, was noch kommt!)


Die CSU mag sich heute freuen. Ich kann Ihnen aber
versprechen, Herr Dobrindt: Das Lachen wird Ihnen
noch vergehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


– Ich habe gesehen, was da hinten offenbar schon an Er-
klärungen abgegeben wird. – Viele in dieser Koalition
hoffen, dass es jetzt endlich vorbei ist. Ich garantiere Ih-
nen: Wenn Sie die CSU-Maut heute durchwinken, dann
geht der Ärger erst richtig los, nämlich mit Europa.

Sie wollen heute ein Gesetz beschließen, das gegen
fundamentale europäische Prinzipien verstößt. Früher
oder später wird diese Maut von Europa kassiert werden.
Bei der Lkw-Maut haben Sie das schon einmal erlebt.
Ich bin gespannt, ob dann die Maut für alle übrig bleibt.


(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Natürlich bleibt die übrig! Das ist doch gewollt!)


Vielleicht ist das auch Ihr geheimes Ziel, Herr Dobrindt.

Die Beratungen in den Ausschüssen haben alle Pro-
bleme noch einmal klar bestätigt. Da hilft es überhaupt
nichts, wenn die Koalition die gleichen Textbausteine
tausendmal wiederholt. Das ganze Konstrukt der CSU-
Maut setzt auf die persönliche Meinung eines einzigen
Professors aus Bonn. Das wird den Europäischen Ge-
richtshof nicht beeindrucken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE])


Der Europäische Gerichtshof orientiert sich an seiner
Rechtsprechung. Einzig und allein die bisherige Recht-
sprechung ist maßgeblich, und die ist verdammt eindeu-
tig: Die CSU-Maut ist und bleibt eine Diskriminierung
von EU-Ausländern. – Darum darf sie nicht in Gang ge-
setzt werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir im Bundestag, liebe Kolleginnen und Kollegen, ha-
ben die Pflicht, europarechtskonforme Gesetze zu verab-
schieden. Das muss allen in der Koalition heute klar
sein. Diese Mautgesetze sind Rechtsbruch mit Ansage.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie biegen sich aber nicht nur das Europarecht so hin,
wie es Ihnen gerade in den Kram passt. Viel schlimmer
ist die riesige Bürokratiemaschine, die Sie da aufbauen.
Eigentlich wollten Sie in dieser Woche Bürokratie ab-
schaffen. Ich habe es noch nicht erlebt, dass eine Bun-
desregierung so blank dastand wie am Montag im Haus-
haltsausschuss. Die Experten haben die Berechnungen
von Herrn Dobrindt, dem Mautbubi, in der Luft zerris-
sen. Ihr eigener Gutachter, den Sie selbst bestellt haben,
musste bei Nachfragen passen. Für wie dumm wollen
Sie uns hier im Parlament eigentlich verkaufen?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Maximal die Hälfte der geplanten Einnahmen ist
möglich. Damit können Sie vielleicht zwei Brücken pro
Jahr erneuern. Das ist lächerlich, wenn man bedenkt,
was für einen Aufwand Sie hier betreiben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Die SPD hat noch eingebracht, dass eine neue Infra-
strukturabgabebehörde geschaffen wird. Eine neue Be-
hörde! Das muss man sich auf der Zunge zergehen las-
sen.


(Sören Bartol [SPD]: Sie haben es nicht verstanden! So ein Quatsch!)


Es werden Hunderte Mitarbeiter eingestellt. Es müssen
etwa 50 Millionen Briefe an Fahrzeughalter verschickt
werden. Toll! Ich rechne einmal nach: Allein das Porto
beträgt locker 30 Millionen Euro. Es muss europaweit
ein komplett neues Mautsystem ausgeschrieben und auf-
gebaut werden. Bei dieser CSU-Maut haben Sie anschei-
nend die Pedale verwechselt. Sie treten noch einmal so
richtig auf das Bürokratiegas. Herr Dobrindt, das ist der
falsche Weg.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Allein das sind schon genug Gründe, um endgültig die
Finger von der CSU-Maut zu lassen, aber es kommt
noch schlimmer.

Viele Kommunen in den Grenzregionen haben uns in-
ständig gebeten, keine neuen Barrieren aufzubauen; sie
sind nämlich über die Grenzen hinweg zusammenge-
wachsen. Wir können das sehr gut nachvollziehen und
haben deshalb den Vorschlag des Städtetages aufgegrif-





Dr. Valerie Wilms


(A) (C)



(D)(B)

fen. Wir fordern die Koalition auf: Wenn Sie schon nicht
von der Maut lassen können, dann verschonen Sie we-
nigstens die Grenzregionen, die sie nicht wollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Von mir aus soll die CSU diesen Mist in Bayern einfüh-
ren,


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Ich mache in Bayern Urlaub! Da finde ich das auch nicht schön!)


aber sie soll nicht alle in Haftung nehmen, die ohne
Grenzen mit ihren Nachbarn zusammenleben wollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Noch ein Wort zu den Damen und Herren der Sozial-
demokratie, der 25-Prozent-Partei. Sie haben uns hier
vor vier Wochen ein paar Versprechen gegeben. An ein
Versprechen möchte ich Sie besonders erinnern. Vor vier
Wochen hat Sören Bartol laut getönt: Es darf keine Maut
für alle geben. Wenn Sie das ernst meinen, dann stim-
men Sie heute unseren Änderungen zu.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben Ihnen eine Selbstzerstörungsklausel angebo-
ten: Wenn der Europäische Gerichtshof einen Teil dieses
ganzen Quatsches kippt, dann ist Schluss. Ich kann nur
raten: Nutzen Sie diese Chance! Jeder Einzelne von Ih-
nen kann heute klarmachen, dass er keine Maut für alle
will. Da reicht es nicht, nur eine persönliche Erklärung
abzugeben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zum Schluss möchte ich noch ein paar Worte an den
Mautminister Dobrindt richten, auf dessen Mist das
Ganze gewachsen ist. Ganz bestimmt hat Ihnen die Maut
im letzten Wahlkampf geholfen, aber Sie haben danach
den richtigen Zeitpunkt des Absprungs verpasst. Um
Recht zu behalten, haben Sie fette Kröten geschluckt wie
Mindestlohn und Frauenquote.


(Christine Lambrecht [SPD]: Das sind ja wohl keine Kröten! Die Frauenquote! Hallo!)


Und was haben Sie dafür bekommen? Nichts als ein bü-
rokratisches Monstrum, das kein Geld einbringt und frü-
her oder später von Europa gekippt wird.


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809804300

Frau Kollegin Dr. Wilms, Sie denken an die Rede-

zeit?


Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1809804400

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Das nenne

ich Totalversagen eines CSU-Ministers. Wir haben keine
Zeit mehr für lokale Quatschprojekte aus Bayern wie die
CSU-Maut. Uns brechen die Brücken weg. Wir müssen
uns endlich Gedanken über eine grundsätzlich neue
Richtung in der Verkehrspolitik machen. Wenn Sie mit
ernsthaften Vorschlägen kommen, verschließen wir uns
garantiert nicht. Aber es muss endlich Schluss sein mit
noch mehr schlechten Ideen für ein ohnehin schlechtes
System.

Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809804500

Der Kollege Dr. Philipp Murmann spricht jetzt für die

Unionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Philipp Murmann (CDU):
Rede ID: ID1809804600

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und

Kollegen! Liebe Frau Wilms, dass Sie die Frauenquote
als


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Dicke fette Kröte!)


dicke fette Kröte bezeichnen,


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für die CSU!)


das hätten wir von Ihnen so nicht erwartet.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Christine Lambrecht [SPD]: Das ist unerhört! – Michael Grosse-Brömer [CDU/ CSU]: Steht jetzt im Protokoll!)


Wir kennen Sie sonst als sachlich orientiert. Das, was
Sie gerade von sich gegeben haben, war von Frust ge-
kennzeichnet.

Wir sprechen heute sicherlich über eines der spannen-
deren Projekte dieser Koalition.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Spannend?)


Es gibt Leute, die es lieben; es gibt Leute, die es hassen –
nicht in unserer Koalition, aber darüber hinausgehend.


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Doch! In der Koalition gibt es auch welche!)


Wir haben uns dieses Thema vorgenommen, weil damit
einige wichtige Aspekte verbunden sind. Ich möchte
gerne im Wesentlichen über die Chancen sprechen, die
mit diesem Projekt verbunden sind.

Wir haben gesagt, es soll keine Doppelbelastung
geben. Das wird auch nicht der Fall sein. Die Infrastruk-
turabgabe fällt für alle an: für Inländer und für Auslän-
der. Diejenigen, die Kfz-Steuer bezahlen – das sind nicht
nur Inländer; es gibt auch Ausländer, die Kfz-Steuer be-
zahlen –, werden an gleicher Stelle entlastet. Insofern
liegt da überhaupt keine Diskriminierung vor. Wir haben
das ja auch in den verschiedenen Anhörungen differen-
ziert diskutiert. Wir sind fest davon überzeugt, dass das
so, wie wir es jetzt konstruiert haben, auch gut und sinn-
voll ist. Die Höhe der Infrastrukturabgabe – auch das ist
ja wichtig – bemisst sich am CO2-Ausstoß und am Hub-
raum, genauso wie wir das bisher in unserer Struktur





Dr. Philipp Murmann


(A) (C)



(D)(B)

vorgesehen haben. Man muss also auch an dieser Stelle
sagen: Wir sind sehr konsequent geblieben, und auch das
ist sinnvoll. Wir wollen alle Nutzer fair beteiligen. Da
geht es einfach – Sie haben viel über Gerechtigkeit
gesprochen – um eine faire Beteiligung an der Nutzung
unserer Infrastruktur. Ich denke, man kann nicht behaup-
ten, dass die Regelung, wie sie jetzt vorliegt, in irgendei-
ner Form unfair ist. So, wie der Minister das jetzt vorge-
schlagen hat, ist das für uns absolut zu machen. Es
entspricht auch dem, was wir als fair empfinden.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir haben natürlich eine neue Chance, Infrastruktur
über solch eine Nutzerbeteiligung und über eine
zweckgebundene Abgabe zu finanzieren. Gerade diese
zweckgebundene Finanzierung bedeutet natürlich schon
eine Umstellung und eine neue Welt; denn wir gehen
weg von der Steuerfinanzierung hin zu einer zweck-
gebundenen, für die Infrastruktur selber angelegten
Nutzerfinanzierung. Ich denke, daraus ergeben sich eine
Menge Chancen.

Gibt es auch Nachteile? Natürlich. Es ist eine einmalige
Umstellung. Diese ist natürlich erst einmal mit Aufwand
verbunden. Wir müssen 43,5 Millionen Steuerbescheide
verschicken. Das muss man sich einmal vorstellen.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mal 62 Cent!)


– Sie können das nachlesen. Insgesamt werden Kosten
von 65 Millionen Euro anfallen, davon etwa 22 Millio-
nen Euro für diese Bescheide und 20 Millionen Euro für
Auskunftsbedarf. – Ich denke, ein wichtiger Aspekt ist
auch, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern das, was
wir machen, gut erklären, damit sie wissen, was auf sie
zukommt, nämlich dass sie die Infrastrukturabgabe
leisten, die mit der Kfz-Steuer, die sie bisher bezahlen,
gegengerechnet wird, und dass wir natürlich auch einige
zusätzliche Beamte beim Zoll brauchen, die das den
Bürgerinnen und Bürgern erklären, wenn sie denn Fra-
gen haben.

Dazu hat uns die Deutsche Zoll- und Finanzgewerk-
schaft in der Anhörung gesagt, dass das im Wesentlichen
ein Einmalaufwand ist, aber natürlich noch nicht abzuse-
hen ist, wie schnell der Bedarf abnimmt. Insofern haben
wir gemeinsam mit dem Finanzministerium gesagt: Wir
wollen nach einem Jahr einen Zwischenbericht haben,
um zu sehen: Ist denn das, was wir erwarten, auch in
etwa so eingetreten? Müssen wir irgendwo nachsteuern?
Insofern ist, denke ich, diese zusätzliche Evaluierung
auch im Sinne der Mitarbeiter des Zolls, aber auch in
unser aller Sinne; denn wir wollen ja die Maut zu einem
erfolgreichen Projekt machen.

Drei Behörden sind beteiligt: Das Kraftfahrt-Bundes-
amt ist als Infrastrukturbehörde für die Erhebung zustän-
dig, das Bundesamt für Güterverkehr soll die Über-
wachung übernehmen – das macht es ja bisher schon für
den Bereich des Lkw-Verkehrs –, und der Zoll soll ein-
schreiten, wenn es denn Vollstreckungstatbestände gibt,
also wenn sich jemand weigert, die Infrastrukturabgabe
zu bezahlen. Es gibt ja auch bisher schon Leute, die sich
weigern, die Kfz-Steuer zu bezahlen. Das werden etwa
120 zusätzliche Zollbeamte machen müssen, die dann in
einer Vereinbarung mit dem Verkehrsministerium einge-
setzt werden, um das zu vollstrecken. Ich denke, auch
das ist sinnvoll. Insofern sehen Sie schon an diesen vie-
len Details: Es ist gut durchdacht. Sehr geehrter Herr
Minister Dobrindt, insofern sind auch viele von uns, die
vielleicht am Anfang nicht begeistert waren, inzwischen
durchaus überzeugt, dass wir da in eine richtige Rich-
tung kommen.

Letzter Punkt: neue Chancen für die Nutzerfinanzie-
rung. Wir sind natürlich darauf angewiesen – auch das
wurde schon gesagt –, dass wir zusätzliche Mittel für die
Infrastrukturfinanzierung generieren können. Dafür müs-
sen natürlich nach wie vor Haushaltsmittel eingesetzt
werden. Dafür brauchen wir aber auch diese Infrastruk-
turabgabe, und wir brauchen institutionelle Investoren
oder andere, die sich an solchen Projekten beteiligen.
Diese wissen: Da gibt es keine Riesenzinsen, keine Rie-
sengewinne zu machen, sondern das sind, ich sage ein-
mal, solide Projekte mit einem mittleren Zinsniveau. Der
Gewinn aus diesen Projekten bemisst sich am Ende na-
türlich auch nach dem Erfolg. Wir müssen sicherstellen,
dass diese Projekte volkswirtschaftlich vernünftig sind,
aber auch, dass sie betriebswirtschaftlich ordentlich ge-
managt werden und aus Sicht des Bürgers kunden-
freundlich und effizient sind.

Alle diese Parameter sind sehr geeignet, sie mit Hilfe
einer Infrastrukturgesellschaft durchzuführen. Wir haben
im Moment mehrere Projekte, die auf diese Weise durch-
geführt werden. Es gab auf der A 1 das Projekt zwischen
Hamburg und Bremen; ich weiß nicht, wer dort ab und
zu fährt. Es wurde innerhalb der vorgesehenen Zeit bzw.
sogar noch etwas schneller fertiggestellt. Es ist von der
Qualität überwiegend ordentlich. Es gab einige kleine
Qualitätsmängel, die beseitigt wurden. Inzwischen ist es
eine Superautobahn.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach!)


– Frau Wilms, ich weiß nicht, wann Sie dort zuletzt ge-
fahren sind. Ich fahre dort ab und zu. Es ist ein gutes
Beispiel für ein erfolgreiches Projekt.

Bei uns in Schleswig-Holstein haben wir jetzt die A 7.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da bin ich aber mal gespannt, wie wir abgezockt werden!)


Schauen Sie sich einmal an, wie es dort organisiert wird.
Durch die Baustellen kommt man relativ gut hindurch.
Bisher haben wir dort fast keine Staus.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie schon einmal den Bundesrechnungshof gefragt?)


Es ist genau so, wie wir uns erhoffen, dass solche Pro-
jekte abgewickelt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das können wir auch selber, wenn wir einmal aus der Falle des Haushaltsrechts herauskommen!)






Dr. Philipp Murmann


(A) (C)



(D)(B)

Wir diskutieren, ob wir eine Bundesautobahninfra-
strukturgesellschaft gründen, eine staatliche Gesell-
schaft, die wiederum zusätzlich privates Kapital für Pro-
jekte einsammeln kann.


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Aha!)


Ich denke, auch über dieses Thema sollten wir diskutie-
ren.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das sollten wir mal machen!)


Auch darin stecken viele Chancen.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen: Wir sind
ein Land des Mittelstands. Mittelstand bedeutet nicht,
dass große Firmen in einem großen Zentrum sind, son-
dern viele kleine Firmen über das Land verstreut sind.
Das Nervensystem unseres Mittelstandes ist die Infra-
struktur. Deswegen sind wir alle gehalten, gute Lösun-
gen zu finden und auch konstruktiv zu diskutieren und
nicht alles in Stammtischmanier herunterzubügeln, wenn
einer einen ordentlichen Vorschlag hat.


(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Sagen Sie das mal Ihrem Stammtischminister!)


Insofern ist diese Infrastrukturabgabe eine Chance, un-
sere mittelständische Struktur sicherzustellen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Stimmen
Sie unserem Gesetzentwurf zu.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809804700

Für die SPD-Fraktion spricht jetzt die Kollegin

Bettina Hagedorn.


(Beifall bei der SPD – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Koalitionstreu, Frau Hagedorn!)



Bettina Hagedorn (SPD):
Rede ID: ID1809804800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Lieber Herr Kauder, „koalitionstreu“ haben Sie mir ge-
rade zugerufen. Na klar, die Koalitionstreue beweisen
wir doch heute.


(Beifall des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU] – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das wird eine tolle Rede!)


Dass der Fanblock für die Pkw-Maut in der SPD nicht
nur überschaubar, sondern in Wahrheit gar nicht vorhan-
den ist, ist kein Geheimnis.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann zeigt es doch heute!)


Das will ich hier noch einmal zu Protokoll geben.


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Die Abstimmung geht auch ins Protokoll!)


Aber nichtsdestotrotz – das ist das Entscheidende – ist es
Ihnen genauso gegangen bei der Einführung der
Mietpreisbremse, bei der Einführung des Mindestlohns
und bei der Einführung der Frauenquote.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Mindestlohn nicht!)


Wir sind eine Koalition, die einen Vertrag geschlossen
hat, der solide ist, bei dem alle Partner vorkommen. Eine
gute Koalition lebt davon, dass man sich gegenseitig
Respekt entgegenbringt und den Vertrag eins zu eins um-
setzt. Genau das tun wir heute. Darum stimmen wir So-
zialdemokraten auch zu.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich will eingangs etwas dazu sagen, dass die Kollegin
Haßelmann in der Debatte zur Geschäftsordnung von ei-
ner Entparlamentarisierung gesprochen hat


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


und von dem Skandal, dass alles im Hauruckverfahren
gemacht wurde. Gerade zur Aufklärung der Öffentlich-
keit will ich hier noch einmal sagen:


(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Anhörung wurde blockiert!)


Wir haben drei Anhörungen in acht Tagen durchgeführt.
Ich weiß, ehrlich gesagt, gar nicht, wann wir das als Par-
lament das letzte Mal gemacht haben. Der federführende
Verkehrsausschuss hatte fast vier Stunden eine Anhö-
rung, der Finanz- und der Haushaltsausschuss, beide
mitberatend, hatten jeweils zwei Stunden Anhörung. Wir
hatten 15 Sachverständige.


(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Mehrheit war gegen die Maut!)


Allerdings ist auch der Wahrheit geschuldet – ich habe
mir das noch einmal genau angesehen –: Von den 15 ge-
ladenen Sachverständigen waren nur 4 von dem Gesetz-
entwurf zur Pkw-Maut ganz eindeutig begeistert, der
hier auf dem Tisch liegt, weil es dazu viele Fragen gibt.
Aber wir haben uns intensiv mit diesen Fragen beschäf-
tigt. An manchen Stellen steht – ich sage einmal –
Aussage gegen Aussage. Es gibt immer auf beiden Sei-
ten Experten. Wir vertrauen dem Verkehrsminister, dass
er mit seiner Prognose recht behält, dass diese Pkw-
Maut europarechtskonform ist, Einnahmen in erhebli-
chem Umfang generieren wird und dass kein deutscher
Autofahrer mehr bezahlen wird als bisher. Das sind Ihre
Prognosen, Herr Dobrindt. Daran messen wir Sie, und
dafür drücken wir Ihnen die Daumen.


(Beifall des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU])



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809804900

Frau Kollegin Hagedorn, der Kollege Kindler möchte

eine Zwischenfrage stellen. Ich möchte aber darauf hin-
weisen, dass wir schon viele Zwischenfragen in dieser
Debatte hatten.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ja, finde ich auch!)



Bettina Hagedorn (SPD):
Rede ID: ID1809805000

Also, ich will ihn gern zu Wort kommen lassen.






(A) (C)



(D)(B)


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vielen lieben Dank, Frau Kollegin Hagedorn. Wir ar-
beiten im Haushaltsausschuss gut zusammen. Sie sind
eine sehr geschätzte Kollegin der SPD-Fraktion im
Haushaltsausschuss.


(Beifall bei der SPD – Gustav Herzog [SPD]: Nicht nur im Haushaltsausschuss!)


– Nicht nur im Haushaltsausschuss. – Das muss ich
vorab sagen, weil es mich umso erstaunter zurücklässt,
dass Sie, wenn Sie auf die Anhörung im Haushaltsaus-
schuss zurückblicken, davon ausgehen, dass es deutliche
Mehreinnahmen geben wird und der Koalitionsvertrag
eins zu eins erfüllt wird, in dem es heißt, dass die Pkw-
Maut der Finanzierung zusätzlicher Ausgaben für das
Autobahnnetz dienen soll. Auch die Kollegen Hartmann
und Bartol von der SPD-Fraktion haben an den Koali-
tionsvertrag erinnert.

Bettina Hagedorn, auch Sie waren in der Anhörung
und haben es mitbekommen: Drei von vier Gutachtern
haben gesagt, dass maximal die Hälfte der Bruttoeinnah-
men zu erwarten ist, wenn man die Verwaltungskosten
einrechnet, die auch noch in die Höhe gehen können. Es
wird demnach also keine oder kaum Mehreinnahmen ge-
ben. Das hat Herr Professor Eisenkopf von der Zeppelin-
Universität in Friedrichshafen gesagt,


(Zurufe von der CDU/CSU: Frage! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Warum heißt das „Zwischenfrage“?)


das hat der Sachverständige des Auto Clubs Europa ge-
sagt, das hat auch Frank Schmid gesagt, den die SPD als
Sachverständigen in dieser Anhörung benannt hat. Ihr
eigener Sachverständiger hat in dieser Anhörung gesagt,
dass es kaum Mehreinnahmen geben wird.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Irgendwann mal eine Frage wäre gut! – Gegenruf des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Muss er nicht!)


Dann will ich auf den Sachverständigen des Bundes-
verkehrsministeriums zu sprechen kommen, der das
Gutachten erstellt hat.


(Zurufe von der CDU/CSU: Frage!)


– Ich muss keine Frage stellen; ich kann laut Geschäfts-
ordnung auch eine Zwischenbemerkung machen. Das
wissen Sie.


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809805100

Es ist nicht notwendig, eine Frage zu stellen; es kann

auch ein Statement sein. Allerdings ist das Ganze auf
drei Minuten limitiert.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich komme jetzt zur Frage. – Sehr geehrte Kollegin
Hagedorn, Professor Schulz ist einerseits für einen
Mautdienstleister tätig, der auch die E-Vignette im
Angebot hat, die bei der Pkw-Maut vorgesehen ist, und
wurde vom Bundesverkehrsministerium für sein Gutach-
ten bezahlt. Es ist das einzige Gutachten, das die Einnah-
meprognose stützt. Er hat selber in der Anhörung gesagt,
dass die größte Schwäche bei diesem Gutachten die
Tagesgeschäftsreisenden ohne Übernachtung sind, die
die Hälfte des Einnahmenblocks in der Berechnung aus-
machen, die er dargestellt hat. Er hat gesagt, das ist die
größte Schwäche – da zitiere ich ihn jetzt. Es ist gut und
richtig und nett, dass man mit dieser Schwäche offen
umgeht, dass man sie nicht kaschieren will. Das heißt,
selbst der eigene Gutachter hat gesagt,


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ich glaube, das waren jetzt drei Minuten!)


dass es eine große Schwäche im Gutachten des Bundes-
verkehrsministeriums gibt. Dann frage ich mich:


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wenn er sich schon selbst fragt!)


Wenn drei von vier Gutachtern sagen, dass es kaum
Einnahmen bringt, wenn der eigene SPD-Gutachter sagt,
es reicht nicht, wie können Sie dann jetzt glauben, dass
es Mehreinnahmen gibt? Das stimmt doch alles nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1809805200

Herr Kollege Kindler, die drei Minuten sind jetzt

erreicht. Ich würde Sie jetzt bitten, Herr Kindler, der
Kollegin Hagedorn die Möglichkeit der Beantwortung
zu geben.


Bettina Hagedorn (SPD):
Rede ID: ID1809805300

Lieber Kollege Kindler, Sie können ja nachher im

Protokoll genau nachlesen, was ich hier vorhin gesagt
habe. Ich habe vorhin gesagt, dass bei den Experten Aus-
sage gegen Aussage stand,


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist bei jeder Anhörung im Bundestag so! Das ist nicht spektakulär!)


dass es bei den Experten beide Sichtweisen gab.


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


– Hören Sie mir doch mal zu! – Ich habe hier ausdrück-
lich gesagt, dass in einer Anhörung von 15 geladenen
Sachverständigen 4 die Regierungssichtweise unterstützt
haben und 11 es kritischer gesehen haben, und zwar in
allen Punkten: bei der Frage der Einnahmen, bei der
Frage der Europarechtskonformität und auch bei der
Frage der Steuern. Das habe ich hier vorhin so gesagt.

Dann habe ich gesagt, dass wir, auch ich, dem
Verkehrsministerium zutrauen, die eigenen Prognosen
einzuhalten. Das heißt, wir drücken ihm dafür die Dau-
men. Er ist der Verkehrsminister.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Noch!)


Es gibt zum jetzigen Zeitpunkt keine Veranlassung, zu
sagen: Wir wissen, dass er nicht recht haben wird. – Weil
das so ist, haben wir miteinander eine Evaluierung ins





Bettina Hagedorn


(A) (C)



(D)(B)

Gesetz geschrieben. Wenn wir dann gemeinsam evaluie-
ren, Herr Dobrindt, dann sind wir am Ende alle schlauer.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ja, wunderbar! Weiter!)


– Ich habe noch Zeit zur Antwort.

Richtig ist aber – das will ich Ihnen gerne zugestehen –,
dass im Haushaltsausschuss von den vier Sachverständi-
gen drei Sachverständige, unter anderem auch Herr
Schmid, der Einnahmenprognose widersprochen haben.
Alle Sachverständigen haben ihren Prognosen unter-
schiedliche Kalkulationsmuster zugrunde gelegt. Sie
waren sich also mitnichten einig. Aber in einem Punkt
haben sie übereingestimmt: Sie gingen davon aus, dass
die Nettoeinnahmen statt der 500 Millionen Euro round-
about bei maximal 150 Millionen Euro liegen werden.
Es sind dann allerdings immer noch Nettomehreinnah-
men – jedoch sehr viel weniger, als Herr Dobrindt
einkalkuliert; sie leisten da nicht mehr einen so großen
Beitrag für die Infrastruktur. Da sind wir uns sicherlich
einig. Aber die Experten haben nicht von Verlusten ge-
sprochen, wie es Kollegen von Ihnen vorhin getan ha-
ben.

So, nun will ich weitermachen. Meine Ausführungen
zu den Prognosen und zur Einnahmeseite kann ich mir ja
jetzt sparen. – Herr Dobrindt, Sie haben – wie auch
andere Kollegen – ausdrücklich darauf aufmerksam ge-
macht – dies will ich dick unterstreichen –, dass es sich
um einen Systemwechsel, einen Paradigmenwechsel,
den Einstieg von der Steuerfinanzierung in die Nutzer-
finanzierung handelt. Ich will ebenfalls betonen, dass es
in diesem Hause eigentlich eine ganz große Mehrheit
dafür gibt; denn begonnen haben wir diesen System-
wechsel während der rot-grünen Koalition 2003 mit der
Einführung der Lkw-Maut.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das stimmt sogar!)


Mit dieser Lkw-Maut nehmen wir inzwischen round-
about 4,4 Milliarden Euro pro Jahr ein. Das ist Geld, das
Investitionen in die Infrastruktur zugutekommt. Wir sind
uns im Prinzip alle einig, dass diese nutzerfinanzierten
Einnahmen gestärkt werden müssen.

Es ist richtig – was hier vorhin auch schon gesagt
worden ist –, dass die große Schwester der Pkw-Maut,
die Lkw-Maut, in diesem Hause gerade in dieser Woche
gestärkt worden ist, indem ihre Geltung ausgeweitet
wurde und indem wir jetzt auch Lkw mit einem Gesamt-
gewicht von 7,5 Tonnen heranziehen. Uns Sozialdemo-
kraten ist besonders wichtig:


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sozialdemokratinnen!)


Wir haben in dem Entschließungsantrag, den wir mit den
Kollegen der Union auf den Weg gebracht haben, festge-
legt, dass Sie, Herr Dobrindt, bis Mitte 2016 dem Kabi-
nett einen Gesetzentwurf auf den Tisch legen werden,
mit dem die Lkw-Maut so, wie es in unserem Koalitions-
vertrag steht, auf alle 40 000 Kilometer Bundesfernstra-
ßen in Deutschland ausgedehnt werden kann. Jetzt gilt
die Mautpflicht auf ungefähr 14 000 Kilometern
Bundesfernstraßen, sodass mit dieser Steigerung ein
ganz erheblicher Beitrag erzielt werden kann. Ich
glaube, es besteht Einigkeit in diesem Haus darüber,
dass in erster Linie die Lkw und der Schwerlastverkehr
den schlechten Zustand von Straßen und Brücken verur-
sachen. Darum dient es dem Verursacherprinzip, wenn
wir die Lkw-Maut stärken.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Nichtsdestotrotz: Die kleine Schwester der Lkw-
Maut, die Pkw-Maut, steht im Koalitionsvertrag. Wir
Sozialdemokraten sind koalitionstreu. Wir haben in den
zweieinhalb Jahren, die uns miteinander bis zur nächsten
Wahl bleiben, noch eine Menge vor. Darauf freuen wir
uns.

In diesem Sinne: Vielen Dank für Ihre Aufmerksam-
keit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1809805400

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abge-

ordneten Steffen Bilger, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Vielleicht noch ein kleiner Hinweis: Jeder Redner
darf seine Redezeit voll ausnutzen, aber er muss es nicht.
Das gilt nicht nur für Sie, sondern für alle.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Aber die Zwischenfragen müssen auch nicht sein!)


– Nein, es ist alles in Ordnung. – Also, Steffen Bilger hat
das Wort und spricht jetzt im Rahmen seiner Redezeit so
lange, wie er es für richtig hält. – itte.


Steffen Bilger (CDU):
Rede ID: ID1809805500

Lieber Herr Präsident, ich habe mich schon etwas un-

ter Druck gesetzt gefühlt,


(Gustav Herzog [SPD]: Lass dir nur Zeit!)


aber ich freue mich, dass ich meine Redezeit ausschöp-
fen darf. Ich werde mich bemühen, sie einzuhalten. –
Liebe Kolleginnen und Kollegen, hinter uns liegt wirk-
lich eine lange währende Diskussion in unserem Land
über die Einführung einer Pkw-Maut. Ich habe mir sagen
lassen, dass bereits seit Anfang der 80er-Jahre in
Deutschland über diese Frage diskutiert wird.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Echt?)


Seit der Bundestagswahl konnte auch ich an der
Umsetzung dieses Vorhabens arbeiten. Bei den Koali-
tionsverhandlungen haben wir klare Regeln festgelegt,
die ich noch einmal darlegen möchte: Es soll eine Vi-
gnette mit der Maßgabe eingeführt werden, dass kein
Fahrzeughalter in Deutschland stärker belastet wird als
bisher. Die Ausgestaltung wird EU-rechtskonform erfol-
gen, und die Abgabe soll zudem einen wesentlichen
Beitrag zur Finanzierung unserer Infrastruktur leisten.
Diese Bedingungen sind erfüllt.





Steffen Bilger


(A) (C)



(D)(B)

Seit den Koalitionsverhandlungen und unserer Koali-
tionsvereinbarung liegen viele intensive Gespräche hin-
ter uns. Wir waren als Verkehrspolitiker im Gespräch mit
der EU-Kommission, wir haben Anregungen aus dem
Bundesrat aufgenommen und auf den Rat von Experten
aus unserer Anhörung gehört. Nicht zuletzt haben wir
fraktionsintern und mit der SPD um die beste Lösung
gerungen, und das Ergebnis dieser Beratungen liegt
heute vor. Trotz aller Kritik: Es kann sich wirklich sehen
lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich habe mich doch etwas über die Kritik gewundert,
die auch heute in manchen Zeitungen zu lesen war, näm-
lich dass dies jetzt im Hauruckverfahren durchgezogen
worden sei. Ich glaube, jeder, der an diesen intensiven
Verhandlungen beteiligt war, kann diesen Eindruck nicht
bestätigen.


(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)


Wir haben wirklich hart gerungen, und es ist gut, dass
diese Diskussion hier im Bundestag heute beendet ist
und dass nicht mehr weiter diskutiert, sondern gehandelt
wird.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Einen Punkt, den der Minister vorhin schon angespro-
chen hat, will ich auch betonen: Es ist nämlich so, dass
nicht nur die Bundesregierung, sondern auch die Euro-
päische Kommission immer wieder dafür geworben hat,
die Nutzer unserer Straßen mehr an der Finanzierung der
Infrastruktur zu beteiligen.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich dachte, es ist europarechtskonform!)


Mit unserem Vorschlag schließen wir Mehrbelastun-
gen für Deutsche aus; darum geht es. Sie würden eine
Doppelbelastung darstellen, nachdem die ausländischen
Autofahrer bislang keinen Beitrag zur Infrastrukturfi-
nanzierung leisten, wenn sie nicht gerade in Deutschland
tanken und dabei Mineralölsteuer zahlen. Deswegen ist
und bleibt es eben doch eine Frage der Gerechtigkeit, ob
nur unsere Landsleute zur Kasse gebeten werden oder
aber alle, die auf unseren Straßen unterwegs sind.

