Protokoll:
18045

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 18

  • date_rangeSitzungsnummer: 45

  • date_rangeDatum: 2. Juli 2014

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 18:05 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/45 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 45. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 I n h a l t : Zusätzliche Ausschussüberweisung . . . . . . . . 4035 A Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Entwurf ei- nes Gesetzes zu dem Vertrag vom 14. April 2014 zwischen der Bundesrepublik Deutsch- land und der Weltgemeinschaft Reformier- ter Kirchen; weitere Fragen . . . . . . . . . . . . . 4035 B Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4035 B Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4036 C Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4036 D Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4037 C Dr. Helge Braun, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4037 C Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4037 D Dr. Helge Braun, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4037 D Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4038 Dr. Helge Braun, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4038 Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde Drucksache 18/1920 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4038 B Mündliche Frage 3 Andrej Hunko (DIE LINKE) Beteiligung von in Deutschland stationier- ten US-Streitkräften bei Einsätzen von un- bemannten Flugzeugen Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4038 C Zusatzfrage Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 4038 D Mündliche Frage 11 Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auswirkungen des Dienstleistungsabkom- mens TiSA auf den Geschäftsbereich des BMJV Antwort Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4039 B Zusatzfragen Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4039 B Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4040 A Mündliche Frage 58 Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Information der Bürgerinnen und Bürger zum Dienstleistungsabkommen TiSA Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4041 C Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 Zusatzfragen Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4041 D Mündliche Frage 59 Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Aufnahme einer sogenannten Ratchet- Klausel im Dienstleistungsabkommen TiSA Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4042 C Zusatzfragen Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4042 C Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4043 B Mündliche Frage 63 Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Thematisierung der Finanzierung des Koh- lehafens Wiggins Islands in Australien durch Mitglieder des KfW-Verwaltungsrats Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4044 A Zusatzfrage Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4044 A Mündliche Frage 64 Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorschläge zur Änderung der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4044 C Zusatzfragen Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4044 C Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4045 A Zusatztagesordnungspunkt 8: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsord- nung zu einem Antrag auf Genehmigung zum Vollzug eines gerichtlichen Durchsuchungs- beschlusses Drucksache 18/1990 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4049 C Zusatztagesordnungspunkt 1: Vereinbarte Debatte: Bedrohung der regio- nalen Stabilität durch das Vorgehen der ISIS-Truppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4045 C Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4045 D Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . 4046 C Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4047 C Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4048 C Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4049 D Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 4051 A Alexander Radwan (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 4052 A Zusatztagesordnungspunkt 2: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE: Beschaffungsprogramm von Drohnen für die Bundeswehr . . . . . . . . . . . 4053 A Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . 4053 A Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4054 B Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4055 C Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4056 C Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 4058 A Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 4059 A Wolfgang Hellmich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 4060 A Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4061 B Ingo Gädechens (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 4062 B Gabi Weber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4063 B Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 4064 C Gisela Manderla (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 4065 C Tagesordnungspunkt 3: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge- schäftsordnung zu dem Antrag der Abgeord- neten Irene Mihalic, Dr. Konstantin von Notz, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Frank Tempel und weiterer Abgeordneter: Einset- zung eines Untersuchungsausschusses Drucksachen 18/1475, 18/1948 . . . . . . . . . . . 4066 D Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4066 D Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . . 4067 D Frank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 4068 C Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 III Uli Grötsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4069 C Michael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 4070 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4071 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 4073 A Anlage 2 Mündliche Frage 1 Katrin Kunert (DIE LINKE) Zivile Konfliktbearbeitung in der Republik Moldau Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4073 B Anlage 3 Mündliche Frage 2 Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verbleib des deutsch-syrischen Doppel- staatlers M. H. Z. Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4074 B Anlage 4 Mündliche Frage 4 Inge Höger (DIE LINKE) Pläne bezüglich Hilfsleistungen an Bosnien und Herzegowina, Kroatien und Serbien Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4074 B Anlage 5 Mündliche Frage 5 Inge Höger (DIE LINKE) Bereits erbrachte Hilfsleistungen an Bos- nien und Herzegowina, Kroatien und Ser- bien Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4074 C Anlage 6 Mündliche Frage 6 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Strafrechtliche Verfolgung bei medizini- scher Nothilfe im Rahmen von Protesten in der Türkei Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4075 A Anlage 7 Mündliche Frage 7 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Entsendung deutscher Polizeivollzugsbe- amter in die Ukraine Antwort Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4075 B Anlage 8 Mündliche Frage 8 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Beauftragung einer Studie zum Antisemi- tismus und Antizionismus Antwort Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4075 C Anlage 9 Mündliche Frage 9 Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auswirkungen des Dienstleistungsabkom- mens TiSA auf den Geschäftsbereich des BMI Antwort Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4075 D Anlage 10 Mündliche Frage 12 Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zahlung einer Vergütung aufgrund der Verwertung des Presseleistungsschutzrech- tes durch Google an die VG Media Antwort Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4076 A IV Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 Anlage 11 Mündliche Frage 13 Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Überarbeitung der gesetzlichen Bestim- mungen des Leistungsschutzrechtes für Presseverlage Antwort Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4076 B Anlage 12 Mündliche Frage 14 Susanna Karawanskij (DIE LINKE) Auswirkungen des Lebensversicherungsre- formgesetzes hinsichtlich des Sicherungs- bedarfs sowie Höhe der Zinszusatzreserve Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4076 B Anlage 13 Mündliche Frage 15 Susanna Karawanskij (DIE LINKE) Etwaige Minderung des Anspruchs auf Be- teiligung an den Bewertungsreserven im Zuge des Lebensversicherungsreformgeset- zes Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4076 D Anlage 14 Mündliche Frage 16 Dr. Axel Troost (DIE LINKE) Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Hoteleinkäufen bei Reiseveranstaltern Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4077 A Anlage 15 Mündliche Frage 17 Dr. Axel Troost (DIE LINKE) Anstieg der Zahl der eigenständigen Prü- fungen durch das Bundeszentralamt für Steuern Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4077 B Anlage 16 Mündliche Frage 18 Veronika Bellmann (CDU/CSU) Anforderungen der Finanzämter hinsicht- lich des Umgangs mit elektronischen Rech- nungen Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4077 D Anlage 17 Mündliche Frage 19 Veronika Bellmann (CDU/CSU) Vorschläge der Bundesregierung zur Digi- talisierung und Archivierung von Belegen Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4078 A Anlage 18 Mündliche Frage 20 Richard Pitterle (DIE LINKE) Absprachen hinsichtlich der Vermeidung von Doppelbesteuerung im Rahmen der Fußballweltmeisterschaft Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4078 B Anlage 19 Mündliche Frage 21 Richard Pitterle (DIE LINKE) Erwartete Mindereinnahmen bei der Ein- kommensteuer und dem Solidaritätszu- schlag Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4078 D Anlage 20 Mündliche Frage 22 Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auswirkungen des Dienstleistungsabkom- mens TiSA auf das BMF Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4079 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 V Anlage 21 Mündliche Frage 25 Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Anträge auf Förderleistungen aus dem Programm MobiPro-EU Antwort Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4079 A Anlage 22 Mündliche Frage 26 Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Neue Förderrichtlinie im Rahmen des Pro- gramms MobiPro-EU Antwort Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4079 B Anlage 23 Mündliche Frage 27 Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Renteneintritt vor dem gesetzlichen Ren- teneintrittsalter und Auswirkungen auf die Sozialkassen Antwort Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4079 C Anlage 24 Mündliche Frage 28 Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Renteneintritt vor dem gesetzlichen Ren- teneintrittsalter und Auswirkungen auf das Rentenniveau Antwort Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4079 C Anlage 25 Mündliche Frage 29 Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) Arbeitsmarktchancen von Langzeiterwerbs- losen Antwort Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4079 D Anlage 26 Mündliche Frage 30 Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) Berufliche Weiterbildung von Langzeit- erwerbslosen Antwort Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4080 A Anlage 27 Mündliche Frage 31 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Rückstandshöchstgehalte für Pestizide in den USA im Vergleich zur EU Antwort Dr. Maria Flachsbarth, Parl. Staatssekretärin BMEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4080 C Anlage 28 Mündliche Fragen 32 und 33 Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Unterrichtung über die nuklearen Ent- wicklungen in den NATO-Nuklearwaffen- staaten Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4081 A Anlage 29 Mündliche Fragen 35 und 36 Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Missbrauch von Patientendaten Antwort Ingrid Fischbach, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4081 B Anlage 30 Mündliche Frage 37 Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Schutzniveau für Patientendaten Antwort Ingrid Fischbach, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4082 A VI Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 Anlage 31 Mündliche Frage 38 Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auswirkungen des Dienstleistungsabkom- mens TiSA auf das Gesundheitswesen Antwort Ingrid Fischbach, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4082 D Anlage 32 Mündliche Frage 42 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Drosselkörper des im Atomkraftwerk Grohnde eingesetzten Typs in weiteren deutschen Atomkraftwerken Antwort Florian Pronold, Parl. Staatssekretär BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4082 D Anlage 33 Mündliche Frage 43 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Beobachterbericht zum Stresstest für das Atomkraftwerk Cattenom Antwort Florian Pronold, Parl. Staatssekretär BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4083 C Anlage 34 Mündliche Frage 46 Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auswirkungen des Dienstleistungsabkom- mens TiSA auf den Geschäftsbereich des BMUB Antwort Florian Pronold, Parl. Staatssekretär BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4083 D Anlage 35 Mündliche Fragen 47 und 48 Dr. André Hahn (DIE LINKE) Hochwasserschutz im Oberen Elbtal Antwort Florian Pronold, Parl. Staatssekretär BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4084 A Anlage 36 Mündliche Frage 49 Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auswirkungen des Dienstleistungsabkom- mens TiSA auf den Geschäftsbereich des BMBF Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4084 C Anlage 37 Mündliche Frage 50 Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auswirkungen des Dienstleistungsabkom- mens TiSA auf den Geschäftsbereich des BMZ Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4084 D Anlage 38 Mündliche Frage 53 Andrej Hunko (DIE LINKE) Weitergabe von Rohdaten an die NSA durch den BND Antwort Klaus-Dieter Fritsche, Staatssekretär BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4085 B Anlage 39 Mündliche Frage 54 Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auswirkungen des Dienstleistungsabkom- mens TiSA auf den Geschäftsbereich der Staatsministerin für Kultur und Medien Antwort Monika Grütters, Staatsministerin BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4086 A Anlage 40 Mündliche Frage 55 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Unterrichtung über die TTIP-Vertragsent- würfe Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4086 B Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 VII Anlage 41 Mündliche Fragen 56 und 57 Klaus Ernst (DIE LINKE) Völkerrechtsvertragliche Kündigungsklau- sel im TTIP-Abkommen und Zugang zu den Vertragstexten Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4086 C Anlage 42 Mündliche Frage 60 Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Nichtbeteiligung der AKP-Staaten an den Verhandlungen zum Dienstleistungsabkom- men TiSA Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4086 D Anlage 43 Mündliche Frage 61 Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auswirkungen des Dienstleistungsabkom- mens TiSA auf den Geschäftsbereich des BMWi Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4087 A Anlage 44 Mündliche Frage 62 Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Geltung datenschutzrechtlicher Bestimmun- gen im Hinblick auf den Anwendungsbe- reich des TiSA-Abkommens Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4087 C Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 4035 (A) (C) (D)(B) 45. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 Beginn: 13.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 4073 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht (D) Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 02.07.2014 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 02.07.2014 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 02.07.2014 Dobrindt, Alexander CDU/CSU 02.07.2014 Dörner, Katja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.07.2014 Dr. Felgentreu, Fritz SPD 02.07.2014 Flosbach, Klaus-Peter CDU/CSU 02.07.2014 Freitag, Dagmar SPD 02.07.2014 Gohlke, Nicole DIE LINKE 02.07.2014 Irlstorfer, Erich CDU/CSU 02.07.2014 Jung, Xaver CDU/CSU 02.07.2014 Kapschack, Ralf SPD 02.07.2014 Kühn (Tübingen), Christian BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.07.2014 Kunert, Katrin DIE LINKE 02.07.2014 Maag, Karin CDU/CSU 02.07.2014 Dr. Schröder, Ole CDU/CSU 02.07.2014 Thönnes, Franz SPD 02.07.2014 Werner, Katrin DIE LINKE 02.07.2014 Westermayer, Waldemar CDU/CSU 02.07.2014 Wicklein, Andrea SPD 02.07.2014 Anlage 2 Antwort der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Frage der Abgeordneten Katrin Kunert (DIE LINKE) (Druck- sache 18/1920, Frage 1): Welche Projekte oder Initiativen zur zivilen Konfliktbear- beitung sind nach Kenntnis der Bundesregierung in der Repu- blik Moldau vorhanden, um auf zivilgesellschaftlicher Ebene zum Dialog zwischen der moldauischen Bevölkerung und der Bevölkerung des abtrünningen Landesteils Transnistrien bei- zutragen, und inwieweit werden zivilgesellschaftliche Initiati- ven zur Lösung des Transnistrien-Problems durch die Bundes- regierung konkret unterstützt – bitte gegebenenfalls nach Projekt und Fördervolumen aufschlüsseln? Die Bundesregierung hat Kenntnis von folgenden lau- fenden oder kürzlich abgeschlossenen Projekten oder Initiativen zur zivilen Konfliktbearbeitung auf zivilge- sellschaftlicher Ebene in der Republik Moldau: Juni 2013: Seminar der Organisation für Sicher- heit und Zusammenarbeit in Europa, OSZE, „Entwicklung der Zivilgesell- schaft“. Oktober 2013: EU-Zivilgesellschaftsforum, nationale Plattform: Seminar „Transnistria – Fortress: From the Inside“ zur Lage der Zivilgesell- schaft in Transnistrien. Dezember 2013: OSZE-Konferenz zur Geschichte der OSZE-Mediationsbemühungen im Transnistrien-Konflikt mit Beteili- gung der Zivilgesellschaft. März/April 2014: Thematische Treffen der OSZE-Mis- sion in der Republik Moldau mit der Zivilgesellschaft, darunter die 5. Kon- ferenz von moldauischem Parlament und Vertretern der Zivilgesellschaft so- wie das OSZE-Zivilgesellschaftsforum mit transnistrischer Beteiligung. Zusätzlich zu den vorgenannten Projekten wurden vom Auswärtigen Amt selbst folgende laufende oder kürzlich abgeschlossene Projekte oder Initiativen finan- ziell gefördert: Oktober 2013: 4. OSZE-Konferenz zu vertrauensbil- denden Maßnahmen im Transnistrien- Konflikt in Landshut, gefördert mit circa 100 000 Euro. November 2013: Internationale Konferenz „Factors for the Civil Society Cooperation and Dialogue in the Transnistrian Conflict Settlement“, gefördert mit 5 900 Euro über die Deutsche Botschaft in Kiew. Im Jahr 2013: „Moldova-Transdniestria: Supporting the Peace Process“. Dies war ein Projekt der CMI, Crisis Management Initia- tive, gefördert mit circa 150 000 Euro über das Institut für Auslandsbezie- hungen. Im Jahr 2013: „Vertrauen Bilden: Hospitierte In- House-Trainings in der Republik Mol- dau“ – ein Projekt der Deutschen Welle Akademie zur Ausbildung von Journalisten in regionalen TV-Sen- dern, gefördert mit circa 45 000 Euro. Anlagen 4074 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 (A) (C) (D)(B) Juni 2014: 5. OSZE-Konferenz zu vertrauensbil- denden Maßnahmen im Transnistrien- Konflikt in Freising, gefördert mit circa 100 000 Euro. Im Jahr 2014: „activEco – Environmental Education Program in the Republic of Moldova“, gefördert mit circa 20 000 Euro. Zudem bildete im Jahr 2013 das Themenfeld „Demo- kratie, Zivilgesellschaft und öffentliche Verwaltung“ ei- nen der Schwerpunkte der deutschen bilateralen Ent- wicklungszusammenarbeit mit der Republik Moldau. Die Fortführung dieses Schwerpunkts wurde bei den Re- gierungsverhandlungen am 18. Juni 2014 in Chişinău vereinbart. Die Bundesregierung unterstützt in diesem Rahmen auch die OSZE-Mission vor Ort. Im Jahr 2013 wurde mit deutscher Unterstützung ein Umweltprojekt am Nistru/Dnjestr angestoßen. Von der beabsichtigten Modernisierung der Infrastruktur zur Ab- wasserentsorgung in den Städten Dubǎsari und Criuleni sowie umliegenden Gemeinden beidseits des Flusses würden circa 50 000 Menschen profitieren. Jenseits des praktischen Nutzens eignet sich eine Mo- dernisierung in besonderer Weise als vertrauensbildende Maßnahme mit positiver Symbolkraft, denn es würden historische Verbindungen zwischen beiden Flussufern dauerhaft erneuert. Bei der Umsetzung des Vorhabens sind in einem Ko- ordinationsrat die lokale Verwaltung, Versorgungsun- ternehmen sowie Techniker und Ingenieure der Bau- behörden auf lokaler Ebene eingebunden. Eine vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung finanzierte Machbarkeitsstudie soll im Herbst 2014 Einzelheiten klären. Anlage 3 Antwort der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Frage des Abgeordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/1920, Frage 2): Welche neuen Informationen liegen der Bundesregierung zum Verbleib des deutsch-syrischen Doppelstaatlers M. H. Z. vor, in dessen Fall sie nach eigenem Bekunden (vergleiche Antwort auf meine schriftliche Frage 9 auf Bundestagsdruck- sache 17/10606) mehrfach bei der syrischen Regierung inter- veniert hat? Der Bundesregierung liegen inzwischen Einzelinfor- mationen vor, denen zufolge Z. in der zweiten Jahres- hälfte 2013 oder Anfang 2014 freigekommen sein könnte. Die syrische Regierung hat Z.s Freilassung jedoch trotz mehrfacher Anfragen bisher nicht bestätigt. Anlage 4 Antwort der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Frage der Abgeordneten Inge Höger (DIE LINKE) (Drucksache 18/1920, Frage 4): Welche Pläne hat die Bundesregierung bezüglich Art und Umfang ihrer Hilfsleistungen an Bosnien und Herzegowina, Kroatien und Serbien für den Wiederaufbau nach den dortigen Überschwemmungen und Erdrutschen von Mitte Mai 2014? Die Bundesregierung stellt über das Bundesministe- rium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick- lung – vorbehaltlich der Verabschiedung des Bundes- haushalts 2014 – 5 Millionen Euro für den Wiederaufbau in Bosnien und Herzegowina zur Verfügung. Diese Mit- tel werden im Rahmen der finanziellen Zusammenarbeit über die Kreditanstalt für Wiederaufbau umgesetzt. Sie werden zur Vergabe von Kleinstdarlehen – bis 3 000 Euro – zur Instandsetzung von Wohnraum und Kleingewerbe eingesetzt. In Bezug auf die Republik Serbien gibt es derzeit keine konkreten Planungen. Serbien hat als EU-Beitritts- kandidat – im Gegensatz zu Bosnien und Herzegowina – jedoch einen erweiterten Zugang zu entsprechenden EU- Mitteln. Der Republik Kroatien als EU-Mitglied steht der So- lidaritätsfonds der Europäischen Union offen. Zu weiteren Maßnahmen im Rahmen der humanitä- ren Hilfe und des humanitären Minenräumens möchte ich auf meine Antwort auf Ihre zweite Frage verweisen. Anlage 5 Antwort der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Frage der Abgeordneten Inge Höger (DIE LINKE) (Drucksache 18/1920, Frage 5): Welche Hilfsleistungen sind bereits an Bosnien und Her- zegowina, Kroatien und Serbien für den Wiederaufbau nach den dortigen Überschwemmungen und Erdrutschen erbracht worden? Das Auswärtige Amt hat bislang insgesamt 2 Millio- nen Euro für humanitäre Hilfs- und Unterstützungs- maßnahmen zur Bewältigung der Folgen der Über- schwemmungen in Bosnien und Herzegowina sowie der Republik Serbien bereitgestellt, davon 1 Million Euro für humanitäre Soforthilfe. Mehrere deutsche Hilfsorganisationen sind in Serbien und Bosnien und Herzegowina mit finanzieller Förde- rung des Auswärtigen Amts im Einsatz. Hierzu zählen unter anderem der Arbeiter-Samariter-Bund, Help, Deut- sches Rotes Kreuz und Luftfahrt ohne Grenzen. Auch der unverzügliche Einsatz der Bundesanstalt Techni- sches Hilfswerk, THW, vor Ort wurde durch das AA finanziert. Der Schwerpunkt der Hilfe lag auf der Wasseraufbe- reitung, der Versorgung der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser, der Wasserentsorgung, Nahrungsmittelver- sorgung, Hygiene- und Sanitärausstattung sowie der Reinigung der Häuser. Für den Bereich humanitäres Minen- und Kampfmit- telräumen in Bosnien und Herzegowina hat das Auswär- tige Amt 1 Million Euro zur Verfügung gestellt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 4075 (A) (C) (D)(B) Anlage 6 Antwort der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Frage der Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Druck- sache 18/1920, Fragen 6): Inwieweit hat sich die Bundesregierung gegenüber der tür- kischen Regierung bzw. dem Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan dafür eingesetzt, dass Artikel 11 des Gesetzes Nr. 3359 aufgehoben werden muss, der medizinische Nothilfe unter Strafe stellt, sodass auch ein Jahr nach den Gezi-Pro- testen Ärztinnen und Ärzte, die Verletzte in Notzentren me- dizinisch versorgten, strafrechtlich verfolgt werden oder anderweitig sanktioniert werden, und inwieweit ist der Bun- desregierung bekannt, dass mehr als 5 500 Personen wegen der Teilnahme und Organisation der Gezi-Park-Proteste straf- rechtlich verfolgt werden, bisher aber nur fünf Polizisten vor Gericht gestellt wurden und zwei weitere auf ihr Verfahren warten, obwohl 8 000 Personen während der Proteste verletzt wurden und vier Menschen als direkte Folge des brutalen Vor- gehens der Polizei gestorben sind (www.amnesty.org/en/ library/asset/EUR44/010/2014/en/82acd54b-cb1a-4918-be8c- 64c528ab1467/eur440102014en.pdf)? Die Bundesregierung spricht regelmäßig und hoch- rangig die Themen Rechtsstaatlichkeit und Men- schenrechte – insbesondere die Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit – gegenüber der türkischen Re- gierung an. Die Themen Rechtsstaatlichkeit, Justiz und Grundrechte wurden unter anderem vom Staatsminister für Europa, Michael Roth, anlässlich seiner Reise in die Republik Türkei vom 28. bis 31. Mai 2014 und vom Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, während seines Besuchs in der Türkei am 20. Juni 2014 gegenüber der türkischen Regierung the- matisiert. Der Bundesregierung sind zudem schon frühzeitig Medienberichte und ein Bericht der Bundesärztekammer bekannt gewesen, die aussagten, dass bestimmte Aspekte der ärztlichen Notfallversorgung durch eine gesetzliche Neuregelung künftig in der Türkei unter Strafe gestellt werden sollten. Dieses Thema wurde daher von Vertre- tern des Bundesministeriums für Gesundheit gegenüber dem türkischen Gesundheitsministerium bereits am Rande des Regionalkomitees für Europa der Weltge- sundheitsorganisation im September 2013 in Izmir ange- sprochen. Die von Ihnen angeführte breite strafrechtliche Ver- folgung von Demonstranten bei gleichzeitig nur be- grenzter Aufarbeitung des Polizeieinsatzes während der Gezi-Park-Proteste sieht die Bundesregierung mit Sorge. Die in Ihrer Frage unter anderem in diesem Zusammen- hang angeführten Zahlen sind der Bundesregierung be- kannt. Eigene Erkenntnisse hierzu liegen ihr jedoch nicht vor. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Günter Krings auf die Frage der Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Drucksache 18/1920, Frage 7): Inwieweit gibt es derzeit bei der Bundesregierung Überle- gungen, deutsche Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivoll- zugsbeamte, PVB, des Bundes und der Länder im Rahmen der von den Außenministern der Europäischen Union am 23. Juni 2014 beschlossenen Entsendung von Polizeiberatern in die Ukraine, die bei einer sogenannten Sicherheitssektorreform, vor allem der Polizei, helfen sollen, zu beteiligen – bitte unter Angabe von Umfang, Aufgaben, Zielregion? Der Rat für Auswärtige Beziehungen ist am 23. Juni 2014 übereingekommen, in der Ukraine eine zivile Mis- sion, Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspoli- tik, GSVP, zur Unterstützung einer Reorganisation und Restrukturierung des dortigen Sicherheitssektors einzu- richten. Der formelle Ratsbeschluss zur Entsendung der Mission steht noch aus. Grundsätzlich besteht seitens der Bundesregierung die Bereitschaft, sich auch mit deutschem polizeilichem Personal im Rahmen der GSVP-Mission zu beteiligen. Da die Details der geplanten GSVP-Mission seitens der EU noch nicht feststehen, gibt es derzeit noch keine kon- kreten Vorstellungen zum Umfang der deutschen poli- zeilichen Beteiligung. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Günter Krings auf die Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/1920, Frage 8): Wie lautet der Forschungsauftrag, und wer wurde vom Bundesministerium des Innern mit der von der Jerusalem Post genannten Studie zum Antisemitismus und Antizio- nismus beauftragt (siehe Jerusalem Post, 13. Juni 2014, www.jpost.com/Jewish-World/Jewish-News/Germany-to-conduct- study-on-anti-Semitism-anti-Zionism-358229)? Ein Forschungsauftrag, wie in der Jerusalem Post vom 13. Juni 2014 genannt, besteht nicht. Es handelt sich wohl bei der Interpretation des im Artikel genannten Schreibens des Bundespräsidialamtes an das Simon Wiesenthal Center um ein Missverständnis. Tatsächlich dürfte das von Bundesregierung und dem Parlament neu einzusetzende Expertengremium „Antise- mitismus“ gemeint sein, das sich 2014 konstituieren und einen entsprechenden Bericht vorlegen wird. Die ge- meinsame Abstimmung über die Zusammensetzung des Gremiums gemäß interfraktionellem Antrag auf Druck- sache 17/13885 vom 11. Juni 2013 steht ja unmittelbar bevor. Die Federführung innerhalb der Bundesregierung dafür liegt beim Bundesministerium des Innern. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Günter Krings auf die Frage des Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/1920, Frage 9): Welche konkreten Auswirkungen wird das geplante Dienstleistungsabkommen Trade in Services Agreement, TiSA, auf den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern haben? Die Auswirkungen des sogenannten TiSA-Abkom- mens werden nach dem vorläufigen Stand der Verhand- 4076 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 (A) (C) (D)(B) lungen voraussichtlich keine Anpassungen der in den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern fallenden Regelungen erfordern. Die Verhandlungen, die die EU-Kommission führt, werden noch einige Zeit dauern. Eine endgültige Ein- schätzung kann allerdings erst nach Abschluss der Ver- handlungen vorgenommen werden. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Lange auf die Frage der Abgeordneten Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/1920, Frage 12): Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Anträgen der VG Media – Gesellschaft zur Verwertung der Urheber- und Leistungsschutzrechte von Medienunternehmen mbH – auf Zahlung einer angemessenen Vergütung wegen der Verwertung des Presseleistungsschutzrechtes durch Google? Presseverleger haben nach § 87 f des Urheberrechts- gesetzes das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen, es sei denn, es handelt sich um einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte. Die Verhandlungen zwischen der VG Media, die das Presseleistungsschutzrecht im Auftrag von einigen Un- ternehmen der Verlagsindustrie wahrnimmt, und den Suchmaschinen- und Diensteanbietern über die für Nut- zungen von Presseerzeugnissen zu zahlende Vergütung werden zeigen, ob sich diese Regelung in der Praxis be- währt. Vor diesem Hintergrund beobachtet die Bundesre- gierung auch das Verfahren vor der Schiedsstelle nach dem Urheberrechtswahrnehmungsgesetz aufmerksam, in dem die VG Media auf Grundlage des Leistungsschutz- rechtes eine angemessene Vergütung für Nutzungen durch den Diensteanbieter Google geltend macht. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Lange auf die Frage der Abgeordneten Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/1920, Frage 13): Welchen Anlass sieht die Bundesregierung, dass eine Überarbeitung der gesetzlichen Bestimmungen des Leistungs- schutzrechtes für Presseverlage zu überarbeiten oder zumin- dest zu überprüfen sei, wie es der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, Heiko Maas, am 25. Juni 2014 ge- äußert hat? Gemäß den Vorgaben des Koalitionsvertrages wird die Bundesregierung das Leistungsschutzrecht hinsicht- lich der Erreichung seiner Ziele evaluieren. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage der Abgeordneten Susanna Karawanskij (DIE LINKE) (Drucksache 18/1920, Frage 14): Wie hoch wäre die maximale Summe in Euro, die bei Feststellung eines Sicherungsbedarfs gemäß dem Entwurf des Lebensversicherungsreformgesetzes durch das Kürzen von Bewertungsreserven aus festverzinslichen Wertpapieren pro Jahr zusammenkommen und in den Versicherungsunterneh- men verbleiben würde, und wie hoch ist insgesamt die Zinszusatzreserve der Versicherungsunternehmen, welche seit dem Jahr 2011 gebildet werden muss und die aus Kapitalerträ- gen finanziert wird? Um die Auswirkungen abschätzen zu können, bietet es sich an, die Regelung aus dem Gesetzentwurf fiktiv auf das Jahr 2012 anzuwenden. Hätte die Regelung da- mals bereits gegolten, wären an die im Jahr 2012 ausge- schiedenen Versicherten rund 2 Milliarden Euro weniger für die Beteiligung an den Bewertungsreserven ausge- zahlt worden. Zum Vergleich: Diese 2 Milliarden Euro hätten gereicht, um allen 88 Millionen Lebensversicher- ten 0,3 Prozentpunkte mehr Verzinsung auf ihre Verträge zu gewähren. Der Blick auf das Geschäftsjahr 2012 vermittelt einen guten Eindruck der Relationen. Ich bitte zu bedenken, dass Kürzungsbeträge in Euro für sich genommen keine Aussagekraft haben, weil die Höhe wesentlich davon ab- hängt, wie viele Verträge im jeweiligen Jahr beendet werden. Die Zinszusatzreserve der Lebensversicherungsunter- nehmen hat Ende 2013 ein Volumen von 13,3 Milliarden Euro erreicht. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage der Abgeordneten Susanna Karawanskij (DIE LINKE) (Drucksache 18/1920, Frage 15): Wie positioniert sich die Bundesregierung zu dem Pro- blem, dass im Zuge des Lebensversicherungsreformgesetzes der Anspruch auf Beteiligung an den Bewertungsreserven aus festverzinslichen Wertpapieren vermindert werden kann, ohne dass die sogenannte Ausschüttungssperre greift, weil § 56 a Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (neu) nur Divi- dendenausschüttungen umfasst, nicht jedoch beispielsweise Gewinnabführungsverträge innerhalb einer Holding, das heißt, es werden Gewinne abgeführt, die aber keine Dividen- denzahlungen sind, und wie hoch wäre die maximale Summe in Euro einer im Falle eines festgestellten Sicherungsbedarfs zurückgehaltenen Bilanzgewinn- bzw. Dividendenausschüt- tung der jeweiligen Lebensversicherungsaktiengesellschaf- ten? Gewinnabführungsverträge verpflichten gemäß § 302 Absatz 1 Aktiengesetz zur Verlustübernahme. Entsteht einem Versicherungsunternehmen mit einem Gewinnab- führungsvertrag ein Jahresfehlbetrag, dann muss er von der Gegenpartei des Vertrages übernommen werden, so- weit er nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den ande- ren Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind. Eine entsprechende Verpflichtung der Aktionäre ei- nes Versicherungsunternehmens, zum Beispiel in Form einer Nachschusspflicht, besteht aber nicht. Dieser Un- terschied zwischen Dividendenausschüttung und Gewinn- abführung rechtfertigt eine unterschiedliche Behandlung in der Ausschüttungssperre. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 4077 (A) (C) (D)(B) Durch die Ausschüttungssperre kann maximal der ge- samte Bilanzgewinn zurückgehalten werden. Im Jahr 2012 haben die von der Bundesanstalt für Finanzdienst- leistungsaufsicht beaufsichtigten Lebensversicherer zu- sammen einen Bilanzgewinn von 825 Millionen Euro ausgewiesen. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE) (Drucksache 18/1920, Frage 16): Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung, inwieweit einzelne Bundesländer die Aussetzung der Vollziehung hin- sichtlich der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Hotel- einkäufen bei Reiseveranstaltern gewähren, und unterstützt die Bundesregierung den Vorschlag des Bundesministers für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, dass bezüglich des geschilderten Sachverhalts keine rückwirkenden Zahlungen erhoben werden sollen (vergleiche NWB, Nr. 25 vom 16. Juni 2014, Seite 1858)? Zur Hinzurechnung von Hoteleinkäufen bei Reise- veranstaltern ist beim Finanzgericht Münster unter Az. 9 K 1472/12 G ein Musterverfahren anhängig. Nach derzeit vorliegenden Erkenntnissen gewährt die Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalens Reiseveranstal- tern, die unter Verweis auf dieses Verfahren Einsprüche gegen die Hinzurechnung der Hotelkosten einlegen, auf Antrag Aussetzung der Vollziehung. Das Bundesminis- terium der Finanzen stimmt mit den obersten Finanzbe- hörden der Länder derzeit ab, diese Verfahrensweise bundesweit einheitlich anzuwenden. Mit der Gewährung der Aussetzung der Vollziehung erfolgen zunächst keine rückwirkenden Steuerzahlungen auf die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen, sodass der Ausgang des Musterverfahrens abgewartet werden kann. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE) (Drucksache 18/1920, Frage 17): Wie erklärt die Bundesregierung den Anstieg der Zahl der eigenständigen Prüfungen durch das Bundeszentralamt für Steuern in den Jahren 2010 bis 2012 – vergleiche die Antwort der Bundesregierung auf meine schriftliche Frage 54 auf Bun- destagsdrucksache 18/729 –, und inwieweit befürwortet die Bundesregierung, dass der Bund ein eigenständiges Prüfungs- recht erhält, welches über das geltende Prüfungsinitiativrecht nach § 19 Absatz 1 Satz 2 des Finanzverwaltungsgesetzes hi- nausgeht? Nach dem Finanzverwaltungsgesetz (§ 19 Absatz 3 FVG) kann das Bundeszentralamt für Steuern, BZSt, im Auftrag des zuständigen Finanzamts Außenprüfungen durchführen. Dazu ist das Einvernehmen mit der zustän- digen Landesfinanzbehörde herzustellen. Im Rahmen der Föderalismuskommission II wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen für ein besseres Zusammenwirken der Bundesbetriebsprüfung des BZSt mit den Betriebs- prüfungsstellen der Länder geschaffen. Ziel war es da- bei, nicht nur die Zahl der Prüfungen, an denen sich das BZSt beteiligt, zu erhöhen, sondern auch den Ländern in Spezialbereichen, vornehmlich solchen mit Auslands- bezug, Unterstützung zu gewähren. Die Erhöhung der eigenständigen Prüfungen – nicht nur der Mitwirkungs- fälle –, zeigt, dass die Erreichung dieses Zieles auf ei- nem guten Weg ist. Darüber hinaus wurde die Verwaltung der Versiche- rungsteuer auf den Bund übertragen. Seit diesem Zeit- punkt erfolgt deren Prüfung durch die Bundesbetriebs- prüfung, sodass es aufgrund dessen zu einem Anstieg der Prüfungen gekommen ist. Die Beantwortung der Frage nach einem eigenständi- gen Prüfungsrecht des BZSt ohne Auftrag des Finanz- amtes ergibt sich indirekt aus dem Grundgesetz. Nach Artikel 108 Absatz 3 Grundgesetz verwalten die Landes- finanzbehörden die Steuern, die ganz oder zum Teil dem Bund zufließen, im Auftrag des Bundes. Dies bedeutet, dass die zuständigen Finanzämter der Länder die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben haben. Im Rahmen dieses Festsetzungs- verfahrens haben sie die Verpflichtung und die Möglich- keit, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären. Rechtfertigungsgrund für eine Betriebsprüfung im Be- steuerungsverfahren ist damit die Notwendigkeit der Sachverhaltsaufklärung für die Festsetzung des Steuer- anspruchs. Ein Prüfungsrecht des BZSt ist daher im Rah- men des Besteuerungsverfahrens nur insoweit möglich, wie das BZSt auch für die Steuerfestsetzung zuständig ist. Ohne die Zuständigkeit für die Steuerfestsetzung gibt es derzeit auch keine Rechtfertigung für ein eigenständi- ges, vom Festsetzungsverfahren losgelöstes steuerliches Prüfungsrecht des BZSt. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage der Abgeordneten Veronika Bellmann (CDU/ CSU) (Drucksache 18/1920, Frage 18): Für welche Sachverhalte kann nach Aussage der Bundes- regierung die Wirtschaft das sogenannte ersetzende Scannen einsetzen, und welche Anforderungen stellen die Finanzämter hinsichtlich des Umgangs mit elektronischen Rechnungen an die Aufbewahrung von Belegen sowohl in Papierform als auch digital? Papierdokumente dürfen grundsätzlich eingescannt und danach vernichtet werden, soweit sie nicht nach außersteuerlichen oder steuerlichen Vorschriften im Ori- ginal aufzubewahren sind. Das ist etwa steuerlich der Fall bei Zollbelegen, bei Anrechnungsbescheinigungen, übereinbehaltener Kapitalertragsteuer und bei Rechnun- gen und Einfuhrbelegen im Vorsteuervergütungsverfah- ren. Außersteuerlich verpflichtend sind die Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen im Original aufzube- wahren (§ 257 HGB). Für elektronische Rechnungen besteht die Verpflich- tung, diese in dem Format aufzubewahren, in dem sie 4078 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 (A) (C) (D)(B) empfangen/versendet wurden – zum Beispiel Rechnun- gen im PDF-Format. Sie dürfen vor Ablauf der Aufbe- wahrungsfrist nicht gelöscht oder in einer Weise geän- dert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Sollte die Verpflichtung zur elektroni- schen Aufbewahrung im Einzelfall zu unzumutbaren Hürden führen, können die Finanzbehörden Erleichte- rungen bewilligen. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage der Abgeordneten Veronika Bellmann (CDU/ CSU) (Drucksache 18/1920, Frage 19): Welche Vorschläge zu Digitalisierung und elektronischer Aufbewahrung bzw. Archivierung von Belegen – einschließ- lich Vernichtung von Originalbelegen – gibt es seitens der Bundesregierung, und wann ist beabsichtigt, sie in das gesetz- liche bzw. untergesetzliche Regelwerk aufzunehmen? Seitens der Bundesregierung sind derzeit keine neuen gesetzlichen Regelungen zur Digitalisierung und elek- tronischen Aufbewahrung/Archivierung von Belegen geplant. Die in der Antwort zu Frage 18 erwähnten momentan bestehenden Verwaltungsanweisungen werden gegen- wärtig überarbeitet und sollen durch die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Bü- chern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff, GoBD, ersetzt werden. Die GoBD dienen der Erläuterung des geltenden Rechts aus Sicht der Finanzverwaltung. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Richard Pitterle (DIE LINKE) (Drucksache 18/1920, Frage 20): Inwieweit existieren zwischen Brasilien und Deutschland im Hinblick auf die Fußballweltmeisterschaft Absprachen hinsichtlich der Vermeidung von Doppelbesteuerung bei Per- sonen, die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sind und in Brasilien infolge der Fußballweltmeisterschaft Ein- künfte erzielen, und inwieweit führen Besuche von Mitglie- dern der Bundesregierung bei den Veranstaltungen an der Fußballweltmeisterschaft zu steuerpflichtigen Einkünften in- folge einer privaten Mitveranlassung? Ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteue- rung existiert im Verhältnis zu Brasilien nicht. Dem Bundesministerium der Finanzen sind keine Absprachen hinsichtlich der Vermeidung von Doppelbesteuerung mit Brasilien im Hinblick auf die Fußballweltmeisterschaft bekannt. Grundsätzlich gehören nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes zu den Einkünften aus nicht- selbstständiger Arbeit unter anderem auch andere Be- züge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst. Voraussetzung für das Vorliegen von Arbeitslohn ist insofern, dass zwischen den Einnahmen und dem Dienstverhältnis ein Veranlassungszusammenhang be- steht. Keine Gegenleistung sind Vorteile, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entloh- nung, sondern lediglich als notwendige Begleiterschei- nung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen. Vor- teile besitzen danach keinen Arbeitslohncharakter, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Werden Arbeitnehmer für den Arbeitgeber tätig und ent- spricht die Tätigkeit des Arbeitnehmers den Belangen des Arbeitgebers, müssen nach der Rechtsprechung des Bun- desfinanzhofs (Urteil vom 16. Oktober 2013 VI R 78/12) ganz besondere Umstände hinzutreten, damit diese vom Arbeitnehmer für den Arbeitgeber ausgeführte Tätigkeit allein aufgrund eines aus dem Üblichen fallenden Rah- mens und der besonderen Örtlichkeit einen lohnsteuer- rechtlich erheblichen Vorteil begründet. Allein eine touris- tische oder aus anderen Gründen attraktive Umgebung, in der ein Arbeitnehmer für den Arbeitgeber tätig wird, führt nicht dazu, dass der Arbeitgeber dem Arbeitneh- mer damit zugleich einen lohnsteuerrechtlich erhebli- chen Vorteil zuwendet. Ob diese Voraussetzungen gege- ben sind, ist eine Frage des Einzelfalls. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Richard Pitterle (DIE LINKE) (Drucksache 18/1920, Frage 21): Mit welchen steuerlichen Mindereinnahmen ist im Kas- senjahr 2014 für die Einkommensteuer und den Solidaritäts- zuschlag zu rechnen, wenn der Einkommensteuertarif dahin gehend verändert wird, dass der bisherige Tarifeckwert zu Be- ginn der zweiten Progressionszone von 13 470 Euro auf 14 500 Euro verschoben wird – bei identischem Grenzsteuer- satz von 23,97 Prozent – und alle weiteren Parameter unver- ändert bleiben, und wie steht die Bundesregierung zu der Ansicht, dass sich durch die isolierte Anhebung des Grund- freibetrags in 2014 der Progressionsgrad zwischen dem Grundfreibetrag und dem ersten Tarifeckwert verschärft hat? Eine Tarifänderung gemäß der Fragestellung würde zu jährlichen Steuermindereinnahmen von rund 3,6 Mil- liarden Euro führen. Die Verschiebung der sogenannten Knickstelle im Tarifverlauf nach rechts unter Beibehal- tung der anderen Tarifeckwerte würde die Grenzsteuer- sätze in beiden Progressionszonen absenken. Dadurch würden alle Steuerzahler entlastet. Die zweistufige Anhebung des Grundfreibetrags in den Jahren 2013 und 2014 hat alle Steuerzahler entlastet. Zwar ist der Progressionsverlauf bis zur Knickstelle stei- ler. Da jedoch der Eingangssteuersatz von 14 Prozent beibehalten wurde, konnten die Grenzsteuersätze in der ersten Progressionszone bis zur Knickstelle im Tarifver- lauf gesenkt werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 4079 (A) (C) (D)(B) Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage der Abgeordneten Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/1920, Frage 22): Welche konkreten Auswirkungen wird das geplante Dienstleistungsabkommen TiSA auf den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen haben? Die TiSA-Verhandlungen befinden sich noch in ei- nem vergleichsweise frühen Stadium. Daher sind Aussa- gen zu konkreten Auswirkungen durch TiSA auf den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen derzeit nicht möglich. Anlage 21 Antwort der Parl. Staatssekretärin Anette Kramme auf die Frage der Abgeordneten Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/1920, Frage 25): Wie viele Anträge auf Förderleistungen aus dem Pro- gramm MobiPro-EU, die bis zum 8. April 2014 gestellt wur- den, wurden bisher noch nicht abschließend bearbeitet, bewil- ligt bzw. sind weiterhin ruhend gestellt, und wie erklärt die Bundesregierung sich die teils wochenlangen Verzögerungen bei der Zustellung der Verträge, von denen Träger immer wie- der berichten? Insgesamt liegen der Zentralen Auslands- und Fachver- mittlung, ZAV, der Bundesagentur für Arbeit 45 518 An- träge vor. Mit den nun zur Verfügung stehenden Haushalts- mitteln ist die Finanzierung aller bis zum 8. April 2014 gestellten Förderanträge von Ausbildungsinteressierten bis zum Ende ihrer Ausbildungszeit sowie aller Fachkräfte gesichert – sofern eine Förderfähigkeit vorliegt. Somit sind keine Anträge mehr aufgrund der Haushaltssituation ru- hend gestellt. Insgesamt befinden sich 15 053 Anträge in Prüfung. Dies beinhaltet insbesondere (Folge-)Anträge, bei denen zum Beispiel Unterlagen nachgereicht werden müssen. Die Rückstände in der Bearbeitung der Anträge und der Auszahlungen begründen sich durch die hohen An- tragszahlen – alleine in den ersten drei Monaten 2014 etwa 23 000 – und die teilweise notwendigen Nachfor- derungen von Unterlagen. Anlage 22 Antwort der Parl. Staatssekretärin Anette Kramme auf die Frage der Abgeordneten Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/1920, Frage 26): Auf welchem Stand befinden sich die Abstimmungen des Entwurfs einer neuen Förderrichtlinie, und wann wird die Förderrichtlinie veröffentlicht? Die neue Richtlinie zum Sonderprogramm wird zur- zeit endabgestimmt. Sobald die Abstimmungen abge- schlossen sein werden, wird die Richtlinie veröffentlicht. Anlage 23 Antwort der Parl. Staatssekretärin Anette Kramme auf die Frage des Abgeordneten Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/1920, Frage 27): Wie viele Personen sind vor dem gesetzlichen Rentenein- trittsalter in Rente gegangen – Rentenzugang 2012 –, und welche Mehreinnahmen für die Sozialkassen gäbe es hypothe- tisch pro Jahr, wenn all diese Personen weiterhin ihrer zuletzt ausgeübten Beschäftigung bis zum gesetzlichen Rentenein- trittsalter nachgegangen wären? Angaben, wie viele Personen vor der für sie geltenden Regelaltersgrenze in Rente gehen, liegen in den Statisti- ken der Deutschen Rentenversicherung nicht vor. Von den rund 651 000 Altersrenten, die im Jahr 2012 neu zugingen, erfolgten rund 293 000 Zugänge vor Voll- endung des 65. Lebensjahres. Die Teilfrage zur hypothetischen Weiterbeschäftigung kann in Ermangelung geeigneter statistischer Informa- tionen nicht beantwortet werden. Anlage 24 Antwort der Parl. Staatssekretärin Anette Kramme auf die Frage des Abgeordneten Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/1920, Frage 28): Wie würde sich die Rente derjenigen Beschäftigten erhö- hen, die bereits eine Altersrente beziehen, wenn dem Arbeit- geberbeitrag zur Rentenversicherung im Gegensatz zum Sta- tus quo entsprechende Leistungen gegenüberstünden? Eine fiktive Berechnung von Rentenleistungen aus Arbeitgeberbeiträgen für beschäftigte Altersvollrentner kann nicht erfolgen, da weder eine hinreichend konkrete Ausgestaltung einer fiktiven gesetzlichen Neuregelung noch die rentenrechtlichen Versicherungstatbestände der betreffenden Einzelfälle vorliegen. Anlage 25 Antwort der Parl. Staatssekretärin Anette Kramme auf die Frage der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) (Drucksache 18/1920, Frage 29): Was sind nach Ansicht der Bundesregierung die zentralen Gründe für die schlechten Arbeitsmarktchancen von Langzeit- erwerbslosen, auf die auch die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles, in ihrer Rede zum Bundeshaus- halt 2014 am 25. Juni 2014 eingegangen ist – bitte anders be- antworten als in der Antwort der Bundesregierung auf die Frage 65 auf Bundestagsdrucksache 18/1742, diesmal bitte konkret beantworten mit der Nennung zentraler Gründe und nicht auf allgemeine Publikationen verweisen –, und inwie- fern lassen sich die Werte für die zurückgehenden Abgangsra- ten in Erwerbstätigkeit für Kurz- und Langzeitarbeitslose noch für bestimmte Personengruppen aufgliedern – wenn möglich, bitte diese Werte für die Jahre 2009 bis 2013 nen- nen? Aus der Forschung ist bekannt, dass es eine Reihe von Faktoren gibt, die die Chance auf Erwerbstätigkeit min- 4080 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 (A) (C) (D)(B) dern. Insbesondere mindern folgende Risikomerkmale das Einmünden in den Arbeitsmarkt: fehlende Bildungs- bzw. Arbeitsabschlüsse, gesundheitliche Einschränkun- gen, lange Verweildauer im Leistungsbezug, Alter – über 50 Jahre –, Migrationshintergrund und mangende Beherr- schung der deutschen Sprache. Auch Frauen mit Kin- dern haben geringere Chancen. Die Übergangswahr- scheinlichkeit ist erheblich reduziert, wenn auf Personen mindestens zwei der aufgeführten Merkmale zutreffen. Die Abgangsraten für Kurz- und Langzeitarbeitslose können grundsätzlich auch nach Strukturmerkmalen – Geschlecht, Alter, Nationalität – differenziert darge- stellt werden. Diese Sonderauswertungen sind jedoch komplex und erfordern umfangreiche Prüfungen seitens der Statistik der Bundesagentur für Arbeit, die innerhalb der Frist nicht geleistet werden können. Die Angaben werden daher schriftlich nachgereicht. Anlage 26 Antwort der Parl. Staatssekretärin Anette Kramme auf die Frage der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) (Drucksache 18/1920, Frage 30): Wie hat sich seit dem Jahr 2010 bis heute die berufliche Weiterbildung im Rechtskreis des Zweiten Buches Sozial- gesetzbuch entwickelt, in dem sich der Großteil aller Lang- zeitarbeitslosen befindet – bitte jährliche Daten zur Höhe der verausgabten Gelder sowie zur Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Weiterbildungsmaßnahmen, wenn möglich auch für abschlussbezogene Maßnahmen, nennen –, und ist nach Ansicht der Bundesregierung die Förderung und Unter- stützung in diesem Bereich ausreichend? Im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende wurden nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit für die Weiterbildungsförderung im Jahr 2010 rund 853 Mil- lionen Euro, im Jahr 2011 rund 668 Millionen Euro, im Jahr 2012 rund 590 Millionen Euro und im Jahr 2013 rund 576 Millionen Euro aufgewendet. Hierbei handelt es sich um die Aufwendungen für Weiterbildungskosten ohne Lebensunterhaltsleistungen, die während der Wei- terbildung weiter gezahlt und nicht gesondert ausgewie- sen werden. Für die zugelassenen kommunalen Träger sind keine Daten verfügbar. Die im Jahr 2010 zur Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise deutlich erhöhten Mittelansätze für eine intensivierte Weiterbildungsförderung insgesamt wurden in den Folgejahren unter Berücksichtigung der verbes- serten Arbeitsmarktsituation zurückgeführt, liegen aber deutlich über dem Ausgabenniveau vor der Wirtschafts- und Finanzkrise und dies trotz der damals deutlich schlechteren Arbeitsmarktsituation. Dies gilt auch ent- sprechend für die Eintrittszahlen: Im Jahr 2010 haben rund 225 000 erwerbsfähige Leis- tungsberechtigte eine berufliche Weiterbildungsmaß- nahme begonnen. In den Jahren 2011 und 2012 gab es rund 160 000 bzw. 170 000 Eintritte, und im Jahr 2013 waren es 149 000. In abschlussbezogene Maßnahmen sind im Jahr 2010 rund 26 000, im Jahr 2011 rund 19 000, im Jahr 2012 rund 21 000 und im Jahr 2013 rund 23 000 erwerbsfähige Leistungsberechtigte eingemündet (Daten einschließlich zugelassener kommunaler Träger). Für den Bereich der beruflichen Weiterbildungsförde- rung stehen und standen auch im Mehrjahresvergleich und unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktentwick- lung ausreichend Mittel zur Verfügung. Die verstärkte Förderung von abschlussorientierten Weiterbildungen ist auch Ziel der im vergangenen Jahr vom Bundesministe- rium für Arbeit und Soziales und der Bundesagentur für Arbeit gestarteten Initiative „AUSBildung wird was – Spätstarter gesucht“. Anlage 27 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Maria Flachsbarth auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/1920, Frage 31): Sind die Rückstandshöchstgehalte für Pestizide nach Kenntnis der Bundesregierung in den USA überwiegend hö- her oder niedriger als in der Europäischen Union, und welche Mechanismen werden nach Kenntnis der Bundesregierung in- nerhalb der bei dem Transatlantischen Freihandelsabkommen, TTIP, geplanten Harmonisierung der Rückstandshöchstge- halte verankert, um eine künftige Erhöhung der Rückstands- höchstgehalte und damit eine Senkung des Verbraucher- schutzniveaus in der EU auszuschließen? In den USA bestehen – ähnlich wie in Europa – um- fassende rechtliche Vorgaben zu Rückstandshöchstge- halten von Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln. Die Internetseite www.mrldatabase.com des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums, USDA, gibt umfassende Auskunft über die für einzelne Erzeugnisse geltenden Rückstandshöchstgehalte. Hier können auch Vergleiche zur europäischen Rechtslage gezogen werden. Angesichts der Vielzahl der möglichen Erzeugnis-/ Wirkstoffkombinationen ist keine Aussage darüber mög- lich, ob die Rückstandshöchstgehalte für Pflanzen- schutzmittelwirkstoffe in den USA überwiegend höher oder niedriger sind als in der EU. Unterschiede – sowohl höhere als auch niedrigere Werte – sind unter anderem möglich aufgrund der unterschiedlichen Klimaverhält- nisse, der zu bekämpfenden Schädlinge, der angebauten Kulturen und der verfügbaren Wirkstoffe und damit der jeweiligen Pflanzenschutzmittelzulassungssituation in der EU und den USA. Im Rahmen der Verhandlungen über das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA werden derzeit die Standpunkte beider Seiten im Hin- blick auf eine stärkere Zusammenarbeit im Bereich der Pestizide ausgetauscht. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass in diesem Bereich kein Parallelsystem zu den bereits existierenden internationalen Normungs- systemen aufgebaut werden soll. Sowohl die EU als auch die USA orientieren sich bei der Festlegung von Höchstgehalten für Pflanzenschutzmittelrückstände an den internationalen Standards der OECD und dem Codex Alimentarius. Hier werden Fragen zum Bereich der Höchstgehaltsfestsetzung von Pflanzenschutzmittel- rückständen international diskutiert. Dies soll auch künf- tig so bleiben. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 4081 (A) (C) (D)(B) Auch hier gilt, wie in anderen Bereichen der Verhand- lungen, dass die EU-Standards der Lebensmittelsicher- heit durch das Abkommen nicht herabgesetzt werden. Diese Maßgabe zieht sich als roter Faden durch das Ver- handlungsmandat und wird von der Kommission stets betont. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Fra- gen der Abgeordneten Agnieszka Brugger (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/1920, Fra- gen 32 und 33): Welche NATO-Gremien werden zu den nuklearen Ent- wicklungen in den NATO-Nuklearwaffenstaaten unterrichtet (vergleiche Antwort der Bundesregierung auf meine schriftli- che Frage 38 auf Bundestagsdrucksache 18/1789; bitte ein- zeln auflisten, mit Angabe der jeweiligen deutschen Vertre- terinnen und Vertreter), und wann hat es Unterrichtungen über das US-amerikanische Modernisierungsprogramm der B61-12 gegeben – bitte alle Unterrichtungen mit Datum, Ort und deutschen Vertreterinnen und Vertretern angeben? Was waren die Inhalte der Unterrichtungen zu den nuklea- ren Entwicklungen in den NATO-Nuklearwaffenstaaten – bitte jeweils einzeln detailliert aufschlüsseln –, und welche konkreten Unterrichtungen über das in Frage 32 angespro- chene Modernisierungsprogramm hat es in Bezug auf die in Deutschland stationierten US-amerikanischen Atomwaffen gegeben – bitte jeweils unter Angabe des Datums und Ortes der Unterrichtung einzeln aufschlüsseln? Zu Frage 32: Eine Information der NATO-Bündnispartner zu nu- klearen Entwicklungen in den NATO-Nuklearwaffen- staaten erfolgt üblicherweise in der Nuklearen Planungs- gruppe, NPG, und den ihr zuarbeitenden Gremien der NATO. Die NPG tritt in der Regel einmal im Jahr auf der Ebene der Verteidigungsminister zusammen. Die der NPG direkt zuarbeitende High Level Group, HLG, führt in der Regel drei Sitzungen pro Jahr auf der Ebene der politischen Direktoren der Verteidigungsministerien durch. Die Sitzungen der NPG und HLG werden durch die NPG Staff Group auf Arbeitsebene vorbereitet und be- gleitet, die in der Regel zweimal im Monat auf der Ebene der Vertreter der nationalen Delegationen zusam- mentritt. Zu Frage 33: Über Sitzungsinhalte zu Nuklearfragen kann aus Grün- den des Geheimschutzes keine Auskunft erteilt werden. Anlage 29 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ingrid Fischbach auf die Fra- gen der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/1920, Fragen 35 und 36): Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Bericht in der Rheinischen Post vom 26. Juni 2014 zum Missbrauch von Patientendaten? Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, die relevan- ten Institutionen im Gesundheitswesen und speziell die Kran- kenkassen zu wirksamen und einheitlichen Verfahren zum Schutz vor Identitätsdiebstahl insbesondere in Callcentern und Onlinefilialen zu verpflichten, und, wenn nein, warum nicht – bitte begründen? Die Fragen 35 und 36 werden wegen des Sachzusam- menhangs gemeinsam beantwortet. Laut oben genanntem Bericht der Rheinischen Post hat ein professioneller Anbieter von Datenschutzdienst- leistungen die Sicherheitsvorkehrungen der Barmer GEK hinsichtlich der Übermittlung von Auskünften an Versi- cherte durch Krankenkassen nach § 305 Absatz 1 Fünf- tes Buch Sozialgesetzbuch, SGB V, umgehen können. Hierzu hat der Datenschutzdienstleister unter Nen- nung des Namens, der Versichertennummer und des Ge- burtsdatums eines bei der Barmer GEK versicherten Redaktionsmitarbeiters dessen Umzug gegenüber der Krankenkasse telefonisch vorgetäuscht. Anschließend hat er über die Internetseite der Barmer GEK eine Versi- chertenauskunft über die von diesem Redaktionsmitar- beiter in Anspruch genommenen Leistungen nach § 305 Absatz 1 SGB V beantragt. Der für den Zugriff auf diese Daten notwendige Aktivierungsschlüssel wird von der Barmer GEK aus Sicherheitsgründen nur postalisch an die Versichertenadresse versandt. Weil diese Adresse zu- vor telefonisch fingiert worden war, gelangte der Daten- schutzdienstleister in den Besitz des Aktivierungsschlüs- sels und konnte damit die Versichertenauskünfte einholen. Die Krankenkassen haben nach § 78 a Zehntes Buch Sozialgesetzbuch, SGB X, technische und organisatori- sche Maßnahmen zu treffen, die für den Schutz von So- zialdaten erforderlich sind. Hierzu gehören insbesondere die in der Anlage zu § 78 a SGB X aufgeführten Zu- griffskontrollen und die Kontrolle der Datenweitergabe. Die von der Barmer GEK getroffenen organisatori- schen und technischen Maßnahmen konnten mit dem ge- schilderten Vorgehen umgangen werden. Das über die Barmer GEK aufsichtsführende Bundesversicherungs- amt, BVA, hat mitgeteilt, dass es von dem in Rede ste- henden Fall erstmals durch eine Anfrage der Rheini- schen Post vom 24. Juni 2014 erfahren hat und ihm bis dato keine Informationen zu vergleichbar gelagerten Fäl- len und auch keine Beschwerden von Versicherten über einen solchen Missbrauch von Sozialdaten vorgelegen haben. Das BVA nimmt die Anfrage zum Anlass, die Rechts- sicherheit der Kommunikation zwischen Versicherten und Krankenkassen einer bereits angelaufenen grund- sätzlichen Prüfung zu unterziehen. Grundsätzlich haben Krankenkassen eine sichere Au- thentifizierung zu gewährleisten, damit Sozialdaten bei der Verarbeitung, Nutzung und Speicherung nicht unbe- fugt gelesen, kopiert, verändert oder entfernt werden können. Dies geht aus der allgemeinen Vorschrift zum Einsatz geeigneter technischer und organisatorischer 4082 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 (A) (C) (D)(B) Maßnahmen hervor, durch die konkrete datenschutz- rechtliche Schutzanforderungen zu gewährleisten sind (vergleiche § 78 a SGB X einschließlich der in der An- lage hierzu aufgeführten Schutzziele). Die konkrete Ausgestaltung solcher Verfahren liegt in der Verantwor- tung der Krankenkassen. Aus Sicht der Bundesregierung sind vor einer Prü- fung, ob und gegebenenfalls welche weiteren Maßnah- men zum Schutz der Sozialdaten im Zusammenhang mit Auskünften der Krankenkassen an ihre Versicherten nach § 305 Absatz 1 SGB V notwendig sind, zunächst die Prüfergebnisse des BVA abzuwarten. Darüber hinaus werden mit dem Aufbau der Telematikinfrastruktur künftig sichere Verfahren zur Speicherung und Über- mittlung personenbezogener Patientendaten im Gesund- heitswesen zur Verfügung stehen. Deshalb sollte das hohe Schutzniveau, das die Telematikinfrastruktur zur Verfügung stellt, grundsätzlich Maßstab für die elektro- nische Übermittlung personenbezogener Patientendaten im Gesundheitswesen sein. So fordert der Verwaltungs- rat des GKV-Spitzenverbandes in seiner Presseerklärung vom 27. März 2014 die rasche Einführung einer sicheren und interoperablen Telematikinfrastruktur für das deut- sche Gesundheitswesen, um ihre Vorteile für die Versi- cherten unverzüglich nutzbar zu machen. Anlage 30 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ingrid Fischbach auf die Frage des Abgeordneten Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/1920, Frage 37): Sieht die Bundesregierung unterschiedliche Schutzhöhen für Patientendaten, die in Umsetzung des § 305 Absatz 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Auskünfte an Ver- sicherte – verarbeitet werden, und solchen, die künftig in der Telematikinfrastruktur verarbeitet werden, und, wenn ja, auf welche Weise will die Bundesregierung hier für ein einheitli- ches und wirksames Schutzniveau sorgen? Im Hinblick auf den Sozialdatenschutz bei Auskünf- ten der Krankenkassen an ihre Versicherten nach § 305 Absatz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, SGB V, ist da- rauf hinzuweisen, dass die Krankenkassen nach § 78 a Zehntes Buch Sozialgesetzbuch, SGB X, technische und organisatorische Maßnahmen zu treffen haben, die für den Schutz von Sozialdaten erforderlich sind. Hierzu ge- hört insbesondere, dass die Krankenkassen eine sichere Authentifizierung zu gewährleisten haben, damit Sozial- daten bei der Verarbeitung, Nutzung und Speicherung nicht unbefugt gelesen, kopiert, verändert oder entfernt werden können. Die konkrete Ausgestaltung solcher Verfahren liegt in der Verantwortung der Krankenkas- sen. Das für die Aufsicht über die bundesunmittelbaren Krankenkassen zuständige Bundesversicherungsamt, BVA, hat aufgrund eines Berichts in der Rheinischen Post vom 26. Juni 2014, in dem beschrieben wird, dass die von einer Krankenkasse getroffenen organisatori- schen und technischen Maßnahmen umgangen werden konnten, eine grundsätzliche Prüfung der Rechtssicher- heit der Kommunikation zwischen Versicherten und Krankenkassen eingeleitet. Aus Sicht der Bundesregie- rung sind vor einer Prüfung, ob und gegebenenfalls wel- che weiteren Maßnahmen zum Schutz der Sozialdaten im Zusammenhang mit Auskünften der Krankenkassen an ihre Versicherten nach § 305 Absatz 1 SGB V not- wendig sind, zunächst die Prüfergebnisse des BVA abzu- warten. Für die Auskünfte an Versicherte durch die niederge- lassenen Ärztinnen und Ärzte sowie durch die Kranken- häuser nach § 305 Absatz 2 SGB V gelten im Hinblick auf die zum Datenschutz zu treffenden technischen und organisatorischen Maßnahmen die den Vorgaben des § 78 a SGB X vergleichbaren Regelungen nach § 9 des Bundesdatenschutzgesetzes. Dabei ist zu berücksichti- gen, dass diese Auskünfte derzeit weitgehend ohne Nut- zung einer elektronischen Übermittlung schriftlich an die Versicherten erteilt werden dürften. Mit dem Aufbau der Telematikinfrastruktur werden künftig sichere Verfahren zur Speicherung und Über- mittlung personenbezogener Patientendaten im Gesund- heitswesen zur Verfügung stehen. Deshalb sollte das hohe Schutzniveau, das die Telematikinfrastruktur zur Verfügung stellt, grundsätzlich Maßstab für die elektro- nische Übermittlung personenbezogener Patientendaten im Gesundheitswesen sein. So fordert der Verwaltungs- rat des GKV-Spitzenverbandes in seiner Presseerklärung vom 27. März 2014 die rasche Einführung einer sicheren und interoperablen Telematikinfrastruktur für das deut- sche Gesundheitswesen, um ihre Vorteile für die Versi- cherten unverzüglich nutzbar zu machen. Anlage 31 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ingrid Fischbach auf die Frage des Abgeordneten Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/1920, Frage 38): Welche Auswirkungen hat das TiSA nach Auffassung der Bundesregierung auf Finanzierung und Versorgungsstruktu- ren der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung und insbesondere auf kommunale Krankenhäuser? Das angestrebte plurilaterale Dienstleistungsabkom- men TiSA, Trade in Services Agreement, soll nach dem Willen der Bundesregierung keine Auswirkungen auf Finanzierung und Versorgungsstrukturen der gesetzli- chen Kranken- und Pflegeversicherung oder auf kommu- nale Krankenhäuser haben. Die Bundesregierung setzt sich intensiv dafür ein, dass im TiSA-Abkommen keine Verpflichtungen übernommen werden, aufgrund derer die in Deutschland geltenden Regelungen zur Kranken- und Pflegeversicherung geändert werden müssten. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Florian Pronold auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/1920, Frage 42): Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 4083 (A) (C) (D)(B) Wie viele Drosselkörper des gleichen Typs, wie die un- längst defekten im Atomkraftwerk, AKW, Grohnde, oder sol- che, bei denen die Federn aus dem gleichen Werkstoff wie dem der defekten Drosselkörperfedern im AKW Grohnde sind, befinden sich jeweils in den sieben noch zum Leistungs- betrieb berechtigten deutschen Druckwasserreaktoren (es wird explizit nach der konkreten Anzahl gefragt; vergleiche Nichtangabe der Anzahl auf meine mündliche Frage 24, Ple- narprotokoll 18/38, Anlage 18), und gegebenenfalls welche jeweiligen Worst-Case-Abschätzungen liegen etwaigen auf- sichtlichen Zustimmungen bzw. Duldungen zum aktuellen Weiterbetrieb derjenigen deutschen AKW zugrunde, in denen entsprechende Drosselkörper – also gleicher Typ oder mit Federn aus gleichem Werkstoff – im Einsatz sind, vor dem Hintergrund, dass laut Plenarprotokoll 18/38, Anlage 18, Schadensursache und -mechanismus noch unklar sind (gege- benenfalls wird um spezifische Angabe für jede etwaig betrof- fene Anlage gebeten)? In deutschen Druckwasserreaktoren befinden sich pro Reaktorkern 132 Drosselkörper. Diese sind vom Aufbau mit den Drosselkörpern im Kernkraftwerk Grohnde, KWG, vergleichbar. Nachfolgend zähle ich daher die angefragte anlagen- spezifische Anzahl der Drosselkörper mit Federn aus dem gleichen Werkstoff – Inconel X750 – wie den schadhaften Federn der Drosselkörper im KWG auf. Kernkraftwerk Drosselkörper mit Federn aus dem Werkstoff Inconel X750 Grafenrheinfeld 68 Isar 2 131 Philippsburg 2 132 Neckarwestheim II 132 Brokdorf 132 Emsland 0 Seit meiner Antwort auf die von Ihnen erwähnte münd- liche Frage 24 im Plenarprotokoll 13/38, Anlage 18, wurde als Schadensursache interkristalline Spannungs- risskorrosion ermittelt. Da eine Übertragbarkeit des Er- eignisses im Kernkraftwerk Grohnde auf andere Anla- gen gegeben ist, hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, GRS, mbH mit der Erstellung einer Weiterleitungsnachricht zu den Befun- den an den Drosselkörpern beauftragt. Die Bewertung der sicherheitstechnischen Bedeu- tung gebrochener Drosselkörperfedern durch die GRS hat ergeben, dass die Funktion des Drosselkörpers – Strömungsverteilung – trotz defekter Feder gewähr- leistet ist. Der Drosselkörper kann auch bei einem unter- stellten Mehrfachbruch der Feder die vorgesehene Lage aus geometrischen Gründen nicht verlassen. Unabhängig davon besteht bei einem Mehrfachbruch der Feder die Möglichkeit, dass sich einzelne Feder- bruchstücke aus dem Kupplungsstück lösen und im Kühlmittel transportiert werden. Dies ist bislang nicht aufgetreten. In der Weiterleitungsnachricht wird daher unter ande- rem die Prüfung der Drosselkörper mit Druckfedern aus dem Werkstoff Inconel X 750 in der nächsten Revision empfohlen, um Anrisse und Federbrüche aufzufinden und befundbehaftete auszutauschen. Die Weiterleitungs- nachricht wurde an die zuständigen atomrechtlichen Aufsichtsbehörden der Länder, die Betreiber, Hersteller und Gutachterorganisationen verteilt. Die Umsetzung von Weiterleitungsnachrichten wird von den Aufsichts- behörden der Länder beaufsichtigt. Nach deren Aussage sind entsprechende Prüfungen der Drosselkörper in der nächsten Revision vorgesehen bzw. wurden bereits durchgeführt. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Florian Pronold auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/1920, Frage 43): Bei welchen für dieses Jahr noch geplanten Treffen zwi- schen der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und dem fran- zösischen Staatspräsidenten François Hollande soll das AKW Cattenom Gegenstand sein (bitte mit Angabe des Kalender- datums aller bislang geplanten Termine), und inwiefern war der Beobachterbericht zum Stresstest für das AKW Cattenom von Dieter Majer in der Amtszeit des ehemaligen französi- schen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy Gegenstand hoch- rangiger Kontakte zwischen dem Élysée-Palast und dem Bun- deskanzleramt (bitte mit Angabe des Datums)? Für das Jahr 2014 stehen noch keine Termine für wei- tere Treffen zwischen der Bundeskanzlerin mit dem französischen Staatspräsidenten Hollande fest. Daher können auch noch keine Aussagen zu den Gesprächsthe- men gemacht werden. Für die Bundeskanzlerin und den damaligen Staats- präsidenten Sarkozy wurde die Frage bereits im August 2013 mit „Nein“ beantwortet (schriftliche Frage Num- mer 86 auf Bundestagsdrucksache 17/14483). Das gilt auch für weitere in der Frage angesprochene hochran- gige Kontakte zwischen dem Elysée-Palast und dem Bundeskanzleramt. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Florian Pronold auf die Frage der Abgeordneten Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/1920, Frage 46): Welche konkreten Auswirkungen wird das geplante Dienstleistungsabkommen TiSA auf den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reak- torsicherheit haben? Auswirkungen auf den Geschäftsbereich des Bundes- ministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reak- torsicherheit durch das geplante plurilaterale Dienstleis- tungsabkommen Trade in Services Agreement, TiSA, lassen sich noch nicht abschätzen. Die Verhandlungen, die die EU-Kommission führt, werden noch einige Zeit dauern. Möglichen Marktöffnungsverpflichtungen im Be- reich der Daseinsvorsorge steht Deutschland ablehnend gegenüber. 4084 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 (A) (C) (D)(B) Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Florian Pronold auf die Fragen des Abgeordneten Dr. André Hahn (DIE LINKE) (Drucksache 18/1920, Fragen 47 und 48): Was hat der Bund seit dem Hochwasser im Jahr 2002 für den Schutz des Oberen Elbtals vor Hochwasser getan, und in- wieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung der sächsi- schen Landesregierung, dass ein angemessener Hochwasser- schutz im Oberen Elbtal nicht möglich ist, also die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinden von Schmilka bis Pirna/Heidenau auch künftig extremem Hochwasser schutzlos ausgeliefert sind (siehe „Trübe Aussichten fürs Obere Elbtal“ in Sächsische Zeitung vom 6. Juni 2014)? Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung der sächsischen Landesregierung, dass mit einem Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechi- schen Republik zum gemeinsamen Schutz der Elbe vor Hoch- wasser erst in 30 Jahren zu rechnen sei (siehe „Trübe Aussich- ten fürs Obere Elbtal“ in Sächsische Zeitung vom 6. Juni 2014), und welche Ergebnisse kann die Bundesregierung, un- ter anderem durch ihre Mitwirkung in der Internationalen Kommission zum Schutz der Elbe, vorweisen, um gemeinsam mit der Tschechischen Republik einen wirksameren Schutz der Anrainer vor Hochwasser im Einzugsbereich der Elbe im Freistaat Sachsen zu erzielen? Zu Frage 47: Die Hochwasservorsorge in Deutschland fällt in die Vollzugs- und Finanzierungskompetenz der Bundeslän- der. Insofern ist der Freistaat Sachsen für das Hochwas- serrisikomanagement im Oberen Elbtal zuständig. Der Bund stellt über die Gemeinschaftsaufgabe „Ver- besserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“, GAK, Mittel zur Verbesserung des Hochwasserschutzes nach den Grundsätzen des GAK-Rahmenplans für die Förderung wasserwirtschaftlicher Maßnahmen als Bei- trag zur nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums unter Berücksichtigung der Ziele der EG-Wasserrah- menrichtlinie und der EG-Hochwasserrisikomanage- ment-Richtlinie zu Verfügung. Über die zu fördernden Maßnahmen und den Einsatz der Mittel entscheiden die Länder in Durchführung des GAK-Rahmenplans grund- sätzlich in eigener Verantwortung. Die öffentlichen Aus- gaben für Hochwasserschutzmaßnahmen (GAK Bund und Länder, EU-Mittel) betrugen in den Jahren 2002 bis 2012 knapp 2,1 Milliarden Euro. Zu Frage 48: Die Bundesrepublik Deutschland und die Tschechi- sche Republik arbeiten seit über zwei Jahrzehnten im Rahmen der Internationalen Kommission zum Schutz der Elbe, IKSE, zusammen. Sie haben 2003 einen ge- meinsamen Aktionsplan Hochwasserschutz erarbeitet. Dessen Umsetzung ist im Abschlussbericht, der 2012 veröffentlicht wurde, dargelegt (http://www.ikse-mkol. org/fileadmin/download/AP-HWS/Abschlussbericht/IKSE _Abschlussbericht_APProzent20HWS_2003-2011.pdf). Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit hat sich in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt, zum Bei- spiel bei der Hochwasservorhersage. Derzeit setzen beide Staaten zusammen mit Öster- reich und Polen die europäische Hochwasserrisikoma- nagement-Richtlinie (Richtlinie 2007/60/EG) im Ein- zugsgebiet der Elbe um. Ziel der Richtlinie ist es, bis Ende 2015 grenzübergreifend abgestimmte Hochwasser- risikomanagementpläne für alle Flusseinzugsgebiete in- nerhalb der Europäischen Union zu erarbeiten. Die IKSE hat in diesem Zusammenhang zum Beispiel ein gemeinsames, interaktives Informationsportal mit den Hochwassergefahren- und -risikokarten erarbeitet und öf- fentlich zugänglich gemacht (http://geoportal.bafg.de/ mapapps/resources/apps/IKSE_DE/index.html?lang=de). Aktuell wird der internationale Teil des Hochwasser- managementplans erstellt, der im Entwurf bis Ende die- ses Jahres vorliegen soll. Im Hochwasserrisikomanage- mentplan werden alle bedeutenden gemeinsamen und einzelstaatlichen Maßnahmen des Hochwasserrisikoma- nagements in der internationalen Flussgebietseinheit ab- gestimmt und dargestellt. Sollten sich aus diesem Plan Maßnahmen ergeben, die nur durch einen Staatsvertrag umsetzbar wären, dann könnte ein solcher durch die Bundesregierung angeregt und verhandelt werden. Die zeitlichen Abläufe der Prü- fungen und Abstimmungen hängen insbesondere von den inhaltlichen Themen eines solchen Vertrages ab. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage des Abgeordneten Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/1920, Frage 49): Welche konkreten Auswirkungen wird das geplante Dienstleistungsabkommen TiSA auf den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung haben? Auswirkungen auf den Geschäftsbereich des Bundes- ministeriums für Bildung und Forschung, BMBF, durch das geplante plurilaterale Dienstleistungsabkommen Trade in Services Agreement, TiSA, lassen sich noch nicht abschätzen. Die Verhandlungen, die die EU-Kom- mission führt, werden noch einige Zeit dauern. Die Bun- desregierung strebt an, keine Verpflichtungen im Be- reich Bildung und Forschung zu übernehmen, die über die bisherigen Verpflichtungen aus dem GATS-Abkom- men, General Agreement on Trade in Services, hinaus- gehen. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die Frage des Abgeordneten Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/1920, Frage 50): Welche konkreten Auswirkungen wird das geplante Dienstleistungsabkommen TiSA auf den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung haben? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 4085 (A) (C) (D)(B) Im Rahmen der Geschäftsverteilung der Bundesregie- rung ist das BMWi federführend für die World Trade Organization, WTO, zuständig und damit auch für das Trade in Service Agreement, TiSA, das seit März 2013 auf Initiative der USA und Australiens und weiteren 21 WTO-Mitgliedstaaten sowie der Europäischen Kom- mission, EU-KOM, verhandelt wird. Die Europäische Kommission verhandelt im Namen der EU-Mitgliedstaa- ten, wofür sie am 15. Februar 2103 durch den Rat der EU ermächtigt wurde. Die Verhandlungen befinden sich in einem sehr frü- hen Stadium. Ein besonderes Interesse der Entwick- lungsländer an den Verhandlungen ist derzeit nicht vorhanden. Bisher sind weder die meisten großen Schwellenländer – außer Mexiko – noch die meisten Entwicklungsländer an den Verhandlungen beteiligt, so- dass für das BMZ derzeit kein Handlungsbedarf besteht. Ziel der Verhandlungen ist die Verbesserung des Marktzugangs im Dienstleistungssektor, aber auch das Setzen von Impulsen für die stockende Doha-Runde in diesem Bereich und die geplante spätere Multilateralisie- rung des Abkommens – das heißt Ausdehnung auf alle WTO-Mitgliedstaaten. Bisher gab es sieben Verhandlungsrunden, in denen vor allem regulatorische Fragen und zahlreiche techni- sche Einzelaspekte diskutiert wurden. Konkrete Ergeb- nisse werden einen langen Atem benötigen. Die EU- KOM berichtet regelmäßig im Handelspolitischen Aus- schuss Dienstleistungen und Investitionen über den Fort- gang der Verhandlungen. Das BMZ ist seinem Geschäftsbereich entsprechend in die TiSA-Verhandlungen eingebunden. Eine Beteili- gung erfolgt über die Ressortabstimmungen und regel- mäßigen Informationsveranstaltungen des BMWi. Dabei setzt sich das BMZ insbesondere für die Stärkung der Belange der Entwicklungsländer ein, um Wertschöpfung und Diversifizierung in den Partnerländern zu fördern. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Klaus-Dieter Fritsche auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 18/1920, Frage 53): Wie hat die Bundesregierung sichergestellt, dass die durch den BND an die US-amerikanische NSA weitergegebenen Rohdaten, die Medienberichten zufolge an einem Internetkno- tenpunkt abgefangen wurden (Tagesschau, 25. Juni 2014), keine Daten deutscher Staatsbürger beinhalteten – bitte hierfür auch mitteilen, an welchen Internetknoten oder Auslandsköp- fen die Daten abgefangen wurden –, und weshalb wurde dem Fragesteller diese nun bekannt gewordene Weitergabe trotz expliziter Nachfrage in öffentlichen und geheimen Teilen frü- herer Anfragen ausdrücklich verschwiegen – hierzu exempla- risch Bundestagsdrucksache 17/14714? Der Bundesnachrichtendienst handelt im Rahmen seiner durch das BND-Gesetz und das G-10-Gesetz vorgegebenen rechtlichen Befugnisse. Den Beschrän- kungsmaßnahmen – also der Ausleitung von Telekom- munikationsverkehren – auf Antrag des BND nach dem G-10-Gesetz liegen jeweils die vorherige Zustimmung der G-10-Kommission des Deutschen Bundestages so- wie eine vorherige Anordnung des BMI zugrunde. Das G-10-Gesetz sieht enge tatbestandliche Voraussetzungen für die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen vor. Gemäß § 2 G 10 in Verbindung mit § 27 TKÜV hat der verpflichtete Provider – Telekommunikationsunterneh- men, Internetanbieter oder Netzdienstleister – dem BND eine Kopie der auf dem angeordneten Übertragungsweg übermittelten Telekommunikationsverkehre zur Verfügung zu stellen. Der Schutz der Kommunikation von Grund- rechtsträgern wird seitens des BND durch ein mehrstufi- ges Filterverfahren sichergestellt. Der Schutz wird durch vielfältige Mechanismen sichergestellt, von denen der technische Ausschluss von zum Beispiel E-Mail-Adres- sen und Top-Level-Domains mit .de-Endung ein Teil ist. Andere Teile beruhen auf technischen Maßnahmen zur Ausfilterung von Verkehren deutscher IP-Adressen oder auch linguistischer Prüfkriterien. Zur Erfüllung seines gesetzlichen Auftrages arbeitet der BND auch mit ausländischen Partnern wie der NSA zusammen. Die Erhebung von Daten durch den BND er- folgt jeweils auf der Grundlage (von § 1 Absatz 2) des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst (§ 2 Ab- satz 1 Nummer 4, § 3 BNDG) sowie (§§ 3, 5 und 8) des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fern- meldegeheimnisses (G 10). Der BND gibt und gab erho- bene Daten nur im Rahmen der gesetzlichen Regelungen weiter. Die Übermittlung durch den BND an ausländi- sche Stellen erfolgt auf der Grundlage von § 1 Absatz 2 BNDG, § 9 Absatz 2 BNDG in Verbindung mit § 19 Ab- satz 3 BVerfSchG sowie § 7 a G 10. Im Übrigen ist die Unterstellung falsch, dass „trotz expliziter Nachfrage im öffentlichen und geheimen Teil früherer Anfragen ausdrücklich“ die Weitergabe von Da- ten „verschwiegen“ wurde. Ich darf hierzu auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der SPD-Fraktion zu den Ab- hörprogrammen der USA auf Bundestagsdrucksache 17/14560, insbesondere auf die Antwort auf Frage 43 hinweisen. Die damals hinterlegte, geheim eingestufte Antwort zu Frage 43 habe ich erneut an die Geheim- schutzstelle des Deutschen Bundestages übermittelt. Stellung genommen hat die Bundesregierung eben- falls in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Bundestags- drucksache 17/14739. Hier möchte ich insbesondere auf die Antwort auf Frage 14 hinweisen. Die Datenweiter- gabe betrifft inhaltlich insbesondere die Themenfelder Internationaler Terrorismus, Organisierte Kriminalität, Proliferation sowie die Unterstützung der Bundeswehr in Auslandseinsätzen. Sie dient der Aufklärung von Kri- sengebieten oder Ländern, in denen deutsche Sicher- heitsinteressen berührt sind. Die weitere Beantwortung der Frage kann aus Staats- wohlgründen nicht erfolgen. Nach sorgfältiger Abwä- gung zwischen dem aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 2 Satz 2 des Grundge- setzes, GG, resultierenden Informationsrecht des Deut- schen Bundestages einerseits und den hier vorliegenden 4086 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 (A) (C) (D)(B) Geheimhaltungsinteressen andererseits ist die Bundesre- gierung zu der Auffassung gelangt, dass eine Beantwor- tung aus Gründen des Staatswohls nicht erfolgen kann. Dasselbe hat bereits auch für die nun in Bezug ge- nommene Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke vom 6. September 2013 (Drucksache 17/14714) gegolten. Auch hierzu hat die Bundesregierung erklärt, dass aus Gründen des Staatswohls keine Antwort gegeben wer- den kann. An dieser Haltung hat sich keine Änderung er- geben. Anlage 39 Antwort der Staatsministerin Monika Grütters auf die Frage der Abgeordneten Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 18/1920, Frage 54): Welche konkreten Auswirkungen wird das geplante Dienstleistungsabkommen TiSA auf den Geschäftsbereich der Staatsministerin für Kultur und Medien haben? Die Europäische Kommission wurde Anfang 2013 vom Rat ermächtigt, Verhandlungen über ein plurilatera- les Dienstleistungsabkommen, TiSA, zu führen. Die Ver- handlungen sind noch nicht abgeschlossen. In Bezug auf audiovisuelle Dienstleistungen will die Europäische Union, EU, wie bei GATS keine Verpflichtungen über- nehmen, im Hinblick auf die Kultur sollen aus Sicht der Bundesregierung keine zusätzlichen Verpflichtungen für Deutschland bzw. für die EU vereinbart werden, die über die bestehenden WTO/GATS-Verpflichtungen hinausge- hen. Konkrete Auswirkungen für den Bereich Kultur und Medien sind derzeit noch nicht absehbar. Die Bundes- regierung setzt sich dafür ein, dass das Abkommen zu keinen Änderungen der bisherigen Förder- bzw. Rege- lungsstrukturen in Deutschland führt und der Spielraum für künftige Anpassungen erhalten bleibt. Anlage 40 Antwort der Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 18/1920, Frage 55): Wird die Bundesregierung den Deutschen Bundestag im Rahmen der Informations- und Beteiligungspflichten zeitnah und schriftlich über die TTIP-Vertragsentwürfe unterrichten, die ihr laut Europäischer Kommission in dem unmittelbar vor der Einrichtung stehenden „Leseraum“ zugänglich gemacht werden, und wenn nein, auf welcher rechtlichen Grundlage bewegt sie sich bei der Nichtweitergabe der Informationen? Die Europäische Kommission hat seit kurzem einen Leseraum in Brüssel eröffnet, in dem die Mitgliedstaaten konsolidierte EU/US-Verhandlungstexte einsehen und sich hierzu Notizen machen können. Ein entsprechender Leseraum soll für das Europäische Parlament eingerich- tet werden. Ob ein Leseraum in den europäischen Haupt- städten eingerichtet wird, ist bislang offen. Ausgelegt wurden Texte in den Bereichen technische Handelshemmnisse, Wettbewerb, Streitschlichtung Staat-Staat, Marktzugang von Waren und öffentliche Be- schaffung. Die EU-Texte basieren auf Vorschlägen der Europäischen Union, die den Mitgliedstaaten bereits zu- vor übermittelt wurden und auch an den Deutschen Bun- destag übersandt wurden. Erstmals können in den konso- lidierten Texten auch US-Textvorschläge eingesehen werden. Die Bundesregierung wird ihren Kenntnisstand über die im Leseraum einsehbaren Verhandlungsdokumente soweit möglich in ihre schriftlichen und mündlichen Un- terrichtungen an den Bundestag einfließen lassen. Die Bundesregierung setzt sich darüber hinaus gemeinsam mit einer Vielzahl anderer Mitgliedstaaten nachdrücklich für Verbesserungen und insbesondere eine Übermittlung konsolidierter EU/US-Texte an die Mitgliedstaaten ein. Anlage 41 Antwort der Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Fragen des Abgeordneten Klaus Ernst (DIE LINKE) (Drucksache 18/1920, Fragen 56 und 57): Wird das Transatlantische Handels- und Investitionsab- kommen mit den USA, TTIP, nach Kenntnis der Bundes- regierung eine völkerrechtsvertragliche Kündigungsklausel enthalten, und setzt sich die Bundesregierung für eine solche Kündigungsklausel ein (bitte begründen)? Seit bzw. ab wann sind nach Kenntnis der Bundesregie- rung welchem Personenkreis aus den Mitgliedstaaten der Eu- ropäischen Union konsolidierte Vertragstexte des TTIP-Ab- kommens zur Einsichtnahme in einem Leseraum zugänglich? Zu Frage 56: Über Kündigungsklauseln wurde nach dem Kenntnis- stand der Bundesregierung in den Verhandlungen bis- lang nicht diskutiert. Die Handelsabkommen der EU mit Drittstaaten enthalten in der Regel Kündigungsklauseln. Die Bundesregierung geht deshalb davon aus, dass auch ein Abkommen mit den USA eine Kündigungsklausel enthalten wird. Zu Frage 57: Die Europäische Kommission hat seit dem 16. Juni 2014 einen Leseraum in Brüssel für die Einsichtnahme der Mitgliedstaaten in konsolidierte Verhandlungstexte eröffnet. Der Leseraum kann von Vertretern der Regie- rungen der Mitgliedstaaten nach Anmeldung genutzt werden. Anlage 42 Antwort der Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage des Abgeordneten Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 18/1920, Frage 60): Wie bewertet die Bundesregierung, dass an den Verhand- lungen zum geplanten Dienstleistungsabkommen TiSA kein einziger Staat aus der Gruppe der AKP-Staaten (AKP: Länder Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Juli 2014 4087 (A) (C) (D)(B) Afrikas, der Karibik und des Pazifiks) beteiligt ist, und welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung für den Fall, dass ein umfassendes Dienstleistungsabkommen ohne die Einbeziehung der AKP-Staaten zwischen den beteiligten 22 Staaten und der EU geschlossen wird, für die Entwick- lungschancen dieser Länder? Die Bundesregierung bedauert, dass AKP-Staaten sich an den TiSA-Verhandlungen bislang nicht beteili- gen. Der Abschluss des Abkommens dürfte positive Auswirkungen auf die AKP-Staaten haben, weil die Um- setzung von Marktöffnungsverpflichtungen im Dienst- leistungsbereich häufig so umgesetzt werden, dass alle Drittstaaten davon profitieren. Ziel der EU und der Bun- desregierung ist im Übrigen, die Ergebnisse der TiSA- Verhandlungen später möglichst zu multilateralisieren. Anlage 43 Antwort der Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage des Abgeordneten Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/1920, Frage 61): Welche konkreten Auswirkungen hat bzw. wird das ge- plante Dienstleistungsabkommen TiSA auf den Geschäfts- bereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie haben? Die Verhandlungen zum plurilateralen Dienstleis- tungsabkommen TiSA werden gemäß ihrer Zuständig- keit für die Gemeinsame Handelspolitik von der Euro- päischen Kommission geführt. Die Verhandlungen befinden sich noch in einem frühen Stadium. Auswir- kungen auf den Geschäftsbereich des Bundesministe- riums für Wirtschaft und Energie durch das geplante plu- rilaterale Dienstleistungsabkommen lassen sich noch nicht abschätzen. Innerhalb der Bundesregierung ist das Bundesminis- terium für Wirtschaft und Energie federführend für das angestrebte plurilaterale Dienstleistungsabkommen TiSA, Trade in Services Agreement, zuständig. Neben der Be- antwortung zahlreicher schriftlicher und mündlicher Fra- gen zum Abkommen legt das Ministerium die Position der Bundesregierung in Abstimmung mit anderen Res- sorts und den Ländern sowie unter Berücksichtigung von Positionsbestimmungen von Nichtregierungsorganisa- tionen, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden fest. Von möglichen Marktöffnungen der Verhandlungs- partner in verschiedenen Dienstleistungssektoren wür- den die in vielen Branchen sehr wettbewerbsfähigen deutschen Anbieter profitieren. Wie bei anderen Han- delsabkommen auch, berücksichtigt die Bundesregie- rung aber auch die defensiven Interessen in sensiblen Bereichen wie zum Beispiel in der Daseinsvorsorge und der Kultur in enger Abstimmung mit den betroffenen Ressorts, Ländern und Interessengruppen. Anlage 44 Antwort der Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage des Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/1920, Frage 62): Welche Position vertritt die Bundesregierung in Hinblick auf die öffentlich gewordene (siehe https://wikileaks.org/tisa- financial/WikiLeaks-secret-tisa-financial-annex.pdf) streitige Auseinandersetzung zwischen der Europäischen Kommission und Vertreterinnen und Vertretern der USA bei der Frage der Geltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen im Hinblick auf den Anwendungsbereich des TiSA-Abkommens? Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, dass durch das TiSA-Abkommen die in Deutschland und der EU geltenden Datenschutzvorschriften nicht beeinträch- tigt werden dürfen. 45. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Befragung der Bundesregierung TOP 2 Fragestunde ZP 8 Genehmigung zum Vollzug eines gerichtlichen Durchsuchungsbeschlusses ZP 1 Bedrohung der regionalen Stabilität durch ISIS ZP 2 Aktuelle Stunde zur Beschaffung von Drohnen TOP 3 Einsetzung eines Untersuchungsausschusses Anlagen
Gesamtes Protokol
Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804500000