Nun habe ich in den letzten Tagen einige Kommen-
tare gelesen und auch Zuschriften von Bürgerinnen und
Bürgern bekommen, in denen gefragt wurde, weshalb
wir denn einen so hohen Aufwand für eine Infrastruktur-
abgabe für Pkw treiben, die nur – dieses „nur“ ist für
mich schon eine falsche Beschreibung – 500 Millionen
Euro im Jahr einbringen soll;


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Eine berechtigte Frage! – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Eine gute Frage!)


beispielsweise sei es doch besser, die Lkw-Maut auszu-
weiten. Zum einen: 500 Millionen Euro sind wirklich ein
wesentlicher Beitrag zur besseren Finanzierung unserer
Infrastruktur. Da ringen wir im Verkehrsausschuss viele
Stunden lang um ganz andere Summen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich will noch einmal deutlich darstellen, was ich in
den vergangenen Debatten zu diesem Thema schon aus-
geführt habe: Es geht nicht nur um die Infrastruktur-
abgabe, sondern es geht um mehrere Schritte. Es geht
darum, mehr Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen.
Es geht um die massive Ausweitung der Lkw-Maut;
heute wird dies im Entschließungsantrag noch einmal
beschlossen. Dann kommt die Infrastrukturabgabe für
Pkw hinzu, die eben nur einen Teil eines ganzen Maß-
nahmenpakets darstellt.

Viele Verbesserungen aus den Verhandlungen der ver-
gangenen Wochen wurden bereits gewürdigt. Ich will in
aller Kürze einige noch einmal besonders hervorheben.
Wir hatten im Eckpunktepapier ursprünglich den Vor-
schlag stehen, dass alle Straßen in Deutschland bemautet
werden sollen, nicht nur die Bundesfernstraßen, sondern
auch die Landes- und Kommunalstraßen. Die Kommu-
nen und die Länder haben sich gegen diesen Vorschlag
gewandt.

Wir haben uns auch über die Grenzregionen Gedan-
ken gemacht. Ich glaube, die Lösung, die wir gefunden
haben, nämlich dass die Infrastrukturabgabe nur die
Bundesfernstraßen und bei ausländischen Fahrzeugen
nur die Bundesautobahnen betrifft, ist gut. Als Baden-
Württemberger kann ich all denen, die sich Sorgen um
die Grenzregionen machen, sagen, dass die befürchteten
Folgen, auf die vorhin auch hingewiesen wurde, nach
unserer Erfahrung nicht eintreten werden. Das nach-
barschaftliche Verhältnis in den Grenzregionen wird
weiterhin sehr gut sein, auch wenn wir die Infrastruktur-
abgabe einführen. Eine Maut haben schließlich auch
unsere Nachbarn in der Schweiz und in Österreich.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Der Datenschutz war ebenfalls ein wichtiger Diskus-
sionspunkt, der auch für uns als Unionsfraktion eine
große Bedeutung hat. Ich denke, dass die vorgenomme-
nen Änderungen durchaus zu einem sehr hohen Daten-
schutzniveau beitragen. Personenbezogene Daten
müssen nun bereits nach einem Jahr gelöscht werden. So
wenige Daten wie möglich sollen erzeugt werden. Das
ist ein wichtiges Anliegen, das wir in den letzten
Wochen noch einmal vertieft diskutiert haben.

Nächstes Thema: die Kurzzeitvignetten. Hier gab es
Anregungen der EU-Kommission, aber auch die Überle-
gung, die ökologische Lenkungswirkung zu stärken.
Nun wurden die Abgabensätze für die Zehntages- und
die Zweimonatsvignetten neu ausgestaltet. Die ausländi-
schen Kfz-Halter haben ein Wahlrecht, entweder pau-
schal eine Zehntagesvignette für 15 Euro bzw. eine
Zweimonatsvignette für 30 Euro zu erwerben oder aber
unter Angabe der genauen Kfz-Daten einen nach öko-
logischen Kriterien differenzierten Preis zu zahlen. Posi-
tiver Nebeneffekt dieser Maßnahme sind Mehreinnah-
men in Höhe von rund 13 Millionen Euro, die wir pro
Jahr erwarten.





Steffen Bilger


(A) (C)



(D)(B)

Nicht zuletzt haben wir eine intensive Evaluierung
vereinbart, bei der wirklich alle Bedenken zu den Aus-
wirkungen der Infrastrukturabgabe überprüft werden
können. So liegt Ihnen heute zur Abstimmung, denke
ich, ein gutes Maßnahmenpaket vor.

Ich will zum Abschluss allen herzlich danken, die da-
ran mitgewirkt haben, vor allem meinem Berichterstat-
terkollegen Sebastian Hartmann, mit dem wir intensiv
jeden Satz der vorgelegten Entwürfe ausdiskutiert haben
und, glaube ich, einen Beitrag dazu geleistet haben, dass
es noch etwas besser geworden ist. Herzlichen Dank!

Ich freue mich darauf, dass wir jetzt andere Themen,
auch in der öffentlichen Diskussion, wieder verstärkt in
den Mittelpunkt stellen können,


(Dagmar Ziegler [SPD]: Das glaube ich!)


und gebe hiermit 24 Sekunden meiner Redezeit zurück.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1809805600

Danke schön – auch für das kollegiale Verhalten.

Als nächster Redner hat das Wort Andreas Schwarz
von der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Andreas Schwarz (SPD):
Rede ID: ID1809805700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich räume hier
unumwunden ein, dass es für mich als Neuling schon
Gesetzentwürfe gab, bei denen ich mit mehr Begeiste-
rung dabei war und denen ich auch mit mehr Begeiste-
rung zugestimmt habe. Sie haben ja auch schon den
Redebeiträgen aus den sozialdemokratischen Reihen
heute entnommen, dass das kein sozialdemokratisches
Kernprojekt oder Kernthema ist. Ich schaue zu unserem
Verkehrsminister: Das Copyright an dem Gesetz liegt
eindeutig bei ihm. Wir als SPD mussten in den Koali-
tionsverhandlungen letztendlich die CSU-Maut aus
Bayern akzeptieren, um im Gegenzug uns wichtige so-
zialdemokratische Kernprojekte in den Koalitionsvertrag
zu bekommen. Das sind allgemeingültige politische
Grundsätze, die für alle demokratischen Parteien gelten,
die Koalitionen eingehen. Die SPD ist ein zuverlässiger
Vertragspartner.


(Beifall bei der SPD)


Ich habe mich im Dezember 2013 an der Basis meiner
Partei sehr für die Annahme dieses Koalitionsvertrages
eingesetzt, weil ich der Überzeugung war, aber auch bin,
dass er unser Land voranbringt. Und er tut es auch.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU])


Daran wird auch die Maut nichts ändern.

Wir haben die beiden Gesetzentwürfe in den letzten
Wochen auf Herz und Nieren geprüft, zum Teil erhebli-
chen Änderungsbedarf angemeldet und Änderungen
auch durchgesetzt. Ich habe in meiner Rede bei der ers-
ten Lesung des Gesetzentwurfes am 26. Februar gesagt,
dass wir uns im Zuge der parlamentarischen Beratungen
noch einmal sehr genau mit der Arbeitsbelastung in der
Zollverwaltung befassen müssen. An dieser Stelle
möchte ich betonen, dass die Kolleginnen und Kollegen
vom Zoll einen hervorragenden Job machen und mittler-
weile fast Mädchen für alles in diesem Land sind.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir als Gesetzgeber haben dafür zu sorgen, dass die Ein-
führung der Infrastrukturabgabe und deren Verrechnung
mit der Kfz-Steuer reibungslos funktionieren. Das sind
wir auch den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land
schuldig.

Der Gesetzentwurf zur Kfz-Steuer sieht eine Prüfung
der tatsächlichen Höhe des Erfüllungsaufwands nach
zwei Jahren vor. Daran ist nichts zu beanstanden, weil
eine Evaluation vorher aufgrund des fehlenden bzw.
noch nicht ausreichenden Zahlenmaterials wenig
sinnvoll ist. Die Anhörung des Finanzausschusses am
vorangegangenen Montag hat nach unserem Dafürhalten
die Zweifel am möglicherweise zu knapp bemessenen
Personalbedarf für Auskunft, Rechtsbehelfe und
Vollstreckung bei der Zollverwaltung bestätigt. Die Zoll-
gewerkschaft konnte ihre Zweifel an der Personalpla-
nung aus unserer Sicht überzeugend darlegen.

Deshalb haben wir uns in der Koalition darauf ver-
ständigt, im Begründungsteil des Gesetzentwurfes einen
Zwischenbericht über die Personalsituation nach zwölf
Monaten einzufordern. Nach internen Berechnungen des
BMF soll das Aufkommen von Bürgeranfragen gut ein
Jahr nach Inkrafttreten des Zweiten Verkehrsteuerände-
rungsgesetzes zurückgehen. Intern im BMF wird davon
ausgegangen, dass man bereits nach 15 Monaten wieder
Personal herunterfahren kann. Die Zollgewerkschaft hat
diesbezüglich aber begründete Zweifel angemeldet. Aus
diesem Grund halten wir es für sinnvoll, zunächst nach
einem Jahr zu prüfen, ob das Personal zurückgefahren
werden kann oder ob es weiter benötigt wird. Wir gehen
zusammen mit der Zollgewerkschaft davon aus, dass der
Beratungsbedarf entgegen den Annahmen des BMF
eventuell doch nicht zurückgehen könnte. Dass wir die
Zahlen nach einem Jahr übermittelt bekommen, wird es
uns ermöglichen, Bedarfe frühzeitig zu erkennen und im
Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger gegenzusteuern.

Noch ein paar Worte zur Situation in den grenznahen
Gebieten; das Thema ist schon mehrmals angeklungen.
Ich selber komme aus Bayern; wir sind ja auch betrof-
fen. Wir nehmen die Sorgen und Nöte der Grenzregio-
nen sehr ernst und haben uns stets für sie eingesetzt.
Dass die Infrastrukturabgabe entgegen der Referenten-
entwürfe nur noch für die Nutzung von Bundesfernstra-
ßen erhoben werden soll, war bereits ein wichtiger
Schritt und ist auch als Eingeständnis von Minister
Dobrindt zu verstehen. Der vorliegende Entschließungs-
antrag hat die Problematik weiter im Blick, wenn dort
davon die Rede ist, dass wir die Auswirkungen der Maut
auf die wirtschaftliche Situation der Grenzregionen sehr





Andreas Schwarz


(A) (C)



(D)(B)

genau beobachten und gegebenenfalls umsteuern müs-
sen. Eines muss klar sein: Die Bewohnerinnen und
Bewohner grenznaher Gebiete dürfen durch zu befürch-
tende Umsatzeinbußen nicht zu den Leidtragenden die-
ser Maut werden.


(Beifall bei der SPD)


Zum Schluss möchte ich mich bei meinem Kollegen
Dr. Murmann ganz herzlich für das äußerst konstruktive
Verfahren bei der Berichterstattung bedanken. Ich möchte
mich auch beim BMF und bei der Zollverwaltung bedan-
ken. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben als SPD-
Bundestagsfraktion versprochen, –


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1809805800

Achten Sie auf die Zeit.


Andreas Schwarz (SPD):
Rede ID: ID1809805900

– dass es keine Mehrbelastung für die inländischen Au-

tofahrerinnen und Autofahrer geben wird. Dieses Verspre-
chen haben wir gehalten.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1809806000

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abge-

ordneten Ulrich Lange, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ulrich Lange (CSU):
Rede ID: ID1809806100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Infrastrukturabgabe kommt. Heute ist ein guter Tag für
die Verkehrspolitik in Deutschland.


(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oje! – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sag doch mal was Neues!)


Das ist ein echter, großer Erfolg für unsere gemeinsame
Große Koalition. Herzlichen Dank dafür!


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bring doch auch mal ein paar Sachargumente!)


Lieber Bundesminister, lieber Alexander Dobrindt, es
hat doch keiner geglaubt,


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Ja, das stimmt! Das war wirklich nicht zu glauben! – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So viel Unsinn hätte man selbst Ihnen nicht zugetraut!)


dass wir das schaffen: EU-rechtskonform, ohne Mehrbe-
lastung. Ich weiß doch, wie hier geredet worden ist. Des-
wegen: Gratulation an den Minister, Gratulation aber
auch an dieses Haus für die vielen guten Beiträge und für
die Konzeption dieses schlüssigen und überzeugenden
Gesetzes.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das darf doch wohl nicht wahr sein!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, da
nützen Ihre ganzen Anfeindungen nichts. – Lieber Kol-
lege Hofreiter, hör mal zu!


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich werde gerade von der Kollegin angesprochen!)


– Ja, hör mal zu!


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Du schreist ja so laut! Das würde ich sowieso hören!)


Wenn es darum geht, was in dieser Legislaturperiode
von diesem Haus geleistet worden ist,


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von diesem Haus? Ist das armselig!)


dann zähle ich es einmal auf: WSV-Reform, Leistungs-
und Finanzierungsvereinbarung, Lärmschutz, mehr Geld
für Radwege, Brückensanierungsprogramm, Investi-
tionshochlauf. Die Wähler und Wählerinnen sind dank-
bar, dass wir dieses Haus führen und nicht die Grünen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oje, was für ein Verständnis! – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Haus hier ist das Parlament, und das führt der Herr Lammert! Der hat mit der Maut überhaupt nichts zu tun!)


Für EU-Rechtskonformität haben wir gesorgt.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1809806200

Herr Kollege?


Ulrich Lange (CSU):
Rede ID: ID1809806300

Nein, keine Zwischenfragen mehr.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dann müssen Sie sich halt mal auf die Rednerliste setzen
lassen, liebe Kollegin Künast. Sie haben hier keine Re-
dezeit mehr, und das war der Wunsch der Wählerinnen
und Wähler.


(Beifall des Abg. Dr. Georg Nüßlein [CDU/ CSU] – Widerspruch bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir kommen dem Wunsch der EU nach mehr Nutzer-
finanzierung nach. Ich sage Ihnen noch eines: So wie es
der Kollege Hartmann für die SPD deutlich gemacht hat,
so gilt für die Unionsparteien: Die Parteien von Konrad
Adenauer, Helmut Kohl, Franz Josef Strauß und Theo
Waigel brauchen von Ihnen keine Nachhilfe in Europa-
politik.





Ulrich Lange


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen Europa ja auch nicht! Europa interessiert euch in Bayern ja nicht!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich nur
einen Satz zum Thema EuGH sagen: Wir wären schlechte
Parlamentarier und würden unsere Aufgabe als Legisla-
tive falsch verstehen, wenn wir erst den EuGH fragen
und dann Gesetze machen würden. Gewaltenteilung
schaut anders aus: Erst Gesetzgeber, dann gerichtliche
Überprüfung.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zu den Grenzregionen. Ja, wir haben nachgebessert.
Wir haben die Bundesstraßen herausgenommen. Wie in
vielen anderen europäischen Ländern zahlt der ausländi-
sche Kfz-Halter jetzt auch in der Bundesrepublik
Deutschland für die Nutzung der Autobahnen. Das spal-
tet nicht. Nein, das ist so wie in vielen anderen Teilen
Europas auch.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sagen hier immer konstant die Unwahrheit! – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch schlicht und ergreifend nicht!)


Man fährt über die Bundesstraßen, man fährt über die
Kommunalstraßen, man kommt nach Deutschland. Die
Landschaften zwischen Bayern und Tirol blühen. Frau
Wilms, kommen Sie aus dem Norden mal in den Süden!
Dann sehen Sie, wie gut das bei uns funktioniert. Wir
können Ihnen gerne Nachhilfeunterricht geben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das nützt mir gar nichts!)


Wir haben zu Recht diese Lösung für den Grenzver-
kehr so aufrechterhalten.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie nicht aufhören, so zu schreien, kommen immer weniger Leute zu uns!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, ich würde sa-
gen: Fangen Sie den Vorwahlkampf in Ihren Bundeslän-
dern wieder ein! Diese Grenzregionregel ist richtig und
gut.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Einnahmen – das ist konservativ, transparent und
solide gerechnet –


(Lachen der Abg. Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


sind keine Peanuts. Kollege Hartmann hat gestern bei der
Lkw-Maut von 380 Millionen Euro gesprochen; das ist
nicht wenig Geld. 500 Millionen Euro, eine halbe Mil-
liarde Euro, sind fast 10 Prozent von dem, was wir für
Straßen ausgeben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
10 Prozent mehr allein für die Straßen – das ist richtig
Geld, und das muss man den Bürgerinnen und Bürgern so
auch ehrlich sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das parlamentarische Verfahren war zügig, intensiv
und solide. Liebe Kollegin Wilms, der Gesetzentwurf
wurde am 17. Dezember im Kabinett behandelt; die Grü-
nen hatten die Anhörung für den 4. März beantragt; sie
fand statt zwei Wochen später, am 18. März. Sie hatten
damit zwei Wochen mehr Zeit, sich Fragen zu überlegen.


(Zuruf des Abg. Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Wenn Sie dann in drei Anhörungen nicht in der Lage
sind, ausreichend Fragen zu stellen, sollten Sie sich tat-
sächlich mehr mit der Materie beschäftigen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So geht es doch nicht!)


Wir haben – das ist richtig – einige Änderungen auf-
genommen. Es geht um kleinere Korrekturen, um Kurz-
zeitvignette, Datenschutz, Evaluierung. Das ist gut und
richtig, und das ist Teil des parlamentarischen Verfah-
rens. Wir haben einen Entschließungsantrag, in dem wir
den Systemwechsel nochmals unterstreichen im Hin-
blick auf die Lkw-Maut. Wenn hier Kollegen von ande-
ren Fraktionen – insbesondere von den Grünen – immer
behaupten, der Lkw mache die Straßen kaputt, aber wir
ließen ihn bei der Maut außen vor, dann stimmt das
nicht, weil wir den Weg des Systemwechsels und der
Lkw-Maut ganz konsequent weitergehen in dieser Koali-
tion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben weniger Einnahmen als früher!)


Es ist richtig: Beim Bundesverkehrswegeplan – da-
rauf hatten wir uns im Koalitionsvertrag schon verstän-
digt – priorisieren wir. Aber ich sage genauso deutlich:
Wir priorisieren, aber wir hängen die ländlichen Räume
nicht ab. Wir sind für gleiche Lebensbedingungen in
Stadt und Land, und das wird sich im Bundesverkehrs-
wegeplan wiederfinden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben hier ei-
nen überzeugenden Gesetzentwurf, eine großartige,
klasse Leistung. Das ist ein stolzer und guter Tag für die
deutsche Verkehrsinfrastruktur.

Herzlichen Dank. Frohe Ostern!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1809806400

Als nächster Rednerin erteile ich das Wort – sie ist

schon selbst nach vorne gekommen – der Abgeordneten
Kirsten Lühmann, SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)







(A) (C)



(D)(B)


Kirsten Lühmann (SPD):
Rede ID: ID1809806500

Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Sie verstehen si-

cher, dass mein Vortrag nicht ganz so emotional sein
wird wie der des Kollegen Lange.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schade!)


Aber zu Beginn lassen Sie mich sagen: Frau Wilms,
dieses Gesetz ist nicht offensichtlich EU-rechtswidrig,
wie Sie es hier behauptet haben.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, Frau Lühmann! Schauen Sie sich mal die letzten Wortprotokolle an!)


Wir haben nämlich die Hinweise der zuständigen Kom-
missarin Bulc aufgenommen. Da sie es ist, die letztend-
lich entscheiden wird, ob dieses Gesetz dem EU-Recht
entspricht oder nicht, waren uns ihre Worte besonders
wichtig. Das haben wir umgesetzt, liebe Kollegen und
Kolleginnen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Auch Ihr Hinweis, es werde eine neue Behörde ge-
schaffen, stimmt nicht. Wenn Sie einmal im Gesetz
nachlesen – das haben Sie sicher getan; Sie haben sich ja
hervorragend vorbereitet –, sehen Sie, dass in § 4 steht:
Es handelt sich lediglich um eine verwaltungsrechtliche
Regelung. Die Maut wird natürlich von der schon vor-
handenen Behörde, dem Kraftfahrt-Bundesamt, erhoben.

Unser Koalitionsvertrag wurde heute schon öfter zi-
tiert. Ich habe mir angeschaut, was wir für den Ver-
kehrsbereich aufgeschrieben haben; das können Sie in
332 Zeilen nachlesen. Über die Pkw-Maut stehen dort
ganze 6 Zeilen, allerdings 6 Zeilen, über die wir schon
ziemlich lange diskutieren. Wir haben um Verbesserun-
gen gerungen. Wir hatten allein mit den Berichterstat-
tern des Verkehrsausschusses sieben Gespräche. Es gab
Expertenanhörungen. Wir haben Änderungsanträge im
Umfang von 36 Seiten formuliert. Es ist uns gelungen,
viele Anregungen der Fachleute aus den Anhörungen
umzusetzen, auch – das muss ich hier deutlich sagen –
wenn wir uns als SPD für die Grenzregionen eine an-
dere Lösung gewünscht hätten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Minister Dobrindt, Sie haben betont, die Erhebung
der Maut allein auf Bundesautobahnen habe keine Aus-
wirkung auf den kleinen Grenzverkehr. Das sehen wir,
aber auch die betroffenen Menschen, Unternehmer ge-
nauso wie Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpoli-
tiker – gleich welcher Partei –, anders.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Aber genauso wie bei so vielen anderen Annahmen, die
diesem Gesetz zugrunde liegen, werden wir erst nach der
Mauteinführung wissen, wer recht hatte. Deshalb haben
wir uns darauf geeinigt, dass die Auswirkungen auf die
Grenzregionen nach zwei Jahren überprüft werden, und
zwar zusammen mit dem Einnahme- und Bürokratie-
check. Dann werden wir wissen, welche der Prognosen
von Minister Dobrindt und der CSU richtig waren und
welche nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir wollen uns entscheidend darüber auseinanderset-
zen, wofür wir das Geld, das wir mit der Pkw-Maut ein-
nehmen, ausgeben wollen. Daher verpflichten wir die
Bundesregierung in unserem Entschließungsantrag, über
den wir heute abstimmen werden, sich nun der weiterge-
henden Vorhaben, die in den restlichen 326 Zeilen des
Koalitionsvertrags erwähnt werden, verstärkt anzuneh-
men. Neben der Ausweitung der Lkw-Maut gibt es viele
Themen, zum Beispiel die Verpflichtung, die Zahl der
Verkehrstoten zu senken. Hier geht es insbesondere um
die Ausbildung von Fahranfängern. Wir müssen zudem
die Eisenbahnregulierung auf den Weg bringen. Wir
müssen uns um die Arbeitsbedingungen im Bereich
Güterverkehr und Logistik kümmern. Hier warten wir
dringend auf die Fortschreibung des „Aktionsplans Gü-
terverkehr und Logistik“; denn wir beobachten ein zu-
nehmendes Sozialdumping in diesem Bereich, dessen
wir uns zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen
aus dem Bereich Arbeit und Soziales annehmen müssen.

Unser Fraktionsvorsitzender Thomas Oppermann hat
unsere Haltung zur Infrastrukturabgabe in dieser Woche
so auf den Punkt gebracht:

Die Pkw-Maut ist kein verkehrspolitisches Anlie-
gen der SPD. Aber wir haben uns im Rahmen des
erreichten Gesamtpakets im Koalitionsvertrag ein-
verstanden erklärt, dem Vorhaben unseres Koali-
tionspartners nicht im Wege zu stehen.

Damit hat er vorsichtig zusammengefasst, worüber wir
diskutiert haben.

Der Gesetzentwurf mit den Änderungen, die wir ein-
gearbeitet haben, wird heute eine deutliche Mehrheit be-
kommen. Damit ist das parlamentarische Verfahren bis
zur Vorlage des Bürokratie- und Einnahmechecks been-
det. Nach den Osterferien können wir uns dann anderen
Projekten des Koalitionsvertrags widmen, zum Beispiel
der Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen,
was uns im Jahr 2 Milliarden Euro bringen wird. Und bei
dieser Berechnung sind sich alle Experten einig. Ich
freue mich, dass wir uns nun mit ganzer Kraft dieser und
anderen sinnvollen Verbesserungen im Verkehrsbereich
widmen können.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1809806600

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung
von Bundesfernstraßen. Der Ausschuss für Verkehr und
digitale Infrastruktur empfiehlt unter Buchstabe a seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/4455, den Ge-





Vizepräsident Peter Hintze


(A) (C)



(B)

setzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 18/3990
in der Ausschussfassung anzunehmen. Hierzu liegen
zwei Änderungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen vor, über die wir jetzt namentlich abstimmen.

Wir kommen zuerst zur namentlichen Abstimmung
über den Änderungsantrag auf Drucksache 18/4484. Ich
bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorge-
sehenen Plätze einzunehmen. – Sind die Plätze an den
Urnen besetzt? – Das ist der Fall. Ich eröffne die erste
namentliche Abstimmung, die über den Änderungs-
antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck-
sache 18/4484.

Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme bei dieser ersten namentlichen Abstimmung
noch nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ich
schließe die erste namentliche Abstimmung und bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszäh-
lung zu beginnen.

Wir kommen nun zur zweiten namentlichen Ab-
stimmung über den Änderungsantrag der Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/4485. Ich bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen
Plätze einzunehmen. – Sind die Plätze der Schriftführe-
rinnen und Schriftführer zur zweiten namentlichen Ab-
stimmung besetzt? – Das ist der Fall. Ich eröffne die
zweite namentliche Abstimmung über den Änderungs-
antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck-
sache 18/4485.
Ist ein Kollege oder eine Kollegin im Raum, der oder
die bei der zweiten namentlichen Abstimmung die
Stimme noch nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der
Fall. Ich schließe die zweite namentliche Abstimmung
und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit
der Auszählung zu beginnen.1)

Bis zum Vorliegen der Ergebnisse der namentlichen
Abstimmungen unterbreche ich die Sitzung.


(Unterbrechung von 11.35 bis 11.45 Uhr)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1809806700

Die Sitzung ist wieder eröffnet. Ich bitte Sie, Platz zu

nehmen.


(Glocke des Präsidenten)


Ich verlese die Protokolle zu den beiden namentlichen
Abstimmungen und komme zunächst zu Protokoll Num-
mer 1 des von den Schriftführerinnen und Schriftführern
ermittelten Ergebnisses der namentlichen Abstim-
mung über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen zu der zweiten Beratung des Entwurfs eines
Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für
die Benutzung von Bundesfernstraßen, Drucksa-
chen 18/3990, 18/4455 und 18/4484: abgegebene Stim-
men 568. Mit Ja haben gestimmt 58, mit Nein haben
gestimmt 451, enthalten haben sich 59. Der Änderungs-
antrag ist damit abgelehnt.

1) Ergebnis Seite 9350 B

(D)

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 568;
davon

ja: 58
nein: 450
enthalten: 60

Ja

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Luise Amtsberg
Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Dr. Franziska Brantner
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Dr. Thomas Gambke
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Stephan Kühn (Dresden)

Christian Kühn (Tübingen)

Renate Künast
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Dr. Tobias Lindner
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Cem Özdemir
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Manuel Sarrazin
Ulle Schauws
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr. Wolfgang Strengmann-
Kuhn

Hans-Christian Ströbele
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr. Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Dr. Valerie Wilms

Nein

CDU/CSU

Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Peter Altmaier
Artur Auernhammer
Dorothee Bär
Günter Baumann
Maik Beermann
Veronika Bellmann
Sybille Benning
Dr. André Berghegger
Dr. Christoph Bergner
Ute Bertram
Peter Beyer
Steffen Bilger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Alexander Dobrindt
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Jutta Eckenbach
Hermann Färber
Uwe Feiler
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Thorsten Frei
Dr. Astrid Freudenstein
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Alexander Funk
Ingo Gädechens





Vizepräsident Peter Hintze


(A) (C)



(D)(B)

Dr. Peter Gauweiler
Dr. Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Josef Göppel
Reinhard Grindel
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann
Monika Grütters
Dr. Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr. Stefan Heck
Dr. Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich (Chemnitz)

Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Peter Hintze
Christian Hirte
Dr. Heribert Hirte
Alexander Hoffmann
Thorsten Hoffmann


(Dortmund)

Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr. Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Bettina Hornhues
Charles M. Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Andreas Jung
Dr. Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Dr. Georg Kippels
Volkmar Klein
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky
Dr. Karl A. Lamers
Andreas G. Lämmel
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Barbara Lanzinger
Paul Lehrieder
Dr. Katja Leikert
Dr. Philipp Lengsfeld
Dr. Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Dr. Ursula von der Leyen
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr. Claudia Lücking-Michel
Dr. Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr. Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Reiner Meier
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr. Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Elisabeth Motschmann
Dr. Gerd Müller
Carsten Müller


(Braunschweig)

Stefan Müller (Erlangen)

Dr. Philipp Murmann
Dr. Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr. Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr. Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr. Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Thomas Rachel
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Alois Rainer
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer (Saalstadt)

Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Heiko Schmelzle
Ronja Schmitt (Althengstett)

Patrick Schnieder
Nadine Schön (St. Wendel)

Dr. Ole Schröder
Dr. Kristina Schröder


(Wiesbaden)

Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr. Klaus-Peter Schulze

(Weil am Rhein)

Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Tino Sorge
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann
Peter Stein
Erika Steinbach
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr. Hans-Peter Uhl
Dr. Volker Ullrich
Arnold Vaatz
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Kees de Vries
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Nina Warken
Albert Weiler
Marcus Weinberg (Hamburg)

Dr. Anja Weisgerber
Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Oliver Wittke
Dagmar G. Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr. Matthias Zimmer
Gudrun Zollner

SPD

Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Heinz-Joachim Barchmann
Dr. Katarina Barley
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Dr. Matthias Bartke
Sören Bartol
Bärbel Bas
Lothar Binding (Heidelberg)

Burkhard Blienert
Willi Brase
Dr. Karl-Heinz Brunner
Marco Bülow
Martin Burkert
Dr. Lars Castellucci
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr. Daniela De Ridder
Dr. Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr. Johannes Fechner
Dr. Fritz Felgentreu





Vizepräsident Peter Hintze


(A) (C)



(D)(B)

Elke Ferner
Dr. Ute Finckh-Krämer
Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Sigmar Gabriel
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Angelika Glöckner
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Michael Groß
Uli Grötsch
Bettina Hagedorn
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel
Sebastian Hartmann
Dirk Heidenblut
Hubertus Heil (Peine)

Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Dr. Barbara Hendricks
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz (Essen)

Thomas Hitschler
Dr. Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Christina Kampmann
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Hiltrud Lotze
Kirsten Lühmann
Dr. Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Dr. Matthias Miersch
Klaus Mindrup
Susanne Mittag
Bettina Müller
Michelle Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Dietmar Nietan
Ulli Nissen
Thomas Oppermann
Mahmut Özdemir (Duisburg)

Aydan Özoğuz
Markus Paschke
Christian Petry
Detlev Pilger
Sabine Poschmann
Joachim Poß
Florian Post
Achim Post (Minden)

Dr. Wilhelm Priesmeier
Dr. Sascha Raabe
Dr. Simone Raatz
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Dennis Rohde
Dr. Martin Rosemann
René Röspel
Michael Roth (Heringen)

Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr. Hans-Joachim

Schabedoth
Axel Schäfer (Bochum)

Dr. Nina Scheer
Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr. Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt (Aachen)

Matthias Schmidt (Berlin)

Dagmar Schmidt (Wetzlar)

Carsten Schneider (Erfurt)

Ursula Schulte
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Stefan Schwartze
Andreas Schwarz
Rita Schwarzelühr-Sutter
Rainer Spiering
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Claudia Tausend
Michael Thews
Franz Thönnes
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Bernd Westphal
Andrea Wicklein
Dirk Wiese
Waltraud Wolff


(Wolmirstedt)

Gülistan Yüksel
Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr. Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

Enthalten

SPD

Detlef Müller (Chemnitz)


DIE LINKE

Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Annette Groth
Dr. Gregor Gysi
Dr. André Hahn
Dr. Rosemarie Hein
Inge Höger
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Dr. Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Norbert Müller (Potsdam)

Dr. Alexander S. Neu
Thomas Nord
Petra Pau
Harald Petzold (Havelland)

Martina Renner
Michael Schlecht
Dr. Petra Sitte
Kersten Steinke
Dr. Kirsten Tackmann
Azize Tank
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Kathrin Vogler
Dr. Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Jörn Wunderlich
Hubertus Zdebel
Pia Zimmermann
Sabine Zimmermann


(Zwickau)

Zweites Protokoll des von den Schriftführerinnen
und Schriftführern ermittelten Ergebnisses der na-
mentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu der zweiten
Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung
einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bun-
desfernstraßen, Drucksachen 18/3990, 18/4455 und
18/4485: Hier haben 564 Kolleginnen und Kollegen an
der Abstimmung teilgenommen. Mit Ja haben ge-
stimmt 58, mit Nein haben gestimmt 446, enthalten
haben sich 60. Dieser Änderungsantrag ist damit eben-
falls abgelehnt.





Vizepräsident Peter Hintze


(A) (C)



(D)(B)

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 564;
davon

ja: 58
nein: 446
enthalten: 60

Ja

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Luise Amtsberg
Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Dr. Franziska Brantner
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Dr. Thomas Gambke
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Stephan Kühn (Dresden)

Christian Kühn (Tübingen)

Renate Künast
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Dr. Tobias Lindner
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Cem Özdemir
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Manuel Sarrazin
Ulle Schauws
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr. Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr. Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Dr. Valerie Wilms

Nein

CDU/CSU

Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Peter Altmaier
Artur Auernhammer
Dorothee Bär
Günter Baumann
Maik Beermann
Veronika Bellmann
Sybille Benning
Dr. André Berghegger
Dr. Christoph Bergner
Ute Bertram
Peter Beyer
Steffen Bilger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Alexander Dobrindt
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Jutta Eckenbach
Hermann Färber
Uwe Feiler
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Thorsten Frei
Dr. Astrid Freudenstein
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Josef Göppel
Reinhard Grindel
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Dr. Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr. Stefan Heck
Dr. Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich (Chemnitz)

Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Peter Hintze
Christian Hirte
Dr. Heribert Hirte
Alexander Hoffmann
Thorsten Hoffmann


(Dortmund)

Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr. Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Bettina Hornhues
Charles M. Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Andreas Jung
Dr. Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Steffen Kanitz
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Dr. Georg Kippels
Volkmar Klein
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky
Dr. Karl A. Lamers
Andreas G. Lämmel
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Barbara Lanzinger
Paul Lehrieder
Dr. Katja Leikert
Dr. Philipp Lengsfeld
Dr. Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Dr. Ursula von der Leyen
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr. Claudia Lücking-Michel
Dr. Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr. Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Reiner Meier
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr. Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Elisabeth Motschmann
Dr. Gerd Müller
Carsten Müller


(Braunschweig)

Stefan Müller (Erlangen)

Dr. Philipp Murmann
Dr. Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr. Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr. Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr. Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Thomas Rachel
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Alois Rainer





Vizepräsident Peter Hintze


(A) (C)



(D)(B)

Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer (Saalstadt)

Andreas Scheuer
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Heiko Schmelzle
Ronja Schmitt (Althengstett)

Patrick Schnieder
Nadine Schön (St. Wendel)

Dr. Ole Schröder
Dr. Kristina Schröder


(Wiesbaden)

Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr. Klaus-Peter Schulze

(Weil am Rhein)

Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Tino Sorge
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann
Peter Stein
Erika Steinbach
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr. Hans-Peter Uhl
Dr. Volker Ullrich
Arnold Vaatz
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Kees de Vries
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Nina Warken
Albert Weiler
Marcus Weinberg (Hamburg)

Dr. Anja Weisgerber
Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Oliver Wittke
Dagmar G. Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr. Matthias Zimmer
Gudrun Zollner

SPD

Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Heinz-Joachim Barchmann
Dr. Katarina Barley
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Dr. Matthias Bartke
Sören Bartol
Bärbel Bas
Lothar Binding (Heidelberg)

Burkhard Blienert
Willi Brase
Dr. Karl-Heinz Brunner
Marco Bülow
Martin Burkert
Dr. Lars Castellucci
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr. Daniela De Ridder
Dr. Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr. Johannes Fechner
Dr. Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Dr. Ute Finckh-Krämer
Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Sigmar Gabriel
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Angelika Glöckner
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Michael Groß
Uli Grötsch
Bettina Hagedorn
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel
Sebastian Hartmann
Dirk Heidenblut
Hubertus Heil (Peine)

Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Dr. Barbara Hendricks
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz (Essen)

Thomas Hitschler
Dr. Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Christina Kampmann
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Hiltrud Lotze
Kirsten Lühmann
Dr. Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Dr. Matthias Miersch
Klaus Mindrup
Susanne Mittag
Bettina Müller
Michelle Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Dietmar Nietan
Ulli Nissen
Thomas Oppermann
Mahmut Özdemir (Duisburg)

Aydan Özoğuz
Markus Paschke
Christian Petry
Detlev Pilger
Sabine Poschmann
Joachim Poß
Florian Post
Achim Post (Minden)

Dr. Wilhelm Priesmeier
Dr. Sascha Raabe
Dr. Simone Raatz
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Dennis Rohde
Dr. Martin Rosemann
René Röspel
Michael Roth (Heringen)

Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr. Hans-Joachim

Schabedoth
Axel Schäfer (Bochum)

Dr. Nina Scheer
Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr. Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt (Aachen)

Matthias Schmidt (Berlin)

Dagmar Schmidt (Wetzlar)

Carsten Schneider (Erfurt)

Ursula Schulte
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Stefan Schwartze
Andreas Schwarz
Rita Schwarzelühr-Sutter
Rainer Spiering
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Claudia Tausend
Michael Thews
Franz Thönnes
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Bernd Westphal
Andrea Wicklein
Dirk Wiese
Waltraud Wolff


(Wolmirstedt)

Gülistan Yüksel
Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr. Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

Enthalten

SPD

Detlef Müller (Chemnitz)


DIE LINKE

Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder
Matthias W. Birkwald





Vizepräsident Peter Hintze


(A) (C)



(B)

Heidrun Bluhm
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Annette Groth
Dr. Gregor Gysi
Dr. André Hahn
Dr. Rosemarie Hein
Inge Höger
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Dr. Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Norbert Müller (Potsdam)

Dr. Alexander S. Neu
Thomas Nord
Petra Pau
Harald Petzold (Havelland)

Martina Renner
Michael Schlecht
Dr. Petra Sitte
Kersten Steinke
Dr. Kirsten Tackmann
Azize Tank
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Kathrin Vogler
Dr. Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Jörn Wunderlich
Hubertus Zdebel
Pia Zimmermann
Sabine Zimmermann


(Zwickau)


(D)

Etwa 50 Kolleginnen und Kollegen haben beim Präsi-
dium eine Erklärung zur Abstimmung nach § 31 unserer
Geschäftsordnung hinterlegt. Das wird dann im Proto-
koll entsprechend veröffentlicht.1)

Wir kommen nun zur Abstimmung über den von der
Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf auf den
Drucksachen 18/3990 und 18/4455. Ich bitte diejenigen,
die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustim-
men wollen, jetzt um ihr Handzeichen. – Wer stimmt da-
gegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist da-
mit in zweiter Beratung mit den Stimmen von CDU/
CSU-Fraktion und SPD-Fraktion gegen die Stimmen der
Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Wir stimmen nun über den Ge-
setzentwurf in dritter Lesung namentlich ab. Ich bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen
Plätze einzunehmen. – Sind die Schriftführerinnen und
Schriftführer an ihrem Platz? – Das ist der Fall. Ich er-
öffne die dritte namentliche Abstimmung über den Ge-
setzentwurf auf den Drucksachen 18/3990 und 18/4455.

Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das bei dieser
dritten namentlichen Abstimmung seine Stimme noch
nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ich
schließe damit die Abstimmung und bitte die Schriftfüh-
rerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin-
nen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später
bekannt gegeben.2)

Ich bitte Sie, jetzt Platz zu nehmen, weil wir noch ein-
fache Abstimmungen haben.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Druck-
sache 18/4460. Wer stimmt für den Entschließungs-
antrag? – Wer stimmt gegen den Entschließungsantrag? –
Wer enthält sich? – Der Entschließungsantrag ist mit den
Stimmen der CDU/CSU-Fraktion und der SPD-Fraktion

1) Anlagen 2 bis 6
2) Ergebnis Seite 9354 C
gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke und der Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen angenommen.

Zusatzpunkt 4 b. Wir setzen die Abstimmung über die
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr und
digitale Infrastruktur auf Drucksache 18/4455 fort. Der
Ausschuss hat den Antrag der Fraktion Die Linke auf
Drucksache 18/806 mit dem Titel „Keine Einführung ei-
ner Pkw-Maut in Deutschland“ in seine Beschlussemp-
fehlung einbezogen. Über die Beschlussempfehlung zu
diesem Antrag soll jetzt ebenfalls abgestimmt werden.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall.

Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner
Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der
Fraktion Die Linke auf Drucksache 18/806. Wer stimmt
für die Beschlussempfehlung des Ausschusses? – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschluss-
empfehlung ist mit den Stimmen der CDU/CSU-Frak-
tion und der SPD-Fraktion gegen die Stimmen der Frak-
tion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
angenommen worden.

Zusatzpunkt 4 c. Abstimmung über den von der
Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Zweiten
Verkehrsteueränderungsgesetzes. Der Finanzausschuss
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 18/4448, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
auf Drucksache 18/3991 in der Ausschussfassung anzu-
nehmen. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/4486 vor,
über den wir jetzt namentlich abstimmen. Ich bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, die Plätze an den
Urnen einzunehmen. – Sind die Plätze an den Abstim-
mungsurnen besetzt? – Das ist der Fall. Ich eröffne die
vierte namentliche Abstimmung über den Änderungsan-
trag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksa-
che 18/4486.

Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das bei dieser
vierten namentlichen Abstimmung seine Stimmkarte
noch nicht abgegeben hat? – Es sind noch einige. Dann
bitte zu den Urnen! Hier vorne ist eine völlig frei zu-
gängliche Urne, die von den Kolleginnen und Kollegen





Vizepräsident Peter Hintze


(C)



(B)

zur Beschleunigung des Verfahrens genutzt werden
kann. Es darf jeder jede Urne benutzen.

Ist jetzt noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das
seine Stimmkarte nicht abgegeben hat? – Das ist nicht
der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte
die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Aus-
zählung zu beginnen.1)

Bis zum Vorliegen des Ergebnisses dieser namentli-
chen Abstimmung unterbreche ich die Sitzung.


(Unterbrechung von 11.57 bis 12.04 Uhr)


1) Ergebnis Seite 9356 D

Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1809806800

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Ich

bitte Sie, Platz zu nehmen.

Ich gebe zunächst das von den Schriftführerinnen und
Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen
Abstimmung über den von der Bundesregierung vorge-
legten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer In-
frastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfern-
straßen, Drucksachen 18/3990 und 18/4455, bekannt:
abgegebene Stimmen 567. Mit Ja haben gestimmt 433,
mit Nein haben gestimmt 128. 6 Kolleginnen und Kolle-
gen haben sich enthalten. Der Gesetzentwurf ist damit
angenommen.

(D)

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 568;
davon

ja: 434
nein: 128
enthalten: 6

Ja

CDU/CSU

Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Peter Altmaier
Artur Auernhammer
Dorothee Bär
Günter Baumann
Maik Beermann
Veronika Bellmann
Sybille Benning
Dr. André Berghegger
Dr. Christoph Bergner
Ute Bertram
Peter Beyer
Steffen Bilger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Alexander Dobrindt
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Jutta Eckenbach
Hermann Färber
Uwe Feiler
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Thorsten Frei
Dr. Astrid Freudenstein
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Josef Göppel
Reinhard Grindel
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann
Monika Grütters
Dr. Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr. Stefan Heck
Dr. Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich (Chemnitz)

Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Peter Hintze
Christian Hirte
Dr. Heribert Hirte
Alexander Hoffmann
Thorsten Hoffmann


(Dortmund)

Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr. Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Bettina Hornhues
Charles M. Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Andreas Jung
Dr. Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Dr. Georg Kippels
Volkmar Klein
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky
Dr. Karl A. Lamers
Andreas G. Lämmel
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Barbara Lanzinger
Paul Lehrieder
Dr. Katja Leikert
Dr. Philipp Lengsfeld
Dr. Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Dr. Ursula von der Leyen
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr. Claudia Lücking-Michel
Dr. Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr. Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Reiner Meier
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr. Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Elisabeth Motschmann
Dr. Gerd Müller
Carsten Müller


(Braunschweig)

Stefan Müller (Erlangen)

Dr. Philipp Murmann
Dr. Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr. Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr. Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann

(A)






Vizepräsident Peter Hintze


(A) (C)



(D)(B)

Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr. Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Thomas Rachel
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Alois Rainer
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer (Saalstadt)

Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Heiko Schmelzle
Ronja Schmitt (Althengstett)

Patrick Schnieder
Nadine Schön (St. Wendel)

Dr. Ole Schröder
Dr. Kristina Schröder


(Wiesbaden)

Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr. Klaus-Peter Schulze

(Weil am Rhein)

Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Tino Sorge
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann
Peter Stein
Erika Steinbach
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr. Hans-Peter Uhl
Dr. Volker Ullrich
Arnold Vaatz
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Kees de Vries
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Nina Warken
Albert Weiler
Marcus Weinberg (Hamburg)

Dr. Anja Weisgerber
Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Oliver Wittke
Dagmar G. Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr. Matthias Zimmer
Gudrun Zollner

SPD

Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Heinz-Joachim Barchmann
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Dr. Matthias Bartke
Sören Bartol
Bärbel Bas
Lothar Binding (Heidelberg)

Burkhard Blienert
Willi Brase
Dr. Karl-Heinz Brunner
Marco Bülow
Martin Burkert
Dr. Lars Castellucci
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr. Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr. Johannes Fechner
Dr. Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Dr. Ute Finckh-Krämer
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Sigmar Gabriel
Martin Gerster
Iris Gleicke
Angelika Glöckner
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Uli Grötsch
Bettina Hagedorn
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Sebastian Hartmann
Hubertus Heil (Peine)

Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Dr. Barbara Hendricks
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Dr. Eva Högl
Christina Jantz
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Christina Kampmann
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Lars Klingbeil
Daniela Kolbe
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Hiltrud Lotze
Kirsten Lühmann
Dr. Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Dr. Matthias Miersch
Klaus Mindrup
Susanne Mittag
Bettina Müller
Michelle Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Dietmar Nietan
Ulli Nissen
Thomas Oppermann
Mahmut Özdemir (Duisburg)

Aydan Özoğuz
Christian Petry
Detlev Pilger
Sabine Poschmann
Joachim Poß
Florian Post
Achim Post (Minden)

Dr. Wilhelm Priesmeier
Dr. Sascha Raabe
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Dr. Martin Rosemann
René Röspel
Michael Roth (Heringen)

Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Annette Sawade
Dr. Hans-Joachim

Schabedoth
Axel Schäfer (Bochum)

Dr. Nina Scheer
Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr. Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt (Aachen)

Matthias Schmidt (Berlin)

Dagmar Schmidt (Wetzlar)

Carsten Schneider (Erfurt)

Ursula Schulte
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Stefan Schwartze
Andreas Schwarz
Rita Schwarzelühr-Sutter
Dr. Carsten Sieling
Rainer Spiering
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Claudia Tausend
Michael Thews
Franz Thönnes
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Bernd Westphal
Andrea Wicklein
Dirk Wiese
Waltraud Wolff


(Wolmirstedt)

Gülistan Yüksel
Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr. Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

Nein

SPD

Dr. Daniela De Ridder
Elvira Drobinski-Weiß
Christian Flisek
Michael Gerdes
Michael Groß
Ulrich Hampel
Thomas Hitschler
Matthias Ilgen
Dr. Bärbel Kofler
Markus Paschke
Johann Saathoff





Vizepräsident Peter Hintze


(A) (C)



(D)(B)

DIE LINKE

Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Annette Groth
Dr. Gregor Gysi
Dr. André Hahn
Dr. Rosemarie Hein
Inge Höger
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Dr. Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Norbert Müller (Potsdam)

Dr. Alexander S. Neu
Thomas Nord
Petra Pau
Harald Petzold (Havelland)

Martina Renner
Michael Schlecht
Dr. Petra Sitte
Kersten Steinke
Dr. Kirsten Tackmann
Azize Tank
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Kathrin Vogler
Dr. Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Jörn Wunderlich
Hubertus Zdebel
Pia Zimmermann
Sabine Zimmermann


(Zwickau)


BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Luise Amtsberg
Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Dr. Franziska Brantner
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Dr. Thomas Gambke
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Stephan Kühn (Dresden)

Christian Kühn (Tübingen)

Renate Künast
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Dr. Tobias Lindner
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Cem Özdemir
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Manuel Sarrazin
Ulle Schauws
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr. Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr. Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Dr. Valerie Wilms

Enthalten

SPD

Dr. Katarina Barley
Dirk Heidenblut
Petra Hinz (Essen)

Detlef Müller (Chemnitz)

Dr. Simone Raatz
Dennis Rohde

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir kommen jetzt zu dem von den Schriftführerin-
nen und Schriftführern ermittelten Ergebnis der na-
mentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu der zweiten
Beratung des von der Bundesregierung vorgelegten
Entwurfs eines Zweiten Verkehrsteueränderungsgeset-
zes auf Drucksachen 18/3991, 18/4448 und 18/4486:
abgegebene Stimmen 565. Mit Ja haben gestimmt 58,
mit Nein haben gestimmt 448. Enthalten haben sich 59
Kolleginnen und Kollegen. Der Änderungsantrag ist
damit abgelehnt.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 564;
davon

ja: 58
nein: 447
enthalten: 59

Ja

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Luise Amtsberg
Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Dr. Franziska Brantner
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Dr. Thomas Gambke
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Stephan Kühn (Dresden)

Christian Kühn (Tübingen)

Renate Künast
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Dr. Tobias Lindner
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Cem Özdemir
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Manuel Sarrazin
Ulle Schauws
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr. Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr. Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Dr. Valerie Wilms

Nein

CDU/CSU

Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Peter Altmaier





Vizepräsident Peter Hintze


(A) (C)



(D)(B)

Artur Auernhammer
Dorothee Bär
Günter Baumann
Maik Beermann
Veronika Bellmann
Sybille Benning
Dr. André Berghegger
Dr. Christoph Bergner
Ute Bertram
Peter Beyer
Steffen Bilger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Alexander Dobrindt
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Jutta Eckenbach
Hermann Färber
Uwe Feiler
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Thorsten Frei
Dr. Astrid Freudenstein
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Josef Göppel
Reinhard Grindel
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann
Monika Grütters
Dr. Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr. Stefan Heck
Dr. Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich (Chemnitz)

Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Peter Hintze
Christian Hirte
Dr. Heribert Hirte
Alexander Hoffmann
Thorsten Hoffmann


(Dortmund)

Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr. Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Bettina Hornhues
Charles M. Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Andreas Jung
Dr. Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Dr. Georg Kippels
Volkmar Klein
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky
Dr. Karl A. Lamers
Andreas G. Lämmel
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Barbara Lanzinger
Paul Lehrieder
Dr. Katja Leikert
Dr. Philipp Lengsfeld
Dr. Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Dr. Ursula von der Leyen
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr. Claudia Lücking-Michel
Dr. Jan-Marco Luczak
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr. Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Reiner Meier
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr. Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Elisabeth Motschmann
Dr. Gerd Müller
Carsten Müller


(Braunschweig)

Stefan Müller (Erlangen)

Dr. Philipp Murmann
Dr. Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr. Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr. Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr. Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Thomas Rachel
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Alois Rainer
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer (Saalstadt)

Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Heiko Schmelzle
Ronja Schmitt (Althengstett)

Patrick Schnieder
Nadine Schön (St. Wendel)

Dr. Ole Schröder
Dr. Kristina Schröder


(Wiesbaden)

Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr. Klaus-Peter Schulze

(Weil am Rhein)

Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Tino Sorge
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann
Peter Stein
Erika Steinbach
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr. Hans-Peter Uhl
Dr. Volker Ullrich
Arnold Vaatz
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Kees de Vries
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Nina Warken
Albert Weiler
Marcus Weinberg (Hamburg)

Dr. Anja Weisgerber
Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker





Vizepräsident Peter Hintze


(A) (C)



(D)(B)

Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Oliver Wittke
Dagmar G. Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr. Matthias Zimmer
Gudrun Zollner

SPD

Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Heinz-Joachim Barchmann
Dr. Katarina Barley
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Dr. Matthias Bartke
Sören Bartol
Bärbel Bas
Lothar Binding (Heidelberg)

Burkhard Blienert
Willi Brase
Dr. Karl-Heinz Brunner
Marco Bülow
Martin Burkert
Dr. Lars Castellucci
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr. Daniela De Ridder
Dr. Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr. Johannes Fechner
Dr. Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Dr. Ute Finckh-Krämer
Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Sigmar Gabriel
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Angelika Glöckner
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Michael Groß
Uli Grötsch
Bettina Hagedorn
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel
Sebastian Hartmann
Dirk Heidenblut
Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Dr. Barbara Hendricks
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz (Essen)

Thomas Hitschler
Dr. Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Christina Kampmann
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Hiltrud Lotze
Kirsten Lühmann
Dr. Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Dr. Matthias Miersch
Klaus Mindrup
Susanne Mittag
Bettina Müller
Michelle Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Dietmar Nietan
Ulli Nissen
Thomas Oppermann
Mahmut Özdemir (Duisburg)

Aydan Özoğuz
Markus Paschke
Christian Petry
Detlev Pilger
Sabine Poschmann
Joachim Poß
Florian Post
Achim Post (Minden)

Dr. Wilhelm Priesmeier
Dr. Sascha Raabe
Dr. Simone Raatz
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Dennis Rohde
Dr. Martin Rosemann
René Röspel
Michael Roth (Heringen)

Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr. Hans-Joachim

Schabedoth
Axel Schäfer (Bochum)

Dr. Nina Scheer
Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr. Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt (Aachen)

Matthias Schmidt (Berlin)

Dagmar Schmidt (Wetzlar)

Carsten Schneider (Erfurt)

Ursula Schulte
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Stefan Schwartze
Andreas Schwarz
Rita Schwarzelühr-Sutter
Rainer Spiering
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Claudia Tausend
Michael Thews
Franz Thönnes
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Bernd Westphal
Andrea Wicklein
Dirk Wiese
Waltraud Wolff


(Wolmirstedt)

Gülistan Yüksel
Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr. Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

Enthalten

SPD

Detlef Müller (Chemnitz)

DIE LINKE

Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Annette Groth
Dr. Gregor Gysi
Dr. André Hahn
Dr. Rosemarie Hein
Inge Höger
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Caren Lay
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Dr. Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Norbert Müller (Potsdam)

Dr. Alexander S. Neu
Thomas Nord
Petra Pau
Harald Petzold (Havelland)

Martina Renner
Michael Schlecht
Dr. Petra Sitte
Kersten Steinke
Dr. Kirsten Tackmann
Azize Tank
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Kathrin Vogler
Dr. Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Jörn Wunderlich
Hubertus Zdebel
Pia Zimmermann
Sabine Zimmermann


(Zwickau)






Vizepräsident Peter Hintze


(A) (C)



(D)(B)

Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf auf
Drucksachen 18/3991 und 18/4448 in der Ausschuss-
fassung zustimmen wollen, um ihr Handzeichen. – Ge-
genstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist
damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der CDU/
CSU-Fraktion und der SPD-Fraktion gegen die Stimmen
der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen
angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Wir stimmen nun über den
Gesetzentwurf namentlich ab. Ich bitte die Schriftführe-
rinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzu-
nehmen.

Sind die Plätze an den Urnen besetzt? – Das ist der
Fall. Ich eröffne hiermit die Abstimmung über den Ge-
setzentwurf auf Drucksachen 18/3991 und 18/4448. Die
fünfte namentliche Abstimmung ist eröffnet.

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ich
schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerin-
nen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.
Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später be-
kannt gegeben.1)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf:

Erste Beratung des von den Abgeordneten
Arnold Vaatz, Erika Steinbach, Elisabeth
Winkelmeier-Becker, weiteren Abgeordneten
und der Fraktion der CDU/CSU sowie den Ab-
geordneten Dr. Rolf Mützenich, Frank Schwabe,
Dr. Johannes Fechner, weiteren Abgeordneten
und der Fraktion der SPD eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung
und Aufgaben des Deutschen Instituts für
Menschenrechte (DIMRG)


Drucksache 18/4421
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

Ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen, dazu wieder
Platz zu nehmen.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 60 Minuten vorgesehen. – Ich höre kei-
nen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Als erstem
Redner erteile ich das Wort für die Bundesregierung dem
Parlamentarischen Staatssekretär Christian Lange.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


1) Ergebnis Seite 9360 C
C
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1809806900


Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen
wir das Deutsche Institut für Menschenrechte auf eine
gesetzliche Grundlage stellen. Wir setzen damit erneut
ein wichtiges Versprechen aus dem Koalitionsvertrag
um. Mit dem Gesetz wollen wir ein Institut stärken, das
weltweit hohe Anerkennung und hohes Ansehen ge-
nießt. Wir wollen sicherstellen, dass es weiterhin den
höchsten Status behält, den nationale Menschenrechtsin-
stitutionen erreichen können, den A-Status.

Das Institut für Menschenrechte ist ein Kind des
Parlaments. Es wurde durch einen einstimmigen Be-
schluss des Deutschen Bundestages am 7. Dezember
2000 geschaffen. Seine Einrichtung orientiert sich an
den sogenannten Pariser Prinzipien der Vereinten
Nationen. Sie stellen für nationale Menschenrechtsinsti-
tutionen verschiedene inhaltliche und formale Kriterien
auf. Zu den formalen Kriterien gehört es, dass die natio-
nalen Institute eine gesetzliche Grundlage haben sollen.
Die Einhaltung der formalen Kriterien ist wichtig, weil
daran der Status der nationalen Institution geknüpft ist,
und nur wer den A-Status bekommt, hat auf internatio-
naler Ebene wichtige Beteiligungsrechte. Es geht etwa
um die Teilnahme und das Rederecht im Menschen-
rechtsrat der Vereinten Nationen.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat diesen
A-Status, obwohl es bislang keine gesetzliche Grundlage
für seine Tätigkeit gab. Das war ein großzügiges Ent-
gegenkommen des Überprüfungsausschusses in Genf.
Inzwischen aber verweist der Ausschuss auf die Vorbild-
wirkung gegenüber anderen Staaten. Deshalb verlangt er
nun auch eine gesetzliche Grundlage für unser Institut,
und ich meine, die sollten wir jetzt auch schaffen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wenn wir den A-Status sichern wollen, dann geht es
aber nicht nur um Förmlichkeiten. Das Gesetz muss
auch inhaltlich den Pariser Prinzipien entsprechen. Der
Gesetzentwurf der Bundesregierung tut dies; denn er
stellt sicher, dass das Deutsche Institut für Menschen-
rechte seine erfolgreiche Arbeit auch in Zukunft fortset-
zen kann.


(Beifall bei der SPD)


Dazu gehört vor allem der kritische Blick auf die Lage
der Menschenrechte im eigenen Land.

Beim Thema Menschenrechte haben sich die Staaten
der Welt lange Zeit ganz ähnlich verhalten wie bei der
Korruption: Probleme wurden immer bei den anderen
gesehen, aber nie im eigenen Land.

Natürlich, meine Damen und Herren – das wissen wir –,
steht Deutschland im internationalen Vergleich bei den
Menschenrechten gut da. Aber es kann uns nicht genü-
gen, dass die Lage bei uns besser ist als in vielen anderen
Ländern. Wir sollten einen höheren Anspruch an uns
selbst haben. Die Rechte von Behinderten, Rassismus in
unserer Gesellschaft, der Zugang zum Recht im Rechts-
staat: All das sind Menschenrechtsthemen, die auch in





Parl. Staatssekretär Christian Lange


(A) (C)



(D)(B)

Deutschland relevant sind. Deshalb ist der kritische
Blick auf das eigene Land wichtig, und dazu gehört
auch, dass das Deutsche Institut für Menschenrechte un-
abhängig ist. Seine Positionen müssen nicht in jedem
Fall diejenigen der Bundesregierung sein oder dem
wissenschaftlichen Mainstream oder dem des Deutschen
Bundestages entsprechen. Es wird immer wieder
unterschiedliche Ansichten darüber geben, wie man
Menschenrechte auf nationaler Ebene am besten ver-
wirklichen und schützen kann.

Wichtig aber ist, dass das Deutsche Institut für
Menschenrechte der notwendigen Debatte darüber wich-
tige Impulse gibt und den Diskurs anstößt, wie wir die
Menschenrechtssituation bei uns weiter verbessern
können. Öffentliche Kritik und Debatte, das sind nicht
nur die Grundlagen der Demokratie, sondern das sind
und bleiben die besten Garanten für Menschenrechte,
weltweit und auch bei uns in Deutschland.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, nur wenn wir die internatio-
nalen Vorgaben selbst genau einhalten, haben wir auch die
Möglichkeit zur Kritik an anderen. Deshalb hat der A-Sta-
tus so große Bedeutung, und nur wenn wir selbstkritisch
mit eigenen Defiziten umgehen, haben wir auch die mora-
lische Legitimation, die Länder zu kritisieren, in denen
Menschenrechte sehr viel stärker beeinträchtigt werden
als bei uns.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der vorliegende Gesetzentwurf sichert beides: die Mög-
lichkeiten und die Legitimation für unser Engagement.
Deshalb ist er so wichtig.

Der Ausschuss in Genf, der den A-Status des Instituts
prüft, hat sich bereit erklärt, seine Entscheidung bis zum
Herbst zu vertagen. Drei Monate vorher müssen alle not-
wendigen Unterlagen vorgelegt werden; das ist also
Ende Juli. Ich habe deshalb eine sehr herzliche Bitte an
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Lassen Sie uns die-
sen Gesetzentwurf möglichst zügig beraten und be-
schließen;


(Michael Brand [CDU/CSU]: Und mit allen Stimmen!)


denn wenn es um die Menschenrechte geht, sollte
Deutschland niemals zweitklassig sein.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1809807000

Ich gebe jetzt das von den Schriftführerinnen und

Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen
Abstimmung über den von der Bundesregierung vorge-
legten Entwurf eines Zweiten Verkehrsteueränderungs-
gesetzes, Drucksachen 18/3991 und 18/4448, bekannt:
abgegebene Stimmen 567. Mit Ja haben gestimmt 438,
mit Nein haben gestimmt 117. 12 Kolleginnen und Kol-
legen haben sich enthalten. Der Gesetzentwurf ist damit
angenommen.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 565;
davon

ja: 437
nein: 116
enthalten: 12

Ja

CDU/CSU

Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Peter Altmaier
Artur Auernhammer
Dorothee Bär
Günter Baumann
Maik Beermann
Veronika Bellmann
Sybille Benning
Dr. André Berghegger
Dr. Christoph Bergner
Ute Bertram
Peter Beyer
Steffen Bilger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Alexander Dobrindt
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Jutta Eckenbach
Hermann Färber
Uwe Feiler
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Thorsten Frei
Dr. Astrid Freudenstein
Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Michael Frieser
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Josef Göppel
Reinhard Grindel
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann
Monika Grütters
Dr. Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr. Stefan Heck
Dr. Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich (Chemnitz)

Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Peter Hintze
Christian Hirte
Dr. Heribert Hirte
Alexander Hoffmann
Thorsten Hoffmann


(Dortmund)

Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr. Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Bettina Hornhues
Charles M. Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek





Vizepräsident Peter Hintze


(A) (C)



(D)(B)

Sylvia Jörrißen
Dr. Franz Josef Jung
Xaver Jung
Andreas Jung
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Dr. Georg Kippels
Volkmar Klein
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky
Dr. Karl A. Lamers
Andreas G. Lämmel
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Barbara Lanzinger
Paul Lehrieder
Dr. Katja Leikert
Dr. Philipp Lengsfeld
Dr. Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Dr. Ursula von der Leyen
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr. Claudia Lücking-Michel
Dr. Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr. Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Reiner Meier
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr. Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Elisabeth Motschmann
Dr. Gerd Müller
Carsten Müller


(Braunschweig)

Stefan Müller (Erlangen)

Dr. Philipp Murmann
Dr. Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr. Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr. Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr. Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Thomas Rachel
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Alois Rainer
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer (Saalstadt)

Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Heiko Schmelzle
Ronja Schmitt (Althengstett)

Patrick Schnieder
Nadine Schön (St. Wendel)

Dr. Ole Schröder
Dr. Kristina Schröder


(Wiesbaden)

Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr. Klaus-Peter Schulze

(Weil am Rhein)

Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Tino Sorge
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann
Peter Stein
Erika Steinbach
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr. Hans-Peter Uhl
Dr. Volker Ullrich
Arnold Vaatz
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Kees de Vries
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Nina Warken
Albert Weiler
Marcus Weinberg (Hamburg)

Dr. Anja Weisgerber
Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Oliver Wittke
Dagmar G. Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr. Matthias Zimmer
Gudrun Zollner

SPD

Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Heinz-Joachim Barchmann
Dr. Katarina Barley
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Dr. Matthias Bartke
Sören Bartol
Bärbel Bas
Lothar Binding (Heidelberg)

Burkhard Blienert
Willi Brase
Dr. Karl-Heinz Brunner
Marco Bülow
Martin Burkert
Dr. Lars Castellucci
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr. Daniela De Ridder
Dr. Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr. Johannes Fechner
Dr. Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Dr. Ute Finckh-Krämer
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Sigmar Gabriel
Martin Gerster
Angelika Glöckner
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Uli Grötsch
Bettina Hagedorn
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Sebastian Hartmann
Hubertus Heil (Peine)

Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Dr. Barbara Hendricks
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Dr. Eva Högl
Christina Jantz
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Christina Kampmann
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Hiltrud Lotze
Kirsten Lühmann
Dr. Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Hilde Mattheis
Dr. Matthias Miersch
Klaus Mindrup
Susanne Mittag





Vizepräsident Peter Hintze


(A) (C)



(D)(B)

Bettina Müller
Michelle Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Dietmar Nietan
Ulli Nissen
Thomas Oppermann
Mahmut Özdemir (Duisburg)

Aydan Özoğuz
Markus Paschke
Christian Petry
Detlev Pilger
Sabine Poschmann
Joachim Poß
Florian Post
Achim Post (Minden)

Dr. Wilhelm Priesmeier
Dr. Sascha Raabe
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Dr. Martin Rosemann
René Röspel
Michael Roth (Heringen)

Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr. Hans-Joachim

Schabedoth
Axel Schäfer (Bochum)

Dr. Nina Scheer
Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr. Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt (Aachen)

Matthias Schmidt (Berlin)

Dagmar Schmidt (Wetzlar)

Carsten Schneider (Erfurt)

Ursula Schulte
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Stefan Schwartze
Andreas Schwarz
Rita Schwarzelühr-Sutter
Rainer Spiering
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Claudia Tausend
Michael Thews
Franz Thönnes
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Bernd Westphal
Andrea Wicklein
Dirk Wiese
Waltraud Wolff


(Wolmirstedt)

Gülistan Yüksel
Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr. Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

Nein

DIE LINKE

Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Annette Groth
Dr. Gregor Gysi
Dr. André Hahn
Dr. Rosemarie Hein
Inge Höger
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Caren Lay
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Dr. Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Norbert Müller (Potsdam)

Dr. Alexander S. Neu
Thomas Nord
Petra Pau
Harald Petzold (Havelland)

Martina Renner
Michael Schlecht
Dr. Petra Sitte
Kersten Steinke
Dr. Kirsten Tackmann
Azize Tank
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Kathrin Vogler
Dr. Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Jörn Wunderlich
Hubertus Zdebel
Pia Zimmermann
Sabine Zimmermann


(Zwickau)


BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Luise Amtsberg
Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Dr. Franziska Brantner
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Dr. Thomas Gambke
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Stephan Kühn (Dresden)

Christian Kühn (Tübingen)

Renate Künast
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Dr. Tobias Lindner
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Cem Özdemir
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Manuel Sarrazin
Ulle Schauws
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr. Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr. Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Dr. Valerie Wilms

Enthalten

SPD

Elvira Drobinski-Weiß
Christian Flisek
Michael Gerdes
Michael Groß
Ulrich Hampel
Dirk Heidenblut
Petra Hinz (Essen)

Thomas Hitschler
Matthias Ilgen
Detlef Müller (Chemnitz)

Dr. Simone Raatz
Dennis Rohde
Als nächster Rednerin in der Debatte zum Deutschen
Institut für Menschenrechte gebe ich das Wort der Abge-
ordneten Inge Höger von der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Inge Höger-Neuling (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1809807100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich be-

grüße es ausdrücklich, dass die Koalition doch noch eine
gesetzliche Grundlage für das Deutsche Institut für Men-
schenrechte auf den Weg gebracht hat.