Schönen guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Guten Tag, liebe Gäste! Guten Tag, liebe Regierung! Die
Sitzung ist eröffnet.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich
eine amtliche Mitteilung machen. Interfraktionell ist ver-
einbart worden, die Unterrichtung der Bundesregierung
zur Gegenäußerung der Bundesregierung auf Drucksa-
che 18/1966 zu dem bereits überwiesenen Entwurf eines
Achten Gesetzes zur Änderung des Weingesetzes an den
federführenden Ausschuss für Ernährung und Landwirt-
schaft zu überweisen.

Des Weiteren soll der Entwurf eines Gesetzes zur
Stärkung der Tarifautonomie auf Drucksache 18/1558
dem Ausschuss für Wirtschaft und Energie sowie der
Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Bekämpfung
von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr auf den
Drucksachen 18/1309 und 18/1576 dem Ausschuss für
Ernährung und Landwirtschaft sowie dem Ausschuss für
Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zur
Mitberatung überwiesen werden.

Sind Sie mit diesen Vorschlägen einverstanden? – Ich
höre und sehe keinen Widerspruch. Dann ist das so be-
schlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:

Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-

binettssitzung mitgeteilt: Entwurf eines Gesetzes zu
dem Vertrag vom 14. April 2014 zwischen der Bun-
desrepublik Deutschland und der Weltgemeinschaft
Reformierter Kirchen.

Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundes-
minister des Innern, Dr. Günter Krings. – Herr Krings,
Sie haben das Wort.

D
Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1804500100


Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehr-
ten Damen und Herren! Ich freue mich, dass das Bun-
deskabinett heute den vom Bundesminister des Innern
vorgelegten Gesetzentwurf zu dem Vertrag vom 14. April
2014 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der
Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen beschlossen
hat. Mit dem Vertrag wird der Weltgemeinschaft Refor-
mierter Kirchen, einer internationalen Dachorganisation
von derzeit 229 nationalen Kirchen in 108 Staaten mit
rund 80 Millionen Gläubigen weltweit, die Umsiedlung
von ihrem bisherigen Sitz in Genf in der Schweiz nach
Hannover und ihre künftige Arbeit in Deutschland er-
leichtert.

Allein in Deutschland zählen zu den Mitgliedern die-
ser Weltgemeinschaft die Evangelisch-reformierte Kir-
che mit Sitz in Leer, Ostfriesland, die Lippische Landes-
kirche mit Sitz in Detmold, die Evangelisch-
altreformierte Kirche in Niedersachsen mit Sitz in der
Grafschaft Bentheim sowie der Reformierte Bund mit
Sitz in Hannover. Der Reformierte Bund wiederum ver-
tritt eine Vielzahl von einzelnen unierten und reformier-
ten Gemeinden, vor allem die unierten Landeskirchen
der EKD in Deutschland.

Zu den Aufgaben des internationalen Dachverbandes
gehört unter anderem die Pflege des ökumenischen und
interreligiösen Dialogs, die Erörterung theologischer
Fragen sowie Missionsarbeit weltweit, bei der die wirt-
schaftliche und soziale Gerechtigkeit und die Bewah-
rung der Schöpfung im Mittelpunkt stehen. Ich möchte
noch anmerken, dass eine Vielzahl bzw. wohl die große
Mehrheit der Mitgliedskirchen und der vertretenen Gläu-
bigen eher auf der Südhalbkugel und weniger in Europa
zu finden sind.

Das Exekutivkomitee der Weltgemeinschaft Refor-
mierter Kirchen hat bereits im November 2012 entschie-
den, seinen Sitz, den es lange in Genf hatte, nach Hanno-
ver zu verlegen. Die Evangelisch-reformierte Kirche und
der Reformierte Bund in Deutschland haben sich um die-
sen Sitz beworben. Die niedersächsische Hauptstadt
liegt in unmittelbarer Nähe zur Evangelisch-reformierten
Kirche und zur Lippischen Landeskirche, beides Mit-
gliedskirchen der Weltgemeinschaft. Außerdem haben
der Reformierte Bund, die Union Evangelischer Kirchen
und die Evangelische Kirche in Deutschland, EKD, be-





Parl. Staatssekretär Dr. Günter Krings


(A) (C)



(D)(B)

reits seit längerem ihren Sitz in Hannover, sodass bereits
heute von einem Zentrum des Protestantismus in
Deutschland gesprochen werden kann. Bei dieser kon-
kreten Umsiedlungsfrage zeigte die niedersächsische
Landesregierung unter dem damaligen Ministerpräsiden-
ten David McAllister großen Einsatz.

Die Bundesregierung begrüßt daher ausdrücklich die
Ansiedlung der Weltgemeinschaft in Hannover. Die Ent-
scheidung unterstreicht das positive Verhältnis von Staat
und Kirchen in der Bundesrepublik Deutschland, das
auch international Anerkennung findet. Die Bundesre-
gierung würde es begrüßen, wenn auch andere kirchliche
internationale Organisationen in nächster Zeit ihren Sitz
nach Deutschland verlagerten. Wir würden sie genauso
willkommen heißen, wenn sie diesem Beispiel folgen
wollen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann verliert Frau Schavan ihren Job!)


– Es müssen nicht gleich alle kommen, Herr Beck. Es
können manche auch in anderen Städten bleiben. Aber
wir freuen uns über alle, die kommen.

Da es bisher noch keine allgemeine gesetzliche Rege-
lung über die Ansiedlung von Nichtregierungsorganisa-
tionen in Deutschland gibt – ein Gaststaatgesetz ist noch
nicht in Kraft –, war es erforderlich, mit der Weltge-
meinschaft Reformierter Kirchen einen Vertrag zu
schließen, der der Organisation, ihren ausländischen
Amtsträgern, Beschäftigten und Gästen bestimmte Son-
derrechte einräumt.

Die niedersächsische Landesregierung hat im Vorfeld
der Vertragsverhandlungen der Weltgemeinschaft als
Religionsgemeinschaft auf ihren Antrag hin den Status
einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gemäß Arti-
kel 140 unseres Grundgesetzes in Verbindung mit Arti-
kel 137 Absatz 5 Satz 2 der Weimarer Reichsverfassung
verliehen. Besondere Privilegien, die normalerweise mit
diesem Status verbunden sind, zum Beispiel Steuern von
ihren Mitgliedern zu erheben, können von der Weltge-
meinschaft als internationaler Dachorganisation prak-
tisch nicht genutzt werden.

Daher waren bestimmte Erleichterungen für die Nie-
derlassung der Weltgemeinschaft und ihre ausländischen
Beschäftigten und eingeladenen Gäste zwingend im Ver-
trag mit der Bundesrepublik zu regeln. Dazu gehören die
kostenlose und zügige Erteilung von Visa für die auslän-
dischen Beschäftigten und Gäste der Weltgemeinschaft,
die Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels
für die ausländischen Beschäftigten und ihre unmittelba-
ren Angehörigen, der Zugang der unmittelbaren Ange-
hörigen zum deutschen Arbeitsmarkt, die von Zöllen
und Steuern freie Einfuhr von Möbeln und persönlicher
Habe der Beschäftigten, die Erteilung von Sonderaus-
weisen durch das Auswärtige Amt und der Zugang zur
gesetzlichen Krankenversicherung.

Der Vertrag, der sich damit auf Gegenstände bezieht,
deren Regelung dem Gesetzgeber vorbehalten ist, zum
Beispiel beim Aufenthaltsgesetz und beim Fünften Buch
Sozialgesetzbuch, bedarf für sein Inkrafttreten noch der
Zustimmung des Deutschen Bundestages in Form eines
Gesetzes, eines Vertragsgesetzes. Ich hoffe, dass alle
Fraktionen des Bundestages diesen Vertrag nun wohl-
wollend prüfen und er zügig ratifiziert werden kann.

Vielen Dank.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804500200

Vielen Dank, Herr Dr. Krings. – Ich bitte, zunächst

Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, über den so-
eben berichtet wurde. – Volker Beck hat das Wort für
Bündnis 90/Die Grünen.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804500300

Man sieht an der regen Beteiligung des Plenums, dass

es sich um kein strittiges Projekt der Bundesregierung
handelt. Man muss sich manchmal fragen, ob die Befra-
gung der Bundesregierung nicht eher für die kontrover-
sen Themen in diesem Hause genutzt werden sollte, in
dem Sinne, dass die Bundesregierung uns von ihrer Poli-
tik überzeugt, wenn wir das noch nicht sein sollten.

Ich habe trotzdem zwei Fragen zu dem Vertragsge-
setz. Im Vorfeld dieser Entscheidung hat der Staatsmi-
nister von Klaeden – er ist uns abhandengekommen und
ist jetzt in der Wirtschaft tätig – Unterstützung der Welt-
gemeinschaft Reformierter Kirchen für den Umzug von
Genf nach Hannover zugesichert. Ich möchte wissen,
welche Unterstützungsmaßnahmen, die jetzt nicht im
Vertrag kodifiziert sind, die Bundesregierung mit der
Weltgemeinschaft erörtert hat und was daraus geworden
ist.

Ein Satz in der Begründung des Vertragstextes hat
mich etwas irritiert. Es wird davon gesprochen, dass der
Vertrag keine Präzedenzwirkung für andere Nichtregie-
rungsorganisationen entfaltet. Es gibt, wie Sie wissen,
eine Diskussion über die Ansiedlung von internationalen
Nichtregierungsorganisationen in der Bundesstadt Bonn.
Das ist Ziel der Bundesregierung und des Bundestages.
Ich verstehe nicht, warum man in einem möglichen Ge-
setz ausschließt, für internationale Organisationen ähnli-
che Regelungen anzubieten, damit die Bundesstadt Bonn
neben Standort für internationale Organisationen der
Vereinten Nationen auch Standort für Organisationen der
Zivilgesellschaft sein kann.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804500400

Herr Dr. Krings.

D
Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1804500500


Ich beantworte die beiden Fragen gerne. – Wir alle
würden uns freuen, wenn sich aufgrund der Tatsache,
dass dort schon Einrichtungen vorhanden sind, in Bonn
– nicht nur dort, aber gerade auch dort – weitere Nicht-
regierungsorganisationen ansiedeln würden – egal, ob
kirchlich oder nicht kirchlich; beides ist willkommen.

Unter dem Stichwort „Präzedenzwirkung“ haben wir
deutlich darauf hingewiesen, dass die Schließung eines
Vertrages in einer solchen Form zwischen der Weltge-
meinschaft Reformierter Kirchen einerseits und der Bun-





Parl. Staatssekretär Dr. Günter Krings


(A) (C)



(D)(B)

desrepublik andererseits an die Voraussetzung geknüpft
war, dass die Weltgemeinschaft vorher durch das Land
Niedersachsen den Status einer Körperschaft des öffent-
lichen Rechts verliehen bekommen hat. Nur so konnte
man einen Vertrag abschließen, der zwar kein völker-
rechtlicher Vertrag ist, aber ein Vertrag sui generis, der
Teilelemente enthält, die sonst in völkerrechtlichen Ver-
trägen zu finden sind.

Beispielsweise habe ich mich dafür eingesetzt – wir
haben es auch so gemacht –, den Vertrag, anders als in
solchen Fällen sonst üblich, als Geste gegenüber der
Weltgemeinschaft in zwei Sprachen, Deutsch und Eng-
lisch, verbindlich vorzulegen; denn die Verhandlungs-
partner sprechen vorwiegend Englisch und sollen den
Vertrag in dieser Sprache erhalten. Auch dafür gab es
keinen Präzedenzfall. Insofern ist es ein besonderes
Konstrukt, das aber an den Status einer Körperschaft des
öffentlichen Rechts anknüpft. Dieser Körperschaftssta-
tus basiert auf der übergeleiteten Vorschrift aus der Wei-
marer Reichsverfassung; ihn bekommen eben nur Reli-
gionsgemeinschaften. Insoweit sprechen wir von einer
fehlenden Präzedenzwirkung.

Ich habe eben das Stichwort „Gaststaatgesetz“ ge-
nannt. Es ist natürlich denkbar, ein allgemeines Gesetz
für Organisationen zu schaffen, also nicht die Form eines
Vertragsgesetzes zu wählen. Da ist der Entscheidungs-
prozess noch nicht abgeschlossen; es wäre – ohne da
jetzt mehr sagen zu wollen – jedenfalls denkbar.

Bei der anderen Frage ging es um Vergünstigungen
und Privilegien. Die gewährten Vergünstigungen und
Privilegien finden sich im Vertrag: die Möglichkeit einer
einfachen Einreise und des Beitritts zu den gesetzlichen
Krankenversicherungen. Das sind die wesentlichen
Dinge, um die es ging.

Es gab weiterhin die Frage, ob man den Bediensteten
nicht auch eine umfassende Einkommensteuerfreiheit
gewähren sollte. Das ist nicht üblich, und wir haben sie
auch nicht eingeräumt. Insofern gibt es außerhalb der im
Vertrag aufgeführten Vergünstigungen keine weiteren
Bevorzugungen und Privilegien.

In der Praxis gab es natürlich schon vorher Hilfen; be-
stimmte Dinge wie eine vereinfachte Einreise konnten
bereits vor Inkrafttreten des Vertrages in Teilbereichen
geregelt werden. Natürlich wird auf der Arbeitsebene
versucht, alles, was unterhalb der Schwelle einer gesetz-
lichen Änderung möglich ist, auch möglich zu machen.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804500600

Vielen Dank, Herr Dr. Krings. Sie haben jetzt ein

bisschen länger antworten können, weil Volker Beck
länger gefragt hat. Das ist doch eine ganz pazifistische
Waffengleichheit.

Gibt es weitere Fragen zum Themenbereich, über den
Dr. Krings berichtet hat? – Da sehe ich keine weiteren
Fragen. Gibt es Fragen zu anderen Themen der heutigen
Kabinettssitzung? – Gut, wiederum Volker Beck.

Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804500700

Ich habe keine Frage zur heutigen Kabinettssitzung,

sondern zum Kabinett und zur Politik der Bundesregie-
rung im Allgemeinen; auch das ist in der Geschäftsord-
nung vorgesehen. Dazu frage ich das Bundeskanzleramt.

Ich möchte gerne wissen, an welchen Entscheidungen
über Rüstungsexporte der ehemalige Bundesminister
Niebel bezogen auf die Firma Rheinmetall beteiligt war.
Falls Sie das heute nicht beantworten können, wäre ich
– es unterliegt nicht mehr der Geheimhaltungsbedürftig-
keit, weil es zwangsläufig die letzte Legislaturperiode
betrifft – für eine schriftliche Nachunterrichtung dank-
bar.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804500800

Das Wort hat das Bundeskanzleramt.

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1804500900


Sehr geehrter Herr Kollege, das Bundeskanzleramt
war in Niebels Entscheidung nicht eingebunden. Sofern
sich Bundesminister an die Bundesregierung in einer
solchen Angelegenheit wenden, ist unsere Grundsatzhal-
tung immer klar: Wir erwarten sinnvollerweise, dass es
nach der Wahrnehmung eines Bundesministeramtes zu
einer Karenzzeit von mindestens einem Jahr kommt.
Wenn sie eingehalten wird, dann ist es nicht die Aufgabe
der Bundesregierung, solche Dinge entweder rechtlich
oder moralisch zu bewerten.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804501000

Ihre Rückfrage, Herr Beck.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804501100

Nach der Karenzzeit habe ich gar nicht gefragt. Ich

fände es gut, wenn die Bundesregierung endlich eine
entsprechende Regelung im Bundesministergesetz einfü-
gen würde, damit wir ein Verfahren analog zu dem der
Europäischen Union hätten.

Aber das war gar nicht Gegenstand meiner Frage.
Deshalb wiederhole ich meine Frage: An welchen und
wie vielen Entscheidungen bezüglich Rheinmetall war
der ehemalige Bundesminister Niebel, Mitglied des
Bundessicherheitsrates, beteiligt? Diese Informationen
unterliegen nicht mehr der Geheimhaltung, weil die Vor-
gänge der Vergangenheit angehören und erledigt sind.
Darf ich Sie darüber informieren, dass das Bundeskanz-
leramt selbstverständlich durch die Bundeskanzlerin im
Bundessicherheitsrat vertreten ist? Früher war es durch
den Bundeskanzler im Bundessicherheitsrat vertreten.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804501200

Das Bundeskanzleramt, bitte.

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1804501300


Das ist korrekt. – Die Frage in Bezug auf die Ent-
scheidungen werde ich schriftlich beantworten. Aber wir
müssen natürlich sehr genau prüfen, was wir öffentlich
beantworten können.





Staatsminister Dr. Helge Braun


(A) (C)



(D)(B)


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nennen Sie die Zahl der Entscheidungen!)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804501400

Danke schön. – Nächste Fragestellerin ist Katja Keul,

Bündnis 90/Die Grünen.


Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804501500

Vielen Dank. – Einen Teil meiner Frage hat der Kol-

lege Beck schon vorweggenommen. Mir wäre neu gewe-
sen, wenn das Bundeskanzleramt nicht mehr im Bundes-
sicherheitsrat sitzen würde. Ich habe Sie jetzt aber so
verstanden, dass das Bundeskanzleramt nach wie vor im
Bundessicherheitsrat vertreten ist; vielleicht können Sie
das noch einmal bestätigen.

Meine andere Frage ist: Wann ist mit der Vorlage des
schon sehr lange angekündigten Gesetzentwurfs über die
Karenzzeit zu rechnen?


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804501600

Wieder das Bundeskanzleramt.

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1804501700


Das Protokoll wird es ausweisen: Ich habe hier nicht
das Gerücht in die Welt gesetzt, das Kanzleramt sei nicht
mehr im Bundessicherheitsrat vertreten. Eine weiter ge-
hende Antwort erübrigt sich also.

Zum Thema Karenzzeit kann ich Ihnen so viel sagen:
Die Bundesregierung hat keinerlei Zeitplan oder Ähnli-
ches beschlossen.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804501800

Gibt es weitere Fragen an die Bundesregierung oder

sonstige Fragen, liebe Kolleginnen und Kollegen? –
Dem ist nicht so.

Ich unterbreche die Sitzung bis zum Beginn der Fra-
gestunde um 13.35 Uhr.


(Unterbrechung von 13.17 bis 13.35 Uhr)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804501900

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich eröffne die Sit-

zung wieder.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde

Drucksache 18/1920

Die Frage 65 des Kollegen Oliver Krischer wurde
durch die Bundesregierung nachträglich dem Geschäfts-
bereich des Bundesministeriums für Umwelt, Natur-
schutz, Bau und Reaktorsicherheit zugeordnet und wird
nach Frage 45 aufgerufen.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen
Amts. Zur Beantwortung ist Frau Professor Dr. Maria
Böhmer anwesend, die ich herzlich begrüße.
Frage 1 der Abgeordneten Katrin Kunert wird schrift-
lich beantwortet. Frage 2 des Kollegen Omid Nouripour
wird ebenfalls schriftlich beantwortet.

Jetzt kommen wir zur Frage 3 des Abgeordneten
Andrej Hunko:

Welche einzelnen „Fragen zu einer möglichen Beteiligung
deutscher Standorte der US-Streitkräfte bei Einsätzen von un-
bemannten Flugzeugen“ hat die Bundesregierung an die US-

(Bundestagsdrucksache 18/1506; bitte angeben, welche deutsche Behörde das Ersuchen zu welchem Zeitpunkt übermittelte und welche es entgegennahm)

welchem Grund geht die Bundesregierung trotz der 13-mona-
tigen Nichtbeantwortung ähnlicher Fragenkataloge des Bun-
desministeriums des Innern und des Bundesministeriums der
Justiz und für Verbraucherschutz davon aus, dass tatsächlich
Antworten eingehen, bzw. auf welche Weise wird sie entspre-
chenden, auch politischen Druck ausüben?

Frau Dr. Böhmer.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1804502000


Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrter
Herr Kollege Hunko, ich beantworte Ihre Frage wie
folgt: Das Auswärtige Amt hat der Botschaft der Verei-
nigten Staaten von Amerika in Berlin im April 2014 Fra-
gen zu einer möglichen Beteiligung des US Africa Com-
mand und dessen Luftstreitkräftekommando in Ramstein
an Einsätzen unbemannter Luftfahrzeuge übermittelt.
Am 11. Juni 2014 erinnerte das Auswärtige Amt Vertre-
ter von AFRICOM an die Beantwortung der Fragen.
AFRICOM stellte die Beantwortung innerhalb weniger
Wochen in Aussicht.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804502100

Danke, Frau Böhmer. – Herr Hunko hat die Möglich-

keit, nachzufragen.


Andrej Hunko (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1804502200

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Vielen Dank, Frau

Professor Böhmer.

Ich will noch einmal erläutern, worum es geht. Es gibt
die Debatte um die Beteiligung deutscher Standorte der
US-Streitkräfte, zum Beispiel Ramstein, am US-Droh-
nenkrieg. Wir haben schon über einen längeren Zeitraum
immer wieder Fragen dazu gestellt. Die Antworten, die
wir bekommen haben, sind immer den Fragen ausgewi-
chen. So wurde gesagt, von Ramstein aus würden keine
Drohnen fliegen. Das hatte aber niemand gefragt, son-
dern die Frage ist: Inwiefern sind die Standorte Teil des
US-Drohnenkrieges? Jetzt haben Sie geantwortet, Sie
hätten die US-Seite konkret befragt. Offenbar gibt es
noch keine Antwort; die soll in den nächsten Wochen
kommen. Wir werden dann auch nachfragen. Aber viel-
leicht noch mal die Frage: Rechnen Sie mit einer konkre-
ten Antwort innerhalb der nächsten Wochen?

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1804502300


Ja.






(A) (C)



(D)(B)


Andrej Hunko (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1804502400

Das ist ja schon einmal eine erfreulich klare Antwort.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804502500

Danke. – Dann haben Sie jetzt die zweite Möglich-

keit, nachzufragen, wenn Sie mögen.


Andrej Hunko (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1804502600

Das reicht mir erst mal. Wir werden dann, wenn die

Antwort da ist, noch einmal entsprechend nachfragen. –
Vielen Dank.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804502700

Vielen herzlichen Dank, Frau Böhmer.

Die Fragen 4 und 5 der Kollegin Inge Höger und die
Frage 6 der Kollegin Sevim Dağdelen werden schriftlich
beantwortet.

Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums des Innern.

Die Frage 7 der Kollegin Sevim Dağdelen, die Frage 8
des Kollegen Volker Beck und die Frage 9 des Kollegen
Dr. Konstantin von Notz werden schriftlich beantwortet.

Wir kommen dann zur Frage 10 der Abgeordneten
Ulla Jelpke. – Sie ist nicht da. Es wird verfahren, wie in
der Geschäftsordnung vorgesehen.

Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz.
Ich begrüße Christian Lange für die Bundesregierung.

Wir kommen zur Frage 11 der Kollegin Renate
Künast:

Welche konkreten Auswirkungen wird das geplante
Dienstleistungsabkommen TiSA auf den Geschäftsbereich des
Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz ha-
ben?