(Michael Brand [CDU/CSU]: So wie wir es gesagt haben!)


Nach wochenlangen Auseinandersetzungen und viel öf-
fentlichem Druck


(Michael Brand [CDU/CSU]: Quatsch!)






Inge Höger


(A) (C)



(D)(B)

hat das Kabinett sozusagen in letzter Minute, am
18. März, einen Gesetzentwurf vorgelegt. Er basiert nun
auf den Pariser Prinzipien der Vereinten Nationen. So
bleiben dem Institut der A-Status bei den Vereinten Na-
tionen und die damit verbundenen wichtigen Beteili-
gungsrechte auf internationaler Ebene erhalten. Der
Bundesregierung bleibt eine äußerst unrühmliche Aber-
kennung des A-Status erspart.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Dem Institut, nicht der Bundesregierung!)


Dennoch: Der Weg dorthin war steinig. Es ist ausgespro-
chen peinlich, dass vorrangig eine Abgeordnete der
CSU, Frau Steinbach,


(Erika Steinbach [CDU/CSU]: CDU!)


dieses Gesetz monatelang blockiert hat, und das entge-
gen der Vereinbarung im Koalitionsvertrag.


(Beifall bei der LINKEN – Michael Brand [CDU/CSU]: Frau Steinbach ist in der CDU, und der A-Status gilt für das Institut, nicht für die Bundesregierung! Beides falsch!)


Grund war wohl die unabhängige Arbeit des Instituts,
das auch Verletzungen der Menschenrechte in Deutsch-
land zu Recht anmahnt und kritisiert.

Die Fraktionen der CDU/CSU und auch der SPD ha-
ben es in Kauf genommen, dass das Deutsche Institut für
Menschenrechte seinen A-Status aberkannt bekommen
hätte. Nochmals: Der vorliegende Kompromiss ist vor
allem aufgrund des massiven Drucks von NGOs und der
Oppositionsfraktionen gerade noch rechtzeitig zustande
gekommen.


(Zuruf von der SPD: Und der SPD! – Michael Brand [CDU/CSU]: Quatsch! Das steht doch im Koalitionsvertrag! Wir haben es doch gemacht!)


Es ist gut, dass das Institut Zuwendungen aus dem
Haushalt des Bundestages beziehen soll;


(Michael Brand [CDU/CSU]: Das war auch eine Idee aus dem Parlament!)


diese Finanzen müssen stabil sein und langfristig erhöht
werden. Das haben das Deutsche Institut für Menschen-
rechte und auch die Linke immer gefordert. Auch die Fi-
nanzierung der Umsetzung noch offenstehender Aufga-
ben und der Ausstattung der Koordinierungsstellen muss
gesichert werden. Wir wünschen uns auch, dass die Zu-
sammenarbeit mit anderen Menschenrechtsinstitutionen
und Behörden besser unterstützt und mit mehr Ressour-
cen ausgestattet wird.

Es schockiert uns, dass der Kreis um Frau Steinbach
so wenig Vertrauen in die Arbeit des Instituts hat, dass
die Aufgaben nun im Gesetzentwurf klar festgeschrieben
werden mussten. Die Untersuchung von Menschenrech-
ten in Diktaturen sowie im Kriegs- und Nachkriegsge-
schehen waren Ihnen anscheinend besonders wichtig.
Doch die Aufgabenbeschreibung darf nicht zu einer Be-
schränkung der Arbeit des Instituts führen. Sie darf die
Setzung eigener Schwerpunkte nicht behindern, die sich
aus konkreten Situationen ergibt. Das Institut muss seine
eigene Definition von Menschenrechtsverletzungen und
totalitären Diktaturen erarbeiten können, statt sich den
Inhalt von der jeweiligen Bundesregierung vorschreiben
zu lassen.


(Beifall bei der LINKEN)


Das Institut sollte gegenwarts- und zukunftsorientiert
arbeiten können. Für historische Aufarbeitungen sind
andere Forscherinnen und Forscher notwendig und zu-
ständig. Die Anbindung des Instituts an den Bundestag
muss bewirken, dass alle Abgeordneten sich als Hüter
seiner Unabhängigkeit verstehen und die Zukunft des
Instituts vor Angriffen schützen. Das Institut darf kein
Verein der Bundesregierung werden, das je nach globa-
ler geopolitischer Lage selektiv Menschenrechte in ge-
rade ausgewählten und politisch passenden Staaten und
Regionen anprangert und das aufhört, vor der eigenen
Tür zu kehren.

Wir finden es gut, dass der Bundestag sich nun jähr-
lich mit der Arbeit des Instituts auseinandersetzen darf
und muss. Das bietet dem Institut Gelegenheit, seine
Schwerpunkte zu präsentieren und seine politischen Be-
dürfnisse und finanziellen Forderungen zu benennen.

Das Institut sollte ausgewogen Verletzungen der
Menschenrechte weltweit kritisieren, aber auch interna-
tionale Entwicklungen mit der Einhaltung menschen-
rechtlicher Verträge und finanzieller Verantwortung ver-
knüpfen. Auch die Menschenrechte in Deutschland
bedürfen der Anwaltschaft des Instituts. Dafür hat das
Institut zum Beispiel eine Monitoringstelle zur UN-Be-
hindertenrechtskonvention eingerichtet. Des Weiteren
stellt es Weiterbildungsmöglichkeiten für Anwälte auf
dem Gebiet der Menschenrechte bereit. Auch der ak-
tuelle Themenschwerpunkt „Rechte haben und Rechte
bekommen“ orientiert sich an den dringenden Notwen-
digkeiten.


(Beifall bei der LINKEN)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1809807200

Frau Kollegin, die Redezeit ist abgelaufen.


Inge Höger-Neuling (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1809807300

Zum Schluss möchte ich noch Folgendes sagen: Die

Linke wird dem Gesetzentwurf zustimmen. Wir wün-
schen dem Institut viel Erfolg bei seiner Arbeit.


(Beifall bei der LINKEN)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1809807400

Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abge-

ordneten Erika Steinbach, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1809807500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Kollegin Höger, Sie irren: Nicht Deutschland
würde den A-Status verlieren, sondern der eingetragene
Verein Deutsches Institut für Menschenrechte. Das ist
schon ein Unterschied.





Erika Steinbach


(A) (C)



(D)(B)

Was lange währt, wird endlich gut, kann man sagen.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte erhält mit
dem vorliegenden Gesetzentwurf endlich eine stabile
Grundlage für seine Arbeit. Das haben CDU, CSU und
SPD in der Koalitionsvereinbarung so festgelegt, und
zwar erstmals festgelegt. Seit 15 Jahren existiert das
Deutsche Institut für Menschenrechte nämlich ohne ge-
setzliche Grundlage.


(Tom Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie kämpfen seit 15 Jahren dafür, dass es sie kriegt! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Gibt es auch einen Ironievermerk?)


– Steigen Sie runter von dem Dach, auf das Sie immer
gestiegen sind, Herr Koenigs. Sie liegen falsch.

Die Pariser Prinzipien waren bei der Formulierung
dieses Gesetzes selbstverständlich unser Maßstab. An-
sonsten würde das Gesetz nämlich überhaupt keinen
Sinn machen. Dann würde der A-Status wieder verloren
gehen. Die Pariser Prinzipien sind bei der Formulierung
natürlich grundsätzlich mit eingeflossen, was die Zu-
ständigkeit, den Aufgabenbereich und die Zusammen-
setzung der Gremien dieses Deutschen Instituts für Men-
schenrechte anbelangt. In allen diesen Punkten ist der
Gesetzentwurf so gestaltet, dass der A-Status erhalten
werden wird. Davon sind wir fest überzeugt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dieses Institut ist in den vergangenen Jahren wieder-
holt und schon seit vielen Jahren vom Akkreditierungs-
ausschuss des ICC, einem Zusammenschluss nationaler
Menschenrechtsinstitutionen, kritisiert worden. Neben
einer fehlenden gesetzlichen Grundlage wurde das Insti-
tut auch gerügt, weil es nicht die gesamte Breite der ge-
sellschaftlichen Basis genügend dargestellt und abgebil-
det hat. Das ist ein wesentlicher Punkt in den Pariser
Prinzipien.

Die Mitgliederbasis des eingetragenen Vereins war
bis vor kurzer Zeit so schmal, dass sie den Pariser Prinzi-
pen in keiner Weise entsprochen hat. Der Verein hat in
den letzten beiden Jahren begonnen, diese Defizite auf-
zuarbeiten. Das halten wir für ganz wichtig, und die Pa-
riser Prinzipien schreiben dies auch so vor.

Der vorliegende Gesetzentwurf schafft die Grundlage
dafür, dass die Zusammensetzung der Mitgliederver-
sammlung und die Besetzung der Gremien dauerhaft so
erfolgen können, dass alle erforderlichen Garantien für
eine pluralistische Vertretung der an der Förderung und
am Schutz der Menschenrechte beteiligten gesellschaft-
lichen Kräfte hier in Deutschland gewährleistet werden
kann. Das war für uns ein ganz zentrales Anliegen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir schreiben im Gesetz ausdrücklich fest, dass die-
ser eingetragene Verein die unabhängige nationale Insti-
tution der Bundesrepublik Deutschland zur Information
der Öffentlichkeit über die Lage der Menschenrechte im
In- und im Ausland wird. Voraussetzung ist, dass die ihm
gestellten Aufgaben gemäß den Pariser Prinzipien der
Vereinten Nationen wahrgenommen werden.
Bei der Betrachtung der Menschenrechtslage in
Deutschland ist ausdrücklich auch die Aufgabe gestellt,
in geeigneten Fällen eine vergleichende Perspektive zum
Ausland vorzunehmen, um Vergleichbarkeit zu errei-
chen. Aber alleiniger Maßstab sind die Menschenrechte.
Bei der Verwirklichung der Menschenrechte nimmt
Deutschland im internationalen Vergleich eine Spitzen-
stellung ein und hat in vielen Bereichen auch Vorbild-
funktion. Wir wollen uns damit aber nicht begnügen,
sondern wollen auch, dass immer wieder überwacht und
hinterfragt wird.

Zukünftig hat das Deutsche Institut für Menschen-
rechte dem Deutschen Bundestag jährlich einen Bericht
über seine Arbeit und die Menschenrechtsentwicklung
hier in Deutschland vorzulegen; das war uns ein zentra-
les Anliegen. Dazu können wir als Deutscher Bundestag
dann Stellung nehmen. Das ist auch eine Gelegenheit,
die Arbeit des Instituts der Öffentlichkeit in größerer
Breite vorzustellen.

Uns ist an einer objektiven und konstruktiven Beur-
teilung der Situation hier in unserem eigenen Lande ge-
legen. Wir wollen nicht nur den Blick ins Ausland len-
ken. Es gibt Bereiche, die bislang nicht im Fokus des
Deutschen Instituts für Menschenrechte gestanden ha-
ben, von denen wir aber glauben, dass darauf ein Blick
geworfen werden sollte. Die Situation der muslimischen
Mädchen und Frauen in Deutschland und die Frage, in-
wieweit Gleichberechtigung überhaupt gelebt werden
kann, zählen mit Sicherheit dazu.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da hätten wir nicht über das Gesetz streiten müssen!)


Die Themen Ehrenmorde, Zwangsverheiratungen und
Kopftuchzwang verletzen die Menschenrechte der be-
troffenen Mädchen und Frauen erkennbar – leider auch
hier in Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das sollte man auch einmal unter die Lupe nehmen.
Handlungsempfehlungen des Instituts dazu wären si-
cherlich hilfreich.

Konstruktive Kritik bedeutet auch, immer mit der Be-
trachtung der Realität zu beginnen. So ist es, wie ich
meine, nicht so sehr hilfreich – wie geschehen –, Ent-
schädigungen für Opfer von Menschenhandel zu for-
dern, ohne den Ursachen auf den Grund zu gehen und
Vorschläge zu machen, wie man das beheben könnte, das
Ganze eigentlich noch zu beschönigen und zu ignorie-
ren, dass es in Deutschland massive Zwangsprostitution
gibt. Dafür muss sich auch im Institut, meine ich, der
Blick öffnen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf – das ist ein
wirklich gutes Gesetz; ich kann allen nur empfehlen,
ihm zuzustimmen – erreichen wir auf unseren Vorschlag
hin, dass die Finanzierung des Deutschen Instituts für
Menschenrechte nunmehr aus einem einzigen Etat er-
folgt, nämlich dem des Deutschen Bundestages, und
nicht mehr über vier Ministerien. Das, finde ich, ist so-
gar eine Aufwertung des Instituts. Das ist auch ein schö-





Erika Steinbach


(A) (C)



(D)(B)

nes Signal für unsere Haushälter, weil es der Haushalts-
wahrheit und -klarheit dient.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Wir schaffen damit neben der von den Pariser Prinzi-
pien geforderten Finanzierungsgrundlage endlich Trans-
parenz.

In diesem Sinne: Es freut mich sehr, dass wir mit die-
ser gesetzlichen Grundlage einen soliden und geregelten
Zustand erreichen. Dieses Gesetz schafft eine gute
Grundlage für die Arbeit des Deutschen Instituts für
Menschenrechte.

Ich bedanke mich bei unseren Koalitionsfreunden von
der SPD für intensive, gute und engagierte Beratungen,
die nicht immer ganz einfach waren. Aber jetzt scheinen
ja alle zufrieden zu sein. Frohe Ostern in absehbarer Zeit
wünsche ich Ihnen!


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1809807600

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abge-

ordneten Tom Koenigs, Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen.


Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1809807700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Das Deutsche Institut für Menschenrechte arbei-
tet gut. Es hat sich national und international einen guten
Ruf erarbeitet, und dafür danke ich den Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern unter Führung von Frau Professor
Rudolf und Herrn Windfuhr sehr herzlich.


(Beifall im ganzen Hause)


Auch der Vorgänger, Professor Bielefeldt, ist unverges-
sen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Dass wir in letzter Minute diesem Institut die Pein-
lichkeit des Abstieges in den B-Status ersparen können,
ist gut. Ich bedanke mich beim Akkreditierungsausschuss
explizit dafür. Das sind die Institute von Kanada, die ka-
nadische Menschenrechtskommission, die Nationale Be-
ratungskommission für Menschenrechte Frankreichs, die
nationale Menschenrechtskommission Mauretaniens und
die Unabhängige Menschenrechtskommission des Staa-
t
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1809807800
großzügiges Entgegenkommen. Ich
bin ganz sicher, Frau Steinbach, dass wir, wenn die Pa-
lästinenser ihre Leute einmal nicht zusammenbringen,
ähnlich großzügig sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Annette Groth [DIE LINKE] – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre mal eine gute Erwartung!)


Jetzt gibt es also die große Einigkeit. Wir haben eben
gehört, dass alle Kreide gefressen haben. Man fragt sich
wirklich: Was war eigentlich los? Warum ging das nicht
sofort? Hat da irgendein Verleihnix geglaubt, er hätte
Zaubertrank getrunken, und nachher war es nur warmes
Wasser?


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Oder haben Sie vielleicht irgendeinem Troubadix den
Mund verbinden müssen?


(Michael Brand [CDU/CSU]: Jetzt nicht den Majestix hier spielen!)


Auf jeden Fall hat die Debatte eines gezeigt: Eine sachli-
che Kontroverse gab es da nie. Da sind unsachliche
Dinge im Kuhhandel mit verhandelt worden; wir wissen
nicht, welche. Jetzt haben Sie alle Kreide gefressen. Jetzt
geht es wieder. Prima.


(Dr. Rolf Mützenich [SPD]: Höre ich da Ärger heraus?)


Das neue Gesetz hat eine zusätzliche markante Ände-
rung. Wenn es zusätzliche Aufgaben für das Institut gibt
– § 2 Absatz 3 –, dann, soweit zusätzliche Finanzmittel
verfügbar sind. Der Hinweis auf notwendige zusätzliche
Finanzmittel im Gesetz ist sehr gut.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Jetzt könnten wir natürlich sagen: Wir haben eine ein-
stimmige Grundlage. Diese haben wir aber selbst heute
noch nicht so ganz. Denn wir haben einerseits den Kabi-
nettsentwurf. Diesen haben wir dem Koordinierungsaus-
schuss zugeschickt; deshalb haben sie vertagt. Wir haben
andererseits den Fraktionsentwurf von CDU/CSU und
SPD. Die Entwürfe sind identisch.


(Erika Steinbach [CDU/CSU]: So ist es!)


Die Oppositionsfraktionen stimmen beide zu. Trotzdem
wird das offensichtlich kein gemeinsamer Antrag.


(Erika Steinbach [CDU/CSU]: Es ist ein Gesetzentwurf!)


Warum nicht?


(Michael Brand [CDU/CSU]: Das nennt man Parlamentarismus!)


Dem Institut könnten wir sehr wohl einen gemeinsam
getragenen Gesetzentwurf gönnen.


(Dr. Rolf Mützenich [SPD]: Stimmen Sie doch zu!)


Ich würde mich freuen, wenn es uns gelänge, zu einer
gemeinsamen Verabschiedung zu kommen: Kabinetts-
entwurf, Koalitionsentwurf, wir bringen denselben wort-
gleich ein, und die Linke bringt denselben wortgleich
ein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Michael Brand [CDU/CSU]: Sie können doch zustimmen! – Dr. Karamba Diaby [SPD]: Es stimmen doch alle zu!)






Tom Koenigs


(A) (C)



(D)(B)

Das geht aber bisher immer deshalb nicht, weil die
CDU/CSU in kindischer Weise sagt: Niemals mit der
Linken. Das kommt mir so vor wie in Hundert Jahre
Einsamkeit, wo eine Person sagt: Man darf dem Teufel
niemals glauben, auch wenn er die Wahrheit spricht. –
So sind Sie.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Michael Brand [CDU/CSU]: Der Teufel spricht doch gar nicht die Wahrheit!)


Wenn die doch sagen: „Das ist ein richtiger Gesetzent-
wurf“, wenn wir sagen: „Das ist ein guter Gesetzent-
wurf“, wenn die Regierung sagt: „Das ist unser Gesetz-
entwurf“, dann könnten wir doch alle vier, ja, fünf
zusammen einen gemeinsamen Entwurf machen und da-
mit das Institut wirklich unterstützen.


(Inge Höger [DIE LINKE]: Vier!)


– Nein, fünf. Vier Fraktionen und die Regierung. – Dann
könnten wir gemeinsam sagen: Wir sind stolz auf dieses
Institut. Das macht eine unabhängige Arbeit, und das
werden wir weiterhin unterstützen.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1809807900

Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abge-

ordneten Elisabeth Winkelmeier-Becker, CDU/CSU-
Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU):
Rede ID: ID1809808000

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Wir stehen hier am Beginn von sehr konstruktiven
und sehr konfliktarmen Verhandlungen, wenn ich das
ernst nehme, was Sie gerade gesagt haben. Ich freue
mich, dass unser Entwurf, über den wir lange und gut
verhandelt haben, jetzt schon im Vorfeld so viel Zustim-
mung findet. Das bestätigt uns darin, dass wir hier auf
einem sehr guten Weg sind.

Wir schaffen es – dies hatten wir uns im Koalitions-
vertrag vorgenommen –, für die Absicherung des Deut-
schen Instituts für Menschenrechte endlich die gesetzliche
Grundlage zu schaffen. Ich denke, der Gesetzentwurf
bietet in der Tat eine gute Lösung für den Zielkonflikt,
eine finanzielle und institutionelle Absicherung des In-
stitutes zu schaffen, die Vereinsautonomie und die Un-
abhängigkeit, vor allem die Unabhängigkeit der Arbeit,
anzuerkennen, zugleich aber auch die verbindlichen Vor-
gaben der Pariser Prinzipien einzuhalten, vor allem in
den Punkten Pluralität und Offenheit.

Wir stellen mit diesem Gesetzentwurf klar, dass auf
Ersuchen der Bundesregierung oder auf Ersuchen des
Bundestages gutachterlich Stellung zu nehmen ist. Das
ist ja gerade dann wichtig, wenn man auf die Politik Ein-
fluss nehmen will. Nachlaufende Kritik ist niemals so
wirksam wie gute Anregungen, die schon im Vorfeld,
wenn die Politik noch gestaltet wird, gegeben werden
und die die Politik dann gleich mit aufnehmen kann.

Die Arbeit des Instituts ist vor allem nach innen ge-
richtet; das hat der Parlamentarische Staatssekretär
Lange schon ausgeführt. Der Blick nach innen ist uns
auch sehr wichtig. Wir haben sicherlich eine sehr gute
Ausgangslage, was die Menschenrechte angeht. Aber
Stillstand ist da Rückschritt. Man muss immer wieder
schauen: Welche neuen Situationen ergeben sich?


(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Richtig!)


Wir arbeiten im Moment im Bereich der Rechtspolitik
an einer Reform der Straftatbestände gegen den Men-
schenhandel und an einer Reform des Prostitutionsgeset-
zes.


(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Das ist wichtig!)


Das ist eine Situation, die wir uns vor zehn Jahren noch
nicht hätten vorstellen können. Hier hat sich die Lage,
auch in puncto Menschenrechte, verändert. Darauf muss
man den Blick immer wieder neu werfen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Mir ist trotzdem wichtig, auch auf den internationalen
Kontext einzugehen. Denn Menschenrechte – daran
muss immer wieder erinnert werden – sind universelle,
international geltende Rechte; das wurde in der Deklara-
tion der Menschenrechte ganz ausdrücklich festgestellt.
Menschenrechte gelten für jeden Menschen. Sie werden
nicht vom Staate verliehen, sondern jeder Mensch bringt
sie mit: qua Geburt, qua seines Menschseins, egal wo er
lebt, egal wo er geboren ist, egal welcher Staat seine
Heimat ist. Deshalb ist es wichtig, auch den internationa-
len Aspekt aufzunehmen.

Aber auch ein anderer Aspekt ist wichtig, nämlich die
gegenseitige institutionelle Anerkennung der verschie-
denen Institute. Es ist wichtig, sich gegenseitig zu hel-
fen. Durch die Anerkennung eines Instituts kann auch
dessen Status zu Hause durchaus gestärkt werden. Bevor
wir uns mit diesem Gesetzentwurf beschäftigt haben,
war mir nicht klar, dass den A-Status und all das, was an
ihm hängt, auch die Menschenrechtsinstitute zum Bei-
spiel in Afghanistan, in Aserbaidschan, in Nigeria und in
Venezuela haben.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Hört! Hört! Aserbaidschan und A-Status!)


Ich hätte nicht gedacht, dass diese Institute die Voraus-
setzungen für diesen Status erfüllen. Ich denke, es ist für
sie sehr wichtig, sich gerade bei ihrer unabhängigen Ar-
beit zu Hause darauf berufen zu können, dass sie auch
vom Deutschen Institut für Menschenrechte und im Rah-
men dieser internationalen Organisation unterstützt wer-
den.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Im Übrigen ist der Blick über den Tellerrand für uns
auch für die innenpolitische Bewertung wichtig. Ich
denke, man kann fast gar nicht mehr sagen: Innenpolitik
ist das eine, Außenpolitik das andere. – Die Verknüpfung





Elisabeth Winkelmeier-Becker


(A) (C)



(D)(B)

zwischen beiden Bereichen wird immer enger. Dies
muss uns bei allem, was wir tun, klar sein. Wenn wir
zum Beispiel über TTIP oder über ein Textilsiegel reden,
dann wissen wir – das muss sich wie ein roter Faden
durch unsere gesamte Politik ziehen –, dass unser Han-
deln hier auch in fernen Ländern Auswirkungen hat. Das
ist eine Verantwortung, der wir uns stellen müssen und
die wir uns immer wieder bewusst machen müssen.
Auch da kann und muss das Deutsche Institut für Men-
schenrechte der Politik wichtige Hinweise geben.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dies war ein Punkt, der im Vorfeld der Beratungen ei-
ner längeren Erörterung bedurft hat. Aber das ist nichts,
was dem Deutschen Institut für Menschenrechte fremd
wäre. Schon jetzt wird dieser Gedanke bei seiner Arbeit
zugrunde gelegt. Schauen Sie sich zum Beispiel an, zu
welchen Themen das Deutsche Institut für Menschen-
rechte Publikationen veröffentlicht hat. Da geht es zum
Beispiel in einem Policy Paper um einen Beschwerde-
mechanismus, den Menschen aus den Partnerländern un-
serer Entwicklungszusammenarbeit in Anspruch neh-
men können, wenn sie durch Projekte, die von deutscher
Seite mitgetragen werden, in ihren Rechten betroffen
sind.

Oder nehmen Sie das ABC of Children’s Rights: Darin
sind Daten gesammelt und aufbereitet, die wir gerade für
die deutsche Entwicklungszusammenarbeit und unsere
Außenpolitik brauchen. Also: Das eine ist vom anderen
nicht zu trennen.

Es ist uns ganz wichtig, die Arbeit der deutschen Poli-
tik und des Deutschen Instituts für Menschenrechte in
diesen Kontext zu stellen. Dafür haben wir jetzt die
Grundlage geschaffen. In diesem Sinne wünschen wir
vor allem auch dem Deutschen Institut für Menschen-
rechte weiter viel Erfolg bei seiner wichtigen Arbeit.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1809808100

Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abge-

ordneten Annette Groth, Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Annette Groth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1809808200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sehr verehrte Damen und Herren auf der Tribüne! Meine
beiden Vorrednerinnen von der CDU/CSU haben eben
den Menschenhandel angesprochen. Ich möchte mich
jetzt darauf kaprizieren und fokussieren. Der Menschen-
handel ist einer der größten weltweiten Industriezweige.
Wir wissen – ich spreche das ja immer im Menschen-
rechtsausschuss an –, wie wichtig es ist, Menschen, die
vor Krieg und Gewalt flüchten wollen, einen legalen Zu-
gang zu uns und in die EU-Länder zu ermöglichen.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Blüht der Menschenhandel auf, oder was?)

Das ist doch nicht möglich: Ich versuche seit mehre-
ren Monaten, drei Schwestern aus Syrien nach Deutsch-
land zu holen, deren vierte Schwester die deutsche
Staatsbürgerschaft hat. Sie kriegen noch nicht mal einen
Termin bei der deutschen Botschaft.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Was hat das mit Menschenhandel zu tun?)


– Ich bin gezwungen, wenn ich Freundinnen und
Freunde aus Syrien, aus dem Irak oder aus anderen Ge-
bieten herholen will, illegale Wege zu finden,


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Nein, sind Sie nicht!)


weil der legale Weg nicht möglich ist.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Nein, sind Sie nicht! Sind Sie nicht! Bleiben Sie bei der Wahrheit!)


Das ist doch ein Skandal.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Das Deutsche Institut für Menschenrechte prangert
das auch immer an und fordert den Zugang für Menschen,
die vor Gewalt und Krieg flüchten. Wenn da endlich mal
ein bisschen Musik reinkommt und Möglichkeiten ge-
schaffen werden, um diese Art des Menschenhandels
einzudämmen, dann wäre ich Ihnen sehr dankbar. – Sie
merken, wie ich da auch sehr emotional werde; denn das
ist für mich schon ein großes, großes Problem. Was soll
ich solchen Leuten sagen, wenn sie zu mir sagen:
„Mensch, versuch doch wieder hier den Zugang zu er-
möglichen“?

Aber ich möchte auch noch andere Initiativen des
Deutschen Instituts für Menschenrechte hier erwähnen.
Zum Beispiel gibt es beim Deutschen Institut für Men-
schenrechte eine eigene Abteilung für die wichtige Men-
schenrechtsbildung. Das ist viel zu wenig bekannt. Da
werden Materialien zur Menschenrechtsbildung entwi-
ckelt, Seminare werden angeboten, um die Menschen-
rechtsbildung etwas mehr in den Fokus zu stellen und
Menschen die Möglichkeit zu geben, sich da fortzubil-
den, was ja ganz wichtig ist. Man schaue nur in unsere
Behörden, man schaue nur in Pflegeheime.

Wir fordern als Linke, die Befugnisse des Deutschen
Instituts für Menschenrechte nicht nur beizubehalten,
sondern deutlich auszuweiten. So ist es absolut unab-
dingbar, dass dem Institut ein Auskunftsrecht bei Behör-
den eingeräumt wird. Wir fordern, dass die Mitarbeite-
rinnen und Mitarbeiter des Deutschen Instituts für
Menschenrechte das Recht erhalten, bei Behörden auch
unangemeldet Akteneinsicht zu erhalten. Wir haben jetzt
gerade von diesen Skandalen bei den Jobcentern gehört;
da werden auch Menschenrechte mit Füßen getreten.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir freuen uns, dass da ein Paragraf ist – § 2 Absatz 3
in dem Gesetzentwurf –, der anvisiert, dass die finanziel-
len Mittel für das Deutsche Institut für Menschenrechte
erhöht werden könnten, und hoffen, dass es so ist. Wir
wünschen dem Deutschen Institut für Menschenrechte





Annette Groth


(A) (C)



(D)(B)

alles Gute. Machen Sie weiter eine so gute Arbeit wie
bisher!

Ich danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1809808300

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abge-

ordneten Frank Schwabe, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Frank Schwabe (SPD):
Rede ID: ID1809808400

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Verehrte Damen und Herren! Es ist nicht leicht, in diesen
Tagen über sachlich-fachliche Inhalte zu sprechen. Aber
es ist notwendig, weil es sich um ein wichtiges Thema
handelt, bei dem wir nun endlich vorankommen müssen.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte bleibt in sei-
nen Strukturen bestehen und wird durch diese schwie-
rige Debatte und das, was auf dem Tisch liegt, durchaus
gestärkt.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Vor knapp 15 Jahren wurde das Institut per fraktions-
übergreifendem Beschluss im Deutschen Bundestag ge-
gründet. Ich habe nachgeschaut. Es gab damals eine
Pressemitteilung des damaligen Sprechers der SPD-
Fraktion für Menschenrechte und humanitäre Hilfe,
Rudolf Bindig. Er hat geschrieben:

Das Institut soll politisch unabhängig sein. Darin
waren sich alle am Antrag beteiligten Fraktionen
sowie das Forum Menschenrechte als Gesprächs-
partner auf Nichtregierungsseite einig. Die Vereins-
gremien werden daher mehrheitlich mit Vertretern
nichtstaatlicher Bereiche besetzt sein.

Lassen Sie es mich anders ausdrücken: Das Deutsche
Institut für Menschenrechte ist auch die Monitoringstelle
zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.
Deswegen gibt das Institut Broschüren in leichter Spra-
che heraus. Wenn man unter den Begriffen „Unabhän-
gigkeit“ und „Orientierung auf die Menschenrechtslage
im Inland“ nachliest, dann stellt man fest, dass dort sehr
einfach und klar in leichter Sprache beschrieben wird,
worum es eigentlich geht. Dort steht zur Unabhängig-
keit:

Das Institut für Menschen-Rechte zeigt: Es hält sich
an die Pariser Regeln. Das Institut ist selbständig.
Das Institut ist frei. Die Regierung darf nicht mit
bestimmen. Die Regierung bestimmt nicht über die
Arbeit in dem Büro. In schwerer Sprache heißt das:
Das Institut ist unabhängig.

Zum Thema der Orientierung auf die innenpolitische
Menschenrechtslage heißt es dort:

Ein Institut arbeitet für die Menschen-Rechte in sei-
nem eigenen Land. Ein Institut für Menschen-
Rechte achtet besonders darauf: Werden die Men-
schen-Rechte in seinem Land beachtet. Was muss
man machen, damit die Menschen-Rechte beachtet
werden. Was kann man machen, damit die Men-
schen-Rechte weiter entwickelt werden.

Genauso war es und bleibt es auch beim Deutschen Insti-
tut für Menschenrechte.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Tom Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geht es jetzt weiter in schwerer Sprache?)


Im Übrigen noch der Hinweis: Es waren nicht wie ver-
mutet Deals, die gemacht worden sind, sondern es war
die Überzeugung, die am Ende dazu geführt hat, dass wir
zu einem solch guten Gesetz gekommen sind.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Ich bedanke mich ganz herzlich beim Justizministe-
rium für die Arbeit, die geduldig geleistet wurde. Ich be-
danke mich bei allen, die die Verhandlungen geführt ha-
ben. Nicht anwesend sein können heute Johannes
Fechner und Bernd Fabritius, die eine wichtige Rolle ge-
spielt haben. Ich bedanke mich aber auch bei der Oppo-
sition für ihre konstruktiv-kritische Haltung. Wenn ich
das richtig verstanden habe – wie auch immer wir das
schließlich technisch organisieren –, wird es wieder eine
breite Basis im Deutschen Bundestag geben. Das ist der
Zivilgesellschaft und dem Deutschen Institut für Men-
schenrechte besonders wichtig. Vielen Dank an alle, die
das Herz dafür in die Hand genommen haben.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Der Hauptdank geht allerdings an die Zivilgesell-
schaft, stellvertretend an das Forum Menschenrechte. Es
gab großen Zuspruch und riesige Unterstützung aus der
Zivilgesellschaft. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es
ohne diesen Zuspruch – anders formuliert: ohne diesen
vorsichtig ausgeübten Druck – nicht gegangen wäre. Wir
haben es schließlich hinbekommen, sodass am Ende das
Deutsche Institut für Menschenrechte und seine Direkto-
rin Frau Professor Rudolf mit der Situation zufrieden
sind. Wir haben sogar eine Kampagne organisiert, wie
sie eine Werbeagentur nicht besser hätte durchführen
können.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Das war unsere Absicht!)


Mittlerweile wissen viel mehr Menschen in Deutsch-
land, was für ein gutes Institut wir haben und was für
eine tolle Arbeit dort geleistet wird. Das bleibt auch so.

Was bedeutet das alles in internationaler Hinsicht? Ich
will nichts mehr zum Grund des Gesetzes und zum Ak-
kreditierungsausschuss sagen. Dazu wurde bereits alles
gesagt. Es wäre in der Tat peinlich gewesen, wenn wir
unseren bisherigen Status verloren hätten. Aber das ist
nicht das zentrale Problem. Vielmehr hätten wir uns
selbst der Stimme beraubt. Wie bereits gesagt, ist die im
Inland geleistete Menschenrechtsarbeit die Eintrittskarte
dafür, weltweit die Menschenrechtssituation in anderen
Ländern überzeugend zu kritisieren. Es ist wichtig, dass
wir weiterhin zu Aserbaidschan, Russland und Saudi-





Frank Schwabe


(A) (C)



(D)(B)

Arabien mit starker Stimme sprechen können. Das ist
nun gesichert worden.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Der Verein bleibt; das war zentral für uns. In allen
Gremien gibt es eine zivilgesellschaftliche Mehrheit.
Das Inland bleibt im Fokus. Darüber, wie viel betreffend
das Ausland gemacht wird, entscheidet das Institut sel-
ber unter Berücksichtigung seiner finanziellen Lage. Das
wurde bereits angesprochen: Wenn wir wollen, dass das
Institut mehr tut, dann müssen wir auch sicherstellen,
dass sich die finanzielle Situation des Instituts verbes-
sert.


(Beifall des Abg. Tom Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Dafür können wir nun sorgen; das wurde gerade richti-
gerweise erwähnt.

Ich glaube, es gibt eine Festigung der Beziehungen
zwischen dem Institut und dem Deutschen Bundestag,
der in Zukunft den Haushalt des Instituts beschließen
wird. Daneben entsenden wir zukünftig Kuratoriumsmit-
glieder aus der Wissenschaft und aus der Zivilgesell-
schaft, und wir werden einen jährlichen Bericht über die
Menschenrechtssituation in Deutschland bekommen, mit
dem wir uns dann hier auseinanderzusetzen haben. Auch
darauf freue ich mich.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Sehr gut! Das ist wirklich gut!)


Ich freue mich auch auf die außen- und innenpoliti-
schen Impulse des Instituts, über die es unter Berück-
sichtigung seiner Finanzmittel selbst entscheidet, und
insbesondere auf die jetzt im Gesetzentwurf genannten
Analysen zur Wirkung der europäischen und deutschen
Politik auf die Lage der Menschenrechte in anderen Län-
dern. Neben der Entwicklungszusammenarbeit ist näm-
lich auch wichtig, welche Wirtschaftspolitik wir in
Deutschland betreiben und welche Auswirkungen zum
Beispiel Rüstungsexporte, Rohstoffabkommen und an-
dere Dinge auf Lateinamerika und andere Staaten in der
Welt haben.

Im Übrigen freue ich mich auch – sicherlich mit Frau
Steinbach gemeinsam – auf die Analysen des Instituts zu
den menschenrechtlichen Folgen totalitärer Diktaturen
und zum Nachkriegsgeschehen. Es ist doch interessant,
auch einmal den Blick des Deutschen Instituts für Men-
schenrechte auf solche Dinge zu erfahren. Das kann die
Debatte sicherlich erweitern.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Liebes Institut für Menschenrechte, es war eine
schwere Geburt, aber das Kind ist gesund und munter.
Sie sind eigenständig und unabhängig. Ein paar Bitten
darf ich aber doch äußern: Sprechen Sie weiterhin aus,
was ist! Legen Sie die Finger in die Wunden! Inspirieren
Sie uns zum Nachdenken und Diskutieren! Konfrontie-
ren Sie uns mit Ihren Erkenntnissen! Die Lage der Men-
schenrechte in Deutschland ist nämlich zwar besser als
in manchen anderen Ländern, aber eben noch nicht gut
genug. Auch hier sind Dinge zu verändern.

Ich denke zum Beispiel an die menschenrechtliche
Verpflichtung im Hinblick auf die Unterbringung von
Flüchtlingen. Dazu gibt es eine spannende Untersuchung
des Instituts vom Dezember des letzten Jahres.

Außerdem denke ich an das Thema Racial Profiling.


(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Jawohl! Richtig!)


Es geht um die polizeiliche Kontrolle aufgrund äußerer
Merkmale, wie zum Beispiel der Hautfarbe. Dazu gibt es
eine Pressemitteilung von vor wenigen Tagen. Es ist
eben leider so, dass es Racial Profiling in Deutschland
gibt, und wir sind gefordert, etwas dagegen zu unterneh-
men.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sofern die äußeren Umstände dieser Tage – das ist
wirklich schwierig – so etwas wie Freude aufkommen
lassen, freue ich mich in der Tat über diesen Gesetzent-
wurf, der hier jetzt auf dem Tisch liegt. Er wird das
Deutsche Institut für Menschenrechte stärken, und ich
bin fest davon überzeugt, dass er auch die Menschen-
rechtslage in Deutschland, in Europa und in der Welt
stärken wird. Deswegen herzlichen Dank an alle, die
dazu beigetragen haben.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1809808500

Als nächster Rednerin erteile ich der Abgeordneten

Renate Künast, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das
Wort.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1809808600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ja

schön, dass jetzt so viel eitel Sonnenschein herrscht. Ich
kann aber nicht umhin, noch einmal an den Anfang die-
ser Geschichte zu erinnern.

Frau Steinbach, Sie haben es mit Ihrer sanftmütig vor-
getragenen Rede hier trickreich gemacht. Wir alle hier
wissen aber, was Sie wollten. Man erlebt es selten: Ein
Gesetzentwurf, der zwischen allen Ministerien abge-
stimmt ist – auch das Kanzleramt und die zuständigen
Abteilungen dort üben keinerlei Kritik mehr –, soll auf
die Tagesordnung des Kabinetts, während plötzlich eine
einzelne Abgeordnete anruft und sagt: „So nicht!“, so-
dass das Bundeskanzleramt sagt: Okay, dann halten wir
den Gesetzentwurf auf. – Das war es doch in Wahrheit.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Gesetze macht das Parlament, nicht die Bundesregierung!)


Frau Steinbach, in Zeiten, in denen am rechten Rand
der politischen Szene viel Aufruhr und Unruhe ist, haben
Sie an dieser Stelle – ich sage es einmal so – wirklich die
rechte Karte gezogen und kritisiert, dass sich dieses
Institut im Wesentlichen nur mit den Menschenrechts-
verletzungen im Inland und nicht auch im Ausland aus-
einandersetzt. Dank des Drucks von NGOs und dank der





Renate Künast


(A) (C)



(D)(B)

Opposition, die die Machenschaften, die da passiert sind,
an die Medien durchgestochen haben, hat sich dann ein
Druck entwickelt. Sonst wäre es wahrscheinlich schlim-
mer als heute gekommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Michael Brand [CDU/ CSU]: Das ist ja eine Selbsteinbildung! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Du sollst nicht falsch Zeugnis reden!)


Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist wirklich
eine fantastische Organisation. Das war es schon, bevor
es diesen Gesetzentwurf gegeben hat. Es hat einen her-
vorragenden Vorstand und ein hervorragendes Team
dahinter. In Wahrheit haben Sie deren Arbeit in Zweifel
gezogen und tun es immer noch, wenn Sie jetzt im Ge-
setzentwurf über die „vergleichende Perspektive“ reden.

Frau Winkelmeier-Becker hat hier gerade gesagt, dass
die Menschenrechte der Maßstab sind und über allem
stehen. Gleichzeitig haben Sie über die „vergleichende
Perspektive“ geredet. Nein, Menschenrechte haben in
Wahrheit keine vergleichende Perspektive; sie gelten für
sich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Auch der Satz „Die Würde des Menschen ist unantast-
bar“ wird bei uns nicht im Verhältnis zu der Situation in
Afghanistan diskutiert. Da, finde ich, hat Ihr Gesetzent-
wurf einen Mangel.

Mit wem wollen wir uns denn vergleichen? Wollen
wir, dass das Institut in Zukunft Texte und Stellungnah-
men schreibt, in denen steht: Bestimmte Dinge sind hier
zu kritisieren – zu Recht, sage ich, Frau Steinbach –,
etwa die Situation von Frauen in diesem Land. Das fängt
mit häuslicher Gewalt an


(Michael Brand [CDU/CSU]: Jawohl!)


und geht über das Sexualstrafrecht bis hin zum Thema
Menschenhandel. Dabei geht es um sexuelle Gewalt ge-
genüber Frauen und darum, was die Ursachen dafür sind.
Wie soll man denn, wenn man das beschrieben hat, am
Ende eine vergleichende Perspektive in den Text schrei-
ben? Soll dort etwa stehen: „Aber in Nordkorea oder in
Usbekistan ist es noch schlimmer“? Ich finde, das ist
wirklich absurd. Ich hoffe, dass das Institut in der Praxis
hierfür eine gute Lösung findet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich glaube auch, dass an dieser Stelle das Prinzip
nicht ganz verstanden wurde, oder Sie wollten es nicht
verstehen. Der Witz ist doch gerade, dass wir internatio-
nal einen Menschenrechtsausschuss haben und jeder in
seinem Land per gesetzlicher Grundlage, also nachvoll-
ziehbar und nicht par ordre du mufti, über die Errichtung
eines Menschenrechtsinstituts entscheidet, das im eige-
nen Land beobachtet und unabhängig Stellungnahmen
verfassen kann.

Niemand hat doch behauptet, dass sich in Afghanis-
tan, Somalia oder wo auch immer, selbst wenn dort
Menschenrechtsinstitute existieren, alles richtig sei.
Nein, aber ein solches Institut ist ein Instrument, mit
dem dafür gesorgt werden soll, Jahr für Jahr für die Ein-
haltung der Menschenrechte in diesen Ländern zu kämp-
fen. Dieses Prinzip funktioniert am Ende aber nur, wenn
wir es vorbildhaft vormachen und uns dabei nicht aus-
nehmen. So ist das mit UN-Prinzipien.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Frank Schwabe [SPD])


Lassen Sie mich als Letztes sagen: Am Ende ist da-
raus – selber schuld, Frau Steinbach – eine große Werbe-
initiative für das Institut geworden. Jetzt möchten wir
gerne mehr Finanzmittel sehen. Schließlich haben Sie
dem Institut mehr Aufgaben übertragen. Auch wollen
wir sehen, dass Fakten geschaffen werden. Der Kollege
hat über Flüchtlingsunterbringung, Racial Profiling
– man könnte auch ein Scoring dazunehmen – geredet.

Auch möchte ich sagen: Machen wir endlich Butter
bei die Fische und sorgen dafür, dass Produkte, die nach
Europa und insbesondere nach Deutschland importiert
werden, dahin gehend gekennzeichnet werden, ob im
Rahmen ihrer Herstellung die Menschenrechte verletzt
wurden oder nicht, ob sie aus besetzten Gebieten stam-
men, also Land, das man anderen weggenommen hat, ob
es bei der Produktion zu Sklaven- oder Kinderarbeit ge-
kommen ist. Ich gehe einmal davon aus, Frau Steinbach:
In Zukunft engagieren Sie sich dafür, dass dieses Institut
solche Dinge umsetzt und dass für eine entsprechende
Kennzeichnung und EU-Politik gesorgt wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1809808700

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abge-

ordneten Michael Frieser, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Michael Frieser (CSU):
Rede ID: ID1809808800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Ich hatte während der Rede von Frau
Künast Angst, dass sie keine Luft mehr bekommt. Das
war eine Tour de Force durch sämtliche Themen. Sie ha-
ben am Anfang der Kollegin Steinbach gesagt, sie habe
eine sanftmütige Rede gehalten. Frau Künast, der Vor-
wurf des Sanftmuts wird Sie sicherlich nie erreichen. Da
brauchen Sie keine Angst zu haben.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kommt immer so schlecht zum Ausdruck bei mir!)


Aber alles in einen hypotaktischen Satz zu packen,
damit auch wirklich jedes Argument einmal unterge-
bracht wurde, reicht allein nicht. Ich will in Richtung der
Opposition sagen: Wir hätten auch mit rückhaltlosem
Lob leben können. Wir hätten uns auch bedankt, wenn
Sie uns dafür gelobt hätten, dass wir eine Botschaft ins
Land senden: Die Menschenrechte, die Achtung dieser





Michael Frieser


(A) (C)



(D)(B)

Menschenrechte und der Einsatz für diese Menschen-
rechte waren erstklassig und bleiben erstklassig. – Das
ist der Wille dieses Parlaments. Das können und werden
wir durchsetzen. Dafür hätten wir ein Lob verdient.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Aber gut. Wir können an dieser Stelle auch mit der
Aufgabenkritik leben. Man sieht genau, wie sich die
Redner der Opposition drehen und wenden, um dann ir-
gendwie sagen zu können: Da habt ihr ganz schlechte
Arbeit gemacht. – Die Tatsache, dass das Parlament in
der Frühphase eines Gesetzgebungsverfahrens mitbera-
ten will, nennt man nicht Rückschlag und schon gar
nicht „rechte Karte“,


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Ausschuss berät man mit, nicht im Geheimen!)


sondern das nennt man Parlamentarismus.


(Beifall bei der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben im Geheimen beraten und nicht im Parlament!)


– Noch nicht einmal jetzt muss Frau Künast Luft holen. –
Wir haben uns im Koalitionsvertrag mit genau diesem
Thema beschäftigt, was wir im Koalitionsvertrag ganz
bewusst so formuliert haben: Wir brauchen eine „stabile
Grundlage“. – Jede stabile Grundlage und jedes stabile
Fundament brauchen ihre Zeit bis zur Fertigstellung, in
der man um die Inhalte tatsächlich ringen kann. Nur
dann kommt ein gutes Ergebnis dabei heraus.

Insofern halte ich fest: Entscheidend ist


(Michael Brand [CDU/CSU]: Entscheidend ist, was hinten rauskommt!)


erstens die gesetzliche Grundlage – die haben wir erstellt –
und zweitens die Unabhängigkeit. Was haben wir uns an
Vorwürfen anhören müssen, dass wir es überhaupt wa-
gen, in einem Gesetzentwurf zu regeln, dass ein Deut-
sches Institut für Menschenrechte beim Bundestag, bei
einem Ministerium oder bei irgendeiner anderen Stelle
der Bundesrepublik Deutschland aufgehängt wird.
Schon das würde den Verdacht nähren, dieses Institut sei
nicht unabhängig. Das ist kompletter Unsinn. Denn die
Unabhängigkeit ergibt sich daraus, ob die dort angesie-
delten Aufgaben tatsächlich frei von Beeinflussung
wahrgenommen werden können. Das ist durch die Be-
antwortung entscheidender Fragen sichergestellt wor-
den: Erstens kann die Institution eine Rechtsform wäh-
len, die ihr Genüge leistet. Zweitens ist sie unabhängig,
da sie sich auf eine stabile Finanzierung verlassen kann,
und drittens ist eine plurale Gesellschaft daran beteiligt.

Das alles sind Fragen, die einer Ordnung bedurften.
Das haben wir erledigt. Deshalb haben wir mit dem vor-
liegenden Gesetzentwurf nicht nur den Auftrag, den wir
uns selbst gegeben haben, sondern, glaube ich, auch die
Erwartungen der Öffentlichkeit an diese Fragen vollstän-
dig erfüllt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ein entscheidender Punkt ist – das will ich auch an-
sprechen – die vergleichende Grundlage. Wenn einem
bei der Argumentation zu diesem Thema gar nichts mehr
einfällt, verweist man gerne auf die Aussage „Men-
schenrechte sind unteilbar“. Was für ein Satz! Jawohl,
Menschenrechte sind tatsächlich unteilbar; sie sind nicht
in einen innen- und außenpolitischen Teil teilbar; sie gel-
ten im In- und Ausland. Aber genau darum geht es beim
Deutschen Institut für Menschenrechte, nämlich eine
360-Grad-Perspektive einzunehmen, die es zulässt, über
die Fragen nachzudenken, wie Deutsche im Ausland
auftreten – zum Beispiel im Zusammenhang mit den zi-
vilen Diensten –, wie die Politik, die wir im Ausland be-
treiben, dort ankommt und was uns davon zurückgespie-
gelt wird.

Jetzt wird der Menschenhandel als das entscheidende
Problem angesehen. Was passiert denn in Deutschland?
Deutschland ist der Hort des Menschenhandels.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)


Deutschland ist zu einer Plattform geworden, die im in-
ternationalen Zuschnitt benutzt wird. Genau darum geht
es: die Auswirkungen der Bedingungen im Ausland auf
das Inland mit zu untersuchen. Diese Aufgabe geht mir
gerade im Zusammenhang mit dem Menschenhandel
sehr nahe und ist mir sehr wichtig. Deshalb bedarf es
auch der internationalen Perspektive.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben ja noch einen Bundesinnenminister! Das muss nicht alles das Institut machen!)


Nur dann, wenn wir all das gewährleisten, haben wir
unseren gesetzgeberischen Auftrag tatsächlich erfüllt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deshalb ist es gut, dass Sie trotz des gesamten Feuer-
werks, das Sie hier abbrennen, am Ende dem Gesetzent-
wurf zustimmen wollen. Denn er hat es verdient.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809808900

Vielen Dank. – Der Kollege Arnold Vaatz spricht jetzt

noch für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1809809000

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich bin sehr froh, dass es gelungen ist, ein sol-
ches Gesetz auf den Weg zu bringen. Ich glaube, dass die
entscheidenden Punkte, die wir gemeinsam angestrebt
haben, verwirklicht sind. Das Institut ist unabhängig. Es
ist frei in seiner Tätigkeit. Es hat aber eine Reihe von
Aufgaben zu erfüllen, auf deren Erfüllung wir als Ge-
setzgeber bestehen müssen. Ich glaube, so war es auch
von Anfang an gedacht. Demzufolge möchte ich mich





Arnold Vaatz


(A) (C)



(D)(B)

bei allen, insbesondere bei den Kollegen von unserem
Koalitionspartner, dafür ganz herzlich bedanken.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich finde, dass die Diskussion um dieses Gesetz für
alle sehr fruchtbar war, weil sie uns dazu gebracht hat,
uns eingehend mit diesem Thema zu beschäftigen und
uns darüber klarzuwerden, was die Funktion eines sol-
chen Instituts sein muss, wo die Grenzen und Möglich-
keiten liegen.

Meine Damen und Herren, bitte gestatten Sie mir,
dass ich zwei Punkte herausgreife, die in der Diskussion
angerissen worden sind, aber meines Erachtens noch
nicht erschöpfend behandelt worden sind. Vielleicht
schaffe ich zeitlich nur einen Punkt, aber auch er ist es
wert.

Ich bin genauso wie der Kollege Schwabe und Frau
Künast der Meinung, dass es in unserem Land Racial
Profiling gibt und dass entsprechende Fälle zur Sprache
gebracht und mit aller Entschiedenheit bekämpft werden
müssen. Das ist überhaupt keine Frage.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Aber den Vorwurf, insbesondere den pauschalen Vor-
wurf an Menschen, dass sie Rassisten seien, ohne dass
sie sich dagegen wehren können, halte ich ebenfalls für
schädlich.

Ich möchte Ihnen eine Begebenheit aus meiner Tätig-
keit als Abgeordneter erzählen und Ihnen das Urteil
überlassen. Vor etwa drei Jahren kam eine junge Polizis-
tin in meine Abgeordnetensprechstunde und erklärte,
dass sie aus psychischen Gründen den Polizeidienst ver-
lassen werde. Ich habe gefragt, aus welchem Grund sie
das machen wolle. Daraufhin sagte sie – sie war in Leip-
zig tätig –, dass sie ständig großen Auseinandersetzun-
gen ausgesetzt sei, dass sie teilweise in gewaltsame Aus-
einandersetzungen verwickelt worden sei, bei denen es
auch unter Kollegen Verletzte gegeben habe usw., und
dass sie es nicht ertragen könne, pauschal als Rassistin
beschimpft zu werden. Das belaste sie psychisch so sehr,
dass sie ihren Dienst aufgeben werde.

Daraufhin habe ich mich einmal mit diesem Thema
befasst. Ich habe mir die Studie des Instituts angeschaut.
Dann habe ich einen Brief an die Deutsche Polizeige-
werkschaft geschrieben und gefragt, wie sie eigentlich
zu diesem Vorwurf des Racial Profilings stehe, der sich
allein aus § 22 Bundespolizeigesetz ergäbe. Die Antwort
lautete – ich zitiere – folgendermaßen: „Ein Racial Profi-
ling gemäß aller auffindbaren Definitionen findet in der
Bundespolizei nicht statt.“ Das sagte die Polizeigewerk-
schaft. Ich stelle Ihnen den Briefwechsel gern zur Verfü-
gung. Weiter hieß es: Die Forderung in der Studie des
Deutschen Instituts für Menschenrechte nach einem
nicht kompensierten Wegfall der lagebildabhängigen
Befragung nach § 22 Absatz 1 Bundespolizeigesetz oder
der Identitätsfeststellung nach § 23 Absatz 3 Bundespo-
lizeigesetz ist gerade im Hinblick auf die derzeit gera-
dezu explodierende Migration in Richtung Deutschland
völlig abwegig und widersinnig. – Es gibt also nicht nur
ausschließlich Bestätigungen für die Arbeit des Instituts.

Aber auch das hat mich nicht zufrieden gestellt; denn
selbstverständlich weiß ich, dass jemand natürlich auch
pro domo reden kann und dass das möglicherweise auch
wieder eine sehr parteiische Stellungnahme ist. Demzu-
folge bin ich weitergegangen und habe mich als Nächs-
tes bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes erkun-
digt. Ich wollte wissen, wie viele gemeldete Fälle von
Racial Profiling es eigentlich gibt. Ich habe die Antwort
erhalten, dass es bei der Antidiskriminierungsstelle im
Zeitraum zwischen 2006 und 2014 – das sind insgesamt
acht Jahre – insgesamt 32 Meldungen von Racial-Profi-
ling-Vorfällen gegeben hat. Obwohl das eine sehr ge-
ringe Zahl ist, bin ich selbstverständlich der Meinung,
dass jedes einzelne dieser Vorkommnisse entsprechend
gewürdigt und ihm nachgegangen werden muss.

Demzufolge gab es die Rückfrage, welche Details
dazu vorlägen, ob der jeweiligen Beschwerde nachge-
gangen worden sei und ob sie habe bestätigt werden kön-
nen. Ich habe festgestellt, dass nicht einer einzigen Be-
schwerde wirklich auf den Grund gegangen wurde oder
sie gar aufgeklärt wurde. Das legt für mich persönlich
den Verdacht nahe, dass die Dimension dieses Problems
möglicherweise nicht unbedingt eine pauschale Anklage
der gesamten Bundespolizei rechtfertigt. Meines Erach-
tens sind solche Fragen Fragen des Maßes und der Maß-
stäblichkeit und bedürfen der Berücksichtigung. Das
möchte ich dem Institut einfach einmal mit auf den Weg
geben – nichts anderes. Das ist keine Kritik, sondern ein
Vorschlag.

Im Endeffekt möchte ich noch etwas sagen: Ich bin
bis zu meinem 35. Lebensjahr daran gehindert gewesen,
meine Meinung frei auszudrücken, frei zu wählen und
meinen Aufenthaltsort frei zu wählen. Das alles sind
Dinge, die für diejenigen, die diesen Zustand nicht ken-
nen, selbstverständlich sind. Ich habe mir geschworen,
niemals Zustände zu akzeptieren, die von solchen Län-
dern, in denen Verhältnisse herrschen, die ich damals ge-
wohnt war, verwendet werden können, um die eigene
Lage zu rechtfertigen.

Das ist dann der Fall, wenn es unser Prinzip ist, auf
uns zu zeigen, was ja richtig ist. Falsch wäre aber, aus-
schließlich auf uns zu zeigen, während zugleich andere
Länder, die elementare Menschenrechte überhaupt nicht
achten, ebenfalls nach dem Prinzip vorgehen, auf uns zu
zeigen. Dann zeigen zwei auf uns, und die anderen sind
exkulpiert. Das ist gerade das Gegenteil der Universali-
tät von Menschenrechten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809809100

Vielen Dank. – Wir sind damit am Ende der Debatte

angekommen.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 18/4421 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es





Vizepräsidentin Ulla Schmidt


(A) (C)



(D)(B)

dazu anderweitige Vorschläge? – Ich sehe, das ist nicht
der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe,
hat die Fraktion Die Linke die Gelegenheit zu einer Er-
klärung zur Abstimmung über den Entschließungsantrag
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Drucksa-
che 18/4460 gewünscht.

Bitte schön, Herr Wunderlich.


Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1809809200

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Es hat nach meinem

Kenntnisstand eine Irritation über das Abstimmungsver-
halten der Linken gegeben. Deswegen möchte ich für
meine Fraktion richtigstellen, dass sich die Fraktion Die
Linke zu diesem Entschließungsantrag der Koalition auf
der besagten Drucksache enthalten hat.


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809809300

Danke schön. – Dann ist das so im Protokoll ver-

merkt.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 22 a bis 22 c auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Gesine Lötzsch, Heidrun Bluhm, Caren Lay,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Privatisierung von Bundesliegenschaften
stoppen – Liegenschaftspolitik des Bundes
nachhaltig reformieren

Drucksache 18/4419
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)

Innenausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit

b) Zweite und dritte Beratung des von den Abge-
ordneten Dr. Gesine Lötzsch, Heidrun Bluhm,
Caren Lay, weiteren Abgeordneten und der Frak-
tion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Reform der Liegenschaftsveräu-

(Liegenschaftsveräußerungsreformgesetz)


Drucksache 18/2882

Beschlussempfehlung und Bericht des Haus-
haltsausschusses (8. Ausschuss)


Drucksache 18/3873

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Christian
Kühn (Tübingen), Dr. Tobias Lindner, Britta
Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Für eine nachhaltige und zukunftsweisende
Liegenschaftspolitik des Bundes

Drucksachen 18/3044, 18/3873
Über den Gesetzentwurf und über die Beschlussemp-
fehlung des Haushaltsausschusses werden wir später na-
mentlich abstimmen.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 38 Minuten vorgesehen. – Ich sehe kei-
nen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Gesine Lötzsch, Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1809809400

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Liebe Gäste auf den Tribünen!
Wohnungsnot ist wieder zu einem drängenden Problem
in deutschen Großstädten geworden. Es bilden sich
lange Schlangen in Treppenhäusern, wenn es um die
Vermietung der wenigen preiswerten Wohnungen geht.
Allein hier in Berlin, der deutschen Hauptstadt, fehlen
120 000 preisgünstige Wohnungen.

In München haben im vergangenen Jahr 24 000 Men-
schen eine Sozialwohnung beantragt. Nur 3 800 konnten
eine vom Staat geförderte Wohnung bekommen. Die
Zahl der akut Wohnungslosen hat in München einen Re-
kordstand erreicht. Ende vergangenen Jahres waren es
4 300 Menschen, darunter 1 000 Kinder, die in Pensio-
nen und Notquartieren untergebracht werden mussten.
Ich finde, das ist mehr als ein Alarmzeichen; da müssen
wir handeln.


(Beifall bei der LINKEN)


Die hochverschuldeten Kommunen verkaufen weiter
Immobilien, um ihre Kassen kurzfristig aufzubessern.
Das muss endlich ein Ende haben; denn bezahlbarer
Wohnraum wird so nicht geschaffen.


(Beifall bei der LINKEN)


Investoren wollen doch eine maximale Rendite aus
ihren gekauften Immobilien erzielen. Es werden eben
keine preisgünstigen Wohnungen, sondern Luxuswoh-
nungen gebaut. Wohnungen werden zur Ware. Wir als
Linke sagen dagegen: Wohnen ist ein Grundrecht.


(Beifall bei der LINKEN)


Was macht die Bundesregierung? Die Bauministerin,
Frau Hendricks, hat ein Bündnis für bezahlbares Woh-
nen und Bauen organisiert. Das könnte eine gute Sache
sein, wenn der Finanzminister mit im Boot wäre. Aber er
handelt nicht anders als Miethaie, die auf maximale Ren-
dite setzen.


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Austauschen, den Minister!)


– Guter Vorschlag. – Ich will daran erinnern, dass im
Jahr 2012 die Bundesregierung 11 500 Wohnungen in
Ostdeutschland an einen Finanzinvestor verkaufte. Es
gab damals eine Alternative: das Angebot der Genossen-
schaft TLG FAIRWOHNEN. Das Konzept dieser Ge-
nossenschaft ist im Namen enthalten, nämlich faires
Wohnen, keine Rendite. Das ist der richtige Weg.


(Beifall bei der LINKEN)






Dr. Gesine Lötzsch


(C)



(D)(B)

Wir wollen mit unserem Gesetzesantrag die rendite-
orientierte Politik der Bundesregierung endlich ändern.
Auch Sie, meine Damen und Herren von der Koalition,
müssen beim sozialen Wohnungsbau Ihrer Verantwor-
tung endlich gerecht werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben verfügt
über 26 000 Objekte, 500 000 Hektar Grundstücksfläche
sowie bundesweit noch 39 000 Wohnungen. Die Mieten
dieser Wohnungen sind meist noch günstig. Geeignete
Grundstücke könnten für Wohnungsbau oder gemein-
wohlorientierte Vorhaben günstig abgegeben werden.
Sie wissen doch selbst: Viele Bundesländer und Kom-
munen suchen händeringend günstige Grundstücke für
solche Zwecke. Trotzdem veräußert die Bundesregie-
rung seit Jahren öffentliche Wohnungen und für den
Wohnungsbau geeignete Grundstücke. Das geschieht
grundsätzlich nach dem Vollwert- bzw. Höchstpreisver-
fahren. Wer am meisten bietet, bekommt den Zuschlag.
Sozialpolitische Erwägungen spielen da keine Rolle.
Das, meine Damen und Herren, können wir nicht mehr
länger akzeptieren.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir als Linke haben im Haushaltsausschuss, der über
solche Verkäufe zu entscheiden hat, immer wieder ver-
sucht, die Privatisierung von Bundeswohnungen zu stop-
pen, wie aktuell bei der Veräußerung der Wohnungen in
Berlin-Schöneberg in der Großgörschenstraße oder am
Lützowufer in Berlin-Tiergarten oder auch beim Drago-
ner-Areal in Berlin-Kreuzberg. Aber leider scheiterte
dieser vernünftige Versuch immer wieder an den Stim-
men von Union und auch SPD, obwohl die Berliner
SPD-Abgeordneten hier durch die Stadt laufen und so
tun, als würden sie eine andere Politik machen. Meine
Damen und Herren, das ist nicht ehrlich.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir fordern: Erstens. Der Verkauf von Bundeswoh-
nungen zum Höchstpreis wird abgeschafft. Das Gleiche
gilt für Grundstücke, die für den Wohnungsbau geeignet
sind. Zweitens. Den Bundesländern wird ein gesetzli-
ches Vorkaufsrecht eingeräumt. Die Details stehen ja in
den Vorlagen.

Ich will noch hinzufügen: Vor gut drei Wochen, nach-
dem die Fraktion Die Linke den Gesetzentwurf vorge-
legt hatte, reagierte die SPD-Fraktion immerhin mit
einem eigenen Positionspapier mit dem Titel „Neuaus-
richtung der Liegenschaftspolitik für bezahlbares Woh-
nen und Bauen“. Einige Punkte wurden aus unserem Ge-
setzentwurf übernommen. Das ist gut. Aber daraus ist
weder eine parlamentarische Initiative mit dem Koali-
tionspartner Union erwachsen, noch hat sich das Abstim-
mungsverhalten der SPD-Abgeordneten im Haushaltsaus-
schuss verändert. Im Gegenteil: Bei der Behandlung
unseres Gesetzentwurfs haben die Berliner SPD-Abge-
ordneten den Saal verlassen, und bei den folgenden Ab-
stimmungen haben sie sämtlichen Liegenschaftsveräu-
ßerungen zugestimmt. Und das, meine Damen und
Herren, ist nicht nur schlecht, sondern das ist unehrlich.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Das finde ich nicht fair! Darüber diskutieren wir noch mal!)


In Berlin haben Mieterinitiativen einen Volksent-
scheid für ein „Gesetz über die Neuausrichtung der so-
zialen Wohnraumversorgung in Berlin“ auf den Weg ge-
bracht. So etwas, meine Damen und Herren, brauchen
wir auch auf der Bundesebene.

Ich schlage Ihnen vor – das ist das Vernünftigste –:
Nehmen Sie unser Gesetz an! Dann kann aus dem Miet-
hai Bund ein Wohnungseigentümer mit sozialer Verant-
wortung werden. Und das ist dringend erforderlich.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809809500

Vielen Dank. – Nächster Redner ist André

Berghegger, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. André Berghegger (CDU):
Rede ID: ID1809809600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine Damen und Herren! Das Thema, über
das wir hier heute debattieren, ist nicht neu. Es kommt
regelmäßig auf die Tagesordnung. Wir tauschen uns hier
immer wieder aus und versuchen, die anderen von unse-
rer eigenen Meinung zu überzeugen.

Egal wie wir das Thema nennen, welchen Titel wir
den Anträgen oder Gesetzentwürfen geben – im Kern
geht es aus meiner Sicht doch immer um das Thema „Er-
halt und Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für
breite Schichten der Bevölkerung“. Frau Lötzsch, Sie
werden sich nicht wundern, wenn wir dezidiert anderer
Auffassung als Sie sind. Ich versuche es erneut, Sie von
unserer Meinung zu überzeugen.


(Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird schwierig!)


– Das wird schwierig, ja; aber ich versuche es immer
wieder.


(Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das nennt man Demokratie!)


Das Ziel, das wir gerade beschrieben haben, ist ja in
Ordnung, aber die Frage ist doch, ob die Liegenschafts-
politik des Bundes dafür das richtige Mittel ist. Ich
denke, dass angespannte Wohnungsmärkte und der ange-
sprochene Verdrängungswettbewerb kein flächende-
ckendes Problem in Deutschland sind, sondern dass das
insbesondere in bestimmten Gebieten, in Ballungsräu-
men oder in Studentenstädten etc., eine Rolle spielt.
Deswegen lohnt sich, glaube ich, ein Blick auf die Ge-
samtkonzeption unserer Wohnungspolitik, anstatt nur die
Liegenschaftspolitik isoliert zu betrachten.

Unser gesellschaftspolitisches und wirtschaftspoliti-
sches Leitbild in Deutschland ist die soziale Marktwirt-
schaft. Das haben wir auch im Staatsvertrag zwischen

(A)






Dr. André Berghegger


(A) (C)



(D)(B)

der Bundesrepublik und der DDR 1990 festgehalten und
im Lissabonner Vertrag auf die europäische Ebene geho-
ben. Das heißt, dass der Staat den rechtlichen Rahmen
für wirtschaftliches Handeln setzt. Wettbewerbsbe-
schränkungen sollen möglichst vermieden werden, aber
sozialpolitische Maßnahmen sind natürlich möglich. Das
Ziel muss sein: größtmöglicher Wohlstand bei bestmög-
licher sozialer Absicherung. Was bedeutet das für die
Wohnungspolitik? Ich bin der Meinung, dass weder der
Staat noch Private immer garantieren können, dass ein
ausreichender Bestand an notwendigen Sozialwohnun-
gen vorhanden ist. Wir brauchen dringend verschiedene
Akteure. Wichtig ist aus meiner Sicht: Wir als Staat kön-
nen und wollen nicht überall alles regeln, schon gar
keine Einzelfälle.