C
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1804502800


Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich beantworte die
Frage gerne wie folgt: Die Verhandlungen haben erst be-
gonnen. Die Auswirkungen des sogenannten TiSA-Ab-
kommens werden nach dem vorläufigen Stand der Ver-
handlungen im Bereich des Bundesministeriums der
Justiz und für Verbraucherschutz voraussichtlich nicht
über die bestehenden Verpflichtungen aus dem General
Agreement on Trade in Services, GATS, hinausgehen.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804502900

Frau Künast.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804503000

Das hört sich ja gut an, Herr Staatssekretär; gleich-

wohl muss man sich dann fragen, wozu eigentlich ver-
handelt wird, wenn dabei am Ende keine Veränderung
herauskommt.

Es geht bei TiSA bekanntlich um Negativlisten. Die
Frage, die ich stellen möchte, ist jetzt: Welche Kriterien
muss zum Beispiel jemand im Dienstleistungsbereich er-
füllen, um seine Aufnahme in einer Negativliste tatsäch-
lich zu erreichen? Da muss ja irgendeine Regelung her-
beigeführt werden.

C
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1804503100


Zunächst einmal kann ich nicht bestätigen, dass nichts
herauskommt. Ich kann hier aber nur Ausführungen zu
dem machen, was unser Haus betrifft, und ich sagte Ih-
nen bereits, dass unser Haus nach dem derzeitigen Stand
davon nicht betroffen ist.

Zu den Zielen gehört in der Tat auch, mehr Dienstleis-
tungsfreiheit für professionelle Beratungsdienstleistun-
gen, zum Beispiel für Anwälte, herzustellen. Für
Deutschland hat aber schon das GATS – ich nannte es
bereits: das Allgemeine Übereinkommen über den Han-
del mit Dienstleistungen – im Verhältnis zu den Partner-
staaten zu Freiheit im grenzüberschreitenden Dienstleis-
tungsverkehr – etwa die Beratung auf dem Gebiet des
jeweiligen nationalen Rechts – im Rahmen der bestehen-
den Zulassungsprüfungen geführt. TiSA wird nach heu-
tigem Stand nicht darüber hinausgehen.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804503200

Frau Künast, wenn Sie mögen, haben Sie eine weitere

Möglichkeit zu einer Nachfrage.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804503300

Ja, ich habe noch eine Nachfrage, die sich auf die

Wahrung von Grundrechten und die Daseinsvorsorge be-
zieht. Beschäftigt sich das Justizministerium auch aktiv
mit der Frage, ob TiSA Auswirkungen auf Kosten, zum
Beispiel der Bedarfssicherung, der Wasserversorgung
usw., haben kann? Das alles sind ja Dienstleistungsberei-
che.

Ich gehe einmal davon aus, dass auch das Justiz- und
Verbraucherministerium ein Interesse daran hat, dass es
hier international nicht zu einem Mehr an Dienstleis-
tungsfreiheit kommt und dabei für den Endverbraucher
eine enorme Kostensteigerung entsteht. Wir haben in
Deutschland erlebt, welche Auswirkungen das haben
kann. Denken Sie nur einmal an die deutsche Einheit
und an die Verträge, die in den neuen Bundesländern ab-
geschlossen wurden, an die Art der Liberalisierung und
der Umsetzung; die Menschen haben sich später diesbe-
züglich die Haare gerauft. Das hatte durchaus auch so-
ziale Auswirkungen. Ich gehe davon aus, dass sich das
BMJV auch mit dieser Frage beschäftigt. Hier würde
mich interessieren, was Sie aktiv in diese Verhandlungen
einbringen.

C
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1804503400


Wir beteiligen uns in der Tat aktiv. Zunächst will ich
dazu aber sagen, dass sowohl der öffentliche Dienst als
auch die Justiz selbst nicht betroffen sind.

Spezielle Vorschriften des Datenschutzes und des
Verbraucherschutzes – Letzteres hatten Sie ja angespro-
chen – sind nicht im TiSA-Verhandlungspaket enthalten.
Die Bundesregierung wird sich aber trotzdem gegen jeg-
liche negativen Auswirkungen auf die Schutzbereiche
der Bürgerinnen und Bürger aussprechen, und sie tut das
bereits.






(A) (C)



(D)(B)


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804503500

Zusatzfrage von Frau Dröge, Bündnis 90/Die Grünen.


Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804503600

Vielen Dank für die Möglichkeit, eine Nachfrage zu

stellen. – Ich habe Ihre Antwort auf die Frage von Frau
Künast zu den Negativlisten nicht richtig verstanden.
Deswegen würde ich hier gerne noch einmal nachfragen.

Sowohl bei TTIP als auch bei CETA als auch bei
TiSA debattieren wir jetzt darüber, ob bei der Liberali-
sierung von Dienstleistungen mit einer Negativliste
– dann würde quasi alles, was nicht in dieser Negativ-
liste enthalten ist, liberalisiert – oder, umgekehrt, mit ei-
ner Positivliste gearbeitet wird. In dieser würden alle Be-
reiche beschrieben, die liberalisiert werden sollen; für
alle anderen Bereiche würden im Rahmen des Abkom-
mens dann erst einmal keine Regelungen getroffen.

Sie verstehen wahrscheinlich, was die unterschiedli-
chen Auswirkungen sind. Wenn zum Beispiel im Falle
einer Negativliste bestimmte Bereiche nicht erfasst wer-
den, fallen sie automatisch unter den Geltungsbereich
von TiSA.

Meine Frage ist: Welche Auffassung vertritt die Bun-
desregierung hier? Sollte es im Rahmen von TiSA eine
Negativliste geben, oder schließen Sie sich eher der Auf-
fassung von Bündnis 90/Die Grünen an, dass man, wenn
man über so etwas redet, eine Positivliste erstellen
sollte? Warum vertritt die Bundesregierung hier welche
Auffassung?


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804503700

Christian Lange, bitte.

C
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1804503800


Frau Kollegin, haben Sie bitte Verständnis dafür, dass
ich hier nur über die Dinge Auskunft geben kann, die in
den Ressortbereich des Bundesministeriums der Justiz
und für Verbraucherschutz fallen. Die Antwort auf diese
Frage obliegt nicht unserem Hause, und ich bitte Sie des-
halb, sie an das zuständige Haus zu richten.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804503900

Vielen Dank, Herr Kollege Lange.

Die Fragen 12 und 13 der Kollegin Tabea Rößner
werden schriftlich beantwortet.

Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums der Finanzen.

Die Fragen 14 und 15 der Kollegin Susanna
Karawanskij, die Fragen 16 und 17 des Kollegen
Dr. Axel Troost, die Fragen 18 und 19 der Kollegin
Veronika Bellmann, die Fragen 20 und 21 des Kollegen
Richard Pitterle und die Frage 22 der Kollegin Britta
Haßelmann werden schriftlich beantwortet.

Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Arbeit und Soziales.
Die Fragen 23 und 24 des Kollegen Johannes Selle
werden nicht beantwortet, weil der Fragesteller nicht
hier ist. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung
vorgesehen.

Die Fragen 25 und 26 der Kollegin Brigitte Pothmer,
die Fragen 27 und 28 des Kollegen Markus Kurth und
die Fragen 29 und 30 der Kollegin Sabine Zimmermann
werden schriftlich beantwortet.

Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.

Die Frage 31 der Kollegin Bärbel Höhn wird schrift-
lich beantwortet.

Nun sind wir beim Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums der Verteidigung.

Die Fragen 32 und 33 der Kollegin Agnieszka
Brugger werden schriftlich beantwortet.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Frau Ferner steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Die Abgeordnete Dr. Franziska Brantner, die die Frage 34
gestellt hat, ist aber nicht anwesend. Das heißt, es wird
keine Antwort von Frau Ferner geben. Es wird verfah-
ren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Gesundheit.

Die Fragen 35 und 36 der Kollegin Maria Klein-
Schmeink werden schriftlich beantwortet. Die Fragen 37
und 38 des Kollegen Dr. Harald Terpe werden schriftlich
beantwortet.

Wir kommen zur Frage 39 der Kollegin Kordula
Schulz-Asche. Auch diese Kollegin ist nicht da. Das
heißt, auch diese Frage wird nicht beantwortet. Es wird
verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen.

Das finde ich, ehrlich gesagt, ein bisschen komisch;
denn die Regierung bereitet sich auf die Beantwortung
der Fragen vor. Ich finde, dass die Fragesteller und Fra-
gestellerinnen anwesend sein sollten oder rechtzeitig Be-
scheid sagen sollten, dass ihre Frage schriftlich zu beant-
worten ist.

Jetzt kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur.

Frau Dorothee Bär freut sich schon auf die Beantwor-
tung der Fragen. Sie wird aber nicht antworten können,
weil auch die Kollegin Steffi Lemke, die Frage 40 ge-
stellt hat, nicht da ist und auch nicht um eine schriftliche
Beantwortung gebeten hat. Es wird verfahren, wie in der
Geschäftsordnung vorgesehen.

Genauso ist es mit der Frage 41 des Kollegen
Matthias Gastel: Auch er ist nicht anwesend. Es wird
verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. –
Frau Bär, Sie müssen also keine Fragen beantworten.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reak-
torsicherheit. Florian Pronold steht zur Beantwortung
zur Verfügung. Herzlich willkommen!





Vizepräsidentin Claudia Roth


(A) (C)



(D)(B)

Die Fragen 42 und 43 der Kollegin Sylvia Kotting-
Uhl sind schriftlich zu beantworten.

Bei der Frage 44 der Abgeordneten Dr. Julia
Verlinden gilt das Gleiche wie vorhin: Sie ist nicht da. Es
wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgese-
hen. – Das tut mir wirklich leid. Dafür möchte ich mich
bei Ihnen, Herr Pronold, entschuldigen. Sie brauchen die
Frage also nicht zu beantworten.

Wir kommen zur Frage 45 des Abgeordneten Oliver
Krischer. Genau das Gleiche: Er ist nicht da. Es wird
verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. –
Das geht wirklich nicht.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oliver Krischer muss den EEG-Änderungsentwurf der Koalition lesen! Er ist der Einzige, der wirklich entschuldigt ist!)


– Dann kann man das aber rechtzeitig mitteilen.

Wir kommen zur Frage 65 des Abgeordneten Oliver
Krischer. Genau das Gleiche: Er ist nicht da, warum
auch immer. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsord-
nung vorgesehen. – Herr Pronold, Sie brauchen keine
Antwort zu geben.

Die Frage 46 der Kollegin Britta Haßelmann sowie
die Fragen 47 und 48 des Kollegen Dr. André Hahn wer-
den schriftlich beantwortet.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Bildung und Forschung.

Die Frage 49 des Kollegen Kai Gehring wird schrift-
lich beantwortet.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung.

Die Frage 50 des Kollegen Uwe Kekeritz wird
schriftlich beantwortet.

Wir kommen zum Geschäftsbereich der Bundeskanz-
lerin und des Bundeskanzleramtes.

Klaus-Dieter Fritsche steht zur Beantwortung zur
Verfügung. Aber Hans-Christian Ströbele, der die Fra-
gen 51 und 52 gestellt hat, ist nicht anwesend. Es wird
verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen.

Die Frage 53 des Kollegen Andrej Hunko wird
schriftlich beantwortet. Auch bei der Frage 54 der Kolle-
gin Ulle Schauws ist schriftliche Beantwortung bean-
tragt worden.

Jetzt kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Wirtschaft und Energie. Kollegin
Gleicke steht zur Beantwortung zur Verfügung.

Die Frage 55 der Kollegin Bärbel Höhn wird schrift-
lich beantwortet. Auch die Fragen 56 und 57 des Kolle-
gen Klaus Ernst werden schriftlich beantwortet.

Frau Gleicke darf tatsächlich noch antworten; denn
die nächste Fragestellerin ist anwesend.

(Florian Pronold, Parl. Staatssekretär: Müssen wir als Bundesregierung applaudieren, da die Fragestellerin da ist?)


Ich rufe die Frage 58 der Kollegin Katharina Dröge
auf:

Hält die Bundesregierung eine öffentliche Debatte über
das geplante Dienstleistungsabkommen TiSA für notwendig,
und wenn ja, was hat die Bundesregierung bisher unternom-
men, um die Bundesbürgerinnen und -bürger über die Chan-
cen, Risiken und Auswirkungen dieses Abkommens zu infor-
mieren?

Bitte, Iris Gleicke.

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1804504000


Liebe Frau Kollegin Dröge, die Antwort auf Ihre
Frage lautet wie folgt: Über das geplante plurilaterale
Dienstleistungsabkommen TiSA wird eine öffentliche
Debatte geführt, die von der Bundesregierung begrüßt
wird. Die Bundesregierung hat über Ziele und Inhalte
der Verhandlungen den Bundestag, den Bundesrat, die
Länder und Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisa-
tionen sowie Wirtschaftsverbände in mehreren Informa-
tionsveranstaltungen informiert und wird dies auch wei-
terhin tun.

Darüber hinaus veranstaltet das Bundesministerium
für Wirtschaft und Energie Workshops mit Vertretern aus
Wissenschaft und Gesellschaft, um die drängendsten
Fragen zu TiSA zu diskutieren. Zuletzt gab es dazu im
April 2013 eine Veranstaltung. Zudem stellt die Bundes-
regierung ausführliche Informationen auf der Homepage
des BMWi bereit.

Auch die EU-Kommission bemüht sich um Transpa-
renz und die Berücksichtigung der Interessen der Öffent-
lichkeit. So fand im September 2013 eine groß angelegte
öffentliche Konsultation statt. Auch das ist im Internet
nachzulesen. Die Adressen gebe ich Ihnen gerne weiter.
Eine Diskussion im Rahmen der Erstellung eines Trade
Sustainability Impact Assessment hat im Mai 2014 statt-
gefunden. Ausführliche Informationen stellt die EU-
Kommission auch auf ihrer Homepage bereit.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804504100

Vielen Dank. – Eine Zusatzfrage.


Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804504200

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin, für die ausführli-

che Antwort. Ich habe aber noch Nachfragen. Zum einen
ist die Frage: Wenn das alles so transparent ist, warum
können wir dann nicht zum Beispiel das Mandat für die
TiSA-Verhandlungen der Kommission öffentlich mit-
einander diskutieren? Es wäre, glaube ich, für die Bevöl-
kerung sehr wichtig, das zu wissen. Das Gleiche haben
wir bei TTIP und CETA auch schon diskutiert.

Das Zweite ist: Wenn man die Medienberichterstat-
tung der letzten Woche verfolgt, dann sieht man, dass
zumindest die amerikanische Seite die Position vertritt,
dass nach Abschluss der TiSA-Verhandlungen die Ver-
handlungsdokumente bis zu fünf Jahre Verschlusssache
und damit geheim bleiben sollen. Wie ist das zum einen





Katharina Dröge


(A) (C)



(D)(B)

mit unseren demokratischen Rechten im Parlament ver-
einbar, aber zum anderen auch mit dem berechtigten In-
teresse der Öffentlichkeit an den Inhalten dieser Ver-
handlungen? Wie sieht die Bundesregierung das?

Das Dritte ist: Sie haben zum Beispiel zu TTIP beim
BMWi einen Beirat eingerichtet, um die Bevölkerung im
Detail einzubinden. Haben Sie so etwas auch zu TiSA
vor?


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804504300

Bitte, Frau Gleicke.

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1804504400


Ich will noch einmal darstellen, dass wir eine andere
Situation haben als bei TTIP, weil die konsolidierten
Texte an uns übersandt werden. Das ist bei TTIP anders.
Das ist, wie Sie wissen, ein großes Ärgernis. Wir drän-
gen darauf, auch dazu die konsolidierten Verhandlungs-
texte zu bekommen.

Zu TiSA haben wir diese Texte, und sie sind auch bei
EuDoX im Deutschen Bundestag eingestellt. Insofern
kommen Sie an diese Dokumente heran.

Es gibt tatsächlich einen Unterschied, was die Trans-
parenz angeht. Wir führen – ich habe es schon dargestellt –
in regelmäßigen Abständen einiges an Workshops und
Veranstaltungen durch, damit wir uns auch mit den
NGOs, den Ländern, den Gewerkschaften und anderen
über TiSA und die damit verbundenen Probleme aus-
einandersetzen können.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804504500

Vielen herzlichen Dank. – Zusatzfrage von Katharina

Dröge.


Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804504600

Noch einmal zur Klarheit: Die Dokumente sollen

nach Vertragsabschluss fünf Jahre unter Verschluss blei-
ben. In den Medien wurde vor zwei Wochen berichtet,
dass die amerikanische Seite möchte: Nachdem TiSA
abgeschlossen ist, sollen die Dokumente fünf Jahre unter
Verschluss bleiben. Würde die Bundesregierung einem
solchen Verfahren zustimmen, ja oder nein?

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1804504700


Ich sage es noch einmal: Die konsolidierten Texte lie-
gen uns vor, und wir haben sie auch an den Bundestag
übersandt. Ich weiß nicht, was dabei unter Verschluss ist.


(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Öffentlich! Nicht nur im Bundestag, sondern öffentlich!)


– Da muss ich jetzt passen. Wenn Sie an die Bereitstel-
lung der Texte für die Öffentlichkeit denken, muss ich
nachfragen. Ich bitte um Verständnis.

Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804504800

Vielen herzlichen Dank. – Dann kommen wir zur

Frage 59 der Kollegin Katharina Dröge:
Hielte die Bundesregierung es für hinnehmbar, wenn das

Dienstleistungsabkommen TiSA eine sogenannte Ratchet-
Klausel enthalten würde, die die Rekommunalisierung einmal
privatisierter Dienste rechtlich ausschließen könnte, und wie
wäre eine solche Klausel aus Sicht der Bundesregierung zu
bewerten?

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1804504900


Ratchet-Klauseln sollen nach Auffassung der Bundes-
regierung im TiSA-Abkommen nicht vorgesehen wer-
den, wenn dadurch künftige Rekommunalisierungen von
Dienstleistungen erschwert oder verhindert würden.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804505000

Frau Dröge, bitte.


Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804505100

Würde die Bundesregierung denn grundsätzlich der

Aufnahme einer Ratchet-Klausel in TiSA zustimmen
und, wenn ja, warum?

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1804505200


TiSA ist das Folgeabkommen des GATS-Abkommens
von 1995, und es betrifft eigentlich die Doha-Runde mit
160 Staaten. Nun haben sich 22 Mitglieder, darunter die
EU und Deutschland, zusammengefunden, diese Ver-
handlungen zu führen. Insofern findet das auf einer et-
was niedrigeren Ebene statt.

Bei der Ratchet-Klausel geht es darum, dass man be-
stimmte Sachverhalte, die erreicht worden sind, nicht
mehr rückgängig machen kann. Das heißt, wenn man be-
stimmte Bereiche, auf die sich das Abkommen bezieht,
zusätzlich aufnimmt, dann kann man dies nicht mehr
rückgängig machen. Das scheint mir durchaus sinnvoll
zu sein.

Wir werden aber ganz genau darauf achten, welche
Zugeständnisse wir gerade im Bereich der öffentlichen
Daseinsvorsorge machen, der eigentlich bei TiSA für
Deutschland und die EU schon im Mandat ausgeschlos-
sen ist. Deshalb muss man genau prüfen, auf welche der
einzelnen Bereiche bei TiSA sich eine solche Klausel
beziehen würde.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804505300

Frau Dröge, eine Zusatzfrage?


Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804505400

Eine Zusatzfrage hätte ich noch. – Frau Gleicke, Sie

haben gerade gesagt, dass TiSA entstanden ist, weil es
im Rahmen der Doha-Verhandlungen keine Fortschritte
gibt. Nun ist TiSA ein Klub der Happy Few. Mit einem
Anteil von 75 Prozent gilt das zwar nicht für den Bereich
des Welthandels. Aber sehr viele Länder auf der Welt,
insbesondere die armen Länder in Afrika, sind bei den
TiSA-Verhandlungen nicht dabei. Wenn man sich an-





Katharina Dröge


(A) (C)



(D)(B)

schaut, wie im Rahmen von GATS verhandelt wurde,
dann stellt man fest, dass es immer ein Geben und Neh-
men gab. Die Entwicklungsländer sollten im Bereich der
Liberalisierung von Dienstleistungen Zugeständnisse
machen. Dafür sollte es Zugeständnisse zugunsten der
Entwicklungsländer im Bereich des Agrarsektors geben.

Nun stellt sich die Frage: Warum will man nun ein
plurilaterales Abkommen wie TiSA schließen, bei dem
die Entwicklungsländer gar nicht dabei sind? So lassen
sich keine Fortschritte bei den Zugeständnissen erzielen.
Die Länder, die zusammen einen Anteil von 75 Prozent
am Welthandel haben, verhandeln gemeinsam über ein
wirkungsmächtiges Abkommen, das den anderen Staa-
ten nur die Möglichkeit lässt, beizutreten oder nicht bei-
zutreten. Ist das nicht das Gegenteil von dem, was im
Zusammenhang mit GATS gedacht war, und schließt das
nicht gerade die Entwicklungsländer aus, für die wir als
Industrienation insbesondere im Welthandel verantwort-
lich sind?

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1804505500


Wir wollen niemanden ausschließen. Während der
Verhandlungen gibt es im Übrigen nach wie vor Gesprä-
che und auch Signale – ich bitte um Verständnis, dass ich
darüber nicht genauer berichten darf –, dass weitere Län-
der den Verhandlungen beitreten. Wir befinden uns in ei-
nem relativ frühen Stadium. Insofern wird natürlich da-
rauf geachtet, dass weitere Länder hinzukommen, gerade
Schwellenländer und arme Länder, die durchaus Vorteile
durch solche Abkommen haben. Ich will darauf hinwei-
sen, dass wir auch andere Abkommen mit den betref-
fenden Ländern schließen, um auf bilateraler Ebene
Handelshemmnisse abzubauen und Möglichkeiten zu er-
öffnen.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804505600

Vielen Dank, Katharina Dröge. – Eine Zusatzfrage

von Renate Künast.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804505700

Da angesprochen wurde, wer an den Verhandlungen

teilnimmt und wer nicht, kann ich zu Ihren letzten Sät-
zen nur sagen: ein Schelm, wer Böses dabei denkt. –
Was halten Sie von der Einschätzung, dass Verhandlun-
gen wie die über TiSA nur das Ziel haben, die Doha-
Runde, die zwar Ende 2001 einen Verhandlungsrahmen
abgesteckt hat, aber bisher zu keinem Erfolg geführt und
nichts Wesentliches beschlossen hat, durch die Vielzahl
exklusiver Verhandlungen, an denen bestimmte Ent-
wicklungsländer gar nicht beteiligt sind, zu umgehen?
Warum komme ich darauf? Weil in der WTO-Runde die
nördlichen Länder bzw. die großen Industriestaaten ein
sehr großes Interesse daran hatten, ihre eigenen Agrarbe-
reiche nicht zu sehr durch Importe aus Schwellen- und
Entwicklungsländern zu belasten und einem schärferen
Wettbewerb auszusetzen. Umgekehrt wollten die Indus-
trieländer die große Freiheit zum Export von Dienstleis-
tungen rund um den Globus für sich erreichen. Daher ha-
ben sich diese Länder zusammengetan und das Ganze
gesperrt. Was halten Sie von der These, dass man das
durch all diese Verhandlungen umgeht und Fakten zum
Beispiel im Dienstleistungsbereich schafft und dass es
dann, wenn andere Staaten mitmachen wollen, heißt:
„Vogel, friss oder stirb; tretet dem bei!“? Damit hätte
man diese Staaten ausgetrickst, wenn es um die Schaf-
fung eines gerechten Welthandels geht.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804505800

Frau Gleicke, bitte.

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1804505900


Ich will sehr deutlich sagen, dass es nicht Ziel und In-
halt der TiSA-Verhandlungen ist, die öffentliche Da-
seinsvorsorge sozusagen zu privatisieren. Mir geht es
einfach darum, deutlich zu machen, dass es keinen Aus-
schluss gibt. Alle Staaten können sich an den Verhand-
lungen beteiligen. Es gibt weitere Fragen zu diesem
Thema. Wir sind sehr daran interessiert, dass gerade
Schwellenländer und arme Länder diesen Verhandlun-
gen beitreten, weil sie zum Beispiel von Marktöffnungen
profitieren würden. Dass es sich dabei immer um ein Ge-
ben und Nehmen handeln muss, ist richtig. Gleichwohl
verfahren wir hier genauso wie bei den Wirtschaftspart-
nerschaftsabkommen, die wir beispielsweise mit den
AKP-Staaten schließen. Insofern trifft uns Ihr Vorwurf
nicht. Wir sehen das Risiko. Gleichwohl versuchen wir,
andere Staaten an den Verhandlungen zu beteiligen.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804506000

Es ist nur eine Zusatzfrage möglich, Frau Künast. –

Deshalb kommen wir nun zu den nächsten Fragen.

Die Frage 60 des Abgeordneten Uwe Kekeritz, die
Frage 61 des Abgeordneten Dieter Janecek und die
Frage 62 des Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz
werden schriftlich beantwortet.

Wir kommen jetzt zur Frage 63. Ich frage die Frage-
stellerin, die leibhaftig hier ist, aber angemeldet hat, sie
wolle die Frage schriftlich beantwortet haben: Möchten
Sie die Frage schriftlich oder mündlich beantwortet ha-
ben?


Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804506100

Mündlich.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804506200

Mündlich.

Ich rufe die Frage 63 der Abgeordneten Steffi Lemke
auf:

Mit welchem Ziel haben der Bundesminister für Wirt-
schaft und Energie, Sigmar Gabriel, oder der Bundesminister
der Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble, in ihrer Rolle als
– stellvertretende – Vorsitzende des KfW-Verwaltungsrates
die Finanzierung des Kohlehafens Wiggins Islands in Austra-
lien durch die KfW-Tochter IPEX im Rahmen ihrer Verwal-
tungsratstätigkeit thematisiert, bzw. ist beabsichtigt, dies in ei-
ner der nächsten Sitzungen zu tun – bitte begründen?

Iris Gleicke, bitte.






(A) (C)



(D)(B)

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1804506300


Liebe Kollegin Lemke, auf Ihre Frage antworte ich
wie folgt: Bei der Finanzierung des Kohlehafens Wig-
gins Islands in Australien handelt es sich um ein Markt-
geschäft der KfW-Tochter IPEX aus dem Jahr 2011.
Diese Marktgeschäfte führt die IPEX in eigenem Namen
und für eigene Rechnung durch. Die Gremien der KfW-
Mutter sind daher für den Vorgang nicht zuständig.

Vor diesem Hintergrund bestand zu keiner Zeit Anlass
seitens der KfW, den Verwaltungsrat über dieses Ge-
schäft zu informieren. Eine Thematisierung im Verwal-
tungsrat hat daher nicht stattgefunden. Die Bundesregie-
rung sieht keinen Grund dafür, den Verwaltungsrat mit
einem Vorgang, der ohnehin nicht in seine Zuständigkeit
fällt, drei Jahre nach Abschluss der Finanzierungsver-
träge zu beschäftigen. Sollte der Vorgang etwa im Rah-
men der heute Nachmittag stattfindenden Verwaltungs-
ratssitzung angesprochen werden, so wird die KfW
selbstverständlich zu dem Vorgang Auskunft geben.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804506400

Vielen Dank, Iris Gleicke. – Frau Lemke.


Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804506500

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – Nun ist die öf-

fentliche Diskussion über den Bau und die Finanzierung
von Kohlehäfen rund um das Great Barrier Reef in den
letzten Monaten eine andere geworden, zum einen durch
die Einschätzung der UNESCO, zum anderen durch den
Rückzug verschiedener Banken aus solchen Finanzie-
rungsgeschäften.

Ich habe Ihre Antwort und den Hinweis auf die for-
malen Zuständigkeiten sehr wohl verstanden. Aber es
gibt auch eine politische und eine gesellschaftspolitische
Verantwortung der Bundesregierung. Sehen Sie denn an-
derweitige Möglichkeiten, auf dieses Projekt und auf po-
tenziell weitere Projekte – sprich: Finanzierung generell
von Kohlehäfen in umweltsensiblen Gebieten – Einfluss
zu nehmen?

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1804506600


Sie wissen, dass es darum geht, dazu eine Position
auch der Bundesregierung zu finden und auch Einfluss
zu nehmen. Wir haben zugesagt, dass wir dem Parlament
im Herbst dazu den Bericht geben.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804506700

Frau Lemke, eine zweite Frage?


Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804506800

Nein, das ist mir für den Moment genug. Danke.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804506900

Danke schön. – Ich rufe die Frage 64 der Abgeordne-

ten Dr. Julia Verlinden auf:
Wann wird die Bundesregierung Vorschläge zur Änderung

der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung
bergbaulicher Vorhaben – UVP-V Bergbau – vorlegen, und
sind weitere Änderungen am Bergrecht geplant?
Frau Gleicke, bitte.

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1804507000


Schönen Dank. – Liebe Frau Kollegin Verlinden, ich
antworte wie folgt: Konkrete Regelungen für Änderun-
gen der UVP-V Bergbau werden derzeit zwischen dem
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und dem
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit beraten und sollen zeitnah finalisiert
werden. Daran schließt sich die Beteiligung der Länder
und Verbände an. Nach der Sommerpause wird die Bun-
desregierung voraussichtlich den entsprechenden Ver-
ordnungsentwurf beschließen.

Als weitere bergrechtliche Änderung ist geplant, das
Bergschadensrecht einschließlich der Bergschadensver-
mutung auf Tiefbohrungen und Untergrundspeicher zu
erstrecken sowie strengere bergrechtliche Anforderun-
gen an die Fracking-Technologie festzulegen und den
Umgang mit Flowback und Lagerstättenwasser nach
dem Stand der Technik festzulegen.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804507100

Frau Verlinden.


Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804507200

Vielen herzlichen Dank, Frau Gleicke. – Ich würde

gerne nachhaken. Sie sagen, es sollten in Zukunft stren-
gere bergrechtliche Anforderungen an die Fracking-
Technologie selbst eingeführt werden. Können Sie dazu
etwas konkreter werden? Es gibt Diskussionen darüber,
ob man zum Beispiel das Fracking bei Schiefergas aus-
schließen oder verbieten soll. Wie lauten dazu Ihre kon-
kreten Vorschläge, und vor allen Dingen für welche spe-
ziellen Lagerstätten würde das gelten?

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1804507300


Wir sind jetzt noch nicht so weit, dass wir die Auswir-
kungen lagerstättenscharf darstellen können. Wir sind im
Moment in der Ressortabstimmung. Ich verstehe Ihren
Fragewunsch, aber verstehen Sie bitte, dass wir während
laufender Verhandlungen zwischen den Ressorts keine
Einzelheiten veröffentlichen.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804507400

Haben Sie einen weiteren Fragewunsch? Sie haben

noch eine Frage frei.


Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804507500

Anfang Mai – das liegt schon eine Weile zurück – gab

es einen Beschluss der Umweltministerkonferenz. Ich
weiß, dass das nicht Ihr Haus betrifft, aber vielleicht gibt
es eine Positionierung von Herrn Gabriel zu diesem Be-
schluss, der damals einvernehmlich mit allen 16 Landes-
umweltministern und Frau Hendricks getroffen wurde,
bei dem es genau darum ging, im Schiefergas Fracking
auszuschließen.

Dürfte ich vielleicht noch eine zweite Frage damit
verknüpfen, weil es die Zeit noch erlaubt?






(A) (C)



(D)(B)


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804507600

Mit Zustimmung der Frau Staatssekretärin, bitte.


Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804507700

Wenn es bei dieser Technologie darum geht, einzelne

Chemikalien auszuschließen: Wie konkret haben Sie
sich das vorgestellt? In welchen Gebieten würden von
Ihnen vielleicht unterschiedliche Anforderungen vorge-
sehen?

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1804507800


Frau Verlinden, das kann ich aus besagten Gründen
im Detail so jetzt nicht beantworten. Ich lasse Ihnen
gerne vom Ministerium schriftliche Informationen zur
Verfügung stellen.

Ob es eine Positionierung, so sage ich jetzt einmal,
des Bundesministers selbst gegeben hat, das weiß ich
jetzt nicht; es entzieht sich meiner Kenntnis.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804507900

Vielen Dank, Dr. Verlinden. – Jetzt hat Katharina

Dröge das Wort.


Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804508000

Erst einmal vielen Dank, dass auch ich eine Zusatz-

frage stellen darf. – Ich habe noch eine Frage zum Zeit-
plan. Ich habe einer Meldung von Focus Online vom
29. Juni 2014 entnommen, dass Herr Gabriel angekün-
digt hat, er werde Eckpunkte zum Thema Fracking noch
vor der Sommerpause ins Kabinett einbringen. Bald ist
ja Sommerpause; deswegen meine Frage an Sie: Wann
genau können wir mit diesen Eckpunkten rechnen?

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1804508100


Ich habe gerade gesagt: Wir sind derzeit dabei, diese
Eckpunkte mit den betroffenen Ressorts abzustimmen.
Daran schließt sich im Prinzip die Beteiligung der Län-
der und der Verbände an. Wir gehen daher davon aus,
dass wir den entsprechenden Beschluss nach der Som-
merpause im Kabinett fassen können.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804508200

Vielen herzlichen Dank. – Frage 65 des Abgeordneten

Oliver Krischer rufe ich nicht auf, da der Fragesteller
nicht im Saal ist. Es wird verfahren, wie in der Ge-
schäftsordnung vorgesehen.

Wir kommen jetzt zum Ende der Fragestunde, deut-
lich früher als eingeplant.

Ich möchte die Parlamentarischen Geschäftsführer
und Geschäftsführerinnen herzlich bitten, in ihren Frak-
tionen deutlich zu machen: Wenn Regierungsvertreter
und -vertreterinnen in die Fragestunde kommen, um Fra-
gen, die gestellt wurden, zu beantworten, dann ist es kein
angemessener Umgang, wenn die Fragesteller nicht an-
wesend sind, sofern nicht um eine schriftliche Antwort
gebeten wurde. Außerdem verkommt damit ein Stück
weit das wunderbare parlamentarische Mittel der Frage-
stunde. Ich bitte Sie daher herzlich, in Ihren Fraktionen
noch einmal deutlich darauf hinzuweisen, dass derje-
nige, der eine Frage stellt, in der Fragestunde auch im
Saal sein sollte, und zwar just in time. Herzlichen Dank!

Ich hoffe, Sie sind einverstanden, dass wir die Sitzung
jetzt bis 15.35 Uhr unterbrechen; es bleibt uns gar nichts
anderes übrig. Nach der Unterbrechung wird Zusatz-
punkt 1 der heutigen Tagesordnung aufgerufen: Verein-
barte Debatte zur „Bedrohung der regionalen Stabilität
durch das Vorgehen der ISIS-Truppen“.

Vielen Dank, liebe Kollegen und Kolleginnen, und
vielen Dank, liebe Vertreter und Vertreterinnen der Re-
gierung.

Die Sitzung ist unterbrochen.


(Unterbrechung von 14.07 bis 15.35 Uhr)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1804508300

Die Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf:

Vereinbarte Debatte

Bedrohung der regionalen Stabilität durch
das Vorgehen der ISIS-Truppen

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 38 Minuten vorgesehen. – Ich höre dazu
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat als erster
Redner Volker Kauder.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Volker Kauder (CDU):
Rede ID: ID1804508400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

gen! Seit Wochen erreichen uns dramatische Berichte
aus dem Irak. Zunächst einmal haben wir alle gedacht, es
handele sich um eine vorübergehende, vielleicht auch re-
gionale oder lokale Entwicklung. Aber sehr schnell
wurde deutlich, dass es hier um mehr geht.

Zunächst haben wir auch gedacht, es beschränke sich
darauf, dass unzufriedene Stammesfürsten und Stämme
im Irak die Regierung unter Druck setzen oder sie gar
nötigen wollen, die politische Zusammenarbeit zu verän-
dern. Dann wurde jedoch immer deutlicher, dass es um
wesentlich mehr geht, dass eine Gruppe von Leuten, die
wir in ihrer Stärke gar nicht genau ausmachen können,
zu einer bedrohlichen Destabilisierung im Irak und zu ei-
ner bedrohlichen Destabilisierung in der ganzen Region
bewusst beiträgt.

Nachdem zunächst einmal Ausgangspunkt war, dass
die Regierung in Bagdad starke Stämme, die der sunniti-
schen Richtung des Islam angehören, bei der Ausübung
von Regierungsgewalt nicht berücksichtigt und dass sie
sich über diejenigen hinweggesetzt hat, die in Regionen
im Irak Bedeutung haben, hat sich schnell herausgestellt,
dass es darum geht, ganz neue Machtstrukturen zu schaf-
fen, übrigens nicht nur Machtstrukturen zu schaffen,
sondern mit diesen Machtstrukturen auch religiösen Ein-





Volker Kauder


(A) (C)



(B)

fluss auszuüben. Dies führt zu einer erheblichen Unruhe
in der Region Irak/Syrien/Türkei.

Wenn da auf einmal ein Kalifat ausgerufen wird, wie
wir hören, trägt dies zu einer erheblichen Unruhe in der
gesamten islamischen Welt bei. Es gab gleich Wider-
spruch von denjenigen im Islam, die sich von irgend-
einem Kalifen in einer Region des Irak überhaupt nicht
bevormunden lassen wollen. Daran sieht man, welch
dramatische Entwicklung sich dort abspielt.

Die Frage wird sein: Können wir mit politischen
Möglichkeiten eingreifen? Kann es zu einem politischen
Dialog kommen? Wenn man sieht, mit welcher Brutalität
diese Gruppe vorgeht, hat man erhebliche Zweifel und
muss sich fragen, ob nicht noch andere Möglichkeiten,
Stoppschilder aufzustellen, erforderlich sind.

Wenn man hört, was sich in den betroffenen Regionen
im Irak abspielt, hat man zunächst die Hoffnung, es
könnte vielleicht doch anders gewesen sein. Aber die
Bilder, die uns jetzt erreichen, zeigen, dass dort Men-
schen abgeschlachtet werden, dass Kinder hingerichtet
werden und dass in den Regionen, in denen diese isla-
mistische Gruppe Macht und Einfluss gewonnen hat, die
Menschen gezwungen werden, nach den Regeln der
Scharia zu leben. Christinnen werden unter Drohungen
aufgefordert, sich ebenfalls zu verschleiern und die Ein-
richtungen, die von den neuen Machthabern geschaffen
werden, aufzusuchen. Kinder werden gezwungen, in die
Koranschulen zu gehen. Es ist also eine Situation, die
uns mit großer Sorge erfüllt.

Ich glaube, dass wir uns jetzt in der UNO sehr rasch
darüber einig werden müssen, wie wir reagieren. Denn
sonst führt diese Situation nicht nur zu einer Destabili-
sierung in dieser Region, sondern kann sich zu einem
mittleren Flächenbrand im Nahen Osten entwickeln. Wir
hören, dass sich jetzt der Iran einschalten will; wir hören,
dass zum Beispiel Saudi-Arabien Geld fließen lassen
will; vor allem hören wir, dass jetzt auch unter den sun-
nitischen Gruppen Streit beginnt. Es wäre eine fatale
Botschaft, wenn wir da nicht reagieren würden. Denn
dort werden nicht nur Christen bedroht, sondern die
Existenz von Tausenden von Menschen ist betroffen.
Natürlich wird es die Türkei nicht unberührt lassen,
wenn von einem selbstständigen Kurdistan gesprochen
wird.