Es gibt einen großen Instrumentenkoffer in Deutsch-
land im Bereich der Wohnungspolitik – beim BMUB,
bei den Ländern und bei den Kommunen.

Kommen wir zunächst auf die Instrumente von Län-
dern und Kommunen zu sprechen: Umwandlungsver-
bote von Miet- in Eigentumswohnungen in sogenannten
Milieuschutzgebieten, Zweckentfremdungsverbote bei
Wohnraummangel, insbesondere hinsichtlich der Um-
wandlung in Ferienwohnungen. Vor allen Dingen gibt es
aber die öffentlichen und teilöffentlichen Wohnungsbau-
gesellschaften, und gerade diese haben doch auch den
Auftrag, bezahlbaren Wohnraum für breite Schichten der
Bevölkerung in den Städten zur Verfügung zu stellen.
Gerade hier können wir Projekte quersubventionieren.
Gerade die öffentlichen und teilöffentlichen Wohnungs-
baugesellschaften müssen doch nicht bei jedem Projekt
auf die Rendite achten, sondern sie können auch andere
Projekte durchführen und trotzdem wirtschaftlich han-
deln. Damit erzeugt man, denke ich, eine Vorbildwir-
kung.

Als Bürgermeister der Stadt Melle war ich auch Auf-
sichtsratsvorsitzender einer Wohnungsbaugesellschaft.
Wir haben immer versucht, mit dieser durch genau sol-
che Tätigkeiten dort, wo private Investoren nicht oder
noch nicht gehandelt haben, Stadtentwicklung anzusto-
ßen. Wir sind damit Schritt für Schritt ganz gut vorange-
kommen.

Zum Bund. Der Bund unterstützt wohnungspolitische
Maßnahmen der Länder und der Kommunen, ersetzt sie
aber nicht. Der Bund hat hier verschiedene Handlungs-
möglichkeiten.

Als Erstes wäre die Wohnraumförderung zu nennen.
Seit der Föderalismusreform liegt die Zuständigkeit für
diesen Bereich ausschließlich bei den Ländern. Als
Kompensation für diesen Zuständigkeitswechsel erhal-
ten die Länder für diese Aufgabe jährlich über 500 Mil-
lionen Euro. An dieser Stelle erwarte ich natürlich von
den Ländern, dass sie diese Mittel zweckentsprechend
und nicht zur Konsolidierung des Haushaltes einsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dann gibt es die Städtebauförderung. Die Koalition
hat eine deutliche Aufstockung der Mittel von 455 auf
700 Millionen Euro pro Jahr vorgenommen. Insbeson-
dere die Mittel für das Programm „Soziale Stadt“ sind
deutlich erhöht worden; entsprechende Projekte sollen ja
gerade der Stabilisierung von strukturschwachen Gegen-
den, von strukturschwachen Stadtteilen dienen.

Darüber hinaus haben wir die Mietpreisbremse be-
schlossen. Über sie wird, glaube ich, heute noch im Bun-
desrat beraten.

Zu guter Letzt komme ich auf das Wohngeld zu spre-
chen. Das Wohngeld hat in einer grundsätzlich markt-
wirtschaftlich ausgerichteten Wohn- und Mietpolitik
eine Ausgleichsfunktion. Es soll der Zugang zu Wohn-
raum zu durchschnittlichen Kosten erleichtert werden.
Und eine Wohngeldreform wurde auf den Weg gebracht.

Sie sehen also: Es gibt viele Instrumente, um bezahl-
baren Wohnraum zu ermöglichen. Diese sollten wir zu-
erst nutzen, bevor wir neue Wünsche formulieren.

Durch verschiedene Förderprogramme können wir
Investitionen anschieben. Doch aus meiner Sicht ist und
bleibt das wichtigste Mittel zur Entspannung des Woh-
nungsmarktes der Bau von neuen Wohnungen. Neubau
ist der beste Mieterschutz.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Eine isolierte Betrachtung der Liegenschaftspolitik

führt hier nicht weiter. Liegenschaftspolitik verfolgt
ganz andere Ziele. Zweck der Bundesanstalt für Immo-
bilienaufgaben gemäß § 1 BImAG ist es, Liegenschaften
nach kaufmännischen Grundsätzen einheitlich zu ver-
walten und nicht betriebsnotwendiges Vermögen wirt-
schaftlich zu veräußern. Wirtschaftlich veräußern bedeu-
tet in der Regel: zum vollen Wert – einige Antragsteller
heute seien daran erinnert, dass das Gesetz am 1. Januar
2005 in Kraft getreten ist, das heißt zur Zeit einer rot-
grünen Koalition –, aber von diesem bewährten Prinzip
wollen die Oppositionsfraktionen heute abkehren. Ziel
ist die Neuausrichtung der BImA. Das finde ich aus ver-
schiedenen Gründen problematisch: Es passt nicht in die
Gesamtkonzeption unserer Wohnungsbaupolitik, es ver-
schiebt Verantwortungen, und in Anbetracht der vielen
Steuerungsmöglichkeiten, die die Länder und die Kom-
munen haben – ich konnte sie gerade nur andeuten –, ist
diese Verschiebung auch nicht notwendig und damit ab-
zulehnen.

Liegenschaften, die die BImA verwaltet, gehören
zum Vermögen des Bundes. Das ist Vermögen des
Steuerzahlers, und wir haben verantwortungsvoll damit
umzugehen, zum größtmöglichen Nutzen für die Allge-
meinheit. Die BImA verwaltet alljährlich 2 000 bis
3 000 Objekte. Aus meiner Sicht ist das keine den ge-
samten Wohnungsbestand in Deutschland beeinflus-
sende Größe. Emotional diskutiert werden im Wesentli-
chen Einzelfälle. Ich kann auch die Sorgen und Ängste
der Betroffenen vor einer möglichen Verdrängung ver-
stehen, so wie wir es im Vorrednerbeitrag gehört haben.
Aber das ist aus meiner Sicht keine Rechtfertigung für
eine bundesweite Regelung. Der Wohnungsmarkt in
ganz Deutschland unterscheidet sich zu stark, und wir
müssen an die Gesamtheit aller Mieter denken. Deswe-
gen finde ich es sehr klug, wenn die entsprechenden
Maßnahmen vor Ort, so nah wie möglich an den Betrof-
fenen, ergriffen werden. Instrumente gibt es genügend.


(Zurufe von der LINKEN)






Dr. André Berghegger


(A) (C)



(D)(B)

Die Liegenschaftspolitik dient insofern aus meiner
Sicht vor allem der seriösen Haushaltspolitik. Das ist
auch schon in der Begründung des Gesetzentwurfs zum
BImA-Gesetz aufgenommen worden. Dort heißt es, dass
„überwiegend fiskalisch geprägte Aufgabenbereiche der
Bundesvermögensverwaltung“ eine Rolle spielen. Es
wurde ausdrücklich darauf verwiesen, dass entbehrliche
Liegenschaften veräußert werden sollen.

In Ihren Anträgen wird ein Punkt besonders hervorge-
hoben, den ich hier deshalb auch gesondert erwähnen
möchte: die Konversionsflächen. Im Koalitionsvertrag
steht, dass die Kommunen bei der Übernahme ehemals
militärisch genutzter Liegenschaften weiter unterstützt
werden sollen. Das ist ein mehrstufiges Verfahren. Be-
reits 2012 hat der Haushaltsausschuss eine Erstzugriffs-
option für Kommunen eingeführt. Dadurch können die
Kommunen entsprechende Liegenschaften ohne ein Bie-
terverfahren direkt zum Verkehrswert erwerben. In ei-
nem zweiten Schritt werden wir jetzt in einer Richtlinie
festlegen, wie die verbilligte Abgabe der entsprechenden
Flächen unterhalb des Verkehrswertes erfolgen kann,
und das in einem Volumen von 100 Millionen Euro.


(Zuruf des Abg. Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Hier gibt es ein bundesweites Interesse an diesem
Thema; denn diese Liegenschaften sind bundesweit ver-
teilt und überall vorzufinden. Diese Liegenschaften – da
dürfen wir die Kommunen nicht alleinlassen – müssen
zukunftsfähig genutzt werden.

Insgesamt lässt sich also festhalten: Aus meiner Sicht,
aus unserer Sicht haben wir ein schlüssiges, aufeinander
abgestimmtes Konzept in der Wohnungsbaupolitik. Än-
derungen sind nicht erforderlich. Deswegen werden wir
Ihre Anträge und den Gesetzentwurf ablehnen.

Vielen Dank fürs freundliche Zuhören.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809809700

Vielen Dank. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grü-

nen hat jetzt Dr. Tobias Lindner das Wort.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Liebe Mieterinnen und Mieter bundes-
eigener Wohnungen! Herr Dr. Berghegger, Sie haben ja
eben hier eine Rede gehalten ganz nach dem Motto „Al-
les prima mit der BImA“.


(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Der ist so alt!)


Sie haben einen bemerkenswerten Satz gesagt, nämlich
dass man die Liegenschaftspolitik der BImA nicht iso-
liert betrachten dürfe und sie deshalb nicht nutzen
könne, um alle Probleme der Wohnungsbaupolitik in
Deutschland zu lösen.


(Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär: Sehr richtig!)

Auch wenn ich jetzt einen Zuruf direkt von der Regie-
r
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1809809800
Ja, klar, man kann mit der BImA nicht alle
Probleme lösen. Aber so, wie es diese Koalition tut,
nämlich die BImA zu ignorieren und eine Wohnungs-
und Städtebaupolitik zu betreiben, die sich in ein Para-
doxon hineinbegibt, zu dem ich gleich kommen werde,
geht es auch nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Die Sozialdemokraten konnten sich ja hier vor weni-
gen Wochen vor Kraft kaum noch abfeiern für die Miet-
preisbremse. Sie haben erzählt, Herr Berghegger, was
Sie alles Tolles tun. Nur, am Ende wird es Mieterinnen
und Mietern – gerade in Städten mit angespanntem Woh-
nungsmarkt; in München, in Frankfurt, erst recht hier in
Berlin – nichts nutzen, wenn der Bund weiterhin auf
Bieterverfahren beharren muss und dadurch die Preise
für Liegenschaften hochgetrieben werden, was sich dann
auch in den Mieten widerspiegelt. So erreichen Sie keine
sozialverträglichen Mieten in Berlin und anderswo in
Deutschland, liebe Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wenn man über den Verkauf einer Dienstvilla oder ei-
nes Gewerbegebietes oder über Verkäufe, die nicht der
öffentlichen Daseinsvorsorge dienen, reden würde,
müsste der Bund selbstverständlich im Interesse des
Steuerzahlers schauen, dass er einen ordentlichen Kauf-
preis erzielt; das ist unstrittig in diesem Haus. Nur, Ver-
antwortung des Bundes für seine Liegenschaften, Ver-
antwortung für bezahlbaren Wohnraum in Deutschland –
das ist eben mehr als der Kaufpreis.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben, Herr Kollege Berghegger, den § 1 des
BImA-Gesetzes angesprochen und erwähnt. Ich würde
Ihnen raten, sich mit Herrn McAllister zu unterhalten,
ein Parteifreund von Ihnen.


(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Sehr guter Mann!)


Nach meinem Kenntnisstand war er am 6. Dezember
2012 noch Ministerpräsident Ihres Bundeslandes. Er hat
an diesem Tag an einem einstimmigen Beschluss der Mi-
nisterpräsidentenkonferenz mitgewirkt, in dem gefordert
wird, diesen von Ihnen erwähnten § 1 des BImA-Geset-
zes derart zu erweitern – das haben wir Grüne in diesem
Hause oft beantragt –, dass nicht nur der Kaufpreis allein
zählt, sondern dass der Bund wohnungsbau- und regio-
nalentwicklungspolitische Aspekte aufnehmen muss.
Das ist nach wie vor richtig und notwendig, liebe Kolle-
ginnen und Kollegen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Der SPD in diesem Haus kann ich eines nicht erspa-
ren: Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist so – das ist
in einer Demokratie nicht überraschend –, dass Opposi-
tion und Koalition andere Meinungen haben. Es ist Ihr
gutes Recht, im Haushaltausschuss bei Verkäufen wie





Dr. Tobias Lindner


(A) (C)



(D)(B)

dem Dragoner-Areal – wir Ausschussmitglieder haben
Hunderte von E-Mails dazu erhalten – zu sagen: Das se-
hen wir anders. Wir möchten es verkaufen.

Aber ich finde es schon verwunderlich, dass am
Dienstag in der Berliner Zeitung von Ihrer Fraktionskol-
legin, Frau Kiziltepe, zu lesen war – Zitat –:

Der Verkauf des Dragoner-Areals muss vom Haus-
haltsausschuss des Bundestages gestoppt werden.

Am Mittwoch, einen Tag später, verkündete Herr
Schulz in der taz, gegen den Vertragsentwurf zu stim-
men. Weil ich sichergehen wollte, dass ich es im Aus-
schuss richtig mitbekommen habe, teilte uns der Haus-
haltsausschuss durch sein Sekretariat noch einmal mit,
dass der Veräußerung mit den Stimmen der Koalitions-
fraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen
zugestimmt wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialde-
mokratie, es mag ja sein, dass Sie sich nicht durchsetzen
können, es mag ja sein, dass Sie eine andere Meinung
haben als wir, aber dann unterlassen Sie bitte eines: Hö-
ren Sie auf, durch Berlin zu ziehen und den Leuten zu er-
zählen, Sie verhindern die Verkäufe. Denn im Haushalts-
ausschuss machen Sie das Gegenteil.


(Zuruf von der SPD: Was wir machen, entscheiden wir immer noch selbst!)


Das ist Sand in die Augen der Mieterinnen und Mieter
streuen, die sich Sorgen machen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Wir Grüne haben deswegen heute einen Antrag vor-
gelegt, in dem wir verschiedene Schritte fordern. Wir
wollen, dass es nicht nur um Konversionsliegenschaften
geht, sondern dass das Erstzugriffsrecht auf alle Liegen-
schaften ausgedehnt werden muss, wenn es um öffentli-
che Daseinsvorsorge geht. Wir wollen auch – ich ver-
stehe die Große Koalition hier nicht, dass sie die
Bemühungen der Großen Koalition in Berlin konterka-
riert –, dass es ein Verkaufsmoratorium in den Städten
gibt, wo der Wohnungsmarkt besonders angespannt ist.
Es kann nicht sein, dass das Land Berlin Liegenschaften
ankaufen will und man dann wie bei einer Salami
Scheibchen für Scheibchen verhökert. So ist keine gute
Liegenschaftspolitik zu machen. Das ist gegen die Inte-
ressen der Mieterinnen und Mieter in diesem Land für
einen bezahlbaren Wohnraum. Deswegen, liebe Kolle-
ginnen und Kollegen, sind diese Anträge von uns und
von den Linken heute bitter notwendig.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809809900

Vielen Dank. – Für die SPD-Fraktion erhält jetzt die

Kollegin Petra Hinz das Wort.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Petra Hinz (SPD):
Rede ID: ID1809810000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich denke, eines ist hier im Hause festzuhalten: Wir alle,
jeder Parlamentarier und jede Parlamentarierin, die hier
sitzen, arbeiten daran, dass jeder Mieter eine adäquate
Wohnung hat, dass wir keine Probleme mit dem Wohn-
raum haben, dass wir im Bereich der kommunalen Poli-
tik für die Menschen vor Ort unsere Arbeit machen. Ich
glaube, das können wir hier gemeinsam feststellen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich halte es – ich
will es einmal ganz höflich sagen – für sehr polemisch,
dass einzelne meiner Kolleginnen und Kollegen des
Haushaltsausschusses herausgegriffen werden. Sie alle
leisten hier vor Ort redliche Arbeit. Jeder von ihnen
kennt die Situation.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


– Entschuldigen Sie bitte. Zeigen Sie nicht mit dem Fin-
ger auf meine Kollegen. Drei Finger zeigen auf Sie zu-
rück.

Es ist ja wohl üblich im Ausschuss, dass man für
seine Position eintritt, dass man als Wahlkreisabgeordne-
ter deutlich macht, wofür man gerne im optimalen Fall
stimmt, und seine eigene Fraktion und die Koalition da-
von überzeugt.


(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So ist es nicht!)


– Waren Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Frak-
tion der Grünen, noch nie in einer Koalition? Was ist
denn in Frankfurt? Was ist denn in Hessen? Sind Sie da
in keiner Koalition? Stehen Sie da etwa beim Thema
Flughafen und anderen Dingen nicht vor der Situation,
entsprechende Kompromisse einzugehen?


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber dann soll man auch das machen, was man sagt! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809810100

Frau Kollegin Hinz, gestatten Sie eine Zwischen-

frage?


Petra Hinz (SPD):
Rede ID: ID1809810200

Nein, ich gestatte keine Zwischenfragen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809810300

Keine Zwischenfragen. Okay.


Petra Hinz (SPD):
Rede ID: ID1809810400

Ich finde es unredlich, wie Sie einzelne Kolleginnen

und Kollegen aus dem Haushaltsausschuss vorführen,
um reine Polemik zu betreiben.


(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nur ehrlich!)






Petra Hinz (Essen)



(A) (C)



(D)(B)

Mein Kollege hat gerade schon sehr deutlich ge-
macht, dass es beim Thema Wohnquartiere um mehr
geht, nämlich um einen Dreiklang aus Wohnraumförde-
rung – in der Tat –, Mietpreisbremse – sie wird heute im
Bundesrat verabschiedet – und Bereitstellung von Gel-
dern für die Infrastruktur; da haben wir gerade ein um-
fassendes Programm vorgelegt und die entsprechenden
Gelder bereitgestellt.

Richtig ist auch, dass man bei den Immobilien der
BImA schon in den zurückliegenden Jahren zu einer Lö-
sung gekommen ist, wenn Einvernehmen zwischen dem
Land und der Kommune, den kommunalen Wohnungs-
gesellschaften, herrschte. Ich will zwei Projekte aus mei-
ner Stadt hervorheben. Das Gelände der Ruhrlandka-
serne hat eine Fläche von 170 000 Quadratmetern. Dort
ist bezahlbarer Wohnraum geschaffen worden, und zwar
für junge Familien. Auf dem Gelände einer anderen Ka-
serne in meinem Wahlkreis, in Essen, ist ein Gewerbege-
biet geschaffen worden. Ich gebe meinem Kollegen
Berghegger recht, wenn er sagt: Es ist ein Dreiklang, ein
Zusammenspiel der Kommunen, der Länder und des
Bundes mit seiner Gesetzgebung.

Eines wollen wir aber nicht: an den Kommunen vor-
bei wohnungspolitische Gestaltung vor Ort vornehmen.
Die Kommunen wissen, wo sie Wohnraum schaffen
müssen. Sollen neue Flächen erschlossen werden, oder
soll man weitere Brachen erschließen? Soll man da, wo
zu kleiner Wohnungsraum besteht, Rückbau vorneh-
men? Soll man weiteren Wohnungsbau vornehmen,
wenn ja, in welchen Bereichen?

Wir haben das 100-Millionen-Euro-Programm auf
den Weg gebracht, aus dem Gelder an die Kommunen
für den Bereich der Konversionsflächen abfließen kön-
nen. Hier haben die Kommunen ein Instrument in die
Hand bekommen, um Wohnungsbaupolitik zu realisie-
ren.

Mein Kollege Uli Krüger hat hier in der ersten Le-
sung, bei der Einbringung dieses Themas, deutlich ge-
macht, dass die BImA nur einen Bruchteil der benötigten
Immobilien zur Verfügung stellt und sie mit Sicherheit
nicht allein das Problem der Wohnungsnot beheben
kann, das in Ballungsgebieten und bei speziellem Wohn-
raum herrscht – ob es seniorengerechte Wohnungen, fa-
milienfreundliche Wohnungen oder ein anderer Bereich
ist. Wir reden nicht über die Postwohnungen, wir reden
nicht über die Bahnimmobilien, sondern ausschließlich
– da haben wir Einfluss – über die BImA-Immobilien.
Da haben wir einiges auf den Weg gebracht.

Sie wissen ganz genau, dass dem Haushaltsausschuss
seit dem 19. März der Entwurf einer Satzung vorliegt,
die in der ersten Sitzungswoche nach der Osterpause ein-
gebracht und hier diskutiert werden soll, mit der wir ge-
nau auf die Forderungen eingehen, die Sie in Ihren An-
trägen formuliert haben: nämlich zur Frage des Erwerbs
zur Errichtung von Wohnungen im Rahmen des sozialen
Wohnungsbaus und zur Frage des Erwerbs zur Unter-
bringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern. Hier
wird weiter festgelegt, zu welchen Konditionen, zu wel-
chem Kaufpreis die Grundstücke und Immobilien abge-
geben werden. Hier wird auch festgelegt, dass der Kauf-
preis bis auf 80 Prozent begrenzt werden kann.

Das, was Sie jetzt bei uns hier einfordern und was
heute beschlossen werden soll, liegt dem Haushaltsaus-
schuss bereits vor. Wir werden es in der ersten Sitzungs-
woche nach der Osterpause beschließen. Dann geschieht
genau das, was Sie gemeinsam mit uns wollen: Wir ge-
ben den Kommunen über die Städtebauförderung, über
das Programm „Soziale Stadt“ und über das 100-Millio-
nen-Euro-Programm für den Bereich der Konversions-
flächen Instrumente an die Hand, um dort, wo Bedarf be-
steht, genau die richtigen Maßnahmen zu treffen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809810500

Vielen Dank. – Das Wort zu einer Kurzintervention

hat jetzt der Kollege Dr. Tobias Lindner.


(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Tobias, ich muss nach Haus!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Frau Kollegin Hinz, ich glaube, wir brauchen
uns nicht gegenseitig katholisch zu machen, wenn es da-
rum geht, Koalitionsregierungen anzugehören. Das tut
meine Partei in acht Bundesländern, und wir haben auch
schon im Bund einer solchen angehört. Darum geht es
uns also nicht. Ich finde es interessant, der Opposition
Polemik vorzuwerfen, wenn diese darauf hinweist, dass
es einen Unterschied zwischen einem angekündigten
und einem tatsächlichen Abstimmungsverhalten geben
kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Jetzt hat der Kollege Schulz mich eben angesprochen.
Ich will das hier der Vollständigkeit halber erwähnen,
um keine unnötige Schärfe hereinzubringen. Er sagt, er
habe sich gegenüber der taz – was sein Abstimmungs-
verhalten betrifft – nie so geäußert. Ich war nicht dabei,
ich kann das nicht beurteilen. Ich kann nur beurteilen,
was ich in Zeitungen lese. Er sagt, er habe im Haushalts-
ausschuss an der besagten Abstimmung nicht teilgenom-
men. Das Protokoll verzeichnet im Moment etwas ande-
res. Vielleicht klären Sie in der Arbeitsgruppe der SPD,
wie Sie Ihr Abstimmungsverhalten im Haushaltsaus-
schuss üblicherweise koordinieren. Herr Schulz, viel-
leicht gehen Sie im Nachhinein auf den Haushaltsaus-
schuss zu und lassen das im Protokoll entsprechend
richtigstellen, wenn Sie das anders sehen.

Ich will noch einen letzten Satz sagen: Frau Hinz, ich
finde es interessant, dass Sie ankündigen, es werde alles
kommen, was wir beantragt haben. Dem ist mitnichten
so. Die vorgelegten Richtlinien, die im Ausschuss be-
handelt werden sollen, umfassen Konversionsliegen-
schaften. Damit ist aber den Menschen in der Großgör-
schenstraße und den Menschen in Städten mit einem





Dr. Tobias Lindner


(A) (C)



(B)

angespannten Wohnungsmarkt kein bisschen geholfen;
denn es geht um weitaus mehr als nur um Konversions-
liegenschaften.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809810600

Danke schön. – Frau Kollegin Hinz, Sie möchten

noch einmal das Wort? – Bitte schön.


Petra Hinz (SPD):
Rede ID: ID1809810700

Lieber Kollege, liebe Kollegin, selbstverständlich

können Sie hier im Plenum Dinge mitteilen und auch
Abstimmungsverhalten und Wortbeiträge meiner Kolle-
ginnen und Kollegen aus den Ausschüssen noch einmal
öffentlich machen.

Ich habe darüber gesprochen, dass Sie, so glaube ich,
keinen meiner Kolleginnen und Kollegen absprechen
können, dass sie das, was sie in der Öffentlichkeit sagen,
in ihrer parlamentarischen Arbeit auch tatsächlich um-
setzen. Das ist aber gerade in zwei Wortbeiträgen ge-
macht worden. Ich bin in den Arbeitsgruppen und in den
Ausschüssen dabei. Die Kollegen, die Sie genannt ha-
ben, haben mit Nachdruck und vehement auf die Anlie-
gen der Bürger hier in Berlin aufmerksam gemacht.

Parlamentarischer Brauch ist: Wenn man nicht die
Meinung der Mehrheit vertritt, dann kann man entweder
dagegen stimmen oder sich enthalten. Sie kennen die
Gepflogenheiten im Haushaltsausschuss, dass man dort
– egal wie man im Plenum abstimmt – sich möglichst
dem gemeinsamen Votum anschließt. Es ist unfair, dass
Sie jetzt versuchen, meine Kollegin und meinen Kolle-
gen in der Öffentlichkeit so darzustellen, als würden
diese das, was sie in der Öffentlichkeit sagen, nicht im
Rahmen ihrer parlamentarischen Arbeit umsetzen, und
das stimmt in dieser Form nicht.


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809810800

Vielen Dank. – Jetzt hat der Kollege Alois Rainer,

CDU/CSU-Fraktion, das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Alois Rainer (CSU):
Rede ID: ID1809810900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Lassen Sie uns jetzt wieder zum Thema zurückkehren.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich beginne mit einem Zitat von Ludwig Erhard:

Unser Tun dient nicht nur der Stunde, dem Tag oder
diesem Jahr. Wir haben die Pflicht, in Generationen
zu denken.

Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben veräußert
Liegenschaften nach dem Vollwert- bzw. Höchstpreis-
verfahren. Dies ist in unserer Bundeshaushaltsordnung
so geregelt. Diese Verfahren sind völlig unbedenklich
und in meinen Augen auch absolut richtig. Die BImA
muss sich an die bestehenden Vorschriften halten und tut
dies auch.

Das Eigentum des Bundes wird und wurde durch den
Steuerzahler finanziert. Also hat der Bund in Gestalt der
BImA auch dafür Sorge zu tragen, dass marktgerechte
Preise bei der Verwertung von Bundesliegenschaften er-
zielt werden.


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809811000

Herr Kollege Rainer, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Kühn?


Alois Rainer (CSU):
Rede ID: ID1809811100

Nein, heute nicht mehr.


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809811200

Heute nicht mehr.


(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schade! Ich wollte etwas zu Ludwig Erhard fragen!)



Alois Rainer (CSU):
Rede ID: ID1809811300

Wir müssen uns immer wieder vor Augen führen,

wessen Vermögen wir hier verwalten. Wir verwalten das
Geld und das Vermögen der deutschen Steuerzahler, und
deshalb ist es unsere Pflicht, damit verantwortungsvoll
umzugehen.

Darüber hinaus geht es an den eigentlichen Problem-
lagen vorbei, wenn man glaubt, dass die BImA die Woh-
nungspolitik in Berlin mit den bundeseigenen Immo-
bilien aktiv beeinflussen könnte. Der Wohnungsbestand
des Bundes in Berlin unterhält mit gerade einmal
0,3 Prozent – das sind circa 5 100 Wohnungen – noch
nicht einmal 1 Prozentpunkt des gesamten Bedarfes.

Für die Wohnraumpolitik haben wir andere Instru-
mente; viele davon sind bereits angesprochen worden;
ich komme gleich noch darauf zu sprechen. Mit einer
Abkehr vom Höchstpreisverfahren bei der Veräußerung
bundeseigener Liegenschaften oder einem Verkaufsmo-
ratorium lösen wir nicht das Problem der Wohnungs-
knappheit und steigender Mieten in den Ballungsräu-
men,


(Unruhe – Glocke der Präsidentin)


sondern verlagern diese Probleme nur. Es kann nicht
Aufgabe des Bundes sein – und ist es auch nicht –, mit
Ramschverkäufen seiner Immobilien den Wohnungs-
markt in Berlin zu stützen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht nicht um Berlin! Es geht um 45 000 Wohnungen in ganz Deutschland!)


Sie verkennen auch, dass die Immobilien der BImA
Bestandteil des Wohnungsmarktes sind. Mit denen von
Ihnen geforderten verbilligten Verkäufen erzielen Sie al-
lerhöchstens ein Verlustgeschäft zulasten der Steuerzah-
ler. Das ist mit uns beim besten Willen so nicht zu ma-

(D)






Alois Rainer


(A) (C)



(D)(B)

chen. Wir haben nicht so hart darauf hingearbeitet, keine
neuen Schulden zu machen, um dann Sachwerte unter
Wert zu verkaufen. Das, meine sehr verehrten Damen
und Herren, ist keine seriöse und keine nachhaltige
Haushaltspolitik.

Lassen Sie mich noch kurz auf die Wohnraumpolitik
eingehen. Diese Aufgabe wurde aus gutem Grund den
Ländern und den Kommunen zugewiesen. Denn diese
wissen, wie schon gesagt, am besten, wie die Wohn-
raumsituation vor Ort aussieht und welche Maßnahmen
eingeleitet werden müssen, um bezahlbaren Wohnraum
langfristig erhalten zu können.

Der Bund unterstützt die Kommunen bei ihrer be-
darfsgerechten Planung und bei der Umsetzung von
Maßnahmen zur Entlastung angespannter Wohnungs-
märkte. Bei den Bundesliegenschaften haben die Kom-
munen ein sogenanntes Erstzugriffsrecht und können
Liegenschaften der BImA im Direktkauf erwerben – na-
türlich zum gutachterlich ermittelten Verkehrswert.
Dazu muss die Kommune ihr Kaufinteresse bekunden
und darlegen, dass mit der Nutzung der Liegenschaft
Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge erfüllt wer-
den müssen.


(Unruhe)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809811400

Herr Kollege, gestatten Sie mir folgende Bemerkung:

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, dass die Ab-
stimmungen bevorstehen und dann immer Unruhe im
Saal herrscht. Aber die Höflichkeit gebietet, dass das
jetzt bitte alles leise vor sich geht. Der Kollege Rainer
hat hier das Recht, zu reden, und auch das Recht, dass
ihm zugehört wird.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Alois Rainer (CSU):
Rede ID: ID1809811500

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Die BImA schöpft

den weit auszulegenden Anwendungsbereich der Erstzu-
griffsoption bei Konversionsgrundstücken ebenso aus
wie bei der Veräußerung von Nichtkonversionsgrundstü-
cken. Führt das angemeldete Interesse der Kommunen
nicht zum Kauf der Liegenschaft, berücksichtigt die
BImA im Verlauf des Bieterverfahrens selbstverständ-
lich die kommunalpolitischen Entwicklungsziele, zum
Beispiel die Unterbringung von Asylbewerbern und
Flüchtlingen. Hier ist der Bund bereits einen großen
Schritt auf die Kommunen zugegangen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Klaus Mindrup [SPD])


Die Bundesländer können Umwandlungsverbote aus-
sprechen. Das ist eine Möglichkeit, von der Bayern be-
reits Gebrauch macht.


(Beifall des Abg. Klaus Mindrup [SPD])


Dadurch soll die Aufteilung von Mietshäusern in Eigen-
tumswohnungen in besonders begehrten Wohnvierteln
verhindert werden. Das Baugesetzbuch ermöglicht den
Städten und Gemeinden, Milieuschutzsatzungen für
Rück- und Umbauten sowie für Modernisierungen fest-
zulegen. Dieses Instrument dient genau wie die Mög-
lichkeit der Einführung von Zweckentfremdungsverbo-
ten dazu, einer Verdrängung der ursprünglich ansässigen
Bevölkerung aufgrund von steigenden Wohnkosten ent-
gegenzuwirken.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch kurz auf
die Mietpreisbremse zu sprechen kommen. Auch hier
haben wir den Handlungsspielraum der Länder erwei-
tert. Denn künftig können sie in einem auf fünf Jahre be-
grenzten Zeitraum festlegen, in welchen Städten und
Stadtteilen der Mietpreis bei Neuvermietungen höchs-
tens 10 Prozent über dem Niveau der ortsüblichen Ver-
gleichsmiete liegen darf. Mit diesen Instrumenten kann
vor Ort mehr erreicht werden als durch den verbilligten
Verkauf einzelner Bundesliegenschaften.

Zum Abschluss möchte ich noch sagen, dass wir die
angesprochenen Probleme nicht lösen, wenn wir nur die
Symptome bekämpfen. Unsere Aufgabe ist es vielmehr,
die Ursachen zu finden und dann geeignete Maßnahmen
zu ergreifen. Denn das eigentliche Problem in ange-
spannten Wohnungsmärkten ist der Wohnraummangel
und nicht der Preis ausgewählter Immobilien. Die viel-
schichtigen Probleme des Wohnraummangels lösen wir
nicht, indem wir einzelne auf dem Markt angebotene Im-
mobilien und Grundstücke aus der Vermögensverwal-
tung der BImA zulasten der Steuerzahler verbilligt ver-
kaufen.


(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Genau so sieht es aus!)


Den künftigen Wohnraummangel könnten wir unter
anderem auch dann nachhaltig bekämpfen, wenn es uns
gelingen würde, auch die ländlichen Regionen um die
Ballungsgebiete herum so zu stärken, dass das Wohnen
in diesen Gebieten und Regionen attraktiv ist.


(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist doch bereits so!)