Ich selber habe im Augenblick noch keine Vorstellung
davon, was politisch getan werden kann, und warne da-
vor, vorschnell militärische Lösungen zu suchen. Ich
muss aber auch sagen: Diejenigen, die jeden Tag bedroht
sind und unter der Situation leiden, sehen die Dinge ein
bisschen anders. Der Verzicht, auch mit Gewalt Einhalt
zu gebieten, betrifft ja nicht in erster Linie diejenigen,
die das fordern, sondern der Verzicht geht auf Kosten der
Menschen, die dort tagtäglich um ihr Leben fürchten
müssen. Wir müssen an dieser Situation im Irak deutlich
machen, dass wir es nicht hinnehmen können, dass Ter-
rorgruppen machen, was sie wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Denn dies stiftet an und steckt an. Wenn in einer Region
eine Terrorgruppe erfolgreich aktiv sein kann, dann wird
es bald in anderen Regionen andere Gruppen geben, die
das ebenfalls tun.

Deswegen sind wir alle aufgefordert, uns ernsthaft
und rasch darüber klar zu werden, wie wir zu einer Sta-
bilisierung kommen können. Ich glaube, dass das nur
geht, indem wir der Ausbreitung dieser gewaltbereiten,
menschenverachtenden Truppe rasch ein Ende setzen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1804508500

Wolfgang Gehrcke erhält als nächster Redner das

Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1804508600

Schönen Dank, Frau Präsidentin. – Ich glaube, dass

wir uns alle die Frage stellen müssen: Was ist eigentlich
in den letzten Monaten im Irak und in Syrien passiert,
dass sich ein solches Schreckensregime ausbreiten und
militärisch solche Erfolge erreichen konnte? Das Gebiet,
das von ISIS erobert worden ist, reicht von Aleppo bis
weit in den Irak; mittlerweile ist ein Drittel des Iraks be-
setzt worden. Ich habe mir die Bilder von der Militärpa-
rade zur Ausrufung des Kalifats angeschaut. Natürlich
haben solche Bilder immer einen Propagandaeffekt.
Aber bei der Parade wurden schwere Waffen vorgeführt,
Panzer, Raketen, Haubitzen. Ich habe mir natürlich die
Frage gestellt: Wie kommt diese Truppe in den Besitz
von schweren Waffen?

Ich weiß, dass der Irak unmittelbar davon bedroht ist,
auseinanderzufallen, zu zerfallen. Über die Folgen – ge-
rade wenn man die Geschichte kennt und weiß, dass die
Grenzen alle künstlich sind – müssen wir reden. Wird es
ein eigenständiges Kurdistan sein? Was wird die Türkei
machen, wenn sich so etwas formiert? Ich weiß, dass
sich ISIS besonders gegen die Kurden richtet. Welche
Auswirkungen wird das auf Syrien haben?

Mir scheint, Kolleginnen und Kollegen, dass man
sich den Zauberlehrling von Goethe noch einmal vor
Augen führen muss, auch im Westen: Ich rief die Geister
und werd sie nicht mehr los. – Wer hat diese Geister oder
Ungeister ISIS gerufen? Müssen wir uns nicht die Frage
stellen, ob es stimmt oder nicht stimmt – ich behaupte,
dass es stimmt –, dass die Türkei ISIS Unterschlupf ge-
währt hat, wir hingegen in der Türkei Patriot-Raketen
stationiert haben? Müssen wir uns nicht der Frage stel-
len, ob Geld zur Waffenbeschaffung oder Waffen direkt
aus Saudi-Arabien und Katar geliefert worden sind? Es
sind enge Verbündete, auch unseres Landes, gewesen,
die wir gefördert haben, denen wir Panzer verkauft ha-
ben oder verkaufen wollen. Wenn wir diesen Fragen aus-
weichen, weichen wir möglichen Gegenmaßnahmen erst
recht aus. Muss nicht eine Schlussfolgerung sein:
Deutschland verkauft in Konfliktregionen absolut keine
Waffen mehr?


(Beifall bei der LINKEN)


Man muss den Waffenzustrom austrocknen.

(D)






Wolfgang Gehrcke


(A) (C)



(D)(B)

Ich habe mir noch einmal die Rede von Condoleezza
Rice – seinerzeit Sicherheitsberaterin von Bush – ange-
sehen, die sie nach dem Irakkrieg hielt. Herr Kauder, ich
lese hin und wieder auch Ihre Erklärungen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Machen Sie es regelmäßig! Es ist gut!)


– Sie geben regelmäßig welche ab. Ich verspreche, dass
ich sie regelmäßig lesen werde, wenn ich sie bekom-
me. – Ich will nur eines sagen: Ich finde, die USA sind
absolut ungeeignet, diese Situation militärisch zu klären.
Andere Staaten mit anderen Einflussmöglichkeiten wä-
ren geeigneter, um über die Politik Veränderungen her-
beizuführen. Ich habe die Rede von Condoleezza Rice
gelesen. Deutschland wäre zum Beispiel geeigneter,
nicht militärisch, sondern politisch zur Lösung der Situa-
tion beizutragen, weil Deutschland in Syrien und im Irak
angesehener ist. Das will ich in aller Deutlichkeit sagen.
Das ist einfach so. Hier muss man doch nicht auswei-
chen. Condoleezza Rice sagte, sie habe im Irak die Ge-
burtswehen eines neuen Nahen Ostens gesehen. Wenn
das der neue Nahe Osten ist, dann kann man ahnen, was
uns blüht. Für mich ist das nicht der neue Nahe Osten.

Ich möchte, dass mehr auf Verständigung gesetzt
wird. Natürlich muss man Maliki anhalten, mit dem sun-
nitischen Bevölkerungsteil besser zusammenzuarbeiten.
Aber Maliki war auch der Verbündete Deutschlands. Er
war der Verbündete der EU, er war der Verbündete der
USA. Das ist alles unter ihren Augen und teilweise mit
Billigung geschehen. Ich möchte, dass umgesteuert
wird. Zum Umsteuern gehört für mich ein Bündnis der
säkularen Kräfte in der Region, ein Bündnis, das Assad
nicht ausschließt. Herr Kauder, die Konrad-Adenauer-
Stiftung schreibt plötzlich vernünftigerweise darüber.
Warum debattieren wir nicht darüber? Ohne eine Lösung
des Syrien-Konfliktes werden Sie die Probleme im Irak
nicht lösen können. Sie sind miteinander verbunden.


(Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Das haben wir schon gemacht!)


Ich möchte, dass über Verhandlungen gesprochen
wird. Ich möchte, dass Deutschland eine andere Syrien-
Politik betreibt. Ich möchte, dass wir den Flüchtlingen
wirklich helfen. Es ist unverantwortlich, dass wir nicht
in der Lage sind, rasch Flüchtlinge aus der Region auf-
zunehmen. All das geht nicht. Mit Politik kann man Pro-
bleme lösen. Ein neuer Irakkrieg wird die Probleme
nicht lösen, sondern dann werden wir die Islamisten in
der Region nur noch stärker machen. Das möchte ich
nicht. Auch aus diesem Grunde bin ich gegen einen
neuen Irakkrieg und gegen ein militärisches Eingreifen
der USA.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Völlig richtig! Das sind wir auch!)


– Dass ich das bei einer Rede, die ich halte, von Herrn
Kauder hören darf: „Völlig richtig!“


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1804508700

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.

Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1804508800

Das musste ich am Schluss wiederholen.

Danke sehr.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1804508900

Liebe Kolleginnen und Kollegen, als nächster Redner

hat Niels Annen das Wort.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Niels Annen (SPD):
Rede ID: ID1804509000

Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen

und Herren! Lieber Kollege Gehrcke, Ihre Sehnsucht
nach einer einfachen Lösung ist Ihnen geradezu anzuhö-
ren gewesen; aber die gibt es nicht. Ich glaube, wir sind
uns einig: Wir haben keine einfache Antwort auf die Si-
tuation, mit Sicherheit keine militärische Antwort.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das ist doch schon mal was!)


Ich will einen Punkt aufgreifen. Sie haben gesagt: Wir
brauchen jetzt ein Bündnis, das die säkularen Kräfte
– Sie haben Herrn Assad explizit erwähnt – mit einbe-
zieht. Ich glaube, wir müssen alle Kräfte, die dort eine
Rolle spielen, mit einbeziehen; dazu gehören Herr
Assad, der Iran, die Nachbarländer, die Türkei, Saudi-
Arabien und Katar. Das ist auch meine Meinung. Nur:
Sie erwecken hier den Eindruck, als ob der Vormarsch,
mit dem wir alle konfrontiert sind, und seine Wucht, die
uns schockiert hat, nichts mit Assad zu tun hätte. Aber
die Wahrheit ist auch: Präsident Assad trägt einen gro-
ßen Teil der Verantwortung für diese Krise.


(Beifall des Abg. Arnold Vaatz [CDU/CSU])


Die ISIS-Führer sind zum Teil von ihm aus dem Gefäng-
nis entlassen worden. Wenn man die Situation beobach-
tet und Berichte liest, fällt auf, dass es so gut wie keine
Kämpfe zwischen Assads Truppen und ISIS gibt. Das
heißt, es ist ein zynisches Kalkül der Regierung in Da-
maskus, sich selber als die einzige säkulare Alternative
in der Region darzustellen, auch auf Kosten der Men-
schen. Insofern gibt es auch hier keine einfache Antwort,
Herr Kollege Gehrcke.

ISIS ist in der Tat hochmotiviert, extrem gut organi-
siert und auch extrem gut finanziert. Trotzdem sollten
wir uns von der augenblicklichen Stärke von ISIS nicht
in die Irre führen lassen. Denn ein Teil der Wahrheit ist
natürlich auch: Die gegenwärtige Stärke kann sich nur
entsprechend auswirken, weil die irakische Armee dra-
matisch versagt hat, und ISIS kann die große Fläche im
Moment nur deshalb überhaupt kontrollieren, weil es ein
im Grunde genommen geradezu widernatürliches Bünd-
nis unterschiedlicher Akteure gibt: Es sind die islamisti-
schen Kräfte und die alten Kader der Baath-Partei von
Saddam Hussein, die ideologisch gesehen eigentlich
überhaupt nichts miteinander zu tun haben, unterstützt
von örtlichen Stammesführern.





Niels Annen


(A) (C)



(D)(B)

An dieser Stelle muss man ganz klar sagen: Die Ver-
antwortung dafür, dass das augenblickliche Bündnis zu-
stande kommen konnte, trägt Herr al-Maliki mit seiner
völlig verfehlten Politik. Deswegen muss sich im Irak et-
was ändern; das können wir hier gar nicht stellvertretend
für den Irak übernehmen. Der Ausschluss eines großen,
relevanten Teils der Bevölkerung von der politischen
Macht in Bagdad, aber auch von den Ressourcen des
Landes – man muss sich nur die Entwicklung der Ar-
beitslosigkeit und die Unterentwicklung in den sunniti-
schen Gebieten vor Augen führen – muss, so gut das
auch mit der Historie der langjährigen Unterdrückung
der schiitischen Mehrheit im Irak zu erklären ist, ein
Ende finden.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen bin ich der Meinung: An dieser Stelle ist das
Signal, das die Bundesregierung ausgesandt hat, eindeu-
tig und richtig und sollte von diesem Hause unterstützt
werden: Wir sind natürlich bereit, diesen Prozess zu un-
terstützen, aber der erste Schritt muss im Irak selbst er-
folgen.

Ich möchte einen weiteren Aspekt ansprechen. Natür-
lich finden in der Region zurzeit mehrere Stellvertreter-
konflikte statt. Einer der großen Stellvertreterkonflikte
ist der regionale Konflikt zwischen Saudi-Arabien und
dem Iran. Beide instrumentalisieren die Religion für ihre
politischen Interessen. Meine sehr verehrten Damen und
Herren, ich glaube, wir müssen sehr vorsichtig sein,
wenn wir über diesen Konflikt und seine Nuancen spre-
chen. Denn es ist natürlich nicht so, dass dort nur Sunni-
ten gegen Schiiten kämpfen. Was wir dort erleben, ist im
Grunde genommen eine Weiterentwicklung einer terro-
ristischen Strategie quasi unter Laborbedingungen. Die
Kämpfe zwischen der Al-Nusra-Front in Syrien und in-
zwischen auch im Irak auf der einen Seite und ISIS auf
der anderen Seite haben dazu geführt, dass die Strategien
im Grunde genommen noch erfolgreicher und effektiver
geworden sind. Sie haben ihre Strategie quasi auf dem
Schlachtfeld weiterentwickelt. Das ist aber ein innersun-
nitischer Konflikt gewesen. Ebenso hat Herr al-Maliki
seinen schiitischen Rivalen, nämlich Herrn al-Sadr, vor
nicht allzu langer Zeit zum Teil auch mit militärischen
Mitteln bekämpft. Den Konflikt auf eine rein schiitisch-
sunnitische Konfrontation zu reduzieren, geht nicht nur
an den Tatsachen vorbei, sondern würde auch die Kräfte
ausschließen, die wir für einen Versöhnungs- und Ko-
operationsprozess brauchen. Insofern wäre das eine fal-
sche Sicht auf die Dinge.

Unterm Strich muss man sagen: Die internationale
Gemeinschaft hat es, nachdem sich der syrische Bürger-
krieg zugespitzt hat und die Genf-II-Verhandlungen ge-
scheitert sind – das war ein dramatisches Scheitern; mit
einem Eingeständnis des UN-Vermittlers Brahimi, dem
wir für seine Arbeit noch einmal danken müssen –, ver-
säumt, alle Akteure an einen Tisch zu bekommen. Des-
wegen kann es im Moment auch gar keine militärische
Lösung geben. In dem Augenblick, in dem die Amerika-
ner eingreifen würden, würden sie von den Saudis und
dem sunnitischen Teil der Bevölkerung, die sich ohnehin
ausgegrenzt fühlen, sozusagen als die Luftwaffe von al-
Maliki wahrgenommen.

Es gibt keinen anderen Weg: Wir müssen die regiona-
len Akteure an einen Tisch bekommen. Wir sollten die
Vereinten Nationen bei ihrer wichtigen Arbeit unterstüt-
zen, den politischen Prozess wieder voranzutreiben, aber
auch dafür sorgen, dass wir die Nachbarländer, die unter
der Last der Flüchtlingsströme und der Instabilität zu-
sammenzubrechen drohen, dabei unterstützen, diesen
politischen Prozess zu überstehen, damit wir nicht eine
neue Ordnung bekommen, die darin besteht, dass ein
Kalifat ausgerufen wird und wir am Ende einen al-
Qaida-Staat in unserer unmittelbaren Nachbarschaft ha-
ben.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1804509100

Als nächster Redner hat der Kollege Omid Nouripour

das Wort.


Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804509200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Vor-

marsch von ISIS Richtung Mosul war an sich keine
große Überraschung. Die große Überraschung bestand
darin, dass die irakischen Streitkräfte keinerlei Wider-
stand geleistet, ihre Waffen und Uniformen teilweise
einfach zurückgelassen und die Flucht ergriffen haben.

Ich war in der Woche vor dem Vormarsch in Bagdad.
Es war bedrückend zu sehen, dass die Straßen leer wa-
ren, obwohl 7 Millionen Menschen in dieser Stadt leben.
Es gab keinen Stau, und die Basare waren leer. Die
Hauptverantwortung dafür, dass eine solche Stimmung
herrscht – 2010, 2011 gab es noch so etwas wie Nachtle-
ben – und dass in diesem Land, in dem es so viel Reich-
tum und Wohlstand gibt und gleichzeitig das Geld nicht
bei der Bevölkerung ankommt und sich somit keine ent-
sprechende gesellschaftliche Dynamik entfaltet kann,
trägt Premierminister al-Maliki, der alles dafür getan hat,
die Sunniten im Land, teilweise auch die Kurden, von
der Macht auszugrenzen.

Die Situation in der Westprovinz Anbar ist seit fast ei-
nem Jahr hochdramatisch, sie grenzt an eine humanitäre
Katastrophe. Wir haben aber nicht ausreichend hinge-
schaut. ISIS hat in dieser Zeit bereits mit der Unterstüt-
zung der sunnitischen Clans das Sagen in Anbar gehabt
und darauf aufbauend den Marsch nach Norden begin-
nen können. Kinder werden erschossen, es finden Mas-
senexekutionen statt, Kulturgüter werden geplündert und
zerstört – das erinnert sehr stark an die Situation in
Afghanistan in den 90er-Jahren.

Da nun ein Kalifat ausgerufen wurde – das ist wie
eine offizielle Kriegserklärung an Saudi-Arabien –, ist es
doch offenkundig, dass Saudi-Arabien und Iran keine
andere Alternative haben, als sich endlich zusammen an
einen Tisch zu setzen und über eine Kooperation zu
sprechen, um diesem Spuk ein Ende zu bereiten. Das





Omid Nouripour


(A) (C)



(D)(B)

Problem ist nur, dass diese Einsicht derzeit auf keiner
der beiden Seiten vorhanden ist.

Es gibt ein weiteres Problem. Wir haben Anfang die-
ses Jahres über eine neue deutsche Außenpolitik gespro-
chen. Wir haben darüber gesprochen, dass wir mehr tun
wollen, dass wir mehr Verantwortung übernehmen wol-
len. Wir haben uns über den militärischen Aspekt unter-
halten, waren uns aber alle einig, dass es um mehr geht.
Gerade weil Deutschland 2003 nicht bei der Invasion des
Irak dabei war, gerade weil wir viele der fatalen Fehler
der Amerikaner nicht gemacht haben, besitzen wir eine
höhere Glaubwürdigkeit. Wir könnten Gehör finden.
Stattdessen haben wir in den letzten Wochen und Mona-
ten schlicht geschwiegen.

Der Außenminister hat gesagt, dass wir nicht an der
Seitenlinie stehen dürfen; wir haben es aber getan. Da
hilft es auch nicht, wenn der Außenminister sagt, dass
der Wandel von innen kommen muss. Herr Kollege
Annen, Sie haben davon gesprochen, dass sich die Situa-
tion im Irak selbst verändern muss. Das ist natürlich
richtig; daran gibt es keinerlei Zweifel. Wir sagen ja
nicht, dass man von außen etwas aufoktroyieren kann
oder soll; aber nur zuzugucken, wie die deutsche Bun-
desregierung es getan hat, und nicht einmal das Wort zu
ergreifen und nicht Druck auf al-Maliki auszuüben, da-
mit er endlich eine inklusive Regierung einsetzt, war ein
Riesenfehler. Das hat mit all den Ansprüchen, die An-
fang des Jahres formuliert wurden, und mit all den da-
mals geführten Diskussionen überhaupt nichts zu tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ganz konkret: Deutschland hat im Jahr 2013 aufge-
hört, für die Binnenflüchtlinge im Irak Mittel an den
UNHCR, an das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Na-
tionen, zu zahlen mit der Begründung: Wir helfen jetzt in
Syrien und in den Nachbarstaaten von Syrien. – 350 000
Flüchtlinge gab es damals; das waren alles Syrer. Das
war vollkommen absurd. Ich kann nur hoffen und appel-
lieren, dass das beendet wird und endlich wieder Mittel
an den UNHCR fließen, damit das Flüchtlingshilfswerk
im Irak wenigstens die Leute registrieren kann und eine
Mindestfürsorge gewährleisten kann. Wir reden mittler-
weile über mehr als 1 Million Menschen, die ihre Hei-
mat verloren haben und im Irak unterwegs sind.

Nächstes Beispiel. Wir wissen, dass ISIS sich unter
anderem dadurch finanziert, dass sie Öl aus der Provinz
Rakka in Syrien verkaufen. Seitens der EU gibt es bei
den Sanktionen gegen Syrien Ausnahmen für Ölfelder,
die sich damals in der Hand der Nationalen Koalition be-
funden haben sollen. Der Sinn und Zweck war, dass die
nichtbewaffnete Opposition Gelder generieren kann.
Diese Ölfelder sind aber seit über einem Jahr in der
Hand von ISIS. Aufgrund dieser Ausnahmen der EU
wird Öl auch in die Türkei verkauft. Wenn man bei der
Bundesregierung nachfragt, warum diese Ausnahme
nicht endgültig beendet wird, lautet die Antwort: Wir
wissen von nichts. – Die Augen werden einfach ge-
schlossen, statt endlich mehr Verantwortung zu überneh-
men, statt endlich mehr zu tun.
Auch bei der Frage der Unabhängigkeit der Kurden
gibt es bisher nur eine Fehlanzeige. Das ist eine hoch-
komplizierte Angelegenheit; das gestehe ich selbstver-
ständlich zu. Bei allem Verständnis, das man für die Si-
tuation der Kurden haben muss – sie waren eine Oase
der Stabilität in einem Land, von dem man nur noch hof-
fen kann, dass es dieses Land weiterhin geben wird –,
muss man darauf achten, dass die Tür für einen Verbleib
Kurdistans als autonome Region im Irak nicht zuge-
macht wird. Wir müssen aber auch alles daransetzen,
dass die Situation nicht eskaliert. Es muss Druck ausge-
übt werden auf die Türkei und auf den Iran, damit die Si-
tuation in dieser letzten Oase der Stabilität im Irak nicht
weiter eskaliert.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1804509300

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich unterbreche die

vereinbarte Debatte zur Bedrohung der regionalen Stabi-
lität durch das Vorgehen der ISIS-Truppen.

Die heutige Tagesordnung soll um die Beratung einer
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung,
Immunität und Geschäftsordnung zur Genehmigung des
Vollzugs eines gerichtlichen Durchsuchungsbeschlusses
erweitert werden. Erhebt sich dagegen Widerspruch? –
Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe nun den Zusatzpunkt 8 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge-
schäftsordnung (1. Ausschuss)


Antrag auf Genehmigung zum Vollzug eines
gerichtlichen Durchsuchungsbeschlusses

Drucksache 18/1990

Der Ausschuss empfiehlt mit den Stimmen aller Frak-
tionen, die entsprechende Genehmigung zu erteilen. Wir
kommen sofort zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Das sind alle Fraktionen. Wer stimmt dagegen? –
Niemand. Wer enthält sich der Stimme? – Auch nie-
mand. Damit ist diese Beschlussempfehlung einstimmig
angenommen.

Wir fahren in der Debatte fort. Der Kollege Rüdiger
Veit erhält das Wort.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU])



Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1804509400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich bin gebeten worden, diese Debatte aus innenpoliti-
scher Sicht eventuell ein bisschen zu befördern. Ich will
das in Bezug auf zwei Stichworte gerne tun, einmal zur
Sicherheitsfrage und zum Zweiten zur Flüchtlingsauf-
nahme außerhalb des hier in Rede stehenden Gebietes.

Zur Sicherheitsfrage kann ich relativ Aktuelles von
einem Besuch des Präsidenten des Bundesamtes für Ver-





Rüdiger Veit


(A) (C)



(D)(B)

fassungsschutz heute im Innenausschuss berichten; da es
eine öffentliche Sitzung war, kann ich das hier wiederge-
ben. Er hat uns unter anderem Folgendes mitgeteilt: Aus
Deutschland sind nach Syrien zwecks Beteiligung an
dem Krieg an der Seite der Terroristen, Dschihadisten,
Salafisten – wie immer wir sie nennen wollen – bisher
320 Personen – die überwiegende Zahl ist im Besitz der
deutschen Staatsbürgerschaft – gereist.

Diese Konstellation unterscheidet sich von der ver-
gleichbaren im Falle Afghanistan/Pakistan in vielerlei
Hinsicht. Zunächst einmal waren es damals nur insge-
samt 80 Personen. Jetzt sind es, wie gesagt, 320 Perso-
nen. Zum Zweiten sind außerordentlich viele junge
Leute dabei, zum Teil 15-, 16-jährige Mädchen. Zum
Dritten sind es Leute, die dem Bundesamt oder anderen
Sicherheitsbehörden bisher kaum als wie auch immer
verdächtig aufgefallen sind. Vor allen Dingen müssen
wir natürlich auch damit rechnen, dass sie nach einer
eventuellen Teilnahme an kriegerischen Auseinanderset-
zungen dort mit einer, sagen wir einmal, nicht nur extre-
mistischen, sondern vielleicht sogar verrohten Gesin-
nung nach Europa zurückkehren.

Das macht den Sicherheitsbehörden große Sorge. Die
Fachleute sprechen nicht von einer konkreten Gefahr,
sondern von einem stärkeren, von einem lauteren Hinter-
grundrauschen, das eben diese Aktivitäten widerspiegelt.
Sie sind gehalten, zu beobachten, welche dieser Perso-
nen zurückkommen. Bisher waren es wohl etwa 20 an
der Zahl. Von diesen weiß man relativ sicher, dass sie
dort auch an kämpferischen Handlungen teilgenommen
haben. Auch ist zu beobachten – ich verweise hier auf
den Fall desjenigen, der über Frankfurt eingereist war,
um dann in Brüssel dieses scheußliche Attentat zu ver-
üben –, dass sie nicht unbedingt wieder beispielsweise
nach Frankfurt zurückfliegen, wenn sie von dort aus
nach Syrien oder in den Irak – dort kommt dies jetzt
auch vor – gereist sind. Vielmehr muss man damit rech-
nen, dass sie bei ihrer Rückreise auch andere europäi-
sche Flughäfen nutzen. Das macht die Sicherheitslage
nicht einfacher.

Der Datenaustausch zwischen den Sicherheitsbehör-
den ist in dem Zusammenhang notwendig und rege. Von
jetzt auf der Hand liegenden Querbemerkungen zur Tä-
tigkeit von Diensten auf diesem Gebiet im Allgemeinen
oder im Besonderen auch mit Blick über den großen
Teich nehme ich jetzt Abstand; sonst habe ich keine Zeit
mehr, zum zweiten Punkt zu kommen.

Die Flüchtlingsfrage: Wir wissen, dass sich über
3 Millionen Menschen außerhalb Syriens und annähernd
9 bis 10 Millionen innerhalb Syriens bereits auf der
Flucht befinden. Das ist ein furchtbares Elend. Wenn wir
bedenken, dass die Bevölkerungszahlen in den Anrainer-
staaten durch diese Flüchtlingswelle dramatisch gestie-
gen sind – im Libanon beispielsweise mit einer Bevölke-
rung von etwas über 4 Millionen gibt es jetzt fast
1 Million Flüchtlinge –, dann können wir uns angesichts
der dortigen Strukturen die Situation und das Elend aller
Beteiligten, inklusive der aufnehmenden Staaten und ih-
rer Infrastruktur, vorstellen. Die stehen kurz vor dem
Kollaps.
Deswegen ist es im Wege internationaler Solidarität
nicht nur geboten, dort vor Ort zu helfen, was wir in bei-
spielhafter Weise tun – dies ist richtig; ich hoffe, dies ist
auch im Sinne aller hier im Parlament vertretenen Par-
teien –, sondern es ist auch notwendig, sich dieses
Flüchtlingselends mit Empathie und Mitgefühl anzuneh-
men und dafür zu sorgen, dass zumindest Europa mit
seiner Wertegemeinschaft hier einen entsprechenden
Beitrag leistet.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Hierzu ist aktuell Folgendes zu vermelden – mit den
Zahlen will ich Sie nicht allzu sehr im Detail langweilen,
aber ich nenne einige, damit die Größenordnungen klar
werden –: Auf – in Anführungszeichen – normalem
Wege als Asylsuchende sind seit Ausbruch des Krieges
mehr als 30 000 Menschen aus der Region in Deutsch-
land angekommen. Wir hatten im Dezember 2013 das
erste und dann darauf folgend das zweite Bundespro-
gramm zur Aufnahme von syrischen Flüchtlingen mit je-
weils 5 000 Personen. Darüber hinaus haben 15 Bundes-
länder – es wäre schön, das 16. käme auch noch dazu; es
liegt südlich – Länderaufnahmeprogramme gemacht, die
in nennenswerter Zahl auch bereits in Anspruch genom-
men werden konnten.

Eines der wichtigen Details dabei ist die Frage der
Lebensunterhaltssicherung und insbesondere der Über-
nahme von Krankenbehandlungskosten. Da sind wir seit
der letzten Innenministerkonferenz ein kleines Stück
weiter. Denn klar ist: Die Länder übernehmen auch die
Krankenbehandlungskosten, wenn die hier anwesenden
Verwandten die sonstigen Unterhaltskosten übernehmen.

Ferner haben wir seit dieser Innenministerkonferenz
am 12. Juni 2014 ein weiteres Kontingent von 10 000.
Deutschland ist in dieser Frage führend in Europa und
auch darüber hinaus. Wir handeln hier auch nicht nach
dem Motto, dass wir erst einmal abwarten, was andere
tun, bevor wir etwas tun. Wir machen es umgekehrt; das
ist in besonderer Weise hoch anzurechnen und zu loben.
Wir haben gesagt, dass wir den Anfang machen und hof-
fen, dass andere nachkommen. Da unterstützen wir sehr
nachhaltig unseren Außenminister, und da unterstützen
wir sehr nachhaltig unseren Innenminister, mit Blick auf
Europa, aber auch verbunden mit dem klaren Wort, dass
die bisherige Haltung der übrigen europäischen Staaten
gegenüber diesem Elend eigentlich – entschuldigen Sie
das Wort – schändlich ist.

Zum Schluss noch eine Bemerkung, damit deutlich
wird, wie schwierig das Ganze ist. Am 27. Juni dieses
Jahres –


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1804509500

Kollege, Sie müssen wirklich zum Schluss kommen.


Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1804509600

– ja, danke – fand ein High-Level-Meeting in Genf

statt. Dort waren 42 Staaten vertreten, um sich über die
Frage der Entlastung der Region in Bezug auf das
Flüchtlingselend Gedanken zu machen. Wissen Sie, was





Rüdiger Veit


(A) (C)



(D)(B)

dabei herausgekommen ist? Wegen der Kürze der Zeit
warte ich nicht auf Antworten, sondern nenne Ihnen die
Zahl: 565 Personen. Da war der Reise- und Verkösti-
gungsaufwand höher als das, was als Ergebnis für die
vom Elend bedrohten Flüchtlinge herausgekommen ist.
Ich sage erneut: Das ist schändlich. Wir sind alle gefor-
dert, nicht nur wir, aber auch wir. Und wir können auch
ein bisschen mehr tun.

Danke sehr.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1804509700

Als nächster Redner hat der Kollege Philipp

Mißfelder das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1804509800

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Zunächst möchte ich zu der Rede des
Herrn Kollegen Annen, dessen Ausführungen ich wei-
testgehend teile, eine Ergänzung vornehmen. Ich glaube
schon, dass wir es bei ISIS mit einem besonderen Phäno-
men zu tun haben, das sich von anderen militärischen
Kräften unterscheidet. Es ist schon so, dass der funda-
mentalistische Islam die Hauptantriebsfeder ist. Es geht
den Menschen, die sich ISIS anschließen – leider sind es
auch viele junge Leute, die sich dieser Gruppierung an-
schließen –, nicht um die Verteilung von Rohstoffen und
die Bedienung von Interessen, sondern darum, einen
Gottesstaat zu errichten und eine der schlimmsten Aus-
prägungen von Religiosität mit Gewalt zu verbinden.
Auch das zu erwähnen, gehört zu dieser Debatte. Das
macht die Sache für uns im Übrigen schwieriger und
nicht einfacher.

Die ISIS-Kämpfer stehen nämlich einer 800 000 Sol-
daten umfassenden und damit viel größeren Gruppe von
Sicherheitskräften aufseiten al-Malikis gegenüber, die
das häufig allerdings nicht aus Überzeugung tun, son-
dern deshalb, weil sie arbeitslos gewesen sind, weil sie
– schlecht bezahlt – in den Diensten der irakischen Zen-
tralregierung stehen, aber keineswegs Überzeugungstä-
ter sind und nicht mit der gleichen Inbrunst für die aus
unserer Sicht richtige Sache kämpfen, wie die ISIS-Täter
das tun. Insofern ist die Situation schwieriger, als man
auf den ersten Blick sieht.

Ich habe einen wichtigen Punkt anzumerken, der un-
sere Fraktion schon seit längerer Zeit beschäftigt. Wir
hatten den Premierminister der Autonomen Region Kur-
distan vor über einem Jahr auf einem unserer Fraktions-
kongresse zu Gast. Als wir damals über den Irak disku-
tiert haben, haben wir immer ein Fragezeichen gesetzt,
ob es richtig ist, an der Ein-Irak-Politik – wenn sie mehr
als nur eine leere Worthülse sein soll – festzuhalten. Das
darf man nicht missverstehen und darin automatisch die
Befürwortung der Ausrufung eines unabhängigen und
freien Kurdistans sehen. Eine solche Ausrufung wäre ja
nur möglich, wenn man in Übereinstimmung mit den
Partnern in der Region und mit der Türkei vorgehen
würde. Ich sehe nicht, dass der Zeitpunkt dafür gegeben
ist.

Aber eines ist klar: Wenn wir die Aussage, dass die
Ein-Irak-Politik – ein Irak unter al-Maliki – für die Zu-
kunft dieses Landes entscheidend ist, wie eine Mon-
stranz vor uns hertragen würden, dann würden wir se-
hen, dass dieses Konzept schon in wenigen Wochen
gescheitert wäre. Es ist, was den Irak angeht, an der Zeit,
neue Konzeptionen zu entwickeln und sich gerade den
Regionen zuzuwenden – Herr Nouripour hat das ja dan-
kenswerterweise angesprochen –, in denen tatsächlich
Frieden, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratisie-
rung herrschen, nämlich dem Nordirak, Kurdistan.

Das eigentlich Schlimme an der Entwicklung, die wir
auch in Syrien beobachten – von meinem Vorredner ist
ja über die Flüchtlingsproblematik gesprochen wor-
den –, ist: Es gibt nicht nur die Flüchtlinge aus Syrien,
die nach Jordanien gelangt sind und vorher versucht ha-
ben, im Irak Zuflucht zu finden, sondern es gibt auch in-
nerhalb des Iraks ein massives Problem der Binnen-
flüchtlinge. Dabei handelt es sich vor allem um Christen,
die aus dem Süden in den Norden getrieben werden. Ge-
rade deshalb ist es uns ein Anliegen, den humanitären
Beitrag zu stärken.

Wir haben heute im Ausschuss darüber gesprochen,
dass wir mehr tun wollen. Ich glaube, jetzt ist der rich-
tige Zeitpunkt, dass sich tatsächlich ganz Europa mehr
engagiert, um zu verhindern, dass es in Kurdistan, im
Norden Iraks, zu einer humanitären Katastrophe kommt,
wie sie in Jordanien aus meiner Sicht schon unmittelbar
bevorsteht, meine Damen und Herren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Was die Verantwortung insgesamt angeht, würde ich
nicht sagen, dass Deutschland nur am Spielfeldrand ge-
standen hat. Vielmehr spielt Deutschland eine sehr ak-
tive Rolle. Ich erinnere mich noch daran, wie schwierig
es war, für kurdische Vertreter überhaupt Termine in
Deutschland zu bekommen. Die Bundeskanzlerin hat re-
gelmäßig den Kontakt gehalten; aber auch unser jetziger
Bundesaußenminister hat, auch als die SPD in der Oppo-
sition war, hohe Vertreter der Kurden empfangen. Das ist
nicht überall in Europa so.

Ich meine, das ist eine Streitfrage mit Herrn al-Maliki
gewesen: Lädt man ihn ein, kann es sein, dass er nicht
kommt; empfängt man andere Politiker aus dem Irak,
beschwert er sich sofort. Wir haben es also wirklich mit
einem ganz schwierigen System zu tun in Bagdad. Vor
diesem Hintergrund sage ich, dass wir mit Herrn al-
Maliki weiterhin zusammenarbeiten wollen.

Es ist auch der falsche Zeitpunkt, jetzt – wie in der
Presse diese Woche zu lesen war – andere Namen ins
Spiel zu bringen. Es wäre übrigens ganz falsch, wenn der
Westen sie ins Spiel bringen würde, so wie es gestern in
einer englischsprachigen Zeitung stand – weil diese Per-
son niemals akzeptiert würde. Das muss im Irak selbst
geklärt werden.





Philipp Mißfelder


(A) (C)



(D)(B)

Aber ich richte ganz klare Forderungen an Herrn
al-Maliki. Eine zentrale Forderung von uns ist, dass er
– das hat er bisher nicht getan – alle Religionsgruppen,
alle Stämme des Iraks, inklusive der Sunniten und der
Kurden, an der Regierung beteiligt. Das ist die zentrale
Voraussetzung für Frieden und Freiheit im Irak.

Dabei kommt noch eines hinzu: Herr al-Maliki wei-
gert sich auch, die Verfassung einzuhalten. Er teilt die
Ölgewinne nicht so auf, wie es in der Verfassung steht.
Das wäre aber dringend notwendig, um überhaupt Insti-
tutionen am Funktionieren zu halten, um überhaupt das
Wenige, was an Staatlichkeit im Irak besteht, tatsächlich
umsetzen zu können. Insofern ist es eine zusätzliche For-
derung – neben der Bildung einer Regierung, bei der alle
Bevölkerungsteile des Landes eingebunden werden –,
dass die Bestimmungen der Verfassung des Irak einge-
halten werden. Dieser Appell muss an Herrn al-Maliki
deutlich gerichtet werden.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1804509900

Als nächster Redner hat der Kollege Alexander

Radwan das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Alexander Radwan (CSU):
Rede ID: ID1804510000

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wir haben alle den Arabischen Frühling sehr
positiv gesehen, als er begonnen hat. Inzwischen finden
in diesem Haus regelmäßig Debatten und Diskussionen
statt, weil die Region von Monat zu Monat, von Woche
zu Woche instabiler wird.

Ich muss sagen – auch nachdem ich der Debatte zuge-
hört habe –: Ich bin immer dann skeptisch, wenn ich den
Eindruck habe – meine Wahrnehmung mag falsch sein –,
dass auf ein sehr komplexes Thema relativ einfache Ant-
worten gegeben werden.

Heute beschäftigen wir uns mit der aktuellen Thema-
tik ISIS. Aktuell ist sicherlich die intensivere Berichter-
stattung in den Medien zu diesem Thema. Dass ISIS eine
Entwicklung vom Irak nach Syrien und zurück genom-
men hat, konnte man aber schon lange verfolgen; ISIS
ist eine sunnitische Rebellengruppe und eine Abspaltung
von al-Qaida.

Wir hatten in diesem Bereich in den letzten Jahren
eine historische Konstante: dass unsere Annahmen ge-
koppelt sind mit Fehleinschätzungen. Der Kollege
Nouripour hat in einer der letzten Debatten einmal einen
Satz geprägt, der mir sehr gut gefallen hat, nämlich dass
die Fehleinschätzung ist: „Der Feind meines Feindes ist
mein Freund.“ Das zieht sich wie ein roter Faden durch,
und das betrifft insbesondere die Regionalmächte, die
heute erkennen müssen, dass das, was sie sich erhofft
hatten, nicht eingetreten ist, und das, was eingetreten ist,
zu ihrem Problem wird. Die Ausrufung des Kalifats im
Irak führt genau dazu, dass diese Regime jetzt entspre-
chend bedroht werden. Das führt nicht nur im Irak zu
Problemen, sondern wir sehen uns damit konfrontiert,
dass ein Flächenbrand bevorsteht.

Diese Woche konnte ich mit dem Botschafter des Li-
banon reden. Er hat mir beschrieben – nicht nur ausge-
hend von der Flüchtlingsproblematik, die diese Länder
zurzeit zu stemmen haben –, was momentan von ISIS in
diese Länder hineingetragen wird. Das Gleiche betrifft
Jordanien, das Gleiche betrifft die Türkei. Darum muss
eine unserer Aufgaben sein – ich will nicht priorisie-
ren –, dass wir diesen Ländern helfen, Stabilität zu hal-
ten, dass wir nicht nur an der Lösung der Probleme ar-
beiten, sondern auch diese Länder entsprechend stützen.

Ein roter Faden ist hier – das haben ja mehrere Red-
ner gesagt –, dass wir darauf hinwirken müssen, dass es
im Irak zu einem Dialog kommt. Es gibt dort einen Kon-
flikt zwischen Sunniten, Schiiten und Kurden – wobei
wir oft in einer Art und Weise argumentieren, die relativ
holzschnittartig ist: Sunniten, Schiiten, Kurden – als
wenn die Sunniten ein homogener Block wären.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


Wir müssen darauf achten und darauf hinwirken, dass
den Gemäßigten, den vielen Menschen, die mit dem
Konflikt nichts zu tun haben, denjenigen, die durch diese
Katastrophe, die diese Entwicklung für sie persönlich
darstellt, möglicherweise radikalisiert werden, geholfen
wird, ihnen eine Perspektive gegeben wird. Darum bin
ich auch hier bei unserem Fraktionsvorsitzenden Kauder,
der die humanitäre Hilfe und das Elend der Menschen
wohl am stärksten angesprochen hat. Wenn wir als
Deutschland und als Europa hier nicht hineingehen und
entsprechend unterstützen, wird diese Region keine Sta-
bilität finden.

Der Dialog beginnt natürlich bei al-Maliki. Wenn er
es nicht schafft, dann muss das jemand anderes tun; ich
bin hier völlig bei Philipp Mißfelder, dass wir als Westen
keine Personalvorschläge zu machen haben. Wir sollten
aber schon klarmachen, was wir von dieser Region und
von den Machthabern in diesen Ländern, aber eben auch
im Iran, in Saudi-Arabien und in anderen Einflussmäch-
ten erwarten, um hier zum Frieden zu kommen. Sie müs-
sen endlich verstehen, dass sie durch entsprechendes
Handeln ihre eigene Legitimität und Existenz gefährden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich komme zu einem Punkt, der nicht die oberste
Priorität hat. Wir alle sind uns einig, dass militärische
Lösungen und Interventionen jetzt keine Option sind.
Wir als Europa und als Deutschland – gerade im arabi-
schen Raum genießen wir sehr viel Vertrauen und Aner-
kennung – müssen uns mit den Machthabern und den
Verantwortlichen vor Ort auch Gedanken darüber ma-
chen, wie es mit der Region weitergeht, wie es für die
Menschen eine Perspektive geben kann, wenn die Kon-
flikte hoffentlich bald ein Stück weit abgebaut sein wer-
den. Ein Waffenstillstand bedeutet nämlich noch lange
nicht, dass sich der Dialog normalisiert, dass die Ange-
hörigen unterschiedlicher Religionen friedlich nebenei-





Alexander Radwan


(A) (C)



(D)(B)

nander leben und dass die Menschen vor allen Dingen
– darum geht es – eine wirtschaftliche und soziale Exis-
tenz und Perspektive bekommen.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1804510100

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich schließe die

Aussprache.

Ich rufe jetzt den Zusatzpunkt 2 auf:

Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE

Beschaffungsprogramm von Drohnen für die
Bundeswehr

Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin hat die
Kollegin Christine Buchholz das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Christine Buchholz (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1804510200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Monate-

lang hat Frau von der Leyen beharrlich zur Frage der
Kampfdrohnen geschwiegen. Erst sollte eine breite ethi-
sche Debatte her, vorgestern fand nun eine erste öffentli-
che Expertenanhörung im Verteidigungsausschuss dazu
statt. Aber: Die erste Fragerunde war noch nicht vorbei,
als die Ministerin bereits vor die Medien trat, weil ihre
Position augenscheinlich schon feststand. Dies, Frau von
der Leyen, war keine ernsthafte Debatte.


(Beifall bei der LINKEN – Henning Otte [CDU/CSU]: Sie sind nicht ernsthaft, wenn Sie so etwas behaupten!)


Sie wollen die Abgeordneten und die Öffentlichkeit
überrumpeln, weil der Widerstand gegen die Aufrüstung
der Bundeswehr mit Kampfdrohnen zu groß ist. Die
Mehrheit der Bevölkerung will diese Waffensysteme
nicht. Begreifen Sie das endlich!


(Beifall bei der LINKEN – Henning Otte [CDU/CSU]: Woher wissen Sie das mit Ihren 7 Prozent?)


Kampfdrohnen sind nicht entwickelt worden, um die
eigenen Soldaten zu schützen, wie Sie behaupten. Die
US-Armee hat vor rund zehn Jahren in Afghanistan das
erste Mal Kampfdrohnen eingesetzt, um gegnerische
Kräfte in abgelegenen Regionen zu töten – dort, wo nur
wenige oder gar keine eigenen Truppen am Boden ope-
rieren.

Seitdem spielen diese Waffensysteme eine immer
wichtigere Rolle in den Kriegen, die die US-Armee und
ihre Verbündeten in Afghanistan, in Pakistan, im Jemen
oder in Somalia führen. Es geht um eine Waffe in soge-
nannten asymmetrischen Kriegen, in denen Armeen
nicht Armeen gegenüberstehen, sondern in denen sie
Aufständische bekämpfen. Dies ist der Sinn hinter dieser
Technologie.
Wenn die Bundesregierung die Bundeswehr mit
Kampfdrohnen ausstattet, dann zieht sie Deutschland
immer tiefer in solche asymmetrischen Kriege hinein.
Das ist skandalös!


(Beifall bei der LINKEN)


Kampfdrohnen sind auch das Mittel der Wahl, um per
Fernbedienung Menschen umzubringen, die die Ge-
heimdienste der Drohnennationen auf Todeslisten ge-
setzt haben. Im sogenannten Krieg gegen den Terror die-
nen sie dazu, Raketenangriffe in Ländern durchzuführen,
in denen die US-Armee selbst gar nicht präsent ist.

Die Bundesregierung sagt zwar: „Damit haben wir
nichts zu tun“, doch ein von der Bild-Zeitung öffentlich
gemachter Sachstandsbericht aus dem Verteidigungsmi-
nisterium spricht eine andere Sprache. Darin werden
Operationen außerhalb der Einsatzgebiete der Bundes-
wehr ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Wenn das
stimmt, machen Sie irgendwann nichts anderes als die
US-Armee heute.


(Rainer Arnold [SPD]: Das ist Unsinn! Das ist verboten!)


– Sie brauchen sich gar nicht aufzuregen, Herr Arnold.


(Rainer Arnold [SPD]: Das ist verboten!)


Wer verhindern will, dass die Bundeswehr einen Droh-
nenkrieg wie die US-Armee führt, der braucht nur eines
zu tun: dem Einstieg in die Kampfdrohnentechnologie
nicht zuzustimmen.


(Beifall bei der LINKEN)


Kommen wir zu dem Mythos, dass Kampfdrohnen
präzise Waffen seien. Kampfdrohnen können ihre Ziele
gar nicht mit letzter Sicherheit identifizieren. Und zwi-
schen Abschussbefehl und Einschlag liegt eine Zeit-
spanne von einigen Sekunden. Um bewegliche Ziele
trotzdem zu vernichten, werden Raketen mit enormer
Sprengkraft eingesetzt. Das führt zu einer hohen Zahl zi-
viler Toter. Wer Kampfdrohnen einsetzt, der nimmt den
Tod Unschuldiger mit in Kauf. Und das ist menschen-
verachtend.


(Beifall bei der LINKEN)


Wohin führt der Einstieg in diese Technologie? Wer
in der Anhörung des Verteidigungsausschusses dem
Sachverständigen und Physiker Marcel Dickow zugehört
hat, der muss tief besorgt sein. Er erklärte uns, dass die
Beschaffung von Kampfdrohnen zwangsläufig dazu
führt, dass sich letztendlich Waffensysteme durchsetzen,
in denen am Schluss nicht der Mensch, sondern Compu-
ter über Leben und Tod entscheiden;


(Wolfgang Hellmich [SPD]: Das hat er so nicht gesagt!)


denn im Rüstungswettlauf um immer wirksamere Droh-
nen läuft alles auf die ständige Verkürzung von Entschei-
dungs- und Übertragungszeiten hinaus.

Eine vollautomatische Kampfdrohne, die selbst ent-
scheidet, ist schneller als ein Kampfdrohnenpilot am
Joystick, dessen Signale über eine Entfernung von Tau-





Christine Buchholz


(A) (C)



(D)(B)

senden Kilometern kommen. Deutschland darf nicht in
diese Logik einsteigen. Wir dürfen nicht einen Prozess
anheizen, an dessen Ende Kampfroboter über Leben und
Tod entscheiden.


(Beifall bei der LINKEN)


Frau von der Leyen hat nun in der Süddeutschen Zei-
tung erklärt, sie plane im ersten Schritt, Kampfdrohnen
zu leasen, gekoppelt an konkrete Einsatzmandate. Es ste-
hen aber, so Frau von der Leyen, gar keine konkreten
Einsätze an. Offenbar geht es darum, einen Blanko-
scheck für die Zukunft einzuholen, um in der Zwischen-
zeit deutsche Offiziere als Kampfdrohnenpiloten an den
geleasten Systemen in Israel oder den USA ausbilden zu
lassen. Wenn es die SPD mit ihrer Ablehnung von
Kampfdrohnen ernst meint, dann kann sie diesem Vorha-
ben nicht zustimmen.

Frau von der Leyen, ziehen Sie jetzt die Reißleine!


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Dann fällt die Drohne ja runter!)


Wir wollen keine gekauften, aber auch keine geleasten
Kampfdrohnen. Wir wollen gar keine Kampfdrohnen.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1804510300

Als nächste Rednerin hat die Bundesministerin

Ursula von der Leyen das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin der
Verteidigung:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Natür-
lich spüren wir das Unbehagen vieler Menschen, wenn
es um Drohnen geht, auch hier im Bundestag. Deshalb
wird zu Recht erwartet, dass wir berechtigte Bedenken
aufnehmen, sie in unsere Entscheidung einbeziehen und
eine breite Debatte führen. Ich habe deshalb die Anhö-
rung des Verteidigungsausschusses am Montag als einen
ausgesprochen wertvollen Beitrag gesehen. Das war eine
sehr ausgewogene, besonnene Debatte, die wir gehabt
haben.

Frau Buchholz, schon seit einem Jahr wird diese De-
batte breit geführt.


(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schon länger!)


Ich glaube aber auch, dass diese Debatte heute mit Si-
cherheit nicht zu Ende ist, sondern sie wird weiterge-
führt werden. Viele andere Länder – es sind über 80 –
haben Drohnen. Über ein Viertel dieser Länder hat be-
waffnungsfähige Drohnen. Ich möchte heute meine Posi-
tion zu diesem Thema darlegen.

Ich möchte zunächst einmal ganz pragmatisch skiz-
zieren, worum es uns geht. Am 17. Oktober 2013 hat in
Kunduz der letzte Konvoi das Camp der Bundeswehr
verlassen. Das waren 441 Soldatinnen und Soldaten in
119 Fahrzeugen – eine kilometerlange Kolonne, die über
zwei Tage durch unübersehbares Gelände gefahren ist:
eine der größten Operationen der Bundeswehr.

Diese Kolonne ist von allen Seiten geschützt gewe-
sen. Sie ist vor allem von oben insofern geschützt gewe-
sen, als eine Aufklärungsdrohne, die wir geleast haben,
das Gelände aus der Vogelperspektive überschaut hat.
Wäre diese Kolonne angegriffen worden, so wäre dieser
Angriff frühzeitig gesehen worden, aber die Unterstüt-
zung der angegriffenen Bodentruppe aus der Luft hätte
gedauert. Denn es hätten entweder Hubschrauber oder
Flugzeuge angefordert werden müssen, um dann die Sol-
datinnen und Soldaten am Boden zu unterstützen. Das
sind wertvolle Minuten, die Soldatenleben kosten kön-
nen, und diese Schutzlücke wollen wir schließen, meine
Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich möchte gerne in dieser Debatte vorweg auf zwei
Punkte eingehen, die ich wichtig finde. Da ist zunächst
immer, wenn es um das Unbehagen der Bevölkerung
geht, die Vorstellung von einem unbemannten Flugzeug,
dass da kein Mensch sei, dass es ein autonomes System
sei. Das ist falsch. Nach wie vor ist es immer ein
Mensch, der entscheidet, ob eine Waffe ausgelöst wird
oder nicht. Das ist beim Torpedo im U-Boot so. Das ist
bei der Panzerhaubitze so. Das ist bei der Interkontinen-
talrakete und bei der Cruise-Missile so, und das ist bei
der Drohne nicht anders. Niemals fällt ein Soldat oder
eine Soldatin beim Einsatz einer Drohne eine einsame
Entscheidung. Es ist erst die Anforderung der Truppe am
Boden, die Hilfe braucht, die diesen Einsatz der Drohne
auslöst. Dann erst entscheiden Soldatinnen und Soldaten
innerhalb ganz klar definierter und rechtlich geprüfter
Einsatzregeln. Um diesen Rahmen geht es uns. Den wol-
len wir setzen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Weil uns dieser Rahmen, den wir haben, so wichtig ist,
und weil wir ihn auch international vorantreiben möch-
ten, haben wir im Koalitionsvertrag festgeschrieben,
dass sich Deutschland für eine völkerrechtliche Ächtung
vollautomatisierter – das heißt: autonomer – Waffensys-
teme einsetzt. Das muss geächtet werden. Ich sage sehr
deutlich: Der Außenminister hat unsere volle Unterstüt-
zung auf diesem schwierigen internationalen Weg.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der zweite Punkt, der mir wichtig ist: Unsere Ableh-
nung speist sich auch aus den bekannten Fällen, in denen
Drohnen aus großer Distanz gesteuert zur gezielten Tö-
tung einzelner Menschen eingesetzt werden, auch unter
Inkaufnahme, dass Unbeteiligte zu Schaden kommen.
Hierzu möchte ich ganz klar sagen: Die Bundesregie-
rung lehnt extralegale völkerrechtswidrige Tötungen ka-
tegorisch ab. Das gilt für jedes Waffensystem, meine Da-
men und Herren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)






Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen


(A) (C)



(D)(B)

Ich sage genauso klar: Mit dem Bedarf der Bundes-
wehr, den wir jetzt diskutieren, hat ein solches Vorgehen
jetzt und in Zukunft nichts zu tun.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Nie und nimmer!)


Ich sage das mit so großer Gewissheit, weil die Bundes-
wehr eine Parlamentsarmee ist. Es sind wir hier im Haus,
die festlegen, wie ein Mandat zum Einsatz aussieht. Es
gibt keinen Einsatz der Bundeswehr ohne eindeutige
Regularien zum Einsatz von Waffen. Damit ist auch der
Einsatz von Drohnen durch die Bundeswehr nur mög-
lich, wenn alle völkerrechtlichen und nationalen Regeln
beachtet werden, und zwar nach Billigung durch den
Deutschen Bundestag. Deshalb meine ich: Wer das als
Parlamentarierin oder Parlamentarier infrage stellt, der
entmündigt sich doch selber. Wir sind es, die die Regeln
festlegen. Es ist die Parlamentsarmee, die wir verteidi-
gen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Wer die Drohnen nicht hat, kann sie nicht einsetzen! Das ist viel einfacher!)


Meine Damen und Herren, die Bundeswehr ist welt-
weit im Einsatz, um Sicherheit, Stabilität und Frieden zu
verteidigen. Wir alle profitieren davon, dass an 365 Ta-
gen im Jahr 24 Stunden am Tag Soldatinnen und Solda-
ten ihren Dienst tun: in der Heimat, an den Grenzen des
Bündnisses und weltweit bei Einsätzen. Sie nehmen da-
für Gefahren auf sich, und zwar Gefahren für Leib und
Leben. Wir alle wissen, so bitter es auch sein mag: Nicht
jeder schwere Konflikt und nicht jeder drohende Völker-
mord ist allein mit den Mitteln der Diplomatie und der
wirtschaftlichen Zusammenarbeit zu verhindern. Manch-
mal ist auch militärisches Engagement im Rahmen unserer
Bündnisse gefragt. Dann verleiht erst der persönliche
Einsatz unserer Soldatinnen und Soldaten dem Engagement
unseres Landes für Frieden und Sicherheit das, was wir
dringend brauchen, nämlich die Glaubwürdigkeit. Des-
halb geben unsere Soldatinnen und Soldaten uns viel.
Das Wichtigste, was wir ihnen geben können, sind Un-
terstützung und eine bestmögliche Ausrüstung, um
selbst gegen Gefahren geschützt zu sein. Ein Teil dieser
Ausrüstung sind auch ferngesteuerte Luftfahrzeuge, die
sogenannten Drohnen. Die sollten wir ihnen nicht ver-
wehren.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Nun endet der ISAF-Einsatz. Welche Szenarien die
Zukunft bringt, wissen wir nicht. Es zeichnet sich zurzeit
kein Einsatz ab, der eine Befassung mit den Szenarien,
die ich eben geschildert habe, notwendig macht. Die
Aufklärungsdrohne Heron hat gute Dienste geleistet; sie
war jeden Tag im Einsatz. Es spricht viel dafür, dass wir
eine ähnliche Form für die Übergangszeit wählen. Bei
einer Neuentwicklung, die mindestens zehn Jahre in An-
spruch nehmen wird, plädiere ich für eine europäische
Entwicklung. Dafür haben wir uns bereits im Koalitions-
vertrag und in den Schlussfolgerungen des Europäischen
Rats vom Dezember 2013 positioniert. Es sollte ein be-
waffnungsfähiges Modell sein, über dessen tatsächlichen
bewaffneten oder unbewaffneten Einsatz in jedem Ein-
zelfall ein Mandat des Deutschen Bundestages entschei-
det. Das bedeutet, dass wir alle immer gefordert sind, die
Balance zu finden zwischen dem, was technisch möglich
ist, und dem, was ethisch vertretbar ist, hier im Bundes-
tag, in der EU, in der NATO und auch in den Vereinten
Nationen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1804510400

Als nächste Rednerin hat die Kollegin Agnieszka

Brugger das Wort.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau
Ministerin von der Leyen, zuerst sind Sie vor Bildern
mit reinen Aufklärungsdrohnen geflüchtet. Jetzt fordern
Sie aber Hals über Kopf, dass Deutschland in Zukunft
auch Kampfdrohnen einsetzen soll.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Flexibel!)


Sie behaupten, es gehe nicht um die Beschaffung von
Killerdrohnen, sondern nur um den Schutz der Soldatin-
nen und Soldaten. Das ist ein unredlicher Griff in die
rhetorische Trickkiste.


(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Nein, nein!)


Denn Sie unterstellen damit denen, die zu Recht einen
kritischen Blick auf Kampfdrohnen haben, dass ihnen
der Schutz der Soldatinnen und Soldaten egal sei.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir Grüne haben uns in den letzten Jahren nicht nur für
den Einsatz von Aufklärungsdrohnen ausgesprochen,
sondern haben immer wieder, vor allem als der Bedarf
groß war, die schnellere Beschaffung von geschützten
Fahrzeugen gefordert. Deshalb möchte ich für die grüne
Bundestagsfraktion die Unterstellung, dass uns der
Schutz der Soldatinnen und Soldaten egal sei, massiv zu-
rückweisen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Unbenommen ist das Argument des Schutzes – das
gestehe ich zu – gewichtig. Es reicht aber allein bei wei-
tem nicht aus, um die Beschaffung von Kampfdrohnen
zu rechtfertigen; denn auf den ersten Blick bietet per se
jedes neue Waffensystem mehr Schutz. Wer Kampfdroh-
nen will, muss klare und präzise Antworten auf die
Frage geben, für welche konkreten Einsatzszenarien ak-
tuell diese Technologie, die auch mit vielen Gefahren
und Risiken verbunden ist, benötigt wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Ministerin, Ihre Antworten – auch die heutigen hier
im Plenum – sind mehr als dünn. Es reicht nicht aus, sich
hinter Allgemeinplätzen wie „Das Gefühl von Sicherheit
ist eine Momentaufnahme“ zu verstecken. Sie räumen





Agnieszka Brugger


(A) (C)



(D)(B)

auch ein, dass es derzeit keine Einsätze gibt, bei denen
aus Ihrer Sicht die Bundeswehr Kampfdrohnen braucht.
Der Afghanistan-Einsatz, den Sie genannt haben, läuft in
seiner bisherigen Form in diesem Jahr aus.

Die Kollegen von der SPD haben gestern und vorges-
tern noch behauptet, sie sähen keine Notwendigkeit für
Kampfdrohnen, und es gebe mit Blick auf die Hub-
schrauber und Kampfflugzeuge derzeit keine Fähigkeits-
lücke bei der Bundeswehr. Heute macht sich dann aber
der Kollege Arnold schon davon und schwenkt auf den
Kurs der Ministerin und auch in die Drohneneuphorie
der Union ein. Nach dem Abzug der Atomwaffen und
den Rüstungsexporten wäre das ein weiteres Mal, dass
Sie eines Ihrer friedenspolitischen Versprechen aus dem
Wahlkampf über Bord werfen. Liebe Kolleginnen und
Kollegen von der SPD, kehren Sie um! Stehen Sie zu Ih-
rer Überzeugung, und stoppen Sie die Beschaffung von
Kampfdrohnen!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Frau Ministerin, wenn Sie die Frage nach konkreten
Einsatzszenarien nicht beantworten können, dann wer-
den Sie Ihrer Verantwortung als Verteidigungsministerin
nicht gerecht. Wir Grüne werden Ihnen ganz sicher kei-
nen Blankoscheck für diese hochriskanten Waffensys-
teme ausstellen.

Sie öffnen auf diese Weise aber auch einer Technolo-
gie Tür und Tor, die die Kriegsführung in den nächsten
Jahren massiv, rasant und unwiederbringlich zu verän-
dern droht. Sie marschieren in Richtung Kampfdrohnen,
aber aufgrund der rasanten technologischen Entwicklung
stehen schon hinter der nächsten Ecke autonome Sys-
teme. Viele Experten und Techniker, die sich wirklich
gut mit der Materie auskennen, wahrscheinlich besser
als wir alle hier im Parlament, warnen uns jetzt schon
eindringlich davor, unbemannte Plattformen mit Waffen
auszustatten; denn schneller, als wir das vielleicht heute
glauben mögen, finden wir uns in einem grässlichen
Science-Fiction-Szenario wieder, in dem nicht mehr
Menschen, sondern Maschinen über Leben und Tod ent-
scheiden. Vor diesem Risiko darf man nicht die Augen
verschließen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Aber wir brauchen nicht nur ein paar Jahre in die Zu-
kunft zu schauen. Auch der Blick zurück offenbart die
mit Kampfdrohnen verbundenen Risiken; denn sie kön-
nen die Hemmschwelle zum Einsatz militärischer Ge-
walt auch auf politischer Ebene senken. Da lohnt der
Blick auf die Debatte in den USA. Die US-Administra-
tion hat Israel im Jahr 2000 massiv dafür kritisiert, dass
Israel bewaffnete Drohnen für extralegale Tötungen jen-
seits von bewaffneten Konflikten einsetzt. Ein paar Jahre
später war es das Mittel der Wahl des Friedensnobel-
preisträgers Obama, und es wurde hundertfach Völker-
recht gebrochen. Das zeigt doch auch – das ist ein Punkt,
mit dem wir uns kritisch auseinandersetzen müssen –,
dass die Verfügbarkeit von bestimmten militärischen Fä-
higkeiten auch Auswirkungen auf politische Debatten,
moralische Wertvorstellungen und rechtliche Überzeu-
gungen haben kann. Auch diese Gefahr darf man nicht
einfach ignorieren, Frau Ministerin.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Frau von der Leyen, Sie haben Angst, dass wir hier
eine technologische Entwicklung verschlafen. Wir
Grüne haben die Befürchtung, dass Sie die Büchse der
Pandora öffnen und eine Aufrüstungsspirale in Gang set-
zen, die Sie nicht mehr aufhalten können. Die verführe-
rische Verheißung, dass ein neues Waffensystem den
Krieg präziser, billiger und sauberer macht, hat sich in
der Geschichte schon mehr als einmal als sehr böse und
sehr trügerische Illusion entpuppt. Ich garantiere Ihnen
schon heute, dass wir in ein paar Jahren an diese vielen
Debatten, die wir führen, zurückdenken werden und dass
Sie sich dann vorwerfen lassen müssen, dass Sie leicht-
fertig wichtige Argumente gegen Kampfdrohnen in nai-
ver und blinder Technikgläubigkeit einfach vom Tisch
gewischt haben.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1804510500

Als nächster Redner hat der Kollege Rainer Arnold

das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Rainer Arnold (SPD):
Rede ID: ID1804510600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Neue Waffentechnik verändert das Kriegsgeschehen.
Deshalb ist Sorgfalt und Zeit angesagt und, wenn es sein
muss, Skepsis. Das ist besser als blinder Aktionismus.

Das Thema Drohnen ist doppelt belastet in der deut-
schen Debatte. Zum einen ist es natürlich durch den Ein-
satz der amerikanischen Partner zum gezielten Töten au-
ßerhalb von Kriegsgebieten belastet. Außerhalb von
Kriegsgebieten ist das nach unserer Meinung völker-
rechtswidrig, und wir halten es für wichtig, dies auch zu
benennen.


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Warum dürfen sie das von deutschem Boden aus machen?)


Wir halten es deshalb für wichtig, damit sich nicht im
Sinne von Gewohnheitsrecht eines Tages alle möglichen
anderen Staaten auf dieses vermeintliche Gewohnheits-
recht berufen können. Deshalb ist klar: Kein deutscher
Politiker, kein deutscher General dürfte solch einen Be-
fehl erteilen. Jeder Soldat hätte nicht nur das Recht, liebe
Kollegen von den Linken, sondern sogar die Verpflich-
tung, einen solchen Befehl im Zweifelsfall abzulehnen.
Dies muss man deutlich sagen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Zum anderen ist dieses Thema natürlich auch durch
die unreflektierte Herangehensweise des Verteidigungs-
ministers der alten Regierung belastet. Er wollte nun
einmal hopplahopp von den Amerikanern eine Kampf-





Rainer Arnold


(A) (C)



(D)(B)

drohne kaufen. Er ist damit gescheitert. Klar ist: Droh-
nen und Waffen sind per se ethisch nie neutral. Deshalb
müssen wir über ethische Fragen diskutieren. Eine
wurde von der Ministerin zu Recht schon angesprochen
– es ist nur eine, aber es ist eine wichtige –: Wie können
wir verhindern, dass weltweit der Weg in vollautomati-
sche Kampfsysteme – das ist nicht nur eine Frage von
Drohnen – gegangen wird? Dazu gehört nicht, dass Sys-
teme ihren Weg selbst suchen, dazu gehört nicht, dass
Filter elektronisch eingeschaltet werden, um Informatio-
nen vorzufiltern, sondern dazu gehört im Kern: Ein Sys-
tem ist dann automatisch, wenn eine Waffe nicht auf-
grund der Entscheidung eines Menschen, sondern
aufgrund eines Algorithmus abgefeuert wird.


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Dann müssen Sie den Einstieg verhindern!)


Dies wollen wir nicht, und wir sind dankbar, dass der
Außenminister und die Bundesregierung in New York
aktiv sind und wir dies im Sinne von Rüstungskontrolle
einhegen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir wollten eine breite Debatte. Wir haben im Koali-
tionsvertrag bestimmte Absprachen getroffen. Die De-
batte ist mit dem heutigen Tage bei weitem nicht abge-
schlossen. Aber Entscheidungen müssen sein, und zwar
deshalb, weil der derzeitige Leasingvertrag für das israe-
lische Drohnenprodukt Heron ausläuft. Die Bundeswehr
braucht selbstverständlich eine Aufklärungsdrohne, und
sie muss selbstverständlich über die Fähigkeit verfügen,
ihr Wissen über die Bedienung von Aufklärungsdrohnen
weiterzuentwickeln. Deshalb plädieren wir dafür, die
Kooperation mit Israel zu verlängern. Zur Ehrlichkeit
gehört nun einmal – liebe Kollegen, ich kann es Ihnen
nicht anders sagen –: Wenn wir nicht bei den Chinesen
einkaufen wollen, müssen wir bewaffnungsfähige Droh-
nen kaufen; denn es gibt auf dem Weltmarkt keine ande-
ren.

Nun dazu, dass die Kollegin Brugger behauptet hat,
ich hätte meine Meinung geändert. Frau Kollegin, ich
bin hier für Präzision. Ich sagte immer: Die Bundeswehr
hat aktuell keine Fähigkeitslücke. Sollte das derzeitige
Afghanistan-Mandat in ein Ausbildungsmandat umge-
wandelt werden, werden wir überhaupt keine Mandats-
legitimation erteilt haben, nach der die Bundeswehr
schwere Waffensysteme – Kampfflieger, Drohnen und
vieles andere – einsetzen dürfte. Wir wissen nicht, was
die Zukunft bringt; aber aktuell haben wir keine Fähig-
keitslücke. Deshalb wollen wir das israelische Produkt
nur als Aufklärungsdrohne.

Wir wissen aber: Das Leben geht weiter, und die Welt
wird sich verändern. Europa braucht natürlich die Fähig-
keit, unbemannte Flugzeuge zu produzieren; denn das ist
auch im zivilen Bereich eine Schlüsseltechnologie. Wir
brauchen diese Schlüsseltechnologie auch, weil wir
nicht von amerikanischen Technologien abhängig sein
wollen. Deshalb ist es im Sinne von Kooperation in Eu-
ropa und unserer Vision europäischer Streitkräfte richtig,
jetzt damit zu beginnen, Partner für eine gemeinsame
Entwicklung zu suchen. Zur Ehrlichkeit gehört, festzu-
stellen: Es wird keine Partner geben, die eine reine Auf-
klärungsdrohne entwickeln wollen;


(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja schon gescheitert!)


sie muss zumindest bewaffnungsfähig sein. Wir Deut-
schen werden auf der Strecke, die zu beschreiten mögli-
cherweise zehn Jahre dauert, noch viel Zeit haben, über
das Ob und das Wie sorgfältig zu beraten; das gilt auch
für die Mitglieder dieses Hauses. Das ist unsere Auf-
gabe, und wir werden dies leisten.

Der Schutz der Soldaten ist seit vielen Jahren – da bin
ich ganz bei den Grünen – ein gemeinsames Anliegen im
Verteidigungsausschuss. Da lassen wir uns von nieman-
dem auseinanderdividieren. Dass das so bleibt, wird uns
wichtig sein. Wenn sich die Welt so ändern sollte, dass
wir einmal ein Mandat erteilen müssen, das die Bundes-
wehr legitimiert, Bomben abzuwerfen und Raketen ab-
zuschießen – niemand will das –, dann können bewaff-
nete Drohnen – das ist doch ganz klar – ein Segment
zum Schutz der Soldaten sein. Ihr Einsatz ist nicht der
Königsweg; er ist auch nicht das einzig Sinnvolle. Wir
dürfen den Einsatz von Drohnen nicht überhöhen. Bevor
wir ein entsprechendes Mandat erteilen, werden wir über
den Einsatz von Drohnen intensiv reden müssen. Ich
glaube, wir sollten der Bundeswehr die Dinge, die sie
braucht, auch ermöglichen.

Außerdem sollten wir reflektieren und uns selbst im-
mer wieder fragen: Verändern neue Waffensysteme die
Einsatzschwelle, oder – um es klar zu sagen – fiele es
uns leichter, Drohnen in einen Einsatz zu schicken, statt
Menschen in einen Bodeneinsatz? Ich glaube, die
Grundvoraussetzung dafür, dass man darauf die richtige
Antwort gibt, ist, dass man diese Frage offen auf den
Tisch legt und reflektiert. Wenn wir aber genau das tun
und uns darüber klar werden, was nicht sein kann und
nicht sein darf, dann muss und darf dieses Parlament
meiner Auffassung nach sich selbst vertrauen. Militäri-
sche Einsätze hängen nicht von dem ab, was wir haben,
sondern davon, was wir politisch wollen und politisch
beschließen. Vertrauen Sie sich doch bitte selbst! Wir
können auch den Soldaten der Bundeswehr vertrauen,
dass sie Waffensysteme immer nur rechtskonform und
mandatskonform einsetzen.

Recht herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Katja Keul [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was ist denn, wenn die Drohne gegen die Bundeswehrsoldaten eingesetzt wird?)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1804510700

Als nächster Redner hat der Kollege Henning Otte

das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) (C)



(D)(B)


Henning Otte (CDU):
Rede ID: ID1804510800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine Damen und Herren! Heute wird deut-
lich, wer von den Fraktionen im Deutschen Bundestag
seiner Verantwortung als Parlamentarier gerecht wird


(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Da haben Sie recht!)


und die Interessen unseres Landes und seiner Bürgerin-
nen und Bürger und damit auch der Soldatinnen und Sol-
daten zu schützen bereit ist. Wir als CDU/CSU-Fraktion
sind auf jeden Fall dazu bereit.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es wird auch deutlich, wer aus rein ideologischen
Gründen nicht dazu bereit ist.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Immer bereit!)


Bei der heutigen Debatte um ferngesteuerte Luftfahr-
zeuge mit Aufklärungsoptiken und der Möglichkeit op-
tionaler Bewaffnung geht es um eines: Will der Deutsche
Bundestag unseren Soldaten im Einsatz die Möglichkeit
geben, sich zu schützen und sich gegebenenfalls wehren
zu dürfen,


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Nein!)


oder will der Deutsche Bundestag ihnen diese Möglich-
keit verwehren? Ihre Aussage war eben ganz klar. Wenn
es in der Abwägung darum geht, den Schutz unserer Sol-
daten zu gewährleisten oder den Schutz von Terroristen,
dann weiß ich, wofür Sie sind; da weiß ich das ganz ge-
nau.


(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das könnte die Präsidentin mal rügen! Das ist eine Unverschämtheit! – Weitere Zurufe von der LINKEN)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, unsere Sol-
daten im Einsatz – auf der Tribüne sitzen auch Soldaten –
sind bereit, Leben und Gesundheit für die Sicherheit un-
seres Landes einzusetzen, und wir haben die Verpflich-
tung, das zu machen, was möglich ist. Es geht darum,
eine Schutzlücke zu schließen, um nichts mehr. Vor al-
lem der Afghanistan-Einsatz hat deutlich gezeigt, wie
wichtig Drohnen zum Schutz und zur Aufklärung sind.
Wenn man in Echtzeit den Feind, der anzugreifen ver-
sucht, beim Bau einer Sprengfalle beobachtet, dann ist
das ein strategischer Vorteil, der im Endeffekt über Le-
ben und Tod entscheiden kann. Durch den Einsatz von
Drohnen haben wir in Afghanistan die Sicherheit unserer
Soldaten um ein Vielfaches erhöhen können. 87 Länder
auf dieser Erde haben solche Aufklärungsmöglichkeiten;
seit 2010 sind 1 700 Einsätze geflogen worden. Heute
geht es darum, ob unbemannte ferngesteuerte Luftfahr-
zeuge mit der Fähigkeit der Aufklärung auch über ein
Wirkmittel verfügen können, als Ultima Ratio, sozusa-
gen ergänzend. Diese Frage müssen wir beantworten.

Ich bin unserer Verteidigungsministerin dafür dank-
bar, dass wir nach der Anhörung am Montag heute zu ei-
ner Entscheidung kommen. Wir haben mit Experten alle
völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen, alle si-
cherheitspolitischen und ethischen Fragen sorgfältig dis-
kutiert. Wir haben ein umfassendes und abschließendes
Bild bekommen, das uns jetzt zu einer Entscheidung be-
fähigt.

Es geht darum, ob Drohnen die Gefährdung unserer
Soldaten mindern können. Wenn Soldaten angegriffen
werden, wenn sie beschossen werden, müssen sie nach
dem jetzigen Stand Hilfe über Fluggeräte herbeirufen.
Um diese Schutzlücke, um dieses Abwarten geht es. Wer
schon einmal in einer lebensbedrohlichen Situation war,
der weiß, wie lang Minuten werden können, wenn man
auf die Hilfe anderer warten muss. Dieser Zeitunter-
schied, der zwischen Leben und Tod entscheidet, soll mit
einem solchen Mittel reduziert werden.


(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das geht auch in die andere Richtung!)


Das Argument des Schutzes unserer Soldaten und
Soldatinnen muss im Bundestag Bestand haben,


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Dann holen Sie sie aus den Einsätzen zurück! Sofort!)


und es muss Priorität haben. In Teilen besteht schlicht-
weg ein falsches Bild von solchen ferngesteuerten Luft-
fahrzeugen, die zusätzlich eine Bewaffnung wie in ei-
nem herkömmlichen Flugzeug bekommen sollen. Dieses
falsche Bild ist durch rechtswidrige vollautomatisierte
Einsätze geprägt. Unsere Verteidigungsministerin hat
eben in ihrer Rede ganz deutlich gemacht, dass es so et-
was in Deutschland mit dem Deutschen Bundestag nicht
geben wird, dass wir – im Gegenteil – unseren Soldatin-
nen und Soldaten einen klaren Handlungsrahmen geben,
aber auch Grenzen setzen. Es gibt überhaupt keinen An-
lass, an der Zuverlässigkeit und an den moralischen
Grundsätzen der Soldatinnen und Soldaten der Bundes-
wehr zu zweifeln.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Der Soldaten nicht!)