Deshalb verfolgen Ihre Vorschläge den falschen Ansatz
und sind vollständig abzulehnen.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809811600

Vielen Dank, Herr Kollege Rainer. – Jetzt hat der

Kollege Klaus Mindrup, SPD-Fraktion, als letzter Red-
ner zu diesem Tagesordnungspunkt das Wort.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Klaus Mindrup (SPD):
Rede ID: ID1809811700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist
noch nicht so lange her, da hat mich ein freundlicher
Mann angesprochen und mir erzählt, dass seine Woh-
nung von der BImA im Jahr 2018 verkauft werden soll.
Er hat sich unglaublich gefreut, dass Berlin jetzt mit dem
Bund über den Verkauf von 4 600 Wohnungen verhan-





Klaus Mindrup


(A) (C)



(D)(B)

delt und dass auch seine Wohnung dabei ist. Er könne
jetzt wieder ruhig schlafen. Es ist ein riesiger Fortschritt,
dass die Städte und Gemeinden jetzt ein Erstzugriffs-
recht bei Verkäufen der BImA für Wohnhäuser mit mehr
als vier Wohnungen haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Offenbar hat sich das bei der Opposition noch nicht
herumgesprochen. Aber, ich denke, Sie sollten sich da
erkundigen; dann werden Sie das bestätigt bekommen.
Dieser Abschied vom Höchstpreisverfahren im Wohn-
segment macht auch volkswirtschaftlich Sinn.

Herr Bundesfinanzminister Dr. Schäuble hat selbst
vor einer Blasenentwicklung am Immobilienmarkt ge-
warnt. Immobilienblasen drohen immer dann, wenn der
Ertrag und der Preis einer Immobilie in keinem vernünf-
tigen Verhältnis mehr zueinander stehen. Deswegen ist
es auch richtig, dass Wohnungen jetzt zum Verkehrs-
wert, was der volle Wert im Sinne der Haushaltsordnung
ist, veräußert werden. Natürlich muss, wenn die Werte
festgestellt werden – Berlin verhandelt ja gerade mit
dem Bund – auf die Rahmenbedingungen geachtet wer-
den und natürlich vor allen Dingen auf den Ertragswert
der Immobilien, damit man da zusammenkommen kann.

Auflagen zum Mieterschutz sind sinnvoll und zuläs-
sig. Diese müssen in den Kaufverträgen abgesichert wer-
den, auch gegenüber den Städten und Gemeinden. Das
sage ich ganz bewusst als Berliner: Die Große Koalition
in Berlin hat unter der Führung der SPD die Liegen-
schaftspolitik in Berlin nachhaltig verändert.


(Beifall bei der SPD)


Während unter Rot-Rot mit dem GSW-Verkauf eine der
größten Privatisierungen der deutschen Geschichte er-
folgt ist, werden in Berlin jetzt wieder Wohnungen von
Berlin gekauft und neu gebaut.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Auch die Mittel für den sozialen Wohnungsbau werden
jetzt in Berlin wieder entsprechend eingesetzt und zu-
künftig durch Landesmittel gegenüber den Ansätzen des
Bundes vervierfacht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Caren Lay [DIE LINKE]: Das ist doch die SPD gewesen!)


– Ich finde es immer interessant, wenn gerufen wird,
dass es die SPD gewesen ist. Beim letzten Mal haben Sie
gerufen, dass es einen Finanzsenator der SPD gab. Ich
sage Ihnen: Sie haben doch mit am Kabinettstisch in
Berlin gesessen und das alles mitgemacht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich sage doch auch nicht, dass Herr Schäuble jetzt hier-
für verantwortlich ist.


(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Unglaublich!)


Ich hoffe – das ist wichtig; da haben wir alle eine Ver-
antwortung –, dass sich Berlin, der Bund und die BImA
bei den 4 600 Wohnungen einig werden und dass dieser
Verkauf zum Abschluss kommt, damit die Bewohnerin-
nen und Bewohner dieser 4 600 Wohnungen langfristig
gut schlafen können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Aber wir brauchen auch eine Lösung für Flächen mit
Entwicklungspotenzial. Die Konversionsflächen sind ein
Teil davon. Auch hier ist die Formulierung im Koali-
tionsvertrag richtig: Es geht um die Förderung der „am
Gemeinwohl orientierten Vorhaben der Kommunen, wie
der Schaffung bezahlbaren Wohnraums und einer leben-
digen Stadt“. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das um-
gesetzt werden kann, indem jetzt alle BImA-Potenzial-
flächen von Kommunen gekauft werden. Das gilt erst
recht für Berlin mit den hohen Altschulden. Das wäre
ein falscher Weg.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Aber wir brauchen eine stärkere Einbeziehung der
Kommunen bei der Vergabe dieser Flächen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Konzeptverfahren bieten hier die Chance, dass sich
BImA und Gemeinden von Anfang an auf ein Konzept
verständigen und dies dann unter Beteiligung Dritter
– das können Genossenschaften, aber auch Private sein –
umsetzen. Dies ist nach EU-Recht möglich. Berlin
macht es mit dem Liegenschaftsfonds vor.


(Beifall des Abg. Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das ist auch für die BImA besser; denn wenn man
sich vorher einigt, gibt es hinterher keine Schwierigkei-
ten. Es ist schon mehrfach gesagt worden, dass die
Städte und Gemeinden umfangreiche Rechte haben:
Aufstellung von Bebauungsplänen, Veränderungssper-
ren, Ausweisung von Entwicklungsgebieten, Auswei-
sung von Erhaltungssatzungen und Vorkaufsrechte nach
dem Baugesetzbuch. Dies müssen die Gemeinden nut-
zen. Deswegen macht es auch Sinn, von Anfang an zu-
sammenzuarbeiten.

Da das Dragoner-Areal hier genannt worden ist: Ich
bin gespannt, wie sich der grün regierte Bezirk Fried-
richshain-Kreuzberg verhält: ob er seiner Verantwortung
gerecht wird, die Mittel des Baugesetzbuches auszunut-
zen, oder ob er das nicht tut.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Andreas Mattfeldt [CDU/CSU])


Die meisten Mieterinnen und Mieter in Deutschland
leben nicht in Wohnungen der BImA. Deswegen möchte
ich den Bogen am Ende etwas weiter spannen. Wir ha-
ben in der Großen Koalition die Städtebaufördermittel
aufgestockt. Wir haben den Zuschuss für den barriere-
freien Umbau geschaffen.


(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD])


Wir haben das Bündnis für bezahlbares Wohnen und die
Mietpreisbremse auf den Weg gebracht.





Klaus Mindrup


(A) (C)



(D)(B)


(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Eine Mini-Mietpreisbremse! – Gegenruf der Abg. Ulli Nissen [SPD]: Immer nur meckern!)


Aber wir sind noch lange nicht durch. Ich möchte aus
dem Koalitionsvertrag zitieren:

Durch eine Anpassung der Härtefallklausel … wer-
den wir einen wirksamen Schutz der Mieter vor fi-
nanzieller Überforderung bei Sanierungen gewähr-
leisten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie denn?)


Wir werden auch die Modernisierungsumlage neu re-
geln. Wir brauchen gutes und bezahlbares Wohnen für
alle Mieterinnen und Mieter. Dafür steht diese Koalition,
und daran arbeitet diese Koalition.

Danke schön für die Aufmerksamkeit. Ich wünsche
Ihnen schöne Ostertage. Wir sehen uns nach Ostern wie-
der. Alles Gute!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809811800

Vielen Dank. – Wir beenden damit die Aussprache

und kommen zu den Abstimmungen über die Tagesord-
nungspunkte 22 a bis 22 c.

Hierzu liegt eine Reihe von Erklärungen nach § 31
unserer Geschäftsordnung vor.1)

Tagesordnungspunkt 22 a. Interfraktionell wird Über-
weisung der Vorlage auf Drucksache 18/4419 an die in
der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschla-
gen. Sind Sie damit einverstanden? – Ich sehe, das ist
der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 22 b. Wir kommen zur Abstim-
mung über den Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke
zur Reform der Liegenschaftsveräußerungen. Der Haus-
haltsausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 18/3873, den Gesetz-
entwurf der Fraktion Die Linke auf Drucksache 18/2882
abzulehnen. Wir stimmen nun über den Gesetzentwurf
auf Verlangen der Fraktion Die Linke namentlich ab.

Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die
vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Sind alle Plätze an
den Urnen besetzt? – Ich sehe, das ist der Fall. Ich er-
öffne die namentliche Abstimmung über den Gesetzent-
wurf auf Drucksache 18/2882.

Ist ein Mitglied des Hauses da, das seine Stimme noch
nicht abgegeben hat? – Vielleicht wäre es gut, wenn alle,
die schon abgestimmt haben, sich einmal von den Urnen
entfernen würden; dann hätte ich von hier aus eine bes-
sere Übersicht. Haben jetzt alle Mitglieder des Hauses
Ihre Stimmkarte abgegeben? – Ich sehe, das ist der Fall.
Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführe-

1) Anlage 7
rinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin-
nen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später
bekannt gegeben.2)

Ich bitte Sie, wieder Platz zu nehmen; denn wir kom-
men zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22 c. Ab-
stimmung über die Beschlussempfehlung des Haushalts-
ausschusses zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen mit dem Titel „Für eine nachhaltige und zu-
kunftsweisende Liegenschaftspolitik des Bundes“. Unter
Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 18/3873 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des
Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck-
sache 18/3044. Wir stimmen nun über Buchstabe b der
Beschlussempfehlung namentlich ab. Ich bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze
einzunehmen. – Sind die Plätze an den Urnen besetzt? –
Ich sehe, das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung
über Buchstabe b der Beschlussempfehlung.

Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme noch nicht abgegeben hat? – Ich sehe, dass alle
Stimmen abgegeben sind. Damit schließe ich die Aus-
sprache.

Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit
der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis wird Ihnen
später bekannt gegeben.3)

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 23 a und 23 b
auf:

a) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD

Auslaufen der Milchquote – Wettbewerbsfä-
higkeit der Milchviehhalter sichern
Drucksache 18/4424
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Energie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Friedrich Ostendorff, Nicole Maisch, Harald
Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Landwirtschaft braucht flächendeckende
Milchviehhaltung – Bäuerliche Milcherzeuger
stärken – Milchpreise stabilisieren
Drucksache 18/4330
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 38 Minuten vorgesehen. – Ich höre kei-
nen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat für die Bun-
desregierung der Parlamentarische Staatssekretär Peter
Bleser.


(Beifall bei der CDU/CSU)


2) Ergebnis Seite 9384 C
3) Ergebnis Seite 9386 B






(A) (C)



(D)(B)

P
Peter Bleser (CDU):
Rede ID: ID1809811900


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen
Sie mich zuerst den Minister entschuldigen, der wegen
eines Trauerfalls in seiner Heimat sein muss.

Wir werden in vier Tagen den 31 Jahre andauernden
Versuch staatlicher Mengenregulierung beenden. Am
Mittwoch nächster Woche ist die EU-Milchquotenrege-
lung Geschichte, und das ist gut so.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Beschlossen wurde der Ausstieg aus dieser Quotenrege-
lung 2003 in Europa. Ich darf daran erinnern, dass da-
mals Frau Künast Landwirtschaftsministerin war und
diesen Beschluss mitgetragen hat. Das erwähne ich, um
von vornherein klarzustellen, wie die politische Ge-
schäftslage ist.

Die Milchquotenregelung hat ihre Ziele nie erreicht.
Sie konnte sie auch nie erreichen, weil staatliche Markt-
eingriffe vom Prinzip her nie auf Dauer funktionieren
können. Nachdem man nach dem Krieg die Nahrungs-
mittelproduktion mit festgesetzten Interventionspreisen
richtigerweise angereizt hatte, glaubte man damals aller-
dings, diesen kostenintensiven landwirtschaftlichen Pro-
duktionsbereich sowie die entstandenen Milchseen und
Butterberge mithilfe einer Quotenregelung in den Griff
zu bekommen. Ich will den damaligen Kolleginnen und
Kollegen aus heutiger Sicht nicht absprechen, dass ihre
Zielrichtung richtig war. Diese Regelung hat damals
Marktbrüche durchaus verhindert. Aber man hätte viel
früher aussteigen müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Denn diese Quotenregelung hat die Milchbauern sehr
viel Geld gekostet und zu einer starken Reglementierung
geführt. Die gewünschten Ziele betreffend die Einkom-
menssituation wurden bei weitem nicht erreicht.

Noch 1984 gab es knapp 370 000 Milcherzeuger in
Deutschland. Heute sind es nur noch 77 000. Das ist eine
Folge des Strukturwandels, den die Milchquotenrege-
lung ebenfalls nicht verhindern konnte. Der Bauernver-
band schätzt, dass in diesem Zeitraum über 4 Milliarden
Euro Quotenkosten von den Landwirten zu tragen wa-
ren. Auch das wirkte sich letztlich einkommensmin-
dernd aus. Wir haben allein 1,9 Milliarden Euro als Su-
perabgabe an Brüssel zahlen müssen. Noch im letzten
Jahr waren es 163 Millionen Euro. Das alles geht vom
landwirtschaftlichen Einkommen ab. Deswegen ist es
gut, dass diese Quote abgeschafft wird.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir haben aber nicht nur wie das Kaninchen auf die
Schlange auf das erwähnte Datum geschaut. Vielmehr
haben wir schon 2005 begonnen, eine Exportstrategie zu
entwickeln. Wir sind auf die Märkte gegangen. Wir hat-
ten in den letzten Jahren große Zuwachsraten gerade in
diesem Bereich zu verzeichnen. Heute steht im Münch-
ner Merkur: „Die Jagd nach dem weißen Pulver“. Wahr-
scheinlich verstehen die Grünen etwas anderes darunter
als wir. Wir verstehen darunter Milchpulver.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo werden denn die Drogen hier im Bundestag gefunden?)


Wenn uns Besitzer von Drogerien sagen, dass ganze
Heerscharen dort die Regale mit Babymilchpulver leer-
räumen, um es nach China schicken zu können, dann ist
dies ein Kompliment für die Qualität der deutschen
Milchproduktion, das nicht größer sein könnte.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Diese Strategie der Öffnung der Märkte und des Ab-
schaffens der Exportsubventionen – wir wollen uns den
Märkten stellen – funktioniert. Im letzten Jahr haben wir
18 Millionen Tonnen Milchäquivalente exportiert und
61 Prozent mehr Magermilchpulver – dieses weiße Pul-
ver – verkauft. Dadurch haben wir auch von den hohen
Weltmarktpreisen profitieren können.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Große Wertschöpfung!)


Wir haben im letzten Jahr Milchprodukte im Wert von
9,5 Milliarden Euro exportieren können. Fast 8 Milliar-
den Euro Umsatz erzielten wir mit Ländern der Europäi-
schen Union, und der Rest ging in Länder außerhalb der
Euro-Zone, wo unsere Produkte ebenfalls sehr begehrt
sind.

Meine Damen und Herren, ich appelliere an uns alle,
mehr Vertrauen in die Märkte zu haben. Wir sind mit Si-
cherheit gut aufgestellt; denn die deutsche Milchproduk-
tion ist wettbewerbsfähig.

Trotzdem haben wir es nicht versäumt, ein Sicher-
heitsnetz auf europäischer Ebene zu spannen. Es gibt
eine Schwelle, ab der die Kommission entscheiden kann
– zum Beispiel bei schweren Marktstörungen –, ob es
hilfreich und notwendig ist, vorübergehend einzugreifen,
um eine große Kapitalvernichtung in der Landwirtschaft
zu vermeiden. Es gibt also – und das ist auch richtig –
ein Sicherheitsnetz,


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 21 Cent!)


zugegebenermaßen unterhalb der Wirtschaftlichkeits-
grenze.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann man wohl sagen!)


Mit der letzten Agrarreform ist es gelungen, erheblich
mehr Mittel für die zweite Säule zur Verfügung zu stel-
len, um die Milchkühe durch staatliche Transferleistun-
gen gerade in den Regionen zu halten, in denen wir sie
halten wollen: in den benachteiligten Gebieten, in den
Berggebieten, in den Grünlandgebieten. Damit wollen
wir auch die gewünschte Wirkung in Bezug auf den Er-
halt der Kulturlandschaft erzeugen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, auch unsere Gemein-
schaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des





Parl. Staatssekretär Peter Bleser


(A) (C)



(B)

Küstenschutzes“ hilft den Landwirten, sich auf die
Marktbedingungen einzustellen – bei gleichzeitiger Ein-
haltung höchster Tierschutzniveaus. Ein Landwirt kann
eine Förderung von 40 Prozent erhalten, wenn er tierge-
rechte Ställe baut. Es gibt keine Produktion in der Land-
wirtschaft, die die Zielvorgaben bezüglich des Tierwohls
derart erfüllt wie die Milchtierhaltung.


(Rainer Spiering [SPD]: Ja!)


Ich bitte gerade die Grünen, das Bauernbashen in diesem
Bereich endlich einzustellen. Das trifft Menschen, die je-
den Tag sehr hart arbeiten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Produktionskosten sind unterschiedlich hoch, und
wir müssen uns dem Wettbewerb stellen. Wir müssen
aber auch wissen, dass wir nicht nur aufgrund der Pro-
duktion im Stall, im landwirtschaftlichen Betrieb, wett-
bewerbsfähig sind, sondern dazu gehören auch die
Transportkette, die Verarbeitung und der Lebensmittel-
einzelhandel. In der Summe sind wir wettbewerbsfähig.

Ich habe es schon gesagt: Unsere Produkte sind in der
Welt sehr begehrt. In China muss die deutsche Schrift
auf Milchpackungen sein, weil das das Vertrauen in die
Produkte erhöht. Das ist ein Zeichen, das uns sehr zufrie-
den machen muss.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir wissen nicht – das wird in der Debatte nachher si-
cherlich noch angesprochen werden –, wie die Markt-
lage in den nächsten Monaten sein wird. Wir wissen
aber, dass langfristig mehr Milch gebraucht wird, weil
die Weltbevölkerung wächst und weil sich die Verzehr-
gewohnheiten ändern, und wir wissen, dass Qualität
wichtig ist, um in diesen Märkten zu bestehen.

Ich darf Ihnen am Schluss sagen, dass sich die Land-
wirte darauf verlassen können, dass die Bundesregierung
ihnen zur Seite steht. Ich bin ein Milchbauer!

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809812000

Vielen Dank. – Ich gebe Ihnen die von den Schriftfüh-

rerinnen und Schriftführern ermittelten Ergebnisse der
namentlichen Abstimmungen bekannt:

Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den
Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Liegenschafts-
veräußerungen, Drucksachen 18/2882 und 18/3873: ab-
gegebene Stimmen 520. Mit Ja haben gestimmt 56, mit
Nein haben gestimmt 409, Enthaltungen 55. Damit ist
der Gesetzentwurf in zweiter Lesung abgelehnt.

(D)


Endgültiges Ergebnis

Abgegebene Stimmen: 519;
davon

ja: 55
nein: 409
enthalten: 55

Ja

DIE LINKE

Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder
Matthias W. Birkwald
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Annette Groth
Dr. Gregor Gysi
Dr. André Hahn
Dr. Rosemarie Hein
Inge Höger
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Dr. Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Norbert Müller (Potsdam)

Dr. Alexander S. Neu
Thomas Nord
Petra Pau
Harald Petzold (Havelland)

Martina Renner
Michael Schlecht
Dr. Petra Sitte
Kersten Steinke
Dr. Kirsten Tackmann
Azize Tank
Kathrin Vogler
Dr. Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Jörn Wunderlich
Hubertus Zdebel
Pia Zimmermann
Sabine Zimmermann


(Zwickau)

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Hans-Christian Ströbele

Nein

CDU/CSU

Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Artur Auernhammer
Günter Baumann
Maik Beermann
Manfred Behrens (Börde)

Sybille Benning
Dr. André Berghegger
Dr. Christoph Bergner
Ute Bertram
Peter Beyer
Steffen Bilger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Alexander Dobrindt
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Hermann Färber
Uwe Feiler
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Thorsten Frei
Dr. Astrid Freudenstein
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Josef Göppel
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann
Monika Grütters
Dr. Herlind Gundelach





Vizepräsidentin Ulla Schmidt


(A) (C)



(D)(B)

Fritz Güntzler
Christian Haase
Florian Hahn
Jürgen Hardt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr. Stefan Heck
Dr. Matthias Heider
Helmut Heiderich
Frank Heinrich (Chemnitz)

Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Peter Hintze
Christian Hirte
Dr. Heribert Hirte
Alexander Hoffmann
Thorsten Hoffmann


(Dortmund)

Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr. Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Bettina Hornhues
Charles M. Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Andreas Jung
Dr. Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Dr. Georg Kippels
Volkmar Klein
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky
Dr. Karl A. Lamers
Andreas G. Lämmel
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Barbara Lanzinger
Paul Lehrieder
Dr. Katja Leikert
Dr. Philipp Lengsfeld
Dr. Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Antje Lezius
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr. Claudia Lücking-Michel
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr. Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Reiner Meier
Dr. Michael Meister
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr. Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Elisabeth Motschmann
Dr. Gerd Müller
Carsten Müller


(Braunschweig)

Stefan Müller (Erlangen)

Dr. Philipp Murmann
Dr. Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr. Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr. Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr. Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Thomas Rachel
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Alois Rainer
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer (Saalstadt)

Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Heiko Schmelzle
Ronja Schmitt (Althengstett)

Patrick Schnieder
Nadine Schön (St. Wendel)

Dr. Ole Schröder
Dr. Kristina Schröder


(Wiesbaden)

Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr. Klaus-Peter Schulze

(Weil am Rhein)

Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Tino Sorge
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann
Peter Stein
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr. Hans-Peter Uhl
Dr. Volker Ullrich
Arnold Vaatz
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Kees de Vries
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Nina Warken
Albert Weiler
Marcus Weinberg (Hamburg)

Dr. Anja Weisgerber
Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Karl-Georg Wellmann
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Oliver Wittke
Dagmar G. Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr. Matthias Zimmer
Gudrun Zollner

SPD

Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Dr. Katarina Barley
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Dr. Matthias Bartke
Sören Bartol
Bärbel Bas
Lothar Binding (Heidelberg)

Burkhard Blienert
Willi Brase
Marco Bülow
Martin Burkert
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr. Daniela De Ridder
Dr. Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr. Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Dr. Ute Finckh-Krämer
Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Angelika Glöckner
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Uli Grötsch
Bettina Hagedorn
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel
Sebastian Hartmann
Dirk Heidenblut
Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Dr. Barbara Hendricks
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz (Essen)

Thomas Hitschler
Dr. Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Christina Kampmann





Vizepräsidentin Ulla Schmidt


(A) (C)



(D)(B)

Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Ulrich Kelber
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Hiltrud Lotze
Kirsten Lühmann
Dr. Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Klaus Mindrup
Susanne Mittag
Bettina Müller
Detlef Müller (Chemnitz)

Michelle Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Ulli Nissen
Mahmut Özdemir (Duisburg)

Markus Paschke
Christian Petry
Detlev Pilger
Florian Post
Achim Post (Minden)

Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Dr. Simone Raatz
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Dennis Rohde
Dr. Martin Rosemann
Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr. Hans-Joachim

Schabedoth
Axel Schäfer (Bochum)

Dr. Nina Scheer
Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr. Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt (Aachen)

Matthias Schmidt (Berlin)

Carsten Schneider (Erfurt)

Ursula Schulte
Swen Schulz (Spandau)

Stefan Schwartze
Andreas Schwarz
Rita Schwarzelühr-Sutter
Rainer Spiering
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Michael Thews
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Bernd Westphal
Andrea Wicklein
Dirk Wiese
Waltraud Wolff


(Wolmirstedt)

Gülistan Yüksel
Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr. Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

Enthalten

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Luise Amtsberg
Annalena Baerbock
Volker Beck (Köln)

Dr. Franziska Brantner
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Dr. Thomas Gambke
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Stephan Kühn (Dresden)

Christian Kühn (Tübingen)

Renate Künast
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Dr. Tobias Lindner
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Cem Özdemir
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Manuel Sarrazin
Ulle Schauws
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr. Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr. Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Dr. Valerie Wilms
Das Ergebnis der Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Für
eine nachhaltige und zukunftsweisende Liegenschafts-
politik des Bundes“, Drucksachen 18/3044 und 18/3873,
lautet: abgegebene Stimmen 520. Mit Ja haben gestimmt
410, mit Nein haben gestimmt 56, Enthaltungen 54. Da-
mit ist die Beschlussempfehlung angenommen.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 520;
davon

ja: 410
nein: 56
enthalten: 54

Ja

CDU/CSU

Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Artur Auernhammer
Dorothee Bär
Günter Baumann
Maik Beermann
Manfred Behrens (Börde)

Sybille Benning
Dr. André Berghegger
Dr. Christoph Bergner
Ute Bertram
Peter Beyer
Steffen Bilger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Alexander Dobrindt
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Hermann Färber
Uwe Feiler
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Thorsten Frei
Dr. Astrid Freudenstein
Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Michael Frieser
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Josef Göppel
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann





Vizepräsidentin Ulla Schmidt


(A) (C)



(D)(B)

Monika Grütters
Dr. Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Christian Haase
Florian Hahn
Jürgen Hardt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr. Stefan Heck
Dr. Matthias Heider
Helmut Heiderich
Frank Heinrich (Chemnitz)

Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Peter Hintze
Christian Hirte
Dr. Heribert Hirte
Alexander Hoffmann
Thorsten Hoffmann


(Dortmund)

Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr. Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Bettina Hornhues
Charles M. Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Andreas Jung
Dr. Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Dr. Georg Kippels
Volkmar Klein
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky
Dr. Karl A. Lamers
Andreas G. Lämmel
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Barbara Lanzinger
Paul Lehrieder
Dr. Katja Leikert
Dr. Philipp Lengsfeld
Dr. Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Antje Lezius
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr. Claudia Lücking-Michel
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr. Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Reiner Meier
Dr. Michael Meister
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr. Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Elisabeth Motschmann
Dr. Gerd Müller
Carsten Müller


(Braunschweig)

Stefan Müller (Erlangen)

Dr. Philipp Murmann
Dr. Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr. Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr. Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr. Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Thomas Rachel
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Alois Rainer
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer (Saalstadt)

Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Heiko Schmelzle
Ronja Schmitt (Althengstett)

Patrick Schnieder
Nadine Schön (St. Wendel)

Dr. Ole Schröder
Dr. Kristina Schröder


(Wiesbaden)

Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr. Klaus-Peter Schulze

(Weil am Rhein)

Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Tino Sorge
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann
Peter Stein
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr. Hans-Peter Uhl
Dr. Volker Ullrich
Arnold Vaatz
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Kees de Vries
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Nina Warken
Albert Weiler
Marcus Weinberg (Hamburg)

Dr. Anja Weisgerber
Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Karl-Georg Wellmann
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Oliver Wittke
Dagmar G. Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr. Matthias Zimmer
Gudrun Zollner

SPD

Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Dr. Katarina Barley
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Dr. Matthias Bartke
Sören Bartol
Bärbel Bas
Lothar Binding (Heidelberg)

Burkhard Blienert
Willi Brase
Marco Bülow
Martin Burkert
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr. Daniela De Ridder
Dr. Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr. Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Dr. Ute Finckh-Krämer
Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Angelika Glöckner
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Uli Grötsch
Bettina Hagedorn
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel
Sebastian Hartmann
Dirk Heidenblut
Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Dr. Barbara Hendricks
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz (Essen)

Thomas Hitschler
Dr. Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek





Vizepräsidentin Ulla Schmidt


(A) (C)



(D)(B)

Johannes Kahrs
Christina Kampmann
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Ulrich Kelber
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Hiltrud Lotze
Kirsten Lühmann
Dr. Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Klaus Mindrup
Susanne Mittag
Bettina Müller
Detlef Müller (Chemnitz)

Michelle Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Ulli Nissen
Mahmut Özdemir (Duisburg)

Markus Paschke
Christian Petry
Detlev Pilger
Florian Post
Achim Post (Minden)

Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Dr. Simone Raatz
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Dennis Rohde
Dr. Martin Rosemann
Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr. Hans-Joachim
Schabedoth

Axel Schäfer (Bochum)

Dr. Nina Scheer
Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr. Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt (Aachen)

Matthias Schmidt (Berlin)

Carsten Schneider (Erfurt)

Ursula Schulte
Swen Schulz (Spandau)

Stefan Schwartze
Andreas Schwarz
Rita Schwarzelühr-Sutter
Rainer Spiering
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Michael Thews
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Bernd Westphal
Andrea Wicklein
Dirk Wiese
Waltraud Wolff


(Wolmirstedt)

Gülistan Yüksel
Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr. Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

Nein

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Luise Amtsberg
Annalena Baerbock
Volker Beck (Köln)

Dr. Franziska Brantner
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Dr. Thomas Gambke
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Stephan Kühn (Dresden)

Christian Kühn (Tübingen)

Renate Künast
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Dr. Tobias Lindner
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Cem Özdemir
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Manuel Sarrazin
Ulle Schauws
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr. Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr. Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Dr. Valerie Wilms

Enthalten

DIE LINKE

Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder
Matthias W. Birkwald
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Annette Groth
Dr. Gregor Gysi
Dr. André Hahn
Dr. Rosemarie Hein
Inge Höger
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Dr. Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Norbert Müller (Potsdam)

Dr. Alexander S. Neu
Thomas Nord
Petra Pau
Harald Petzold (Havelland)

Martina Renner
Michael Schlecht
Dr. Petra Sitte
Kersten Steinke
Dr. Kirsten Tackmann
Azize Tank
Kathrin Vogler
Dr. Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Jörn Wunderlich
Hubertus Zdebel
Pia Zimmermann
Sabine Zimmermann


(Zwickau)

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Kirsten
Tackmann, Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1809812100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Gäste! In ein paar Tagen fällt nun die Brüsseler
Milchquote. Seit 1984 durften Milchbäuerinnen und
Milchbauern nur die Milchmenge produzieren, die sie
vorher über die Quote teuer gekauft hatten. Damit soll-
ten Milchseen und Butterberge verhindert werden und
die Preise stabil bleiben.

Aber das hat – zugegeben – nur begrenzt funktioniert:
Das Höfesterben wurde nicht aufgehalten, und seit circa
2007 schwankt der Milchpreis wieder erheblich. Viele
können sich sicherlich noch an die europaweiten Milch-
streiks vor einigen Jahren erinnern. Legendär war die
tagelange Belagerung des Kanzlerinnenamtes durch
Milchbäuerinnen; das hat mich sehr beeindruckt. Die





Dr. Kirsten Tackmann


(A) (C)



(D)(B)

Politik hat schließlich reagiert. Heraus kam eine soge-
nannte Kuhschwanzprämie, also Geld für die Betriebe.
Allerdings war das eher eine Sterbe- als eine Überle-
benshilfe. Das haben wir von Anfang an kritisiert, und
leider haben wir damit recht behalten.

Manche jubeln jetzt darüber, dass die Fesseln der
Quote endlich fallen, damit sie endlich so viel Milch
produzieren können, wie sie wollen. Wachstum ist hier
das Zauberwort. Der Preis für diese Freiheit könnte sich
aber als sehr hoch erweisen; denn die Profiteure dieser
Entscheidung arbeiten nicht in den Kuhställen. Sie sitzen
vor allen Dingen in den Chefetagen des Lebensmittelein-
zelhandels und der Molkereien. Sie werden bald auf
große Mengen billiger Milch zugreifen können. Gleich-
zeitig haben sie die Marktmacht, die Preise für die Er-
zeuger noch unter die Erzeugungskosten zu drücken,
zum Wohl der eigenen Profite. Ich finde, das ist absolut
inakzeptabel.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Gitta Connemann [CDU/CSU])


Die Verlierer sind vor allen Dingen die Milchviehbe-
triebe, die ihre Leute gut bezahlen, die ihren Kühen et-
was mehr Komfort bieten oder die an schwierigen Stand-
orten arbeiten, zum Beispiel im Mittelgebirge; denn in
diesem ruinösen Wettbewerb geht es vor allen Dingen
um niedrige Erzeugungskosten. Als Linke sage ich: Das
ist ein Irrweg.


(Beifall bei der LINKEN)


Nun heißt es ja immer, dass der nimmersatte Welt-
markt nur auf die deutsche Milch warten würde. Ich
zitiere dazu nur zwei Schlagzeilen aus diesem Jahr. Im
Januar stand in den Zeitungen: Bauern in China schütten
Milch weg, weil seit August die Preise kontinuierlich ge-
sunken waren. – Anfang März hieß es: „Aldi-Kunden
bekommen Dürre in Neuseeland beim Butterpreis zu
spüren“. – Die Botschaft ist doch klar: China kann die
steigende Nachfrage selbst decken. Die Lebensmittel-
preise in den Supermärkten sind von den Erzeugungs-
kosten hierzulande längst abgekoppelt. Sie folgen globa-
len Einflüssen bis hin zu Währungsschwankungen und
Embargos.

Der Traum von einem blühenden Exportmarkt hat das
klare Potenzial zu einem veritablen Alptraum. Das
Risiko müssen vor allen Dingen die Milchviehbetriebe
tragen. Ich finde, das ist ausgesprochen unfair, und das
kann auch so nicht bleiben.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In der öffentlichen Anhörung dazu am vergangenen
Montag erklärten uns dann einige Experten, man könne
doch Warenterminbörsen für Milch zur Risikominimie-
rung nutzen. Gerade nach der Finanzmarktkrise finde ich
diesen Vorschlag abenteuerlich. Die Linke sagt klar:
Milch ist keine Ramschware für den Weltmarkt.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb müssen wir bei der Milchpolitik wieder die
Menschen und die Kühe in den Mittelpunkt stellen. Es
gibt doch Alternativen. In der Anhörung am Montag hat
uns beispielsweise Gunnar Hemme von der Hemme-
Milch deutlich erklärt: Er verarbeitet die Milch von drei
regionalen Erzeugern. Untereinander werden die Preis-
schwankungen ausgeglichen. Auf dem Berliner und
Brandenburger Markt findet die Hemme-Milch aus der
Uckermark großen Zuspruch. – In einem solchen solida-
rischen Regionalprinzip gelingt übrigens auch die Steue-
rung der Milchmenge ohne eine Quote. Auch die Kuh
genießt eine höhere Akzeptanz, wenn sie für den eigenen
Markt produziert und nicht für China.

Was muss sich also ändern, damit Milch nachhaltig
und flächendeckend produziert werden kann? Ich nenne
zehn wichtige Punkte:

Erstens. Wir brauchen wieder mehr regionale Molke-
reien, insbesondere in Ostdeutschland.

Zweitens. Wir brauchen kostendeckende Erzeuger-
preise, und Lebensmittel müssen trotzdem bezahlbar
bleiben.