Wer das tut, der will sie bewusst diskreditieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Am Ende der Entscheidung stehen immer mehrere Men-
schen, die eine militärische Ausbildung haben, die cha-
rakterlich und moralisch gefestigt und geprägt sind. Die
Welt ist nun einmal nicht friedlich, und solange sie nicht
friedlich ist, müssen wir Vorsorge betreiben. Das ist auch
Ausdruck von Verantwortung.

Woher kommen denn solche Debatten über die
Ukraine, über Russland, über den Nahen und Mittleren
Osten, über ISIS? Das macht doch deutlich, dass es eine
Gefährdungslage gibt. Darauf müssen wir uns womög-
lich vorbereiten. Es geht aber immer darum, solche Kri-
sen und Konflikte mit Diplomatie zu entschärfen und ei-
nen Militäreinsatz nur als Ultima Ratio durchzuführen.

Wer das Feuerwehrfahrzeug erst dann beschafft, wenn
die Scheune brennt, der handelt zu spät. Verantwortung
sieht anders aus.


(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Absurd!)






Henning Otte


(A) (C)



(D)(B)

Wir lehnen gesetzes- und völkerrechtswidrige Einsätze
mit bewaffneten Drohnen ab; aber wir wollen unseren
Soldaten die Möglichkeit geben, die Schutzlücke zu
schließen. Daher sind wir für eine zeitnahe Anschaf-
fung – zum Schutz unserer Soldaten, für die Sicherheit
unseres Landes und unserer Bürgerinnen und Bürger.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1804510900

Kollege Otte, ich möchte auch Sie bitten, sich an die

parlamentarischen Gepflogenheiten zu halten, sowohl in
der Wortwahl als auch in der Wahl von Vergleichen.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Jetzt hat als nächster Redner der Kollege Andrej
Hunko das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Andrej Hunko (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1804511000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir

sprechen heute über den Einstieg in bewaffnungsfähige
Drohnen, also über Kampfdrohnen. Die Linke sagt ganz
klar Nein zu dieser neuen Entwicklung von Offensiv-
waffen.


(Beifall bei der LINKEN)


Die angekündigte breit angelegte Debatte in Politik
und Gesellschaft hat nicht stattgefunden. Wir haben am
Montag im Verteidigungsausschuss – kurz vor der Som-
merpause, am Rande der Fußball-WM – eine interes-
sante Anhörung gehabt. Aber das ist noch nicht die
Debatte, die wir brauchen. Wir brauchen eine ernsthafte
gesellschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Thema.


(Beifall bei der LINKEN)


Es wird viel über die Fürsorge von Soldaten gespro-
chen. Das ist natürlich ein berechtigtes Anliegen. Aber
ich habe manchmal, auch bei den gegenwärtigen Kon-
zepten, den Eindruck, dass es hier auch um die Fürsorge
der europäischen Drohnenindustrie geht.


(Beifall bei der LINKEN)


Dreistellige Millionenbeträge sind schon an deutsche
Rüstungskonzerne geflossen. Ich erinnere daran, dass
Deutschland ab 2023 auch bis zu vier Drohnen des Typs
Global Hawk kaufen will. Die milliardenschweren Rie-
sendrohnen gehören dann zwar zur NATO, werden aber
von Deutschland finanziert und betrieben. Wie die be-
waffnete Drohnenflotte wären sie dann in Schleswig-
Holstein stationiert, wo auch schon die Voraussetzungen
geschaffen werden.


(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Guter Standort!)


Das Verteidigungsministerium behauptet, man habe
sich noch nicht entschieden, ob für die Übergangszeit,
für die nächsten zehn Jahre, Drohnen auf dem Markt ge-
kauft oder geleast werden sollen. Wahrscheinlich, hört
man aus dem Verteidigungsministerium, sollen Reaper-
Drohnen aus den USA geleast werden – Reaper heißt
Sensenmann; das spricht schon für sich –; aber ab 2023
sollen europäische Rüstungskonzerne in der Lage sein,
eigenständig europäische Kampfdrohnen zu produzie-
ren. Das lehnen wir klar ab.


(Beifall bei der LINKEN)


Diese Übergangszeit ist genau die Zeit, die zum Bei-
spiel das deutsch-französische Luftfahrtunternehmen
Airbus Defence braucht, um eine solche Drohne zu ent-
wickeln. Airbus sitzt hierbei mit dem französischen Un-
ternehmen Dassault und dem italienischen Unternehmen
Alenia in einem Boot. Fraglich ist nur – das ist gerade in
der Diskussion –, ob auch Großbritannien am Bau dieser
zukünftigen EU-Langstreckendrohne beteiligt wird und
ob auch Länder wie die Türkei mitmachen. Die europäi-
sche Drohne, die MALE, könnte in rund zehn Jahren in
Serienproduktion gehen und mit Überwachungs- und
Aufklärungssensorik, aber auch mit Raketen bestückt
werden. Gleichzeitig werden bei der Europäischen
Union alle Weichen gestellt, damit auch andere Regie-
rungen zügig über diese bewaffneten Flugroboter verfü-
gen können. Frau Verteidigungsministerin, wieso sorgen
Sie nicht dafür, dass auch in der EU und in der NATO
eine breite Debatte über die völkerrechtlichen, verfas-
sungsrechtlichen, sicherheitspolitischen und ethischen
Fragen stattfindet?


(Beifall bei der LINKEN)


Mehr als 300 Millionen Euro hat die EU bereits in der
Drohnenforschung versenkt. Bis 2028 will die EU-Luft-
fahrtagentur große Drohnen vollumfänglich in die zivile
Luftfahrt integrieren. Dabei geht es nicht nur um Zulas-
sung und Zertifizierung großer unbemannter Flugzeuge;
geforscht wird auch an der Eignung der bislang nur mili-
tärisch genutzten Langstreckendrohnen für polizeiliche
und grenzpolizeiliche Zwecke. Auch das ist Teil der De-
batte. Es geht nicht nur um Kampfdrohnen, sondern auch
darum, dass Drohnen zum Beispiel zur Grenzsicherung
eingesetzt werden sollen.

Kampfdrohnen sind als Offensivwaffen konzipiert.
Sie senken die politische Hemmschwelle – ich rede jetzt
nicht vom Soldaten am Joystick – bei der Entscheidung
über Militäreinsätze. Sie führen zur Entgrenzung des
Krieges, zeitlich und räumlich. Ich finde, die Bundes-
regierung sollte sich in internationalen Organisationen
dafür einsetzen, dass es eine internationale Konvention
zum Einsatz von Drohnen gibt, nicht nur zur Frage der
vollautomatisierten Waffen, wie Sie angekündigt haben
– was ich begrüße –, sondern auch zur Frage der geziel-
ten Tötungen und des Einsatzes von Kampfdrohnen.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie haben gesagt, über 80 Länder haben doch Drohnen;
über ein Viertel bewaffnungsfähige Drohnen. Auch das
ist ein Grund für eine internationale Debatte, um zu einer
Konvention zu kommen. Auch in den USA gibt es ge-
genwärtig eine sehr kritische Debatte. Daran könnte man





Andrej Hunko


(A) (C)



(D)(B)

anknüpfen. Die Gelegenheit ist günstig, einen solchen
Vorstoß zu machen.

Ich sage zum Schluss: Ich wünsche mir, dass Wissen-
schaftler und Ingenieure ihre Kreativität und ihre Intelli-
genz für sinnvolle Projekte einsetzen – für den Umstieg
auf erneuerbare Energien, gegen den Klimawandel, ge-
gen den Hunger in der Welt –, aber nicht zur Entwick-
lung automatisierter Tötungsmaschinen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1804511100

Als nächster Redner hat der Kollege Wolfgang

Hellmich das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Wolfgang Hellmich (SPD):
Rede ID: ID1804511200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meinem Vorredner würde ich eine Lektüreempfehlung
geben, nämlich den im Jahr 2011 erschienenen Bericht
zur Technikfolgenabschätzung unbemannter Systeme.
Viele Fragen, die wir hier diskutieren, werden in diesem
Bericht angesprochen, und es werden Handlungsemp-
fehlungen gegeben. Diese Debatte ist schon älter, sie ist
nicht aktuell, frisch und ganz neu. Ich glaube, dass wir
uns darum kümmern müssen, dass diese Debatte ver-
sachlicht und nicht emotionalisiert wird. Die Befürch-
tungen, die es in der Gesellschaft gibt – die auch berech-
tigt sind und um die man sich kümmern muss –, dürfen
nicht in einer Art und Weise aufgebläht werden, dass wir
am Ende politisch nicht mehr in der Lage sind, damit
sachgerecht und ordentlich umzugehen.

Worum geht es? Es geht darum, dass ein System be-
schafft werden muss, um eine Fähigkeitslücke für eine
absehbare Zeit zu schließen. Es geht um das Thema
Überwachung mithilfe von MALE-Drohnen. Es geht um
eine Entscheidung, die auf europäischer Ebene bereits
gefallen ist, nämlich darum, eine Drohne zu entwickeln,
die genau diese Fähigkeiten beinhaltet. Wir sollten uns
hier nichts vormachen. Eine europäische Entwicklung
mit allen unseren Nachbarn, die daran beteiligt sind,
wird immer nur im Zusammenhang mit einer Bewaff-
nungsfähigkeit möglich sein. In der NATO-Parlamenta-
rierversammlung vor nicht allzu vielen Wochen ist diese
Frage diskutiert worden, mit dem Ergebnis, dass die eu-
ropäischen Nachbarn und Partner gesagt haben: Ja, es
wird eine solche Entwicklung geben, aber die Entschei-
dung über die Frage, ob bewaffnet wird oder nicht und
womit, fällt jedes Land für sich alleine, es ist die eigene
Kompetenz. Wir haben sehr deutlich gemacht, dass es
einen Parlamentsvorbehalt gibt, dass das Parlament ent-
scheidet, was wir im Falle des Falles tun.


(Beifall bei der SPD)


Bitte keine Verengung in der Form, dass wir mit unse-
rer Entscheidung oder Nichtentscheidung – ganz egal –
international dafür sorgen könnten, dass diese Systeme
nicht beschafft, nicht bewaffnet würden und nicht unter-
wegs wären. Wir alle wissen, dass es anders ist. Die
größten Abnehmer – nach den Zahlen, die im Moment
international bekannt sind – sind Indien und Pakistan,
Regionen, die gerade dabei sind, sich mit allen Waffen-
systemen, die es gibt, aufzurüsten.


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Das ist doch kein Argument!)


Die Frage, wie wir mit der Proliferation umgehen, ist
für mich ein ganz entscheidender Punkt, um auf interna-
tionaler Ebene bei der präventiven Rüstungskontrolle ein
Problem einzuhegen, das wir in der Tat haben. Wir wä-
ren nicht glaubwürdig und könnten international nicht
auftreten, wenn wir nicht deutlich machen könnten, dass
wir mit unseren Einsatzregeln zu jedem Zeitpunkt die
Regeln des humanitären Völkerrechtes, des humanitären
Kriegsrechts einhalten.


(Beifall des Abg. Rainer Arnold [SPD])


Jede andere Unterstellung führt in die Irre. Ich sage an
dieser Stelle: Die Unterstellung, dass wir alle nicht in der
Lage wären, solche Situationen politisch einzuschätzen,
kann ich nicht akzeptieren und sie ist auch falsch.


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Dann beschaffen Sie keine Kampfdrohnen! Dann setzen Sie sich auch nicht diesem Verdacht aus!)


Ich freue mich auch, dass die Ministerin deutlich ge-
macht hat, dass die Frage der Bewaffnungsfähigkeit,
dass die Frage, wie wir international damit umgehen und
wie andere damit umgehen, nach unseren politischen
Maßstäben eindeutig abzulehnen ist. Das, was die USA
und andere Länder machen,


(Andrej Hunko [DIE LINKE]: Aber auch auf deutschem Boden!)


entspricht nicht den Regeln, die wir einhalten wollen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich plädiere eher dafür, dass wir uns in der präventiven
Rüstungskontrollpolitik intensiv mit dem Thema der
Drohnen und damit, was sie darstellen, was sie tatsäch-
lich sind, auseinandersetzen.

Wir brauchen eine Regelung im Rahmen des KSE-
Vertrages, um eine Begrenzung der Zahl der eingesetz-
ten Drohnen europaweit durchzusetzen


(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erst kaufen wir sie und dann begrenzen wir sie wieder, oder was?)


und ein Kontrollregime zu haben, welches prüft, was
denn eigentlich in Europa mit diesen Systemen passiert.
Wir brauchen eine Pflicht zur Anmeldung im Rahmen
der Vereinbarungen des Wiener Dokumentes, weil wir so
in der Lage sind, zu sehen, was unsere Bündnispartner
europaweit eigentlich mit den Drohnen machen. Wir
brauchen eine Verifikationsfähigkeit. Wir brauchen eine
Anmeldung der Drohnen im UN-Waffenregister. Ihr
Hinweis, dass sich der Außenminister vor wenigen Wo-
chen dafür eingesetzt hat, im Hinblick auf autonome
Systeme international vorzugehen, war richtig; aber es
geht hier nicht um autonome Systeme, sondern um die
Systeme, die in Europa entwickelt werden. Dies zu ver-





Wolfgang Hellmich


(A) (C)



(D)(B)

mischen, ist politisch unredlich und, wie ich glaube,
nicht zulässig.


(Beifall bei der SPD)


Wir haben internationale Verträge, von denen Droh-
nen und das, was sie leisten, bereits erfasst werden, ob es
die Verträge zur Begrenzung der Chemiewaffen und der
biologischen Waffen sind, in denen auf unbemannte Sys-
teme Bezug genommen wird, die in diesem Kontext ver-
boten sind, ob es um Verträge zu ballistischen Raketen
und landgestützten Marschflugkörpern geht. Auch in
diese sind UAVs aufzunehmen, denn sie gehören in das
Regime dieser Verträge und können darin erfasst wer-
den.

Es ist ein Auftrag an die internationale Politik und an
unsere Abrüstungspolitik, dafür zu sorgen, dass die
Systeme, die da auf dem Wege sind, eingehegt und ein-
gegrenzt werden und die geltenden Regeln letztendlich
international durchgesetzt werden, nämlich die des hu-
manitären Völkerrechtes. Bei uns gelten diese Regeln.
Unsere Rules of Engagement, unsere Einsatzregeln, ma-
chen sehr deutlich, dass bei jeder menschlichen Ent-
scheidung die Gebote der Verhältnismäßigkeit der einge-
setzten Mittel, der Zurechenbarkeit der Mittel und der
Beschränkung der Mittel zur Anwendung kommen und
zur Praxis gehören. Ich glaube, mit diesen Regeln sind
wir in der Lage, alle Waffensysteme in einer Art und
Weise einzusetzen, die mit dem Völkerrecht vereinbar
ist. In diesen Regeln wird unterschieden, wie Flugzeuge,
Hubschrauber und andere militärische Systeme zum Ein-
satz kommen können.

Auch mich haben die technologischen Möglichkeiten
und Entwicklungen erschreckt. Ich glaube, wir alle sind
uns darüber einig, dass alle militärischen Systeme, ganz
egal, welche es sind, dann nicht mit unseren Grundsät-
zen vereinbar sind, wenn sie letzten Endes nicht der Ent-
scheidung des Menschen unterliegen. Sobald eine solche
Situation eintritt, ist die Entwicklung solcher Waffensys-
teme abzulehnen.


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Dann verhindern Sie den Einstieg! Ächten Sie Kampfdrohnen!)


Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Katharina Landgraf [CDU/CSU])



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1804511300

Als nächstem Redner erteile ich dem Kollegen Omid

Nouripour, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.


Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804511400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die unbe-

mannten Systeme verändern die Kriegsführung massiv.
Damit geht – das haben Sie, Frau Ministerin, gerade
richtig beschrieben – ein großes Unbehagen in der Be-
völkerung einher. Es lohnt sich, einmal genauer darauf
zu schauen, warum dieses Unbehagen existiert und wo-
her es eigentlich kommt, und das im 13. Jahr des War on
Terror. Man muss nach Pakistan, nach Jemen, nach So-
malia und auf die gezielten Tötungen schauen, die es
dort gibt, die alle extralegal sind. Die USA sagen, dass
diese Tötungen nicht extralegal seien, weil sie ein Recht
auf Selbstverteidigung hätten. Nur führt diese Ausle-
gung des Rechts auf Selbstverteidigung in der Praxis zu
einer Entgrenzung des Krieges.

Pakistan. Seit zehn Jahren gab es dort Angriffe; man
schätzt die Zahl konservativ auf 350. Es gab mindestens
2 500 Tote, darunter 950 Zivilisten und 200 Kinder. Al-
lem voran wurden Gebiete in Nordwasiristan getroffen.
Die Operationen werden von der CIA geführt; sie wer-
den gar nicht vom Militär geführt. Die Praxis ist, dass
alle erwachsenen Männer in der Umgebung eines ver-
meintlichen Terroristen auch Terroristen sein müssten;
dementsprechend wird dort gehandelt. Das hat nicht nur
mit dem Völkerrecht nichts zu tun, sondern hat auch eine
fatale Folge, nämlich dass viele Menschen den Radika-
len zulaufen, gerade weil sie – das zeigen viele Studien
aus den Gebieten – diese Praxis ablehnen und die Sym-
bolik des Einsatzes von Drohnen, nämlich David gegen
Goliath, sie dazu antreibt, zu Extremisten zu werden.
Das ist eine fatale Entwicklung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Schauen wir nach Jemen. Auch dort gibt es regelmä-
ßig Angriffe; es gab bis zu 500 Tote. Die Mär, dass
Drohnen ja so unglaublich präzise seien, ist auch dort
das eine oder andere Mal auf tragische Art und Weise
entkräftet worden, beispielsweise im Dezember 2013:
Ein Autokonvoi wurde angegriffen. Es wurden Al-Qaida-
Kämpfer darin vermutet, aber es war eine Hochzeitsge-
sellschaft. Es gab 12 Tote und 15 Schwerverletzte.

Sie haben von Unbehagen gesprochen. Es stellt sich
die Frage, ob diese Art und Weise der Auslegung des
Völkerrechts eine rein amerikanische Geschichte ist, ja
oder nein. Frau Ministerin, Sie haben gesagt: Extralegale
Tötungen lehnen wir ab. – Das ist ein Satz, den wir alle
sofort unterschreiben würden. Die Frage ist nur: Wie,
wer und vor allem wann wird das einmal gegenüber den
Amerikanern formuliert? Wann wird endlich den ameri-
kanischen Freunden gesagt, dass diese Praxis komplett
indiskutabel ist?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Eine vorläufige Antwort darauf gab es am 28. März
dieses Jahres. Pakistan und Jemen haben eine Resolution
in den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen einge-
bracht, mit der sie nichts anderes wollten, als Transpa-
renz in Bezug auf Drohnenangriffe herzustellen. Diese
Resolution ist zwar angenommen worden, aber die USA
haben dagegen gestimmt, und Deutschland hat sich ent-
halten.


(Zuruf von der LINKEN: Pfui!)


Das ist nicht unbedingt eine Maßnahme, die Vertrauen
schafft. So können wir nur schwer glauben, dass der
Satz: „Wir lehnen extralegale Tötungen ab“, auch tat-
sächlich umgesetzt wird.





Omid Nouripour


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Es ist immer wieder berichtet worden, dass AFRICOM
in Stuttgart der Auswahl und Identifikation von Zielen in
Afrika dient. Da reden wir eindeutig von extralegalen
Tötungen und Völkerrechtsbruch. Die territoriale Souve-
ränität von Staaten wird verletzt; das wird aber gegen-
über den USA nicht angesprochen. AFRICOM geht von
deutschem Boden aus. Das heißt, es ist nicht nur völker-
rechtswidrig, sondern es verstößt auch gegen deutsches
Recht. Wir müssen leider feststellen, dass die Bundesre-
gierung vor dieser Tatsache ganz fest die Augen ver-
schließt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Der Drohnenpilot Brandon Bryant, der sehr exponiert
über seine Erfahrungen spricht, sagt, dass Ramstein für
den US-Drohnenkrieg in Pakistan und im Jemen so et-
was wie die Relaisstation sei und dass die dortige Radar-
anlage für die Angriffe von zentraler Bedeutung sei.
Auch das ist mit deutschem Recht nicht vereinbar.

Als Präsident Obama in Deutschland war, wurde er,
wenn ich das richtig sehe, lediglich von Journalisten da-
rauf angesprochen. Seine Antwort war nicht, dass das
passiert, er sagte nur, dass die Planungen nicht von deut-
schem Boden ausgehen; das hat aber vorher auch nie-
mand behauptet. Es ist tragisch, dass niemand nachge-
fragt hat und dass die deutsche Bundesregierung einfach
weghört, nur weil das Thema nicht angenehm zu sein
scheint.

Das ist der Grund für das genannte Unbehagen. Das
ist der zentrale Grund dafür, dass wir nicht daran glau-
ben – auch wenn es immer wieder gesagt und auch in
Koalitionsverträge hineingeschrieben wird –, dass extra-
legale Tötungen tatsächlich abgelehnt werden. Die Um-
gehungsmöglichkeiten sind einfach immens. Von der
Bundesregierung gehen auch keinerlei Aktivitäten aus,
die glaubhaft machen würden, dass es keine Umgehung
geben wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1804511500

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abge-

ordneten Ingo Gädechens, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Ingo Gädechens (CDU):
Rede ID: ID1804511600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ferngesteu-
erte Luftfahrzeuge, wie der Heron, den wir in Afghani-
stan einsetzen,


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Sagen Sie doch einmal „Drohnen“!)

sind bereits heute ein unverzichtbares Mittel zur Aufklä-
rung und zum effektiven Schutz unserer Soldatinnen und
Soldaten im Einsatz.

Vorgestern haben wir in einer öffentlichen Anhörung
des Verteidigungsausschusses erörtert, ob es Sinn macht,
unsere Streitkräfte auch mit einer bewaffnungsfähigen
Drohne auszurüsten. Ich möchte hierzu Folgendes an-
merken.

Der Wehrbeauftragte und die Vertreter der Bundes-
wehr haben ein eindeutiges Plädoyer für die Beschaf-
fung bewaffneter Drohnen abgegeben. Liebe Kollegin-
nen und Kollegen, wir sollten auf unsere Soldaten hören;
denn sie sind es, die von diesem Parlament in Einsätze
geschickt wurden und ganz sicher auch zukünftig in Ein-
sätze geschickt werden.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Wie kommen Sie denn darauf?)


Unsere Soldatinnen und Soldaten sind diejenigen, die
schwierigste Situationen meistern müssen und im
schlimmsten Fall unter Beschuss stehen. Wir hier im
Deutschen Bundestag tragen gerade deshalb ein hohes
Maß an Verantwortung für diese Männer und Frauen, de-
ren Leib und Leben bedroht sein könnten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Christine Buchholz [DIE LINKE]: Sehr richtig, das heißt aber nicht, Drohnen zu kaufen!)


Für mich wäre es nicht nachvollziehbar, wenn die
Truppe im Einsatz Fähigkeitslücken hinnehmen müsste,
die ihre Sicherheit unnötig gefährden würden. Das darf
erst recht nicht geschehen, wenn sich in Konfliktregio-
nen weder terroristische Kräfte noch Kombattanten an
Regeln des humanitären Völkerrechts bzw. des Kriegs-
völkerrechts halten. Wenn ich das sage, habe ich ebenso
wie viele Kolleginnen und Kollegen Bilder aus Afgha-
nistan vor Augen: Angriffe mit hinterhältigsten Spreng-
fallen und Feuerüberfälle aus dem Hinterhalt.

Es ist nicht richtig, wenn behauptet wird, dass derzeit
keine Szenarien für den Einsatz von Drohnen erkennbar
sind. Der Frieden in vielen Teilen der Welt ist fragil oder
bedroht. Die Aufträge, die dieses Parlament an die Bun-
deswehr vergeben hat oder noch vergeben wird, sind
vielfältig. Einsatzszenarien – das lehrt uns die jüngste
Geschichte – können sich sehr schnell ändern.

Bewaffnete Drohnen liefern gerade in diesen mögli-
chen asymmetrischen Konflikten präzise Aufklärungser-
gebnisse in Echtzeit und, falls erforderlich, eine schnelle
Bekämpfung identifizierter Angreifer. Das ist durch her-
kömmliche Luftnahunterstützung nicht oder nur sehr be-
dingt zu gewährleisten. Eine bewaffnete Drohne wäre
nach den bekannten Einsatzregeln schon heute ein rein
defensives Waffensystem, und zwar ausschließlich.


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Das glauben Sie doch selbst nicht!)


– Das glaube ich sehr wohl; denn diese Bundeswehr
agiert mit defensiven Waffensystemen und reagiert nur,
wenn unsere Kameradinnen und Kameraden angegriffen
werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)






Ingo Gädechens


(A) (C)



(D)(B)

Darüber hinaus bin ich der festen Überzeugung, dass
sich im Zweifelsfall durch präzise Aufklärungsergeb-
nisse unerwünschte Kollateralschäden am ehesten ver-
meiden lassen.

Ich sehe nicht die Gefahr einer Ausweitung oder Ent-
grenzung von Waffengewalt. Hinter jeder Drohne – auch
das führte die Ministerin aus – steht ein Team aus erfah-
renen Piloten und Aufklärern, das jede Entscheidung
nach klar definierten Einsatzregeln sorgsam abwägen
muss.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Kunduz!)


Wer die Innere Führung und den Geist der Bundeswehr
kennt, weiß, dass sie in der Vergangenheit stets überaus
restriktiv und verantwortungsvoll, wenn nötig auch ent-
schlossen mit ihren Mitteln umgegangen ist. Deshalb ha-
ben unsere Soldaten das von der Opposition teilweise ar-
tikulierte Misstrauen wirklich nicht verdient.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die bisherigen Einsatzerfahrungen und rechtlichen Rah-
menbedingungen, an die alle deutschen Soldaten im Ein-
satz gebunden sind, rechtfertigen Zweifel jedenfalls
nicht.

Eine durchaus berechtigte Frage, gerade hier im Par-
lament, ist, wie bewaffnete Drohnen in Konflikten ein-
gesetzt werden sollen. Es ist gar keine Frage – auch das
ist mehrfach betont worden –: Völkerrechtswidrige Ein-
sätze sind kategorisch abzulehnen. Wir sprechen uns für
eine Ächtung von automatisierten Systemen aus. Gerade
deshalb rate ich den Damen und Herren der Opposition:
Streichen Sie das Bild der Killerdrohne aus Ihrem Kopf.


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Sie wollen es streichen!)


Das ist nicht das, worüber wir hier heute reden, und das
ist auch nicht das, was wir wollen. Wer unsere Bundes-
wehr in Auslandseinsätze schickt und diesen notwendi-
gen Schutz verweigert, versündigt sich an Soldatinnen
und Soldaten.


(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tun wir nicht! Das ist einfach nicht fair!)


Das sagte nicht nur der Wehrbeauftragte in der Anhö-
rung vorgestern, das sage auch ich.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1804511700

Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abge-

ordneten Gabi Weber, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Gabi Weber (SPD):
Rede ID: ID1804511800

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen

und Kolleginnen! Ich hatte eigentlich vor, meine Rede
damit zu beginnen, das, was den Kolleginnen und Kolle-
gen von der Bundeswehr hier unterstellt wird – die Bun-
deswehr würde handeln wie die USA; das kommt in vie-
len Debattenbeiträgen rüber –, zurückzuweisen. Nach
Ihrer Argumentation, Herr Gädechens, ist das für mich
allerdings ein bisschen schwierig.


(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Strengen Sie sich an, Frau Kollegin!)


Deshalb konzentriere ich mich jetzt erst einmal auf das,
was ich ansonsten vorbereitet habe. Der Ablauf dieser
Debatte zeigt mir, dass es notwendig ist, diese Debatte
zu versachlichen; denn mit emotionalen Vorwürfen kom-
men wir in dieser Frage einfach nicht weiter.


(Beifall bei der SPD – Christine Buchholz [DIE LINKE]: Es sind keine emotionalen Vorwürfe, sondern sachliche!)


Deshalb geht es mir wirklich darum, das an einigen Stel-
len klarzustellen, damit wir nachher weniger aufgeregt
und stärker an der Sache orientiert über die politische
Frage diskutieren können, ob, und, falls ja, welche, Luft-
fahrzeuge die Bundesregierung beschaffen oder mieten
soll.

Worum geht es denn eigentlich? In Afghanistan setzt
die Bundeswehr seit 2010 drei israelische Aufklärungs-
drohnen ein. Diese unbemannten Flugzeuge – ich sage
bewusst: Flugzeuge –


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ja, ja!)


werden von mehreren Piloten aus einem Kommando-
stand am Boden gelenkt. Ihre Aufgabe ist es, über einen
längeren Zeitraum, bis zu 24 Stunden, einen Ort oder
eine Region zu überwachen. Sie beschaffen Informatio-
nen, was dort vorgeht und wie die Lage ist. Das ist not-
wendig, um beispielsweise Bundeswehrpatrouillen nicht
in einen feindlichen Hinterhalt geraten zu lassen oder um
Straßen zu überwachen und gegebenenfalls Sprengla-
dungen, die dort vergraben wurden, ausfindig und un-
schädlich zu machen.

Die drei unbemannten Luftfahrzeuge wurden zu-
nächst für drei Jahre gemietet, der Vertrag wurde dann
mehrmals verlängert. Ab Mai 2015 benötigt die Bundes-
wehr eine Nachfolgelösung, damit die militärische Fä-
higkeit, eigene Bilder und Erkenntnisse zu bekommen,
erhalten bleibt. Logischerweise ist diese Nachfolgelö-
sung auf einem technisch höheren Niveau als bisher, da-
mit verbunden auch bewaffnungsfähig.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Also muss man Nein sagen!)


Aber nur, weil sie bewaffnungsfähig ist, heißt das doch
nicht, dass man sie auch bewaffnen muss. Diese Auto-
matismen muss man einfach zurückweisen. Da haben
Sie eine Schere im Kopf, die sollten Sie entfernen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Unserer Meinung nach müssen die nicht bewaffnet sein.
Vielmehr sollen sie wie bisher, allerdings mit einer bes-
seren Qualität, im Rahmen von Bundeswehreinsätzen in
Konfliktgebieten Aufklärung zum Nutzen der eigenen
Soldaten und der Zivilbevölkerung leisten.





Gabi Weber


(A) (C)



(D)(B)

Darüber hinaus benötigt diese Debatte einige weitere
Klarstellungen. Konkret: Worum geht es denn nicht?
Wenn es um die Bewaffnung geht, wird argumentiert,
die eigenen Soldaten müssten aus der Luft unterstützt
werden. Verstehen Sie mich an dieser Stelle nicht falsch.
Wir tragen natürlich die Verantwortung, unsere eigenen
Soldaten und Soldatinnen in den Einsätzen zu schützen,
in die wir sie per Bundestagsbeschluss entsenden.


(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Wir besitzen aber doch bereits entsprechende Flugzeuge
und Hubschrauber, die für viel Geld beschafft wurden.
Diese sind nicht zum Anschauen da, sondern um sie ge-
gebenenfalls einzusetzen, um genau diesen Schutz zu
gewährleisten. Das sollten wir in der Diskussion nicht
ausblenden, wenn wir jetzt so tun, als ob es darum geht,
eine riesige Fähigkeitslücke zu schließen, damit die Sol-
daten und Soldatinnen dort gesichert sind. Sie sind es.
Wir sollten deshalb erst noch einmal genau überprüfen,
was wir haben und ob damit nicht die gewünschte Auf-
gabe viel besser schon jetzt erfüllt werden kann.

Lassen Sie mich noch einen Punkt ansprechen, über
den wir in absehbarer Zeit nicht entscheiden werden, den
wir aber in jedem Fall zügig angehen müssen. Auch der
Nachfolger der aktuell genutzten Heron-Drohne wird pi-
lotengesteuert fliegen, höchstens teilautonom bei länge-
ren Strecken. Bezogen auf reine Flugmanöver ist gegen
Autonomie nichts zu sagen. Seit Jahren steuern Auto-
piloten Verkehrsflugzeuge automatisch und sicher zum
nächsten Flughafen. Aber bei dem Gedanken, dass ein
Computer darüber entscheiden soll, ob eine Waffe abge-
feuert wird, und dies auch tatsächlich durchführt, stellen
sich mir allerdings die Nackenhaare auf.


(Beifall bei der SPD)


Dies halten wir für absolut nicht sinnvoll. Dies lehnen
wir ausdrücklich ab und wollen wir international geäch-
tet sehen.


(Beifall bei der SPD – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das könnt ihr beim nächsten NATO-Gipfel gleich machen!)


Nicht nur die Frage der Verantwortung bliebe dann un-
beantwortet, sondern es wäre auch höchst unethisch,
wenn eine Maschine selbsttätig über Gewalt gegen Men-
schen entscheiden würde. Die letztendliche Entschei-
dung muss immer bei einem Menschen liegen. Daher
muss sich die Bundesregierung jetzt international enga-
gieren, um eine Ächtung von autonom agierenden Waf-
fensystemen zu erreichen. Die bisher vorbereitenden
Ansätze, im Rahmen des Übereinkommens über kon-
ventionelle Waffen, CCW, ein Verbot zu erreichen, stim-
men mich an dieser Stelle positiv.

Ich denke, wir sollten in dieser Debatte die Emotio-
nen ein Stück weit herausnehmen und die Kirche im
Dorf lassen. Wenn es um die Bewaffnung von Drohnen
geht, bin ich aus den vorgenannten Gründen sehr skep-
tisch.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Die Kirchen würden sowieso Nein sagen!)

Aber im Herbst steht eine Entscheidung über moderne
unbemannte Überwachungsflugzeuge bevor, wie ge-
sagt, nicht weniger, aber auch nicht mehr.


(Beifall bei der SPD)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1804511900

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abge-

ordneten Florian Hahn, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Florian Hahn (CSU):
Rede ID: ID1804512000

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir hatten ja am Montag die Anhörung. Im
Vorfeld wurde öfters die Frage gestellt, ob denn diese
Anhörung überhaupt zweckmäßig ist, weil doch sowieso
die meisten Abgeordneten schon eine feste Meinung ha-
ben, was die Beschaffung von bewaffnungsfähigen
Drohnen angeht.


(Andrej Hunko [DIE LINKE]: Nein, aber das Verteidigungsministerium!)


Ich muss ganz ehrlich sagen, dass es in der Tat auch bei
mir so ist, dass ich schon vorher eine feste Meinung
hatte


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das überrascht mich jetzt aber sehr!)


und dass diese Anhörung daran auch nichts geändert hat.
Aber ich glaube, dass diese Anhörung trotzdem sehr
wichtig war, nicht nur, weil sie interessant war, sondern
auch, weil sie die Erkenntnisse vertieft und weil sie vor
allem – das ist der eigentliche Wert – zu einer Entdämo-
nisierung dieses Themas und zur Versachlichung beige-
tragen hat; das kann man in der Berichterstattung der
Medien gut nachlesen. Deswegen war diese Anhörung
sehr wichtig.

Sie hat auch Klarheit und Schärfe gebracht, wenn es
darum geht, welche Begriffe wir eigentlich benutzen. Ich
möchte Ihnen ein Beispiel nennen. Wir reden oft von
„unbemannten Systemen“. Dieser Begriff ist falsch. Wa-
rum ist dieser Begriff falsch? Weil er suggeriert, dass der
Mensch aus diesem System herausgenommen wird. Ge-
nau das ist bei einer Drohne, so wie wir über sie gespro-
chen haben, eben nicht der Fall. Der Mensch ist weiter
im System drin. Es ist deswegen auch nicht in Ordnung,
wenn man über Vollautomatisierung oder autonome Sys-
teme spricht, so zu tun, als handele es sich um Compu-
terspiele oder als stünde ein Roboterkrieg kurz bevor.
Das ist der Teufel, der an die Wand gemalt wird. Das ist
unverantwortlich. Das sollten wir unterlassen.

Diese Anhörung hat außerdem eines deutlich ge-
macht: Neubewertungen nach ethisch-moralischen Stan-
dards sind in diesem Fall nicht nötig. Es gibt keinen sub-
stanziellen Unterschied zwischen den altbekannten
Lenkwaffen, die beispielsweise von Schiffen oder Hub-
schraubern aus eingesetzt werden, und Drohnen, so wie
wir über sie gesprochen haben. Denn in beiden Fällen
entscheidet ein Mensch bzw. entscheiden Menschen
über einen Einsatz.





Florian Hahn


(A) (C)



(D)(B)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Beschaffung
von Drohnen ist auch eine Frage der Verantwortung nach
innen und nach außen: nach außen, weil es auch darum
geht, unseren Bündnispartnern Schutz und Unterstüt-
zung zu gewähren – gerade hier sind wir als große Wirt-
schaftsnation in einer besonderen Verantwortung –, und
nach innen, weil wir eine Fürsorgepflicht für unsere Sol-
daten haben. Das heißt, wir sind dafür verantwortlich
und verpflichtet, unseren Soldatinnen und Soldaten die
beste Ausrüstung, die möglich ist, zu geben. Wir sind
auch verpflichtet, das Risiko für unsere Soldatinnen und
Soldaten so gering wie irgend möglich zu halten, wenn
wir sie in einen Einsatz schicken.


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Dann bringen Sie die Bundeswehr nicht in einen asymmetrischen Krieg hinein!)


Ein wichtiger Aspekt von verantwortlicher, verant-
wortungsbewusster Sicherheitspolitik ist Unabhängig-
keit. Deshalb ist es richtig, nicht nur über die Beschaf-
fung eines solchen Systems zu diskutieren, sondern auch
zu überlegen, ob es nicht sinnvoll ist, diese Entwicklun-
gen selbst durchzuführen, um die Technologie zu verste-
hen und beherrschen zu können. Verantwortliche Politik
heißt auch, die Beschaffung nicht nur nach aktueller
Lage zu planen, sondern auch an das Unwahrscheinliche
zu denken, meine Damen und Herren, weil wir sonst im-
mer zu spät dran sind.

Afghanistan ist ein gutes Beispiel dafür. Niemand hat
vor dem 11. September 2001 an einen Einsatz der Bun-
deswehr in Afghanistan gedacht oder sich dieses Szena-
rio vorstellen können. Deswegen war die Bundeswehr
nicht gut ausgerüstet, als sie in diesen Einsatz gegangen
ist. Es hat – wir mussten das leidvoll erfahren – viele
Jahre gebraucht, bis wir ausreichend nachgerüstet haben.
Übrigens, die Zurverfügungstellung von Kampfhub-
schraubern und die Zurverfügungstellung der Panzer-
haubitzen haben mehr Sicherheit gebracht und natürlich
auch die Wirkungsmöglichkeiten erhöht. Aber das hat
nicht dazu geführt, dass unsere Soldatinnen und Solda-
ten unverantwortlich oder gar enthemmter gehandelt hät-
ten.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, nicht ein
Waffensystem begeht den Bruch von Völkerrecht, son-
dern diejenigen, die das System rechtswidrig einsetzen.
In Anbetracht des Parlamentsvorbehalts und mit Blick
auf Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, habe ich über-
haupt keine Sorge, dass wir Gefahr laufen, solche Sys-
teme völkerrechtswidrig einzusetzen, mit Blick auf un-
sere Bundeswehr erst recht nicht. Unsere Soldatinnen
und Soldaten handeln seit Jahren und Jahrzehnten ver-
antwortungsbewusst und nicht leichtfertig oder gar ent-
hemmt. Darauf können die Soldatinnen und Soldaten
stolz sein, und wir können auf unsere Soldatinnen und
Soldaten stolz sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Abschließend möchte ich sagen: Es ist richtig, in die
Entwicklung von ferngelenkten, bewaffnungsfähigen
Drohnen zu gehen. Bewaffnungsfähig heißt: Die Drohne
kann, aber muss nicht bewaffnet sein. Drohnen können
unsere Soldatinnen und Soldaten schützen. Die Entwick-
lung derartiger Drohnen macht Europa, macht Deutsch-
land von anderen unabhängig.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1804512100

Als letzter Rednerin in dieser Aktuellen Stunde erteile

ich das Wort der Abgeordneten Gisela Manderla, CDU/
CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gisela Manderla (CDU):
Rede ID: ID1804512200

Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Kollegen und

Kolleginnen! Nach der Anhörung am Montag und nach
der heutigen Debatte, nach der ganzen Bandbreite von
Pro- und Kontraargumenten bezüglich der Beschaffung
ferngesteuerter, bewaffnungsfähiger Luftfahrzeuge, möchte
ich meinen Beitrag mit einer persönlichen Schilderung
beginnen.

Bei meinem ersten Besuch unseres Kontingents in
Afghanistan mussten wir in Termes einen Zwischen-
stopp einlegen. In der Dämmerung fiel mir auf, dass über
dem dortigen Stützpunkt weiße Zeppeline schwebten.
Ich habe mich dann nach ihrer Funktion erkundigt und
erfuhr, dass diese Ballons mit Kameras ausgerüstet sind,
um die weitere Umgebung des Lagers zu kontrollieren
und mögliche Bedrohungen, etwa die Platzierung von
Sprengfallen an den Zufahrtsstraßen, frühzeitig zu er-
kennen. Mein zentraler Gedanke in diesem Moment war:
Gut, dass es diese Vorrichtung gibt, um unsere Soldatin-
nen und Soldaten entsprechend vorzuwarnen und sie da-
durch effektiv zu schützen.

Jetzt könnten sich Teile dieses Hauses aufregen und
sagen: Ein Zeppelin ist doch keine Drohne! – Das
stimmt; aber was ich damit sagen will: Im Grundsatz ste-
hen wir bei der Ausstattung unserer Einsatzkontingente
immer vor der gleichen Frage: Welche Maßstäbe, welche
Leitprinzipien legen wir bei der Entsendung unserer Sol-
datinnen und Soldaten an? An dieser Stelle sage ich ganz
deutlich: Die Sicherheit, der Schutz unserer Frauen und
Männer im Einsatz, hat oberste Priorität. Das dürfen wir
nie aus den Augen verlieren, liebe Kollegen und Kolle-
ginnen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Flankiert wird dieses Leitmotiv, dieser Grundge-
danke, von zwei weiteren Eckpfeilern: Das ist einerseits
die Auftragserfüllung und andererseits die Einhaltung
der Einsatzregularien, der sogenannten Rules of Engage-
ment. Wenn man die Debatte um die Anschaffung von
ferngesteuerten, bewaffnungsfähigen Luftfahrzeugen
nun einmal auf dieses Spannungsdreieck, auf diese drei
Grundprinzipien projiziert, kommt man nach meiner
Einschätzung zu einem eindeutigen Ergebnis.





Gisela Manderla


(A) (C)



(D)(B)

Erstens kann in Zeiten asymmetrischer Kriege und
immer komplexer werdender Gemengelagen in Kon-
fliktregionen jeder Schritt zum Risiko, jedes Objekt zur
Gefahr werden. Denn eines ist klar: Unsere Gegner hal-
ten sich an keine Regeln, kein Grundgesetz und auch
kein Völkerrecht; das ist traurige Realität, meine Damen
und Herren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Andrej Hunko [DIE LINKE]: Wir auch nicht!)


Wenn man sich mit einsatzerfahrenen Soldaten und
Soldatinnen unterhält und diese aus Gefechtssituationen
berichten, wird einem schnell klar, dass unmittelbare
Präsenz von Luftunterstützung von enormer Bedeutung
ist; denn die direkte Projektion militärischer Mittel in ei-
nem Einsatzraum hat auf gegnerische Kräfte immer eine
abschreckende Wirkung.

Zweitens schließt sich hier unmittelbar an, dass un-
sere Soldatinnen und Soldaten ihre Aufträge schneller
und sicherer und damit besser erfüllen können, wenn sie
ein breites Fähigkeitsspektrum zur Verfügung haben und
flexibel auf Bedrohungslagen reagieren können.

Drittens nun zu dem Punkt, den die Opposition emo-
tional besonders aufgeladen hat: Von extralegalen Tö-
tungen war hier die Rede oder gar von der Anschaffung
von Killerrobotern.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das ist doch so!)


Liebe Kollegen und Kolleginnen, die Bundeswehr hat
– das ist ja wohl unstrittig – mit die strengsten Einsatz-
grundsätze weltweit. Dies gilt insbesondere für den Ein-
satz von Waffengewalt. Es glaubt doch wohl niemand
ernsthaft, dass die Bundeswehr ausgerechnet mit diesem
Waffensystem anders umgeht als mit allen anderen zu-
vor.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sowohl in der Anhörung am Montag als auch heute,
im Rahmen dieser Debatte, ist mehrfach betont worden,
dass es sich bei den Systemen eben nicht um autonom
handelnde Roboter handelt, sondern um reguläre, von
Soldaten gesteuerte Waffensysteme.


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Ja! Aber es wird der Einstieg sein!)


Vor diesem Hintergrund gelten für ihren Einsatz na-
türlich die gleichen Regeln, die gleichen Grundsätze und
die gleichen Befehlsketten. Insofern kann ich im Einsatz
dieser militärischen Mittel keine neue Dimension oder
Qualität erkennen und erst recht kein Ausscheren aus un-
seren rechtlichen Einsatzgrundlagen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Liebe Kollegen und Kolleginnen, ich komme zum
Schluss. Es geht bei der Anschaffung dieser Waffensys-
teme darum, unseren Streitkräften einen zusätzlichen,
wirkungsvollen, sehr mobilen und schnell einsetzbaren
Baustein zur Erweiterung ihres Fähigkeitsspektrums an
die Hand zu geben. Wir als mandatierendes Parlament
haben eine besondere Verantwortung und Fürsorge-
pflicht gegenüber unseren Soldaten und Soldatinnen


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Deswegen stimmen wir auch dagegen!)


und dürfen uns dieser Verantwortung daher überhaupt
nicht entziehen.

Gestatten Sie mir abschließend eine grundsätzliche
Bemerkung:


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Oh ja, jetzt wird es spannend!)


Wer sich die Debatten heute und auch am Montag genau
angesehen hat, der stellt fest, dass die fast reflexartige
und in Teilen hysterische Panikmache der Opposition


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da Sie das vorher aufgeschrieben haben, scheint das ja wirklich eine Reaktion auf die Debatte zu sein!)


nichts anderes als ein durchsichtiger Versuch ist, einen
weiteren Keil zwischen unsere Streitkräfte und unsere
Zivilgesellschaft zu treiben. Das ist mit uns als CDU/
CSU-Fraktion nicht zu machen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das glauben Sie doch selber nicht!)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1804512300

Ich schließe die Aussprache.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immu-
nität und Geschäftsordnung (1. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Irene Mihalic,
Dr. Konstantin von Notz, Luise Amtsberg,
Volker Beck (Köln), Frank Tempel und weiterer
Abgeordneter

Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Drucksachen 18/1475, 18/1948

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 25 Minuten vorgesehen. – Ich höre kei-
nen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Als erster Rednerin erteile ich der Abgeordneten
Irene Mihalic, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.


Dr. Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1804512400

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen!

Liebe Kollegen! Ja, nach mehreren Sondersitzungen des
Innenausschusses und parlamentarischen Anfragen zu
diesem Thema, die – das muss man ja leider sagen – im-
mer neue Fragen und Zweifel aufgeworfen haben, Zwei-
fel am BKA hinsichtlich der langwierigen Bearbeitung
des kinderpornografischen Materials aus Kanada und
Zweifel hinsichtlich der Weitergabe von Informationen
durch das BKA an die Bundesregierung und auch an die





Irene Mihalic


(A) (C)



(D)(B)

Spitze der SPD, kann die Arbeit nun endlich beginnen.
Darauf aufbauend stellt sich die Frage, ob, wann und
durch wen der ehemalige Bundestagsabgeordnete
Sebastian Edathy möglicherweise frühzeitig von diesen
Ermittlungen gegen ihn erfahren hat.

Es gilt nun, all das so gut es geht aufzuklären. Das ist
unser parlamentarischer Auftrag, und ich bin sehr froh,
dass auch die Union und die SPD diesen Auftrag in den
letzten Wochen für sich erkannt zu haben scheinen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Frank Tempel [DIE LINKE])


Das ist auch gut; denn das ist unsere Aufgabe als Par-
lamentarier, und es ist nicht unsere Aufgabe, eine Mauer
um die Vorgänge in der Bundesregierung und in den
Bundesbehörden aufzubauen. Unser Mandat ist hier ein-
deutig die parlamentarische Kontrolle von Regierungs-
und Behördenhandeln, wenn es eine Bundeszuständig-
keit gibt, und dem kommen wir jetzt nach.

Gestatten Sie mir die Bemerkung: Wenn alle Fraktio-
nen diesem aufklärerischen Leitbild in den Sitzungen
des Innenausschusses schon von Anfang an gefolgt wä-
ren, dann müssten wir diesen Untersuchungsausschuss
heute womöglich nicht einsetzen.

Wir möchten jetzt aber auch nach vorne schauen, und
dafür war die fachlich fundierte Debatte über die genaue
Abfassung des Untersuchungsauftrages wirklich eine
sehr gute Grundlage. Wir haben dabei Missverständnisse
ausgeräumt, Formulierungen konkretisiert und Konflikt-
punkte weitestgehend beseitigt.

Übrig geblieben sind die drei Grundsäulen des ur-
sprünglichen Antragstextes: Wir befassen uns jetzt mit
den Vorgängen beim BKA von dem Zeitpunkt an, als das
kinderpornografische Material aus Kanada im Novem-
ber 2011 an das BKA übergeben worden ist. Wir werden
genau schauen, wer wann Einblick genommen hat und
nehmen konnte und wie sich die Bearbeitung genau voll-
zogen hat. Wir befassen uns mit der Frage, ob, wann und
durch wen der ehemalige Bundestagsabgeordnete Edathy
von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der Poli-
zeibehörden erfahren hat oder über einzelne Ermitt-
lungsschritte informiert war.

Das wird natürlich nicht einfach zu klären sein; das ist
uns auch klar. Wir wollen aber den mutmaßlichen Perso-
nenkreis so gut es geht einengen, damit wir dadurch den
konkreten politischen Handlungsbedarf ermitteln kön-
nen. Also, die Frage ist: Was kann, was muss hier in Zu-
kunft besser und anders laufen?

Außerdem werden wir uns auch mit dem BKA-Beam-
ten befassen, dessen Name auf der kanadischen Kunden-
liste stand. Dabei geht es uns ganz ausdrücklich nicht um
die Person dieses einzelnen Beamten; Sie haben den Per-
sönlichkeitsrechtsschutz angesprochen. Wir wollen aber
wissen: Wie und vor allem wie begründet sind BKA und
Bundesregierung disziplinarrechtlich mit ihm umgegan-
gen? Auch interessiert uns natürlich die Frage, ob dieser
Beamte in der Bearbeitungsstruktur des BKA vielleicht
Möglichkeiten hatte, vorab an für ihn wichtige Informa-
tionen zu kommen.
All diese Stränge werden wir nun sehr sorgfältig auf-
arbeiten. Es ist gut, dass wir noch vor der Sommerpause
loslegen und das Aktenmaterial anfordern können. Dann
können wir im Herbst mit der Befragung der Zeugen be-
ginnen. Vielleicht gelingt es uns ja, der neuen BKA-Prä-
sidentin oder dem neuen BKA-Präsidenten schon zu Be-
ginn der Amtszeit eine Empfehlung mit auf den Weg zu
geben.

Eine Empfehlung kann man schon jetzt abgeben: Wer
auch immer das Amt übernehmen sollte, der sollte, an-
ders als der amtierende BKA-Präsident, das Interesse
des Parlaments und der Öffentlichkeit an der Arbeit des
BKA und an den Sicherheitsbehörden nicht als lästige
Pflichtübung abtun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Transparenz und der Wille zur Kooperation sollten
selbstverständlicher Teil des Amtsverständnisses sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte hier al-
len Beteiligten für die konstruktive Mitarbeit am Unter-
suchungsauftrag noch einmal sehr herzlich danken. Ich
wünsche uns allen eine gute, kooperative und umfas-
sende Aufklärungsarbeit.

In diesem Zusammenhang ganz herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1804512500

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abge-

ordneten Dr. Stephan Harbarth, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Stephan Harbarth (CDU):
Rede ID: ID1804512600

Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir be-
fassen uns heute mit der Einsetzung des zweiten Unter-
suchungsausschusses der laufenden Legislaturperiode.
Das ist gewissermaßen der erste richtige Anwendungs-
fall der neu in die Geschäftsordnung aufgenommenen
Bestimmung.

Die formalen Voraussetzungen für die Einrichtung
dieses Untersuchungsausschusses liegen nach unserer
Überzeugung vor. Die erforderliche Zahl von Abge-
ordneten – erforderlich sind 120 Abgeordnete – hat das
entsprechende Petitum unterzeichnet. Wir haben im
Geschäftsordnungsausschuss über den Text des Untersu-
chungsgegenstandes intensiv beraten.

Der zunächst vorliegende Entwurf war nach unserer
Überzeugung aus einer Vielzahl von Gesichtspunkten
heraus problematisch. Das galt etwa für die Frage, ob der
Untersuchungsgegenstand eigentlich hinreichend be-
stimmt ist. Das galt für die Frage, ob die Grundrechte
der Betroffenen gewahrt sind. Das galt aber auch für die
Frage, ob die Zahl der Mitglieder dieses Untersuchungs-
ausschusses die Mehrheitsverhältnisse dieses Parlamen-
tes widerspiegelt.





Dr. Stephan Harbarth


(A) (C)



(D)(B)

Wir haben uns über all diese Fragen in den vergange-
nen Tagen und Wochen ausgetauscht. Wir haben aus
meiner Sicht einen Untersuchungsgegenstand definiert,
der den Vorgaben der Verfassung Rechnung trägt. Das
ändert nichts daran, dass wir als CDU/CSU-Fraktion im
Augenblick nicht erkennen können, warum es dieses
Untersuchungsausschusses wirklich bedarf. Wir sind da
aber sehr offen. Wir werden deshalb heute nicht dagegen
stimmen, sondern wir werden uns enthalten.

Wir müssen aber schon zur Kenntnis nehmen, dass im
Innenausschuss die in Rede stehenden Vorgänge intensiv
debattiert wurden, eine Vielzahl von Fragen gestellt
wurde und der BKA-Präsident immer wieder befragt
wurde. Deshalb ist aus unserer Sicht im Augenblick
nicht erkennbar, was der Untersuchungsausschuss an
neuen Erkenntnissen tatsächlich zutage fördern kann.
Das ändert aber nichts daran, dass er nun seiner Aufgabe
nachgehen kann.

Nachdem sich dieses Thema einige Monate hingezo-
gen hat, ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass es nicht zu
einer Klamaukveranstaltung wird, sondern dass es zu ei-
ner sachlichen Aufklärung kommt. Das wünsche ich al-
len Beteiligten. Ich glaube, unter dem Vorsitz der Kolle-
gin Dr. Högl ist der Untersuchungsausschuss in besten
Händen.


(Dr. Eva Högl [SPD]: Danke schön!)


Wir sehen für diesen Untersuchungsausschuss immer-
hin die Perspektive und die Chance, dass er die öffentli-
che Aufmerksamkeit auf das Thema richten möge, das
eigentlich dahintersteht. Wir haben im Zusammenhang
mit der Edathy-Affäre erlebt, was es in diesem Land an
Missständen im Bereich der Kinderpornografie gibt. Das
ist intensiv diskutiert worden. Wir sind allerdings in der
Politik in den letzten Jahren bei diesem Thema nicht
wirklich weitergekommen.

Ich glaube, wir sollten uns bei aller Notwendigkeit zu
Aufklärung und Diskussionen in dem Untersuchungs-
ausschuss immer wieder das unermessliche Leid der be-
troffenen Kinder vergegenwärtigen, um das es in den
Fällen der Kinderpornografie geht. Es geht nicht darum,
dass man etwas konsumiert, sich etwas anhört oder an-
schaut wie eine Videokassette oder eine CD. Es geht
vielmehr darum, dass von Teilen der Gesellschaft etwas
konsumiert wird, was davor unter schwersten Verbre-
chen und Menschenrechtsverletzungen an unschuldigen
Kindern produziert wurde.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es ist kein Ruhmesblatt für die Politik in Deutsch-
land, dass wir in diesem Bereich in den letzten Jahren
nicht vorangekommen sind. Für uns als CDU/CSU-
Fraktion ist es wichtig, dass wir vor allen Dingen in zwei
Feldern Fortschritte machen. Zum einen müssen wir die
entsprechenden strafrechtlichen Vorgaben novellieren,
damit Verhalten, das in schwerster Form in die Rechte
der verletzten Kinder eingreift, auch bestraft werden
kann.
Zum Zweiten muss die Polizei mit den Instrumenten
ausgestattet werden, die sie benötigt, um diese Verbre-
chen aufzuklären. Leider ist die Polizei derzeit in vielen
Fällen nicht in der Lage, weil sie keine entsprechende
Handhabe hat, gerade diese schlimmen Straftaten, die im
Internet begangen werden, aufzuklären. Lassen Sie uns
das nicht vergessen. Das ist nach meiner festen Überzeu-
gung im Interesse der betroffenen Kinder noch hundert-
mal wichtiger als dieser Untersuchungsausschuss.

Ich danke noch einmal allen, die konstruktiv an der
Vorbereitung mitgewirkt haben. Das gilt auch für die
Fraktionsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, die sehr en-
gagiert zu Werke gegangen sind.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1804512700

Als nächstem Redner erteile ich dem Abgeordneten

Frank Tempel für die Fraktion Die Linke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Frank Tempel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1804512800

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

und Herren! Die Diskussionen rund um den Fall
Sebastian Edathy bewerten wir sicherlich alle sehr unter-
schiedlich. Aber in der Öffentlichkeit ist erneut der Ein-
druck entstanden, dass für herausgehobene Politiker bei
Strafverfahren Sonderregelungen gelten.

Bis heute steht die Frage im Raum, ob Sebastian
Edathy eine Vorwarnung erhielt. Die Presse fragt nach
wie vor immer wieder danach. Es steht auch die Frage
im Raum, ob die Ermittlungen mit Blick auf die Bundes-
tagswahl und die darauf folgende Regierungsbildung zu-
rückgehalten wurden, um den Skandal abzuwarten.

Über diese Diskussionen sind dann noch weitere Fra-
gen aufgetaucht, zum Beispiel, warum es im Bundeskri-
minalamt bei einem Großverfahren zu kinderpornografi-
schem Material grundsätzlich so lange dauert, bis
Ermittlungen in Gang kommen. Ist es Nachlässigkeit,
oder fehlt es vielleicht an Ausstattung oder Personal?
Muss man hier nachjustieren? Wie breit ist der Kreis de-
rer, die Zugang zu sensiblen Daten haben? Sind die Da-
tenschutzmechanismen gerade in solchen Verfahren aus-
reichend?

Ich bin mir sicher, dass irgendwann auch der Letzte
begreift, dass durch solche Fragen das BKA nicht etwa
an den Pranger gestellt wird, sondern dass Mechanismen
überprüft und gegebenenfalls nachgebessert werden sol-
len. Das ist übrigens unsere verfassungsmäßige Auf-
gabe, nicht wahr, Herr Schuster? Ich habe von Ihrem
Pressegespräch heute gelesen.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war wirklich unnötig!)


Als Parlament haben wir eine Kontroll- und Auf-
sichtspflicht gegenüber der Exekutive. Das ist unsere
Aufgabe, der wir im Innenausschuss, aber auch im Un-
tersuchungsausschuss nachkommen dürfen.





Frank Tempel


(A) (C)



(D)(B)

Ich möchte aber noch einmal betonen, auch um Miss-
verständnisse zu vermeiden, dass wir nicht die Aufgabe
der Justiz übernehmen wollen. Das heißt, im Untersu-
chungsausschuss werden keine Beschuldigten, sondern
Zeugen gehört. Das ist auch der Opposition sehr be-
wusst. Ich bitte, dass uns nicht immer anderes unterstellt
wird.

Im Idealfall klären wir nämlich nicht nur Vorgänge
auf, sondern kommen über den Untersuchungsausschuss
gemeinsam zu Handlungsempfehlungen. Das ist auch
immer zukunftsweisend.

Wer bestimmt denn bisher, wie geregelt ist, was ein
Innenminister wann durch das BKA zu erfahren hat und
wie mit diesen Informationen umgegangen werden
kann? Wie geht ein Minister also in Zukunft mit solchen
Informationen um? Welche Eigendynamik entwickelt
eine solche Information, wenn sie das Innenministerium
verlässt? Dazu brauchen wir auch die aktive Mitarbeit
der SPD. Denn hier haben schließlich Einzelpersonen
diese Informationen erhalten. Wenn wir die Frage klären
wollen, wie wir in Zukunft damit umgehen, dann müssen
wir die Eigendynamik und die Informationen betrachten
und entsprechend werten. Das sollte uns dann Warnung
sein. Das funktioniert natürlich nur, wenn Mitwirkende
als Zeugen gehört werden und nicht das Gefühl haben,
im Untersuchungsausschuss am Pranger zu stehen.

Vier Innenausschusssitzungen haben die angespro-
chenen Fragen nicht beantworten können. Ich bin über-
zeugt, dass über die Regelung zum Geheimnisverrat, die
hier zur Debatte steht, anders diskutiert werden muss als
bisher in der Öffentlichkeit. Wir haben schließlich vor
Augen, was passieren kann, wenn sich ein Innenminis-
ter, der in herausgehobener Position ist, nicht daran hält,
obwohl das für alle Amtsträger – auch ein Innenminister
ist ein solcher – klar in einem gesetzlichen Paragrafen
geregelt ist. Wir müssen das alles immer mit dem Blick
darauf tun, wie wir in Zukunft damit umgehen.

Viele Fragen sind noch offen bzw. nicht ausreichend
beantwortet – auch nicht im Innenausschuss –, weil sich
viele dort wie Beschuldigte und nicht wie Mitwirkende
an einem Aufklärungsprozess vorkamen. Ich bin froh,
dass wir nun in dem einzusetzenden Untersuchungsaus-
schuss diese Fragen beantworten und dann entsprechend
nachjustieren können. Dafür bedanke ich mich. Es geht
um die Frage, wie damit politisch umgegangen wird. Es
besteht jederzeit die Gefahr, dass ein Schwarzer-Peter-
Spiel gespielt wird, dass also die Verantwortung immer
genau dorthin geschoben wird, wo Behörden oder an-
dere Fraktionen politische Verantwortung tragen und in
der Bredouille sind. Dieses Spiel dürfen wir hier nicht
spielen. Sonst kommt es zu einem schlimmen Kreislauf,
und der Untersuchungsausschuss wird sehr unschön. Ich
habe Vertrauen in die Führung des Untersuchungsaus-
schusses und glaube, dass wir das Spiel, welches Minis-
terium mehr Schuld hatte, erst gar nicht beginnen, son-
dern dass wir Antworten für die Zukunft finden.

Ich bin froh, dass es beim Untersuchungsauftrag ei-
nen Kompromiss gegeben hat, mit dem wir den Untersu-
chungsausschuss starten; denn wirkliche Handlungs-
empfehlungen können wir nur fraktionsübergreifend
erarbeiten. Dafür bedanke ich mich, genauso wie bei den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die an diesem Auf-
trag mitgearbeitet haben.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1804512900

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abge-

ordneten Uli Grötsch, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Uli Grötsch (SPD):
Rede ID: ID1804513000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind

startklar. Nachdem der Einsetzungsantrag der Opposi-
tion für den 2. Untersuchungsausschuss im Geschäfts-
ordnungsausschuss ausführlich beraten wurde, liegt uns
der Untersuchungsauftrag nun in etwas veränderter und
verfassungsgemäß einwandfreier Form vor. Mein Dank
gilt ausdrücklich auch den Kolleginnen und Kollegen
von der Opposition für ihre konstruktive Mitarbeit, um
die notwendigen Änderungen des Antrags vorzunehmen.
Dadurch konnten unsere Bedenken, jedenfalls was die
verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Untersuchungs-
auftrags betrifft, ausgeräumt werden. Ich meine, das ist
ein guter und konstruktiver Auftakt für die Zusammenar-
beit im Untersuchungsausschuss.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Frank Tempel [DIE LINKE])


Wir stellen uns daher – das haben wir immer betont –
dem Wunsch der Opposition nach Einsetzung eines Un-
tersuchungsausschusses im Zusammenhang mit der
Operation Selm des Bundeskriminalamts nicht in den
Weg und werden uns natürlich auch aktiv und konstruk-
tiv an der Arbeit des Ausschusses beteiligen. Das hat für
mich auch mit Respekt vor den Anliegen der Opposition
zu tun. Erlauben Sie mir, trotzdem ein letztes Mal zu sa-
gen, dass wir es für effektiver gehalten hätten, die offe-
nen Fragen in weiteren Befragungen des Innenausschus-
ses zu klären. Aber sei’s drum! Ich meine, dass wir das
Instrument des Untersuchungsausschusses jetzt auch
bestmöglich nutzen sollten.

Der Ausschuss wird sich in seiner Arbeit nur mit sol-
chen Fragen befassen, die ein parlamentarisches Gre-
mium auch untersuchen kann und untersuchen darf. Wir
werden uns mit dem Gang der Operation Selm im Bun-
deskriminalamt beschäftigen und noch einmal die
Gründe für die lange Dauer der Bearbeitung beleuchten.
Wir werden uns mit dem Zusammenwirken mit den Län-
dern, insbesondere mit dem Land Niedersachsen und mit
der Zentralstelle zur Bekämpfung von Internetkriminali-
tät bei der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt am
Main, befassen. Es ist sicherlich eine Frage der Wahr-
nehmung, aber ich meine, dass die Auskünfte, die uns
der Präsident sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
des Bundeskriminalamts im Innenausschuss gegeben ha-
ben, für uns, die SPD, klar waren. Mich persönlich las-
sen diese Auskünfte vermuten, dass wir keine großartig





Uli Grötsch


(A) (C)



(B)

neuen Erkenntnisse über die Art und Weise der Bearbei-
tung im Bundeskriminalamt gewinnen werden.

Ich sage auch ganz ausdrücklich, dass ich meine, dass
im Untersuchungsausschuss Fingerspitzengefühl gefor-
dert sein wird. Das Bundeskriminalamt ist ganz ohne
Zweifel eine absolute Säule in der Sicherheitsarchitektur
unseres Landes.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Frank Tempel [DIE LINKE])


Die Männer und Frauen beim BKA leisten jeden Tag
großartige Arbeit und haben enormen Anteil daran, dass
unser Land sicher ist und auch sicher bleibt.

Ich meine, dass es am Ende unserer Untersuchung
auch ein deutliches Ergebnis geben muss. Möglicher-
weise wird man in diesem Zusammenhang auch über
eine Verbesserung der personellen Ausstattung des BKA
nachdenken müssen. Wir reden in diesem Zusammen-
hang über Deliktbereiche in einem Ausmaß und in einem
fachlichen Umfang, der vor ein paar Jahren noch völlig
undenkbar war.

Wir werden uns natürlich auch noch einmal mit der
Frage der Informationsweitergabe zum Fall des ehemali-
gen Abgeordneten Sebastian Edathy befassen. Dabei
schauen wir nicht nur auf die Weitergabe der Informatio-
nen durch den damaligen Innenminister, sondern auch
auf mögliche Probleme im Bereich des Landes Nieder-
sachsen, die eventuell dazu beigetragen haben.

Im Fall des ehemaligen BKA-Beamten X werden wir
überprüfen, wer im BKA wann darüber informiert war,
dass sich der Name eines BKA-Beamten in den Daten
der Operation Selm befand, ob und wann er selbst davon
erfuhr und ob es unzulässige Einflussnahmen auf das
dienst-, disziplinar- oder strafrechtliche Verfahren gab,
mehr aber auch nicht.

Ich möchte – das habe ich in meiner ersten Rede zu
diesem Thema schon gesagt – noch einmal unterstrei-
chen, dass ein Untersuchungsausschuss kein Oberkon-
trolleur über einzelne disziplinar- oder strafrechtliche
Entscheidungen ist. Es ist nicht unsere Aufgabe als Ab-
geordnete des Deutschen Bundestages, private Verfeh-
lungen eines einzelnen Beamten öffentlich zu beleuchten
und zu bewerten.

Das bringt mich zu einem letzten Punkt, den ich uns
allen für die Arbeit im Untersuchungsausschuss mitge-
ben will. Das Thema Kinder- und Jugendpornografie be-
rührt viele von uns ganz besonders, egal ob wir Eltern
sind oder nicht. Hier sind auch noch Gesetzeslücken zu
beklagen. Herr Kollege Harbarth, Sie haben gerade da-
rauf hingewiesen, dass in den letzten Jahren in diesem
Bereich nicht viel getan wurde. Deshalb freut es mich,
dass Bundesjustizminister Heiko Maas noch vor der Os-
terpause, sozusagen sofort, einen Gesetzentwurf zur Ver-
schärfung der Vorschriften über Kinderpornografie und
sexuellen Missbrauch vorgelegt hat, und dafür danke ich
ihm.

Vertrauen in die staatlichen Institutionen, Vertrauen in
die Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder und
Vertrauen in den Rechtsstaat in seiner Gesamtheit – das
sind für uns alle absolute Grundpfeiler der freiheitlich-
demokratischen Grundordnung. Durch die Klarstellun-
gen im Untersuchungsauftrag sind die von uns bemän-
gelten Zulässigkeitsprobleme behoben worden. Da aus
unserer Sicht ein Untersuchungsausschuss nach wie vor
nicht das richtige Mittel zur Klärung des vorliegenden
Sachverhalts ist, wird sich meine Fraktion bei der Ab-
stimmung ebenfalls der Stimme enthalten.

Aber – das sage ich zum Schluss noch einmal –:
Selbstverständlich werden wir aktiv an der Arbeit im
Untersuchungsausschuss, der sich im Anschluss gleich
konstituieren wird, mitwirken. Vor der Sommerpause
wollen wir auch noch eine Beratungssitzung abhalten, in
der wir erste Beweisbeschlüsse fassen werden, um un-
sere Arbeit zügig aufnehmen zu können. Um unsere ak-
tive Rolle von Anfang an zu unterstreichen, haben wir
als Koalitionsfraktionen bereits zwölf Vorschläge zur
Beiziehung von Akten an die Opposition übermittelt.
Auch ich freue mich auf eine konstruktive und sachliche
Zusammenarbeit.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1804513100

Als letztem Redner in dieser Debatte erteile ich dem

Abgeordneten Michael Frieser, CDU/CSU-Fraktion, das
Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Michael Frieser (CSU):
Rede ID: ID1804513200

Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Ich werde heute eine neue Erfahrung machen. Ich
habe mich in diesem Haus als Abgeordneter noch nie bei
einer Abstimmung enthalten. Dass ich das tue, wird
heute der Fall sein. Das ist also etwas Neues.

Warum ist die Einsetzung dieses Untersuchungsaus-
schusses etwas Besonderes? Weil ein Untersuchungsaus-
schuss eine ganz besondere Einrichtung ist: Diesem par-
lamentarischen Gremium wachsen Ermittlungsrechte zu,
die es normalerweise nicht hat. Schwierig ist die Situa-
tion hinsichtlich der Trennung der Gewalten: das Parla-
ment als Legislative auf der einen Seite und die anderen
Gewalten in diesem Staate auf der anderen Seite. Unter-
suchungsausschüsse sind das schärfste Schwert, das die
Opposition im Parlamentsbetrieb hat. Wir bitten sehr da-
rum, dass dieses Instrument nicht stumpfgeschlagen
wird. Wir sind dabei, wenn es darum geht, mit diesem
Ausschuss größtmögliche Effektivität, größtmögliche
Aufklärung und größtmögliche Transparenz zu erzielen.

Wir haben mit dem Untersuchungsgegenstand bereits
viel Zeit im Innenausschuss verbracht. Wir haben bereits
sehr viele Erkenntnisse zutage gefördert. Ich hoffe, dass
all diese Vorarbeiten im Innenausschuss nicht Makulatur
werden, dass wir sie nicht noch einmal leisten müssen.
Wir wollen die entsprechenden Unterlagen selbstver-
ständlich beiziehen.

Ich bin mir ganz sicher, dass wir, die Mitglieder die-
ses parlamentarischen Untersuchungsausschusses, in

(D)






Michael Frieser


(A) (C)



(D)(B)

dem Willen geeint sind, wirklich gemeinsam zu handeln
und uns vorbehaltlos an die Arbeit zu machen. Wenn al-
lerdings jedes Ausschussmitglied mit einer vorgefassten
Meinung in die Arbeit hineingeht, dann wird es schwer
sein, dafür zu sorgen, dass dieses Instrument seinen ei-
gentlichen, im Grundgesetz verankerten Sinn erfüllt.

Erkenntnisse zu gewinnen, ist der eine Teil der Arbeit
eines solchen Untersuchungsausschusses. Der – wich-
tige – andere Teil ist, den sich aus der Arbeit des Unter-
suchungsausschusses entwickelnden Änderungsbedarf
festzustellen; ich bin allen Kollegen dankbar, die hierzu
beitragen. Nachfragen sind gut und sinnvoll; aber sie ha-
ben immer nur dann einen Zweck, wenn man mit der Er-
kenntnis, die man aus diesen Fragen gewinnt, als poli-
tisch denkender und handelnder Mensch auch etwas
anfangen kann.

Da stellt sich schon die Frage: Wie konnte es sein,
dass die zu betrachtenden zeitlichen Abläufe – sie rei-
chen bis hinunter nach Niedersachsen – so lange gedau-
ert haben? Vielleicht können sogar entscheidendere
Fragen wie die nach Zuständigkeiten, nach Verfah-
rensabläufen bis hin zu solchen nach materiellem Recht
behandelt werden. Die Kollegen haben es angeführt: Es
kann nicht sein, dass in diesem Land Bilder nackter Kin-
der eine Handelsware sind. Wenn wir aufgrund der der-
zeitigen Situation gemeinschaftlich zu einer Änderung
im materiellen Strafrecht kommen, dann hat dieser Aus-
schuss seinen Sinn.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Frank Tempel [DIE LINKE])


Gerade was die Bekämpfung der Kinderpornografie
angeht, wird sich mit und nach diesem Ausschuss zei-
gen, ob dieser Staat im Bereich des damit verbundenen
strafrechtlichen Verhaltens schlagkräftig ist und am
Ende auch wirklich wehrhaft sein kann. Wenn wir dazu
beitragen können, dann wird unsere Mitwirkung als
sinnvoll erachtet werden können. Herzlichen Dank den-
jenigen, die das Ganze vorbereitet haben! Ich freue mich
schon auf die Zusammenarbeit.

Eines will ich noch sagen: Mit uns wird es kein „Gril-
len“ von Mitarbeitern einer Behörde geben. Es geht um
Menschen, die Übermenschliches leisten müssen, um
Menschen, die ihr ganzes Arbeitsleben mit einer solchen
Materie verbringen und die sich oftmals mit einer sehr
großen Masse an Informationen, die sie mittlerweile ins-
besondere aus dem Ausland erreichen, beschäftigen
müssen. Insofern bitte ich um Zurückhaltung, was die
Behandlung der Mitarbeiter von Behörden betrifft. Das
soll den Aufklärungsbedarf aber sicherlich nicht schmä-
lern.
Es muss nur klar sein – diese Bitte formuliere ich am
Ende meiner Rede –, dass man die gewonnenen Erkennt-
nisse auch wirklich in sein Handeln einfließen lässt und
dass man nicht an diesen Erkenntnissen vorbei an Ver-
schwörungstheorien festhält, getreu der Devise: Wo viel
Rauch ist, muss irgendwo auch ein Feuer sein, auch
wenn der Rauch aus dem etwas heißen Dampf entsteht,
den man selber vorher produziert hat. – Ich glaube, die-
ser Ausschuss kann das wirklich leisten.

Auch wenn dort kein schönes Thema, dessen Aus-
gangspunkt ein ehemaliger Kollege ist, behandelt wird,
freue ich mich auf die Zusammenarbeit. Ich habe Frau
Kollegin Högl gesagt, dass ich hoffe, dass sie ihre gelas-
sene, sachlich fundierte Art über die wohl längere Phase,
in der dieser Ausschuss arbeiten wird, nicht verliert. Ich
hoffe, dass wir ihre Art für eine gedeihliche Zusammen-
arbeit nutzen können und dass wir am Ende sagen kön-
nen: Dieses Parlament hat diese besondere und nicht all-
tägliche Herausforderung angenommen, und wir haben
unseren Auftrag wirklich erfüllt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1804513300

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-

schusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsord-
nung zu dem Antrag der Abgeordneten Irene Mihalic,
Dr. Konstantin von Notz, Luise Amtsberg und weiterer
Abgeordneter auf Einsetzung eines Untersuchungsaus-
schusses.

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 18/1948, den Antrag auf Drucksa-
che 18/1475 in der Ausschussfassung anzunehmen. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist die Beschluss-
empfehlung mit den Stimmen der Fraktion Die Linke
und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung
der Fraktion der CDU/CSU und der SPD-Fraktion ange-
nommen. Damit ist der 2. Untersuchungsausschuss der
18. Wahlperiode eingesetzt. Er wird sich um 18.30 Uhr
konstituieren.

Wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.

Morgen um 9 Uhr findet hier im Plenarsaal eine Ge-
denkstunde aus Anlass des 100. Jahrestages des Beginns
des Ersten Weltkrieges statt.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, den 3. Juli 2014,
10.30 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.