Drittens. Dazu brauchen wir faire Marktregeln. Dafür
muss das Kartellrecht endlich gegen die Marktmacht der
Supermärkte und der Molkereien durchgreifen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Viertens. Regionale Produkte müssen leichteren Zu-
gang zu den Supermärkten bekommen.

Fünftens. Sonderangebote bei Lebensmitteln müssen
endlich verboten werden.

Sechstens. Irreführende Werbung muss verboten wer-
den. Wo Weidemilch draufsteht, muss sie auch drin sein.

Siebtens. Boden- und Pachtpreise müssen wieder
durch Milchproduktion finanzierbar sein.

Achtens. Ein Flächenerhaltungsgebot muss sichern,
dass Milchviehbetriebe ihre Flächen nicht – jedenfalls
nicht ohne Not – für Biogas, Straßenbau oder Photovol-
taik verlieren.

Neuntens wird gut ausgebildetes und gut bezahltes
Betreuungspersonal für die Tiere gebraucht.

Zehntens. Dieser Punkt ist mir besonders wichtig:
Wir brauchen Milchbetriebsleiterinnen und -betriebslei-
ter, denen es nicht um kurzfristige Höchstleistungen
geht, sondern die die Lebensleistung der Kühe in den
Mittelpunkt stellen.

Das bedeutet übrigens – damit komme ich zum
Schluss – kein Klein-Klein der Milchproduktion; es geht
vielmehr darum, dass sie angepasst an die Region und
ohne Größenwahn betrieben wird.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich wünsche
frohe Ostern mit glücklichen Hasen und glücklichen
Hühnern.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) (C)



(D)(B)


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809812200

Und glücklichen Kühen. – Das Wort hat jetzt der Kol-

lege Dr. Wilhelm Priesmeier, SPD-Fraktion.


Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD):
Rede ID: ID1809812300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr verehrten Zuhörer auf den Tribünen! Ich
freue mich, dass kurz vor Ostern das Interesse an dem
Thema Milch noch so groß ist. Mich hat das Thema be-
gleitet, seit ich im Deutschen Bundestag bin und auch
schon die vielen Jahre davor in meinem beruflichen
Leben. Ich komme aus einem Betrieb, in dem immer
gemolken worden ist. Ende der 60er-Jahre gab es plötz-
lich Abschlachtprämien und Investitionsprämien, und
irgendwann war mit dem Gesamtkonzept der europäi-
schen Agrarpolitik die Produktion so weit gestiegen,
dass wir aufgrund der sprichwörtlich gewordenen Milch-
seen und Butterberge in den 80er-Jahren handeln muss-
ten. In dieser Zeit wurde auch die Quote eingeführt.

Damals war ich schon in meiner eigenen tierärztli-
chen Praxis von den Folgewirkungen dieser Quotenrege-
lung betroffen. Wir haben eine ganze Reihe gerichtlicher
Auseinandersetzungen geführt. Es ging dabei um Härte-
fallregelungen und Härtefallklauseln. All das haben wir
hier dann auch kennengelernt: Die Folgen der damaligen
Regelungen mussten wir auch politisch beseitigen.

Wir haben Anpassungen vorgenommen. Wir haben
das damalige Quotensystem stetig verändern müssen
und dazu beigetragen, dass wir das Quotensystem
nächste Woche endgültig abschaffen können. Das war
ein kontinuierlicher Prozess, an dem die Bauern beteiligt
gewesen sind; sie hatten hohe Ausgaben, die nicht dem
Sektor zugutegekommen sind, sondern für Quotenrechte
aufgewendet werden mussten.

Die SPD hat daraus relativ frühzeitig ihre Konsequen-
zen gezogen und schon im Jahr 2000 die Abschaffung
der Quote gefordert. Ich glaube, dass diese Forderung
damals richtig war; und die Entscheidung heute zeigt,
dass wir auch in der Ausgestaltung der Politik dazu bei-
getragen haben, die Voraussetzungen dafür zu schaffen.

Wir dürfen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht jam-
mern, sondern wir sollten die Chancen im Sinne unserer
Landwirte und unserer Betriebe nutzen. Wir sollten die
politischen Rahmenbedingungen so setzen, dass wir
auch an den Standorten, wo es nicht einfach ist, Milch zu
produzieren, eine vernünftige Bewirtschaftung von öko-
logisch wertvollem Grünland erhalten. Dazu kann die
zweite Säule in erheblichem Umfang beitragen. Davon
bin ich überzeugt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Ich glaube, mit Blick auf den Sektor kann man durch-
aus optimistisch in die Zukunft schauen. Der Sektor hat
eine Wertschöpfung von mehr als 25 Milliarden Euro.
Wir produzieren und verarbeiten mehr als 32 Millionen
Tonnen Milch, und wir sichern allein rund um den Be-
reich Molkerei die Arbeitsplätze von über 30 000 Mitar-
beitern. Ich finde, auch das sollte man klar und deutlich
sagen. Das sind wichtige Arbeitsplätze, die vor allen
Dingen im ländlichen Raum Wertschöpfung sichern und
dem ländlichen Raum eine Zukunft geben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Es ist wichtig, dass man das im Blick behält und sich
darauf konzentriert, statt die Milchwirtschaft schlechtzu-
reden.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Staatliche Milchmengenregelungen oder sich selbst

regulierende Systeme sind angesichts der desaströsen
Erfahrungen mit regulierten Systemen in diesem Bereich
an sich obsolet geworden. Darum kann ich es nicht ver-
stehen, dass man immer noch über diese Systeme speku-
liert und diskutiert und versucht, ein bisschen von dem
zu retten, was bei der Quote nie funktioniert hat. Ich
glaube, das ist der falsche Weg. Da sind, glaube ich, die
Möglichkeiten, die der Markt zur Steuerung des Sektors
bietet, wesentlich besser.

Der Markt muss aber natürlich funktionsfähig blei-
ben. Wenn ich mir die Preisbildung ansehe, ist es, glaube
ich, noch nicht an der Zeit, die Sektoruntersuchung des
Kartellamtes einfach beiseitezulegen. Wir sollten uns
das, glaube ich, noch einmal ansehen – auch bei unseren
weiteren Entscheidungen beispielsweise zur Feinsteue-
rung. Wir sollten uns auch anschauen, ob wir das, was
auf der europäischen Ebene als Milchpaket mit einer ent-
sprechenden Perspektive verabschiedet worden ist, in
Zukunft vielleicht gebrauchen können, wenn es die eine
oder andere Marktkrise gibt. Die muss es aber nicht ge-
ben.

Vielleicht ist es angezeigt, auch danach zu fragen, in-
wieweit wir zum Beispiel politisch unterstützen können,
wenn es darum geht, die Interessen der Milcherzeuger
besser zu bündeln, ihre Marktmacht zu stärken und vor
allen Dingen die Preisbildung zu verbessern. Denn wir
brauchen entsprechende Instrumente, an denen sich
Landwirte langfristig orientieren können, um ihre
Risiken im Markt abzusichern. Das geht aber nicht so
einfach.

Wenn an der Eurex pro Tag 146 Kontrakte gehandelt
werden, ist das kein Grund zum Jubeln. Das zeigt, dass
dieses System bislang nicht funktionsfähig ist. Darum
mache ich mir, politisch gesehen, Sorgen, dass wir
bisher nicht ausreichend viel getan haben, um dieses
System funktionsfähig zu machen.

Markt braucht auch Absicherung von Risiken. Das
muss nicht unbedingt – wie auf europäischer Ebene auch
diskutiert wird – in Form von Versicherungen gesche-
hen. Es wird dann aber das klare Bekenntnis von Politik
benötigt, diese Maßnahmen zu begleiten – auch im
Sinne vor allen Dingen derer, die uns als Landwirte bzw.
Erzeuger am Herzen liegen, weil sie mit ihrer täglichen
Arbeit dazu beitragen, dass ganz wichtige Kulturland-
schaften in Deutschland und Europa gesichert werden.
Was wir als Sozialdemokraten dazu tun können, tun wir
gerne. Ich kann nur jeden auffordern, dabei mitzuma-
chen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)







(A) (C)



(D)(B)


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809812400

Das Wort hat jetzt Friedrich Ostendorff, Bündnis 90/

Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und
Herren! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich will ver-
suchen, wieder zur Ernsthaftigkeit zurückzukehren. Wir
wollen über Milch und nicht über Schnee reden.

Am 12. Oktober 1983 demonstrierten fünf westfäli-
sche Bäuerinnen und Bauern im Deutschen Bundestag in
Bonn anlässlich der Einführung der Milchquote, die der
damalige CSU-Landwirtschaftsminister Ignaz Kiechle
mithilfe des Deutschen Bauernverbandes durchsetzte,
um die weglaufenden Ausgaben einzudämmen. Es de-
monstrierten fünf junge westfälische Bäuerinnen und
Bauern auf der Tribüne des Deutschen Bundestages mit
der Parole „Milchkontingentierung – Ruin der Kleinbau-
ern!“. Einer davon war ich.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Echt?)


Der Richter empfahl, dass ich als Abgeordneter wie-
derkommen könne, sonst hätte ich keine Chance, wieder
in den Bundestag zu kommen. Ich habe das beherzigt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit)


– Um die Anekdote anzureichern: Der Zweite, der es
noch schneller schaffte, war Friedrich-Wilhelm Graefe
zu Baringdorf. Der war dann 18 Jahre im Europaparla-
ment.

1983 gab es 300 000 Milchbauern. Heute sind es et-
was mehr als 75 000. Am 1. April 2015 läuft nach
31 Jahren die Quote aus. Was wird passieren? Wird die
Menge explodieren? Droht die nächste Milchkrise? Die
Risiken sind groß. Das Problem ist aber, dass Deutsch-
land nicht vorbereitet ist. Diese Bundesregierung – das
müssen wir feststellen – hat kein einziges Instrument in
der Hand, um den totalen Verfall der Milchpreise und
den Zusammenbruch der bäuerlichen Milchviehhaltung
zu verhindern. Stattdessen bekommen wir von Ihnen
immer nur die reine Lehre der Segnungen deregulierter,
volatiler Märkte zu hören. Das ist Ihre Antwort. Eine
wunderbare Antwort für die Bäuerinnen und Bauern
draußen!

Was ist, wenn dieser Markt nicht funktioniert, weil
zum Beispiel Bäuerinnen und Bauern überhaupt keine
Marktmacht gegenüber den Molkereien haben? Was ge-
schieht, wenn der Milchpreis plötzlich – wie bei der
Milchkrise 2008 und 2009 – ins Bodenlose fällt, die uns
ein Drittel der Milchbetriebe in der EU gekostet hat?
War das nur ein milder Vorbote für das, was Milcherzeu-
gern zukünftig bevorsteht? Was werden Sie tun, wenn
die Wahlergebnisse in Bayern möglicherweise gefährdet
sind? Werden Sie dann wieder Aigner'sche Kuh-
schwanzprämien einführen? Oder werden Sie wieder
wie 2008 und 2009 – als wenn es nicht um Existenzen,
sondern nur um Blechschäden gehen würde, die man
reparieren kann – sagen: Dies ist eine leichte Preisdelle?
Was ist Ihre Antwort?

Was wird sein, meine Damen und Herren, wenn die
von Ihnen so propagierten Wachstumsbetriebe massiv in
Schwierigkeiten kommen, weil sie durch viel zu hohe
Schuldenlasten überhaupt nicht mehr in der Lage sind,
starke Preisschwankungen auszugleichen? Was wird ge-
schehen, wenn die immer weitere Konzentration und das
Wachstum der Viehhaltung in Niedersachsen, NRW und
Schleswig-Holstein zu einer weiteren Verschärfung der
Grundwasserbelastung führen?

Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, wo
kämpfen Sie für die Erhaltung der flächendeckenden
Milcherzeugung?


(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nirgends!)


Wo kämpfen Sie für eine Milchviehhaltung in benachtei-
ligten Grünlandregionen? Wir finden in Ihrem Antrag
davon nichts. Eine ausgedehnte Situationsbeschreibung
ist Ihr Antrag, viel hübsche Prosa, keine Lösungen, rein
gar nichts. Wir haben anderes auch nicht ernsthaft von
Ihnen erwartet.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ihr Milchsprecher de Vries empfiehlt den Bäuerinnen
und Bauern, zynisch wie er ist: Wer für 32 Cent nicht
melken kann, der sollte Beamter werden.

Wir Grünen haben gerade parallel zu dieser Debatte
im Paul-Löbe-Haus 80 Menschen aus Wissenschaft,
Wirtschaft und Milchwirtschaft, Bäuerinnen und Bauern
versammelt. Sie denken dort gerade darüber nach, wie
man zukünftig den Milchpreis stabil halten kann, damit
das Sterben der landwirtschaftlichen Betriebe nicht so
weitergeht wie bisher; denn wenn wir das linear fort-
schreiben würden, hätten wir 2020 noch etwas über
60 000 Milchviehbetriebe.

Es gab in den letzten Jahren viele Vorschläge von der
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und dem
Bundesverband Deutscher Milchviehhalter; diese haben
am Problem orientiert konstruktiv versucht, Konzepte
und Ideen für eine breite bäuerliche Milcherzeugung in
die Debatte zu bringen. Sie von der CDU/CSU haben
diese Vorschläge immer nur diffamiert und ignoriert,
weil sie nicht vom Deutschen Bauernverband kamen
oder der reinen Marktlehre widersprachen. Das war das,
was Sie an Antworten gegeben haben. So eine Arroganz
kann sich nur leisten, wer sich weit von Bäuerinnen und
Bauern entfernt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU,
anstatt über eine vernünftige Mengenregulierung zu re-
den, haben Sie sich offenbar das Nachdenken darüber
verboten. Anstatt Grünland zu schützen und konsequent
zu fördern, haben Sie die Chance vertan, die Weidehal-
tung zu stärken, um die Milch flächendeckend und im
benachteiligten Gebiet zu halten. Anstatt die Markt-





Friedrich Ostendorff


(A) (C)



(D)(B)

macht der Bäuerinnen und Bauern zu bündeln, wie wir
es seit Jahren fordern, haben Sie weiter das Märchen von
der heilen Welt der Genossenschaftsmolkereien erzählt.
Anstatt aus schlechten Erfahrungen mit unsicheren Ex-
portmärkten zu lernen, haben Sie die Betriebe unge-
bremst in die Russland-Krise rauschen lassen.

Für die Milchindustrie mag das Ende der Quote wie
Weihnachten und Ostern an einem Tag sein, für die
Marktideologen die Erfüllung ihrer kühnsten Schreib-
tischträume. Für viele Bäuerinnen und Bauern wird das
zu einem noch schärferen Kampf ums Überleben führen.
Wir appellieren daher an Sie, wie am Montag schon bei
der Anhörung von den Verbänden, dem Bund Deutscher
Milchviehhalter und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche
Landwirtschaft, geäußert, die wir ausdrücklich unterstüt-
zen: Wir brauchen ein Marktverantwortungsprogramm,
wir brauchen eine starke Marktbeobachtungsstelle, und
wir brauchen eine belohnte freiwillige Mengenreduk-
tion. Sonst werden wir in Zukunft Probleme bekommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Stimmen Sie unserem Antrag zu! Sorgen Sie dafür,
dass Milchbäuerinnen und Milchbauern in Zukunft auch
in Bayern und Baden-Württemberg noch Kühe auf der
Weide halten können und dass wir in Niedersachsen und
Schleswig-Holstein noch sauberes Wasser trinken kön-
nen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809812500

Der Kollege Kees de Vries hat jetzt das Wort für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Kees de Vries (CDU):
Rede ID: ID1809812600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten

Kolleginnen und Kollegen! Die Milchquote, 1984 einge-
führt, um die produzierte Milchmenge zu begrenzen, be-
deutete bisher besonders für kleinere Betriebe, dass Geld
für Wachstum fehlte. So gingen der deutschen Landwirt-
schaft während der Zeit der Milchquote über 3 Milliar-
den Euro verloren. Deshalb begrüßen wir den Ausstieg.
Wenn ein Betrieb wachsen will, bekommt er jetzt die
Chance. Wir wollen nicht nur die flächendeckende
Milchviehhaltung sichern, sondern wir tun das auch
wirklich.

Ich komme selbst aus dem ländlichen Raum und war
lange Jahre als Milchviehhalter tätig. Ich weiß sehr ge-
nau um die Bedeutung unserer Betriebe für den ländli-
chen Raum. Die Landwirtschaft bietet nicht nur viele
hochwertige Arbeitsplätze, sondern sie gestaltet und
pflegt auch unsere Dörfer und Kulturlandschaften. Da-
her richten wir mit unserem Antrag unser Augenmerk
nicht nur auf die Auszahlungspreise, sondern auch auf
strukturelle, ökologische und tierschutzrechtliche As-
pekte.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD])

Wir wollen, dass kleinere und mittlere Betriebe wei-
terhin produzieren können. Das gilt sowohl für die
Milcherzeuger als auch für die Molkereien. Deshalb
wollen wir die guten Exportchancen unbedingt nutzen.
„Made in Germany“ ist weltweit beliebt und steht für
höchste Qualität.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich
kommen nicht nur Chancen, sondern auch Risiken auf
unsere Bauern zu. Deshalb wollen wir Fort- und Weiter-
bildungsmaßnahmen fördern. Wir begrüßen in diesem
Zusammenhang die Bemühungen der Bundesregierung,
neue Märkte zu erschließen. Wir fordern die Milchbau-
ern auf, sich aktiver auch um die Vermarktung ihrer Pro-
dukte zu kümmern, zum Beispiel über die Warentermin-
börse.


(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Internationale Wettbewerbsfähigkeit!)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, erlauben
Sie mir noch ein paar Bemerkungen zum Antrag der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Ich sehe da viele gute
Ansätze:


(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr schön! – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die sehen wir auch! – Zurufe von der LINKEN)


Zum Beispiel ist der Wunsch nach mehr Milch aus
Grundfutter der richtige Ansatz. Aber, meine lieben Kol-
legen, dafür brauchen wir qualitativ gutes Grundfutter,
und das ernten wir nicht auf dem von Ihnen gewünschten
extensiv bewirtschafteten Grünland.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD])


Auch die Umstellung der Zucht – weg von der Spit-
zenleistung hin zu mehr Lebensleistung der Tiere – ist
richtig. Nur ist diese Umstellung schon vor zehn Jahren
in Gang gesetzt worden.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 5,4!)


Den Wunsch aber nach höherer Förderung von Bio
kann ich nicht verstehen.


(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Was ist schlecht an Bio?)


Ich denke, wenn der Verbraucher Bio will, muss er auch
bereit sein, das zu bezahlen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ein guter Ansatz ist natürlich auch, die Marktmacht
der Milchproduzenten zu erhöhen. Aber Erzeugerge-
meinschaften von Mitgliedern einer Genossenschaft zu
fördern, das schießt nun wirklich am Ziel vorbei.


(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum?)


Die Idee, mal wieder einen Milchgipfel durchzufüh-
ren, ist wahrscheinlich nur wie folgt zu erklären: Wenn
man nicht mehr weiter weiß, gründet man einen Arbeits-
kreis.





Kees de Vries


(A) (C)



(D)(B)


(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Besser als nichts machen, so wie Sie!)


– Das ist Ihre Sicht.

Andererseits: Sie und der von Ihnen zitierte BDM ha-
ben vollkommen recht, wenn gesagt wird, dass eine ge-
meinsame freiwillige Mengenreduzierung für die Preise
und damit für die Einkommen gut wäre. Nur: An den
freiwilligen Verzicht auf Einnahmen kann ich nicht so
recht glauben – Sie wohl auch nicht, und deshalb unter-
stützen Sie die Vorschläge des BDM, die wiederum auf
eine weiterführende Mengensteuerung – auf gut Deutsch:
Milchquote – hinauslaufen. Erstens hatten wir das schon,
und zweitens hat unter anderem das Thünen-Institut
schon festgestellt, dass die vorgeschlagenen Konzepte
einfach nicht funktionieren können.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und was machst du in der Krise?)


– Kosten sparen.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kosten sparen – gut!)


Ich denke, ich brauche nicht alle Halbwahrheiten und
unausgegorenen Ideen aus diesem Antrag einzeln aufzu-
führen, um klarzumachen, dass dieser Antrag komplett
inakzeptabel ist.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. – Auch ich
wünsche frohe Ostern, auch für unsere Kühe.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Die habe ich schon mit meiner Rede glücklich gemacht!)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809812700

Vielen Dank. – Nächster Redner ist Rainer Spiering,

SPD-Fraktion.


Rainer Spiering (SPD):
Rede ID: ID1809812800

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Lassen Sie mich vorab
etwas sehr Persönliches sagen. Es ist für meinen ge-
schätzten Kollegen Wilhelm Priesmeier ein langer Weg
gewesen, die Quote abzuschaffen. Wilhelm, herzlichen
Dank, dass du so lange drangeblieben bist und das auch
zu einem guten Ende geführt hast!


(Beifall bei der SPD – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Der war das! – Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Der Wilhelm hat die Quote abgeschafft! – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Wilhelm hat die Quote abgeschafft! Das ist der Hammer! – Beifall der Abg. Gitta Connemann [CDU/CSU])


Nun zur Sache. Ich habe meinen Vorrednern sehr auf-
merksam zugehört. Es ist sehr intensiv darüber speku-
liert worden: Was passiert wann? Das wird die Zukunft
zeigen. Das wissen wir jetzt nicht.

Ich bin, ich glaube, vor drei oder vier Wochen zu
Hause bei unserem Milchviehhalterring gewesen. Da ist
der Preis, der aktuell ausgehandelt worden ist, genannt
worden. Ich glaube, es waren 31,8 Cent. Es war eine
große Gemeinschaft von Milchviehhaltern. Ich hatte
nicht den Eindruck, dass dieser Preis für sie völlig nie-
derschmetternd ist, sondern ich hatte den Eindruck: Er
ist für sie auskömmlich; damit können sie klarkommen.

Natürlich gibt es keine Garantie dafür, dass der Preis
so bleibt. Wie sollte das auch sein? Damit komme ich
zum Kernpunkt meiner Überlegungen, was die Milch-
quote angeht. Die deutsche Landwirtschaft ist heute Teil
unserer mittelständischen Wirtschaft, nicht mehr und
nicht weniger. Wir müssen akzeptieren, dass sich auch
dieser Teil des Mittelstands am Markt bewegen muss,
und zwar mit allen Vor- und Nachteilen. Ich glaube
nicht, dass es sinnvoll ist, bei einem Produkt wie Milch
zu versuchen, einen künstlichen Markt zu schaffen oder
zu erhalten. Das wird sich auf Dauer nicht durchsetzen.
Ich glaube, dass wir ganz andere Wege gehen müssen,
um unsere Kulturlandschaft zu erhalten.

Das bäuerliche Produkt, die Milch, ist in der Form, in
der wir gerade im mittelständischen Bereich in Deutsch-
land Wirtschaft betreiben, Teil einer Prozesskette, und
diese Prozesskette ist exzellent. Weil es eine exzellente
Prozesskette ist, ist das Produkt am Markt weltweit ver-
äußerbar. Das ist der einzige vernünftige Schutz, den die
deutsche Milchviehwirtschaft hat:


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Sie ist Teil eines Prozesses, in dem langfristig ein Pro-
dukt von hoher Güte und hoher Qualität hergestellt wird;
darauf setze ich. Die Risiken und alles, was dazu gehört,
muss die bäuerliche Landwirtschaft auf den Märkten, die
ihr zur Verfügung stehen, wie jeder andere Mittelständ-
ler und Handwerker auch, aushalten. Das müssen wir ak-
zeptieren, das ist so. In den Gesprächen mit den Milch-
bauern hatte ich den Eindruck, dass sie mit der
Abschaffung der Quote absolut einverstanden waren. Sie
schafft für die, die nach vorne wollen, mehr Freiheit.

Ich habe Wilhelm Priesmeier extra noch einmal ange-
sprochen – es war mir aber auch erinnerlich –: Die Quote
ist offensichtlich ein Handelsgut gewesen. Dass wir rela-
tiv viele Milchbauern verloren haben, ist der Tatsache
geschuldet, dass die Quote veräußert worden ist. Ein Teil
der kleineren Milchbauern hat diese Quote an größere
veräußert. Insofern hatte der eine Bauer mehr Bewe-
gungsfreiheit und der andere mehr Freiheit in Form einer
angemessenen Rente. Auch das muss man deutlich sa-
gen: Die Quote ist ein geldwertes Handelsgut geworden.
Ob das im Sinne der Gesetzgebung war, das wage ich zu
bezweifeln.

Lassen Sie mich den Rest meiner Rede auf einen ande-
ren Punkt verwenden, der mir persönlich sehr am Herzen
liegt. Bei der Auseinandersetzung mit der Milchviehhal-
tung ist mir etwas aufgefallen, was ich ausgesprochen
toll finde. Das Produkt Milch ist für uns ein ganz wert-
volles, eine Art Grundnahrungsmittel und wird entspre-
chend geschützt. Nun sind in der Debatte über die deut-
sche Tierhaltung Antibiotika ein sehr großes Thema. Ich
habe zu meiner wirklich großen Freude festgestellt, dass
Antibiotika bei der Milchviehhaltung so gut wie nicht





Rainer Spiering


(A) (C)



(D)(B)

verwendet werden. Warum nicht? Das hat klare Gründe:
Wenn ich einer Milchkuh Antibiotika verabreiche, dann
kann ich die Milch nicht verwenden. Wenn ich mich ord-
nungsgemäß verhalte, dann muss ich die Milch entsor-
gen. Also hat der Milchviehhalter Systeme entwickelt,
um seine Kuh möglichst gesund zu halten. Das bringt
mich zu der Einsicht, dass der Antibiotikaeinsatz in der
Tierhaltung aufgrund von Haltungssystemen sehr stark
zu minimieren ist, wenn dahinter ein wirtschaftliches In-
teresse steht.


(Beifall bei der SPD)


Da die Milchviehhaltung in Deutschland exempla-
risch vormacht, mit wie wenig Antibiotika wir auskom-
men können – das macht sie wirklich ganz toll –, ist das
für mich ein Anlass, zu sagen: Der Antibiotikaeinsatz in
der deutschen Tierhaltung ist grundsätzlich massiv zu-
rückzufahren. Ich finde, hier geht die deutsche Milch-
viehhaltung mit tollem Beispiel voran.

Herzlichen Dank. Frohe Ostern!


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809812900

Vielen Dank. – Letzter Redner zu diesem Tagesord-

nungspunkt ist der Kollege Artur Auernhammer, CDU/
CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Artur Auernhammer (CSU):
Rede ID: ID1809813000

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine sehr verehr-

ten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kolle-
gen! Ich bin fast etwas irritiert. Ich habe festgestellt: Der
Kollege Fritz Ostendorff und ich haben ein Stück weit
die gleiche Biografie. Unsere Motivation für politisches
Engagement bestand darin, gegen die Einführung der
Milchquote zu kämpfen. Deshalb ist es für mich ein Tag
der Genugtuung, wenn am 1. April die Quote ausläuft.
Das ist ein guter Tag für die deutsche Landwirtschaft.

Ich frage mich aber auch: Was hätte Ignaz Kiechle
heute von diesem Rednerpult aus gesagt? Als Bundes-
landwirtschaftsminister hat er 1983/1984 die Debatte
über die Milchquote eröffnet. Damals gab es sicherlich
gute Gründe für die Quote. Aber er würde heute sagen:
Warum habt ihr sie nicht schon längst abgeschafft?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wissen wir nicht!)


In den 31 Jahren Milchquotenregelung, lieber Kollege
Ostendorff, haben 80 Prozent der Milchviehhalter ihre
Milchviehhaltung eingestellt. Wo war also das Element
der Strukturpolitik bei der Milchquotenregelung? Das
Element der Strukturpolitik bestand darin, dass es durch
Pachtkosten, durch Leasingkosten, durch Kaufkosten ei-
nen eminenten Geldtransfer innerhalb der Landwirt-
schaft gab. Es sind innerhalb der Landwirtschaft Milliar-
denbeträge von den aktiven Milcherzeugern zu den
sogenannten Sofamelkern gewandert. Sehr viele Geld-
mittel sind auch nach Brüssel geflossen, Geld, das unse-
ren aktiven Bäuerinnen und Bauern entzogen worden ist.
Das müssen wir in dieser Kalkulation auch offen und
ehrlich sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Jetzt herrscht die große Angst: Kommt am 1. April
2015 die große Milchwelle auf uns zu? Meine sehr ver-
ehrten Damen und Herren, nur einmal zur allgemeinen
Erläuterung: Bevor eine Kuh Milch gibt, muss sie erst
ein Kalb auf die Welt bringen. Dann kann sie vielleicht
mit der Milchproduktion beginnen, wenn sie vernünftig
gehalten und vernünftig gefüttert wird. Es kann also
nicht sein, dass ab 1. April die Schleusen aufgehen. Die
Tiere im Stall werden von diesem Tag nichts merken,
und auch die Bäuerinnen und Bauern werden diesem Tag
mit Ruhe entgegensehen können.

Aber eines muss uns klar sein: In den letzten 31 Jah-
ren hat sich die Weltmilchproduktion um 40 Prozent er-
höht. Die Milchproduktion in Europa und auch in
Deutschland ist auf gleichem Level geblieben. Jetzt stel-
len Sie sich einmal vor, die Weltautoproduktion hätte
sich um 40 Prozent erhöht und die Autoproduktion in
Deutschland würde sich auf dem gleichen Level wie
1984 bewegen. Wie würde unser Land heute aussehen?
Lassen wir doch also unsere Bäuerinnen, unsere Bauern
an dieser gestiegenen Nachfrage auf den Weltmärkten
teilhaben. Ich bin der Meinung, wir sind dafür gut aufge-
stellt. Wir haben gute Produktionsvoraussetzungen in
unserem Land. Wir haben ausreichend Regen. Wir haben
gute Betriebe, die hier ihre Kühe halten und melken. Wir
haben vielleicht noch etwas Nachholbedarf – das ist
meine eigentliche Sorge im Hinblick auf den 1. April –
bei der Struktur unserer Molkereiwirtschaft. Wir haben
zwar gute Molkereien, die auch für den Export gut auf-
gestellt sind. Diese müssen sich aber noch besser organi-
sieren, wenn es um Exportleistungen geht. Diesbezüg-
lich bin ich froh, dass die Bundesregierung – allen voran
Minister Schmidt und sein Staatssekretär Peter Bleser –
großes Augenmerk darauf legt, dass auch die Export-
möglichkeiten der deutschen Milchwirtschaft gegeben
sind. Dazu gehört auch TTIP.


(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Dieses Handelsabkommen ist Teil einer exportorientier-
ten Milchpolitik; auch das müssen wir sehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Punkt
noch, weil immer die Strukturpolitik angesprochen wird:
Ja, es gibt unterschiedliche Produktionsvoraussetzungen
in Deutschland. Wir haben in Sachsen-Anhalt bei Herrn
Kees de Vries andere Produktionsvoraussetzungen als
bei uns in Bayern. Die Bäuerin, der Bauer im Chiemgau,
im Berchtesgadener Land mit seinen Pinzgauer Kühen
kann mit den Produktionsvorteilen von großen Milchvieh-
anlagen nicht mithalten. Diese Betriebe müssen wir des-
halb nicht über eine Quote fördern, sondern gezielt – Sie
erlauben mir, dass ich die Bayerische Staatsregierung
hier ausdrücklich lobe –, zum Beispiel mit einem Kultur-
landschaftsprogramm, mit gezielten Programmen, mit
gezielten Maßnahmen, die die Milchviehhaltung hier vor
Ort ermöglichen. Das muss eigentlich die Lösung sein.


(Beifall bei der CDU/CSU)






Artur Auernhammer


(A) (C)



(D)(B)

Zum Schluss dieser Debatte: Verehrte Frau Präsidentin,
wenn wir schon über Milch reden, wäre im Präsidium
vielleicht zu überlegen, ob nicht auch hier am Rednerpult
ein Glas Milch stehen könnte. Das heißt natürlich nicht,
dass bei der Beratung des nächsten Weingesetzes hier et-
was anderes steht.


(Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD]: Das wäre die Folge!)


Zum Schluss dieser Debatte wünsche ich Ihnen allen
gesegnete und frohe Osterfeiertage. Nutzen Sie die Zeit,
sich zu entspannen und zu erholen. Fahren Sie durch die
Lande. Erleben Sie, wie unsere Wiesen wieder grün wer-
den. Damit diese Wiesen grün bleiben, brauchen wir
eine deutsche Milchviehhaltung.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1809813100

Vielen Dank. – Die Forderung nach Milch bitte ich an

Ihren Parlamentarischen Geschäftsführer weiterzutra-
gen; denn wir führen das dann nur aus, wenn das Parla-
ment so beschließt.

Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird
Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 18/4424
und 18/4330 an die in der Tagesordnung aufgeführten
Ausschüsse vorgeschlagen. – Ich sehe, Sie sind damit
einverstanden. Dann sind die Überweisungen so be-
schlossen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich Sie jetzt
alle in die wohlverdiente Osterpause entlasse, bitte ich
Sie noch ganz kurz um Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit;
denn wir haben noch zwei Überweisungen durchzufüh-
ren.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Sibylle
Pfeiffer, Sabine Weiss (Wesel I), Frank Heinrich

(Chemnitz), weiterer Abgeordneter und der

Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten
Gabriela Heinrich, Dr. Bärbel Kofler, Axel
Schäfer (Bochum), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der SPD

Entwicklungspolitische Chancen der Urbani-
sierung nutzen

Drucksache 18/4425
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Energie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind die
Reden zu Protokoll gegeben worden.1)

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 18/4425 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Ich sehe, das ist der Fall. Dann ist so be-
schlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Katharina Dröge, Kerstin Andreae, Manuel
Sarrazin, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Nationales Reformprogramm 2015 – Wirt-
schaftspolitische Steuerung in der EU ernst
nehmen und Investitionen stärken
Drucksache 18/4464
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Energie (f)

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Die Reden sollen zu Protokoll gegeben werden. –
Ich sehe, Sie sind damit einverstanden.2)

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 18/4464 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Wir sind am Schluss der heutigen Tagesordnung an-
gekommen. Ich wünsche Ihnen allen eine wohlverdiente
Osterpause. Die letzten Wochen waren sehr intensiv. Ich
hoffe, dass Sie alle Zeit für sich und Ihre Familie haben,
um sich ein bisschen zu erholen.

Die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages be-
rufe ich auf Mittwoch, den 22. April 2015, 13 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.